BR Srerre rt SRHUHRGE Er rt He nr aut “ AR .. y I “ERTIEE. uvrrerre . “rer er TR IN en EI ei Ha Ne DR SE FED Y4 schrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE herausgegeben von Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, und Albert V. Kölliker, r an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von „Ernst Ehlers, N eununddreissigster Band. Mit 41 Tafeln und 4 Holzschnitten. m mg — LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1883, \ K: | & EEE FI y DT a a i f Inhalt des neununddreissigsten Bandes. YNRNmNNNs Erstes Heft. Ausgegeben den 28. September 1883. Seite Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. Von J. Brock. (Mit Taf. I—-IV.). ER ea Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus varie- gatus nebst Beiträgen zur Anatomie und cn dieses Wurmes. Non C-Bulow. (Mit Taf. .V.), . - ...... i Ä rl Die Histogenese des Knochens der Teleostier. Von ©. Schmid-Monnard. dal Teaiz Nah Ne REN EEE ee Cl Bemerkungen hinsichtlich der Blutbahnen und der Bindesubstanz bei De den und Mytiliden. Von W. Flemming. ... „ A3T Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. es Die Holothurien (Pedata) und das Nervensystem der Asteriden. Von O0. Hamann. Ba RU u. A Holzschn.), 2 222... we... Zweites Heft. Ausgegeben den 6. November 1883. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. Von F. Ahlborn. Ba XI XV a. Holzschn.) 2... 2... 20 2. 22. 22 194° Zur Biologie und Anatomie der Clione. Von N. Nassonow. (Mit Taf. SEI DUDEN Ne ee ee 2 Beiträge zur Histologie der Echinodermen. II. Mittheilung. A. Das Nerven- system der pedaten Holothurien (Fortsetzung); 2. die Cuvier’schen Organe; 3. Nervensystem und Sinnesorgane der Apedaten. Von O. Ha- Ban NEE al X X RN... 00. Seen en en 22 2809 Über Einese neue Thalassemen. Von K. Lampert . .... ... .....334 IV Drittes Heft. Ausgegeben den 21. December 1883. Seite Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Von K. Eckstein. (Mit Tat XRII-XXVIL). 40: 200 Se ee 343 Das Kaugerüst der Dekapoden. Von F. Albert. (Mit Taf. XXIX—XXXI us 2 Holzschn.) 2.3... ee a huh Viertes Heft. Ausgegeben den 31. December 1883. Bucephalus und Gasterostomum. Von H. E. Ziegler. (Mit Taf. XXXU u. RAR). ns rl Sn N ON er Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. Von M.Koestler.:.(Mit Taf, XXXIV. ie, 2.020.000: . 572 Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. Von VROoCHer. Mit Tau Ra V.) 0.0. ee 25506 Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. spec. Von M. Graf Zeppelin. (Mit Taf. XXXVI u. XXXVIL). . . 615 Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. Von J.B. Gybulsky: (Mit Taf. XXXVIl u. XXX.) 2 2 00000 653 Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. Von K. Kraepelin. (Mi6 Tas xXb u XEI9, . 2 2... 2.2002 .2 Bee: 683 Über das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden und Teleostier. Zur, Vertheidigung. Von J. Th. Gattie .......... re aD Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. Von Dr. J. Brock in Göttingen. Mit Tafel I—-IV. Wer einmal Gastropoden zergliedert hat, kennt aus eigener Erfah- rung die feinen, durchsichtigen Häutchen, welche sich in der mannig- faltigsten Weise zwischen Leibeswand, Gefäßen, Nerven und Eingewei- den ausspannen und sie in ihrer gegenseitigen Lage erhalten. Von diesen unscheinbaren Gebilden, die wohl ihrer ungemein spärlichen Entwicklung wegen noch niemals einer näheren Untersuchung gewürdigt worden sind, soll im Folgenden des Weiteren die Rede sein. Ich fasse sie als interstitielle Bindesubstanz ! zusammen, weil ihre physiologische Rolle dieselbe ist, wie die des interstitiellen Bindegewebes im Vertebraten- körper; trotzdem der gewählte Name über das histologische Verhalten nichts aussagt, werden wir sehen, dass diese Gewebsgruppe auch mor- phologisch ausgezeichnet scharf charakterisirt ist, ja ihre Kenntnis in der Histologie des Molluskentypus eine fühlbare Lücke ausfüllt. Jeder- mann weiß, welche Rolle unter den Bindesubstanzen der Vertebraten 1 Mit KoLımann (Die Bindesubstanz der Acephalen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XII. - 4877. p. 595) und wohl der Mehrzahl der deutschen Histologen bin auch ich der Ansicht, dass der Ausdruck »Bindegewebe « am zweckmäßigsten ausschließlich nur vom leimgebenden fibrillären Bindegewebe der Vertebraten angewendet wird; da- gegen geht genannter Autor offenbar zu weit, wenn er auch den Gebrauch eines so rein beschreibenden Ausdrucks, wie »Fibrille« in ähnlicher Weise beschränkt wissen will. Übrigens wird der Ausdruck »interstitielle Bindesubstanz« von BEren in seinen zahlreichen Aufsätzen über die Anatomie der Nudibranchien schon seit Jahren genau in demselben Sinne gebraucht, in dem ich ihn hier anwende (vgl. z. B. _ R.Bercn, Malakozool. Blätt. N. F. Bd.I. 1880. p.123; Arch. f. Naturgesch. XXXV1l. Ba.1I. 1884. p. 458; Verhandl. der k.k. zool.-botanischen Gesellsch. Wien 1884, P. 225 etc.). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 4 2 J. Brock, die fibrillären Gewebsformen spielen: im bemerkenswerthen Gegensatz dazu war bei den Mollusken dergleichen bisher nur von den Cephalopoden und in schlecht verbürgten Angaben auch von Muscheln bekannt ge- worden, und so galt als typisch für die Bindesubstanzen der Mollusken ausschließlich die zellig-blasige Bindesubstanz, ein Gewebe von scharf ausgeprägtem einheitlichen Charakter, das vielleicht einen Vergleich mit den embryonalen Bindesubstanzen der Vertebraten, niemals aber mit den fibrillären Modifikationen des erwachsenen Körpers zulässt. Aul- gabe der vorliegenden Arbeit ist es nun, in der interstitiellen Bindesub- stanz eine Reihe von Geweben in die Histologie einzuführen, welche als Vertreter der fibrillären Bindesubstanzen bei den Mollusken angesehen werden können. Wenn auch ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu der zellig-blasigen Bindesubstanz noch nichi genügend klar vorliegen, lassen sie sich doch ungezwungen als eine Weiterentwicklung dieses Gewebes auffassen, zu welchem sie also, wenn auch nur vergleichend- anatomisch und nicht genetisch, in demselben Verhältnis stehen, wie das fibrilläre, leimgebende Bindegewebe der Vertebraten zu deren em- bryonaler Bindesubstanz. Der Versuch einer direkten Homologisirung der fibrillären Gewebe der Vertebraten und Mollusken wäre ja ausge- schlossen, auch wenn die Verschiedenheit und Selbständigkeit der beiderseitigen Baupläne nicht so in die Augen fiele, aber doch wird ein Vergleich die specifischen Eigenthümlichkeiten beider Gewebsgruppen nicht nur in ein helleres Licht setzen, sondern auch für ihr morpholo- gisches Verständnis nicht ohne Nutzen sein. Die nicht sehr zahlreichen Beobachtungen, welche über die inter- stitiellen Bindesubstanzen der Mollusken in der Litteratur aufzufinden sind, haben auf unsere Anschauungen über die Morphologie der Binde- substanzen des Phylums auch nicht den geringsten Einfluss geübt. Dazu waren sie mit wenigen Ausnahmen zu kurz, zu oberflächlich, häufig nur nebenbei gemacht und in Schriften ganz anderen Inhaltes versteckt; vor Allem aber war es noch keinem Beobachter gelungen, auch nur von einem hierher gehörigen Gewebe den Bauplan wirklich festzustellen, es sind vielmehr immer nur einzelne besonders in die Augen springende Gewebstheile, weiche immer wieder gesehen und wiederholt mehr und minder gut beschrieben und abgebildet worden sind!. So waren es besonders die so auffallenden Plasmazellen (wie diese Elemente von mir genannt worden sind) der Prosobranchier und Pulmonaten, über die 1 Selbstverständlich liegt es mir fern, für diese Unzulänglichkeit der Resultate die Beobachtungen an sich verantwortlich machen zu wollen; nur die ausschließ- liche Beschränkung auf die Untersuchung frischer Gewebe hat hier weitere Fort- schritite in der Erkenntnis verhindert. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 3 uns eine ganz stattliche Reihe von Beobachtern (LeuckKARrT, LEYDIG, GLAPA- REDE, SEMPER, LACAZE-DUTHIERS, FLEMMING, H. ScHuLTtze, JovEuUx-LArFUiE) kurz oder ausführlicher berichtet haben. Über die anderen Mollusken- klassen fließen die Quellen weit spärlicher, und wenn wir von den Angaben GEsEnBaurR’s und Borr’s über Heteropoden und Pteropoden ab- sehen, deren Bindesubstanzen nach ihren Beschreibungen nur ganz ver- muthungsweise hierher zu bringen sind!, so bleiben eigentlich nur wenige Beobachtungen von R. Beren, die er bei seinen ausgedehnten anatomischen Untersuchungen über Opisthobranchier nebenher zu machen Gelegenheit fand. Unzweifelhaft fibrilläre Bindesubstanz war innerhalb des Mollusken- typus, wie gesagt, bisher nur bei Gephalopoden bekannt geworden. Hier von Leyvıs schon 1854 gesehen, wurde sie später noch von Hensen, Bor und mir bestätigt, niemals aber genauer untersucht. Das ist aber auch Alles, was die Litteratur an Angaben über die interstitielle Binde- substanz der Mollusken enthält, und wenn auch bei der Zerstreutheit und Verstecktheit der bezüglichen Notizen mir Manches entgangen sein mag, so glaube ich doch nicht, dass selbst absolute Vollständigkeit den Stand unseres Wissens auf diesem Gebiete in einem wesentlich anderen Lichte erscheinen lassen würde. Die Aufgabe, die Verdienste meiner Vorgänger ausführlicher gegen einander abzuwägen, wird besser an das Ende der Untersuchung, wo der Leser mit dem behandelten Stoff schon vertraut ist, verschoben werden; dort wird man dann auch die hier ver- missten Litteraturnachweise in der wünschenswerthen Genauigkeit fin- den. So wäre ich denn bereit zur Darstellung meiner eigenen Befunde überzugehen, wenn es sich nicht empföhle, vorher der angewandten Untersuchungsmethoden mit kurzen Worten zu gedenken. Hier möchte man nun vielfach daran Anstoß nehmen, dass ich, ab- gesehen von den Pulmonaten, der Untersuchung der frischen, dem lebenden Thiere entnommenen Gewebe keine große Aufmerksamkeit geschenkt habe. Weit entfernt, die Wichtigkeit der Untersuchung leben- der Gewebe bei histologischen Arbeiten jeder Art zu unterschätzen, hatte ich hier meine guten Gründe, derselben nur wenig Raum zu gönnen. Bei diesem ersten Streifzug in ein fast ganz unbekanntes Gebiet konnte ich zunächst noch nicht daran denken, Lebenseigenschaften der Gewebs- elemente oder nur im Leben sicher zu erkennende morphologische Eigenthümlichkeiten zu erforschen, so lange auch die gröbsten topo- graphischen Beziehungen derselben zu einander noch unbekannt waren. Diese festzustellen ist zunächst Sache des vorliegenden Aufsatzes; dass ! Vgl. darüber p. 12 Anmerkung. 4* 4 J. Brock, aber ein solcher Zweck mit schonenden Erhärtungsmitteln, die die Ge- webselemente in ihrer während des Lebens eingenommenen Lage fixi- ren, im Allgemeinen viel besser erreicht wird, als durch Untersuchung des lebenden Gewebes, wird wohl zugegeben werden müssen. In unserem Falle überdies, wo die große Elastieität der feinen Bindesub- stanzhäutchen und die ungemeine Durchsichtigkeit der zelligen Elemente der Beobachtung im frischen Zustand gleich hinderlich sind, würde ich wohl kaum viel über meine Vorgänger herausgekommen sein, hätte ich dieselbe vorwiegend in Anwendung gezogen. Als Erhärtungsmittel benutzte ich bei sämmtlichen Opisthobranchiern Pikrinschwefelsäure und schwache Chromsäurelösungen (0,5°%, und dar- unter). Die lebenden Thiere wurden schnell aufgeschnitten und sofort in die Erhärtungsflüssigkeit geworfen, so dass diese mit dem Inneren der Leibeshöhle und den Eingeweiden in ausgedehnte Berührung kam. Die Entfernung der Säuren erfolgte durch Ausziehen mit 70°/,igem Alko- hol in bekannter Weise. Zur weiteren Untersuchung wurden dann die Bindesubstanzhäutchen mit einer feinen Schere und Pincette heraus- präparirt, und etwa auf 12 Stunden in sehr koncentrirte Bornmer’sche Hämatoxylinlösung übertragen. Nur bei so andauerndem Verweilen in starken Lösungen ging ich sicher, eine Mitfärbung des Protoplasma der Bindesubstanzzellen bis in ihre feinsten Ausläufer — und doch ohne Mitfärbung der Intercellularsubstanz — zu erzielen, was bei der großen Feinheit und Durchsichtigkeit der Ausläufer höchst wünschenswerth ist. Andere Farbstoffe führten zu keinem Resultat, da sie entweder, wie die verschiedenen Karmintinkturen, die Intercellularsubstanz mitfärbten, oder sich, wie Dahlia und Saffranin, mehr oder minder auf die Kerne beschränkten. Dauernd aufbewahrt wurden die Präparate in Kızss’schem Gummiglycerin, da ihre Durchsichtigkeit trotz der starken Färbung die Anwendung der Harze nicht angezeigt erscheinen ließ. Leider sind meine Präparate in diesem Einschlussmittel schon nach wenigen Mona- ten zum größten Theil verblasst, aber es ist mir bedauerlicherweise bis- her noch nicht gelungen, das Hämatoxylin durch einen anderen, weniger empfindlichen Farbstoff zu ersetzen. Die Pulmonaten erfordern eine etwas andere Behandlung, da die Plasmazellen derselben sich nach einfacher Härtung in Chrom- oder Pikrinschwefelsäure in Hämatoxylin durchaus nicht färben und auch die eigentlichen Bindesubstanzzellen sich kaum dadurch befriedigend dar- stellen lassen. Hier kam mit Erfolg die Osmiumsäure zur Anwendung, die vermuthlich auch für die Opisthobranchier gute Resultate ergeben wird. Die lebend aufgeschnittenen Thiere wurden etwa 2 Stunden mit schwacher Osmiumsäure [0,4°/,), dann nach Auswaschen in Wasser Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 5 24 Stunden mit 70°/,igem Alkohol behandelt und die ihnen entnomme- nen Präparate schwach mit Hämatoxylin gefärbt. Dann treten die Plasma- und in vielen Fällen auch die Bindesubstanzzellen sehr schön hervor. Die weitere Behandlung war die gleiche. Um klare Präparate zu erhalten, sind aber auch beim Einlegen einige Vorsichtsmaßregeln zu beachten. Unsere Bindesubstanzhäutchen behal- ten nämlich nach der Härtung noch so viel Elasticität, dass sie nur schwierig auf dem Objektiräger ausgebreitet werden können, und selbst wenn diese Procedur endlich geglückt ist, macht das Auflegen des Deckglases die aufgewendete Mühe meist wieder zu nichte. Dieser Schwierigkeit lässt sich durch folgenden kleinen Kunsigriff begegnen. Das Präparat wurde in einem Tröpfchen Wasser auf dem Objektträger oberflächlich ausgebreitet und mit feinen Löschpapierstreifchen das Wasser successive entzogen. Dann kommt ein Moment, wo das Präpa- rat, ohne ganz trocken zu sein — was selbstverständlich streng vermie- den werden muss — doch so fest an seiner Unterlage haftet, dass es sich unter der Lupe mit feinen Nadeln bequem vollends ausbreiten lässt. Setzt man nun schnell ein Tröpfchen Gummiglycerin zu und lässt das bereit gehaltene Deckgläschen vorsichtig darauf fallen, so wird man in der Regel die Genugthuung haben, das Präparat so fixirt zu schen. Die Verbreitung der interstitiellen Bindesubstanz im Mollusken- körper genau festzustellen, würde Aufgabe einer besonderen kleinen Untersuchung sein müssen. Da die Erforschung dieser Verhältnisse meinem eigentlichen Zweck fern liegt, so mag hier nur angeführt wer- den, was ich gelegentlich beobachtet habe; ich werde mit diesen An- deutungen mehr Erinnerungen auffrischen, als etwas Neues sagen, denn Jeder, der öfters Weichthiere präparirt hat, wird davon auch eine all- gemeine Vorstellung von der Menge und Vertheilung ihrer interstitiellen Bindesubstanz bewahrt haben. _ Mit einer gewissen Regelmäßigkeit findet sich die interstitielle Bindesubstanz vorzüglich an drei Stellen entwickelt, nämlich in der _ Umgebung des Centralnervensystems und der großen Nerven und Ge- fäße, als Überzug der inneren Oberfläche der Leibeshöhle, und endlich auf und zwischen den Eingeweiden. Die Menge, in welcher die Binde- substanz an diesen Orten auftritt, ist nach den Species sehr wechselnd. Während z. B. bei den Opisthobranchiern reichliche Bindesubstanz das Centralnervensystem einhüllt!, ist sie bei den Pulmonaten hier weit spärlicher entwickelt; während bei den letzteren alle Eingeweide feine ! Auch BercnH sagt gelegentlich der anatomischen Beschreibung einer Nudi- branchie, Pleurophyllidia Loveni: »Das Centralnervensystem in das gewöhnliche reichliche lose Bindegewebe gehüllt« (Malakozool. Blätter. Bd. XXVI. 1879. p. 81). 6 J. Brock, Bindesubstanzüberzüge besitzen, welche stellenweise — so zwischen den Windungen des Zwitterganges, den Läppchen der Eiweißdrüse von Arion schon mit bloßem Auge sichtbar sind, lassen sich solche Überzüge bei Opisthobranchiern weit schwerer nachweisen und mangeln vielleicht stellenweise ganz!. Jedenfalls aber zeigt die interstitielle Bindesubstanz ein und derselben Species mit wenigen Ausnahmen (Leberkapsel der Aplysien) überall das gleiche histologische Verhalten, welcher Umstand ihre nähere Verbreitung im Körper für unsere Zwecke ziemlich gleich- gültig erscheinen lässt. Die Reihenfolge, in welcher die untersuchten nicht sehr zahlreichen Arten im Folgenden abgehandelt werden, ist keine streng systematische, sondern dient lediglich der Bequemlichkeit der Beschreibung. Mit Aplysia punctata ist der Anfang gemacht, weil die Größe und die charakteristische Gestalt der einzelnen Gewebselemente die Erkenntnis des Baues ihrer Bindesubstanz am meisten begünstigen; die Pulmonaten, deren Bindesubstanzen das komplicirteste Verhalten aufzuweisen haben, stehen aus diesem Grunde am Schluss. 1) Aplysia punctata Guv. Die drei von mir untersuchten Aplysia-Arten 2 machen von dem Verhalten der übrigen Mollusken in so fern eine Ausnahme, als bei ihnen die interstitielle Bindesubstanz nicht an allen Stellen des Körpers den gleichen Bau zeigt. Doch ist das abweichende Verhalten, das wir an manchen Orten, nämlich in der Bindesubstanz der von mir sogenannten Leberkapsel antrefien, nur als eine Weiterentwicklung der typischen zu betrachten und der Gegensatz daher in keiner Weise ein scharfer. Die typische interstitielle Bindesubstanz der Aplysia punctata (Fig. 1,2, 3). ! Natürlich nur gelegentlich an den wenigen untersuchten Arten gemachte Beobachtungen, die keine allgemeine Geltung beanspruchen. So ist nach Joysux- LAFFUIE (Organisation et developpement de l’Oncidie. Arch. zool.exp.gen. T.X. 1882. p. 296) das Gentralnervensystem von reichlichem Bindegewebe umhüllt. 2 Die Systematik der mediterranen Aplysien befand sich in großer Verwirrung. Eigene Untersuchungen, welche aber nicht abgeschlossen wurden, als ich von Dr. BrocHhmann in Heidelberg erfuhr, dass wir von ihm eine Arbeit über denselben Gegenstand zu erwarten haben, setzen mich in Stand, BrLocHmAnn’s Resultate in Bezug auf die Zahl der Arten zu bestätigen. Es giebt hiernach — zunächst im Golf von Neapel — drei Arten, Jie nach BLocumAnn’s historischen Untersuchungen A. limacinaL. (= fasciala Poiret), depilans L. und punctata Cuv. heißen müssen. Die Apl. limacina und punctata kannte ich bereits von Neapel her, die Apl. depilans konnte ich, von Dr. Brocnmann brieflich auf sie aufmerksam gemacht, an Spiritus- material des hiesigen Instituts bestätigen; lebend war sie mir während eines sechswöchentlichen Aufenthaltes in Neapel im Frühjahr 4881 nicht vorgekommen, Man wird sehen, dass auch der Bau der interstitiellen Bindesubstanz bei den drei Arten ein recht verschiedener ist. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 7 besteht im Wesentlichen aus einem Netz mit einander anastomosirender sternförmiger Zellen, die sich in einer reichlichen durchaus homogenen Intercellularsubstanz ausbreiten (Fig. 1, 2, 3 a). Zu ihnen gesellen sich als zweiter, an Menge zwar sehr wechselnder, aber nie fehlender Be- standtheil sehr große stern- oder spindelförmige Zellen, deren Ausläufer fibrillär umgewandelt sind (Fig. 1, 2, b) und endlich als drittes unbe- ständiges Element die von mir sogenannte Plasmazelle (Fig. 2, 3 c). Die typischen Bindesubstanzzellen sind, obwohl sie sich immer durch reich verästelte Ausläufer mit einander verbinden, doch eben so häufig :spindel- als sternförmig und im ersteren Falle entspringen die Ausläufer häufig in zwei Bündeln an den Polen der Spindel (Fig. 2 «a rechts). Da der Protoplasmakörper der Zelle allmählich in die Ausläufer übergeht, so ist ihre Größe schwer zu bestimmen; jedenfalls aber sind die Größenunterschiede auch an demselben Thiere beträchtlich. Die größten Zellen (von 30 bis 40 u im Längsdurchmesser), welche denn auch am weitesten aus einander stehen und durch das dichteste Aus- läufernetz mit einander verbunden sind, fand ich immer an der inneren Oberfläche der Leibeswand, während sie in der Umgebung des Central- nervensystems und der großen Nerven und Gefäße bedeutend kleiner (durchschnittlich 15 u im Längsdurchmesser), weniger reich verzweigt und dichter gedrängt zu sein pflegen. Eine Vergleichung der beiden Figuren 2 und 3 A, welche bei derselben Vergrößerung gezeichnet sind, wird diese Unterschiede noch anschaulicher machen. Neben diesen reich verästelten Zellen scheinen auch spindelförmige mit nur einem Ausläufer an jedem Pol vorzukommen; doch ist es schwer, darüber Gewissheit zu erlangen, da die Möglichkeit, dass sich noch andere Ausläufer ihrer Feinheit wegen den Blicken entziehen, nie auszuschließen ist. Überhaupt er- scheint das Ausläufernetz an besonders intensiv gefärbten Präparaten und bei Anwendung starker Systeme so sehr viel dichter, dass man eigentlich nie sicher ist, auch wirklich die letzten gesehen zu haben. An frischen Präparaten nehme ich keine Spur von ihnen wahr, sondern höchstens Andeutungen der Zellleiber. Immerhin ist aber das Netz der Ausläufer _ doch nicht so dicht, als es auf den ersten Blick scheint, denn man hat " niemals nur mit einem, in einer Ebene ausgebreiteten Zellnetz, sondern immer mit mehreren über und durch einander geschobenen zu thun. Schon die sehr häufig zu machende Beobachtung, dass Ausläufer einer Zelle über eine andere hinwegziehen, um sich erst mit der nächsten zu verbinden, lässt sich nur in diesem Sinne deuten. Noch häufiger ist _ scheinbar die wechselseitige Kreuzung von Ausläufern, doch ist bei ihrer Feinheit in den meisten Fällen der strenge Beweis nicht zu führen, dass sie wirklich nicht mit einander in Verbindung treten. Die Theilung der S J. Brock, Ausläufer erfolgt dichotomisch und mit Vorliebe unter rechtem oder nahezu rechtem Winkel, so dass, da auch die Zellen bestimmter Gegen- den vielfach gleich gerichtet zu sein pflegen (so z. B. in der Umgebung großer Nerven und Gefäße deren Längsachse parallel), die Maschen stellenweise quadratisch ausfallen und das Netzwerk der Ausläufer ge- gittert erscheint. Einzelne Hauptausläufer bewahren oft auf lange 5 Strecken eine ganz ansehnliche Breite, an Theilungsstellen sind selbst an schmäleren kleine dreieckige protoplasmatische Anschwellungen nicht ungewöhnlich. Die feineren und feinsten Ausläufer erscheinen in der Regel wie aus Körnchen perlschnurartig zusammengesetzt — zweifellos ein auf die Härtungsmittel zurückzuführendes Kunstprodukt. In den Zeichnungen ließ sich dieses Verhalten aber kaum wiedergeben. Die runden oder ovalen Zellkerne von durchschnittlich 15 u Größe zeigen ein schönes Kerngerüst, bieten aber sonst zu keinen Bemerkungen Anlass. Eine zweite Art von zelligen Bestandtheilen der interstitiellen Bindesubstanz ist durch eine fibrilläre Metamorphose der Ausläufer charakterisirt (Fig. 1, 2, 3 A, b). Auch wo diese Zellen sich am zahl- reichsten finden, stehen sie doch immer den Bindesubstanzzellen eben so an Zahl nach, als sie sie an Größe übertreffen. Ein eigentlicher Zell- leib ist bei diesen Elementen so wenig ausgebildet, dass derselbe eigentlich nur durch die Lage des großen Zellkerns und als Knotenpunkt der Ausläufer markirt erscheint. Wo die Zellen spärlicher auftreten, zeigen sie auch weniger (drei bis sechs) Ausläufer; wo sie gedrängter stehen, sind die Zellen ebenfalls zahlreicher und treten mit Vorliebe in zwei Bündeln von den Polen der dann spindelförmig gewordenen Zellen ab. Einer so schönen vielstrahligen Sternform, wie sie Zellen von der Oberfläche des Schlundkopfes in Fig. 1 darbieten (Längsdurchmesser der Zellen 20—60 u, der Kerne 20—25 u, Breite der Ausläufer 3—15 u), bin ich nicht gerade häufig begegnet. Hier sind auch die einzelnen Aus- läufer häufiger wieder verzweigt, als es sonst wohl der Fall ist. Alle diese Ausläufer sind nun von bedeutender Breite und verschmälern sich auch kaum; alle sind fein, aber deutlich in der Längsrichtung parallel gestreift. Bei Weitem am deutlichsten ist diese Streifung gerade an der Abiritisstelle des Ausläufers, ohne dass es doch gelänge zu entscheiden, was aus der Sireifung in der Zelle selbst wird. Das Bild, das man er- hält, ist folgendes. Der Zellleib besteht aus unverändertem Protoplasma, welches durch ein gewisses grobkörniges Wesen sich auszeichnet. Gegen die Ausläufer hin scheinen sich die Körnchen in parallele Reihen zu ordnen und so unmittelbar in die Streifung der Ausläufer überzu- gehen. Mit demselben Recht, mit welchem man die feine parallele, aber Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 9 außerordentlich viel schwerer nachzuweisende Streifung des Achsen- ceylinders der Vertebraten oder der Ganglienzellenfortsätze der Wirbel- losen für den optischen Ausdruck einer Zusammensetzung aus feinsten Fasern, den Primitivfibrillen erklärt, kann ich die so konstante, regel- mäßige, und ungemein leicht sichtbare Streifung der Zellfortsätze als beweisend für einen fibrillären Bau derselben ansehen, später werde ich (vgl. p. 16) noch überzeugendere Beweise dafür anführen können !. Schwieriger ist zu sagen, was aus diesen Ausläufern wird, da sie selbst an den bestgefärbten Präparaten in einiger Entfernung von den Zellen so blass werden, dass sie über eine gewisse Strecke hinaus nicht mehr mit Sicherheit verfolgt werden können. Oft ist zwar diese Strecke recht bedeutend, wie ein Blick auf Fig. 4 bestätigen wird, aber ein wirkliches Ende habe ich nie?, eine Verbindung mit anderen Zellen (Fig. 2) wenig- stens nicht allzuhäufig konstatiren können, wenngleich ich geneigt bin, letztere Verbindung für die regelmäßige zu halten. Der Kern dieser Zellen ist groß (20 u), rund, färbt sich intensiv und zeigt das grobgranu- lirte Aussehen, unter welchem sich nach Anwendung der von mir 1 Der Verdacht, muskulöse oder nervöse Elemente für Bindegewebe gehalten zu haben, sollte mir wohl schon nach einer aufmerksamen Betrachtung meiner Ab- bildungen erspart bleiben. Zieht man mit einer Pincette den Bindesubstanzüberzug von der inneren Leibeshöhlenwand ab, so reißt man oft Stückchen Muskulatur mit ab und hat dann an ein und demselben Präparate Gelegenheit, die Unterschiede beider zu studiren. Gewöhnliche glatte Muskeln färben sich bei dem hier durch- gängig angewendeten Tinktionsverfahren so tief blauschwarz, dass selbst die Kerne _ nicht mehr unterscheidbar zu sein pflegen, wie sie auch die geringere Größe des Zellleibes und des Kernes, die Zuspitzung an beiden Enden und die leichte Isolir- barkeit (wenigstens in Bruchstücken) vor Verwechselungen hinreichend schützen. Die ganze vielstrahlige Bindegewebszelle aber als verzweigte Muskelzelle mit aus- gezeichnet fibrillärer Streifung der Ausläufer aufzufassen, dürfte noch weniger an- gehen. Die im Verhältnis zu den Muskelzellen ungeheure Größe der ganzen Zelle, ins- besondere aber der Ausläufer, das wahrscheinliche Anastomosiren der letzteren unter einander, die Beständigkeit der Streifung und das abweichende Verhalten des Proto- plasmas zu Tinktionsmitteln sprechen dagegen. Noch abweichender ist das Verhal- ten der Nerven, welche die Bindesubstanz überall bis zu den feinsten Stämmchen _ hinunter durchziehen und so sich selbst zum Vergleich darbieten. Stärkere Nerven- stämme sind an dem dicken Neurilemm von parallelfaseriger fibrillärer Bindesub- stanz mit zahlreichen oblongen Kernen, das sich von dem tief gefärbten Inhalt, den Primitivfibrillen, scharf abhebt, überall leicht zu erkennen; aber auch feinere und feinste, denen diese Scheide fehlt, gewinnen durch die viel feinere unregelmäßigere, gewellte Streifung (Primitivfibrillen), den Mangel an Kernen und die bei meiner Behandlungsweise gesättigte Tinktion ein sehr charakteristisches Aussehen (vgl. Fig. 3 A, n). 2 In der Fig. 4 habe ich die Ausläufer da aufhören lassen, wo sie sich am Prä- parat den Blicken entzogen; es ist nach dem Gesagten selbstverständlich, dass sie an diesen Punkten nicht wirklich aufhören. 10 J. Brock, gebrauchten Erhärtungsmittel das Kernnetz erfahrungsmäßig zu ver- stecken pflegt. Doch findet sich konstant etwa in der Mitte ein rundes, äußerst intensiv gefärbtes Körperchen, ein »Nucleolus« im alten Sinne. Mit den eigentlichen Bindesubstanzzellen scheinen diese fibrillären Zellen, wie ich sie nennen will, in gar keiner Verbindung zu stehen. Wenigstens kann man ihre Ausläufer oft über mehrere Gesichtsfelder verfolgen, wie sie schnurgerade das Netzwerk jener Bindesubstanzzellen durchsetzen, ohne je mit ihnen oder ihren Ausläufern in Verbindung zu treten (Fig. I, 2), auch sind Zellen beider Arten nicht selten direkt über einander gelagert (Fig. 2 rechts oben). Bisweilen hat es den Anschein, als ob Ausläufer der Bindesubstanzzellen an solche der fibrillären heran- treten, auf denselben eine Strecke parallel den Fibrillen hinziehen und dann mit ihnen verschmelzen ; ich habe aber in keinem derartigen Falle sicher entscheiden können, ob es sich wirklich um eine Kontinuität oder nur um eine Kontiguität handelte. Das Vorkommen der fibrillären Bindesubstanzzellen ist ein höchst wechselndes, ohne dass es mir bisher gelungen wäre, darüber feste Regeln aufzustellen. Zuweilen treten sie in solcher Menge auf, dass besonders bei schwächeren Vergrößerungen sie dem Gewebe seinen Charakter aufdrücken (Fig. 4 vom Schlundkopf, ferner Umgebung des Centralnervensystems, Auskleidung der Leibeshöhle); dann sind sie wieder so spärlich gesäet und ihre Ausläufer so fein, dass das dichte Netzwerk der Bindesubstanzzellen den Charakter des Gewebes bestimmt (Fig. 3 A) und bei schwächerer Vergrößerung selbst ein geübtes Auge nur durch die großen Kerne mit den körnigen Protoplasmahöfen auf sie aufmerksam wird (häufig Umgebungen der peripheren Nerven und Gefäße). Die dritte Art von Zellen, welche sich in der interstitiellen Bindesub- stanz der Mollusken findet, liegt in den Maschen des Netzwerkes der Binde- substanzzellen zerstreut; diese Zellen hängen weder unter sich noch mit anderen Zellen jemals zusammen. Ich habe sie in Ermangelung eines ‚besseren Namens Plasmazellen getauft, weil sie mit den von Warprver! so genannten Elementen des Vertebratenbindegewebes in Bezug auf äußeres Aussehen und den Ort ihres Vorkommens eine gewisse Ähnlich- keit aufzuweisen haben. Wenn ich sie vorhin als inkonstante Elemente bezeichnete, so dürfte die Bemerkung nicht überflüssig sein, dass das mehr dem Ort ihres Vorkommens, als ihrem Vorkommen überhaupt gilt. Allerdings haben sie zwei Loca praedilectionis, wo man sie immer in großer Menge anzutrefien sicher ist, die Umgebung des Gentralnerven- 1 WALDEYER, Über Bindegewebszellen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XI. 4875. p. 176. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 11 systems und der großen Gefäß- und Nervenstämme, auf denen sie in bestem Falle epithelartige Belege bilden können. Sonst kommen sie zwar in jeder interstitiellen Bindesubstanz vor, »partout, ouilyadu tissu cellulaire«, wie JovEux-Larruvie ! richtig sagt, und fehlen nirgends sänzlich, aber doch sind sie ganz regellos hier streckenweise dicht zu- sammengehäuft, dort wieder nur sehr spärlich zu finden. Niemals aber treten sie, wie ich hier gleich bemerken will, so massenhaft wie bei Pul- monaten und Prosobranchiern auf, wo sie über weite Strecken epithel- artig dicht an einander gelagert, alle übrigen Bestandtheile der Binde- substanz vollkommen verdecken. Hier bei der Aplysia punctata haben wir es mit Zellen von sehr bedeutender Größe (wenigstens für Mollusken) zu thun (Fig. 2, 3 A, c). Die größten von mir beobachteten maßen ohne Ausläufer 0,15 mm, die - Durchschnittsgröße ist 90 u, für die kleinsten fand ich 30—60 u. Ihre Gestalt ist im Allgemeinen eine ovale, quadratische, rechteckige oder rautenförmige, doch wird sie durch die Entwicklung zahlreicher Aus- läufer sehr unregelmäßig. Letztere sind zwar recht zahlreich, aber nicht übermäßig lang, höchstens so lang als der Zellkörper, dabei spitz auslaufend oder stumpf pfriemförmig zugespitzt. Mit Leichtigkeit lässt sich feststellen, dass die Ausläufer niemals weder unter sich noch mit den Ausläufern des Bindesubstanzzeilnetzes in Verbindung stehen. Ob sie während des Lebens bewegungsfähig, resp. in Bewegung sind, also den Namen wahrer Pseudopodien verdienen, muss ich dahingestellt _ sein lassen. Sehr charakteristisch ist der Zellinhalt. Man findet die Zellen nämlich mit runden, im Leben röthlich grauen Konkretionen meist bis in. die feinsten Enden der Ausläufer hinein angefüllt. Die Konkre- tionen, wie ich sie kurz nennen will, sind von sehr verschiedener - Größe (Fig. 2); von punktförmiger Feinheit bis zu sehr wohl bestimm- barem Durchmesser (bis 4 u) liegen sie regellos durch einander gestreut. In einer Reihe von Fällen füllen sie die Zellen in ganz gleichmäßiger Vertheilung aus; oft sind sie an manchen Stellen in besonderer Dichtig- keit angehäuft, während andere fast ganz frei bleiben; bei letzterer Gelegenheit kann man wahrnehmen, dass sie in ein ganz homogenes Zellprotoplasma eingebettet sind. Hämatoxylin färbt sie außerordentlich intensiv. Der nicht besonders große (15 «) vollkommen kugelrunde Kern liegt meist in der Mitte der Zelle; er zeigt ein schönes Kerngerüst und ganz regelmäßig ein größeres rundes Kernkörperchen (bis 2 u). Als ich diese Zellen frisch zu untersuchen Gelegenheit hatte, ließ ihre verhältnismäßig große Transparenz den Gedanken nicht aufkommen, 1 J. JovEux-LAFFUIE, 1. c. p. 261. 12 J. Brock, dass die Konkretionen aus Kalk oder einer anderen anorganischen Materie bestehen könnten; durch den häufigen Kalkgehalt der Plasmazellen der Pulmonaten aber einmal darauf aufmerksam gemacht, konnte ich noch an einem alten, lange in Alkohol aufbewahrten Exemplar von Aplysia punctata der hiesigen Sammlung zu meiner Überraschung Kalk in den Plasmazellen nachweisen. Essigsäure ließ die Zellen unter Gasent- wicklung erblassen und der Zusatz eines Tropfens Oxalsäurelösung be- wirkte eine reichliche Ausscheidung von den bekannten briefkouvert- förmigen Krystallen des Kalksalzes der Oxalsäure. Jedenfalls ist aber der Kalk, wie das Verhalten von Präparaten, die mit Säure behandelt wurden, beweist, an ein organisches Substrat gebunden. Dass bei Aplysia Nerven und Gefäße von den sie begleitenden Plasmazellen nie- mals schon makroskopisch glänzend weiß erscheinen, wie so häufig bei den Pulmonaten (Onchidium, Arion, vgl. p. £1), hat wohl seinen Grund darin, dass diese Elemente hier niemals auch nur entiernt so massenhaft auftreten als bei den Pulmonaten. Da sie bei letzteren z. B. nicht ein- mal in der Mehrzahl der Fälle Kalk enthalten (vgl. p. 39), der Kalk also einen physiologisch vielleicht wichtigen, morphologisch aber inkonstan- ten und bedeutungslosen Einschluss darstellt, kann ich auch den von Joyevux-LArruiE (l. c. p. 261) für die Plasmazellen überhaupt vorge- schlagenen Namen »Kalkzellen « (Cellules calcaires) nicht annehmen !. 1 Die Plasmazellen der Opisthobranchier sind bisher nur von BErGa einige Male flüchtig gesehen aber nicht näher beschrieben worden. Die hierher gehörigen Beobachtungen finden sich in seinem großen Opisthobranchierwerk (C. SENPER, Reisen im Archipel der Philippinen. II. Theil. Wissenschaftliche Resultate. 11. Bd. Malakozoologische Untersuchungen von Dr. R. BercH. 1. Hälfte. Wiesbaden 41870 bis 4875) und seinen neueren Arbeiten über die Anatomie der Nudibranchier zer- streut. Ich verdanke ihre Kenntnis größtentheils einer gütigen brieflichen Mitthei- lung des Autors. In dem angezogenen Werke wird an verschiedenen Stellen (p. 63, 74, 444,447,324,350, 374), ferner Malakozool. Blätter, Bd. XXVI, 1879, p. 81, Arch. f. Naturgesch., XXXVI. Bd. I, 1884, p. 157 etc. fibrilläre und homogene Bindesub- stanz kurz beschrieben und abgebildet, doch istesin vielen Fällen, da BErGH meist nur mittelmäßig erhaltene Spiritusexemplare bei mittleren Vergrößerungen und keines- wegs eingehend auf diese Dinge untersuchte, nicht möglich, seine Beschreibungen mit meinen Befunden anders als vermuthungsweise in Einklang zu bringen. Dass " er in dem Fall p. 63 (bei Phyllobranchus prasinus) eine der Leberkapsel der Aply- 7 sien ähnliche fibrilläre Bindesubstanz, ferner bei Phyllobranchus (p. 74), bei Cyerce elegans (p. 444) und Pleurophyllidia Loveni Plasmazellen gesehen hat, halte ich für | sicher. Einen ähnlichen Bau wie die intercellulären Bindesubstanzen besitzt viel- "7 leicht die Bindesubstanz der Cutis der Heteropoden, ein Gewebe, dessen eigenthüm- | licher Bau (F. Borr, Beiträge zur vergleichenden Histologie des Molluskentypus. Arch. für mikr. Anat. Bd. V. 4874. Suppl.) einen Vergleich mit der zellig-blasigen Bindesubstanz der Gastropodencutis absolut nicht zulässt. Ein Vergleich mit der | interstitiellen Bindesubstanz ist vorläufig (ich habe Heteropoden selbst bisher nicht Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 13 Die eigenthümlichen Theilungsvorgänge, die ich jetzt an den Plasma- zellen beschreiben werde, scheinen von noch Niemand gesehen worden zu sein. Die Plasmazelle kann nämlich an den verschiedensten Stellen des Körpers in eine Anzahl von Theilstücken zerfallen, welche in ihrer Gesammtheit den Umriss der Mutterzelle zuerst noch getreu nachahmen (Fig. 3 A, c'). Irgend eine Gesetzmäßigkeit für das Auftreten dieser Theilungen habe ich durchaus nicht finden können, abgesehen von der einen Thatsache, dass in der fibrillären Bindesubstanz der Leberkapsel die Theilung ausnahmslos vor sich gegangen ist. Eingeleitet wird sie durch eine eigenthümliche Veränderung in den Plasmazellen selbst. Die Konkretionen in ihnen verschwinden und dafür treten im Protoplasma schaumig aussehende Vacuolen in wachsender Anzahl auf, bis die ganze Zelle von ihnen erfüllt ist (Fig. 3 A, c). Durch diese Vacuolen sind nun auch die Theilungsprodukte sehr ausgezeichnet (Fig. 3 A, c’, Fig. k c'), in jeder Zelle finden sich ein oder mehrere große Vacuolen, welche fast ihren ganzen Inhalt einnehmen und den Kern mit dem Rest des unver- änderten Protoplasma ganz an den Rand drängen. Die Größe dieser Zellen beträgt 8—17 u, ihre Gestalt ist rundlich oder kubisch, der rand- ständige, runde, ei- oder nierenförmige Kern misst 3—4 u. Wenn ich den Ursprung dieser Zellhaufen mit Bestimmtheit auf die Plasmazellen zurückführe, so will ich hinzufügen, dass trotz aller darauf gerichteter Bemühungen die charakteristischen Theilungsvorgänge an den Zellkernen nicht gerade sehr häufig (einige Beispiele zeigt Fig. 3 B) wahrgenommen werden konnten, obgleich die angewandten Härtungs- und Färbungs- methoden ihrer Erhaltung eher günstig waren. Das liegt aber wohl untersuchen können) nur mit Zuhilfenahme von Hypothesen möglich, und folgende Ausführungen sollen daher auch nichts weiter als eine Anregung zu erneuter Unter- suchung sein. Jedem Leser der BoLr’schen Abhandlung sind wohl die merkwür- digen isolirten Kerne aufgefallen, die er in der Bindesubstanz von Pterotrachea Coronata beschreibt und auch abbildet (Taf. I, Fig. 2 b); diese Kerne sollten von _ einem Hof körnigen Protoplasmas umgeben sein, das sich ganz allmählich in die Intercellularsubstanz verliert. Es muss sofort auffallen, wie sehr diese Gebilde den Kernen der fibrillären Zellen in meiner Figur (Fig. 2 b) gleichen. Und in der That trage ich kein Bedenken die Kerne in der Borr’schen Figur für Kerne von fibrillären Zellen zu erklären, da bei den Aplysien wenigstens frisch von den fibrillären Aus- läufern auch nicht eine Spur zu sehen ist und sie BoLL darum ganz gut übersehen haben könnte. Die stark verästelten Zellen a in der Borr’schen Zeichnung deute ich als Bindesubstanzzellen, welche er auch nur darum isolirt zeichnet, weil er ihre letzten feinsten Ausläufer an seinen frischen Präparaten ebenfalls nicht gesehen hat, und die Zellen c endlich als Plasmazellen. Ist diese Auffassung richtig, so würde sich damit eine weitgehende Übereinstimmung des bisher unklassificirbaren Hetero- ' podenbindegewebes mit der interstitiellen Bindesubstanz der übrigen Gastropoden ergeben und darum wäre die Sache wohl einer Nachuntersuchung werth., 14 J. Brock, größtentheils an der Kleinheit der Kerne, welche selbst bei den stärk- sten Vergrößerungen einzelne charakteristische Stadien, wie die Knäuel- formen, nicht mit Sicherheit zu erkennen verstatteten. Dass Theilungen in ausgedehntem Maßstabe statifinden müssen, dafür lassen sich auch noch genug indirekte Gründe anführen. Erstens nämlich findet man häufig Plasmazellen mit zwei Kernen, ferner zwei Plasmazellen mit einer so scharfen geraden Begrenzungslinie an einander liegen, dass sie un- zweifelhaft früher nur eine Zelle gebildet haben; auch Gruppen von drei und mehr Plasmazellen, die in ähnlicher Weise angeordnet sind, kom- men wohl zu Gesicht. Zweitens meine ich, dass die eigenthümliche Anordnung der kleineren Zellen, von der Fig. 3 c’ ein Beispiel giebt, wo der Umriss eines solchen Zellhaufens genau den Umriss einer intak- ten Plasmazelle wiederholt, wohl nur auf diese Weise erklärt werden kann. Es geht diese Ähnlichkeit so weit, dass die äußersten Zellen eines solchen Zellhaufens häufig noch mit kleinen Ausläufern besetzt erscheinen, die inneren niemals. Niemand, der hunderte von solchen Zellhaufen (wie es stellenweise der Fall ist), ohne dass auch nur eine Zelie isolirt dazwischen läge, mit intakten Plasmazellen vermischt ge- sehen hat, wird zweifeln, dass dieselben durch Theilung aus Plasma- zellen hervorgegangen sind. Drittens aber dürfte die eigenthümliche Veränderung als Beweis ins Gewicht fallen, welche auch intakte Plasma- zellen stets in der Nähe von Tochterzellhaufen zeigen, nämlich die Vacuolisirung des Protoplasmas unter gleichzeitigem Verschwinden der Konkretionen (Fig. 3 c). Da die so veränderten Plasmazellen sich den ebenfalls vacuolenhaltigen Tochterzellgruppen eben so annähern, als sie sich vom Charakter der typischen Plasmazellen entfernen, so stehe ich nicht an, diese eigenthümliche Veränderung als eine Vorbereitung zur Theilung aufzufassen. Sehr häufig findet man sowohl die unveränder- ten Plasmazellen, wie ihre Abkömmlinge von einem schmalen hellen Hof umgeben (Fig. 3 B). In demselben tritt wohl das eigentliche homogene Zellprotoplasma zu Tage, zu dem sich die Konkretionen und Vacuolen | nur wie Einschlüsse verhalten. Der Ausdruck einer durch die Erhärtung abgehobenen Zellmembran ist in dieser Erscheinung nach den modernen Anschauungen kaum zu finden, so geläufig eine solche Erklärung auch | den älteren Histologen gewesen wäre. Der Zerfall in Tochterzellgruppen ist nicht gerade häufig, dürfte | aber doch wohl bei jedem Thiere an irgend einer Stelle nachweis- | bar sein. Ich habe solche Tochterzelleruppen getroffen in der Um- | gebung des Centralnervensystems, der davon abtretenden Nerven, in | der bindegewebigen Auskleidung der Leibeshöhle, kurz überall, wo es Bindesubstanz giebt. Bemerkenswerth ist, dass, wo man Plasmazellen | Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 15 in Theilstücke zerfallen findet, meist sämmtliche Plasmazellen ganzer Strecken, oft Hunderte, so verändert sind. Da Rücksicht auf Kürze des Ausdrucks es wünschenswerth erscheinen lässt, die Theilungsprodukte der Plasmazellen mit einem besonderen Namen zu belegen, so mögen sie sekundäre Plasmazellen heißen. Schon im Eingang wurde erwähnt, dass bei den Aplysien die Binde- substanz einer Körperstelle eine Ausnahme von dem allgemeinen Bau der interstitiellen Bindesubstanz bildet. Leber, Darm und Zwitterdrüse werden nämlich fest von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, welche ventralwärts und rechts nicht geschlossen, sondern straff an die Körper- wand geheftet ist und nur Öffnungen für den Eintritt des Darmes und den Austritt des Zwitterganges besitzt. Diese Kapsel — die Leberkapsel, wie sie heißen soll — ist bei kleinen Thieren sehr zart und fein und vollkommen durchsichtig, bei großen Individuen der Aplysia fasciata derb und sehnenartig atlasglänzend. In ihr kenne ich bis jetzt fast allein bei Gastropoden eine Bindesubstanz, welche den Namen einer fibrillären verdient, in so fern als sie sich durch das quantitative Überwiegen von fibrillär zerfallenen Zellen dem fibrillären Bindegewebe der Vertebraten nähert und mit der Modifikation desselben, welche man als areoläres bezeichnet, sogar eine bedeutende habituelle Ähnlichkeit gewinnt. Betrachtet man ein Stück solcher Leberkapsel frisch, wozu natür- lich die vollkommen durchsichtigen von kleinen Thieren zu wählen sind, so sieht man eine große Menge von sehr verschieden dicken Strängen und Bündeln, zwischen welchen nur wenig Intercellularsubstanz bleibt, sich in allen möglichen Richtungen kreuzen. Die Bündel zeigen sich fein, aber sehr deutlich parallel gestreift, doch erscheinen diese Streifen — der Ausdruck eines fibrillären Baues, wie ich gleich hinzusetzen will — fast niemals als gerade Linien, sondern wegen der großen Elasticität des Gewebes, die sich auch schon beim Herausschneiden eines Stückes zur Untersuchung sehr bemerkbar macht, in regelmäßige kleine steif ge- brochene Fältchen gelegt. Die Regelmäßigkeit der Fältchen und ihre steifen eckigen Konturen unterscheiden diese Bindesubstanz sehr be- stimmt vom Vertebratenbindegewebe mit seinen sanfter lockenförmig ge- schwungenen Fasern, wie das schon früher LeypıG 2, BorL3® und auch mir? | 1 Eine exquisit fibrilläre, dabei parallelfaserige Bindesubstanz bildet das Neuri- lemm der größeren Nervenstlämme; ich bin auf diese nicht näher eingegangen, weil sie ihrer Undurchsichtigkeit wegen ein höchst ungünstiges Untersuchungsobjekt bildet, dabei im Bau keine Besonderheiten darzubieten scheint. 2 Leyvig, Kleinere Mittheilungen zur thierischen Gewebelehre. Mürer’s Arch. 1854. p. 296. 3 BorL, 1. c.p. 43. 4 Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. 1. Beitrag. Diese Zeitschrift. Bd. XXXII. 4879. p. 24. 16 J. Brock, an der fibrillären Bindesubstanz der Cephalopoden so sehr aufge- fallen ist. Den Fibrillenbündeln sieht man von Zeit zu Zeit große runde oder ovale blasse Kerne anliegen; außerdem kommen in den Interstitien der durch die Bündel gebildeten Maschen Zellgruppen zum Vorschein, auf deren nähere Beschaffenheit wir besser erst später eingehen. Bei der vielleicht unüberwindlichen Schwierigkeit, die Elemente dieser Bindesubstanz frisch in ihren natürlichen Lage- und Spannungs- verhältnissen beobachten zu können, ging ich bald zu Präparaten über, an denen sie durch Erhärtungsmittel in ihrer natürlichen Lage fixirt waren. Hier erscheint die fibrilläre Streifung der Bündel — wenigstens bei gehöriger Ausbreitung des Präparates — stets vollkommen gerad- linig, und erlaubt so ein genaueres Studium ihrer Eigenschaften. Zuerst fällt auf, dass die Streifung sehr viel deutlicher ist, als an den fibrillär umgewandelten Zellfortsätzen der gewöhnlichen interstitiellen Bindesub- stanz. Es sind (Fig. 4) sehr scharfe, feine dunkle parallele Linien, welche stellenweise wie aus an einander gereihten Körnchen zusammen- gesetzt erscheinen; die Räume zwischen ihnen zeigen das fein granulirte, aber sonst homogene Aussehen gewöhnlichen Protoplasmas. Höchst veränderlich ist der Abstand der Streifungslinien: er geht von 1—2 u zu unmessbarer Feinheit herunter und steht im Allgemeinen im geraden Verhältnis zu der ebenfalls sehr wechselnden (bis 40 u beobachtet) Dicke des ganzen Bündels. Wer ein Präparat, wie das in Fig. A dargestellte, zum ersten Mal sieht, wird gewiss nicht anders glauben, als dass die hellen Zwischenräume die Fibrillen, die dunklen Trennungslinien der optische Ausdruck ihrer Grenzen, resp. einer minimalen Kittsubstanz zwischen ihnen ist, und doch verhält sich die Sache gerade umgekehrt. Zupfpräparate, die ursprünglich nur in der Absicht angefertigt wurden, nachzuweisen, dass der parallelen Streifung wirklich eine fibrilläre Struktur zu Grunde läge, lieferten diesen Nachweis in der unzwei- deutigsten Weise; sie belehrten mich zugleich aber erst darüber, was Fibrille und was Zwischensubstanz ist. An den zahlreichen Bruch- stücken von Fibrillenbündeln, die schon eine oberflächliche Zerzupfung liefert (Fig. 5), sah ich nämlich die feinen schwarzen Trennungslinien zwischen den vermeintlichen Fibrillen an den Rissenden oft weit isolirt als dünne Fädchen hinausragen, während es mir niemals gelang, die scheinbaren Fibrillen irgend wie isolirt zu Gesicht zu bekommen. Es lässt sich diese Wahrnehmung nur so deuten, dass im Gegentheil die feinen schwarzen Streifen als die Fibrillen zu betrachten sind, die in einer reichlichen homogenen Grundsubstanz eingebettet liegen. Was sich aus dieser — nicht leicht vorauszusagenden — Auffassung der fibrillären Struktur für Konsequenzen für den allgemeinen Charakter Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 7 dieser Bindesubstanz ziehen lassen, wird besser an einem anderen Orte darzulegen sein. Nach der Dünnheit und Durchsichtigkeit der Membranen zu urthei- len, kann der Dickendurchmesser der Bündel kein nennenswerther sein, und das ändert sich auch nicht bei größerer Dicke der Membranen, weil dann die Bündel in mehreren Lagen über einander erscheinen. Die Bündel selbst sind regellos nach allen Richtungen gekreuzt und dabei ohne Ausnahme kernhaltig; es liegt ihnen an irgend einer Stelle ihres Verlaufes ein Kern an. Auch die Größe des Kernes steht in geradem Verhältnis zu der Mächtigkeit des Bündels; ich habe an den stärksten Bündeln Kerne bis zu 20—22 u mit einem Nucleolus von 1,5—3 u Durch- messer beobachtet. Im Übrigen sind sie rund, oval oder nierenförmig und zeigen ein schönes deutliches Kerngerüst; durch Veränderung der Einstellung oder auch an den nicht seltenen Stellen, wo sie in Bezug auf das Bündel im Profil erscheinen, lehren sie, dass sie niemals im Inneren des Bündels von den Fibrillen umschlossen, sondern ihm immer äußer- lich anliegen. Umgeben sind diese Kerne stets von einem Hof unver- änderten grobkörnigen Protoplasmas, welches in der Profilansicht als eine sanft hügelige Anschwellung des Bündels erscheint, von oben ge- sehen ganz allmählich in die Streifung des Bündels übergeht. Auf welche Weise, ist bei der Feinheit der hier in Betracht kommenden Gebilde schwer zu ermitteln; es hat aber den Anschein, als ob die gröberen Körner des Protoplasmas sich in Reihen ordneten, welche immer mehr an Bestimmtheit gewinnen und so zu den Fibrillen wer- den. Sehr häufig bildet ein Kern mit seinem Protoplasmahof den Mittel- punkt, von welchem mehrere Fibrillenbündel nach verschiedenen Seiten ausstrahlen, am häufigsten drei, oft aber auch mehr; der Kern ist in einem solchen Falle mit Vorliebe nierenförmig, indem sich seine beiden Enden etwas in zwei divergirende Fibrillenbündel hinein erstrecken. So entsteht das Bild einer riesigen, mehr- oder vielstrahligen Zelle, deren Ausläufer fibrillär umgewandelt sind; es wird später noch ausführlicher zu begründen sein, dass diese Auffassung zweifellos die richtige ist. Von dem Zellnetz, das die Fibrillenbündel umspinnt, ist frisch kaum eine Spur sichtbar. Ausgezeichnet dagegen tritt es nach Behandlung des frischen oder gehärteten Gewebes mit Essigsäure hervor, welche die Bündel zwar, wie beim Wirbelthierbindegewebe, zum Quellen bringt und dadurch das ganze Gewebe heller und durchsichtiger macht, doch geht diese Quellung niemals bis zum Verschwinden der fibrillären Strei- fung. Auch die Anwendung des Scaneiper’schen Essigkarmins ! auf das ! Vgl. Zool. Anzeiger. III. Jahrg. 1880. p. 254 Anm. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 3 13 J. Brock, frische Gewebe, Auswaschen in Alkohol und Einlegung in Kanadabal- sam ergab gute Resultate. Übrigens findet man auch an jedem gewöhn- lichen Chromsäure- oder Pikrinschwefelsäure - Hämatoxylinpräparat, wenn es nur gut gefärbt ist, Stellen genug, wo das umspinnende Zell- netz in aller nur wünschenswerthen Schärfe hervortritt. Die sternför- migen Zellen, welche schon Hznsen! und BorL? unabhängig von einander zwischen den Fibrillen der Cephalopodenbindesubstanz sahen, sind wohl ohne Zweifel auf dieses Zellnetz zu beziehen, wie auch die den Fibrillen anliegenden Kerne nebst Protoplasmaresten schon von Bor (l. c. p. 17) und mir (l. c. p. 24) gesehen worden sind. Eine nähere Beschreibung dieses interfibrillären Zellnetzes fällt in vielen Punkten mit der zusam- men, welche wir von dem Zellneiz der gewöhnlichen interstitiellen Bindesubstanz gegeben haben. Auch hier hängen die Zellen (Fig. 4 a) überall durch zahlreiche Ausläufer unter einander zusammen, welche häufig, wenn auch nicht immer, quadratische Maschen bilden. Das Ausläufernetz erscheint an günstigen Stellen sehr dicht, und auch wenn man die Vergrößerung noch so weit steigert, immer glaubt man noch feinere Verzweigungen zwischen den vorhandenen wahrzunehmen; es ist daher leicht möglich, dass die Abbildung, welche ich gegeben habe (Fig. 4), in diesem Punkte hinter der Wirklichkeit zurückbleibt. Die Zellen selbst sind eben so vielgestaltig wie die Zellen der interstitiellen Bindesubstanz, am häufigsten langgestreckt spindelförmig, dann auch mehr sternförmig, reich verzweigt, und verschmälern sich noch viel all- mählicher in ihre Ausläufer, so dass eine Grenze zwischen diesen und dem Zellleibe nur willkürlich gezogen werden kann. Aus diesem Grunde ist von einer Größenbestimmung auch abgesehen worden; dass sie übrigens bedeutend kleiner, als die Zellen der gewöhnlichen inter- stitiellen Bindesubstanz sind, lehrt ein Vergleich der bei gleicher Ver- größerung gezeichneten Figuren 2 und 4 auf den ersten Blick. Auch hier zeigen die Ausläufer an gehärteten Präparaten oft das eigenthümliche granulirte Wesen, als ob sie aus lauter Körnchen zusammengesetzt wären. Da die runden oder ovalen Kerne weiter nichts Merkwürdiges bieten, so kann ich wohl für alles Übrige auf die beigegebene Abbildung verweisen (Fig. 4). Ob die Ausläufer ein ganz geschlossenes Netz bil- den, das die Fibrillen umspinnt, oder ob sie mit diesen stellenweise zusammenhängen, habe ich unmöglich entscheiden können. Zwar laufen häufig Ausläufer lange Strecken auf oder neben Fibrillenbündeln ent- lang, den Fibrillen parallel und scheinen sich dann auch in sie zu ver- 1 HEnsen, Über das Auge einiger Cephalopoden. Diese Zeitschr. Bd. XV. 1865. p- 206. Taf. XIX, Fig. 78. 271... DL 16. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 19 lieren, es ist aber niemals ein sicherer Aufschluss darüber zu gewinnen, ob man auch wirklich das letzte Ende des Ausläufers vor sich gehabt hat. Eine zweite Art von Zellen findet sich überall zwischen den Bün- deln verstreut und drängt sich besonders häufig in den spärlichen Resten von Intercellularsubstanz zwischen den sich kreuzenden Fibrillen- bündeln in Gruppen bis zu 30 und mehr zusammen (Fig. 4 c’). Ihr Vorkommen ist wechselnd; während sie nirgends ganz fehlen, sind sie häufig in solcher Menge vorhanden, dass sie den Bau des Gewebes ver- dunkeln; mit Rücksicht darauf ist zur bildlichen Wiedergabe (in Fig. #) eine Stelle gewählt worden, wo sie nur spärlich vertreten waren. Bei näherem Zusehen geben sie sich als alte Bekannte zu erkennen; sie gleichen genau den sekundären Plasmazellen, welche wir in der inter- stitiellen Bindesubstanz als Theilungsprodukte der primären kennen gelernt haben (Fig. 3 A, c’), und auch ihre gegenseitige Lage lässt keinen Zweifel aufkommen, dass wir es in der That mit denselben Elementen zu thun haben. Wenn auch (ohne Zweifel durch spätere Wachsthums- vorgänge des Grundgewebes) sie stellenweise ziemlich regellos durch einander geschoben liegen, findet man doch andererseits Stellen genug, wo sie in scharf umrissenen Gruppen auftreten, die deutlich ihre Her- kunft aus einer großen Plasmazelle verrathen. Ganz regelmäßig ist das sogar an den Grenzen der Leberkapsel der Fall, wo dieselbe an die Körperwand angewachsen ist, oder, besser gesagt, wo sie in die ge- wöhnliche interstitielle Bindesubsianz, welche die Leibeshöhle aus- kleidet, übergeht. Eine unveränderte Plasmazelle habe ich in der Leber- kapsel niemals mehr angetroffen ; der Zerfall der Plasmazellen in Haufen von Tochterzellen, weicher in der gewöhnlichen interstitiellen Binde- substanz nur siellenweise eintritt, findet also in der Leberkapsel mit ‚der größten Regelmäßigkeit statt, und weiter können sich die Theilungs- produkte durch spätere Wachsthumsvorgänge des sie tragenden Ge- webes so weit an einander verschieben, dass ihre gemeinschaftliche Abstammung nicht ohne Weiteres erkannt werden kann. Alles in Allem ist wohl klar, dass die fibrilläre Bindesubstanz der Leberkapsel nicht als ein Gewebe sui generis, sondern nur als eine Weiterentwicklung der gewöhnlichen interstitiellen zu betrachten ist. In beiden haben wir dieselben geweblichen Bestandtheile nur in ver- schiedenem quantitativen Verhältnis. Lassen wir die fibrillär metamor- phosirten Zellen sich stetig vermehren und dabei selbst so vergrößern, dass die Intercellularsubstanz fast ganz aufgezehrt wird, während das umspinnende Zellnetz unverändert fortbesteht, so erhalten wir die fibrilläre Bindesubstanz der Leberkapsel. Ist diese gewiss einfache und naheliegende Herleitung die richtige, so können die Fibrillenbündel, wie 9%* 30 J. Brock, ich vorhin schon andeutete, nur als ein Flechtwerk vielstrahliger in ihren Ausläufern fibrillär metamorphosirter Zellen aufgefasst werden, aber ich sollte meinen, dass schon das Studium des Gewebes an sich, ohne andere zur Vergleichung heranzuziehen, diese Auffassung nahe genug legt; wenigstens wüsste ich für das regelmäßige Vorkommen von Kernen mit Protoplasmaresten an den Fibrillenbündeln keine andere Erklärung zu finden. Dass diese fibrillär metamorphosirten Zellen im Vergleich zu denen der gewöhnlichen interstitiellen Bindesubstanz zu einer riesigen Größe herangewachsen sein müssen (vgl. Fig. 2 und #) ist ja klar, mit dieser Voraussetzung steht aber auch die ganz unge- wöhnliche Größe ihrer Kerne im besten Einklang. Auffallend bleibt die große Kleinheit der Zellen des interfibrillären Netzes im Verhältnis zu dem Zellnetz der gewöhnlichen interstitiellen Bindesubstanz; hier muss man im Gegentheil für letzteres ein weit längeres Wachsthum voraus- setzen. Die wenigen vorhandenen Angaben über fibrilläre Bindesubstanz bei Mollusken, welche nur die Cephalopoden betreffen!, sind schon in die vorstehende Darstellung mit einbezogen worden. Für ihre historische Reihenfolge möge Folgendes nachgetragen werden. Als der Entdecker hat Leyvie zu gelten, welcher 185% in einer kurzen Notiz (Mürzer’s Arch. 1854. p. 296) auf das Vorkommen von fibrillärer Bindesubstanz bei den Gephalopoden aufmerksam machte; er betonte die bis auf die steifere Fältelung große Ähnlichkeit mit dem Vertebratenbindegewebe. Hensen, ohne, wie es scheint, von dieser Beobachtung etwas zu wissen, erwähnt dann in seiner Arbeit über das Gephalopodenauge (l. c.) fibrilläre Binde- substanz und giebt auch eine Abbildung; ihre Histologie wird durch die Entdeckung sternförmiger Zellen zwischen den Fibrillenbündeln be- reichert. Bor endlich (l. c. p. 16), ohne die Beobachtungen von Leyvie und Hensen zu kennen, entdeckte (1871) die Kerne der Fibrillenbündel. Meine eigenen gelegentlichen Beobachtungen (l. c. p. 24) will ich hier nur ganz nebenbei erwähnen, weil sie auf eine Bestätigung des Bekann- ten hinauslaufen. 2) Aplysia fasciata Poiret. =limacinal.). Schon früher wurde bemerkt, dass alle drei Aplysia-Arten sich in dem Bau der interstitiellen Bindesubstanz scharf von einander unter- 1 Dass keine der Angaben älterer Beobachter über das Vorkommen fibrillärer Bindesubstanz bei Muscheln stichhaltig ist, hat schon Fremuming (Über Bindesub- stanzen und Gefäßwandung bei Mollusken. Habilitationsschrift. Rostock A874. p. 15) ausführlich erörtert. Auch die neuesten Angaben von SABATIER (Anatomie de la moule commune. Ann. sc. nat. [6] zool. tom. 5. 41877. p. 52. Pl. VII, Fig. 41. p. 32. Pl. VI, Fig. 2) sind viel zu kurz und in keiner Hinsicht beweisend. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 31 scheiden. Doch sind die Unterschiede nicht gleichwerthig. Aplysia punctatia steht am isolirtesten da, die beiden anderen Arten haben weit mehr Ähnlichkeit mit einander, wenn auch jede nicht ohne ihre beson- deren Eigenthümlichkeiten ist. Nur der gemeinschaftliche Besitz einer fibrillären Modifikation der interstitiellen Bindesubstanz in der Leber- kapsel hält die Aplysien allen übrigen untersuchten Gastropoden gegen- über als Gruppe zusammen; es ist gleichsam ihr generischer Charakter. Für die Untersuchung der Aplysia fasciata empfahl es sich bei der Größe der Art noch mehr als bei der Aplysia punctata, sich an möglichst junge Thiere zu halten, weil bei ausgewachsenen die Häutchen der interstitiellen Bindesubstanz zu derb und undurchsichtig werden. Doch darf diese Beschränkung keine ausschließliche werden, denn erwachsene Exemplare zeigen leichte Abweichungen, welche bei einer erschöpfen- den Darstellung mit berücksichtigt werden müssen. Die hauptsächlichsten Unterschiede zwischen der Bindesubstanz der Aplysia fasciata und punctata liegen in der geringeren Größe und größeren Zahl der Bindesubstanzzellen bei ersterer Art, verbunden mit einem Zurücktreten der fibrillär metamorphosirten Elemente. Die Zell- netze der Bindesubstanzzellen (Fig. 6 a) sind stellenweise außerordent- lich dicht, dabei aber schwer erkennbar, da die Feinheit der Ausläufer selbst bei den stärksten Vergrößerungen an der Grenze der Sichtbarkeit steht. Auch die Form der Zellen ist unregelmäßiger, die recht häufigen spindelförmigen Elemente entsenden nur wenig Ausläufer und wo zahl- reiche Ausläufer vorkommen, traten sie nicht in zwei Bündeln von den Polen einer spindelförmigen Zelle ab, sondern allseitig, so dass die Zelle dadurch sternförmig wird. Ungemein häufig finden wir im Protoplasma dieser Zellen dicht an einander gedrängt kleine kugelrunde helle Vacuo- len, oft in so großer Anzahl, dass sie den ganzen Zellkörper ausfüllen ; gänzlich fehlen diese Vacuolen — ein für die Bindesubstanz der Aplysia fasciata sehr charakteristisches Merkmal — nur selten. Wenn ich schließ- lich noch bemerke, dass der runde oder ovale Kern von 6—8 u Größe häufig excentrisch liegt, kann ich in allem Übrigen auf die Abbildung Fig. 6 a verweisen. Bei einem erwachsenen Exemplar fand ich die Bindesubstanzzellen weit sparsamer und dabei in größeren Abständen, so dass sie mit zu- nehmender Größe des Thieres sich also kaum zu vermehren, sondern nur aus einander zu rücken scheinen. Dazwischen traten vereinzelt ungemein große spindelförmige, sehr reich verästelte Zellen auf, welche an Größe und Gesammthabitus, besonders in Bezug auf die sehr allmähliche Ver- schmälerung des Zellkörpers in die Ausläufer, ganz den typischen Bindesubstanzzellen der Aplysia punctata glichen. 22 J. Brock, Höchst bemerkenswerth ist die geringe Entwicklung der fibrillär umgewandelten Zellen. Fehlen sie auch nirgends gänzlich, so giebt es doch Strecken, besonders in der Umgebung des Centralnervensysiems, wo sie gesucht sein wollen (Fig. 6), so dass man hier, wenn irgend wo bei Mollusken, von homogener Bindesubstanz sprechen kann. Aber auch, wo sie stärker vertreten sind, ist ihr Charakter ein ganz anderer. Die prachtvollen, vielstrahligen großen sternförmigen Zellen, die der Leser aus Fig. 4 kennen gelernt hat, wird man vergebens suchen. Hier herrschen sehr lange, spindelförmige, parallel angeordnete Elemente fast ausschließlich vor; man kann lange sehr feinstreifige und blasse Fibrillenbündel in parallelen Gruppen, denen an einer Stelle ein Kern nebst Protoplasmarest anliegt, oft über viele Gesichtsfelder verfolgen. Die Richtungen sind natürlich verschiedene und Kreuzungen sowohl ein- zelner Faserbündel als auch ganzer Gruppen keineswegs ausgeschlos- sen; in diesem Falle giebt dann die gleiche Richtung ganzer Gruppen dem Maschenwerk der fibrillären Zellen einen ann gegitterten Charakter. Sehr eigenthümlich sind auch die Plasmazellen (Fig. 6 c), in denen wir langgestreckte, schmale, unregelmäßig hin und her gebogene Spindeln kennen lernen, die trotz ihrer Länge («0—130 u) bei ihrer Schmalheit (8—41 u) weit weniger in die Augen fallen, als die großen Plasmazellen der Aplysia punctata. Seltener sind Formen, wie Dreistrahler mit drei ziemlich gleich langen Ausläufern und dem Kern im Centrum, oder Spindeln mit einem verbreiterten Ende, von dem mehrere kurze Aus- läufer abtreten, oder Formen, die von anderen Stellen ihrer Peripherie Ausläufer aussenden. Ist die Zelle einmal breiter, die Ausläufer spitz und gut entwickelt, so können Zellformen entstehen, welche den Plasma- zellen der Aplysia punctata außerordentlich ähneln, doch wird die oft so beträchtliche Größe jener Elemente hier in keinem Falle erreicht. Meist aber sind die Ausläufer, wenn überhaupt vorhanden, kürzer, stumpfer und lappiger als die der Aplysia punctata; der kugelrunde Kern (6—8 u), welcher mehrere Kernkörperchen enthält, liegt bald in der Mitte, bald dem einen Ende mehr genähert. Für gewöhnlich sind die Plasmazellen ebenfalls mit Granulationen (von kohlensaurem Kalk ?) ganz vollgepfropft und erscheinen desshalb "in durchfallendem Lichte dunkel, in auffallendem glänzend weiß, an gehärteten Präparaten färben sich die Granulationen, wie gewöhnlich, in Hämatoxylin tief dunkel. Vorkommen und Vertheilung der Plasmazellen ist das gleiche, wie bei der Aplysia punctata. Auch in diesen Zellen konnte das Auftreten von Vacuolen in (Protol plasma unter gleichzeitiger Verdrängung des granulären Inhaltes vielfach Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 23 konstatirt werden. Die Vacuolenbildung ist indessen hier niemals — eine sehr bemerkenswerthe Thatsache — Vorläufer einer weiteren Thei- lung der Plasmazellen. Auch nicht in einem einzigen Falle ist es mir gelungen, diese für die Plasmazellen der Aplysia punctata so charak- teristische Theilung auch hier nachzuweisen. Selbst nicht in der fibril- lären Bindesubstanz der Leberkapsel, wo es, wie erinnerlich, bei der Aplysia punctata Regel wird; die wenigen Plasmazellen, die man hier antrifft, sind zwar vacuolisirt, aber sonst unverändert. Die fibrilläre Leberkapsel, deren Beschreibung hier noch erübrigt, ist aber auch in anderen wesentlichen Punkten von dem entsprechen- den Gewebe der Aplysia punctata verschieden. Ein schönes klares Bild giebt die noch sehr durchsichtige Leberkapsel junger Thiere, welche darum auch zur bildlichen Wiedergabe (Fig. 7) gewählt ist. Die Durch- sichtigkeit beruht nicht nur auf der großen Dünne der Membran, son- dern auch auf dem Verhalten der Gewebselemente, welche in geringerer Anzahl und Größe als bei erwachsenen Thieren auftreten und be- trächtliche Strecken von noch intakter Intercellularsubstanz zwischen ‚sich lassen. So bekommt das Gewebe einen ganz anderen Charakter. Während die fibrilläre Bindesubstanz der Aplysia punctata in ihrem Gesammt- habitus noch am meisten dem leimgebenden fibrillären Bindegewebe der Vertebraten ähnelt, treffen wir hier zum ersten Male ein so eigen- thümliches Mittelding zwischen homogener und fibrillärer Bindesubstanz, wie ich von Vertebraten nichts der Art kenne. Im Allgemeinen haben wir, da auch Plasmazellen fast vollständig fehlen, Bilder von großer Klarheit und Verständlichkeit, die zur ersten Orientirung ganz vorzüg- lich geeignet erscheinen. Wir finden hier, ganz allgemein gesagt, Fibrillenbündel und Gruppen von solchen, die eine reichliche homogene Intercellularsubstanz nach allen Richtungen durchziehen und selbst wieder von einem verzweigten Zellnetz umsponnen werden. Die Häufigkeit der Vereinigung von ‚Fibrillenbündeln, welche nie die Stärke wie bei Aplysia punctata er- reichen, sondern höchstens 15—17 u dick werden, zu parallelen Zügen ist nicht zum mindesten für das Gewebe eigenthümlich. Mindestens eben so oft, als auf isolirte Bündel, stößt man auf Gruppen; eine wechselnde Anzahl von Bündeln von sehr verschiedener Mächtigkeit parallel angeordnet. Die celluläre Selbständigkeit, welche der Besitz eines meist ovalen Kernes (15—20 u im Längs-, 8 u im Querdurch- messer) nebst Protoplasmarest auch für das feinste Bündel einer solchen Gruppe verbürgt, lässt darauf schließen, dass wir es nicht mit paralle- len Zweigen einer vielstrahligen Zelle, sondern mit ursprünglich schon 24 J. Brock, parallel angeordneten spindelförmigen Zellen zu thun haben. Überhaupt überwiegen unter den fibrillär metamorphosirten Zellen die spindelför- migen ganz außerordentlich und unter den wenigen sternförmigen ge- hören solche mit mehr als drei bis vier Strahlen schon zu den größten Seltenheiten — ebenfalls ein nicht unwesentlicher Unterschied gegen die Aplysia punctata. Das Netz der umspinnenden Bindesubstanzzellen (Fig. 7 a) giebt zu wenig Bemerkungen Anlass. Sie gleichen an Gestalt und Größe voll- kommen den Zellen der gewöhnlichen interstitiellen Bindesubstanz, vor Allem auch darin, dass ihr Protoplasma in der Regel mit einer Anzahl kleiner heller kugelrunder Vacuolen erfüllt ist, die den Kern ganz bei Seite drängen können. Diese auffallende Übereinstimmung bestätigt die Vermuthung, dass die Zellen in der That nichts Anderes sind, als der Rest der nicht fibrillär umgewandelten Zellen der gewöhnlichen inter- stitiellen Bindesubstanz, aus welcher das Gewebe, der Leberkapsel her- vorgegangen zu denken ist. Da Fig. 7 von dem Charakter des Zellnetzes eine hinreichende Anschauung giebt, darf ich auf eine weitere Aus- einandersetzung dieser Verhältnisse wohl verzichten. Das Bild, das erwachsene Thiere bieten, scheint auf den ersten Blick ein ganz anderes. Man überzeugt sich aber bald, dass der ganze Unterschied auf eine beträchtliche Größenzunahme der Gewebselemente hinausläuft. Die fibrillär metamorphosirten Zellen haben sammt ihren Kernen so an Größe gewonnen, dass sie fast denen der Aplysia punctata gleichkommen und die Intercellularsubstanz zwischen ihnen auf ein Minimum reducirt ist. Daneben macht sich aber auch ein höchst auf- fallendes Wachsthum der umspinnenden Bindesubstanzzellen bemerk- bar, welches sie auf das Doppelte und Dreifache der bei jungen Thieren als normal bezeichneten Größe bringt. Dass die Zellen sich dadurch näher gebracht werden und ihr Netz desshalb dichter erscheinen muss, liegt auf der Hand; so verfehlt es daher wäre, nur auf Grund dieser Erwägung daneben noch eine Vermehrung der Zellen anzunehmen, so schwierig wäre es, das Gegentheil zu erweisen. Auf weitere Einzeln- heiten einzugehen verbietet mir der keineswegs tadellose Erhaltungs- zustand der wenigen erwachsenen Individuen, auf welche ich für die Entnahme meiner Präparate angewiesen war. Zum Schluss mögen hier noch einige Eigenthümlichkeiten unseres Gewebes kurz berührt werden, die sich in den Rahmen obiger Darstel- lung nicht ohne Zwang hätten einfügen lassen. Zunächst das ganz regel- mäßige Auftreten von Lücken — kreisrunden oder ovalen Löchern — im Gewebe, eine Erscheinung, welche in ihrer höchsten Ausbildung manchen Gewebspartien eine vollkommen siebartige Struktur verleihen Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 35 kann. Der physiologische Zweck ist zweifellos Erleichterung der Cir- kulation in der Leibeshöhle, wie auch MıLne Epwarps, neben Bercn bis- her der einzige Beobachter dieser Lücken bei Opisthobranchiern, an- nimmt!. Da wir uns mit diesen Lücken bei anderen Mollusken, wo sie zu den interessantesten Bildungen der ganzen Bindesubstanz gehören, noch viel zu beschäftigen haben werden, so wird, um Weitläufigkeiten zu vermeiden, ein besonderer Name für sie nothwendig werden: ich will sie desshalb Cirkulationslücken nennen. Bei den Aplysien bieten sie noch nicht viel Merkwürdiges. Bei jungen Thieren finde ich sie meist nur in der Leberkapsel entwickelt, hier aber auch nur spärlich und meist von nur mikroskopischer Größe (bis 1,5 mm Durchmesser), bei älteren Thieren, wo sie ganz bequem mit bloßem Auge zu sehen sind, werden sie auch in der interstitiellen Bindesubstanz angetroffen, ja bei einem ausgewachsenen Exemplar der Aplysia fasciata war das ganze Gewebe streckenweise so rarefieirt, dass die einzelnen beträchtlich großen Lücken nur noch durch schmale Gewebsbrücken von einander getrennt waren. Die Gestalt dieser Lücken ist immer eine kreisrunde oder ovale mit vollkommen scharfen Rändern und man überzeugt sich leicht aus dem Verhalten der fibrillär veränderten Zellen, dass die Lücken durch Schwund der homogenen Intercellularsubstanz entstanden zu denken sind. Immer füllen sie so die Lücken zwischen den Fibrillenbündeln aus, dass die letzteren tangential an ihren Rändern hinziehen und in ihren mannigfaltigen Kreuzungen in ihrer Gesammtheit oft ein dem Kreise umschriebenes Vieleck nachahmen, niemals sieht man aber ein Fibrillenbündel oder den Ausläufer einer Bindesubsianzzelle etwa eine Cirkulationslücke quer durchsetzen. Wo die Entwicklung der Lücken den höchsten Grad erreicht hat, werden die schmalen trennenden Sub- stanzbrücken zwischen ihnen fast nur von Fibrillenbündeln gebildet. Blutkörperchen, den Rändern dieser Lücken anklebend, pflegen ein gewöhnlicher Befund zu sein; dieselben bilden auch sonst eine sehr häufige Verunreinigung der Präparate, welche leicht zu Täuschungen Anlass geben können, da die charakteristischen Ausläufer oft fehlen "und sie auch nicht immer sofort als dem Gewebe nur äußerlich aufge- lagerte, nicht ihm organisch eingefügte Elemente zu erkennen sind. Endlich möge hier einer anderen bindegewebigen Bildung noch ! »Cette tunique peritoneale est d’une texture tres-spongieuse et presente des pertuis, par lesquels un passage s’etablit entre les lacunes sous-cutan&es et la cavite viscerale (MıLne EnwArps, Observations sur la circulation chez les Mollusques. Ann. Sc. nat. [3] zool. 8. 4847. p. 62). Die Bersn’schen Beobachtungen finden sich in seinen Nudibranchien-Arbeiten zerstreut, z. B. Reisen im Archipel der Philippinen. l. e. p. 63, Archiv f. Naturgesch. XXXVII. Bd. I. p. 20 etc. 26 J. Brock, kurz gedacht werden. Wenn man bei Mollusken von Ligamenten reden will, so verdienen vor Allem jene sehnig glänzenden Bündel diese Be- zeichnung, welche wir (Aplysia fasciata, besser noch bei Pleurobranchus und Pleurobranchaea entwickelt) in mannigfaltigster Weise zwischen den Eingeweiden unter einander oder zwischen diesen und der Körper- wand ausgespannt finden. Der Bau dieser Bänder ist ein sehr einfacher und wird bei einem Blick auf Fig. 12 sofort verständlich sein. Sie be- stehen aus parallel angeordneten Fibrillenbündeln, welche an den An- satzpunkten nach allen Seiten in die Bindesubstanzlage ausstrahlen, ganz wie ein an beiden Enden aufgefaserter Strick. Dass die fibrillär metamorphosirten Zellen in diesen Gebilden, wie auch in dem parallel- faserigen Neurilemm der größeren Nervenstämme, ausschließlich spindel- förmige Gestalt haben müssen, ist ohne Weiteres einleuchtend. 3) Aplysia depilansL. Wenn auch diese dritte und letzte Aplysia-Species in Bezug auf den Bau der interstitiellen Bindesubstanz vielfach mit der Aplysia fasciata übereinstimmt, ist ihr Bau doch in manchen Beziehungen so eigenthümlich und abweichend, dass auch diese Art an einem einzigen Bindegewebspräparat mit derselben Sicherheit zu erkennen ist, wie an der Radula oder einem anderen anatomischen Merkmale. Wir treffen hier nämlich den Zerfall der Plasmazellen in sekundäre Theilungspro- dukte, der uns von der Aplysia punctata her bekannt ist, ebenfalls wieder an; aber es kommt hier nicht zu kleinen, aus wenig Elementen zusammengesetzten Zellgruppen, sondern zu großen tuberkelähnlichen Zellaggregaten, die aus Hunderten von einzelnen Zellen bestehen und oft dicht gedrängt ganze Gewebspartien durchsetzen (Fig. 8, 9). Leider war ich bei meinen Untersuchungen auf eine Anzahl von Chromsäure- Spirituspräparaten beschränkt, deren Konservirungszustand der Er- kenntnis oft nur zu früh ein Ziel steckte; doch scheinen mir die sicher gewonnenen Resultate bedeutungsvoll genug, um an dieser Stelle mit- getheilt zu werden. | Die gewöhnliche interstitielle Bindesubstanz erinnert in ihrem Ge- sammthabitus bei schwachen Vergrößerungen sehr an Aplysia fasciata, doch überrascht bei genauerer Betrachtung die Zahl der fibrillär meta- morphosirten Zellen, welche oft sehr dicht gedrängt die Intercellular- substanz durchziehen, meist vorwiegend nach einer Richtung (Fig. 9 b), niemals aber sich durch besondere Größe oder reichere Verästelung aus- zeichnet. Selbst dreistrahlige Zellen sind schon selten, und wir können als Typus lange schmale Faserbündel mit ebenfalls verhältnismäßig langen (15—17 u) stäbchenförmigen Kernen aufstellen, welche sich, Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 27 ohne dass ein Ende wahrzunehmen wäre, oft durch viele Gesichtsfelder verfolgen lassen. In Bezug auf das Netz von Bindesubstanzzellen, das diese Bündel, wie gewöhnlich, umspinnt, ließen meine Präparate an Klarheit am meisten zu wünschen übrig. Dass verästelte Zellen, die sich nicht wesentlich von denen der Aplysia fasciata unterscheiden und auch oft ähnliche kleine Vacuolen in ihrem Inneren zeigen (Fig. 9 a), ungefähr in derselben Dichtigkeit zwischen den Fibrillen vertheilt sind, war mit Sicherheit nachzuweisen, doch konnten nur in den seltensten Fällen Ausläufer bis zu einer anderen Zelle verfolgt werden, so dass die Frage nach der Konfiguration des Maschennetzes der Ausläufer, die in- dessen kaum eine wesentliche Verschiedenheit gegen Aplysia fasciata zeigen dürfte, noch offen gelassen werden muss. Die Plasmazellen (Fig. 8, 9 c), welche an ihren Lieblingsstellen (Umgebung des Centralnervensystems etc.) in denselben Scharen auf- treten können, wie bei den anderen Aplysia-Arten, stehen zwischen denen der Aplysia fasciata und punctata gerade in der Mitte. Erstens an Größe, denn ihre kleineren Exemplare kommen denen der Aplysia fasciata etwa gleich, ihre größten (20—150 u im Längs-, 15—45 u im Querdurchmesser) reichen bis an die Maße der Aplysia punctata heran. Dann aber auch an Gestalt. Den äußeren Umriss theilen sie mit denen der Aplysia punctata, d. h. sie sind länglich oval, rhombisch bis rund, niemals aber so lang und schmal, wie die der Aplysia fasciata, dagegen fehlen ihnen wieder die schönen spitzen pseudopodienartigen Fortsätze, wodurch die Aplysia punctata (Fig. 2) so scharf charakterisirt ist, höch- stens dass sie einzelne stumpfe lappige aufzuweisen haben. Ihr Inhalt besteht, wie gewöhnlich, ganz aus stark glänzenden Körnchen bis zu unmessbarer Feinheit herunter, die sich in Hämatoxylin lebhaft färben, wahrscheinlich wohl das organische Substrat von Kalkdepositen während des Lebens. Der große kugelrunde Kern (6—17 u) mit einem großen Kernkörperchen bietet nichts Bemerkenswerthes. Die auffallendsten Gebilde unserer Bindesubstanz sind aber jene eigenthümlichen Zellaggregate, welche in verschiedener Größe und sehr ungleich vertheilt, bald dicht gedrängt, bald nur spärlich verstreut, das Gewebe durchsetzen (Fig. 8, 9 c,). Es sind Anhäufungen von zahlreichen kleinen Zellen, die so dicht an einander gelagert sind, dass ihre Ge- sammtheit als kugelige oder eiförmige, ziemlich scharf begrenzte Ein- sprengung in das Gewebe erscheint, die abgesehen von der sehr schwankenden Größe und Vertheilung bei schwacher Vergrößerung eine große Ähnlichkeit mit einem frischen Miliartuberkel zeigt. Die Größe dieser Gebilde bewegt sich zwischen 50 und 220 u, und die größten mögen wohl aus vielen Hundert Zellen zusammengesetzt sein. Zur 28 J. Brock, näheren Untersuchung ihrer zelligen Bestandtheile sind nur die klein- sten Knoten brauchbar, da die größeren höchstens an den Rändern durchsichtig genug dazu sind. Es sind kleine runde oder kubische Zellen von durchschnittlich 12—15 u Größe mit einem centralen kugel- runden Kern (3—5 u) und einem auffallend hellen, wenig granulirten, fast blasigen Protoplasma, das sich auch fast gar nicht färbt. Seltener und, wie es scheint, besonders an den peripherischen Partien treten auch excentrisch gelegene, stäbchenförmige Kerne auf, doch ist hier die Unterscheidung von den Kernen angrenzender fibrillärer Spindelzellen meist nicht scharf durchzuführen, wesshalb ich für meine Angabe nicht unbedingt einstehen will. Die peripberische Grenze der Knoten ist keine absolut scharfe und besonders um die größeren findet sich immer noch eine Art Hof von mehr verstreuten Zellen. Sind die Entfernungen der einzelnen Knoten nur gering, so greifen wohl diese Höfe in einander über und wir finden dann das ganze Gewebe mit den eben geschilderten Zellen durchsetzt, von denen die Knoten nur lokale stärkere Anhäufungen bilden (Fig. 8). Bei Besprechung dieser merkwürdigen Gebilde muss ich noch einen Verdacht ausdrücklich zurückweisen, der besonders bei Solchen Platz greifen könnte, die mit der Histologie der Mollusken weniger vertraut sind, nämlich dass ich mich durch Anhäufungen von Blutkörperchen habe täuschen lassen. Ich kann das mit um so größerer Sicherheit, als Blutkörperchen einzeln oder gruppenweise verstreut zu den gewöhnlich- sten Verunreinigungen meiner Präparate gehören und es so mir wenig- stens nicht an Gelegenheit gefehlt hat, ihr Aussehen und ihr Verhalten gegen Härtungs- und Tinktionsmittel kennen zu lernen. Da ist denn zu bemerken, dass erstens Blutkörperchen etwas größer sind, als die frag- lichen Zellen, dass sie häufig (wohl bei sehr rascher Tödtung) mit aus- gezeichnet fixirten Pseudopodien auftreten, und dass bei meinen Metho- den nicht nur der Kern sich tief schwarzblau, sondern auch das Protoplasma ziemlich intensiv sich färbt. Dann aber lässt es sich, wenn es sich um Blutkörperchen handelt, bei stärkeren Vergrößerungen und Wechsel der Einstellung, immer unzweifelhaft feststellen, dass sie den Geweben auf- und nicht eingelagert sind; endlich aber wäre eine An- häufung zu Zellkomplexen, welche an gefärbten Präparaten oft mit hloßem Auge sichtbar sind, bei Blutkörperchen etwas Unerhörtes, be- sonders da nicht einzusehen wäre, warum dergleichen nur bei der Aplysia depilans und niemals bei anderen Mollusken sich finden sollte. Die Herkunft dieser Zellanhäufungen ist für mich nicht zweifelhaft. Wenn ich auch nicht im Stande bin, einen strengen Beweis dafür zu liefern, so lässt sich doch mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit | Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 29 behaupten, dass sie aus den Plasmazellen durch wiederholte Theilung hervorgehen. Dafür spricht erstens, dass die Plasmazellen, welche sich in der Nähe solcher Knoten befinden, häufig das Auftreten von hellen blasigen Vacuolen in ihrem Inneren erkennen lassen, und dass man um- gekehrt bei kleineren Knoten noch die charakteristischen stark licht- brechenden Granula in den sie zusammensetzenden Zellen antrifft. Sind in letzterem Falle die Zellgrenzen undeutlich, so kann man es dem sanzen Gebilde durchaus nicht ansehen, ob es noch eine einzige viel- kernige Plasmazelle oder schon ein Aggregat von Theilstücken ist. End- lich findet man aber auch Plasmazellen den Zellhaufen so dicht anliegend, dass sie einen Theil derselben zu bilden scheinen (Fig. 9, in der Mitte), ja in einzelnen Fällen glaubte ich sie sogar im Innern von Knoten deut- lich wahrzunehmen. Jedenfalls halte ich es darum für viel wahrschein- licher, dass die Zellhaufen aus mehreren, als dass sie aus einer Plasma- zelle hervorgehen, eben so wie sie sich wohl noch später durch Hinzutritt neuer sich theilender Plasmazellen vergrößern können. Der Nachweis von Theilungsfiguren ist mir freilich bis auf einzelne nicht ganz unzweifelhafte Fälle nicht geglückt, und wer die Existenz einer Zellvermehrung einzig und allein von diesem Kriterium abhängig macht, wird meinen übrigen Gründen vielleicht kein großes Gewicht beilegen. Indessen sind die Zellkerne so klein, dass Theilungsfiguren (mit deren Aussehen ich durch eigene Untersuchungen an Amphibien genau vertraut bin), selbst wenn sie vorhanden sein sollten, sich nicht mit Sicherheit von gewöhnlichen Kerngerüsten unterscheiden ließen ; außerdem kann ich zu meinen Gunsten anführen, dass die Präparate keineswegs tadellos gefärbt waren und dazu Thieren entnommen, welche wahrscheinlich in schwacher Chromsäure langsam abgestorben waren!. Wer meiner Annahme, dass die Zellknoten aus Theilungen von Plasma- zellen hervorgehen, zustimmt, wird in ihnen mit mir merkwürdige Analoga der sekundären Plasmazellen der Aplysia punctata erblicken müssen, für welche uns die übrigen Mollusken, selbst die dritte Aplysia- Art nicht ausgenommen, bis jetzt noch kein weiteres Beispiel geboten haben. 1 So vermuthe ich, weil die Exemplare aus der Neapler zoologischen Station stammten, wo diese bewährte Meihode meines Wissens für Gastropoden fast aus- schließlich angewendet wird. Ich wiederhole hier nochmals, dass man tadellose Präparate von interstitieller Bindesubstanz nur zu erwarten hat, wenn die Thiere unmittelbar vor dem Einlegen in Chromsäure etc. ihrer ganzen Länge nach aufge- Schnitten werden. Wirft man die Thiere unverletzt in die Härtungsflüssigkeiten, so _ dringen diese so langsam in das Innere des Körpers, dass hier schon leichte Fäulnis- erscheinungen aufgetreten sein können, ehe eine Abtödtung erfolgt. 30 J. Brock, Die exquisit fibrilläre Modifikation der Bindesubstanz in der Leber- kapsel weicht wenig von dem entsprechenden Gewebe der Aplysia fasciata ab. Was den einzelnen Fibrillenbündeln an Stärke abgeht, wird durch ihre Zahl ersetzt. Statt einzelner starker Bündel treffen wir Gruppen von feineren parallel ziehenden ; solche Gruppen kreuzen sich in allen Richtungen unter einander und mit einzelnen Bündeln jeder Stärke, so dass ein komplicirtes Flechtwerk entsteht, welches aber bei der relativen Feinheit seiner Elemente von der homogenen Intercellular- substanz noch genug übrig lässt. Die fibrilläre Struktur der Bündel ist ausgezeichnet deutlich; das Netz der umspinnenden, unveränderten Bindesubstanzzellen, deren Körper und feinere Verzweigungen an meinen Präparaten nur unvollkommen erkannt werden konnten, geben zu keiner Bemerkung Veranlassung. Unveränderte Plasmazellen oder Zellgruppen, welche als Theilungsprodukte derselben gedeutet werden könnten, kamen nie zur Beobachtung. Cirkulationslücken sind auch bei Aplysia depilans eine ganz gewöhnliche Erscheinung und können einen größten Durchmesser von 0,2 mm erreichen. Da wir, wie hier im Voraus bemerkt werden soll, diese exquisit fibrilläre Bindesubstanz bei anderen Mollusken nicht mehr antreffen werden, so seien hier noch einige Worte den beobachteten Verschieden- heiten dieser Gewebsbildung und ihrer Erklärung gewidmet. Ein Ver- gleich der Aplysia punctata mit ihren beiden Verwandten in dieser Beziehung zeigt einen völlig verschiedenen Habitus (vgl. Fig. % mit Fig. 7): hier große vielstrahlige Faserzellen mit entsprechenden Kernen, gegen welche die Intercellularsubstanz völlig und das Netz der um- spinnenden Bindesubstanzzellen wenigstens sehr zurücktritt, dort zahl- reichere, aber feinere wenigstrahlige Faserzellen in einer reichlichen Intercellularsubstanz und stärker entwickelte Bindesubstanzzellen. Diese Verschiedenheit lässt sich aber zurückführen auf die ursprüng- liche Verschiedenheit der gewöhnlichen interstitiellen Bindesubstanz, aus welcher diese fibrilläre Modifikation doch hervorgegangen zu denken ist. Schon in der interstitiellen Bindesubstanz findet sich dieselbe Ver- ' schiedenheit zwischen der Aplysia punctata und den beiden anderen | Species in Bezug auf Größe und Zahl der Ausläufer der fibrillär umge- | wandelten Zellen, wie ein Vergleich der Fig. I und 2 mit Fig. 8 und 9 | erinnerlich machen wird, und es ist daher nicht zu verwundern, wenn wir, bei der Annahme eines in beiden Fällen gleichen Bildungsmodus | der fibrillären Leberkapsel — nämlich Vermehrung und Wachsthum der | fibrillär metamorphosirten Zellen —, die Endpunkte der Entwicklung eben so differiren sehen, wie die Ausgangspunkte. Ein Anderes ist es mit | den sogenannten sekundären Plasmazellen. Dass die Plasmazellen bei | Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 31 der Aplysia punctata in der Leberkapsel stets und in der interstitiellen Bindesubstanz häufig in eine Anzahl eigenthümlich gelagerter und ge- formter Theilstücke zerfallen, dass sie bei der Aplysia fasciata sich in der Leberkapsel nur selten und dann unverändert finden, und dass bei Aplysia depilans endlich die Theilung in sekundäre Plasmazellen aus der interstitiellen Bindesubstanz eigenthümlich ist, während Plasmazellen in der Leberkapsel überhaupt zu fehlen scheinen, ist gewiss ein höchst bemerkenswerther Unterschied, auf dessen Erklärung bis jetzt aber voll- kommen verzichtet werden muss. 4) Pleurobranchus. Die beiden letzten Vertreter der Opisthobranchier, welche ich noch untersucht habe, Pleurobranchus und Pleurobranchaea, schließen sich im Verhalten ihrer Bindesubstanz viel enger an einander an, als selbst die Aplysia-Arten ; während sich indessen Präparate von Pleurobranchus und Pleurobranchaea noch mit einiger Sicherheit von einander unter- scheiden lassen, herrscht zwischep den untersuchten Species von Pleuro- branchus aurantiacus Risso und testudinarius Gantr. die vollkommenste Übereinstimmung. Die interstitielle Bindesubstanz ist im Körper dieser Arten sehr reichlich entwickelt, besonders in der Umgebung der reich verzweigten Schwefelsäuredrüsen von Pleurobranchaea, deren Veräste- lungen überall von der Bindesubstanz umsponnen und zusammenge- halten, wie ein Mantel aus feinem Netzwerk die ganze Eingeweidemasse einhüllen. Im Vergleich mit den Aplysien ist zunächst die gleichmäßige Be- schaffenheit der Bindesubstanz an allen Orten ihres Vorkommens her- vorzuheben. Eine specifisch fibrilläre Modifikation, wie dort in der Leberkapsel, fehlt vollkommen, wenn auch in besonders resistenten membranösen Bildungen die Zahl der fibrillär umgewandelten Elemente bedeutend vermehrt und zugleich eine Anordnung in einer Richtung vorwiegen kann; für gewöhnlich finden wir aber, wie es auch unsere Fig. 10 darstellt, Fibrillenbündel oder noch häufiger größere und kleinere Gruppen von parallel angeordneten Fibrillenbündeln in allen möglichen Richtungen in einer reichlichen homogenen Intercellularsubstanz sich kreuzen. Sonst ist noch die Armuth an Ausläufern und die ungemein ver- schiedene Dicke derselben für die fibrillären Zellen dieses Gewebes charakteristisch. Vielstrahlige Zellen, wie bei der Aplysia punctata, feh- len ganz, mehr als dreistrahlige dürften schon selten sein. So setzt sich die Hauptmasse dieser Gewebselemente, wie bei den beiden anderen ‚Aplysia-Arten, aus ungemein langen schmalen Fibrillenbündeln zusam- 32 J. Brock, men, deren Anfang und Ende nur desshalb nie konstatirt werden kann, weil sie schließlich mit anderen Bündeln in Verbindung treten und so ein großes Netz bilden. Die Mächtigkeit der einzelnen Bündel wechselt zwischen 30 u und unmessbarer Feinheit, in letzterem Falle handelt es sich wohl immer um einzelne von einem größeren Bündel abge- spaltene Fibrillen. Häufig pflegt sich eine Anzahl von feineren Bündeln mit einem oder mehreren stärkeren zu gemeinsamem Verlauf zu verbin- den (Fig. 40, rechts, Fig. 11, links unten), wobei sie das Aussehen der Ausläufergruppe einer vielstrahligen Zelle annehmen; dass diese Auf- fassung eine irrige ist, beweisen aber die nie fehlenden Kerne (Länge bis 35 u, Breite bis 45 u), das untrügliche Zeichen cellulärer Selbständigkeit. Das Netz der umspinnenden Bindesubstanzzellen (Fig. 10, 41 a) bewahrt im Allgemeinen eine mittlere Dichte. Die Zellen sind nur klein, vorwiegend sternförmig, mit zahlreichen Ausläufern; der Kern rund oder oval (6—8 u), die Ausläufer sehr lang und fein und selbst bei den stärksten Vergrößerungen nur an günstigen Stellen in ihrem ganzen Verlauf sichtbar. Bisweilen schwellen sie zu kleinen protoplasmatischen Verbreiterungen an und haben ganz gewöhnlich nach den angewandten Erhärtungsmitteln ein fein perlschnurartig varicöses Aussehen ange- nommen, oft in so ausgezeichneter Weise, dass dadurch Ausläufer dieser Zellen von Fibrillen mit Sicherheit zu unterscheiden sind. Die Plasmazellen (Fig. 40 c), deren Vertheilung und Vorkommen zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung bietet, sind denen der Aplysia fasciata ganz ähnlich: lange (von 35—170 u), schmale (k—8 u breit), spindelförmig, in unregelmäßiger Weise abwechselnd ausge- bauchte und eingeschnürte Zellen, mit rundem (d5—6 u), etwa in der Mitte liegenden Kern. Die für Pleurobranchaea typischen dreistrahligen oder noch weiter verzweigten Formen sind hier nicht gerade häufig. Im Inhalt treten uns wieder die stark glänzenden, in Hämatoxylin sich äußerst stark färbenden Granulationen entgegen, die in diesen Zellen bei Mollusken in weitester Verbreitung vorzukommen scheinen, daneben finden sich auch Vacuolen in wechselnder Mächtigkeit bis zu vollkom- mener Verdrängung der Granulationen. In letzterem Fall bekommen wir Bilder, wie in Fig. 13 c von Pleurobranchaea. Auch die runden oder ovalen Durchbrechungen der Intercellular- substanz, welche ich Cirkvlationslücken genannt habe, fehlen hier nicht, ja sie treten sogar in höchst merkwürdige Beziehungen zu Bindesub- stanzzellen. Diese hier meist ovalen, seltener runden Lücken (von 80 bis 100, stellenweise bis 300 u im größten Durchmesser) finden sich nämlich in den meisten Fällen (aber durchaus nicht immer) von einem 10—18 zu breiten Ringe, wie von einem stützenden Rahmen umgeben Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 33 (Fig. 10, AA d). Der Rahmen, welcher sich in Hämatoxylin sehr tief färbt, ungefärbt einen matten, fast wachsartigen Glanz besitzt, ist, wie man bei näherem Zusehen sofort erkennt, das Produkt einer Zelle. Man bemerkt nämlich nach außen von dem Rahmen einen je nach der Größe des ganzen Gebildes verschieden breiten Protoplasmagürtel, in dem an einer oft buckelartig hervorspringenden Stelle ein entsprechend großer (8—12 u) runder oder ovaler Kern (Fig. 40, 11 e) mit ein bis zwei großen Kernkörperchen (bis 3 u) liegt. Dass dieses Zellgebilde den Rahmen für die Lücke absondert, geht auch daraus hervor, dass dickere Rahmen (Fig. 10, 41) ganz deutlich eine Zusammensetzung aus kon- centrischen Ringen zeigen, die durch ein matteres, sich weniger stark färbendes Bindemittel nicht allzufest mit einander verkittet werden. Denn in jedem Präparat finden sich Stellen, wo — wahrscheinlich durch den Zug der Nadeln beim Ausbreiten der Membranen — solche Ringe sich aus dem Verband der übrigen gelöst, verschoben und verdrückt haben, zerbrochen oder aus den zugehörigen Lücken des Präparates herausgehoben sind und daneben isolirt auf demselben liegen. Schicksal und Entstehung dieser merkwürdigen Gebilde bleibt in mehr als einer Hinsicht noch aufzuklären. Ungemein häufig findet man Cirkulationslücken mit auffallend dickem Rahmen und minimalem oder vielleicht überhaupt nicht mehr durchgängigem Lumen (Fig. 11 d). Wie dieser Verschluss zu Stande kommt, ist schwer zu sagen. Man kann annehmen, dass durch Ablagerung von immer neuen Ringen das Lumen allmählich immer mehr verengert wird; mit dieser Annahme würde die ungemeine Dicke und starke Schichtung der Rahmen, welche solche dem Verschluss nahe Löcher umgeben, gut stimmen, die jüngsten Ringe müssten aber in diesem Falle nicht von außen, sondern von innen her abgelagert werden, eine Vorstellung, die sich zwar nicht auf Unmöglich- keiten gründet, aber doch etwas Unbequemes hat. Andererseits wäre es ja auch möglich, dass die Lücken gleich von Anfang an von so mini- maler Größe gewesen und die dicken Rahmen durch successive Auf- lagerung von außen zu Stande gekommen sind; diese Annahme bin ich aber nicht im Stande, durch irgend welche positive Beobachtungen zu ‚stützen. Die jüngsten Bildungen der Art, die ich überhaupt zu Gesicht bekommen habe, sind zwar klein, haben aber doch immer einen Durch- messer von nicht unter 44 u. Wenn man bedenkt, dass die größeren und größten Bildungen niemals mit Anfangsstadien der Rahmenbildung zu treffen sind, sondern immer komplicirte, dicke, aus vielen ringförmigen Ablagerungen gebildete Rahmen besitzen, so lässt sich der Gedanke nicht von der Hand weisen, dass die Lücken sich auch durch intersti- tielles Wachsthum vergrößern. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 3 34 d. Brock, Die jüngsten Stadien, welche ich von diesen merkwürdigen Bil- dungen habe auffinden können, sind in Fig. 11 f abgebildet. Danach scheint es, als ob die Lücken, um die sich der Rahmen bildet, ursprüng- lich im Protoplasma einer Zelle entstehen und dass nicht etwa die Zelle um eine solche Lücke herum wächst. Das dürfte wohl aus der Form der Zellen mit Sicherheit hervorgehen, da sie ja noch deutliche Aus- läufer zeigen und also aus dem Zellverbande des Bindesubstanzzellen- netzes hiernach zu schließen noch gar nicht herausgetreten sind. Nach den späteren Befunden zu urtheilen, muss man annehmen, dass diese Verbindungen beim weiteren Wachsthum gelöst werden, doch habe ich nicht genügend Übergangsstufen für diesen Vorgang zu Gesicht be- kommen. Der Protoplasmaring, der die jüngsten Lücken umgiebt, ist noch sehr dünn und ganz homogen und nichts deutet darauf hin, dass schon die Absonderung der cuticularen Ringe begonnen hätte, welche diese Gebilde später zu so auffallenden Erscheinungen machen. Nimmt man die hier vorgetragene Entstehung dieser Lücken als richtig an, so ergiebt sich als nothwendige Konsequenz, dass sie mit den nicht von Rahmen gestützten Cirkulationslücken gar nichts gemein haben: die einen entstehen als lokale Defekte eines Zellkörpers, die anderen als Defekte der Intercellularsubstanz. Dass die Ringe in die große Klasse der cuticularen Ausscheidungen gehören, ist wohl sicher, aber auch als solche sind sie merkwürdig genug, erstens als Beispiele cuticularer Abscheidungen unzweifelhafter Bindesubstanzzellen, zwei- tens als Beispiele solcher Abscheidungen im Inneren eines Zellkörpers, statt wie gewöhnlich an seiner äußeren Oberfläche. 5) Pleurobranchaea Meckelii Leue. Die interstitielle Bindesubstanz dieser Species gleicht im Allge- meinen sehr der von Pleurobranchus. Insbesondere kommen in Bezug auf Stärke, Gestalt und Anordnung der Fibrillenbündel wesentliche Unterschiede nicht vor und die unwichtigeren können leichter an Präpa- raten gezeigt als beschrieben werden. Will man es versuchen, so würde man etwa sagen, dass die Fibrillenbündel im Allgemeinen nicht so häufig in parallel ziehenden Gruppen angeordnet und auch überhaupt etwas sparsamer vertreten sind als bei Pleurobranchus. Es entstehen so weitmaschige Netzwerke von Fibrillenbündeln in einer reichlichen homogenen Grundsubstanz (Fig. 13), doch fehlt es auch nicht an Stellen, wo das Gewebe einen festeren membranösen Charakter annimmt, und dem entsprechend durch dichtere vorwiegend parallel angeordnete Fibrillenzüge Stütze und Festigkeit gewinnt. \ Bei Pleurobranchaea tritt uns zum ersten Male eine Erscheinung in. } Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 35 größerem Maßstabe entgegen, welche sich seliener schon bei Pleuro- branchus findet, den Schwerpunkt ihrer Verbreitung dagegen bei den Pulmonaten hat. Es ist das eine eigenthümliche Zeichnung, die, wenn auch keineswegs regelmäßig an den Fibrillenbündeln (Fig. 14 d’) auftritt. Oft ist an ganzen Präparaten oder an weiten Strecken eines Präparates fast jedes Bündel in dieser Weise verändert, bald sind es weithin nur einzelne Bündel, ohne dass sich in Stärke, Form und Lage- rung irgend ein Grund für diese Unregelmäßigkeit ausfindig machen ließe. Die Zeichnung selbst ist eine verschiedene. Im einfachsten Falle wechseln (an guten Hämatoxylinpräparaten) tiefblau gefärbte Stellen mit helleren ab (Fig. 14 rechts unten), meist mit scharfer Grenze. Die Abschnitte selbst sind selten gleich, meist erscheinen die dunkelblauen schmaler, oft um so viel, dass sie dunkle Ringe um das Bündel zu bil- den scheinen, eine Täuschung, die durch eine häufig bemerkbare leichte Anschwellung des Bündels an diesen Stellen noch verstärkt. wird. Wei- tere Komplikationen ergeben sich daraus, dass die Grenzen der dunklen Abschnitte schräg zur Längsachse des Bündels verlaufen, auch wohl durch Brücken mit einander zusammenhängen, wodurch dann die ver- schiedenartigsten Zickzackbänder entstehen. Wechseln endlich inner- halb des Bündels Felder von heller und dunkler Färbung mit einander ab, so erhält man ungemein zierliche schachbrettartige Zeichnungen (Fig. 14), die Bündel gleichen dann Stricken, welche aus einer Anzahl dünnerer Schnüre von abwechselnd hellerer und dunklerer Farbe zu- sammengedreht sind. Veränderung der Einstellung belehrt, dass die Zusammensetzung aus hellen und dunklen Partien durch die ganze Dicke des Fibrillenbündels geht; zieht man ungefärbte Präparate zur Vergleichung heran, so sieht man hier die sich dunkel färbenden Partien mit einem matten wachsartigen Glanz sich deutlich von den unveränder- ten ganz transparenten abheben, ein Beweis dafür, dass der Grund dieser Erscheinung nicht nur in einer verschiedenen Verwandtschaft zu dem angewendeten Farbstoff zu suchen ist. Leider habe ich keine Gelegenheit gehabt, die interstitielle Binde- _ substanz von Pleurobranchaea auch frisch zu untersuchen, ich würde aber doch, selbst wenn ich mich nicht auf das Ergebnis analoger Beobachtungen an frischen Bindesubstanzpräparaten von Pulmonaten stützen könnte, diese Zeichnung ganz bestimmt als Kunstprodukt auf- fassen. Die Erklärung, welche ich für ihre Entstehung zu geben ver- suchen werde, dürfte, wenn richtig, auch neues Licht über die feinere Struktur der fibrillär metamorphosirten Zellen verbreiten. Einen Auf- schluss über die diesen Bildern wahrscheinlich zu Grunde liegende Struktur gewann ich nicht an den schön netzförmig gezeichneten Bündeln, 3%* 36 J. Brock, sondern an den einfacheren, wo schmälere dunkle Abschnitte mit länge- ren hellen abwechseln. Besonders lehrreich erwiesen sich die nicht seltenen Stellen, wo an den hellen Abschnitten die. fibrilläre Längs- streifung verschwunden, der ganze Abschnitt überhaupt so blass und durchsichtig ist, dass das Bündel zwischen den dunkeln Stellen durch- gerissen erscheint (Fig. 15, Fig. 20 von Pulmonaten). Wäre das in der That der Fall, wäre das Bündel in eine Anzahl von Theilstücken zer- spalten, so ließe sich nicht absehen, warum man diese Theilstücke immer in schnurgerader Linie, der Richtung des Bündels entsprechend, aufgereiht findet, und warum sie (wenigstens häufig) in ein und dem- selben Bündel annähernd die gleichen Abstände bewahren. Es muss also wohl noch eine Verbindung zwischen den Theilstücken vorhanden sein und dass dem so ist, lässt sich an günstigen Stellen (wo das Bild nicht durch Anhäufung von Bindesubstanz-Plasmazellen und sich kreuzende Fibrillenbündel verdunkelt wird) leicht beweisen. An sol- chen Stellen sieht man nämlich den Randkontur der dunklen Abschnitte als feine Linie jederseits über die scheinbare Unterbrechunssstelle hin- weg sich bis zu dem nächsten dunklen Abschnitt hin fortsetzen (Fig. 15 B). Auch wenn das unser einziger Befund wäre, würde doch die Deutung dieser Konturen als optischer Ausdruck einer strukturlosen Scheide, welche das Bündel umgiebt, bei den meisten Histologen unbe- anstandet passiren. Es stehen mir aber noch bessere Beweise für die Richtigkeit dieser Auffassung zu Gebote. Einmal nämlich die Analogie der Pulmonaten, wo die sirukturlose Scheide auch am unveränderten Fibrillenbündel überall mit der größten Deutlichkeit wahrzunehmen ist (vgl. darüber p. 44 und Fig. 21), zweitens aber der günstige Befund an einem Pleurobranchaea entnommenen Präparate (Fig. 15 A), wo die struk- turlose Scheide sich nicht nur von den dunkeln Abschnitten deutlich ab- gehoben, sondern auch dazwischen in feine Runzeln und Falten gelegt hatte. Ich möchte daher behaupten, dass die oben besprochene Zeich- nung der Bündel zu Stande kommt dadurch, dass der Inhalt innerhalb der unversehrt bleibenden Scheide in eine Reihe von Theilstücken zer- klüftet. Das kann nun wieder auf verschiedene Weise geschehen. Schon bei den Aplysien fanden wir, dass der Inhalt der Bündel sich aus zwei Bestandtheilen zusammensetzt, nämlich 4) sehr feinen Fibrillen, welche der Längsachse des Bündels parallel ein 2) verhältnismäßig sehr mächtiges Protoplasma durchziehen !. Dies Protoplasma, das sich ziemlich intensiv I Für die Existenz einer strukturlosen Scheide bei den Aplysien beweisen meine Präparate nichts; doch kann man sie nach Analogie wohl als vorhanden annehmen, besonders da ich bei Aplysia depilans, wenn auch sehr selten, die netzförmige Zeich- nung der Fibrillenbündel gefunden habe. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 37 mit Hämatoxylin färbt, hat nun, wie ich annehme, große Neigung, unter dem Einflusse von Säuren etc. zu zerklüften und sich an bestimmten Stellen aufzuhäufen. Ist diese Zerklüftung keine totale, sondern nur eine partielle stärkere Anhäufung, bei der die Fibrillen unversehrt bleiben, so entstehen die schönen Zickzack-, schachbrettartigen, marmo- rirten etc. Zeichnungen. Da hierbei die helleren Stellen gegenüber den dunklen sich nur durch relative Armuth an Protoplasma, keineswegs aber durch vollständigen Mangel auszeichnen, so ist die Farbendifferenz keine so große, wie bei der totalen Zerklüftung, die hellen Stellen sind noch deutlich blassblau, die dunklen Stellen nie so intensiv dunkel ge- färbt. Außerdem ist die fibrilläre Streifung des Bündels intakt und be- sonders an den hellen Stellen deutlich wahrnehmbar. Ist aber die Zer- klüftung eine totale (Fig. 15, 20), so werden auch die Fibrillen! mit zerrissen und das ganze Bündel zerfällt in eine Reihe von Theilstücken, welche nur noch durch die strukturlose Scheide zusammengehalten werden. Dann sind die dunklen Abschnitte intensiv schwarzblau ge- färbt, oft leicht ausgebuchtet und in manchen Fällen stehen an den unregelmäßig begrenzten Rissstellen Bruchstücke von Fibrillen hervor (Fig. 15); die hellen Abschnitte sind vollkommen durchsichtig und lassen keine Spur einer Färbung oder Streifung mehr erkennen. So finden die beobachteten Thatsachen sämmtlich eine, wie ich glaube, ungezwungene und naheliegende Erklärung ?. Über die Plasmazellen (Fig. 13 c) ist nicht viel zu sagen. Sie sind stellenweise sehr gehäuft, um anderswo streckenweise wieder gänzlich zu fehlen, also nicht anders, als bei anderen Opisthobranchiern auch. Es sind entweder sehr lange (80—300 u, gewöhnliche Länge circa 150 u), schmale (3—8 u Breite), spindelförmige oder dreistrahlige Ele- mente; die beiden Enden spitz verschmälert, die Gestalt durch bauchige Anschwellungen besonders um den Kern herum und plötzliche Ein- schnürungen eine unregelmäßige. Der kugelrunde Kern (4—6 u) liegt ungefähr in der Mitte, bei den Dreistrahlern in dem verbreiterten Gen- 'trum der Strahlen. Das Protoplasma hat theils stark lichtbrechende 1 Wie viel Farbstoff die Fibrillen selbst aufnehmen, ist ihrer Feinheit wegen schwer zu sagen. Doch glaube ich mit der Annahme nicht fehl zu gehen, dass sie sich ziemlich stark färben, da an gut gefärbten Präparaten ihre Deutlichkeit trotz der starken Tinktion des sie umhüllenden Protoplasmas umgemein erhöht zu sein pflegt. 2 Die hier behandelten Zeichnungen sind schon von Pancerı gesehen und wenn auch roh, so doch kenntlich abgebildet. Er hält alle diese Elemente, wie auch sämmtliche faserige Gebilde, die die Schwefelsäuredrüse umspinnen, ohne Weiteres für muskulös. (P. Pıncerı, Gli organi e la secrezione dell’ acido solforico nei gastero- podi etc. Att. r. accad. sc. fis. mat. Napoli 1869. Tav. IV, Fig. 31, 32.) 38 J. Brock, glänzende Körnchen eingelagert, theils ist es von rundlichen hellen Vacuolen erfüllt, also beides Bestandtheile, die wir auch sonst als typisch für die Plasmazellen kennen gelernt haben. Das gegenseitige Massen- verhältnis ist sehr schwankend, wie schon aus der Abbildung Fig. 13 ersichtlich ; neben ganz vacuolisirten Zellen finden sich solche, die ganz mit Granulationen erfüllt sind ; meist aber ist die Vertheilung innerhalb einer Zelle eine ziemlich gleichmäßige, indem die Körnchen den nicht von Vacuolen eingenommenen Theil des Protoplasmas erfüllen. Thei- lungserscheinungen der Plasmazellen gelangten niemals zur Beobachtung; vielleicht ist die Bemerkung nicht überflüssig, dass dem Gewebe auf- liegende Häufchen von Blutkörperchen besonders bei schwächeren Ver- größerungen leicht zu Täuschungen in dieser Hinsicht Veranlassung geben können. 6) Pulmonaten!. Wer unter dem Eindruck der Einförmigkeit, welche die interstitielle Bindesubstanz der Opisthobranchier wenigstens innerhalb einer Species bietei, an die Untersuchung der Pulmonaten herantritt, wird von der hier sich bietenden Mannigfaltigkeit im Anfang nicht wenig überrascht sein. Auch an ein und demselben Individuum kann die Bindesubstanz je nach den verschiedenen Körperstellen ein so wechselndes Aussehen annehmen, dass man im Anfang glaubt, es mit ganz verschiedenen Geweben zu ihun zu haben und Zeit bedarf, um sich unter der Mannig- faltigkeit der hier auftretenden neuen Bildungen zurecht zu finden. Schließlich aber ist dieser Formenreichthum doch nur Schein: die Prin- cipien des Baues bleiben unverändert bestehen und das einzige Mittel, dessen die Natur bedarf, um eine Reihe der interessantesten Gewebs- formen hervorzubringen, ist Abänderung in der Mischung, dem quanti- tativen Verhältnis der einzelnen Gewebselemente zu einander. Will man eine allgemeine Vorstellung von der interstitiellen Bindesubstanz der Pulmonaten geben, so kann man allerdings sagen, dass sie durch Überwiegen der Plasmazellen bei starkem Zurücktreten der fibrillären Bestandtheile charakterisirt ist, aber ich besitze genug Präparate, aus denen, allein für sich genommen, das gerade Gegentheil folgen würde (vgl. z. B. Fig. 19 mit 20), Für die Beschreibung empfiehlt es sich, mit den Plasmazellen zu beginnen, nicht nur, weil sie bis jetzt das Einzige waren, was man von diesem Gewebe genauer kannte, sondern auch wegen der Rolle, welche sie in seiner Zusammensetzung, vielleicht auch im Stoffwechsel des ganzen Thieres spielen. 1 Untersucht wurden Helix pomatia, Helix nemoralis, Limax agrestis, Arion empiricorum. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 39 Betrachtet man ein Stückchen Bindesubstanz, das aus dem frisch getödteten Thiere herauspräparirt ist, in einer leidlich indifferenten Zu- satzflüssigkeit (1/2%/,iger Chlornatriumlösung), so sieht man in der Regel nichts weiter, als Lagen von dicht gedrängten großen runden oder ovalen Zellen, welche durch ihren starken Glanz sehr an das Fettgewebe der Vertebraten erinnern!. Ahnliche Zellen, dicht gedrängt, umscheiden auch die Nerven und Gefäße (Fig. 16), bilden an manchen Eingeweiden (Magen z. B.) vollständige Überzüge und sind daher vielfach älteren, wie neueren Beobachtern? aufgefallen und zum Theil schon recht aus- führlich beschrieben worden. Die genaueste Beschreibung, die wir haben, ist die von SEemper. Er unterscheidet je nach ihrem Inhalt drei Arten, welche wir ebenfalls annehmen können, trotzdem eine scharfe Grenze, wenigstens zwischen der ersten und zweiten Art, nicht besteht. Die bei Weitem häufigste Erscheinung der Plasmazellen ist die oben ge- schilderte: sie treten (Fig. 46, 47, 19 c) als ovale oder rundliche, sehr selten unregelmäßig geformte Zellen mit einem Längsdurchmesser von 20—-30, frisch bis 40 u, und einem 5 u großen, runden Kern auf, welcher central, häufiger noch excentrisch gelagert sein kann, im Leben aber durchaus nicht immer sichtbar ist. Das Protoplasma. dieser Zellen zeichnet sich frisch durch einen so starken Glanz aus, dass der Gedanke, dasselbe möchte mit einer fettähnlichen Substanz infiltrirt sein, nahe liegt; doch ist das Verhalten gegen Osmium (nicht stärkere Bräunung, als gewöhnliches Protoplasma) dieser Annahme nicht günstig; auch die Behandlung mit Chloroform und Äther ergab keine positiven Resultate. Um den Kern der Plasmazelle findet sich, wie schon Srmrer richtig ! »Pinguedini simillimis.« CLAPAREDE, Cyclostomatis elegantis anatome. Diss. inaug. Berolini 4857. p. 43. 2 LEUCKART in Frey und LEUCKART, Lehrbuch der Anatomie der wirbellosen Thiere. Leipzig 1847 (R. WaAcner’s Lehrbuch der Zootomie. Theil 2), p. 438, LEyY- DiG, Über Paludina vivipara. Diese Zeitschrift, Bd. II, 1850, p. 4155—156, 162, 473, 175, 4190. Taf. XII, Fig. 4, R. E. CLAPAREDE, |. c. p. 44, 43, 46, Fig. Se, A41 d und Beiträge zur Anatomie desCyclostoma elegans. MüLLer's Archiv 1858, p. 1, C. SEMPER, _ Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pulmonaten. Diese Zeitschrift, Bd. VIII, 1857, p. 356, 361, 364, 366, 374, 376, Taf. XVI, Fig. 3, H. LAcAzE-DUTHIERs, M&moire sur l’anatomie et l’embryog&nie des Vermets. Ann. sc. nat. (4) zool. 43. 4860, p. 218 bis 220, Pl. IV, Fig. 2, Fremming, l.c. p. 26, H. ScauLtze, Die fibrilläre Struktur der Nervenelemente bei Wirbellosen. Archiv für mikr. Anat. Bd. XVI, 1879, p. 77, J. JovEux-LAFruıE, Organisation et developpement de l’Oncidie. Arch. zool. exper. et gen. T. X, 1882, p. 260, Pl. XIX, Fig. 40, 41, W. VienAL, Structure du systeme nerveux des Mollusques. Compt. rend. XCIV, 1882, p.250 Anm, In dieses Littera- turverzeichnis sind auch die Angaben über Prosobranchier mit einbezogen worden, weil deren Plasmazellen, wenigstens nach Abbildungen und Beschreibungen zu ur- theilen, sich kaum von denen der Pulmonaten unterscheiden können. 40 J. Brock, beschreibt (l. c. p. 361), eine Zone von feinen dunklen Körnchen von unbestimmter chemischer Natur, von der auch (an gehärteten Präpara- ten) Fortsätze nach der Peripherie der Zelle ausstrahlen. Die Quantität dieser Körnchen, welche nach H. ScauLtze (l. c. p. 77) »an ganz frischen Präparaten« eine lebhafte Molekularbewegung zeigen, ist sehr wechselnd, und Fälle, wo sie fast die ganze Zelle anfüllen, nicht selten. Die zweite Zellart Semper's (l. c. p. 361—362, Taf. XVI, Fig. 3 ec) ist durch eigenthümliche matt fett- oder wachsartig glänzende Körnchen charakterisirt, welche in dem durchsichtigen Protoplasma wie Tropfen zu schwimmen scheinen. In Bezug auf die Anfüllung der Zellen mit diesen Körnchen bestehen zwischen den einfachen Plasmazellen der ersten Kategorie und Formen, wie sie in Fig. 18 A abgebildet sind, alle möglichen Unterschiede, eben so wie auch ihre Größe selbst in ein und derselben Zelle sehr wechselt (Fig. 18 A). Die »Körnchenzellen « finden sich bald in kleineren Gruppen zwischen den übrigen verstreut, bald nehmen sie größere Strecken Bindesubstanz ganz für sich in Beschlag, ohne dass ich in dieser Hinsicht eine Regel anzugeben wüsste. Ihre Unlöslichkeit in Alkohol und die tiefe Färbung, die sie von Hämatoxylin- lösung annehmen, lassen mich der Semper’schen Angabe, nach der sie aus Fett bestehen sollen, nicht beistimmen. Die dritte, allen Beobachtern 1 wohlbekannte Kategorie von Plasma- zellen, zeichnet sich durch ihren Gehalt an kohlensaurem Kalk aus, wesshalb JoyEux-LArrtie (l. c.) die gesammten Plasmazellen ja geradezu Kalkzellen (Cellules calcaires) nennt. Wie die eben besprochenen Zellen mit fettglänzenden Körnchen, so sind diese in derselben Weise mit undurchsichtigen, bei auffallendem Lichte glänzend weißen, bei durch- fallendem dunklen Konkretionen ganz vollgepfropft, und dadurch leicht kenntlich. Für die weitere Beschreibung muss ich zwei Kategorien aus einander halten, welche, so weit meine Erfahrungen reichen, sich scharf trennen lassen, bisher aber von allen Autoren, mit Ausnahme von LacazE-Durnuers (l. c.), nicht aus einander gehalten worden sind. Erstens nämlich findet man bei allen Helices die durchsichtige Haut der letzten Windungen des Eingeweidesackes von innen — schon mit bloßem Auge an der opak weißen Farbe kenntlich — auf weite Strecken mit einer oft fast epithelartig dichten Lage von Kalkzellen ausgekleidet. 1 Möglicherweise hat CLAPAREDE die Körnchenzellen und die Kalkzellen nicht gehörig aus einander gehalten. Während die Beschreibung p. 414 »aliae quoque praesertim inter organa generantia, minores....., quibus substantia granulosa ac flavicans continetur«, auf die Körnchenzellen passen würde, verweist er an einem anderen Orte, wo offenbar von Kalkzellen die Rede ist (p. 43), mit den Worten: »De quibus antea iam locuti sumus«, auf die vorstehende Beschreibung zurück. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 41 Diese Kalkzellen (Fig. 18 C) sind. durchweg etwas kleiner als die ge- wöhnlichen Plasmazellen, ihr Inhalt besteht aus Kalkkörnchen, die selbst bei den stärksten Vergrößerungen noch unmessbar fein sind und aus zerdrückten Zellen wie ein feiner Staub (»une poussiere impalpable«, Lacaze-DutHiers, 1. c. p. 219) heraustreten. Sie füllen ausnahmslos die ganze Zelle dicht an, so dass selbst der Kern verdeckt ist; auf Essigsäurezusatz verschwinden sie unter lebhafter Gasentwicklung spur- los; sie sind also an kein organisches Substrat gebunden. Die zweite Art von Kalkzellen (Fig. 18 B) findet sich in der ganzen interstitiellen Bindesubstanz einzeln oder in kleinen Gruppen, z. B. ganz sicher in der Umgebung des centralen Nervensystems, auch die Kalk- zellen, welche — wie schon längst bekannt — sich in der Adventitia der Verzweigungen der Aorta abdominalis von Arion in solcher Menge finden, dass die Gefäße schon dem unbewaffneten Auge weiß erscheinen, gehören in diese Kategorie. Die Kalkkonkretionen dieser Zellen sind numerisch geringer, dafür aber niemals staub- oder pulverförmig, son- dern treten immer unter dem Bilde deutlich konturirter kugeliger oder polygonaler Körperchen auf, deren Größe, selbst in einer Zelle sehr ver- schieden, im besten Falle sogar messbar (1—2 u, an Kalkzellen von den Verzweigungen der A. hepatica von Arion maß ich einzelne Konkretionen von 40 u) sein kann. Auf Essigsäurezusatz erblassen sie unter Gasent- wicklung sehr stark und verschwinden ohne einen organischen Rück- stand zu hinterlassen. Nachträglicher Zusatz von Oxalsäurelösung be- wirkt in beiden Fällen das Auftreten der Briefkouvertkrystalle des oxalsauren Kalkes!. Ob den Kalkzellen der interstitiellen Bindesubstanz eine ähnliche Bedeutung im Haushalt des Thieres zukommt, wie denen der Leber nach BARFURTH 2, können erst länger fortgesetzte Beobachtungen lehren 3. 1 In der soeben erschienenen Arbeit BAarrurra’s, Über den Bau und die Thätig- keit der Gastropodenleber, Archiv für mikr. Anatomie, Bd. XXII, 1883, p. 473 finde ich p. 482 die Bemerkung, dass aus diesen Kalkzellen gegen den Herbst zu fast aller Kalk verschwindet, und dass man dann an Stelle einer Kalkkugel eine » Protoplasma- lücke« findet, »die die Form einer Hohlkugel hat, aber nicht leer oder lufthaltig, sondern mit der Zellflüssigkeit erfüllt« ist. Ganz dieselbe Beobachtung habe ich gemacht, wenn ich den Kalk durch Säure entfernte, wobei die blassen Protoplasma- lücken leicht eine organische Grundlage der Kalkkonkremente vortäuschen können. 2 BARFURTH, Der Kalk in der Leber der Helicinen und seine biologische Bedeu- tung. Zoologischer Anzeiger 1884. p. 20. 3 Obgleich, wie gesagt, die Kalkzellen der ersten und häufig auch die der zwei- ten Kategorie etwas kleiner als die gewöhnlichen Plasmazellen sind, so habe ich doch bei den von mir untersuchten Arten nie solche Größendifferenzen zwischen den drei Arten von Plasmazellen wahrnehmen können, wie sie SEmPER (l. c. p. 361, 42 J. Brock, Was mich veranlasst, alle diese Zellen als Plasmazellen zu bezeich- nen, ist außer der allgemeinen Ähnlichkeit mit den Plasmazellen der übrigen Mollusken das gleiche räumliche Verhältnis zu den übrigen Gewebseleimenten; sie sind gruppen- oder nesterweise in eine homogene Intercellularsubstanz eingesprengt, in der sich zwischen Fibrillenbündeln ein Netz sternförmig verzweigter Bindesubstanzzellen ausbreitet. Die homogene Intercellularsubstanz ist nächst den Plasmazellen verhältnis- . mäßig am leichtesten zu sehen und von früheren Beobachtern (Leypig,- l. c. p. 190, Fremming, 1. c. p. 27) im Wesentlichen richtig beschrieben worden. Auch die Girkulationslücken finden sich schon bei Lezypic (l. c. p. 190) und Fremming (l. c. p. 27) erwähnt; eine ähnliche Beobachtung findet sich auch bei Jovzux-Larruie (l.c.p. 247). Abgesehen davon, dass sie bei Pulmonaten bei Weitem häufiger sind, als bei allen anderen unter- suchten Gastropoden, und vielleicht keinem meiner Präparate ganz fehlen, ist oft auch ihre Anordnung auf weite Strecken so regelmäßig, ihre Größe innerhalb so geringer Grenzen schwankend, dass ausgedehnte siebförmig durchlöcherte Membranen entstehen, welche für die Pulmo- naten ungemein charakteristisch sind (Fig. 21). Bei den Bindesubstanzzellen steht die Leichtigkeit, mit welcher die Kerne sowohl frisch zu sehen, als auch ohne Schwierigkeit schön tin- girt zu erhalten sind, in bemerkenswerthem Gegensatz zu der Mühe, die es kostet, sich den sternförmigen Zellleib und seine Ausläufer zur An- schauung zu bringen. Frisch ist davon absolut nichts zu sehen, Leypıe und SEMPER sprechen desshalb auch nur von einer homogenen Bindesub- -stanz mit eingestreuten freien Kernen, eine Anschauung, die vor dem völligen Sturz der Scuwann’schen Zellbildungslehre nichts Anstößiges hatte!. Mir hat nur die Osmium-Alkohol-Hämatoxylinbehandlung in dieser Beziehung günstige Resultate, leider aber keineswegs immer, er- geben. Ich kann daher nur im Allgemeinen aussagen, dass die Binde- substanzzellen sternförmig sind und sich in der typischen Art durch zahlreiche verzweigte Ausläufer mit einander verbinden (Fig. 17 a); ob Taf. XVI, Fig. 3) beschreibt und abbildet. Es muss das, wenn es sich bestätigt, eine Eigenthümlichkeit von Lymnaeus, vielleicht der Basommatophoren sein. Neben den Kalkzellen finden sich auch amorphe, runde knollige (bis 45 # große) Konkretionen (Fig. 18 D) von kohlensaurem Kalk, wie sie auch in der Cutis so vieler Gastropoden vorkommen. Von einem organischen Substrat habe ich bei diesen Ge- bilden nichts ermitteln können. ARE 1 Wenn Fremmine von Membranen spricht, die »mit Endothelkernen« besetzt sind, so will er selbstverständlich damit nur sagen, dass er die zugehörigen Zell- körper nicht gesehen hat. Im Übrigen halte ich es für nicht zweifelhaft, dass unter diesen Kernen die der Bindesubstanzzellen gemeint sind, denn ein wirkliches Endo- thel ist in der Leibeshöhle der Pulmonaten durchaus nıcht nachzuweisen. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 43 ich aber an irgend einem Präparate das gesammte Ausläufernetz bis in seine feinsten Verzweigungen hinein wirklich zu Gesicht bekommen habe, muss ich dahin gestellt sein lassen. Die Kerne sind durchschnitt- lich 3—8 u groß, rund oder oval und zeigen das gewöhnliche Kern- gerüst. Auch die Fibrillen scheint man schon früher gesehen, immer aber ohne Weiteres für Muskelfasern erklärt zu haben. Mir ist es nicht un- wahrscheinlich, dass gerade diese unbegründete Voraussetzung eine nähere Untersuchung und damit eine Erkenntnis des wahren Sachver- haltes verhindert hat. Wenigstens ist es auffallend, dass Semeer (l. c. p. 362) überall in der interstitiellen Bindesubstanz Züge von Muskel- fasern findet, wo ich doch nirgends dergleichen habe wahrnehmen können, Bindesubstanzfibrillen dagegen niemals erwähnt!. Frisch ist von ihnen meist wenig zu sehen, besonders bei massenhafter Anhäufung von Plasmazellen, aber es genügt, ein Gewebsstückchen einige Minuten lang in 70°/,igen Alkohol zu legen (und auch darin zu betrachten !!), um die Fibrillen mit ausgezeichneter Schärfe und Deutlichkeit hervortreten zu lassen. Ein einziges derartiges Präparat dürfte vollkommen für den Beweis genügen, dass die Fibrillen zum mindesten keine Züge von glatten Muskeln sind?. Im Übrigen werden ihre Eigenschaften, welche in mehr als einer Hinsicht bemerkenswerth sind, eben so wie ihre Anordnung, bequemer an gehärteten und gefärbten Präparaten studirt (Fig. 19, 20, 21, 22). Die Anordnung ist, wie gewöhnlich, wenig charakteristisch, doch kann, wenn auch Stellen mit sehr dichtem Faserverlauf durchaus nicht fehlen (Fig. 22), ein weit spärlicheres Auftreten im Vergleich mit den übrigen Gastropoden nicht in Abrede gestellt werden. Wo die Fibrillenbündel dichter gehäuft sind, macht sich eine parallele Anordnung bemerk- bar, und auch sonst sind unter dem Gewirr der sich allseitig kreuzenden Fasern gewisse Hauptrichtungen, nach denen die meisten und stärksten ziehen, leicht herauszufinden. Die Fibrillenbündel der Pulmonaten scheinen, nach dem Verhalten des fertigen Gewebes zu urtheilen, durchweg aus Spindelzellen hervor- 1 Auch Freumine (l. c. p. 27) leugnet Bindegewebsfibrillen und erkennt nur Muskeifasern an. 2 Wenigstens sind Muskeln, welche ohne die Möglichkeit der Abgrenzung ein- zelner zelliger Elemente ein durch das ganze Präparat verzweigtes Flechtwerk bil- den, für mich ein Unding (wenngleich PıAncerı bei Pleurobranchaea []. c. p. 26] lieber zu dieser Annahme greift, als dass er die Möglichkeit der bindegewebigen Natur dieser Bildungen zugäbe); dazu kommt noch die Existenz strukturloser 'Scheiden, die netzförmigen Zeichnungen und die Seltenheit der Kerne. 44 J. Brock, zugehen. Dreistrahlige Formen sind schon recht selten, fibrilläre Zellen mit noch mehr Strahlen werden ganz vermisst. Auch die Stärke der Fibrillenbündel ist nur eine geringe, denn der Durchmesser von 15 u wird nur selten überschritten. Bemerkenswerth ist ferner die schwie- rige Sichtbarkeit der fibrillären Streifung, sowohl an frischen, als auch an gefärbten Präparaten. Es geht das so weit, dass bei schwachen und mittleren Vergrößerungen die Fibrillenbündel häufig ganz homogen er- scheinen, ausnahmslos habe ich aber wenigstens bei Anwendung von Immersionslinsen eine feine Längsstreifung mit aller Bestimmtheit er- kennen können. Ob diese Erscheinung auf großer Feinheit der Fibrillen oder einem geringeren Brechungsunterschied zwischen Fibrillen und Kittsubstanz seinen Grund hat, wage ich nicht zu entscheiden. Die strukturlose Scheide, welche wir schon bei Pleurobranchaea kennen gelernt haben (p. 36), lässt sich hier durchweg nachweisen und tritt oft mit einer so ausgezeichneten Deutlichkeit auf (Fig. 21), dass Pulmonaten als Demonstrationsobjekt dafür zu empfehlen sind. Sie er- scheint schon bei mittleren Vergrößerungen als sehr feine Linie, welche parallel neben dem Rand des Bündels hinzieht und von ihm durch einen deutlich wahrnehmbaren hellen Zwischenraum getrennt ist. Auch die p- 3% näher beschriebenen Quellungserscheinungen der Kittsubstanz gehören zu den gewöhnlichsten Vorkommnissen, und ich besitze genug Präparate, an denen jedes Bündel in dieser Weise verändert ist (Fig. 20). Seltener sind die zierlichen netzförmigen Zeichnungen, wenn sie auch nicht fehlen (Fig. 21), das Gewöhnliche ist aber die Zerklüftung des In- haltes des ganzen Bündels in eine Reihe von Theilstücken, die oft um mehr als ihre eigene Länge von einander entfernt sind (Fig. 20). Wie bei Pleurobranchaea, so lässt sich auch hier die Existenz der struktur- losen Scheide gerade an solchen leeren Zwischenräumen leicht demon- striren. Eigenthümlich ist auch die Schwierigkeit, die Kerne der Fibrillen- bündel zu finden. Zwar sieht man oft genug ovale Kerne ihnen an- oder aufliegen, die man ihrer Lage nach dafür in Anspruch nehmen könnte; immer aber fehlte der Protoplasmahof, der peripherisch in den fibrillären Theil übergeht, und so war Täuschung durch den Kern einer | entsprechend gelagerten Bindesubstanzzelle nie mit Sicherheit auszu- schließen. Schon machte ich mich mit dem Gedanken vertraut, dass nach Analogie des Vertebratenbindegewebes die Kerne der Bildungs- zellen schließlich verloren gingen, als ich in dem Centrum einiger drei- | strahligen Zellen den Kern wirklich auffand, so in dem verbreiterten Protoplasma gelagert, dass jede Verwechselung ausgeschlossen war. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 45 Hier überzeugte ich mich, dass der Hof körnigen Protoplasmas in der That verschwunden oder auf ein Minimum reducirt ist. Der Cirkulationslücken ist schon Erwähnung gethan worden: nach- zutragen bleibt noch, dass sie auch hier (Arion, Limax, besonders in der bindegewebigen Auskleidung der Leibeshöhle) von denselben cuti- cularen Rahmen, wie bei Pleurobranchus und Pleurobranchaea gestützt werden. Nur Anordnung und Entstehung dieser Rahmen ist etwas ab- weichend. An Stelle der mehr gleichförmigen Vertheilung in bestimmten Zwischenräumen finden sie sich hier in dicht gedrängten größeren und kleineren Gruppen oft isolirt im Gewebe, oft auf weite Strecken in einer Massenhaftigkeit entwickelt, dass alle übrigen Gewebsbestandtheile da- gegen zurücktreten (Fig. 23 giebt davon eine Vorstellung). Ihr Durch- messer ist natürlich sehr verschieden und wechselt von 3 zu 200 u (mittlere Größe 50—60 u) ; auffallend ist es, in welch’ großer Anzahl und in wie dichten Gruppen (Fig. 23 rechts unten) kleine und kleinste Lücken mit dicken Rahmen und minimalen Öffnungen auftreten, ganz dieselben eigenthümlichen Gebilde, über deren Zustandekommen wir bei Pleurobranchus eine Reihe von Vermuthungen erörtert haben. Ein fundamentaler Unterschied gegen die Opisthobranchier besteht darin, dass dort jeder Ring, er mag noch so mächtig sein, nur das Produkt einer Zelle ist, während hier eine ganze Anzahl von Zellen sich zu seiner Bildung vereinigt. Die Figur 24 soll diesen Vorgang verdeut- lichen. Man findet bei den Pulmonaten nämlich in der Nachbarschaft der Rahmen eine erstaunliche Menge von großen langen schmalen, spindelförmigen oder bandartigen Zellen mit einem großen (10—A5 u) ovalen oder runden Kern. Diese Zellen wickeln sich gleichsam um die Cirkulationslücken herum, wenigstens je näher denselben, in desto ge- nauer parallelen Lagen sieht man sie die Ränder der Lücken umziehen. Dabei lässt sich oft unschwer konstatiren, wie die dem bestehenden Rahmen zunächst gelegenen Zellen schon mit der Absonderung von neuen cuticularen Ringen beginnen, meist aber werden die Zell- ‚srenzen dieser zunächst gelegenen Zellen undeutlich und ihr Proto- plasma färbt sich so intensiv, dass die Grenze gegen die schon beste- henden Rahmen keine scharfe ist. Wie viel Zellen an der Zusammen- setzung dieser »Höfe« Theil nehmen, ist dann nur noch anden Zellkernen nachzuweisen. Übergangsformen dieser eigenthümlichen Zellen zu gewöhnlichen Bindesubstanzzelilen zu finden, ist mir nicht geglückt, doch halte ich ihre morphologische Zugehörigkeit, schon nach den bei _ Pleurobranchus gemachten Erfahrungen zu urtheilen, für sehr wahr- - Scheinlich. Die nicht sehr häufigen Bilder, welche über die erste Ent- stehung der Rahmen Aufschluss geben, lassen sich auch nur in dem 46 J. Brock, Sinne, wie bei den Opisthobranchiern (p. 34) deuten. Einige hierher gehörige zeigt Fig. 25. - Die Betrachtung der einzelnen Gewebsbestandtheile hat damit ihr Ende erreicht; der Antheil aber, den sie an der Zusammensetzung des Gewebes selbst nehmen, ist ein so verschiedener, dass, wie schon im Eingang hervorgehoben wurde, der Habitus äußerst wechseln kann. Sehr häufig herrschen auf lange Strecken die Plasmazellen so dicht ge- drängt vor, dass die Intercellularsubstanz fast verschwindet und die Bindesubstanzzellen sich nur durch die Kerne zwischen den Plasmazellen verrathen (Fig. 19). Solche Bilder erinnern (frisch!), wie gesagt, leb- haft an das Fettgewebe der Vertebraten, sie können noch weitere Kom- _ plikationen erleiden, je nachdem sie von mehr oder weniger Fibrillen durchzogen sind, oder je nachdem die nie ganz fehlenden Cirkulations- lücken in größerer oder geringerer Häufigkeit (in maximo bis zu sieb- förmiger Durchlöcherung) auftreten. Auch die Infiltration der Plasma- zellen auf größere Strecken mit Kalk ist eine Abänderung, die Erwähnung verdient. Einen ganz anderen Habitus zeigen Gewebsstrecken, denen Plasma- zellen gänzlich fehlen. Hier tritt die Intercellularsubstanz in ihre Rechte und zeigt sich dann meist mit den zahlreichen Kernen der Bindesub- stanzzellen dicht übersäet, deren verzweigtes Zellnetz nur in den selten- sten Fällen hervortritt. Fälle, wo in solchen Gewebsstrecken Fibrillen- bündel stärker vertreten sind, neben einem Zurücktreten der Cirkula- tionslücken sind nicht häufig und tragen einen etwas fremdartigen Charakter (Fig. 22). Weit häufiger sind siebartig durchlöcherte Mem- branen, durch die sich nur spärlich Fibrillen winden (Fig. 21), wie man sie z. B. von der Bindesubstanz, welche die Läppchen der Eiweißdrüse bei Arion umspinnt und vereinigt, sicher erhalten kann, oder wieder solche Membranen, von starken Gruppen parallel gerichteter Bündel durchzogen !. Stellen, wo plasmazellenhaltige Bindesubstanz in solche ohne Plasmazellen übergeht, sind für die Deutung der Plasmazellen, deren massenhaftes Auftreten zuerst so verwirrend wirkt, sehr lehr- reich. Desshalb ist auch eine solche Stelle (Fig. 17) zur Abbildung ge- wählt worden. ! Werden die Lücken noch größer und tritt die Intercellularsubstanz noch mehr zurück, so müssen Bilder entstehen, wie das von SocuaczEewer (Das Riech- organ der Landpulmonaden. Diese Zeitschrift, Bd. XXXV, 4880, Taf. II, Fig. 4 A) von der Fußdrüse von Arion empiricorum gezeichnete. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 47 7) Zusammenfassung. Nach den übereinstimmenden Angaben der neueren Autoren, welche die Entwicklungsgeschichte der Mollusken untersucht haben, finden sich in den späteren Stadien der Entwicklung eine große Menge von spindelförmigen oder verästelten Mesodermzellen in der Leibeshöble, die dieselbe nach allen Richtungen durchsetzen !. Es wird, obwohl kaum auf Grund positiver Beobachtungen, auch ausdrücklich angegeben, dass aus diesen Zellen unter Anderem die Bindesubstanzen hervorgingen 2, und gegen diese Behauptung dürfte sich kaum etwas einwenden lassen — ist doch die Ähnlichkeit dieser Mesodermzellen mit manchen fibrillä- ren Zellen der fertigen Bindesubstanz geradezu überraschend. Um die indifferenten Mesodermzellen in die Gewebe der interstitiellen Bindesub- stanz überzuführen, bedarf es verhältnismäßig weniger Veränderungen. Zuerst die Ausscheidung einer homogenen Intercellularsubstanz und dann, abgesehen von dem individuellen Wachsthum, Veränderungen an dem Zellkörper selbst. Ein Theil von den Zellen tritt mittels Ausläufer mit einander in Verbindung: aus ihm geht das gewöhnliche Bindesub- stanzzellnetz hervor. Ein anderer Theil überholt die ersten im Wachs- thum bedeutend, während zugleich die Ausläufer dieser Zellen — ein bedeutsamer Fortschritt — in Fibrillen zerfallen. So erhalten wir ein überall durch den ganzen Körper des Thieres mit einander zusammen- hängendes Netz von kernhaltigen Fibrillenbündeln, welche von einem Netz unverändert gebliebener Mesodermzellen umsponnen werden. Noch andere Zellen schließlich treten niemals durch Ausläufer mit ein- ander in Verbindung, sie beschränken sich auf bloßes Wachsthum und chemische Veränderungen des Protoplasmas, das sich mit Kalk oder Konkretionen unbestimmter Natur anfüllt. Im fertigen Gewebe liegen sie isolirt als Plasmazellen zwischen den Maschen des Bindesubstanzzellen- netzes. So denke ich mir die Genese der Gewebe, deren Bau vorstehend näher geschildert ist. Ist diese Vorstellung auch nur im Allgemeinen 1 Vgl. z.B. H. For, Etudes sur le developpement des Mollusques. 3me mem. Arch. zool. exper. gen. T. VIII. 4879—1880. p. 133, 145, 162; RasL, Über die Ent- ‚wicklung der Tellerschnecke. Morphol. Jahrb. Bd. V. 4879. Taf. XXXV, Fig. 31—33. 2 For, 1. c. p. 162. 3 Wenn ich die Beschreibung der eigenthümlichen mesodermalen Zellbaufen lese, welche nach For bei den Pulmonaten in späteren Stadien in zwei Haufen in der Umgebung des Centralnervensystems liegen (»cellules nucales«, p. 163 und 169, Holzschnitt VI, VII), kann ich wirklich die Vermutbung nicht unterdrücken, dass wir in ihnen die Vorläufer von Plasmazellen vor uns haben. Vgl. auch Rasr, l. c. p. 632 Anm. 1. 48 J. Brock, richtig, so müssen die interstitiellen Bindesubstanzen der Opisthobran- chier, welche die bezeichnete Entwicklungsstufe nicht überschreiten, als die niedrigsten angesehen werden. Die Verschiedenheiten zwischen ihnen verlieren dagegen an Bedeutung. Sie betreffen hauptsächlich die Größe und Ausläuferzahl der fibrilläiren und die Gestalt der Plasmazel- len. Erstere sind am schönsten entwickelt bei Aplysia punctata (Fig.16), am schlechtesten bei den beiden anderen Apiysia-Arten (Fig. 9). Die Plasmazellen wechseln in ihrer Gestalt von exquisit langen schmalen Bän- dern (Pleurobranchaea Fig. 13 c) bis zu großen kompakten, mit spitzen Ausläufern besetzten Zellen (Aplysia punctata Fig. 2c). Trotz dieser Ver- schiedenheiten ist die Zusammengehörigkeit durch Beschaffenheit des Protoplasmas und Verhältnis zu den andern Zellen in allen Fällen sicher- gestellt. Zerfall in eine Anzahl von Theilprodukten ist eine Differenzi- rung, die morphologisch von geringem Interesse, nur für die Physiogno- mie des Gewebes von Bedeutung ist. Wir finden sie bei Aplysia punctata und depilans. Bei der ersteren kommt es zu charakteristischen Zellhaufen, die häufig noch den Umriss der Mutterzelle erkennen lassen (Fig. 3, &), bei der letzteren zu höchst eigenthümlichen tuberkelähn- lichen Bildungen (Fig. 8, 9). Bei Aplysia punctata ist dieser Vorgang in der interstitiellen Bindesubstanz häufig, in der Leberkapsel regel- mäßig; bei Aplysia depilans findet er sich nur am ersteren Orte. Wachsen die fibrillären Zellen ins Ungemessene und verdrängen fast die ganze Intercellularsubstanz, so erhalten wir die exquisit fibril- läre Bindesubstanz der Leberkapsel von Aplysia punctata. Dieses Ge- webe steht in seiner Eigenthümlichkeit bis jetzt unter den Mollusken fast isolirt da (Fig. 4); die beiden anderen Aplysia-Arten erreichen es kaum annähernd. Eine ganz andere Differenzirungsrichtung zeigen die Pulmonaten und Prosobranchier (deren Bindesubstanzen, so weit die Nachrichten rei- chen, fast ganz mit denen der Pulmonaten übereinstimmen müssen). Die Fibrillen treten zurück, ihre Zahl ist spärlich, sie sind wenig verästelt und haben vielleicht vielfach ihre Kerne eingebüßt. Dagegen ist die strukturlose Scheide deutlicher und die Phänomene, welche aus einer © ungleichmäßigen Anhäufurg der Kittsubstanz entstehen, treten hier noch häufiger auf, als bei den Opisthobranchiern. Die Plasmazellen — an Gestalt wenig veränderlich — überwiegen quantitativ und verdecken oft auf weite Strecken alle andere Gewebsbestandtheile. Ihr Inhalt wird mannigfaltiger, neben Kalk treten Körner einer eigenthümlich fettartig | glänzenden Substanz auf. | Ganz allgemein sind die Gewebe zur Erleichterung der Bluteirkula- | tion von runden oder ovalen Löchern, »Cirkulationslücken« durchbrochen. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 49 Diese Lücken werden bei manchen Opisthobranchiern (Pleurobranchus, Pleurobranchaea) und Pulmonaten (Limax, Arion) von eigenthümlichen euticularen Rahmen gestützt (Fig. 10, 11, 23, 24), die von Zellen ab- gesondert werden und sich durch koncentrische Ringe successive ver- dieken. Wahrscheinlich entstehen die Cirkulationslücken, die durch Rahmen gestützt werden, nicht als Defekte der Intercellularsubstanz, wie die gewöhnlichen Cirkulationslücken, sondern durch kreisförmige oder ovale Defekte im Inneren des Protoplasmas ihrer Bildungszelle (Fig. 14 f, 25). Letztere hat wohl den Werth einer gewöhnlichen Binde- substanzzelle. Bei den Opisthobranchiern bleibt die Absonderung des cuticularen Stützrahmens im ganzen Verlauf seiner Entwicklung das ‚ Werk einer Zelle (Fig. 10); bei den Pulmonaten können beliebig viele \ Zellen später an die erste Bildungszelle herantreten undden von ihr gelie- ferten Rahmen durch cuticulare Anlagerungen verstärken helfen (Fig.24). ‚Auch das ist als eine höhere Differenzirung aufzufassen. 8) Allgemeines. Nach dieser kurzen Zusammenstellung der gewonnenen Resultate werdeich mich schließlich auch einigen allgemeinen Betrachtungen kaum ‚ entziehen können. Man braucht keineswegs ein Freund der in der ‚ modernen Wissenschaft vielleicht allzusehr überwuchernden Reflexion . zu sein, um es doch als eine Lücke zu empfinden, wenn jede Erörterung des Verhältnisses unterlassen würde, in dem die hier neu beschriebenen Gewebe zu ihren nächsten Verwandten, den Bindesubstanzen der Mollus- ken und wieder zu der großen Gruppe der Vertebratenbindesubstanzen ‚ stehen. Es sei daher gestattet, den Meinungen, welche ich mir über ‘ diese Punkte im Laufe meiner Untersuchungen gebildet habe, in wenig ‘ Worten Ausdruck zu geben; denn nichts als Meinungen und nicht bin- dende Schlussfolgerungen sind am Platze, wo noch so lückenhafte Re- | sultate mit den augenblicklich dafür geltenden Thatsachen eines noch ' nirgends abgeschlossenen Wissensgebietes verglichen werden sollen. Sehen wir von den wenigen Fällen ab, wo knorpelähnliche Gewebe bei Mollusken beschrieben worden sind, so bleiben zum Vergleich nur ‚ die Bindesubstanzen, welche den bindegewebigen Antheil der Cutis, ‚des Fußes, des Mantels etc. bilden und seit Leyvıc als zellig-blasige | Bindesubstanz bezeichnet werden. Die durchsichtigen Bindesubstanzen \ bei den Pteropoden und Heteropoden muss ich freilich eben so außer "Acht lassen, wie das von allen Autoren, die die zellig-blasige Binde- ‚substanz behandelt haben, bisher ausnahmslos geschehen ist, da die vorliegenden Untersuchungen zu wenig eingehend und ohne Heran- ‚5 ziehung moderner technischer Hilfsmittel angestellt sind. Sollte sich die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. JA 50 J. Brock, Deutung, welche ich p. 12 Anm. vermuthungsweise einer Borr’schen Zeichnung gegeben habe, bestätigen, so würde die Bindesubstanz der Heteropodencutis mit der interstitiellen der Aplysien (und speciell mit der der Aplysia punctata) im Bau so genau übereinstimmen, dass der Hauptunterschied allein in einer weit massenhafteren Entwicklung bei den Heteropoden zu suchen wäre. Es bleibt zum Vergleich also nur die zellig-blasige Bindesubstanz. Leider gehen die Ansichten der beiden Forscher, denen die genauere Kenntnis dieses Gewebes vorzüglich zu danken ist, in so wesentlichen Punkten aus einander, dass die folgenden Betrachtungen, je nachdem wir dem einen oder dem anderen folgen, recht verschieden ausfallen dürften. Bekanntlich liegt der Schwerpunkt des Streites, von kleineren Differenzen abgesehen, in den sogenannten Langer’schen Blasen, die von FremmingG! für echte Zellen mit schleinig metamorphosirtem Inhalt, »Schleimzellen«, von KoLımann 2 für dem Kreislauf angehörige Gewebs- lücken erklärt werden. Nach der Regelmäßigkeit des Vorkommens und der Lage der Kerne in den Langer’schen Blasen, wie ich sie aus eigener Anschauung (an Schnittpräparaten) kenne, hätte ich eigentlich keinen Grund, an der Richtigkeit der Fremming’schen Behauptungen zu zwei- feln; doch will ich zugeben, dass man mit diesem Kriterium allein nicht auskommt und mich eines eigenen Urtheils enthalten. Jedenfalls aber ist — worauf es hier zunächst ankommt — ein Vergleich mit den interstitiellen Bindesubstanzen nur von FLemning’s Standpunkt aus durchführbar, hat doch Fremming selbst in seiner älte- ren Arbeit (l.c. p.26) die Plasmazellen der interstitiellen Bindesubstanz unbedenklich für identisch mit seinen Schleimzellen erklärt, worin ihm sein Schüler H. Senurtze noch 1879 gefolgt ist (l. c. p. 77). Wenn ich mich bei diesem Ausspruch nicht beruhige, so geschieht es nur des nahe liegenden Einwandes wegen, dass die Kenntnis, welche beide Autoren von der interstitiellen Bindesubstanz hatten, kaum über Levoıe’s und Semper’s Standpunkt herausging, also jetzt nicht mehr bei Beurthei- lung dieser Verhältnisse maßgebend sein kann. Ich glaube nun, dass sich gegen eine Homologisirung der Schleim- und Plasmazellen auch auf Grund der Ergebnisse dieser Arbeit nichts einwenden lassen dürfte. Wie beide Zellarten an Größe die gewöhn- lichen Maße zelliger Elemente weit überschreiten, so liegen beide, bei | Pulmonaten und Acephalen auch in Gestalt einander sehr ähnlich, in 1 Vgl. die eitirte Habilitationsschrift und: Über Bindesubstanz und Gefäßwan- dung im Schwellgewebe der Muscheln. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XV. 1877. p. 818. 2 KoLLMANN, Die Bindesubstanz der Acephalen. Ibid. p. 558. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 51 wechselnder Zahl und Anordnung in einer homogenen Grundsubstanz eingebettet und stehen zum Unterschiede von echten Bindesubstanzzel- len niemals durch Ausläufer unter einander oder mit anderen zelligen Elementen in Verbindung. Aber auch die echten Bindesubstanzzellen scheinen in der zellig- blasigen Bindesubstanz ihr Analogon zu haben. Übereinstimmend wer- den von FremminG (l. c. p. 17 Fig. 4 f}, Posner (Über den Bau der Najadenkieme. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. XI 1875 p.17d. Sep.-Ahdr.) und Korımann (l. c. p. 568) spindelförmige Kleine Zellen mit verzweigten Ausläufern beschrieben, welche nach Korımann bisweilen sogar anasto- mosiren sollen, nach Fremmiıng häufig einen oder mehrere Fetttropfen beherbergen, welche mit den von mir bei Aplysia fasciata beschriebenen (p. 21) und abgebildeten (Fig. 6, 7 «) Vacuolen eine große Ähnlichkeit besitzen. Ist es nicht zu kühn, diese Zellen als Homologon des Binde- substanzzellnetzes der interstitiellen Bindesubstanz zu deuten, so fehlen nur noch die Vertreter der fibrillär metamorphosirten Elemente, um die Übereinstimmung zu einer sehr vollkommenen zu machen. Diese sind nun bislang von der zellig-blasigen Bindesubstanz nicht bekannt ge- worden; im Gegentheil erklären sich sämmtliche Beobachter mit einer gewissen Emphase gegen jeden Versuch einer solchen Deutung und fas- sen alle hier anzutreffende faserige Gebilde ausnahmslos als glatte Muskeln auf. Ich gebe nun zu, dass in der Gutis der Gastropoden und anderen kontraktilen Organen gewiss der größte Theil aller faserigen Gebilde, wenn nicht diese insgesammt, muskulöser Natur ist, ich stimme ferner Fremming darin bei, dass alle älteren Angaben über das Vorkom- men von Bindesubstanzfibrillen bei Acephalen keine Beachtung mehr verdienen ; in Bezug auf die negativen Aussagen der Neueren endlich verwahre ich mich ausdrücklich dagegen, ihnen etwa auf Grund von Analogieschlüssen entgegentreten zu wollen. Aber doch haben Posner (1. e. p. 16) und Korımann (l. c.p.572) feine Fasern aus der Bindesubstanz der Acephalen beschrieben, von welchen Fremmine (Arch. f. mikr. Anat. etc. p. 842 Anm. 4) zugiebt, dass er sie bisher für Muskelfasern gehalten hätte. Ohne daher die vorliegenden Angaben verdächtigen ' zu wollen, gebe ich doch zu bedenken, ob nicht die Deutung aller fase- rigen Elemente der Acephalenbindesubstanz als ausschließlich muskulös, in einer zu weit getriebenen Verallgemeinerung der gemachten Beob- achtungen ihren Grund hat, um so mehr als diese Dinge bei allen bisherigen Untersuchungen nur untergeordnete Beachtung gefunden haben. Sollten sich wider Erwarten keine fibrillären Zellen nachweisen ‚ lassen, so müsste die Bindesubstanz der Acephalen eben ihres Fehlens h* 52 J. Brock, wegen als eine Stufe niedriger stehend angesehen werden, und würde zu der interstitiellen Bindesubstanz — mutatis mutandis — in dasselbe Verhältnis treten, wie die embryonale Bindesubstanz der Vertebraten zu dem leimgebenden fibrillären Bindegewebe derselben. Sonst ist der we- sentlichste Unterschied der, dass die interstitielle Bindesubstanz über die flächenartige Ausbreitung, über den Typus des Häutchens nirgends herauskommt, während die zellig-blasige körperliche Massen repräsen- tirti. So genügen dort siebartige Durchlöcherungen für die Blutcirku- lation, während hier zu gleichem Zwecke ein Lakunennetz in die Inter- cellularsubstanz eingegraben ist. Diese Lakunen sind stets wandungslos, die »Cirkulationslücken« der interstitiellen Bindesubstanz sind es in der Mehrzahl der Fälle ebenfalls, aber für die eigenthümlichen, von Binde- substanzzellen abgeschiedenen rahmenähnlichen Cuticularbildungen, welche sie bei manchen Opisthobranchiern und Pulmonaten stützen, fehlt bei der zellig-blasigen Bindesubstanz, wie auch sonst, jedes Analo- son. Auf die größeren und geringeren Unterschiede, welche sich sonst noch leicht aufzählen ließen, gehe ich darum nicht besonders ein, weil sie den angeführten Übereinstimmungen gegenüber ohne principielle Bedeutung erscheinen. Stellt man sich freilich auf Korımann’s Stand- punkt, so erweitert sich die Kluft zwischen beiden Geweben sehr be- trächtlich. Sind die Langer’schen Blasen überhaupt keine Zellen, so ist der Versuch, für die Plasmazellen der interstitiellen Bindesubstanz in der zellig-blasigen ein Analogon finden zu wollen, aussichtslos. Es ist daher die Entscheidung dieses Streitpunktes auch für die Frage nach der Verwandtschaft der Bindesubstanzen der Mollusken überhaupt vom höchsten Interesse. Wenden wir uns jetzt den Vertebraten zu, so muss der Gesichts- punkt, der uns bisher geleitet hat, der einer direkten Verwandtschaft der zu vergleichenden Gewebe, natürlich fallen gelassen werden. Ich werde daher mich zu erklären haben, warum ich meine Betrachtungen auch auf dieses Gebiet ausdehne, besonders Angesichts der unbestreitba- ren Wahrheit, dass keine Thatsache der gesammten Histologie der Ever- tebratenbindesubstanz, und wäre es auch die wichtigste, für eine Auffas- sung der Vertebratenbindesubstanz irgend wie beweisend sein kann, oder umgekehrt. Bedenkt man aber, wie ausschließlich von Schwann bis auf die Gegenwart unsere Anschauungen über das Wesen der Bindesubstanzen überhaupt sich auf die allein gekannten Vertebraten gegründet hat, und das Wenige, was wir in dieser Beziehungvon den Wirbellosen wussten, immer nur von diesem Standpunkt aus gedeutet und beurtheilt worden 1 Was eine genauere Untersuchung der fibrillären Bindesubstanz der Cephalo- poden an dieser Parallele ändern würde, lasse ich noch dahingestellt. | Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 53 ist, darf man auch einmal dem entgegengesetzten Versuch seine Berech- tigung nicht versagen!. So wollen wir jetzt prüfen, wie die neue- ren Erfahrungen über die Bindesubstanzen der Mollusken den bei den Vertebraten augenblicklich herrschenden allgemeinen Anschauungen sich fügen. Wer mit mir die interstitielle Bindesubstanz der Gastropoden als eine, wenn auch noch so eigenartige, so doch echte fibrilläre Bindesub- stanz betrachtet, kann nicht in Zweifel sein, wohin sich unsere Blicke bei den Vertebraten zu richten haben. Die stellenweise beträchtliche Entwicklung einer homogenen Intercellularsubstanz darf nicht dazu ver- führen, die embryonale Bindesubstanz der Vertebraten bei den Mollus- ken etwa nur als Dauergewebe wiederfinden zu wollen. Das Auftreten der Fibrille bezeichnet hier eben so, wie bei den Vertebraten, die höch- ste Stufe, die die interstitielle Bindesubstanz erreichen kann und wenn überhaupt ein Gewebe, ist es nur das leimgebende fibrilläre Binde- gewebe, welches sowohl seinem Bau, wie seiner Bedeutung nach als der eigentliche Vertreter unseres Gewebes bei den Vertebraten angesehen werden muss. Damit sollen aber die Verschiedenheiten beider Gewebe nicht unterschätzt werden. Allerdings haben wir hier wie dort die gleichen Hauptbestandtheile, die Fibrille und die Bindesubstanz (gewebs)zelle. Aber bei den Mollusken liegen die Fibrillenbündel fast immer in einer reichlichen homogenen Intercellularsubstanz und die Bindesubstanzzellen umspinnen sie mit den Netzen ihrer anastomosirenden Ausläufer in ähnlicher Weise, wie man sich das Zellnetz des Vertebratenbinde- gewebes bis auf die Ranvıer’schen Untersuchungen vorgestellt hat. Bei den Vertebraten fehlt jede Intercellularsubstanz und die Fibrillenbündel lassen Spalten zwischen sich, welche von den fixen zelligen Elementen des Bindegewebes, wie diese auch sonst beschaffen sein mögen, endo- thelartig ausgekleidet werden. Die Plasmazellen gleichen sich in man- chen Eigenschaften bei Mollusken und Vertebraten allerdings sehr, aber die Rolle, die sie im Bindegewebe spielen, ist weder morphologisch noch physiologisch eine derartige, dass sich auf sie allein weitere Schlüsse gründen ließen. Die Fibrille ist unter diesen Umständen der- 1 Wenn nicht die folgenden Betrachtungen schon in der hohen Wichtigkeit, die die Auffassung der Bindesubstanzen für die gesammte Histologie besitzt, ihre Rechi- fertigung finden. »There can not be doubt, that from the point of view of general morphology, as well as from the more special point ofview ofthehistologist, the proper understanding of the nature and relations of the varieties of vasefactive and connec- tive tissue is of fundamental importance (E. Ray LAnkESTER, On the connective and vasefactive tissue of the medicinal Leech. Quart. journ. microsc. sc. New ser. 1880. P- 307). 54 J. Brock, jenige Bestandtheil des Gewebes, auf welchen sich unsere Aufmerksam- keit vor Allem richten muss. Die Genese der Fibrille im Ve ist hekamntlich noch immer eine offene Frage. Sowohl die alte Scawann’sche, als auch die Hente’sche Lehre, um von Modifikationen oder vermittelnden Theo- rien ganz zu Schweigen, finden auch in der Gegenwart noch ihre Ver- treter ; jetzt, wie damals, stehen sich die beiden Ansichten, nach denen die Fibrillen entweder aus Zellen oder ohne Betheiligung der Zellen aus der Intercellularsubstanz hervorgehen sollen, schroff gegenüber. Ein Beweis für die Richtigkeit der einen oder der anderen Meinung kann natürlich niemals auf einem anderen Gebiete geführt werden und so hat das Verhalten bei Mollusken als Beweismittel nur den in der Wissen- schaft oft überschätzten Werth eines Analogieschlusses. Immerhin ist es aber doch im höchsten Grade interessant, wie leicht und unzweifel- haft sich bei Mollusken, selbst am erwachsenen Gewebe, die Entschei- dung für die alte Scnuwann’sche Lehre, wonach jede embryonale Binde- substanzzelle in ein Fibrillenbündel auswächst, treffen lässt. Nicht nur, dass die Form der erwachsenen Fibrillenbündel besonders bei viel- strahligen Zellen noch den Umriss des Zellkörpers deutlich bewahrt hat (Fig. 4), so ist die beständige Anwesenheit des Kernes mit einem Hofe unveränderten Protoplasmas ein Merkmal, das geradezu keine andere Deutung zulässt. Das Fibrillenbündel der Molluskenbindesub- stanz entsteht also gerade so, wie sich M. Scnurtze die Bildung des fibrillären Bindegewebes der Vertebraten dachte!: der größte Theil der embryonalen Bildungszelle wird fibrillär umgewandelt, um den Kern herum persistirt der Rest als Bindegewebskörperchen. Nun ist freilich diese Anschauung, so weit sie die fixen zelligen Elemente des Bindegewebes betrifft, wohl fast allgemein verlassen, aber, was dadurch unsere Parallele auf der einen Seite an Vollkommenheit einbüßt, ge- winnt sie an Interesse doppelt wieder; denn so wie die Vertebraten an Höhe der Organisation den Mollusken überlegen sind, so sind auch die Veränderungen, welche die fibrillär metamorphosirte Zelle der Verte- braten in den fertigen Zustand überführen, nämlich Umwandlung in leimgebendes Gewebe? und besonders Verlust des Kerns als eine ent- 1 M. ScHuLTzE, Über Muskelkörperchen und was man eine Zelle zu nennen habe. MüLLErs Arch. 4869. p. 43. 2 Echter Leim ist bei Mollusken meines Wissens bis jetzt nur aus dem Kopf- knorpel der Cephalopoden dargestellt worden. Vgl. J. FORSTER, Beitrag zur Kenntnis der Bindesubstanzen bei Avertebraten. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XIV. 1877. p. 54. KRUKENBERG, Zoolog. Anzeiger. Nr. 75. 1884. p. 64. HorPpE-SEILER, ibid. p. 185 etc. 3 Vgl. besonders F, Bor, Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Ge- webe. Zweite Abth. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VIII. 4872. p. 28. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 55 sprechend höhere Differenzirung aufzufassen. Ist die Schwann’sche Lehre richtig, so kann die fibrilläre Bindesubstanz der Mollusken mit kernhaltigen Fibrillenbündeln und reichlicher homogener Grundsub- stanz nur mit dem embryonalen fibrillären Vertebratenbindegewebe verglichen werden (vgl. z. B. Bort, 1. c. Fig. 5, 10 ete.). So doku- mentirt sich die phylogenetisch höhere Stellung der Bindesubstanzen der Vertebraten nicht nur in der reichen Entwicklung von komplicirten Hartgeweben (Knorpel, Knochen, Zahnbein), sondern auch in der höhe- ren Differenzirung solcher Glieder der vielgestaltigen Gewebsgruppe, deren Besitz noch mit den Evertebraten getheilt wird. Innerhalb der Mollusken aber werden wir solche interstitielle Bindesubstanzen als die niedrigsten aufzufassen haben, bei welchen die Fibrillenbündel den Zellcharakter noch am meisten gewahrt haben und die Intercellular- substanz noch reichlich vertreten ist, wie in der gesammten interstitiel- len Bindesubstanz der Opisthobranchier, und wir werden Gewebe als höher differenzirt ansehen, wo durch mächtige Entwicklung der fibril- lären Zellen ihr Zellcharakter mehr verwischt und die Intercellularsub- stanz fast zum Verschwinden gebracht ist. Solche Gewebe, wie wir sie in der Leberkapsel der Aplysia punctata kennen gelernt haben, ver- dienen allein den Namen einer fibrillären Bindesubstanz, wenn man diese Bezeichnung überhaupt anwenden will!. Eine andere, aber sich vom Vertebratentypus entfernende Differenzirung bildet die Pulmona- tenbindesubstanz, ausgezeichnet durch das Vorwiegen der Plasmazellen und das Zurücktreten der fibrillären Elemente. Die höchste Entwick- lungsstufe der interstitiellen Bindesubstanz dürfte sich wohl bei den CGephalopoden finden, deren genauere Untersuchung darum höchst wünschenswerth erscheint. Einzig und allein nur hier bei Mollusken giebt die interstitielle Bindesubstanz die Beschränkung auf flächenhafte ‚Ausbreitung in Häutchen auf und bildet (in der Umgebung der Armner- ven und -Gefäße und anderswo) kompakte Massen, die äußerlich eine "große Ähnlichkeit mit dem lockeren subeutanen Bindegewebe der Ver- tebraten gewinnen. Auch der Bau des Fibrillenbündels an sich kann zu einem Ver- gleich herangezogen werden. Bei den Mollusken haben wir bis jetzt (ob ausnahmslos?) drei Bestandtheile kennen gelernt, nämlich A) die eigentliche Fibrille, eingebettet in eine an Masse weit überwiegende proto- 1 Aus diesen Gründen, weil fibrillär metamorphosirte Zellen keiner interstitiel- len Bindesubstanz ganz fehlen, ist der in einer vorläufigen Mittheilung (Brock, Über homogene und fibrilläre Bindesubstanz bei Mollusken. Zool. Anzeiger. Nr. 4%4. 1882. p. 579) gemachte Unterschied zwischen homogener und fibrillärer Bindesub- stanz fallen gelassen worden. 56 d. Brock, plasmatische 2) Kittsubstanz, das Ganze umgeben von einer 3) struk- turlosen Scheide!. Bei den Vertebraten werden heute allgemein wohl nur zwei dieser Bestandtheile zugegeben und zwar in einem wesentlich anderen Mengenverhältnis zu einander. Bei den Mollusken ist der Theil der embryonalen Bildungszelle, der zur Fibrillenbildung verbraucht wird, ein minimaler, das unveränderte Protoplasma bildet den Haupt- antheil des erwachsenen Bündels, gleichsam eine mächtige Kittsubstanz, welche die feinen Fibrillen in sich eingebettet trägt; bei den Verte- braten geht das gesammie Protoplasma der Bildungszelle in die Fibrillen über und die verbleibende Kittsubstanz ist so minimal, dass erst in neuerer Zeit wieder besonders die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt werden musste. Dass auch hier wieder die Vertebraten auch geweblich den höheren Typus repräsentiren, dürfte wohl kein Zweifel sein. Die Fibrillenbildung der Mollusken ist gleichsam der erste schwache Anfang eines Processes, der bei den Vertebraten ganz andere Dimensionen an- nimmt. Der Kittsubstanz wird übrigens von Fremming? neuerdings eine wichtige Rolle zuertheilt; ihre ungleichmäßige Quellung soll die Haupt- wenn auch nicht die einzige Ursache der bekannten ringförmigen Ein schnürungen der Fibrillenbündel sein, welche nach Zusatz von Essig- säure auftreten. Unter diesen Umständen überrascht es nicht wenig, diesem Phänomen — der ungleichmäßigen Quellung der Kittsubstanz — bei Mollusken in einer Ausdehnung zu begegnen, die in Einklang mit der mächtigen Entwicklung der Kittsubstanz und an den Fibrillenbün- deln eine Reihe von den auffallendsten Erscheinungen hervorruft, für welche kaum eine andere Deutung zulässig ist. Freilich sind die Quei- lungsphänomene bei Mollusken etwas andere, als bei Vertebraten, es kommt das aber nur daher, dass dieBindegewebsfibrillen der Mollusken in 1 Also eine überraschende Ähnlichkeit mit dem Bau glatter Muskeln mit fibril- lärer Längsstreifung, wie sie von Evertebraten schon so vielfach, neuerdings auch von Vertebraten (Ta. W. EnGELMAnN, Über den faserigen Bau der kontraktilen Sub- stanzen mit besonderer Berücksichtigung der glatten und doppelt schräg gestreiften Muskelfasern. PrLücer’s Archiv. Bd. XXV. 4884. p. 538 und A. KöLLıker, Histio- logische und embryologische Mittheilungen. Sitzungsber. der phys.-med. Ges. zu Würzburg. 1882) beschrieben worden sind. Ich hoffe, dass Angesichts der Beweise, die ich für die bindegewebige Natur dieser Gebilde gebracht habe, Niemand aus dieser Ähnlichkeit ein Argument für ihre muskulöse wird herleiten wollen. Meiner- seits sehe ich darin nur einen neuen Beweis für die unbestreitbare morphologische Verwandtschaft der Bindesubstanzzelle und der glatten Muskelfaser, des kontrakti- | len Bindegewebes der älteren Histologen, und finde es nicht weiter wunderbar, dass j diese Verwandtschaft auf einem phylogenetisch niedrigeren Typus noch deutlicher | hervortritt, als auf dem höheren der Vertebraten. 2 ]. c. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. Xll. 1876. p. 440. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 57 Essigsäure nur wenig quellen und gegenüber der Kittsubstanz viel zu schwach entwickelt sind, um eine Volumveränderung des Bündels zu bewerkstelligen. So können also hier die Stellen, wo die Kittsubstanz sich mehr angehäuft hat, nicht als ringförmige Einschnürungen er- scheinen, da die Quellung der übrigen Stellen keineswegs eine stärkere ist, ja es kann umgekehrt das Bündel sogar ausgebuchtet erscheinen !. Andererseits aber sind die Erscheinungen, welche aus einer ungleich- mäßigen Vertheilung der Kittsubstanz hervorgehen, bei den Mollusken, ‘entsprechend der Mächtigkeit derselben, weit großartigere. Bei gerin- gerer Quellung kommt es zu den schönen Zickzackbändern und marmo- rirten Zeichnungen (Fig. 14), bei stärkerer zu vollkommenen Kontinui- tätstrennungen, bei welchen auch die schwachen Fibrillen mit zerrissen werden (Fig. 15, 20) und hierbei kann das Bündel durch die ange- häufte Kittsubstanz stellenweise sogar ausgebaucht werden. Der Nachweis einer strukturlosen Scheide der Fibrillenbündel bei Mollusken wäre zu einer Zeit, wo die genannten Quellungserscheinun- gen der Vertebraten von dem größten Theil der Histologen auf die sup- ponirte Existenz einer solchen zurückgeführt wurde, mit lebhafter Genugthuung begrüßt worden. Die modernen Histologen sind einer sol- chen Annahme nicht günstig, wenigstens nicht im alten Sinne. Dass weder eine oberflächliche Grenzschicht der Kittsubstanz zwischen den -Bündeln, noch der endothelartige Belag von Bindegewebszellen, auch wo Zellgrenzen nicht nachweisbar sind, mit der strukturlosen Scheide der Fibrillenbündel der Mollusken verglichen werden dürfen, bedarf keines besonderen Beweises. Letzterer ist daher vorläufig noch eine ganz isolirte Stellung anzuweisen. Einige Bemerkungen über das Verhältnis der interstitiellen Binde- -substanzen zur Leibeshöhle mögen den Beschluss machen. Die Mollus- ken soll bekanntlich der Mangel eines Epithels der Leibeshöhle auszeich- nen 2, und für die Opisthobranchier und Pulmonaten haben wir die _ Richtigkeit dieser Behauptung auch bestätigen können, wenn man Epithel in gewöhnlichem Wortsinne nimmt. Nun ist aber bei beiden 1 Um nicht missverstanden zu werden, möchte ich doch auf folgende Unter- schiede ausdrücklich hinweisen. Bei den Vertebraten ist die Rolle der Kittsubstanz ‚eine ganz passive und ihre ungleichmäßige Vertheilung kommt allein durch die nicht zu vermeidende Spannungsänderung zu Stande, welche die Bündel bei Her- stellung eines Präparates erfahren (FLemming, 1. c. p. 446). Bei den Mollusken be- “ theiligt sich die Kittsubstanz aktiv an dem Zustandekommen der netzförmigen etc. Zeichnungen, indem sie unter dem Einfluss der härtenden Reagentien sich partiell stärker anhäuft oder sogar eine vollkommene Zerklüftung in Theilstücke erfährt. 2 Vgl. z.B. O. und R. Herrwig, Die Coelomtheorie. Jen. Zeitschrift für Med. und Naturw. N. F. 1884. p. 41 des Separat-Abdr. 58 J. Brock, Molluskenklassen die Innenfläche der Leibeshöhle keineswegs ganz nackt, sondern von einer Schicht interstitieller Bindesubstanz ausge- kleidet, welche mit der Gutis nichts gemein hat, nicht etwa nur de- ren oberste Schicht darstellt, sondern sich im Bau scharf von ihr unterscheidet und wie ein Epithel sich mit der Pincette leicht als feines Häutchen im Zusammenhange abziehen lässt1. Andererseits hat HıL- LER 2 bei Chiton (hier entgegen Gebr. Hertwig, l.c. p. 14) und einer Reihe von Prosobranchiern, Grossen (nach einer Haızrr’schen Angabe) bei Ce- phalopoden 3 ein echtes Epithel der Leibeshöhle beschrieben. Wir haben also thatsächlich bei einigen Molluskenklassen ein echtes Epithel, wo wir bei anderen nur ein Netz von Bindesubstanzzellen finden. Bekanntlich hat die schärfere Präcisirung in der Auffassung der Leibeshöhle, welche die Gebrüder Herrwıc in ihrer Goelomtherie durch- geführt haben, auch eine neue Feststellung der Grenze zwischen Epithel und Endothel im Hıs’schen Sinne nothwendig gemacht. Bei der direkten Abstammung des Peritonealepithels der Enterocoelier vom Entoderm, also einem der primären Keimblätter, musste dasselbe naturgemäß auch aus der Gruppe der Endothelien ausgeschieden werden, wie das schon von den Gebr. Herrwiıc angedeutet (l. c. p. 85) und von KöLLikEr und WALDEYER neuerdings bestimmt ausgesprochen wurde ; man thatdas um so lieber, als wenigstens bei den Vertebraten schon früher allerhand morpholo- gische Bedenken gegen die endotheliale Natur des Peritonealepithels auf- getaucht waren. Im Gegensatz dazu sollte die Leibeshöhle der Pseu- docoelier, das Schizocoel, durch Fehlen der epithelialen Auskleidung charakterisirt sein, welche Behauptung nach HaArLer’s und GROBBEN’S, wie ich glaube, unzweifelhaft richtigen Erfahrungen, entschieden zu weit 1 Von BershH in Seinen zahlreichen Arbeiten vielfach als »Peritoneum« erwähnt. 2 B. HALLer, Zur Kenntnis der Muriciden. Theil 4. Denkschrift der math.- naturw. Kl. d. k. Akad. d. Wissensch. zu Wien. Bd.XLV. Wien 1882. p.12 Anm. A und Organisation der Chitonen der Adria. Arbeiten des zool.-zoot. Inst. der Univ. Wien. Tom. IV. 1882. p. 35, 63. 3 Eine Angabe, die ich für Sepia und die Octopoden unbedingt bestätigen kann. Denn dass die Visceroperikardialhöhle der Cephalopoden nichts Anderes als die Leibeshöhle ist, dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen. Über die Muscheln lauten die Angaben verschieden. Während GRroBBEN (bei HALLER, 1. c.) ihnen ein Epithel vindicirt, ohne sich aber über seine Auffassung der Leibeshöhle näher zu äußern, spricht KoLLmAnn, für den »das Coelom der Lamellibranchiaten identisch ist mit der Bahn der Hämolymphe« ihr ein Epithel ab. (J. KorLmans, Über Verbindungen zwischen Coelom und Nephridium, Festschrift zur Feier des 300jährigen Bestehens der Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg gewidmet von der Universität Basel. Basel 4882. p. 41.) 4 Vgl. WALDEyER, Archiblast und Parablast. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXI. 1883. p. 62 sqq., p. 67. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 59 geht. Giebt es wirklich Pseudocoelier mit unzweifelhaftem Epithel der Leibeshöhle, so wird dieses Epithel jedenfalls, wenigstens für den, welcher eine einheitliche Entstehung der Leibeshöhle bei Mollusken nach dem Typus des Schizocoels annimmt !, bei den Endothelien zu belassen sein. Dann aber haben wir hier einen Beweis für die binde- gewebige (parablastische) Natur des Coelomendothels der Pseudocoelier, wie ihn sich der Begründer der Endotheltheorie wohl nicht besser wün- schen kann?. An derselben Stelle, wo sich bei gewissen Abtheilungen der Mollusken eine zusammenhängende epitheliale Zellschicht findet, haben wir bei anderen ein feines Netz von anastomosirenden Bindesub- stanzzellen ausgebreitet. Es ist diese gegenseitige Vertretung zweier Gewebe, welche ihrer äußeren Erscheinungsform nach so wenig mit ein- ander gemein haben, eine äußerst merkwürdige Thatsache, und die Theorie, welche dieselbe in so ungezwungener Weise erklärt, dürfte durch sie eine neue Stütze gewinnen, wenn nicht etwa nachgewiesen würde, dass es unter den Mollusken Entero- und Pseudocoelier giebt. Dazu ist aber nach unseren heutigen Kenntnissen der Molluskenentwick- lung wenig Aussicht. Der morphologische Werth der zelligen Auskleidung der Leibes- höhle erscheint nach diesen Auseinandersetzungen in etwas anderem Lichte, als bisher. Wir werden ihn folgendermaßen formuliren. Die Enterocoelier haben ohne Ausnahme ein Peritonealepithel, das vom En- toderm stammt, also ein echtes Epithel repräsentirt; die Pseudocoelier haben entweder kein (?) Leibeshöhlenepithel oder ein echtes Endothel (Mollusken), d. h. ein solches, das vom mittleren Keimblatt abstammt und den morphologischen Werth von Bindesubstanzzellen besitzt. Die- ser Charakter kann entweder noch in der äußeren Erscheinung des Endothels zum Ausdruck kommen (Opisthobranchier und Pulmonaten), oder dasselbe kann eine höhere Stufe der Ausbildung erstiegen haben und unter dem Bilde eines echten Epithels seine ursprüngliche Abstam- 1 HALLER (]. c. p. 63 sqq.) nimmt bei Chiton, wenn ich ihn recht verstehe, nach gewissen Formverhältnissen des erwachsenen Thieres eine enterocoele Entstehung der Leibeshöhle an. Dem widerspricht indessen die Entwicklungsgeschichte (KowA- LEWsKY, Zool. Anzeiger Nr. 37. 4879. p. 469. Nr. 443. 4882. p. 307), welche davon ' nichts meldet. ' 2 Es dürfte nicht überflüssig sein, besonders darauf aufmerksam zu machen, dass diese ganze Auseinandersetzung von den Prämissen der Herrwie’schen Coelom- theorie ausgeht. Von dem Hıs’schen Standpunkte aus, den derselbe erst kürzlich gerade mit Rücksicht auf die seither hervorgetretenen Anschauungen neu formulirt hat (W. Hıs, Die Lehre vom Bindesubstanzkeim [Parablast]. Archiv für Anat. und Physiol. Anat. Abth. 1882. p. 62), müsste die bindegewebige Auskleidung der ' Leibeshöhle der Mollusken nicht dem Peritonealendothel allein, sondern dem Peri- “ tonealendothel plus Serosa verglichen werden. 60 J. Brock, mung verbergen (Prosobranchier, ob alle? und Cephalopoden). Ließe sich das, was hier für Mollusken nachgewiesen ist, auf alle Pseudo- coelier ausdehnen, so würde damit Epithel und Endothel in einen ähnlichen fundamentalen Gegensatz zu einander gebracht werden, wie er heute schon zwischen den verschiedenen Bildungsweisen der Leibes- höhle besteht. Die Möglichkeit, dass dem so ist, wird nach dem Ver- halten der Mollusken nicht in Abrede gestellt werden können. Göttingen, im Mai 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel I—IV, Vorausbemerkt wird, dass in allen Figuren die Bindesubstanzzellen mit «, die fibrillär metamorphosirten mit db und die Plasmazellen mit c bezeichnet sind. Die angegebenen Vergrößerungen beziehen sich auf HArrnAck’sche Systeme und zwar bedeuten die römischen Zahlen in Klammern die Objektive, die arabischen die Oculare. Fig. 1. Bindesubstanz von der äußeren Bekleidung des Schlundkopfes einer jungen Aplysia punctata Cuv. schwach vergrößert (V, 2). Pikrinschwefelsäure, Alko- ‚hol, Hämatoxylin. a, die verästelten und mit einander anastomosirenden gewöhnlichen Bindesubstanzzellen ; | b, große sternförmige Zellen, deren Ausläufer fibrillär metamorphosirt sind. Fig. 2. Bindesubstanz von der inneren Oberfläche der Leibeshöhle einer jungen A. punctata, stark vergrößert (X Imm., 2). Behandlung wie Fig. 1. a, Bindesubstanzzellen; d, fibrillär metamorphosirte Zellen; c, Plasmazellen. Fig. 3 A. Bindesubstanz aus der Umgebung eines feinen peripheren Nerven- astes von A. punctata, stark vergrößert (X Imm., 2). Behandlung wie Fig. A. | a, Bindesubstanzzellen ; b, Ausläufer einer fibrillär metamorphosirten Zelle; E Plasmazellen mit Vacuolenbildung, eine. Vorbereitung zur Telung in ‚ sekundäre Plasmazellen; 2 der Nerv. B. Aus einem ähnlichen Präparat. Theilungsstadien sekundärer Plasmazellen (XI Imm., 4). " Fig. 4. Fibrilläre Bindesubstanz aus der Leberkapsel einer jungen A. punctata, | Behandlung wie Fig. 4. Stark vergrößert (X Imm., 2). a, Netz der Bindesubstanzzellen ; b, die großen Kerne der fibrillär neamenphesikien Zellen, c, Gruppen sekundärer Plasmazellen. Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 61 Fig. 5. Aus der Leberkapsel einer jungen A. punctata. Behandlung wie Fig. 4, dann zerzupft. Stark vergrößert (X Imm., A). A. Bruchstücke von Fibrillenbündeln, die wohl einer sehr großen fibrillär metamorphosirten Zelle angehört haben. B. Bruchstücke von kleineren, an denen der Kern noch erhalten ist. Fig. 6. Aplysia fasciata Poiret. Bindesubstanz aus der Umgebung eines der vom Centralnervensystem ausgehenden größeren Stämme. Chroms., Alkoh., Hämatoxylin. ' Stark vergrößert (X Imm., A). a, Bindesubstanzzellen ; c, Plasmazellen ; n, feinstes Nervenästchen. Fig. 7. A. fasciata. Fibrilläre Bindesubstanz aus der Leberkapsel. Behandlung . wie Fig. 6. Stark vergrößert (X Imm., 2). ! | Ä N a, Bindesubstanzzellen; b, Kerne der Fibrillenbündel. Fig. 8. A. depilans L. Bindesubstanz aus der Umgebung des Centralnerven- systems. Chroms., Alkoh., Hämatoxylin. Schwach vergrößert (IV, 2). c, Plasmazellen;; c,, tuberkelähnliche Anhäufungen der sekundären, Plasmazellen, welche das Netz der fibrillär metamorphosirten Zellen (an den stäbchenför- migen Kernen kenntlich) sehr verdecken. Für Bindesubstanzzellen ist die Vergrößerung zu schwach. Fig. 9. A. depilans. Aus einem ähnlichen Präparat, aber stark vergrößert (XI Imm., 4). Behandlung die gleiche. a, Bindesubstanzzellen; db, fibrillär melamorphosirte Zellen ; c, Plasmazellen; c,, sekundäre Plasmazellen, theils verstreut, theils zu drei kleinen Knoten vereinigt. Fig. 40. Pleurobranchus aurantiacus Risso. Bindesubstanz aus der Umgebung des Centralnervensystems. Chroms., Alkoh., Hämatoxylin. Stark vergr. (X Imm., 2). a, Bindesubstanzzellen; b, fibrillär metamorphosirte Zellen; c, Plasmazellen. In der Mitte eine Cirkulationslücke gestützt von einem cuticularen Rahmen. d, das Protoplasma der absondernden Zelle; e, deren Kern. Fig. 44. Pleurobranchus aurant. Bindesubstanz aus der Umgebung des Central- nervensystems. Behandlung und Vergrößerung die gleiche wie Fig. 10. a, Bindesubstanzzellen; b, fibrillär metamorphosirte Zellen ; c, Plasmazellen. In der Mitte etwas links eine fast geschlossene Cirkulationslücke mit star- kem Rahmen. d, das Protoplasma der absondernden Zelle; e, Kern derselben ; f, in Entstehung begriffene Cirkulationslücken. Fig. 12. Pleurobranchaea Meckelii Leue. Bindesubstanz vom Schlundkopf. Pikrinschwefels., Alkoh., Hämatoxylin. Schwache Vergrößerung (II, 0). Veranschau- 62 J. Brock, licht, wie die feinen Bindesubstanzbänder, welche zwischen den Eingeweiden und zwischen Eingeweiden und Leibeswand sich ausspannen, sich aus Fibrillenbündeln zusammensetzen. Fig. 43. Pleurobranchaea. Bindesubstanz aus der Leibeshöhle. Behandlung die gleiche. Stark vergrößert (X Imm., 4). a, Bindesubstanzzellen;; b, fibrillär metamorphosirte Zellen ; c, Plasmazellen. Fig. 14. Pleurobranchaea. Bindesubstanz aus der Umgebung des Centralnerven- systems. Behandlung wie Fig. 12. Stark vergrößert (X Imm., 2). a, Bindesubstanzzellen; b, fibrillär metamorphosirte Zellen; b’, solche mit netzförmigen Zeichnungen. Fig. 15. Pleurobranchaea. Fibrillenbündel aus der Umgebung des Centralner- vensystems, bei denen eine vollständige Zerklüftung des Inhaltes in Theilstücke eingetreten ist, bei A in größere, bei Bin kleinere. Bei A hat sich die strukturlose Scheide abgehoben und in Falten gelegt. Pikrinschwefels., Alkoh., Hämatoxylin. Starke Vergrößerung (X Imm., A). Fig. 16. Limax agrestis. Kleiner Zweig eines Pedalnerven, frisch in 1/g0/yiger Chlornatr.-Lösung. Mittlere Vergrößerung (VIII, A). c, Plasmazellen (vielleicht schon etwas gequollen); n, Nerv. Fig. 17. Limax agrestis. Bindesubstanz aus der Leibeshöhle, eine Stelle, wo ein an Plasmazellen reiches in ein Plasmazellen-armes Gewebe übergeht. Osm., Alkoh., Hämatoxylin. Stark vergrößert (X Imm., A). a, Bindesubstanzzellen (häufig nur Kerne sichtbar); b, Fibrillenbündel; c, Plasmazellen ; d, Cirkulationslücken. Fig. 48. Helix nemoralis. Aus der Umgebung des Centralnervensystems. Frisch. Stark vergrößert (XI Imm., 4). A, Körnchenzelle; B, Kalkzellen aus der Umgebung des Centralnervensystems; C, Kalkzellen von der inneren Oberfläche der letzten Windungen des Ein- geweidesackes; D, amorphe Kalkkonkretionen der interstitiellen Bindesubstanz. Fig. 49. Helix nemoralis. Eine an Plasmazellen reiche Bindesubstanzstrecke, als Typus für eine solche. Osm., Alkoh., Hämatoxylin. Schwach vergrößert (V, A). b, Fibrillenbündel; c, Plasmazellen, zwischen denen die Kerne der Bindesubstanzzelien sicht- bar werden; d, Cirkulationslücken. Fig. 20. Helix pomatia. Eine an Fibrillen reiche Strecke mit zahlreichen Cir- kulationslücken. Der Inhalt der Fibrillenbündel in Theilstücke zerklüftet. Osm., Alkoh., Hämatoxylin. Schwach vergrößert (V, i). b, Fibrillenbündel; d, Cirkulationslücken. Die zablreichen Kerne gehören Bindesubstanzzellen an. Fig. 21. Limax agrestis. Bindesubstanz ohne Plasmazellen und mit spär- Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. 63 lichen Fibrillen, von zahlreichen Cirkulationslücken siebförmig durchbrochen. Osm., Alkoh., Hämatoxylin. Schwach vergrößert (V, A). db, Fibrillenbündel, vielfach mit netzförmigen Zeichnungen, an manchen die strukturlose Scheide sichtbar; d, Cirkulationslücken;; ce, vereinzelte Körnchenzellen. Die zahlreichen Kerne in der Intercellularsubstanz gehören dem Binde- substanzzellnetze an. Fig. 22. Helix pomatia. Stark fibrilläre Bindesubsianz ohne Plasmazellen, mit spärlichen Cirkulationslücken. Pikrinschw., Alkoh., Hämatoxylin. Schwache Ver- größerung (V, A). d, Fibrillenbündel; d, Cirkulationslücken. Die Kerne der Intercellularsubstanz, wie gewöhnlich, den Bindesubstanz- zellen angehörig. Fig. 23. Arion empiricorum L. Bindesubstanz aus der Leibeshöhle mit zahl- reichen Gruppen von Cirkulationslücken, die durch cuticulare Rahmen gestützt sind. Pikrinschw., Alkoh., Osm., Hämatoxylin. Schwach vergrößert (II, 1). db, Fibrillen; d, Cirkulationslücken. Fig. 24. Arion empiricorum. Ähnliche Bindesubstanz aus der Umgebung der Speicheldrüsen. Behandlung die gleiche. Stark vergrößert (XI Imm., A). a, Bindesubstanzzellen ; d, Cirkulationslücken mit Rahmen. a’, Zellen, welche die Rahmen ausscheiden. Fig. 25. Arion empiricorum. Aus einem gleichen Präparat. Zellen, welche die Anfänge der Lückenbildung zeigen. Behandlung und Vergrößerung die gleiche. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus variegatus nebst Beiträgen zur Anatomie und Histologie dieses Wurmes. Von Dr. C. Bülow, Erlangen. Mit Tafel V. Wennschon der Lumbriculus variegatus bereits häufiger beschrie- ben worden ist, so wurden doch seine anatomischen und histologischen Verhältnisse noch nicht in ausreichender Weise erforscht. Die vorhan- denen Lücken möglichst! auszufüllen ist zum Theil der Zweck der folgenden Blätter; vorzugsweise soll aber die Bildungsweise der ver- schiedenen Organsysteme im wachsenden normalen Schwanzende einer genaueren Betrachtung unterzogen und mit bekannten embryologischen Vorgängen verglichen werden. Das von mir bearbeitete Material stammt theils aus dem »See« des Veitshöchheimer Schlossgartens bei Würzburg, theils aus dem Sumpfe des botanischen Gartens in Erlangen. An beiden Orten kommen die Thiere zu allen Jahreszeiten in reichlicher Menge vor. Sie finden sich entweder zwischen Algen und Conferven oder in den oberflächlichen Schlammschichten des Grundes. Aus letzteren sammelt man die Wür- mer am besten auf die Weise, dass man den Schlamm mit wenig Wasser in flache Gefäße thut; am nächsten Morgen kriechen dann zahlreiche ' Exemplare am Rande des Behälters umher, welche man durch Auf- saugen in eine Pipette fängt. Bei nur einigermaßen genügender Pflege ' lassen sie sich nicht nur Monate lang lebend erhalten, sondern sie ver- mehren sich sogar noch durch einfache Quertheilung mit nachfolgender | 1 Leider kann ich über die Generationsorgane gar nichts berichten, da mir im | Laufe des letzten Jahres kein geschlechtlicher Lumbriculus zu Gesicht gekommen ist. | Die Keimsehichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. ete. 65 Regeneration von Kopf resp. Schwanz. Als Nahrung thut man am besten Algen und Conferven in die Aquarien. Um die Thiere Zwecks mikroskopischer Untersuchung zu tödten, wirft man sie in sehr schwache Überosmiumsäurelösung, welche den Vortheil bietet, dass die CGuticula sich nicht von ihrer Matrix abhebt, wie dies bei anderen Mitteln meist der Fall ist, und dass die Flimmerhaare prächtig erhalten bleiben; dann kann man vorsichtig schwache Chromsäure und schließlich Alkohol zum Härten verwenden. Endlich färbt man mit Pikro- oder Boraxkarmin, noch besser mit einer Mischung von beiden (Pikroboraxkarmin). Hat man Würmer mit eben- falls zu empfehlender äußerst verdünnter Sublimatlösung vergiftet und in koncentrirterer gehärtet, so muss man nothwendig das Quecksilber- salz mit Alkohol wieder völlig entfernen, da anderenfalls die Färbung recht schlecht wird, oder die Tinktionsflüssigkeit überhaupt nicht ein- wirkt. Nach dem Einbetten in Paraffin wurden die Thiere in Schnitte zer- ' legt, deren Dicke für die einzelnen Serien zwar gleich war, dem jeweili- . gen Zweck entsprechend indessen zwischen !/;, und 1/59, mm schwankte. Nachdem dann die Präparate nach der GıssgrecnT'schen Methode auf den Objektträger geklebt, und das Paraffin mittels Xylol entfernt worden war, wurden sie in Kanadabalsam eingeschlossen. Lebensweise. Lumbriculus variegatus lebt, wie schon oben bemerkt, zwischen Algen und im Grundschlamm von flachen Gewässern. Ist das Thier voll- kommen unbehelligt, so ragt der hintere Theil seines Körpers fast ohne Bewegung aus dem Versteck in das umgebende freie Wasser hinaus; ' nur hier und da vollführt er langsam eine kleine Schwingung. Bei der geringsten Beunruhigung zieht sich das Thier momentan und vollkom- men in sein Versteck zurück. Kriechen die Würmer der Nahrung wegen umher, so sind ihre Bewegungen recht träge. Langsam erfolgt die Kon- traktion und langsam dehnt sich der Körper wieder aus, wobei das erste Kopfsegment nach allen Seiten tastend hinfühlt. Bei der Zusam- ; menziehung kontrahirt sich die Längsmuskelschicht, antagonistisch wir- ken dann die Ringmuskeln und erzeugen eine Streckung. Im ersteren ı Fall werden die Hakenborsten des vorderen Körpertheiles, um ihn zu ‚ fixiren, hervorgestoßen und fast senkrecht zum Untergrund gestellt, da- gegen die folgenden schräg nach hinten gelegt, oder ganz eingezogen. Bei der Extension hat der umgekehrte Vorgang statt; die hinteren Bor- sten stemmen sich gegen die Unterlage, während die vorderen mehr oder weniger eingezogen oder rückwärts gerichtet werden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 5 66° | C. Bülow, Berührt man leicht mit einem härteren Gegenstand den Kopf, so wendet sich das Thier durch eine ganz plötzliche und eigenthümliche Bewegung vollständig um, so dass sich dann dort, wo vordem das Kopf- ende lag, nun der Schwanz befindet und vice versa. Dieses Manöver wird nicht nur in freiem Wasser, sondern mit Geschick auch mitten in. den Algen ausgeführt. Anders ist der Effekt, wenn man das Afterende eines solchen Wurmes berührt. Entweder gehen nun die Kriechbe- wegungen bedeutend rascher von statten, oder es sucht das Thier durch Schwimmen zu entkommen. Hierbei nimmt der Körper zuerst die Form einer Spirale mit engen Windungen an und streckt sich dann plötzlich. Dadurch wird ein Rückstoß auf das Wasser ausgeübt, und der Körper schnellt vorwärts. Für gewöhnlich dauern die Schwimmbewegungen nur kurze Zeit an. Als Nahrung dient diesen Würmern alles Mögliche: Algen, Schlamm, Diatomeen, kleine Naiden, Infusorien etc., während sie wie- der Insektenlarven, Wasserkäfern, Fischen und Tritonen eine willkom- mene Beute sind. | Bezüglich weiterer Lebenserscheinungen verweise ich auf meine frühere Arbeit!. Geschlechtsreife Thiere müssen sehr selten sein, denn unter den mehr als 1000 Exemplaren, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, habe ich nur zwei mit deutlich entwickelten Generations- organen gefunden, wie sich aus den papillenförmig vorspringenden Mündungen der Receptacula seminis und der weißlichen Farbe der nächstfolgenden Segmente ergab. Leider machte ich diesen Fang zu ' einer Zeit, als ich auf die Anatomie des Wurmes noch kein beson- deres Gewicht legte, und noch niemals ist es mir gelungen durch künst- liche Theilung Lumbrieuli zu erziehen, welche später Geschlechtsorgane | entwickelt haben. | ) Äußere Gestalt 2 Im Maximum erreicht der Lumbriculus variegatus die Länge von 9 cm und die Dicke von ungefähr { mm, während seine Durchschnitts- ) größe nur circa 5 cm beträgt. Die Anzahl der Segmente richtet sich ! vollkommen nach der Länge des Thieres, da mit dem Größenwachsthum | heständig neue Ringel entstehen; es können sich gegen 200 bilden. | Sie haben im gestreckten Zustand etwa dieselbe Länge und Breite, nur) ! BüLow, Über Theilungs- und Regenerationserscheinungen bei Würmern , (Lumbriculus variegatus Gr.). in: Archiv f. Naturgesch. 49. Jahrg. Heft. p. 1—96. 2 Nochmals sei bemerkt, dass die Beschreibung sich nur auf ungeschlechtliche | Würmer bezieht. Die Keimsehichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus var. etc, 67 nach hinten nimmt erstere verhältnismäßig ab. Im Leben sind die Seg- mente äußerlich wenig von einander abgesetzt, so dass also der Körper seinen Umrissen nach kaum sichtbar oder gar nicht geringelt erscheint. Was die Farbe anbetrifft, so findet man alle Übergänge vom hellen Roth bis zum dunklen Pechbraun mit einem Ton ins Grüne. Andere Thiere wieder sind vorn dunkel, während das folgende hintere Ende plötzlich mehr oder weniger heller ist. Oder auch die ersten zehn Seg- mente, die Kopfsegmente, sind hell, dann folgt eine tief dunkle Region, nun eine hellere und schließlich ein durchschimmerndes gelbrothes Schwanzende. Regel ist, dass das dunkelste Körperstück dem Kopf benachbart ist. Die Farbendifferenzen gehen nicht durch Nuaneirungen in einander über, sondern sind scharf von einander abgesetzt; das eine Segment ist vielleicht noch braun, das nächstfolgende bereits gelbroth. In allen solchen Fällen ist das hellere Gewebe regenerirtes. Der Durchschnitt des Körpers ist kreisrund, und nicht, wie GrUBE angiebt, die »Rückenfläche stärker konvex als die Bauchfläche!.« Auf der dorsalen Seite des Wurmes schimmert deutlich das Rücken- gefäß durch, dessen Kontraktions- und Dilatationswellen im äußersten Schwanzende beginnen und bis in den Kopf hineingehen. Zu Anfang eines jeden Körpersegments mündet in das Rückengefäß rechts und links ein verästelter, blind endigender, gleichfalls kontraktiler Anhang, die »Eingeweideschlinge (Anse periviscerale)« CLarArkpe’s?, ein. Dieser Anhang findet sich nicht in den ersten acht borstentragenden Segmenten des »Kopfes«, dagegen aber sind die »Darmschlingen (Anses intesti- nales)« reich entwickelt und bilden ein schönes Geflecht. Im Körper sind sie bei geringer Vergrößerung nur in den ersten Segmenten zu bemerken. Sie liegen hier zu Ende eines jeden Ringels und verbinden das Rückengefäß mit dem Bauchgefäß. Die in den Blutkanälen eirkuli- rende Flüssigkeit ist von ziegelrother Farbe. Die schwach $-förmig gebogenen Hakenborsten stehen, meistens nur je zwei beisammen, in vier Reihen um den Körper herum. Sie beginnen im dritten Kopfsegment und erstrecken sich, in den letzten Segmenten immer kleiner werdend, bis kurz vor den After. Neben jedem Paar liegt im Körper verborgen meist noch ein anderes in der Entwicklung be- sriffenes: die Ersatzborsten. Zwischen den dorsalen und den ventralen Hakenborstenreihen liegt, den inneren »Seitenlinien« entsprechend, je eine äußerlich erkenn- bare, die sich vom Kopflappen bis zum Schwanz verfolgen lässt. Noch ! GrupeE, Über den Lumbricus variegatus MüLLEr’s und ihm verwandte Anneli- den. in: Archiv für Naturgesch. 4844. p. 207. ? CLArarkpe, Recherchesanatomiques surlesOligochaetes. Geneve et Paris 1862. 5%* 68 6. Bülow, leichter bemerkt man in der Mittellinie des Bauches einen weißlichen Streifen, dessen Anfang im dritten Kopfsegment zu suchen ist. Er ist so breit wie der Bauchnervenstrang und enthält die von Rarzer! entdeckten Tastkörperchen, welche sich bei auffallendem Licht als glänzend weiße Pünktchen und verästelte Strichelchen darstellen. Sie stehen im Kopf am dichtesten gedrängt neben einander, nach und nach werden sie spärlicher und verschwinden hinten gänzlich. Der ventral gelegene Mund ist ein querer Spalt zwischen dem er- sten und zweiten Segment, zu dem sich von allen Seiten zahlreiche feine Runzeln ziehen. In seinen Winkeln findet man gewöhnlich, eben so wie in unmittelbarer Nähe der Borsten, dunkelgelbe runde Zellen. Ein Gebilde von ähnlicher Farbe, indessen stärker entwickelt, sitzt meist (nicht immer) dem Anfangstheil des Schlundes auf. Der After liegt am Ende des Thieres und wenig dorsalwärts. — Eine Kommunikations- öffnung desLymphraumes mitdem umgebenden Medium, wie sie LEyYDig ? gesehen haben will, ist nicht vorhanden; auf die nähere Besprechung dieses Punktes will ich indessen erst weiter unten bei der Erörterung des Blut- und Lymphgefäßsystems eingehen. Äußere Bedeckungen. Zu den äußeren Bedeckungen des Wurmes rechne ich die Cuticula, ihre Matrix und die in dieser liegenden Drüsen. Die Cuticula bedeckt als zarte glashelle Schicht den ganzen Körper und ist, mit Ausnahme des Schwanzendes, überall gleich dünn; nur dort wird sie ein wenig dicker. Kopflappen und Afterende sind mit zarten »Tasthaaren« bedeckt, die am übrigen Körper ganz fehlen, oder äußerst zerstreut stehen. Wird ein Lumbriculus mit Reagentien, na- ınentlich mit Ghromsäurelösung oder Alkohol behandelt, so hebt sich meistens die Guticula von ihrer Matrix ab und es hält nun ziemlich leicht das dünne Häutchen ganz zu lösen, und in geeigneter Weise zu unter- suchen. Eine solche Struktur, wie sie sich auch bei anderen Oligochae- ten, den Hirudineen und Sipunculiden findet, d. h. eine feine doppelte Strichelung,, deren einzelne Linien zu einander fast senkrecht und zur Längsachse des Wurmes etwa unter einem Winkel von 45 stehen, wird man auch hier, aber nur bei besonders günstigen Verhältnissen, zur Anschauung bringen können; meist erscheint die Cuticula vollkommen homogen. Leichter und häufiger erhält man Bilder von dem Aussehen | 1 Rarze, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntnis der Anneli- den. in: Diese Zeitschr. Bd. XVII. p. 570 und 571. ? Levpıc, Vom Bau des thierischen Körpers. Erster Band. Tübingen 1864. p- 174 und 474. Taf. zur vergl. Anatomie. 4864. Taf. IV, Fig. 6. | | Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus var, etc, 69 geriefelten Briefpapiers: man sieht helle und dunkle parallele Streifen mit einander abwechseln. Die Mündungsgänge der Hautdrüsen kann man nur auf äußerst dünnen Querschnitten von 1/39, — !/soo mm Dicke als ganz feine Kanälchen erkennen, deren innere Öffnung etwas weiter ist, als die äußere. Auf Flächenpräparaten sind sie nicht zu bemerken; eben so ist weder auf optischen noch auf wirklichen Durchschnitten eine Schichtung der Cuticula, wie sie z. B. bei Phreoryctes von L£yvis beschrieben wurde, beobachtet. Als unzweifelhafte Lücken im Ober- häutchen sind zu konstatiren die Mund- und Afteröffnung und die Aus- mündunsgsstellen der Borstenfollikel und Segmentalorgane !. Die Matrix der Cuticula besteht aus einem Cylinderepithel, mit da- zwischenliegenden zahlreichen einzelligen Drüsen. Am Kopf und am Schwanz sind die einzelnen Zellen und ihre Kerne länger als am Kör- per; überall aber nimmt der Kern einen ziemlich großen Raum der Zelle ein; er hat ein gekörneltes Gepräge und besitzt in der Regel ein oder mehrere Kernkörperchen, die sich durch intensivere Tinktions- fähigkeit leicht erkennen lassen. Eine wohl unterscheidbare Intercel- lularsubstanz ist hier nicht vorhanden ?. Zwischen den Epidermiszellen finden sich zahlreiche einzellige Drüsen von länglich ovaler Form, deren Kern gewöhnlich am Grunde liegt. Meist haben sie einen feinkörnigen oder schleimigen Inhalt, der manchmal als kleiner Pfropf nach außen getreten ist und in unmittel- barer Nähe ihrer Mündungskanälchen liegt. Auf Flachschnitten sind diese Hautdrüsen von rundlich unregelmäßigem Umkreis und stehen, durch ein Band von Epidermiszellen getrennt, auf jedem Segment in zwei Ringen neben einander. Sie gleichen ungefähr denjenigen von Lumbricus® oder noch mehr denen von Phreoryctes. Mit letzteren stimmen sie auch in der Art und Weise der Anordnung überein. Die Borsten. In vier Reihen stehen die Borsten um den Körper. Sie beginnen im dritten Kopfsegment und lassen sich, immer kleiner werdend, unge- fähr bis I mm vor den After verfolgen. Hinter den letzten äußerlich Sichtbaren bemerkt man indessen bei mikroskopischer Untersuchung im 1 Betreffs der von Lrvpic vertretenen Meinung, dass Lymphraum und Außen- ' welt durch einen Kanal in Verbindung ständen, siehe »Gefäßsystem« p. 80. 2 v. Mossısovics, Kleine Beiträge zur Kenntnis der Anneliden, I. Die Lumbri- cidenhypodermis. in: Sitzungsber. der k. Akad. der Wissensch. zu Wien. I. Abth. Juniheft 1877. Separatabdr. p. 4. 3 Horst, Aantekeningen op de Anatomie van Lumbricus terrestris L. Utrecht 1876. Tab. I, Fig. 2. | 10 G. Bülow, Innern des Thierkörpers noch die Anlagen neuer, und gerade an diesem Ort verfolgt man ihre primäre Bildungsweise am besten 1. Die Borsten haben lang $-förmige Gestalt, das innere Ende ist ab- gerundet, das entgegenstehende hat zwei Häkchen gebildet, von denen das äußere bedeutend kleiner ist als das innere und als Nebenhäkchen bezeichnet werden kann. Es fehlt niemals, mithin sind die Borsten nicht, wie früher angegeben wurde, einspitzig, sondern zweispitzig. Ungefähr um ein Drittel der ganzen Borstenlänge von den Haken ent- fernt verdickt sich die Hornsubstanz ein wenig, nimmt von da an nach hinten zu aber ganz allmählich ab. Auf diesem Theil bemerkt man bei guter Beleuchtung und starker Vergrößerung eine feine aber deutliche Längsriefelung, und zuweilen will es scheinen als ob auch ein äußerst enger Centralkanal und eine Längsschichtung der chitinigen Borstensub- stanz zu entdecken wäre. Werden von frischen Thieren Quetschpräparate angefertigt, so er- hält man häufig isolirte Borsten, deren stumpfem Ende eine kernlose fein körnige Protoplasmakappe aufsitzt. Für gewöhnlich sind in je einem Follikel zwei, nur sehr selten drei Borsten vorhanden; trifft man vier auf einem Fleck neben einander lie- gen, so gehören zwei davon stets dem Reserveborstenfollikel an. Sie gelangten eben zur völligen Ausbildung, bevor noch die alten verloren gingen. Der Borstenbeutel besteht aus einer sehr feinen bindegewebigen Membran mit glatt elliptischen Kernen, deren Substanz granulirt ist. Im Innern des Sackes liegen eine Anzahl Zellen mit großem Nucleus, welche | alle zusammen sich an der Borstenbildung betheiligen. Man findet sehr häufig, wenn man vorsichtig einen Theil des Wurmes unter dem Deck- | glas zerdrückt, dass dieser oder jener aus einem Ersatzfollikel heraus- getretenen jungen Borste seitwärts ein oder zwei Zellen fest anhaften | (Fig. 31). Auch die Längsschichtung lässt auf eine Abscheidung aus | mehreren Zellen schließen, ja sie ist vielleicht kaum ohne Zuhilfenahme " dieser Annahme dauernd zu vertheidigen. Bei Weitem deutlicher als } bei ausgebildeten Borsten ist die Längsriefelung bei solchen, welche noch in der Bildung begriffen und deren Spitzen eben verhornt sind | (Fig. 30). 1] Auf die Borstenmuskulatur ist bei der Besprechung des Muskel- | systems Rücksicht genommen worden; ich verweise desshalb auf den | betreffenden Theil dieses Kapitels. | 1 Siehe wachsendes Sch wanzende. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. etc, 71 Verdauungskanal. Der Verdauungskanal zerfällt in mehrere gut unterscheidbare Ab- schnitte. Zwischen dem ersten und zweiten Segment liegt die Mund- öffnung als querer Spalt; zu ihm führen von allen Seiten kleine Haut- falten, welche um den Mundwinkel herum am deutlichsten entwickelt sind. Meist findet man hier auch eben solche gelbe gekörnelte Zellen, wie sie. in der Nähe der Borstenfollikelmündungen und zuweilen im Innern des Körpers beobachtet werden können. Der Mund führt in denSchlund, der eine kurze Strecke gerade nach oben steigt, und dann erst nach hinten umbiegt; jener Theil wird zu- weilen hervorgestülpt und wieder zurückgezogen, namentlich dann, wenn man einen abgeschnittenen Kopf oder auch einen ganzen Wurm in ein Uhrschälchen mit Wasser thut, dem eine geringe Menge Weingeist zugesetzt worden ist. Man sieht in solchem Fall sehr schön, dass das hervorgestiülpte Gewebe über und über mit Flimmerhaaren besetzt ist. Dasjenige Stück des Verdauungskanals, welches ich als den hinteren Theil des Schlundes bezeichne, erstreckt sich vom Ende des aufsteigen- den Theiles ungefähr bis zum dritten borstentragenden Segment und zerfällt in einen oberen und unteren Raum (Fig. 23). Beide sind durch zwei Falten, die sich von beiden Seiten her gegen die Mitte hin vor- schieben, von einander geschieden, ohne dass indess eine wirkliche Trennung zu Stande gebracht ist. Die Zellen des ventralen Schlund- raumes sind ungefähr eben so hoch als breit und besitzen einen runden Kern; von ihnen unterscheiden sich scharf die der oberen Schlund- abtheilung, da sie langgestreckte Form haben und einen Nucleus von glei- cher Gestalt besitzen. Ziemlich allmählich geht dieser Theil des Schlun- des in den Kopfdarm über, dessen Wandungen keine kleinen Zellen mit rundem Kern enthalten. Hier ist nur noch die andere Form vertre- ten, welche von da an bis hinten hin ausschließlich das Darmgewebe bildet. Kopfdarm und ihm folgender Körperdarm unterscheiden sich so von einander, dass der Querschnitt jenes eine mehr runde Form, der des letzteren eine gleichschenklig dreieckige hat (die Basis des Dreiecks liest dorsal, Fig. 22). Außerdem aber wird jener von Darmkapillaren nicht umsponnen, während diesen ein dichtes Netz feiner Blutkanälchen umgiebt. Desshalb fehlen dort auch die Leberzellen, die, wie beim »Gefäßsystem« aus einander gesetzt ist, ausschließlich in Verbindung mit diesen vorkommen, Früher glaubte man — schon der Name »Leber- zellen« deutet es ja an —, dass sie ein Sekret absondern, welches sich in den Darm ergießt. Diese Ansicht ist eine irrige, die betreffenden gro- Ben Zellen mit körnigem gelbgrünen Inhalt und runden am Grunde 72 6. Bülow, liegenden Kern sitzen nicht unmittelbar dem Darm auf, sondern stets nur den Wandungen der Blutkapillaren, welche den Darm umspinnen, oder aber den blind endigenden kontraktilen Anhängen des Rücken- gefäßes, welche mit ihm überhaupt nichts zu thun haben. Das letzte Stück des Darmes kann als Enddarm bezeichnet werden und wird ausführlicher beim wachsenden Schwanzende besprochen. Auch er ist, gleich wie das Vorderende des Verdauungskanals dicht mit Wimperhaaren besetzt. Der After liegt nicht genau am äußersten Ende und in der Mittellinie des Wurmes, sondern ist ganz wenig nach vorn und oben verschoben. Das Muskelsystem. Unmittelbar unter der Matrix der Quticula liegt als dünner Schlauch die Ringmuskulatur, welche nur durch die Mündungen der Borstensäcke und Segmentalorgane so wie durch den Mund unterbrochen ist. Unge- fähr in der Körpermitte erreicht diese kontraktile Schicht ihre stärkste Entwicklung, nach beiden Enden zu, also im Lymphraum und im wach- senden Schwanzende, nimmt sie an Stärke ab. Dort wo der Eingang in den Verdauungskanal den Körper durchsetzt, zieht sich die Ringmus- kulatur, fast bis zur Umbiegung des Schlundes nach hinten, an diesem herauf. Dieser ersten Muskellage folgt nach innen zu die Längsmuskulatur. Sie bildet keinen Schlauch, sondern sieben longitudinale Streifen und zwar drei paarige und einen unpaaren. Durch die »Seitenlinien« wird sie in zwei größere Hälften, eine dorsale und eine ventrale geschieden. Jene enthält die unpaare Muskelplatte, welche als Gardialmusku- latur bezeichnet worden ist; sie erstreckt sich von dem dorsalen Borstenfollikel der einen Seite unter dem Rücken hinweg zu dem der anderen. Unter ihrer Mitte befindet sich das kontraktile Rückengefäß. Von den Enden dieser Schicht bis zu den beiden Seitenlinien liegen die dorsalen, und von den Seitenlinien bis zu den Bauchborstenfollikeln die ventralen Lateralmuskeiplatten. Diesen zwei symmetrischen Schichten folgt bei den Naiden eine unpaare, die sog. Neuralmuskelplatte, welche bei Lumbriculus wegen der unmittelbaren Auflagerung des Bauchmarkes auf die Haut, in zwei | seitliche Theile, die Lateroneuralmuskelzüge, zerfallen ist. | Außer diesen beiden Hauptbewegungsorganen, der Ring- und | Längsmuskulatur, welche beim Kriechen und Schwimmen als Antago- nisten wirken, sind noch einige Nebenapparate zu erwähnen, die dazu dienen verschiedene Organe in bestimmte Lagen bringen zu können. | Am besten entwickelt ist die Borstenmuskulatur. Es setzt sich | Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. etc. 13 an den Obertheil des Follikels eine ganze Reihe feiner Muskelfäden, die strahlenförmig zum Hautmuskelschlauch ziehen, wo sie ihre zweite An- satzstelle auf der Ringmuskelschicht haben. Durch eine Kontraktion aller Fäden zu gleicher Zeit wird natürlich ein Herausschieben der Hakenborsten hervorgerufen ; durch stärkere Zusammenziehung einzel- ner Fäden kann ihnen eine bestimmte Richtung gegeben werden, welche der Kontraktionsrichtung entgegengesetzt liegt. Selbstverständlich ist es dieser Muskulatur nicht möglich das herabgezogene Ende des Follikels wieder ins Innere des Körpers hereinzuschaffen. Dazu dient ein anderes System, welches aus einem dünnen Bündel kontraktiler Elemente be- steht, die sich vom dorsalen zum ventralen Borstensack erstrecken. Sind nun etwa beide Borstenpaare hervorgeschoben worden und ist der Kontraktionszustand der strahligen Muskeln erschlafft, so genügt eine Zusammenziehung des dorsoventralen Muskels,, um jene wieder ins In- nere des Körpers hineinzuziehen. Senkrecht von der Mitte dieses Mus- kels geht ein dünner Ast ab, dessen anderes Ende mit der Seitenlinie in direktem Zusammenhang steht. Sein Zweck ist, die Retraktion der dor- salen und ventralen Borsten unabhängig von einander geschehen zu lassen. Sollen z. B. nicht beide zu gleicher Zeit eingezogen werden, sondern nur die oberen, so kontrahirt sich der senkrechte Ast des Rück- ziehmuskels und darauf seine obere Hälfte. Die Regulirung der Bewe- gungen der Borsten wird durch die nervöse Seitenlinie vermittelt. Ferner sind im Kopf besondere Bewegungsapparate zu finden; die einen dienen dazu, die sich berührenden Schlundwandungen von ein- ander zu entfernen, die anderen vermögen in beschränktem Maße die Stellung des Gehirnes zu verändern. Jene setzen sich rund um den Schlund und gehen theils, wie dies schon Lryvıc abbildet, an die Unter- seite des Lymphraumes, theils aber auch zu den hinter dem Munde gelegenen Geweben des Hautmuskelschlauches. Das zweite System von Muskeln besteht aus einem Paar dünner Fäden, die von demjenigen Theil der Ringmuskulatur abtreten, welcher über der Mitte des Gehirns aber noch ein wenig nach hinten zu liegt. Sie ziehen sich medial vor seinem Vorderrand vorbei und dann nach hinten und unten zum Schlunde. Durch ihre Kontraktion wird die obere Hälfte des Schlund- ringes ein wenig gehoben und nach rückwärts verschoben. Endlich sind hier noch die Dissepimente zu erwähnen. Es sind dies muskulöse Membranen, welche je zwei auf einander folgende Seg- mente von einander trennen. Sie spannen sich zwischen Hautmuskel- schlauch und Darm aus. Ihr Gewebe ist nicht frei von Lücken, da man leicht beobachten kann, dass Lymphkörperchen durch die Kontraktionen 74 6. Bülow, und Extensionen des Körpers von einem Segment ins andere getrieben werden. j Die Muskelelemente gehören dem Typus der glatten Muskelfasern an: sie zeigen keine Spur von Querstreifung, sind lang bandförmig und besitzen einen elliptischen Kern mit feinkörnigem Protoplasma. Das Nervensystem. Das Gentralnervensystem von Lumbriculus besteht, wie dasjenige aller anderen Anneliden, im Wesentlichen aus dem Schlundring und der Bauchganglienkette, und setzt sich seinen histologischen Bestand- theilen nach aus der Fasersubstanz und den Ganglienzellen zusammen. Der Schlundring hat zur Längsachse des Körpers eine schräge Richtung und erstreckt sich vom oberen und hinteren Theil des Lymphraumes bis zum unteren und vorderen des ersten horstentragenden, also des dritten Kopfsegmentes. Von hier bis zum Afterende des Thieres verläuft der Bauchstrang, welcher an seinem äußersten Ende direkt in die Epi- dermiszellen übergeht. Eine ganz geringe Anschwellung mitten zwi- schen je zwei Dissepimenten beweist, dass auch auf ihn sich der seg- mentale Charakter des Gliederwurmes übertragen hat. — In seinem ganzen Verlauf ist der Bauchnervenfaserstrang mit Ausnahme der oberen Seite von Ganglienzellen umgeben, so dass wir also keine einzige Stelle treffen, wo sie im Querschnitt, wie bei einigen Naiden, fehlen. Aufjener charakteristischen zellenlosen dorsalen Seite der Bauchganglienkette liegen drei Leypıg’sche » Primitivnervenfasern« oder besser das » Neuro- chord«, wie die Gebilde von Vesnovsky bezeichnet wurden. Ihrer mesodermalen Herkunft wegen! spreche ich ihnen die Funktion der eigentlichen Nervenfasern, das Leitungsvermögen von Empfindungen, ab, und betrachte sie als unwesentliche Bestandtheile der Bauchgan- glienkette, aber als Analoga der Wirbelthierchorda. Vom vierten oder fünften Segment an steht der Bauchnervenstrang während seines ganzen weiteren Verlaufes mit dem darunterliegenden Gewebe des Körperschlauches in inniger Verbindung. In den Kopf- segmenten geht nämlich von seiner Unterseite eine schmale Leiste ner- vöser Natur ab, die ihre Fasern theils in die Muskulatur, theils aber auch in die Epidermis zu den von RATzer entdeckten »Sinnesorganen« schickt, während in jedem Segment seitlich zwei symmetrische Nervenäste sich abzweigen, welche in die Ring- und Längsmuskulatur treten. In den Körpersegmenten dagegen liegt der Bauchstrang dem Muskel- schlauch mit seiner ganzen unteren Fläche an, so dass von ihr aus direkt 1 Vgl. »Wachsendes Schwanzende « p. 92. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus var, ete. 75 eine Innervirung der Muskulatur und des unter der Ganglienkette ge- legenen Epithels statt hat. Im Schlundring sind die Lagerungsbeziehungen der histologischen Komponenten andere als in der Bauchganglienkette. Die Fasermasse setzt nirgends aus, sondern umgiebt ringförmig den Anfang der Speise- röhre. Während aber bei dem Bauchmark die Ganglien den ventralen und lateralen Seiten aufgelagert sind, sind sie dem Gehirntheil des Schlundringes hingegen dorsal »gleichsam aufgesetzt«. Die dadurch er- zeugten Anschwellungen (Gehirnganglien) sind »durch eine schmale Schicht von Ganglienzellen unter einander verbunden«; an der ventra- len Fläche fehlen sie ganz. Eben so ist eine kurze Strecke der Kom- missuren frei von ihnen, während wieder die seitlichen und unteren Theile des Schlundringes mit ihnen besetzt sind. Die vom Gehirn ausstrahlenden Nerven sind bis jetzt sehr unge- nügend beschrieben worden; man kannte nur ein Paar, während deren sechs vorhanden sind. Leypıc hat zuerst die in der Mitte der Seiten des Lymphraumes verlaufenden Nervenäste erwähnt, indessen nicht ge- wusst, dass sie zu einer Anzahl großer Zellen führen !, welche an seinem äußersten Ende liegen, dort, wo sich nach ihm die (nicht vorhandene) Kommunikationsöffnung zwischen Lymphraum (Kopflappen) und Außen- welt befinden soll. Die erwähnten Nerven sind die stärksten der über- haupt vom Gehirn aussirahlenden, und da sie zu einem besonders an- geordneten Zellhaufen führen, dürfen wir diesen entschieden mit Recht als ein Sinnesorgan unbekannter Funktion ansprechen, weil auch über- dies noch, wie ich bei der Besprechung des Gefäßsystems aus einander gesetzt habe, das über ihm liegende Gewebe eigenthümliche Bewegungen ausführt, sich nämlich häufig gruben- oder spaltartig vertieft und längere Zeit in diesem Zustand verweilt. Unmittelbar unter den »Sinnesnerven«, mit ihnen gemeinsam aus dem Gehirn entspringend, verläuft beiderseits noch ein anderer starker Nerv, der sich bald in zwei Äste theilt. Der eine geht an die Wand des Lymphraumes, der andere untere zur Vorderwand des Schlundes und in die Oberlippen, sich hier in sehr zahlreiche feinste Fäserchen zer- legend. — Etwas hinter dem Ursprung des »Sinnesnerven« theilt sich von ihm noch ein zweiter dünnerer Ast ab, welcher in direkter Verbin- ' dung mit der Seitenlinie steht. Diesen von Semper bei Nais entdeckten ‘ Seitenlinien sind demnach unbedingt nervöse Eigenschaften zuzuschrei- ' ben, da auch noch andere kleine Ästchen, welche auch direkt aus dem . Gehirn entspringen, sich mit ihnen vereinigen. Endlich haben wir noch Zn EEE 1 Taf. V, Fig. 35. 76 6. Bülow, zweier Paare von Nerven Erwähnung zu thun, die sich von den Kom- missuren und den Anfangstheilen der unteren Schlundganglien ab- zweigen, und von denen das eine Paar zur hinteren Wand des Schlun- des und zur Unterlippe, das andere in das hinter dem Mund gelegene Epithel und die Muskulatur tritt. Was die genaueren histologischen Verhältnisse der ganglionären Elemente des Schlundrings und der Bauchganglienkette anbetrifit ‚- so stimme ich den Angaben Rarzer’s vollkommen bei. Ich will mich dess- halb darauf beschränken seine Angaben theilweise zu citiren !: »Die das Gehirn zusammensetzenden Ganglienzellen stimmen in ihrer großen Masse überein mit denen des Bauchmarks, wir wollen solche als kleine Ganglienzellen bezeichnen. Es sind spindelförmige unipolare und bipo- lare (aber auch multipolare) Zellen, von höchstens 0,01 mm größtem Durchmesser, in denen der Kern eine Ansammlung fettartig glänzender Körnchen darstellt und keinen Kernkörper aufweist, dabei die Haupt- masse der Zelle ausmacht, indem die Hülle meist nur eine schmale Zone darstellt, welche in die Ausläufer übergeht. Diese kleinen Ganglienzel- len bilden ausschließlich die Ganglienhaufen des Bauchmarks und zum überwiegenden Theil auch die des Gehirns. Aber in letzteren sind zwi- schen sie größere Zellen eingebettet, welche ich als große Ganglien- zellen unterscheide. Diese Zellen, welche ich stets nur als unipolar oderapolar ? nachweisen konnte, haben 0,045 —0,025 mm Durchmesser, einen zart körnigen Inhalt, endlich ein Kernkörperchen von starkem Lichtbrechungsvermögen und nicht über 0,0015 mm Durchmesser.« Dieselben großen Zellen kann man auch noch in den seitlichen und ven- tralen Theilen der unteren Ganglienanschwellungen des Schlundringes beobachten. Dagegen habe ich die nach Rırtzer in der Fasersubstanz vorhandenen »blassen glatten Cylinder mit einem zu elliptischer Form angeschwollenen Ende, oder einer eben so geformten Anschwellung in der Kontinuität des Cylinders« nicht bemerkt. Was ferner die von jenem Forscher entdeckten Sinnesorgane an der Bauchseite des Thieres unterhalb des Bauchnervenstranges anbelangt, so schließe ich mich seinen betreffenden Ausführungen unbedingtan und ver- weise einfach auf das diesbezügliche Kapitel®”. — Im Querdurchschnitt ! RATzeL, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntnis der Oligo- chaeten. in: Diese Zeitschr. Bd. XVIII. p. 576. 2 Hier gehen unsere Meinungen aus einander, da ich keine apolaren, wohl aber bipolare »große Zellen« gefunden habe. 3]. c. p. 570 und 571. Wenn Verf. sagt: »Am Vorderrande des zweiten Seg- mentes theilt sich nämlich das Bauchmark in die beiden Äste des Schlundringes,« so sollte es richtiger heißen: am Vorderrande des dritten Kopfsegmentes etc. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. ete. 7 ED Sb Zu ‚ haben die Bauchsinnesorgane ein glänzend helles Aussehen und meist mehreckige Form (Taf. V, Fig. 29). Blutgefäßsystem. Parallel mit der Längsachse des Thieres und zwar in der dorsoventra- len Ebene liegen drei Blutgefäßstämme !, von denen zwei auf den ersten Blick bemerkt werden können ; nämlich das Rückengefäß, zwischen der ‘ dorsalen Muskulatur und dem Darm gelegen, und das Bauchgefäß, wel- ‘ ches sich unmittelbar über der Bauchganglienkette hinzieht. Der dritte | Blutkanal ist äußerst schwierig zu erkennen, am besten auf Quer- schnittserien oder bei hellem auffallenden Licht ?; er verläuft an der ventralen Seite des Darmes. Das Rückengefäß ist in seiner ganzen ) Länge, vom Schwanz bis in den Kopf hinein kontraktil; die in regel- ) mäßigen Intervallen wiederkehrenden Blutwellen laufen von hinten ‘ nach vorn. Das Bauch- und das Darmgefäß zeigen keine Dilatationen und Kontraktionen. Die zwei Hauptstämme kommuniciren im »Kopf« ‚ durch ein reiches individuell variirendes Geflecht von »Darmschlingen«, ı wie es RırzeL3 sehr schön abgebildet hat, während im äußersten " Schwanzende ein weiter den Darm umgebender Blutsinus die Verbin- ‚ dung herstellt. Dann hat aber auch noch jedes einzelne Körpersegment ‚ eine besondere Kommunikation. Sie liegt in seinem hinteren Theil und ‘ wurde zuerst von Crarırkoe als Darmschlinge (Anse intestinale) be- ‚ zeichnet. Gut kenntlich sind diese Verbindungskanäle in den 15 bis 25 ‚ vorderen Ringeln, wennschon man sich durch die geeigneten Mittel auch noch im Schwanz von ihrem Vorhandensein überzeugen kann; am ‚ besten aber gelangen sie zur Beobachtung in denjenigen Segmenten, , welche dem Kopf unmittelbar folgen. Sie umgeben hier nicht einfach halbkreisförmig jederseits den Darm, sondern legen sich, da sie länger sind als sein halber Umfang, wellig oder schlingenförmig um ihn herum und sind durch feine Muskelfäden an die nächsten Dissepimente ange- ‚ heftet. Hier und da trifft man auch wohl noch eine Verästelung. Außer | diesem Ringgefäß findet sich noch in jedem Körperabschnitt (die Kopf- sesmente sind demnach ausgenommen) die sog. Eingeweideschlinge \ (Anse periviscerale) mit ihren blindsackförmigen Anhängen. Sie ist ein | ray, Big. 27 a,b,c. ?2 Für etwaige Nachuntersuchungen will ich bemerken, dass es empfehlens- i Thiere, am besten vollkommen regenerirte, zu nehmen. \ 3 RATZEL, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntnis der Anne- ıliden. in: Diese Zeitschr. Bd. XVIN. Taf. XLII, Fig. 44. i 78 6. Bülow, reich verzweigter, an den Enden geschlossener, von unten nach oben kontraktiler Anhang des Rückengefäßes, der in keinem Zusammenhang mit dem Bauchgefäß steht. Auch die Eingeweideschlingen mit ihren Blindsäcken sind wieder in den vorderen Körpersegmenten am besten entwickelt und am wenigsten in dem äußersten Schwanzende. Sie tre- ten hier als kleine Ausstülpungen des Rückengefäßes auf und sind nur sehr spärlich mit Blindsäcken besetzt, die aber je weiter nach vorn um so zahlreicher werden. Eingeweideschlingen und Darmschlingen unterscheiden sich prin- cipiell durch die Art und Weise der Kontraktion von einander: Wäh- rend bei den ersteren die Kontraktionswelle sehr schnell vom Bauch zum Rücken geht, verläuft sie bei den letzteren in umgekehrter dorso- ventraler Richtung. Die Anzahl der Segmente, welche vor denjenigen mit den blind endigenden kontraktilen Anhängen des Rückengefäßes liegt, ist eine schwankende; in normalen Fällen sind es acht borstentragende und die zwei borstenlosen Mundsegmente; diese zehn bezeichnen wir aus Grün- den, wie ich sie früher aus einander setzte !, als Kopf. Beim Durchmustern der Querschnittserien ist es auffallend, dass man nicht ein einziges Präparat findet, in welchem man nicht einen scheinbar ununterbrochenen Ringkanal findet. Er umschließt eng den Darm und liegt noch unterhalb der Leberzellen, ist also dicht von ihnen besetzt. Aus Längsschnitten, welche am besten von Stücken des Wurm- körpers angefertigt werden, erkennt man den wahren Sachverhalt, da in solchen Stücken die Blutflüssigkeit an den Enden sich staut und die Gefäße prall anfülltl. Hat nun ein Schnitt gerade einen derartigen Theil der Darmwandung getroffen, so sieht man dicht neben einander liegende mannigfach sich kreuzende Gefäßkapillaren. Sie umgeben unmittelbar und in der Weise den Darm, dass ein engmaschiges Netz entsteht, des- sen Hauptstamm, das Darmgefäß, einerseits durch einen, ab und zu auch durch zwei feine Blutkanäle mit dem Bauchgefäß in Verbindung steht, und andererseits vermittels der Darmkapillaren mit der Rücken- arterie kommunicirt. Figur 27, Taf. V giebt ein Schema vom Blutver- lauf in einem mittleren Körpersegment des Lumbriculus und die Rich- tung seiner Kontraktionswellen. Über die histologischen Verhältnisse der blutführenden Kanäle lässt sich, da die Gefäßwandungen außerordentlich zart sind, sehr wenig | sagen. Ich kann im Wesentlichen nur das wiederholen, was bereits 1 BürLow, Über Theilungs- und Regenerationsvorgänge bei Würmern. in: Archiv f. Naturgesch. 49. Jahrg. Heft 1. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var, etc. 79 Levvig! erkannt hat. Das Rückengefäß, seine kontraktilen blind endigenden Anhänge und die Darmschlingen bestehen aus zwei ver- schiedenen Schichten: der inneren Muscularis und der äußeren Tunica adventitia mit ihren ziemlich zahlreichen länglich ovalen Kernen von sranulirtem Aussehen. Die Muscularis erscheint homogen. Deutlicher heben sich beide Schichten nur dort von einander ab, wo jeweilig ein Kern liegt. Darüber, ob auch die Wardung des Bauchgefäßes aus zwei Lagen besteht, könnte man zweifelhaft sein, jedenfalls ist die Schicht mit den eingelagerten Kernen, also die Adventitia, vorhanden. Die Muscularis scheint zu fehlen, was auch mit der Nichtkontraktilität des Bauchstammes in Einklang stehen würde. Mit Ausnahme des Bauchstammes, des Kopftheiles des Rückengefäßes und der freiliegenden Darmschlingen sind alle sonstigen Theile der blut- führenden Kanäle dicht mit den großen Leberzellen oder Chloragogen- zellen ?2 besetzt. Wenn wir diese Resultate mit den Angaben derjenigen Forscher vergleichen, welche zuletzt dieselbe Wurmspecies auf ihr Gefäßsystem hin untersucht haben, so werden sich einige nicht unwesentliche Unter- schiede ergeben °. Nach Crararkpe ? ist ein dorsaler und ein ventraler Gefäßstamm vorhanden, die in jedem Segment durch ein Paar Gefäßschlingen ver- bunden sind, wovon die eine, die Darmschlinge (Anse intestinale), im hinteren Theile des Segmentes den Darm eng umschließt, und nur in den vorderen Segmenten fehlt, während die andere, die Eingeweide- schlinge (Anse periviscerale), den Darm weniger eng umschließt und in _ allen Segmenten ohne Ausnahme vorkommt. Sie soll der hauptsächliche Träger der blinden Gefäßanhänge sein, die Darmschlinge dagegen be- sitzt nur wenige blinde Anhänge. Diese theilweise unrichtige Beschrei- bung wurde von Fritz RArzreL® einer Revision unterzogen und seine Untersuchungsresultate von ihm kurz so zusammengefasst: »In allen Segmenten kommt eine Verbindung des Rückengefäßes mit dem Bauch- gefäße durch eine kontraktile Gefäßschlinge zu Stande, welche in den zwölf vorderen Segmenten reich verästelt, in den weiter hinten gele- genen aber einfach ist. Außerdem tritt vom fünfzehnten Segment an ! Levpıg, Histologie, p. 436 und Leypıs, Vom Bau des thierischen Körpers. p- 33 Anm. 2 Taf. V, Fig. 22. 3 Es sei nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass mir nur ungeschlecht- , liche Thiere zur Verfügung standen. * CLAPAREDE, Recherchesanatomiques sur les Oligochaetes. Gene&ve et Paris 1862. 5 RArzer, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntnis der Oligo- chaeten. in: Diese Zeitschr. Bd. XVII. p. 581—583. 80 C. Bülow, ein Anhang des Rückengefäßes paarig in jedem Segment hinzu, welcher blind endet, sich stark verästelt, sehr kontraktil ist: und auf welchem der Drüsenbeleg des Darmes sich fortsetzt; auch das Rückengefäß trägt diesen Beleg außer in den acht vorderen Segmenten, das Bauchgefäß aber und die Darmschlingen der 25 vorderen Segmente sind frei von ihm. Das Blut von Lumbriculus variegatus ist intensiv roth.« Diese Be- schreibung stimmt schon bedeutend besser mit der von mir gegebenen überein. Den Unterschied vor Allem, dass RatzeL auch vom achten bis zum fünfzehnten Segment keine koniraktilen Anhänge des Rückenge- fäßes (Anses periviscerales) fand, glaube ich mit Recht darauf zurück- führen zu dürfen, dass ihm zur Untersuchung geschlechtsreife Thiere vorgelegen haben. Übersehen sind von ihm das Darmgefäß, die Ver- bindungskanäle zwischen diesem und dem Bauchgefäß und die den Darm umspinnenden »Darmkapillaren «. Zu der in eben beschriebenem Gefäßsystem cirkulirenden rothen Ernährungsflüssigkeit, dem »Blut«, kommt noch eine zweite hinzu, welche keine bestimmte Bahnen besitzt, farblos ist und indem sie die Leibeshöhle erfüllt, alle Organe umspült. Da sich in den Dissepimenten Lücken befinden, so kann sowohl die »Lymphe« als auch ihre solideren Bestandtheile, die Lymphkörperchen, durch Muskelkontraktionen leicht von einem Ende des Körpers zum anderen befördert werden. Diese Flüssigkeit nun soll nach der Angabe Leyvig’s! durch einen an der Spitze des ersten Kopfsegmentes gelegenen verschließbaren Porus mit dem umgebenden Medium in direkte Verbindung gebracht werden können. Eine ganz ähnliche Öffnung fand er bei Enchytraeus galba und E. latus. Letztere Beobachtung wurde von VEspovsky ? modifieirt, indem er an- giebt, dass der Porus in der Intersegmentalfurche des Kopf- und Mund- lappens gelegen ist. Die von jenem Forscher beigefügte Zeichnung des Kopfendes von Lumbriculus variegatus zeigt, dass über dem Cylinder- epithel des »Lymphraumes« sich kontinuirlich die mit feinen » Sinnes- härchen « besetzte Guticula hinzieht. Ganz am Vorderende deutet eine besondere Schattirung eine Grube an, bis zu welcher der das Gewebe durchsetzende Kanal sich erstreckt. Meine Beobachtungen bezüglich dieses Punktes widersprechen nun direkt den Angaben und der Zeichnung jenes Forschers. Voraussenden will ich, dass ich früher gleichfalls von der Richtigkeit jener Behauptung überzeugt war, bis mich Serienschnitte und nochmalige wiederholte 1 Levpies, Vom Bau des thierischen Körpers. Erster Band. Tübingen 1864, p- 4174 und 474. Tafeln zur vergl. Anat. 4864, Taf. IV, Fig. 6. 2 VEıDovsky, Beiträge zur vergleichenden Morphologie der Anneliden. I. Enchy- traeiden. Mit 44 Tafeln. Prag 1879. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var, etc. 81 genaueste Untersuchung des lebenden und geiödteten Kopfes den wahren Sachverhalt kennen lehrten: Eine verschließbare Öffnung, die denLymphraum von Lumbriculus variegatus mit der Außenwelt in direkte Verbindung setzen soll, existirt nicht!. Untersucht man frisch abgeschnittene lebende Köpfe in Wasser, so bemerkt man leicht, dass ihr vorderstes Ende oft für mehrere Minuten srubenförmig eingezogen wird, wodurch man leicht zu der Ansicht kommen kann, dass hier ein Spalt sich befindet, der Lymphraum und Außenwelt verbindet. Indessen sieht man bald, wie die Vertiefung all- mählich ausgeglichen wird und der normale Zustand sich wieder herstellt. Je matter das Kopfstück wird, um so seltener tritt sie auf. Wäre wirk- ‚ lich ein Kommunikationskanal vorhanden, so müsste doch, wenigstens ‘ dann, wenn sein Lumen nicht geschlossen erscheint, entweder die Cuti- ‘ cula sich eine Strecke weit in ihn hinein fortsetzen, oder an seinem oberen Rande aufhören. Ein derartiges Bild erhält man indessen nie- mals, stets zeigt sie sich als ununterbrochenes Häutchen. — Wirft man ‚ einen abgeschnittenen Kopf in dünne Chromsäurelösung und legt ihn dann in Glycerin, so hebt sich die Guticula ganz gleichförmig von ihrer " darunter gelegenen Matrix ab und bildet einen Sack. Auch dann be- merkt man mit dem besten Willen keinen Spalt oder ein cuticulares Röhrchen in den Raum führen, welcher zwischen dem abgehobenen ‘ Häutchen und dem Kopfe des Wurmes sich befindet. Bis jetzt ist das Hauptgewicht für den Beweis, dass wirklich die »verschließbare Öffnung« fehlt, auf den Mangel einer solchen in der Cuticula gelegt und auf die Epidermis noch keine Rücksicht genommen worden und zwar aus dem Grunde, weil sie zu dick ist, um aus opti- schen Durchschnitten Folgerungen ziehen zu können. Die Querschnitt- 7 serien, welche ich anfertigte, um das Vorhandensein oder Fehlen des 7 Spaltes zu konstatiren, waren !/so—!/00 mm, die Längsschnittserien an: —1/j33 mm dick. Auch sie lieferten das schon erwähnte Resultat: ' nämlich das Fehlen der betreffenden von Levvie beschriebenen Öffnung. / Dahingegen zeigte es sich, dass unter dieser Stelle ein unzweifelhaftes ' Sinnesorgan sich befindet, zu dem zwei starke Nervenäste treten (vgl. ‚Taf. V, Fig. 25 und 26 and meine Angaben über das Nervensystem : von Lumbriculus p. 75). | Bevor ich zur Schilderung der interessanten Erkichluessäneängs © der verschiedenen Organe im wachsenden Schwanzende schreite, will "ich einige kurze Bemerkungen vorausschicken. 1 Ob sie wirklich bei Enchytraeus latus und Enchytraeus galba vorhanden ist, bedarf einer erneuerten Untersuchung. | Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 6 82 C. Bülow, Gerade im Afterende liegen die Zellkerne ungemein dicht neben einander gedrängt, wesshalb von vorn herein anzunehmen war, dass die einzelnen Vorgänge, welche sich hier abspielen, schwer zu entwirren sein würden oder falsch gedeutet werden könnten, wenn es nicht ge- länge lückenlose Serien recht dünner Schnitte herzustellen. Die Erfah- rung zeigte, dass die einzelnen Schnitte durchaus nicht dicker als 1/3; mm sein durften, wollte man klar und unzweifelhaft die meisten der unten beschriebenen Thatsachen sehen. Alle Fragen über den Bil- dungsmodus dieser und jener Organe konnten aber auch mit Hilfe solcher Präparate noch nicht entschieden werden, und erst dann wurden die letzten Zweifel gehoben, als es mir gelang vollkommene Schnittserien von !/,,, mm Dicke herzustellen. Alle Figuren wurden einer und derselben derartigen Serie entnommen. Andere Präparate sind gleich gut ausgefallen und lieferten genau dieselben Bilder, so dass durch sie diejenigen Resultate vollkommen bestätigt wurden, welche ich schon durch die erste gute hier abgebildete Serie gewann (Fig. 1—21, Taf. V). Zu welchen Täuschungen dickere Schnitte veranlassen können, er- sieht man daraus, dass ich eine Zeit lang überzeugt zu sein glaubte, dass aus dem Mesoderm! Elemente zum centralen Theil des Bauch- nervenstranges hinzukommen, um die sog. Spinalganglien bilden zu helfen, wie dies Semrer für die Naiden angiebt. Erst die besagten dünneren Präparate brachten mich für immer von meiner irrthümlichen Ansicht ab; um es schon im Voraus zu sagen: Aus dem Mesoderm werden keine Zellen zur Bildung irgend welcher Theile des Bauchnerven- stranges verwendet; er ist durchaus ektodermalen Ursprunges. In seiner Arbeit über »die Verwandtschaftsbeziehungen der ge- gliederten Thiere« stellt Semper? p. 158 folgenden Satz auf: »Ich ging von der Hypothese aus, welche Grundlage unserer modernen morpho- logischen Untersuchungen ist: dass kein Glied eines Thierkörpers auf | zweierlei typisch verschiedene Weise innerhalb homologer Gruppen | entstehen könne. — — — dGiebt man dies zu, so muss man auch an- ' nehmen, dass (z. B.) das dorsale Schlundganglion einer Nais, welche durch Knospung entstanden ist, nicht ventral gebildet werden könne, | i Wenn ich auch im Folgenden die Worte: Ekto-, Ento- und Mesoderm oder | äußeres, inneres und mittleres Keimblatt gebrauche, so geschieht es um nicht fort- | während die viel längere aber richtigere Bezeichnung: äußere, innere, mittlere | dynamisch den embryonalen Keimblättern gleichwerthige Schicht des wachsenden | Schwanzendes anzuwenden. | 2 SEMpER, Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. III. Strobila- | tion und Segmentation. Ein Versuch zur Feststellung specieller Homologien zwi- | schen Vertebraten, Anneliden und Arthropoden. in: Arbeiten aus dem zool. Institut | zu Würzburg. Bd. IH. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var, etc. 83 _ wenn es im Embryo dorsal aufträte, oder überhaupt, dass es auch bei der Knospung in ähnlicher Weise entstehen müsse wie im Embryo.« Ferner heißt es ebenda p. 180, »dass die Bildungsweise des Bauch- markes am (wachsenden) freien Afterende der geschlechtslosen Naiden übereinstimmen müsse mit derjenigen desselben Organes im Embryo auch der übrigen Oligochaeten «. Was Semper hier bezüglich des Nervensystems sagt, kann man un- zweifelhaft auch auf die übrigen Organe übertragen, und da ferner die Knospung der Anneliden nichts Anderes ist, als ein besonderer Fall von Regeneration, so will ich seine Hypothese diesbezüglich verallgemeinern : und kurz so zusammenfassen: Die histologischen Vorgänge | bei der Bildung der einzelnen Organe im wachsenden Schwanzende und in sich regenerirenden Theilen des | Annelidenkörpers sind denjenigen gleich, welche bei seinem Aufbau im Embryo stattfinden. — In wie fern sie sich auch auf andere Thiergruppen ausdehnen lässt, mag einstweilen dahin : gestellt bleiben !. Bezüglich der Naiden kam dann Senper zu folgenden Untersuchungs- ı resultaten: 4) »Dass in dem auswachsenden Afterende einer Nais der centrale ' Theil des Nervensystems durch eine ungegliederte Ektodermverdickung entsteht; und 2) dass die beiden seitlichen Ganglien aus den medialen Theilen der Mesodermplatten erst dann entstehen, wenn die Bildung der Ur- segmente schon vollendet ist, und dass sie als ursprünglich und typisch segmentirte Ganglien erst sekundär mit dem centralen verwachsen.« Etwas weiter unten sagt er ferner: 1) »Es bildet sich eben vor dem After auf der neuralen Seite durch - Wucherung aus dem ursprünglich einfachen Ektoderm eine Achsenplatte ; 2) diese Achsenplatte zerfällt dann in zwei Mesodermplatten, welche von einem axialen Zellstrang getrennt werden, der, über dem Darm liegend, der Chorda der Wirbelthiere zu vergleichen ist; 3) dieser Ghordazellenstrang ist kontinuirlich durch alle Schnitte zu ‚ verfolgen, welche noch embryonalen Charakter tragen, und er liegt hart © unter den beiden Nervensträngen des centralen Nervensystems; k) die Muskelblätter wachsen gleichzeitig von zwei der Achse des i Für die Molche giebt GötTE in seiner Arbeit: Über Entwicklung und Regene- ration des Gliedmaßenskelettes der Molche, als allgemeines Resultat dieser Unter- | , suchungen p. 15 an, »dass die Skelettbildung bei der Regeneration im Wesentlichen " eben so verläuft wie bei der primären Entwicklung und daher als eine Wiederho- \ lung der letzteren bezeichnet werden kann«. 6* 84 6, Bülow, Körpers entsprechenden Linien aus neural- und cardialwärts, genau wie bei den Wirbelthieren : es wird somit 5) durch diese Vorgänge eine Achse im Annelidenkörper bezeichnet, von welcher nach unten hin sich das animale, nach oben hin das vege- tative Rohr schließt. Es ist endlich 6) sehr wahrscheinlich — obgleich ich es bis jetzt noch nicht außer Zweifel feststellen konnte — dass das gesammte Mesoderm, mit Ein- schluss der Faserplatte, aus dem Ektoderm herstammt.« Diese Ergebnisse habe ich wörtlich voraufgestellt, um sie zum Schluss genauer mit denjenigen meiner Untersuchungen über das wachsende Schwanzende von Lumbriculus variegatus vergleichen und die eventuellen Differenzen zwischen Naiden und jenem Wurm erörtern zu können. Die drei ersten Schnitte, welche durch das normale Afterende ge- führt wurden, lieferten nur Bilder von quer durchschnittenen langge- streckten Zellen, der vierte halbmondförmige dagegen hatte schon eine Stelle getroffen, welche zwei verschiedene Zellschichten aufweist. Aın auffallendsten ist die ventrale mit langen eng an einander liegenden Kernen, in welchen sich meist ein Kernkörperchen erkennen lässt. Sie ist dem embryonalen Ektoderm homolog. In der Übergangsstelle dieser konvexen Schicht zur dorsalen konkaven nehmen die Kerne mehr und mehr runde Gestalt an, bis sie in dieser selbst ungefähr kreisrund ge- worden sind. Auch in ihnen bemerkt man deutlich ein Kernkörperchen. Diese Schicht entspricht dem embryonalen Entodern. Zwischen beiden Zelllagen befindet sich ein schmaler kernloser Zwischenraum, von dem äußeres und inneres Keimblatt durch ziemlich scharf ausgeprägte Linien . abgegrenzt sind. Dort, wo die Ektoderm- und Entodermgrenzlinien in einander übergehen sollen, verwischen sie. Dies Präparat! kann man seiner Form und den vorhandenen Keimblättern nach mit der zwei- schichtigen Gastrula vergleichen. In dem nächstfolgenden Schnitt kommt eine dritte zwischen Ekto- und Entoderm befindliche Lage hinzu, welche wir als Mesoderm be- zeichnen wollen, da sie dasjenige Gewebe und die Organe liefert, welche aus dem mittleren Blatt bei der embryonalen Entwicklung hervorgehen. Während nun Senuper das Mesoderm »als höchst wahrscheinlich « einzig und allein aus dem Ektoderm entstehen lässt, ist in dem vor- liegenden Fall seine Bildung? eine wesentlich andere. Die zwei be- treffenden Schnitte zeigen nämlich die Ekto- und Entodermgrenzen gegen 1 Taf. V, Fig. A, 2 Taf. V, Fig. 2 und 3. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. ete. S5 das Mesoderm zu außerordentlich scharf, während sie an den Übergangs- stellen jener beiden Blätter vollkommen verwischt sind, also nicht mit einander in Verbindung stehen. An dieser Stelle nun sieht man sehr deutlich die Mesodermzellen mit den benachbarten Ektoentodermzellen ! in direktem Zusammenhang stehen, wesshalb man wohl, ohne auf Wider- spruch zu stoßen, schließen kann, dass im vorliegenden Fall das mittlere Keimblatt seinen Ursprung nimmt durch Einwucherung von Zellen aus der Übergangsstelle des äußeren und inneren. Es ist somit weder ein rein ekto- noch ein rein entodermaler Abkömmling; denn daraus, dass die Zellen des Mesoderms denjenigen des Entoderms äußerst ähnlich sehen, wird man wohl kaum schließen wollen, sie seien desshalb auch ausschließlich Derivate des Hypoblasts. Einzelne in der Mitte und nahe der äußeren Keimschicht gelegene Kerne des Mesoderms enthalten Nucleoli, welche sich von den übrigen durch ihre etwas beträchtlichere Größe und stärkere Inbibitionsfähigkeit auszeichnen; es sind dies die sogenannten »Chordazellen« Semrer’s?. Das Entoderm trägt in seiner ganzen Ausdehnung lange Flimmerhaare. Diese beiden soeben be- schriebenen Schnitte gleichen der dreischichtigen Gastrula. Im nächsten, dem siebenten Schnitt 3, ist die Becherform noch deut- licher ausgeprägt, das Lumen hat sich vertieft, die beiden Umbiegungs- stellen sind einander näher gerückt, und die Entodermgrenze hat gegen das Mesoderm zu ein gezähneltes Aussehen angenommen. Letztere Eigen- thümlichkeit bildet sich in den nächsten Schnitten immer mehr aus. — Im achten ® tritt eine neue Erscheinung auf, die allerdings schon undeut- lich in den voraufgehenden zu bemerken war, hier aber erst unzweifel- haft kenntlich wird: nämlich eine Sonderung des oberflächlichen Protoplasmas der flimmernden Entodermzellen in dunkle und helle Linien. Einer jeden derartigen Zone entspricht äußerlich ein Wimper- haar. So viele Wimpern also eine Zelle trägt, so vieleDifferentiationen zeigt das oberflächliche Protoplasma der betreffenden Zelle. In dem Ektoderm treten aus dem ziemlich regelmäßigen Halbring neben einander gelagerter Kerne einige dieser heraus und kennzeichnen schon jetzt den Ort, von welchem aus später Organe ihre Entstehung nehmen. — In dem elften Schnitt5 berühren sich die beiderseitigen Übergangsstellen des äußeren und inneren Keimblattes (die Ränder der Gastrula), oder genauer aus- gedrückt, die äußersten Enden der inneren Schicht fast gegenseitig. 1 So will ich diejenigen Zellen nennen, welche man weder zum Ekto- noch zum Entoderm rechnen kann, 2 Dieselben Gebilde fand ich auch im wachsenden Schwanzende von Tubifex rivulorum. 3 Taf. V, Fig. 4. 4 Taf. V, Fig. 5. 5 Taf. V, Fig, 6. 86 6. Bülow, Die Trennung beider Blätter wird dadurch vorbereitet, dass die Ekto- ' entodermzellen fast völlig verschwinden und diese Stelle eine geringere Dicke annimmt. Im Mesoderm sind einige sehr große » Chordazellen « aufgetreten, welche ventral ungefähr in der Mittellinie des Schnittes. liegen. Ihre Kernkörper, deren meist einer oder zwei vorhanden sind, haben eine bedeutendere Größe als die der übrigen Kerne und sind durch die betreffende Tinktionsflüssigkeit intensiv dunkel gefärbt. In einer, in der Figur rechts gelegenen Zelle hat sich der Nucleus in viele kleine Strichelchen aufgelöst, wahrscheinlich ein Vorgang, dem die Thei- lung der Zelle gefolgt wäre. Im Ektoderm haben sich aus der Reihe der Kerne des Cylinderepithels noch deutlicher als im achten Schnitt einzelne gegen das Mesoderm zu herausgehoben und bereits seit dem sechsten ist eine deutlich erkennbare Guticula ausgeschieden; sie lässt sich unge- fähr bis zum Übergang des Ektoderms ins Entoderm verfolgen. Der zwölfte Schnitt! ist gegenüber den unmittelbar vorhergehenden sehr bemerkenswerth. Es hat sich nämlich Ekto- und Entoderm jeder- seits von einander getrennt, sich dafür aber mit den entgegenstehenden Enden der entsprechenden Schicht zu zwei koncentrischen Ringen ver- bunden, zwischen welchen das Mesoderm liegt. Im äußeren Keimblatt kennzeichnet eine tiefe Furche, die Analrinne, welche sich, immer seichter werdend, noch bis zum zweiundzwanzigsten Schnitt verfolgen lässt, die frühere Trennung der Gastrularänder. Im Entoderm ist eine derartige Stelle nicht zu bemerken; der Schluss zum Darm ist vor sich gegangen, ohne dass man die Verschmelzungsstelle erkennt; sein Lumen ist von Wimperhaaren erfüllt. Die Kerne des Mesoderms gehen nicht ganz von einer Seite zur andern, sondern lassen unterhalb der Anal- rinne dorsal vom Entoderm einen größeren Zwischenraum zwischen sich. Rechts und links von der ventralen Mittellinie bemerkt man deut- | lich im äußeren Keimblatt, ein klein wenig unter der Grenze zum mitt- | leren, je einen geringen Fleck, der sich durch sein granulirtes Aussehen | von dem übrigen Gewebe des Ektoderms unterscheidet. Es sind dies | die ektodermalen paarigen Anlagen der Fasersubstanz des Bauchnerven- | stranges. | Die folgende Figur? unterscheidet sich im Wesentlichen von der vorhergehenden dadurch, dass sich nun auch das Mesoderm über den ' Darm hinweg von einer Seite zur andern zieht, ventralwärts aber ist es | immer noch durch eine oder mehrere »Chordazellen« unterbrochen. | Eben so verhält es sich mit Schnitt 17; außerdem aber beginnt hier das Mesoderm bereits die ersten Anfänge der Längsmuskelplatten zu 1/'Taf, V, Fie:7: 2 Taf. V, Fig. 8. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus var. ete. 87 bilden, die sich, von der Nervenfaseranlage beginnend, ungefähr ein Drittel des Halbkreisumfangs nach oben hin erstrecken. Diese primären Muskeln sind der Semper’schen Neuralmuskelplatte plus ventraler Seiten- muskelplatte gleichzusetzen !. Bis zum zweiundzwanzigsten Schnitt, also ungefähr bis !/,, mm vom äußersten Ende entfernt, ändert sich mit Ausnahme der mehr und mehr verstreichenden Afterrinne im Wesentlichen nichts im Aussehen der Präparate, dann aber kommt zu der ersten Längsmuskelanlage noch eine zweite hinzu, die ebenfalls dem Ektoderm eng anliegt und von jener nur durch einen kleinen Zwischenraum getrennt ist; sie ent- spricht der dorsalen Seitenmuskel- und der Gardialmuskelplatte der Naiden 3. Die paarigen Fasersubstanzflecken sind bedeutend kenntlicher geworden und aus dem regelmäßigen Kernring des Ektoderms heben sich immer mehr Nuclei gegen die Mesodermgrenze zu heraus. Zwischen den Ektodermzellen der Rückenseite einerseits und denen der Bauch- und Lateralseite andererseits existirt in so fern ein Unterschied, als die Kerne jener eine rundlichere und die ganzen Zellen eine weniger schlanke Form haben als diese, wodurch also eine verschiedene Dicke der dorsalen und ventralen Seite des Ektoderms bedingt wird. Die hauptsächlichsten Veränderungen bis zum 34. Schnitt? gehen nun im äußeren Keimblatt vor sich und zwar in dem Theil, welcher unterhalb jener Linie liegt, die man sich durch die oberen Entoderm- zellen gezogen denken kann. Außer den länglichen Kernen des späteren Epithels liegt hier noch eine Anzahl großer runder, welche theils zu den die Fasersubstanz des Bauchnervenstranges umgebenden Ganglien- zellen und den »Spinalganglien« werden, theils aber auch, wie wir aus weiter von vorn abgebildeten Schnitten ersehen werden, in das Meso- derm einwuchern und die Borsten und Seitenlinien bilden, deren ‚Bildungselemente demnach ektodermalen Ursprungs sind, und nicht dem Mesoderm, wie es scheinen könnte, ihre Entstehung verdanken. ‚Der einundvierzigste Schnitt zeigt im mittleren Keimblatt5 nun auch wieder wesentliche Differenzirungen. Während bis dahin oder bis kurz vor ihm meistens noch »Chordazellen« auftraten, fehlen sie von hier an, trotz des embryonalen Aussehens des Präparates doch vollständig; an ihrer Stelle bildet sich zwischen den Zellen eine Lücke, um welche die Kerne sich sonst kreisförmig lagern; es ist dies die Anlage des späteren Bauchgefäßes. Die seitlichen Zellen des mittleren Keimblattes haben sich ! 1. ce. Taf. V, Fig. 14: nm + m + Im (ventral). 2 Taf. V, Fig. 9. 3]. c. Taf. V, Fig. 44: Im (dorsal) + cm. * Taf. V, Fig. 410, 5 Taf. V, Fig. AA. 88 6. Bülow, bedeutend vermehrt, dafür sich aber von dem dorsalen Theil des Meso- derms stark zurückgezogen. Auf diese Weise ist es zur Ausbildung zweier rechts und links von der senkrechten Mittelebene gelegenen Me- sodermkeimstreifen gekommen. Der obere nur von wenig Zellen einge- nommene Raum ist theilweise mit Blutflüssigkeit erfüllt; aus diesen ver- einzelten Elementen bildet sich das kontraktile Rückengefäß. Die Haupt- blutkanäle sind somit rein mesodermalen Ursprungs, dessgleichen übrigens auch die »Eingeweideschlingen« und die sonstigen blutführenden Ge- fäße. Der innere Theil des Entoderms hat ein eigenthümliches Aus- sehen angenommen: er ist blasig oder netzförmig gestaltet, während sein äußerer gegen das Darmlumen gekehrter solide ist und noch immer an seinem Rande die Differentiation in helle und dunkle Streifen zeigt, wennschon hier die Wimperhaare nicht mehr so reichlich wie früher vorhanden, sondern schon theilweise zu Grunde gegangen sind. Die der Mesodermgrenze des Ektoderms nahe gelegenen großen runden Kerne haben sich — namentlich deutlich auf der linken Seite des Schnitts — in einzelne Gruppen zerlegt; die obere entspricht der dor- salen, die untere nur aus zwei Kernen bestehende, dem ventralen Borstenpaar, und die mittlere der Seitenlinie. Rechts, links und nach unten zu von der Nervenfaseranlage liegen die Ganglienzelleruppen und wieder unter diesen zieht sich die ventrale Kernreihe der Matrix der Cuticula oder des Bauchepithels fort. Eine Grenzlinie zwischen diesen und dem in der Entstehung begriffenen Bauchnervenstrang ist noch nicht aufgetreten. Auf der rechten Seite der Figur sieht man zwischen Ektodermgrenze und Längsmuskelanlage noch einen ganz schmalen Streifen, den Beginn der Ringmuskelschicht. Ob diese ecto- oder meso- dermalen Ursprungs ist, kann nicht entschieden werden, doch müssen wir als höchst wahrscheinlich annehmen, dass auch sie aus dem mitt- leren Blatt entstanden ist. Schnitt 46! zeigt die eben geschilderten Thatsachen in ähnlicher Weise, nur ist hier die Trennung der Mesodermkeimstreifen eine noch schärfere geworden und schon beginnen auch in ihnen sich Kerne zu bestimmten Gruppen zusammenzulagern. Die eine auf der linken, unteren Seite der Figur ist besonders gut ausgeprägt; zu ihr treten von dem Ektoderm her andere Zellen, wie mit Sicherheit daraus hervorgeht, | dass die Mesodermgrenzlinie an dieser Stelle vollkommen verwischt ist, | und Zellkerne zur Hälfte im Ektoderm, zur anderen Hälfte aber im mittleren Keimblatt liegen. Diese in das Mesoderm eingewucherte Ekto- | dermsubstanz bildet mitsammt einigen Zellen des Mesoderms die Borsten- 1 Taf. V, Fig, 12. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. etc. 89 bündel, wobei aus den eingewanderten Ektodermzellen die Hakenborsten selbst, aus den hinzugetretenen Mesodermzellen aber die Borstentasche und die die Bewegung vermittelnden Muskelfäden entstehen. Schnitt 49! ist wieder in so fern interessant, als hier deutlich eine neue Einwucherungsstelle, ebenfalls auf der linken Seite der Figur, zu erkennen ist, welche etwas höher liegt als die soeben beschriebene. Auch an diesem Ort ist die Ektodermgrenze vollkommen verwischt und ein unzweifelhaftes Einwandern von Zellkernen des äußeren Blattes ins ‘ Mesoderm zu erkennen; von hier nach oben und unten zu findet sich eine Spur der dorsalen resp. ventralen Anlage der Lateralmuskelplatten. ' Das Bauchgefäß ist bereits sehr deutlich durch einen großen Kreis ring- ' förmig angeordneter Mesodermkerne gekennzeichnet. Darunter, un- ‘ mittelbar auf dem sich entwickelnden Nervensystem liegt eine kleine : Zelle, welche sich später zu den »riesigen- oder Primitivnervenfasern« : Leypie’s oder dem synonymen »Neurochord« Verpoysky’s umwandelt. Die Stelle, wo man jene Zellen mesodermaler Abstammung wirklich zu - den genannten Gebilden umgewandelt sieht, liegt viele Schnitte weiter ‘nach vorn, wesshalb hier leider die vollkommene Umwandlung nicht bildlich Schritt für Schritt wiedergegeben werden konnte. Faktum ist "indessen, dass sich die »Primitivnervenfasern« aus dem mittleren Blatte entwickeln, desshalb wohl nicht als Nervenelemente angesehen werden _ dürfen, sondern vielleicht als elastische Stütze angesprochen werden müssen, welche der Wirbelthierchorda analog ist. Ob diese kleinen ' Zellen Umwandlungsprodukte der Chordazellen Semper’s sind, konnte nicht entschieden werden. Den unteren Theil des Darmes umgiebt schon in den vorhergehenden Schnitten ein Blutstreifen, der sich von nun an beständig findet und das Darmgeflecht bildet. Seine Wandungen ent- stehen aus Mesodermzellen. Während bis dahin von einer Gliederung der neuralen Ektoderm- ‚ verdickung noch keine Spur vorhanden gewesen war, sondern sie einen ‚ einfachen ungegliederten Streifen gebildet hatte, tritt von jetzt an eine ' Segmentirung ein. Diese kennzeichnet sich dadurch, dass in sehr kurzen ' Zwischenräumen, zuerst nur in einem Abstande von vier bis fünf ' Sehnitten, also von !/,,—!/,, mm Länge, eine Vermehrung der Ganglien- ‚ zellkerne gegen das Mesoderm zu eintritt, wie sie in Schnitt 50? abge- bildet ist. Es hat nicht elwa, wie dies die nächstfolgenden Präparate ı noch besser zeigen werden, ein Hinzutreten von Mesodermelementen zur ' neuralen Ektodermverdickung stattgefunden, wie Senrer für die Naiden angiebt, sondern einzelne Ektodermzellen erheben sich über das gewöhn- 1 Taf. V, Fig. 13. 2 Taf. V, Fig. 14. 90 6, Bülow, liche Niveau um die »Spinalganglien« zu bilden. Auch sie sind also eben so unzweifelhaft ektodermalen Ursprungs wie der übrige Theil des Bauch- nervenstranges. Sehr deutlich zeigt dies der Schnitt 511, in welchem man einzelne Zellkerne auf der rechten Seite der primären Ganglien- zellenmasse sich über das frühere Niveau erheben sieht. In demselben und auch schon in dem vorhergehenden Präparat ist die Vereinigung der bis dahin getrennten Anlage der Nervenfasersubstanz zu Stande ge- kommen und außerdem zeigen beide Schnitte unten rechts wieder Ein- wucherungen von ektodermalen, borstenbildenden Kernen ins Meso- derm. Der 52. Schnitt? zeigt ebenfalls noch, hier allerdings zu beiden Seiten der Fasermasse, eine Vermehrung der Zellkerne zwecks Bildung der segmentalen Spinalganglien ; wegen wenig schräger Schnittrichtung springt die Verdickung links jedoch nicht eben so weit ins Mesoderm vor, als rechts, zeigt indessen, weil hinter ihr noch die feine Grenzlinie des Ektoderms sichtbar ist, dadurch sehr deutlich, dass die »Spinalganglien« aus diesem heraus sich bilden. — Die Anlage der Längsmuskulatur hat sich bedeutend vergrößert und ist im 55. Schnitt deutlich in verschiedene »Muskelplatten« zerfallen. Wir unterscheiden vom Nervensystem nach dem Rücken zu folgende durch Zwischenräume getrennte Theile: die Neuralmuskelplatte zwischen Bauchstrang und ventralen Borsten ge- legen; von diesen bis zur Seitenlinie folgt die ventrale Lateralmuskel- platte, von der Seitenlinie bis zur Rückenborsteneinwucherung die dor- sale Lateralmuskelplatte und endlich die noch nicht über den ganzen Rücken sich erstreckende Cardialmuskelplatte. Ganz unzweifelhaft ist ferner rechts das Einwandern von Ektodermelementen ‘ins Mesoderm an der Stelle zu erkennen, wo später die Seitenlinie entsteht. — Eine scharfe kurze Linie unterhalb des in Bildung begriffenen Bauchnervenstranges zeigt an, dass sich seine Trennung vom Ektoderm vorbereitet. Auch dieses Präparat zeigt wieder in gar nicht misszuverstehender Weise, | dass die Spinalganglien aus dem äußeren Blatt ihren Ursprung nehmen. | Das Darmgefäßnetz ist ziemlich stark entwickelt. | Wieder unzweifelhaft zeigt Schnitt 58* das Einwuchern ektoder- maler Kerne ins Mesoderm zur Bildung der Borsten- und Seitenlinien, | dann aber auch noch, dass mesodermale Elemente das Bauchgefäß bilden ° und andere sich der Fasersubstanz des Bauchnervenstranges auflagern, ' um das Neurochord entstehen zu lassen. Die Trennung des Nerven- | systems von den Matrixzellen der Guticula ist weiter fortgeschritten und | 1 Taf. V, Fig. 45. 2 Taf. V, Fig. 46. 3 Taf. V, Fig. 417. * Taf. V, Fig. 18. Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus var. etc. 91 im 60. Schnitt! fast vollendet. In jenem ist links unten bereits eine theilweise ausgebildete Borste zu erkennen. Sie wird nicht von einer einzigen, sondern von mehreren Zellen, etwa wie die Hornsubstanz der ‘ Schwämme gebildet, worauf auch der längsgeschichtete Bau, wie er bei Borsten anderer Würmer zu erkennen ist, deutet. — Um den ektodermalen großen Kern der rechten Seitenlinie haben sich halb- kreisförmig sechs Mesodermzellen gelegt, welche die abtretenden Muskel- fäden des Dissepiments entstehen lassen. Auf der gleichen Seite haben sich ekto- und mesodermale Elemente zu einer Gruppe vereinigt, aus der das Rückenborstenbündel entsteht. Die Spinalganglien sind wieder unverkennbare Ektodermabkömmlinge. Von ihnen zum Unterrand des ' Darmes treten in Ausbildung begriffene Muskelfasern. Die Zellkerne des mittleren Blattes sind über dem Darm spärlicher geworden, ja bis zum " 68. Schnitt verschwinden sie fast ganz und zu gleicher Zeit wird die , Zellenlage des Rückens gegenüber derjenigen der Seiten und des Bauches immer dünner, und ihre Grenze gegen das Mesoderm etwas verwischt. Schnitt 64 2 zeigt, dass sich seither die Ringmuskulatur mehr und mehr entwickelt hat, auch ist es nun schon zur Bildung eines wirklichen ' Bauchgefäßes ınit deutlichen Wandungen gekommen. Aus dem durch eine scharfe Grenzlinie völlig vom Ektoderm getrennten, jetzt zu ®/, vom Mesoderm umgebenen Bauchnervenstrang, geht ungefähr von der Mittel- linie aus ein Bündel feiner Fasern ins Bauchepithel. Im nächstfolgenden Präparat ist hiervon nichts mehr zu sehen, dagegen tritt rechts ein seit- licher Nervenast ab. Schnitt 67 3 lässt erkennen, dass von den nervösen ektodermaler. Elementen der linken Seitenlinie feine Muskelfäden zum Darm aus- strahlen und dass ähnliche die beiden rechten Borstenfollikel mit ein- ander verbinden. Im ventralen ist eine Hakenborste schon ziemlich weit ausgebildet. Die Neurochordanlage hat sich bereits sehr deutlich in die Fasersubstanz des Bauchnervenstranges eingelagert. In den späteren Schnitten kommen zu den bisher genannten Or- ganen noch die Segmentalorgane und die »Leberzellen« hinzu. Beide ‚ nehmen aus dem Mesoderm, ohne Beihilfe der anderen beiden Keim- ' blätter ihren Ursprung. Die Ergebnisse, welche diese und gleiche Serien liefern, sind also kurz die folgenden: 1) Das Mesoderm enisteht durch Einwucherung von Zellen, welche ' aus der Übergangsstelle von Ekto- und Entoderm ihren Ursprung ' nehmen. 1 Taf. V, Fig. 19. 2 Taf. V, Fig. 20. 3 Taf. V, Fig. 4. 92 6. Bülow, 2) Das mittlere Keimblatt bildet bald zwei Mesodermkeimstreifen, die sich früher gliedern als die neurale Ektodermverdickung. 3) Der centrale Theil des Bauchnervensystems, dessgleichen die Spinalganglien entstehen aus einer paarigen Ektodermanlage; es kom- men zu dem nervösen Theil des Bauchnervenstranges von Lumbriculus keine mesodermalen Elemente hinzu, wie Srmrer dies für die Naiden angiebt. 4) Die »Nervenprimitivfasern« oder die »riesigen dunkelrandigen Nervenfasern« Leyvıg’s! im Bauchstrang der Oligochaeten, also auch die damit synonyme »Neurochorda« VzınovskvY's2, sind nicht nervöser Natur, sondern dienen dem Körper als elastische Stütze. Mit der Chorda dor- salis der Wirbelthbiere sind sie indessen nicht zu homologisiren; denn die Neurochorda entstammt dem Mesoderm, die CGhorda der niedrigst organisirten Vertebraten dem Entoderm. 5) Die Chordazellen Semrer’s sind Abkömmlinge des mittleren Keimblattes; sie verschwinden dort, wo die Anlage des »Neurochords « beginnt. | 6) Die Muskelplatten und die sonstigen muskulösen Elemenie sind mesodermalen Ursprungs, dessgleichen Segmenialorgane, » Leberzellen « und Blutgefäßsystem. | 7) Die Borsten und die nervösen Seitenlinien stammen aus dem Ektoderm, ihre Nebenapparate (Muskulatur) aus dem Mesoderm. 8) Die verschiedenen Organe entstehen ihrer Uranlage nach in folgender Reihenfolge: Darm, Gentralnervensystem, Muskelplatten, elastische Körperachse oder Neurochord, Seitenlinien und Borsten, Spinalganglien, Blutgefäßsystem, Segmentalorgane und Leberzellen. Vergleichen wir die soeben angeführten Resultate mit den vorn wörtlich citirten Semper’schen Angaben, so ergeben sich zwei Haupt- unterschiede, welche wohl kaum darin ihre Ursache haben werden, dass jener Forscher das wachsende Schwanzende von Naiden, ich das- jenige von Lumbriculus untersuchte. Diese Abweichungen betreffen die Bildung des Mesoderms und die Entstehung der » Spinalganglien «. Die Differenzen zwischen unseren Untersuchungsergebnissen möchte ich darauf zurückführen, dass Semper’s Schnitte ungefähr die vierfache | Dicke der meinigen hatten, wesshalb sie in mancher Hinsicht wohl kaum | gleich überzeugende Bilder zu liefern im Stande waren. Bedenkt man, | dass das Mesoderm nur auf einer Stelle von !/\9o mm Länge einwuchert, | 1 Leypıc, Vom Bau des thierischen Körpers. p. 154 und 455, 2 VE)povsky, Untersuchungen über die Anatomie, Physiologie und Entwicklung | von Sternaspis. p. 54. in: Denkschr. der k. Akademie der Wissenschaften in Wien. XLIM. Bd. 1882. kn, + Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. ete. 95 so ist es leicht erklärlich, wie seine wirkliche Bildungsweise bei Schnitten von !/;; mm übersehen werden konnte oder vielleicht gar übersehen werden musste. Jedenfalls wirkt Semper’s Fig. 4 zusammen- genommen mit Fig. 2 der Taf. V nicht derartig überzeugend, dass man von der rein ektodermalen Entstehung des Mesoderms von vorn herein überzeugt ist. Was nun ferner unsere verschiedenen Angaben über die Bildungs- weise der »Spinalganglien« anbetrifft, so drückt er selbst schon einen seringen Zweifel an der völligen Unanfechtbarkeit seiner Ansichten in einer Anmerkung so aus!: »Dann (wenn nämlich die BaLrour’schen Be- obachtungen über die Entstehung der Spinalganglien der Wirbelthiere aus dem Ektoderm sich als richtig erwiese) wäre mit Rücksicht hierauf die Untersuchung an den Anneliden wieder aufzunehmen, da ich gern zugeben will, dass ich bei der außerordentlichen Schwierigkeit der Untersuchung nicht jeden Punkt um jeden Preis aufrecht zu erhalten vermag. Vielleicht gelänge es dann, an günstigeren Objekten zu zeigen, dass die Zellgruppen, welche die Spinalganglien werden sollen, doch von der Neuralanlage her in das Mesoderm eingewuchert, nicht aber von den beiden Mesodermplatten abgeschnürt worden seien.« Dass jenes bei Lumbrieulus wirklich der Fall.ist, glaube ich unzweifelhaft nachge- wiesen zu haben und wenn es überhaupt erlaubt ist, von diesem Wurm auf nahe verwandte zu schließen, so wird wohl auch bei den Naiden oder noch allgemeiner bei den Oligochaeten, die Bildung des Bauchnerven- stranges ohne Zuthun des Mesoderms stets lediglich aus dem Ektoderm vor sich gehen. Meine Gründe dafür, dass Semper sich auch hier: getäuscht hat, sind folgende: da er Schnitte von !/,, mm Dicke herstellte, so wird er jeden- falls darin zum mindesten die Anlage eines ganzen Segmentes zu übersehen gehabt haben; denn schon bei dem weit größeren Lumbri- eulus erhielt ich in den ersten Anfängen der sich segmentirenden neu- ralen Ektodermverdickung ungefähr nach jedem vierten oder fünften Schnitt, also in einer Entfernung von 1, bis !/,, mm die in Bildung be- Sriffenen Spinalganglien. Sie erschienen als seitliche Auswucherungen von Ektodermzellkernen, die über das gewöhnliche Niveau des Bauch- nervenstranges hinausragten und hatten eine Länge von !/ıoo bis !/;, mm. SEMPER hat also jedenfalls vor oder hinter dem entstehenden Spinalgan- slion im mikroskopischen Bilde noch die obere Mesodermgrenzlinie des centralen Theils des Bauchstranges gesehen und ist dadurch fast aus Nothwendigkeit so getäuscht, dass er annahm, es sei der über dieser TEE D. 174. Grenzlinie liegende Theil mesodermalen Ursprungs, während er hin- gegen vom äußeren Blatt abstammt!. Zum Schluss sei es mir noch gestattet, meine Befunde am wachsen- den Schwanzende kurz mit den Ergebnissen der neueren Untersuchungen. über Anatomie und Entwicklungsgeschichte zu vergleichen. Wie schon mehrmals bemerkt, lässt Semper als »sehr wahrschein- lich« das Mesoderm aus dem Ektoderm entstehen 2, welche Ansicht auch Kıeinengerg für Lepadorhynchus vertritt®. Bei den Eiern von Polygor- dius flavocapitatus bildet sich nach RrrıAcnorr dagegen das Mesoderm aus dem unteren Keimblatt*. Dasselbe ergiebt sich aus den Untersuch- ungen GörtE’s, der für die Embryonen von Nereis Dumerilii konstatirte, dass ein Mesoblast von der größten Ektodermzelle abgelöst wird, und dass dieser das ganze Material für das mittlere Keimblait liefert. Die Entstehung des Mesoderms im wachsenden Schwanzende von Lumbriculus ist mit diesen Beobachtungen nicht ganz in Einklang zu bringen, da hier weder das äußere noch das innere Blatt für sich allein das mittlere bildet, sondern sich dies aus einer Stelle entwickelt, welche eben so gut dem einen wie dem anderen Keimblatt angehören kann, nämlich aus dem Übergange beider in einander. Sein Entwicklungsmodus scheint dagegen einigermaßen mit demjenigen von Euaxes® und vollkommen mit dem einiger Wirbelthiere identisch zu sein, da bei letzteren nach den neueren Untersuchungen von Oscar HERTwIG auch hier »vom Blastoporus aus der Mesoblast sich allmählich über die Eioberfläche ausdehnt %«. Die weiteren Schicksale des mittleren Keimblattes des wachsenden Schwanzendes stimmen mit denen des embryonalen Mesoderm fast völlig | überein. Auch im Embryo bilden sich zwei Keimsireifen, aus denen | 94 (. Bülow, | | | 1 In Bezug auf die Wirbelthiere ist die augenblickliche gut begründete Haupt- | meinung ebenfalls die, dass die Spinalganglien Abkömmlinge des Ektoderms sind. Die Hauptvertreter dieser Ansicht sind Hıs, HEnsENn, BALFOUR, MARSHALL, KÖLLIKER, | und SAGEMEHL. SAGEMEHL, Untersuchungen über die Entwicklung der Spinalnerven. Dorpat 1882. p. 13. 21.0. pP. Man. | 3 KLEINENBERG, Sul origine del sistemo nervoso centrale degli Annelidi. in: | Mem. Reale Accad. dei Lincei (classe di science fisiche etc.). (5) Vol. 10. 48801884. | 12 pp. | * W. RepIacHorr, Zur Entwicklungsgeschichte von Polygordius flavocapitatus Uljan. und Saccocirrus papillocerus Bobr. in: Zool. Anzeiger. 4.Jahrg. 1884. Nr. 94. p. 518—520. 5 GörteE, Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Thiere. Heft 4. Unter- | suchungen zur Entwicklungsgeschichte der Würmer. Beschreibender Theil. Leipzig | 1882. p. 83—104. III. Über die Entwicklung der Chaetopoden. p. 85. 6 KowALEvsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. in: Memoires de ’Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg. T. 46. No. 12. p. 16. | 7 Oscar HERTWIG, Die Entwicklung des mittleren Keimblattes der Wirbelthiere, Jena 1883. p. 70. | Die Keimsehichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus var. ete. 95 Segmentalorgane, Muskulatur und Gefäßsystem hervorgehen. Die Borsten sollen ebenfalls mesodermalen Ursprungs sein. So sagt z. B. Hırtscueck !: »die Borsten sind Mesodermgebilde und sind demnach als innere Skelett- bildungen aufzufassen,« und nach Görtz? verwandelt sich bei Nereis Dumerilii die Hauptmasse der Keimstreifen in drei hinter einander ge- legene rundliche Ballen, die Anlagen der Borstensäcke, in denen je drei bis vier Borsten entstehen. Am wachsenden Schwanzende will SEMmPEr dasselbe gefunden hahen, wennschon es den mitgetheilten Zeichnungen nach so scheinen kann, als ob die primäre Ursprungsstätte der borsten- bildenden Zellen dieselbe ist wie bei Lumbriculus. Mit diesen Angaben im Widerspruch steht die Beobachtung Vzpovskv’s3 über Anachaeta, der bei diesem Wurm die Borstensäcke auf große Ektodermdrüsen reducirt fand. Bei Sternaspis nimmt nach demselben Forscher der Borstenfollikel ebenfalls aus dem äußeren Keimblatt seinen Ursprung t, doch betheiligt sich auch das Mesoderm später an der weiteren Ausbildung. Die Bildungsweise ist in dem Falle also eine ganz ähnliche wie bei Lumbri- culus, wodurch, wenn sie auch für andere Würmer Bestätigung fände, vor Allem die Meinung als unzutrefiend bei Seite geschoben werden müsste, dass die Borsten »als innere Skelettbildungen« aufzufassen seien. Auch Leyvıe scheint die Ansicht zu vertreten, dass die Borsten Ekto- dermgebilde sind, da er bezüglich ihrer Entwicklung sagt5, »dass sie in sack- oder wenn man will in drüsenartigen Eintiefungen der Haut ge- bildet werden,« und alle Hautgebilde nehmen jedenfalls ihren Ursprung vom äußeren Keimblatt. So dürfen wir denn wohl sagen, dass, wenig- stens für manche Formen, die Borsten ursprünglich nur im Ektoderm gebildet wurden; erst später ist ihr Entstehungsort mehr ins Mesoderm verschoben und dann sind auch mesodermale Elemente zur Bildung von Bewegungsapparaten hinzugekommen. Was nun die Entwicklung des Bauchnervenstranges im Embryo anbetrifft, so stimmen wohl alle neuen Forscher darin überein, dass er — wie im wachsenden Schwanzende — rein ektodermalen Ursprungs ist. Jedoch müssen wir von der »Neurochorda« absehen, deren meso- dermale Herkunft ich nachgewiesen zu haben glaube. Diese wenigen vergleichenden Notizen denke ich werden genügen, um die Behauptung zu rechtfertigen: 1 Hatscaek, Studien über die Entwicklungsgeschichte der Anneliden. a) Über Entwicklungsgeschichte von Criodrilus. b) Über Entwicklungsgeschichte von Poly- gordius. in: Arbeiten aus dem zool. Instilut der Universität Wien. I. Bd. 4878. 2 ].c.p. 89. 3 VEpovsky, Beiträge zur vergleichenden Morphologie der Anneliden. I. Enchy- traeiden. p. 19. * ].c. Denkschriften. p. 45. 5 Leyoıg, Über Phreoryctes Menkeanus. in: Archiv f. mikr. Anat. Bd. I. p. 256. 96 0. Bülow, Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbrieulus var. etc. Die drei wohlunterscheidbaren Schichten im norma- len, wachsenden Afterende derAnneliden, die caudalen oderSchwanzkeimschichten sind den embryonalen Keim- blättern dynamisch gleichwerthig, da sie dieselben Or- gane bilden wie diese. Nur in der Entstehung der Meso- dermschicht, als des ersten Differenzirungsproduktes der primären zwei Schichten ist eine Modifikation ein- getreten: sie nimmt nicht mehr wie im Embryoaus dem Entodermihren Ursprung, sondern aus derjenigen Stelle, wo äußere und innere caudale Keimschichtin einander übergehen. Kurz: beidenOligochaetensind caudale und embryonale Keimschichten dynamisch gleichwerthige Primitivorgane. Dass die bei der Regeneration auftretenden Keimschichten ebenfalls den embryonalen gleichzusetzen sind, bliebe noch zu beweisen. Erklärung der Abbildungen. Tafel V. _ Fig. —21. Schnittserie eines normalen, wachsenden Schwanzendes von Lumbri- culus variegatus. Fig. 22. Durchschnitt durch die Mitte des Körpers. a, Rückengefäß; a’, Darm- gefäß; b, Bauchgefäß; c, Darmkapillaren; d, kontraktiler, blind endigender Anhang des Rückengefäßes; e, Leberzellen; f, durchschittene Segmentalorgane; 9, Darm- | lumen; h, ventrale Borstenmuskeln; h’, dorsale Borstenmuskeln; k, Bauchmark; m, Seitenlinien. Vergr. 440. Fig. 23. Durchschnitt durch Schlund und Gehirn. a, Ganglienanschwellungen des Gehirns; b, Fasermasse; c, Kommissuren; d, Nervenäste zur Muskulatur | gehend; e, unterer Schlundraum;; e’,oberer Schlundraum ; f, kleinkerniges Schlund- gewebe; 9, großkerniges Schlundgewebe; m, Seitenlinien; o, Längsmuskulatur; ' p, Ringmuskulatur. Fig. 24. Längsschnitt durch die Mundregion. a, eigenthümliches gelbes Organ (Drüse?); db, kleinkernige Schlundzellen; c, Bauchmark. \ Fig. 25. Seitenansicht des Schlundringes. Halbschematische Zeichnung. a, Ge- | hirnganglion ; db, unteres Schlundganglion; c, Sinnesnerv; d, Seitenliniennerv; e, Oberlippennerv; f, Unterlippennerv; g, Lymphraumnerv; Ah, zur Muskulatur treten- | der Nerv; k, vom unteren Theil des Gehirns abtretender Nebennery der Seiten- | linie; /, Sinnesorgan; m, eigenthümliches gelbes Organ (Drüse?). | Fig. 26. Sinnesorgan im Vorderende des Lymphraumes. a, Sinnesorgan; b, | Cuticula; c, Epithel; d, Ringmuskulatur; e, Längsmuskulatur; f, Sinnesnerv. | Fig. 27. Schema des Blutgefäßsystems. a, Rückengefäß; b, Bauchgefäß; c, | Darmgefäß ; d, kontraktile, blind endigende Anhänge des Rückengefäßes; e, Darm- schlingen ; f, Kommunikationskanal zwischen Darm- und Bauchgefäß. Fig. 28. Querdurchschnittene Darmschlinge. Imm. VII, 0. Fig. 29. Flachschnitt durch eine Drüsenregion des Bauches. a, RAtzzr’sche | Sinnesorgane; b, Ringmuskulatur; c, Längsmuskulatur; d, Ganglienzellen. Fig. 30. Borstenfollikel. Essigsäurepräparat. Fig. 34. In Bildung begriffene Borste. | Fig. 32. Ausgebildete Borste. 1 Die Histogenese des Knochens der Teleostier. Von Carl Schmid-Monnard in Gießen, Mit Tafel VI—IX. Die Frage nach der Histogenese des Knochens der Teleostier ist zu verschiedenen Zeiten von den einzelnen Autoren sehr verschieden be- antwortet worden. Ich will mit kurzen Worten hier klar zu legen versuchen, ob und bis zu welchem Punkte diese Frage richtig gelöst sei. WiLLıamson (investigations into the structure and development of the Scales and Bones of fishes. Philos. transact. 1851. T. II) ist meines Wissens der Erste, der die Knochenentwicklung bei verschiedenen Knochenfischen ausführlich klar zu stellen suchte. Allerdings begnügte er sich mit Deutung einzelner Bilder. Ich gehe hier nur auf seine Be- schreibung eines Basale der Brustflosse vom Hecht (p. 681 »carpal «) ein, da ich über diesen Punkt allein unter seinen verschiedenen Be- schreibungen mir ein sicheres Urtheil erlaube. Wırrıımson kam zu dem Schluss, dass Knochen auf zweierlei Art sich bilde. Erstens ein chondriform bone, durch Verkalkung der Intercellularsubstanz des Knorpels; zweitens ein membraniform bone, durch Verkalkung des Perichondriums, resp. Periosts. Abgesehen von dem Mangel entwick- lungsgeschichtlicher Darstellung, hat Wırrıamson den Irrthum begangen, den verkalkten Knorpel im Basale als Knochen zu bezeichnen. Der ver- kalkende Knorpel wandelt sich hier nie in echten Knochen um, wie ich mich aufs bestimmteste überzeugt habe. Die Behauptung einer direkten Überführung des Periosts in Knochensubstanz gilt nur für einzelne Zu- wachspunkte. H. Mürzer (Über die Entwicklung der Knochensubstanz. Diese Zeitschr. 1858. Bd. IX) unterscheidet in seiner trefflichen Arbeit Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bad. 7 - 7° N 23 95 Carl Schmid-Monnard, ’ (p. 182) ganz allgemein bei Fischen bereits echtes Knochengewebe von verkalktem Knorpel. Dem dadurch angebahnten Fortschritte vermochte er indess Mangels weiterer eingehender Darlegungen keinen Nachdruck zu verleihen. Eine direkte Überführung von Knorpel in Knochengewebe | kennt Müuzer hier nicht. | C. Bruch (Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Knochensystens, 1852, p. 121; Vergl. Osteologie des Rheinlachses, 1861!) sprach zwar noch in gleicher Weise, wie WILLIaAmson, von »verknöchertem « Knorpel (»Knorpelknochen «) im Hecht- und Lachsschädel; er stellte indess zu- erst mit klaren Worten den richtigen Satz auf, dass beim Lachs niemals echtes Knochengewebe durch Verknöcherung von Knorpel sich bilde. Der » verknöcherte Knorpel« sei ein Gewebe sui generis mit beschränk- ter Lebensdauer. Alle echte Knochensubstanz betrachtete Bruch als Neubildung durch das Periost. Auf eine, dem Zweck seiner citirten zweiten Arbeit fern liegende nähere Darstellung dieser Verhältnisse ließ er sich nicht ein. Einen wesentlichen Fortschritt erfuhr die Frage durch Grein Derselbe gab (Über primäre und sekundäre Knochenbildung etc. Jen. Zeitschr., Bd. Ill, 1867) zuerst an, dass bei Teleostiern an knorpelig | präformirten Knochen die Knochensubstanz zuerst stets außerhalb des Knorpels entstehe (p. 63) im Perichondrium. GEGENBAUR ging in dieser | Abhandlung noch einen Schritt weiter und stellte den Satz auf, dass der Anstoß auch zu allen weiteren mit der Knochenentstehung verbundenen Umwandlungs- und Neubildungsprocessen vom Perichondrium aus ge- | geben werde. Damit wurde die Matrix des Knochengewebes scharf bezeichnet. | Dieser GEGENBAUR’ sche Satz, dass alle Knochenbildung ausgehe vom | Perichondrium, und die in diesem Satze implicite enthaltene Ansicht, dass nie Knorpel direkt ossificire, muss in so fern eine Einschränkung erfahren, als zwar im Anfange die Knochenbildung ausschließlich vom | Perichondrium ausgeht, wie sie auch später fast ausschließlich von der’ Thätigkeit dieses Gewebes abhängt, dass aber daneben doch, im Ver-' laufe des Knochenwachsthums, in beschränktem Umfange Knorpelge- webe direkt übergeführt wird in persistirendes Knochengewebe, wie ich weiter unten glaube nachweisen zu können. | | Von dieser direkten Ossifikation des Knorpels hat GEGENBAUR nichts’ erwähnt. | | Eben so wenig giebt er eine eingehendere Schilderung der vom | Perichondrium ausgehenden Knochenbildungsprocesse. Er beschränkt, sich vielmehr auf eine Angabe der, abgesehen von der oben Erw ut 1 Die neuere Ausgabe konnte ich nicht erhalten. Die Histogenese (des Knochens der Teleostier. 99 Einschränkung, in ihren Hauptzügen unanfechtbaren Resultate seiner Untersuchungen, so weit er ihrer für seine vergleichend-anatomischen Erörterungen bedarf. Weitere Untersuchungen über unsere Frage sind seitdem meines Wissens nicht erschienen. Somit liegt bis jetzt keine eingehende Darstellung der Bildungs- weise der Knochensubstanz vor, welche sich auf konsequent durchge- führte, entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen stützen könnte. Es ist also auch kein sicheres Ergebnis hinsichtlich dieser Frage gewonnen; es wäre recht gut denkbar, dass die in anderen Wirbei- thierklassen (so durch Kıstscuenko bei den Anuren) nachgewiesene direkte Überführung in toto von Knorpel in Knochengewebe sich auch bei Fischen, speciell bei den Teleostiern, an irgend einem Punkte nach- weisen ließe. In der That nun gedenke ich, wie bereits erwähnt, für einen Punkt die direkte Knorpelverknöcherung nachzuweisen, gestützt auf sorgfältige Vergleichung lückenloser Schnittserien von den ver- schiedensten Stadien des betreffenden Objektes. Diese Frage speciell in dieser Hinsicht zu lösen ist von um so größerem Interesse, als an sie die zweite Frage nach der Homologie der Knochen sich anknüpft. \ Nach Köruiker (Bericht von der kgl. zoot. Anstalt zu Würzburg, 1849, p. 51; Entwicklungsgeschichte des Menschen, 1879, p. 463) bie- tet die Histogenese ein Kriterium für die Homologie der Knochen; Knochen, welche im engen Anschlusse an eine knorpelige Grundlage entstehen — (nach der neueren Fassung) —, können nur unter einan- -der, nicht aber mit solchen verglichen werden, denen eine knorpelige Grundlage mangelt. Nach Gesznsaur (l. c. Jen. Zeitschr. 1867) kann nur die anatomische Vergleichung zur Feststellung homologer Knochen führen. Hinsichtlich einer Kritik der diesbezüglichen Litteratur verweise ich auf VroLık (Stu- dien über die Verknöcherung und die Knochen des Schädels der Tele- ostier, in: Niederl. Archiv für Zool. Bd. I. 1874—1873. p. 219 ff.). Ich werde nun im Folgenden versuchen, die erste Frage nach der Histogenese der Teleostierknochen durch die Untersuchung und Dar- stellung der Entwicklung verschiedener Skeletttheile bei einer Anzahl von Arten zu beantworten. Es wird sich bei der Darlegung meiner diesbezüglichen Ergebnisse dann von selbst zeigen, in wie weit diesel- ben zur Beantwortung der zweiten Frage nach der Homologie der Knochen beitragen. | Ich habe noch Einiges über die Art und Weise meiner Untersuchung den einleitenden Worten hinzuzufügen. 7* 100 Carl Schmid-Monnard, Zur Untersuchung kamen folgende Teleostier: Von den Acanthopteri: Perca fluviatilis Lin., Lucioperca sandra Cuv., Acerina vulgaris Heckel und Kner, Cottus Gobio Lin.; Gasterosteus aculeatus Lin. Von den Anacanthini: Lota vulgaris Guv., Rhombus maximus Cuv. Von den Physostomi: Silurus Glanis Lin., Gyprinus Garpio Lin., Garas- sius vulgaris Cuv., Barbus fluviatilis Agass., Gobio fluviatilis Cuv., Rhodeus amarus Bl., Abramis Brama Lin., Alburnus lucidus Heck., Idus melanotus Heck., Squalius Gephalus Lin., Squalius Leuciscus Lin., Phoxinus laevis Agass., Chondrostoma Nasus Lin.; Thymallus _ vexillifer Heck. und Kn., Salmo salar Heck. und Kn. (vom Rhein und aus Kalifornien), Trutta fario Lin.; Esox lucius Lin.; Alosa vul- garis Cuv.; Cobitis fossilis Lin., Cobitis barbatula Lin.; Anguilla fluviatilis Heck. und Kn. Nur von den wenigsten konnte ich eine hinreichende Anzahl ver- schiedenster Stadien mir verschaffen, um an diesen die Entwicklungs- geschichte der einzelnen Skeletttheile in allen ihren Phasen zu verfolgen. Ich beschränke mich daher auf die Vorlegung einer beschränkten Anzahl von entwicklungsgeschichtlichen Darstellungen. Immerhin aber ist deren Zahl hinreichend zur Gewinnung gewisser allgemeiner Resul- tate am Schlusse meiner Abhandlung. Behufs Untersuchung der einzelnen Objekte fertigte ich vollständige Schnittserien in verschiedenen Richtungen an. Die Schnitte wurden bei starker Vergrößerung mit der Gamera gezeichnet; aus der Vergleichung der verschiedenen Stadien die Entwicklungsreihe konstruirt. Zur Gewin- nung fester Punkte berücksichtigte ich vor Allem die Nervendurchtritts- stellen im Schädel. | Mein Augenmerk richtete ich vor Allem auf die knorpelig präfor- mirten Skeletttheile des Schädels und Schultergürtels; Untersuchungen, welche ich an der Wirbelsäule anstellte, ergaben keine abweichenden Resultate. Doch verzichte ich auf eine specielle Vergleichung und Dar- legung dieser Verhältnisse, welche durch B. Grassı in einer besonderen Abhandlung beurtheilt werden und bereits im Auszug (Morphol. Jahr- buch 1882, p. 457) mitgetheilt worden sind. | Die sämmtlichen Bilder, welche ich gebe, sind mit der Camera ge- zeichnet. Hinsichtlich der in meinen Darstellungen gebrauchten Aus- | drücke bemerke ich, dass die Ortsbezeichnungen der natürlichen Stel- | lung des Fisches entsprechen. »Oben« entspricht dem Schädeldach, »unten« der Schädelbasis; mit »vorn« wird die Richtung nach der 4 Schnauzengegend zu bezeichnet. Eben so verstehen sich die Ausdrücke” | Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 101 rn VE ER SELAEE RER BEER DEIN Zn Ze Innen- und Außenfläche des Schädels leicht. Alle Figuren sind so ge- stellt, wie das Objekt im lebenden Thiere gestellt war. Die Größenangabe in CGentimetern der verschiedenen Stadien be- ‘ ziehen sich auf die Länge des ganzen Thieres von der Schnauze bis zum ‘ Ende der Schwanzflosse. 4) Knochenentwicklung am primären Schultergürtel vom kalifornischen Lachs (Salmo salar). | (Hierzu Fig. 4—8, Taf. VI.) Der primäre Schultergürtel des kalifornischen Lachses besteht aus - einer sich an die Clavicula anlehnenden Knorpelplatte und einem span- ; genartigen Knorpelbogen, welcher an seinen beiden Enden mit der | Knorpelplatte in unmittelbarer Verbindung steht »Spangenstück« GEGEN- “ zaur). Die Knochenbildung an der Knorpelplatte führt in deren oberem Theile zur Entstehung des Os scapulare, im unteren zur Entstehung des Os procoracoideum (GEGENBAUR). Das Spangenstück verknöchert unab- ! hängig von jenen beiden Össificationen. | Ich werde im Folgenden die Knochenbildung an derjenigen Stelle “ des primären Schultergürtels schildern, wo das Spangenstück in den ‘ unteren, procoracoidalen Theil der Knorpelplatte übergeht. Ich gebe ‚ meine Darstellungen an der Hand lückenloser Serien, welche quer zur ‘ Clavicula durch den Schultergürtel gelegt wurden. | Die erste Knochensubstanz zeigt sich hier bei einem Exemplar von 5,5 cm (Fig. 4) in Gestalt einer äußerst feinen, homogenen, glänzenden ' Lamelle (X). Dieselbe setzt sich (Fig. 2 X) gegen den Knorpel (C) deut- ‚lieh durch einen scharfen Kontur ab, liegt dem Knorpel aber unmittel- bar, ohne trennende Gewebsschicht, an. Ihre Außenfläche ist rauh, etwas granulirt; sie ist bedeckt von einem einschichtigen Epithel äußerst kleiner, spindelförmiger Zellen (obl), welche durch ihren stark licht- brechenden, körnigen Inhalt auffallen. Da die Knochenlamelle gegen ' den Knorpel scharf sich abgrenzt, so scheint sie nicht aus diesem her- | vorgegangen zu sein; dagegen lässt ihr eben geschildertes Verhalten auf eine Entstehung von dem Epithel (obl) aus schließen. Ich bezeichne ) daher die Zellen dieses letzteren als knochenbildende Zellen, Osteo- ‚blasten. j In einem darauf folgenden Stadium von 6,4 cm, Fig. 3, hat die Knochenlamelle K sich über den größten Theil der Oberfläche des wach- ‚ senden Spangenknorpels (Sp) ausgebreitet; an der Stelle, wo die erste ) Knochenlamelle im vorhergehenden Stadium sich zeigte, findet sich statt | des früher angrenzenden Knorpels ein Resorptionsraum (R). Gegen den ' e i 3 . ‚ Resorptionsraum (Fig. 4 R) hin grenzt sich der Knorpel (C) nicht deut- ee eg 102 Carl Schmid-Monnard, lich ab; während seine Grundsubstanz sich auflöst, scheinen die Knorpelzellen erhalten zu bleiben. Der Resorptionsraum selbst steht durch eine Lücke in der Knochenrinde mit der bindegewebigen Um- hüllung der letzteren, dem Periost, in Kontakt. Durch die Lücke dringt ein Gefäß (gef) in den Resorptionsraum. | Im nächsten mir zur Verfügung stehenden Stadium (17 cm) hat sich (Fig. 5 X) die Knochenrinde verdickt und zugleich ausgedehnt über den ganzen, nach der Clavicula (Fig. 3 cl) zu gelegenen Abschnitt des ehe- mals knorpeligen Schultergürtels. Innerhalb dieser Knochenrinde ist der größte Theil des Knorpels resorbirt worden; den Resorptionsraum “ durchsetzen Knochenbalken, welche an die äußere Knochenrinde mit breiter, deutlich konturirter Basis sich ansetzen. Einzelne Knochen- balken erstrecken sich mit ihrem Ende auch bis zum Rande des Knorpels. Die äußere Knochenrinde wächst in deutlichster Weise durch Thätigkeit der Osteoblasten, welche hier und da in die Knochengrundsubstanz mit eingelagert werden. | Es fragt sich nun erstens: was wird aus dem Knorpel? und zwei- | tens: wie entstehen die Knochenbalken im Resorptionsraum an Stelle ' des Knorpels? Beide Fragen werde ich gemeinschaftlich zu beantworten | suchen. | Die Zellhöhlen des Knorpels zeigen ein verschiedenes Verhalten. | Der eine Theil fließt unter Resorption der Knorpelgrundsubstanz zusam- men und trägt so zur Erweiterung des Resorptionsraumes bei. Die früheren Knorpelzellen kommen, da sie erhalten bleiben, in den Mark- raum zu liegen (vgl. Fig. 6—8 aus der Schnittserie vom 17 cm großen Lachs). Ein anderer Theil der Knorpelhöhlen verkalkt in seinen Wan- | dungen, zum Theil auch wird sein Lumen von Kalk erfüllt. Diese ver- | kalkten Knorpelkapseln (Fig. 6—8 c’) scheinen eine Zeit lang von der | Resorption verschont zu bleiben; auf ihnen wird echte Knochensubstanz | (K) abgelagert. Weiter entfernt vom Knorpel sind die Knochenbalken 7 wie angefressen; die Kalkkapseln sind verschwunden und an deren | Stelle Haufen kleiner Zellen getreten (Fig. 6, 7, 8 R). Auch Gefäße (gef) ' sind nachweisbar. Noch weiter vom Knorpel ab nehmen die Knochen- | balken an Dicke wieder zu; Osteoblasten (obl) zeigen (Fig. 8) alle Über- gänge zu Knochenkörperchen (k). Vergleicht man so die einzelnen | Schnitte (Fig. 6—8) der Serie unter Berücksichtigung der fraglichen | Verhältnisse, so wird es höchst wahrscheinlich, dass die verkalkten | Knorpelkapseln als Grundlage für das auf ihnen vom Markraum aus ab- | gelagerte Knochengewebe eine Zeit lang erhalten bleiben, später resor- | birt und durch neue Knochensubstanz ersetzt werden. ERS Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 103 2) Die Entwicklung des Os occipitale basilare vom kalifornischen Lachs. (Hierzu Fig. 9—17, Taf. VI.) Das Os occipitale basilare entwickelt sich bekanntermaßen an der hinteren Partie der Basis des Primordialcraniums. Dieselbe ist dadurch charakterisirt, dass sie in ihrem hinteren Theile das vordere Ende der Chorda dorsalis (Fig. 10 ch.d.) beherbergt; daher sie passend daselbst als Parachordalknorpel bezeichnet wird; ferner durch eine Vertiefung beiderseits an der inneren, dem Cavum cranii zugewandten Oberfläche zur Aufnahme des Saccus vestibuli (s.v.). Unterhalb der knorpeligen ' Schädelbasis verläuft von hinten nach vorn der Augenmuskelkanal (aml). Bei der Schilderung der Entwicklung des Os occipitale, habe ich vor Allem diejenige Stelle des Parachordalknorpels im Auge, wo sich die ‚ Vertiefung für den Saccus vestibuli befindet. Die ersten Spuren des Os occipitale basilare finde ich bei einem %,9cm großen Exemplar (Fig. 9) beiderseits von der CGhorda dorsalis (ch.d.) an der inneren und äußeren Oberfläche des Knorpels in Gestalt - von vier dünnen Knochenlamellen (X). Die beiden Knochenlamellen an - der Innenfläche des Knorpels sind von denen der Außenfläche in ihrer Anlage gänzlich getrennt. Sie sind dem Knorpel unmittelbar aufgelagert. Das histologische Bild ist ein gleiches wie bei der Knochenanlage am primären Schultergürtel (Fig. 2). a u a re u Bei einem 3,8cm großen Exemplar zeigten sich auf dem Querschnitt (Fig. 10) keine merklichen Veränderungen außer einer unbedeutenden Diekenzunahme der vier Knochenlamellen und einer Vermehrung der Elemente des Periosts und Perichondriums. Schon der nächste Schnitt (Fig. AA) zeigt ein Übergreifen der oberen zwei Knochenlamellen (X) auf die dem Saccus vestibuli zugewandte Seite des Parachordalknorpels. Weiterhin zeigt sich eine Wucherung der zelligen Elemente des Perichondriums gegen die freie Oberfläche des Knorpels und eine Re- sorption der Grundsubstanz des letzteren (Fig 11 R, Fig. 12). Auf den weiteren Schnitten dieser Serie ist das Ausbreiten dieser _ Resorptionserscheinungen über den größten Theil der dem Saccus vesti- buli zugewandten Knorpeloberfläche zu konstatiren. Gefäße konnte ich nirgends erkennen. Die Processe der Knochenneubildung und der Knorpelresorption | haben bei einem 5 cm großen Exemplar (Fig. 13—15) größeren Umfang gewonnen. Anlangend die Knochenneubildung, bemerke ich, dass die ; dem Augenmuskelkanal zu gelegenen unteren ne hönlawelles sich be- ' deutend verdickt haben. Die neu aufgelagerten Knochenschichten 104 Carl Schmid-Monnard, (Fig. 14 K’) sind deutlich konturirt gegen die erstentstandene Knochen- lamelle pX; an ihrer Oberfläche geht die Knochengrundsuhstanz ohne scharfe Grenze in kompaktes Bindegewebe (Bg) über. Dieses letztere scheint somit theilweise direkt zu verknöchern ; Zellen wurden in ihm höchst selten deutlich. Auf der anderen Seite des Parachordalknorpels, gegen den Saccus vestibuli zu, hat sich beiderseits eine Knochenlamelle (Fig. 13, 15 K) ausgebreitet, deren obere Anfänge bereits im vorher- gehenden Stadium (Fig. 11 X) angedeutet waren. Die Knochenlamelle liegt dem Knorpel (Fig. 13, 15 C) nur stellenweise an; zwischen diesen Berührungspunkten von Knochen und Knorpel finden sich Resorptions- räume des Knorpels (R). Beim Zerfall der Knorpelgrundsubstanz (Fig. 1%) kommen die Knorpelzellen (c) allmählich in den Resorptionsraum (R) zu liegen. Die Resorptionsräume öffnen sich nach außen durch verschiedene Lücken der oberflächlichen Knochenrinde; durch diese Öffnungen hin- durch vermitteln Züge von Bindegewebe die Verbindung des Periosts mit dem Inhalt der Resorptionsräume. Im nächsten Stadium, das ich schnitt, bei einem 6,1cm großen Exemplar, hat die Resorption an manchen Stellen den gesammten Knorpel innerhalb der Knochenrinde verzehrt; an anderen Stellen (Fig. 16) sind noch geringe Reste des Knorpels (C) erhalten, jedoch mit allen Spuren des Zerfalls. | Den Inhalt des Resorptionsraumes (Markraumes) bilden dünne Knochenbalken, dicht von Osteoblasten (Fig. 17 obl) besetzt; ferner frühere Knorpelzellen (c) von blass körnigem Aussehen, und stark licht- brechende Zellen, welche vielleicht den hier und da auftretenden Ge- fäßen entstammen. | Es bleibt die Frage noch zu beantworten: Woher stammen die Osteoblasten, denen die im Markraum neugebildeten Knochenbälkchen | ihre Entstehung verdanken? — Es wurde bereits oben hervorgehoben, ' dass Züge des Periosts in die Markräume hineinziehen. Sie reichen bis nahe an die jungen Knochenbalken heran. Es liegt somit sehr nahe, die | Osteoblasten als Eindringlinge vom äußeren Periost her zu betrachten. Andrerseits aber legen die Bilder in sehr vielen Fällen dem Beobachter | die Meinung nahe, als seien diese Osteoblasten theilweise auch Ab- kömmlinge der Knorpelzellen. Besonders ist dies der Fall, wo der junge | Knochenbalken dicht am Resorptionsrande des Knorpels gelegen ist | (Fig. 47). Eine definitive Entscheidung ist indess an diesem Objekt | nicht möglich; es ist hier der individuellen Anschauung Freiheit ge- | geben. | Auf die eben beschriebene Weise schwindet allmählich der ge- sammte Parachordalknorpel. An seiner Stelle findet sich endlich, beim | Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 105 44,5cm großen Lachs, ein einheitlich zusammenhängendes, knöchernes Skelettstück, welches die noch sichtbare Chorda allseitig dicht um- schließt: 3) Die Entwicklung des Os oceipitale externum (epioticum) beim kalifornischen Lachs. (Hierzu Fig. 18—21, Taf. VI und Fig. 22—27, Taf. VII.) Das Os occipitale externum entwickelt sich am oberen, hinteren Abschnitt der knorpeligen Ohrkapsel. Auf Querschnitten erscheint die äußere Wandung der Ohrkapsel in ' Gestalt eines Henkels, welcher der übrigen, das Cavum cranii (Fig. 18 cav.cr.) unmittelbar begrenzenden breiten Knorpelmasse ansitzt. Ich werde der Kürze halber jene Außenwand der Ohrkapsel als »henkel- förmige« Wandung bezeichnen (Fig. 18 RW). Sie begrenzt von oben, ‚ seitlich-außen, und von unten her ein Lumen, in welchem die hintere ‚ Partie des Canalis semicircularis posterior liegt (Fig. 18, 19; Fig. 21, 23 c.5.2.). Die Anlage des Occipitale ext. finde ich zuerst bei einem 5 cm großen ‚ Exemplar in Gestalt zweier, der Außen- und Innenfläche des henkel- , förmigen Knorpels unmittelbar aufgelagerter homogener Knochenlamellen (Fig. 18 K). Beide Knochenlamellen sind auf etwa 5 Schnitten zu ver- ' folgen; überall sind sie getrennt von einander durch den Knorpel, dem sie auflagern. Ihr feineres histologisches Verhalten ist das gleiche wie das der ersten Knochenlamelle im Occ. bas. (vgl. auch Fig. 2 K). Ich ' werde diese erstentstandenen Lamellen aus einem später zu erwähnen- den Grunde mit einem besonderen Namen als »primäre« bezeichnen. In einem weiteren Stadium (6,1 cm großes Exemplar) (Fig. 19) ist der Knorpel etwas stärker geworden. Die an seiner Außenseite gelegene " Knochenlamelle zeigt keine wesentlichen Veränderungen gegen früher; dagegen ist die innere nach dem Can. sem. post. (*) zu gelegene Knochen- ' Jamelle durch Knochenvorsprünge bedeutend verdickt. Bei stärkerer ' Vergrößerung (Fig. 20) zeigt sich die Oberfläche dieser neu aufgelagerten " Knochensubstanz mit zahlreichen, elliptischen, kleinen Zellen besetzt, | Osteoblasten (obl). Besonders hervorzuheben aber ist die Erscheinung, ) dass die neu hinzugekommene Knochensubstanz sich deutlich durch ‚ einen Kontur abhebt von der unverändert gebliebenen primären La- ' melle (pK), ein Verhalten, wie ich es am Occ. bas. (Fig. 14 pK) be- / reits andeutete. Diese deutliche Grenze zwischen primärer Knochen- lamelle und später aufgelagerter Knochensubstanz erhält sich, wie sich ‚ deutlich zeigen lässt (Fig. 26), das ganze Leben hindurch (sofern nicht ' Resorption der gesammten Knochensubstanz eintritt). Dies ist der 106 Carl Schmid-Monnard, Grund, aus welchem zunächst ich der primären Knochenlamelle ihren besonderen Namen gab. Es wird am Ende der Abhandlung noch zu untersuchen sein, ob dieser Besonderheit nicht noch eine tiefere Be- deutung zu Grunde liege. | Ich gehe gleich über zur Schilderung der Verhältnisse, wie sie sich bei einem 14,5 cm großen Exemplar gestaltet haben. Dieselben sind in der ganzen Schnittserie im Verlaufe des Ganalis semicire. posterior (c.s.p.), welchen die henkelförmige Wandung umschließt, einander gleich. Ich begnüge mich daher zur Erläuterung meiner Worte mit der Ab- bildung eines einzigen Schnittes (Fig. 21). Die primären Knochenlamellen haben sich an der Oberfläche des Knorpels etwas verlängert; die ihnen aufgelagerte Knochensubstanz hat an Dicke etwas zugenommen. Neu aufgetreten finden wir einen Re- sorptionsraum (R) an Stelle des Knorpels, da, wo die erste Knochen- bildung stattfand. Seinen Inhalt bilden Bindegewebs- und fettig dege- nerirte Zellen; an einer Stelle ist er von zwei Knochenbalken durch- zogen. In seinem oberen Theile grenzt der Resorptionsraum an unver- kalkten Knorpel; am unteren Rande des Resorptionsraumes ist der Knorpel oberflächlich verkalkt, wie ich durch dunkle Linien anzudeuten versuchte. Auf eine bei stärkerer Vergrößerung gezeichnete bildliche Darstellung dieses Punktes verzichte ich, da die gleichen Erscheinungen im folgenden Stadium sich genau so wiederholen, von dem ich hin- reichende Abbildungen gebe. Die Serie des nächsten Stadiums (47 cm) zeigt bei schwacher Ver- größerung (Fig. 22—24) Ausdehnung der Knorpelresorption (R) fast | über das ganze frühere Gebiet des henkelförmigen Knorpels; stellen- weise sehr weitgehende Verkalkung des Knorpels (C’) in der Nähe des Resorptionsrandes und Bildung von Knochenbalken (Fig. 23, 24 K) im Resorptionsraum (Markraum). Außerdem zeigt sich (Fig. 23) das Ver- | schwinden eines Theiles der inneren, gegen den Can. sem. post. (c.s.p.) zu liegenden Knochenlamellen, die noch im vorhergehenden Stadium vorhanden waren. Die der Serie entnommenen Abbildungen Fig. 22— 24, aus denen die rasche Breitenabnahme des ehemaligen Knorpelbe- zirks der henkelförmigen Wandung in der Serie ersichtlich ist, stellen | diese Verhältnisse im Groben dar. Ich habe jetzt zu erläutern: Erstens, das Verhalten des Knorpeks bei der Erweiterung des Re- | sorptionsraumes; zweitens, die Entstehung von Knochenbalken im Resorptionsraum. Im Nrisphlusse hieran werde ich mit einigen Worten besprechen | | Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 407 als dritten Punkt das Verschwinden eines Theiles der Knochenlamelle, welche das den häutigen Can. semicirc. post. enthaltende Lumen begrenzt. Die beiden ersten Punkte werde ich gemeinschaftlich klar stellen, durch Schilderung einer Stelle, an welcher successive an Stelle des hyalinen Knorpels verkalkter Knorpel, und an dessen Stelle: Knochen- substanz in näher zu beschreibender Weise auftritt. Nachdem in der betreffenden Region in einem Schnitte, den ich als ersten bezeichnen will (Fig. 22), der Knorpel (C) in großem Umfange noch intakt sich gezeigt hatte, wenn auch ein Theil seiner Intercellular- substanz netzförmig verkalkt war (Fig. 22 0’; vgl. auch Fig. 25), trat (Fig. 25) im zweiten Schnitte an der Stelle zwischen verkalktem (C’) und hyalinem (C) Knorpel ein Resorptionsraum (R) auf. Dieser Resorptions- raum grenzt an den verkalkten wie an den unverkalkten Knorpel; die ihm anliegenden Knorpelhöhlen ragen aufgebrochen in ihn hinein, und die unversehrt bleibenden Knorpelzellen (c) stehen in unmittelbarer Ver- bindung mit dem zelligen Gewebe des Resorptionsraumes. Auf den nächsten Schnitten hat der Resorptionsraum an Umfang zu- genommen; die histologischen Bilder sind die gleichen wie in Fig. 25. Verkalkter und hyaliner Knorpel werden in gleicher Weise einge- schmolzen; die frei werdenden Knorpelzellen kommen in den Resorpti- onsraum zu liegen. In den nächstfolgenden Schnitten (Fig. 26) zeigen sich die ersten _ Spuren neugebildeter Knochensubstanz (K) im Resorptionsraum. Diese erscheinen in Gestalt unregelmäßig ausgebuchteter Knochenla- mellen (X), welche stellenweise der Oberfläche der Reste verkalkten (C’) oder unverkalkten (C) Knorpels unmittelbar auflagern. Woher ent- stehen diese Knochenlamellen? — Gegen ihre Entstehung aus den Resten ' des Knorpels im Resorptionsraum liegen gewichtige Gründe vor. Ein- ‚ mal grenzen sich die Knochenlamellen in allen Fällen scharf ab gegen | den unterliegenden Knorpel. Zum andern zeigt dieser Knorpel da, wo ‚ er noch nicht von Knochensubstanz oberflächlich überzogen ist und mit seiner Oberfläche noch direkt den Resorptionsraum begrenzt, alle | Zeichen der Resorption, wie ich sie oben (Fig. 25) beschrieben habe (vgl. Fig. 26 C’ und ec’). Der Knorpel wird also hier zerstört und wird | | | | | nicht in Knochen umgewandelt. | Die Knochenlamellen müssen somit einem anderen Gewebe ihre Entstehung verdanken. Als solches ist die peripherische Zellenschicht ' des den Resorptionsraum (Markraum) füllenden »Markgewebes« anzu- "sehen. Zellen dieser Schicht (Fig. 26 0bl) liegen dem Knochen dicht an, | wenn auch nicht in ununterbrochener Reihe. Einzelne dieser als Osteo- | blasten zu bezeichnenden Zellen sind bereits halb oder fast ganz von 108 | Carl Schmid-Monnard, Knochengrundsubstanz umschlossen und stellen so Übergangsformen dar zwischen den peripherisch gelegenen Osteoblasten und den mitten in der Knochengrundsubstanz liegenden Knochenkörperchen %. Diese Osteoblasten mit ihren Übergängen zu Knochenkörperchen, finden sich an den Wachsthumsflächen aller den Markraum durchziehen- den Knochenbalken (Fig. 27). Nirgends dagegen finden sich in diesen letzteren, wenn sie etwas weiter vom Knorpel abliegen, Reste von | Knorpel, welche sich doch durch Färbung oder das Vorhandensein der | charakteristisch gestalteten und angeordneten Knorpelzellen nachweisen lassen müssten. Da außerdem sich oben gezeigt hatte, dass sämmtliche Knorpelreste im Resorpiionsraume Resorptionserscheinungen zeigten, so ist es als sicher gestellt zu betrachten, dass hier verkalkte Knorpel- grundsubstanz nie in echtes Knochengewebe übergeführt wird. Alle Knochenbildung geht von den Osteoblasten aus. Über den Ursprung dieser Osteoblasten lassen sich nur Ver- muthungen äußern. Die Osteoblasten sind membranlose Zellen mit rundem Kern, der in einem unregelmäßig gestalteten Protoplasma- klumpen eingebettet ist. Sie ähneln am meisten denjenigen Zellen. welche im Markraum in dichten, regellosen Komplexen gelegen sind, Auch beobachtete ich mehrfach einfache oder doppelte Zellstränge, welche, von diesen Komplexen aus, an die mit Osteoblasten besetzten Knochen- halken sich hinziehen. Diese Zellkomplexe dringen vom Periost aus in Zügen in den Markraum, so weit man aus Bildern schließen darf. Man hat im Resorptionsraum des Knorpels und an Bildungsstellen von Knochenbalken vielfach Gefäße nachgewiesen; auch hier sind solche vorhanden. Man hat für andere Wirbelthierabtheilungen die Osteo- blasten als durch diese Gefäße herbeigeschafftes Bildungsmaterial an- ' gesehen. An diesem Objekt aber enthielten die Gefäße stets nur mit deutlicher Membran versehene, ungemein kenntliche rothe Blutkörper- | chen, welche deutlich von den membranlosen Osteoblasten zu unter- scheiden waren. Es mag genügen, auf den Zusammenhang der Osteoblasten durch Zellenzüge mit dem Periost hingewiesen zu haben. Ich wende mich zum dritten Punkte, dem Verschwinden eines | Theiles der Knochenlamellen, welche, ursprünglich der Innenseite des | henkelförmigen Knorpels auflagernd, das Lumen begrenzten, welches | den häutigen Can. semicire. post. enthält (vgl. Fig. 18, 19,21 mit Fig. 23). | Ein künstliches Ausfallen der Knochenrinde an dieser Stelle ist nicht anzunehmen. Erstens ist es sehr erschwert durch die angewandte Me- | thode, das Objekt vor dem Schneiden mit Kollodium zu bestreichen ; dann | aber deutet das Fehlen der Knochenrinde in immer größerer Ausdehnung | 8 27 A Pl ae Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 109 successive in der Serie auf ein natürliches Verhalten hin, und endlich finden sich an der Stelle, wo die Knochenlamelle in früheren Stadien lag, Züge von Bindegewebe und Blutgefäßen, und keine künstliche Lücke. Die Resorption der betreffenden Knochenlamelle ist also sicher erwiesen. Durch dieselbe wird eine Erweiterung des den häutigen Can. sem. post. enthaltenden Lumens bewirkt; Anzeichen einer Knorpelresorption an der entgegengesetzten Seite dieses Lumens, durch welche ein gleiches Ziel erreicht wird, finden sich gleichfalls im eben beschriebenen Stadium (Pig. 23). Der Zweck dieser Erscheinungen an diesem Punkte wird darin zu suchen sein, dem allmählich an Masse bedeutend zunehmenden häutigen halbeirkelförmigen Kanal Raum zu schaffen. 4) Die Entwicklung des Os squamosum beim kalifornischen Lachs. (Hierzu Fig. 28—32, Taf. VII.) Das Os squamosum (GEGENBAUR) ist bekanntlich derjenige Knochen, welcher beim Lachs, und noch mehr beim Hecht, neben dem Postfron- tale den Hauptantheil hat an der Bildung der Gelenkfläche für das Hyo- mandibulare. Außer dieser Lagebeziehung ist das Squamosum eben so bekanntermaßen charakterisirt durch den Schleimkanal, welcher das Squamosum der Länge nach durchzieht und die Fortsetzung der Rumpf- seitenlinie am Kopfe des Lachses darstellt. Ich gehe des Näheren auf - die Bildung dieses Knochens ein. Bei den mir zu Gebote stehenden Lachsexemplaren zeigte sich mir ‚die erste Anlage des Knochens bei einem 2,9 cm großen Individuum. ‚ Dieselbe erscheint (Fig. 28 sg) auf Querschnitten in Gestalt einer geraden ' Knochenlamelle, welche die Basis des Schleimkanales (sk) bildet, und zwei | kurzen Armen, welche senkrecht oder im Bogen von der Basis sich er- ‚heben, zur seitlichen Umschließung des Schleimkanales. Außer dieser ‚ Anlage des Squamosum sind an der äußeren wie der inneren Oberfläche ‚ des den Canalis semicircularis externus (c.s.e.) umschließenden Knorpels ‚ einige äußerst dünne Knochenlamellen (K, K') zu bemerken. Zwischen ‚ der Anlage des Squamosum und diesen dünnen Knochenlamellen be- ' steht aber ein Unterschied. Während diese der Oberfläche des Knorpels ' unmittelbar aufgelagert sind und nur durch einen Kontur von ihr sich | abheben, ist jene vom Knorpel durch eine dünne Bindegewebsschicht ‚getrennt. Bei starker Vergrößerung und bei genauer Einstellung bemerkt man selbst an den Stellen (Fig. 29), wo das Squamosum der Knorpel- oberfläche dicht sich anschmiegt, dunkle, spindelförmige, sehr kleine ‚Körper, die als Bindegewebszellen aufzufassen sind. Schnitte, unmittel- 1a Gar! Schmid-Monnard, bar vor wie nach dem Schnitt Fig. 29 gelegen, in denen künstlich ein Theil der Basis des Squamosum von der Knorpeloberfläche sich abge- hoben hat (Fig. 30), stellen die Richtigkeit dieser Beobachtung außer alle Frage. An solchen künstlichen Trennungsstellen ist dann die dünne Bindegewebslage (z) zwischen Knorpel und Knochen deutlich zu sehen. Diese einfache Lage nun von Bindegewebszellen ist auf allen Schnitten | | der Querschnittserie, in denen das Squamosum dem Schädelknorpel dicht anliegt, mit Sicherheit nachzuweisen. Schmale, spindelförmige | Bindegewebszellen bedecken auch die übrige gesammte Oberfläche der Knochenanlage. In ihrem hinteren Theile hebt sich die letztere mit dem | | 'Schleimkanal endlich ganz von der Knorpeloberfläche ab und wird dann allseitig durch stärkere Lagen trennenden Gewebes umgrenzt. Es ent- © steht also das Squamosum, histologisch gesprochen, gänzlich unab- Ä | hängig vom Knorpel in bindegewebiger Grundlage. Ä Bei einem 5 cm großen Exemplar fällt zunächst ein allmähliches | Schwinden des Knorpels im Bereiche der an seiner Außenfläche aufge- lagerten, ansehnlich verdickten Knochenlamelle auf (Fig. 31 K). Die Knochenlamelle X’, welche (Fig. 28) die innere Wand des Knorpels be- deckte, ist mit dem Knorpel verschwunden; ihre Enden (bei Fig. 31 K’) | ragen etwas über den Resorptionsrand (R) des Knorpels (C) hervor. Die Auflösung des Knorpels gewinnt rasch an Umfang in den weiteren Schnitten. Einzelne Stellen des Resorptionsrandes sind verkalkt; und während hier der Knorpel vorläufig intakt bleibt, schreitet die Resorption © durch die Lücken unverkalkter Knorpelsubstanz ins Innere vor. | Das Squamosum hat im Allgemeinen eine gleiche Lagebeziehung zum Knorpel in diesem Stadium wie im vorhergehenden. Auf den mei- sten Schnitten ist zwischen ihm und dem Knorpel eine Schicht etwas | größerer Bindegewebszellen deutlich (Fig. 34 z); an anderen Schnitten | hingegen lässt sich eine solche nicht überall auch nur in Andeutungen © nachweisen. | Im nächsten Stadium (6,1 cm) ist die trennende ‚Gewebsschicht zwischen Squamosum und Knorpel nicht an allen Punkten mehr nach-| weisbar. Eben so erscheint das Squamosum mit der von ihm theilweise| bedeckten Knochenwand, welche (vgl. Fig. 31 K des vorigen Stadiums) die äußere, seitliche Wandung des den Can. sem. ext. enthaltenden! Lumens bildet, an einzelnen Stellen enge verbunden. Die Gestalt des’ Squamosum ist im Allgemeinen noch dieselbe wie früher; Entstehung‘ von Vorsprüngen und Verlängerung der basalen Lamelle machen den Knochen zu einem ansehnlicheren. | Im nächsten, mir zur Verfügung stehenden Stadium von 14,5 cm (Fig. 32) ist der Knorpel, welcher das den Can. sem. ext. enthaltende -Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 111 Lumen früher umschloss, weithin verschwunden. An seine Stelle ist ein spongiöses Gerüst von Knochenbalken getreten, welche zum großen Theile Verlängerungen des Squamosum sind. Das Wichtigste im Ver- halten dieser Knochenbalken des Squamosum ist, dass sie theilweise der intakten Oberfläche des Knorpels unmittelbar auflagern, ohne tren- nende Gewebsschicht. Mit dem Fortschreiten der Resorption des theil- weise netzförmig verkalkten, theilweise hyalinen Knorpels wachsen auch diese Knochenbalken unmittelbar an der intakten Oberfläche des Knor- pels, durch Thätigkeit des Perichondriums; andere setzen sich in der, in der vorhergehenden Darstellung beschriebenen Weise an Stelle des schwindenden Knorpels im Resorptionsraum, wie ich mich durch ge- naue Vergleichung dieser Serie mit der von einem A7 cm großen Exem- plar aufs bestimmteste überzeugt habe. Es bietet also das Squamosum des kalifornischen Lachses das Bei- spiel eines Knochens dar, welcher in bindegewebiger Grundlage ent- standen, eng sich dem Schädelknorpel anlagert, an dessen Oberfläche im Verlaufe seines Wachsthums auf Kosten des Perichondriums weiter wächst, endlich den unter ihm liegenden Knorpel zum Schwinden bringt und so im weiteren Verlaufe seiner Bildung alle Erscheinungen zeigt, durch welche das Wachsthum der unmittelbar auf der Oberfläche des Knorpels angelegten Knochen (Epioticum etc.) charakterisirt wird. Was dieser Vorgang für oder gegen gewisse Theorien beweist, werde ich weiter unten darzulegen Gelegenheit finden. Auf die histologischen Einzelheiten der Knochenwachsthumserschei- nungen bin ich in dieser Darstellung nicht eingegangen, da dieselben sich eben so vollziehen, wie ich sie in den vorhergehenden Abschnitten für den Lachs ausführlich dargestellt habe. 5) Die Entwicklung des Os oceipitale basilare vom Hecht (Esox lucius Lin.). (Hierzu Fig. 33—40, Taf. VII.) Für die Darstellung von der Bildung der Knochensubstanz des Oc- _ eipitale basilare wähle ich die vordere Region des Basioccipitalknorpels, ' wo derselbe den Augenmuskelkanal von oben her und beiderseits be- ' grenzt, da hier eine Reihe von Erscheinungen zu beobachten ist, welche ı charakteristisch sind für den Verknöcherungsmodus fast aller Hecht- | knochen. | In jener erwähnten Region ist bei einem 20 cm großen Exemplar | (Fig. 33) die gesammte untere Fläche des Basioccipitalknorpels von einer | überall gleich dicken, homogenen Knochenlamelle (pK) überzogen, welche dem Knorpel (©) unmittelbar auflagert, jedoch durch einen deut- 112 Carl Schmid-Monnard, lichen Kontur sich gegen ihn abgrenzt. Diese homogene Knochenlamelle ist, außer im Augenmuskelkanal (Fig. 33 amk), überlagert an ihrer Außenfläche von radiär gegen den Augenmuskelkanal konvergirenden zinkenartigen, dünnen, spitzen Knochenbalken, welche durch schmale Querbrücken unter einander verbunden, jenen Kanal von unten her be- grenzen. Es sind dies die jungen Knochenbalken des Occipitale basi- lare (o.b.), welche durch eine Zackennaht mit dem Parasphenoid (ps) verbunden sind. Die jungen Knochenbalken sind in ziemlich gleichen Abständen durchsetzt von anscheinend unverkalkten Bindegewebsfasern (Fig. 34 Sh). Diese verlaufen einerseits bis an die dem Knorpel aufliegende homogene | Knochenlamelle (pK), andererseits ragen sie über den Rand der Knochen- balken hinaus. | Bei einem 43cm großen Exemplar (Fig. 35) ist die gesammte Außenfläche der homogenen Lamelle, auch in dem vorher von Muskeln durchsetzten Kanal, von Knochenbalken überlagert. Die zinkenförmig | in das Parasphenoid eingreifenden Knochenbalken haben, verglichen mit | dem vorigen Stadium, sich bedeutend vergrößert. Es sind zwei Haupt- | wachsthumsrichtungen zu konstatiren, welche bedingt sind durch An- | satz von Knochensubstanz an gewisse Stellen der Oberfläche der Knochen- | balken. Das Wachsthum in der Richtung gegen das Parasphenoid und die bereits erwähnte Zackennaht hin bezeichne ich als Längenwachs- | thum der Knochenbalken; als Dickenwachsthum bezeichne ich den | Knochenauflagerungsprocess, welcher senkrecht zur Längenwachsthums- | richtung fortschreitet, in der Richtung gegen das Lumen der zwischen | den Knochenbalken befindlichen Hohlräume zu. | Ich schildere zunächst den Längenwachsthumsprocess. Derselbe | wird bewirkt hauptsächlich durch Auflagerung von Knochensubstanz an | den in die Zackennaht gegen das Parasphenoid hin eingreifenden Enden der Knochenbalken. Ich bilde in Fig. 36 eine solche Zuwachsstelle ab. | Das Gewebe der Zackennaht besteht vorwiegend aus stark glänzenden | homogenen Bindegewebsbündeln (Fig. 36 By’), mit Übergängen in | lockeres, fein fibrilläres Bindegewebe (Bg). Von diesen Bindegewebs- | bündeln (Bg’) gehen in gleichen Abständen Faserzüge (Sh) in den Knochen (K) hinein, senkrecht zum Verknöcherungsrand. Es sind Fort- | setzungen derselben Fasern, welche ich bereits aus dem vorher ge-| schilderten Stadium Fig. 34 erwähnt hatte. In Fig. 36 ragen sie über | den künstlich erzeugten Schnittrand hervor. | Das zweite Element, welches im Zackennahtgewebe sich findet, sind | Bindegewebszellen. Unter diesen verdienen die am Verknöcherungs- | rande des Knochens gelegenen unsere besondere Aufmerksamkeit. Sie’ ai 0 m Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 113 zeichnen sich (Fig. 36 obl) aus durch Größe, stark lichtbrechenden, körneligen Inhalt, besonders gegen den Knochen zu, und ihre zuweilen polyedrische Form. Sie liegen zwischen den Eintrittsstellen der Fasern in den Knochen. Der Verknöcherungsrand selbst erscheint bei schwacher Ver- größerung als ein schmaler glänzender Saum an der Peripherie des Knochens. Bei starker Vergrößerung zeigt sich dieser Saum zusammen- gesetzt aus stark lichtbrechenden Kalkkörnchen, die gegen den bereits fertigen Knochen hin allmählich mit einander zu homogener Knochen- grundsubstanz verschmelzen. Ich sehe nach diesen Befunden die Zellen am Verknöcherungsrande als Osteoblasten an; die Faserzüge als ein den SHARPEY'schen oder durchbohrenden Fasern im Säugethierknochen ent- sprechendes Stützgerüst für die abzulagernde Knochensubstanz. Dass diese Fasern in ganz besonders ergiebiger Anzahl in die Knochengrund- substanz mit eingeschlossen werden an Punkten, an denen starke Zug- kräfte arbeiten, ist für ihre Auffassung hier zunächst gleichgültig. Ich will nicht unterlassen noch zu bemerken, dass eine Einlagerung von Östeoblasten in die von ihnen ausgeschiedene Knochensubstanz zu- ‚ weilen vorkommt, aber unregelmäßig und verhältnismäßig selten. Ich komme auf diesen Punkt am Schlusse der Abhandlung zurück. Durch den soeben im Einzelnen geschilderten Längenwachsthums- process wachsen die Knochenbalken des Occipitale basilare, wie bereits oben erwähnt, vornehmlich gegen das Parasphenoid hin; theilweise - auch verbinden sie sich seitlich unter einander durch schmale, knöcherne Querbrücken. Bei diesen Wachsthumsvorgängen werden Hohlräume von den ' Knochenbalken umschlossen. Diese Hohlräume enthalten meistens zelligees Bindegewebe und Gefäße; sie sind ihrer Funktion nach als ' Havers’sche Räume oder Havers’sche Kanäle (Fig. 35 HC) aufzufassen ‚und den eben so benannten Gebilden im Vogel- und Säugethierknochen | als gleichwerthig zu betrachten. Ich gehe zur Darstellung des Dickenwachsthums der betreffenden | Knochenbalken über. Die Dickenzunahme scheint vor Allem zu erfolgen ' durch Auflagerung neuer Knochensubstanz auf die bereits vorhandenen | Knochenbalken von den zwischen den Knochenbalken hinziehenden Er- "nährungskanälen (Havzrs’schen Kanälen Fig. 35, 37 HC) aus. Man kann | diese Neuauflagerungen füglich als Havers’ sche Lamelien bezeichnen (Fig. 35, 37 HL)1. Von dem früher gebildeten und durch die Suarpky- ‚ schen BE em charakterisirten Knochen (Fig. 35, 37 K) heben sie sich 1 In Fig. 37 sind die Havzrs’schen Lamellen hell, in Fig. 35 dunkel gehalten, | was ich zu entschuldigen bitte. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 8 114 Carl Schmid-Monnard, stets deutlich durch einen Kontur ab; beim Schneiden trennen sie sich sogar zuweilen von ihrer Unterlage. Sie finden sich von besonderer Dicke in der Nähe des Basioceipitalknorpels (vgl. Fig. 35 HL), wo die Knochenbildung begann; gegen die Zackennaht hin fehlen sie ganz. Ihre Substanz (vgl. Fig. 37 HL) ist durchaus homogen, enthält fast nie faserige Elemente, welche ja auch in den Havers’schen Kanälen (HC) meist fehlen, und nur selten Knochenkörperchen. Die Außenschicht der Havers’schen Lamellen ist vielfach senkrecht zur Oberfläche gestreift (vgl. Fig. 37 bei obl). Die Oberfläche ist bedeckt von ununterbrochenen Reihen meist cylindrischer Zellen mit deutlichem runden Kern (obl). Diese Zellen sind anscheinend membranlos; von der Knochengrundsubstanz meist deutlich abgesetzt. Ich betrachte diese Zellen als Osteoblasten. Jeder derselben scheidet im Bezirk seiner Berührungsfläche mit dem Knochen neue Knochengrundsubstanz aus, ein Process, mit dem das Auftreten der erwähnten senkrecht zum Knochenrande verlaufenden Streifen zu- sammenhängen mag. | | Ich habe im Vorstehenden die Knochenbildung an der Unterseite des Basioceipitalknorpels, so weit mein Material es erlaubte, darzustellen ver- | sucht. Ich muss nun erwähnen, dass völlig getrennt von dem Knochen an der Unterseite, auch über dem Basioccipitalknorpel, an dessen nach dem CGavum cranii zugewandter Fläche, ein Netz von Knochenbalken entsteht und wächst. Ich erläutere kurz das etwas eigenartige Verhalten | dieser letzterwähnten Knochenbalken. | Bei einem 7 cm großen Exemplar fehlt hier noch jedes Knochenge- bilde. Bei dem nächstgroßen mir zur Verfügung stehenden Exemplar (20 cm) sitzen einer schmalen, homogenen, dem Knorpel unmittelbar | aufgelagerten Knochenlamelle zarte, vielfach ausgezackte Knochenbälk- ‚ chen auf (Fig. 33 0.b’.). Bei stärkerer Vergrößerung (Fig. 38) zeigen die Knochenbalken (X) eine fein gefaserte Grundsubstanz, der die SuarrEy- | schen Fasern in ihrer typischen Anordnung fehlen. Dagegen sind zahl- | reich in ihr Knochenkörperchen (k) vorhanden. Die feine Faserung der | Grundsubstanz rührt wahrscheinlich von verkalkten Fortsätzen der um- | gebenden Bindegewebsfibrillen her. Die Knochenkörperchen entstehen | durch Einlagerung der besonders an den Enden der Knochenbalken | zahlreichen Osteoblasten (obl) in die Knochengrundsubstanz ; zwischen | beiden sind alle Übergänge vorhanden. | Bei einem A3 cm großen Exemplar sind die Kiochahialken bedeu- | tend stärker geworden (Fig. 35 o.b’., Fig. 39); in ihrem Inneren zeigen sie | noch die frühere Struktur, Knöchenkiinnenchen (Fig. 39 k) in Be er " scheinender Gerda derselben aber außerdem aufgelagert di dicke | | u u nr er De U ce a ee ee z = Die Histogenese des Knochens der Teleostier. | 115 - Außenschichten homogener Knochensubstanz (HL), von gleichem Aus- sehen wie die oben beschriebenen Havers’schen Lamellen. Bemerkens- ) werth ist noch der Umstand, dass an verschiedenen Stellen die Struktur ' der Knochenbalken ganz willkürlich unterbrochen scheint, und die Bal- | ken plötzlich abbrechend an solchen Stellen von einem körnigen Detritus ' begrenzt werden (R). Ich betrachte diese Stellen als Resorptionsflächen. Die Knochenbildung am Basioccipitalknorpel findet jederzeit außer- | halb desselben statt. Der Knorpel selbst wird nur wenig in Mitleiden- schaft gezogen, indem er unter der oberflächlichen Knochenschicht ver- kalkt (Fig. 34 c’, Fig. 40. C’,c’). Obwohl die verkalkende Zone allmählich Zellen in homogener Grundsubstanz (Fig. 40) bei älteren Thieren zeigt, | so lässt diese Schicht sich doch nicht so ohne Weiteres als fertige Knochen- substanz, wie sie durch Osteoblasten gebildet wird, bezeichnen. Neben anderen Bedenken veranlasst mich vor Allem die an verschiedenen Punk- ten im Hechtschädel (mit Ausnahme einer hierauf nicht zu beziehenden \ Stelle) gemachte Beobachtung, dass der homogen verkalkte Knorpel nach einer gewissen Zeit für sich wieder resorbirt wird, diese Schicht nicht - als echten Knochen zu bezeichnen. Ich will noch erwähnen, dass bei älteren Thieren Kanäle im Basi- F occipitalknorpel (Fig. 40 R) auftreten, an deren Wänden Knochengrund- ' substanz (K') abgelagert wird. Um den Gang der Darstellung nicht zu stören, habe ich einen Punkt / nicht erörtert, welcher bei der Vergleichung der verschiedenen Stadien auffällt. Ich hole dies jetzt nach. Dieser Punkt betrifft das Auftreten von Knochenbalken im Augen-. ' muskelkanal bei einem 43 cm großen Exemplar an einer Stelle, wo der Kanal bei einem 23 cm großen Exemplar zwar von einer dünnen Knochen- lamelle ausgekleidet, in seinem Lumen aber noch von Muskelzügen er- ' füllt war (vgl. Fig. 35 mit Fig. 33 amk). Die Vergleichung der drei mir zu Gebote stehenden Querschnittserien durch den Augenmuskelkanal giebt genügenden Aufschluss. Bei einem 7 cm großen Exemplar war die | Knochenbildung am Basioceipitalknorpel nicht viel über die Gegend des ' Chordaendes vorgedrungen; nur im hintersten Theile des Augenmuskel- ' kanales zeigten sich die ersten Knochenbalken. An dem faserreichen Periost dieser Balken inserirten sich die Muskeln des Kanales derart, dass die Fasern des Periosts straff angezogen erschienen. Diese Fasern gingen an der betreffenden Stelle ohne scharfe Grenze über in die Grundsubstanz ' der Knochenbalken, so dass hier eine Knochenbildung durch direkte Ver- knöcherung von Bindegewebsfasern vorzuliegen scheint. Bei einem 20 cm = großen Hecht erscheint der Kanal bereits in seinem hinteren Ende voll- ‘ständig von Knochenbalken erfüllt; zwei Schnitte weiter nach vorn sind 8*+ 116 Carl Schmid-Monnard, die Knochenbalken außer der die Kanalwand auskleidenden homogenen Knochenlamelle verschwunden und es zeigen sich bereits die Anfänge der im Periost inserirten quergeschnittenen Muskelzüge. Noch weiter nach vorn herrscht das bereits oben (Fig. 33) geschilderte Verhalten. Bei einem | 13 cm großen Exemplar (Fig. 35) ist nun die ganze Strecke vom hinteren | Ende des Kanales bis zu diesem Punkte mit Knochenbalken erfüllt. Ich komme nun zum Versuch einer mechanischen Erklärung dieser Erschei- nung. Mit dem Längenwachsthum des Kopfes vergrößern sich auch die | Entfernungen zwischen den zwei ursprünglichen Insertionsstellen der Muskelzüge.e. Wenn nun nicht in gleichem Maße eine Vermehrung der Elemente der Muskeln an irgend einem Punkte stattfindet, als die Ver- größerung dieser Entfernung durch das Wachsthum des Schädels bewirkt wird, so muss nothwendigerweise an den Insertionsstellen ein gewisser konstanter Zug von Seiten der gedehnten Muskeln ausgeübt werden. Man weiß nun in der That aus der Stellung der an die Augen vom Augenmus- kelkanal aus sich abzweigenden Muskelzüge zu einander, dass hier ein gewisser konstanter Zug wirkt. Aus meinen oben angeführten Beobach- tungen lässt sich ebenfalls eine konstante Zugwirkung auf die angestrafl- ten Periostfasern an der hinteren Insertionsstelle der Muskeln entnehmen. Bringt man hiermit die Erfahrung in Zusammenhang, dass an der An- grifisstelle von Muskeln auch die Widerstandsfähigkeit der betreffenden Skeletitheile gegen den Zug sich erhöht durch Ausbildung von Höckern und Vorsprüngen (VroLiık), so mag hier eine mechanische Erklärung für die allmähliche Ausfüllung des hinteren Theiles des 0 | mit Knochenbalken gegeben sein. | 6) Die Entwicklung des Os squamosum vom Hecht. (Hierzu Fig. 44—50, Taf. VII.) | Im folgenden Abschnitt gebe ich eine Schilderung von der Ent- | wicklung des Squamosum, so weit es die Querschnittserien durch die © wenigen, mir zur Verfügung stehenden Stadien gestatten. Besonders | muss ich bedauern, dass es mir trotz vielfacher Bemühungen nicht ge- lang, ganz junge Hechte von wenigen Gentimetern Länge zu erhalten. | Das jüngste Stadium, das zu schneiden ich Gelegenheit bekam (Hecht | 7 cm, Fig. 41), zeigte das Squamosum (sg) besonders entwickelt in der) Gegend der Gelenkfläche für das Hyomandibulare (hm). Überall saßen "I die den Schleimkanal (sk) umfassenden knöchernen Bogen des Squamo- | sum unmittelbar einer homogenen Lamelle auf (pK), welche der Ober- "I fläche des Knorpels (C) innig anlag ohne trennende Gewebsschicht. Es, war also hier nicht dasselbe Verhältnis des Squamosum zum unter- | liegenden Knorpel vorhanden, wie Anfangs beim kalifornischen Lachs. | | Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 117 | Untersuchungen an kleineren Exemplaren werden zu zeigen haben, ob ‚ eine indifferente Gewebsschicht jemals das Squamosum vom Schädel- - knorpel überall getrennt hat oder nicht. Die homogene Lamelle (Fig. 4A " und 42 pK), welche dem Knorpel (C) unmittelbar auflag, grenzt sich . gegen diesen wie gegen die knöchernen Bogen des Squamosum (sg) deutlich durch einen Kontur ab. Die homogene Lamelle mit ihren deut- | lichen Konturen ist während des ganzen Lebens des Thieres nachweis- bar (wo nicht Resorption des Knochens eintritt). Sie kann daher hierin ‘ der primären Knochenlamelle am Epioticum vom Lachs verglichen und ‚ mit dem gleichen Namen belegt werden. | Außer dieser äußeren Knochenlamelle ist der Knorpel (C) über- zogen von einer zweiten Lamelle (Fig. 44 K) von ähnlichem Aussehen, und zwar an seiner Innenfläche, welche das den Can. sem. ext. (c.s.e.) enthaltende Lumen begrenzt. | | Die knöchernen Bogen des Squamosum selbst haben gefaserte _ Grundsubstanz (vgl. Fig. 42 sq); reichliche Bindegewebsfasern (Bg), welche an Vorsprüngen des Knochens senkrecht zu der Oberfläche des- selben in ihn eindringen, verursachen dies Aussehen. Es scheint hier ‚ein direktes Einbetten größerer Massen von Bindegewebsfibrillen in die ‚ Knochengrundsubstanz stattzufinden. | Besonderes Interesse aber erfordert, wegen ihrer späteren eigen- thümlichen Umwandlung, die Gewebslage, welche die gegen das Hyo- | mandibulare schauende Unterseite des Squamosum überzieht und somit ‘die Gelenkhöhle für das Hyomandibulare auskleidet. Dieses Gewebe | (Fig. 42 ari.C.) zeigt beim jungen Hecht ein ziemlich indifferentes Ver- halten; es ist einem zwischensubstanzarmen Knorpel noch am ähnlich- sten. Die Zellen liegen in deutlich konturirten Hohlräumen, die den Knorpelhöhlen durchaus entsprechen; die Zwischensubstanz, wo sie nachzuweisen ist, erscheint etwas fibrillär, aber kompakt wie Knorpel- - grundsubstianz. Auf die Umwandlung, welche dieses Gewebe erleidet, gehe ich weiter unten ein. An anderen Stellen, besonders gegen den Schleimkanal (Fig. 42 sk) zu, wo weder der Belenkknorpeh noch Bindegewebsfaserzüge sich fin- den, ist die Oberfläche des Squamosum von einem zelligen Epithel (obl) -überkleidet. Auch an diesen Stellen wächst der Knochen, wohl durch - Thätigkeit der Zellen des Epithels, die ich als Osteoblasten betrachte. | Sehen wir, wie die Entwicklung des Squamosum in der Gegend des Can. sem. ext. in den folgenden Stadien sich gestaltet. Ich gehe zunächst auf die Bildung und das Wachsthum der vom | ‚Periost überzogenen Knochenvorsprünge ein, dann auf das Schicksal des den Can. sem. ext. umschließenden Kuorpelkt m ee 118 Carl Schmid-Monnard, des Squamosum, welcher wesentlich zur Vergrößerung der Hyomandi- bulargelenkfläche beiträgt, an Masse nach verschiedenen Seiten hin be- deutend zugenommen. Bei einem 27 cm großen Exemplar noch mehr. Das Wachsthum in der Richtung des Pfeils (in Fig. 42) kommt auch bei älteren Thieren auf Rechnung einer direkten Verknöcherung binde- gewebiger Theile in toto; die einzelnen Fasern vereinigen sich gegen | den Knochen hin zu dicken, glänzenden, homogen aussehenden Faser- bündeln, welche senkrecht zum Verknöcherungsrand in den Knochen eintreten und demselben hier und da ein streifiges Aussehen verleihen. Zellen waren nur schwer sichtbar. Die Massenzunahme gegen die Gelenkfläche hin kommt auf Rech- | nung der direkten Verknöcherung des die Gelenkfläche auskleidenden Gewebes. Ich hatte dasselbe beim 7 cm großen Hecht als zwischensub- stanzarmen Knorpel charakterisirt. Bei den größeren Exemplaren (vgl. | Fig. 43 art.C.) hat dieses Gewebe eine etwas größere Menge von Zwischen- substanz gewonnen; immerhin ist dieselbe noch verhältnismäßig spär- | lich. Sie erscheint gefasert; die Fasern lassen sich indess nicht von einander isoliren. Diese Zwischensubstanz zeigt Übergänge in hya- line Knorpelgrundsubstanz. Während die Zwischensubstanz also von | dem Verhalten der hyalin erscheinenden Knorpelgrundsubstanz in der beschriebenen Weise etwas abweicht, so haben doch die in ihr einge- | betteten Zellen nach Form und Vermehrungserscheinungen alle Charak- ' tere echter Knorpelzellen. Die Zellen bestehen aus meist rundlichem | Kern in einem Protoplasmaklumpen ; sie erscheinen eingebettet in deut- | lich konturirte, den Knorpelzellhöhlen durchaus entsprechende Hohl- räume. Fäden des Protoplasmas gehen an die Knorpelzellhöhlenwand | heran und hängen zusammen mit einer vielfach nachweisbaren Proto- plasmaschicht, welche das Innere der Zellhöhlenwand auskleidet. An der freien Gelenkfläche zeigt sich (Fig. 43 Pch) eine Zone größter, in lebhafter Theilung begriffener Zellen ; diese Theilungserscheinungen sind! die gleichen, wie man sie bei der Theilung von Knorpel -» Mutterzellen«' in »Tochterzellen« an anderen Knorpeln in typischer Weise trifft. Dies ist) die Proliferationsschicht, von deren Thätigkeit die deutlich in den auf ein- ander folgenden Stadien ersichtliche Dickenzunahme des betreffenden’ Gewebes abhängt. Nach alle dem, was ich zur Charakterisirung dieses) Gewebes angeführt habe, ist es, trotz seiner an vielen Stellen fibrillär erscheinenden Grundsubstanz als echtes Knorpelgewebe anzusehen. Dieser Gelenkknorpel, wie ich das betreffende Gewebe fortan zu] bezeichnen berechtigt bin, geht an seiner von der erwähnten Prolife- rationsschicht abgewandten Seite durch Sklerosirung seiner Intercellular-' Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 119 substanz in toto in Knochen über. Die in der unverkalkten Knorpel- srundsubstanz liegenden, elliptischen oder rundlichen Zellen (Fig. 43 c) zeigen alle Übergänge zu solchen, welche (c’) von den in der Knorpel- grundsubstanz auftretenden meist drusenförmigen Kalkniederschlägen bereits halb oder zu dreiviertel ihres Umkreises umschlossen sind und in eingebuchteten Höhlungen liegen. Diese Einbuchtungen sind als Folgen jener Kalkniederschläge zu betrachten. Von diesen Zellen in eingebuchteten Höhlungen bis zu den weiterhin in homogener Knochen- grundsubstanz liegenden echten Knochenkörperchen (k) sind alle Über- gänge vorhanden. Die Knochenkörperchen erscheinen mitsammt den sie einschließenden Höhlen im Allgemeinen kleiner als die Knorpelzellen mit ihren Höhlen; die Knochenhöhlen sind gezacktrandig, aber keine Ausläufer dringen von ihnen aus in die Knochengrundsubstanz. Diese soeben geschilderten Verhältnisse, welche ich als Zeichen einer direkten Verknöcherung des Gelenkknorpels auffasse, finden sich in stets gleichem Verhalten auf einer größeren Reihe von Schnitten, so dass von einer Täuschung durch Flächenbilder nicht die Rede sein kann. Man könnte hier verschiedene Einwände machen gegen meine An- sicht. Man könnte sagen, dass das aus dem Gelenkknorpel entstandene resistente, von mir als Knochen bezeichnete Gewebe nur verkalkter - Kuorpel sei. Wenn ich nun zu zeigen vermag, dass das durch direkte Verknöcherung des Gelenkknorpels entstandene Knochengewebe von dem auf andere Weise entstandenen Knochen sich in keinem wesent- lichen Punkte unterscheidet, so beweist dies, dass Knochengewebe bei den Teleostiern auf die verschiedenste Weise entstehen kann und an gewissen Punkten, eben so durch direkte Knorpelverknöcherung, wie _ die erste Anlage der knöchernen Clavicula des Menschen und die Fur- _ cula der Vögel nach GeEnsAuR, und wie ein Theil der Knochensubstanz in den Röhrenknochen und Wirbeln der Anuren nach KasrtscHenko. Bei sorgfältiger Untersuchung und Durchmusterung sämmtlicher hier in Frage kommender Schnitte vom Squamosum des Hechts, zeigt | "sich nun in der That das durch direkte Verknöcherung des Gelenkknor- ‚ pels entstandene Knochengewebe in keinem wesentlichen Punkte ver- | schieden von dem sog. »echten«, durch Osteoblasten oder direkte Binde- ‚ gewebsverknöcherung eoistandenen Knochen. Es lässt sich sogar, ent- ‚ sprechend der Übereinstimmung im Aussehen, überhaupt keine Grenze | konstatiren zwischen den auf so verschiedene Weise entstandenen Kno- ‚ chenpartien; die gesammte Knochensubstanz bildet (abgesehen von der stets sich deutlich abgrenzenden primären Knochenlamelle) ein konti- | nuirliches Ganze, ohne dass die auf verschiedene Weise entstandenen ' Partien im kontiken Zustande sich scharf gegen einander absetzten, | | 120 Gar! Schmid-Monnard, Man könnte vielleicht, im Anschluss an ältere Autoren, welche Aus- | läufer der Knochenzellhöhlen als ein wesentliches Charakteristikum der ei l »echten« Knochenkörperchen ansahen, behaupten, dass der durch Ver- >| knöcherung des Gelenkknorpels entstandene Knochen kein echter Kno- chen sei, weil seine Knochenzellhöhlen der Ausläufer ermangeln. Hierzu | lässt sich indess bemerken, dass sich am Occipitale basilare vom Hecht, 1. im Petrosum von Alburnus lucidus, ferner am Frontale posterius von Cobitis barbatula (Fig. 54 k) und in verschiedenen Skeletttheilen einiger anderer von mir untersuchter Teleostier, in der Knochensubstanz, welche zweifellos durch Osteoblasten entstand, also sog. »echte« Knochensub- stanz ist, strahlenlose Knochenkörperchen finden. Auf den Mangel der 7 Ausläufer ist also hier, am Squamosum vom Hecht, kein Gewicht zu legen. | | Es wird somit der Theil des Squamosum vom Hecht, welcher vor- 3 züglich zur Vergrößerung der Gelenkfläche für das Hyomandibulare bei- 7 trägt, gebildet theils durch direkte Bindegewebsverknöcherung, theils | durch Osteoblasten, theils durch direkte Knorpelverknöcherung. Es sind dies sämmtliche bei den Wirbelthieren bekannten Verknöcherungsarten. Hinsichtlich der Schlussfolgerungen, die sich aus der Kombination aller dieser verschiedenen Entwicklungsmodi an einem Skeletttheile ziehen | lassen, verweise ich auf das Ende der Abhandlung. Ich wende mich nun zur Schilderung des Schicksals der unteren | Knorpelpartie, welche das den häutigen Can. sem. ext. enthaltende ” Lumen von unten her begrenzt, und zur Erläuterung der Knochenbil- %ı dung in dieser Gegend. | Die erwähnte untere Knorpelpartie ist beim 7 cm großen Hecht ' (Fig. 44) auf ihren beiden Seiten von den homogenen Knochenlamellen (pK und K) bekleidet. An der inneren Lamelle (X), welche das den | Can. sem. ext. enthaltende Lumen begrenzt, finden sich nur vereinzelte spindelförmige Bindegewebszellen; an der äußeren, primären Knochen- | | lamelle (pK) dagegen eine breite Lage zellenreichen Bindegewebes. | Dieses Verhältnis findet sich in diesem Stadium in seinen Hauptpunkten 4 fast in der ganzen Ausdehnung des Can. sem. ext., so dass eine Abbil- \ dung sämmtlicher Schnitte unnöthig ist. Anders liegen die Verhältnisse 7 bei einem 20 cm großen Hecht. Ich schildere die Querschnittserie vom | vorderen Theile des Kanals nach hinten zu. Die ersten Schnitte (Fig. 44) lassen eine Volumzunahme des Knorpels (C) gegen früher (Fig. k4) er- I kennen. Oberflächlich lagern dem Knorpel nach innen zu spärliche | | Knochenbalken an; an seiner Außenfläche dagegen, wo früher die reich- liche Bihderewebklen: sich befand, haben sich aus dieser letzteren | | mächtige Knochenbalken (X’) entwickelt. ER | Der Knorpel selbst zeigt beim 20 cm großen Hecht gewisse Ve Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 121 änderungen. Einmal ist er eine gewisse Strecke weit unter der ober- flächlichen Knochenrinde seinem ganzen Durchmesser nach verkalkt (Fig. 4% C’); dann zeigt sich auf den ersten Schnitten der betr. Serie der Beginn einer Resorption, welcher in gleicher Weise Knochen und (zunächst der unverkalkte) Knorpel eine Strecke weit erliegen. Ich gehe zunächst auf die Verkalkungserscheinungen, dann auf die Resorption ein. Die theilweise Verkalkung des Knorpels, welche in ihren Anfängen (Fig. 4% C’) konstatirt wurde, tritt auf in der Knorpelgrundsubstanz ‚unter der Form von Kalkdrusen (Fig. 45 C’), welche sich von der mit Knochen überzogenen Oberfläche des Knorpels in das Innere des letzteren allmählich ausbreiten. Bei dieser Grundsubstanzverkalkung werden die Knorpelzellhöhlen eingeengt; sie erscheinen eingebuchtet, zackig; und auf diese Art gewinnen einzelne Knorpelzellen ein Knochenkörperchen- artiges Aussehen (Fig. 44 c’), welches in weiteren Stadien noch täuschen- der hervortritt. Die Resorption ist zunächst ersichtlich an einer Unterbrechung der vorher kontinuirlichen inneren Knochenlamelle (Fig. 44 R) so wie an dem Aussehen des Knorpels, welcher an der betreffenden Stelle etwas ange- fressen ist. Bei stärkerer Vergrößerung (Fig. 45 R) erkennt man kör- nigen Zerfall der Knorpelgrundsubstanz ; die Knorpelzellen selbst zeigen keine Zerfallserscheinungen. Dicht hinter dem Resorptionsbezirk, der sich auf den folgenden Schnitten in einer gewissen Richtung allmählich ausbreitet, findet eine Knochenneubildung statt; die oberflächliche Knochenrinde (K) ist dicht mit Osteoblasten (obl) besetzt. Der Resorpti- onsraum nimmt, wie bereits erwähnt, auf den folgenden Schnitten an Umfang zu. Er durchsetzt allmählich die ganze untere Knorpelpartie und da, wo er in diesem Stadium seine größte Ausdehnung erreicht (Fig 46 R), ist sogar ein Theil der früher völlig ununterbrochenen pri- mären Knochenlamelle (pK) der Resorption anheimgefallen. Nach einigen weiteren Schnitten indess hat in diesem Stadium der Resorpti- onsbezirk sein Ende erreicht; der Knorpel erscheint wieder (Fig. 47 C) kontinuirlich. Diese Resorption findet in der eben beschriebenen Weise stalt nach unten hin und seitwärts, gegen das Innere des Schädelknor- pels zu (in der Richtung des Pfeils Fig. 46). Ich erwähnte bereits oben (vgl. Fig. 45 K und obl), dass dicht hinter dem Resorptionsbezirke, wo die Resorptionserscheinungen deut- lich zu konstatiren sind, eine Neubildung von Knochensubstanz an der "Oberfläche des Knorpels durch Osteoblasten stattfinde. Auf diese Weise findet eine stetig an Umfang gewinnende Neubildung von Knochen- 'balken (vgl. Fig. 46 X) statt an der dem Resorptionsbezirk gegen- überliegenden Seite des Lumens, welches den häutigen Can. sem. ext. 122 Gar Schmid-Monnard, beherbergt. Während somit dieses Lumen auf der einen Seite, in der Richtung gegen den inneren Schädelknorpel zu (in der Richtung des Pfeils in Fig. 46), durch Resorption erweitert wird, wird es auf der ent- gegengesetzien Seite durch eine der Resorption in gleicher Richtung nachrückende Neubildung von Knochenbalken mit diesen letzteren theilweise erfüllt. Ehe ich im nächsten Stadium den Fortgang dieses so eigenthüm- lichen Verlagerungsprocesses des Lumens, in dem der Gan. sem. ext. liegt, nach unten und innen, weiter verfolge, will ich das Schicksal des verkalkten, noch nicht resorbirten Knorpels feststellen. Der drusenförmig verkalkte Knorpel beim 20 cm großen Hecht (Fig. k4, 45 c’) hat sich beim 27cm großen Exemplar in ein Gewebe verwandelt, welches manchem Knochengewebe recht ähnlich sieht (Fig. 49, 48 C’). In einer homogen verkalkten Grundsubstanz liegen die Knorpelzellen (c’) eingeschlossen in ausgezackte Höhlen. Gleich neben | und an dieser Zone aber zeigen sich mit voller Deutlichkeit die Zeichen | der Resorption (Fig. 48). Der verkalkte Knorpel ist wie ausgenagt an | seinem Rande ; einzelne verkalkte Knorpelkapseln (c’R) ragen frei in den Resorptionsraum (R) hinein, welcher von Gefäßen (gef) durchzogen ' wird. Es wird hier zur Gewissheit, dass der verkalkte Knorpel nicht | persistirt, sondern eingeschmolzen wird. Somit ist an dem den Canalis semicirc. ext. umschließenden Knor- | pel eine Überführung von Knorpel in toto in Knochengewebe nicht nach- | zuweisen; alle Knochenbildung entsteht hier aus dem Perichondrium | resp. Periost. Ich komme mit wenigen Worten noch auf die Verlagerung des den | häutigen Can. sem. ext. enthaltenden Lumens, wie ich sie bereits oben | andeutete, zurück. Bei dem Hecht von 27 cm ist durch weitergehende | Resorption von Knorpel und Knochengewebe das erwähnte Lumen in | der oben angedeuteten Richtung (Fig. 46, 50 —) verlagert worden, indess an Stelle des früheren Lumens (vgl. Fig. 44 mit Fig. 46 und | mit Fig. 49, 50) ein Netz von Knochenbalken (X) getreten ist. Ich mache | hier nur uif die Thatsache aufmerksam, ohne mich in, meiner Arbeit fernliegende, Spekulationen zu verlieren. Einen ähnlichen Entwicklungsgang wie den eben Beschildert ii | durchläuft das Os oceipitale externum vom Hecht, wenn man ab- | sieht von dem direkt verknöchernden Gelenkknorpel des Squamosum. | Als erste Knochenanlage finde ich hier eine primäre homogene Knochen- | lamelle, welche dem Knorpel unmittelbar aufgelagert ist an seiner Außen | fläche, und eine gleiche an seiner inneren Oberfläche. Nach außen setzb. sich vom Periost her Knochensubstanz an, wobei vielfach das Periost in | | Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 123 j toto in den Knochen übergeführt wird. Der Knorpel verkalkt unter der oberflächlich ihm aufgelagerten Knochenrinde, wird aber wieder resor- ‘ birt und geht nicht in echtes Knochengewebe über. Die beiden Ossa peirosa, vor den Occipitalia lateralia gelegen, stoßen in der Mittellinie der Schädelbasis an einander ; von da erstrecken ‚ siesich an den Seiten des Schädels aufwärts bis zum Hyomandibular gelenk. Die Anlage des Os petrosum fand ich bei einem 1,6cm großen ' Exemplar in Gestalt zweier äußerst dünner Knochenlamellen, welche | der Außen- und Innenfläche des Schädelknorpels unmittelbar aufliegen, aber durch einen deutlichen Kontur von ihm sich absetzen. Ein dünnes | Periost bedeckt ihre Oberfläche. An der Durchtrittsstelle des zum Hyo- " mandibulare verlaufenden Trigeminusastes stehen beide Knochenla- mellen mit einander in Verbindung. Ich schildere im Folgenden die weitere Entwicklung des Petrosum an diesem Punkte, von dem aus die einzelnen histologischen mit der Knochenbildung verbundenen Processe centrifugal fortschreiten. ‘Der bei dem 1,6cm großen Exemplar noch intakt erscheinende Knorpel zeigt bei einem 2cm großen Exemplar bereits Resorptionser- scheinungen. Die Resorption besteht in einer Auflösung der Knorpel- grundsubstanz, während die Knorpelzellen erhalten bleiben.. Sie er- - scheint zunächst an der Trigeminusdurchtrittsstelle an der Oberfläche des Knorpels, da, wo Lücken in der den Knorpel überziehenden Knochen- " schicht vorhanden sind. Durch diese Lücken hindurch vermitteln Zellen- züge die Verbindung des Periosts mit dem im Resorptionsraum befind- | lichen Gewebe. | Durch das weitere Umsichgreifen der Knorpelresorption wird end- lieh bei einem 2,6cm großen Exemplar eine Strecke weit in der Nähe des Trigeminusloches aller Knorpel zerstört innerhalb der ihn um- | schließenden Knochenlamellen, so dass diese letzteren nun unmittelbar an den Resorptionsraum (Markraum) stoßen. "7 Beieinem 3,4 cm und in noch höherem Grade bei einem 4,6 cm großen | Exemplar sind diese Knochenlamellen durch Auflagerung neuer Knochen- | Substanz an ihrer Außen- und Innenfläche ansehnlich verstärkt worden. | Die Bildung von Knochensubstanz an der Außenfläche geschieht | durch Ablagerung kompakter Lamellen durch die Vermittlung von Osteoblasten, deren Übergänge zu spindelförmigen Knochenkörperchen | mehrfach zu bemerken sind. Die Knochenhöhlen ermangeln der Aus- | läufer. Auch Bindegewebsfibrillen des Periosts werden in die Knochen- | grundsubstanz mit eingelagert. I | 1 } | 7) Die Entwicklung des Os petrosum von Alburnus lueidus. N N | 124 Carl Schmid-Monnard, An der Innenfläche der erstentstandenen Knochenlamellen entsteht neue Knochensubstanz in Form dicker Balken. Dieselben sind überzogen an ihrer Oberfläche von zahlreichen Zellen des Markraumgewebes, wel- che hier und da in die Knochengrundsubstanz mit eingelagert werden. Einen Zusammenhang dieser Knochenbalken mit den noch nicht resor- birten Resten des Knorpels konnte ich nirgends nachweisen; überall da, wo die Enden der Knochenbalken dem Rande der Knorpelreste nahe lagen, schien mir, auch bei dem 4,6 cm großen Exemplar, eine trennende zellige Gewebsschicht zwischen Knochen und Knorpel sich einzuschieben. Ich äußere mich über diesen Punkt desshalb so vorsichtig, weil die zelligen - Elemente bei Alburnus außerordentlich klein sind und man leicht etwas Wichtigeres übersehen könnte. Keinesfalls aber war der geringe Rest des Knorpels verkalkt. Es geht aus diesen Befunden mit ziemlicher Sicherheit hervor, dass von einer direkten Verknöcherung des Knorpels im Os petrosum nicht die Rede sein kann und alle Knochenbildung von den zelligen Elemen- ten des Markraumgewebes, resp. des Periosts ausgeht. - An anderen Skeletttheilen von Alburnus lucidus (z. B. Occipitale basilare), deren knorpelige Grundlage wenigstens zum Theil eine Zeit lang erhalten bleibt und nicht frühzeitig resorbirt wird, finde ich die Knorpelreste bei einem 14 cm großen Exemplar meist verkalkt. Die ver- kalkten Knorpelreste erscheinen auf manchen Schnitten von der deutlich gegen sie abgegrenzten, ziemlich regelmäßig geschichteten Knochengrund- substanz allseitig umschlossen. Verfolgt man indess eine derartige ver- kalkte Knorpelpartie in der Schnittserie, so zeigt sie sich an irgend einer Stelle durch eine Lücke des umgebenden Knochengewebes hindurch mit dem Markraumgewebe in Berührung. Die stets deutliche Abgrenzung des Knochengewebes gegen den verkalkten Knorpel spricht gegen einen Über- gang des letzteren in echtes Knochengewebe; die stets nachweisbaren Berührungsstellen des Markraumgewebes mit dem verkalkten Knorpel und die histologischen Bilder an diesen Stellen machen eine endliche Auflösung des verkalkten Knorpels nicht unwahrscheinlich. Der Mangel von Zwischenstadien indess zwischen dem 4,6 cm und dem 44 cm großen Alburnus verhindert mich, ein endgültiges Urtheil \ über diesen Punkt zu geben. | 8) Die Entwicklung des Os frontale posterius bei CGobitis barbatula. | (Hierzu Fig. 54—57, Taf. VII.) | Um die Histogenese eines Knochens von Cobitis barbatula mit mög- lichster Vollständigkeit zu schildern, wählte ich als Gegenstand der Dar- | Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 125 “stellung das Os frontale posterius aus zwei Gründen. Einmal erhielt ich von diesem Skeletttheil die besten Querschnittserien, was bei diesem Objekt nicht immer der Fall ist; andererseits fand ich das Frontale poste- rius noch am weitesten zurück in seiner Entwicklung, was mir bei dem Mangel kleinster Thiere sehr zu Statten kam. Das Os frontale posterius nimmt bei Cobitis barbatula einen ver- ‚ hältnismäßig großen Raum ein an der seitlichen Schädelwand (vgl. Fig.51). - Seine oberste Partie ist oberflächlich überlagert von einem Deckknochen: seine untere Partie stößt an das Petrosum (pe); an ihr lenkt sich das ‚ Hyomandibulare (hm) ein. Im Folgenden werde ich die Entwicklung des | hinteren Theiles des Frontale posterius schildern, bis zu dem Punkte, | wo auf ganzen Kopfquerschnitten die Austrittsöffnung der Hauptirige- | minusäste im Petrosum erscheint. | Bei einem 2,5 cm großen Exemplar (Fig. 51) fand ich das Frontale , posterius in Gestalt zweier noch ziemlich dünner Knochenlamellen (X), ‚ von denen die eine der Außenfläche, die andere kürzere der Innenfläche "der knorpeligen Seitenwand (0) des Primordialcraniums unmittelbar auf- | \ gelagert war. Die innere Knorpeloberfläche, so weit sie nicht von der ihr " aufgelagerten Knochenlamelle bedeckt war, zeigte sich auf dem Schnitt ‚Fig. 51 noch intakt; auf den beiden nächsten Schnitten dagegen zeigte ! der freie nrand der oberen Knorpelpartie Resorptionserscheinungen an seiner Oberfläche. Im vierten Schnitt endlich (Fig. 52 R) war der obere Theil des Knorpels völlig verschwunden, und die äußere Knochenlamelle | (K) begrenzte hier unmittelbar das dasım cranii. Im nächsten von mir geschnittenen Stadium von 3,5 cm (Fig. 53, 54) ‚zeigten sich Längen- und Dickenzunahme der oberflächlichen Knochen- /lamellen (X), partielle Verkalkung des Knorpels (c’) unter der äußeren " Knochenrinde, und weitere Auflösung der unverkalkten Knorpelpartien | (Fig. 53. R). Auf die angedeuteten Verhältnisse des Näheren eingehend bemerke ich Folgendes: | Die Knochenlamellen (Fig. 54 K) sind parallel ihrer Oberfläche ge- schichtet. Die letztere ist von einem zellenreichen Periost überzogen (P); einzelne Bindegewebsfibrillen dringen vom Periostin die Knochensubstanz hinein als Suarrev’sche Fasern. Hier und da werden Osteoblasten durch ‚Umschließung mit Knochengrundsubstanz zu Knochenkörperchen (k) in ‚elliptischen, meist strahlenlosen Höhlen. Die Verkalkung des Knorpels tritt auf meist an dessen Rande, dicht ‚unter der oberflächlichen Knochenrinde, seltener mitten im Knorpel. Sie ‚besteht in einer Ablagerung koncentrischer Kalkschichten in den Knorpel- 'kapseln- (Fig. 54 c’). Dadurch entstehen eigenthümliche kugelförmige 126 Carl Schmid-Monnard, Gebilde, welche eine oder mehrere Knorpelzellen umschließen. An an- | deren Schnitten, als dem hier abgebildeten, zeigten sich Ablagerungen | von diskreten Kalkkrümeln an den Rändern der Verkalkungszone, welche © gegen den unverkalkten Knorpel hin in dessen Zwischensubstanz auf- © traten. Hierdurch mag die Bildung derartiger Kalkkapseln, wie ich sie ' oben schilderte, eingeleitet werden. | Die Resorption des Knorpels hat in diesem Stadium (Fig. 53 R) zu- | genommen an Ausdehnung im Vergleich mit dem vorhergehenden (vgl. © Fig. 52). Bei stärkerer Vergrößerung (Fig. 54) erweist sich hier die un- verkalkte Knorpelgrundsubstanz von zahlreichen, mit kleinen Zellzügen | erfüllten Resorptionsräumen durchzogen, welche augenscheinlich sich ' vergrößern durch Eröffnung der Knorpelhöhlen (c). Die verkalkten Knor- pelkapseln (c’) scheinen vorläufig von Resorption verschont zu bleiben. Gefäße konnte ich im Resorptionsraum nicht nachweisen. | Die Ausdehnung der oben beschriebenen Resorptionsräume im | Knorpel schwankt auf den verschiedenen Schnitten dieser Serie. An an- deren Schnitten, als dem in Fig. 53 dargestellten, zeigte sich da, wo © noch ein Theil der Knorpeloberfläche intakt und noch nicht angefressen © erschien, eine außerordentliche Anhäufung der zelligen Elemente des’ Perichondriums. Diese Zellwucherungen scheinen wohl dazu bestimmt, © die Resorption des Knorpels an den betreffenden Stellen einzuleiten und) Füllungsmaterial für die Resorptionsräume zu liefern. | In den folgenden Stadien (Fig. 55, 56) finden wir Dicken- und’ Längenzunahme der bereits vorhandenen Knochenbalken; Größenzu- | nahme des ganzen Skeletttheils durch Wachsthum des Knorpels am unteren Ende, fast völliges Schwinden des Knorpels unter der außen! ihm aufgelagerten Knochenrinde, und Entstehung von Knochenbalken‘ an dessen Stelle. Ä | Auf die Erscheinung der Größenzunahme des ganzen Skeletttheils" gehe ich nicht näher ein, da sie für die Frage nach der Art und Weise” der Entstehung der Knochensubstanz selbst von keinem Belang ist. | Beim Wachsthum der schon vorhandenen Knochenbalken zeigen! sich die bereits oben besprochenen Vorgänge. a Es bleiben also nur noch die beiden Fragen zu beantworten: Was. wird aus dem verkalkten Knorpel? wie bilden sich im Resorptionsraum die jungen Knochenbalken? Beide Fragen müssen zusammen beant- wortet werden. | Bei einem 6 cm großen Exemplar findet sich (Fig. 55) in den be- deutend erweiterten, stets gegen das Periost resp. Perichondrium hin sich öffnenden Resorptionsräumen (R) noch jene Zone verkalkter Knor- pelkapseln, welche (Fig. 53, 54 c’), meist im engen Anschluss an die nz < u A me Auf ? Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 127 oberflächliche Knochenrinde, sich bildete. Einzelne dieser Knorpel- ' kapseln zeigen indess bereits Zerfallserscheinungen: sie sind aufgebro- chen, oft von mehreren Zellchen erfülll, und liegen zuweilen, wenn | auch selten, isolirt im Resorptionsraum. Hier gehen also die verkalkten - Knorpelkapseln zu Grunde. | An anderen Stellen hingegen finden sich Balken auf ähnliche Weise | verkalkten Knorpels, welche an ihrer Oberfläche von echter, lamellöser © Knochensubstanz überlagert sind. Es hat daher vielfach den Anschein, als ob hier Knorpel in toto in echte Knochensubstanz überginge. Durch- - mustert man indess bei einem 9,2 cm großen Exemplar (Fig. 56, 57) 1 die Serie auf diese Verhältnisse hin, so ergiebt sich, dass die verkalkte - Knorpelgrundlage der Balken (Fig. 57 C’, c’) stets an mehreren Stellen durch Lücken (R) der aufgelagerten, echten Knochensubstanz (X) hin- - durch mit dem Gewebe des nee in direkter Berührung - steht. An diesen Berührungsstellen wird eine Zerstörung der verkalkten | ‚ Knorpelgrundsubstanz mehr oder minder deutlich. Dazu spricht gegen einen Übergang des verkalkten Knorpels in persistirendes Knochenge- - webe die stets deutliche Abgrenzung beider gegen einander. | Fasse ich die Ergebnisse der letzten Untersuchungsreihe zusammen, "so finde ich: | Das Os frontale posterius zeigt sich in seiner Anlage in Gestalt 1 zweier der Aubßen- resp. Innenfläche des Primordialeraniums aufge- | lagerter Knochenlamellen. Beim weiteren Wachsthum dieses Skelett- Periost her einer theilweisen Resorption. Die verkalkenden Reste des 1 Knorpels im Resorptionsraum dienen als Grundlage für die Ablagerung . echten Knochengewebes und werden später ebenfalls zerstört. Alle -Knochenbildung erscheint hier als Neubildung von Seiten der Elemente j ‚des Periosts resp. Perichondriums. |; beim Stichling (Gasterosteus aculeatus) (?). (Hierzu Fig. 58—65, Taf. IX.) | An Stelle der bei jungen Thieren ganz knorpeligen Wandung, "welche das den Canalis sem. ext. enthaltende Lumen begrenzt, findet sich bei älteren Thieren zum größten Theile eine durchaus knöcherne “ Wandung. Im Folgenden beabsichtige ich darzustellen, wie diese letz- "tere entsteht. | \ Bei einem I cm (Fig. 58) großen Exemplar finde ich das Lumen, welches den häutigen Can. sem. ext. (c.s.e.) enthält, auf allen Sehrilfen 128 Carl Schmid-Monnard, der Serie von Knorpel (C) umschlossen. Der Knorpel ist intakt; auf wenigen Schnitten zeigt er an der äußeren Oberfläche seiner seitlichen, senkrecht aufsteigenden Wandung (veriW) eine dünne, ihm unmittel- bar auflagernde homogene Knochenlamelle (pX). Diese letztere ist von der Epidermis (Epd) nur durch eine dünne Reihe vereinzelter Binde- gewebszellen getrennt. Der Kürze halber werde ich im Folgenden den Namen »senkrecht aufsteigende« Wandung (vertW) beibehalten für die in ihrer Anlage aus einer einfachen Reihe von Knorpelzellen bestehende seitliche Wand des den Can. sem. ext. (c.s.e.) enthaltenden Lumens. Für die Wandung, welche dieses Lumen von unten her, in horizontalem Verlaufe, begrenzt, wähle ich den Namen »untere horizontale« Wandung (korW). Das von diesen Wandungen seitlich und von unten her begrenzte Lumen selbst, welches den häutigen Can. sem. ext. enthält, werde ich, für diesen Abschnitt, in Ermangelung eines besseren Namens kurz als »Kanal- lumen« zu bezeichnen mir gestatten. Die Beschreibung des nächsten Stadiums gebe ich an der Hand einer Querschnittsserie von einem 4,3 cm großen Exemplar (Fig. 59, 60). Fig. 59 stellt die aufsteigende Wandung (vertW) dar. An dieser zeigt sich zu zwei Drittel ihrer Länge eine Verkalkung der Intercellularsub- stanz des Knorpels (C’). Die Knorpelzellen sind in der knochenähnlich aussehenden Grundsubstanz deutlich erhalten. So weit diese Ver- kalkungszone reicht und noch etwas darüber, ist der Knorpel an seiner äußeren wie inneren Oberfläche von je einer homogenen Knochenlamelle (pK u. K’) bedeckt. Die innere Knochenlamelle X’ erstreckt sich in den nach Schnitt Fig. 59 folgenden Schnitten auch eine Strecke weit auf die Oberfläche der horizontalen Wandung (horW). Der äußeren Knochen- lamelle (pK) lagert eine stärkere Schicht streifiger Knochensubstanz (K) an, deutlich durch einen Kontur abgesetzt. Es zeigt hierin die erstent- standene Knochenlamelle also ein gleiches Verhalten, wie die primäre Knochenlamelle am Occipitale externum vom Lachs und an der knor- peligen Ohrkapsel in der Gegend des Can. sem. ext. vom Hecht; wie bei jenen bleibt sie auch hier lebenslänglich nachweisbar und nimmt "später sogar an Umfang zu nach Resorption des von ihr überlagerten Knorpels. Alle Knochenbildung ist hier vom Periost abhängig. Ich will noch nachträglich hervorheben, dass ich die Knorpelpartie, deren Grundsubstanz ein knochenähnliches Aussehen gewonnen hat, als verkalkten Knorpel, nicht als Knochen auffasse, aus mehreren Gründen. Erstens ist diese Partie verkalkten Knorpels, so lange sie besteht, scharf gegen die ihr aufgelagerten Knochenlamellen abgesetzt. Zweitens ist der verkalkten Knorpelpartie nur eine kurze Lebensdauer verliehen; wie ich Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 129 nachweisen werde, unterliegt sie, nach Ausbildung stärkerer Knochen- balken an ihrer Außenfläche vom Periost her einer Resorption, ein Vor- gang, der, wie sich aus den vorhergehenden Untersuchungsreihen ergab, bei fast allen verkalkten Knorpelmassen früher oder später eintritt, während er das anliegende, vom Periost gebildete Knochengewebe fast stets intakt lässt. Ich wende mich jetzt zur Darstellung des Verhaltens der das Kanal- lumen seitlich und von unten her begrenzenden Wandungen in den weiteren Schnitten der Serie vom 1,3 cm großen Exemplar. ‚Während am Schnitt Fig. 59 der hyaline Knorpel der unteren hori- zontalen Wandung intakt war, zeigt sich da, wo horizontale und senk- rechte Wandung in stumpfem Winkel zusammenstoßen, zwei Schnitte weiter der Beginn einer Resorption des Knorpels. Die Resorption geht von der das Kanallumen begrenzenden Oberfläche des Knorpels aus Auf den nächsten Schnitten nimmt der Resorptionsraum allmählich an Umfang zu; bei diesem Vorgange wird (Fig. 60) eine Strecke weit aller Knorpel sammt der seine gegen das Kanallumen gewandten Oberfläche überziehenden dünnen Knochenlamelle (X’) resorbirt. Die Reste dieser inneren Knochenlamelle (K’) ragen noch eine Strecke weit über den Resorptionsrand (R) hervor. Die Knorpelzellen scheinen von der Re- sorption verschont zu bleiben. Durch diesen Vorgang kommt die äußere Knochenrinde (pX + K) in die Lage, eine Strecke weit an dieser Stelle unmittelbar das Kanal- lumen zu begrenzen. Bei einem 4,8 cm groben Exemplar (Fig. 61) sehen wir auf allen Schnitten eine Ausdehnung des Resorptionsraumes am Knorpel. Nach oben hin, an der senkrechten Wandung (veriW), hat der Resorptions- raum sich zum mindesten bis an die Partie verkalkten Knorpels (C’) ausgedehnt, die sich auf einigen Schnitten vielleicht gegen ihn abge- schlossen hat durch Auflagerung einer dünnen Knochenlamelle. Der Knorpel in der unteren horizontalen Wandung (horW) zeigt Zerfallser- scheinungen (R) seiner Grundsubstanz an einem Theile seiner Ober- fläche; theils auch ist diese Oberfläche eine Strecke weit von einer dünnen homogenen Knochenlamelle (K’) überlagert. Die äußere, primäre Knochenlamelle (pX) und die ihr aufgelagerten weiteren Knochenschichten (X), welche unmittelbar eine Strecke weit das Kanallumen begrenzen, sind anscheinend intakt. Hier und da er- scheint die primäre Knochenlamelle etwas verdickt; es mag diese Ver- dickung der Thätigkeit eines an solchen Stellen nachweisbaren Epithels (Fig. 64 obl) zuzuschreiben sein. Im nächstfolgenden Stadium (2,6 cm großes Exemplar) wird das Zeitschrift f£. wissensch. Zoologie. XXXIX.Bd. 9 130 Carl Schmid-Monnard, endliche Schicksal der verkalkten Knorpelpartie in der senkrecht auf- steigenden Wandung auf Querschnitten klar. An Stelle des früher hier vorhandenen, verkalkten: Knorpels zeigt sich auf drei, auf einander folgenden Schnitten, von denen ich den dritten (von hinten nach vorn gerechnet) abbilde (Fig. 62), in successive größerer Ausdehnung ein Resorptionsraum (R). Derselbe öffnet sich auf dem nächsten (vierten) Schnitt (Fig. 63) nach außen. An Stelle des Re- sorptionsraumes findet sich bei größeren Exemplaren kompakte Knochen- substanz. Es geht also der verkalkte Knorpel hier nicht in Knochensub- stanz über; die an seiner Stelle später sich findende Knochenmasse ist Neubildung. Ich habe nunmehr noch zu untersuchen: Wie entstehen in der unteren horizontalen Wandung die Knochenbalken, die sich bei größeren Thieren (vgl. Fig. 64 K’) finden an Stelle des früher daselbst vorhande- nen hyalinen Knorpels? und ferner, wie kommt die ansehnliche Ver- dickung der primären Knochenlamelle (Fig. 65 pK), so weit sie an das Kanallumen stößt, und die Verdickung und Höckerbildung an den ihr aufgelagerten Knochenschichten (Fig. 65 K) zu Stande? | Ich beantworte zunächst die erste Frage. Die noch nicht resorbirte Masse des hyalinen Knorpels an der unteren horizontalen Wand (Fig. 62 hor W, C) hat bei einem 2,6 cm großen Exemplar gegen früher (Fig. 61) bedeutend zugenommen, ein Process, mit dem zugleich eine Erweiterung des Kanallumens nach der Seite seiner noch knorpeligen Wandungen hin verbunden ist. Auf dem verdickten Knorpel liegt (Fig. 62) eine ziemlich starke Knochenlamelle (X); im Knorpel selbst (C) zeigt sich unter dieser Knochenlamelle ein Resorptionsraum (R,), welcher im nächsten Schnitt durch eine Öffnung in der Knochenlamelle hindurch mit deren Periost in Verbindung steht. Eine Querschnittsserie durch die betreffende Stelle bei einem 3,5 cm großen Exemplar zeigt hier einen Schwund des unverkalkt bleibenden Knorpels in noch größerem Maßstabe. Der Resorptionsrand des Knorpels (Fig. 64 C) bildet eine nahezu gerade Linie; an ihm zerfällt die Knorpelgrundsubstanz krümelig, die Knorpelzellen dagegen bleiben erhalten, wie es schon in früheren Sta- dien wahrscheinlich erschien. Indem nun, in Verbindung mit den schon vorhandenen Knochenbalken, neue Knochensubstanz (K’) abgelagert wird von rundlichen Osteoblasten,, tritt an Stelle des schwindenden Knorpels Knochengrundsubstanz. Über den Ursprung der Osteoblasten konnte ich zu keinem sicheren | Resultat gelangen. Die Bilder ließen sich so deuten, als ob jene Anfangs aus den bei der Resorption frei werdenden Knorpelzellen sich rekru- Die Histogenese des Knochens der Teleostier. n 151 tirten. Bei dem gleichen Aussehen der Zellen im Markraume war indess hierfür kein Beweis zu liefern. Eine Querschnittsserie durch den Kopf eines 5 cm großen Stich- lings, also eines ziemlich ausgewachsenen Exemplars, ließ ein Fort- schreiten der gleichen Fortgänge erkennen. Ich will nicht unterlassen zu erwähnen, dass hie und da bis dicht an den Resorptionsrand des Knorpels Gefäße herantreten. Ich gehe mit wenigen Worten noch auf die zweite Frage nach dem Dickenwachsthum der Knochenschichten ein, welche bei größeren Thieren (vgl. Fig. 64) ausschließlich die Wand des Kanallumens bilden. Die äußere, primäre Knochenlamelle blieb, wie oben erwähnt, von der Resorption verschont (Fig. 60, 61), welcher die innere Knochenla- melle (X’) sammt dem Knorpel (C) theilweise anheimfiel; die primäre Knochenlamelle bildet somit nach Verschwinden des Knorpels eine Strecke weit die innere Auskleidung des Kanallumens. Allmählich ver- dickt sie sich durch die Thätigkeit ihres spärlichen Periosts (Fig. 65 obl), wie man annehmen darf, da in ihr, wenn auch sehr selten, Knochen- körperchen nachweisbar sind. Bei einem 5cm großen Exemplar er- scheint sie als ansehnlich dicke Schicht (Fig. 65 pX), immer noch gegen die ihr außen auflagernden Knochenlagen (X) deutlich abgegrenzt. Die eben erwähnten äußeren Knochenlagen (X) verdicken sich hauptsächlich unter Bildung von Vorsprüngen und Ausbuchtungen durch die Thätigkeit von Osteoblasten (s. Fig. 62). Indem die Enden dieser Knochenvorsprünge mit einander sich verbinden, zwischen den Vor- sprüngen aber in den Buchten keine Knochensubstanz abgelagert wird, entstehen (Fig. 65 HC) Havers’sche Kanäle. An Punkten großer Zug- wirkung scheinen sich Höcker beim jungen Thier durch direkte Ver- kalkung der umgebenden Bindegewebsfibrillen zu bilden (Fig. 59, 60 hoe); später (Fig. 62, 65) zeigt sich der Verknöcherungsrand solcher. Stellen dicht mit Osteoblasten besetzt, zwischen welchen anscheinend unyerkalkt bleibende Periostfasern senkrecht zum Knochenrand in den Knochen eingeschlossen werden. Es hat diese Untersuchungsreihe ergeben, dass alle Knochenbildung in der knorpelig angelegten Wandung des den Can. sem. ext. enthalten- den Lumens abhängt vom Perichondrium resp. Periost, und dass der Knorpel keinen Theil an ihr hat. Das Supraclaviculare vom Hecht. (Mit Fig. 66, 67, Taf. VII.) Ich habe es bislang absichtlich unterlassen, die Histogenese der- jenigen Knochen in einem besonderen Abschnitte zu behandeln, welche ausschließlich im Bindegewebe, ohne engen Anschluss an eine knorpelige 9%* 132 Carl Schmid-Monnard, Grundlage, entstehen. Der Bildungsprocess jener Knochen ist der gleiche, wie er sich beim Wachsthum der vom Periost überlagerten, an der Oberfläche des Knorpelcraniums entstehenden Knochenschichten zeigt. Nur auf ein besonderes Verhältnis will ich aufmerksam machen. Es betrifft dies das Verhalten der Suarpry’schen Fasern in den mitten im Bindegewebe sich bildenden Knochen. Ich will dasselbe an dem Supraclaviculare vom Hecht erläutern. Auf Querschnitten sieht man die Suarpey’schen Fasern (Fig. 66 Sh) senkrecht zum Verknöcherungsrand vom Periost her in den Knochen hineindringen. In der Mitte desselben vereinigen sie sich zu einem anastomosirenden Geflecht. Dieses Geflecht oder Fasernetz zieht bandartig zwischen den Havers’schen Kanälen hin, denselben ausweichend. Auf Querschnitten (Fig. 66) zeigen sich eben sowohl wie auf Längsschnitten (Fig. 67) zwischen den anastomosirenden Fasern Bindegewebszellen (z), runde Kerne mit einem Protoplasma- klümpchen. Dies Verhalten traf ich auf verschiedensten Stadien. Ich will dieses Fasernetz mit demselben Ausdrucke, mit welchem GEGENBAUR (Über die Bildung des Knochengewebes, Jen. Zschr. 1867, Bd. III, p. 234) das entsprechende Gebilde im Metatarsus vom Rinde und an anderen Knochen anderer Thiere kennzeichnete, als »Wurzelstock« be- zeichnen. Dieses flächenhaft in allen Stadien im Gentrum des Knochens ausgebreitete Gebilde mag die Stelle sein, an der von Seiten der Osteo- blasten die erste Knochenablagerung stattfand. Die radiär von ihm aus- gehenden Suarpzy’schen Fasern geben eine Andeutung, in welcher Rich- tung hauptsächlich der Knochen gewachsen ist. Ich habe eine Verkalkung des Wurzelstockgeflechtes nicht bemerkt; dasselbe erscheint hier als die bindegewebige Grundlage des Knochens. Das gleiche Gebilde ist nachweisbar in vielen andern Hechtknochen, wenn auch nicht in dieser exquisiten Form; auch an gewissen Knochen anderer Fische konnte ich sein Vorhandensein konstatiren. Ergebnisse und Schlussfolgerungen. Im Eingange meiner Abhandlung erörterte ich, was von Seiten ver- schiedener Autoren zur Lösung der Frage nach der Histogenese der . Teleostierknochen beigetragen worden sei. Ich kam zu dem Schluss, dass eine eingehende Beantwortung dieser Frage noch nicht gegeben sei. Es galt also zu zeigen, auf welche Weise die Knochensubstanz der Teleostier gebildet werde, und welche Gewebe an dieser Bildung direkt sich betheiligten. In den vorliegenden entwicklungsgeschichtlichen Darstellungen über verschiedene Skeletitheile habe ich versucht, die fragliche Betheiligung der verschiedenen skelettbildenden Gewebe am Aufbaue der Knochensubstanz klar zu stellen. Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 133 Ich finde hinsichtlich der Histogenese: 4) Die erste Knochensubstanz entsteht stets außerhalb desKnorpels, ein Verhältnis, wie es von GEGENBAUR bereits angegeben worden ist. 2) Im weiteren Verlaufe der Knochenentwicklung an gewissen, knorpelig präformirten Skeletttheilen können alle skelettbildenden Ge- webe entweder direkt (direkt verknöchernder Knorpel, direkt ver- knöcherndes Bindegewebe) oder indirekt (durch Vermittlung und Thätig- keit von Osteoblasten) an der Knochenbildung betheiligt sein. Diese Thatsache der Entstehung eines und desselben Skeletttheiles aus allen skelettbildenden Geweben zugleich verliert nicht ihre Bedeutung durch den Umstand, dass an den meisten Skeletttheilen die Knochensubstanz ausschließlich vom Perichondrium aus gebildet wird. 3) Die erstentstandene Knochensubstanz ist stets eine homogene Masse, in welcher weder Knochenzellen noch Bindegewebsfasern vor- kommen (primäre Knochenlamellen). In diesem Verhalten ist dieselbe dem Dentin vergleichbar. Wie ich aus Grass!’s Auszug aus seiner Arbeit über Entwicklung der Teleostierwirbelsäule {l. c.) entnehme, hat ein gleiches Verhalten an der Wirbelsäule statt. Dagegen lässt sich, abgesehen von den primären Knochenlamellen, die übrige Knochensubstanz in den von mir untersuchten Skelettiheilen derjenigen Teleostier, deren Knochen aus Zahnbein bestehen sollen, durchaus nicht so direkt dem Dentin gleichsetzen im Gegensatz zu »echter« Knochensubstanz. So finde ich im gesammten Skelette des Hechtes, ferner bei Perca fluviatilis, Lucioperca sandra, Acerina vul- garis, Gottus Gobio, Gadus aeglefinus und Lota vulgaris, deren Knochen- gewebe nach Körrıker keine Knochenkörperchen, mehrfach dagegen Zahnröhrchen enthält (Würzb. Verh. 14859, Bd. IX, p. 258 f.), und von KöLtiker als osteoides Gewebe oder Dentin dem vechten« Knochenge- webe (z. B. des Lachses) gegenüber gestellt wird, Knochenkörperchen hie und da, wenn auch in unregelmäßiger Lagerung, eingestreut in die Knochensubstanz. Dagegen habe ich mich bei keiner der von mir unter- suchten Arten von der Anwesenheit dentinartiger Röhren überzeugen können. Ich schließe, dass die Ansicht von deren Vorhandensein ent- stand in Folge einer Verwechselung mit Suarrzv’'schen Fasern, deren Anordnung, so beim Hecht, bei Lota vulgaris (in quergeschnittenen Flossenstrahlen) etc. der Anordnung von Zahnröhrchen außerordentlich gleicht. Diese Verwechslung wird durch die Unvollkommenheit der - früheren Methoden leicht erklärlich. &) Die Mannigfaltigkeit in der Kombination der verschiedenen histologischen Erscheinungen, welche mit der Knochenbildung in Zu- sammenhang stehen, entspricht dem primitiven Verhalten des Teleostier- 134 Carl Schmid-Monnard, skeletts, indem in dieser Mannigfaltigkeit die Möglichkeit einer extremen Ausbildung des einen oder anderen Entwicklungsmodus, wie sie sich bei den verschiedenen höheren Wirbelthierklassen in -der That zeigt, gegeben ist. | Für die Frage nach der Homologie der Knochen ergeben sich aus meinen Beobachtungen zwei Antworten, welche, auf verschiedenem Wege gewonnen, jene Frage in gleichem Sinne lösen. Ich hatte im Eingange meiner Abhandlung angeführt, wie nach Köruiger die Histogenese das ausschließliche Kriterium sei für die Fest- stellung von Homologien, wie dagegen GEGENBAUR den vergleichend anatomischen Weg zu ihrer Auffindung betrete. In der That nun findet die Grsensaur’sche These, dass ein allmählicher Übergang stattfinde von einem mitten im Bindegewebe entstehenden (Deck-)Knochen zu einem solchen, der im engen Anschlusse an eine knorpelige Grundlage sich bilde, ihre volle Bestätigung durch den von mir ontogenetisch geführten Nachweis, dass das Squamosum vom kalifornischen Lachs als ein der- artiger Deck-Knochen entstanden, im Laufe seiner Entwicklung dem Schädelknorpel sich anlegt und von da ab alle Wachsthumserscheinungen zeigt, wie sie einen von Anfang an »im engen Anschluss an eine knorpelige Grundlage« gebildeten Knochen charakterisiren. Eine eben so bestimmte Antwort ergiebt aber auch meine Beobach- tung über die Knochenbildung am Squamosum vom Hecht. Bei Dar- stellung dieses Processes zeigte ich, wie das Squamosum entstehe aus allen skeletibildenden Geweben überhaupt; theils durch direkte Binde- gewebsverknöcherung, theils durch Thätigkeit von Osteoblasten, theils endlich durch Überführung von Knorpelgewebe in toto in persistirendes Knochengewebe. Wenn nun ein Knochen — und sei der Verknöche- rungsmodus am Squamosum auch nur für diesen einzigen Knochen als Regel zu konstatiren (obwohl ich glaube, dass bei hinreichendem Ma- terial der gleiche Vorgang auch für andere Skeletttheile, z. B. den pri- mären Schultergürtel von Silurus Glanis, sich wird nachweisen lassen) — wenn nun ein Knochen, sage ich, entsteht aus allen den Geweben, aus denen Knochengewebe überhaupt entstehen kann, so ist klar, dass man keinen Unterschied machen kann zwischen den verschiedenen Knochen ihrer Entstehungsweise nach. Kurz ausgedrückt: die Histo- genese der Knochen kann kein Kriterium sein für die Frage nach der Homologie der Knochen, und der vergleichend anatomischen Unter- suchung bleibt es überlassen, die Antwort auf diese Frage zu finden. Würzburg, im März 1883. w Die Histogenese des Knochens der Teleostier. 135 Erklärung derin Text und Tafeln gebrauchten Abkürzungen. amk, Augenmuskelkanal; c'R, siehe bei c’; art.C, Gelenkknorpel am Hyomandibulare c.s.e., häutiger Canalis semicircularis ex- vom Hecht; ternus; Bg, Bg’, Bindegewebe; c.s.p., häutiger Can. semicircularis poste- C, hyaliner, unverkalkter Knorpel; rior; c, Zelle des unverkalkten Knorpels; Epd, Epidermis; C’, verkalkter Knorpel; gef, Gefäß; c', c’R, verkalkte Knorpelkapsel ; HC, Havers'scher Kanal; cav.cr., Cavum cranii; HL, Havers’sche Lamelle; ch.d., Chorda dorsalis; hm, Hyomandibulare; cl, Clavicula; hoe, Höcker und Knochenvorsprünge; hor W, untere, horizontale Wandung vertW, senkrecht aufsteigende » gen Can. sem. ext. enthaltende Lumen von ) \ ion der Ohrkapsel, welche das den häuti- unten her, resp. von der Seite begrenzen; hW, henkelförmige Wandung; Sp, Spangenknorpel; K, K’, Knochen; sq, Squamosum ; k, Knochenkörperchen; s.v., Saccus vestibuli ; 0.b., 0.b’., Occipitale basilare; vertW, siehe bei hor W; obl, Osteoblasten; P, Periost; W, Wurzelstock ; Pch, Perichondrium;; z, Bindegewebszelle; pe, Petrosum; *, Lage des häutigen Can. sem. post. im pK, primäre Knochenlamelle; hinteren Theile der Obrkapsel vom kali- ps, Parasphenoid; fornischen Lachs; R, R,, Resorptionsraum ; —— Pfeil, in dessen Richtung irgend wel- Sh, SHARPEY’sche Faser; cheim Text geschilderten Entwicklungs- sk, Schleimkanal im Squamosum; processe fortschreiten. Erklärung der Abbildungen. (Die Längenangaben in Centimetern beziehen sich auf die Länge des ganzen Thieres von der Schnauze bis zur Spitze der Schwanzflosse.) Alle Figuren sind mit der Camera gezeichnet. Tafel VI, Fig. 4—8. PrimärerSchultergürtelvomkalifornischen Lachs. Fig. 1. Exemplar 5,5 cm. Vergr. 40mal. Fig. 2. Derselbe Schnitt wie Fig. 1. Vergr. 200mal, Fig. 3. Exemplar 6,4 cm. Vergr. 40mal. Fig. 4. Derselbe Schnitt wie Fig. 3. Vergr. 200mal. Fig. 5. Exemplar 47 cm. Vergr. 40 mal. Fig. 6—8. Exemplar 47 cm. Vergr. 200mal. Fig. 9-17. Oceipitale basilare vom kalifornischen Lachs. Fig. 9. Exemplar 2,9 cm. Vergr. 40mal. Fig. 40. Exemplar 3,8 cm. Vergr. 40mal. Fig. 41. Exemplar 3,8 cm, Vergr. 40mal. Fig. 12. Exemplar 3,8 cm. Vergr. 160mal. Fig. 43. Exemplar 5 cm. Vergr. 40mal. Fig. 44. Exemplar 5 cm. Vergr. A60mal. Fig. 45. Exemplar 5 cm. Vergr. 40mal. Fig. 46. Exemplar 6,4 cm. Vergr. 40mal. Fig. 47. Exemplar 6,4 cm. Vergr. 460mal. Fig. 48—27. Epioticum vom kalifornischen Lachs. Fig. 48. Exemplar 5 cm. Versr. 20mal. Fig. 419. Exemplar 6,4 cm. Vergr. 20mal. Fig. 20. Exemplar 6,1 cm. Vergr. 460mal. Fig. 21. Exemplar 44,5 cm. Vergr. 20 mal. 136 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig, Fig. Fig. Fig. Fig. Carl Schmid-Monnard, . Exemplar 47 cm. . Exemplar 47 cm. . Exemplar 47 cm. . Exemplar 47 cm. . Exemplar 47 cm. . Exemplar 47 cm. Die Histogenese des Knochens der Teleostier. Tafel VII. Vergr. 20mal. Vergr. 20mal. Vergr. 20mal. Vergr. 460mal. Vergr. 160mal. Vergr. 160mal. Fig. 233—32. Squamosum vom kalifornischen Lachs. 28. . Exemplar 2,9 cm. Vergr. 230mal. . Exemplar 2,9 cm. Vergr. 230mal. . Exemplar 5 cm. Vergr. 80mal. . Exemplar 44,5 cm. Vergr. 26mal. Exemplar 2,9 cm. Vergr. 80mal. Fig. 33—40. Occipitale basilare vom Hecht. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 43 cm. . Exemplar 43 cm. . Exemplar 43 cm. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 43 cm. . Exemplar 43 cm. Vergr. 23 mal. Vergr. 230mal, Vergr. 23mal. Vergr. 230 mal. Vergr. 230mal. Vergr. 200mal. Vergr. 200mal. Vergr. 230mal. Tafel VIII. Fig. 44—50. Squamosum vom Hecht. . Exemplar 7 cm. Vergr. 50mal. . Exemplar 7 cm. Vergr. 460mal. . Exemplar 27 cm. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 20 cm. . Exemplar 27 cm. . Exemplar 27 cm. . Exemplar 27 cm. Vergr. 230mal. Vergr. 50mal. Vergr. 460mal. Vergr. 50mal. Vergr. 50mal. Vergr. 460mal. Vergr. 25mal. Vergr. 25mal. . 54—57. Frontale posterius von CGobitis barbatula. . Exemplar 2,5 cm. Vergr. 40mal. . Exemplar 2,5 cm. Vergr. 40mal. . Exemplar 3,5 cm. Vergr. 40mal. . Exemplar 3,5 cm. Vergr. 230mal. . Exemplar 6 cm. Vergr. A0mal. . Exemplar 9 cm. Vergr. 20mal. . Exemplar 9 cm. Vergr. 230mal. Tafel IX. Fig. 58—65. Ohrkapsel vom Stichling, . Exemplar 4 cm. Vergr. 460mal. . Exemplar 4,3 cm. . Exemplar 1,3 cm. . Exemplar 1,8 cm. . Exemplar 2,6 cm. . Exemplar 2,6 cm. . Exemplar 3,5 cm. . Exemplar 5 cm. Vergr. 460mal. Vergr. 460mal. Vergr. 160mal. Vergr. 460mal. Vergr. 460mal. Vergr. 460mal. Vergr. 40mal. Fig. 66, 67 (auf Taf. VIII). Supraclaviculare vom Hecht. 66. 67. Exemplar 56 cm. Vergr. circa 230mal. Querschnitt. Exemplar 34,5 cm. Vergr. circa 230mal. Längsschnitt. Bemerkungen hinsichtlich der Blutbahnen und der Bindesubstanz bei Najaden und Mytiliden. Von W. Flemming in Kiel. Eine Abhandlung Korımann’s ! und die in dieser Zeitschrift publieirte Arbeit GriessacH’s?2 geben den Anlass zu diesen Bemerkungen. Beide treten meinen früheren Angaben in einem Punkt entgegen, der zwar für die Morphologie des Molluskengefäßsystems im Ganzen weniger Bedeu- tung hat, für die Kenntnis der Bindesubstanzen bei Wirbellosen aber nieht unwichtig ist. Da ich zunächst kaum in der Lage sein werde, mich mit Histologie der Mollusken weiter zu beschäftigen, mögen mir die fol- genden Äußerungen gestattet sein, damit ich nicht Gefahr laufe, nach dem Satze » qui tacet consentit« beurtheilt zu werden und damit in die- sem Fall als Theilhaber von Ansichten zu gelten, die ich nicht für rich- tig halten kann. Diese Gefahr liegt nahe, erstens weil GrIEsBACH, wie er auch angiebt, vor Veröffentlichung seiner Arbeit meine Präparate ge- sehen und mit mir korrespondirt hat, und doch theilweise abweichender Meinung geblieben ist; sodann, weil KoLLmann auf p. 44 seiner Abhand- lung aussagt, »ich sei nunmehr (1882) zum großen Theil zu seiner An- sicht bekehrt worden«. Ich muss ausdrücklich in Abrede nehmen, dass dies geschehen wäre, und muss mir dazu erlauben, den historischen Sachverhalt hier kurz zu resumiren. Ich habe 1871 3 das schwellfähige Gewebe im Fuß, Mittelkörper und Mantel von Anodonta und Mytilus mit Hilfe von Här- tungsschnitten, Färbung und Injektion untersucht und dabei gefunden : dass in diesen Theilen, außer den wahren endothelhaltigen Gefäßen, 1 Über Verbindungen zwischen Coelom und Nephridium. Festschrift zur Feier des 300jähr. Jubil. d. Univ. Würzburg. Basel 1882. 2 Über das Gefäßsystem und die Wasseraufnahme bei Najaden und Mytiliden. Diese Zeitschr. 1883. Bd. XXXVIH. p. 1. 3 Über Bindesubstanzen und Gefäßwandung bei Mollusken. Habilit.-Schrift, Rostock 1871. 138 W. Flemming, der größte Theil der Blutbahnen aus endothellosen 1 unregelmäßig ge- formten, sehr aufweitungsfähigen Räumen besteht, auf die ich damals selbst den Namen Lakunen? angewendet habe; und dass die großen gerundeten Elemente, die in denselben Körpertheilen massenhaft vor- kommen, die sogenannten Langer'schen Blasen, nicht etwa die Blut- bahnen selbst sind, wie LAnseer vermuthet hatte, sondern Zellen von rundlicher Form und mit eigenthümlich metamorphosirter, erweichter Substanz (darum: Schleimzellen). KoLımann hat vier Jahre später ? umfassende Unterstehunigen über Gefäßsystem und Bindesubstanzen der Acephalen zu publiciren be- gonnen, bei denen er in dem Punkt, auf den es mir hinsichtlich der Blutbahnen wesentlich ankam, zu dem gleichen Resultat gelangte wie ich: nämlich, dass die Übergangsblutbahnen in dem Schwellgewebe Räume in der Bindesubstanz ohne besondere Wand und ohne Endothel sind, die auch von ihm Lakunen genannt werden. In diesem Punkt ist also nicht davon zu reden, dass ich zu einer Ansicht KoLımann’s bekehrt worden wäre, im Gegentheil hat sich Korımann darin der meinigen an- geschlossen. | | Der Differenzpunkt zwischen uns blieb allein der, dass ich die i Dabei habe ich gerade die Frage nach dem Vorhandensein eines Endothels in diesen Räumen speciell mit Hilfe der Silberbehandlung, mit nicht geringer Mühe, verfolgt; mit dem Ergebnis, dass in den betreffenden Lakunen keine Endothel- grenzen zu finden waren, während solche in den wahren Gefäßen des Mollusken- körpers bekanntlich sehr gut zu zeigen sind (Eserrn). Zu dem gleichen Resultat, dass die Lakunen kein Endothel besitzen, sind dann 4, bez. 42 Jahre nachher KoLL- MANN und GRIESBACH gekommen. — Ich erwähne dies, weil sich in GRIESBACH'S Litteraturübersicht (p. 9 a.a. O.) die folgende Darstellung meines Ergebnisses findet: »FLemmıne nimmt zwar lakunäre Blutbahnen an, betrachtet aber das Gefäßsystem, in so fern es überall von einer Endotheldecke ausgekleidet wird, als ein geschlos- senes.« Dies wird Jeder so verstehen, als ob ich in der That überall Endothel ge- funden hätte, und es ist das also, in jener unglücklich gewählten Ausdrucksform, eine totale Umdrehung meines Ergebnisses; obwohl GriEspAcH etwas Derartiges gewiss nicht beabsichtigt hat, denn er führt an einer anderen Stelle (p. 49) selbst an, dass ich in den Lakunen kein Endothel gefunden habe. 2 Daneben habe ich allerdings auch den Ausdruck »Gefäßschläuche« gebraucht, und will KoLLmAnn gern zugeben, dass dieser Name nicht empfehlenswerth ist, weil er zu einer Verwechslung mit cylindrischen, gangförmigen Gefäßen mit besonderer Wand Anlass geben könnte. An eine solche Form der Schwellnetzbahnen habe ich aber durchaus nicht gedacht, wie meine ganze Darstellung a. a. O. bezeugt, und habe besondere Wände ausdrücklich in Abrede genommen. 3 Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 4876. p. 87; weitere Arbeiten siehe Archiv für mikr. Anat. Bd. XIII. p. 848 Anm. Korrmann’s Studien sind wohl jedenfalls noch ohne Kenntnis meiner kleinen Habilitationsschrift begonnen, die er dann vor seiner erstgenannten Publikation bei mir nachsuchte. Bemerkungen hinsichtl. der Blutbahnen u. der Bindesubstanz bei Najaden u. Mytiliden. 139 Langer’schen Blasen für Zellen erklärt habe, weil ich darin ihnen zuge- hörige Kerne fand und weil mir zahlreiche Injektionen zeigten, dass die Masse (Berlinerblau-Leim oder Lösung ohne Leim) zwischen den Blasen und nicht in dieselben vordrang; während Korımann die Blasen für die Lakunen selbst hielt, weil er ihre Kerne an einem weniger gün- stigen Objekt (Anodonta) nicht konstatiren konnte oder für Blutzellen nahm, und weil er Injektionen der betreffenden Art nicht erhalten hatte. Selbstverständlich bezieht sich dieser Zwist nur auf diejenigen, vorher erwähnten Körpertheile, in denen überhaupt Lanser’sche Blasen (Schleimzellen) vorkommen. In anderen, wo sie fehlen oder nur gering verbreitet sind (rothbraunes Organ der Najaden, Fußspitze derselben, Mantelzacken u. A.) trifft KorLımann’s Auffassung völlig zu, dass die ge- rundeten oder anders geformten Lücken im Gewebedurchschnitt durch- weg Lakunen entsprechen, und dies habe ich bereits ausdrücklich an- erkannt!. Aber diese Lakunen dürfen, was ich eben KoLLmann gegen- über festzuhalten habe, keineswegs mit den Lansee’schen Blasen ver- wechselt werden. Auch hierin nun muss ich meiner früheren Beschreibung durchaus treu bleiben, und habe die speciellen Belege dafür inzwischen in zwei Ar- beiten 2, auf die ich dafür verweise, so wie 1877 auf der Münchner Natur- forscheryersammlung beigebracht. Korımann beharrt auch jetzt bei der Meinung, dass die bezüglichen Zellkerne Blutkörperchen und die LAngEr- schen Blasen Bluträume seien ?®. Er hat sich begnügt, diese Behauptung einfach hinzustellen und für ihre Begründung auf die inzwischen er- schienene Arbeit GrIEsBAcH’s zu verweisen®. Ich habe also zu unter- suchen, in wie fern dieselbe dieser Aufgabe nachgekommen ist. Hierfür ist zwischen dem Text der Arbeit Grıssracn’s, und den An- merkungen zu unterscheiden, welche geschrieben wurden, nachdem GriEsBAcH die Freundlichkeit gehabt hatte, einen Theil meiner Präparate anzusehen. Um mich zu widerlegen, war zunächst zu zeigen, dass die be- treffenden Kerne der Langer’schen Blasen entweder nicht zu diesen ge- hörten, oder Blutkörperchen seien ; nachdem ich ihren Zellkerncharakter, ihre völlige Verschiedenheit von Blutkörperchen und ihre Lage in den 1 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XV. p. 249. Das enthält jedoch keine Be- kehrung zu KorLmann’s obiger Ansicht; denn meine von ihm angegriffene erste Schrift beschäftigte sich nicht mit den Geweben, wo es so ist, sondern mit dem blasigen Gewebe, wo es anders ist. 2 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XII, p. 818 und Bd. XV, p. 243. 3 Siehe die oben citirte Baseler Festschrift, p. 44—43. 4 Wenn auch nicht namentlich, so doch indirekt (a. a. O., Zeile 5—6). 140 W. Flemming, Langer’schen Blasen ausführlich in den zwei genanten Arbeiten be- schrieben hatte. Im Text seiner Abhandlung ist Griessach noch der ersteren Ansicht, geht jedoch auf eine Kritik meiner pösitiv entgegen- stehenden Schilderungen und Abbildungen nirgends ein; als Beleg für seine Annahme finde ich nur die Behauptung, »dass die vermeintlichen Kerne und das Protoplasma im Innern der Gallertbalken ! lägen, und dass er immer wirkliche Blutkörperchen in den blasenartigen Räumen finde« (p. 16 a. a. O.). Da ich Beides in den oben citirten Arbeiten »mit dem gesammten Hilfsapparat des modernen Mikroskopikers« bereits aufs Detaillirteste bestritten und das Gegentheil demonstrirt habe, so kann mir eine solche Gegenäußerung nicht genügen. Ich bezweifle damit aber gewiss nicht, dass Grizssacn oftmals (nur nicht »immer«) wahre Blutkörperchen in Räumen gefunden hat, welche etwa die Form und Größe von Lanser’schen Blasen haben können; denn ich habe das be- reits selbst ausführlich beschrieben ?. An denjenigen vorher erwähnten Körperstellen, wo es wenig oder keine Lanezr’schen Blasen und dabei reichliche Lakunen giebt, kann man natürlich am Schnitt in den letzteren Blutzellen finden. Es handelt sich hier eben wieder um eine Verwechs- lung von Lakunen und Lanser’schen Blasen. Ein weiteres Verweilen bei den bezüglichen Textstellen ist mir jedoch durch Grizsgacn’s eigene, später hinzugefügte Anmerkungen er- spart. Er bedauert darin, meine Präparate nicht früher gesehen zu haben, giebt zu (p. 17 Anm. 2), »dass das Gebilde, welches Fremning als Kern seiner Zellen deutet, an seinen Präparaten — wenigstens nicht auf den ersten Blick — kaum eine andere Deutung zulässt«; er spricht an einer andern Stelle (p.37 Anm.) aus, »dass er diese Gebilde in ihrer kaum zu verkennenden Kernnatur, ehe er meine Präparate kannte, nicht ge- sehen habe«, und sagt kurz zuvor: »welche Bewandtnis es nun mit den besprochenen Kernen hat, ist mir einstweilen räthselhaft«. Hiernach hat also die positive Behauptung KoLımann’s a. a. 0. p. 45: »die von FLEMMInG sogenannten Kerne sind einfach Blutkörper- chen«, durch Grizsgacn’s Arbeit nicht die erwartete Bestätigung, sondern eine Widerlegung erfahren — denn so darf ich mich nach Grizsgacn’s eigenen Worten »kaum zu verkennende Kernnatur« ja wohl ausdrücken 3. ! D.i. nach meiner Auffassung: der collabirten Blutbahnwände, 2 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XV. p. 249. Taf. XIV, Fig. 9. 3 Bis jetzt haben mir mit Ausnahme Korımann’s noch alle sachkundigen Histo- logen, denen ich auf der Münchner Versammlung und anderweitig meine Präparate zeigte, die Kernnatur der betreffenden Dinge sofort bestätigt. Ein ganz ähnliches Gewebe wie das in Rede stehende ist kürzlich bei Cephalopoden (Wulst der Vesi- cula seminalis) von Brock erwähnt worden (diese Zeitschr., Bd. XXXVI, p. 562). — Will sich Jemand überzeugen, ohne all die komplicirten Mittel die ich a. a. O. an- Bemerkungen hinsichtl, der Blutbahnen u. der Bindesubstanz bei Najaden u. Mytiliden. 141 Leyois !, der über den Kerncharakter dieser Dinge nicht in Zweifel geblieben ist, hat versucht einen Mittelweg zwischen KorLımann’s und meiner Ansicht zu eröffnen; er hält, wenn ich seine Ansicht richtig fasse, für möglich, dass der Zellenleib, der zum Kern gehörte, ganz oder größtentheils verflüssigt, und dass der Raum, den er einnahm, also die Langer’sche Blase, dadurch in der That zu einem Theil der Blutbahn geworden sein kann. Ich würde auf solches Kompromiss gern eingehen, wenn nicht zwei Dinge wären. Erstens steht es bis jetzt ohne Analogie da, dass runde Kerne, nur theilweise mit ganz weichen und lockeren Massen von Zell- substanz umgeben, die dauernden Wandbestandtheile einer Blutbahn bilden. Weit wichtiger ist der andere Grund; meine Injektionsprä- parate zeigen, dass die in Gefäßbahnen eingespritzte Masse an den Orten, wo Langer’sche Blasen sind, nicht in den Raum dieser Blasen eindringt, sondern zwischen den Umfängen der Blasen dahingeht. Hiermit komme ich zu dem zweiten Punkt, der in Griessacn’s Arbeit bewiesen werden sollte, aber wie ich behaupten muss, nicht bewiesen worden ist. Wenn sie zeigen wollte, dass die Langer’schen Blasen Blut- lakunen sind, so hätte sie vor Allem jene meine Injektionspräparate auf- zuklären gehabt, an denen auf das deutlichste die blaue Masse zwischen den Blasen vordringt, sie aus einander drängt, ohne in sie einzudringen, und zwar dies in allen Übergängen vom ersten schwachen Vordringen bis zu starker Füllung. Diese Präparate, Ergebnisse vieler verschiedener Injektionen, liegen mir noch heute vor; GRrIESBAcH hat sie gesehen, und mir auf den ersten Blick bestätigt, dass sie meinen Zeichnungen? ent- sprechen. Ich habe von ihm, wie schon früher von Korımann, vergeb- lich irgend eine Erklärung dieser Präparate gefordert. Wenn dieselben in irgend einer Art Artefacte im üblen Sinne sein sollten — und das müssen die Gegner doch wohl annehmen, da sonst ihre Meinung unhalt- bar ist — so verlange ich nach wie vor irgend einen Aufschluss darüber, wie sie zu Stande kommen; wie es zugehen kann, dass eine flüssige Injektionsmasse die Wege vermeidet, die nach Korımann offen stehen sollen, nämlich die Langer’schen Blasen, und statt dessen in die Zwischen- räume zwischen diesen Blasen vordringt, die nach KoLımann solide gegeben habe, so braucht er nur von einem in Alkohol gut gehärteten Mytilus edulis einen Schnitt durch das Mittelkörpergewebe zu machen und ohne Weiteres in Glyce- rin oder nach Färbung, zu betrachten; er wird da ausgedehnte Strecken von dem Gewebe der Langer’schen Blasen eingenommen finden, und keinen Zweifel behal- ten, dass die darin liegenden kleinen runden Kerne zu ihnen gehören, und nicht etwa Blutzellen sein können; sie liegen ganz einzeln vertheilt, nie häufchenweis in den Blasen. 1 Festschrift für die naturforsch. Gesellsch. zu Halle. 2 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XIII. Taf. XLIX. 142 -W. Flemming, Gallertbalken sein sollen. Da man mir jede Antwort hierauf schuldig geblieben ist, so darf ich behaupten, dass meine bisher vertretene An- sicht über dies Gewebe völlig zu Recht besteht. Dagegen kann ich meinerseits eine wenigstens theilweise Erklärung dafür finden, wesshalb die Injektionsergebnisse KoLımann’s und GRIES- pacH’s anders ausgefallen sind oder anders gedeutet wurden, als meine be- treffenden. Beide gebenan, die Injektionsmasse in Langer’sche Blasen hin- eingebracht zu haben. Zum Theil kann dies wiederum auf einer Verwech- selung Langer’scher Blasen und wirklicher Lakunen beruhen. Die einzige bezügliche Abbildung Grizsrach#’s zum Beispiel, seine Fig. 18, Taf. I, zeigt blau gefüllte ungleich große Räume, die zum Theil etwa die Formen und Dimensionen von Langer’schen Blasen haben. Solche Bilder sind mir wohl bekannt, man erhält sie in der That auch bei guten Injektionen z. B. aus der Fußspitze und aus Gegenden der Fußbasis bei Najaden, wo es eben kein Schleimzellengewebe (Langzr'sche Blasen) giebt. Wo dagegen Letzteres ist, wie es im größten Theil der Fußmitte und des Mantels vorliegt, habe ich gleiche Bilder bei frisch injicirten Thieren nicht gefunden. Dagegen ist es mir, wie ich schon a. a. O. erwähnte, an abgestorbenen Muscheln, besonders bei stärkerem Injektionsdruck allerdings vorgekommen, dass sich auch in den schleimzellenhaltigen Theilen Alles gleichmäßig füllte. Da hierfür offenbar die Erklärung am nächsten liegt, dass das erweichte Gewebe hier überhaupt zerrissen wurde und die verflüssigte Substanz der Schleimzellen sich mit der In- jektionsflüssigkeit mischte, so können solche Bilder jenen andern gegen- über offenbar keine Beweiskraft haben; sie sind zunächst als Kunst- produkte verdächtig, nicht aber jene. Ich lasse es dahingestellt, in wie weit solche diffuse arteficielle Füllung bei KoLımann’s und GRIESBACH'S Präparaten mitgespielt haben mag. Letzterer Forscher hat nun zwar auch einen Untersuchungsweg he- nutzt, der beim ersten Blick als besonders unschuldig und naturgemäß erscheinen kann. Er hat durch Selbstinjektion des lebenden Thieres (Anodonta) vermittels in das umgebende Wasser eingebrachter Farb- stoffe ! nach seiner Darstellung p. 18 und p. 37 Anm. hie und daFüllungen der Langer'schen Blasen erzielt, theils mit gelösten, theils mit körnig suspendirten Farbstoffen. Da Grızssach nicht näher angiebt, an welchen Körperstellen er Letzteres beobachtet hat?, so muss ich es zunächst 1 Über das Verfahren siehe in GrıessAcn#’s Arbeit a. a. ©. Zur Beurtheilung ist jedoch auch der Aufsatz CArrıkre’s (Zool. Anzeiger A883, Nr. 438, p. 250) zu vergleichen. 2 Ausgenommen p. 37, wo dafür »Partien der Fußschneide« erwähnt werden. Aber gerade an der Fußschneide kommen keine LanGer’sche Blasen vor, wie ich # Bemerkungen hinsichtl. der Blutbahnen u. der Bindesubstanz bei Najaden u. Mytiliden. 143 fraglich lassen, in wie fern hier wieder wahre Lakunen mit Laneer’schen Blasen verwechselt worden sein mögen. Angenommen, dass wirklich in Letzteren gefärbte Masse als Inhalt gesehen wurde, so sind zunächst Farbstoffe wie Jodgrün natürlich als nichtbeweisend auszuschließen, da sie einfach den Inhalt der Blase, nach mir also die Substanz der Schleim- ' zelle, durch Imbibition tingiren können, sobald sie mit deren Umfang in Kontakt kommen. Grizssach hat ferner, nachdem er solche Selbstin- jektionen mit in dem Wasser suspendirten Pulvern ausgeführt hatte (Magnesia- oder Karminpulver), nach meinem früheren Verfahren Ge- frierschnitte gemacht, und an denselben »an Partien der Fußschneide oftmals sogar von den in das gefärbte Wasser hineingestreuten Pulvern etwas im Inneren der kugelartigen Gebilde wahrgenommen«. Daes, wie eben angemerkt ist, an der Fußschneide keine Langer'schen Blasen, sondern nur wirkliche Lakunen giebt, so kann ich in diesem Befund nichts Ausschlaggebendes sehen. Aber auch vorausgesetzt, man hätte Flüssigkeit mit darin suspen- dirtem körnigen Farbstoff durch Selbstinjektion in das Thier gebracht, und man fände nun am frischen Schnitt Farbstoffkörner in Langer'schen Blasen, so würde darin kein Beweis liegen, dass Letztere Blutlakunen sind. Denn man muss für solche Beobachtung doch einen Schnitt machen, sei es am ganz frischen, weichen Gewebe oder am gefrorenen. Mache ich nun die Annahme, dass entsprechend meiner Ansicht die Langer’schen Blasen große weiche Zellen sind, so wird man bei solchem Verfahren nicht vermeiden können, dass Farbstoffkörnchen aus Gefäßräumen durch den Schnitt über angeschnittene derartige Zellen gewischt werden und in ihrem schleimigweichen Inhalt haften bleiben; dagegen bietet auch das Gefrierpräparat keine Sicherheit, da ein Gefrierschnitt schon während des Schneidens, Auflegens und Eindeckens an der Oberfläche thaut. Um sicher zu sehen, wo hier Injektionsmasse liegt oder nicht liegt, dazu gehört für diese weichen Substanzen ein Schnitt durch das fest und gut gehärtete Gewebe, nach Einspritzung mit fest erstarrenden Massen, die selbst durch ihre Festigkeit erst den Halt zu geben haben, um einen dünnen Schnitt mit rein erhaltenem Situs zu ermöglichen. Dieser Art sind meine Injektionspräparate. Und auch an solchen kann es natürlich doch hier und da vorkommen, dass beim Schneiden, und noch mehr bei der Nachbehandlung und Montirung einmal etwas in eine angeschnittene Langer’sche Blase hineingestreift wird, was nicht hinein gehört. Ein solcher Importartikel ist z. B. die Diatomee, die GriEsgach (p- 37 a.a. O.) an einem meiner Präparate in einer Blase gefunden hat, dies im Archiv für mikr. Anatomie, Bd. XV, p- 243 ff., Taf. XIV, Fig. 8 a, b be- schrieben habe. 144 W. Flemming, Ben. hinsichtl. d. Blutbahnen u. d. Bindesubstanz bei Najaden u. Mytiliden. und die sich gewiss nicht für eine Deutung der Blasen als Bluträume verwerthen lässt. Denn in anderen Blasen finden sich Staubkörnchen, Hämatoxylinbröckchen von der Färbung her, und an Schnitten, welche Theile der männlichen Keimdrüsen enthalten, werden oft Spermatocyten “ aus diesen in die Blasen hineingewischt gefunden — alles dies eben so wenig Bestandtheile des Muschelblutes, als es jene Diatomee zu sein brauchte. Allemal lässt sich aber in solchen Fällen auch durch sorgfältige Einstellung konstatiren, dass die Blase, welche die Fremdkörper enthält, oben oder unten angeschnitten war. Nach dem Gesagten glaubte ich es mir ersparen zu dürfen, eine Nachprüfung jener Selbstinjektionen vorzunehmen, ehe ich diese Be- merkungen schrieb. Im regelrechten Gange wissenschaftlicher Erörte- rung kann man verlangen, zunächst die eigenen Argumente geprüft und widerlegt zu sehen, bevor man sich verpflichtet fühlt, neue, vom Gegner vorgeführte, selbst zu kontrolliren. Im vorliegenden Falle darf ich also auf eine Nachprüfung, oder Er- klärung meiner eigenen Injektionsresultate warten (s. oben), die der Anschauung Koımann’s und GriIESBAcH’s direkt entgegenstehen, ehe ich Anlass habe, dem Letzteren auf einem Wege zu folgen, der mir, wie eben ausgeführt, nicht völlig sicher zu sein scheint. Kiel, 13. Mai 1883. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Von Dr. Otto Hamann, Privatdocenten der Zoologie in Göttingen. I. Mittheilune. Die Holothurien (Pedata) und das Nervensystem der Asteriden. Mit Tafel X—XII und 1 Holzschnitt. e Einleitung. Da wir bisher über die Gewebe der Echinodermen noch so gut wie gar nichts wissen, so erschien es mir als eine besonders dankbare Auf- gabe, dieselben bei den verschiedenen Gruppen zu untersuchen. In einer Reihe von Mittheilungen gedenke ich die Resultate niederzulegen, von denen die erste über die Gewebe der pedaten Holothurien handeln und zugleich das Nervensystem der Asteriden in seinem histologischen Ver- halten klar legen soll. Bei einem Aufenthalte in Helgoland in den Sommerferien 1882 be- gann ich die Untersuchungen, um dieselben weiter fortzusetzen in dem zoologischen Institut in Göttingen, dessen Mittel mir Herr Prof. Euters als Direktor desselben zur Verfügung stellte. Hierfür so wie für mannigfache wissenschaftliche Belehrung sage ich auch an dieser Stelle meinen Dank. Das Material, welches mir zur Untersuchung vorlag, bestand aus gut konservirten Thieren aus der zoologischen Station zu Neapel. Sowohl Cucumaria cucumis Risso als Holothuria tubulosa Gmel. lag in konser- virtem Zustande vor. Außerdem war mir eine hinreichende Anzahl von Gucumaria Planci Brndt. im lebenden Zustande zu Händen. Besonders an diesen Exemplaren gelang es mir über die Hauptfragen ins Reine zu kommen. Von Asteriden untersuchte ich Asteracanthion rubens L. und Solaster papposus Retz, beide lebend aus der Nordsee stammend, so _ wie Ästropecten aurantiacus. Was nun die Untersuchung der Gewebe der Holothurien anlangt, so Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. AXXIX. Pd. 40 146 Otto Hamann, ist lebendes Material unerlässlich. Eine Arbeit, welche nur aus Resultaten bestände, welche an konservirtem Material gewonnen wären, ist als nahe- zu werthlos zu bezeichnen. Bei kaum einer anderen Thierklasse tritt eine so verschiedene Veränderung der Gewebe durch die verschiedenen Reagentien ein. Gute Resultate erhält man an mit Chromsäure oder Sublimat behandelten Thieren. Keine Flüssigkeit kann aber für alle Ge- webe angewendet werden. Man muss durch Probiren die für jedes be- sondere Gewebe passende Konservirungsflüssigkeit herausfinden. Eben so ist es mit den Färbemitteln. An ungefärbten Schnitten sieht man Manches, was bei Hämatoxylin oder gar Karminfärbung, nicht zu erkennen ist. Auch hier ist es nöthig die verschiedenen Färbemittel bei ein und demselben Gewebe anzuwenden. Für das Nervensystem der Asteriden hat mir außer Karmin vortreffliche Dienste gethan das von Weigerr ! empfohlene Säurefuchsin, welches ich in verschiedenen Lösun- gen (alkoholisch und wässerig) anwendete. Bei der Besprechung der verschiedenen Gewebe werde ich hier und da auf die mir als am besten erschienenen Konservirungsmethoden aufmerksam machen. Was nun die Litteratur angeht, so kann es hier nicht meine Aufgabe sein, die verschiedenen Arbeiten über die Anatomie der Holothurien zu besprechen, zumal sich nur zerstreute und wenige Angaben üher die Gewebe vorfinden. Überdies findet man auch in Seuper’s Monographie dieser Thiere die verschiedenen Abhandlungen eitirt an denjenigen Stellen, wo Semper selbst histologische Daten giebt. Die Arbeiten von GREEFF, HOFFMANN, TEUSCHER, LANGE, SELENKA, DanıeLssen und Korn, werde ich, so weit sie über die Gewebe handeln, an den entsprechenden Stellen heranziehen. ich werde nun zunächst mit einer Schilderung der Körperwan- dung beginnen und hieran die Histologie des Darmtractus knüpfen. Des Weiteren sollen die Suspensorien des Rectums, so wie die Mesenterien näher beschrieben werden, um dann die Fortpflan- zungsorgane und den Ausführgang der Geschlechtsprodukte zu schildern. Hieran soll sich eine Darstellung des Bindegewebes, der Plasmawanderzellen, der Muskulatur, so wie der Blut- gefäße knüpfen, und zum Schluss der Bau des Nervensystems der Holothurien und Seesterne dargelegt werden. Der Bau der Körperwandung. Durch Leypıe wurde zuerst bei Synapta der helle Grenzsaum, die | Cuticula, welche den Epithelzellen des Körpers aufliegt, beschrieben. Er charakterisirt denselben als ein feines Häutchen, glashell, welches 1 WEIGERT, Centralblatt für die medic. Wissenschaften. 1882. Nr. 42 und 43. | Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 147 eine Lage von Zellen, die bald von cylinderförmiger, bald von abgeplatteter Gestalt sind, begrenzt. In diesen Zellen ist das Pigment eingelagert. Nicht nur bei Synapta, sondern bei allen Holothurien findet sich diese Guticula vor. Unter den Zellen des Epithels, welche das Goelom begrenzen, findet sich eine Muskelschicht, deren Fibrillen ringförmig um den Körper verlaufen. Auch diese Schicht wurde zum ersten Male von Le£yvıe ! beschrieben. Wollen wir nun einen genauen Einblick in den Bau der Körper- wandung gewinnen, so ist es nöthig, nach einer Stelle zu suchen, wo die Kalkkörper der Gutis, also der Bindesubstanz , wenig entwickelt sind. Solche Stellen trifft man unterhalb der Tentakel an. Ein Querschnitt durch die Körperwand zeigt uns dann Folgendes: Auf die Epithelschicht folgt eine stark entwickelte Bindegewebsschicht, in welcher nur vereinzelt Kalkkörper auftreten. Die Zusammensetzung dieser Schicht aus Fibrillen lässt sich hier recht gut feststellen. Außer den Fibrillen, welche meist parallel zu einander verlaufen, treten zwei weitere Elemente auf, nämlich kleinere Zellen von spindelförmiger Ge- stalt und große körnerreiche Zellen. Die Bindegewebsfibrillen sind ledig- lich. die Ausläufer der spindelförmigen Zellen, während die großen kör- nerreichen Zellen, welche ich als Plasmawanderzellen forthin bezeichnen werde, sich zerstreut vorfinden. Sie treten unmittelbar unter dem äußeren Körperepithel in größerer Menge oft dichtgedrängt neben einander liegend auf. Auf diese Bindegewebsschicht folgt eine Ringmuscularis, welcher das einschichtige Innenepithel aufliegt. Ein weit komplieirteres Bild erhält man, sobald man die Körperwandung ungefähr in der Körpermitte des Thieres zur Untersuchung wählt. Fig. 4 stellt einen solchen Querschnitt dar. Auf das Außenepithel, welches hier eine Menge schwarzbraunen Pigments eingelagert enthält, folgt die Bindegewebsschicht, welche eine verschiedene Zusammen- setzung zeigt. Unterhalb des Epithels zeigt dieselbe ein maschenartiges Aussehen. In den einzelnen Lücken oder Maschen, welche die Fibrillen bilden, finden sich die radförmigen Kalkkörper eingeschlossen, welche aber in der Figur nicht mit gezeichnet sind. Man entfernt diese Gebilde leicht durch Säuren, kann jedoch das Gewebe auch gut mit denselben schneiden, was in so fern von Werth ist, als man nur auf diese Weise über die Lage derselben einen Einblick bekommen kann. Die Kalkkörper finden sich nur in der obersten Schicht der Binde- substanz, welche zwei Drittel des ganzen Gewebes einnimmt. Besonders schön sind hier die Fibrillen mit ihren Zellen zu erkennen. In der Fig. 6 1 LEYDIG, Anatomische Notizen über Synapta digitata. in: MÜLLERS Archiv für Anatomie und Physiologie. 1852. | 10* 148 Otto Hamann, sind nur die Kerne gezeichnet, da das Präparat mit Boraxkarmin gefärbt war, welches die Zellleiber gänzlich ungefärbt lässt. Während die Bindegewebsfibrillen da wo die Kalkkörper vorkom- men netzartig angeordnet sind, verlaufen sie unterhalb der kalkkörper- haltigen Schicht parallel. Oft verfilzen sich die einzelnen Fibrillen, verkleben mit einander, so dass diese Lage einen knorpeligen Charakter annehmen kann. Zerzupft und macerirt man aber diese knorpelig er- scheinende Lage der Bindesubstanz, so erkennt man bald, dass es sich auch nur um Fibrillen handelt, welche unter einander verklebt-sind. Auf diese zweite, als knorpelig bezeichnete Bindesubstanzlage folgt eine dritte Lage, in welcher die Fibrillen zwar auch vertreten sind, aber gänzlich verdeckt werden durch die Plasmawanderzellen. Letztere bilden dicht gedrängt zusammenliegend eine Schicht, welche sich an den ver- schiedensten Körperstellen wiederfindet. Figur 5 zeigt uns diese Zellen- anhäufung stärker vergrößert. Diese Plasmawanderzellen zeigen sämmt- lich einen Kern und einen Inhalt von lichtbrechenden Körnern. Auf diese Schicht folgt unmittelbar die Muskelschicht, aus ringförmig verlaufenden Fibrillen bestehend, und hierauf das innere Körperepithel, welches aus kubischen bis palissadenförmigen Zellen gebildet wird, je nach der Kontraktion des Körpers. Der Darmtractus. Die Mundöffnung, welche von einem Kranze von Tentakeln umstellt wird, führt in den Ösophagus, den ersten Abschnitt des Darmes. Es verengt sich derselbe an seiner Basis trichterförmig, um sich in den zweiten Darmabschnitt fortzusetzen, welcher einen weit geringeren Durchmesser besitzt, als der erstere. Diesen zweiten Abschnitt des Darmes bezeichnet man als den Magen. Auf ihn, gleichfalls durch eine Einschnürung getrennt, folgt der bei Weitem größte Abschnitt, der eigentliche Darm, den wir als Dünndarm bezeichnen wollen. Er er- weitert sich in das Rectum, den Dickdarm, welch letzterer durch den After nach außen mündet. Diese vier Abschnitte des Darmes, welche sich äußerlich von ein- ander unterscheiden, sind auch histologisch verschieden gebaut, so dass die morphologische Eintheilung den physiologischen Funktionen voll- _ kommen Rechnung trägt. | Der Schlund. Ich beginne mit der Schilderung des Schlundes, als des ersten Ab- schnittes. Der Schlund hebt sich durch seine schwarze Färbung von den übrigen Darmabschnitten ab. Dieses Pigment ist den Epithelzellen ein- Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 149 gelagert, welche das Lumen des Schlundes auskleiden. Da es hier in großer Menge vörkommt, ist es nicht leicht, sofort über den Bau dieser Zellen ins Klare zu kommen. Die Epithelzellen kennzeichnen sich als feine fadenförmige Elemente, deren Querdurchmesser im Verhältnis zum Längsdurchmesser verschwindend klein ist (vgl. Fig. 14 und 15). Im oberen Theile der- Zellen liegt der Kern. Unterhalb desselben findet sich das Pigment angehäuft. Hier und da bildet das Epithel, welches als einschichtiges zu bezeichnen ist, zottenförmige Erhebungen. Eine helle Guticula lagert den Epithelzellen des Schlundes auf. Sie findet sich bis in das Reetum hinab, und ist überall von beträchtlicher Dicke, so dass sie leicht von ihren Bildnerinnen, den Epithelzellen, ab- gelöst werden kann. Was nun die Muskulatur anlangt, so findet sich nur eine schwach entwickelte Ringmuscularis vor. Sie ist am stärksten entwickelt unter- halb der Mundöffnung, während sie nach der Basis des Schlundes hin, da wo derselbe sich trichterförmig verengt, abnimmt. In gleicher Weise nehmen die Epithelzellen des Darminneren an Länge ab. Bevor der Schlund in den als Magen zu bezeichnenden Abschnitt übergeht, treten Muskelfibrillen auf, welche der Darmachse parallel verlaufen. Auf dem Querschnitt trifft man zunächst nur eine, dann zwei und mehr Reihen an, je nachdem man den Schnitt der Schlund- basis näher geführt hat. Auf die Muskelschicht folgt eine Bindegewebslage. Sie besteht aus einem Netzwerk feiner Fibrillen, in welcher hohle Maschen auf dem Querschnitte sich finden. Diese Maschen sind die querdurchschnittenen Blutgefäße, welche in unbestimmter Zahl und von unbestimmtem Durch- messer hier verlaufen. Ein Endothel kleidet dieselben nicht aus. Das Blut eirkulirt also in einfachen Spalträumen des Bindegewebes. Je mehr man sich nun dem Magen nähert, desto stärker entwickelt zeigt sich jetzt die nach innen liegende Muskelschicht, die Längsmuscu- larıs. In gieicher Weise entwickelt sich auch die Ringmuscularis stärker und stärker, wie es in Fig. 15 auf einem Querschnitt zu sehen ist. Beide Muskelschichten zeigen sich jetzt gleich stark entwickelt. Das Pigment verschwindet allmählich, während die Epithelzellen zotten- förmige Erhebungen bilden. An Stelle des schwarzen Pigments finden sich jetzt sowohl im Bindegewebe, als auch im Darmepithel Anhäufungen eines gelben Pigments, welches meist in Ballen vereint vorkommt. Der Magen zeichnet sich durch seine zottenförmigen Erhebungen, welche weit in sein Lumen hineinragen, aus. Er ist als ein Muskelmagen zu bezeichnen. 150 Otto Hamann, Seine stark entwickelte Muskulatur wird ihn in Stand setzen, die Nahrung weiter in den Dünndarm zu befördern (vel. Fig. 17). - Betrachtet man die Gewebslagen, welche die Magenwand bilden, so sieht man, dass auf die innere Epithelschicht nicht sofort die Längs- muscularis folgt, sondern, wie Semrer angiebt, eine Bindegewebs- lage, welche aber sehr schwach entwickelt ist. Auf diese Muscularis folgt die Ringmuskelschicht, welche ersterer an Entwicklung gleich kommt. Hierauf folgt die Bindegewebsschicht, welche nach der Leibes- höhle zu von einem Plattenepithel begrenzt wird (de?). Oft findet man einen grünlichen Farbstoff in Körnerform zwischen den Muskelschichten abgelagert, was ich hier beiläufig mit bemerkt haben will. Der Magen wird durch eine Einschnürung vom Dünndarm getrennt, wie ich schon oben erwähnt habe. Vor derselben hat bereits die Längs- muscularis an Ausdehnung abgenommen, während der Durchmesser der Ringmuscularis gleichkommt dem Durchmesser der übrigen Schichten zusammengenommen. An der Basis des Magens verschwindet die Längs- muskelschicht fast ganz. Wir sahen dieselbe, um es zusammenzufassen, im oberen Theile des Ösophagus fehlen; sie stellte sich erst an der Basis desselben ein, um ihre größte Entfaltung in der Mitte des Magens zu erlangen. Der Dünndarm. Man kann am Dünndarm zwei Regionen unterscheiden. Der An- fangstheil besitzt ein großes Lumen, während der weit größte Abschnitt desselben ein kleines Lumen zeigt, gegenüber seiner Wandung (vgl. Fig. 19). Weiter unterscheidet sich der erste Abschnitt durch das Auftreten von Anhangsgebilden, die ich weiter unten zum ersten Male beschreiben werde. Schicken wir die Bemerkungen über die Muskulatur voraus! Die Ringmuscularis nimmt unterhalb der Einschnürung, durch welche die Trennung von Magen und Dünndarm markirt wird, ab, um dann im weiteren Verlaufe des Darmes sich gleich zu bleiben. In beiden Ab- schnitten des Dünndarmes findet man nach innen von der Ringmuscu- laris, dieser aufliegend, Längsmuskelfasern. Sie sind kaum zu einer Schicht angeordnet, sondern verlaufen, indem sie oft Zwischenräume zwischen einander lassen. — Der Bau der Epithelzellen zeigt, dass wir in diesem Theile des Darmes den resorbirenden Abschnitt zu suchen haben. Die Darmepithelzellen unterscheiden sich von dem Magenepithel in folgender Weise. Die Kerne der palissadenförmig gestalteten Zellen sind nach der Mitte der Zellen zurückgetreten, so dass hierdurch der dem Darmlumen zugekehrte Theil der Zellen durch seine granulirte Be- Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I, 151 schaffenheit sich abhebt von dem tieferen, welcher den Kern birgt (vgl. Fig. 20). Erscheint nun das Plasma bei schwächerer Vergrößerung (Fig. 20) als fein granulirt, so erkennt man bei Anwendung der stärksten Objektive, dass dasselbe eine netzförmige Struktur besitzt (Fig. 22). Zwischen den Epithelzellen, gewöhnlich an der Basis des protoplasma- tischen Theiles, finden sich gelbe Ballen vor, die vielleicht als Drüsen- zellen gedeutet werden müssen. Diese gelben kugelförmigen An- häufungen sind verschieden von den im Magen beschriebenen Pigment- anhäufungen. Sie bestehen aus granulirtem Protoplasma, welches gelb gefärbt ist. Isolirt man diese kugligen Gebilde, so findet man ihnen außen Kerne anhängen. Vielleicht handelt es sich hier um umgewandelte Epithelzellen, deren inhalt verschmolzen ist, und welchen die Kerne außen aufliegen. Sie scheinen jedenfalls zur Nahrungsaufnahme in irgend einer Beziehung zu stehen. Die Gestalt dieser Gebilde ist ei- föormig bis kuglig. Oft sind einzelne verschmolzen, und bilden so größere Massen (vgl. Fig. 24). In einem Punkte unterscheidet sich der Dünndarm vom Magen und Schlund. Es tritt nämlich zwischen dem inneren Darmepithel und der Muskelschicht diejenige Bindegewebslage, die ich als innere, zum Unter- schied von der äußeren, bezeichnen will, stärker entwickelt auf. Auf diese innere Bindegewebsschicht folgt die Längs- und Ringmuscularis, und auf letztere die externe Bindegewebsschicht mit dem Epithel. Die externe Bindegewebslage verschwindet mehr und mehr, so dass dann auf das äußere Epithel unmittelbar Ring- und Längsmuscularis folgt. Blutgefäße kann ich weder in der einen noch der anderen Schicht erkennen. Am Dünndarm beschränkt sich das Gefäßsystem auf die beiden Hauptstämme, das dorsale und ventrale Gefäß. Durch eine In- jieirung dieser Gefäße kann aber in keinem Fall ein sicheres Urtheil er- bracht werden, ob in den Bindegewebslagen feine Kapillargefäße exi- stiren, da die Injektionsflüssigkeit nicht bloß auf die Blutgefäße be- schränkt bleibt, sondern durch die Lücken, die zwischen den Binde- gewebsfasern sich finden, sich weiter verbreitet. Durch eine Injektion kann der Schein erweckt werden, als lägen Haargefäße vor. Durch feine Schnitte überzeugt man sich aber leicht, dass dem nicht so ist. In Fig. 19 ist ein Querschnitt durch den Dünndarm im unteren Ende gegeben. Das Epithel ist hier in Falten wulstartig zusammenge- lest, wie in Fig. 20 noch deutlicher zu sehen ist. Indem der Dünndarm mehr und mehr an Durchmesser abgenommen hat, erweitert er sich am Ende zu dem glockenförmig gestalteten Recium. Bevor wir jedoch dieses näher betrachten, will ich eine Schilderung der ' Anhangsorgane des Dünndarmes geben. 152 Otto Hamann, Die blindsackartigen Anhangsorgane des Dünndarmes. Während man bei den Asteriden fünf Paar von gelappten blind- sackartig endenden Schläuchen beschrieben hat, welche von dem mittleren Theile des Darmes ausgehen, ist, so weit ich die Litteratur über- sehe, ein homologes Organ bei den Holothurien bis jetzt noch nicht be- schrieben worden. Mir gelang es, ein Homologon dieser Schläuche, ‚wenn auch in anscheinend rudimentärer Gestalt, bei den Gucumarien aufzufinden. Unterhalb des Magens ist der Dünndarm besetzt von einer Reihe von schlauchförmigen Gebilden, deren Lage und Bau ich gleich schildern werde. Betrachtet man Fig. 24, so sieht man, wie im dorsalen Mesenterium (dm) neben dem Darm das Blutgefäß (dbl) verläuft. Das rechts von demselben verlaufende Gefäß (ga) ist der Ausführgang der Geschlechts- produkte. Legt man nun Querschnitte durch den Dünndarm etwa in a—b, so erhält man neben dem Querschnitt durch letzteren das Mesen- terium in ganzer Breite getroffen. An der einen Seite desselben liegen nun die Blindsäcke (Fig. 25), welche sich als Ausstülpungen des Darmes kennzeichnen. Immer geht nur je ein Schlauch ab. Die Länge der einzelnen variirt je nach dem Kontraktionszustande. Auf dem Quer- schnitte durch ein solches Gebilde treffen wir folgende Schichten an: Auf das Außenepithel folgt eine Längsmuskellage, auf diese die Binde- gewebsschicht und das Innenepithel. Die einzelnen Schichten des Darmes setzen sich mithin fort auf diese Schläuche (vgl. Fig. 26 und 27). An derjenigen Stelle, wo die einzelnen Schläuche abgehen, ist eine Veränderung in der Gestalt der Epithelzellen eingetreten, welche das Dünndarmlumen auskleiden. Die Epithelzellen nehmen nämlich an Länge ab, um da, wo der Schlauch abgeht, beinahe den das Schlauch- innere auskleidenden Epithelzellen an Größe gleich zu kommen, wie es in Fig. 25 angedeutet ist. Ä Ich habe schon gesagt, dass ich diese Schläuche für Homologa der bei den Asteriden auftretenden weit stärker entwickelten Gebilde halte. Es schien mir von vorn herein sehr wahrscheinlich, dass sich bei den Holothurien die gleichen Organe müssten wiederfinden lassen. Ob nun auch bei den übrigen Gattungen diese Organe vorkommen, darüber habe ich, da mir hinreichendes Material mangelte, keine Untersuchungen anstellen können. Jedenfalls wird man aber nicht fehl gehen, wenn man ihr Vorkommen auch bei den meisten übrigen Formen voraussetzt. — Über die etwaige Funktion dieser Blindsäcke kann nichts Bestimmtes gesagt werden. Ihre geringe Ausbildung scheint aber darauf hin zu deuten, dass man es mit rückgebildeten Organen zu thun hat. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. 158 Das Recetum. Im Rectum finden wir dieselben Gewebe wieder vor, nur in modificir- ter Gestalt. Das Innenepithel, wie ich die Epithelschicht nenne, welche das Lumen des Enddarmes auskleidet, besteht aus einer Lage abgeplatte- ter Zellen. Keinerlei zottenförmige Bildungen findet man hier. Auf dieses Plattenepithel folgt die Bindegewebsschicht, in welcher die Plasma- wanderzellen besonders reich vorhanden sind. Hierauf folgt Längs- und Ringmuscularis. Während der Darm an zwei Mesenterien der ganzen Länge nach aufgehangen ist, wird das Rectum mit der Körperwandung durch Suspensorien verbunden. Diese sind straff angezogen und inse- riren an der inneren Leibeswand, die Leibeshöhle durchsetzend, wie in Fig. 13 dargestellt ist. Die Suspensorien des Rectums. Der Bau dieser den Enddarm anheftenden Bänder weicht von dem der Mesenterien nicht sehr ab. Die Suspensorien sind als Fortsätze der Bindegewebsschicht des Rectums anzusehen. Die Achse dieser Bänder, welche auf dem Quer- schnitt als kreisförmig erscheinen, besteht aus feinsten Bindegewehs- fibrillen (Fig. 9), in welchen die Plasmawanderzellen zerstreut sich vor- finden. Auf diese Fibrillen folgt ein Beleg von Muskelfasern, welche als Fortsetzung der Ringmuskellage des Rectums angesehen werden müssen. Diese Muskelfibrillen verlaufen der Achse der Suspensorien parallel. Nach außen gegen die Leibeshöhle bekleidet eine Epithelschicht diese Organe. "Die genannten Gewebe gehen in die entsprechenden Gewebe der Körper- wandung kontinuirlich über. Während nun die Muskelfibrillen zur Achse parallel verlaufen, so ist der Verlauf der Bindegewebsfibrillen zumeist ein entgegengesetzter; d.h. sie wirken als Antagonisten der ersteren. Bevor ich die Schilderung der Mesenterien anfüge, will ich einige geschichtliche Daten vorausschicken, welche die Histologie des Darmes betreffen. Über den Bau des Darmtractus liegt eine Reihe von Angaben vor, von denen ich hier die von Jon. MüLLzr, LEYDIG, SELENKA 1, SEMPER ? und Teuscher 3 gegebenen nennen will. Jon. MüLLer verdanken wir die 1 SELENKA, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien. Diese Zeit- schrift. Bd. XVII. 1867. 2 SEMPER, Reisen im Archipel der Philippinen. 2. Theil. I. Bd. Holothurien. Leipzig 1868. 3 Beiträge zur Anatomie der Echinodermen. Jen. Zeitschr. Bd. X. 1876. 154 Otto Hamann, ersten Angaben über den Muskelmagen von Synapta, welche von LEynıie bestätigt wurden (1852). : SEmPER hat in seinem systematischen Werke über die Holothurien die in den Magen vorspringenden Wülste beschrieben als »sichelförmige Falten« und nimmt dieselben als Träger von Blutgefäßen in Anspruch. Er folgt hierbei der Angabe SeLenka’s. Ein solches Vorkommen von Blutgefäßen auf der Epithelschicht, wie es SELEnkA sogar abzeichnet, ist schlechterdings unmöglich. Die Blutgefäße verlaufen stets im Bindege- webe. Diese Angabe ist von SELENKA an einem Situspräparat gewonnen und so ist dieser Irrthum leichter erklärlich. . Weiter beschreibt SeLenkaA, dass die Blutgefäße im Darm sich zwi- schen die beiden Muskelschichten eindrängen, ohne aber eine Abbildung zu geben. Semrer hat diese Angabe bereits zurückgewiesen (p. 112 des Holothurienwerkes). Auch dieses letztere Resultat ist ohne Zuhilfe- nahme der Schnitimethode gewonnen, überhaupt rühren, was hierbei nicht zu vergessen ist, die SeLenkA’schen Angaben aus einer Zeit her, wo diese Methode noch unbekannt war. Was nun die »sichelförmigen Falten« anlangt, so hat SEmPErR eine Hypothese aufgestellt, nach welcher dieselben als Träger von Blutgefäßen, »als innere Kiemen« fungiren sollten. Hierbei erinnert er an die inneren Kiemen vieler Insekten. Auf Taf. XXXI, Fig. 9 seines Werkes bildet er diese Falten ab unter dem Namen »innere Darmfläche«. Vermuthlich ist es der Magen, wie er diese selbe Figur neuerdings! bezeichnet. An dieser Stelle spricht er »von einem System blattartiger Vorsprünge der Schleimhaut des Magens, welche alle Attribute echter Kiemen besitzen (große Oberfläche, Dünne der Haut, Blutgefäßreichthum und konstante Erneuerung des die Blätter umspülenden Wassers)«. In der Figurer- klärung spricht er schlechthin von »Kiemenblätterreihen«! Nur die Be- trachtung eines einzigen Schnittes hätte SEmrer von diesen kühnen Hypothesen, wenn man diese Betrachtungen überhaupt so nennen darf, abhalten müssen. Zunächst giebt es keine Blutgefäße im Innenepithel. Wären aber solche vorhanden, so wäre noch lange nicht bewiesen, dass hier eine Athmung stattfinden könne. Teuscuer ? hat schon darauf hingewiesen, wie ich so eben sehe, dass eine fortwährende Wassererneuerung durch die Kloake bis zum Magen unmöglich ist, denn der Darm ist meist prall angefüllt mit Exkrementen, wie man sich an jeder beliebigen Holothurie leicht überzeugen kann. Mit der näheren Kenntnis des histologischen Baues des Magens 1 SEMPER, Die natürlichen Existenzbedingungen derThiere. Leipzig1880. 4. Thl. p. 210. 2 TEUSCHER, am obigen Orte. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. 155 erweist sich somit die Sempxr’sche Ansicht als unhaltbar. Truscuer giebt in seiner Arbeit eine Abbildung des Magens auf dem Querschnitt und zeichnet Drüsen. Ich kann bei Cucumaria (cucumis wie Planci) dieselben nicht auffinden, Teuscuer müsste denn die gelben Körnerzellen gemeint haben, welche aber nicht in der angegebenen Regelmäßigkeit vorkommen. Aus den weiteren Mittheilungen des letztgenannten Autors geht hervor, dass der Bau des Darmes bei den Holothurien im Großen und Ganzen sich immer wiederholt, so dass man das bei einer Art gefundene auch auf die übrigen übertragen darf. Die Mesenterien. Man unterscheidet zwei Mesenterien, ein dorsales und ein ventrales. Das erstere beginnt am Schlund mit freiem vorderen Ende, »so dass ein in der Leibeshöhle cirkulirender Strom von der einen in die andere Körperhälfte treten kann«, wie es SEmpEr ! richtig angegeben hat. In diesem dorsalen Mesenterium verläuft der Ausführgang der Geschlechts- produkte. Neben demselben verläuft ein Blutgefäß, welches vor der Einschnürung, welche den Magen vom Dünndarm trennt, sich vom dor- salen Gefäß abgezweigt hat. Dieses Gefäß versorgt die Geschlechts- organe und endet in feinen Kapillaren, welche sich im Bindegewebe der Geschlechtsorgane verzweigen. Der Bau des dorsalen Mesenteriums ist in so fern von dem des ven- wralen verschieden, als das erstere massiger entwickelt ist. In Folge dessen kann man auch auf Schnitten eher zu guten Resultaten kommen, als es bei dem ventralen Mesenterium der Fall ist. Letzteres, welches an den Schlingen des Dünndarms inserirt, erscheint oft durchbrochen, so dass man es mit einem weitmaschigen Netz vergleichen kann. Hier zeigt es sich zur Anfertigung von Situspräparaten, zum Studium des Bindegewebes, wegen seiner Dünnheit besonders geeignet. Die Mesenterien werden von einem Flimmerepithel überzogen, ‚welches leicht zu erkennen ist. Die Flimmerung, so wie die Muskel- fibrillen, welche sich unter den Flimmerepithelzellen finden, wurden zuerst von Jou. MürLLer 2? und Leyvig® beschrieben bei Synapta. Sie finden sich aber auch bei den Pedaten ; sowohl bei Gucumaria als Holo- thuria konnte ich die Muskelfibrillenlage nachweisen. Die Fibrillen ver- laufen stets unter einander parallel, und am dorsalen Mesenterium parallel zum Darm und dem Ausführgang der Geschlechtsprodukte. Nicht an allen Stellen sind die Fibrillen gleichmäßig entwickelt. Hier 1 Siehe Holothurien, Anatomischer Theil. 2 Jos. MüLLer, Über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. MüLLER’S Archiv für Anat. u. Physiologie. 4852. 3 Levyoıg, Anat. Notizen über Synapta digitata. MüLLEr’s Arch, 1852 u.: Kleinere Mittheilungen zur thierischen Gewebelehre. MüLLer’s Arch. 4854. p. 310. 156 Otto Hamann, und da fehlen sie stellenweise, indem große Intervalle zwischen den einzelnen Fasern vorkommen können. Die Hauptmasse der Mesenterien wird von dem Bindegewebe gebildet. Dies zeigt folgende Beschaffenheit. Zunächst fallen die spindelförmigen Zel- len in die Augen, welche Fortsätze entsenden und zwar zwei, drei oder mehrere (s. Fig. 7). Zwischen den Fibrillen, welche ein Netzwerk bilden, liegen die großen Plasmawanderzellen, welche fortwährend ihren Platz wechseln. Der Verlaufder Fibrillen ist auch hier im Mesenterium im Großen und Ganzen ein paralleler. Gewöhnlich lässt sich konstatiren, dass sie in entgegengesetzter Richtung verlaufen als die Muskelfibrillen. Eine Kontrak- tion der Muskelfibrillen wird also auch hier durch die Bindegewebsfibril- len kompensirt werden können. Die Stärke der Fibrillen ist wechselnd. Bei der Erörterung der Gewebe der Geschlechtsorgane muss ich noch- mals auf das Mesenterium zurückkommen, wesshalb ich hier nur noch die Anheftungsweise desselben an der Körperwandung beschreiben will. Die Mesenterien gehen nicht unmittelbar in ihrer ganzen Länge in die entsprechenden Schichten der Körperwand über, sondern entsenden Fortsätze, welche die Anheftung bewirken. Trennt man das Mesenterium von der Körperwand, so erscheint es in seiner ganzen Länge gezackt. Die einzelnen Zacken stellen diejenigen Stellen dar, mit welchen die An- heftung geschehen ist. Betrachtet man Fig. 49 näher, so sieht man, dass diese zackigen Vorsprünge aus Bindegewebsfibrillen gebildet werden, welche aus dem Inneren des Mesenteriums entspringen. Verfolgt man den mittleren starken Strang (Fig. 49) weiter, so kann man eine nach der anderen Fibrille sich abzweigen und nun mit den übrigen Fibrillen des Mesenteriums weiter verlaufen sehen. Neben diesen besonders stark entwickelten Zacken giebt es andere, zu deren Bildung sich nur die der Peripherie zunächst gelegenen Fibrillen formiren. Diese Fibrillen gehen in die Bindegewebsschicht der Körperwand über, so dass also eine direkte Verbindung der letzteren durch das Mesenterium mit dem Darme be- steht. Die einzelnen Zacken werden von demselben Epithel überzogen, welches das Mesenterium überhaupt überkleidet. Haften die Mesenterien an der Körperwand durch zackige Vor- sprünge fest, so geschieht die Anheftung am Darme dadurch, dass die Schichten kontinuirlich in die entsprechenden des Darmes übergehen ; und zwar setzt sich im oberen Theil des Dünndarmes an der Strecke, welche vom Magen bis zu den Anhangsorganen reicht, die äußere Binde- gewebsschicht des Darmes in die des Mesenteriums fort; während im übrigen Dünndarm, sobald als die äußere Bindegewebsschicht abge- nommen hat und verschwunden ist, die innere in die Bindegewebhs- schicht des Mesenteriums übergeht. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. 157 Die Fortpflanzungsorgane und der Ausführgang der Geschlechtsprodukte. Die Geschlechtsorgane der Holothurien bestehen bekanntlich aus einer großen Anzahl von Schläuchen oder Röhren, welche in der Leibes- höhle liegen und am Mesenterium befestigt sind. Sämmtliche Schläuche münden zusammen in einen Sinus, welcher sich in Gestalt eines Aus- führganges fortsetzt und im dorsalen Mesenterium neben dem Darme verläuft (siehe Fig. 24), um zwischen den Tentakeln nach außen zu münden. Der feinere Bau der Geschlechtsorgane so wie des Ausführganges ist weit komplicirter gestaltet als es den Anschein hat. An jedem einzelnen Schlauche sind zwei Theile zu unterscheiden, sowohl schon der äußeren Gestalt nach, als auch des feineren Baues wegen. Ich beginne mit der Schilderung des Baues des Ausführganges. Fer- tigt man Querschnitte durch Mesenterium und letzteren an, so sieht man, dass der Ausführgang als ein Spaltraum im Bindegewebe aufzufassen ist, welcher mit einem Epithel ausgekleidet ist (siehe Fig. 61). Das Bindegewebe erhebt sich in Faltungen, welche vom Epithel überzogen werden, in das Lumen des Ganges hinein. Vermuthlich dienen diesel- ben zur Regulirung der Fortbewegung der Geschlechtsprodukte, vorzüg- lich der Eier. Der Ausführgang setzt sich fort, indem er sich erweitert in eine Höhlung, den Sinus. In dieser Höhlung finden sich ebenfalls Faltungen vor. Von diesem Sinus aus entspringen die einzelnen Schläuche zu- nächst als dünne Röhren, welche aus denselben Geweben bestehen. Auf das äußere Epithel folgt eine Längsmuskellage, die stark entwickelte Bindegewebsschicht, welcher das Innenepithel aufliegt. Ein Querschnitt durch diesen basalen Theil des Geschlechtsschlauches gleicht vollkom- men einem durch den Ausführgang gelegten Schnitt (vgl. Fig. 59 mit Fig. 61). In dem basalen Theile entstehen niemals Geschlechtsprodukte. _ Der Ort, wo Eier und Sperma erzeugt werden, ist der zweite größere ‚Abschnitt des blind endenden Schlauches. Der Beginn dieses zweiten Abschnittes kündigt sich durch eine stärkere Entwicklung der Gewebe an. Der Durchmesser beträgt das Doppelte des durch den basalen Theil gelegten (siehe Fig.59«). Während das Bindegewebe im letzteren stark entwickelt war, nimmt es jetzt ab, um im Ende des Schlauches kaum noch sichtbar zu sein, während das äußere Epithel, welches im basalen Theil als ein Plattenepithel zu be- zeichnen war, zu einem palissadenförmigen sich entwickelt hat.. Die einzelnen Epithelzellen sind feine fadenförmige Gebilde, deren Abgren- zung gegen einander nicht immer deutlich zu erkennen ist. Das Proto- 158 Otto Hamann, plasma ist fein granulirt, der Kern liegt im oberen der Peripherie zuge- kehrten Theile der Zelle. An der Basis der letzteren verlaufen Längs- muskelfibrillen, die auch im basalen Abschnitt sich fanden. Immer ist nur eine Schicht parallel verlaufender Fibrillen nachweisbar. Merk- würdigerweise hat das äußere Epithel trotz seiner mächtigen Entwick- lung nichts direkt mit der Entstehung der Geschlechtsprodukte zu thun, da ja dieselben, wie bekannt ist, aus Zellen des inneren Epithels sich bilden. Dass die Entwicklung der Eier stets von den Enden der Geschlechts- schläuche ausgehe, wie SELENKA ! angiebt, ist nicht richtig. Ich habe die verschiedensten Schläuche auf Längsschnitten hierauf geprüft und über- all gefunden, dass sich reife Eier sowohl im oberen, als auch im unteren Ende des zeugenden Theiles finden. Neben beinahe reifen Eiern findet man soeben im Entstehen begriffene. Sobald noch junge Eier im Schlauch sich bildeten, traf ich nie Eier im Ausführgang an; es scheint mir hieraus zu folgern, dass die Eier sämmtlich auf einmal entleert werden. Wie steht es mit der Versorgung der Geschlechtsschläuche durch die Blutgefäße ? Auf Fig. 24 ist dargestellt, wie vom dorsalen Blutgefäß sich unter- halb des Magens ein Gefäß abzweigt und zwischen Darm und Ausführ- gang der Geschlechtsprodukte parallel zu beiden verläuft. Um seinen Verlauf genau festzustellen, ist es nöthig Querschnittsreihen in der Nähe des Geschlechtssinus anzufertigen. Das Blutgefäß, oder wie man besser den Thatsachen entsprechend sagen muss, das Blutgefäßnetz erstreckt sich bis zum Sinus neben dem Ausführgang verlaufend. Hier gehen Kapillaren ab, weiche im Bindegewebe des Ausführganges sich als Spalt- räume kennzeichnen, und in das Bindegewebe der Geschlechtsschläuche eindringen. Wie ich oben bereits aus einander setzte, sind zwei Ab- schnitte an jedem Schlauch zu unterscheiden. Im distalen Abschnitt, in welchem Eier oder Sperma entstehen, ist, wie gesagt, die Bindege- _ websschicht reducirt auf ein Minimum. Der von derselben eingenommene Raum muss als ein Blutsinus gedeutet werden, worauf seine Ausdehnung schließen lässt. Denn bald ist derselbe Raum vorhanden, bald aber ist | er kaum auf den Schnitten wiederzufinden und nur die wenigen Binde- gewebsfibrilien sind kenntlich. f In wie fern diese Befunde mit denen, welche Lupwıe’s ausgezeichnete | morphologische Studien bei den Seesternen bieten, übereinstimmen, | werde ich bei der Besprechung der Gewebe dieser Thiergruppe in der nächsten Mittheilung zu zeigen haben. ii 1 SELENKA, d. a. 0. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 159 Die Blutgefäße. Über den histologischen Bau der Blutgefäße liegen verschiedene "Angaben vor. Nach Srrexka! führen die beiden Darmgefäße in ihren '_ Wandungen »deutliche Muskelfasern«; nach Srmrer? findet sich nach außen ein Wimperepithel, darauf eine Muskellage, dann »veine sehr ent- schieden. mächtige bindegewebige Schicht und endlich das innere Epithel«. Nach meinen Untersuchungen kann man von einem Blutgefäß mit einer Höhlung überhaupt nicht sprechen. Dorsales wie ventrales ' Darmgefäß kann zwar bei äußerer Betrachtung als ein Gefäß angesehen werden, sein innerer Bau jedoch belehrt uns, dass hier vielmehr von einem System von Spalträumen zu sprechen ist, welche im Bindegewebe sich finden und in welchen die Blutflüssigkeit cirkulirt. Betrachtet man einen Querschnitt durch Darın und ventrales Gefäßnetz, so sieht man, dass die Bindegewebsschicht nebst äußerer Muskelschicht und Epithel sich fortsetzt in das sogenannte Gefäß. Letzteres besitzt im Bindegewebe, welches sich lediglich aus Fibrillen zusammengesetzt zeigt, mehrere Hohlräume, in der Fig. 63 zwei. In diesen habe ich ein Endothel niemals | auffinden können, eben so wenig wie in den Lakunengefäßen des Magens. Dass ein Endothel überhaupt im ventralen wie dorsalen Darm- - gefäße fehlt, darüber scheint mir kein Zweifel mehr zu sein. Dasselbe ' Verhalten zeigt das dorsale Gefäß (Fig. 64). Hier ist in noch weit größerem Maße die Bindegewebsschicht entwickelt und enthält eine große Anzahl kleiner Lücken (auf dem Querschnitt betrachtet), welche als die Gefäßräume anzusehen sind. Nach diesen Betrachtungen scheint mir das Gefäßsystem der Holo- thurien (vor Allen Cucumaria) auf einer der niedrigsten Stufen zu stehen, da es noch lediglich aus einem System von Spalträumen der Birdege- websschicht, welche mit einander kommuniciren, besteht. Das Wassergefäßsystem. Von Semrer? sind wir über den histologischen Bau dieses Gefäß- systems bereits unterrichtet. Überall ist das Lumen der Wassergefäße ausgekleidet von einem plattenförmigen Wimperepithel, auf welches eine Längsmuskellage in den Füßchen und den Tentakeln folgt. Die fünf Radiärkanäle sind, wie Sempzr bereits angiebt, auf der der Muskelschicht, ‚also der Leibeshöhle zugekehrten Seite nur mit einem Plattenepithel ausgestattet, während die der Leibeshöhle abgewendete Seite mit Längs- ‘ muskeln, die streng parallel zu einander verlaufen, versehen ist. Letztere | ! SELEnKkA, Beiträge zur Anat. und Syst. der Holothurien. Diese Zeitschr. ‘ Bd. XVII. 1867. 2 Holothurien, p. 418. 3 SEMPER, Holothurien, p. 123 u. fi. 160 Otto Hamann, setzen sich in die Füßchen fort und bilden hier eine dem Plattenepithel aufliegende Schicht. Die Füßchen werde ich weiter unten bei Beirach- tung des Nervensystems näher zu schildern haben. Über den Bau der Ampullen bin ich im Stande etwas Neues hinzu- fügen zu können, was den Verschluss derselben gegen die Füßchen an- langt. Der histologische Bau der Ampullen ist kurz folgender: Auf das Außenepithel folgt die Bindegewebs- schicht, hierauf eine Längsmuskellage, deren Fibrillen parallel zu einander und zur Längsachse des Organes gehen, während ein Wimperepithel das Lu- men auskleidet. Zu diesen Schichten kommt im hasalen Theile eine Ringmus- kulatur, welche den Verschluss der Ampulle bewirkt. Diese einschichtige Muskellage ist eine Fortsetzung der auf das die Leibeshöhle auskleidende Epithel folgenden Ringmuskellage. An dieser Stelle sind die einzelnen Schichten über- haupt stärker entwickelt, es gilt dies vorzüglich von der Bindegewebslage, als im übrigen Theile der Ampullen. Die nebenstehende Figur giebt einen Tangentialschnitt durch eine geschlossene Ampulle wieder, welche die angegebenen Verhältnisse zeigt. Einen Taschenventilapparat, wie er von JourDAIN ! zuerst beschrieben ist, habe ich nicht finden können. Ob derselbe bei den fußlosen Holothurien sich findet, so wie weitere histo- logische Details über den Bau des Wassergefäßsystems werde ich dem- nächst bei der Besprechung desselben geben. | Die Plasmawanderzellen. In der Leibeshöhle sowohl als in den Blutgefäßen, so wie in den verschiedenen Geweben trifft man eine Zellform an, welche sich amöben- artig bewegt. Kein Gewebe kann gefunden werden, in welchem man nicht einige dieser Zellen wandern sähe. Ihrer Beschaffenheit wie ihres Vorkommens in den verschiedenen Körperregionen der Holothurien wegen schlage ich vor, diese Zellen als Plasmawanderzellen zu bezeichnen. Ssmrer?, welcher dieselben bei der Besprechung der Bindegewebsschicht mit abhandelt, nennt sie Schleimzellen, »da ich ver- muthe, dass aus ihnen der Schleim herrührt, den man nach Wasserzu- 1 Vgl. Lupwie, Morphol. Studien an Echinodermen. Bd.I. Abhandl.V. p. 164. Leipzig, EnGELMANN, 1877/79. 2 SENPER, Holothurien, p, 140 u. p. 164 u.a. 0. | | | i ) | Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. z 161 satz und Druck aus allen Organen der Holothurien ausdringen sieht«. Da für diese Annahme aber kein Beweis vorliegt, kann ich diesen Namen nicht annehmen, und zumal doch keinesfalls ausschließliche Funktion dieser Zellen die Schleimabsonderung sein wird, worauf schon ihr Vor- kommen in den Blutgefäßen und der Leibeshöhle hinweist. Im Ruhe- zustande ist die Form dieser Plasmawanderzellen oval, eiförmig. In ihrem Inneren bergen sie entweder helle stark lichtbrechende Körner, oder aber der Protoplasmaleib ist frei von jeglichen Zelleinschlüssen. Es findet sich dann nur der Kern meist in der Mitte der Zelle gelegen (siehe Fig. 10 9). Das Protoplasma zeigt sich in diesen Zellen fein granulirt. Hier und da findet man Theilungszustände mit zwei Kernen. Diese Zellen ohne jeden Inhalt traf ich nur unterhalb des Coelom-Epithels an. Es gelingt leicht, letzteres mit der Muskelschicht und wenigen Bindege- websfibrillen abzuziehen von der Hauptmasse des Kalkkörper tragenden Bindegewebes. Hier findet man dann, wenn man diese Membran auf dem Objektträger ausgebreitet hat, diese Zellen zahlreich vor. An allen anderen Körperstellen habe ich nur Plasmawanderzellen mit dem kör- nigen Inhalt angetroffen. Was nun den Inhalt anlangt, so färben sich diese hellen stark lichtbrechenden Körper mit Osmium etwas bräunlich, lassen sich jedoch mit Äther nicht extrahiren, so dass jedenfalls eine andere Substanz als Fett dieselben bildet. Auch kalkhaltig sind diese Zellen nicht, denn durch Säuren wurde vergeblich versucht, diese Körper zu entfernen. SenPpEr glaubte, dass dieselben Schleimtröpfchen seien, eine Ansicht, die wohl kaum haltbar ist. Bei der Beschreibung der Körperwand wies ich bereits darauf hin, dass diese Plasmawanderzellen eine Schicht im Bindegewebe bilden (vgl. Fig. # und 5) und hier dicht gedrängt gelagert liegen. Nie sind die Wanderzellen in Ruhe, selbst da, wo sie dicht gedrängt lagern, findet bald eine neue Einwanderung derselben statt, bald wandern andere weg. Um die Bewegung am besten zustudiren, wähleman dasMesenterium _ und zwar das ventrale, welches sich seines geringen Durchmessers wegen besonders zum Studium unserer Zellen eignet. Man bringe ein Stück des Mesenteriums von einem frisch getödteten Thiere auf einen Ob- jektträger mit Seewasser, füge ein Deckglas darauf, doch so, dass kein Druck ausgeübt wird, und betrachte nun das Mesenterium bei starker Vergrößerung. In Kürze beginnen sich die einzelnen Plasmawanderzellen zu bewegen, an einzelnen Stellen durchbohren sie das Bindegewebe, um nach außen zu gelangen, während andere wiederum sich einen Weg in das Innere desselben bahnen. Der Anblick, welcher sich einem so darbietet, ist vollkommen dem analog, welchen Amöben zeigen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 44 162 Otto Hamann, Verfolgen wir eine Zelle in ihrer Bewegung und fassen den kug- ligen Zustand zunächst ins Auge! Es beginnt die kuglige Zelle sich an einer Stelle zu strecken (Fig. 10 b), indem hier das Hauptprotoplasma sich ansammelt. Ihre Stelle giebt die Richtung der Bewegung an. Die Zelle erleidet jetzt eine Einschnürung (Fig. c und d), indem die Be- wegung nach derselben Richtung forischreitet. Hierbei drängt sich das Protoplasma des hinteren Poles nach vorn, und so entsteht allmählich, indem die Einschnürung verschwindet, das in Fig. e gegebene Bild. Außer dieser regelmäßigen Bewegung kommen solche Bewegungszu- stände zur Beobachtung, wie Fig. 10 f wiedergiebt; und zwar in dem Falle, wenn die Plasmawanderzelle an ein Hindernis stößt und nun versucht, auf welche Weise sie ihren Weg fortsetzen kann. Wie ich schon kurz bemerkte, trifft man diese Wanderzellen in der Flüssigkeit, welche in den Gefäßen cirkulirt, an; auch hier zeigen sie dieselben Bewegungen. Es gelingt leicht, unter dem Mikroskop direkt zu beobachten, wie die Zellen aus dem Blutgefäß einwandern in das Bindegewebe und andererseits auch ihr Auswandern aus letzterem in die Blutgefäße. Die Leibeshöhlenflüssigkeit ist gleichfalls reich an Plasma- wanderzellen. ; | Die Plasmawanderzellen sind gleich den Leukocyten »Allerwelts- zellen« und mögen eine ähnliche Rolle im Körper der Holothurien spielen, wie diese. Bei der Regeneration der Tentakeln, welche man an Thieren, die den Winter über im Aquarium gehalten wurden, beobachten kann, spielen sie eine große Rolle, was mir aus der Anhäufung derselben in diesen wachsenden Theilen erschlossen werden zu können scheint. So lange aber nicht physiologische Untersuchungen vorliegen, erscheint jede weitere Spekulation über die Funktion dieser Zellen als ziemlich haltlos. Das Bindegewebe. Bevor ich die eigenen Untersuchungen wiedergebe, wird es nicht ohne Interesse sein, die verschiedenen Ansichten über dasselbe kennen zu lernen. Zunächst ist die Frage zu beantworten: Hat man überhaupt bei den Echinodermen das Recht, von einem Bindegewebe zu sprechen, welches sich morphologisch gleich verhält dem Bindegewebe der Wir- belthiere? Auf diese Frage, die man früher verneinen zu müssen glaubte, hat bereits Varentin ! mit folgenden Worten geantwortet, indem er die Anatomie der Bänder der Laterne bei den Seeigeln schildert: »les filets primitifs du ligament affectent. les m&mes ondulations characteristiques 1 VALEnTINn, L’anatomie du genre Echinus. 4842. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 163 qui les distinguent aussi dans les animaux superieurs«. Leyvie ! schließt sich dieser Ansicht an. Seine Mittheilungen datiren jedoch aus früherer Zeit und kann ich mich nicht seinen Ausführungen betreffs den Bau des Bindegewebes anschließen. Sowohl die Untersuchung an lebendem wie an gut konservirtem Material hat mich zu anderen Resultaten geführt. Was Levvıe angiebt, lässt sich kurz wiedergeben. Er untersuchte das Bindegewebe zunächst in frischem Zustande und beschreibt, dass sich bei mikroskopischer Betrachtung dasselbe Bild biete, wie es bei den Wirbelthieren bekannt sei, »scheinbare, feine Fibrillen setzen es zusam- "men, indem sie in lockigem oder welligem Verlaufe parallel neben ein- ander herziehen«. Levynıc hat nun weiter Essigsäure angewendet und glaubt, weil jetzt eine Trübung erfolgt ist, und darauf das Gewebe unter Quellung sich aufgehellt hat, »das Fibrilläre als Falten und Schichten « bezeichnen zu müssen. Indem er des Weiteren Kalilauge anwendete, verschwanden die Fibrillen, und Bindegewebskörperchen von spindel- förmiger Gestalt traten in einer ganz homogenen Grundsubstanz auf. Eine Abbildung von diesem durch Kalilauge behandeltem Gewebe hat Leypdıg in Mürzer’s Archiv gegeben und weiterhin in seinem Lehrbuch reproducirt. In neuerer Zeit hat Semper eine Beschreibung des Bindegewebes gegeben. Nach diesem Forscher besteht dasselbe aus einer hyalinen Grundmasse, in welcher bald viele bald wenige Fasern auftreten. Als drittes Element führt Semper die »Schleimzellen« an und viertens kleine verästelte Zellen. Die letzteren Zellen sollen vielleicht unter einander durch Fortsätze in Verbindung stehen. Die »Schleimzellen« sind unsere Plasmawanderzellen, welche aber nicht als Bindegewebszellen nach meiner Ansicht anzusehen sind. Weiterhin sollen die kleinen spindel- föormigen Zellen nach SempEr eine schwache Bewegung zeigen. DAnIELssen und Koren ? bezeichnen die Semper’schen Schleimzellen gleichfalls als Bindegewebszellen, während bei Horrmann, Lange und TEUSCHER, so wie einigen neueren Autoren man nichts des Erwähnens Werihes angegeben findet; ich füge desshalb sofort meine eigenen Er- gebnisse hinzu. Um am besten das Bindegewebe. zu untersuchen, eignet sich das ventrale Mesenterium und zwar an denjenigen Stellen, an welchen es sich netzförmig durchbrochen zeigt. Bereits am lebenden Mesenterium erkennt man die Fibrillen mit ihren Zellen. ! Levoig, Kleinere Mittheilungen zur thierischen Gewebelehre, MüLLer's Archıv f. Anat. u. Physiol. 1854. p. 310. 2 DANIELSSEN und KorEn, Fra den Norske Nordhavsexpedition. Echinodermer. in: Nyt Magaz. f. Naturvid. Bd. 25. 14* 164 Otto Hamann, Überall kann man nun konstatiren, sei nun das Bindegewebe von der Körperwand oder dem Mesenterium oder irgend einer anderen Stelle, dass der Hauptbestandtheil desselben aus Fibrillen besteht, welche mit spindelförmig gestalteten Zellen zusammen- hängen, oder aber, um es besser auszudrücken: Die Fibrillen desBindegewebes sind in dieLängegewachseneZellen. Stets ist der Zusammenhang der Fibrille mit der Zelle nachzuweisen. Solche frisch aus dem lebenden Thiere isolirte Zellen mit Fibrillen sind in Figur 12 dargestellt. Eine Grenze zwischen Zellleib und Ausläufer existirt nicht. Dieselbe Substanz, welche den Zellkern umgiebt, steht mit derjenigen, welche diese Ausläufer bildet, in vollkommenem Zu- sammenhang, so dass man nicht sagen kann, dass hier die Zelle aufhöre und hier die Fibrillen begännen. Mit anderen Worten, wir haben in die Länge gewachsene Zellen vor uns. Die Entwicklungsgeschichte bestätigt uns diese Annahme, wie ich weiter unten aus einander setzen werde. Bald, und das ist meistens der Fall, sind die Zellen an zwei diametral gegenüberliegenden Seiten ausgewachsen und somit als Spindelzellen zu bezeichnen, bald kann aber eine Zelle sich in drei, vier Ausläufer ver- längern. Solche Bindegewebszellen, von welchen mehr als zwei Aus- läufer ausgehen, kommen besonders im Mesenterium schön zur Beob- achtiung (vgl. Fig. 7 und Fig. 11). Wie stimmen nun diese Angaben überein mit den Thatsachen der Ontogenie? Wir wissen, dass die Blastosphaera von einer gallertartigen Masse erfüllt wird, in welche während der Gastrulabildung Zellen ein- wandern, welche zu Fortsätzen auswachsen. Diese Zellen sind die späteren Bindegewebszellen. Bei den Larven übernimmt ein Theil dieser mit Fortsätzen versehenen Zellen die Anheftung des Darmes, während andere lediglich das Gallertgewebe mit ihren Ausläufern durchsetzen. Da nun von einer Zelle mehrere Ausläufer ausgehen können, so werden also nicht so viel Fibrillen vorhanden sein, als man Zellen im Bindege- webe antrifft, sondern die Zahl der letzteren wird von den Fibrillen übertroffen werden. Die Stärke der Fibrillen ist sehr wechselnd, wie auch die Zellen selbst nicht von ein und derselben Größe sind. Im Bindegewebe des Darmes so wie in den Mesenterien herrschen feine Fibrillen vor, während in der Körperwand mehr starke Fibrillen sich finden. | Die Zwischenräume, welche zwischen den Zellen mit ihren Aus- läufern oder Fibrillen sich finden, werden von einer Intercellularsub- stanz ausgefüllt, welche von schleimartigem Charakter ist und durch Zusatz von Säure gerinnt. An konservirtem Material ist von derselben nichts mehr wahrzunehmen. Es besteht das Bindegewebe jetzt nur aus m u 1 TE en en nn _— — mu Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 165 den Fibrillen nebst ihren Bildnerinnen und den sich zwischen ihnen vorfindenden Plasmawanderzellen. Über die Bindesubstanzen der wirbellosen Thiere liegen nur wenige Beobachtungen vor. In Folge dessen hat man versucht, die an den Wirbelthieren gewonnenen Anschauungen auch auf die Wirbellosen auszudehnen. Es ist jedoch vollkommen unberechtigt von der ersteren auf letztere zu schließen. Speciell was die Entstehung der Fibrillen des Bindegewebes bei den Säugethieren betrifft, so nimmt man ja an, dass die Fasern des Gewebes sich aus der Intercellularsubstanz bilden sollen, obgleich ein Beweis nur für wenige Stellen des Wirbelthierkörpers ge- führt ist. Bei den Wirbellosen findet eine solche Genese aber wahr- scheinlich niemals statt. Bei den Echinodermen sind, wie ich gezeigt habe, die Fibrillen Ausläufer der Bindegewebszellen, bei den Mollusken scheint dasselbe der Fall zu sein. Bei den Coelenteraten ist aber das- selbe Verhalten zu beobachten. Über die so leicht hierauf zu unter- suchenden Aktinien liegen keine Beobachtungen vor und ist die Binde- substanz in den Herrwie’schen Untersuchungen bei Seite gelassen. Untersucht man dieselbe bei den Medusen, so trifft man in der Gallerte Fasern an, welche stets mit den spindelförmigen Zellen zusammen- hängen. Besonders schön lässt sich das bei den Rhizostomen konsta- tiren. Es wäre eine dankbare Aufgabe eine vergleichende Untersuchung der Gewebe der Bindesubstanz bei den Coelenteraten zu unternehmen und würde gewiss eine Bestätigung der eben vorgetragenen Ansicht erfolgen. Die Muskulatur. Die Muskelfibrillen der Holothurien sind mehrfach Gegenstand der Untersuchung gewesen. Die älteren Forscher, welche sich mit denselben beschäftigten, richteten ihr Augenmerk darauf, ob die Fibrillen quer- gestreift seien. Nach Jonannes MüLLer und v. SırsoLd entbehren die Muskelfibrillen jeglicher Querstreifung, während Varentin dieselbe hier und da gesehen zu haben glaubte. QuATREFAGES sah diese von letzterem als Streifung gedeuteten Gebilde als Querrunzeln an, welche bei der Kontraktion entstanden seien. Nach Leypie’s ? an Synapta gemachten Beobachtungen sollten die Muskelfibrillen eine feine homogene Hülle besitzen, in welcher der pri- mitive Muskeleylinder läge. Ob aber eine Querstreifung vorhanden sei oder fehle, lässt Leypıg unentschieden, doch scheint er mehr dieselbe für thatsächlich vorhanden zu halten. An diese kurze Übersicht knüpfe ich die eigenen auf die pedaten ! Leypie, Anatomische Notizen über Synapta. MürLer’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1852. p. 507—519. | 166 0kto Hamann, Holothurien sich beziehenden Beobachtungen. Die Muskelfibrillen sind am ganzen Körper, wo immer sie auch auftreten, als glatte zu bezeichnen. Nirgends habe ich eine Querstreifung beobachten können und wo etwas Ähnliches sich findet, ist leicht zu konstatiren, dass es in Folge der Kon- servirung eingetreten ist. Jeder Muskelfibrille liegt der Kern, von wenig Protoplasma umgeben, an. Am deutlichsten ist dies an mit Hämatoxylin gefärbten Präparaten zu sehen. Man unterscheidet zunächst eine Ringmuscularis, welche unter dem äußeren Körperepithel verläuft. Außerdem finden sich fünf (resp. zehn) radiäre Längsmuskeln, von denen sich fünf Muskelbündel abzweigen und am Kalkringe des Schlundes inseriren. Letztere sind als die fünf Retraktoren des Schlundes bekannt. Außer den genannten Muskeln finden sich im Ösophagus wie im Magen und Dünndarm sowohl Längs- muskeln als ringförmig verlaufende vor. Die Ringmuscularis der Haut besteht aus einer oder mehreren Lagen parallel zu einander verlaufen- der Fibrillen; es ist also dieselbe Anordnung, wie im Dünndarme vor- handen. In den fünf Längsmuskeln wie in der Muskulatur des Magens kommt folgende Anordnung der Fibrillen zur Beobachtung. Hier ver- laufen die Fibrillen in ringförmiger Anordnung in der Bindesubstanz eingebettet (siehe Fig. 2). Man hat es hier also mit Muskelprimitivbün- deln zu thun. Ziehen wir nun in Betracht, dass die Muskelfibrillen in der Körperwand in lamellöser Anordnung vorkommen, und wir den in Fig. 2 abgebildeten Querschnitt, welcher eben so gut die Längsmus- kulatur des Magens darstellen könnte, als Muskelprimitivbündel ansehen müssen, so scheint dies schon allein für den epithelialen Ursprung der Muskulatur zu sprechen. Nach Srrenka’s Darstellung sollten aus den in den Gallertkern des Embryo einwandernden Zellen sowohl Bindesubstanzzellen, wie Musku- latur ihren Ursprung nehmen. MeTscunIkorr hat in seinen neuesten Untersuchungen gezeigt, dass die in den Gallertkern einwandernden amöbenartigen Zellen nur zur Bindesubstanz in Beziehung treten, wäh- rend die Epithelzellen der Vasoperitonealblase mit Muskelfortsätzen ver- sehen sind. Von ©. und R. Herrwıg ! ist es versucht worden aus dem Bau und der Anordnung der Muskulatur auf ihre Entstehung zu schließen. Sie unterscheiden eine epitheliale und eine mesenchymatöse Entstehung derselben. Die Epithelzellen scheiden gewöhnlich die kontraktile Sub- stanz nicht all-, sondern einseitig an ihrer basalen Oberfläche aus in Form von glatten oder quergestreiften Fibrillen. Die Bildungssubstanz N 1 0. und R. Herrwic, Die Coelomtheorie. Jen. Zeitschr. für Naturw. Bd. XV. 1881. p. A. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. 167 haftet der Fibrille einseitig als Muskelkörperchen an. Die Muskelfibrillen sind weiterhin stets in Lamellen angeordnet, während die auf mesenchy- matöse Weise entstandenen Muskelfasern mehr isolirt und nach ver- schiedenen Seiten verlaufen. Für die epitheliale Form ist die parallele Lagerung charakteristisch. Eine weitere Entwicklung zeigt sich dann in der Anordnung der Fibrillen zum Muskelblatt und Muskelprimitivbündel, welche aus der lamellösen Anordnung entstanden sind. Das letztere wird gebildet, indem eingefaltete Theile der Lamelle sich abschnüren und vom Bindegewebe umhüllt werden. Betrachtet man nun die Muskeln der Holothurien, so tritt die lamel- löse Anordnung uns entgegen, weiterhin die Fibrille mit der einseitig als Muskelkörperchen anliegenden Bildungssubstanz, so wie auch das Muskelprimitivbündel. Nimmt man noch MErscanikorr’s Untersuchungen hinzu, so scheint die Folgerung, dass die Muskelzellen der Holothurien epithelialen Ursprunges seien, als gut gestützt. Zugleich erfährt die Hertwiesche Goelomtheorie eine Bestätigung, wenn sie bei Thieren mit echtem Goelom Muskelfibrillen epithelialen Ursprunges fordert. Dass aber in Wahrheit Muskelprimitivbündel vorliegen, beweist der Bau derselben, indem nämlich die Achse der Fibrillenbündel nicht vom Bindegewebe erfüllt ist, also denselben Bau zeigt, wie er bei Medusen und Aktinien unter den Coelenteraten bekannt ist. An mit Hämatoxylin tingirten Präparaten orientirt man sich hierüber am besten. Das Nervensystem, a) Lagerung bei Asteriden und Holothurien. Bevor ich den histologischen Bau des Holothurien-Nervensystems näher schildere, ist es nöthig, die Lagerung desselben in Vergleich mit dem der Seesterne näher ins Auge zu fassen. Zum Vergleiche dienen die Figuren 28 und 29, welche erstere einen Querschnitt durch einen See- sternarm wiedergiebt und zugleich das Ambulacralfüßchen zeigt. Figur 29 zeigt einen Querschnitt durch die Körperwand von Gucumaria. In _ beiden Figuren sind zur Bezeichnung derselben Schichten dieselben Farbennuancen angewendet worden. Vergleicht man den Schnitt durch die Körperwand der Holothurie mit dem durch den Seesternarm gelegten, so fällt bei ersterem die starke Entwicklung des Bindegewebes auf, welche man als Cutis bezeichnen “ Das Nervensystem habe ich mit gelber Farbe bezeichnet, um an Lupwic's auf Taf. XIX gegebener Abbildung seiner Crinoideenarbeit anzuschließen. Da dort das Blutgefäßsystem roth, Wassergefäßsystem grün bezeichnet ist, so habe ich zur Charakterisirung der Muskulatur blaue, der Epithelien graue, der Bindesubsianz hellgraue Farbe angewendet. (Morphol. Studien an Echinod. Bd. I. Abhandl. 1.) 168 Otto Hamann, kann, während das Hautepithel weniger ausgebildet ist. Bei dem See- stern ist das Hautepithel weit stärker entwickelt, und die Cutisschicht desto geringer. Zugleich tritt das Nervensystem (gelb).am Grunde der hohen Epithelzellen auf, während es bei der Holothurie in die Cutis, in das Bindegewebe, zu liegen gekommen ist und zwar ist nicht nur die Nervenfaserschicht, sondern auch das Epithel, welches dem Nerven- epithel der Ambulacralrinne beim Seestern entspricht, mit in dasselbe zu liegen gekommen. Anscheinend hat also das Nervensystem seine epitheliale Lage aufgegeben. Es ist dies jedoch nicht vollkommen zu- treffend, wie ich weiter unten zeigen werde. Durch die veränderte Lage des Nervensystems ist eine andere Lagerung der Gewebe auf den Füß- chen gegeben. Beim Seestern folgt auf das Epithel mit der Nerven- schicht das wenig entwickelte Bindegewebe, hierauf die Muskelschicht mit dem das Lumen des Füßchens auskleidenden Epithel. Bei den Holothurien setzt sich das Epithel des Körpers zwar auch auf die Saug- füßchen fort, da jedoch die Nervenschicht in das Bindegewebe zu liegen gekommen ist, ist auch in den Füßchen diese Lage beibehalten. Der Bau eines Saugfüßchens der Cucumaria zeigt also folgendes Verhalten : Auf das Außenepithel folgt die Bindegewebsschicht, in welcher das Sinnesepithel mit seinen Nervenfibrillen gelagert ist. Auf letzteres folgt Muskelschicht mit Innenepithel. Der Verlauf der Muskulatur, so wie die Lagerung des Wassergefäßes und des Blutgefäßes wird aus den beiden schematisch gehaltenen Figu- ren ersichtlich, so dass ich eine nähere Beschreibung wohl sparen kann. b) Bau der Füßchen der Holothurien. In den Saugfüßchen ist die Cutis in gleicher Weise entwickelt, wie in der Körperwandung. Das Verhalten des Bindegewebes, welches eben die Gutis bildet, ist dasselbe wie ich es oben bereits geschildert habe. Vor Allem sind Kalkkörper in großer Menge vorhanden und zwar neben denselben Formen, welche in der Körperwand zu finden waren, größere von plattenartiger Gestalt. Entfernt man sie durch Säuren, so erhält man zwischen den Fibrillen die uns schon hekannten Maschen, in welchen die Kalkgebilde ihren Platz gefunden hatten. In dem Bindege- webe ist nach der Muskulatur zu eine Lage von Plasmawanderzellen zu erwähnen, die man hier regelmäßig in großer Menge angehäuft vor- findet. Auf dieselben folgt eine mehr lockere Lage des Bindegewebes, d.h. die Fibrillen verlaufen nicht dichtgedrängt streng parallel; diese letztere Lage schließt unterhalb der Saugplatte, wie ich das distale Ende des Füßchens nennen will, Kalkkörper ein, wie in Fig. 5% an den Maschen zu erkennen ist. In diesem lockeren Bindegewebsfibrillenge- Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 169 füge lassen sich die einzelnen Zellen der Fibrillen sehr schön erkennen, und sind hier in großer Anzahl vertreten. Was die Lagerung der ein- zelnen Gewebe angeht, so ist Folgendes festzuhalten. Auf die Guti- cula mit dem Außenepithel folgt das Bindegewebe, in welchem der Nerv verläuft, hierauf die Muskelschicht mit dem wimpernden Innenepithel. Die Epithelschicht gleicht der am übrigen Körper beobachteten bis auf die Saugplatte. Hier geht sie über in ein palissadenartiges Epithel (s. Fig. 51 esz), welches gleich des Weiteren geschildert werden soll. In jedes Füßchen tritt ein Nervenstrang, das heißt ein Theil des Epithels mit den Nervenfibrillen, welches in den fünf Ambulacralrinnen, im Bindegewebe eingebettet, verläuft, setzt sich in die Füßchen fort. Auf dem Querschnitt durch das Füßchen erhält man folgendes Bild: Man trifft eine halbmondförmige Figur, im Bindegewebe liegend, an. In dieser Figur zeigt sich erstlich eine feinkörnige Substanz, welche sich als von den auf dem Querschnitte getroffenen Nervenfibrillen herrührend erweist und zweitens eine Anzahl von diese Substanz durchsetzenden parallel verlaufenden Fasern. Diese Fasern sind den Epithelzellen zu- gehörig, deren Kerne auf der der Leibeshöhle zugekehrten Seite liegen (s. Fig. 53 qnf). Es wird hieraus klar, dass bei den Holothurien ein Theil des Epithels mit den Nervenfibrillen in das Bindegewebe gerückt ist und hier seine Zusammensetzung beibehalten hat. Ja diese Zu- sammensetzung wird auch noch in den Verzweigungen des Nerven- systems beibehalten, wie beispielsweise in unserem Falle, wo der von den Ambulacralnerven abgehende Füßchennerv noch dieselbe Zusam- mensetzung aus Epithel und Nervenfibrillen zeigt. Letztere verlaufen parallel der Längsachse, die man sich durch ein Saugfüßchen gelegt denkt. Je näher man nun dem Distalende des Füßchens kommt, desto mehr fällt die Ausbreitung der Nervenfibrillen auf, welche das Bindegewebe (die Gutis) durchsetzend sich unterhalb der Epithelzellen der Saugplatte zu einer Schicht vereinigen (s. Fig. 51 und 52 nf). Das Nervensystem hat hier seine Lage im Exoderm beibehalten, indem die Nervenfibrillen - mit den Epithelzellen des Distalendes in Zusammenhang geblieben sind. Betrachtet man die Epithelzellen, welche auf der Saugplatte sich finden, näher, so erkennt man, dass dieselben von palissadenförmiger Gestalt sind, und dass diejenigen, welche dem Centrum der Saugplatte am nächsten liegen, die längsten sind, während die Zellen nach der Peripherie zu an Länge abnehmen, um am Rande der Saugplatte in das gewöhnliche Körperepithel überzugehen (siehe den in Fig. 51 abgebildeten Längsschnitt durch ein Füßchen). Es gelang mir im Anfange trotz ver- schiedener Färbemittel, die ich anwendete, nicht, Kerne in diesen Zellen nachzuweisen. Mit Säurekarmin erhielt ich endlich Bilder der Kerne, 170 Otto Hamann, wie sie in der Fig. 52 abgebildet sind. Der Kern liegt bald der Basis, bald der Zellmitte zugekehrt. Unterhalb dieser Epithelzellen liegen die äußerst feinen Nervenfibrillen, bald als Längsfasern erkennbar, bald auf dem Querschnitt getroffen und dann als Punkte erscheinend. Die ab- gebildeten Figuren beziehen sich auf die Gattung Cucumaria. An Prä- paraten von Echinocucumis typica sind die palissadenförmigen Epithel- zellen aber in gleicher Weise zu erkennen. Ein Zusammenhang der Nervenfibrillen mit den Epitheizellen, welche dann als Epithelsinneszellen zu benennen sind, gelang mir an Macerationspräparaten nicht direkt nachzuweisen. Wenn ich aber den- selben mit größter Bestimmtheit als vorhanden bezeichne, so geschieht es in Folge der bei den Seesternen erlangten Resultate, welche ich gleich näher schildern will. | Auf den Bau der Tentakel behalte ich mir vor, in der nächsten Mittheilung zurückzukommen, sobald ich größere Arten untersucht haben werde. Das Nervensystem der Asteriden. Da das Nervensystem der Seesterne seine Lagerung im Epithel bei- behalten hat, so ist es nöthig, zunächst das Körperepithel im Allgemeinen zu betrachten. Nimmt man einen Seestern zur Hand, so kann man eine ventrale Fläche, welche bei der Bewegung nach unten gekehrt ist und auf welcher sich die Mundöfinung findet, unterscheiden von einer dorsalen. Auf der ventralen Seite befinden sich dann des Weiteren die Ambula- cralfüßchen, während die dorsale an äußeren Anhangsorganen kiemen- artige Bildungen zeigt. Das Epithel nun, welches die dorsale und ven- trale Fläche überzieht, ist von verschiedener Beschaffenheit. Schon äußerlich betrachtet giebt sich der Unterschied kund, indem nämlich das ventrale Epithel Zellen von großem Längsdurchmesser, von palis- sadenförmiger Gestalt zeigt, während das dorsale-Epithel weit niedriger, wenn ich mich so ausdrücken darf, entwickelt ist. Das dorsale Epithel ist im großen Ganzen als ein Deckepithel zu bezeichnen, während das ven- trale, überall wo es sich findet, also auch auf den Saugfüßchen als ner- vös bezeichnet werden muss, da hier die Hauptmasse des Nervensystems seine Lagerung gefunden hat. | Zur Orientirung eignet sich ein Querschnitt durch einen der fünf Strahlen der Seesternkörper am besten. Das ventrale Epithel trifft man hier an als in der Längsachse des Strahles besonders verdickt. Es bietet so das Aussehen eines Bandes. In diesem Bande verlaufen die Nervenfibrillen. Dieselbe Verdickung des Epithels findet sich um den Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 171 Mund und kommt auf diese Weise der Nervenstrang, welcher denselben umsgiebt, zu Stande. Das in jedem Arm verlaufende Wassergefäß endet blind in der Spitze desselben in dem sogenannten terminalen Fühler. — Auf der Unterseite desselben liegen auf einer wulstartigen Erhebung (vgl. Fig. 35 und Fig. 38) die Einzelaugen eingebettet. Das Epithel nun, welches das Nervenband so zu sagen bildet, überkleidet gleichfalls den Fühler, so wie es in der gleichen Ausbildung auch die Bucht überkleidet, welche zwischen der dorsalen Basis des Fühlers und dem Ende des Rücken- daches sich findet, um dann in das dorsale Epithel überzugehen. Die als Radialnerv beschriebene Bildung ist also, ich hebe dies hier aus- drücklich hervor, nichts als die bandförmig entwickelte, auf dem Quer- schnitt als Dreiecksfigur hervortretende, in der Mitte des Armes besonders stark entwickelte Epithelschicht, welche die Nervenfibrillen beherbergt. Das Epithel, welches auf den Ambulacralfüßchen so wie dem terminalen Fühler sich findet, ist eine direkte Fortsetzung des Radialnerven, also des Epithels mit der Fibrillenschicht. — Ich schildere zunächst den Bau des Fühlers, um dann eine Beschreibung der Elemente folgen zu lassen, welche die als Augen bezeichneten Organe zusammensetzen. a) Der Bau des terminalen Fühlers. Der terminale Fühler kann als der Endtheil der Ambulacralrinne bezeichnet werden. Seine Form ähnelt der eines Ambulacralfüßchens in mehrfacher Beziehung. Seine Länge ist bei den verschiedenen Gattun- gen verschieden. | Fertigt man einen Längsschnitt durch den Endtheil eines Armes an, so erhält man ein Bild, wie es von einem jungen Asteracanthion rubens in Figur 38 abgebildet ist. Der terminale Fühler (f.F.) ist hier sehr verkürzt. Demgemäß tritt auch der Wulst, in welchem die Einzelaugen eingebettet liegen, stärker hervor. Oberhalb des terminalen Fühlers ragt eine Kalkplatte hervor, welche denselben zu schützen bestimmt ist. Während der Bewegung des Seesternes wird bekanntlich der Fühler mit den auf seiner Ventralfläche gelegenen Augen nach der Rückenfläche zu emporgehoben getragen, so dass die Augen nicht mehr nach der Ventral- fläche sehen. Der Fühler sowohi wie diejenigen Ambulacralfüßchen, welche sich in nächster Nähe befinden und konisch zugespitzt erscheinen, sind als Tastorgane in Anspruch zu nehmen. Je nach dem Kontraktions- zustand ragt der Fühler über die schützende Kalkplatie hinaus oder ist von derselben bedeckt. in Figur 35 ist eine Ansicht des Augenpolsters gegeben. Es ragt der Fühler hier, obgleich stark kontrahirt, doch noch über die Kalkplatte hinaus. 172 Otto Hamann, Betrachtet man nun Figur 38 näher, so ist zunächst zu bemerken, dass das Nervenband in der Länge getroffen ist, und dass sich dasselbe auf den Fühler fortsetzt. Die Fibrillenschicht (nf), welche in der Tiefe des Epithels (ep) verläuft, ist mit dunklem Tone angegeben. Auf dieses die Nervenfibrillen enthaltende Epithel folgt eine Bindegewebslage und auf diese die Muskelschicht mit dem inneren das Wassergefäß aus- kleidenden Epithel. In dem Epithel des Fühlers trifit man folgende Elemente an. Erstens finden sich Epithelzellen, welche in Fortsätze verlängert sind, welche bis zur Bindegewebslage hinabreichen. Der Kern liegt im oberen der Peripherie zugekehrten Theile der Zelle. Diese Zellen, welche in Ausläufer ausgewachsen sind, und welche ich noch des öftern zu er- wähnen haben werde, nenne ich Stützzellen. In Figur 45 und 43 sind diese Stützzellen aus dem terminalen Fühler abgebildet. Zwischen den Fortsätzen dieser Zellen verlaufen feine Fibrillen, die Nervenfibrillen mit ihren Ganglienzellen. Die Nervenfibrillen verlaufen bis zum Ende des Fühlers und gehen hier über in die Epithelzellen, oder besser aus- gedrückt: Die auf dem Distalende des Fühlers sich findenden Epithel- zellen setzen sich in feine Fibrillen fort, welche die Nervenfaserschicht bilden helfen. Diese Epithelzellen bezeichne ich als Epithelsinneszellen. Sie finden sich nicht nur am Distalende des Fühlers, sondern auch im Augenpolster, so wie überhaupt im ganzen ventralen Epithel zerstreut vor. Neben diesen Epithelsinneszellen finden sich auch im Ende des Fühlers die Stützzellen vor (vgl. Fig. 48, welche einen Längsschnitt durch das Distalende des terminalen Fühlers wiedergiebt). Die Nervenfibrillen, welche parallel zur Achse des Fühlers ver- laufen, finden sich gleichmäßig vertheilt als eine Nervenschicht, und nicht, wie es in den Ambulacralfüßchen der Fall ist, in Faserzügen ver- einigt. Unterhalb des erweiterten knopfförmig verdickten Endes des Fühlers (Fig. 48) zweigen sich Nervenfibrillen ab und verlaufen zu Faserzügen angeordnet ringförmig. Auf dem Längsschnitte werden diese Nervenfaserzüge auf dem Querschnitt getroffen und kommen als eine fein punktirte Masse zur Beobachtung (qnf). Die Epithelsinnes- zellen sind feine fadenförmige Gebilde, mit einer Anschwellung, in welcher der Kern liegt. Die Nervenfibrillen sind äußerst feine Faden, und als stark lichtbrechend zu bezeichnen. Die Ganglienzellen be- schreibe ich des Näheren weiter unten. Das Bindegewebe nimmt nach der Spitze des Fühlers an Ausdehnung zu, wie es die Figur 48 zeigt. b) Die Einzel-Augen. | Wie schon angedeutet wurde, liegen die Augen auf der ventralen Fläche des Fühlers auf einer wulstförmigen Erhebung (vgl. Fig.35 u. 38). Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 173 Die Zellelemente des Augenwulstes, wie ich diese Erhebung des terminalen Fühlers schlechthin nennen werde, sind dieselben wie die des letzteren. Betrachtet man bei Lupenvergrößerung den Augenwulst, so zeigen sich die Augen als einzelne purpurne Flecken. Je jünger das Thier ist, desto weniger werden solche Flecken angetroffen. Mit dem Alter des Individuums wächst auch die Zahl der Augen. Bei den verschiedenen Gattungen ist die Größe des Wulstes so wie also auch die Anzahl der Augenflecke verschieden. Bei Solaster habe ich stets eine größere Menge gefunden, als bei Asteracanthion-Exemplaren. Am besten gewinnt man durch Betrachtung feiner Schnitte einen Einblick in den Bau der Augenflecken. Aus Figur 38 ergiebt sich, dass jeder Augenfleck eine kegelförmige Gestalt besitzt. Er tritt als ein pur- purn gefärbtes trichterartiges Gebilde hervor. Figur 40 zeigt Längs- - schnitte; Figur 39 die Augen auf dem Querschnitte getroffen. Welches ist nun der Bau dieser Gebilde? Jeder einzelne Sehfleck wird angelegt als eine Einstülpung des Epithels, welche sich tiefer und tiefer erstreckt, so dass im Centrum des ausgebildeten Organes sich ein kegelförmiger Hohlraum findet, dessen Spitze nach innen zu liegen kommt. Über diese Einsenkung setzt sich die Cuticula fort. Rings um diese kegelförmige Einsenkung gruppiren sich die Epithelzellen, welche das rothe Pigment tragen. Letzteres ist in Form von rothen Körnchen (Tröpfehen) vor- handen. Der Protoplasmaleib der Zellen wird ganz angefüllt von den purpurn gefärbten Tröpfchen, welche sich als stark lichtbrechende Ge- bilde kennzeichnen. Der Kern der Zelle liegt mitten im Pigment (Solaster papposus) oder aber unterhalb desselben, wie es bei Asteracanthion der Fall ist (Fig. 46). Jede der Pigmentzellen verlängert sich in eine Fibrille, welche alle Eigenschaften der Nervenfibrillen zeigen. Die Fibrillen ver- laufen in der Nervenschicht. Sie zeigen sich hier und da als Varicosi- täten bildend, und öfter finden sich noch Pigmenttröpfchen in denselben angehäuft. Bei den Pigmentsinneszellen von Solaster findet sich an den _ Fortsätzen fast konstant eine protoplasmatische Anhäufung an der Stelle, wo der Fortsatz umbiegt, um mit der Nervenschicht parallel zu verlaufen (Fig. 44). Ich glaube diese Anhäufung als Ganglienzelle mit Recht in Anspruch nehmen zu dürfen, da es einige Mal gelang, in derselben ein kernartiges Gebilde nachzuweisen. Bei den Pigmentsinneszellen von Asteracanthion ist mir diese Bildung nicht aufgefallen. Zum größten Theile wird das Auge von diesen nach der kegelför- migen Einsenkung zu konvergirenden Zellen gebildet. Zwischen den- selben finden sich aber wie in den Zwischenräumen, welche zwischen den einzelnen Augen liegen, Stützzellen, deren Ausläufer die Nerven- ı \ | | ll | | | 174 Otto Hamann, schicht durchsetzen und auf der Bindegewebsschicht inseriren. Als drittes Element treten pigmentlose Epithelsinneszellen auf, deren Aus- läufer — meist nur einer — sich in der Nervenschicht verzweigen. Alle Zellelemente sind in diesem Augenwulst weit länger als im übrigen Theile des Fühlers. Der kegelförmige Hohlraum jedes Auges wird von einer wasser- hellen Flüssigkeit angefüllt, welche durch die Cuticula nach außen be- grenzt wird. In wie fern nun verdient das eben geschilderte Gebilde den Namen Auge? Wir sahen, dass es aus einer Summe von Epithelsinneszellen besteht, die sich um eine Einsenkung koncentrisch gruppirt haben, und ein Pigment führen. Es sind also weit niedere Bildungen als die Seh- flecke der Medusen, bei welchen bereits eine Sonderung in Sinneszellen und Pigmentzellen eingetreten ist. Die Autoren, welche bisher Angaben über die Augen der Seesterne gemacht haben, zogen stets das Auge der höheren Thiere der Wirbel- thiere zum Vergleiche heran und suchten nun die bekannten Bildungen als Linse, Glaskörper etc. auch hier wiederzufinden. Hiermit entfernte man sich aber entweder überhaupt von den Thatsachen, oder aber nahm seine Zuflucht zu unbegründeten Deutungen. Ich glaube nicht, dass ein Grund vorhanden ist, die in der cen- wralen kegelförmigen Einsenkung vorkommende Flüssigkeit als ein der Linse entsprechendes Gebilde zu bezeichnen, eben so wenig wie die Cu- ticula, welche nicht verdickt erscheint, als Gornea zu deuten. Man hat es hier noch mit Organen zu thun, welche nur Hell und Dunkel em- pfindend sind. Die Augen sind bei Solaster, Astropecten (auf diese Form beziehen sich die Abbildungen Harckzr's), Asteracanthion von ganz demselben Bau. Der Schluss, dass auch bei den übrigen Gattungen nicht wesentliche Abweichungen von dem geschilderten Bau sich finden werden, scheint demnach nicht ungerechtfertigt zu sein. Ich schließe hieran einige Bemerkungen über die Konservirungs- methoden. Will man die Augenflecke auf Schnitten untersuchen und zugleich das Pigment möglichst in seiner Färbung erbalten, so ist es räthlich, die frei präparirten Augenwülste in ein Gemisch von 1°/,iger Os- miumsäure und Essigsäure zu bringen, und hierauf in Gummiglycerin einzubetten oder in irgend einer anderen Masse, welche eine vorherige Behandlung mit Alkohol ausschließt, da dieser den Farbstoff extrahirt, und die Pigmentsinneszellen, mit Alkohol behandelt, wasserhell erschei- nen (Fig. 39 und 20). Um die Fortsätze der Zellen zur Anschauung zu bringen, bedient man sich am besten der Klopfmethode, da durch Zer- zupfen die feinen Fibrillen leicht zerreißen. Beiträge zur Histologie-der Echinodermen. I. 175 c) Sinneszellen und Ganglienzellen. Ich knüpfe an die Beschreibung des Auges einige weitere Beobach- tungen über die Epithelsinneszellen und Ganglienzellen. Das ventrale Epithel des Fühlers setzt sich fort in das des Rückens; zwischen der dorsalwärts gelegenen Basis des terminalen Fühlers und der Kalkplatte, welche denselben bedeckt, entsteht eine Bucht, wie an dem Längs- schnitt durch das Ende eines Armes in Figur 38 zu sehen ist (b). Ober- halb derselben nimmt das Epithel plötzlich ab (es ist diese Stelle in der Figur mit & bezeichnet), um in das dorsale Epithel überzugehen. Bis an diese Sielle besteht das ventrale Epithel aus Epithelstützzellen, Epi- thelsinneszellen mit den Nervenfibrillen und Ganglienzellen in der Tiefe derselben. Hier gelingt es gut die Epithelsinneszellen nachzuwei- sen, das heißt ihre Fortsätze in der Nervenfaserschicht verlaufen zu sehen. Figur 32 zeigt einen feinen Schnitt, auf welchem der Verlauf des Fortsatzes einer Epithelzelle innerhalb der Nervenschicht klar hervor- tritt. Der feine, stark lichtbrechende Fortsatz dieser Epithelzellen geht über in die feinen Faserzüge des Nervenplexus, und verläuft jetzt parallel mit den Elementen derselben. — Die Epithelstützzellen besitzen einen weit stärkeren Fortsatz, welch’ letzterer die Nervenschicht in ge- rader Richtung bis zur Bindegewebsschicht durchsetzt. Es unterschei- den sich die Fibrillen der Epithelsinneszellen in mancherlei Weise von den Fortsätzen der Epithelstützzellen. Die Sinneszellen sind hier nicht immer von fadenförmiger Gestalt, es kommen auch solche vor, bei welchen der Zellkörper palissadenför- mig genannt werden darf (Fig. 33). Die Kerne derselben sind oft von ausgezeichneter Größe. In Figur 34 ist ein Längsschnitt durch das Epi- thel aus derselben Gegend abgebildet und treten in der Kernschicht der Stützzellen die Kerne der Epithelsinneszellen deutlich hervor. In dieser Figur fallen des Weiteren große Kerne in der Nervenfaserschicht auf, welche als Kerne von großen Ganglienzellen anzusehen sind. Es kom- men bei den Asteriden zwei verschiedene Formen von Ganglienzellen vor. - Eine kleinere Art, welche vorzüglich in den Radialnerven vorkommt. Die Zellen sind meist mit zwei Ausläufern, hier und da kommen auch mehrere zur Beobachtung, versehen. Ihre Form ist meist spindelig. Der Kern nimmt den größten Theil der Zelle ein, und ist das Protoplas- ma in oft nur geringer Menge denselben umhüllend zu finden. Die Kerne sind rundlich oder oval; in denen der größeren Ganglienzellen findet sich ein Kernkörperchen (Fig. 30, 32 und 42). Ist jedoch die Nerven- schicht gut konservirt, so treten die Zellen mit ihrem Plasmaleibe auch auf Schnitten deutlich hervor, wie in Figur 30 zu sehen ist. Es sind die hier abgebildeten Zellen aus der »radiären Nervenbahn« (Fig. 69 g2). 176 - Otto Hamann, Im terminalen Fühler tritt zu diesen kleinen Ganglienzellen, deren Kerne von Lupwıc bereits beschrieben sind, eine größere Sorte mit leicht in die Augen fallenden Kernen hervor. Das Plasma ist nur bei gut und frisch konservirten Exemplaren noch zu erkennen (Fig. 34). Diese letzteren Ganglienzellen kommen mit den ersteren vermischt vor, und zwar im Fühler, in der Umgebung des Fühlers, so wie in der oben genannten Bucht an der Basis desselben. Mit welchem Rechte deute ich aber die Faserschicht als Nerven- fibrillenschicht, die einen Zellfortsätze als Nerven, die anderen aber als Stützfasern ? Hier ist aufmerksam zu machen auf die Verschiedenheit im Ver- halten der als Nervenfibrillen gedeuteten Gebilde von den Bindegewebs- fibrillen, welche nur noch in Betracht kommen. Beide Fibrillenarten unterscheiden sich erstens durch ihre Stärke. Die Nervenfibrillen sind stets feiner gestaltet. Es kommt dann vor Allem in Betracht die große Hinfälligkeit dieser feinen Fasern, welche für ihre nervöse Natur spre- chen. Dann ist an die Lagerung unserer Schicht zu erinnern. Wie sollten Bindegewebsfibrillen in das Ektoderm zu liegen gekommen sein? Dass man an Muskelfibrillen nicht denken kann, geht schon aus einer flüchtigen Betrachtung beider Gebilde hervor. Ich verweise hier bloß auf die Abbildungen zum Vergleiche (vgl. Fig. 4 und etwa 31). Weiter- hin ist der Zusammenhang dieser Schicht mit den Zellelementen, welche die Augen bilden, in die Wagschale zu Gunsten ihrer nervösen Natur fallend. Die Deutung der zelligen Elemente als Ganglienzellen in der somit als Nervenschicht zu bezeichnenden Schicht scheint mir ebenfalls gesichert, um so mehr da es gelingt Fortsätze an diesen Zellen zu er- kennen (Fig. 69). Was nun die Deutung der Fortsätze der Epithelzellen anlangt, so spreche ich da von Epithelsinneszellen, wo dieselben in ihrem Verhalten den Nervenfasern gleichkommen, von Stüizfasern, wo der Verlauf senk- recht durch die Schicht sich verfolgen lässt. Niemals findet man Vari- cositäten an den Fortsätzen der Stützzellen, wogegen sie bei den Sinneszellen beobachtet werden (Fig. 43, 44). Die Zellen der radiären Nervenbahn sind bewimpert; an denen der Fühler habe ich eine Wimperung nicht erkennen können. d) Der Bau der Füßchen. 1) Astropecten. Von den eigentlichen Saugfüßchen haben wir bei Formen wie Asteracanthion, Solaster u. A. zu trennen diejenigen Gebilde, welche ihnen im äußeren Habitus wohl gleichen, aber die Funktion der Be- Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1, 177 wegung aufgegeben haben. Es sind das die als Tastfüßchen zu bezeich- nenden Füßchen, welche in der Umgebung des terminalen Fühlers, also an der Spitze eines jeden Armes sich finden. Sie besitzen keine Saug- platte, denn es erscheint ihr Apicalende konisch zugespitzt. Auch fehlen ihnen die Kalkeinlagerungen. Histologisch unterscheiden sie sich nur in Bezug auf die Nervenschicht. Diese ist in den Tastfüßchen weit stärker entwickelt als in den echten Saugfüßchen. Betrachtet man einen leben- den Seestern während seiner Bewegung, so sieht man das Ende jedes Armes in die Höhe gekehrt, so dass der Augenwulst nach oben ge- wendet erscheint. Zugleich aber sind die Tastfüßchen in lebhafter Be- . wegung begriffen. Sie tasten im Wasser hin und her und, falls sie an einen im Wege liegenden Gegenstand anstoßen, wird derselbe nur immer von Neuem betastet, ohne dass es aber zu einer Anheftung käme. Sie dienen mithin nicht zur Bewegung. Ähnliche Gebilde findet man bei den Seesternen rings um den Mund stehend vor, über deren näheren Bau ich mir später Mittheilungen zu machen vorbehalte. Bei Astropecten tritt der Unterschied von Tast- zu Saugfüßchen nicht äußerlich hervor, da beide konisch zugespitzt sind. In Figur 54 ist ein Theil eines Längsschnittes durch ein Saugfüß- chen abgebildet. Es ergiebt sich, dass die Schichten, welche dasselbe bilden, an verschiedenen Stellen verschieden entwickelt sind. Es tritt die verschieden starke Entfaltung des Muskelgewebes und des Binde- gewebes in dem Maße bei keinem anderen Genus weiter auf. Sehen wir uns den Verlauf der einzelnen Gewebe näher an! An der Basis des Füßchens findet man die Muskulatur enorm stark, im Verhältnis zu anderen Gattungen, entwickelt. Nach der Mitte und Spitze zu verjüngt sich jedoch diese Schicht. Da aber der Durchmesser eines Füßchens nach dem Apicalende zu nur mäßig abnimmt, so muss ein anderes Gewebe an die Stelle der Muskulatur treten; und dieses Gewebe ist das Bindegewebe. An der Basis erscheint es nur wenig ausgebildet, um aber, sobald die Muskulatur abnimmt, sich stärker zu _ entwickeln. Die Epithelschicht besteht von der Basis an bis zu derjenigen Stelle, welche unterhalb des konisch zugespitzten Endes des Füßchens sich findet und welche durch einen Ringwulst charakterisirt wird, aus langen palissadenförmigen feinen Zellen, welche als Stützzellen bezeich- net werden müssen. Der Kern findet sich in den Stützzellen nahe der Oberfläche, so dass auf den Schnitten die Kerne die Ansicht eines parallel der Oberfläche verlaufenden Bandes bieten. Das eben geschilderte Verhalten findet sich bis unterhalb des Ring- wulstes. In demselben tritt eine neue Zellform auf, welche von nun an Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 49 178 ! | Otto Hamann, im weiteren Verlaufe des Füßchens dominirt. Diese Zellen sind Epi- thelsinneszellen. Es sind Gebilde von fadenförmiger Gestalt, mit einer durch den Kern bedingten Anschwellung und einem Fortsaiz, welcher in die feinen Faserzüge des Nervenplexus übergeht. Deutlich treten an diesen Fortsätzen Varicositäten auf. Das Auftreten dieser Sinneszellen giebt sich kund in dem verschiedenen Habitus des Epithels | oberhalb und unterhalb des Ringwulstes. Unterhalb liegen die Kerne der Epithelzellen bestimmt gelagert; oberhalb desselben finden sich die Kerne durch das ganze Epithel zerstreut, da die Anschwellung der Zelle, in welcher der Kern liegt, bald im oberen, mittleren Theile derselben oder der Basis genähert angetroffen wird. Mit den Sinneszellen unter- mischt findet man die Stützzellen, zwischen deren Fortsätzen die Ner- venfibrillen verlaufen. — Die Nervenfaserschicht setzt sich auf die Füß- chen nicht als eine gleichmäßig entwickelte Schicht fort, sondern in Gestalt von Faserzügen, welche parallel zur Längsachse des Füßchens verlaufen. Auf dem Querschnitt (vgl. Fig. 55 und 56) ist dieses Ver- | halten deutlich zu erkennen. Jenseits des Ringwulstes nehmen die ein- ! zelnen Faserzüge an Ausdehnung zu. Die Nervenfasern zeigen dasselbe | Verhalten wie an den übrigen Stellen, wo sie vorkommen. Zwischen denselben trifft man Ganglienzellen, und zwar nur die kleine Art, un- ” regelmäßig zerstreut an. Vor dem Ringwulste zweigen sich Nervenzüge ab, um unterhalb desselben ringförmig zu verlaufen. Dasselbe tritt auch bei den Füßchen der übrigen Gattungen der Seesterne auf. Das Bindegewebe besteht aus einer Grundsubstanz, in welche Fibril- len eingebettet sind, welche Kerne besitzen. Den Bau des Bindegewebes | der Seesterne, so wie die Schilderung der Muskulatur gebe ich später. Wenden wir uns jetzt zu einer anderen Frage. Wie verhält sich 'i die Ausbildung der Gewebe zur Funktion des Füßchens? Bei einer ” Kontraktion desselben wird durch die massige Entwicklung der Musku- latur im basalen Theile das obere distale vorzugsweise als nervös zu be- nennende Ende nicht oder nur wenig in Mitleidenschaft gezogen werden. Durch die stärkere Entwicklung des Bindegewebes wird dann weiterhin einer Muskelkontraktion entgegengewirkt. So wird selbst bei der Be- wegung das distale Ende ungestört seine Funktion als Sinnesorgan voll-! | ziehen können, was, wenn es in gleicher Weise wie der basale Theil” kontrahirt würde, nicht der Fall sein könnte. So ist hier das Füßchen in äußerst zweckmäßiger Weise angepasst zwei Funktionen, denen der! Bewegung und der Sinnesperception. 2) Solaster papposus und Asteracanthion rubens. Bei Solaster stehen die Saugfüßchen in zwei Reihen angeordnet, während bei Asteracanthion vier Reihen derselben angetroffen werden. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 179 Auf das Außenepithel folgt die Bindesubstanz, welche zwei ver- schiedene Lagen erkennen lässt, eine Zellschicht und eine Faserschicht. Unmittelbar auf dem Außenepithel trifft man eine Schicht spindelförmiger oder ovaler Zellen, deren Protoplasma glashell erscheint. Ein Kern liegt in der Mitte der Zellen (vgl. Fig. 70). Diese Zellen kommen dicht ge- drängt an einander gelagert vor, oft in großer Anzahl eine sowohl in den Tast-, wie Saugfüßchen wiederkehrende Schicht bildend. Welche Bewandtnis es mit diesen Zellen hat theile ich in dem Kapitel über das Bindegewebe der Seesterne mit. Auf das Bindegewebe folgt die Längs- muskelschicht und hierauf das Epithel, welches das Lumen des Füßchens auskleidet. Das Außenepithel besteht aus den Stützzellen, zwischen denen die Nervenfibrillen verlaufen, welche bei den Tastfüßchen eine Schicht bilden. Es finden sich immer nur die kleinen Ganglienzellen unregel- mäßig zerstreut vor. Es ist schwer ins Klare darüber zu kommen, ob nur an dem Distalende der Füßchen Sinneszellen sich finden, wie es bei Astropecien der Fall ist, oder aber auch im übrigen Epithel. Bei den Tastfüßchen glaube ich mich überzeugt zu haben, dass überall im Epithel Sinneszellen vorkommen. Die Nervenfibrillen verlaufen in den Füßchen zu Faserzügen ver- einigt, wie es oben bereits bei Astropecten geschildert und abgebildet worden ist. | Im äußeren Epithel finden sich weiterhin, sowohl am basalen wie distalen Theile der Füßchen, Drüsenzellen vor. Vorzüglich entwickelt kommen sie in der Saugscheibe vor zwischen den Stütz- und Sinnes- zellen. Der Zellenleib dieser Drüsenzellen ist mit stark lichtbrechenden Körnern erfüllt. Ihre Form richtet sich nach der Höhe des Epithels.: Ist dasselbe aus palissadenförmigen Zellen gebildet, so besitzen die Drüsen- zellen eine langgestreckte Gestalt, eine schlauchförmige Form. Bald kann man sie als becherförmig bezeichnen — kurz ihre Gestalt ist in mannigfacher Weise wechselnd. An der Basis jeder Drüsenzelle findet sich ein fibrillärer Fortsatz, welcher vielleicht als Stützfaser gedeutet werden muss. Diese körnerreichen Drüsenzellen (vgl. die Fig. 66 und 68), bei welchen der Kern an der Basis liegt, da also, wo der Fort- satz abgeht, kommen in der Saugscheibe massenhaft angehäuft vor. Am besten siudiri man die Drüsenzellen an Macerationspräparaten. Mit Hämatoxylin tingiren sie sich, wenn auch nicht sehr stark. An mit Kar- min gefärbten Präparaten erscheinen sie als helle Räume zwischen den übrigen Epithelzellen. Aa 180 Otto Hamann, Kritik der über den histologischen Bau des Nervensystems handelnden Arbeiten. Ich habe im Vorangehenden eine gedrängte Darstellung der Ver- hältnisse des Nervensystems gegeben, ohne auf eine Reihe von Details einzugehen. Dies zu thun behalte ich mir für eine spätere Mittheilung vor. Aus demselben Grunde, nämlich um die Darstellung möglichst knapp zu halten, habe ich es bisher vermieden, irgend eine geschicht- liche Notiz zu geben. Dies will ich im Folgenden nachholen. An vereinzelten histologischen Notizen über das Nervensystem und das Auge, ist nicht gerade von einem Mangel zu sprechen. Es liegen eine ganze Reihe von Veröffentlichungen vor, theils aus früher Zeit, theils aus dem letzten Jahrzehnt. Die Forscher, auf deren Nennung ich mich beschränken werde, sind HAEcKEL, GREEFF, HOFFMANN, TEUSCHER, LANGE und Lupwis. HasckeL! verdanken wir die ersten Angaben über das Auge. Zu einer Zeit (1860), wo die modernen Untersuchungsmethoden noch nicht bekannt waren, untersuchte er den histologischen Bau der Augen bei verschiedenen Arten. Kein Wunder, wenn es damals nicht gelang, einen vollkommen klaren Einblick in den Bau der Sehflecke zu erlangen. Nach Harckeı war es Lange 2, welcher von Neuem dieselben eingehend untersuchte. Sehen wir aber vorher zu, was die verschiedenen Beobachter über die Nervenschicht, welche in der Tiefe des Epithels verläuft, über Stützzellen und Sinneszellen sagen! Nach GrEEFF? be- steht der Nerv aus Stützzellen plus unserer Nervenfibrillenschicht. Lupwiıe ? hat diese Ansicht bereits zurückgewiesen. Die Stützzellen haben nichts mit der Nervenschicht weiter zu thun, als dass sie durch ihre Fortsätze dem Epithel eine besondere Festigkeit verleihen. Die Dar- stellung von Horrmann 5 über das Nervensystem leidet, wie Lupwıc be- merkt, an großer Unklarheit. Ich kann mich in seiner Darstellung eben- falls nicht zurecht finden. Die Nerven sollen nach Horrmann hohle Kanäle vorstellen. Weiterhin unterscheidet er dann Nervenblätter. Die Querschnitte der Nervenfibrillen bespricht er als »fein körnige Grund- 1 E. HaEcKkEL, Über die Augen u. Nerven der Seesterne. Diese Zeitschr. Bd. X. 1860. 2 LAnGE, Beitrag zur Anatomie u. Histologie der Asteriden und Ophiuren. in: Morphol. Jahrb. II. Bd. 4876. 3 GREEFF, Über den Bau der Echinodermen. A. bis 3. Mittheilung. Marburger Sitzungsberichte 41874— 14872. 4 Lupwic, Morphol. Studien an Echinodermen. Leipzig1877—4879. Abhandl. V. p. 185 u. f. 5 HoFrMAnn, Zur Anatomie der Asteriden. in: Niederländ. Archiv f. Zoologie. Bd. II. 4874—4875. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 151 substanz« und hält die Stützzellen mit ihren Fortsätzen für die nervösen Elemente (vgl. seine Taf. I, Fig. 13 und Taf. Il, Fig. 27 und 28, wo sämmtliche Epithelzellen als »Nervenschicht« bezeichnet werden). Ich gehe sogleich zur Besprechung der Lanee'schen Arbeit über. Lange nimmt als Nervenschicht eine Zelllage in Anspruch, welche an einem anderen Orte liegt, nämlich in dem Perihämalkanal. Hier liegen bei einigen Seesternen Zellwülste, die nichts weiter sind als ein ge- ‚schichtetes Epithel. Lange hat die einzelnen Zellen durch Maceration getrennt und glaubt gefunden zu haben, dass jede Zelle Ausläufer be- sitze. Diese deutet er als Nervenfibrillen! Da nun aber eine Bindege- webslage mit Fibrillen unter dem Epithel, welches bei vielen Seesternen nicht geschichtet erscheint, sich findet, so ist es wahrscheinlich, dass er die Bindegewebsfibrillen mit ihren Zellen verwechselt hat mit den Epi- thelzellen, wie Lupwıs vermuthet!. Die Zellen des Auges, welche Lange abbildet, sind Kunstprodukte. So sieht überhaupt keine normale Zelle aus! Weit besser hat Horrmann diese Zellen abgebildet, wie überhaupt seine Abbildungen meist korrekt sind, was aber vom Texte nicht gilt. Weiterhin giebt Lange eine Ab- bildung des terminalen Fühlers mit den Augen (Taf. XVI, Fig. 8, Morph. Jahrbuch, Bd. II). Unterhalb der echten Nervenschicht findet sich das Bindegewebe. Lange hat dasselbe als terminalen Ganglienknoten ge- deutet! Es ist nun leicht zu konstatiren, dass es sich um die Bindege- webe handelt, welches im Fühler sich stärker entwickelt zeigt. Wie ist aber Lange zu dieser Deutung gekommen, zumal er nicht einmal einen Zusammenhang dieses vermeintlichen Ganglienknotens mit seiner ver- meintlichen Nervenschicht konstatirt hat? Der Grund, durchaus am Ende jedes Armes des Seesternes ein Ganglion zu finden, liegt darin, dass Lange die Hypothese durchfechten wollte, welche jeden Seestern als Wurmkolonie ansieht. So zeigt sich seine Deutung immer voreinge- nommen durch die Meinung, dass die genannte Hypothese den That- sachen entspreche, während die histologischen Funde gegen dieselbe ' sprechen. Wie ich oben schon bemerkte und wie Horrmann und HAEcKEL angeben, sind die Fortsätze der Pigmentzellen der Augen Nerven- fibrillen, nicht aber, wie Lange will, »modificirte Stäbchenzellen«, wie er unsere Stützzellen bezeichnet. Die lichten Stäbchen, welche jede Zelle nach diesem Autor tragen soll, glaube ich ebenfalls für Kunstprodukte erklären zu müssen. Der letzte, den ich hier erwähnen will, ist Teuscher. Er hat richtig erkannt, dass die Längsfaserschicht die Nervenschicht vorstellt. Seinen übrigen Angaben kann jedoch nicht immer zugestimmt werden, wie ! Lupwis, Morphol. Studien. Abhandl. V. p. 191. 182 Otto Hamann, Lupwıe bereits in seinen ausgezeichneten »Morpholog. Studien« gezeigt hat. Lupwıg hat die verschiedenen Ansichten über das Nervensystem zusammengestellt und eigene Beobachtungen hinzugefügt. Er unter- scheidet zwischen den Nervenfibrillen kleine Zellen, die er als Ganglien- zellen deutet. Weiterhin spricht er von einer »Faserschicht« und von .»Längsfasern«; erstere Schicht bilden die von mir als Stützzellen be- zeichneten Gebilde, letztere die echten Nervenfibrillen. Die Längsfasern werden von Lunwıe auch als Nervenfasern benannt. Diese Deutung stimmt also mit der meinigen überein. Seinen Standpunkt fasst aber Lupwıe dahin zusammen, dass er sagt: »Wir haben also bei den Asteriden ein Nervengewebe, welches in seinen Elementen zwar keinen unmittel- baren Zusammenhang mit dem äußeren Epithel des Körpers mehr er- kennen lässt, aber doch noch seinen ektodermalen Ursprung dadurch verräth, dass es zwischen die innerste zu Fasern ausgezogene Lage jenes Epithels eingeflochten ist.« Ich führe diesen Satz wörtlich an, um den Stand der Frage über den histologischen Bau des Nervensystems zu kennzeichnen, zur Zeit als ich diese Untersuchung unternahm und publicire. — Die Epithelsinneszellen, die ich nachgewiesen habe, sind somit bisher noch nicht beobachtet worden. — Craus! hat an verschie- denen Stellen seiner Publikationen ausgesprochen, dass wahrscheinlich ein Zusammenhang des Nervensystems mit dem Epithel bestehe. Seine Vermuthung hat sich nach meinen Untersuchungen somit als richtig her- ausgestellt. Das dorsale Epithel. Das Rückenepithel unterscheidet sich von dem ventralen durch seine geringere Entwicklung. Ist das ventrale Epithel als nervös zu bezeich- nen, so gilt das von dem dorsalen nur in beschränktem Maße. Niemals erreicht die Nervenschicht eine solche Ausdehnung wie an der Bauch- fläche. Welches sind nun die Zellelemente, welche das dorsale Epithel zusammensetzen? Wir treffen vor Allem als die am meisten verbreiteten Zellen an diejenigen, welche ich als Stützzellen bezeichnet habe. Da aber, wie ich schon erwähnte, das dorsale Epithel an Höhe weit hinter dem ventralen zurücksteht, so sind diese Stützfasern mit nur kleinen Fortsätzen versehen, ja an vielen Stellen ist es kaum zur Bildung der- selben gekommen. Das Epithel überzieht alle verschiedenen Erhebungen des Rückens, also die Kiemenbläschen und die stachelartigen Gebilde. Zwischen den Fortsätzen der Epithelzellen verlaufen im ganzen dorsalen Epithel Nervenfibrillen, bald eine äußerst dünne Schicht bildend, bald aber stärker entwickelt sich zeigend. Die Nervenfibrillen 1 Craus, Grundzüge der Zoologie. I. Bd. p. 314. 4880. \ Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. 183 laufen im Allgemeinen senkrecht zur Längsachse des Füßchens. An der Basis der Kiemenbläschen, so wie in den Buchten, welche zwischen den verschiedenartigen Erhebungen der Körperwand entstehen, trifft man das Epithel mit der Nervenschicht stärker entwickelt an. Hier kommt es auch zur Bildung von Faserzügen, welche parallel zur Längsachse der Füßchen verlaufen. An diesen Stellen gelingt es dann fernerhin Sinnes- zellen nachzuweisen, wie auch die distalen Enden der Kiemenbläschen im Wesentlichen aus diesen Elementen zusammengesetzt sind. (Fig. 78 und 79 zeigen Faserzüge, welche auf dem Querschnitt getroffen sind.) Außer den genannten Zellelementen kommen die schon im Außen- epithel der Saugfüßschen beschriebenen Drüsenzellen vor und drittens eine weitere Drüsenzellenart, die ich sogleich des Näheren charakterisiren will. Oft dichtgedrängt finden sich im’Epithel an die Nesselkapseln der Acalephen erinnernde Kapseln vor, welche einen fein granulirten Inhalt besitzen oder aber wasserhell erscheinen. Diese eigenthümlichen Drüsen- kapseln trifft man übrigens auch im ventralen Epithel an, ja hier sogar. im Radialnerven, wo ich sie bei Astropecten aurantiacus mehrere Male fand. Die Form dieser Kapseln ist oval, eiförmig. Sie liegen vom Pro- toplasma der Zelle umgeben, welche in einem Fortsatz sich verlängert. Dass ich diese Gebilde für drüsige Elemente halte, scheint mir aus ihrem Inhalt zu folgen. Sobald die Kapseln leer sind, erscheinen sie wasserhell, sonst wie schon angegeben, mit einem körnigen Inhalt versehen. Figur 74 giebt einen Schnitt durch das dorsale Körperepithel wieder. Unterhalb der Guticula befinden sich die Kapseln und darunter die Kerne der Epithelzellen. An der Basis und zwischen den Ausläufern der Stützzellen erblickt man die Nervenfibrillenschicht. Das Nervensystem der Echinodermen und Coelenteraten. Vergegenwärtigen wir uns kurz den histologischen Bau des Nerven- ‚systems, wie ich ihn gefunden und geschildert habe. Wir treffen im ektodermalen Epithel im Allgemeinen vier Elemente an, welche ich als ' Stützzellen, als Sinneszellen, als Ganglienzellen und Nervenfibrillen be- zeichnet habe. Die beiden letztgenannten Elemente findet man in der Tiefe des Epithels, während Stütz- und Sinneszellen eine epitheliale Lagerung haben. Die Epithelsinneszellen werden durch die Nerven- fibrillen und Ganglienzellen zu einem Ganzen verbunden, welches das Nervensystem bildet. Überall ist die Nervenschicht im Zusammenhange geblieben mit dem Epithel. Bei den Holothurien hat dieselbe nur ihre Lage verändert, während bei den Seesternen auch die Lage im ektodermalen Epithel beibehalten ist. 184 Otto Hamann, Die Nervenschicht verläuft um den Mund ringförmig in der Tiefe des Epithels, während in jeden Arm oder Strahl sich dieselbe fortsetzt als eine in der Mitte des Armes verlaufende Fasermasse, von welcher auf die Füßchen und nach dem ventralen Epithel Zweige abgehen. Unwill- kürlich erinnert die Lagerung so wie das specielle Verhalten des Nerven- systems an die Coelenteraten, wo wir dieselben Verhältnisse antreffen. Durch die Arbeiten von CrAaus, Eımer und besonders der Gebrüder Hertwıc sind wir genau über den histologischen Bau des Nervensystems der Medusen und Aktinien unterrichtet worden. Diesen Forschern ge- lang es den Nachweis zu bringen, dass bei den genannten beiden Grup- pen das Nervensystem einen Theil der Körperoberfläche darstellt, und mit seinen Bestandtheilen dauernd dem Ektoderm angehört, dass also hier ein Zustand erhalten ist, welcher bei den übrigen Thieren nur vor- übergehend beim Beginn ihrer Entwicklung sich findet. Interessant ist es nun, dass wir in den Echinodermen einen zweiten Thierkreis vor uns haben, bei welchem dieselben Verhältnisse sich wie- derfinden, wie bei den Coelenteraten. Doppelt interessant aber, da wir mit Bestimmtheit den Satz aussprechen können, dass die letzteren mit den ersteren in keinerlei Verwandtschaftsverhältnis stehen. Wir können also mit größter Sicherheit annehmen, dass sich das Nervensystem in beiden Gruppen unabhängig von einander entwickelt hat. Somit er- fahren die Ansichten, welche man über die Entstehung des Nerven- systems bei den Thieren überhaupt aufgestellt hat, sofern sie sich auf die Goelenteraten stützen, eine neue Bestätigung, indem eben ein und dieselbe Bildung zweimal unabhängig entstanden ist. Prüfen wir in Kürze die allgemeinen Sätze, welche die Genese des Nervensystems be- treffen! Als die primitivste Form desselben sehe ich mit OÖ. und R. Herrwic ! denjenigen Entwicklungszustand an, bei welchem Sinneszelle, Muskel- und Ganglienzelle zugleich Epithelzellen sind. »Durch ihre Lage sind alle drei befähigt direkt auf äußere Reize zu reagiren; sie unterscheiden sich nur dadurch von einander, dass eine jede noch eine besondere Funk- tion in hervorragender Weise ausgebildet und daher auch morphologisch sich in divergenter Richtung differenzirt hat. Die Epithelmuskelzellen haben kontraktile Fibrillen ausgeschieden, die Epithelganglienzellen be- sitzen besonders zahlreiche Verbindungen unter einander und mit den sensiblen und muskulösen Zellen, die Sinneszellen endlich sind durch die Anwesenheit specifischer Endapparate (in unserem Falle die Augen) besonders geschickt geworden sinnliche Eindrücke aufzunehmen.« Diese 1 Vgl. Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen. 3. Abschnitt. p. 157 und: Die Actinien. p. 476. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 185 Elemente sind mit Epithelstützzellen über die ganze Körperoberfläche verbreitet. Diesen Zustand haben wir bei den Asteriden noch vor uns. Was nun die Genese der Sinnesorgane anlangt, so haben die Gebr. Hertwie den Satz aufgestellt, dass die specifischen Sinnesorgane der Medusen aus indifferenten Sinneszellen entstanden seien. Auch diese Ansicht wird bestätigt durch den Nachweis, dass die Augenflecke der Seesterne aus zu Gruppen zusammengetretenen Sinneszellen bestehen, in welchen ein Pigment abgelagert worden ist. Dies ist der einfachste Bau eines Sehfleckes im ganzen Thierreiche. Bei den Medusen haben - wir schon höhere Bildungen vor uns. Hier sind zwar auch Sinneszellen in Gruppen zusammengetreten, aber zugleich im Vereine mit Stütz- zellen, welche eine Pigmenteinlagerung erhalten haben. Somit erweist sich das Auge der letzteren auf einer höheren Stufe stehend. Wenn man nun die Sinneszellen, welche sich über die ganze Kör- peroberfläche verbreitet finden, als das nothwendige Substrat für die Genese specifischer Sinnesorgane betrachtet, dann wird, wie OÖ. und R. HERTwIG zeigen, es uns nicht mehr unverständlich erscheinen, wie sich Sinnesorgane an den verschiedensten Körperregionen bilden können. Welches Verhalten das Nervensystem bei Crinoiden und Echiniden zeigt, davon werde ich demnächst Mittheilung machen. Kurze Zusammenfassung der Hauptresultate. a) Darmtractus, Bindegewebe etc. 4) Die äußerlich leicht zu unterscheidenden Theile des Darmtractus, 'Ösophagus, Magen, Dünndarm und Rectum, sind auch histologisch ge- schieden. Im Ösophagus findet sich im oberen Theile nur eine Ring- muscularis, während in der Bindesubstanz Kapillaren in großer Anzahl als Spalträume auftreten. Am basalen Theile des Ösophagus treten Längsmuskelfasern auf. 2) Der Magen besitzt eine stark entwickelte Ring- und Längsmus- eularis. Letztere nimmt nach der Basis zu ab. Sie ist überhaupt im Magen am stärksten entwickelt. Die Gewebslagen derselben sind: Innenepithel, innere Bindegewebslage, Längs- und Ringmuscularis, äußere Bindegewebslage mit Kapillaren, Außenepithel. 3) Im Dünndarm sind zwei Regionon, eine groß- und eine eng- lumige zu unterscheiden. Die Längsmuscularis ist spärlich entwickelt, eben so die Ringmuskelschicht. Dieser Darmabschnitt kennzeichnet sich als der resorbirende. . Zwischen Innenepithel und Muskelschichten findet sich eine Binde- substanzlage (dieinnere), welche aus feinen Fibrillen besteht. Sie war im 186 Otto Hamann, Ösophagus und Magen nur wenig entwickelt. Die Gewebslagen des Dünndarmes sind: Innenepithel, innere Bindesubstanz, Längs- und Ringmuscularis (äußere Bindesubstanz), Außenepithel.- k) Im oberen Theil des Dünndarmes finden sich blindsack- artigeGebilde, Homologa (?) der bei Asteriden beschriebenen Organe. 5) Die Suspensorien des Rectums besitzen eine Muskelschicht und Flimmerepithel. 6) Das Bindegewebe besteht überall, wo es im Darm und den Mesenterien vorkommt, aus Fibrillen mit spindelförmigen Zellen und der Grundsubstanz. 7) In jedem Geschlechtsschlauch sind zwei Theile zu unterscheiden, ein distaler, in welchem die Geschlechtsprodukte entstehen, und ein basaler Theil. 8) Das dorsale und ventrale Blutgefäß bestehen aus einem System von Spalträumen, welche im Bindegewebe sich finden und in welchen die Blutflüssigkeit cirkulirt. 9) Der Verschluss der Ampullen geschieht durch einen besonderen Sphinkter. 10) In allen Geweben und Hohlräumen des Holothurienkörpers finden sich Zellen vor, welche sich nach Amöbenart bewegen. Ich nenne dieselben Plasmawanderzellen (von SEmPER wurden sie zum Bindege- webe gehörig angesehen). 11) Das Bindegewebe besteht aus einer hyalinen Grundsubstanz, in welcher sich Fibrillen finden, welche mit den Bindegewebszellen zu- sammenhängen. Die Fibrilien des Bindegewebes sind in die Länge ge- wachsene Zellen. 12) Der Bau der Muskulatur deutet darauf hin, dass dieselbe epi- thelialen Ursprungs ist. Es finden sich die Muskelfibrillen der Holothu- rien in lamellöser Anordnung, so wie Muskelprimitivbündel bildend. b) Nervensystem, Augen etc. 13) Das Nervensystem hat bei den Holothurien seine Lagerung im Bindegewebe. Mit dem Epithel ist es im Zusammenhang geblieben an den distalen Enden der Füßchen (und der Tentake]). 1A) Das Nervensystem der Seesterne setzt sich zusammen aus folgenden Gebilden: Epithelsinneszellen, Epithelstützzellen, Nerven- fasern und großen und kleinen Ganglienzellen. 15) Die Augen sind Komplexe von pigmentirten Epithelsinneszellen. Göttingen, Anfang Mai 1883. | | Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. | 187 Erklärung der Abbildungen. In sämmtlichen Figuren bedeutet: au, Einzelaugen; esz, Epithelsinneszellen; bg, Bindesubstanz ; ez, Epithelstützzellen; bl, Blutgefäß; 93, Ganglienzellen; c, Cuticula; Im, Längsmuscularis; dr, Drüsenzellen; m, Maschen in der Bindesubstanz ; del, Darmepithel, inneres; nf, Nervenfasern; de?, Darmepithel, äußeres; pig, Pigment; dm, dorsales Mesenterium; qnf, Querschnitte der Nervenzüge; ep, Leibeshöhlenepithel ; rm, Ringmucularis ; ei, Epithel der Wassergefäße ; t.F., terminaler Fühler. e, Ektodermepithel, Hautepithel; Die Angaben über die Vergrößerungen beziehen sich auf ein Mikroskop von ZEıss mit ausgezogenem Tubus. Tafel X<— XI, Fig. 4. Muskelfibrillen aus der Körperwand von Gucumaria Planci. F. Oc. 2. Fig. 2. Querschnitt durch einen der fünf Längsmuskeln. Die Muskelfibrillen sind in Kästchen angeordnet, zwischen welchen sich die Bindesubstanz findet. Fig. 3. Querschnitt durch die Körperwand unterhalb der Tentakeln. Die Binde- substanz (bg) besitzt keine Kalkkörper. Fig. 4. Querschnitt durch die Körperwand in der ungefähren Körpermitte ge- führt. Cuc. cucumis. In der Bindesubstanz (dg) treten drei Schichten auf. Die erste besteht aus Fibrillen, welche ein Maschenwerk bilden. In diesen: Maschen liegen die Kalkkörper, welche hier durch Säuren entfernt sind. Auf die Maschen- schicht folgt eine zweite Lage von knorpelähnlicher Konsistenz, unter welcher die dritte Lage aus »Plasmawanderzellen«. Auf die Ringmuscularis folgt dann das Innenepithel, welches die Leibeshöhle auskleidet. Fig. 5. Die Plasmawanderzellenschicht stärker vergrößert. Fig. 6. Einige Maschen der ersten Schicht stark vergrößert. Es sind nur die Kerne der Bindesubstanzzellen gezeichnet. Boraxkarminpräparat. F. Oc. 4. Fig. 7. Ein Stück aus dem Mesenterium des Darmes von Cuc. Planci. F. Oc. 2. Fig. 8. Bindesubstanzfibrillen aus der knorpelähnlichen Lage der Körperwand, Fig. 9. Tangentialschnitt durch ein Aufhängeband des Rectums. Fig. 10 a—g. Plasmawanderzellen in den verschiedenen auf einander folgenden Bewegungszuständen. g, solche ohne Körner. Fig. A4. Zellen mit ihren Fibrillen aus der Bindesubstanz des Mesenteriums. Imm. 4/42. Oc. 2. Fig. 42. Zellen mit ihren Fibrillen aus der Bindesubstanz des Mesenteriums iso- lirt, vom lebenden Thiere. 4/42. Oc. 2. Fig. 13. Schematische Ansicht des Darmtractus, zur Orientirung der Quer- Schnitte. oe, Ösophagus; m, Magen; dd, Dünndarm; r, Rectum. Fig. 14. Querschnitt durch den Ösophagus (in a—b geführt). 183 | | Otto Hamann, Fig. 15. Querschnitt am Grunde des Ösophagus geführt (c—d). Man sieht das dorsale Mesenterium mit dem sog. dorsalen Blutgefäß. i Fig. 46. Stück eines Querschnittes durch den Ösophagus, ‚um den Bau einer der Anhangspapillen zu zeigen. Fig. 47. Querschnitt durch den Muskelmagen (e—f). a. 4. Fig. 18. Längsschnitt durch den Dünndarm, um die vorspringenden Wülste zu zeigen. Fig. 19. Querschnitt durch den Dünndarm von Cuc. Planci. Fig. 20. Ein Stück desselben stärker vergrößert. F. Oc. 2. Fig. 21. Körnerzellen aus demselben isolirt. Fig. 22 zeigt die netzförmige Struktur der Darmwandungszellen des Dünn- darmes, eben so wie die Cuticula, welche die Peripherie konstant überzieht. Zeiss, Imm. 4/12. Oc. 4. Fig. 23. Darmepithel aus dem Dünndarm (Endtheil desselben). Fig. 24. Ösophagus mit dem Dünndarm, das dorsale Blutgefäß, der Ausführgang der Geschlechtsorgane im dorsalen Mesenterium. Lupenvergrößerung. Cuc. cucumis. Fig. 25. Blindsackartiges Anhangsorgan des Dünndarmes. Fig. 26 und 27. Querschnitte durch ein Anhangsorgan. D. Oc. 2. Fig. 28. Theil eines Querschnittes senkrecht zur Armachse eines Seesternarmes. Fig. 29. Theil eines Querschnittes durch die Ambulacralrinne einer Holothurie. In beiden Figuren ist das Epithel mit grauem, das Nervensystem mit gelbem, das Muskelsystem mit blauem Ton angegeben. Die Bindesubstanz ist heller gehal- ten als das Epithel. In beiden Abbildungen ist der Verlauf des Nerven auf den Saugfüßchen zu sehen, so wie vor Allem die Lagerung des Nervensystems. Fig. 30. Längsschnitt durch eines der fünf Nervenbänder von Asteracanthion rubens. Man sieht in der Tiefe der Epithelschicht die Nervenfibrillen mit einge- streuten Zellen, den Ganglienzellen. Fig. 34. Ein Stück der Nervenschicht von der Umgebung des terminalen Füh- lers; mit 93 sind die großen Ganglienzellen bezeichnet. Die senkrecht verlaufenden Fortsätze gehören den Epithelstützzellen an (Essigsäure-Karminpräp.). Ölimm. 1/12. Fig. 32. Epithel aus der Umgebung des terminalen Fühlers. Eine Epithelsinnes- zelle dargestellt (Essigsäure-Karminpräparat). Fig. 33. Epithelsinneszellen isolirt dargestellt aus derselben Gegend. Fig. 34. Epithel von einer anderen Stelle, die großen Ganglienzellen zeigend. Fig. 35. Der terminale Fühler mit dem Auge und der darüber liegenden Kalk- platte. Lupenvergrößerung. Der Fühler stark kontrahirt. Solaster papposus. Fig. 36. Die Kalkplatte mit dem Fühler von vorn gesehen. Fig. 37. Der Augenwulst mit den Einzelaugen von Asteracanthion rubens. Fig. 38. Längsschnitt durch das terminale Ende eines Seesternarmes. Der ter- minale Fühler (?) ist sehr stark kontrahirt, so dass der Augenwulst stärker hervor- tritt. Im terminalen Fühler endet das Wassergefäß blind. Der Verlauf der. Nerven- fibrillen (nf) ist deutlich zu verfolgen. Mit b ist die Bucht bezeichnet,, welche zwischen dem Fühler und der Kalkplatte sich befindet. Mit x ist die Stelle ange- geben, wo das dorsale Epithel beginnt und die Epithelsinneszellen aufhören vorzu- kommen. ' Fig. 39. Querschnitt durch den Augenwulst eines jungen Thieres von Astera- canthion rubens. Es sind sechs Einzelaugen getroffen. In zwei derselben ist das rothe Pigment zu sehen. Nach einem in Gummiglycerin eingebetteten Präparat. | Fig. 40. Längsschnitt durch den Augenwulst. Es sind vier Einzelaugen auf Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. 189 dem Längsschnitt getroffen. In der Tiefe des Epithels verläuft die Nervenschicht (nf), auf welche das Bindegewebe bg folgt (letzteres ist die von LanGe als Ganglien- knoten beschriebene Schicht). Mit e! ist das Epithel bezeichnet, welches die Wasser- gefäße auskleidet. Fig. 44. Epithelsinneszellen von Solaster papposus mit anhängender Anschwel- ung (wahrscheinlich Ganglienzellen). Fig. 42. Längsschnitt durch den um den Mund verlaufenden Ringnerv. x Fig. 43. Epitbelstützzellen mit Epithelsinneszellen aus dem terminalen Fühler. Klopfpräparat. In Osmiumessigsäure macerirt von Solaster papposus. Ölimmers. Fig. 44. Einzelne Epithelsinneszellen ebendaher. Ölimmers. 1/12. Fig. 45. Epithelstützzellen aus dem ventralen Epithel von Asteracanthion ru- bens, nebst einer Epithelsinneszelle mit zwei Ausläufern. Fig. 46. Zwei Epithelsinneszellen eines Einzelauges mit dem Pigment von Asteracanthion rubens. Fig. 47. Sinneszellen ebendaher. Imm. Zeıss 1/42. Oc. 4. Fig. 48. Längsschnitt durch das Distalende des terminalen Fühlers von Astera- canthion rubens. Im Außenepithel sieht man die Nervenschicht, deren Zusammen- hang mit den Epithelsinneszellen des Distalendes zu erkennen ist. Mit gnf sind die auf dem Querschnitt getroffenen ringförmig verlaufenden Nervenfaserzüge bezeich- net. D. Oc. 2. Fig. 49. Das dorsale Mesenterium mit den zackenförmigen Fortsätzen, vermit- tels welcher die Festheftung an der Körperwand erfolgt. Das Epithel ist entfernt. Fig. 50. Querschnitt durch die Wandung der sog. Wasserlungen. Das Innen- epithel besteht aus Cylinderzellen. Auf diese folgt das Bindegewebe, hierauf Muscu- laris und das Außenepithel aus feinen Zellelementen bestehend. An der Peripherie treten Zellkerne auf, so dass es scheint als ob ein Plattenepithel auf dem eigentlichen Epithel aufläge. Plasmawanderzellen sind in großer Menge in der Bindesubstanz vorhanden. Fig. 51. Längsschnitt durch ein Saugfüßchen von Cucumaria. Fig. 52. Ein Stück des distalen Endes stärker vergrößert. Auf die Epithelschicht mit der Cuticula folgt die Bindesubstanz, Längsmuscularis und das Innenepithel. Am Grunde der Epithelzellen sieht man die Nervenfaserschicht nf. Fig. 53. Stück eines Querschnittes durch ein Saugfüßchen. Mit nf ist der Quer- schnitt des Füßchennerven bezeichnet. Fig. 54. Längsschnitt durch die Wandung eines Saugfüßchens von Astropecten aurantiacus. A. Oc. 2. Fig. 55. Querschnitt durch dasselbe in a—b Fig. 54 geführt. D. Oc. 2. Fig. 56. Querschnitt durch dasselbe in c—d geführt. D. Oc. 2 Fig. 57. Stück eines Längsschnittes oberhalb des Ringwulstes des Saugfüßchens geführt. esz, die Epithelsinneszellen und die Nervenschicht. Astropecten aurantiacus. Fig. 58. Isolirte Epithelsinneszellen ebendaher. Immers. 1/42. Oc. 2. Fig..59. Längsschnitt durch einen Geschlechtsschlauch. Man sieht den ver- schiedenen Bau des distalen und des basalen Endes. Cucum. cucumis. Fig. 59a. Drei Geschlechtsfollikel, natürliche Größe von Cuc. cucum. Fig. 60. Querschnitt durch den Schlauch in a—b geführt. Fig. 61. Querschnitt durch den Ausführgang der Geschlechtsprodukte. D. Oc. 2. Fig. 62. Ein Stück vergrößert, um die Zusammensetzung aus Epithel, Längs- muscularis, Bindesubsianz und inneres Epithel zu zeigen. Cucumaria Planci. Fig. 63. Querschnitt durch das ventrale Blutgefäß. Cucumaria Planci. 190 Otto Hamann, Beiträge zur Histologie der Echinodermen. 1. Fig. 64. Querschnitt durch das dorsale Blutgefäß. Ebendaher. Fig. 65. Längsschnitt durch das Distalende eines Saugfüßchens von Solaster papposus. Fig. 66a. Epitheldrüsenzellen ebendaher. Fig. 66 b. Isolirte Drüsenzellen in verschiedenen Formen. Fig. 67. Epithelsinneszellen aus dem Distalende eines Füßchens. Ölimm. 4/12. Oc. 4. Fig. 68. Stück eines Längsschnittes durch ein Füßchen, unterhalb des Saug- napfes, um die Drüsenzellen zur Anschauung zu bringen. Fig. 69. Ganglienzellen, die kleinere Form aus dem radialen Nervenstrang. Ölimmers. Zeıss 1/12. Oc. 4. Fig. 70. Stück eines Längsschnittes durch ein Füßchen, um die Lage großer Zellen in der Bindesubstanz zu zeigen, welche unterhalb des Epithels sich finden. Asteracanthion rubens. Fig. 74. Dieselben Zellen vergrößert. Ölimmers. 1/12. Oc. 4. Fig. 72. Querschnitt durch das Ambulacrum einer Holothurie (Gucumaria Planci), um die Abgänge der Nervenzüge vom Ambulacralnerven zu zeigen. Fig. 73, 74, 76, 77 beziehen sich auf das dorsale Epithel der Asteriden. Fig. 73. Längsschnitt durch ein Kiemenbläschen, um den Verlauf der Nerven- schicht zu zeigen. Fig. 74. Stück eines senkrecht zur Achse des Armes durch die Rückenhaut ge- führten Schnittes. Unterhalb der Cuticula treten die kapselförmigen Drüsenzellen hervor. Die Nervenschicht ist deutlich sichtbar. Fig. 75. Einzelne Kapselzellen aus dem Epithel der Füßchen von Asteracanthion rubens. Fig. 76. Einige Kapselzellen von der Oberfläche gesehen, ebendaher. Fig. 77. Rückenepithel aus der Bucht, zwischen einem Kiemenbläschen und einem stachelartigen Gebilde. qgnf, Querschnitte der Nervenfaserzüge. Aster. rubens. Fig. 78. Rückenepithel ebendaher mit stärker entwickelter Nervenschicht als in Fig. 77 zu sehen ist. F. Oc. 2. Asteracanthion rubens. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. Von Dr. Friedrich Ahlborn aus Göttingen. Mit Tafel XII—XVII und 1 Holzschnitt. Die erste nähere Beschreibung, welche wir über die Centralorgane des Nervensystems der Petromyzonten besitzen, findet sich in der Mono- graphie H. Raruke’s: »Bemerkungen über den inneren Bau der Pricke« und stammt aus einer Zeit, in welcher durch die Mittheilungen von Carus, Home und Bosanus zuerst die Aufmerksamkeit auf diese in so vielen Beziehungen interessanten Thiere hingelenkt war. Bei der Kleinheit des Gegenstandes und den damaligen unzuläng- lichen Hilfsmitteln und primitiven Untersuchungsmethoden konnte sich die Betrachtung nur auf die gröberen äußeren Erscheinungen erstrecken, und es war zu entschuldigen, wenn die Resultate den natürlichen Ver- hältnissen wenig entsprachen. — Etwa 13 Jahre später erschien in Mürrzer’s Archiv ein Auszug aus einer ungedruckten Preisschrift von SCHLEMM und v’ALton (l.c. 26), in welchem die inzwischen bekannt gewordenen Arbeiten von DesmouLins und SErRES (l. c. 5 und 27) be- rücksichtigt, und eine Reihe neuer, thatsächlicher Verhältnisse — be- sonders über die periphere Verbreitung der Hirnnerven — ans Licht ‚gefördert wurden. — Alle diese Arbeiten wurden aber im Anfang der vierziger Jahre weit überholt durch die großartigen Untersuchungen von JoHANNes MüLter (l. cc. 16, 47), die erst in den letzten Jahren eine theilweise Korrektion durch moderne Forscher erfahren haben. — Aus- führlicher wurde seitdem durch Wırs. Mürrer (l. c. 48) das Zwischen- hirn mit seinen Hohlräumen beschrieben; dann folgte die Arbeit von P. Langermans (l. c. 13), die besonders den mikroskopischen Bau des Nachhirns zum Gegenstande hatte, — und die vorzüglichen Untersuchun- gen P. Fürprınger’s (l. c. 8), in welchen die peripherische Verbreitung der Hirnnerven klargestelli wurde. A. Scuneiper hat hiernach in seinem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Ba. 43 192 Friedrich Ahlborn, schönen Werke (l. c. 24) die anatomischen Verhältnisse der proxi- malen Nervenenden aufs Neue behandelt. Seine Angaben wurden zum Theil von R. WiEDersneim (l.c. 31) beanstandet, welcher Autor auch das gesammte Hirn mit den Nervenursprüngen zuletzt beschrieben und gezeichnet hat. Bei einer so großen Anzahl früherer Beobachter könnte es fast zwecklos erscheinen, das Gehirn der Petromyzonten nochmals zum Gegenstande einer Untersuchung zu machen; allein wenn auch durch die früheren Forschungen der allgemeine architektonische Bau im Großen und Ganzen zur deutlichen Vorstellung gekommen war, so blieb doch eine Reihe von Fragen über einzelne schwieriger zu untersuchende Hirn- theile und besonders über die feinere anatomische Zusammensetzung des Gehirns unbeantwortet, oder wenigstens kontrovers. Die Unzuläng- lichkeit der früheren grob anatomischen Untersuchungsmethode verhin- derte, wie überall, so auch hier, meist ein weiteres Eindringen und zeigte undeutliche und verschwommene Bilder an der Stelle, wo wir jetzt mit Hilfe der neueren mikrotomisch- mikroskopischen Technik scharfe Grenzen erblicken. LangerHAns hatte sich allerdings bei seinen Untersuchungen bereits der Schnittmethode bedient, allein diese selbst war damals bei Weitem noch nicht in dem Maße ausgebildet, wie jetzt, und, wie LAnGERHANS selbst sagt, waren seine Resultate noch so wenig abgeschlossen, dass er nur in einzelnen Fällen eine Beziehung zu dem Gentralnervensystem anderer Vertebraten aufzustellen versuchen konnte. ScHnEIDErR hatte, da es außerhalb des Rahmens seiner Arbeit lag, das Gehirn selbst gar nicht mit in Betracht gezogen. — So drängte denn Alles auf eine wiederholte, neue Erforschung und Darstellung des Gehirns dieser merkwürdigen Thiere, zumal die WIEDERSHEIN-SCHNEIDER- sche Kontroverse den Mangel einer systematischen Bearbeitung des Gegenstandes fühlbar gemacht hatte. Meinem hochverehrten Lehrer Herrn Professor Dr. Enzers verdanke ich es, auf dieses fertile Untersuchungsgebiet hingelenkt zu sein, und es gereicht mir zu großer Freude, ihm an dieser Stelle meinen tiefgefühlten Dank aussprechen zu können für das große Interesse, welches er jeder- zeit meinen Arbeiten widmete, so wie für die zahlreichen Rathschläge, mit denen er mir stets helfend zur Seite stand, und — last not least — für die Freigebigkeit, mit welcher er mir bereitwilligst die werthvollsten Bücher seiner Bibliothek zur Verfügung stellte. | _ Die vorliegende Arbeit ist in einer vorläufigen Mittheilung ange- kündigt, in welcher die Resultate zum Theil aufgeführt sind, und welche | unter der Überschrift »Zur Neurologie der Petromyzonten« in Nr. 20 der » Göttinger Nachrichten« von 1882 veröffentlicht ist. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 193 Die Untersuchungen wurden im Laufe des Jahres 1882 im zoologisch- zootomischen Institut zu Göttingen ausgeführt. Material. Es stand mir dabei eine Reihe älterer in Alkohol konservirter Exemplare von Petromyzon fluviatilis zur Verfügung, welche theils zu Salpetersäure-Macerationen, theils für Schnittserien Verwendung fanden. Sodann fand ich in der hiesigen Sammlung ein sehr gut erhaltenes Kererstein’ sches Präparat, in welchem das Gehirn von P. marinus zu Tage gelegt war, klar genug, um seine vollständige Analogie mit dem Gehirn der übrigen Petromyzonspecies oder -Varietäten bestimmt er- kennen zu lassen. — Herr Professor Enters gab mir dann noch eine Anzahl kleiner in Weingeist aufbewahrter Ammocoeten von 15—20 mm Länge, die mir beim Vergleich mit den Verhältnissen der erwachsenen Thiere wesentliche Dienste leisteien: sie wurden größtentheils zu Schnittserien verwendet. Die meisten meiner Präparate jedoch, und besonders alle die, welche ich der Beschreibung der mikroskopischen Anatomie zu Grunde gelegt habe, wurden aus ganz frischem, lebendem Material von Petromyzon Planeri gewonnen, welches mir in dem un- fernen Rase-Bache in reichlicher Menge zu Gebote stand. Untersuchungsmethode. Zur Vermeidung aller Macerations- erscheinungen, die man gerade für die mikroskopische Untersuchung des Gehirns am meisten zu fürchten hat, wurde vermittels eines schar- fen Messers der Kopf des lebenden Thieres zwischen dem zweiten und dritten Kiemenloche abgetrennt und sofort zum Abtödten und Erhärten in 1°, Ghromsäure resp. 1/,°/, Osmiumsäure gelegt. Nach dem Durch- tränken der Flüssigkeit wurde die überschüssige Säure durch einen schwachen Wasserstrom extrahirt; sodann die Seitentheile des Kopfes durch Sagittalschnitte, die etwa durch die Mitte des Auges und der Ohr- kapsel geführt wurden, abgetrennt, alle Theile, die ventral von der Chorda und der Schädelbasis lagen, fortgenommen, endlich der Rest der Oberlippe durch einen in der Höhe der Nasenöffnung geführten Schnitt entfernt, und das so präparirie Objekt zum Färben in GRENACHER’S Borax-Karmin gelegt. Der gefärbte Körper wurde hierauf in der ge- wöhnlichen Weise mit schwach angesäuertem Alkohol behandelt, dann sradatim in absoluten Alkohol übergeführt, in Bergamottöl aufgehellt und in eine Mischung von Paraffin und Vaseline eingebettet. Die Schnitte wurden dann mit Hilfe eines kleinen aber vorzüglich gearbeiteten Spenger’schen Mikrotoms angefertigt und nach Angabe von GIESSBRECHT mit einer schwachen Lösung von Schellack in absolutem Alkohol reihenweise auf dem Objektiräger befestigt. 13* 194 Friedrich Ahlborn, So erhielt ich denn eine größere Anzahl von Schnittserien, die bei der ungleichartigen Behandlungsweise mit Ghrom- und Osmiumsäure dazu angethan waren, sich gegenseitig zu ergänzen und zu kontrolliren. Bei der Anfertigung war es mein Bestreben, die Schnitte so zu legen, dass sie zweien der konventionellen Körperachsen parallel gingen, da nur in diesem Falle eine möglichst genaue Ortsbestimmung der Einzel- organe leicht ausführbar ist. Meine wichtigsten Serien bestehen daher theils aus Querschnitten, theils aus sagittalen Längsschnitten und theils aus horizontalen oder bilateralen Längsschnitien. Diese drei Schnitt- arten erwiesen sich durchweg für ausreichend zur Beurtheilung der architektonischen Verhältnisse und nur in einzelnen Fällen war es ge- boten, anders gerichtete Schnitte zu Hilfe zu ziehen. Für die äußere Topographie habe ich zunächst einige Gehirne aus Salpetersäure frei präparirt. Dies gelang leicht bei Petromyzon fluvia- tilis, führte aber bei P. Planeri nicht zu sicheren Resultaten, trotz Befol- gung der Regeln, welche WIEDERSHEIN für die Präparation des Ammocoetes- Gehirns angegeben hat: immer waren die Nerven zum Theil an ihren Ursprüngen abgerissen und an allen intricaten und für den Vergleich der Species gerade wichtigen Stellen — z.B. im Dach des Zwischen- und Mittelhirns — waren die Grenzen der Theile nur undeutlich und nicht mit der nöthigen Sicherheit zu erkennen. Ich bin davon über- zeugt, dass es dieser trügerischen Präparationsmethode zuzuschreiben ist, wenn frühere Angaben über das Petromyzontengehirn zum Theil nicht den natürlichen Verhältnissen entsprechen. Wir besitzen aber ein Mittel, die Formen von Gegenständen, die wie der vorliegende für das Mikroskop zu groß und für die Lupe zu klein sind, mit möglichster Be- stimmtheit zu erkennen; und dieses Mittel ist die räumliche Rekon- struktion des Gegenstandes nach kontinuirlichen Schnitt- serien. Diese Methode des Modellirens ist bereits vor mir gelegentlich zur Anwendung gekommen; ich habe sie aber in der folgenden Weise ausgeführt. Meine beste, lückenlose Osmium-Querschnittserie besteht aus circa 220—230 wohlgelungenen Schnitten von 1/,, mm Dicke, und umfasst das ganze Gehirn und den vorderen Theil des Rückenmarks. Die 60-fache Vergrößerung dieser Serie sollte mir das Modell liefern; daher ließ ich in einer zu diesem Zwecke konstruirten Glasform (die vorher mit einer feinen Ölschicht überzogen war) Wachsplatten von 2 mm Dicke (60 - 1/;, mm — 2% mm) gießen, und zeichnete auf dieselben die Konturen der Querschnitte bei einer Vergrößerung von 1:60 und mit Hilfe eines großen Wiınker’schen Zeichenapparats. Diesen Konturen entsprechend erhielt ich dann durch Ausschneiden und nachträgliches Egalisiren die Platten, welche jetzt in ihrer Gesammitheit das Modell | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 195 eines 60mal kleineren Gehirns von Petromyzon Planeri ausmachen (vgl. Fig. 1-3). Litteraturverzeichnis. 41. K.E. v. Baer, Über die Entwicklungsgeschichte der Thiere. Königsberg 1828 und 4837. 2. F.M. Bırrour, A Monograph on the Development of Elasmobranch Fishes. London 4878. | 3. G.Born, Über den inneren Bau der Lamprete (Petromyzon marinus). HEUSINGERS Zeitschrift. Bd. I. Eisenach 1827. 3a. Carus, Lehrbuch der Zootomie. 4. J. Te. CATTıE, Vergelijkend-Anatomische en Histologische Onderzoekingen van de Epiphysis Cerebri der Plagiostomi, Ganoidei en Teleostei. Leiden 1884. (Auch französisch : Recherches sur la glande pineale etc. Arch. d. Bio!. Vol. III. 1882.) 5. DesmouLiss, Anatomie des syst. nerv. 6. Foster und BArLrour, Grundzüge der Entwicklungsgeschichte der Thiere (deutsch von KLEINENBERG). Leipzig 1876. 6a. S. FREUND, »Über den Ursprung der hinteren Nervenwurzeln im Rückenmark von Ammocoetes. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der Wissensch. Math.- paturw. Klasse. LXXV. Bd. 3. Abth. Wien 1877. 7. G. Fritsca, Untersuchungen über den feineren Bau des Fischgehirns. Berlin 1878. 8. P. FÜRBRINGER, Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Muskulatur des Kopf- skeleits der Cyklostomen. Jenaische Zeitschr. Bd. IX. 4875. 9. A. Görtz, Die Entwicklungsgeschichte der Unke. Leipzig 1875. 410. M.C. GoTTscHE, Vergleichende Anat. des Gehirns der Grätenfische. MÜLLERS Archiv. 1835. 44. J. Henze, Handbuch der Nervenlehre des Menschen. Braunschweig 1871. 12. A. Körrıker, Entwicklungsgesch. d. Menschen u. d. höheren Tbiere. Leipzig 4879. 13. P. LANGERHANSs, Untersuchungen über Petromyzon Planeri. Freiburg 1873. 14. P. Mayser, Vergleichend-anatomische Studien über das Gehirn der Knochen- fische mit besonderer Berücksichtigung der Cyprinoiden. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 15. V. v. MiuAarkovics, Entwicklungsgeschichte des Gehirns. Leipzig 1877. 16. Jonannes MüLLer, Über den Bau des Gehörorgans der Cyklostomen. Berlin 1838. 17. Vergleichende Neurologie der Myxinoiden. Berlin 1840. 18. WiLseLm MÜLLER, Über Entwicklung und Bau der Hypophysis und des Proces- sus infundibuli cerebri. Jenaische Zeitschr. Bd. VI. 1874. 18a. Owsıannıkow, Disquisitiones mikroskopicae de medullae spinalis structura. Dorpat 4854. 19. HEınR. RATHkE, Bemerkungen über den inneren Bau der Pricke. Danzig 1826. 20, Bemerkungen über den inneren Bau des Querders. Schriften der natur- forschenden Gesellschaft zu Danzig. 4. Abth. II. Bd. 21. GC. B. REıchErT, Der Bau des menschl. Gehirns. Leipzig 1861. 196 Friedrich Ahlborn, 24a. E. Reıssner, Beiträge zur Kenntnis vom Bau des Rückenmarks etc. MÜLLERS Archiv. 1860. 32. J. V. Ronon, Das Centralorgan des Nervensystems der Selachier. Wien 1877. 33. —— Über den Ursprung des Nervus acusticus bei Petromyzonten. Aus dem LXXXV. Bande der Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. d. Wissensch. 4. Abth. Wien 4882. 94. A. Schneider, Beiträge zur vergl. Anat. u. Entwicklungsgeschichte d. Wirbel- thiere. Berlin 1879. 25. W. B. Scott, Beiträge zur Entwicklungsgesch. der Petromyzonten. Morphol. Jahrb. Bd. VII. 1881. 96. ScHLEMM und D’ALTon, Über das Nervensystem der Petromyzonten. MÜLLERS Archiv. 41838, 27. Serres, Anatomie comparee du cerveau dans les quatre classes des animaux vertebres. Paris 1824—1826. 28. Srtannıus, Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. Berlin 4854. 28a. Dr. B. StıLııns, Neue Untersuchungen über d. Bau d. Rückenmarks. Cassel 1859. 39. L. Srıeva, Studien über das centrale Nervensystem der Knochenfische. Diese Zeitschr. Bd. XVIII. Leipzig 1868. 30. —— Über die Deutung der einzelnen Theile des Fischgehirns. Diese Zeitschr. Bd. XXIII. 1873. 34. R. WIEDERSHEIM, Das Gehirn von Ammocoetes und Petromyzon Planeri. Jen. Zeitschr. Bd. XIV. 1880. a I. Theil. Topographie der Hirntheile. 1. Übersicht. Das Gehirn der Petromyzonten besteht in seiner Gesammtheit aus drei hinter einander liegenden und wohl charakterisirten Abschnitten, welche uns das durch die Embryologie festgestellte primäre Verhalten des Wirbelthierhirns mit großer Deutlichkeit erkennen lassen. Das allerseits geschlossene und von einem kontinuirlichen System von Hohl- räumen durchzogene Organ ist zunächst an der dorsalen Seite durch zwei hinter einander liegende und tief einschneidende Quereinschnürungen in drei Theile gegliedert, welche den drei primitiven Hirnbläschen ent- sprechen. An der ventralen Oberfläche sind ebenfalls zwei Querfurchen vorhanden; sie sind von ungleicher Tiefe, und beide liegen nicht genau ventral von den dorsalen Einschnürungen, sondern um ein Stück nach vorn vorgerückt. Die hintere, tiefere liegt unmittelbar vor dem vorderen Ende der Chorda und geht seitlich über in zwei divergirende thalförmige Einsenkungen, welche über die laterale Oberfläche des Hirns hinweg zu den beiden dorsalen Einschnitten emporziehen. Hiermit sind die ober- flächlichen Grenzen der drei primitiven Hirnbläschen, wie wir sie durch Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 197 die Entwicklungsgeschichte kennen, festgelegt. Das Hinterhirn- bläschen bildet die nach vorn gerichtete Verlängerung des Rücken- marks und geht bis zu der hinteren dorsalen und ventralen Hirnein- schnürung; man kann es auch als epichordales Hirn bezeichnen. Den hinteren und oberen Abschnitt des praechordalen Hirns stellt das Mittelhirnbläschen dar, welches, dorsal durch die beiden Einschnürungen begrenzt, einen Antheil an der Basis nicht besitzt, son- dern hier gegen die hintere ventrale Transversalfurche keilförmig aus- läuft. Der größere, übrig bleibende Theil des praechordalen Hirns ent- spricht dem primitiven Vorderhirnbläschen, welches sich nach K. E. v. Baer in Zwischenhirn und Vorderhirn, oder in das primäre und sekundäre Vorderhirn Minarkovics’ gliedert. Das Zwischenhirn oder primäre Vorderhirn ist der Stammtheil des Vorderhirnbläschens und fällt etwa zusammen mit dem »unpaaren Lobus ventriculi tertii« Jon. MürLer’s. Vorn trägt es jederseits eine mächtige, birnförmige Hirnmasse, die Lobi anteriores, welche die Lobi hemisphaerici und die Lobi olfactorii Jom. MÜLLEr’s umfassen und mit den zugehörigen Verbindungstheilen |[CGommissura anterior und vordere Verschlusslamelle (Lamina terminalis s. l.), so wie den proxi- malen Anheftungs- und Ausgangsbezirken (besonders dem Homologon des Corpus striatum)] das sekundäre Vorderhirn bilden. Das Mittelhirnbläschen ist ungetheilt geblieben und fällt zusammen mit dem Mittelhirn (K. E. v. Baer), oder der Eminentia bigemina (Jon. Mürzer), den Lobi optici der Autoren. Am Hinterhirnbläschen ist eine bestimmte Trennung in Hinterhirn und Nachhirn nicht gut durchführbar, denn das Hinterhirn besteht nur aus einem schmalen Markstreifen, welcher den hinteren dorsalen Sulcus transversus (Quer- hnurung) nach hinten begrenzt. Wir unterscheiden hiernach am Gebirn in der Richtung von hinten nach vorn die bekannten fünf Abschnitte K. E. v. Barr's: N) Nachhirn, Medulla oblongata; 2) Hinterhirn, Cerebellum ; 3) Mittelhirn (Eminentia bigemina, Lobi optici), Mittelhirnbläschen. 4) Zwischenhirn (Lobus ventriculi tertii), primäres Vorderhirn; 5) Vorderhirn (Lobi hemisphaerici —- Lobi olfactorii | —- Ventriculus communis lob. ant. |SrtiEpa]), sekundäres Vorderhirn; }interhirnbläschen. Vorderhirn- bläschen. Diese Eintheilung des Gehirns, bei welcher sowohl die äußeren 198 Friedrich Ahlborn, Formen, als auch das genetische Abhängigkeitsverhältnis berücksichtigt und zum Ausdruck gebracht sind, hat nun zwar für die allgemeine Orientirung einen unbestritten hohen Werth, allein für die specielle Darstellung empfiehlt es sich nicht, jeden der fünf Hirntheile gesondert zu betrachten, aus Gründen praktischer und theoretischer Art, die spä- ier hervorzuheben sind. Ich habe daher der Detailbeschreibung eine andere Hirneintheilung zu Grunde gelegt, die mit der obigen wohl zu vereinigen ist, aber doch einige bisher nicht genügend beachtete Mängel derselben vermeidet. Zur Übersicht diene die folgende Tabelle: 4) Epichordales Hirn (embryonales Hinterhirnbläschen). (Hintere Hirnhälfte |[GöTtE|.) a) Medulla oblongata, Nachhirn, b) Cerebellum, Hinterhirn. 2) Praechordales Hirn (embryonales Mittel- und Vorderhirn- bläschen). (Vordere Hirnhälfte [Görtz] .) I. Stammtbeil: a) Mittelhirn, b) Zwischenhirn (primäres Vorderhirn); II. Vorderhirn (sekundäres Vorderhirn). Die Theilung des Gehirns in eine hintere, epichordale, und eine vordere, praechordale Hälfte ist schon von GöTTE in seiner Entwicklungs- geschichte der Unke durchgeführt und lässt sich, wie mir scheint, nicht allein auf die Petromyzonten und Batrachier anwenden, sondern auch auf alle übrigen Vertebraten, mit Ausnahme des Amphioxus. Die epichordale Hirnhälfte entspricht dem embryonalen Hinterhirnbläschen und unterscheidet sich vom praechordalen Hirn zu- nächst rein äußerlich durch ihr (epichordales) Lagenverhältnis zur Chorda dorsalis; der Haupitunterschied zwischen beiden ist aber der, dass das epichordale Hirn in vielen wesentlichen Punkten des inneren Baues den Typus des Rückenmarks bewahrt hat, der im praechordalen Hirn vollständig verwischt ist. Das epichordale Hirn enthält die Summe der spinalartigen Hirnnerven (III—XI), die vordere Hirnhälfte dagegen nur die Nervi optiei und olfactorii, die nach einem eigenen, abweichenden Typus gebaut sind und als integrirende Theile des Hirns anzusehen sind. Sehr charakteristisch ist auch dem epichordalen Hirn der Besitz einer Raphe, die im praechordalen Hirn gänzlich fehlt. Als praechordales Hirn fasse ich das embryonale Mittel- und Vorderhirnbläschen zusammen, und betone hiermit ausdrücklich und allgemein, dass die Grenze zwischen Mittelhirn und Vorderhirn von | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 199 untergeordneter Bedeutung ist und dass sie nicht verdient, mit der Grenze zwischen Hinterhirn und Mittelhirn auf eine Stufe gestellt zu werden, wie es geschieht, wenn man das Gehirn nach den drei primi- tiven Hirnbläschen eintheilt. Die Berechtigung zu dieser Behauptung finde ich hauptsächlich in dem feineren anatomischen Verhalten, welches in der Zeit, als die drei primitiven Hirnbläschen zuerst als morphologisch gleichwerthige Elemente des Gehirns hingestellt wurden, wegen ‚mangelnder Erkenntnis noch nicht berücksichtigt werden konnte, und auch späterhin, so viel ich weiß, niemals als ein bestimmender Faktor für die Hirneintheilung in Erwägung gezogen wurde. Sucht man an einem differenzirten Vertebratengehirn die in Rede stehende vordere Mittelhirngrenze auf, und vergleicht die Theile, welche sie von einander scheidet, nach ihrem anatomischen und physiologischen Verhalten, so sieht man, dass dieselben — nämlich die Gorpora quadrigemina und die Thalami optici — als Theile eines und desselben nervösen Systems (des optischen) unzertrennlich mit einander verbunden sind, und dass der verbindende und beiden Theilen gemeinsame Tractus opticus durch diese Grenze der Quere nach durchschnitten wird. Eine solche willkür- liche Zertrennung eines Organs, einer äußeren, embryonalen Former- scheinung zu Liebe, halte ich aber entschieden nicht für statthaft, wenn es sich um mehr handelt, als um eine bloße Orientirung. — Nach den meisten übereinstimmenden entwicklungsgeschichtlichen Untersuchun- gen der Autoren tritt am embryonalen Hirn die vordere Mittelhirngrenze gleichzeitig auf mit der hinteren, und man hielt daher bislang allgemein beide Grenzen für morphologisch gleichwerthig. Nur GörTte (l. c. 9) war bei der Unke (Bombinator) zu einem wesentlich abweichenden Resultat gekommen. Seine bedeutungsvollen Angaben hierüber lauten so (p. 280): »Die Erscheinung, welche an der eben geschlossenen Hirnröhre zuerst in die Augen fällt, ist ihre rechtwinklige Knickung, welche mit der gleichen Erscheinung am ganzen Rückentheile des Kopfes zusammen- fällt. Indem von der Knickungsstelle der Hirnbasis eine Anfangs seichte Einschnürung senkrecht zur oberen Seite aufsteigt, welche alsbald in Folge der Aufblähung der davor und dahinter gelegenen Hirntheile sich vertieft und verengt, so ist dadurch schon sehr früh und vordem Er- scheinen anderer Sonderungen eine offenbar aus der Knickung hervorgegangene Zweitheilung des Hirns gegeben, welche sich dauernd erhält und desshalb gestattet, die beiden Hirnhälften ge- trennt zu betrachten.« — Hiermit hat aber Görtz den ganz bestimmten Nachweis geführt, dass die Theilung des Gehirns in einen epichordalen und einen praechordalen Abschnitt auch vom rein embryologischen Standpunkte aus nicht nur berechtigt ist, sondern — wegen des früh- 200 Friedrich Ahlborn, zeitigen Auftretens der Grenzscheide — geradezu gefordert wird; und dieser Nachweis ist um so bedeutungsvoller, weil er gerade für die Batrachier erbracht ist, deren Gehirn zeitlebens auf einer niedrigen Ent- wicklungsstufe verharrt und wenig mehr differenzirt ist, als das der Petro- myzonten, mit dem es in den wesentlichsten Punkten übereinstimmt. Über die Richtigkeit der Beobachtung Görter’s ist bisher von keiner Seite Zweifel erhoben, nur MinArkovics (l. c. 15, p. 24) kann die Kopf- beuge nicht als alleinige Ursache der primitiven Grenzeinschnürung an- sehen, weil bei den Vögeln die dreifache Gliederung des Gehirns schon vor dem Beginn der Kopfbeuge eintritt. Bei den Petromyzonten ist die zeitliche Entstehungsfolge der Hirn- grenzen noch nicht so genau beobachtet, als es zu wünschen ist. ScoTT (I. c. 25) sagt auf p. 154: »Wie beidenübrigen Wirbelthieren besteht das Gehirn zuerst aus drei einfachen Abtheilungen, welche, ab- gesehen von den Größenunterschieden, gleichmäßig und indifferent sind.« An die Entwicklungsgeschichte der Unke, wo zuerst thatsächlich nur zwei Hirnabtheilungen vorhanden sind, hat er dabei nicht gedacht. Bei den übrigen Wirbelthieren scheinen die Embryologen allerdings darin übereinzustimmen, dass durch gleichzeitiges Auftreten zweier Einschnürungen zuerst eine Dreitheilung des Gehirns ausgeführt würde; allein ein strenger und allen Anforderungen genügender Beweis dafür dürfte schwerlich in jedem Falle zu erbringen sein, und selbst wenn es geschehen wäre, so müssten wir immer auf Grund der defini- iiven anatomischen Verhältnisse aller Wirbelthiergehirne und der em- bryonalen Formbildung des Froschgehirns den Schluss ziehen, dass die vordere Mittelhirngrenze einen geringeren morphologischen Werth habe, als die hintere, welche von allen Hirngrenzen bei Weitem die wichtigste ist. Damit möge die Zweitheilung des Gehirns einstweilen motivirt sein. Was nun die übrigen Abtheilungen betrifft, so ist die Grenze zwi- schen Hinterhirn und Nachhirn schon immer als eine sekundäre bezeich- net worden. Bei Petromyzon und den von GöTTE untersuchten Amphi- bien kommt es überhaupt nicht — wei bei den anderen Vertebraten — zur Aberenzung eines Hinterhirns im Sinne K. E. v. Barr’s, bier kann man nur in einem dorsalen, die Fossa rhomboidalis vorn abschließenden Querbalken des epichordaien Hirns das Homologon des Cerebellum der höher differenzirten Wirbelthiere erblicken. | Am praechordalen Hirn unterscheide ich einen Stammtheil, welcher dem embryonalen Mittelhirn und Zwischenhirn entspricht, von | dem Vorderhirn, und halte diese Untereintheilung für berechtigt, weil sie das embryonale Verhalten des Wirbelthiergehirns zum Aus- druck bringt und den anatomischen Verhältnissen nicht widerspricht. rn Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 201 Die Grenzscheide zwischen beiden Theilen ist am schärfsten ausgeprägt im Gehirn des Menschen und der Säuger, nämlich durch die Stria termina- lis (thalami), welche den Thalamus opticus vom Corpus striatum trennt. Bei Petromyzon und den niederen Vertebraten ist die Grenze weniger bestimmt anzugeben und zu erkennen; sie ist hier, wo die an einan- der stoßenden Hirnmassen noch nicht in so hohem Grade, wie bei den Säugern, zu gesonderten und wohlcharakterisirten Organen entwickelt sind, wo die Sonderung von Material und Arbeit noch nicht so weit wie dort vorgeschritten ist, gleichsam auf einer primitiven, embryonalen Stufe stehen geblieben, ohne die Ausbildung zu erreichen, die sie im Säugergehirn besitzt. Dass aber die fragliche Grenze bei Petromyzon gerade wie bei den höheren Wirbelthieren bereits in den frühesten Em- bryonalstadien vorhanden ist, erhellt aus der Entwicklungsgeschichte (Scott, l.c. p. 155). Hiernach ist das sekundäre Vorderhirn auch bei Petromyzon in seiner ersten Anlage unpaarig und es wird abgegrenzt durch eine seichte Einsenkung vor der Anlage der Epiphyse und durch einen niedrigen Vorsprung vor der Höhle des Tuber cinereum (vordere ventrale Hirneinschnürung). Aus dem so abgeschnürten, unpaaren Hirn- theil entwickelt sich später seitlich Großhirn und Riechlappen (Lobi anteriores), während der mediale Rest die Homologa der Großhirnver- bindungen und des Corpus striatum etc. der Säuger liefert (vgl. MısAL- Kovics, 1. c. 15). 2. Specielle Formbeschreibung. I. Epichordales Hirn (primitives Ili. Hirnbläschen), Medulla oblongata und Cerebellum. Das platte, fast bandförmige Rückenmark der Cyklostomen ändert in den Regionen der vordersten Spinalnerven seine Formen; der Quer- schnitt wird nierenförmig (Fig. 8), und durch ein allmähliches, nach - vorn fortschreitendes Höhenwachsthum wird der Übergang zum Ill. Hirnbläschen angebahnt und vermittelt. Im letzteren setzt sich dieses Wachsthum in bestimmter Weise fort und führt hier unter mächtiger Ausdehnung des Hohlraumes zu den charakteristischen Formgestaltungen der Medulla oblongata und des Cerebellum. Mit Rücksicht hierauf und auf seine epichordale Lage kann man sich das Ill. Hirnbläschen schema- tisch als eine keulenförmig verdickte Fortsetzung des Rückenmarks vor- stellen. Die Keulenform des III. Hirnbläschen findet sich jedoch ungetrübt nur in den frühesten Embryonalstadien, später wird sie durch eine un- 202 Friedrich Ahlborn, gleiche Massenentfaltung der Wände nicht unwesentlich modifieirt. Die Zelltbeilungsvorgänge, welche in der embryonalen Hirnwand sich voll- ziehen, haben nämlich offenbar einen ganz entgegengesetzten Effekt, je nachdem sie in der dorsalen Wand, oder im übrigen Umfange des Hirnrohres eintreten. Im letzteren Falle führen sie, — wie im embryo- nalen Rückenmark — zu einer Verdickung der Wandsubstanz; im ersieren aber zu einer flächenhaften Entwicklung derselben. Die Folge davon ist nun, dass in der verdickten Wand die Keulenform erhalten bleibt, während die Flächenentfaltung der dorsalen Wand sich mächtig über dieselbe hervorwölbt und, da sie in dem engen Schädel- raume nicht Platz genug findet, in charakteristischer Weise in Falten gelegt wird. Diese Art der Entwicklung finden wir nicht nur im epi- chordalen Hirn, sondern auch in der vorderen Hirnhälfte. In dem dick- wandigen Theile des Neuralrohres haben wir die nervösen Organe des Centralapparates zu suchen; die dünnhäutigen Hirndecken haben sicher- lich keine nervöse Bedeutung, wir bezeichnen sie nach Analogie der menschlichen Anatomie als Plexus chorioidei. Weniger auffallend als die durch die Bildung des Plexus chorioideus hervorgerufene Veränderung der keulenförmigen Gestalt des primitiven III. Hirnbläschens ist das Bestehen einer zweiten bläschenförmigen Er- weiterung in der hinteren, dem Rückenmark zunächst liegenden Region. Dieselbe besitzt naturgemäß keine bestimmten Grenzen und zeigt sich als eine schwache, bauchige Vorwölbung der lateralen Oberfläche, mit einer entsprechenden Ausweitung des verlängerten Centralkanals. Ich habe dieses Verhalten am besten durch das Eingangs erwähnte Wachs- modell für P. Planeri konstatiren können und zweifle nicht, dass eine ähnliche Ausweitung auch bei Ammocoetes und den anderen Petromy- zonten besteht, obgleich ich sie hier an isolirten Gehirnen nicht habe nachweisen können. Nach den daran entspringenden Nervenwurzeln nenne ich diesen Theil der Oblongata einen Lobus nervi vagi und bezeichne den davorliegenden größeren Rest des dick wandigen Ill. Hirn- abschnitts als den Lobus acusticus. Dieser letztere erreicht die größte Breite in seiner vorderen Hälfte, da, wo die Wurzeln des Facialis und Acusticus das Hirn verlassen. Vor dieser Stelle und dicht hinter der vorderen Grenze des ganzen Abschnittes besitzt er jederseits einen kleinen, nach vorn und unten gerichteten Höcker, durch welchen die Trigeminuswurzeln aus dem Hirn treten (Fig. 2). Nach Entfernung des Plexus chorioideus blickt man durch die weite Öffnung der Fossa rhomboidalis in den Hohlraum des IV. Ventrikels. | Den vorderen Rand dieser Öffnung bildet der schon von JoBAnnes MÜLLER als Gerebellum beschriebene transversale Markstreifen, welcher un- Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 203 terhalb der hinteren dorsalen Hirneinschnürung mit dem angrenzenden Mark des Mittelhirns verbunden ist (vgl. hierzu über Ammocoetes p. 205) und nach den Seiten mit brückenartiger Wölbung in den Lobus acusti- cus übergeht. Seitlich wird die Fossa rhomboidalis durch die gegen- über liegenden Hälften der Medulla oblongata eingeschlossen. Alle diese Theile sind gegen den Rand der Fossa mehr oder weniger stark lippen- förmig nach innen vorgewulstet, und an dem äußeren Saume der Lippen ist der Plexus chorioideus angeheftet. Die Anheftungslinie hat immer die Form eines schmalen Ovals, dessen stumpfer Pol nach vorn gerichtet ist und dem hinteren Rande des Cerebellum entspricht, und dessen Spitze bis in den hinteren Theil des Lobus n. vagi ausgezogen er- scheint. Aber diese eiförmige Anheftungslinie ist bei Petromyzon Planeri und fluviatilis nicht leicht zu verfolgen und man bekommt gewöhnlich an isolirten Gehirnen ein anderes Bild von dem oberen Rande der Fossa rhomboidalis, welches durch die erwähnte ungleich starke lippenförmige Vorwölbung der begrenzenden Hirntheile hervorgerufen wird. So sind im Lobus n. vagi die oberen Randtheile der Medulla derart gegen die Mediane vorgezogen, dass sie hier nur einen schmalen Spalt zwischen sich lassen, welcher sich vorwärts in die einem Deltoid nicht unähnliche RKautengrube eröffnet und hinten, dicht vor der Spitze der eiförmigen Anheitungslinie des Plexus ein Ende findet (Fig. 1, 5, 7). Die konstante Form der letzteren erleidet durch die ungleiche Vorwölbung der lippen- ' förmigen Ränder der Fossa keine wesentliche Modifikation, sie ist bei allen Petromyzonten dieselbe, und der Vergleich mit jungen Ammocoeten ‚ zeigt, dass jene ungleichen Vorwölbungen nicht ursprünglich sind, son- dern erst im Laufe der ontogenetischen Entwicklung gebildet werden. Die Formen der nach innen gerichteten Hirnoberfläche ergeben sich durch die Betrachtung der Hirnhöhle. — Der im Querschnitt eiförmige CGentralkanal des Rückenmarks steigt beim Übergang zur Medulla oblon- sata allmählich eiwas dorsal empor, so dass er nicht mehr in der unte- ren, sondern in der oberen Hälfte derselben liegt. Dabei nimmt er zu- ‚ nächst die Form eines schmalen, linsenförmigen und dann rautenförmigen ‚ Spalts an und weitet sich alsbald unter gleichzeitiger Höhenzunahme in , seiner oberen Hälfte bauchig nach den Seiten aus (Fig. 41, 12 und 43). ‚ Diese Ausweitung steigert sich zunächst bis in die Mitte des Lobus n. vagi und bildet so eine venirikelartige Auftreibung des Hohlraumes, welche der äußeren Oberflächenanschwellung dieses Hirntheiles ent- spricht. Im hinteren Theile des Lobus dringt der Hohlraum in der | Mediane rasch gegen die dorsale Außenfläche vor, und treibt dadurch die beiden Hirnhälften aus einander, welche nun in der oben a, | benen Weise die Fossa rhomboidalis umgrenzen. 204 Friedrich Ahlborn, Die ventrikelartige Seitenerweiterung des Lobus n. vagi setzt sich nach vorn durch die ganze Oblongata fort, bis in den Aquaeductus Sylvii. Sie wird dabei dorsalwärts begrenzt durch den longitudinalen Markstreifen der Medulla, welcher die lippenförmigen Ränder der Fossa rhomboidalis enthält. Unterhalb der größten Ausweitung beginnt schon im hinteren Theile des Lobus n. vagi ein Anfangs schwacher, dann stärkerer, nach innen vortretender Längswulst, welcher von hier ab ebenfalls die ganze Oblongata durchzieht, und die Lage des von LAnGER- HANS (l. c. 13) so benannten »oberen lateralen Ganglion« angiebt. Im vorderen Theile des Lobus acusticus erhält der Wulst durch das mächtig entfaltete Ganglion N. V. transversi eine so starke Wölbung (Fig. I G.V. tr.), dass er sich nach vorn und oben gegen die ventrale Fläche des Gerebellum legt, und damit die von LAnGEruAans erwähnte T-förmige Querschnittsfigur des Hohlraumes erzeugt. — Ein zweites, aber viel kleineres Paar von Längswülsten findet sich im IV. Ventrikel unmittel- har neben der Raphe; es bildet bis in die Mitte des Lobus acusticus den Suleus centralis longitudinalis (Stirn) (l. c. 29, p. 30) und wird wesent- lich verursacht durch die den Unterhörnern des Rückenmarks ent- sprechenden Zellsäulen. Bei Amm ocoetes treten diese Verhältnisse noch nicht mit solcher Schärfe hervor wie bei den erwachsenen Thieren, doch lässt sich die Andeutung der Wulstbildung schon sehr früh konstatiren. An der dorsalen Seite ist die IV. Hirnhöhle abgeschlossen durch den Plexus chorioideus, den wir bereits als die flächenhaft ent- wickelte Hirndecke erkannt haben. Derselbe beginnt, wie oben näher beschrieben, hinten über dem spaltförmigen, dorsalen Durchbruch des IV. Ventrikels und gewinnt mit der Eröffnung der Fossa rhomboidalis nach vorn so sehr an Ausdehnung, dass, wie es scheint, der Raum in der Schädelkapsel bald nicht mehr für ihn ausreicht, und die dünnen Wände gezwungen werden, nach innen auszubiegen und sich zu falten. Dies ist so geschehen, dass in der Mediane eine tiefe, nach innen vor- gezogene Längsfalte entstanden ist, und rechtwinklig dazu eine größere Anzahl von transversalen und schrägen Falten (Fig. 38, 39), welche blattartig von oben in den IV. Ventrikel hineinragen. An der Außen- seite des Plexus sind die Abbiegungsstellen der Falten durch ein ent- sprechendes System schwarzer Pigmentstreifen (Reste des verdrängten Arachnoidalgewebes) ausgezeichnet, so dass man schon äußerlich die Stellung der Blätter erkennen kann. In den Falten selbst sind zwischen | den Piablättern nur Spuren des Arachnoidalgewebes mit einzelnen schwarzen Pigmentzellen, und in der Medianfalte außerdem noch ein arterieller Gefäßstamm enthalten. Ein größerer venöser Blutraum liegt Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 205 in der Mediane zwischen Plexus chorioideus und Schädeldach einge- schoben. Nach vorn ist der Plexus chorioideus Ventr. IV. so eng mit der analogen Bildung des Mittelhirns verbunden, dass man nur mit Be- nutzung von Sagittalschnitten die Grenze zwischen beiden Plexus genau bestimmen kann (Fig. 39). Die einander zugekehrten Flächen der bei- den Plexus berühren sich mit ihren dorsalen Theilen und sind dabei so fest zusammengeklebt wie die beiden Blätter einer transversalen Plexus- falte; ventralwärts dagegen weichen die Flächen über dem hinteren dor- salen Sulcus transversus aus einander, um sich dem vorderen Rande der Fossa rhomboidalis resp. dem hinteren der dorsalen Mittelhirnöffnung anzuheften. Bei den mir zur Verfügung stehenden jungen Ammocoeten fand ich an dieser Stelle wesentlich einfachere und darum um so interessan- ‚tere Verhältnisse vor. Hier lagen die benachbarten Wände der beiden ' Plexus in ihrer ganzen Fläche eng an einander und bildeten so auf der Grenze zwischen Epi- und Praechordalhirn eine weit in den Hohlraum vorspringende Transversalfalte, welche sich von einer gewöhnlichen _Querfalte des Plexus auf den ersten Blick nur durch ihre viel bedeuten- dere Größe unterschied (Fig. 41). Im Querschnitt hat diese Grenzfalte ‚eine keulenförmige Gestalt, welche dadurch hervorgerufen wird, dass in dem unteren Theile zwischen dem flimmernden Epithel und der Pia mater eine dünne Markschicht abgelagert ist. Hiermit ist nun aber aus- gedrückt, dass nur der obere (dorsale) Theil der Falte, so weit er eine Markablagerung nicht enthält, den beiden Plexus zuzurechnen ist, und dass der untere Theil, welcher lateral in die dickwandigen Seitentheile ‚des Gehirns übergeht, eine nervöse Bedeutung hat. Der Vergleich mit einem ausgewachsenen Gehirn ergiebt, dass das hintere Blatt der ' markhaltigen Grenzfalte die Anlage des Gerebellum, das vordere Blatt die hintere Wand der Eminentia bigemina (Jon. MüLLer) dar- stellt. Mit der fortschreitenden Formung dieser beiden Hirntheile sind daher die in der primitiven Grenzfalte eng auf einander liegenden Blät- ter der Pia von einander gespalten, und zwar so weit, als es die sich formende Marksubstanz verlangte; im oberen Theile der Falte, wo die Markablagerung nicht erfolgt ist, und die Hirnwand plexusartig ent- wickelt ist, sind auch die Piablätter dicht an einander liegen geblieben, wie in jeder anderen Falte der Plexus chorioidei. Die innige Verknüpfung der beiden Plexus ist also ursprünglicher, als die erst später erfolgte ' theilweise Trennung der benachbarten Wände. — Nimmt man bei einer '\ Präparation des Gehirns das Schädeldach vorsichtig fort, so erblickt man | die beiden Plexus in der Gestalt eines scheinbar einheitlichen Gebildes, 206 Friedrich Ahlborn, welches den größten Theil des Gehirns wie ein weiter häutiger Sack überlagert. Dieser Sack ruht mit seinem vorderen, stark nach oben vorgezogenen Ende über dem hinteren Zwischenhirndach; in der Mitte besitzt er eine schwache, wellenförmige Einziehung der Seitenwände, und hinten ist er in eine kurze Spitze ausgezogen, welche, wie bereits näher beschrieben, hinten über den Lobus n. vagi ihr Ende findet. Das ganze Organ ist den Untersuchern schon frühzeitig aufgefallen, wurde aber trotzdem bisher noch nicht richtig erkannt und hat daher verschiedene z. Th. recht eigenthümliche Deutungen erfahren. Carus (l. c. 3a) betrachtete das Gebilde richtig als Gefäßgeflecht, aber er rechnete es ganz zum IV. Ventrikel und übersah — wie alle späteren Autoren — dass der vordere Theil zunächst mit der Mittelhirnhöhle kom- municirt. Jon. MÜüLLer (l.c. 47) ist derselben Meinung wie Carus. RATHKE (l.c.49) weist darauf hin, dass dieser »räthselhafte Körper« auch bei ecaudaten Amphibien ein Analogon zu besitzen scheine: eine Angabe, die später auch WIEDERSHEIM (l.c.31) gemacht hat, und die ich selbst bestätigen kann. Rarnke glaubt dann in dem Körper ein zweites Gerebellum erblicken zu dürfen, welches dem der Rochen und Haie entspräche, während er in dem eigentlichen Cerebeillum das Homologon des Säugercerebellum wiederfindet. Diese sonderbare Auffassung moti- virt er damit: »....dass auch andere Gebilde höherer Geschöpfe, die Athmungswerkzeuge, in einem und demselben Thier, wie gerade bei den Pricken (P. Planeri) und Froschlarven, die höhere und niedere Bildung auf eine merkwürdige, überraschende Weise in sich vereinigen, wobei denn die niedere sich entfremdet und die höhere sich entwickelt zeigt.« — ScHLENM und v’Arron (l.c.26) sagen (p. 264): »Er (der eigen- thümliche Körper) vergrößert offenbar die IV. Hirnhöhle, die von ihm bedeckt wird, und womit er offenbar in Verbindung steht.«e — Sie theilen also im Wesentlichen die Auffassung von Carus und JOHANNES MüLLer. Weniger zutreffend ist die Angabe von LAnGErHANS (l.c.13), der diesen »eigenthümlichen Körper« als eine Modifikation des ganzen arachnoidalen Gewebes bezeichnet, und ihn so aus demselben entstanden denkt, dass unter Schwund der weichen Masse beide Grenzschichten (Pia und Arachnoidea) sich aufeinander legen. — Allerdings findet hier ein theilweiser Schwund des arachnoidalen Gewebes statt, und man kann sagen, dass sich die Grenzschichten enger an einander legen, aber dies Alles ist nicht Ursache der Plexusbildung, sondern höchstens eine sekun- däre Folge derselben. Das Wesentliche und Formgebende sind hier | sicher nicht die Hirnhüllen, sondern die allseits geschlossene Wand des | Neuralrohres selbst; dass diese in der That dabei betheiligt ist, hatte Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten, 207 LAnGERHANs übersehen, — vielleicht weil sein Untersuchungsmaterial und die Methode nicht dazu geeignet war. Auf Schnitten von ganz jungen Ammocoeten (vgl. Ronon 1.c. 23 Fig. 1) sieht man, wie sich dasselbe Ependyma, welches die innere - Oberfläche des dickwandigen Hirutheils auskleidet, kontinuirlich auch _ über die dünne Decke ausdehnt und so den ganzen Hohlraum gleich- mäßig tapezirt. Der einzige wesentliche Unterschied zwischen beiden Theilen ist in diesem Stadium nur der, dass im Deckentheil das Ependym der Pia unmittelbar aufgelagert ist, während im übrigen Umfange des Rohres zwischen Ependym und Pia die Marksubstanz mit den nervösen Organen des Gehirns eingeschoben ist. Dieser Unterschied hat nun im späteren Wachsthum der Thiere eine sekundäre Modifikation der Zell- form im Gefolge. Während nämlich ursprünglich das Ependyma aus einem gleichförmigen, einschichtigen Epithel mäßig hoher Flimmerzellen besteht, sind später die Zellen des Plexusepithels bedeutend niedriger, als die vom dickwandigen Hirntheil (Höhenverhältnis: etwa 1:3) die letzteren stehen dichter zusammengedrängt und besitzen einen feinen nach außen gerichteten Fortsatz, welcher stellenweise durch die ganze " Marksubstanz und, wenn das Bild nicht täuscht, bis zu seiner Ver- - bindung mit der Pia verfolgt werden kann. Wie und ob diese mir nicht unwahrscheinliche Verbindung zwischen Pia und Ependym zu Stande , gekommen ist, muss die Entwicklungsgeschichte entscheiden, wenn sie ‚ aber vorhanden ist, so ist das kein abweichendes Verhalten und nicht ‚zu verwundern, denn dem Ependym.der Decke dient die Pia geradezu als Substrat, die Verknüpfung ist hier also noch eine sehr viel engere. Die Größenunterschiede zwischen den Zellen des dorsalen und ventralen ‚ Ependymbezirks erklären sich wohl durch den Umstand, dass die ersteren sich leichter nach den Seiten ausdehnen konnten, als die letzteren, | welche durch die darunter liegende Marksubstanz zurückgehalten wurden. ' Das Volum beider Zellarten wird sich dabei gleich geblieben sein. ‚ Wie weit der räumlich beschränkende Einfluss der Marksubstanz auf | das Ependym führen kann, sieht man im Rückenmark, wo das ursprüng- | ‚lich jedenfalls irschichlige Flimmerepithel des hrakänals, welches i mit dem Ependyma des Gehirns identisch ist, bald zu einem mehr- ‚schichtigen wird, weil die Zellen nicht mehr alle an der Oberfläche des ‚Kanals Platz Erden. Dieser Punkt bedarf jedoch noch einer, allerdings nicht leicht auszuführenden, näheren Untersuchung, durch welche die | ‚genetische Zusammengehörigkeit der unteren Epithelschichten mit den ‚llimmernden Zellen an der Oberfläche nachgewiesen wird, wenn man ‚nicht die Gleichartigkeit der Färbung aller dieser Epithelzellen durch ‚Osmiumsäure als sicheren Identitätsbeweis gelten lassen will. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 44 208 Friedrich Ahlborn, Das Epithel des Plexus chorioideus stimmt mit dem Epithel der markführenden Hirnwand darin überein, dass beide zusammen den Ab- schluss der Hirnhöhlen bilden; hier wie dort zeigt der Besitz beweg- licher Flimmerhaare, dass dadurch irgend eine Bewegung in der Cerebro- Spinalflüssigkeit erzeugt wird, die einen Wechsel der mit Epithelzellen in Berührung kommenden Flüssigkeitstheilchen hervorruft. In dem faltigen Gewölbe des Plexus chorioideus muss aber diese Bewegung der Flüssigkeit noch besonders gesteigert sein; denn die flimmernden Falten- blätter ragen hier dicht hinter einander weit in den Raum hinein, welcher die Flüssigkeit birgt. Zieht man hierzu das Vorhandensein venöser und arterieller Blutgefäße in Betracht, so kommt man zu dem Schlusse, dass: die physiologische Bedeutung der Plexus chorioidei hier gerade so wie bei den höheren Wirbelthieren eine direkt oder indirekt ernährende ist. Dass in der That bei Petromyzon in den Fächern der Plexus cho- rioidei ein bedeutend gesteigerter Stoffwechsel stattfindet, beweist meines Erachtens das sehr interessante Vorkommen eines Parasiten gerade in diesem Theile der Hirnhöhle. Jon. MüLLer, dem das Thier zuerst auf- gefallen ist, glaubt in ihm Diplostomum rachiaeum (Henle) zu erkennen; ich selbst habe nicht versucht es zu bestimmen, doch kann ich wenigstens das Vorhandensein des Parasiten an dieser Stelle be- stätigen, da ich von mehreren Individuen von Petromyzon fluviatilis im Plexus chorioideus Ventriculi IV. Schnitte durch den Trematoden er- halten habe. Da die Existenz der Neunaugen durch das Eindringen und Vegetiren des Parasiten in dem edelsten Körperorgan augenscheinlich nicht gefährdet wird, so ist anzunehmen, dass der an sich jedenfalls perniciöse Einfluss des Wurmes sofort durch eine größere Aktivität der zunächst gelegenen Organe der Stoflmetamorphose paralysirt wird. Außerdem ist es schwer einzusehen, warum der Parasit immer gerade im Plexus chorioideus sitzt, und nicht einmal auf dem Boden der IV. Hirnkammer oder im Infundibulum, wenn man nicht zugesteht, dass ihm dort die günstigsten Nahrungsverhältnisse geboten werden, die seinen Wohnsitz bestimmen. | An dieser Stelle sei es gestattet, einer kürzlich erschienenen kleinen | Abhandlung von J. V. Rouon (l. c. 23): »Über den Ursprung des Nervus | acusticus bei Petromyzonten« zu gedenken, auf die wir späterhin noch einige Mal zurückkommen werden. Ronon ist hier gleich auf p.2 (246) einem recht leidigen Versehen zum Opfer gefallen, das er leicht | hätte vermeiden können. Er beschreibt hier seine Fig. 1, welche einen | in der Höhe des Acusticus geführten Querschnitt durch einen sehr klei- ' nen Ammocoeten darstellt. Der Schnitt ist, wie aus der ziemlich natur- } Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 309 getreu wiedergegebenen Zeichnung erhellt, so gefallen, dass er über dem IV. Ventrikel (IV) das Bild einer Transversalfalte des Plexus chorioideus in Flächenansicht wiedergiebt. Diese Falte ist naturgemäß nach außen, d.h. nach oben und seitlich, durch den Querschnitt des Ependyma be- grenzt, welches den ganzen IV. Ventrikel kontinuirlich auskleidet und in der großen Medianfalte des Plexus ebenfalls im Querschnitt erscheint. - Jenes Flächenbild nun, welches in der That nur den Aufblick auf ein einschichtiges Flimmerepithel vorführt, hält Ronon irrthümlicher weise für den Durchschnitt durch einen soliden Körper, nämlich das Cere- bellum ; die Medianfalte des Plexus wird dadurch oben zu einer spalt- förmigen Grenze zwischen einer »rechten und linken Hinterhiräinasse«, unten stellt sie den »noch in Entwicklung begriffenen« Plexus chorioi- deus dar; das Ependym des Bodens und der seitlichen Ventrikelwand muss kontinuirlich in ein Epithel übergehen, » welches die obere äußere Fläche des Kleinhirnes« bekleidet (!) — ein Epithel, wo nur Pia sein kann, und an der Unterseite des Cerebellum kein Ependym! — Ronon würde nicht zu diesen irrthümlichen Vorstellungen gekommen sein, wenn er einen Sagittalschnitt von Ammocoetes zu Hilfe gezogen hätte, oder wenn er nur einmal seine Fig. 2, die einen Sagittalschnitt durch den hinteren Hirnabschnitt von P. marinus darstellt, mit der Fig. A verglichen hätte; doch das lag zunächst wohl außerhalb des Be- reiches seiner Arbeit. Um nunmehr die Betrachtung der Oberfläche des epichordalen Hirns zu Ende zu führen, bleibt noch das Folgende zu erwähnen. Die Raphe, deren Besitz dem epichordalen Hirn so charakteristisch ist (gegenüber der praechordalen Hirnhälfte), erzeugt an der ventralen Oberfläche eine flache, rinnenförmige Medianvertiefung, die besonders auf Querschnitten hervortritt. Nach hinten zu gleicht sich diese Rinne allmählich aus; vorn ist sie tiefer und deutlicher, denn sie wird hier eine Strecke lang jederseits durch eine leichte, asymmetrische Hervorwölbung der Mark- substanz begrenzt (Fig. 6). Die Asymmetrie wird durch die später aus- führlicher zu betrachtenden Meynerr'schen Bündel verursacht, welche hier in der vorderen Oblongatabasis, der Region des Ganglion inter- pedunculare (Conus postcommissuralis [Frırscn]) ihr Ende finden. — In der Haubeneinschnürung hört die Raphe plötzlich auf, kurz bevor sie die tiefste Stelle derselben erreicht hat. Dieses vordere Ende der Raphe bildet den genauen Grenzpunkt zwischen den beiden Hirnhälften;; weiter ' nach vorn, also in der praechordalen Hirnhälfte, ist die Mediane nicht | N mehr in ähnlicher Weise ausgezeichnet. Als. vorderer Grenzpunkt des ‚ epichordalen Hirns hat aber das Ende der Raphe eine um so größere Be- deutung, als es nicht nur an der Oberfläche der Hirnbasis hervortritt, 14* 210 Friedrich Ahlborn, sondern mit gleicher Bestimmtheit auch im Innern der Wand des Hirn- bodens zu beobachten ist, und daher — wenigstens in der Mediane — auch innerhalb der Hirnsubstanz eine genauere Entscheidung über die Zugehörigkeit der einzelnen Organe zur vorderen oder zur hinteren Hirnhälfte ermöglicht. WIEDERSHEIM (l. c. 34) hat das Gehirn von Petromyzon Planeri zu- letzt in toto abgebildet; allein seine Zeichnungen entsprechen in manchen Punkten nicht den Verhältnissen, die ich habe konstatiren können. An dieser Stelle sei nur hervorgehoben, dass eine kielförmige Ob- longatabasis, wie sie WIEDERSHEIM zeichnet, bei Petromyzon nicht vor- handen ist; die durch die hinteren Enden der Mevnerr’schen Bündel verursachten asymmetrischen Wülste in der Region des Ganglion inter- pedunculare könnte man vielleicht als schwache Andeutung einer solchen Bildung ansehen, aber weiter zurück ist die ventrale Oberfläche des Nachhirns eher konkav als konvex zu nennen und niemals keilförmig. Bezüglich der am epichordalen Hirn entspringenden Hirnnerven (Fig. 2, 5, 40) habe ich hier nur wenig mitzutheilen, da ich im Eingang der mikroskopischen Hirnanatomie den Versuch einer genaueren Orts- bestimmung für die Austrittsstellen der Nerven durchzuführen beab- sichtige. — Der vornehmste Nerv des III. Hirnbläschens ist der Nervus acusticus, weil er das dritte der drei höheren Sinnesorgane innervirt. Er besitzt zwei breite Wurzeln, welche dicht über einander an der Stelle aus der seitlichen Oblongatawand treten, wo die Fossa rhomboi- dalis ihre größte Breite erreicht. Unmittelbar darüber und etwas nach vorn entspringt der Facialis, der mit dem Acusticus zunächst in die Gehörkapsel tritt, dann aber den hinteren Theil des Ganglion Gasseri bildet, der dicht vor der Ohrkapsel liegt. Hinter dem Acusticus treten die sensiblen Vagus-Wurzeln aus dem Hirn, und zwar in acht feinen, aber deutlich von einander gesonderten Faserbündelchen 1, die nahe beisammen in der Schädelkapsel nach hinten und unten ziehen und so in das dicht hinter der Ohrkapsel ge- legene Ganglion nervi vagi gelangen. Die motorische Vaguswurzel ver- lässt das Nachhirn an der Basis des Lobus nervi vagi in geringer Ent- fernung vor dem (gleichfalls motorischen) Hypoglossus, mit dem sie, wenn auch getrennt, an das Ganglion nervi vagi hinantritt. Dieser 1 Besonders die hintersten drei Bündelchen sind von so außerordentlicher Kleinheit, dass ich sie Anfangs gar nicht bemerkt habe; ich habe daher in meiner vorläufigen Mittheilung nur von fünf Vaguswurzeln gesprochen, von denen ich das fünfte, etwas stärkere, aus Gründen, die sich später als unzulänglich erwiesen, als motorisches bezeichnet habe. ! Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 311 letztere Umstand veranlasst mich, die Wurzeln des Vagus und Hypoglos- sus zu einer gemeinsamen Vagus-Hypoglossusgruppe zusammenzufassen. Der größte aller Nerven der Oblongata ist der Trigeminus. Der- selbe tritt mit breit konischer Basis seitlich und ein Stück vor dem Acusticus aus dem Hirn und umfasst eine ventrale, motorische, und zwei dorsale, sensible Wurzeln. Die oberste der sensiblen Wurzeln zieht als Ramus ophthalmicus nach vorn nnd bildet außerhalb des Schädels das obere Horn des Ganglion Gasseri; die un- tere sensible und die motorische Wurzel wenden sich mehr ventral, um in den centralen Theil (Fig. 40 @.N. V) desselben Ganglion einzutreten, dessen hinteren, wohl begrenzten Abschnitt der durch die Ohrkapsel tretende Nervus facialis bildet (Fig. 40 G.N. VIJ). Ganz dicht vor dem motorischen Trigeminus kommt ein sehr feiner, makroskopisch kaum erkennbarer Nervenfaden aus dem Hirn, welcher mit der genannten motorischen Wurzel, aber immer selbständig, aus dem Schädel tritt. Dieser Nerv geht, so viel ich erkennen kann, keine Verbindung mit dem Ganglion Gasseri ein, er wendet sich vielmehr schon innerhalb der Schädelwand nach oben, so dass er diese unter sehr spitzem Winkel durchbricht, und setzt sich hart am Ganglion Gasseri (Fig. 40) mit einem Augenmuskel in Connex. Diese Verknüpfung, die ich sowohl auf Längsschnitten als auf Querschnitten habe konstatiren können, veranlasst mich in dem in Rede stehenden Nerven das Ana- logon des Abducens der höheren Vertebraten zu erblicken. Ventral, neben der Medianebene, wo wir diesen Nerven sonst zu finden gewohnt sind, ist bei Petromyzon kein Nerv vorhanden. Der Trochlearis ist der charakteristische Nerv des Cerebellum, er tritt oben in dem hinteren Quereinschnitt aus der Seitenfläche des Kleinhirns hervor, wendet sich nach unten und gelangt unmittelbar hinter dem Ophthalmicus, den er von oben umfasst, aus dem Schädel. Der Oculomotorius entspringt ganz vorn aus den Seiten der Oblongatabasis, da wo diese im Begriff ist in die Haubeneinschnürung 'umzubiegen. Im Schädel zieht er mit schwach $-förmiger Krümmung nach vorn und gelangt etwas hinter dem Opticus in die Orbita. - Wir werden im II. Theil noch wiederholt auf diese Verhältnisse des Nervenaustritts einzugehen haben. Schon jetzt bemerke ich jedoch aus- drücklich, dass meine Angaben hierüber, wenn es nicht anders ver- merkt ist, sich in allen Einzelheiten auf Petromyzon Planeri beziehen, _ das ich in erster Linie bei diesen und allen feineren Untersuchungen zu Grunde gelegt habe. Indessen zweifle ich nicht, dass das hier gefun- dene Verhalten auch bei den übrigen Petromyzonten in allen. wesent- lichen Punkten dasselbe ist: durchgreifende Unterschiede habe ich in 212 Friedrich Ahlborn, dem mir zur Verfügung stehenden Material von Ammocoetes, P. Planeri, P. fluviatilis und P. marinus nicht finden können. An die Beschreibung der Ursprünge der Nervi trochleares und oculomotorii knüpfe ich einige allgemeine und vergleichend- anatomische Betrachtungen, welche für die Beurtheilung der analogen Verhältnisse des Gehirns der höheren Vertebraten von Inter- esse sind. — Zunächst sei hervorgehoben, dass dieNervi trochleares und oculomotorii nicht nur an ihren Ursprungsstellen, sondern auch in ihrem ganzen centralen Verlauf vollständig in dem Bereich des Ill. Hirnbläschens liegen und daher bei den Petromyzonten ohne allen Zweifel dem Epichordalhirn zuzurechnen sind. Dieses Ver- halten, welches mit solcher Bestimmtheit vielleicht nur noch bei den anuren Amphibien vorhanden ist, hat bisher in den Arbeiten über das Vertebratengehirn die gebührende Berücksichtigung nicht gefunden, trotzdem es doch so nahe lag, zum Vergleich in erster Linie die ein- fachsten Formen heranzuziehen. Die Frage, welchem der primitiven Hirnabschnitte diese Nerven zuzurechnen sind, hat sich bei allen bezüglichen Untersuchungen ein- gestellt; sie fällt zusammen mit der Frage nach der genaueren Grenze zwischen Mittel- und Hinterhirn, welche bei den meisten Vertebraten bis jetzt noch nicht richtig erkannt wurde. Alle Untersucher stimmen darin überein, dass die homologen Hirnnerven bei allen Vertebraten eine typische Lage am und im Gehirn haben müssen, dass sie entweder nur dem einen, oder nur dem anderen Hirntheil angehören, niemals aber innerhalb des Typus eine morpho- logisch verschiedene Stellung annehmen können. (Die vereinzelten Ver- | suche, welche dieses thatsächlich bestehende Gesetz bei der Eintheilung des Gehirns nicht berücksichtigt haben, sind von vorn herein als ge- | scheitert zu betrachten.) Eine genauere Übereinstimmung bezüglich der | Zugehörigkeit der Nervi trochleares und oculomotorii ist aber noch nicht ' erzielt, weil man für die definitive Entscheidung gewöhnlich gegen alle Regel die komplicirtesten Gehirne zu Grunde legte und von hier aus dann die einfacheren auszudeuten suchte. Meine Überzeugung ist es, | dass sich die gewünschte Übereinstimmung in diesem Punkte für alle | Vertebraten herbeiführen lässt, wenn man die einfachen und gar keiner | Missdeutung fähigen Verhältnisse von Petromyzon als die ursprünglichen | und typischen anerkennt, und die hier vorhandenen Grenzen im Gehirn | der übrigen Vertebraten wieder aufsucht. Dies muss um so leichter | gelingen, als man an den meisten Gehirnen die beiden wichtigsten | Grenzpunkte zwischen der epichordalen und praechordalen Hirnhälfte r 2 Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 213 leicht auffinden kann, nämlich ventral vor dem III. Hirnnervenpaare das vordere Ende des Sulcus longitudinalis resp. der Raphe, und dorsal die vordere Grenze der Valvulacerebelli (Velum medullare anticum). Die verbindende Grenzfläche, die durch- aus keine Ebene zu sein braucht, ist dann so zu legen, dass sie die Ursprungsganglien des Ill. und IV. Hirnnervenpaares dem epichordalen, hinteren Hirnabschnitte zutheilt. — Es bleibt dann Sache der Entwick- lungsgeschichte, zu untersuchen, ob die so bestimmte Grenze mit der embryonalen Einschnürung zwischen dem primitiven Mittel- und Hinter- hirnbläschen identisch, oder doch wenigstens auf dieselbe zurückzu- führen ist, — oder ob im anderen Falle die fragliche Grenze wirklich, wie es bisher angenommen wurde, bei den höheren Vertebraten eine andere Lage hat, als bei den Petromyzonten und Amphibien. Solite die Entscheidung wider alles Erwarten die bisherigen Annahmen bestätigen, so wäre damit der weiter oben erwähnten Voraussetzung einer morpho- logischen Gleichwerthigkeit der embryonalen Hirnabtheilungen inner- halb des Typus der Boden entzogen, und wir wären nach dem Sturze dieses »plan primitif« (Vogr) überhaupt nicht mehr berechtigt, die dar- auf gegründeten speciellen Homologien anzuerkennen und aufrecht zu erhalten. — Zum Glück brauchen wir eine solche Lösung des Dilemmas nicht zu befürchten, denn die Embryologie wird den Nachweis der Identität der Hirnbläschen für alle Vertebraten erbringen, oder, so lange ihr dieses aus praktischen oder inneren Gründen nicht direkt gelingt, denselben (wie bisher) als erbracht annehmen, und die von mir genauer angegebene Grenze zwischen den beiden Hirnhälften allgemein accep- tiren müssen. Die Aufgabe ist aber auf dem neuesten Stande der Ent- wicklungsgeschichte schon zum Theil gelöst, indem nämlich durch Mmarkovics (l. c. 15) und durch v. KörLiker (l. c. 12, p. 614) festgestellt worden ist, dass der Nervus trochlearis und die Valvula cerebelli nicht zum Mittelhirn, sondern in den Bereich des Ill. Hirnbläschens gehören ; und zwar gilt dieses für alle Vertebraten. Die Schwierigkeit besteht hiernach nur noch an der ventralen Hirnseite, wo man bisher bei den Saugern den vorderen Rand der Brücke, bei den niederen Vertebraten, z.B. den Selachiern und Teleostiern, aber einen nicht näher bezeichne- ten Punkt der vorderen Öblongatabasis als Grenze zwischen Mittelhirn und dem III. Hirnbläschen annahm, so dass der Nervus oculomotorius mit der Haubenregion immer als ein Theil der vorderen Hirnhälfte er- _ schien. Bei den Teleostiern, besonders aber bei den Selachiern, sprechen nun, so weit ich es beurtheilen kann, die äußeren Formverhältnisse wenig oder gar nicht für jene schwankende Grenzlinie, die man nur eingeführt hat, um eine möglichst genaue Übereinstimmung mit den 214 Friedrich Ahlborn, vorher gefassten Anschauungen über das Gehirn des Menschen und der Säuger herbeizuführen. Eine solche Art der Vergleichung des niederen mit dem höchstorganisirten Gehirn mag nun in früherer Zeit eine Be- rechtigung gehabt haben, als die menschliche Anatomie allein genauer bekannt war; heute, wo man das charakteristische und typische Verhal- ten zunächst in den weniger differenzirten (und embryonalen) Formen zu finden gewohnt ist, kann es nicht mehr erlaubt sein, das Säugerhirn bei einer vergleichend-anatomischen Betrachtung des nervösen Central- organs aller Vertebraten als feste Norm voranzustellen, nach welcher die Gehirne der niederen Wirbelthiere ausschließlich zu beurtheilen wären; denn man würde damit thatsächlich die paradoxe Annahme machen, dass das Säugergehirn mit seinen weit differenzirten Formen das typische und ursprüngliche Verhalten länger und deutlicher bewahrt habe, als das Gehirn der niederen und niedrigsten Wirbelthiere. Nehmen wir aber statt dessen mit Jon. MürLLer an, dass es sich bei den Gyklostomen zeigen muss, welches der allgemeine Plan des Wirbelthierkörpers ist, so werden wir, von den Petromyzonten aus- gehend, im vorliegenden Falle bald eine übereinstimmende und richtige Abgrenzung der ursprünglichen Hirnabtheilungen bekommen, zunächst für die Selachier und Amphibien, dann für die Teleostier und endlich auch für alle höheren Vertebraten. Die specielle Durchführung liegt natürlich nicht in dem Rahmen dieser Arbeit; jedenfalls ist sie auch nicht immer so leicht, wie bei den Selachiern und Amphibien, da sie, besonders bei den Teleostiern und den höheren Vertebraten, auf eine sekundäre Verschiebung einzelner Hirntheile Rücksicht nehmen muss. — So ist bei den Teleostiern die mächtig entwickelte Yalvula cere- belli mit dem Trochlearisursprung weit unter das Mittelhirn vorge- schoben, so dass es, bevor die Zugehörigkeit dieser Theile zum epichor- dalen Hirn entwicklungsgeschichtlich nachgewiesen war, sehr natürlich erschien, die Valvula dem Mittelhirn zuzurechnen. Als dieser Nachweis aber geführt war, lag kein Grund mehr für diese Annahme vor. Dem- ungeachtet hat neuerdings P. Mayser (l. c. 14) wiederum die Valvula mit dem Trochlearis zum Mittelhirn gerechnet, unter ausdrücklicher Bezug- nahme auf die entwicklungsgeschichtlichen Werke, in denen gerade betont ist, dass Valvula und Trochlearis nicht zum Mittelhirn, sondern zum Hinterhirn gehören. P. Mayser hat in seinem sonst trefllichen Werke die Bedeutung der hinteren Mittelhirngrenze offenbar nicht genug ge- würdigt, da es ihm zunächst darauf ankam, die beiden vorderen und nach unserer Ansicht mehr untergeordneten Hirngrenzen gegen Frırsch | (1. c. 7) zu vertheidigen. Bei den Selachiern, wo die Valvula noch nicht dem Mittelhirn | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 215 untergeschoben ist, hat auch der Trochlearis seine ursprüngliche freie Lage am Hinterhirn behalten. Ronon (l. c. 22), der zuletzt über die Hirnanatomie der Selachier gearbeitet hat, würde hiernach zu dem Schlusse berechtigt gewesen sein, dass bei den höheren Vertebraten, wo die Ursprünge der Trochleares in der Wand des Aquaeductus liegen, - eine Verschiebung ursprünglicher Hinterhirnsubstanz gegen das Mittel- hirn eingetreten sei, und dass daher die Valvula Cerebelli, welche die Trochlearisursprünge enthält, genau genommen gar nicht vollständig homolog sei der Valvula des menschlichen Gehirns, welche die Trochlea- risganglien nicht enthält. Romon hat jedoch diese Schlüsse nicht ge- zogen, einestheils weil die genetische Zusammengehörigkeit der Valvula und des Trochlearis mit dem Hinterhirn noch nicht erwiesen war, andern- theils aber, weil auch er die thatsächlich einfacheren Verhältnisse des Haifischgehirns auf die so sehr komplicirten des menschlichen zurück zu- führen versuchte. Hieraus mussten sich mit Nothwendigkeit eben solche Schlüsse ergeben, wie sie Roson mit anerkennenswerther Konsequenz gezogen hat: trotz der Thatsache, dass der Trochlearis aus der Valvula Cerebelli entspringt, erschien es als eine »paradoxe Folgerung«, dass derselbe (nun auch) ein Hinterhirnnerv und kein Mittelhirnnerv sei, und zur Erklärung jener Thatsache blieb kein anderer Ausweg, als bei den Selachiern eine » Verschiebung der Trochlearis-Ursprungsstätte nach hinten anzunehmen «. II. Praechordales Hirn. 1) Stammtheil; a) Mittelhirn, b) Zwischenhirn. 2) Vorderhirn (sekundäres). Der unpaarige Stammitheil der praechordalen Hirnhälfte gliedert sich, wie in der Übersicht näher ausgeführt ist, in einen hinteren keil- förmigen Abschnitt, den wir in herkömmlicher Weise als Mittelhirn bezeichnen, und in einen größeren vorderen Abschnitt, dasZwischen- hirn. Die Grenze zwischen beiden Theilen hat zwar aus bereits ange- führten Gründen nur eine untergeordnete Bedeutung gegenüber der- jenigen, welche das epichordale von dem praechordalen Hirn scheidet, ‚allein ihr sehr frühes und durchaus konstantes Auftreten, das zeitlich meist mit dem der letzteren zusammenfällt, so wie ihre Deutlichkeit und ‚ leichte Auffindbarkeit an der dorsalen Hirnwand, sichern ihr dauernden 216 Friedrich Ahlborn, Werth und Anerkennung sowohl von Seiten der Ontologie als auch der vergleichenden Anatomie. Betrachten wir zunächst die äußeren Formen des Mittelhirns, so fällt dabei am meisten in die Augen, dass im größten Theile seiner dorsalen Wand, gerade so wie im epichordalen Hirn, die Ablagerung einer Marksubstanz unterblieben, und statt dessen durch mächtige Flächenentfaltung des Ependyms die Bildung eines Plexus chorio- ideus eingetreten ist. Dieser Plexus stimmt nach seinem ganzen anatomischen und jedenfalls auch physiologischen Verhalten mit dem der hinteren Hirnhälfte überein, mit welchem er äußerlich zu einer Ein- heit verbunden ist. Es kann daher nur auf das p. 205—208 Gesagte verwiesen werden. Der markartig entwickelte, diekwandige Theil des Mittelhirns bildet die Eminentia bigemina (Jon. Mürzer), das Analogon der Gorpora quadrigemina der höheren Wirbelthiere. Bei den erwachsenen Petromyzonten sind es zwei große, symmetrisch gelagerte, kugelige An- schwellungen, welche nach hinten und oben frei gegen die Grenze der beiden Hirnhälften vorgewölbt sind, nach vorn und unten aber sich gegen die Mittelhirngrenzen allmählich ausgleichen und in die Seiten- wände des Zwischenhirns und der Oblongata übergehen. An ihrer hinteren und freien Oberfläche sind beide Anschwellungen durch eine mediane, nach hinten und nach oben konkave Sattelfläche kontinuirlich mit einander verbunden, so dass eine scharfe Mediangrenze zwischen beiden nicht besteht. In der Richtung der Querachse hat die Eminentia bigemina eine größere Ausdehnung als die Medulla oblongata, sie wird darin nur durch das Vorderhirn übertroffen. — Nach Entfernung des Plexus chorioideus, welcher, wie wir wissen, die ganze Oberseite der Eminentia sackförmig überlagert, blickt man durch eine mehr oder weniger weit klaffende Öffnung in die Hirnhöhle (Aquaeductus Sylvii). Diese Öffnung hat im Allgemeinen die Gestalt eines mehr oder weniger breit gezogenen Ovals, dessen nach hinten gerichtete Spitze in der Me- diane ein wenig vorgezogen ist, und dessen abgeplattete Basis mit der vorderen Mittelhirngrenze zusammenfällt. Die oberen Ränder der Emi- nentia bigemina, welche die Öffnung seitlich und hinten umgrenzen, sind gegen dieselbe lippenförmig vorgewölbt, und die äußeren, zarten Ränder dieser Lippen liefern wie mit einem feinen erhabenen Saume die Ansatzlinie für den Plexus chorioideus. Den vorderen Abschluss der Öffnung bildet ein breiter, transversaler Markstreifen, der im Sagittal- | schnitt eine birnförmige Querschniltsfigur zeigt, und in welchem wir die Commissura posterior erblicken (Fig. I, 5, 7, 4). Bei jungen Larven ist der Plexus chorioideus dem hinteren, stumpferen Rande der Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 217 Commissur angeheftet (Fig. 41), im Laufe der späteren Entwicklung scheint jedoch durch ein festes Anliegen der vorderen Plexuswand gegen die dorsale Fläche der Commissur eine sekundäre Verwachsung mit der letzteren stattgefunden zu haben; denn bei erwachsenen Thieren findet man, dass sich der Plexus erst an dem schärferen, nach vorn und oben emporstrebenden Rande der Commissur abspaltet, da, wo diese im Begriff ist, in das Zwischenhirndach überzugehen (Fig. 4A). Es kann Niemandem in den Sinn kommen, diese thatsächliche Differenz systematisch verwerthen zu wollen, da sie zwischen der zu ein und derselben Species gehörenden Larve (Ammocoetes) und dem Ge- schlechtsthier (P. Planeri) besteht. Eben so wenig aber halte ich auch die weiteren Unterschiede für wesentlich, welche in der Umgebung der dorsalen Öffnung der Eminentia bigemina bei den verschieden benannten Petromyzonten hervorireten, da sie, wie mir scheint, nicht durch quali- tative, sondern ausschließlich durch quantitative Differenzirung verur- sacht worden sind. Ich betone dies, um einmal zu konstatiren, dass die Angabe von A. Schneider (l.c.24), wonach die Petromyzonten (P. fluviatilis und P. Planeri) Varietäten einer und derselben Species sind, nach meinen Untersuchungen in der Hirnanatomie keinen Widerspruch findet; anderntheils, um die von WizDErsHEIM (l. c.31 p. 6) zusammen- gestellten und z. Th. auf unzutreffenden Angaben Jon. MüLLer's be- ruhenden »unterscheidenden Merkmale« der Petromyzontengehirne auf das richtige Maß zurückzuführen. Die Totalansicht des Gehirns von P. fluviatilis, welche Jon. MüLLer in seiner Fig. 3, Taf. III (Gehörorg. der Cyklostomen) gegeben hai, und auf welche WIEDERSHEIN im Vertrauen auf die Autorität des Meisters seine Ausführungen gründete, ist in der Mittelhirnregion, um welche es sich hier handelt, nicht richtig. Die tiefe, keilförmige Spalte, die Jouannes MÜLLER der Eminentia bigemina eingezeichnet hat, und die er selbst ausdrücklich für nicht natürlich hält, ist in der That ein Kunstprodukt, dessen Zustandekommen bei P. flu- Viatilis ich nicht zu erklären vermag. Bei allen von mir aus Salpeter- ‚säure präparirten Gehirnen von P. fluviatilis finde ich dieselbe rund- liche und geschlossene dorsale Öffnung der Lobi optici (Eminentia bigemina), wie es meine Fig. 5 darstellt. Eben so erweist sich auch die Zeichnung der Fossa rhomboidalis wie sie Jon. MÜLLER giebt, als unzu- treffend. Die darauf hin aufgestellten »unterscheidenden Merkmale« sind also hinfällig geworden. In Wirklichkeit stimmen die Gehirne von P. fluviatilis und P. Planeri auch in den fraglichen Punkten wesent- lich überein. Der geringe Unterschied in der Stärke der Vorwölbung der ' Iippenförmigen Markränder hat nur eine ganz untergeordnete Bedeutung (Fig. 1 u. 5). Anders liegen diese Verhältnisse auf den ersten Blick bei | 1 r 218 Friedrich Ahlborn, Petromyzon marinus (Fig. 7). Hier ist zwar die Ansatzlinie des Plexus chorioideus im Mittelhirn bis auf eine unbedeutende Formänderung die- selbe gegeblieben, aber statt der weiten Öffnung finden wir nur einen medianen, schmalen Spalt, der vorn durch die Commissura posterior überbrückt wird. Indessen, die genauere Betrachtung lässt auch hier eine wesentliche Übereinstimmung mit den Gehirnen von P. Planeri undP. fluviatilis erkennen, denn die Spalte ist nur ein sekundärer Charakter und dadurch aus der ursprünglich ganz gleichartig gestalteten Öffnung der Lobi optici hervorgegangen, dass sich die seitlichen Lippen gegen die Mediane bis zum Kontakt vorgewölbt haben. Dass die Öffnung wirklich und ursprünglich dieselbe wesentliche Form hatte wie bei P. fluv. und P. Planeri, beweist die Lage der deutlichst erkennbaren Ansatzlinie des Plexus chorioideus (Fig. 7). Die spaltförmige Öffnung der Eminentia bigemina von Petromyzon marinus erinnert sehr an die von W1IEDERSHEIM benutzte Zeichnung Jon. Mürzer’s vom Gehirn des Flussneunauges (P. fluviatilis), und es hat den Anschein, als sei in der Figurenbeschreibung Jon. Mürrer’s eine Verwechslung beider Formen uniergelaufen!. Denkt man sich an einem Hirn von P. marinus die Commissura posterior fortgenommen, so dass dadurch die vordere Begrenzung der erwähnten Mittelhirnöffnung aufgehoben wird, und dazu ein weniger gut konservirtes Objekt, so be- kommt man ein Bild, welches dem von Jon. MüLLer gegebenen viel ähn- licher ist, als dasjenige, welches wirklich einem Petrom. fluviatilis entnommen ist. Bei jungen Ammocoeten sind die Lobi optici — wie man dies wegen des rudimentären Zustandes der Augen von vorn herein erwartet — noch weit in der Entwicklung zurück. Die später kugeligen Körper der Eminentia bigemina sind nur durch geringe Hervortreibungen der Seitenwand angedeutet. Ihre hintere und im erwachsenen Thier frei herausgewölbte Oberfläche tritt noch gar nicht hervor, sondern ist jetzt noch mit der dahinter liegenden Anlage des Gerebellum zu einem falten- formigen Markblatt vereinigt (vgl. p. 205), welches wie ein breites, flimmerndes Velum von oben in die Hirnhöhle hineinragt und (als Grenz- falte) dorsalwärts in die beiden benachbarten Plexus übergeht. — Es ist dies dieselbe »zarte Marklamelle«, welche nach WIEDErRsHEmM (l.c.31 p- 9) den IV. Ventrikel verschließt. Ein wirklicher Verschluss findet jedoch hier nicht statt, die Hohlräume stehen vielmehr auch unterhalb 1 Dass bei Jon. MüLLer eine solche Verwechslung überhaupt möglich gewesen | ist, erklärt sich vielleicht aus dem Umstande, dass die betreffende Figur mit dem | »Gehörorgan der Cyklostomen« zwei Jahre früher erschienen ist, als der zuge- hörige Text (vgl. Neurologie d. Myxinoiden). Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 319 der Grenzfalte »in weitester Kommunikation « (Fig. %1). — Der Plexus chorioideus des Mittelhirns besitzt in diesem Entwicklungsstadium be- ' reits dieselben charakteristischen Faltungen wie der des epichordalen Hirns, und die Öffnung, durch welche er mit dem Aquaeducius kom- munieirt, ist eben so weit und geräumig wie dieser selbst: die Vor- _ wölbung der seitlichen Lippen der Öffnung, welche bei P. marinus ihr ' Maximum erreicht, ist hier kaum andeutungsweise ausgebildet. Es ist eine natürliche, und für alle! Vertebraten anerkannte Regel, ' dass die quantitative Entfaltung der Lobi optici (Emin. bigem.) im ‘ direkten Verhältnis zur Größe der Augen und des Opticus steht. Diese ‚ Regel gilt auch in vollem Umfange für die untersuchten Petromyzonten. BeiAmmocoetes, wo der Sehnerv klein, und die Augen noch ganz primitiv und unter dem Integument verborgen sind, hat auch das Mittelhirn, welches den größten Theil des centralen optischen Endappa- rates umfasst, nur eine verhältnismäßig geringe Entwicklung erfahren. "Bei PetromyzonPlaneri undP. fluviatilis, bei denen Auge und ' Sehnerv funktioniren, ist auch das Mittelhirn charakteristisch entwickelt, "und besonders hat der obere Theil, welcher zunächst die Öffnung der "Lobi optiei umgiebt und den ich r Tectum opticum bezeichne, einen wesentlich höheren und komplicirteren Bau erhalten. Letzteres kennzeichnet sich äußerlich durch eine starke Vorwölbung der lippen- föormigen Ränder des Tectum opticum, wodurch zugleich eine Verengung der dorsalen Öffnung der Lobi optici herbeigeführt wird. Im Gehirn _vonP. marinus ist diese Verengung der Öffnung noch viel weiter vor- " geschritien, und das Tectum opticum hat hier eine größere Ausdehnung, © als bei den übrigen Petromyzonten. — Ist nun in diesem Verhalten die | Abhängigkeit der Lobi optici von der Entwicklung der Augen deutlich ausgesprochen, so tritt dabei noch ein anderes zu Tage, dass nämlich mit der allmählich fortschreitenden Verengung jener Öffnung vielleicht die ‚ Andeutung eines im Plane der Stammesentwicklung liegenden gänz- ‚lichen Verschlusses der Lobi optici und einer successiven Elimination des Plexus chorioideus des Mittelhirns gegeben ist. | HohlraumdesMittelhirns.— Aufder Grenze von Nachhirn und Mittelhirn ist die T-förmige Hirnhöhle des vorderen Lobus acusticus in einen " schmalen und hohen Spalt übergegangen, weil das Ganglion N. V. trans- vers., welches — wie wir sahen — die T-förmige Querschnittsfigur ver- h ursachte, nicht in das praechordale Hirn herüber tritt, sondern ein speci- 1 ‚fisches Organ des Il. Abschnittes vorstellt; man bezeichnet diesen Spalt Ib Übereinstimmung mit der bIEHSehHehen Anatomie als den Aquae- 1 Mit wenigen Ausnahmen, vgl. P. MAvsEr, 1. c. 44, p. 267. 220 Friedrich Ahlborn, ductus Sylvii (Fig. 20—22). Derselbe erhält alsbald in seiner oberen Hälfte eine kleine rautenförmige Erweiterung (Fig. 23), von welcher jederseits ein enger Spalt im nach oben konvexen Bogen zur Seite zieht und sich in der Mitte der (beiden) Kugeln der Eminentia bigemina zu einem größeren dorsoventral zusammengedrückten Hohlraume erweitert. Damit hat die Höhle im Querschnitt wiederum die Gestalt eines »T« oder, genauer genommen, eines »Y« erreicht (Fig. 23, 24). Das den Armen des »Y« entsprechende Lumen theilt die Eminentia bigemina im Innern in einen dorsalen Theil, das Tectum opticum, und in einen ven- tralen Bezirk, den wir Torus semicircularis nennen. Die beiden seitlichen Hohlräume der Eminentia bigemina sind, der hinteren Gir- cumferenz der letzteren entsprechend, nach hinten ein wenig (blind- sackförmig) vorgezogen, so dass sie auf Querschnitten früher erscheinen als die Spalten, welche sie mit dem Aquaeductus verbinden ; nach vorn nehmen sie rasch an Weite zu und münden, indem sie sich der Mediane zuwenden, mit einer geräumigen Öffnung in den Aquaeductus an der Stelle, wo dieser im Begriff ist, sich dorsalwärts zu erweitern, um in den Hohlraum des Plexus chorioideus überzugehen (Fig. 25). Damit wird auch der Torus semicircularis allmählich gegen die Mediane verengt und fast vollständig ausgeglichen. Da, wo er durch die dorsale Öffnung der Eminentia von oben her sichtbar wird, bildet er nach vorn mit seinem Rücken die Basis für die Gommissura posterior, welche hier bogenförmig ausgespannt ist und die Öffnung vorn ab- schließt. Das Tectum opticum wird nach vorn zu immer niedriger (Fig. 26) und hat endlich neben der Commissura posterior eine gänz- liche Ausgleichung erfahren. Unterhalb dieser Commissur ist der im Übrigen wieder spaltförmige Aquaeductus zu einem engen dreikantigen Kanal erweitert, welcher den Aditusad ventriculum tertium darstellt. Diese zunächst für P. Planeri geltende Beschreibung der Hirnhöhle passt in dem wesentlichen Verhalten auch für P. fluviatilis und sehr wahrscheinlich auch für P. marinus. Bei Ammocoetes waren alle Höhlen größer und geräumiger. Die Seitenventrikel der Eminentia bigemina waren nur durch eine geringe, lückenförmige Ausweitung des weiten Aquaeductus angedeutet, welcher sich nach oben ohne Einschränkung durch die Ränder des Tectum opticum in die Gewölbe des Plexus cho- | rioideus öffnete. b) Zwischenhirn. Den vorderen Theil des praechordalen Hirnstammes bildet das Zwischenhirn oder »primäre Vorderhirn«, das Jon. MÜLLER Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 391 als den unpaaren Lobus ventriculi tertii beschrieben hat. Es ist mit dem Mittelhirn aufs engste verbunden und geht nach vorn in die zum sekundären Vorderhirn gehörenden Theile über. Die genauere Grenze gegen das letztere anzugeben ist bei Petromyzon und den nie- deren Vertebraten nicht so leicht, wie im Kreise der Säuger, wo dieselbe in genauen entwicklunssgeschichtlichen Untersuchungen von ihrem ersten Auftreten bis in den erwachsenen Körper verfolgt ist, und wo sie - größtentheils zugleich die Grenze zwischen wohldifferenzirten Organen darstellt. Hier kennen wir durch Scott nur die Thatsache, dass das sekundäre Vorderbirn aus einer ursprünglich unpaarigen Anlage (vgl. p- 201) hervorgeht, welche den vorderen Abschluss des Medullarrohres bildet. Daraus ergiebt sich aber, dass wir bei den erwachsenen Petromy- zonten — gerade so wie bei den übrigen Vertebraten — zum sekun- - dären Vorderhirn nicht nur einzig und allein die paarigen Hemisphären und Lobi olfactorii zu rechnen haben, sondern außerdem noch einen vordersten Theil der Seitenwand des III. Ventrikels mit der nächsten Umgebung des Foramen Monroi und sodann ein medianes Stück, welches der embryonalen vorderen Verschlussplatte entspricht und die antimeren Theile mit einander verbindet. Die Grenzen dieses medianen Theiles sind durch Scott (l. c. 25, p. 155) ziemlich genau angegeben, nämlich dorsal als eine seichte Einsenkung vor der Epiphyse, ventral als ein nie- driger Vorsprung vor der Höhle des Tuber cinereum (W. Mürzer). Im erwachsenen Thier und besonders bei Ammocoetes (Fig. 45) ist der ‚ letzte Grenzpunkt angegeben durch die vordere ventrale Transversal- ' einschnürung. Der dorsale Grenzpunkt kann nichts Anderes sein, als die Commissura anterior, s. Gomm. interlobularis (Stiepa), welche den obersten Theil der »Lamina terminalis« darstellt. Zwischen diesen bei- den Punkten ist die laterale Grenzlinie so zu ziehen, dass sie im Bogen hinten um die Abschnürungsstelle der Hemisphären herumgeht. Alles, was zwischen der so bezeichneten Grenze und dem Mittelhirn liegt, ' rechne ich zum Zwischenhirn. Die wichtigsten Bestandtheile des Zwischenhirns sind zweifel- los diejenigen, welche es so eng mit dem Mittelhirn verknüpfen, und | welche wir bereits kurz als die des optischen Systems bezeichnet ‚ haben. An der vorderen ventralen Transversalfurche des Gehirns ent- j Springen, von einander getrennt, die beiden optischen Nerven aus dem ' Zwischenhirn, ohne dass man äußerlich irgend eine chiasmatische Bil- ' dung wahrnehmen könnte, wie wir sie bei den höheren Vertebraten zu ' finden gewohnt sind. Die älteren Autoren waren daher über das Vor- / handensein einer Opticuskreuzung getheilter Meinung. Selbst Jon. MüLLer 222 Friedrich Ahlborn, sagte noch: »Die nervi optiei sindohne Kreuzung und entspringen neben einander.« Raruke (l.c. 19) hatte bereits das Bestehen eines Chiasma ausgesprochen, indem er sagte, der rechte Augennerv gebe aus der linken, der linke aus der rechten Hirnhälfte hervor; aber er irrte sich darin, dass er sie aus einem basalen Theile des Infundibulum ent- stehen ließ. — Erst LAngeruans (l.c. 43, p. 94) hat den bestimmten Nachweis geführt, dass bei Petromyzon ein »reines, vollkomme- nes Ghiasma« des Opticus besteht, welches unter der Ober- fläche des Hirns verborgen liege. LanGErnans hat auch die optischen Fasern vom Chiasma aus eine kurze Strecke weit centralwärts verfolgt, ohne jedoch Näheres über ihre Endigung anzugeben. — Ich kann in diesem Punkte die Angabe von LAnGErnuans im Allgemeinen be- stätigen, muss aber, um die topographischen Verhältnisse festzustellen, vorläufig noch Folgendes hinzufügen. Die allgemeine Thatsache, die ich schon wiederholt hervorgehoben habe, dass nämlich im Gehirn der Petromyzonten die Differenzirung und specifische Ausgestaltung von besonderen Organen, wie sie im Gehirn der höheren Vertebraten zum Theil in ganz genereller Weise vorgefunden werden, noch nicht stattge- funden hat, oder doch auf einer sehr primitiven Stufe stehen geblieben ist, findet in dem eigenthümlichen anatomischen Verhalten des optischen Chiasma eine recht bezeichnende Illustration. Das Chiasma hat hier noch ganz seine ursprüngliche, centrale Lage behalten, die es bei den höheren Vertebraten nicht mehr besitzt; es hat auch noch nicht jene knappen Formen angenommen, unter denen wir es sonst in peripheri- scher Lagerung antreffen, denn die Vereinigung der beiderseitigen Faserelemente zu dem Nerven, welche gewöhnlich schon vor dem Be- ginn der Kreuzung vollzogen ist, findet hier erst nach derselben statt! (und zwar, hier wie dort, beim Austritt aus dem Hirn). Während der Kreuzung sind die optischen Fasern noch weniger dicht zusammenge- drängt, sie verbreiten sich hier über die Basis und die vordere Fläche eines breiten, commissurartigen Querbalkens, der sich zwischen den beiden Sehnervenaustrittsstellen aus dem Boden des Hirns erhebt, und so, nach hinten und oben in den Hohlraum vorspringend, die Seitenwände des Zwischenhirns eine Strecke weit mit einander verbindet (Fig. #1). Seiner Lage nach ist dieser Querbalken offenbar der Commissura transversa Halleri gleichbedeutend, deren nahe Beziehung zu den optischen Nerven schon von Stannıus (l. c. 28) erkannt wurde, aber, wie mir scheint, bei keinem der höheren Vertebraten in der einfachen Weise zur Schau tritt, wie gerade bei Petromyzon. 1 Wörtlich genommen ist bei Petromyzon kein Chiasma nervi optici, sondern ein Chiasma tractus optici vorhanden. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 3933 Centralwärts vom Chiasma haben sich die optischen Fasern zum größten Theile jederseits zu einem breiten Bündel vereinigt, welches unter einer flachen, wellenförmigen Oberflächenerhebung schräg nach hinten und oben emporzieht und hier in die Anschwellungen der Emi- nentia bigemina (Lobi optici) übergeht. Das Bündel führt den Namen Tractus opticus; es verläuft ziemlich genau in diagonaler Richtung in der Seitenwand des Zwischenhirns und gestattet bei seiner oberfläch- lichen und äußerlich erkennbaren Lage eine dem entsprechende Zwei- theilung dieses Hirnabschnittes, durch welche die Übersicht nicht un- wesentlich erleichtert, und die weiteren Darstellungen vereinfacht werden. Danach unterscheide ich am Zwischenhirn eine ventrale, unter dem Tractus opticus gelegene Regio infundibuli und eine vordere und obere Regio thalami op*ici. Erstere umfasst das Infundi- bulum mit seinen Anhängen; letztere das Homologon des Thalamus opticus, den Tractus opticus selbst und sodann die Organe der Zwischenhirndecke. ' Die Regio infundibuli. schließt sich der vorderen Mittelhirngrenze an und bildet zugleich die Basis des Zwischenhirns. Die Seitenflächen sind äußerlich glatt und bieten wenig Bemerkenswerthes, denn die Großhirnschenkel, welche bei den höheren Vertebraten in ihren Bereich fallen, haben bei Petromyzon ' noch keine besondere, äußerlich sichtbare Form angenommen. — Da- gegen kann man an der Basis leicht zwei ungleiche Theile unterschei- den, einen hinteren, diekwandigen, den ich als Lobus infundibuli! Hypophysis«, die mit dem III. Ventrikel kommunicire ; dann sagt er: »Dieser hohle Körper kann dem Tuber cinereum, dem Infundibulum und der Hypophysis zu- , sammen verglichen werden.« Offenbar glaubte er die ganze Zwischenhirnbasis vor Sich zu haben, während er doch nur einen vorderen Theil derselben sah ; denn er hatte, wie aus seinen Zeichnungen hervorgeht, die hintere ventrale Hirneinschnü- | rung nicht vom subarachnoidalen Gewebe befreit und konnte daher die wahre | hintere Grenze der Zwischenhirnbasis nicht erkennen. — Die eigentliche Hypo- ' Physis hatte Jon. MÜLLER gar nicht gesehen. | Später hat WILHELM Mütter (l. c. 48) die Organisation der Zwischenhirnbasis einer genaueren Untersuchung unterworfen und besonders die irrigen Ansichten Jos. MÜLLERS von der Hypophysis korrigirt. — In Detail haben sich mir die An- gaben W. MürLer’s über Petromyzon in einer Reihe von Punkten als unzutreffend erwiesen (z. B. auch die etwas unglücklich schematisirte Fig. 9, Taf. IX), ich will jedoch hier auf die Einzelheiten nicht eingehen, da man mit Hilfe der vorange- gangenen Darstellung das Richtige ohne Mühe erkennen wird. Ich kann aber nicht umhin, einen Einwand zu erheben gegen die Nomenklatur, welche W. Mürer bei ' den Petromyzonten zur Anwendung gebracht hat. In seiner Einleitung sagt W. | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 45 1 Joa. MüLrer (l. c. 17, p. 32) hielt den Saccus infundibuli für eine » hohle | | | | | l ! | 224 Friedrich Ahlborn, bezeichne, und einen vorderen, dünnwandigen, den ich Saccus in- fundibulinenne. Der Lobus infundibuli ist an frei präparirten Gehirnen leicht aufzufinden,, denn er bildet mit seiner hinteren, stark hervorgewölbten Fläche die vordere Begrenzung der hinteren ventralen Hirneinschnürung. Seine ventrale Oberfläche ist etwas abgeplattet und seitlich tritt er nicht merklich über die laterale Wand des Infundibulum heraus. [Eine bilaterale Zweitheilung durch eine sichtbare Auszeichnung der Mediane ist hier so wenig wie in den übrigen Theilen des praechor- dalen Hirns in der Weise ausgebildet, wie es in den hinteren Theilen des centralen Nervensystems (epichordales Hirn und Rückenmark) vor- herrschend ist: die Raphe tritt an keiner Stelle in das praechordale Hirn herüber, sondern endet plötzlich auf der hinteren Grenze des Lobus in- fundibuli.] Der Hohlraum des Lobus infundibuli besitzt hinten jeder- seits eine kurze und geräumige Erweiterung (Fig. 20), welche auf die Homologie dieses Hirntheils mit den paarigen Lobi inferiores der Sela- chier und Teleostier hinweist, während durch die äußere Einheit des Organs die Übereinstimmung mit den Amphibien hervorgehoben wird, bei denen ebenfalls nur ein unpaarer Lobus infundibuli vorhan- den ist. — Der Saecusinfundibuli ist eine marklose, aus Ependym und Pia gebildete sackförmige Ausstülpung der vorderen Trichterbasis, welche mit ihrem hinteren Umfange frei über die ventrale Fläche des Lobus infundibuli vorgewölbt ist, vorn aber ziemlich gleichförmig in die angrenzenden Theile überführt. An seiner Oberfläche ist der Saccus glatt, wenn man ihn auf Schnitten in situ betrachtet; an isolirten Ge- hirnen zeigt er oft eine geringe wellenförmige Faltung, die nicht natür- MüLLer (auf p. 360), nachdem er die Lage der Lobi infundibuli (s. L. inferiores) bei Fischen und Amphibien beschrieben hat: »Außerdem verlängert sich das Ependym des III. Ventrikels bei den Cyklostomen und Fischen zu einem dünnwandigen Divertikel, welches konstant zur Oberfläche der Hypophysis in Lagerungsbeziehung tritt und wegen seines Gefäßreichthums von CuviEr als Appendix, von GOTTSCHE als Saccus vasculosus bezeichnet worden ist. Ich werde die letzte Be- zeichnung beibehalten.« — Dieser Saccus vasculosus ist nun offenbar dasselbe Gebilde, welches ich Saccus infundibuli genannt habe (es schließt | hier keine Gefäße in sich), und man erwartet daher, diesen Hirntheil nun auch | unter dem Namen Saccus vasculosus beschrieben zu finden. Statt dessen gebraucht aber W. MürLer bei Petromyzon (p. 394—396) immer den Namen Processus | infundibuli, obgleich er in der Einleitung ausdrücklich hervorgehoben hat | (p. 360), diese Bezeichnung für denjenigen Hirntheil der Reptilien, Vögelund Säuger verwenden zu wollen, welcher dem (dickwandigen) Lobus infundibuli der | Fische und Amphibien entspräche. Wollte W. MüLLer aber, wie er beabsichtigte, | eine einheitliche Terminologie der Organe der Zwischenhirnbasis einführen, SO wäre in den fraglichen Punkten wohl eine größere Konsequenz der Bezeichnung er- | wünscht gewesen. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 225 lich ist und in der Präparationsmethode ihren Grund hat. Hat man ihn — was sehr leicht geschieht — von dem diekwandigen Hirn abgetrennt, so blickt man durch eine spaltförmige Öffnung in die Höhle des Infun- dibulum, und kann nun am äußeren Umfang der Öffnung die elliptische Ansatzlinie des Saccus erkennen, welche vorn dicht hinter der CGommis- sura transversa Halleri oder der Austrittsstelle der Sehnerven beginnt und etwa ®/, der ganzen Zwischenhirnbasis einnimmt. Die ganze Ober- fläche des Saccus ist der dorsalen Fläche der Hypophysis (Fig. 29 bis 34; 20 und 44) dicht aufgelagert. Diese letztere hat bei Petromyzon die Form eines länglich elliptischen Kuchens, welcher der vorderen, ventralen Hirnoberfläche angeschmiegt ist. In ihrem bei Weitem größe- ren hinteren Theile hat sie dieselbe Breite wie der Saccus infundibuli, reicht aber nach vorwärts noch ein Stück über diesen hinaus und ge- winnt dabei kurz vor ihrem vorderen Ende zwischen den austretenden optischen Nerven ihre größte Ausdehnung (vgl. W. Mürter, 1. c. 18). Bei den untersuchten kleinen Ammocoeten war die Ausstülpung des Saccus infundibuli noch nicht erfolgt (Fig. 44, 42), allein der Bereich desselben ließ sich schon jetzt ziemlich genau daran er- kennen, dass der größere Theil des vorderen Zwischenhirnbodens bereits dünnwandig geworden war. Die Hypophysis! hatte das- selb2 Lagerungsverhältnis zum Infundibulum, wie bei den erwachsenen Thieren. — Die Regio thalami optici enthält neben dem schon besprochenen Tractus opticus als haupt- sächlichsten Bestandtheil das Homologon des Thalamus opticus und sodann die Organe der Zwischenhirndecke. Als Thalamus opticus wollen wir aber ganz allgemein diejenigen keilförmigen Seitentheile? des Zwischenhirns bezeichnen, welche in den weiter oben näher be- stimmten Grenzen des letzteren vor und über dem Tractus opticus liegen und dorsal durch die Deckenorgane begrenzt werden. Die Thalami optici sind in seitlicher Richtung durch die anlagernden Hemisphären sehr be- engt und wie zusammengepresst; vielleicht liegt hierin der Grund, dass sie dorsalwärts, in ihrem oberen Theile so sehr viel freier und besser ‚ entwickelt sind, dass sich die weitere Betrachtung ganz auf diesen Theil ' beschränken kann. ! Über die Entstehung der Hypophysis bei den Petromyzonten vgl. A. | ‚ Dourn, »Studien zur Urgeschichte des een « (Mittheilungen aus der | »oologischen Station zu Neapel. IV. Bd., 4. Heft.) 2 Nicht die der Decke en Tubercula intermedia, die CATTIıE (l. c. 4) | Thalami optici nennt, 15* 226 Friedrich Ahiborn, Die dorsalen Bestandtheile des Zwischenhirns bilden zusammen einen stark prominirenden, von oben betrachtet, eiförmigen Hirnkom- plex, dessen breite und etwas abgeplattete, hintere Circumferenz vor der Commissura posterior hervortritt, und dessen Spitze vorn, hoch über der Commissura anterior liegt, als sei sie eingekeilt zwischen die He- misphären und die Lobi olfactorii. Es ist dies derselbe Hirnabschnitt, dessen Jos. MÜLLER und die späteren Autoren unter dem Namen eines »schnabelförmigen Fortsatzes«! gedenken, ohne dass sie die merkwürdigen Formverhältnisse desselben erkannt hätten, welche ihn vielleicht zu dem interessantesten Theile des Gyklostomengehirns machen. Wie in den hinteren Abschnitten des Hirnstockes (REicHERT), so ist auch im Zwischenhirn der größere Theil der dorsalen Wand dünnhäutig und marklos geblieben. Wir bezeichnen daher, so weit dieser auch histologisch übereinstimmende Charakter gewahrt ist, die dünnwandige Zwischenhirndecke als Plexus chorioideus, bemerken jedoch zu- gleich, dass derselbe nicht in so charakteristischer Weise wie im Mitteihirn und Nachhirn in Falten gelegt ist, sondern nur in seinem vordersten Bereich die Andeutung einer unregelmäßigen Faltenbildung erkennen lässt (vel. Fig. 45, 46, A7). Eine Verknüpfung des Plexus chorioideus ventriculi tertii mit dem des Mittelhirns, ähnlich wie wir sie zwischen dem letzteren und dem des Nachhirns kennen gelernt haben, hat hier nicht statt, und obgleich der Mittelbirnplexus nach vorn die ganze hintere Oberfläche des Zwischenbirndaches überlagert, so wird er doch bei der Präparation meist schon von selbst von diesem abgelöst. 1 Jon. MÜLLER (l. c. 47) sagt über den »schnabelförmigen Fortsatze: »Die vordere Fläche dieses Fortsatzes ist ausgehöhlt, die hintere konvex. Nach oben und vorn ist dieser Fortsatz nicht geschlossen. Er ist vielmehr hier in dre Lippen, zwei seitliche und eine hintere, gespalten, welche einen dreitheiligen Spalt zwischen sich lassen. Die hintere Lippe ist die kürzere.« — Den dorsalen Verschluss des Zwischenhirns durch das Plexusepithel hatte Joa. MüLLer also nicht erkannt. Seinen Ausführungen schließt sich auch LAnGERHANS (l. c. 13) an. WIEDERSHEIM (l. c. p. 34) nennt die hintere Lippe des schnabelförmigen Fort- satzes eine »hügelige Prominenz« und unterscheidet an ihr »eine nach hinten sich mäßig abrundende, nach vorn aber spitz auswachsende Papille«. Die seitlichen Lippen beschreibt er als »zwei rundliche Arme, welche mit dem unterliegenden Zwischenhirn eng verwachsend, spangenartig zwischen die beiden Heimisphären nach vorn hineingreifen, um in der Mittellinie eng zusammenzustoßen«..., und fährt dann fort: »Zwischen diesen Gebilden einer- und der zuletzt geschilderten Papille andererseits bemerkt man einen Hohlraum, der die Form eines umgekehr- ten Herzens besitzt, ursprünglich aber gegen die Hirnoberfläche hin nicht geöffnet, | sondern von einer zarten, transparenten Haut verschlossen ist.« — WIEDERSHEIM hab | also im Zwischenbirn den dorsalen Verschluss der Hirnröhre bereits erkannt. | Übrigens ist hier ein umgekehrt herzförmiger Hohlraum nich t vorhanden; ich halte h die Bezeichnung »dreitheiliger Spalt« (Jon. MüLLer) für zutreffender. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 227 Letzteres muss immer geschehen, wenn man den ganzen dorsalen Zwischenhirnabschnitt (schnabelförmigen Fortsatz) frei überblicken will. Man sieht alsdann seine eiförmige Gestalt und vorn über der zarthäutigen Spitze ein kleines, rundliches, schneeweißes Gebilde aufgelagert, von welchem ein eben solcher feiner Faden über die Oberfläche des Plexus nach rückwärts verläuft. Es sind dies Theile der weiter unten näher zu besprechenden Epiphyse. Um zunächst den Umfang des Plexus chorioideus zu erkennen, er- greift man (ohne Rücksicht auf die Epiphyse) mit einer feinen Pincette die Spitze des eiförmigen, dorsalen Zwischenhirnabschnittes und zieht dieselbe vorsichtig nach rückwärts. Dann löst sich der Plexus von vorn nach hinten fortschreitend von seiner Ansatzstelle ab, und man kann ihn nun, so lange er noch hinten befestigt ist, wie eine Kappe zurück- schlagen und mit der Lupe näher untersuchen. — Nur die vordere, meist größere Hälfte des Zwischenhirndaches ist dünnhäutig und bildet den nach vorn und oben vorgezogenen Plexus; in der hinteren, breiten Wölbung, welche vor der Commissura posterior hervortritt, ist es da- gegen zu einer eigenartigen und mächtigen Verdickung der Hirnwand gekommen. Diese erscheint nach gänzlicher Entfernung des Plexus chorioideus als höchster, am meisten dorsal gelegener Theil des Zwischen- hirns und schließt dann mit den oberen Rändern der als Thalami optici bezeichneten Seitenwände einen »dreitheiligen Spalt« ein, dessen längster Strahl in der Mediane liegt und nach vorn gerichtet ist, während die beiden anderen seitlich und nach hinten ausbiegen (Fig. I, 3, 5, 7). DieThalami optici haben, von oben gesehen, die Form von breiten Lippenwülsten, die sich in der Mediane ziemlich eng berühren, und deren äußere Ränder nach vorn konvergirend die seitlichen Ansatzlinien des Plexus chorioideus darstellen (Fig. 31—34 ; 4 u.3). Vorn zwischen ‚den beiden Hemisphären sind die Thalami auf kleine, flache und über- hängende Lippen reducirt, welche mit ihrem vorderen Umfange über der Commissura anterior in den Plexus chorioideus überführen (Fig. 35). Einer ausführlicheren Darstellung bedarf- der von Jon. MüLzer als hintere Lippe des schnabelförmigen Fortsatzes (vgl. d. An- merk. p. 226) bezeichnete Hirntheil. Derselbe wurde bislang stets als ein unpaares, medianes Gebilde angeseben;; dies trifft jedoch nicht zu, die genauere Untersuchung hat vielmehr gezeigt, dass er das mächtig entfaltete Tuberculum intermedium (Gortscar) oder Ganglion habenulae der rechten Körperhälfte darstellt. Das linke Gan- glion habenulae ist sehr viel kleiner, aber immerhin noch groß genug, um — wenigstens bei Petromyzon fluviatilis und P. marinus -— mit der Lupe erkennbar zu sein. Man findet es nach Entfernung des Plexus 228 Friedrich Ahlborn, chorioideus hinten in dem linken Spaltenstrahle des dreitheiligen »Hirn- schlitzes« zwischen dem großen rechtsseitigen Ganglion und dem Lippen- rande des linken Thalamus opticus in Gestalt eines-winzigen, kegel- förmigen Zäpfchens, welches vorn oben in eine feine Spitze ausgezogen ist, und dessen hintere und obere Ränder gleichmäßig in die angrenzen- den Hirntheile übergehen (Fig. 1, 3, 5 u. 7). Nimmt nun aber schon eine so bedeutende Asymmetrie gegenüber liegender Hirntheile ein großes Interesse in Anspruch, so muss dies in noch höherem Maße der Fall sein, wenn man die sehr ungleiche Form- gestaltung der beiden Antimeren berücksichtigt, welche ich mit Hilfe der Schnittmethode für alle Petromyzonten habe konstatiren können. Es wurde schon bemerkt, dass die Tubercula intermedia als lokale Wandverdickungen der hinterer Zwischenhirndecke aufzufassen sind. Mit ihrer hinteren, gegen den Ill. Ventrikel vorspringenden Ober- fläche grenzen sie nicht direkt an die Commissura posterior, sondern lassen hier einen entsprechend geformten dünnwandigen Zwischen- raum, den Recessus infrapinealis (Fig. 41, 43, A%4 Rp). In der Richtung der Querachse sind die Tubercula intermedia unter sich (Comm. tenuissima Fig. 38 C.t) und mit den Thalami optici verknüpft; aber diese Verknüpfung ist nur hinten unter der nach außen vorge- wölbten Oberfläche eine unmittelbare, vorn und gegen den Recessus infrapinealis sind die Theile durch tiefe keilförmige Spalten von einander getrennt, welche nur an der Außenseite durch Plexusepithel überbrückt werden (Fig. 28, 30 u. 31). Das große rechtsseitige Ganglion habenulae beginnt vor dem Recessus infrapinealis als eine starke und solide Hirnmasse, | welche in dem Maße, als sie nach vorn an Mächtigkeit zunimmt, über das Niveau der Commissura posterior und der oberen Thalamusränder emporgedrängt wird, da ihr die letzteren ein weiteres Vordringen gegen | den Hirnhohlraum nicht gestatten. Die dorsale, freie Oberfläche ist da- I; her nach hinten herausgewölbt und erscheint so als die Rückseite des IH »schnabelförmigen Fortsatzes«. Der vordere Theil des Ganglion bildet einen breiten, gerundeten Wulst, der gegen die Hirnhöhle vortritt und in Verbindung mit den oberen Rändern des Thalamus opticus das Bild | des »dreitheiligen Spaltes« erzeugt, wie es Jon. MüLzzr beschrieben hat. — Im Allgemeinen erscheint somit das rechte Tuberculum & intermedium als ein allseits abgerundeter und unge- I: gliederter Hirntheil. | Ganz anders verhält sich dagegen das kleine, linksseitige I Ganglionhabenulae. Dasselbe nimmtseinen Anfang auf gleicher Höhe | 4 mit dem rechten vor dem Recessus infrapinealis, ist aber schon hier sehr | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 2329 viel kleiner, als dieses. Bei Petromyzon Planeri zeigte es zunächst die Form einer schmalen und kurzen, nach innen vortretenden Leiste, welche, nach vorn ein wenig größer werdend, durch das rechte Tuber- culum ganz zur Seite gedrängt wurde (Fig. 28, 29). Die dadurch ver- ursachte asymmetrische Wölbung der Hirnoberfläche (Fig. 29) wurde kurz davor durch eine nun rasch zunehmende starke Entwicklung des linken Ganglion ausgeglichen, ohne dass dadurch jedoch eine wenn auch nur annähernde lokale Symmetrie der Antimeren erreicht wäre (Fig. 30). An dieser Stelle waren die beiden Tubercula mit einander und mit dem Thalamus opticus eng verbunden. Vorn ist das linke Ganglion habenulae wieder aus dieser festen Verbindung gelöst und bildet so das kleine Zäpfchen, welches man nach Entfernung des Plexus mit der Lupe, bei P. marinus (Fig. 7) schon makroskopisch, sehen kann. Schwerer zu erkennen, aber in hohem Grade merkwürdig ist nun, dass das linke Tuberculum inter- _ medium nicht mit diesem Zäpfchen endigt, sondern noch weitere Theile umfasst, die am rechten Tuberculum nicht in analoger Bildung vorhan- den sind. Es lässt sich nämlich durch Schnitte stets konstatiren, dass aus der vorderen Spitze des Zäpfchens eine mehr oder weniger lange fadenförmige Verlängerung hervorgeht, welche an der Innen- fläche des Plexus chorioideus nach vorn zieht, und sich an ihrem vor- deren Ende zu einem flachen, rundlichen Polster erweitert (Fig. 5; 44). Diese polsterartige terminale Anschwellung des linken Ganglion habe- nulae liegt oben in der vorderen Spitze der häutigen Zwischenhirndecke, sie ist mit der darüber ausgebreiteten Epiphysis eng verwachsen und dient derselben als nächste Unterlage; man kann sie daher auch als »Zirbelpolster« im engsten Sinne bezeichnen. Es lassen sich hiernach am linken Ganglion habenulae der Petro- _ myzonten drei Abschnitte bestimmt unterscheiden : 4) der zapfenförmige Haupttheil (Zäpfchen), welcher die Verbin- dung mit dem rechten Ganglion und dem Thalamus vermittelt und hin- ten in Form eines leistenförmigen Stieles endigt; 2) die (elastische) fadenförmige Verlängerung; 3) das vordere Terminalpolster (Zirbelpolster s. str.). Der hintere »leistenförmige Stiel« des Haupttheils scheint nicht bei allen Individuen in der Weise ausgebildet zu sein wie bei dem, wel- ches die Präparate zu den Figuren 8—36 geliefert hat. Zuweilen finde ich das Zäpfchen hinten mehr abgerundet, aber dann auch oft an seiner ventralen Oberfläche einzelne unregelmäßige Prominenzen, .die übrigens histologisch durchaus mit dem Haupttheil selbst übereinstimmen. Die »fadenförmige Verlängerung« weicht histologisch in so fern vom ud 930 Friedrich Ahlborn, Zäpfchen ab, als sie — wie im H. Theil dieser Arbeit näher gezeigt werden soll — fast nur aus Fasern besteht, während dort eben so wie im Polster zellige Elemente vorherrschen. Nach der-Größe der Thiere zeigt der Faden eine verschiedene Entwicklung, indem er bei älteren Thieren verhältnismäßig länger und dünner ist, als bei jüngeren. Bei ganz jungen Ammocoeten ist dieser fadenförmige Theil überhaupt noch nicht ausgebildet. Hier liegt die polsterförmige Terminalanschwel- lung noch unmittelbar am Haupitheil (Fig. 43 und 41), beide sind jedoch durch einen tiefen, von unten nach vorn und oben eingreifenden Ein- schnitt von einander getrennt bis auf einen schmalen Isthmus; und dieser Isthmus erhält erst im Laufe der späteren Entwicklung die Ge- stalt des fadenförmigen Fortsatzes. | Auf das eigentliche »Zirbelpolster« und die Art seiner Verknüpfung mit der Epiphyse werde ich im Il. Theil näher einzugehen haben ; eben so wird dort näher auszuführen sein, wie sich die Asymmetrie der Tubercula intermedia durch die Mevnerr’'schen Bündel nach rückwärts bis in die Oblongatabasis fortsetzt und wie sie dort ihr Ende findet. | Die Epiphysis cerebri. Die Epiphyse ist in der Litteratur verschiedentlich erwähnt worden, ohne dass sie jedoch bisher eine genauere Untersuchung erfahren hätte. SERRES (l.c. 27) sagt über sie: »Chez la lamproie de riviere, elle est immediatement addossee a la partie posterieure des h&mispheres cere- | braux audessous desquels on distingue ses p@doncules, et leur implan- tation sur la couche optique.« — ScHLemm und D’ALton (l. c. 26) haben diese Mittheilung von SErRES kurz rekapitulirt. — Bei JoHAnnes MÜLLER (I. c. 17) finde ich merkwürdigerweise die Epiphyse gar nicht wieder erwähnt, doch beschreibt er gelegentlich der Darstellung der Hirnhüllen | »ein hartes, rundes, plattes Scheibehen«, welches über der Spalie des IT. Ventrikels in der zweiten, lockeren Hirnhaut (vgl. p. 287) gelegen sei. | LANGERHANS (l. c. 13) hat die Epiphyse nicht berücksichtigt. — WILHELM | Mürzer (l. c. 18) berichtet kurz: ».... in der herzförmigen Ausbuch- | tung (nämlich der dünnwandigen Zwischenhirndecke) lag die dunkel N pigmentirte Epiphysis.« — Ohne Zweifel hat er sie auf Schnitten und bei durchfallendem Licht gesehen, denn die Epiphyse ist nicht | dunkel, sondern schneeweiß pigmentirt, aber dieses weiße Pigment ist IH: vollkommen undurchsichtig und erscheint daher bei durchfallendem | Licht dunkel. — Zuletzt hat sich Wıepersuem (l. c. 31) über die Epi- | physe so ausgelassen: »Der so gebildete häutige Kegel (Zwischenhirn- | decke) ist von oben her durch eine weiße, kuchenartige Masse | Ein Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 231 oder Scheibe abgeschlossen, und in diesem in die Dura mater einge- betieten Gebilde erblicke ich die primitive Zirbeldrüse, während die unterliegenden Theile nur als Reste einer solchen aufzufassen sind.« — Carrie (l. cc. 4), der zuletzt über die Epiphyse der Fische gearbeitet hat, ist auf die Petromyzonten noch nicht näher eingegangen und hat sich darauf beschränkt, WıEnersHeim’s Angaben zu citiren. Über die Entwicklungsgeschichte! erfahren wir durch Scott (l.c. 25) Folgendes: »Ungefähr am 17. Tage sendet das Vorder- hirn von seiner oberen Wand eine Ausstülpung ab. Diese ist die Anlage der Epiphysis, welche ganz auf dieselbe Weise wie bei den Sela- chiern gebildet wird.« Hiernach ist die Epiphyse entstanden durch eine handschuhfinger- formige Ausstülpung am hinteren Theile des primitiven Zwischenhirn- daches, vor der Commissura posterior und hinter dem Ganglion _ habenulae. Dieses thatsächliche Verhalten, in welchem die Petromyzonten nicht nur mit den Selachiern, sondern auch mit allen übrigen höheren Verte- braten übereinstimmen, habe ich in letzter Zeit durch Untersuchung junger Larvenstadien mit großer Sicherheit bestätigen können. Zwar war der Ausgangsort der Epiphyse am Hirndach bereits sehr eng zu- sammengeschnürt, so dass die Kommunikation des Epiphysenhohlraumes | 1 Nach dem Abschluss dieser Untersuchungen finde ich in A. Dourn’s soeben erschienenen » Studien zur Urgeschichte des Wirbelthierkörpers« (Mittheilungen aus | der zool. Station zu Neapel, IV. Bd., A. Heft) eine Reihe von Figuren, in welchen die ersten Entwicklungsstadien der Epiphyse (die sich bei Scott nicht finden) neben- " bei mit abgebildet sind, ohne dass im Text eine nähere Angabe dazu gemacht wäre. | Aus den Figuren 5—8 der Taf. XVIII lässt sich aber das Folgende entnehmen: »Am | 6. Tage nach dem Ausschlüpfen des Thieres ist die Epiphyse eine breite, vorn abge- | plaitete und nach hinten zurückgewölbte Ausstülpung im hinteren Theile des ' Zwischenhirndaches, welche das Mittelhirn vorn begrenzt. Die Mündung der Aus- | stülpung gegen die Hirnhöhle ist in diesem Stadium noch sehr weit und geräumig, und wird hinten begrenzt durch eine breite, gedrungene Falte der Hirnwand, aus weicher später die Commissura posterior gebildet werden wird, die vordere be- grenzende Falte ist viel kleiner und tritt kaum deutlich gegen die Höhle vor, so dass hier die Oberfläche der Epiphyse fast gleichmäßig in das vordere Zwischenhirndach - übergeht: ihrer Lage nach entspricht diese Falte dem späteren Gangiion habenulae. — | Am 7. Tage ist das Lumen des Epiphysenbläschens abgeschnürt, und nur eine feine | Spalte zwischen den dicht vor einander gerückten Falten deutet seine ursprüngliche Kommunikation mit der Hirnhöhle an. — Am 14. Tage sind die Basaltheile der Epi- | physe bereits zu einem kurzer, nach vorn gerichteten Stiele ausgezogen, welcher die erste Anlage des späteren proximalen Epiphysenfadens darstellt. Die Abschnü- Tung des späteren zweiten oder unteren Epiphysenbläschens von dem ursprüng- lichen, oberen, ist in diesem Stadium noch nicht erfolgt und muss daher als eine spätere Bildung angesehen werden. | ‚| j " 232 Friedrich Ahlborn, mit dem des Recessus infrapinealis gänzlich obliterirt war, aber der direkte Zusammenhang des proximaien Theils der Epiphyse mit der Hirndecke vor der Commissura posterior blieb doch unzweifelhaft er- kennbar (Fig. 43). Ganz anders ist dieses bei den erwachsenen Petromyzonten; hier ist die basale Proximalpartie bis zur Unkenntlichkeit redueirt, und statt dessen hat der am meisten distale Theil der Glandula pinea- lis eine sekundäre Verschmelzung mit dem Terminalpolster des linken Ganglion habenulae erfahren, wodurch denn das Vorhandensein eines ursprünglichen, genetischen Zusammenhanges der Epiphyse mit dem vorderen Zwischenhirndach täuschend simulirt wird (Fig. 44). Da ich nun Anfangs nur erwachsene Formen unlersucht habe, so wurde ich selbst damals verleitet, das distale Ende der Epiphyse als proximales zu betrachten und umgekehrt, wie es leider auch in der vorläufigen Mit- theilung über diese Arbeit geschehen ist. Man kann an der Epiphyse der Petromyzonten drei gut von ein- ander abgegrenzte Theile unterscheiden: einen hinteren fadenför- migen Stiel und zwei vordere, übereinanderliegendeBläs- chen (Fig. 2 und 44). Die letzteren bilden die »weiße, kuchenartige Masse«, in welcher WIEDERSHEIM die primitive Zirbeldrüse erblickt, und liegen über der Spitze des schnabelförmigen Zwischenhirndaches. Der fadenförmige Stiel ist dem Boden des oberen Bläschens angeheftet; er entspricht dem proximalen und medialen Theile der Epiphyse der Selachier und Amphibien, hat aber nicht wie dort eine mediane Lage, .sondern ist hier durch die Asymmetrie der Tubercula intermedia derart zur Seite gedrängt, dass er seiner ganzen Länge nach den Theilen des | linken Ganglion habenulae aufgelagert ist. Ob nun in Wirklichkeit diese | extramediane Lage der Epiphyse erst durch die asymmetrische Entwick- | lung der Tubercula intermedia, also sekundär entstanden ist, oder ob die Epiphyse von Anfang an der linken Hirnhälfte angehört hat, ob sie vielleicht an der linken Seite des primitiven Vorderhirndaches ihren Ur- j sprung genommen und so selbst durch einseitigen Materialverbrauch | Ursache der Asymmetrie der später entstehenden Tubercula intermedia geworden ist: diese Fragen muss ich einer genaueren entwicklungsge- | 1 schichtlichen Untersuchung zur Beantwortung überlassen. — Man kann | | den fadenförmigen Theil der Epiphyse schon bei makroskopischer Prä- paration erkennen als ein weißes haardünnes Fädchen, welches von den | schneeweißen Bläschen aus über die dorsale Fläche der Zwischenhirn- | ni decke nach hinten zieht und — bei Petromyzon fluviatilis — in geringer | Entfernung vor der Commissura posterior ausläuft. Das hintere, proxi- } male Ende ist meist schon bei der Fortnahme des subarachnoidalen Ge-| Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 233 webes von seiner Ansatzstelle über dem Recessus infrapinealis abge- rissen. Der ganze Faden hat aber, wie sich besonders aus Längsschnitten ergiebt, eine ungleiche Obliteration erfahren, d. h. eine sekundäre Um- wandlung von seiner ursprünglich röhrenförmigen Gestalt. Diese Um- wandlung ist am weitesten vorgeschritten in dem proximalen Theile, wo sie auf eine kleinere oder größere Strecke zu einem gänzlichen Schwunde der Wandsubstanz geführt hat, so dass die umhüllenden Piablätter meist vollständig kollabirt sind (Fig. 44). Bei den untersuchten jungen Am- mocoeten ist die Obliteration des proximalen Epiphysentheils noch nicht so weit vorgeschritten, dass der ursprüngliche Zusammenhang mit der Hirndecke unkenntlich geworden wäre (Fig. 43), aber das Fehlen oder Zurücktreten der zelligen Elemente an dieser Stelle kann bereits als Einleitung der späteren totalen Reduktion angesehen werden. — Nach vorn gewinnt der Faden unter fortschreitender Vermehrung seiner Zellen allmählich an Dicke; dann erhält er in geringer Entfernung vor dem oberen Bläschen ein mehr oder weniger deutliches Lumen, welches von unten her in den Hohlraum dieses Bläschens einmündet (Fig. kA, 46), und so wie ein kurzer Recessus des letzteren erscheint. Das obere Bläschen der Epiphyse ist ein zartes, laibförmiges und in dorsoventraler Richtung abgeplattetes Hohlorgan, welches mit seiner dorsalen Fläche dem skelettogenen Schädeldach dicht angelegt ist, aber bei der Präparation stets leicht von diesem abzulösen ist. Die ven- trale Wand des Bläschens ist immer dicker als die dorsale, sie enthält das späterhin näher zu betrachtende blendend weiße Pigment, welches die Epiphyse vor allen anderen Hirntheilen auszeichnet, und besitzt nahe ihrer Mitte oder in der hinteren Hälfte eine schräg nach hinten und unten gerichtete kanalartige Durchbrechung, welche in das Lumen des | medialen, fadenförmigen Theils der Epiphyse überführt (Fig. AA). — " Eine Kommunikation des oberen Bläschens mit dem unteren war in den meisten Fällen nicht mehr nachzuweisen, was vielleicht auf eine sehr frühe # Abschnürung des letzteren schließen lässt. Nur in einem Falle konnte ‚ ich die Verbindung der beiderseitigen Hohlräume mit unzweifelhafter Sicherheit konstatiren, und zwar an einem Petromyzon Planeri. Fig. 47 zeigt einen der entscheidenden Querschnitte durch den vorderen Theil ' der Bläschen, die hier durch einen trichterförmigen Kanal direkt mit , einander kommuniciren; die Wände des oberen Bläschens gehen konti- nuirlich in die des unteren über, und auch das weiße Pigment, das sich sonst nur in dem oberen Bläschen und vorn im fadenförmigen Medial- theil findet, tritt an dieser Stelle theilweise in den Bereich des unteren | Bläschens über. Das untere Bläschen der Epiphyse hat im Allgemeinen die- 234 Friedrich Ahlborn, selben Formen wie das obere, nur ist es viel kleiner als dıeses. Dorsal- wärts legt es sich fest gegen die untere Fläche des oberen Bläschens, während seine hintere, untere Wand mit der polsterförmigen Terminal- anschwellung des linken Ganglion habenulae unzertrennlich verwachsen ist. Der Hohlraum besaß in seinem vorderen Theile ein kurzes, dem III. Ventrikel zu gerichtetes Divertikel (Fig. #4), welches, ogleich es eine totale Durchbrechung der Wand nicht erkennen ließ, doch dazu ange- than war, das Bild eines feinen und ursprünglichen Kommunikations- kanals vorzutäuschen. In Wirklichkeit ist das untere Bläschen — bis auf die einmal beobachtete Kommunikationsöffnung mit dem oberen Bläschen — überall geschlossen. Es ist daher als das distale Theil- stück der Epiphyse anzusehen. Diese Auffassung würde eine geringe Modifikation erfahren müssen, wenn die Angaben GörtE’s (p. 283 und 304) eine allgemeine Bestätigung fänden, dass nämlich die Epiphyse ein »Umbildungsprodukt einer letzten Verbindung des Hirns mit der Oberhaut« sei; dann wäre der am meisten distale Theil der Epiphyse derjenige, welcher am nächsten unter der Oberfläche läge, also das obere Bläschen, und das untere wäre dann als ein accessorischer An- hang des oberen zu betrachten. Auch hierüber kann nur eine ausführlichere entwicklungsgeschicht- liche Untersuchung besseres Licht verbreiten. Zum Schluss habe ich noch auf eine Angabe von Stanntus (l. c. 28) kurz einzugehen, die ich weiter oben absichtlich nicht angeführt habe. Stannıus sagt auf p. 128 in einer Anmerkung: »Die Epiphyse (der ° Petromyzonten) erscheint oft als ein rundes, weißliches, aus Molekular- körnern bestehendes, sackförmiges Gebilde hoch aufwärts in der Schädel- höhle und bisweilen in Kommunikation mit einer gallert- | artigen, hinter dem Geruchsorgan gelegenen Masse, welche oberflächlich nur von der Haut bedeckt ist. — | Der letzte Satz ist von besonderem Interesse, denn er lässt das Vorhan- | densein eines extracraniellen Epiphysentheils wahrscheinlich erscheinen, ein Verhalten, welches, bestätigt, ein neues Verwandtschaftsdokument zwischen Petromyzonten und anuren Amphibien bilden würde, da bei den letzteren durch GörTE nachgewiesen ist, dass ein distaler Theil der N) Epiphyse (Stirndrüse [Srırna]) außerhalb der Schädelkapsel liegt. — Leider bieten aber die von mir untersuchten Petromyzonten gar keinen | Anbalt für die Angabe von Srannıus. Das obere Bläschen der Epiphyse | ist dorsalwärts stets bestimmt abgeschlossen, und die knorplige Schädel- | wand zeigt an dieser Stelle keine Andeutung einer Durchbrechung, | durch welche die Epiphyse nach außen hin kommunieciren könnte. | Allerdings liegt an der von Stannıus bezeichneten Stelle hinter dem Ge- | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 235 ruchsorgan eine »gallertige Masse«, welche oberflächlich nur vom Inte- gument bedeckt ist, aber das Gewebe dieser Masse hat mit dem der Epiphyse gar nichts gemein, denn es besteht nur aus lockeren, binde- gewebigen Elementen — elastische, durch einander geflochtene Fasern mit zwischengelagerten Zellkernen —, welche mit denen der Schädel- wand übereinstimmen und aus letzterer hervorzugehen scheinen. Die gallertige Masse, welche Stannıus sah, ist also nur als eine lokale, ge- ringe Modifikation des Gewebes der skelettogenen Schädelkapsel an- zusehen; ein extracranieller Epiphysentheil ist bei den untersuchten Petromyzonten nicht vorhanden, und es kann daher von einer »Kommunikation« der (intracraniellen) Epiphyse nach außen nicht die Rede sein. Hohlraum des Zwischenhirns. — Etwa an der Grenze zwischen Mittelhirn und Zwischenhira findet sich an der inneren Ober- fläche der seitlichen Hirnwand eine flache, wallförmige, asymmetrische Erhebung, welche an der Verbindungsstelle der Tubercula intermedia mit dem Thalamus opticus beginnt und sich in der Richtung nach der Haubenregion allmählich ausgleicht. Diese Erhebungen werden durch die aus den asymmetrischen Tuberc. intermed. hervorgehenden MEYNERT- schen Bündel! verursacht und tragen daher auch die Asymmetrie 1 Pau MAYvSsER (l.c. 14, p. 274) hat die MEYnerT'Schen Bündel wegen ihres konstanten Lagerungsverhältnisses zur vorderen Mittelhirngrenze geradezu als Grenz- ‘ marke zwischen Mittelhirn und Zwischenhirn angenommen und will»im Allge- meinen zum Mittelhirn rechnen, was dorsal, zum Zwischenhirn, was ventral von der Verlaufsebene des Mevnerr'schen Bündels liegt«. Die MEYNERT- schen Bündel bilden in der That ein sehr vorzügliches Orientirungsmitte!, und man kann rach ihrer Lage im Ganzen und Großen erkennen, was zum Mittelhirn und was zum Zwischenhire gehört; allein sie selbst oder ihre Verlaufsebene als Grenze anzunehmen, wenn auch nur im Allgemeinen, halte ich für bedenklich, wenn ich auch der vorderen Mitlelhirngrenze überhaupt nur eine untergeordnete Bedeutung zuschreiben kann. Meines Erachtens muss man bei Feststellung der Hirngrenzen ' stets und in erster Linie die Punkte hervorheben, welche übereinstimmend durch Entwicklungsgeschichte und vergleichende Anatomie als Grenzpunkte sicher er- kannt sind, nämlich dorsal die Commissura posterior und der Recessus infrapinea- lis (hierzu vgl. Euters, »Die Epiphyse am Gehirn der Plagiostomen.« Diese Zeitschr. Bd. XXX. Supplementbd.), und ventral die Haubeneinschnürung. Das , Meynerr’sche Bündel entsteht aber im Ganglion habenulae und endet im Ganglion interpedunculare, ist also ein Band zwischen Oblongata und Zwischenbirn, welches . , zu jenen beiden Grenzpunkten in keiner absehbaren inneren Beziehung steht, son- dern die zwischen beiden Punkten ausgespannt gedachte Grenzfläche unter einem ) Winkel schneiden muss. Das gewichtigste Argument gegen die Grenze der MEYNERT- schen Bündel bleibt aber, dass sie den Recessus infrapinealis mit der Epiphyse dem Mittelhirn zutheilt, obgleich alle Autoren — und auch P. Mayser selbst — diese Theile mit vollem Recht dem Zwischenhirn zurechnen. Will man daher die Ver- 236 Friedrich Ahlborn, dieser Bündel zur Schau, d. h. die rechte ist viel mächtiger entwickelt und gleicht sich später aus, als die linke (Fig. 29, 28, 27). Hinter den Mevnerr’schen Bündeln führt der Aditus ad ventriculum tertium (vgl. p- 215) oben in den Recessus infrapinealis (vgl. p. 228) über, die rudimentäre Ausgangsstelle der Epiphyse. Vor den Tubereulis inter- mediis erweitert sich der II. Ventrikel durch den dreitheiligsen Spalt des »schnabelförmigen Fortsatzes« zu einem dorsalen Lumen, welches wir mit der näheren Formbeschreibung der umgrenzenden Hirntheile (Tuberc. intermed., Thalam. optic. und Plexus chorioid.) bereits kennen gelernt haben. An der Basis erweitert sich der III. Ventrikel zu den Hohlräumen des Lobus inferior und des Saccus infundibuli in der Weise, wie es die Figuren 27—32 in den Einzelheiten darthun und wie es a. a. O. näher beschrieben wurde. Vorderhirn (sekundäres Vorderhirn). Das Vorderhirn bildet mit seinem unpaaren Theile den vorderen Abschluss des Medullarrohres, während die paarigen Massen der He- misphären und Lobi olfactorii als mächtige Anhänge desselben er- scheinen. Das wichtigste Organ des unpaaren Theiles ist die Lamina terminalis. Sie ist eine schmale und dünne Markplatte, welche sich kurz vor dem Chiasma nervi optici aus der Hirnbasis erhebt, mit schwacher Wölhung zwischen die beiden Lobi olfactorii gelangt, um hier, kurz nach hinten umbiegend mit einem etwas verdickten Quer- balken zu endigen. Dieser Querbalken wurde bereits wiederholt als vordere dorsale Zwischenhirngrenze erwähnt und als Commissura anterior bezeichnet; es ist das Homologon der Commissuraiinter- lobularis, welche z. B. Srıepa (l. c. 29) von den Knochenfischen er- wähnt. Sie ist eine reine und echte Kommissur der beiden Hemisphären. An die Lamina terminalis schließen sich diejenigen seitlichen Hirn- theile, welche die Fortsetzung der Thalami optici bilden und dem Cor- pusstriatum der menschlichen Anatomie gleich zu achten sind. Aus dem Corpus striatum entspringt jederseits der mächtige, un- regelmäßig birnförmige Hirnkomplex (Fig. 1—7; 34—36), in welchem das Petromyzontengehirn seine größte Breitenausdehnung erreicht. Eine flache, von hinten und außen nach vorn und innen verlaufende Ober- flächeneinsenkung theilt diesen Komplex in einen größeren und breiteren vorderen Abschnitt, den Lobus olfactorius, und einen kleineren, hinteren, welcher den Hemisphären der übrigen Vertebraten ent- laufsebene der Meynerr'schen Bündel als Grenze hinstellen, so muss man dabei immer hinzufügen: so weit sie mit der durch die Embryologie und vergleichende Anatomie festgestellten Grenze zusammenfällt. Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 2337 spricht. Beide sind außerdem durch eine ungleiche Oberflächenbe- schaffenheit ausgezeichnet. Während nämlich die Außenseite der He- misphären glatt ist, wie die der übrigen dickwandigen Hirntheile, sind die Lobi olfactorii der erwachsenen Petromyzonten mit kleinen, runz- lichen Prominenzen bedeckt, welche — wie wir später sehen werden — “ durch die peripherische Lage der Glomeruli nervi olfact. verursacht werden. Der Nervus olfactorius tritt vorn, am medialen Rande des Lobus olfact. mit breiter Basis aus dem Hirn, um gleich darauf in die davorliegende Nasenkapsel einzudringen und sich aufzulösen (Fig. 1, 3, 8—7; 37, 39). | Der Hohlraum des Vorderhirns ist in dem unpaaren Theile eine gleichförmige Fortsetzung des Ill. Ventrikels und kann hier nach Srıepa als Ventriculuscommunisloborum anteriorum (Fig. 3 ‚u. 37) bezeichnet werden. An der Basis, zwischen Lamina terminalis und Commissura transversa resp. Chiasma optiei bildet er einen nach den Seiten vorgezogenen Recessus, den ich wegen seiner Lage einen ' Recessus chiasmaticus nennen möchte (Fig. 3, 34, 35, 4A). _ WirseLm MÜLLER (l.c. 18) hat ihn allerdings in seiner Figurenbezeichnung bereits als Trigonum cinereum benannt, allein in dem Text seiner ‚ Arbeit versteht er unter diesem Namen außerdem noch einen nicht näher abgegrenzten Theil der binter dem Chiasma (Commissura transversa ' Halleri) liegenden Zwischenhirnbasis, was mich veranlasst, für den zum ' Vorderhirn gehörenden Recessus eine eigene und schon von anderer Seite in Anwendung gebrachte Bezeichnung zu wählen. Als Trigonum oder Tuber cinereum darf man aber meiner Meinung nach nur einen ' vordersten Theil der Zwischenhirnbasis bezeichnen, der unmittelbar ' hinter dem Chiasma liegt. Bei Petromyzon liegt hierzu kein Grund vor, ) weil man keine Grenzen für einen solchen Hirntheil anzugeben im Stande ist. | Unterhalb der Commissura interlobularis geht der Ventriculus com- munis durch eine geräumige, rundliche Seitenöffnung, Foramen Monroi in die Seitenventrikel über (Fig. 3). Lancernans (l. c. 13) hat zuerst das Vorhandensein echter Seitenventrikel bei den Petromy- f| zonten nachgewiesen, und ich kann nur seine Angaben darüber be- stätigen. Vom Foramen Monroi dringt ein kurzer aber weiter Kanal etwa ' bis in die Mitte der paarigen Seitenkörper vor; hier gabelt er sich und N endet so mit einem kurzen, flaschenförmigen Blindsack in den Hemi- ', sphären und mit einem etwas größeren, nach vorn gerichteten Ventrikel 4 im Lobus olfactorius (Fig. 3 u. 37). 233 Friedrich Ahlborn, II. Theil. Über den inneren Bau des Centralorgans des Nervensystems. Bevor wir in die genauere mikroskopische Betrachtung des Gegen- standes eintreten, halte ich es für angebracht, zunächst einen allgemeinen orientirenden Überblick über die Lage der wichtigsten Organe der Hirnbasis zu geben, um dadurch für ein leichteres Verständnis der nachfolgenden Darstellungen vorzubereiten. Auf horizontalen Längssschnitten durch die tieferen Schichten der Basis eines Petromyzontenhirns erblickt man schon bei schwacher Ver- größerung in der Mediane drei Punkte, die sich durch die Konstanz ihrer Entfernung von einander besonders auszeichnen. Diese Punkte sind: vorn der hintereRand des Ghiasma tract. oplic., inder mittleren Oblongata, dieKreuzung der Mürzer’schen Fasern, und genau in der Mitte zwischen beiden das Chiasma des Oculomo- torius. Die Entfernung vom Chiasma optici zum CGhiasma oculomot. ist also dieselbe, wie von hier zur Kreuzung der Mürrer’schen Fasern. Dieses Verhältnis habe ich in nebenstehender Figur als Ausgangspunkt zu einer genaueren Ortsbestimmung einer Reihe charakteristischer Punkte des Gehirns zu verwerthen gesucht. Die rein schematisch ge- haltene Zeichnung giebt das Bild eines jener horizontalen Längsschnitte durch die Hirnbasis mit den drei eben bezeichneten festen Punkten, die in der Mediane durch eine gerade Linie mit einander verhunden sind. Auf dieser Linie theile ich den Abstand zwischen Chiasma n. optieci und Chiasma n. oculomotorii in 10 gleiche Theile und setze diese Theilung rückwärts fort über die ganze Länge der Mittellinie bis ins Rücken- mark. Damit ist im Innern des Gehirns ein fester Maßstab gewonnen, mit dessen Hilfe man nun leicht und sicher die Lage der Querschnitts- ebenen bestimmen kann, in welchen die einzelnen uns interessirenden Punkte des Gehirns zu finden sind. Die Letzteren, besonders die Aus- trittsstellen der Nerven sind unter Benutzung einer lückenlosen Quer- | schnitiserie als Horizontalprojektionen auf die Ebene des Längsschnittes in die Figur eingetragen. Wählt man nun etwa die Entfernung von einem Zehntel des konstanten Abstandes zwischen Chiasma n. optici und | Chiasma n. oculomot. als relative Maßeinheit — »\«, und verfolgt die ' nach solchen Einheiten getheilie Mittellinie nach rückwärts, indem man den hinteren Rand des CGhiasma n. optici zum Ausgangspunkt nimmt, N so erhält man für die Querschnittsebenen der einzelnen Punkte die ' folgenden Abstände vom Chiasma optici: | 239 MB.r — CZ 70. (NZ) ———Hhn B:ieh. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie XXXIX. Bd. 46 240 Friedrich Ahlborn, Austritt des N. oculomot. — 58,8. Chiasma N. oculombot. — 10,01. Austritt des N. V. u. Vl. — 12,0—13,01. Austritt des N. VII. u. VII. — 14,2—16,21. 17,k u. 17,81 un “ _W. Ben ’ ne Austritt der Acust.-Vag.-Wurzeln | 18,2 u. 18,81. Kreuzung der MüLzer’schen Fasern — 20,08 Austritt der dorsalen Vagus-Wurzeln \ aus dem oberen lateralen Ganglion f Dr, Austritt der motor. Vag.-Wurzel — 24,0—24,5 1. Austritt des Hypoglossus — 25,8—27,31. Austritt des sensibl. — 281. I. Spinalnerven Austritt des motor. — 28,6—30,01. | Austritt des sensibl. II. Sp.-N. 31,71. etc. etc. Durch diese Zahlen ist die Lage einer größeren Anzahl von festen Punkten bestimmt, an welche die späteren Darstellungen anknüpfen können, und wir sind hier einer weitläufigen Beschreibung überhoben, die doch nur zu weniger genauen Vorstellungen führen könnte, Das Rückenmark der Petromyzonten ist in seinen histologischen Einzelheiten wiederholt Gegenstand ausführlicher Untersuchungen gewesen, deren Resultate in | den z. Th. erschöpfenden Darstellungen von OwsJanNIkKoW, VIRCHOW, STILLING, REISSNER, KuTscHin und LAngErHans niedergelegt sind. | Der platt bandförmigen Gestalt des Rückenmarks entsprechend | bildet die graue Substanz, welche sich dem Epithel des Central- | kanals anschließt, eine breite, an den Rändern etwas ventralwärts ge- | krümmte Platte, an welcher die Bildung von oberen und unteren Hörnern, | wie wir sie bei den höheren Wirbelthieren kennen, nicht eingetreten ist. | Reissxer (l. c. 21a), dem wir eine sehr genaue Beschreibung dieser | Verhältnisse verdanken, unterscheidet in der grauen Substanz des | Rückenmarks drei Arten nervöser Zellen: 4) »die mittleren großen | Zellen«, die am oberen Rande der grauen Substanz jederseits neben | der Mediane liegen (eine oder zwei auf jedem Querschnitt); 2) »die | äußeren großen Zellen« auf den Flügeln der grauen Substanz; | und 3) »kleinere Nervenzellen«, welche in dem Raume zwischen | den genannten Zellgruppen in größerer Anzahl vorhanden sind. — Über | die Bedeutung dieser Zellen und ihr Verhältnis zu den austretenden | Wurzeln der Spinalnerven gehen die Ansichten aus einander. Was zu- | | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 241 | nächst die mittleren oder inneren großen Zellen betrifft, so sagt _ Srurzing über sie: »die grauen Hinterhörner sind gewissermaßen nur durch diese Nervenzellen bei Petromyzon repräsentirt«.. — Reissner, der diese Stelle von SrırLine citirt, fügt hinzu, dass ihm für diese An- sicht nicht hinreichende Gründe vorzuliegen schienen, da er nur höchst selten kurze Fortsätze an den Zellen beobachtet hatte, die entweder »wagerecht nach außen« oder »senkrecht nach oben« (also nicht auf die dazwischen liegende Austritisstelle der sensiblen Nervenwurzel) ge- richtet waren, und weil somit ein Zusammenhang der inneren großen Zellen mit den sensiblen Nerven wurzeln nicht nachgewiesen oder wahr- ‚scheinlich gemacht war. Dagegen hält es Rrıssner nach seinen eignen Beobachtungen für höchst wahrscheinlich, dass nicht von den mittleren großen Zellen, sondern nur von den oben genannten kleineren Nervenzellen Fasern zu den oberen Wurzeln ausgehen, und dass STtiLLing diese Zellen ganz übersehen hat. LANnGERHANs widmet dem Rückenmark nur eine kurze Betrachtung und schließt sich im Wesentlichen den Ansichten SrırLıng’s an. Die inneren großen Zellen vergleicht er der von Stıepa beschriebenen ein- ‚fachen Reihe größerer Zellen bei Amphioxus und fährt dann fort: »Sie | -entsenden eine größere Anzahl von Ausläufern, und darunter nach ‚ Reıssner’s Beobachtungen solche, welche in die Bahn der oberen | Wurzeln einlenken. Dies Verhältnis, welches ich ebenfalls beobachtet | habe, lässt die alte Bezeichnung Srırrıng’s, welcher diese großen Zellen ‚als Hinterhörner ansieht, sehr gerechtfertigt erscheinen.« — Hierin nun | glaube ich, irrte LAngernans, wenn er als Stütze für seine und STILLING's Deutung der mittleren großen Zellen die Beobachtungen Reıssner’s hin- stellte, welche diesem überaus sorgfältigen und gewissenhaften Forscher selbst, wie mir scheint, gerade für die gegentheilige Ansicht bestimmend gewesen sind. Wenn dagegen LANGERHANS, wie er berichtet, selbst be- " obachtet hat, dass in der That Fasern der fraglichen Zellen in die Bahn der oberen Wurzeln einlenken, so mag er vielleicht berechtigt sein, die Zellen als solche der oberen Hörner anzusehen, nicht aber geradezu als die oberen Hörner schlechthin, denn diese müssten konsequenter Weise | auch jene kleineren Nervenzellen mit umfassen, von denen REIssNER m hängen. \ Nach LAngErnHaAns hat FreunD (l.c. 6a) den Nachweis geführt, dass bei | Ammocoetes Fortsätze der großen inneren Zellen sich bis in den aus- ''iretenden Nerven hinein erstrecken und als hintere Wurzelfasern das zweifeln wird, scheint nun eine glänzende Bestätigung der von LANGERHANS 16* 242 Friedrich Ahlborn, Einlenken der Zeilfortsätze in die Bahn der oberen Wurzel erschloss, ist hier thatsächlich gegeben. Allein wenn ich die Freunv’schen Zeichnun- gen mit meinen Präparaten und der Fig. 48 vergleiche, so kann ich ein 'E Bedenken gegen Freunn nicht unterdrücken, dass nämlich die in Rede | r stehenden Zellen, die er kurz als Hinterzellen bezeichnet, vielleicht gar | “ nicht identisch sind mit den »großen inneren Zellen « Reıssner’s, die doch \ bei dem erwachsenen Petromyzon Planeri dicht neben der Mediane liegen. 2 Die Freunp’schen »Hinterzellen« von Ammocoetes, deren Zusammen- hang mit den dorsalen Nervenwurzeln in Frrunv's Fig. 4 und 2 darge- stellt ist, liegen außerhalb des Bereichs, in welchem wir bei dem erwachsenen Petromyzon die »großen mittleren Zellen« Reissner’s an-" treffen und stimmen auch hinsichtlich der Form gar nicht mit diesen” überein. Es ist daher viel wahrscheinlicher, dass die von Frrunn ab-" gebildeten »Hinterzellen« in die Kategorie der von Rkıssner als »klei- | nere Zellen« beschriebenen Organe gehören. In diesem Falle würde” Freunp’s Beobachtung die Angaben bestätigen, welche Reıssner über den ' Ursprung der hinteren Spinalnervenwurzeln gemacht hat, dass nämlich" höchst wahrscheinlich nur von den »kleineren Zellen« Fasern zul den oberen Wurzeln ausgehen; und die Frage über die Bedeutung der) »mittleren großen Zellen« würde wiederum eine offene sein, zumal die) Beobachtung von LAngEruans — wie Freund sehr richtig ausgeführt; hat I — keine sichere Beweiskraft besitzt. — Ich selbst habe die »mittleren) großen Zellen« (an einer größeren Anzahl vorzüglicher Osmiumsäure- 1 Präparate aus dem vorderen Theile des Rückenmarks) wiederholt ein- gehend. betrachtet, ohne jedoch einen Anhalt für die direkte Verbindung! derselben mit den sensiblen Nervenwurzeln finden zu können. Stets erblickte ich auf Sagittalschnitten kurze, starke, nach vorn (nasalwärts) gerichtete Zellfortsätze und eben solche feinere, die sich sehr schnell in” rein dorsoventraler Richtung (nach oben) auflösten; Querschnitte zeigten I" außerdem zuweilen einzelne feine Fortsätze, die eine seitliche Richtung 4 ° verfolgten. Niemals habe ich das Umbiegen eines dieser Fortsätze gegen I die Austrittsstelle der dorsalen Nervenwurzel beobachten können. | gegen glaube ich nicht mehr bezweifeln zu dürfen, dass die dorsaler Zn Nervenwurzeln wenigstens zum Theil thatsächlich ihren Ursprung in den »kleineren Zellen« Reıssner’s nehmen, wenn es mir auch nicht ge 1 lungen ist, einen so augenscheinlichen Zusammenhang zwischen beider zu erkennen, wie ihn Rrıssner und wohl auch Freunp beschrieben haben. Ob nicht trotzdem noch ein anderer Theil der Fasern im Sinne der \ Berroner'schen Ausführungen (vgl. Anm. p. 243) entstanden zu denken ist, bleibt abzuwarten. | —_ Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 243 Die äußeren großen Zellen sind von Reıssner sehr ausführlich und genau beschrieben worden, und ich habe den vorzüglichen Dar- stellungen dieses Autors nichts wesentlich Neues hinzuzufügen. Man ist allgemein geneigt, ihnen die Bedeutung der Vorderhörner zuzuschreiben und die motorischen Wurzelfasern als direkte Fortsätze der Zellen anzu- sehen, allein die darüber vorliegenden Beobachtungen bieten, glaube ich, auch hier keinen sicheren und durchschlagenden Beweis für diese - Annahme. Zwar sagt OwsJannıkow (l. c. 18a) über diese Zellen: » Ab unaque cellula.... una fibra ad partem anteriorem, altera ad posticam porrigitur, quo facto ambae e medulla spinali proveniunt, nervi spinalis radices appellatae; . ... .. praeterea e quavis cellula tertius oritur ramu- lus, qui ad alteram medullae partem transgressus, uni ex cellulis hic positis conjungitur —«, allein nach dem heutigen Stande der Medullar- forschung darf man wohl, ohne zu viel zu sagen, behaupten, dass diese Angabe Owssannıkow’s mehr auf Hypothese als auf thatsächliche Beob- | Attid. R. Accad. d. Lincei. A. 276. 1878, 1879. Roma. Class. d. sc. fis. et math. — Fi Zr m achtungen gestützt gewesen ist. — Nur ein einziges Mal, berichtet REIssner, sei es ihm möglich gewesen einen Zellfortsatz bis über den ‘ unteren Rand des Rückenmarks hinaus, also bis in eine Wurzelfaser zu verfolgen; das sei aber auch das Äußerste, was er über den Zusammen- ‘hang der großen Nervenzellen mit den unteren Spinalnervenwurzeln beobachtet habe. Diese Beobachtung ist bislang, so viel mir bekannt, " nicht wieder gemacht worden und wartet einer neuen Bestätigung, die f ich selbst auszustellen nicht in der Lage bin. Jedenfalls sind die Fälle, wo ein Zellfortsatz direkt als Nervenfaser austritt, sehr selten, und man wird im Allgemeinen einen komplicirteren Übergang zwischen Zelle und Nervenfaser annehmen müssen. Die „kleineren Zellen« der grauen Masse des Rückenmarks sind, wie schon Rrıssner gezeigt hat, an sich heller als die großen Zellen und werden durch Karmin und Osmiumsäure schwächer gefärbt ' als diese (vgl. Reıssner, l. c. 21a, p. 560). Sehr wahrscheinlich geben sie den dorsalen Wurzeln der Spinalnerven den Ursprung. Hierfür \ können — außer den weiter oben angeführten Beobachtungen eines direkten Zusammenhanges zwischen Nerv und Zelle — auch die eigen- 1 thümlichen Färbungsverhältnisse der Zellen als beweisend an- gesehen werden, da diese, so weit ich habe feststellen können, mit - denjenigen übereinstimmen, welche Berroncı! als für die sensiblen N Zellen charakteristisch nachgewiesen hat. 1 BerLoncı, Ricerche intorno all’ intima tessitura del cervello dei Teleostei. ‚Ricerche comparativa sui centri nervosi dei Vertebratei. Atti d. R. Accad. d. Lincei. A. 277. 4879, 4880. 244 Friedrich Ahlborn, Außer den drei besprochenen Zellarten von zweifellos nervöser - Bedeutung findet sich in der grauen Masse noch eine vierte Art von Zellen, die von den früheren Autoren allgemein als bindegewebig an- gesehen sind und die ich, da der Nachweis ihres mesodermalen Ur- sprunges nicht vorliegt, als »nicht nervöse« bezeichnen möchte. Diese Zellen liegen dicht gedrängt in der Umgebung des Centralkanals, beson- ders im dorsalen Umfange desselben, außerdem finden sie sich über die ganze graue Masse in großer Anzahl verbreitet. Ihre Eigenschaften sind von Reıssner (l. c. 21a, p. 561—564) sehr ausführlich beschrie- ben, so dass mir nichts hinzuzufügen bleibt. Sehr auffallend ist ihre große Ähnlichkeit mit den Epithelzellen des Gentralkanals, die sich von ihnen nur durch die oberflächliche Lage unterscheiden. Da nun die dem Epithel zunächst gelegenen Bindegewebskörper oder nicht nervösen Zellen außer dieser Ähnlichkeit in der Gestalt auch noch dieselbe schich- tenweise Lagerung zeigen wie die Epithelzellen, so erhält man auf einem Querschnitt durch das Rückenmark im Umfange des Gentral- kanals das Bild eines mehrschichtigen Epithels, dessen tiefere Schichten allmählich in die graue Masse übergehen. Wie Rerıssner zugesteht, liegt in der That kein triftiger Grund vor, welcher der Annahme eines solchen mehrschichtigen Epithels des Gentralkanals widerspräche. Trotz einer so großen Wahrscheinlichkeit möchte ich jedoch die definitive Entscheidung über diesen Punkt abhängig machen von dem entwick- iungsgeschichtlichen Nachweise, dass alle diese Zellen, die in ihrem anatomischen Verhalten so sehr übereinstimmen, auch wirklich zu- sammengehören und von einer und derselben Kategorie embryonaler Zellen abzuleiten sind. Weiße Substanz. Zur leichteren Orientirung bezeichnet man den dorsalen Streifen der weißen Substanz, welcher seitlich durch die austretenden sensiblen Nervenwurzeln begrenzt wird, als Funiculus dorsalis (posterior) oder Hinterstrang, den ventralen Theil, der zwi- schen den austretenden motorischen Wurzeln liegt, als Funiculus ventralis (anterior) oder Vorderstrang, und die zwischen beiden liegenden Seitentheile als Funiculi laterales oder Seitenstränge. Der Vorderstrang wird in der Mediane durch eine breite Faser- platte halbirt, deren Elemente aus der grauen Substanz hervorgehen und gegen die ventrale Circumferenz des Rückenmarks gerichtet sind. Diese feinen Fasern sind ohne Zweifel als die Fortsätze der zuletzt er- ‚ wähnten kleinen, nicht nervösen Zellen und vielleicht auch der Epithel- zellen des Centralkanals zu betrachten. Die ganz analoge Bildung einer medianen Grenzscheide findet sich auch im Funiculus dorsalis, doch ist sie hier viel schmäler und weniger hervortretend als dort, weil die An- Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 345 zahl der Fibrillen bedeutend geringer ist, als im ventralen Abschnitte des Rückenmarks. — Durch diese beiden Scheidewände ist die weiße Substanz des Rückenmarks in zwei symmetrische Hälften ge- theilt, die unter einander nur durch spärliche, die Mediane über- schreitende nervöse Fasern oder Fortsätze der großen äußeren Zellen kKommuniciren. Reıssner rechnet die mediane Faserplatte des Funiculus ventralis mit zur grauen Substanz, eine Auffassung, der ich nicht beigetreten bin, weil ich den wesentlichen Bestandtheil der grauen Masse, nämlich zellige Elemente, in dem bei Weitem größten Theile der Faserplatte vermisse. — Die dorsale Medianscheide hat Reıssner sehr genau beobachtet und eben so zutreffend dargestellt (a. a. ©. p. 550). LangEr- HANS dagegen zeichnet sie viel zu mächtig und beschreibt sie als einen feinen Zug von Bindegewebe, der einen kernhaltigen, dreieckigen Aufsatz auf dem Centralkanal darstelle und dasselbe bedeute wie die von Srırpa beim Amphioxus beobachteten abortiven Epithelzellen, näm- lich die Narbe der Verwachsung der Primitivrinne. Ich möchte wenig- stens diese Deutung in Zweifel ziehen, da sie bei Petromyzon nicht erwiesen ist und auch nicht ohne Weiteres mit der entwicklungs- geschichtlichen Thatsache zu vereinigen ist, nach welcher das centrale Nervensystem der Neunaugen nicht durch eine Medullarrinne, son- dern durch einen soliden Strang angelegt wird, der erst später — wie bei den Teleostiern — durch Spaltung im Inneren ein Lumen erhält. Der feinere Bau der weißen Substanz zeigt sich am einfachsten im Funiculus dorsalis. Hier sieht man an hinreichend feinen Osmiumsäure-Präparaten ein deutliches, besonders an radial gestellte Fasern geknüpftes Maschenwerk 1, in dessen Knotenpunkten feinere und gröbere Körnchen eingelagert sind. Die radiären Fasern entspringen aus der grauen Substanz und werden nach außen hin immer feiner, i An der dorsalen und ventralen Fläche des Rückenmarks reicht das in Osmiumsäure-Präparaten maschig erscheinende Grundgewebe der weißen Sub- stanz nicht bis an die Pia; meine Präparate zeigen hier vielmehr einen beträcht- lichen Zwischenraum, vor welchem die Maschenfäden, fast plötzlich feiner werdend, auslaufen, ohne die Pia zu berühren. Der Zwischenraum wird von einer grauen, körnigen Masse angefüllt, in welcher man bei genauer Betrachtung zuweilen die Andeutung einer verschwommenen, netzartigen Anordnung der Theile zu erkennen glaubt. Die Bedeutung dieser Masse kann ich nicht angeben; jedenfalls ist sie viel eher für ein Gerinnsel, als für ein charakterisirbares Gewebe anzusehen, und es ist zu untersuchen, wie weit hier etwa Schrumpfungen des Gewebes innerhalb oder außerhalb der Pia mater vorliegen, oder ob auch am frischen Objekt dieselben Bildungen sich vorfinden. 946 Friedrich Ahlborn, während gleichzeitig die Maschen des Netzes weitläufiger werden. Ob die Körner in den Knotenpunkten den Durchschnitten feiner Längsfasern entsprechen, habe ich nicht entscheiden können, da meine Längsschnitte hierüber keinen sicheren Aufschluss geben; doch soll hiermit das Vor- handensein der Längsfasern im Funiculus dorsalis nicht in Frage gestellt werden. Das Gewebe der weißen Substanz im Funiculus ventralis und lateralis hebt sich gegen das eben beschriebene ziemlich deutlich ab und ist leicht davon zu unterscheiden. Zwar liegt auch hier ein radiales Maschenwerk zu Grunde, doch sind die Netze desselben durchschnittlich feiner und nicht so deutlich zu erkennen wie dort. Der Hauptunterschied ist aber der, dass hier die Summe jener charak- teristiischen Längsfasern eingelagert ist, von welchen die größten zu- erst von JoHAnN MÜLLER aufgefunden und dann von OwsJANNIKOW unter dem Namen der »Fibrae Muellerianae« beschrieben worden sind. Zwischen den Müzer’'schen Fasern und den ‚feineren und feinsten Längsfasern der weißen Substanz besteht jedoch kein anderer Unter- schied als der ihrer Größe; dabei sind zwischen den Mürzr’schen Fasern und den feinsten alle denkbaren Übergänge und Abstufungen der Stärke der Fasern vorhanden, wie auch die Mürzer’schen Fasern unter sich be- deutenden Schwankungen des Kalibers unterworfen sind. Es ist hier- nach eigentlich kaum ein genügender Grund vorhanden, die Mürzer’schen Fasern mit diesem besonderen Namen zu belegen; dennoch werde ich die Bezeichnung beibehalten, da sie sich für die Beschreibung mit Vor- theil verwenden lässt. Die MürLer’schen Fasern haben ihre Lage vorzugsweise im Funiculus ventralis. Hier liegen nahe der Mediane und in die Konkavität der grauen Masse vorgedrängt jederseits etwa acht der kolossalen Fasern, umgeben von einer größeren Anzahl feinerer Fasern verschiedenen Ka- libers, die ebenfalls die Längsrichtung verfolgen. Außer dieser »inneren Gruppe« der MüLzer’schen Fasern finden sich noch im Funiculus lateralis zwei bis drei starke Fasern, die man als Mürzer’sche bezeichnen kann; sie bilden zusammen die »äußere Gruppe« der Mürzzer’schen Fasern. Im Übrigen enthalten die Seitenstränge eine große Menge feinerer Fasern, die zum Theil kaum merklich oder doch nur wenig kleiner sind, als die Mürter’schen, vorwiegend jedoch einen weit geringeren Querschnitt be- sitzen als diese. — Die Gestalt der Mürzer’schen Fasern lässt sich am besten an Querschnitten erkennen. Zwar sind die Fasern selbst fast immer stark geschrumpft und geben daher sehr ungleiche Querschnittsbilder, aber der Raum, welchen die Fasern im lebenden, turgescenten Zustande eingenommen haben, lässt sich ziemlich sicher erschließen aus der Form | Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 247 der cylindrischen Hohlräume, welche die Grundsubstanz des Gewebes in der Umgebung der Fasern mit größter Bestimmtheit abgegrenzt hat (Fig. 8S—10). Hiernach können wir annehmen, dass die Mürzer’schen Fasern im Leben einen elliptischen Querschnitt besitzen, und dass sie in dorsoventraler Richtung ihren größten Durchmesser haben. Der direkte Beweis hierfür müsste an lebendem, noch nicht mit wasserentziehenden _ Mitteln behandelten Material zu führen versucht werden, was allerdings seine Schwierigkeiten hat. Was hier für die Mürrer’schen Fasern gesagt ist, kann auch für die mittleren und feineren Längsfasern des Rückenmarks gelten; auch sie füllen — selbst an Osmium-Präparaten — den Raum nicht aus, den das Grundgewebe für sie frei lässt, sondern liegen, mehr oder weniger kon- trahirt, meist an einer Seite seines Querschnitts. Außer den bis jetzt besprochenen faserigen Elementen der weißen .Markmasse sind auch noch vereinzelte Zellen in derselben vorhanden, die das eine Mal die Form der sog. Bindegewebskörper der grauen Sub- stanz besitzen, und im anderen Falle als kleine, durch Osmiumsäure dunkel gefärbte gangliöse Körper in der Nähe der Austrittsstellen,; der motorischen Wurzeln gelagert sind. Da es nun nicht selten vorkommt, dass eine der »großen mittleren Zellen« ihre Lage in oder an der grauen Substanz verlässt und in den Funiculus dorsalis eindringt, ja, selbst in dem zwischen diesem und der Pia befindlichen Zwischenraume gefunden wird, so könnte man auch von den in Rede stehenden Zellen der weißen Masse annehmen, dass sie gleichsam nur durch eine Verirrung von der centralen grauen Substanz losgelöst wären, allein das konstante Auf- treten besonders der kleinen gangliösen Zellen in den Seitenregionen spricht wenig dafür. Der Übergang vom Rückenmark zum Nachhirn wird im Bereich des zweiten Spinalnervenpaares eingeleitet und zeigt sich im Innern an den Veränderungen, welche sich innerhalb der grauen Sub- stanz vollziehen. In der Umgebung des Centralkanals, der hier kaum merklich nach vorn anzusteigen beginnt, findet zunächst eine auffallende Vermehrung der sog. bindegewebigen, oder nicht nervösen Elemente statt, so dass diese jetzt, eingelagert in ein dichtes Gewirr feinster Fibrillen, das innere Epithel in einer breiten Zone umgeben, und eben so zahlreich von hier aus lateralwärts zwischen die gangliösen Elemente der grauen Substanz vordringen: sie bilden jetzt den größeren und kompakten centralen Theil der grauen Substanz, an welchem die Ganglienzellen gleichsam nur eine peripherische Rinde darstellen. — Die großen inneren oder mittleren Zellen des Rückenmarks sind hierdurch etwas mehr vom Centralkanal nach oben verdrängt, ohne dass jedoch 248 Friedrich Ahlborn, im Allgemeinen ihr Lagenverhältnis zur Mediane geändert wäre. Ihre Anzahl hat eher zu-, wie abgenommen, und nicht selten trifft man sie in der Mediane liegend; auf Längsschnitten stehen sie in longitudinalen Reihen ziemlich eng hinter einander. — Die großen äußeren Zellen werden in demselben Maße, wie die gesammte graue Substanz an Höhe zunimmt, allmählich von dem lateralen Rande derselben an die ventrale Seite und gegen die Mediane verschoben, so dass sie jetzt den großen inneren Zellen fast ventral gegenüber liegen. — Zwischen bei- den Gruppen — man könnte sie nunmehr als obere und untere große Zellen bezeichnen — wird der laterale Umfang der grauen Masse von einer ziemlich breiten Zellschicht eingenommen, in welcher beson- ders die kleinen sensiblen Zellen an Zahl vorherrschen, die sich mit Farbstoffen wenig ändern, und die uns im Rückenmark als Ursprungs- ganglien der dorsalen Spinalnervenwurzeln entgegengetreten sind. Da- neben treten in den dorsolateralen Regionen einzelne große multipolare Ganglienzellen auf, welche in Form und Farbe viel Ähnlichkeit mit den großen unteren Zellen besitzen, über deren Bedeutung ich jedoch nichts Bestimmtes habe ermitteln können. Auch in der weißen Substanz treten Veränderungen auf, ie auf einer allgemeinen Tendenz der Fasern, sich ventralwärts und gegen die Mediane zu verschieben, beruhen. So sind besonders mit dem Einwärtsrücken der großen äußeren Zellen die inneren MÜLLER- schen Fasern mehr und mehr zusammengedrängt, so dass sie jetzt dicht neben einander zur Seite der medianen Faserplatte gelagert sind. Eben so lassen auch die Fasern der lateralen Bezirke eine in dem angegebenen Sinne stattfindende Verschiebung mit Deutlichkeit erkennen. Dieselbe Erscheinung endlich kann man auch im Funiculus dorsalis beobachten, wo sich in der äußeren, lateralen Region ein großer Theil der Fasern zusammendrängt, um hier ein Anfangs verschwommenes, dann aber immer deutlicher abgegrenztes, cylindrisches Bündel zu formiren, dessen weiteres Schicksal uns nachher beschäftigen wird (s. p. 254). Medulla oblongata. Der so eingeleitete Übergang des Rückenmarks zum Nachhirn kann in den vorderen Transversalebenen des Hypoglossus-Austritts als voll- endet angesehen werden (Figur p. 239: 25,8). Der Centralkanal hat hier die spaltförmige und dann die rautenförmige Querschnittsgestalt angenommen und ist damit in den Hohlraum des Lobus n. vagi oder in den hintersten Abschnitt des IV. Ventrikels übergegangen. Das Epithel des Centralkanals hat, indem es sich in das Ependyma der Hirnhöhle umwandelte, eine bedeutende Streckung seiner Zellen erfahren; die Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 249 Flimmerhärchen liegen deutlich zu Tage, und leicht kann man im Grunde der Zellen einen länglich elliptischen Kern, so wie einen langen, tief in die Marksubstanz eindringenden, fadenförmigen Fortsatz erkennen!. Das centrale Bindegewebe (?), welches im Rückenmark die nächste Umgebung des Kanalepithels bildete und als wesentlichste Bestandtheile die kleinen, nicht nervösen sog. Bindegewebszellen mit ihren feinen, starren Fortsätzen umfasste, hat hier eine wesentliche Modifikation erfahren. Seine Stelle wird durch eine dünne Lage sub- epithelialer Spongiosa eingenommen, in welcher man nur noch ver- einzelte kleine Bindegewebszellen oder kleine längliche Kerne zu erken- nen vermag. Die Fortsätze der Ependymzellen, welche diese spinn- webenartige Substanz ihrer ganzen Dicke nach durchziehen, geben ihr eine deutliche radiale Streifung. Auf der anderen Seite kann man häufig beobachten, wie die benachbarten Ganglienzellen mit einem oder meh- reren kurzen, fein verzweigten Fortsätzen an die spongiöse Schicht ge- knüpft sind. Hierbei ist es jedoch, zumal wenn die Ganglienzellen klein sind, oft schwer zu sagen, ob die verknüpfenden Fibrillen als Zellfort- sätze, oder als unabhängige Bestandtheile der Spongiosa anzusehen sind, die nur äußerlich mit den Zellen verbunden sind. Im anderen Falle, wo man es mit unverkennbaren Zellfortsätzen zu thun hat, die mit ihrer Verästelung allmählich in die spongiöse Masse überführen, sieht man sich vor die so häufig wiederkehrenden Fragen gestellt: »Wo ist das Ende der Zellfortsätze und wo und wie beginnt die Spongiosa?« Diese Fragen, deren Beantwortung einem besseren Urtheil überlassen bleiben muss, liegen aber außerhalb des Rahmens unserer Betrachtungen. Im Umfange des subependymatischen spongiösen Gewebes liegt eine breite, lockere Schicht radial gestellier Ganglienzellen, die man als »centrales Höhlengrau« bezeichnen kann. Die meisten der Zellen sind klein und hell gefärbt, von birnförmiger, keulenförmiger, keilför- miger und langgestreckt spindelförmiger Gestalt; ihre größten Fortsätze _ sind dem Hohlraum abgewandt, nach außen gerichtet. Daneben sind ‘größere Zellen von dunkler Farbe vorhanden, das eine Mal jederseits eine Gruppe von 4—6 Zellen (auf dem Querschnitt) ventral seitlich vom Sulcus centralis longitudinalis, also in der Verlängerung der »großen i Die Anzahl der an einer Ependymzelle vorhandenen Flimmerhärchen habe ich selbst nicht bestimmt ermitteln können, weil ich keine Isolationspräparate hatte. Ronon (l. c. 23) hat aber in seiner Fig. 3 eine sehr gute Abbildung gegeben von zwei isolirten Ependymzellen von P. marinus, welche je vier Härchen besitzen. Es lässt sich hiernach wohl annehmen, dass auch die Ependymzellen der übrigen Petromyzonten eine gleich große oder doch nicht sehr verschiedene Zahl von Flimmerhärchen tragen. 250 Friedrich Ahlborn, äußeren (resp. unteren) Zellen« des Rückenmarks; das andere Mal in wechselnder Anzahl in dem oberen lateralen Bereich, etwas unter der größten Ausweitung des Hohlraumes: das »obere laterale Gan- glion« (LAngErHans). Zwischen beiden Gruppen größerer Zellen lassen sich jedoch wesentliche Unterschiede in Zahl und Gestalt der Elemente beobachten (wie es auch LanGErHuans gethan hat), wenn man beide Gruppen auf den successiven Querschnitten mit einander vergleicht. Allgemein lässt sich sagen, dass die Zellen des oberen lateralen Ganglion bezüglich der Zahl und Form eine größere Konstanz zeigen, als die ven- tralen Zellen (der Unterhörner, LAnGErHAns), welche hierin ziemlich be- deutenden Schwankungen unterworfen sind. Nach der Behandlung mit Osmiumsäure erscheinen die Zellen der lateralen Gruppe im ganzen Verlauf des Ganglion grau gefärbt; dieselbe Farbe besitzen auch die ventralen Zellen, doch treten unter ihnen nicht selten solche auf, die entschieden dunkler gefärbt sind und die sich dann meist auch noch durch ihre bedeutenderen Dimensionen und eine größere Anzahl weithin zu verfolgender Fortsätze auszeichnen. Im Bereich des Lobus n. vagi zeigt die ventrale Zeligruppe keine auffallenden Veränderungen; es sind Zellen von durchschnittlich mittlerer Größe, deren Hauptfortsätze in die peripherische Fasersubstanz der Medulla hineinragen und z. Th. derart gegen die Bahn der motori- schen Vagus-Hypoglossus-Wurzel gebogen sind, dass sie dieselben direkt zu produciren scheinen. In den Querschnittsebenen, welche in der Fig. auf p. 239 etwa den Maßen 20,41 bis 21,4 1 entsprechen, also in nächster Nähe des Chiasma fibrarum Muellerianarum, tritt zum ersten Mal in der ventralen Zellgruppe jederseits eine außergewöhnlich große Zelle auf, die sich mit Osmium dunkel färbt und zahlreiche, weitver- zweigte Ausläufer absendet. LangerHans hat diese Zellen eingehend untersucht und folgende Maße ermittelt: ihr Durchmesser beträgt in beiden Richtungen 0,1 mm, der Kern überschreitet 0,02 mm, und ihr Nucleolus erreicht mit 0,0065 fast die Durchschnittsgröße menschlicher Blutkörperchen (0,0075). Ich möchte hierzu nur bemerken, dass ich solche riesigen Maße an dieser Stelle höchstens für die eine erwähnte Zelle gelten lassen kann, nicht aber für ein ganzes Dutzend, wie LANGER- HANS will; die neben der Riesenzelle noch vorhandenen zelligen Elemente, — was ungefähr 12—15 sein mögen — erreichen nach meinen Präparaten bei Weitem nicht so kolossale Dimensionen, sondern erheben sich kaum über die mittlere Größe der übrigen Zellen der ven- tralen Gruppe. — Vor diesen kolossalen Zellen erleidet die ventrale Gruppe eine so vollständigeReduktion, dass sie in den Transversalebenen 20,01 bis 18,21 (Fig. p. 239) fast nur noch aus kleinen, unscheinbaren Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. N 951 Elementen zusammengesetzt ist, die sich von den benachbarten Zellen des centralen Grau kaum unterscheiden lassen. Dagegen treten in dem Zwischenraume 18,2 bis 16,2 1 (Fig. p. 239) wieder 4—6 Riesenzellen auf, welche den oben beschriebenen in keiner Weise nachstehen. Die- selben besitzen ebenfalls eine große Anzahl mächtiger Fortsätze, die sich in der lateralen Region der faserigen Hirnmasse verzweigen; außer- dem kann man aber noch auf Längsschnitten bei einigen der Zellen einen nach hinten (caudalwärts) gerichteten mächtigen Fortsatz erkennen, welcher einer Mürzer’schen Faser an Form und Größe sehr nahe kommt. Ob dieser Fortsatz thatsächlich eine Mürzer’sche Faser ist, oder ob er sich nach kurzem Verlauf auflöst, muss ich unentschieden lassen; die Wahrscheinlichkeit spricht jedenfalls dafür, dass wir diese großen Zellen als Ursprungsganglien einer kleinen Anzahl Mürter’scher Fasern zu be- trachten haben, welche an der Kreuzung nicht Theil nehmen. Eine spe- cielle, auf diesen Punkt gerichtete Untersuchung wird hierüber ein sicheres Urtheil abgeben können (vgl. p. 263 u. f.). — Mit den zuletzt besprochenen Riesenzellen ist die ventrale Zellgruppe nach vorn hin als abgeschlossen zu betrachten, ihre Stelle wird bis zum Ghiasma tract. ocu- lomot. nur noch von kleinen, meist beerenförmigen Zellen eingenommen, wie sie sich in der Wand des Aquaeductus und der vorderen Hirnab- schnitte in weiter Verbreitung wiederfinden (vgl. p. 253). Das obere laterale Ganglion (Langeruans) lässt sich als eine eleichförmige Zellgruppe, — die nur geringen, unwesentlichen Schwan- kungen unterworfen ist, — bis in die Querschnittsebenen 17,4 1 (Figur p-. 239) verfolgen und ist als die Verlängerung jener Zellsäule des Rückenmarks anzusehen, aus welcher die sensiblen Spinalnerven ihren Ursprung nehmen. Die sehr feinen, aber verhältnismäßig langen Zell- fortsätze sind fast horizontal nach außen gerichtet und nehmen einen hervorragenden Antheil am Aufbau der sensiblen Vaguswurzeln (vgl. p- 258) (Fig. 49 G.X.s.). An das obere laterale Ganglion schließt sich nach vorn in dem Ge- _ biete der Transversalebenen 17,4 | bis 13,51 (Fig. p. 239) ein neues, 'mächtiges Ganglion, welches wir als die Ursprungsstätte des größten Theils der motorischen Fasern der Trigeminusgruppe anzusehen haben. Die bauchige Vorwölbung der Hirnwand, die man vorn in der Fossa rhomboidalis erblickt, wird durch dieses motorische Trige- minusganglion [G.V.ir. der Figuren) verursacht, dessen Zellen im Ganzen ein einheitliches Gepräge zur Schau tragen und sich leicht von denen des oberen lateralen Ganglion unterscheiden lassen. Die Anzahl der Zellen einer Querebene schwankt im oberen lateralen Ganglion zwischen ca. 3—15, im Trigeminusganglion dagegen zwischen 20 und 45. 252 Friedrich Ahlborn, Die Gestalt der Zellen ist hier eine langgestreckt spindelförmige oder schmal keilförmige, und es ist der Breitendurchmesser etwa 3 bis 8mal im Längendurchmesser enthalten; im oberen lateralen Ganglion stellt sich das Verhältnis der Breite der Zellen zur Länge nur wie 1:2 bis k. Bezüglich der absoluten Größe der Zellen lässt sich konstatiren, dass die Elemente des motorischen Trigeminusganglion die des oberen lateralen Ganglion bedeutend überragen ; Osmiumsäure giebt ihnen einen dunkel- grauen, bräunlichen Farbenton. Das Gangl. N. V. transv. ist hiernach morphologisch und physiologisch von dem oberen lateralen Ganglion zu trennen, dieses ist sensibler, jenes motorischer Natur. Das Ganglion der transversalen Quintus-Wurzel ist nach vorn hin sehr bestimmt abgeschlossen, und wenn man die nach vorwärts darauf folgenden Querschnitte durchmustert, so sieht man, dass hier, im Um- fang der hinteren Pforte des Aquaeductus Sylvii, das centrale Grau nur noch aus kleinen, meist beerenförmigen Zellen besteht. Aber schon bald darauf tritt in den Querebenen 13,2 bis 12,9] der Figur p. 239 von Neuem etwa in halber Höhe der Aquaeductus-Wand ein kleines, jeder- seits aus etwa A—6 Zellen bestehendes Ganglion auf. Diese Zellen sind von mittlerer Größe, doch ist je eine darunter von ganz kolossalen Di- mensionen, die reichlich so groß ist, wie die übrigen zusammenge- nommen, und deren weitläufig verzweigte Fortsätze fast bis an die Peripherie der äußeren Markschicht zu verfolgen sind. Osmium verleiht diesen Zellen eine von dem umgebenden Gewebe scharf abstechende dunkle Farbe. — Fast noch größer als die letzt erwähnten beiden Riesenzellen sind endlich vier Paare von Ganglien, welchein den Trans- versalebenen der sog. Commissura ansulata oder des Chiasma tract. oculomot. auftreten. Zwei Paar dieser Zellen liegen hart über und hinter dem Chiasma tract. oculomot. neben der Sohle des Aquaeductus, also analog der ventralen Zellgruppe der Oblongata (Fig. 26); die anderen Paare sind etwas mehr dorsal gelagert, etwa in der Gegend, wo wir in der Oblongata das obere laterale Ganglion fanden. Bezüglich der Form und Farbe dieser Zellen und der Ausbreitung der Fortsätze gilt dasselbe, was von den zuletzt besprochenen Riesenzellen gesagt ist. — Alle diese Elemente sind, obgleich sie in der Wand des Aquaeductus liegen, mitsammt dem oculomotorischen Faserzuge und den Kreuzungen der sog. Commissura ansulata der Medulla oblongata zuzurechnen, wie sich dies aus der Lage der im I. Theil näher bestimmten Hirngrenzen mit Nothwendigkeit ergiebt. Es erübrigt jetzt noch eine Betrachtung des kleinzelligen Materials vom centralen Grau der Oblongata, oder genauer genommen derjenigen Bestandtheile des centralen Grau, welche außerhalb der besprochenen Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 353 Zellgeruppen in der Umgebung der subepithelialen Spongiosa liegen. Zunächst seien hier noch einmal kurz die großen mittleren Zellen des Rückenmarks erwähnt, welche wir beim Übergang zur Medulla oblongata verhältnismäßig zahlreich an ihrem charakteristischen Orte vorgefunden hatten. Sobald der Centralkanal in den hinteren Abschnitt des IV. Ven- trikels übergegangen ist, werden diese Zellen immer spärlicher, man trift sie noch auf einigen Querschnitten vereinzelt an, dann aber ver- schwinden sie. Als vordere Grenze ihres Vorkommens kann etwa die Mitte des Lobus n. vagi angesehen werden, also die Transversalebene 25,01 der Fig. p. 239. Was nun den großen Rest der kleineren Zellen des centralen Grau im Nachhirn betrifft, so sind dieselben in dem Raume nach vorn bis in die Querebene 17,4 1 (Fig. p. 239), (welche etwa dem vorderen Ende des oberen lateralen Ganglion entspricht,) bezüglich ihrer Ge- stalt und Größe sehr mannigfachen Schwankungen unterworfen. Zunächst glaube ich, nach den ungleichen Farbentönen, welche Osmiumsäure in diesen Zellen erzeugt, zweierlei unterscheiden zu können, nämlich solche Zellen, die gelblich bis bräunlich ge- färbt sind, und solche, die in einer mehr oder weniger hellen, grauen Farbe erscheinen. Die sehr zahlreichen Zellen der ersten Art sind klein, von birnförmiger Gestalt, sie besitzen einen großen Kern und stets einen von ihrer Spitze ausgehenden und nach außen gerichteten Fortsatz; mit der subepithelialen Spongiosa sind sie meist durch feine, unregelmäßige Fädchen verbunden. In vorzüglicher Klarheit erschienen diese kleinen birnförmigen Zellen im vordersten Theile der Oblongatabasis zwischen dem Chiasma des Oculomotorius und der kleinen Gruppe größerer Zellen, die sich kurz vor dem vorderen Ende des Gangl. N. V. transv. etwa in halber Höhe der Aquaeductuswand findet. Hier sind sie nicht mit anders gestalteten Zellen untermengt und selbst in regelmäßige Reihen angeordnet, welche schräg zur Seite und nach unten gerichtet sind. Die Spitzen der Zellen sind nach außen gewandt, und die feinen ‚daraus hervorgehenden Fädchen treten in die zwischen den Reihen be- findlichen engen Zwischenräume, wo sie sich mit Fortsätzen aus der benachbarten Zellreihe zu vereinigen scheinen. Querschnitte (Osmium) zeigen daher an dieser Stelle Bilder, als seien die kleinen Zellen wie die Beeren einer Traube mit einander verbunden. Die Traubenspindel ist _ hier jedoch meist kein einfacher Faden oder ein glattes, gleichsam durch die Komposition der Beerenstiele entstandenes feines Bündelchen, son- dern sie zeigt die Eigenschaften der peripherischen Neuroglia (oder der Subepithelialen Spongiosa), mit welcher sie unmittelbar zusammenhängt; ‚nur an besonders günstigen Stellen kann man beobachten, dass sich aus 254 Friedrich Ahlborn, den Zellfortsätzen zunächst ein feiner Faden bildet, der dann in ven- traler Richtung gegen die Spongiosa zieht und sich in derselben aufzu- lösen scheint. Wie nun so die spongiöse Substanz von unten und von der Seite zwischen die Zellreihen vordringt, so sieht man in dem oben bestimmten Bereich umgekehrt auch einen Theil der kleinen gelblichen Zellen nach unten in die Region des Ganglion interpedunculare eintauchen und sich zerstreut mehr oder weniger weit von den Reihen- zellen entfernen. Die äußersten dieser vorgeschobenen Zellen reichen bis an, und einzelne sogar in die hyaline, helle Substanz, in welcher die später zu betrachtenden Mrynerr’schen Bündel ein Ende finden. Mir sind die vorgeschobenen kleinen Zellen auch bei den kleinen Am- mocoeten aufgefallen und zwar an ganz derselben Stelle und in demselben Lagenverhältnis zu den Meynert’schen Bündeln wie bei Petromyzon (Fig. 44); ihre Übereinstimmung mit den Zellen der centralen Schichten war hier, besonders auf Querschnilten, noch deutlicher, als bei den er- wachsenen Thieren, und es ist nicht zu bezweifeln, dass die Zellen des Ganglion interpedunculare thatsächlich aus dem centralen Bodengrau hervorgegangen sind. — In den übrigen Theilen des Nachhirns liegen zwischen den bräunlichen Zellen zerstreut und in geringerer Anzahl die grauen Zellen der zweiten Art. Es sind dies typische Ganglienzellen, die mit feiner Nuancirung des grauen Farbentons in spindelförmiger, keil- förmiger und unregelmäßig polyedrischer und zackiger Gestalt auftreten und die vielleicht nach diesen ihren verschiedenen Eigenschaften eine eben so ungleiche Bedeutung haben. — Als vordere Grenze dieser Zellen innerhalb des Nachhirns können wir, wie schon bemerkt, die Transver- salebene betrachten, in welcher das obere laterale Ganglion sein Ende findet; vor dieser Grenze ist das centrale Grau (neben den früher be- sprochenen großen Zellen) fast ausschließlich aus den kleinen, birn- föormigen Zellen der ersten Art zusammengesetzt, zwischen denen in der Nähe des Ganglion N. V. transvers. nur selten einzelne Zellen der zweiten Art vorhanden sind. Neben den bisher betrachteten Zellen descentralen Grau enthält die Medulla oblongata noch zahlreiche andere zellige Elemente, die jedoch zweckmäßiger erst in den folgenden Kapiteln zur Darstellung gelangen. Centrale Verbreitung der Nerven und Nervenursprünge. I. Trigeminusgruppe. Wir haben oben gesehen, dass sich im vordersten Abschnitte des Rückenmarks, und zwar im lateralen Theile des Funiculus dorsalis, ein Anfangs undeutlicher, dann aber scharf begrenzter, cylindrischer Strang, Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 255 feiner Fasern gebildet hat. Dieser Strang setzt sich nach vorn in die Oblongata kontinuirlich fort und bildet hier den bedeutendsten der Ner- venkerne, den Kern der aufsteigenden Trigeminuswurzel (N.V.asc. der Figuren). Bezüglich der Lage dieses an Osmiumsäure-Präparaten sehr leicht zu verfolgenden Kernes kann ich auf die Fig. 8—22 verweisen. Mit der beginnenden allmählichen Eröffnung und Ausweitung der Fossa rhom- boidalis wird der N. V. asc. mehr und mehr aus seiner dorsalen Lage zur Seite geschoben, indem sein Abstand vom oberen Rande der Fossa immer größer wird. Hierbei bleibt jedoch sein Lagenverhältnis zum centralen Grau ein konstantes, denn der untere Rand liegt immer auf gleicher Höhe mit dem oberen lateralen Ganglion, so, dass er gleichsam auf den Zellfortsätzen zu ruhen scheint, welche dieses Ganglion lateral- wärts absendet. Wenn man nun bedenkt, dass das obere laterale Ganglion seiner Lage und seiner anatomischen Bedeutung nach als die Fortsetzung derjenigen »kleineren« Zellen (Reissner) des Rücken- marks anzusehen ist, welche nach Reıssner’s und ohne Zweifel auch Freun’s Beobachtungen den dorsalen Wurzeln der Spinalnerven den Ursprung geben, so kann man die Verschiebung des N. V. asc. aus seiner ursprünglich rein dorsalen in eine laterale Lage auch dadurch zum Aus- druck bringen, dass man sagt, es habe derjenige Theil des Nachhirns, welcher die Verlängerung des Funiculus dorsalis (des Rückenmarks) darstellt, im Vergleich zu dem letzteren eine mächtige und eigenartige Entwicklung erfahren, in welcher er nun statt eines schmalen, medianen Streifens (wie im Rückenmark), den ganzen dorsolateralen Abschnitt umfasse, der ventralwärts durch den N. V. asc. und das obere laterale Ganglion begrenzt würde. Doch wir müssen auf diese für die verglei- chende Anatomie sehr bedeutungsvollen Verhältnisse weiter unten zu- rückkommen, wo sie uns besonders für die Acusticus-Facialis-Gruppe interessiren werden. In Form und Zusammensetzung zeigt der N. V. asc. ein ziemlich einfaches Verhalten. In seinem hinteren Abschnitte, den ich etwa bis zu den Transversalebenen des Chiasma Fibrarum Muelleriana- rum rechne, ist der Querschnitt des N. V. asc. ein nahezu kreisförmiger ; erenthält nur vereinzelte kleine, meist rundlicheund mit einem schmalen, hellen Zellleib versehene Zellen, welche nach vorn hin eine Zunahme ihrer Anzahl nicht verkennen lassen ; die Fasern sind größtentheils von feinem ' Kaliber und nur wenige, unregelmäßig eingestreut, besitzen eine mittlere Stärke. Im vorderen Abschnitte erleidet der N. V. asc. in der Nachbar- schaft des Acusticuskernes mehrfache Veränderungen. Zunächst er- scheint er hier in dorsoventraler Richtung zusammengedrückt, dann Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 47 256 Friedrich Ahlborn, biegt sich der mediale Rand empor und bildet so eine flache Rinne, auf welcher der untere Acusticuskern zu ruhen scheint. Dabei ist der ven- trale Kontur des N. V. asc. immer scharf ausgezeichnet, während die dor- sale Umgrenzung gegen den Acusticuskern weniger bestimmt hervortritt, so dass der N. V. asc. von dieser Seite wie geöffnet erscheint. Die stär- keren Fasern haben sich jetzt, viel zahlreicher als im hinteren Abschnitte, in der medialen Hälfte gesammelt, die feineren in der lateralen; gleich- zeitig treten aus dem Bereich des unteren Acusticuskernes einige starke, den Mürzer’schen nicht unähnliche Fasern hinzu, welche lateral zwi- schen den feinen Fasern entlang ziehen und mit diesen das Gehirn ver- lassen. Diese starken Fasern haben sich im hohen Grade interessant erwiesen, da sie eine eigenthümliche direkte Verbindung zwischen Tri- geminus und Acusticus darbieten ; es ist jedoch zweckmäßiger, sie erst weiter unten, im Zusammenhang mit dem Acusticus, eingehender zu betrachten (s. p. 268). — In den Transversalebenen, welche zwischen dem austretenden Acusticus und Trigeminus liegen, nimmt der N. V.asc. ‚wieder eine geschlossene, ceylindrische Gestalt an; die starken Fasern wer- den feiner und lassen sich auf Querschnitten nicht mehr von den mittel- starken unterscheiden, die nun, zu unregelmäßigen Gruppen vereinigt, über die ganze Schnittfläche der aufsteigenden Trigeminuswurzel verbrei- tet sind. So tritt der N. V. asc. aus dem Gehirn, Anfangs geschlossen, dann erfolgt eine Spaltung, und es wendet sich der äußere und ventrale Theil der Fasern ventralwärts in das Ganglion Gasseri, während der Rest vorwärts zieht und nach Durchbrechung der Schädelwand in einen mehr dorsal gelegenen Theil desselben Ganglion eintritt, welches er als Ramus ophthalmicus N. V. wieder verlässt. Die motorischen Elemente des Trigeminus nehmen im Nachhirn ihren Ursprung aus einer transversalen und einer ab- steigenden Wurzel. Die transversale Trigeminuswurzel (V.tr. der Figuren) ist die stärkere; sie bildet einen breiten, gegen die Austritts- stelle konvergirenden Faserzug und nimmt ihren Ursprung in dem oben beschriebenen großzelligen Gangl. N. V. transversi (welches in der vorderen Verlängerung des oberen lateralen Ganglion liegt und von Lan- GERHANS dem letzteren Ganglion zugerechnet wurde). Der Zusammen- hang der Wurzelfasern mit den Zellen des Ganglion lässt sich auf bila- teralen Längsschnitten leicht und sicher konstatiren, man kann den Zug der Fasern von der Austrittsstelle bis ins Ganglion verfolgen und hier beobachten, wie sich die einzelnen Fasern mit den Zellen verbinden. — Die absteigende Trigeminuswurzel ist ein kleines cylindri- sches Faserbündel, welches seitlich in der weißen Substanz des Nach- hirns unterhalb des N. V. asc. nach hinten zieht. In der Nähe der Aus- Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 357 trittsstelle ist das Bündel fest geschlossen, nach hinten zu wird es allmählich lockerer, und man kann nicht sagen, wo es seinen Anfang nimmt. Die Fasern des Bündels sind von mittlerer Stärke, etwas kräftiger als die der transversalen Wurzel; sie gleichen einander vollkommen und treten auf Längsschnitten mit großer Schärfe aus dem umgebenden feinfaserigen Gewebe der vorderen Oblongatabasis hervor. Auf Längs- schnitten, die durch die tieferen Schichten der Hirnbasis geführt sind, kann man die einzelnen, nach hinten aus einander weichenden Fasern eine große Strecke weit übersehen und bis in die Gegend des Chiasma der Mürzzr’schen Fasern verfolgen, wo sie sich gegen die Mediane wen- den. Ob sie die Mediane überschreiten, und an welchem Orte das cen- trale Ende der Fasern zu suchen ist, vermag ich nicht anzugeben, da sie hier sämmtlich die horizontale Ebene meiner Schnitte verlassen und in dem Gewirr der kreuzenden Fasern, die sich an dieser Stelle zu- sammendrängen, nicht mehr sicher herauszukennen sind. An der Austrittsstelle des Nerven vereinigen sich die Fasern der absteigenden Trigeminuswurzel mit denen der transversalen, indem sie sich lateral an diese anschließen; beide zusammen bilden so außerhalb des Gehirns einen einzigen breiten Stamm, der als motorische Trigeminuswurzel aus dem Schädel tritt und in das Gangl. Gasseri eingeht. Denselben Ursprung wie die transversale Trigeminusbahn hat der Nervusabducens, den man aus diesem Grunde auch als einen be- sonderen, zu den Augenmuskeln gehenden Zweig des Trigeminus an- sehen könnte. Dieser Nerv entsteht als ein feiner, gesonderter Faserzug aus einer kleinen Anzahl von Zellen, welche das vordere Ende des Gangl. N. V. transv. bilden und sich durchaus als ein Theil dieses Ganglion prä- sentiren, da sie sich in keiner Weise von den übrigen Zellen desselben unterscheiden. Trotz der engen Verbindung dieser Zellen mit dem Tri- geminusursprung ist der VI. Hirnnerv selbst in seinem ganzen Verlaufe selbständig und ohne weitere Verknüpfung mit dem Trigeminus und dem Ganglion Gasseri. Im Gehirn läuft er parallel mit der transversalen ‚Trigeminuswurzel und tritt in geringem Abstande vor derselben in die Schädelhöhle. I. Vagus-Hypoglossus-Gruppe. Die motorischen Wurzeln des Hypoglossus und Vagus, deren Austrittsstellen in der Figur p. 239 genauer bezeichnet sind, zeigen in ihrem centralen Verlauf dieselben Verhältnisse, wie die ventralen Wurzeln der Spinalnerven. Ihre ziemlich starken Fasern fahren beim Eintritt in das Gehirn pinselförmig aus einander und wenden sich, theils nach vorn, theils nach hinten geneigt gegen die großen ventralen 17* 258 Friedrich Ahlborn, Zellen des centralen Grau, welche ihrerseits zahlreiche Fortsätze der Nervenwurzel entgegensenden. Ich zweifle nicht, dass die großen ven- tralen Zellen, die ja den großen äußeren Zellen des Rückenmarks ent- sprechen, als die Ursprungsganglien dieser Wurzeln anzusehen sind, doch bemerke ich auch hier, dass ich den Austritt eines Zellfortsatzes aus dem Hirn in die Nervenwurzel nicht mit absoluter Sicherheit beob- achtet habe. Die vier hinteren sensiblen Vaguswurzeln treten in den Querebenen des CGhiasma der Mürer’schen Fasern zur Seite und unterhalb des N. V. asc. aus dem Gehirn (Figur p. 239). Ihre Fasern sind überaus fein, und wenn man sie im Gehirn verfolgen will, so muss man sich begnügen, sie in ihrer Gesammtheit zu betrachten, da es unmöglich ist, eine einzelne Faser mit einiger Sicherheit über eine größere Strecke zu verfolgen. Dann sieht man jede der Wurzeln als einen schmalen, lockeren und undeutlich umgrenzten Faserzug, welcher von der Austrittsstelle ab dicht unter dem N. V. asc. nach innen ver- läuft, um sich auf dem kürzesten Wege mit dem oberen lateralen Ganglion (Fig. A9-G.X.s) zu verbinden. Die aus diesem Ganglion hervorgehenden Zellfortsätze kann man ziemlich weit nach der Seite in Kontinuität beobachten, doch muss es unentschieden bleiben, wie sie mit den feinen Nervenfasern verknüpft sind. — Wenn oben die Über- einstimmung der motorischen Vagus-Hypoglossus-Wurzeln mit den ven- tralen Wurzeln der Spinalnerven hervorgehoben wurde, so kann auch von den hinteren sensiblen Vaguswurzeln gesagt werden, dass sie in jeder Beziehung den Charakter der sensiblen Spinalnerven bewahrt haben. Dies tritt besonders deutlich hervor, wenn man sie mit den dorsalen Wurzeln der vordersten Spinalnerven vergleicht und dabei das Lagenverhältnis aller dieser Theile zum N. V. asc. berücksichtigt. Wie die sensiblen Spinalnerven, so liegen auch diese Vaguswurzeln an der äußeren, lateralen Grenze des Funiculus dorsalis, nach außen vom N. V. asc., und das obere laterale Ganglion, aus dem sie hervorgehen, ist das Analogon jener Zellen, welche im Rückenmark die dorsalen Nervenwurzeln entstehen lassen. Eine so weit gehende topographische Übereinstimmung mit den Spinalnerven ist nun nicht mehr vorhanden bei den vier vorderen sensiblen Vaguswurzeln, welche eine Verbindung mit dem Acusticus darzustellen scheinen. Dieselben entstehen aus dem dorsal vom N. V. asc. gelegenen Ursprungsgebiete der Acusticus-Facialis- Gruppe. Sie liegen also noch mehr dorsal, als die hinteren sensiblen Vagus- wurzeln, und, wenn man will, mehr dorsal als die sensiblen Wurzeln der Spinalnerven. Man könnte vielleicht schon nach diesem rein Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten, 259 äußerlichen Lagenverhältnis vermuthen, dass die vorderen sensiblen Wurzeln des Vagus eine höhere physiologische Bedeutung haben, als die hinteren und als die sensiblen Spinalnerven, wenn man hierfür nicht in der engen Verknüpfung dieser Wurzeln mit dem entstehenden Gehörnerven bessere und weniger trügliche Gründe zur Verfügung hätte. Jedenfalls kann man nach dem anatomischen Verhalten an- nehmen, dass die physiologischen Eigenschaften, in denen sich der Nervus vagus von den Spinalnerven unterscheidet, in erster Linie auf diese vorderen sensiblen Wurzelelemente zurückzuführen sein werden. In der Schädelkapsel finde ich die vorderen sensiblen Vaguswur- zeln zu vier kleinen Bündeln vereinigt, welche unter einander ziemlich eng zusammenschließen und mit den hinteren Wurzeln bald einen scheinbar einheitlichen Stamm bilden. An der Stelle, wo diese Bündel- chen in das Gehirn eintreten, reichen zwei derselben etwas höher hin- auf und weiter nach vorn, als die beiden anderen, doch sind diese Abstände, die man besonders auf Querschnitten beobachten kann, so gering, dass man füglich alle vier Bündelchen unter der Bezeichnung einer Acusticus-Vagus-Wurzel zusammenfassen könnte. An der Eintrittsstelle wenden sich die Fasern kurz nach innen und gelangen so in das Ursprungsgebiet des Acusticus. Hier werden die Grenzen der Bündelchen sehr bald verwischt, man erkennt nur noch, dass eine Gruppe von Fasern dicht über dem N. V. asc., die andere etwas mehr dorsal verläuft. Alle Fasern dringen, indem sie wenig nach vorn und oben geneigt sind, gegen die Hirnhöhle vor und lassen sich auf bilate- ralen Längsschnitten leicht bis in die innere Hälfte der Ventrikel- wand verfolgen, wo sie in einem Gewirr von Fasern und Zellen des Acusticusursprunges verschwinden. An einzelnen Präparaten glaube ich den unmittelbaren Zusammenhang der Fasern mit kleinen kurz spindelförmigen Ganglienzellen bestimmt beobachten zu können und halte es für sehr wahrscheinlich, dass auch die übrigen Fasern mit ähnlichen Zellen in Verbindung treten, die hier in größerer Anzahl vorhanden sind. Ich bin jedoch der Meinung, dass hier allein Isola- tionspräparate eine absolut sichere Entscheidung bringen können, da in diesem Falle die Schnittpräparate leicht eine Kontinuität zwischen Zellen und Fasern vorspiegeln können, wo in Wirklichkeit nur ein Kon- takt vorliegt. I. Acusticus-Facialis-Gruppe. Die Nerven der Acusticus-Facialis-Gruppe entstehen, wie oben bemerkt wurde, in dem dorsalen Theile des Lobus acusticus, der 260 Friedrich Ahlborn, über der aufsteigenden Quintuswurzel liegt, und den wir als eine typische Hirnbildung bezeichnet haben im Gegensatz zu den mehr ven- tral gelegenen Theilen der Oblongata, deren Bau im Wesentlichen auf den Typus des Rückenmarks zurückzuführen ist. Diese Unter- schiede treten hervor, wenn man das Ursprungsgebiet des Acusticus nach rückwärts verfolgt und mit demjenigen Theile des Rückenmarks vergleicht, der ihm der Lage nach entspricht, nämlich mit dem me- dialen Theile des Funiculus dorsalis, der nach innen von dem ent- stehenden N. V. asc. und über den inneren großen Zellen Reıssner’s liegt. Hier im Rückenmark haben wir einen schmalen, gleichförmi- gen Faserstreifen, der an der Bildung der sensiblen Spinalnerven keinen absehbaren Antheil nimmt und von dem wir überhaupt nicht viel mehr aussagen können, als dass er existirt; dort ist es ein viel- fach zusammengesetzter Hirntheil, in welchem die Elemente aus den verschiedensten Regionen des Centralorgans zusammentreffen, um sich an der Bildung eines der drei höheren Sinnesnerven, des acustischen, zu betheiligen, in welchem ferner die interessantesten und vielleicht eigenartigsten Wurzeln des Vagus entstehen, und in welchem endlich noch der Nervus facialis seinen Ursprung nimmt. Hiermit ist aber erwiesen, dass die wichtigsten Punkte, in denen sich die Medulla oblongata vom Rückenmark unterscheidet, bei Petro- myzon in dem Ursprungsgebiet des Acusticus vereinigt sind, welches ich aus diesem Grunde eine typische Hirnbildung genannt habe. Niemals wird es, nach meiner Ansicht, ohne willkürlichen Zwang ge- lingen, diesen Hirntheil und was aus ihm hervorgeht auf ein ein- faches Rückenmarksschema zurückzuführen, und man wird sich end- lich entschließen müssen, so unbequem es auch sein mag, von der Anwendung des Berr’schen Gesetzes auf die hier in Frage kommenden Nerven abzusehen. Man kann im Ursprungsgebiet der Acusticus-Facialis-Gruppe drei mehr oder weniger deutlich getrennte oder in einander übergehende Nervenkerne unterscheiden, von denen der obere am meisten gesondert erscheint und als Facialiskern zu bezeichnen ist, während die beiden unteren weniger bestimmt abgegrenzt sind und die beiden Wurzeln des Gehörnerven aus sich hervorgehen lassen. — Das hintere Ende der beiden Acusticuskerne liegt in den Querschnittsebenen der Kreuzung der Mürter’schen Fasern. Hier sieht man die beiden Kerne über dem N. V. asc. und dicht unter der äußeren Oberfläche deutlich von einander ge- trennt und von der umgebenden Hirnmasse durch eine peripherische Schicht kleiner spindelförmiger oder keulenförmiger, mit Osmiumsäure hell gefärbter Zellen bestimmt abgegrenzt. Der obere Kern ist größer als LS Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 361 der untere und von platt elliptischem Querschnitt; der untere hat da- gegen eine mehr kreisförmige Querschnittsfläche. Im Innern besitzen beide in einer engmaschigen spongiösen Grundsubstanz zahlreiche kleine Zellen eingelagert, zwischen denen man bald die Querschnitte ungleich starker Faserelemente wahrnimmt. Der untere Kern ist Anfangs fast ein Drittel so stark als der N. V. asc., dem er in seiner ganzen Ausdehnung aufgelagert ist. Beide berühren sich dabei so enge, dass man stellen- weis eine bestimmte Grenze zwischen ihnen nicht mehr erkennen kann, wie es besonders an der Stelle der Fallist, wo die Acusticus-Vagus-Wurzeln das Gehirn verlassen. Der obere Acusticuskern nimmt nach vorn rasch an Größe zu und rückt dabei aus seiner lateralen Lage etwas mehr nach innen und oben. Gleichzeitig wird seine Anfangs so bestimmte äußere Umgrenzung undeutlicher, und die Grenze gegen den unteren Kern wird fast gänzlich verwischt, so dass man nur noch annäherungsweise angeben kann, wie weit man den oberen, und wie weit den unteren Kern rechnen will. In den Querebenen des Nervenaustritts hebt sich der obere Acu- sticuskern wieder deutlicher hervor, er besitzt hier einen kreisförmigen Querschnitt und ist wohl so groß, wie die aufsteigende Trigeminus- wurzel. Nach vorn nimmt er an Durchmesser ab, die Zellen werden spärlicher, und endlich bleibt nichts übrig, als ein dunkel gefärbter Zug feiner undeutlicher Fasern, welcher nach oben und vorn zieht und in dem hinteren Rande des Cerebellum commissurartig mit seinem Gegen- stück verbunden ist. Auch der untere Kern erhält noch einmal eine wenn auch schwankende Umgrenzung, indem sich die kleinen Zellen wiederum in eine peripherische Schicht anordnen; dann aber ver- schwindet der Kern, und an seiner Stelle liegt nur noch eine Gruppe starker Fasern, welche von den großen bipolaren Zellen des von LAngEr- Hans als Tractus oculomotorius beschriebenen Faserzuges nach rück wärts in den Acusticus gesandt werden. In dem so begrenzten Raume entstehen die beiden über einander liegenden, breiten Wurzeln des Acusticus aus einer Reihe sehr ver- _ schiedener Komponenten. Zunächst treten uns hier in weitester Ver- breitung kleine hellgefärbteGanglienzellen entgegen, die aus dem dorsaien Bereich des centralen Grau in das Ursprungsgebiet vorgedrungen zu sein scheinen und nach außen hin an Zahl abnehmen. Es sind diese Zellen z. Th. von derselben Art wie diejenigen, welche ich im Zu- sammenhang mit den Acusticus-Vagus-Wurzeln beobachtet zu haben glaube, und ich halte es nach der weiten Verbreitung dieser Zellen (im Ursprungsgebiet) nicht für unwahrscheinlich, dass sie in einer nahen Beziehung zum Acusticus stehen oder sich auch direkt am Aufbau des 262 ah Friedrich Ahlborn, Nerven betheiligen. Einen unmittelbaren Zusammenhang dieser Zellen mit Acusticusfasern habe ich nicht beobachtet. Viel bestimmter kann ich über eine andere Art von Zellen berich- ten, welche sich hinter der Austrittsstelle des Nerven in beiden Kernen verbreiten und durch ihr Auftreten das Verschwinden der anfänglich zwischen beiden vorhandenen Grenze herbeiführen. Es sind dies jene Zellen, die zuerst LangernHans als die Zellen der MüLLer'’schen Fasern bezeichnete, nachdem er erkannt hatte, dass die mächtigen Fasern des Rückenmarks nichts Anderes sind als Fortsätze dieser Zellen. Man kann unter den Mürer’schen Fasern in der Medulla oblon- gata drei verschiedene Gruppen unterscheiden: 4) dielateralen un- gekreuzten Fasern, 2) die medialen gekreuzten und 3) die medialen ungekreuzten Fasern (Fig. 49). — Die lateralen Fasern kommen aus den Basaltheilen des Funiculus lateralis des Rücken- marks; sie sind begleitet von einer größeren Anzahl feinerer und feinster Fasern, die z. Th. in der Region des Hypoglossus die Mediane überschritten haben, und ziehen so, ohne dass sie selbst eine Kreuzung erfahren hätten, in schlankem Bogen nach vorn, um in den Querschnitts- ebenen, in denen die Kreuzung der medialen MüLLer’schen Fasern statt- findet, und weiter nach vorn bis zum Austritt des Acusticus in den unteren Acusticuskern einzudringen. Dies vollzieht sich in der Weise, dass sie den N. V. asc. schräg von unten innen nach oben außen durch- brechen und sich nun mit dunkel gefärbten, schmal spindelförmigen und meist in sich gekrümmten Zellen vereinigen, die je nach der Stärke der einzelnen Fasern eine verschiedene Größe besitzen. Die Form dieser Zellen stimmt mit derjenigen überein, welche LanGErHnans von den Zellen der gekreuzten MüLLer’schen Fasern dargestellt hat; oft überragt der Querdurchmesser der Zelle nur wenig den der Faser, von welcher sie gleichsam nur einen bevorzugten und mit einem Kern versehenen Abschnitt darstellt, in anderen Fällen ist sie wohl fünfmal so breit als die Faser, die aus ihrem allmählich verschmälerten hinteren Ende her- vorgeht. Die in vielen Fällen vorhandene Krümmung der Zellen kommt dadurch zu Stande, dass sich der hintere Pol der Zelle, indem er der Richtung der zugehörigen Faser folgt, nach unten wendet, während der vordere Pol gerade nach vorn weist und der Austrittsstelle des Acusticus zu gerichtet ist. Aus dem vorderen Ende dieser Zellen geht ein einziger Fortsatz hervor, der wenig feiner ist als die Faser der Zelle, und der mit der unteren Acusticuswurzel das Gehirn verlässt. Dieses Verhältnis lässt sich auf Schnitten besonders für die stärkeren Fortsätze mit un- zweifelhafter Sicherheit konstatiren, und es ist kaum denkbar, dass es Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 263 nicht auch für die feineren und darum schwieriger zu verfolgenden Fasern gelten sollte, die sich doch sonst genau so wie jene verhalten. Man kann daher wohl alle die Elemente, die mit der lateralen Gruppe der MüLzer’schen Fasern in den Acusticuskern eintreten, als direkte Komponenten der unteren Acusticuswurzel betrachten. — Die me- dialen MürLzer’schen Fasern sind dieselben, welche wir im Rückenmark im Funiculus ventralis angetroffen haben. Sie behalten zunächst in der hinteren Oblongata dieselbe Lage wie im Rückenmark und sind unter einander — von der ungleichen Stärke abgesehen — nicht wesentlich verschieden. Etwa in den Querebenen 20,0 1 (Figur p- 239) tritt jedoch ein ungleiches Verhalten der Fasern her vor, indem der größte Theil derselben von jeder Seite her unter steilem Winkel gegen die Mediane abschwenkt und so das vielgenannte Chiasma der MüLter’schen Fasern erzeugt, während der Rest der Fasern ohne zu kreuzen weiter zieht. Hiernach unterscheiden wir die medialen ge- kreuzten und die medialen ungekreuzten MürLrer’schen Fasern. — Die ersteren wenden sich nach vollzogener Kreuzung (Fig. 49) steil nach oben und vorn, umfassen so die Zelllagen des cen- tralen Grau von der Seite und treten durch den Zwischenraum, welcher dasselbe von dem N. V. asc. trennt, in das Ursprungsgebiet des Acusti- cus; einige durchbrechen auch den inneren Rand desN. V.asc., sobald sie sich etwas zu weit vom centralen Grau entfernt haben, während andere wieder um so enger der centralen Zellmasse angeschmiegt sind. Den Mürrer’schen Fasern folgen auf diesem Wege zahlreiche andere, ebenfalls gekreuzte Fasern, die man wegen ihrer Feinheit nicht mehr als Mürter’'sche bezeichnen kann, die sich aber sonst gerade so verhalten wie diese. Alle diese Fasern treten nun in den Acusticuskernen mit Zellen in Verbindung, die sich in jeder Beziehung den Zellen der lateralen Mürıer’schen Fasern gleich verhalten. Jede dieser Zellen sendet nach vorn einen einzigen Fortsatz, der als acustische Faser das Hirn ver- lässt und zwar, wie es hier scheint, gewöhnlich durch die obere Wurzel ‚des Nerven. LangerHans hat zuerst den Zusammenhang der gekreuzten Mürzer’schen Fasern mit den erwähnten Zellen nachgewiesen und die peripherische Natur der nach vorn gerichteten Fortsätze dieser Zellen durch den Nachweis des Neurilem festgestellt. Den Eintritt des peri- pherischen Fortsatzes in die Acusticuswurzel hatte er aber noch nicht beobachtet. Die medialen ungekreuzten Mürter'schen Fasern stehen wahrscheinlich in keinem Zusammenhang mit dem Acusticus. Wenn sie sich thatsächlich mit jenen kolossalen multipolaren Ganglienzellen verbinden, die sich in der ventralen Zellgruppe vor dem Chiasma der 264 | Friedrich Ahlborn, Müuter’schen Fasern vorfinden (s. p. 251), so besitze ich in meinen Präpa- raten keinen Anhalt für die Annahme, dass irgend einer der zahlreichen Fortsätze dieser Zellen peripherisch würde und etwa als Acusticusfaser das Hirn verließe. Dies gilt besonders für diejenigen der Zellen, deren Zu- sammenhang mit Mürzer’schen Fasern die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat, nämlich für die am meisten ventral und hinten gelegenen Zellen dieser Gruppe. — Ganz anders verhält es sich aber mit den mehr dor- sal und vorn gelegenen Zellen dieser Art, von denen es mir weniger wahrscheinlich ist, dass sie die Ganglien einzelner Längsfasern dar- stellen. Unter diesen fällt mir besonders eine auf, die sich vor den übrigen durch ihre Größe auszeichnet und nach vorn und oben den Ab- schluss dieser Zellgruppe bildet. Sie ist dem Ganglion der transversalen Trigeminushbahn sehr genähert, ohne jedoch in dasselbe einzutreten oder seinen Zellen in Größe und Form irgend wie ähnlich zu sein. Auf hori- zontalen Längsschnitten von P. Planeri, welche das Trigeminusganglion schräg von vorn oben nach hinten unten durchschnitten haben, erscheint diese Zelle als vorderste ihrer Gruppe gleich hinter dem Ganglion (V.tr.); sie ist hier, von oben betrachtet, von schmaler, keulenförmiger Gestalt und lässt aus ihrer zur Seite gerichteten Spitze einen langen Fortsatz hervorgehen, welcher, indem er sich allmählich verfeinert, geradeswegs der Austrittsstelle des Acusticus zuzieht und erst unmittelbar vor der äußeren Hirngrenze zwischen den zahlreich sich zusammendrängenden Acusticusfasern unkenntlich wird. Ich war, als ich diese Beobachtung gemacht hatte, von vorn herein geneigt, dieser Zelle die Bedeutung einer Acusticus-Ursprungszelle zuzuschreiben, allein ich hatte doch keinen absolut sicheren Beweis dafür, da ich den direkten Austritt des Fort- satzes als Acusticusfaser nicht gesehen hatte; und wenn ich die große habituelle Ähnlichkeit dieser Zelle mit den übrigen Zellen ihrer Gruppe in Erwägung zog, von denen ich mit großer Bestimmtheit wusste, dass sie keine Acusticusganglien sind (denn sie besitzen zwar mächtige seitliche Fortsätze, die sich ebenfalls fast bis zur Peripherie des Hirns verfolgen lassen, ohne jedoch mit Theilen eines Nervenursprunges in Berührung zu kommen), so drängte sich mir die Vermuthung auf, dass auch der scheinbare Acusticus-Fortsatz jener einen Zelle vielleicht nur zufällig in die Acusticuswurzel eintauche, ohne einen integrirenden Be- standtheil derselben zu bilden und ohne das Gehirn zu verlassen. Eine bestimmte Entscheidung hierüber konnte ich mit Hilfe der mir zur Ver- fügung stehenden Objekte nicht herbeiführen. Neuerdings hat nun Ronon (l.c. 23) bei Ammocoetes eine sehr interessante Beobachtung gemacht, welche ich mit dem in Rede stehen- den Zellenpaare in Verbindung bringen zu müssen glaube. Ronon findet Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 2365 bei dieser Larvenform in den Seitentheilen des Bodengrau einzelne große Ganglienzellen, die je einen starken und nach außen hin allmählich ver- schmälerten Fortsatz in die Acusticuswurzel senden. Den Fortsatz hat Ronon wiederholt in continuo bis außerhalb der Oblongata verfolgt und beobachtet, wie derselbe sich mit Nervenmark und Neurilem umgiebt und so die peripherische Natur einer Acusticusfaser annimmt. — An der Richtigkeit dieser Beobachtungen ist nach Text und Zeichnung gar nicht zu zweifeln, und es fragt sich jetzt nur, mit welchen Zellen des erwach- senen Petromyzontenhirns die Ronon’schen Acusticuszellen des Ammo- coetes identisch sind. Ronon selbst hält sie für gleichbedeutend mit den Ganglienzellen der oberen seitlichen Gruppe, von denen LAnGERHANS sagt, dass sie in der Nähe des Acusticusaustritts eine Zunahme erfahren hätten. In der That kann man den Zellen mit Rücksicht auf ihre Lage (vgl. Fig. 1 von Ronon) kaum eine andere Deutung geben; allein wir haben weiter oben gesehen, dass das obere laterale Ganglion LAnGEr- HANS’, So weit es in der vorderen Oblongata und im Bereich des Acusticus eine wesentliche Vergrößerung erfahren hat, nichts Anderes ist, als das Ursprungsganglion der motorischen, transversalen Trigeminusbahn; als solches steht es aber auf keinen Fall in irgend einer engeren Verbin- dung mit dem Gehörnerven und ist sicherlich von der Theilnahme am Aufbau dieses Nerven vollständig ausgeschlossen. Es können somit auch die Ronon’schen Acusticuszellen nicht mit dem bezeichneten vorderen Theile des oberen lateralen Ganglion LAnGerHans’ verglichen werden. Eben so wenig ist es gestattet, sie dem hinteren Abschnitte des oberen lateralen Ganglion einreihen zu wollen, aus welchem die vier hinteren sensiblen Vaguswurzeln ihren Ursprung nehmen, denn die fraglichen Zellen liegen nicht mehr in den Querschnittsebenen, welche diesen hin- teren Abschnitt treffen, sondern nach Ronon’s Fig. 1 auf gleicher Höhe mit dem Acusticusaustritt, also da, wo bei den erwachsenen Petromy- zonten das obere laterale Ganglion bereits mächtig und als Ganglion - der motorischen, transversalen Trigeminusbahn entwickelt ist. Wenn somit die Ronon’schen Acusticuszellen nicht mit den Zellen des oberen lateralen Ganglion Langernans’ verglichen werden können, so glaube ich um so bestimmter ihre morphologische Übereinstimmung mit den von mir zuletzt beschriebenen großen Ganglienzellen betonen zu müssen, welche dem oberen lateralen Ganglion oder dem Ganglion N. V. transv. so sehr benachbart sind, und welche mit der Gruppe der von LANGERHANS an dieser Stelle erwähnten »kolossalen Zellen« zu- sammenfallen. Thatsächlich sind auch die von Ronon bei Ammocoetes gefundenen Zellen »kolossale Ganglienzellen«, welche die Dimensionen der Zellen des oberen lateralen Ganglion bei Weitem überschreiten, da- 266 Friedrich Ahlborn, gegen aber in den meisten Punkten mit den oben beschriebenen großen Ganglienzellen übereinstimmen, bis auf den Austritt des Fortsatzes in die peripherische Acusticuswurzel, den ich, wie bemerkt, bei Petromy- zon nicht bestimmt gesehen habe. Da nun die Ronon’schen Zellen auch mit keinen anderen Zellen der Oblongata von Petromyzon nur annähernd so viele gemeinschaftliche Merkmale aufweisen, als mit den in Rede stehenden großen Zellen, so ist der Schluss berechtigt, dass beide identisch sind, und dass auch bei Petromyzon ein Austritt der Zellfort- sätze mit der Acusticuswurzel stattfinden wird. Die Bestätigung dieses Schlusses muss ich späteren Untersuchungen überlassen, denen es viel- leicht auch gelingen wird, den Zusammenhang dieser Zellen mit den medialen ungekreuzten Mürter’schen Fasern nachzuweisen, die viel- leicht gerade so wie die übrigen Mürtzer’schen Fasern mit dem Acusti- cus in enger Verbindung stehen. Acusticus-Haubenbahn. Als ein neues und sehr merk- würdiges Ursprungsglied des Acusticus ist jetzt ein mächtiger Faserzug zu betrachten, der, im Gegensatz zu den bisher besprochenen Elemen- ten, von vorn her in das Ausgangsgebiet des Nerven eintritt, und welcher die rückläufige Verlängerung der von Langeruans als Trac- tus oculomotorius bezeichneten Fasern darstellt. Man findet in der vorderen Medulla oblongata dicht über und hinter der Austritts- stelle des Trigeminus, doch ohne irgend welche Beziehung zu diesem Nerven, eine Gruppe von Ganglienzellen, welche in ihrem anatomi- schen Verhalten vollständig mit den Zellen der großen Mürrrr'schen Fasern übereinstimmen. Die nach vorn gerichteten, mächtigen Fort- sätze dieser Zellen wenden sich gegen die Hirnbasis und die Kreu- zung des Oculomotorius, LAnGERHANS gab ihnen daher den besonderen Namen des Tractus oculomotorius. Aber diese Zellen besitzen auch noch — und das hat Langeruans nicht erwähnt — einen nach hin- ten gerichteten Fortsatz, der sich gerade so verhält, wie die peri- pherischen Fortsätze der Zellen der Mürzer’schen Fasern. Der Fortsatz ist von geringerer Stärke als der nach vorn gehende (und stimmt also auch hierin mit den eben genannten peripherischen Fortsätzen überein), aber er hat trotzdem noch eine so bedeutende Mächtigkeit, dass man ihn in seinem weiteren Verlaufe mit der größten Sicherheit verfolgen und von der umgebenden Hirnsubstanz unterscheiden kann. Auf allen kon- tinuirlichen Serien von Quer- oder Längsschnitten sieht man, dass diese Fortsätze das Gehirn mit der unteren Acusticuswurzel verlassen und als vorderster Theil derselben in das Ganglion Nervi acustici der Ohrkapsel eingehen. Dasselbe Verhalten darf mit Bestimmtheit von einer größeren Anzahl feinerer und weniger leicht zu verfolgender Fasern angenommen Untersuchungen üher das Gehirn der Petromyzonten. 367 werden, welche die großen beständig umgeben und sonst alle Schick- sale derselben theilen. So leicht es ist, über alle diese peripherischen Fortsätze zu urtheilen, so schwer ist es, über die zur Haubenregion ziehenden Fasern des Trac- tus oculomotorius LAngErHAns’ abschließende Angaben zu machen. Die Fasern ziehen von ihren großen Zellen aus ziemlich steil nach unten und vorn gegen die Mediane, und bilden, indem sie dieselbe überschreiten, unterhalb des Chiasma Oculomotorii — oder in den tieferen Schichten der Haubenkreuzung (sog. Commissura annulata) — eine mächtige Kreu- zung, die man eben so leicht beobachten kann, wie etwa die Kreuzung der Mürzer’'schen Fasern. Sobald aber diese Kreuzung vollendet ist, beginnen die Schwierigkeiten. LAnGErHANs wird ziemlich rasch damit fertig: da sie in weiter vorn gelegenen Querschnitten nicht mehr zu sehen sind, so müssen die starken Fasern, ihrer anfänglichen Richtung folgend, mit dem Oculomotorius ausgetreten sein, und es bleibt nur noch fraglich, ob sie sich vielleicht vorher noch mit Zellen, die sich in der Nähe des Nerven finden, verbunden haben. — Meine eigenen Be- obachtungen haben aber das Folgende ergeben: Nach vollzogener Kreu- zung löst sich der bis dahin geschlossene Faserzug auf, indem die ein- zelnen Fasern theils nach vorn, theils nach oben gewendet aus einander fahren. Gleichzeitig erfahren die großen Fasern eine Theilung, d. h. es entstehen aus einer großen Faser durch Dichotomie zwei schwächere, divergirende Faserarme, die sich an ihrem gemeinschaftlichen Ausgangs- punkte entweder wie die Arme einer Stimmgabel vereinigen, oder durch allmähliche Annäherung unter sehr spitzem Winkel in die Hauptfaser übergehen. Je weiter sich die Theilfasern von ihrem Anfangspunkte entfernen, um so feiner werden sie, und so kommt es, dass man sie auf Querschnitten so schnell aus dem Auge verliert. Bilaterale Längsschnitie geben auch hier die beste Auskunft; ich habe darauf mehrfach beob- achtet, dass die hintere oder äußere Theilfaser nach der Seite ausbog und bis dicht unter die Austrittsstelle des Oculomotorius zu verfolgen war, während die innere Theilfaser nach vorn verlief und fast bis in die Seitenwand des III. Ventrikels hineinragte. Weiter habe ich nichts Bestimmtes ermitteln können; ich muss daher auch die von LANGERHANS aufgeworfene Frage unbeantwortet lassen, ob sich die Fasern mit den kleinen, neben dem austretenden Nerven gelegenen Zellen verbinden. Ob ferner ein Theil der Faserarme ihatsächlich in Oculomotoriusfasern übergeht, kann ich ebenfalls nicht entscheiden, da ich den kontinuir- lichen Austritt einer dieser Fasern nicht gesehen habe; doch muss ich hervorheben, dass mir der direkte Zusammenhang einzelner Fasern mit dem Nerven nicht sehr unwahrscheinlich ist, zumal ich bei P. fluviatilis 268 Friedrich Ahlborn, beobachtet habe, wie eine Theilfaser in den kompakten Faserzug des Nerven eindrang und bis zur Hirngrenze darin zu verfolgen war. Über das endliche Schicksal der zahlreichen feineren Fasern des Tractus habe ich nichts Bestimmtes ermitteln können, da dieselben nach vollzogener Keuzung nur schwer von den zahlreichen anderen hier vor- handenen Fasern zu unterscheiden sind. — Im Ganzen betrachtet scheint die besprochene mächtige Acusticus-Haubenbahn eine zweifache Bedeutung zu haben, indem sie das eine Mal — wie es in der Bezeich- nung Tractus oculomotorius LAnGErHAns’ liegt — eine Verbindung des Acusticus mit dem Oculomotorius herstellt, und gleichzeitig direkt vom Acusticus in die vorderen Hirnmassen überleitet. Es bleibt jetzt noch ein schon früher erwähntes Fasersystem zu be- trachten, welches in sehr eigenthümlicher Weise die sensible Trige- minuswurzel mit dem Acusticus verbindet. Auf bilateralen Längs- schnitten beobachtet man sehr häufig in einer bestimmten Schicht das Folgende: Aus der Acusticuswurzel tritt, schräg nach hinten gerichtet, eine mächtige Faser in das Gehirn, die den peripherischen Fortsätzen der MüLzer'schen Fasern an Stärke vollständig gleich kommt. Aber diese Faser setzt sich nicht mit einer der großen Zellen der Müuer’schen Fasern in Verbindung, sondern erfährt nach kurzem Verlauf in der an- fänglichen Richtung eine Gabelung in der Weise, dass der bei Weitem größte Antheil der Faser sich nach vorn gegen den Trigeminus-Austritt wendet, während nur ein verhältnismäßig feiner Faden nach hinten in der ursprünglichen Richtung weiter geht. Der Winkel, in welchem sich die beiden ungleich starken Gabelarme treffen, ist — wie ich dies auch bei der Gabelung der dicken Fasern der Acusticus-Haubenbahn beobachtet habe — durch eine feine Lamelle der Fasersubstanz abge- rundet, welche sich nach Art einer Schwimmhaut zwischen den beiden aus einander weichenden Armen ausspannt. Diese Verhältnisse treten auf den Schnitten mit so großer Bestimmtheit hervor, dass an eine Täu- schung nicht zu denken ist. Zuweilen bemerkt man auch eine geringe Anschwellung der Fasersubstanz im Gabelpunkte, so dass man zu der Vermuthung kommt, man habe es hier mit Zellen zu thun, welche nicht breiter wären, als die Faser selbst. Ob dem so ist, muss ich dahin ge- stellt sein lassen, da ich in der Gabelung einen Kern nicht sicher beob- achtet habe. Über den feinen, nach hinten gerichteten Faserarm kann ich weiter keine Angaben machen, wohl aber kann ich von dem stärke- ren vorderen berichten, dass er alsbald in den N. V. asc. eintritt und in dem lateralen Theile desselben das Gehirn mit der sensiblen Trige- minuswurzel verlässt. Alle die starken Fasern, die man in den Seiten- theilen des N. V. asc. kurz vor dem Nervenaustritt gewahr wird, sind Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten, 269 von der Art der eben beschriebenen Faserarme; alle biegen, sobald sie auf der Höhe des austretenden Acusticus sind, knieförmig zur Seite und treten mit dem Acusticus aus dem Hirn; ob sie dabei sämmtlich an den eigenthümlichen Gabelungen betheiligt sind, kann ich nur als wahr- scheinlich hinstellen, da ich natürlich nicht jede einzelne Faser in con- tinuo überblicken kann. Jedenfalls haben wir in diesen Fasern ein höchst interessantes Konnektivsystem vor uns, welches die beiden mächtigsten Nerven der Oblongata, den Gehörnerven mit dem Trige- minus, unmittelbar verbindet, und welches in seiner besonderen Art bis jetzt wohl einzig dastehen dürfte. Für eine vergleichend ana- tomische Betrachtung des Vertebratenhirns werden diese und ähnliche überaus durchsichtige Verhältnisse des Gehirns der Petromyzonten ge- wiss nicht ohne Bedeutung sein, doch sehe ich mich genöthigt, mich hier auf die rein anatomische Darstellung des Gegenstandes zu be- schränken, ohne auf eine Vergleichung mit analogen Verhältnissen an- derer Vertebraten einzugehen. Alle die Elemente, welche in der beschriebenen Weise mit einander den Gehörnerven konstituiren, gelangen nun theils durch die obere, theils durch die untere Wurzel aus dem Hirn, wie es in den einzelnen Fällen angegeben ist; dennoch ist die Trennung der beiden Wurzeln im Innern des Gehirns keine prineipielle, und gerade so wie die beiden Nervenkerne in einander übergehen, so treten auch einzelne Faserstränge des unteren Kernes mit der oberen Wurzel aus dem Hirn, und umge- kehrt solche des oberen Kernes mit der unteren Wurzel. Beide Wurzeln vereinigen sich wieder im Ganglion Nervi acustici, durch dessen Vermitt- lung sie endlich in das Gehörorgan eingeführt werden. Das Ursprungsganglion des Facialis ist aufs deutlichste zu einem Nervenkerne zusammengefügt, welcher über den Acusticuskernen im obersten Rande der Hirnwand liegt, da, wo dieser im Begriff ist, in das Cerebellum überzugehen. Der Kern ist wohl nur halb so lang als die acustischen; er ist dunkler gefärbt als diese und hat die Form einer kurzen, ein wenig gegen die Mediane gekrümmten Spindel. Die Zellen des Kernes sind klein, hell gefärbt, und besitzen bei spindelförmiger Gestalt einen großen granulirten Kern. Die Fasern, welche von dem lateralen und vorgewölbten Rande des Kernes konvergent nach außen ziehen, sind von feinerem Kaliber und einander sehr ähnlich; sie ver- einigen sich in einiger Entfernung über dem oberen Acusticus zu einem ansehnlichen Nervenfaden, der dann zunächst an den Verlauf des Acu- Sticus gebunden ist. Das weitere Verhalten des Facialis haben wir be- reits früher kennen gelernt. 270 Friedrich Ahlborn, IV. Nervus trochlearis. Die Fasern des IV. Hirnnervenpaares nehmen ihren Ursprung aus einem kleinen Ganglion, welches etwa auf gleicher Höhe mit dem Facialiskern, oben über dem vorderen Ende des Ganglion N. V. transv., im Cerebellum liegt, und zwar an der Stelle, wo dieses nach hinten in die Seitenwand des IV. Ventrikels, nach vorn in die Wand des Aquaeductus übergeht (Fig. 20 G.N.IV). Ich betone, dass das Gan- glion in allen seinen Theilen vollständig in den Bereich des Ill. Hirn- bläschens fällt, und dass weder eine Zelle noch ein Fortsatz von diesem Ganglion in das Mittelhirn übertritt. — Die Zellen sind von geringer Größe, langgestreckt in der Richtung der Nervenfasern, die man oft von ihrem nach außen gerichteten Pole abgehen und austreten sieht. Nach innen stehen sie wie Zellen des centralen Grau mit der subepithelialen Spongiosa in Verbindung. Von Farbstoffen werden sie stark inbibirt und, ähnlich den motorischen Trigeminusganglien, dunkel gefärbt; der große, granulirte Kern bleibt heller, nur ein kugeliges Kernkörperchen nimmt wieder eine dunklere, schön glänzende Farbe an. Einzelne Zellen haben die laterale Lage der übrigen verlassen und liegen nun im Gerebellum quer in der Mediane; andere kommen dieser Lage sehr nahe und senden ihre nach innen gerichteten Fortsätze über die Mediane hinweg in die antimere Hirnhälfte. Eine Kreuzung von peripherischen Trochlearisfasern in der Mediane habe ich nicht beobachtet; dagegen sehe ich an dieser Stelle eine kleine Gruppe von Fasern, die aus der Acusticusgegend kommen, in das Trochlearisganglion eindringen und dicht an der ventralen Fläche des Gerebellum die Mediane überschrei- ten. Eine nähere Beziehung dieser Fasern zum Trochlearis habe ich nicht ermitteln können. — Die peripherischen Fortsätze der Ganglien- zellen ziehen getrennt im schlanken Bogen zur Seite und vereinigen sich erst an der Austrittsstelle zu einem feinen Nerven, dem Nervus trochlearis. V. Nervus oculomotorius. LANGERHANS lässt den Oculomotorius durch das Zusammenwirken seines Tractus oculomotorius mit den vordersten kolossalen Ganglien- zellen und einer Anzahl miitelgroßer und größerer Zellen der vordersten Oblongatabasis entstehen. | Was nun zunächst den Tractus oculomotorius beirifft, den LAnGER- HANS beschrieben hat, so haben wir oben gesehen, dass dieses mäch- tige Faserbündel in erster Linie als eine acustische Bahn anzusehen ist, die in der Nähe des Oculomotorius mit ihrem Gegenpart kreuzt und dann unter Spaltung und Gabelung der Fasern aufgelöst wird; es ist Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 271 auch bereits näher ausgeführt, in wie weit man dieser Acusticusbahn eine Theilnahme am Aufbau des Oculomotorius zuschreiben kann. Auch die kolossalen Ganglienzellen, die LAnGEruAns als Komponenten des Oculomotorius bezeichnet, haben wir schon weiter oben zu be- trachten Gelegenheit gehabt. Es sind die vier vordersten, in das Mittel- hirn hineinragenden Paare von Riesenzellen, deren mächtige, baum- formig verzweigte Fortsätze weithin die ganze Hirnwand durchziehen und wegen ihrer intensiven Osmiumfarbe ausnehmend sicher zu ver- folgen sind. Kein einziges meiner Präparate bietet aber irgend eine Stütze für den Zusammenhang dieser Zellen mit dem Oculomotorius, und ich kann nach sorgfältiger Prüfung und Beobachtung mit Bestimmt- heit behaupten, dass die Riesenzellen nicht am Aufbau des Oculomo- torius Theil nehmen. Als wirkliche Ursprungsganglien haben wir einzig und allein die kleineren Ganglienzellen anzusehen. — Folgt man dem Oculomotorius von seiner Austrittsstelle in das Innere des Gehirns, so erscheint derselbe als ein kräftiger, kompakter oder vorübergehend ge- spaltener Faserzug, der im flachen, nach vorn und unten konkaven Bogen fast senkrecht gegen die Mediane trifft und, indem er (der Rich- tung des Bogens weiter folgend) wenig nach vorn und oben geneigt weiter zieht, ein vollkommenes und ausgezeichnetes Ghiasma mit seinem Antimer eingeht. Diesem Faserzuge gebührt thatsächlich die Bezeich- nung des Tractus oculomotorius, die LAnGErsans irrthümlicher- weise der Acusticus-Haubenbahn beigelegt hat. Der Winkel, unter welchem die beiden Tractus kreuzen, ist ein sehr flacher. Schon inner- ‚halb des ziemlich scharf begrenzten Kreuzungsbezirks beginnen die ‚einzelnen Fasern sich allmählich zu verfeinern und jenseits des Chiasma haben sie eine solche Feinheit erreicht, dass man sie nur noch eine kurze ‚Strecke kontinuirlich verfolgen kann: der Tractus ist dann nur noch in seiner Gesammtheit erkennbar und alsbald gänzlich verschwunden. In dieser Region nun befindet sich zur Seite der Mediane ein Ganglion, _ dessen zahlreiche Elemente locker und in unregelmäßiger Anordnung ‚zwischen die Masse der verschiedenen hier zur Kreuzung schreitenden Längsfasern eingebettet sind. Dies ist das Ganglion des Oculomotorius. Seine Zellen sind meist nicht viel größer als die kleinen beerenförmigen Zellen, die dicht hinter dem Chiasma im centralen Grau in so großer Menge vorhanden sind; aber sie verhalten sich gegen Farbstoffe anders als diese, nämlich gerade so wie die Ganglienzellen des Trochlearis und der transversalen, motorischen Trigeminusbahn. Ihrer Form nach müssen sie als vielgestaltig bezeichnet werden, doch scheint die spindel- förmige Gestalt vorzuherrschen. Da nun der Tractus oculomotorius direkt auf diese Zelle gerichtet ist, und umgekehrt die feinen Fortsätze Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 18 272 Friedrich Ahlborn, der Zellen die Bahn des Tractus einschlagen, daich endlich in besonders günstigen Fällen den unmittelbaren Zusammenhang einer Nervenfaser mit einer Zelle wiederholt beobachtet habe, so kann kein Zweifel mehr bestehen, dass hier in der That das Oculomotoriusganglion vorliegt, aus welchem zum mindesten das Gros der Fasern hervorgeht. — An dies Ganglion schließt sich seitlich eine kleine Gruppe etwas größerer Zellen, welche dem austretenden Tractus sehr enge angelagert ist und bis dicht an die Austritisstelle des Nerven hinanreicht. Diese Zellen stimmen in allen wesentlichen Merkmalen mit den mehr medial gelegenen des Ocu- lomotoriusganglion überein und sind nach ihrer Lage und Stellung als ein laterales Horn des letzteren aufzufassen. Der Form und Stellung nach zu urtheilen, senden die Zellen ihren Achsencylinderfortsatz eben- falls gegen die Mediane und in den jenseitigen Tractus, doch mag es in einzelnen Fällen auch vorkommen, dass eine Faser an derselben Seite und ohne zu kreuzen das Hirn verlässt. Die Längsfasersysteme des Gehirns. Die zahlreichen Längsfasern der Oblongata, welche mit den be- sprochenen Hirnnerven, speciell mit dem Acusticus, in keinem ofien- kundigen Zusammenhange stehen, setzen der genaueren Beobachtung und Beurtheilung ziemlich große Schwierigkeiten entgegen, da sie meist nicht in geschlossene oder einigermaßen abgegrenzte Bündel zusammen- gefasst sind, wie wir sie bei den. höheren Vertebraten, den Teleostiern, zu finden gewohnt sind. Es ist aber sehr wohl möglich, dass es einer späteren Untersuchung gelingen wird, hier noch manche thatsächliche Beziehungen zu ermitteln, die ich bis jetzt noch nicht erkannt habe. Von den Längsfasern, welche aus dem Rückenmark in das Gehirn übertreten, haben wir bereits bei der Besprechung der centralen Nerven- bahnen die meisten näher betrachtet und so weit es anging verfolgt. Hierher gehören besonders die Mürzer’schen Fasern, und wenn man will die aufsteigende, sensible Trigeminusbahn des Funiculus dorsalis. Der noch nicht weiter besprochene Rest der Rückenmarkfasern erfährt in. der Medulla oblongata durch Hinzutreten zahlreicher feinerer Elemente eine bedeutende Vermehrung und soll jetzt etwas eingehender betrachtet werden. — Einer der wesentlichsten Unterschiede, die beim Vergleich des Rückenmarks mit dem Nachhirn zu Tage treten, ist eine ausgedehnte Kreuzung von Längsfasern in der Oblongatabasis. Diese Kreuzungen beginnen mit dem Hypoglossus, schließen in sich das Chiasma der Mürzer’schen Fasern, und erstrecken sich bis in die vorderste Region des Nachhirns, wo sie mit der sog. Gommissura ansulata unterhalb des Chiasma tractus oculomotorii und der Acusticus-Haubenbahn ein Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 2373 Ende nehmen. Sie liegen größtentheils in horizontalen Ebenen, und können daher am besten auf bilateralen Längsschnitten gesehen werden; nur im vordersten Gebiete (etwa 10,5 bis 13,0 I der Figur p. 239) sind sie steil aufgerichtet und besser auf nach vorn geneigten Quer- schnitten zu verfolgen. Im Lobus n. vagi zeigen die kreuzenden Fasern, die hier noch zu besprechen sind, keine erkennbare und in irgend einer Weise charakteristische Gruppirung; man sieht immer nur einzelne, isolirte Fasern, und wenn es auch gelänge, eine derselben bis zu einem bestimmbaren Punkte zu verfolgen, so würde man immer nur eine isolirte Beobachtung gemacht haben, die zu irgend welchen allgemeinen Schlüssen über die nicht verfolgten Fasern nicht berechtigten. Nur an einer Stelle ist es zu einer charakteristischen Bündelbildung ‚gekommen, und dieses Fasersystem ist das»HintereLängsbündel«. Dasselbe liegt in der Verlängerung der ungekreuzten medialen MüLLEr- schen Fasern, d. h. in der Basis des Lobus acusticus rechts und links dicht neben den ventralen Zellen des centralen Grau. Seine Entstehung kann man deutlich an Querschnitten verfolgen. Nachdem die Kreuzung der Mürzer’schen Fasern vollendet ist, ziehen die ungekreuzten Fasern ohne wesentliche Veränderung zunächst noch ein Stück weiter nach vorn, bis sie unter den nun auftretenden kolossalen Ganglienzellen der ventralen Zellgruppe angekommen sind. Vor diesen Zellen finden sich auf dem Querschnitt an der alten Stelle nur noch zwei bis drei Fasern, die nach ihrer Stärke als Mürzer’sche bezeichnet werden können. Diese drei Fasern scheinen die einzigen zu sein, welche aus dem Funiculus ventralis des Rückenmarks und der hinteren Oblongata in das hintere Längsbündel übergehen, sie bilden gleichsam den Stamm dieses Bündels. Indem sie jetzt in geringer Entfernung von einander dicht unter dem motorischen Trigeminusganglion nach vorn weiter ziehen, schließen sich ihrem Laufe Anfangs locker, dann immer mehr zusammengedrängt, zahl- reiche feinere Fasern an, die sich aus den ventralen und seitlichen Re- sionen der Basis zu sammeln scheinen. Das Bündel gewinnt so nach ‘vorn fortschreitend immer mehr an Stärke und ist nach innen deutlich begrenzt, nach außen wie geöffnet. Es zieht nun dicht unter der kolossalen Zelle fort, die vor dem vorderen Ende des Ganglion N. V. ir. etwa in halber Höhe der Wand des Aquaeducius in einem kleinen Gan- - glion gelageri ist, so dass es wohl möglich ist, dass hier eine der drei Stammfasern endigt. Unterhalb des Chiasma tractus oculomot. und der Acusticus-Haubenbahn erfährt das hintere Längsbündel ebenfalls eine Kreuzung, die jedenfalls eine vollständige ist; zwar haben sich einige Fasern vor dem Beginn der Kreuzung zur Seite geschoben und von dem Haupizuge abgelöst, indem sie die Richtung auf den Oculomotoriusaus- 18* 274 Friedrich Ahlborn, tritt und die lateralen Zeilen seines Ganglion verfolgen, aber man kann häufig beobachten, wie sie seitlich dicht über dem Tractus oculomot. mit kurzer Krümmung zur Kreuzung schreiten, ohne sich irgend wie mit dem Nerven oder den Zellen zu verbinden. Nach der Kreuzung bilden die Fasern kein geschlossenes Bündel mehr; sie treten in der Richtung nach vorn oben in das Zwischenhirn über, wo sie auf Längsschnitten noch eine weite Strecke unterhalb des Tractus opticus verfolgt werden können und endlich, immer feiner werdend, verschwinden. Neben dem hinteren Längsbündel ist die ganze weiße Substanz der Oblongatabasis mit feinen, wohl sämmtlich gekreuzten Längsfasern angefüllt, welche, ohne eine bestimmte bündelweise Anordnung er- kennen zu lassen, von unten und hinten in das Mittelhirn eintreten und nur sehr schwer weiter verfolgt werden können. Über das Woher und Wohin aller dieser Fasermassen könnte ich höchstens Vermuthungen anstellen, durch welche jedoch die Sache selbst kaum gefördert werden würde. Vordere Hirnhälfte, Praechordalhirn. (Mittelhirn, Zwischenhirn, Vorderhirn.) Die vorderen Hirntheile besitzen einen wesentlich anderen Cha- rakter als die Medulla oblongata. Mit dem Fehlen der sog. spinal- artigen Nerven geht Hand in Hand ein Fortfallen aller der großen und mannigfaltigen, oft kolossalen Elemente zelliger und faseriger Art, welche dem Nachhirn und auch dem Rückenmark einen so eigenartigen inneren Habitus verleihen; statt dessen sind hier stets kleinere und feinere Verhältnisse der Elemente vorherrschend, wenn nicht ausschließ- lich vorhanden. Im centralen Grau herrscht allgemein dieselbe An- ordnung wie im Nachhirn, d. h. es folgt auf das Ependym eine Schicht zellenloser Spongiosa von wechselnder Stärke, und im Umfang derselben eine mehr oder weniger scharf begrenzte Lage kleiner Zellen. Diese stimmen der Mehrzahl nach in allen Eigenschaften vollständig mit denen überein, welche wir in der Wand des Aquaeductus oberhalb des Gan- glion interpedunculare angetroffen haben, selbst die eigenthümliche Reihenstellung kann man fast auf allen Querschniiten durch das Zwischenhirn beobachten. In der Region des Infundibulum fehlt die subepitheliale Spongiosa und die kleinen Zellen schließen sich dicht ge- drängt an das Ependym; im Vorderhirn sind die Zellen unregelmäßig in der ganzen Hirnwand zerstreut, indem sie, ähnlich wie die vorge- schobenen Zellen des Ganglion interpedunculare, von ihrer ursprünglich und vorherrschend centralen, subepithelialen Lage mehr oder weniger weit nach außen vorgedrungen zu sein scheinen. — Auch im Mittelhirn Y « Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 375 und Zwischenhirn finden sich die kleinen Zellen außerhalb des centralen Grau in der peripheren Spongiosa, doch hier stets nur einzeln und zer- streut. Endlich ist auch das ganze Ganglion habenulae aus solchen Zellen zusammengesetzt: wir werden hierauf beim Mevnxerr'schen Bündel zurückkommen. Anders gestaltete Zellen habe ich nur noch im Lobus olfactorius (Fig. 51 a) und im Tectum opticum wahrgenommen, wo sie jedenfalls mit den Ursprüngen des Nervus olfactorius resp. des optischen Trac- tus in naher Beziehung stehen ; und endlich in den Hemisphären, wo sie, dunkel gefärbt und mit großen und hellen, granulirten Kernen ver- sehen, regellos zwischen den hellen Zellen angetroffen werden und ge- wöhnlich mehrere Fortsätze besitzen. Nervus opticus. Die topographischen Verhältnisse des Tractus opticus und die eigenthümliche Art des Chiasma wurden bereits im I. Theil dieser Abhandlung ausführlich besprochen, ich habe daher hier nur noch wenig Neues hinzuzufügen, was ich über die centrale Endi- gung des Tractus so wie über den eigenartigen Bau des Nerven habe ermitteln können. Die Fasern des Tractus bilden in der Wand des Zwischenhirns ein breites und wohlbegrenztes Bündel; sobald sie sich aber zum Übergang in das Tectum opticum anschicken, beginnt das Bündel lockerer und offener zu werden, indem es sich parallel der dorsolateralen Oberfläche der Eminentia bigemina in die Breite zieht. Auf bilateralen Längsschnitten kann man den weiteren Verlauf der Fasern am besten verfolgen und beobachten, wie sie sich garben- förmig in der peripheren Spongiosa des Tectum opticum verbreiten und ziemlich nahe der Oberfläche unter der hinteren Circumferenz dieses Hirntheils die Medianebene erreichen. Ein großer Theil der Fasern scheint vorher ein Ende zu finden, einige überschreiten jedoch sicher die Mediane. Innerhalb des ganzen Bereichs, in welchem sich die Auf- lösung des Tractus vollzieht, finden sich nun zahlreiche kleine, dunkel gefärbte Körnerzellen, die oft in der Richtung der optischen Fasern in ‚die Länge gestreckt sind und sich sehr bestimmt von den kleinen hellen Zellen unterscheiden lassen; sie besitzen an jedem Pole einen feinen, kurzen Fortsatz, über dessen Schicksal ich nichts aussagen kann. Daneben habe ich auch noch vereinzelie kleine Ganglienzellen beob- achtet, die sich bei dreieckiger oder spindelförmiger Gestalt gut gefärbt hatten und einen helleren, körnigen Kern besaßen. Es ist nicht zu _ bezweifeln, dass alle diese Zellen, die sich nur in dem centralen Aus- breitungsbezirk des Opticus vorfinden, auf irgend eine Weise mit dem Nerven zusammenhängen, wie dies aber geschehen mag, muss ich dahingestellt sein lassen. 276 Friedrich Ahlborn, Die Lage des Ghiasma tractus optici ist bereits im I. Theil näher bestimmt, wo ich angegeben habe, dass sich die Kreuzung der optischen Faser an der Basis und unter der vorderen Oberfläche der Commissura transversa Halleri vollzieht. Es bedarf hierzu noch einiger Ausführungen, um die in meiner vorläufigen Mittheilung gegebenen Andeutungen über diesen Punkt in das richtige Licht zu stellen. Da, wo der Tractus opticus an der Wand des Zwischenhirns gegen die Commissura transversa herabzieht, sieht man, wie sich nach und nach eine kleine Anzahl von Fasern nach innen von dem medialen Rande des Tractus ansammelt und einen feinen Faserzug bildet, der fast parallel mit dem Tractus verläuft und aus der Regio thalamica des Zwischenhirn zu entspringen scheint. Dieser Faserzug ist es, der ober- halb des großen Ghiasma an der vorderen Fläche des als Commissura transversa bezeichneten Querbalkens eine besondere Kreuzung erfährt. Die Fasern bilden dabei, wie dies wiederum auf Längsschnitten am besten hervortritt, sehr steile Kreuze und sind in einer dünnen Lage über die ganze vordere Seite der Commissura transversa verbreitet. Vorn ziehen sie über die noch nicht gekreuzien Tractus zur Seite und senken sich dann von oben her in den beginnenden Sehnerven, bevor derselbe das Hirn verlassen hat. — Der starke, äußere Tractus opticus behält während der Kreuzung seine frühere oberflächliche Lage bei und überschreitet daher die Mediane ganz nahe der Basis der Gommis- sura transversa. Das dadurch entstehende große optische Chiasma ist ein totales, denn alle Fasern des Tractus sind ihm unterworfen; es liegt vollständig innerhalb des Gehirns und ist äußerlich nicht zu erkennen, so dass die beiden Sehnerven scheinbar ohne engere Ver- knüpfung und von einander getrennt das Hirn verlassen. An der Austrittsstelle ordnen sich alle optischen Fasern zu einem hohlen CGylinder zusammen, entsprechend der Lagerung, welche sie in dem peripheren Nerv einnehmen sollen. Der Nerv selbst umfasst nämlich außer den optischen Fasern und der äußeren Hülle, welche eine Fortsetzung der Pia darstellt, noch eine eigenthümliche Substanz von ausgesprochen bindegewebigem Habitus. Dieselbe liegt in der Achse des Nerven in Gestalt eines centralen, soliden Gylinders, dessen Durchmesser etwa den dritten Theil des Gesammtdurchmessers des Nerven ausmacht. Der Achsenstrang enthält in einer radiärfaserigen Grundsubstanz zahlreiche längliche, quergestellte Kerne eingelagert, ohne bestimmte Zellgrenzen erkennen zu lassen, und steht durch zahllose feine Radiär- fasern mit der Nervenscheide in Zusammenhang. So bleibt denn für die optischen Fasern innerhalb des Nerven nur der nach außen ge- Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. ITT legene Raum übrig, welcher von den feinen Bindegewebsfibrillen trans- versal durchsetzt ist; hier sammeln sie sich beim Austritt aus dem Hirn und bleiben in dieser Lage bis zum Übergang in die Retina, wo der bindegewebige Achsenstrang und die Radialfasern nicht mehr existiren. Durch das Zurücktreten des Bindegewebes wird der Durchmesser des Nerven an der Grenze des Auges erheblich kleiner; es findet sich hier nur noch eine geringe Anzahl von Kernen, von deren Polen ein feiner Faserfortsatz zur Seite geht. Diese wenigen Kerne scheint auch LAnGer- HANS beobachtet zu haben, aber die zahlreichen kleinen Kerne und die eigenartige Zusammensetzung des Sehnerven hat er übersehen, denn er sagt. geradezu: ».... sonst sind im Opticus keine anderen Kerne vorhanden«. — Der bindegewebige Achsencylinder des Opticus nimmt bei den Petromyzonten dieselbe Stelle ein, an welcher wir bei höheren Vertebraten Gefäße vorfinden; eine Aorta centralis ist hier nicht vor- handen, sie scheint durch eine kleine, dicht neben dem Nerven ver- laufende Arterie ersetzt zu sein, die jedoch nicht — wenigstens zu- nächst nicht — in der Retina, sondern in der Chorioidea ausgebreitet wird. — Außerhalb der Schädelhöhle ist der Opticus von einer dicken bindegewebigen Hülle umgeben, welche als die direkte Fortsetzung der den Schädel auskleidenden Dura mater anzusehen ist. Die intra- eranielle Pja-Umhüllung verschmilzt vollständig mit der Dura da, wo der Nerv aus dem Schädel tritt. In geringer Entfernung vor dem Auge wird die dicke Nervenscheide auf eine feine Haut reducirt, welche beim Eintritt. des Opticus gleichförmig auf den Bulbus übergeht und so eine sehr dünne Sclera bildet. Zahlreiche dunkle Pigmentzellen umspinnen den Nerven von außen um so dichter, je mehr er sich dem Auge nähert. Zu erwähnen sind tiefe, einseitige Einschnürungen des Nerven, wie es in Fig. 40 bei N.II gezeichnet ist. Beim Eintritt in die Retina wendet sich der größte Theil der ‚optischen Fasern gegen die Achse des Nerven, und es entsteht so eine eigenthümliche Kreuzung (Fig. 40), wie sie LanGeruans bereits be- schrieben und abgebildet hat. Indem sich dann die Fasern sämmtlich von der Nervenachse abwenden, treten sie seitlich in die Retina. Dabei sind sie jedoch nicht, wie LAnGErnans beschreibt, in eine dünne Schicht ausgebreitet, sondern sie sind in viele platte Bündelchen vertheilt, welche von der Kreuzungsstelle aus strahlenförmig unter der Limitans interna entlang ziehen und nach und nach, indem sie nach den Seiten hin Fasern abgeben und sich verzweigen, aufgelöst werden. Nervus olfactorius. Die Fasern des Olfactorius verbreiten sich in centraler Richtung unter der Oberfläche des Lobus olfactorius, ' indem sie an der Eintrittsstelle in das Gehirn nach allen Seiten aus 278 Friedrich Ahlborn, einander fahren und sich nach einander mit den Glomerulis in Verbin- dung setzen. Letztere sind von ungleicher Größe und über den ganzen Umfang des Lobus zerstreut (Fig. 50); dabei besitzen sie eine so ober- flächliche Lage, dass sie sich — besonders bei den großen Petromy- zonten — selbst über die Außenfläche des Lobus hervorwölben, und dieser so eine eigenthümlich wellige und hügelige Beschaffenheit ver- leihen. Bei P. Planeri tritt dieses Verhältnis jedoch nicht, oder nur sehr undeutlich zu Tage, und die Oberfläche des Lobus unterscheidet sich hier kaum von der der Hemisphären. Die Glomeruli sind gut ausgebildet (Fig. 51 b); sie bestehen haupt- sächlich aus einem sphäroidischen Komplex einer dichten, feinmaschigen Grundsubstanz, welcher sich durch seine dunklere Farbe sehr bestimmt von dem umgebenden Hirn abhebt. In die Maschen sind auf Schnitten zahlreiche, durch Osmiumsäure tief schwarz gefärbte punktförmige Körnchen eingelagert. Nur selten trifft man in einem Glomerulus ein- zelne der kleinen hellen und beerenförmigen Zellen, die sich in dem ganzen Vorderhirn verbreitet finden; dagegen ist die nach innen ge- wandte, den eintretenden olfactorischen Fasern entgegengesetzte Seite der Glomeruli größtentheils mit kleineren, grau gefärbten, multipolaren Ganglienzellen besetzt, weiche einen stärkeren Fortsatz in den Glome- rulus, und mehrere kleinere in das Innere des Lobus olfact. absenden. Der Eintritt der Fasern des Olfactorius in die Glomeruli ist leicht zu be- obachten; wie sie aber darin endigen, kann man vorläufig nicht durch direkte Beobachtung ermitteln, das muss der Theorie zur Entscheidung überlassen werden. Die Lamina terminalis ist rein epithelialer Natur, es kann daher auch in ihr ein Faseraustausch zwischen den beiden Hälften des sekundären Vorderhirns, speciell der Lobi olfactorii, nicht stattfinden. Dagegen ist de Commissurainterlobularis eine echte Com- missur (Fig. 50), welche eine leitende Verbindung zwischen den beiden Antimeren herstellt. Sie enthält ein kräftiges commissurales Faser- bündel, welches sich seitlich in eine Anzahl nach hinten zurückgeboge- ner Fascikel spaltet und daher in erster Linie als eine Commissur der Hemisphären anzusehen ist. Die Epiphysis. Der fadenförmige Stiel der Epiphyse besitzt in seinem proxima- len, soliden Abschnitt ein Gewebe, in welchem der ursprünglich epitheliale Charakter der Zirbelausstülpung vollständig verwischt ist!. Es ist eine 1 Carrie (l. c. 4) sagt über das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, gi: Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 379 feinkörnige, faserige bis homogene Grundsubstanz, in welche zahlreiche kleine Körnchen und mit feinen fibrillären Fortsätzen versehene Zellen eingelagert sind. Dazwischen findet sich ein aus feinsten kugeligen Körnchen bestehendes schneeweißes Pigment, welches nach vorn in demselben Maße zunimmt, als der Faden an Stärke und Zellenreichthum gewinnt. Dieses Pigment ist vollkommen undurchsichtig, und je näher die einzelnen Körnchen bei einander liegen, um so unklarer werden die Bilder, die man auf Schnitten von dem histologischen Bau der Epiphyse erhält. — Sobald in der Nähe des oberen Bläschens der Epiphyse der Hohlraum des Stieles seinen Anfang nimmt, werden die rundlichen Zellen und Kerne des Fadens gegen die Oberfläche desselben ver- schoben, und die weißen Pigmentkörner drängen sich in einer breiten Schicht zusammen, die das Lumen des Kanals zunächst umgiebt. Da- durch ist nun zwar in so fern eine Klärung eingetreten, als man jetzt die Zellen der peripheren Schicht sehr deutlich vor sich sieht; aber die centrale Schicht, die jetzt allein das Pigment enthält, ist um so trüber und unkenntlicher geworden: das Einzige, was man erkennen kann, ist eine grobe Radialstreifung, welche dem Gewebe, so weit es pigment- führend ist, den Ausdruck eines hohen Cylinderepithels verleiht (Fig. 44, 46). Es ist mir nicht gelungen, an dieser Stelle eine einzelne, gut ab- gegrenzte Zelle zu erkennen, welche das thatsächliche Vorhandensein eines inneren Cylinderepithels der Epiphyse bestätigte, dagegen glaube ich mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, dass die Radialstreifung der pigmentirten Gewebsschicht durch die nach innen gerichteten Fortsätze Ganoiden und Teleostiern, dass er es für Bindegewebe ansehe; er nennt es dann »primordiaal bindweefsel (!!), omdat tusschencelzelfstandigheid, Of schaars aanwezig is, Öf niet optreedt, in elk geval de cellichamen nog weinig tusschen- celzelfstandigheid hebben afgescheiden en deze nog niet tot fibrillen is vervormd«. — Was hier das Wort »primordiaal« bedeuten soll, ist mir nicht recht klar geworden; aber, hiervon abgesehen, kann ich die Bezeichnung des Epiphysengewebes als Bindegewebe schlechthin nicht anerkennen, denn es ist nicht denkbar, dass alle die ursprünglichen, ektodermalen Elemente der Epiphyse, denen dieses Organ seine Entstehung verdankt, im definitiven Zustande nicht mehr vorhanden sein sollten; es ist vielmehr anzunehmen, dass der bei Weitem größte Theil aller zelligen Elemente Abkömmlinge des primitiven neuralen Ektodermepithels sind. Die Thatsache, dass die Zellen fibrilläre Fortsätze besitzen, ist gar kein Be- weis für den mesodermalen Ursprung der Zellen, den man zum Ausdruck bringt, wenn man sie als Bindegewebe bezeichnet; denn sonst wäre das ganze Gehirn Bindegewebe, wo doch zweifellos jede Zelle einen oder mehrere solcher Fortsätze aufzuweisen hat. Dass jedoch in der That neben den ektodermalen Elementen auch Theile von Bindegewebe, aus der Pia stammend, vorhanden sind, wird Nie- mand bestreiten können, aber dieserhalb besteht die ganze Epiphyse noch nicht aus Bindegewebe, und noch dazu aus einem primordialen. 280 Friedrich Ahlborn, der im Umfange gelegenen Zellen und vielleicht auch durch bindege- webige Faserzüge hervorgerufen wird, welche von der Pia aus zwischen die ektodermalen Gewebstheile der Epiphyse eindringen. Die Gründe hierfür treten jedoch erst deutlich hervor bei der Betrachtung des oberen Bläschens der Epiphyse, welches ja auch als eine Er- weiterung und Fortsetzung des fadenförmigen Stieles angesehen werden kann. Hier ist das weiße Pigment in einer viel mächtigeren Schicht vorhanden, welche sich über die ganze basale Wand des Bläschens er- streckt. Diese Schicht ist von dem Hohlraume meist durch eine dünne Lage eines grobkörnigen und nur selten Kerne führenden Gewebes ab- geschlossen, und an ihrem äußeren Umfange durch eine vorherrschend aus Zellen bestehende Schicht von der Pia getrennt. Sie besitzt dieselben Eigenschaften, wie die pigmentführende Schicht des proximalen, faden- föormigen Abschnittes der Epiphyse, nur in viel größerem Maßstabe, und die Beobachtung ist auch hier durch das massenhaft abgelagerte, un- durchsichtige Pigment sehr erschwert. Die Zellen am äußeren Umfange der Schicht sind wohl sämmtlich von birnförmiger Gestalt, sie besitzen einen dunklen, granulirten Kern, der gewöhnlich mit der Spitze der Zelle zusammenhängt, und einen feinen, von der Spitze ausgehenden Fortsatz. Auf günstig gefallenen Querschnitten sehe ich nun, dass die Fortsätze fast sämmitlicher Zellen in die pigmentführende Schicht ein- dringen, und zwar genau in der Richtung der radialen Streifung (vgl. Fig. 47). Es ist daher nicht zu bezweifeln, dass diese Streifung wenig- stens theilweise durch die Fortsätze der erwähnten Zellen erzeugt wird. Weniger sicher und jedenfalls viel untergeordneter ist die Theilnahme bindegewebiger, von der Pia ausgehender Fasern an der Streifung der pigmentirten Schicht. Solche Fasern finden sich in großer Anzahl im ganzen Umfange der Epiphyse, einzeln und in Strängen vereinigt; sie stehen etwa rechtwinklig auf der Pia, und da sie von ihr nicht erkennbar abgegrenzt sind, glaube ich, ihnen die Bezeichnung binde- gewebiger Fasern geben zu können. Dieselben lassen sich an der Decke des Bläschens oft durch die ganze Dicke der Wand und — wenn das Bild nicht trügt — selbst noch darüber hinaus in die stalaktitischen, in die Höhle vorspringenden Zacken und Säulen des Gewebes verfolgen. Es ıst daher wahrscheinlich, dass diese Fasern auch im Boden des Bläs-. chens, wo sie wegen der zahlreicheren Zellen nicht so deutlich hervor- treten, eine ähnliche Ausdehnung besitzen, und dem zufolge in der Pig- mentschicht wie feine, dunkel durchschimmernde Linien erscheinen. Eine bestätigende Beobachtung steht mir jedoch hierüber nicht zur Ver- fügung. — Die dunklen Faserstreifen selbst lassen sich innerhalb der Pigmentschicht nicht weiter analysiren, man sieht nur, dass sie von L Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 381 außen nach innen allmählich breiter werden und kurz vor der inneren pigmentlosen Schicht unter kegelförmiger Erweiterung in das Gewebe dieser Schicht übergehen (Fig. 46, 47). Über die Natur dieser inneren Schicht kann ich ebenfalls keine weiteren und genaueren Angaben machen, da sie in ihrer Konsistenz und Stärke zu wechseln scheint und ohne Zweifel oft die Gerinnungsreste der in dem Hohlraume enthaltenen Flüssigkeit in sich schließt. — Was nun endlich die helleren Gewebs- streifen betrifft, welche in der pigmentirten Schicht der Epiphyse zwi- schen den dunkleren Radiärfasern liegen (und die man in dem Bereich des fadenförmigen Stieles für hohe cylindrische Zellen halten möchte), so ist es mir mit Hilfe einiger vorzüglich gefärbter und hinreichend feiner (etwa 0,02 mm) Schnitte gelungen, zahlreiche und dicht neben einander liegende Kerne darin nachzuweisen, welche bei elliptischem Umriss einen granulirten Inhalt besaßen und durch Karmin einen hellen, aber intensiven Farbenton erhalten hatten. Grenzen von zugehörigen Zellen habe ich aber nicht finden können. In verhältnismäßig geringer Anzahl sind solche elliptische Kerne auch bei den untersuchten kleinen Ammocoeten vorhanden, bei welchen das weiße Pigment noch nicht entwickelt ist, aber Zellgrenzen lassen sich auch hier nicht mit ge- nügender Sicherheit erkennen. Zwischen diesen Kernen entstehen mit dem fortschreitenden Alter der Thiere die feinen, punktförmigen Kon- kretionen des weißen Pigments, welches bald wie ein feiner Sand alle Theile der Gewebsschicht durchsetzt und der Epiphyse vor allen an- deren Körpertheilen der Petromyzonten charakteristisch ist. Es ist schon früher einmal von einem älteren Autor, ich weiß nicht wo, die Bemer- kung gemacht, dass in der Zirbel der Neunaugen eine dem Hirnsande der höheren Vertebraten und des Menschen analoge Bildung vorliege. Ich kann mich dieser Auffassung bezüglich des weihlen Pigments voll- ständig anschließen und noch hinzufügen, dass auch die chemische Zu- sammensetzung desselben mit dem im Wesentlichen aus einem Galcium- - phosphat bestehenden Hirnsande übereinzustimmen scheint. | In der dorsalen Wand des oberen Epiphysenbläschens fehlt das weiße Pigment. Die zelligen Elemente erscheinen größtentheils in Form runder Kerne, und nur vereinzelt finden sich größere helle Zellen, welche denjenigen der äußeren pigmentlosen Schicht der ventralen Wand gleichen. Dagegen treten hier überall die als Bindegewebe be- zeichneten Gewebsiheile auf, in der Weise, wie es oben näher beschrie- ben wurde. Von der inneren Fläche der Wand dringt das Gewebe in heller gefärbten, meist faserig erscheinenden Lappen und Zacken in den Hohlraum des Bläschens vor. Diese Zacken und Zapfen sind entweder fein und lösen sich in ein unregelmäßiges, lockeres Maschenwerk auf, 282 Friedrich Ahlborn, welches dann mit einem ähnlichen, vom Boden des Bläschens ausgehen- den Geflecht zusammenhängen kann; oder sie sind von bedeutender Mächtigkeit und durchsetzen die ganze Höhle bis zur ‘ventralen Wand hin in Form breiter oder schmaler stalaktitischer Säulen und Bänder, die durch seitliche Zacken mit dem Netzwerk der feineren verbunden sein können. Der Hohlraum erhält dadurch ein eigenthümlich lakunäres Aussehen, besonders wenn er nur eine geringe Höhe besitzt; sobald er höher und geräumiger ist — was bei den einzelnen Thieren schwankt — treten die ihn durchsetzenden Stränge und Geflechte mehr und mehr zurück und bilden endlich nur noch eine schmale, innerste Schicht der Epiphysenwand. Das untere Bläschen der Epiphyse besitzt hinsichtlich seines histologischen Baues große Ähnlichkeit mit dem oberen Bläschen, doch fehlt ihm die pigmentirte Schicht, und nur an der Stelle, wo es mit dem oberen Bläschen kommunicirt, dringt das Pigment des letzteren bis in die Wand des unteren Bläschens ein (Fig. 47). Die zelligen Elemente stimmen mit denen des oberen Bläschens vollkommen über- ein, sie liegen dicht neben einander und lassen besonders in der stärkeren, ventralen Wand einen hell gefärbten, meist birnförmigen Leib und einen dunkleren Kern erkennen, während in der dünneren, dor- salen Wand gewöhnlich nur runde Kerne und einzelne Zellen zu sehen sind. Der Hohlraum ist in ganz ähnlicher Weise von faserigen Gewebs- theilen durchsetzt, wie der des oberen Bläschens (Fig. 46). — Sehr merkwürdig ist die eigenihümliche Verknüpfung des unteren Bläschens mit der polsterförmigen Terminalanschwellung des linken Ganglion habenulae. Das Bläschen besitzt an der Basis der ventralen Wand eine zellenlose, feinkörnige Gewebslage, welche mit der spongiösen Hirnsub- stanz große Ähnlichkeit hat; und in die Schicht treten aus der darüber liegenden Zellenmasse zahlreiche feine Fasern ein, welche gegen die Mitte des Bodens konvergiren (Fig. 46 u. 4). An dieser Stelle nun, wo der vorderste Theil des linken Ganglion habenulae dicht unter der Epiphyse liegt, ist die trennende Pia durch eine kreisförmige Öffnung unterbrochen, und die benachbarten Organe stehen hier in Kontinuität. Auf Längs- schnitten sieht man, wie aus der Epiphyse Fasern durch die Öffnung der Pia in das Zirbelpolster eintreten (Fig. 44). Wie diese Verbindung der Theile zu Stande gekommen ist, vermag ich nicht zu sagen, und ich weiß auch nicht anzugeben, wie sie mit dem bekannten Entwick- lungsgange der Epiphyse in Einklang zu bringen wäre, da diese doch ursprünglich mit ihrem distalen Abschnitte nicht an die vordere Hirn- decke geknüpft ist. Mir selbst ist diese Verbindung eine Zeit lang Ver- anlassung gewesen zu der Annahme, dass das untere Epiphysenbläschen Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten, 283 den proximalen Theil der Glandula pinealis darstelle. Der primitive Ausgangspunkt der Epiphyse läge dann unmittelbar vor dem Zirbel- polster, und die Verbindung beider hätte nichts Auffallendes mehr. Allein die entwicklungsgeschichtliche Litteratur und die damit überein- stimmenden Beobachtungen an jungen Ammocoeten belehrten mich bald, dass die Epiphyse nicht hier entspringt, sondern, wie im I. Theil näher ausgeführt wurde, hinter dem Ganglion habenulae. Es bleibt dem- nach, wie es scheint, nichts Anderes übrig, als vorläufig anzunehmen, dass die Verbindung der Epiphyse mit dem Zirbelpolster durch eine partielle Resorption der Pia und sekundäre Verwachsung der Organe entstanden ist. Die Tubercula intermedia (Gangl. habenulae) und die daraus hervorgehenden Fasersysteme der Meynert’schen Bündel und der Taenia thalami. DieTuberculaintermedia sind zum größten Theil aus kleinen beerenförmigen, körnerartigen Zellen (Fig. 52) zusammengesetzt, die mit den kleinen, hell gefärbten Zellen der vorderen Hirnhälfte hinsicht- lich ihrer Gestalt übereinstimmen, aber nur selten den hellen, birn- förmigen Zellleib erkennen lassen, den man dort sehr häufig antrifft. Die Stellung der Zeilen hat große Ähnlichkeit mit der traubenartigen Anordnung, die wir bei den ganz gleich gestalteten kleinen Zellen des centralen Grau aus der Region des Gangl. interpedunculare und der Seitenwand des Zwischenhirns kennen gelernt haben; nur sind die Haupifortsätze der Zellen, so wie die daraus resultirende, der Trauben- spindel entsprechende Faser nicht gegen die Pia, sondern dem Innern des Ganglion zugewendet, wo sie in die daselbst vorhandenen Faser- bündel übergehen. Über die Formen der Zellen habe ich hier an besonders günstigen Schnitten sehr bestimmte Beobachtungen machen können. Der Kern ist - kugelig, granulirt, und besitzt an einer Seite einen spitz kegelförmigen "Aufsatz, in welchem die Granulirung fehlt. Aus der Spitze des Kegels, geht der Fortsatz der Zelle hervor. Außerdem sieht man aber an den Stellen, wo die Zellen etwas loser liegen, in der Umgebung des Kernes einen verhältnismäßig großen, hellen und durchsichtigen Raum von spitz eiförmiger Gestalt, dessen Umgrenzungslinie an der Spitze des kegel- formigen Kernaufsatzes in den Fortsatz überführt. Man wird annehmen müssen, dass der peripherische, helle Raum den Leib der Zelle dar- stellt. Überall, wo die Zellen enger zusammenliegen, fehlt der helle Raum im Umfange der sonst vollständig gleich beschaflenen Kernbil- dungen; es lässt sich dann immer nur der Kern mit dem kegelförmigen 2834 Friedrich Ahlborn, Ansatz erkennen, aus welchem der feine Stielfortsatz der Zelle direkt hervorgeht. An der dem Faseransatz gegenüber liegenden Seite des Kernes wird dieser durch äußerst feine Fädchen mit andern Körnern resp. mit der Pia verbunden, während er bei den mit hellem Hof um- gebenen Körnern stets frei in den Raum hineinragt, und die feinen Fäd- chen an die Zellwand geknüpft sind. An der Stelle, wo die Tubercula intermedia seitlich mit der Wand des Thalamus opticus fest verwachsen sind, treten die mächtigen, asym- metrischen MEYnertT’schen Bündel von unten her in das zugehörige . Ganglion habenulae. Beide Bündel steigen im vorderen, ventralen Theile der Tubercula intermedia empor (Fig. 38, 39). Das große, rechts- seitige Bündel breitet sich dabei zunächst in eine breite, gekrümmte Platte aus, von welcher nach und nach die Fasern in sekundären Bündeln nach innen abgespalten werden, so dass endlich der am meisten lateral gelegene Faserstrang dicht unter dem obersten Rande des rechten Gan- glion habenulae im Bogen nach der linken Körperseite hinüberzieht. Das kleinere, linke Mrynert'sche Bündel bleibt vielmehr geschlossen, doch lösen sich aus seinem Umfange ebenfalls nicht unbedeutende Faser- massen ab, welche sich z. Th. dem rechten Ganglion habenulae zuwen- den. Der größere Theil des linken Bündels erreicht die Spitze des linken Gangl. hab. und zieht nun dicht unter der Pia als fadenförmige Ver- längerung desselben nach vorn, um in der polsterförmigen Terminal- anschwellung (Zirbelpolster) und der Basis des unteren Epiphysenbläs- chens ein Ende zu finden. So weit der Faden frei an der Hirndecke liegt, finden sich in ihm nur selten runde Kerne, wie im Gangl. hab., dafür kann man hier aber zwischen den Fasern zahlreiche lang elliptische, fein granulirte Kerne unterscheiden, die in den übrigen Theilen der Tuberec. intermed. nicht vorhanden zu sein scheinen. Ob diese Kerne aus der Pia stammen und daher als Bindegewebskerne zu betrachten sind, lasse ich unentschieden. Die polsterförmige Terminalanschwellung des linken Gangl. hab. besitzt wieder zahlreiche birnförmige Kerne und Zellen, die meist an der Oberfläche des Polsters gelagert sind; nur wenige von ihnen stehen in kurzen Längsreihen zwischen den weiter ziehenden Fasern. In der Mitte des Polsters, genau unter der kreisförmigen Durch- brechung der Pia, durch welche das untere Epiphysenbläschen mit dem Ganglion in Verbindung steht, umgrenzt eine einfache, lockere Zell- schicht einen kurzen rundlichen Zapfen, dessen Inhalt mit der spongiö- sen Substanz der Basis des unteren Epiphysenbläschens übereinstimmt (Fig. 46). Durch diesen Zapfen tritt ein Theil der Fasern der fadenför- migen Verlängerung in die Epiphyse ein; der größere Rest endigt in dem Zirbelpolster, und zwar in den seitlich von dem Zapfen gelegenen Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 285 Theilen desselben, in welchen neben einer inneren spongiösen Masse die kleinen birnförmigen Zellen und Kerne wieder vorherrschend sind. Mit den Meynerr'schen Bündeln tritt jederseits ein zweites mächtiges Fasersystem in die Tubercula intermedia, welches man (bei den Teleo- stiern) der Taenia thalami optici verglichen hat. Es sind dies zahlreiche kleine, eigenthümlich gefärbte Faserbündel, welche theils in den Hemisphären, theils in der Zwischenhirnwand ihren Ursprung nehmen (Fig. 32, 37, 39 T.th.) und sich an der Eintrittsstelle in das Ganglion habenulae zu einem starken Bündel vereinigen, das dem großen, rechten Mrynerr'schen Bündel an Umfang nicht nachsteht. Eine Asymmetrie tritt zwischen diesen beiden Faserbündeln nicht zu Tage. Bei ihrem Eintritt in das Ganglion habenulae umfasst die Taenia thalami das Meynerr'sche Bündel seitlich von außen, und wendet sich dann gegen die Mediane, indem es sich wieder in eine Anzahl kleinerer Bündel spaltet. Letztere bilden in dem rechten, großen Gangl. hab. eben so viele kleine, commissurartige Bogen (Commissura tenuissima), die sich in der antimeren Taenia wieder vereinigen. Inzwischen hat sich jedoch ein Theil der Fasern von den commissuralen Bahnen losgelöst - und scheint in den keulenförmigen Körnern und Zellen der Tubercula - intermed. ein Ende zu finden. Ob im Gangl. hab. eine engere Ver- knüpfung zwischen den Meynerr'schen Bündeln und den beiden Thala- musbändern stattfindet, habe ich nicht konstatiren können, doch ist eine - solche wohl möglich und denkbar, da beide Theile nahe mit einander in Berührung kommen und wesentliche histologische Unterschiede zwischen ihnen nicht zu finden sind. Die Meynert'’schen Bündel ziehen vom Ganglion habenulae mit schwacher Krümmung gegen die hintere ventrale Hirneinschnürung (Haubeneinschnürung) (Fig. 29, 39). Dabei ist das starke, rechte Bündel > zunächst weit nach innen gegen das centrale Grau vorgezogen, während - das linke sich von Anfang an weiter von dem Hohlraume entfernt. Es - sind hierdurch an der rechten Körperseite die nach innen vom MEYNERT- - schen Bündel liegenden Hirnschichten stark gegen den Hohlraum vor- - gewölbt, und dem entsprechend erscheint an der inneren Oberfläche der seitlichen Hirnwand eine dem Laufe des rechten Meynerr’schen Bündels - folgende wellenförmige Erhebung, die sich erst gegen die Basis des Hirns - ausgleicht (Fig. 37 u. 39). Dicht über der Haubeneinschnürung lösen - sich die Bündel auf: ein großer Theil der Fasern fährt pinselförmig gegen - die Mediane aus einander und bildet hier einen asymmetrischen, eigen- _ ihümlich hellen und äußerst feinkörnigen Körper (Fig. 26 M.B.), welcher - der Haubeneinschnürung direkt aufgesetzt ist; der Rest der Fasern tritt seitlich von diesem Körper in die vordere Oblongatabasis ein, er liegt stets 2836 Friedrich Ahlborn, dicht unter der äußeren Oberfläche, doch lösen sich die Fasern nach und nach aus dem Verbande und erzeugen, indem sie nach innen und oben abbiegen und sich auflösen, in der Nähe des Bündels wiederum den eigenartig hellen Farbenton, der jenem Körper so charakteristisch war. Unterhalb des CGhiasma tractus oculomotorii umfassen die in der Auflösung begriffenen MeynerT'schen Bündel einen herzförmigen Hirntheil, welcher nach oben hinten gleichsam geöffnet ist und eine größere Anzahl jener kleinen gelblichen Zellen enthält, die an dieser Stelle vom centralen Grau gegen die ventrale Oberfläche der Oblongata vordringen, — es ist das sog. Ganglion interpedunculare, der Gonus postcom- missuralis (Fritsch) (Fig. 40, 23, 24). Ein Eintreten von Fasern des Meynerr’schen Bündels in dieses Ganglion habe ich nicht beobachten können und halte es auch nicht für wahrscheinlich. Unmittelbar hinter dem Ganglion treffen die Reste der noch immer asymmetrischen MEYNERT- schen Bündel in der Mediane zusammen und erzeugen dadurch eine lokale Verschiebung der Raphe gegen die rechte Körperseite (Fig. kA); dann vereinigen sie sich zu einem kleinen, scharf begrenzten Bündel- chen, welches alsbald in der Raphe mit einer kegelförmigen Spitze endigt (Fig. 20, 19, 18). Die Gommissura posterior von Petromyzon macht den Ein- druck einer reinen Commissur und lässt eine theilweise Kreuzung von Fasern nicht erkennen. Die Gommissuralfasern sind im Bereich der Commissur fein, rauh und unregelmäßig geschlängelt; sobald sie aber in die Seitenwand des Hirns eintreten, werden sie stärker und glatt und bilden so einen breiten Faserzug, der im Umfang der centralen Zell- schichten nach unten verläuft und senkrecht gegen die Basis des Hirns gerichtet ist (Fig. 38, 39 C.p.). Ein Theil der Fasern wendet sich da- bei zur Seite, biegt, ohne die Basis erreicht zu haben, nach hinten um und geht in die Oblongata über. Der Rest der Fasern erreicht die Basis in der Haubenregion, überschreitet hier kreuzend die Mediane und wendet sich ebenfalls nach hinten in die Oblongata. Es ist mir nicht gelungen, die Fasern weiter zu verfolgen und ihre Herkunft zu ermitteln. Hirnhüllen. Der Raum in der Schädelkapsel und dem Rückgrat- kanal, welcher von den Organen des centralen Nervensystems nicht ein- . genommen wird, ist von einem blasigen, pigmentirten Bindegewebe aus- gefüllt, das bereits eine mehrfache Beschreibung erfahren hat. Nach Rartnee (1.c.19p.73), dessen Angaben in diesem Punkte noch wenig be- stimmt sind, sagt Jomannes MüLLer (l. c. 17) über die Hirnhüllen das Folgende: Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 387 »Der Hirnhäute der Petromyzon sind drei: 1) Eine äußere, feste, welche das Innere der Schädelhöhle aus- kleidet: Dura mater. 2) Eine ziemlich dicke, lockere, welche das ganze Gehirn locker umgiebt, ohne in die Vertiefungen einzugehen. In dieser liegt über der Spalte des dritten Ventrikels ein hartes, rundes, plattes Scheibchen.« (Epiphyse.) »3) Eine innerste, welche sehr dünn, das Gehirn zunächst umgiebt und sich in die Tiefe der Furchen einschlägt.« Später hat Stannıus und dann sehr ausführlich Reıssner die Hüllen des Rückenmarks (histologisch) beschrieben, und Lanseruans hat die Angaben dieser Forscher im Wesentlichen bestätigt und erweitert. Nach LAngerHans sind bei Petromyzon gesonderte (Hirn-) Häute nicht vorhanden, dagegen besitzt das weiche Füllgewebe sowohl nach außen gegen die skeletogene Wand, als gegen das Rückenmark eine festere Grenzschicht, und diese Grenzschichten sind es, welche von den früheren Autoren als gesonderte Häute mit dem Namen der Dura und Pia be- zeichnet wurden. Das weiche arachnoide Gewebe enthält in einer hellen, homogenen Grundsubstanz, welche radiär von elastischen Fasern durchzogen wird, zwei Arten von Zellen: kleine verästelte Bindegewebs- körper und große ovoide, zum Theil mit Fett gefüllte Zellen. Ich habe diesen Angaben, die bei LAnGErHAns resp. Stannıus und Reıssner noch näher ausgeführt sind, Einiges hinzuzufügen, was ich durch Zer- zupfungspräparate von ganz frischen, in Alkohol konservirten Objekten habe ermitteln können (Fig. 53). Die Grundsubstanz des arachnoidalen Gewebes vom Rückenmark ist klar und von wässeriger Beschaffenheit; sie ist zunächst durchzogen von den Ausläufern vielgestaltiger multi- ‚polarer Schleimzellen, welche unter einander anastomosiren und so ein weitläufiges Netzwerk bilden. Die Substanz der Schleimzellen und der - Ausläufer ist ein äußerst feinkörniges Protoplasma, das einen kugeligen oder ellipsoidischen, granulirten Kern umschließt. Der Zellleib ist von sehr ungleicher Größe und bisweilen fast ganz auf die Fortsätze reducirt, die dann direkt vom Kern auszugehen scheinen. Ist dieses der Fall, so bekommt man von der Zelle das Bild der kleinen Bindegewebskörper, die LAngErHAns erwähnt, in der Weise, wie es Reıssner gezeichnet hat. Es ist daher nicht zu bezweifeln, dass jene Bindegewebskörper mit den Schleimzellen identisch sind. Einen Zusammenhang der Schleimzellen mit den zahlreich daneben vorhandenen elastischen Fasern habe ich nicht beobachtet. Die großen ovoiden Zellen liegen zerstreut und lose in dem Geflecht der elastischen Fasern und des Schleimzellennetzes. Sie Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 19 288 Friedrich Ahlborn, besitzen eine Membran und einen stark vacuolisirten Inhalt, so dass der sranulirte Kern an Protoplasmafäden aufgehängt erscheint. In den Va- cuolen sind in einer homogenen, wässerigen Flüssigkeit kleinere und größere gelbe Feittröpfchen suspendirt. Beim Übergang des Rückenmarks in die Medulla oblongata erfährt das Hüllgewebe mehrfache Veränderungen. Die ovoiden Zellen nehmen rasch an Zahl zu und liegen in der Umgebung des Gehirns so eng neben einander, dass sie durch den gegenseitigen Druck wie Zellen eines losen Pflanzenmarks polyedrisch abgeplattet erscheinen. Die elastischen Fasern und die Schleimzellen sind dabei fast ganz verschwunden, und statt dessen treten jetzt nach vorn fortschreitend große, weit verästelte, spinnenförmige Pigmentzellen auf, die mit zahllosen kleinen, braun- schwarzen Pigmentkörnern vollgestopft sind und mit ihren wurzelartig verzweigten Ausläufern die ovoiden Fettzellen einzeln umklammern. Außer den bisher geschilderten Bestandtheilen enthält das arach- noidale Füllgewebe noch zahlreiche Blutgefäße, und zwar unter der Hirnbasis je eine Arterie jederseits, die sich verzweigt und die innere, der Pia mater entsprechende Grenzschicht mit einem engen Kapillarnetz überzieht; und ferner an der dorsalen Seite einen medianen weiten, venösen Blutraum, der zwischen Schädelwand und Plexus chorioideus ent- lang zieht und in den Falten der dünnwandigen Hirndecke eine weitere Verbreitung erfährt. Die Arterie in der Medianfalte der Plexus chorioidei wurde schon früher erwähnt. Die Gefäßkapillaren der Pia dringen meist senkrecht in das Gehirn vor, oft bis in das Ependyma, dann biegen sie kurz zurück und gelangen auf demselben Wege, auf dem sie gekommen, wieder zur Pia, so dass das austretende Röhrchen der Schlinge immer dicht an dem eintretenden liegt. Im Rückenmark sind keine Gefäße vorhanden; bei der platten, fast bandförmigen Gestalt des Organes sind die Gefäße der Pia mater offenbar ausreichend für die Vermittlung des Ernährungsprocesses des- selben, ohne dass noch besondere Kapillarschlingen weiter in das Innere vordringen. Göttingen, im Februar 1883. Nachtrag zu p. 200. Die Arbeit von Rası-Rücknarn : »Zur Deu- | tung und Entwicklung des Gehirns der Knochenfische « (Archiv für Anat. und Physiol. 1882) hat mir leider erst zu spät vorgelegen, um sie ge- | Du B Untersuchungen über das Gehirn der Peiromyzonten. 289 bührend berücksichtigen zu können. — Wichtig ist mir darin die Beob- achtung, dass auch bei den Teleostiern eine Zweitheilung des embryona- len Hirns der Gliederung in die drei primitiven Hirnbläschen voraufgeht. Erklärung der Abbildungen. Es soll bedeuten: Ag, Aquaeductus Sylvii; C, Centralkanal; C.ant., Commissura anterior s. interlobularis; Cd, CGerebellum ; Ch, Chorda dorsalis; C.p., Commissura posterior ; C.t., Commissura tenuissima (STANNIUS) ; C.tr., Commissura transversa Halleri; dc.o., Decussatio der optischen Fasern beim Eintritt in die Retina; E.b., Eminentia bigemina, Lobi optici, Mittelhirn ; Ep., Epiphysis cerebri; Ep.1, proximaler Epiphysenfaden ; Ep.2, oberes Epiphysenbläschen , Ep.3, unteres Epiphysenbläschen ; F.d., Funiculus dorsalis; F.l., Funiculus lateralis; F.v., Funiculus ventralis; F.rh., Fossa rhomboidalis ; F.M., Foramen Monroi; Gf., Gefäße oder Bluträume; G.h., Ganglion habenulae, s. Tubercula intermedia (GOTTSCHE); G.h.r., rechtes Ganglion habenulae; G.h.l., linkes Ganglion habenulae; G.h.l.1, Haupttheil des linken Ganglion habenulae; G.h.l.2, fadenförmige Verlängerung desselben; G.h.l.5, polsterförmige Terminalanschwellung desselben (Zirbelpolster Ss. sir.); G.int., Region des Ganglion interpedunculare; G.N.IV., Trochleariskern; G.N.V., Ganglion Gasseri; G.V.tr., Ursprungsganglion der transversalen, motorischen Trigeminus- wurzel; G.N.VII., Ganglion N. facialis als hinterer Abschnitt des Ganglion Gasseri; G.N.VIII., Ohrganglion ; G.N.X., Vagusganglion (spinales); G.X.s., Ursprungsganglion der vier hinteren sensiblen Vaguswurzeln, hinterer Abschnitt des oberen lateralen Ganglion (LANGERHANS); 19* 290 Friedrich Ahlborn, Hem., Hemisphären ; H.L., hinteres Längsbündel; Hy, Hypophysis, Hirnanhang;; I, Infundibulum ; L.ac., Lobus acusticus; L.i., Lobus infundibuli; L.olf., Lobus olfactorius; L.t., Lamina terminalis ; L.vag., Lobus vagi; M.B., Meynerr'sche Bündel; M.B.r, rechtes Meynert'sches Bündel; M.B.l, linkes Meınert'sches Bündel; I, laterale ungekreuzte, M.F., MürLter'sche Fasern m mediale ungekreuzte, m», mediale gekreuzte; M.H., Mittelhirn, s. Eminentia bigemina, s. Lobi optici; Na, Nasengrube; N.®, Nervus olfactorius; N.II., Nervus opticus; N,III., Nervus oculomotorius; N.IV., Nervus trochlearis; N.V., Nervus trigeminus ; N.V.d.1, obere sensible Trigeminuswurzel (Ophthalmicus); N.V.d.2, untere sensible Trigeminuswurzel ; N.V.v, motorische Trigeminuswurze]; N.VI., Nervus abducens; N.VII., Nervus facialis; N.VIII., Nervus acusticus; N.VIII.o., obere N.VIII.u., untere N.X.ac.1, erste N.X.ac.2, zweite N.X.d, die sensiblen Vaguswurzeln aus dem oberen lateralen Gan- glion; N.X.v, motorische Vaguswurzel ; N.XII., Hypoglossus; N.s.1, sensible Wurzel des I. Spinalnerven ; N.m.1, motorische Wurzel des I. Spinalnerven; P.m, Pia mater; Pl.ch, Plexus chorioideus; Pl.ch.I., Plexus chorioideus des primären Vorderhirns; Pl.ch.II., Plexus chorioideus des Mittelhirns; Pl.ch.III., Plexus chorioideus des Nachhirns;; P.pl.I.—IIl., Ansatzlinien dieser Plexus; P.s.i., Ansatzlinie des Saccus infundibuli; Reg.i., Regio infundibuli; R.p., Recessus infrapinealis; R.ch., Recessus chiasmaticus (Trigonum cinereum W. MÜLLER); R, Raphe; h Acusticuswurzel; h Acusticus-Vagus-Wurzeln; Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 291 Rt, Retina; Reg.th., Regio thalami optici s. thalamica ; S.c., Suleus centralis longitudinalis (STIEDA); S.i., Saccus infundibuli; S.t.d.1, vordere] S.1.d.2, hintere | S.t.v0.1, vordere S.t.v.2, hintere Tet.o., Tectum opticum ; Th.o., Thalamus opticus; Tor.sem., Torus semicircularis ; Tr.o., Tractus opticus; V.h., Höhle der Hemisphären ; V.c., Ventriculus communis loborum anteriorum; V.l., Ventriculus lateralis; V.III., Ventrieculus tertius; V.IV., Ventriculus quartus; Z.ae., äußere große Zellen des Rückenmarks ; Z.i., innere große Zellen; Z.kl., kleinere Zellen (REıssner); III, Tractus oculomotorius; IIIT—-VIII, Acusticus-Haubenbündel (Tractus oculomotorius LAnGERHANS); V.asc., aufsteigende Trigeminusbahn ; V.desc., absteigende Trigeminusbahn ; V.tr., transversale, motorische Trigeminusbahn ; VI, Zug des Abducens; VIl, Facialiskern; VIII.o, oberer VIII.w, unterer dorsale Quereinschnürung des Gehirns; h ventrale Quereinschnürung des Gehirns; Acusticuskern. Tafel XIII, Fig. A4—3 sind Ansichten von dem in Wachs ausgeführten Modell des Gehirns von PetromyzonPlaneri, etwa um die Hälfte verkleinert, so dass sich im Ver- "gleich zum Naturobjekt etwa ein Vergrößerungsverhältnis von 4 :.30 ergiebt. Die Zeichnungen sind, da sie nur zu einer ganz allgemeinen Orientirung dienen sollen, nicht metrisch genau ausgeführt, sie zeigen auch das Modell in seiner allerersten ‘ Gestalt, in welcher die Korrektur der Längsausdehnung noch nicht ausgeführt ‚ist. — Die Plexus chorioidei sind nicht mit dargestellt; nur ihre Ansatzlinien sind zu sehen (P.pl.I, II, III). Fig. A. Ansicht des Hirnmodells von der dorsalen Seite. Die punktirten Linien an der linken Seite der Zeichnung geben die Lage der ‘ Querschnitte der Figuren 8—36 an, wie es durch die daneben stehenden Zahlen näher bestimmt ist. Fig. 2. Profilansicht des Modells zur Demonstration der Nervenaustritte und ' der Lagenverhältnisse der Organe der Zwischenhirndecke. — Außerdem sind die oberflächlichen Grenzlinien der Hirnabschnitte eingezeichnet. Die starke Linie von 8.1.d.2 nach S.i.v.2 bildet die Grenze zwischen epichordalem und praechordalem ' Hirn. Die gestrichelte Linie S.t.v.2 nach S.i.d.1 stellt die (konventionelle) vordere 292 Friedrich Ahlborn, Mittelhirngrenze dar. Die fein gestrichelte Linie $.i.v.4 nach S.2.d.1 giebt mit dem Verlauf des Tractus opticus die Grenze zwischen der Regio infundibuli und der Regio thalamica des Zwischenhirns an, welches selbst vorn bis an die kurze Strich- punktlinie zu rechnen ist. Fig. 3 soll zunächst die Höhlenverhältnisse des vordersten Hirnabschnittes (sekundäres Vorderhirn) veranschaulichen. Die vordersten Platten des Modells bis an die Austrittsstellen der Sehnerven (N.II.) sind abgenommen, und man blickt von vorn in die Höhle des Ventriculus communis loborum anteriorum (Y.c.), welche sich seitlich durch das Foramen Monroi (F.M.) in die Seitenventrikel s. 1. (V.l.) und die Hemisphärenhöble (V.h.) fortsetzt und nach unten durch einen schmalen Spalt mit dem Recessus chiasmaticus (R.ch.) (Trigonum cinereum Wırn. MürLLer) kommuni- cirt, welcher seinerseits in der Tiefe durch die Commissura transversa Halleri mit dem Chiasma der Tractus optici abgeschlossen wird. Oben erheben sich die Organe der Regio thalamica. Der Plexus chorioideus ist (mit der Epiphyse) von seinen An- satzlinien (P.pl.I.) entfernt. Der fadenförmige Theil ist mit dem vorderen Endpolster des linken Ganglion habenulae kurz abgeschnitten, so dass man die Asymmetrie der beiden Ganglien frei übersieht. Von den wulstigen oberen Rändern des Thala- mus opticus (Th.o.) sind die vordersten lippenförmigen Spitzen, welche vorn über die Commissura anterior (C.ant.) hervorragen, kurz vor ihrem Ende durch- schnitten. Fig. 4. Gehirn von Petromyzon fluviatilis im Profil. Vergrößerung 4:9. Die Plexus chorioidei sind entfernt bis auf den des Zwischenhirns, von welchem ein dem rechten Ganglion habenulae angehefteter Lappen gezeichnet ist. Fig. 5. Dasselbe Gehirn von oben gesehen. Vergrößerung wie in Fig. 4. Die Theile des linken Ganglion habenulae sind im Zusammenhang erhalten. Die Plexus chorioidei und die Epiphyse sind auch hier fortgenommen. Fig. 6. Dasselbe Gehirn bei derselben (1:9) Vergrößerung von unten gesehen. Die Raphe (R) lässt sich bis zu ihrem vorderen Ende vor dem III. Hirnnerven- paare verfolgen. An der vorderen Oblongatabasis zwischen den Nerven /// und V sieht man eine schmal herzförmige Erhebung (welche zunächst durch die Endi- gungen der vom Ganglion habenulae herkommenden MeEvnerr'schen Bündel erzeugt wird); es ist die Region des Ganglion interpedunculare (G.int.), deren geringe Asymmetrie nicht zu erkennen ist. Der häutige Saccus infundibuli ist von seiner Ansatzlinie (P.s.i.) abgelöst, und man sieht durch die so entstandene Öffnung in die Höhle des Lobus infundibuli und des III. Ventrikels. Fig. 7. Gehirn von Petromyzon marinus (altes KErerstein’sches Präparat) bei circa‘ 7facher Vergrößerung gezeichnet. Die Plexus chorioidei sind entfernt, Besonders deutlich und wichtig ist die Ansatzlinie des Plexus chorioideus am Mittel- . hirn (P.pl.II.) und die dorsale, spaltförmige Öffnung der Eminentia bigemina, so wie die Asymmetrie der Tubercula intermedia (G.h.). Tafel XIV und XV. Fig. 8S—36 zeigen eine Serie von Querschnitten durch das Gehirn von Petro- myzon Planeri in circa 25facher Vergrößerung. Sie folgen auf einander in der Richtung von hinten nach vorn in den bestimmten Abständen, welche in Fig. 1 näher angegeben sind. Zunächst sind sie dazu bestimmt, in Verbindung mit den Figuren 37 und 39 ein genaueres Verständnis der Hirnhöhlen zu ermöglichen; Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. 293 außerdem enthalten sie aber auch die wichtigsten Details vom inneren Bau des Ge- hirns. Da sie derselben Schnittreihe entnommen sind, welche ich bei der An- fertigung des Modells zu Grunde gelegt habe, so lassen sie sich mit der Fig. A bequem vergleichen und können alseine genaue Ergänzung des Modells angesehen werden. — In den Figuren 9—16 sind die centralen Zellschichten nicht, oder nur andeutungsweise gezeichnet. Fig. 37. Frontaler oder bilateraler Längsschnitt durch das Gehirn von Petro- myzon Planeri. Vergrößerung circa 1 : 27. Ä Zeigt besonders die Form der Hohlräume in der vorderen Hirnhälfte und die durch die Asymmetrie der Mevnerr'schen Bündel (M.B.) hervorgerufene Formgestal- tung der Innenfläche der seitlichen Hirnwand. Fig, 38. Ein frontaler Längsschnitt von Petromyzon Planeri. Vergrößerung 41:25. Die dorsalen Hirntheile sind getroffen. Fig. 39. Ein etwas seitlich gefallener Sagittalschnitt von Petromyzon Planeri. Vergrößerung A : 25. Giebt, verglichen mit den Figuren 413—36 und 38, ein über- sichtliches Bild von der Form und Ausdehnung der Plexus chorioidei und zeigt außerdem besonders den Verlauf des kleineren, linken Meynerr'schen Bündels. Fig. 40. Ein eben solcher Schnitt aus der Hirnbasis. Vergrößerung circa 1:30, Tafel XVI. Fig. 44. Sagittalschnitt nahe der Mittellinie eines etwa 22 mm langen Ammo- coetes. Vergrößerung circa A : 65. Fig. 42. Querschnitt durch das Zwischenhirn eines eben solchen Thieres. Ver- größerung circa A : 90. Asymmetrie der Tubercula intermedia. Fig. 43. Sagittalschnitt durch die Epiphvse eines 22 mm langen Ammocoetes. Vergrößerung circa 4 : 420. Ein Stück der Epidermis ist mit gezeichnet. Fig. 44. Sagittalschnitt durch die Epiphyse und das linke Ganglion habenulae von Petromyzon Planeri. Vergrößerung circa 4 : 30. Fig, 45. Frontalschnitt durch den oberen Theil der Tubercula intermedia und die Epiphyse von PetromyzonPlaneri. Vergrößerung circa! : 65. Der faden- förmige Theil des linken Ganglion habenulae (G.h.l.2) ist auffallend kurz und lässt vielleicht darauf schließen, dass das Thier die Metamorphose erst vor kurzer Zeit durchgemacht hatte, oder dass es jünger war, als das, von dem z.B. die Fig. 44 _ entnommen ist, wo der fragliche Theil eine sehr bedeutende Länge hat, Fig. 46. Querschnitt durch die Epiphyse und den polsterförmigen Terminal- abschnitt des linken Ganglion habenulae von Petromyzon Planeri. Vergrößerung 1,420. Der bläulich-weiße Farbenton stellt die Verbreitung eines feinkörnigen, weißen Pigments dar, welches dem Hirnsande zu vergleichen ist. Fig. 47. Einer der wenigen Querschnitte, welche die Kommunikation der bei- den Epiphysenbläschen von Petromyzon Planeri zeigten. Vergrößerung A : 120. Tafel XVII. Fig. 48. Querschnitt durch das Rückenmark aus der Region des III. Spinal- nervenpaares, Vergrößerung A: 65, 294 Friedrich Ahlborn, Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. Fig. 49. Querschnitt durch die Medulla oblongata, etwas nach vorn über- geneigt, mit der Kreuzung der Mürrer'schen Fasern. Nur die rechte Hälfte des Schnittes ist gezeichnet. Vergrößerung A : 65. Fig. 50. Bilateraler Längsschnitt durch den vordersten Theil des Hirns in der Höhe der Commissura interlobularis (anterior). Vergrößerung circa A : 27. Fig. 541. Aus dem Lobus olfactorius. a, einzelne Zellen; db, Schnitt durch einen Glomerulus. Fig. 52. Elemente aus dem Ganglion habenulae. Fig. 53. Zerzupfungspräparat von dem arachnoidalen Hüllgewebe des Rücken- marks. a, ovoide Fettzellen;; d, Schleimzellen; c, elastische Fasern. Zur Biologie und Anatomie der Clione. Von N. Nassonow, Assistenten am zoologischen Museum zu Moskwa. Mit Tafel XVII und XIX. In der Bucht von Sewastopol traf ich sehr häufig unter der Aus- beute des Schleppnetzes Austern (Ostr. adriatica), in deren Muscheln sich Kieselschwämme, die unter dem Geschlechtsnamen Glione (Vioa) . bekannt sind, Gänge gebohrt hatten. Die sogenannte Schmarotzerei der Schwämme ist längst bekannt. Schon längst sind verschiedene Arten dieser Schwämme beschrieben worden, die in den Muscheln sehr vieler Mollusken !, in den kalkartigen Skeletten der Korallen, CGaryophyllea (V. viridis), Corallium (V. angulata) und anderen wohnen. Oscar Scumipr ? hat die im Kalksteine wohnende V.Hancocciund V.Grantii beschrieben und Hancock fand an der Küste von Northumberland fast jeden Stein von verschiedenen Arten Glione durchbohrt®. Endlich nach der Beschreibung des Herrn Tscuerniawsky * befinden sich im schwarzen Meere und namentlich in der Nähe von Suchum häufig sehr große Steine, die von Kolonien desSchwammes (Clione sp.) wie einSieb durchlöchert sind; dieselben arbeiten an deren Zerstörung in Gemeinschaft mit zahl- reichen bohrenden Nemertinen, Anneliden und Lamellibranchiaten, so dass die Dauerhaftigkeit steinerner Hafendämme, Anfahrten und anderer See-Bauten darunter leidet. 1 Tridaena, Fusus, Buccinum, Triton, Pecten, Placuna, Pa- tella, Haliotis und andere. ? ScHMIDT, Spongien des adriatischen Meeres. 3 Nach LiEBErkÜHN, MÜLLER’S Archiv. 4859. * TSCHERNIAWsKY, Küstenschwämme des schwarzen und kaspischen Meeres. ‚ Vorläufige Nachforschung. Bull. de la soc. de nat. de Moscou. 1880. 296 N. Nassonow, Die Schwämme bilden überhaupt eine ziemlich gründlich erforschte Gruppe — besonders in letzterer Zeit Dank den Arbeiten von O. Scnniprt, F. E. ScuuLze, E. Mrrscunikow und Anderer. Hinsichtlich der Schma- rotzer-Schwämme aber (der sogenannten Repräsentanten der Clionidae), die wegen ihrer schmarotzenden Lebensweise ein besonderes Interesse erregen, haben wir nur sehr mangelhafte Erfahrungen. Wir besitzen hloß die Beschreibung ihrer Skeleite und ihrer äußeren Form. Wogegen die Schmarotzerei, die nur dieser Familie Schwämme eigen ist, und überhaupt ihre Zerstörungsfähigkeit aller Kalkbildungen, der Gruppe der Glioniden das Recht auf eine größere Aufmerksamkeit von Seiten der Zoologen giebt. Vor Allem drängt sich unwillkürlich die Frage auf, auf welche Weise sich die Glione einen Wegin den harten Kalkab- lagerungen bohrt. Ob es aufchemischem oder mechanischem Wege vor sich geht oder ob dieser Schwamm sich einfach in den, durch andere Thiere früher gebohrten Gängen ansiedelt? Sodann muss man a priori annehmen, dass die Schmarotzer-Schwämme zu diesem Zwecke mit be- sonderen Vorrichtungen ausgerüstet sind, die bei den frei lebenden Schwämmen fehlen. Folglich tritt die zweite Frage auf: wie hat sich die schmarotzende Lebensweise in dem Körperbau des Schwammesausgesprochen? Mit diesen Fragen, deren Lösung in dieser Abhandlung vorgelegt wird, habe ich mich im Mai und Juni des Jahres 1881 an der biologischen Station zu Sewastopol beschäftigt, wobei ich das Material dazu aus der Bucht von Sewastopol erhielt. Bis jetzt sind zwei Arten in Austermuscheln wohnender Schwämme gefunden worden: C. pontica Tch. und C. (Vioa) celataGr. Die erste Art ist in der Bucht von Suchum von H. Tscuerniawsky! entdeckt worden, der auch die Beschreibung ihres Skelettes giebt; die zweite Art ist am ausführlichsten von Lirserkünn? beschrieben und im mittelländischen Meere von O. Scumipr3 gefunden worden. Die von Narno* festgestellte Art, GC. (Vioa) typica, ist aber im mittelländi- schen Meere noch nicht gefunden und obgleich ULsanın erwähnt, V. typica in der Bucht von Sewastopol gefunden zu haben, giebt Narno nicht die Beschreibung dieses Schwammes, sondern erwähnt dessen bloß als Parasiten der Austermuschel, und da es nicht bekannt 171.5. 2 MÜLLER’S Archiv. 1859. 3 Scammr, Erstes Supplement. * NARDO,.Supra un nuovo genere de spongiali etc. Venezia 1840 und: Prospetto de la Fauna marina. Venezia 1847. Zur Biologie und Anatomie der Glione. 397 | "ist, worauf Ursanın die Definition der von ihm gefundenen Schwamm- : form gründet, so muss die Art C. (Vioa) typica als collectiv ver- _ worfen werden. Da der von mir in der Bucht von Sewastopol gefundene Schwamm aus der Familie Glionidae nicht der Beschreibung der oben erwähnten Formen nahe kommt, so stelle ich eine neue Art fest, die ich zu Ehren der biologischen Station, welche mir die Möglichkeit verschaffte, die- selbe zu untersuchen — CGlione stationis benenne!. I. Auf welche Weise dringt der Schwamm in die harten Kalk- bildungen ein und auf welche Weise vollbringt er sein zerstörendes Werk? Auf Austerbänken der Bucht von Sewastopol in der Tiefe von 5 bis 42 Faden kommt die Glione häufig unter den Befunden des Schlepp- netzes vor. Die besten Exemplare trifft man vorzugsweise dem Nicolai- Vorgebirge gegenüber. Selten findet man in der Tiefe eine abgestorbene ‚ Muschel der Ostrea adriatica, die nicht Spuren der Zerstörung der | Glione aufzuweisen hätte. In der Muschel des Mytilus fand ich sie bloß ein einziges Mal. Es war ein mageres Exemplar, das wahrscheinlich zu seiner Entwicklung nicht genügend Raum in der dünnen Kalkschicht ‚der Muschel fand. Wie sich Clione in den von den Weichthieren ver- ' lassenen Muscheln ansiedelt, bohrt sie sich auch Gänge in den Muscheln ‚ lebendiger Mollusken. | Zur Lösung der gestellten Frage durch unmittelbare Beobachtung ‚ war es nothwendig, solche Bedingungen aufzusuchen, die es möglich | machen würden, das Objekt lebend unter dem Mikroskop beobachten zu können. Zu diesem Zwecke gedachte ich junge Schwämmchen aus Eiern aufzuziehen, sie auf dünnen, durchsichtigen Kalkplättchen zu | ! Die Diagnose der C, stationis ist folgende. Parasitenschwamm der | Muschel von Ostrea adriatica. Die Farbe des Körpers variirt von Orangegelb bis ' Karminroth. Die Gänge sind baum- und schlingenartig. Oscula eylindrisch oder ' konisch. Das Skelett besteht aus Kieselnadeln und -bildungen folgender Art: 4) doppelspitzige Spicula mit rauher Fläche (am häufigsten vorkommend), 2) längere, | glatte stecknadelförmige Spicula, 3) Spicula, die das Aussehen der erstgenannten | haben, aber mit einer kugelartigen Erweiterung in der Mitte (die zweite und dritte Form kommt seltener vor), 4) kleine, unregelmäßige Kieselbildungen in Form von Sternchen, Kreuzchen, gewundenen Stäbchen etc. Vom Körper aus ziehen sich ins Innere der Muschelsubstanz sehr feine pseudopodienartige Ausläufer. Die Ober- fläche ist höckerig, wobei die Höcker den Reihen von Grübchen an der Innenfläche ; der Gänge entsprechen. Die Geißelkammern sind kugelförmig und sind an den ‚Wänden der Ausführungskanäle gelegen. Eier legend. Fundort: Bucht von Sewasto- pol in der Tiefe von 5—12 Faden. 298 ) N. Nassonow, kultiviren und auf diese Weise die Arbeiten des Schwammes bei durch- gehendem Lichte der Beobachtung zugänglich zu machen. Von Anfang Mai bis Mitte Juni fand ich im Körper des Schwammes -eine Masse Eier von verschiedener Größe. Das Plasma ihres Körpers ist immer stark pigmentirt und enthält im Innern einen großen Kern mit kleinen Körn- chen! (Taf. XIX, Fig. 25). Die reifen Eier, welche Clione durch die Oscula nach außen wirft, haben eine kugelartige Form und waren der- maßen von Pigment durchdrungen, dass der Kern bloß als matter Fleck von unregelmäßigen Umrissen durchschien. Eine Membran der Eier ist nie beobachtet worden. Die meisten Eier waren an der Oberfläche mit zahlreichen feinen, unregelmäßigen Zöttchen versehen (Taf. XIX, Fig.6 a). Aller Wahrscheinlichkeit nach war es nichts Anderes, als der Rest eines dicht an ihnen haftenden Mesoderms. Die Eier besaßen die Fähigkeit, ihre Form zu verändern und sich auf den, unter dem Wasser befind- lichen Gegenständen hin und her zu bewegen (Taf. XIX, Fig.65). Einen Theil von ihnen auf dem Boden eines kleinen Aquariums unterbringend bemerkte ich, dass sie die Seiten desselben in verschiedener Entfernung vom Boden massenhaft bedeckten. Nach Verlauf einiger Zeit ent- wickelten sich im Gefäße eine Menge frei schwimmender Keime?. Die 1 Die Farbstoffe wurden nur vom Plasma des Eikörpers und von Körnchen in sich aufgenommen. 2 An einigen ausgeworfenen Eiern konnte man sehen, dass sich der Kern der Eioberfläche näherte, an anderen bemerkte ich deutlich, dass an der Stelle, wo der Kern mit der Oberfläche in Berührung kam, ein Theil desselben sich davon trennte und außen in Form eines ganz durchsichtigen, protoplasmatischen Bläs- chen (Richtungsbläschen) anlag. Das Ei wurde durch eine Längsfurche in zwei ganz gleiche Zellen getheilt; dann eine derselben durch eine Querfurche getheilt und so entstanden drei Zellen. Darauf theilt sich auf gleiche Weise die zweite Zelle und bil- det die vierte Zelle. In dem Dreizellenstadium sah ich anstatt eines, zwei Bläschen erscheinen. Darauf sah ich ein Stadium von sechs und acht Zellen und dann das Stadium Morula in Form eines Klümpchens kleiner, gleicher ovaler Zellen. Auf welche Weise aus der Morula ein frei schwimmender Keim entsteht, konnte ich nicht erforschen, da das Ei ganz undurchsichtig ist und die Untersuchung dessel- ben höchst beschwerlich wird. Der frei schwimmende Keim hat eine ovale Form, ist von dunkel-oranger Färbung und hat vorn einen durchsichtigen Saum. Er ist auf der ganzen Oberfläche mit langen schimmernden Cilien bedeckt, die nach hinten gerichtet sind, wenn er ruhig liegt. Inwendig scheint eine Höhlung durch, die nach vorn zu gleichsam schmäler erscheint. Die Wände des Keimchens bestehen aus zweierlei Elementen. Der größte Theil derselben, da wo der durchsichtige Saum bemerkbar ist, besteht aus hohen, cylindrischen Zellen, welche an dem nach innen gerichteten Ende ein wenig schmäler sind. Der äußere, dickere Theil ist ganz durchsichtig und enthält einen Kern, von dem zur Basis der Cilien und der anderen Punkte der Oberfläche Reihen von Körnchen ziehen. Der übrige größte Theil der Zelle ist mit Pigment dicht gefüllt. Von der Mitte der Oberfläche des Zur Biologie und Anatomie der Clione. 299 Keime von dunkel-oranger Färbung haben eine ovale Form, sind mit langen Cilien versehen, die auf die ganze Oberfläche vertheilt, und mit den freien Enden gegen den hinteren etwas verschmälerten Körpertheil gerichtet sind (Taf. XIX, Fig. 9). Sie bewegten sich gewöhnlich mit dem Ende voran, an welchem sich ein durchsichtiger Saum von Entodermzellen zeigte. Der Keim stellt sich uns als Planogastrula dar. Den 10. Juni warf ich ins Aquarium, welches die Keime enthielt, dünne durchsichtige Plättchen, die aus den Kalktheilen einer Austermuschel ausgebrochen waren. Den 41. Juni bemerkte ich eine Menge von Keimen, die sich auf diese Plättchen niedergelassen hatten, und auf deren Oberfläche als dünne, gelbliche, runde Flecken von ungefähr 0,7 mm im Durchmesser - zerflossen waren (Taf. XVII, Fig. 4). In dieser Lage beginnen die jungen Schwämmchen ihr Zerstörungswerk. Ich beobachtete eine große Anzahl junger Schwämmchen, um ihr Arbeiten zu demonstriren. Das Erste, was auf der Oberfläche des Kalkplättchens unter dem Schwämmchen erschien, war eine rosettenartige Zeichnung (Taf. XVII, Fig. 4). Der Schwamm giebt dünne Ausläufer in die Substanz des Plättchens, den Linien, die die Umrisse der Rosette bezeichnen, folgend. Den 12. Juni konnte ich beobachten, wie das Schwämmchen immer tiefer und tiefer die protoplasmatischen Ausläufer einbohrend, endlich ein Theilchen des Plättchens, welches einem Rosettenfelde entsprach (Taf. XVII, Fig. 5 d), herausnahm; wie sein Körperplasma in die auf diese Weise gebildete Vertiefung eindrang, das Kalktheilchen in seinen Körper hin- einzog (Taf. XVII, Fig. 5 a) und endlich, dasselbe bei Seite schiebend, es hinauswarf. Gegen Abend war die ganze rosettenartige Zeichnung von der Oberfläche verschwunden und statt dessen hatte sich ein kleiner Kreis von Grübchen gebildet, wobei jedes Grübchen einem einzelnen Felde der Rosette entsprach. Das Schwämmchen hatte in die Grübchen den größten Theil seines Körpers zusammengezogen, auf der Oberfläche aber, neben ihm, lag ein Häufchen ausgebrochener Kalkpartikelchen, - welche sich fast alle der Form eines halben Ellipsoides näherten (Taf. XIX, Fig. 10). Die obere glatte Fläche («) der Partikelchen bildete einen Theil der Plättchenoberfläche und entsprach dem Umrisse eines Ro- durchsichtigen Theiles erhebt sich eine Geißel, welche an der Basis eine kleine Verdickung zeigt, Der untere Theil des Keimes ist völlig von ovalen Pigmentzell- chen mit undeutlich durchscheinenden Kernen, ausgefüllt. Jede Zelle hat eine Geißel. Die Zahl der Zellen ist nicht so groß wie diejenige der ersten Kategorie. Um die Elemente des Keimes besser beobachten zu können bearbeitete ich ihn mit Osmiumsäure und färbte ihn gleichzeitig mit BeALe’schem Karmin, indem ich diese beiden Reagentien dem Meerwasser zusetzte, da der Keim das süße Wasser nicht ' verträgt. 300 N, Nassonow, settenovals. Die untere konvexe Fläche (b) dagegen war durch die Aus- läufer des Körpers aus der Substanz der Muschel herausgeschnilten. Auf diese Weise übt in diesem Falle der Schwamm zugleich eine che- mische und mechanische Zerstörungswirkung aus, wodurch er be- deutend viel weniger Kraft aufwendet. Anstatt jedes einzelne Kalkpar- tikelchen gänzlich aufzulösen, löst er eine dünne Kalkschicht auf, die der konvexen Oberfläche des Partikelchens entspricht. Hancock sagt in seiner Arbeit On the Excavating Powers of certain Sponges to the genus Clione?, dass der Schwamm vermittels kieselartiger Bildungen seines Skeletts bohri, aber dies darf bloß als Muthmaßung angenommen werden. Ich hatte wiederholt Gelegenheit, den ganzen Hergang der Arbeit der Glione zu beobachten und habe nie eine andere Art des Bohrens gesehen als die oben erwähnte; auch war es ganz unmöglich solches zu sehen, da junge Schwämmchen, die ihre Arbeit begonnen, nie Skelett- bildungen haben. Die Größe des Kalkpartikelchens betrug 0,2 mm. Alle Felder (10—15) der Rosette wurden an einem Tage ausge- brochen. So ist also die Zerstörungskraft eines erwachsenen Schwammes, der mit all seinen Verzweigungen und Schlingen eine sehr bedeutende Fläche einnimmt, natürlich sehr groß. Nachdem der Schwamm alle Rosettenfelder ausgebrochen hat, vergrößert er die Rosette schon nicht mehr in die Breite, sondern beginnt sie ganz auf die oben beschriebene Weise zu vertiefen. Wenn die Vertiefung groß genug ist, um den ganzen Körper des Schwammes in sich aufnehmen zu können, fängt das Schwämmchen an, eine vollkommene Identität mit einem er- wachsenen Individuum zu bekommen. Die äußere Öffnung der Ver- tiefung, die den äußeren Umrissen der Rosette entspricht, bildet die- jenige Öffnung, durch welche der Schwammkörper mit der Außenwelt in Berührung steht. Wenn das Körperplasma mit den Rändern der Vertiefung in eine Höhe kommt, bildet sich das Osculum (Taf. XIX, Fig. 1) und inwendig beginnt die Bildung des Skeletts und der Geißel- kammern. Damit hat die Metamorphose des Schwammes ein Ende. Ich kann nicht umhin, hier einen Zug aus dem Leben der Keime und der jungen Schwämmchen zu erwähnen. Ich hatte nicht nur häufig Gelegenheit zu beobachten, dass zwei neben einander auf einem Plättchen 1 Der Schwamm bohrt seine Ausläufer ein, indem er aller Wahrscheinlichkeit nach eine Säure ausscheidet. Das Vorhandensein der Säure zu konstatiren wurde durch die stark alkalische Reaktion des Meerwassers verhindert. 2 Ann. of Nat. Hist. 4849. Deutsche Übersetzung in Frorırp's Tagesberichte. 1850. Nr. 35, 36. RER: Zur Biologie und Anatomie der Olione. 801 sitzende Schwämme zusammenflossen (Taf. XVII, Fig. 5), sondern beobachtete nicht selten, wie zwei oder mehrere Keime zusammen- flossen und in diesem Zustande frei herumschwammen. An den Wänden des Aquariums gelang es mir wiederholt zu beobachten, wie eine große Anzahl zusammengeflossener Keime eine unregelmäßig ge- formte, orangegelbe Masse bildeten, welche auf der ganzen Oberfläche schimmerte. II. Wie hat sich die schmarotzende Lebensweise in dem Körperbau des Schwammes ausgesprochen? Die Anwesenheit der Glione in der Austermuschel lässt sich sehr leicht bestimmen. In diesem Falle ist die innere und äußere Fläche der Muschel von einer großen Anzahl röthlicher oder orangegelber Fleck- chen (Taf. XVII, Fig. 1) bedeckt. Bei näherer Besichtigung erweisen sich diese Fleckchen als nichts Anderes, wie Öffnungen, durch welche ein Theil des Schwammkörpers heraustritt, dies sind die einzigen Be- rührungspunkte des Schwammes mit der Außenwelt. Wenn der Schwamm sich im Ruhezustande befindet, bemerkt man auch am Fleck- chen selbst eine Öffnung, die auf einer besonderen Erhöhung ge- legen ist. Die Erhöhungen haben gewöhnlich das Aussehen eines Hügelchens (Taf. XVII, Fig. 2), seltener kommen kegelförmige oder eylindrische vor!. Man bemerkt einigen Unterschied zwischen den Öff- nungen der beiden Seiten der Muschel: an der einen sind dieselben kleiner und dichter gelegen, an der anderen größer, aber in geringerer Anzahl vorhanden. Dabei spielt augenscheinlich die Art der Oberfläche der Muschel keine Rolle, es sei nun die innere oder äußere. Ich ver- muthe, dass die großen Öffnungen die Rolle der Oscula und die kleinen die der Poren spielen. Wenn ich auf die Öffnungen der ersten Art Kar- min warf, so wurde dieser gewöhnlich durch den Wasserstrom davon abgeworfen, was ich bei den kleinen Öffnungen nicht beobachten konnte. _ Endlich schließen sich die meisten großen Öffnungen nie, und während sich die kleinen Poren bei Reizung der Ränder mittels einer Nadel gänz- lich schließen, verkleinert sich der Durchmesser der großen nur höchst wenig. Bisweilen aber selten sieht man beide Öffnungsformen auf ein und derselben Muschelfläche. Außer den oben beschriebenen Öffnungen werden auf der Körperfläche des Schwammes gar keine Poren weiter bemerkt. | Wenn wir eine Austermuschel aufbrechen, die nur einen schwach 1 Die Oscula der letzteren Form sind für die 22 celata von LIEBERKÜHN (MÜLLER'S Archiv 1859) beschrieben worden. 302 N. Nassonow, entwickelten Schwamm enthält, so erscheinen die Gänge als unregel- mäßige, baumartige Verzweigungen von oranger Farbe. Ist aber der Schwamm stark entwickelt, so füllt er beinahe gänzlich die ganze Dicke der Muschel aus, indem er auf der Oberfläche bloß eine von Öffnungen durchbohrte dünne Platte nachlässt, wobei die innere und äußere Schicht der Muschel mit einander durch. vom Schwamme noch nicht zerstörte, unregelmäßige Kolonnen vereinigt werden. Nehmen wir in diesem Falle einen Theil der Oberfläche der Muschel ab (Taf. XVII, Fig. 3), so sehen wir, dass die unversehrten oberen Theile sich uns als unregelmäßige weiße Inselchen inmitten einer orangegelben Körpermasse in Form eines Netzes darstellen. Die äußere Oberfläche des Schwammes er- scheint immer höckerig (Taf. XVII, Fig. 6a) und entspricht genau der Skulptur, die wir an den Wänden der Gänge, in welchen er sich be- findet, bemerken. Die ganze Oberfläche der Gänge ist gewöhnlich mit ununterbrochenen Reihen mikroskopischer Grübchen bedeckt (Taf. XIX, Fig. 4), die den Grübchen gleichen, welche wir oben bei jungen Schwämmchen als Folge ihres zerstörenden Einflusses gesehen haben ! (Taf. XVII, Fig. 5a). Außerdem aber, wenn wir eine dünne durch- sichtige Schicht der Muschel ausschneiden, so sehen wir, dass von der Oberfläche des Schwammkörpers in die Substanz der Muschel sich dünne, lange, gelbe Ausläufer hinziehen, die sich verzweigen, mit ein- ander anastomosiren, auf ihrem Wege Erweiterungen bilden und jeden beliebigen Punkt der Schwammoberfläche durch die Dicke der Muschel mit einem anderen vereinigen können (Taf. XVII, Fig. 6). Sehr ver- schieden im Durchmesser (größtentheils ungefähr 0,03mm) durch- bohren sie als dichtes Netz den noch unversehrten Theil der Muschel. Die Oberfläche dieser Ausläufer ist glatt und sie haben niemals Skelettbildungen. Diese Ausläufer dienen wahrscheinlich, um die Stelle zu bestimmen, auf die die Thätigkeit der Clione gerichtet werden soll. Diese hier beschriebene Eigenthümlichkeit des Körperbaues ist frei- lich nur desshalb dem Schwamme eigen, weil er im Vergleich mit den frei lebenden Arten unter ganz ausschließlichen Bedingungen lebt. Von den Rändern der Oscula zu ihrer Basis gehen, wie vom Gen- trum zur Peripherie, radiale Reihen von stecknadelförmigen Spicula (Taf XVII, Fig. 2), mit Verdickungen des weichen Theiles der Oscula abwechselnd, so dass man bei schwacher Vergrößerung eine Zeichnung erhält, welche an die Tentakel, die um die Mundöffnung herum gelegen sind, erinnert. Durch diesen Umstand hat sich auch wahrscheinlich 1 Die Differenz zwischen den Grübchen eines jungen und erwachsenen Schwammes besteht nur in der Größe ; der größte Durchmesser der Grübchen bei den ersten beträgt 0,2 mm, bei den letzten 0,5 mm. Ess Zur Biologie und Anatomie der Qlione. 303 Grant beirren lassen, der bei V. celata Tentakel beschrieben hat, wesshalb EnrengBerg! sie zu den Korallen rechnete. Kleine kieselartige unregelmäßige Bildungen bedecken die ganze äußere Fläche des Oscu- lum, so wie die nächsten hervorragenden Theile, d. h. die ganze Ober- fläche des Schwammes, die mit der Außenwelt in Berührung kommt, wenn der Schwamm mit der Muschel, in welcher er lebt, als ein Ganzes betrachtet wird. Auf diese Weise dient das Skelett im vorliegen- . den Faile als Schutzorgan. Wenn ein Theil der Muschel sammt einem Theile des Schwammes abgebrochen wird, fährt der Schwamm gewöhn- lich zu leben fort; es stirbt bloß ein kleiner entblößter Theil des Körpers ab, wobei das Skelett des abgestorbenen Theiles sich anhäuft und auf diese Weise die Lücke verstopft. Es muss hier noch eine Eigenthümlichkeit des Schwammes be- schrieben werden, die augenscheinlich durch seinen Aufenthalt in den engen Räumen der angelegten Gänge hervorgerufen wird. Die Sache ist die, dass ich im Körper des Schwammes sehr lange nach Keimen ge- sucht habe, um dieselben im Aquarium zu kultiviren. Da ich sie hier "nicht fand, beabsichtigte ich schon das Suchen danach bis zu einem be sünstigeren Zeitpunkte aufzuschieben, als die im Aquarium lebenden Schwämme mir eine Masse Eier legten, so dass dessen Boden wie von einem gelben Anfluge bedeckt war. Es erwies sich, dass die Glione ein eierlegender Schwamm war. Solch eine ausnahmsweise Erscheinung unter den Schwämmen kann nach meiner Meinung nur durch den Um- stand erklärt werden, dass in Folge der Entwicklung einer Masse von Keimen der Schwamm, der sich in der undehnbaren Umhüllung der Muschel befindet, die Keime nicht in seinem Innern behalten kann und daher die Eier ausstößt, so dass dieselben außerhalb des mütterlichen Körpers ihre ganze Entwicklung durchlaufen. Da die Einzelheiten des Körperbaues des Schwammes in diesen Entwurf nicht eingeschlossen wurden, dieselben jedoch nicht ohne einiges Interesse sind, erlaube ich mir sie hier als Ergänzung anzu- schließen. Dass Epithel die Außenfläche des Schwammes bedeckt, konnte ich weder durch Beobachtung lebender Exemplare, noch durch Bear- beitung mit erhärtenden Flüssigkeiten oder Farbstoffen entdecken. Die Bearbeitung mit einer 1/, %/Jigen Lösung von Arg. nitr. und Chlorgold er- gab dagegen ein höchst originellesBild. Anfangs glaubte ich es mit einem ! EHRENBERG, Beiträge zu Korallenthieren. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bad. 30 304 N. Nassonow, Kunstprodukte zu thun zu haben: die nachfolgenden Beobachtungen aber und mehrmals wiederholte Bearbeitung mit den eben erwähnten Reagentien überzeugten mich, dass ich es hier mit einem Epithel in Form von Zellen mit Ausläufern zu thun hatte. Bei lebendigen mit Os- miumsäure bearbeiteten Exemplaren erscheint die Oberfläche des Schwammes mit einem dünnen, durchsichtigen Häutchen bedeckt, welches eine sehr undeutliche, gewundene Zeichnung bildet. Unter dem Häutchen ziehen sich parallele Reihen von Streifen, die aus mehr körnigem Plasma bestehen. Die Bearbeitung mit Gold und Silber ergab eine Zeichnung länglicher Zellen von unregelmäßigen Umrissen. Die Ränder ihrer Felder lagen nicht immer an einander, häufiger fanden sich zwischen ihnen kleine, unregelmäßig begrenzte Territorien. Bis- weilen aber waren zwischen den Zellen gar keine Grenzen bemerkbar. Um mich schließlich von der Existenz und Form der Epithelzellen zu überzeugen, legte ich einen lebenden Schwamm in 1/; Alkohol. Nach 11/, Tag ergab sich ein Resultat, welches meine Erwartungen über- traf. Mit Hilfe des Mikroskops konnte ich deutlich eine Masse isolirter Epithelzellen erblicken, deren größter Theil als platte, farblose Zellen von unregelmäßigen Umrissen erschien (Taf. XIX, Fig. 7a, c, e). Der Kern liegt entweder in der Mitte oder an dem Rand der Zelle. Die Plasmakörnchen koncentriren sich hauptsächlich um den Kern und in den Zellenrändern, von denen Ausläufer ausgehen, welche sich ver- zweigen (Taf. XIX, Fig. 7) und mit einander anastomosiren können. Wenn es gelang, einige solcher Zellen in Zusammenhang zu isoliren, so fand ich niemals Grenzen zwischen ihnen : sie waren immer durch mehr oder weniger breite Ausläufer verbunden (Taf. XIX, Fig. 75, g). Eine so eigenthümliche Zellenform des Epithels lässt sich freilich bloß vom Standpunkte des eigenartigen Körperbaues dieses Schwammes erklären. Die einzige passende Erklärung finde ich in der Anwesenheit der feinen, von der Oberfläche des Schwammes abgehenden, langen Ausläufer, deren Querdurchschnitt ungefähr dem Diameter der Zwischenräume zwischen den Zellenausläufern mittlerer Größe gleichen kann. Bisweilen, doch höchst selten, bemerkte ich unter den mit Ausläufern versehenen Zellen einige von regelmäßigerer Form, die sich durch ihre Umrisse der Zellenform des Pflasterepithels näherten (Taf. XIX, Fig. 7m). Solche Zellen konnte ich hauptsächlich an den Wänden der Oscula und Aus- führungskanäle entdecken. Die Geißelkammern sind kugelförmig und befinden sich an den Wänden der Kanäle, mit denen sie durch eine _ breite Öffnung in Verbindung stehen (Taf. XIX, Fig. 2). Die innere Fläche der Geißelkammern ist mit Zellen ausgekleidet, welche die Form von Kolben mit breiten cylindrischen Hälsen haben (Taf. XIX, Fig. 3). _ Zur Biologie und Anatomie der Olione. 305 Der erweiterte Grundtheil der Zelle ist von einem feinkörnigen Proto- _ plasma ausgefüllt und enthält in der Mitte einen Kern; ein Kernkörper- chen konnte ich nicht bemerken; von dem Protoplasma geht eine dünne Geißel ab. Die Kammern lassen sich am besten an lebenden im Meer- wasser zerzupften Exemplaren beobachten, oder an solchen, die vor- läufig während einiger Augenblicke mit einer !/) ®/,igen Lösung Osmium- säure bearbeitet worden waren. Die Lage der Kammern aber und deren Beziehungen zu den Kanälen können, wegen der Undurchsichtigkeit der Objekte, nur an Durchschnitten beobachtet werden. Der übrige Theil des Schwammkörpers ist stark pigmentirt und besteht aus einer durchsichtigen strukturlosen Grundsubstanz, in der Zellen, Kerne und kieselartige Skelettbildungen von verschiedener Form und Färbung gelegen sind. Die Elemente des Mesoderms lassen sich am leichtesten am lebenden oder am mit Osmiumsäure bearbeiteten Schwamme beobachten. Die besten Schnitte ergaben die Exemplare, - welche durch Osmiumsäure bearbeitet und in Alkohol gehärtet worden waren. Gute Resultate wurden ebenfalls durch Färbung mit Häma- toxylin erzielt. Die Besichtigung der Durchschnitte ist am bequem- sten in Glycerin zu machen, da die Spicula gewöhnlich die Deutlichkeit des Bildes sehr beeinträchtigen und da sie eine gleiche Lichtbrechung mit dem Glycerin haben, entschwinden sie ganz dem Blicke des Be- obachters. DiePräparate, die man in Kanadabalsam zu legen beabsichtigt, werden durch Kreosot deutlich aufgeklärt. Die Schnitte müssen sehr dünn sein, wie es auch F. E. Scuuzze für Aplysina angiebt, da zu- weilen die Elemente des Mesoderms dicht gedrängt mehrschichtig liegen, die Osmiumsäure aber die Objekte weniger durchsichtig macht. An einigen Stellen sind die Zellen so dicht gelegen, dass zwischen ihnen die Grundsubstanz nicht bemerkbar ist (Taf. XIX, Fig. 2). Solche Zellenschichten füllen stellenweis die ganze innere Masse des Körpers, von der Oberfläche des Schwammes bis zu den Hauptausführungs- kanälen der Schlinge aus. An diesen Stellen werden vorzüglich Fremd- ‘ körperchen bemerkt, augenscheinlich Speisereste, oder Kalkpar- tikelchen von Muscheln. Die Hauptmasse der Zellenelemente besteht aus abgerundeten oder ovalen Zellen von verschiedener Größe mit Kern. Das Plasma der Zellen ist von orangegelben Pigmentkörnchen angefüllt (Taf. XVII, Fig. 8). Zwischen diesen Zellen sind große kolbenartige Zellen gelegen (Taf. XVIN, Fig. 8b, Fig. 9a, b), die viel Pigment ent- halten. Sie kommen seltener vor. Außerdem kommen in der Grundsub- Stanz amöboide Zellen vor mit Pigment, das bloß um den Kern gelegen ist; auch kommen sehr kleine, farblose Zellchen, Fäserchen und Kerne (Taf. XVII, Fig. 40 a, b) vor. Zwischen allen oben beschriebenen Zell- 20* 306 N. Nassonow, formen kann man immer Übergangsformen finden. An der Stelle, wo die Grundsubstanz des Mesoderms am meisten entwickelt ist, wird ein Gewebe besonderer Art beobachtet, das dem Gewebe sehr ähnlich sieht, welches F. E. Schurze von Aplysina beschrieben hat. Diese Ähn- lichkeit wird nur durch die starke Pigmentirung dieser Zellgewebe bei Clione gestört, was bei Aplysina nicht der Fall ist. Diese Zellen sind verhältnismäßig ziemlich weitläufig (Taf. XVII, Fig. 7) in der Grundsub- stanz verbreitet und geben lange Ausläufer ab, die in Verbindung mit denjenigen der Nachbarzellen auf solche Weise ein ganzes Netz bilden. Unmittelbar unter dem Epithel der Kanäle, besonders in den Oscula, befinden sich lange faserige Zellen (Taf. XIX, Fig. 5), die schon wieder- holt bei den Schwämmen beschrieben worden. Man vermuthet, dass denselben vornehmlich die Kontraktilität zukommt. Sie sind ganz glatt und ihr Kern stülpt das sie umgebende Plasma etwas nach außen (Taf. XIX, Fig. 5a). Was die langen Ausläufer der Schwämme an- betrifft, so muss man, da sie gelb sind, annehmen, dass in ihrem Bau das Mesoderm eine große Rolle spielt, da Pigment ausschließlich nur die Elemente des letzteren enthalten. Zuweilen ließen sich in breiteren Ausläufern gleichsam Zellenumrisse bemerken. Genauer sie zu unter- suchen hatte ich nicht Gelegenheit, da ich nicht im Stande war, sie aus der Dicke der Muschel auszuscheiden. Den Haupttheil des Skeletts bilden doppelspitzige Nadeln (Taf. XIX, Fig. 8a), deren beide Konturen gewölbte, krumme Linien darstellen, wobei die Breite der Nadeln in der Mitte sehr verschieden ist. Zuweilen erscheint ein Umriss als gerade Linie, so dass die Wölbung sich bloß an einer Seite befindet (Fig. 8b). Diese Form bildet einen Übergang zur selten vorkommenden Form der doppelspitzigen, in der Mitte verbogenen Nadel (Fig. 8c). Die ganze Oberfläche der zweispitzigen Nadeln ist un- eben, da sie gewöhnlich mit den feinsten Höckerchen bedeckt ist. Diese Unebenbheit ist oft am deutlichsten in der Mitte ausgedrückt (Fig. 8d, e). Diese Form bildet einen Übergang zu der häufig vorkommenden Form der doppelspitzigen Nadeln mit einer kugelförmigen Erweiterung in der Mitte (Fig.8f). Bei der letzteren Form ist das Ende (Fig.8g) oder sogar beide (Fig.8h) abgestumpft, wobei der Grundstiel des Nadelchens ent- weder konisch oder cylindrisch erscheint. Die Dicke, so auch die Länge dieser Art Nadeln ist ebenfalls sehr verschieden (g, i). Die langen steck- nadelförmigen Spicula haben eine ganz glatte Oberfläche und enthalten inwendig einen feinen Kanal (Fig. 8%), der sich am Kopfende etwas er- weitert. Bisweilen ist die kopfartige Erweiterung vom stumpfen Ende entfernt und in einer nicht immer gleichen Entfernung von ihm gelegen (Fig.8!). Zuweilen, was aber höchst selten vorkommt, giebt es 2 oder Zur Biologie und Anatomie der Olione. 307 3 kugelartige Erweiterungen (Fig. 8m m’), zuweilen sind sie nur an einer _ Seite gelegen (Fig.8n). Die Form der stecknadelförmigen Spicula kann man auch von den doppelspitzigen Spicula ableiten, da Spicula von ver- schiedener Größe mit einer Spitze vorhanden sind (Fig.8 0) und da die Abstumpfung des spitzen Endes, wie TscHErnIAwsky ! auf Grund der Be- _ obachtung einer Masse von Nadeln zeigt, dessen Erweiterungen nach sich zieht. Die feinsten unregelmäßigen Kieselbildungen des Skeletts haben am häufigsten die Form gewundener Stäbchen, unregelmäßiger Sternchen oder Kreuzchen etc. (Fig.8r). Die Form von Bildungen, die als Übergangsform zu ihnen von doppelspitzigen Nadeln angesehen werden kann, ist von mir nur einmal beobachtet worden. Es war dies ein kurzes Stäbchen (Fig.8p). Auf diese Weise kann man also alle Nadelformen dieser Art aus einem Grundtypus der doppelspitzigen Nadeln ableiten ?. Sewastopol, August 1881. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVIII. Fig. 1. Die Muschel der Ostrea adriatica, in der die Clione lebt. In natürlicher Größe. Fig. 2. Ein Osculum der Clione stark vergrößert. Fig. 3. Ein Theil der Muschel, von der die oberflächliche Schicht abgenom- men ist. Fig. 4. Ein Keim der Clione, welcher dem Kalkplättchen ansitzt. Fig. 5. Ein Kalkplättchen mit zwei zusammengeflossenen Keimen, von denen der untere nur eben Partikelchen herauszunehmen begonnen hat. a,ein Grübchen, in welches das Schwämmchen einen Theil seines Körpers hineingezogen hat; b, ein herausgeschnittenes Kalkpartikelchen; c, durchscheinende Körperausläufer, mit Hilfe deren das Schwämmchen Partikelchen ausschneidet. Fig. 6. Der Theil eines erwachsenen Schwammes mit an ihrer Oberfläche (a) anliegender Muschel. Fig. 7. Ein Theil des Mesoderms mit durch Ausläufer sich verbindenden Zellen. Fig. 8. Ein Theil des Mesoderms mit runden, ovalen und kolbenartigen eng einander anliegenden Zellen. 1 TSCHERNIAWSKY, |. C. 2 Außer der erwähnten Kieselbildung stieß ich noch zwei- oder dreimal auf unregelmäßig cylindrische Bildungen mit kopfartigen Erweiterungen an beiden En- den des Cylinders und einem inneren Kanale, der am Kopfende ein wenig erweitert war. Diese Art von Bildungen sind, wie ich glaube, pathologischer Natur. 308 N. Nassonow, Zur Biologie und Anatomie der Olione. Fig. 9 u. 10. Isolirte Mesodermzellen. Fig. 9a, b, kolbenartige Zellen. Fig. 10a, amöbenartige Zellen. Fig. 405, farblose Zellen. Tafel XIX. Fig. 4. Ein junges Schwämmchen, bei dem das Osculum und das Skelett sich gebildet hat. Fig. 2. Ein Schnitt durch den Schwammkörper. a, Kalktheilchen; b, Ei; c, Geißelkammer. Fig. 3. Zellen aus Geißelkammern. Fig. 4. Grübchen an den Wänden der Gänge eines erwachsenen Schwammes. Fig. 5. Kontraktile Mesodermzellen. Fig. 6. Nach außen geworfene Eier. Fig. 7. Epithelzellen des Schwammes. 9, 6, e, m, verschiedene Zellformen; bg, durch Ausläufer verbundene Zellen. Fig. 8. Skelett des Schwammes. a, b, c, d, e, doppelspitzige Nadeln; b, f, 9, h, i, dieselben Nadeln mit Erweiterungen in der Mitte; k,.l, m, n, o, stecknadelförmige Spicula ; p, r, unregelmäßige Kieselbildungen. Fig. 9. Freischwimmender Keim der Clione. Fig. 40, Ein vom Schwamme herausgenommenes Kalkpartikelchen (0,2 mm). Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Von Dr. Otto Hamann, Privatdocenten der Zoologie in Göttingen. II. Mittheilung. 1. Das Nervensystem der pedaten Holothurien (Fortsetzung); 2. Die Cuvier’schen Organe; 3, Nervensystem und Sinnesorgane der Apedaten. Mit Tafel XX—XXII. Nachdem ich in der ersten Mittheilung den Verlauf der Nerven in den Füßchen von Cucumaria geschildert habe, bleibt noch übrig diese Angaben an einem anderen Genus zu prüfen. Ich habe hierzu Holo- thuria Polii gewählt, welche mir lebend in mehreren Exemplaren zur Verfügung stand. : Weiterhin habe ich versucht den Verlauf der Nerven in den Rückenfüßchen, den sogenannten Hautpapillen, klar zu legen, so wie die Tentakel auf ihren histologischen Bau näher zu untersuchen. Die Füßchen. | Eine gute Abbildung von Holothuria Polii findet man bei DELLE CHraJE 1. Auf dieser sind die charakteristisch gefärbten Hautpa- pillen deutlich angegeben. Weiter hat dann SEL£nkA? einige Kalkkörper der Haut abgebildet. — Das Genus Holothuria gehört zu den Aspidochoroten und besitzt außer den Saugfüßchen, welche auf der Bauchseite zerstreut stehen, auf ! DELLE CHIAJE, Memorie sulla sioria e notomia degli animali senza vertehre. Figure, Tav. VI. Napoli 1822. 2 SELENKA, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien. Diese Zeit- schrift. XVII. Bd. p. 324. 310 Otto Hamann, dem Rücken pyramidenähnliche Füßchen, welche in folgenden Merk- malen von ersteren sich unterscheiden. Die Pyramidenfüßchen, wie ich diese Gebilde bezeichnen will, be- sitzen niemals eine Saugscheibe;; sie sind konisch zugespitzt. Die Farbe ist von den Bauchfüßchen abweichend. Während nämlich letztere tief- schwarz gefärbt sind, wie der Körper überhaupt, so sind die ersteren in ihrem Endtheil weiß gefärbt. Betrachtet man ein solches ausge- strecktes Pyramidenfüßchen (vgl. Fig. I), so sieht man, wie das schwarze Pigment etwa bis zur halben Höhe des ganzen Organes reicht, um hier plötzlich aufzuhören. Der obere Theil ist rein weiß und trägt auf seinem Ende eine kreisrunde schwarz gefärbte Platte oder Scheibe. Reizt man nun ein Füßchen, so stülpt es sich sofort ein und zwar tief in die Haut des Körpers hinein, so dass man an der Körperoberfläche oft kaum er- kennen kann, dass hier vordem ein solches Gebilde hervorragte. Der oberste Theil der Pyramide, welcher schwarz gefärbt erscheint, kann sich ebenfalls zurückziehen, so dass dann eine grubenförmige Vertiefung entsteht (Fig. 3). In Fig. 2 ist der oberste Theil eines Pyramidenfüßchens näch einem Kanadabalsampräparat dargestellt. Man sieht durch die Epidermis hin- durchscheinend die beiden verschiedenen Formen von Kalkkörpern, nämlich erstens runde radförmig gebildete Formen und zweites stangen- artige Gebilde. Erstere sind in ihren verschiedenen Entwicklungssta- dien in Fig. k abgebildet. Die Größe dieser letzteren Gebilde beträgt in ihren drei Stadien 0,02, 0,024 und 0,035 mm. Die Stäbchen messen circa 0,14 mm. Was nun den feineren Bau dieser Pyramiden anlangt, so ist Folgen- des zu bemerken. Zunächst sei in Betreff der Konservirung hervorgehoben, dass Os- mium-Chromsäure sich sehr gut eignet die Gewebe zu härten und eine Färbung mit einer essigsauren Karminlösung gute Dienste leistet. Man erzielt mit letzterem eine ausgezeichnete Färbung der Nervenfasern, _ welche nicht in gleicher Weise mit anderen Mitteln zu erreichen ist. Fertigt man nun Längsschnitte durch eine Pyramide an, welche den Endtheil eingestülpt hat, so kann man Folgendes beobachten. Das Epithel der Pyramide setzt sich am Apicalende in das des halb- kugelförmigen Endes fort, in dem aber die Zellen des letzteren stärker verlängert erscheinen. Es sind feine fadenförmige Zellgebilde, welche den Kern in einer Anschwellung tragen und welche sich in feine Fort- sätze verlängern. Sobald der Endtheil eingestülpt ist, ragt die Umge- gebung des Füßchens als wallförmige Erhebung hervor und kann als Beiträge zur Histologie der Echinodermen. II. as Ringwall bezeichnet werden. Die Zellen des Ringwalles (vgl. Fig. 6) sind untermischt mit Epitheldrüsenzellen (dr), welche einen fein granulirten Inhalt besitzen. Betrachtet man diese Zellen von der Fläche, so erhält man ein Bild, wie es in Fig. 7 dargestellt ist. — Der bei Weitem größte Theil der Pyramiden wird von der Cutis gebildet, also von dem Bindege- webe, das aus einer hyalinen Grundsubstanz und Fibrillen besteht. Dazwischen finden sich die Plasmawanderzellen (vgl. I. Mittheilung) zer- streut liegend. Nach innen folgt eine Längsmuskelschicht und das innere Epithel, welches den Kanal auskleidet, welcher sich in jedem Pyramiden- füßchen findet. In jedem dieser Organe findet sich ein starker Nervenstrang, wel- cher in dem Bindegewebe eingelagert angetroffen wird. Er setzt sich zusammen aus Epithelstützzellen, zwischen deren Fortsätzen die Nerven- fibrillen verlaufen. Diese bilden unterhalb der Apicalscheibe eine Platte, indem hier die Fortsätze der Epithelsinneszellen in der Nervenfibrillen- schicht verlaufen (vgl. Fig. 8). Eine Isolirung der einzelnen Zellelemente ist sehr schwierig und gelingt es nur bei großer Geduld sich davon zu überzeugen, dass hier wirklich ein Übergang der Fortsätze der die Scheibe zusammensetzenden Zellen in die Fibrillenschicht vorliegt. In Fig. 5 erscheint auf dem Längsschnitte das Pigment der Endscheibe theil- weise entfernt, während Fig. 8 nach einem Präparat angefertigt ist, in welchem dasselbe vollkommen entfernt war. Zwischen den Nerven- fibrillen findet man Ganglienzellen regellos zerstreut, in welchen der Kern von nur wenig Plasma umhüllt wird. Die Saugfüßchen, welche die ventrale Fläche der Holothurien be- setzen, zeichnen sich, wie schon angegeben, durch eine Saugplatte aus. Dieselbe besitzt die gleiche Farbe, welche auf dem Füßchen und dem Körper überhaupt angetroffen wird. Am besten geschieht die Unter- suchung auf Längsschnitten. In Fig. 9 ist ein solcher durch die Achse eines Füßchens gelegter Schnitt abgebildet. | Auf das Außenepithel, die Epidermis, folgt das Bindegewebe, in welchem zwei Lagen unterschieden werden können, nämlich eine äußere, dem Außenepithel anliegende, und eine innere. Letztere zeichnet sich durch einen größeren Reichthum an Fibrillen aus. Auch hier kommen die Plasmawanderzellen in großer Anzahl vor. Auf die Bindegewebs- schicht folgt weiterhin die Längsmusecularis und das Innenepithel (e!). Ein Querschnitt durch den mittleren Theil eines Saugfüßchens zeigt den Verlauf des Nerven am besten. Zu jedem Füßchen geht ein Nerven- strang (vgl. Fig. 10 qnf), der auf dem Querschnitt getroffen erscheint und so das Ansehen einer fein punktirten Masse bietet. Der Nerv zeigt denselben Zusammenhang wie der der Pyramidenfüßchen und verweise ‚312 Otto Hamann, ‘ich desshalb auf die oben gegebene Darstellung. Da der Bau auch der übrigen Gewebe des Saugfüßchens mit denen der Pyramidenfüßchen übereinstimmt, so könnte der abgebildete Querschnitt eben so gut für den eines solchen gelten, da ja nur das Apicalende abweichend ge- staltet ist. | Die Saugplatte zeigt folgenden Bau. Die Epidermis besteht aus langen Zellen von palissadenförmiger Gestalt. Sie geht über in die des Ringwulstes, dessen Zellen einen weit geringeren Längsdurchmesser be- sitzen. Es lassen sich zwei verschiedene Zellelemente in der Epidermis der Saugplatte unterscheiden. Erstens trifft man cylinderförmige Zellen an, welche übergehen mit feinen Fibrillen in eine Faserlage, welche un- mittelbar unterhalb der Zellen ihren Verlauf nimmt, und welche als die Nervenschicht anzusehen ist. Zweitens aber findet man Zellen von ähn- lichem Bau mit stärkeren Fortsätzen versehen, welche die Nervenschicht senkrecht durchsetzen und in dem Bindegewebe endigen, oder vielmehr in demselben zu verlaufen scheinen. Diesen Übergang der Fortsätze der Epithelstützzellen in das Bindegewebe habe ich hier zum ersten Mal beobachtet. Bei keinem Saugfüßchen einer anderen Art ist mir diese Erscheinung bisher aufgefallen. | In Fig. 41 ist ein Stück eines Längsschnittes durch die Saugplatte stärker vergrößert wiedergegeben. Die Längsmuscularis hört in gleicher Höhe mit dem Kanal auf. Es besteht also in so fern ein Unterschied zwischen den Saugfüßchen und den Pyramiden, indem bei letzteren die Längsmuskeln oberhalb des blind endigenden Kanals konvergiren. In der Bindesubstanz der Saugplatte finden sich Kalkkörper vor. Ihre Lage ist aus Fig. 9 zu erkennen. Mit m sind die Maschen bezeichnet, in welchen sie liegen. In der letzten Mittheilung habe ich von Gucumaria Planei ebenfalls die Nervenschicht beschrieben, welche unterhalb der Epidermis der Saugplatte sich vorfand, konnte jedoch über die Zusammensetzung der Epithelzeilen selbst nichts Genaueres angeben, da sich bei der genannten Art die einzelnen Zellen nicht oder ungenügend trennen ließen. Dass aber auch Epithelstützzellen und Sinneszellen vorliegen, scheint mir außer Zweifel zu stehen. Die Tentakel. Um den Mund herum stehen eine Anzahl von schildförmigen Ten- takeln, an welchen man einen Stiel unterscheiden kann von dem oberen Theile, welcher mit kleinen Köpfchen besetzt erscheint. Zwischen diesen letzteren, den Capitulis, finden sich längere Gebilde, von mehr fadenförmiger Gestalt, auf welche sich das gewöhnliche Epithel des Beiträge zur Histologie der Bchinodermen. II. 313 Tentakelstiels fortsetzt, während das Epithel der Gapitula eine ab- _ weichende Form besitzt. In jedem Tentakel findet sich ein Stielkanal, welcher Äste ent- sendet in jedes Capitulum. Diese Äste enden hier blind. | Auf die Epidermis folgt das stark entwickelte Bindegewebe, auf welches wiederum eine Längsmuscularis mit dem Epithel folgt, welches das Kanallumen auskleidet. | Das Epithel der einzelnen Köpfchen des Tentakels zeigt nun fol- gende Bildungen. Die Zellen sind von fadenförmiger Gestalt und ver- längern sich in Fortsätze. An Macerationspräparaten gelingt es zweierlei Formen solcher Fortsätze zu unterscheiden, nämlich erstens stärkere, wie ich sie schon an den Stützzellen der Asteriden beschrieben habe und zweitens feinere Fibrillen, welche ein Geflecht bilden. Auf den Längsschnitten findet man dasselbe wieder als eine unterhalb des Epi- thels liegende theils fein gekörnte, theils gestreifte Schicht, je nachdem die einzelnen Fibrillen der Quere oder der Länge nach durch den Schnitt getroffen worden sind. Besonders schön gelingt es diese Schicht zu demonstriren, wenn man die Gewebe mit essigsaurem Kar- min färbt. Es treten dann die einzelnen Gewebe als Bindegewebe, Epithel und Nervenfibrillen in verschiedenen Farbennuancen hervor. — Die Epithelstützzellen enden unterhalb der Fibrillenschicht. Ein Über- sang ihrer Fortsätze in das Bindegewebe konnte nicht beobachtet werden. Es setzen sich nun die einzelnen Fibrillen der Epithelsinneszellen fort in den Nervenstrang der Köpfchen, welche als Äste des großen im Stiel des Tentakels verlaufenden Nervenzuges anzusehen sind. Der Nerv liegt auch hier der Längsmuscularis auf und ist in das Bindege- webe eingebettet. Über Nervenendigungen in den Tentakeln sind bisher keine An- gaben gemacht worden. Senper! beschreibt nur die langen Epithel- zellen der »Endschichten der Füßchen und der Endäste der Tentakel « und stellt diese cylinderförmigen Zellen in Parallele mit denjenigen Zellen, welche er in den Hautpapillen einer Anapta gefunden hat. Dass diese Anschauung vollkommen den Thatsachen entspricht, werde ich unten bei der Besprechung dieser sogenannten Hautpapillen hervorzu- heben haben ?. 1 SEMPER, Holothurienwerk, p. 453. ‚2 Ich erwähne an dieser Stelle, dass Tate vor Kurzem (Report on the Hol. dredged by H. M. S. Challenger, 1882) einige organologische Beobachtungen über das Nervensystem gegeben hat, über die histologische Struktur jedoch nichts mit- theilt. p. 129. 314 Otto Hamann, Dis Cuvier’schen Organe. (Vgl. Fig. 17—22.) Ich werde sogleich mit der Beschreibung des histologischen Baues beginnen und behalte mir vor in einem Anhang über die Lage dieser Organe bei den Holothurien Näheres mitzutheilen. Die Cuvier’schen Organe sind Schläuche, welche von dem Thier durch den After entleert werden, sobald es gereizt wird. Die Hervor- stülpung geschieht in folgender Weise. Es werden auf einmal mehrere Schläuche aus der Afteröffnung hervorgeschnellt, welche, sobald sie in das Wasser herausgetreten sind, sich plötzlich zu einer enormen Länge ausdehnen können. Indem nun ein solcher Schlauch nach dem anderen hervorgeschnellt wird, entsteht eine große Masse von wenigen Millimeter breiten Fäden. Berührt man mit irgend welchem Gegenstand einen solchen Faden, so haftet derselbe fest an und ist nicht wieder zu entfernen. Diese That- sache weist darauf hin, dass hier ein Sekret vorliegen muss, welches dieses Festhaften bewirkt. | Nach Semper’s 1 Untersuchungen sollen sich folgende Verhältnisse vorfinden. Bei der Gattung Holothuria überkleidet diese Organe nach diesem Forscher ein feines Wimperepithel. Dicht unter demselben soll »eine in Querfalten gelegte zellige Membran « sich finden, »welche mit jener ersten gar nicht in Verbindung zu stehen scheint, obgleich sie im Leben dicht an einander liegen«. »Von der zweizelligen Haut eng um- schlossen,« fährt Semper fort, »ist ein bindegewebiger durch und durch massiver Strang, welcher außer den bekannten Elementen des Binde- gewebes, .... noch Fasern zeigt, die muskulös zu sein scheinen.« Hierauf folgt eine Beschreibung der verschiedenen Lagen der Bindesub- stanz. Semper erklärt die Guvier’schen Organe für Waffen und hebt hervor, dass nur diejenigen Organe eine klebrige Beschaffenheit zeigen, welche »eine gerippte oder gefaltete innere Zellhaut besitzen«. Welche Bewandtnis es mit dieser sogenannten Zellhaut hat, werde ich sofort zeigen. — Betrachtet man einen Cuvıer’schen Schlauch, so sieht man unterhalb seiner Epithelschicht, deren Elemente abgeplattete wimpernde (SEMPER) Zellen sind, eine eigenthümliche Streifung. Diese eigenthümliche Strei- fung (vgl. Fig. 21) besteht in sich stark abhebenden Streifen, welche parallel zu einander ringförmig verlaufen und welche dadurch zu Stande gekommen sind, dass Drüsenzellen in besonderen Reihen angeordnet sich vorfinden. 1 SempEr, Holothurien, p. 136. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 315 Ein Querschnitt durch einen solchen Schlauch zeigt folgendes Ver- halten. Nach außen das Epithel (ep) und hierauf die Drüsenschicht. Die Achse des Gebildes wird von dem Bindegewebe eingenommen, welches in zwei verschiedene Lagen getrennt erscheint durch die Muskulatur, weiche in derselben eingebettet liegt. Auf die Längsmuskeln, welche zu Bündeln vereinigt sich finden, folgt die Ringmuskelschicht (vgl. Fig. 17 und Fig. 20). Die Fibrillen der Bindesubstanz zeigen in der Achse des Schlauches eine ringförmige Anordnung, während diejenige Lage, welche zwischen Drüsenzellenschicht und Muskulatur gelegen ist, eine radiäre Anordnung ihrer Fasern zeigt (Fig. 20). Der Verlauf der Ring- und Längsmuskeln ist aus Fig. 19 zu ersehen, welche eine Flächenansicht vorstellt. Die Längsmuskeln erscheinen hier deutlich zu Bündeln vereinigt, während die Ringfasern bestimmte Intervalle zwischen sich lassend verlaufen. An den herausgeschleuderten Schläuchen trifft man in der Achse stets einen Kanal an, welcher bald ein großes Lumen besitzt, bald aber kaum zu erkennen ist. Ich glaube, dass derselbe durch Zerreißung ent- standen ist, zumal Srmper als ganz sicher feststehend angiebt, dass ein Kanal nicht existire. Sobald ich frisches Material erhalten habe, werde ich diesen Punkt nochmals untersuchen und im Anhang Nachricht geben. Was nun die Hauptschicht anlangt, welche dem Schlauche seine Funktion bestimmt, so habe ich Folgendes gefunden. Es finden sich unterhalb des Plattenepithels Drüsenschläuche vor, welche in Reihen angeordnet stehen, so dass man auf Längsschnitten ein Bild erhält, wie es Fig. 18 zeigt. Man sieht hier, dass einfache Zellschläuche abwechseln mit solchen, welche traubenförmig oder gelappt scheinen. Der Inhalt eines solchen Drüsenschlauches ist mit einer fein gekörnten Substanz erfüllt, oder aber die schlauchartigen Zellen scheinen ihr Sekret abge- geben zu haben und ist ihr Durchmesser dann geringer als bei den- jenigen, welche einen fein gekörnten Inhalt besitzen (Fig. 22). — Diese Drüsenzellenschicht ist dieselbe Schicht, welche SempEr als »eine in _Querfalten gelegte zellige Membran « beschrieb. Es ist somit erwiesen, dass die klebrige Masse, welche die GuviEr- schen Organe ausscheiden, nur von dieser Drüsenschicht producirt wer- den kann und dass dieses Sekret die Organe befähigt als Waflen zu dienen, eine Funktion, welche ihnen Srmper bereits zugeschrieben hat. In neuester Zeit sind von Jourpam ! verschiedene Mittheilungen über histologische Verhältnisse der Echinodermen gemacht worden. Er 1 JourpAın, Comptes Rendus. XCIV. 1889. p. 1206—1208. Über den Darm- tractus der Holothurien finden sich Angaben ebenda, XCV, p. 565—566 und den Geschlechtsapparat, XCV, p. 252—254. ® 316 Otto Hamann, hat die zwei Muskellagen bereits gesehen und behauptet das Vorkommen eines Kanales in der Achse. Da seine Angaben jedoch ohne Abbildungen erschienen sind, sind sie zum Theil mir nicht verständlich. Nervensystem von Synapta digitata. Seit den Untersuchungen von Jon. MÜLLER !, Baur ? und Senper 3 über die Synaptiden ist die Histologie dieser Gruppe nicht in Angriff ge- nommen worden. Die wenigen Bemerkungen von Semper über die Nervenendigungen in der Haut sind bis jetzt die einzigen geblieben. Die nächstfolgenden Zeilen sollen vor Allem den Verlauf der Nerven im Körper klar stellen und die Endigungen derselben in der Haut und in den Sinnesorganen besprechen. Der Nervenring wurde zuerst bei Synapta digitata von Baur be- schrieben als ein weißer, rundlicher, kreisförmiger Strang, welcher an der Innenseite des Kalkringes liegt. Von ihm aus gehen fünf Haupt- stämme zu den fünf Längsmuskeln der Leibeswand. Über den Verlauf eines Nerven im Darmtractus finden wir nichts angegeben, wohl aber über den Abgang von Nerven zu den Tentakeln. Von dem Außenrande des Nervenringes gehen nach Baur Äste ab, von welchen je einer in einen der zwölf Tentakel verläuft. Den weiteren Verlauf innerhalb der- selben konnte er jedoch nicht verfolgen. Merkwürdig sind die Angaben Baur’s über den histologischen Bau des Nerven. Sowohl der Nervenring als die peripherischen Theile sollen Röhren vorstellen, welche einen Kanal enthalten. Der Inhalt der Röhre, die den »Nervenkanal begrenzende Nervensubstanz«, besteht »aus großen runden oft in Reihen stehenden Körperchen«, die er mit Zell- kernen vergleicht, während zwischen ihnen eine Zwischensubstanz nicht vorhanden, oder doch nur sehr sparsam entwickelt sei. An diese Be- obachtungen knüpft Baur eine Reihe von Hypothesen, die für unsere Zwecke ohne Werth sind, da wir über den histologischen Bau der Nerven vermittels neuer Methoden einen anderen Begriff uns machen können. Nächst Baur hat Semper 5 das Nervensystem der Holothurien einer Betrachtung unterworfen, jedoch mehr nach der anatomischen Seite hin. Ich schließe gleich meine eigenen Untersuchungen an. 1 Jos. MüLter, Über Synapta digitata und die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin 4852. 2 Baur, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. Nova Acta. K.L.-C. D. Akad. d. Naturf. Dresden 4864. 3 SEMPER, Holothurienwerk. : 4 Baur, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. 1. Abhandlung. p. 86. 5 SEMPER, Holothurien, p. 449. a Jane u lee 9 Beiträge zur Histologie der Echinodermen, Il. 317 Der Ringnerv und die fünf Radialnerven. Der Ringnerv von Synapta digitata verläuft, wie schon Baur richtig angegeben hat, innerhalb des Kalkringes in dem Bindegewebe liegend. In Figur 25 ist derselbe auf dem Querschnitt getroffen abgebildet (grnf). Die histologische Zusammensetzung desselben ist folgende. Der größte Theil desselben wird gebildet von ringförmig verlaufenden Fibrillen, den Nervenfasern, zwischen denen sich Zellen in unregelmäßiger An- ordnung zerstreut vorfinden. Diese eigentliche Nervenfaserschicht wird von Fortsätzen durchsetzt, welche von Zeilen ausgehen, die eine ober- flächliche Schicht bilden. Diese Zellen mit ihren Fortsätzen sind als Epithelstützzellen zu bezeichnen. Sie sind homolog den Gebilden in der Epidermis der Asteriden, welche ich mit demselben Namen belegt habe. Der Nerv besteht mithin aus Epithelzellen, die den Verband mit dem Körperepithel aufgegeben haben, und mit den Nervenfibrillen, welche mit ersteren zusammen in das Bindegewebe zu liegen gekommen sind. Ein Längsschnitt durch den Ringnerv (Fig. 23) zeigt uns die Zu- sammensetzung aus Epithelzellen und den eigentlichen Nervenfibrillen noch deutlicher. In der Figur sind nur die Kerne der Ganglienzellen angegeben, da das Plasına derselben durch Karmin sich nur wenig tingirt und bei schwacher Vergrößerung kaum oder überhaupt nicht zu sehen ist. — Von dem Nervenring gehen zunächst fünf als Radialnerven be- zeichnete Nervenzüge ab. Ein Querschnitt durch die Körperwand zeigt uns Folgendes. Auf die Epidermis folgt die Bindesubstanzschicht, in deren Tiefe der Nerv verläuft. Unterhalb derselben verläuft ein Gefäß, hierauf folgt die Ringmuscularis und der auf dem Querschnitte ge- troffene Radialmuskel (Fig. 33). Der Querschnitt durch den Radinalnerv lässt uns erkennen, dass derselbe sich zwar aus denselben Gebilden zusammensetzt, wie der Ringnerv, dass jedoch ein dünner Strang sich durch die Nervenfaser- masse hindurchzieht, welcher von dem Bindegewebe gebildet wird, da ‚in demselben hier und da Zellen angetroffen werden, welche Bindege- webszellen gleichen. Dieser Strang theilt den Nerven in zwei Theile und mag wohl die Festigkeit des Gebildes erhöhen helfen. Vom Radialnerv gehen Faserzüge ab, welche die Ringmuskeln ver- sorgen, so wie weiterhin solche, welche zur Peripherie des Körpers, zur Epidermis verlaufen und hier in Tastpapillen enden, welche weiter unten besprochen werden sollen. An dieser Stelle will ich der kleinen biskuitförmigen Kalkkörper gedenken, welche rings um den Radialnerv in großer Menge angetroffen werden (Fig. 33 kk). Sie finden sich überhaupt in dem Bindegewebe 318 Otto Hamann, zerstreut vor in verschiedenen Größen. Man findet viele solche Biskuit- formen, welchen eine Bindegewebszelie eng anliegt. Jedenfalls ge- schieht die Ausscheidung eines solchen Gebildes von je einer Zelle. In Figur 39 sind einige Biskuitkalkkörper abgebildet worden. Merkwürdig ist, dass dieselben auch vereinzelt in der Muskulatur vorkommen, wo sie bereits Jos. MüLzer ! gefunden hat. Selbstverständlich entstehen sie hier auch in dem Bindegewebe, welches sich zwischen den Muskelfasern findet. Diese Körper zeigen eine koncentrische Schichtung oft sehr deutlich. Vom Ringnerv gehen nun die weiteren Nervenzüge ab zu den Ten- | takeln, deren Bau ich sogleich beschreiben will. Die Sinnesorgane auf den Tentakeln. (Vgl. Fig. 29 und 30.) Synapta digitata besitzt zwanzig Tentakel, welche folgende Gestalt haben. Jeder Tentakel endet blind in einem Köpfchen (vgl. Fig. 27 und 28), welches mit papillenartigen Erhebungen versehen ist. Um dieses Köpfchen herum stehen vier fühlerartige Gebilde. Die kleinen Fühler stehen so, dass sie das Ende des Tentakels in einem schiefen Halbkreis umgeben. Die beiden unteren stehen seitlich und mehr nach außen, während die beiden oberen mehr der Innenseite des Tentakels ange- hören, wie Jon. MüLLer schon beschrieben hat. Figur 27 zeigt einen Tentakel von der Innenseite. Die vier Fühlerchen sind dem Mund zu- gewendet. In der nebenan stehenden Figur 28 ist der Tentakel von außen gesehen dargestell. — In jedem Tentakel findet sich nun eine Fort- setzung des Wassergefäßringes und ein Nervenstamm. Von letzterem gehen dann einzelne Nervenäste ab in die vier Fühlerchen, und enden hier unterhalb der langen cylindrischen Epithelzellen. Der Verlauf des Nerven in einem Fühlerchen gestaltet sich folgen- dermaßen (vgl. Fig. 49). Auf das den Kanal auskleidende Epithel folgt die Längsmuskulatur, und der ziemlich stark entwickelte Nervenzug. Auf dem Querschnitt zeigt derselbe das bekannte halbmondförmige Bild (Fig. 51). Auch hier liegt derselbe in dem Bindegewebe, auf welches die Epidermis folgt. Der Nervenzug durchbricht nun am Ende des Fühlerchens das Bindegewebe und bildet eine plattenförmige Lage unterhalb der Epidermiszellen, die sich wiederum scheiden lassen in Stützzellen und Sinneszellen. In der Epidermis der Fühlerchen kommen in großer Menge die eiförmigen Drüsenzellen vor, immer dicht unter der Cuticula stehend (Fig. 34). — Auf dem unteren Abschnitt der Tentakel finden sich auf der Innenseite gelegen eigenthümlich geformte Sinnes- 1 Jos. MÜLLER, Über Synapta digitata. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. II. 319 ‚organe vor, die bis jetzt noch nicht beschrieben worden sind. Diese Gebilde sind mit der Lupe deutlich zu erkennen. Sie stehen in unregel- mäßiger Anordnung meist in zwei Reihen zusammen. Geht man die Litteratur durch, so findet man von QuATREFAGES ! auf der Innenseite der Tentakel von Synapta Duvernaea (Synapta inhaerens ' Düben und Koren) Saugnäpfe beschrieben und abgebildet. Dessgleichen ‚ hat Jon. Mürter 2 dieselben abgebildet, ohne aber ihren Bau näher zu | untersuchen. Auch von Baur werden dieselben erwähnt. Ich glaube nun, dass diese Saugnäpfe identisch sind mit den so- ' gleich zu beschreibenden Sinnesorganen. Die Deutung als Saugnäpfe ‚ist gänzlich unbegründet und offenbar nur aus der Lage geschlossen. ' Auch findet sich irgend welche Untersuchung dieser Organe bei keinem ' der genannten Forscher angegeben. Sollten hier Saugnäpfe vorliegen, so müsste eine Muskulatur nachgewiesen werden, und diese ist nicht vorhanden. Der Bau dieser Sinnesorgane ist folgender (vgl. Fig. 29 und 30). Die Organe sind von kugeliger Gestalt; an derjenigen Seite, welche der Peripherie zugewendet ist, findet sich eine mehr oder minder tiefe Einbuchtung. Gegenüber dieser grubenförmigen Vertiefung tritt der Nerv aus dem Organe aus. Die Hauptbestandtheile dieser Organe sind Zellen, welche radiär an- ' geordnet sind und nach der Grube zu konvergiren. Die Zellen sind feine Gebilde, und haben den Kern nahe ihrer Basis liegen. Die Zellen sitzen auf der Hülle auf, welche das kugelige Organ umgiebt. In dem Centrum jedes Organes befindet sich weiter ein Gebilde, welches mit einer Knospe verglichen werden kann. Es setzt sich direkt fort in einen Nery, welcher durch das Bindegewebe hindurch verläuft und in dem Tentakelnerv endet, oder besser von demselben aus entspringt. Die Zellen, welche die Knospe zusammensetzen, konvergiren mit ihren äußeren Enden nach der Grube des Organes, bilden mit dem den Kern bergenden mittleren Theile den bauchigen Theil der Knospe und konver- giren mit ihrem Endtheile, indem sie sich unmittelbar fortsetzen, in feine Fibrillen, welche dieselben Eigenschaften zeigen als die Nervenfibrillen des Tentakelnerven oder der Ringnerven. In diesem Nervenfibrillen- strang sind Zellen eingestreut, die als Ganglienzellen zu deuten sind. Die Form derselben ist kreisföormig, wie auf Querschnitten durch einen solchen Nervenstrang beobachtet werden kann. Die Form dieser Sinnesknospe wie ihre Zusammensetzung erkennt 1 Annales des sciences naturelles. 41842. Tome 47. Planche IV, Fig. A. 2 Jon. MüLLer, Synapta digitata. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. af 320 Otto Hamann, man am besten an Schnitten, von denen zwei in Figur 29 und 30 ab- gebildet sind. Ihr Durchmesser beträgt 0,1250—0,1711 mm. An gut konservirten Exemplaren kann man sich noch überzeugen, dass im Leben die ganze Oberfläche der Sinnesknospe, so will ich diese Organe nennen, bewimpert gewesen ist. Eine Cuticula überzieht die Grube, wie überhaupt die ganze Epidermis. Es tritt nun die Frage heran, welche Funktion sollen wir diesen Sinnesknospen zuschreiben? Können sie als Sehorgan oder als Gehör oder Riechgruben gelten ? Als Sehflecke können sie unmöglich angesehen werden, da jegliches Pigment in ihnen fehlt, wie ich mich glaube überzeugt zu haben, ob- gleich nur konservirtes Material mir zur Verfügung stand. Als Gehörorgan wird man die Sinnesknospen auch nicht deuten können, so bleibt nur noch übrig, sie als Geruchs- oder Geschmacksorgane anzusehen. Ob nun eine solche Deutung berechtigt und begründet ist, lässt sich wohl kaum beweisen. Ich ziehe es daher vor, nicht dem jetzigen Gebrauch zu folgen, nach welchem jedem Sinnesorgan, sobald es eben entdeckt ist, eine bestimmte Funktion zugeschrieben wird, sondern lasse ihre Funktion dahingestellt sein und fasse meine Ver- muthungen dahin zusammen, dass ich sage, die Sinnesknospen dienen möglicherweise als Tastorgane und stehen vielleicht mit der Ernährung in Zusammenhang, worauf ihre Lagerung auf der Innenseite der Ten- takel deuten könnte. Die Tastpapillen der Haut. (Vgl. Fig. 34 und 32.) Während bei den füßchentragenden Holothurien die Füßchen als Bewegungsorgane dienen und zugleich als Tastapparate betrachtet werden müssen, oder aber wie bei Holothuria Polii und anderen Formen zwei verschiedene Arten solcher Organe vorkommen, indem die einen zur Fortbewegung dienen, die anderen als Sinnesorgane anzusprechen sind, so müssen bei den fußlosen Holothurien andere Sinnesorgane sich vor- finden. Ist dies schon von vorn herein als wahrscheinlich vorauszuseizen, so ist durch die Untersuchungen von Semper 1 das Vorkommen bereits beschrieben worden. ! Bekanntlich treten in der Haut der Synaptiden ankerartige Kalk- gebilde auf, welche Baur? näher geschildert hat. Diese Gebilde ragen nicht, wie Sezenka glaubte, über die Haut hervor, und dienen nicht zum 1 SEMPER, Holothurienwerk. ® Baur, a.a.0. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. II. 391 Festhaken der Thiere. Bereits QuATREFAGEs und dann Semper haben - dies bestritten. Die Anker liegen stets unter der Epidermis, der Epithel- schicht, in der Cutis, dem Bindegewebe, eingebettet, in welch’ letzterem sie auch ausgeschieden werden, wie überhaupt alle bei den Holothurien vorkommenden Kalkgebilde. Betrachtet man die Haut einer Synapta von außen, so erkennt man, dass dieselbe sich in Papillen erhebt, welche bald stark hervorragen, bald weniger deutlich zur Beobachtung kommen, je nach dem Kontrak- tionszustand des Thieres. Das Epithel zeigt auf diesen Papillen eine Veränderung, welche be- reits SEMPER beschreibt; es ist auffallend verdickt und bildet auf diese Weise die Erhebungen, oder Papillen. Die Zellen besitzen eine cylinder- förmige Gestalt und übertreffen an Länge die gewöhnlichen Epidermis- elemente um mehr als das Doppelte oder Dreifache. Die Beschreibungen solcher Papillen giebt Semper von Anapta gracilis Semp. und Synapta pseudo-digitata Semp. Nach seiner Darstellung lassen sich Faserzüge unterscheiden, welche zu denjenigen Hautpapillen gehen, welche keine Kalkkörper enthalten. Diese Faserzüge deutet er- als Nerven und zwar sollen sich dieselben vermittels einer ganglionären Endanschwellung an die Papillen anlegen. Außer diesen Papillen, an welchen Nerven beobachtet worden sind, schließen sich andere an, welche Kalkkörper einschließen. Hier sind von Semper keine Nerven beobachtet worden; er glaubt jedoch, dass auch letztere als Sinnesorgane zu deuten seien, indem die Kalk- anker mit ihren Kalkplatten das Tastvermögen verstärken sollen. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Anker nicht bloß da in der Haut vor- kommen, wo das Epithel stark verdickt erscheint, sondern auch unter- halb des gewöhnlichen Epithels. Die Ankerform der Kalkkörper ist zwar an sich merkwürdig, in Anbetracht jedoch der äußerst mannigfaltigen Formen, welche die Kalkgebilde annehmen können, meiner Meinung nach ‚eben so verständlich als etwa die Stühlchen, Rädchenformen, und wie die anderen verschiedenen Bildungen alle benannt sein mögen, es sind. Dass in dem Reichthum der Bildungen auch Ankerformen auftreten, scheint mir einer besonderen Erklärung nicht bedürftiig. Dass übrigens die Anker zufällig aus der Epidermis hervortreten und dann zur An- heftung mit dienen können, ist oft beobachtet worden und stellt auch SEMPER nicht in Abrede. Nur ihre ausschließliche Bedeutung als Haft- apparate bestreitet er, und mit Recht. | Über den Bau der Tastpapillen habe ich Folgendes hervorzuheben. Die Zellen des die Papillen bildenden Epithels verlängern sich theilweise in feinste Fibrillen, die ein Maschennetz, eine Platte bilden, von welchem 21% 322, Otto Hamann, aus ein Bündel von solchen feinsten Fibrillen durch das Bindegewebe hindurch verläuft und zum Radialnerv geht. Außer diesen Epithel- sinneszellen kommen Stützzellen vor und Drüsenzellen. Die Stützzellen bieten nichts Besonderes, während die Sinneszellen fadenförmig gestaltet den Kern in einer Anschwellung liegend haben und hier und da Vari- cositäten an ihren Fortsätzen zu bemerken sind. Es ist äußerst schwer, die einzelnen Elemente einer Tastpapille zu isoliren, zumal die Fibrillen äußerst hinfällig sind. Von Drüsenzellen kommen zwei Formen vor. Erstens sind zu er- wähnen die schon von den Tentakeln her bekannten eiförmigen Zellen und zweitens neben denselben eine schlauchförmige Art. Diese letzteren tingiren sich ungemein rasch und stark mit Hämatoxylin. Ihre Basis ist meist birnförmig erweitert. Außer auf den Papillen habe ich sie eben- falls auf den Tentakeln angetroffen und zwar nicht zerstreut stehend wie auf ersteren, sondern Gruppen bildend. Was nun die Nerven anlangt, welche zu den Hautpapillen gehen, so nehmen dieselben ihren Ursprung von einem der fünf Radialnerven. Diese Nerven lassen sich streckenweis in der Gutis, der Bindesubstanz- schicht verfolgen. Sie bestehen aus feinsten Fibrillen mit aufliegenden Zellen und führen Zellen, Ganglienzellen, im Innern. Wie ich schon hervorhob, gehen keineswegs zu allen Papillen Nervenzüge. Es ist aber eine Vertheilung von Sinneszellen auf der ganzen Epidermis zu konstatiren. Die von diesen Sinneszellen aus- gehenden Fibrillen verbreiten sich als Plexus unterhalb der Zellen auf der Bindegewebsschicht aufliegend. Dass dem so ist, kann man an der Mundscheibe beobachten, wo sich keine Papillen finden und die Nerven- züge nicht plattenartig enden, sondern in einem feinsten Fasernetz unter- halb der Epidermis sich verlieren. Trotzdem ich nun nicht überall das Vorkommen eines Nervenplexus gefunden habe, so stehe ich nicht an, dasselbe anzunehmen. Wer die "Schwierigkeiten kennt, welche sich bei der Histologie der Echinodermen, besonders bei der Erforschung des Nervenverlaufes, darbieten, wird mit mir übereinstimmen. Der Ursprung der Hautnerven. (Vgl. Fig. 43—46.) Die zu der Epidermis abgehenden Nervenzüge, die man kurzweg als Hautnerven bezeichnen kann, können entspringen erstens von den fünf Radialnerven, zweitens von den Tentakelnerven und drittens von den im Darm verlaufenden Nervenstamm, bevor derselbe in den Öso- phagus eingetreten ist. Von ihm gehen die zu der Mundplatte führenden Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Il. 323 Nerven ab. Diese letzteren gehen als senkrecht aufsteigende Äste ab (vgl. Fig. 43), welche parallel zu einander verlaufen. In unregel- mäßigen Abständen entspringen sie von dem Darmnerven und enden unterhalb des Epithels der Mundscheibe in einer feinen Fibrillenschicht. Es endigen diese Nervenäste also nicht plattenförmig, eben so wenig wie sie besondere Papillen versorgen. Das Epithel ist nicht durch irgend welche Bildungen von dem gewöhnlichen Epithel unterschieden, wie es sich beispielsweise auf den Tentakeln vorfindet. Es bestehen die Nervenäste wie die Nervenstämme, von welchen sie abgehen, aus feinsten Fibrillen, untermischt mit Ganglienzellen, wie ich es oben bereits geschildert habe. Betrachtet man nun den Ursprung der übrigen Hautnerven, so kann man zwei Formen der Verzweigung der einzelnen Nervenäste unterschei- den. Entweder die Nerven entspringen in Form eines Astes, der unver- zweigt bis zur Epidermis verläuft (Fig. 43) oder aber es verzweigt sich der Nerv unmittelbar nach seinem Abgang baumförmig (Fig. 44, 45). Die erstere Art ist die gewöhnliche meist zur Beobachtung kommende. Die baum- föormig verzweigten Nerven trifft man seltener an. Figur 44, 45 stellen diese Art der Verzweigung vor an einem Nervenast, welcher von dem Tentakel abgegangen ist, und dessen Epidermis zu versorgen hat. In Figur 45 sieht man, wie die Nervenfibrillen die Epithelschicht des Ten- takel-Nerven, welche aus Stützzellen besteht, durchbrochen haben. Hier und da liegen noch Epithelzellen auf, während Ganglienzellen sich daneben vorfinden. Ich hebe auch hier hervor, dass in den Figuren nur immer die Kerne der Zellen angegeben sind, da nur diese durch Säure- karmin bei schwacher Vergrößerung erkennbar sind, während der Zell- leib nur bei Anwendung stärkster Vergrößerungen deutlich hervortritt. Das Nervensystem des Darmtractus. Bei der Untersuchung der Gattung Cucumaria und Holothuria war es mir nicht gelungen, den Verlauf eines Nerven im Darmtractus be- _ obachten zu können. Ich hatte überhaupt in demselben keinen Nerven auffinden können. Glücklicher war ich bei Synapta, wo ich den Ur- sprung ektodermaler und das Vorkommen entodermaler Nerven beob- achtet habe. Dass auch bei den oben genannten Formen wie überhaupt bei den füßchentragenden Holothurien Nervenzüge im Darm vorkommen, scheint mir als feststehend angenommen werden zu dürfen, nur liegen der Beobachtung hier große Schwierigkeiten im Wege. So weit ich die Litteratur kenne, existiren Angaben über die Nerva- iur im Darme noch nicht, es sind somit die folgenden die ersten. Den Abgang des Darmnerven, welcher im Ösophagus verläuft, will 324 Otto Hamann, ich unter zu Grunde-Legung der Bilder Figur 24 und Figur 25 geben. Erstere Figur giebt einen Längsschnitt durch den oralen Theil einer Synapta. Links und rechts sind zwei Tentakel (f) von dem Schnitte ge- troffen. Figur 22 giebt einen Theil dieser schematischen Figur ver- größert und wenig schematisirt wieder. Mit grnf ist der querdurch- schnittene Ringnerv bezeichnet, von welchem ein Nervenast in den Tentakel (inf) abgeht, während links ein solcher nach den Darm zu ver- laufender Ast (dnf) zu sehen ist. Dieser letztere vom Ringnerv sich ab- zweigende Darmnerv ist von mehr blattförmiger Gestalt, das heißt, er erscheint auf dem Querschnitt als schmales Band, welches der Ring- muscularis aufliegt. Er ist durch die Bindegewebsfibrillen, welche ihn durchsetzen, in Kästchen getheilt. Diese Bindegewebsfibrillen gehen über in das Bindegewebe, welches sich zwischen den Muskelfasern findet. | Die Zusammensetzung des Ösophagalnerven, wie dieser Theil der Darmnervatur am besten benannt werden kann, ist die gleiche wie die der übrigen Nerven. Ein Abgang von Nervenästen, welche etwa zu dem Epithel gehen könnten, welches den Ösophagus auskleidet, ist nicht vorhanden. Der Nerv versorgt nur die Muskulatur des Ösopha- gus. Am Grunde des Ösophagus verschwindet derselbe. Bekanntlich ist der Ösophagus durch Einstülpung entstanden, sein Epithel ist also ektodermaler Abkunft, während der übrige Abschnitt des Darmes vom Entoderm abstammt. | im Magen, welcher vom Ösophagus durch eine Einschnürung auch äußerlich getrennt wird, so wie im Dünndarm, habe ich Nerven ge- funden, welche jedoch in ihrer Zusammensetzung abweichen von den übrigen bisher beschriebenen ektodermalen Nervenzügen (Fig. 38). In der Bindesubstanz unmittelbar auf der Muskelschicht verlaufen feine Fibrillen, und zwar ringförmig. Diese feinen Fibrillenzüge heben sich deutlich ab von den Bindesubstanzfasern und sind mit Ganglienzellen ziemlich reich versehen. Die Deutung dieser ringförmig verlaufenden Fibrillenzüge als Nervenfasern giebt ihr verschiedenes Verhalten den Färbeflüssigkeiten gegenüber an die Hand. Fig. 48 stellt diesen Faser- zug vergrößert dar. Wir haben es hier mit einem Nervenstrang zu thun, der entodermaler Natur ist, und welcher in seiner Zusammensetzung. nicht unwesentlich abweicht von jenen ektodermalen Nervenzügen. Ich schließe hieran eine Beschreibung der Gewebe des Darm- tractus, welche für die Stellung der Synaptiden im System der Echino- dermen von Wichtigkeit zu sein scheint, an. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. II, 3235 Der Bau des Darmtraetus. (Vgl. Fig. 36—42.) Der Bau des Darmtractus von Synapta digitata weicht nicht nur in Bezug auf die Lage der einzelnen Gewebe, sondern auch in der Ent- wicklung derselben von dem der Cucumaria, Holothuria und anderen füßchenbesitzenden Formen ab. Man kann am Darm einen oberen Abschnitt unterscheiden als Öso- ‚phagus.. Auf diesen folgt der Muskelmagen und auf diesen der Dünn- darm und zuletzt das Rectum. Diese vier Abschnitte sind histologisch wie morphologisch streng von einander getrennt. Im Ösophagus kann man wiederum zwei Abschnitte unterscheiden, indem nämlich der zweite Abschnitt desselben eine große Zahl von wulstförmigen Erhebungen des Epithels zeigt (Fig. 37), welche im ersten Abschnitt (Fig. 25 und 36) nicht angetroffen werden. Der Ösophagus besitzt ein Epithel, welches dem der Körperober- fläche gleich kommt. Auf dasselbe folgt die innere Bindegewebsschicht, deren Zusammensetzung dieselbe wie bei den übrigen Holothurien ist. Auf diese Schicht folgt die Ringmuscularis, über deren Anfang oralwärts vom Ringnerven man sich am besten unter Vergleichung von Figur 25 orientirt. Diese Ringmuskelschicht bleibt sich in ihrem Verlaufe gleich, bis zu dem zweiten Abschnitt des Ösophagus, in welchem sie zusehends abnimmt. Auf dieselbe folgt eine Längsmuskelschicht, welche im Ösophagus nur schwach entwickelt ist. Sie bleibt sich im Großen und Ganzen gleich in ihrer Entwicklung bis zum After hin. Immer steht sie mithin hinter der Ringmuscularis zurück. Auf diese Muskelschicht folgt eine nur ganz schwach entwickelte Bindegewebslage, auf welche das Plattenepithel, welches den Darm überzieht, folgt. Diese äußere Bindegewebslage ist so schwach ent- wickelt, dass sie oft kaum nachweisbar ist. Von QuATREFAGES und den _ meisten Beobachtern ist sie übersehen worden. Über den Verlauf des Ösophagalnerven habe ich oben bereits. ge- sprochen und verweise desshalb hier nur auf die beiden Figuren 36 und 37, welche Theile eines Längsschnittes durch die beiden Abschnitte des Ösophagus wiedergeben. Der Bau des Magens, zu welchem ich mich nun wende, weicht in vielen Stücken ab von dem des ersten Abschnittes des Darmes. Jon. Mürter hat zuerst die reiche Entwicklung der Muskulatur in demselben erkannt und ihn als Muskelmagen beschrieben. Ich habe in der letzten Mittheilung gezeigt, dass auch die übrigen Holothurien einen solchen 326 Otto Hamann, Muskelmagen besitzen. Im Magen treten hier und da wenig hervor- ragende Wülste auf; im Allgemeinen ist seine innere Fläche frei von denselben. Das Epithel des Magens nimmt unser Interesse ganz be- sonders in Anspruch. Die Epithelzellen, welche eine starke Cuticula ab- geschieden haben und nicht bewimpert sind, wie die Zellen in den übrigen Darmabschnitten !, sind schlauchförmige Gebilde, deren Basis oft kugelartig ausgedehnt erscheint (Fig. 39). Das Plasma dieser Schlauchzellen ist fein granulirt. Der Kern kann in verschiedener Höhe der Zelle liegen. Zwischen diesen Zellen findet man stark gefärbte Kerne liegen, welche offenbar zur Bindesubstanz gehören, welche sich zwischen die einzelnen Zellen fortsetzt. Oder aber besser ausgedrückt: Die Epi- thelzellen sind durch ihre eigenartige Entwicklung und ihr Längenwachs- thum in das Bindegewebe theilweise zu liegen gekommen. Diese Schlauchzellen des Magens tingiren sich mit Hämatoxylin stark und dürften als sekretabsondernde Zellen in Anspruch genommen werden, während die eigentliche Verdauung erst im Dünndarm vor sich geht. Auf die Bindegewebsschicht folgt die Ringmuskelschicht, deren starke Entwicklung aus dem Längsschnitt zu ersehen ist, von welchem ein Theil in Figur 38 abgebildet ist. Die Längsmuskelfasern, welche der ersteren Schicht außen aufliegen, sind nur spärlich vertreten; das Gleiche gilt von der äußeren Bindesubstanzschicht, welche oft gar nicht zu er- kennen ist. Das Plattenepithel folgt auf dieselbe und ist bis zum After herab in gleicher Ausbildung vorhanden. — Der dritte Abschnitt des Darmes ist der bei Weitem größte. Es zeigen sich in demselben Hervor- ragungen, Wülste, welche das Lumen desselben auf diese Weise ver- größern. Das Epithel des Dünndarmes besteht aus cylindrischen Zellen (Fig. 41), deren fein granulirtes Plasma den Kern in der Mitte trägt. In die Wülste setzt sich das Bindegewebe fort, auf welches Ring- und Längs- muscularis folgen. Beide Schichten sind nur wenig entwickelt. Das Gleiche gilt von der äußeren Bindegewebsschicht. Der letzte Darmabschnitt ist das Rectum. Seine Epithelzellen sind plattenartig gestaltet (Fig. 42). Mannigfaltige unregelmäßige Wülste treten in das Lumen des Darmes hinein, von der Bindesubstanzschicht gebildet. Die Ringmuskelschicht ist von derselben Entwicklung wie die des Dünndarmes, während die Längsmuscularis aus mehreren Lagen sich zusammensetzt. Am After verschmilzt die Ringmuscularis des Rectum mit der der Körperwand und bildet einen stark entwickelten Sphineter. — Während im Magen und hier und da im Dünndarm eine 1 Vel. SENPER a. a. O. und Jon. MÜLLER. Beiträge zur Histologie der Echinodermen, II. 7. Lage feinster Fibrillen als Nervenschicht von mir oben beschrieben wurde, gelang es nicht im Rectum dieselbe nachzuweisen. Ich erwähne noch das Vorkommen von Plasmawanderzellen im Bindegewebe, besonders dem des Darmes. Diese Zellen sind wie die der Pedaten gebildet und besitzen einen körnigen Inhalt. Ihr Durch- messer ist weiter unten angegeben. Vergleichung des Darmtractus von Synapta mit dem der füßchentragenden Holothurien. Wie aus der soeben gegebenen Beschreibung hervorgeht, besteht ein Unterschied in Betreff des Baues des Darmes bei füßchentragenden und fußlosen Holothurien in der Folge der Schichten, so wie der Aus- bildung derselben. Bei Cucumaria, Holothuria und anderen Formen folgt auf das den Darm auskleidende Epithel die innere Bindegewebsschicht und hierauf Längsmuscularis und nach außen von derselben die Ringmuskelschicht. Bei Synapta ist das Umgekehrte der Fall! Die Längsmuscularis liegt außen von der Ringmuscularis, wie eine Vergleichung der Abbildungen zeigt (siehe Tafel X dieses Bandes, Figur 17 und etwa Figur 36 dieses Heftes, Tafel XXI). Wie ist diese Thatsache zu deuten? Die Aufeinanderfolge der Muskelschichten, wie ich sie bei Gucumaria geschildert habe, ist die allgemeine. Es fragt sich nun, ist die innere Längsmuscularis etwa aus- gefallen bei Synapta und die jetzt auftretende nach außen liegende Längsmuskelschicht eine neue Bildung, oder aber besteht die Ver- schiedenheit in der Anordnung von Anfang an? Um diese Frage zur Entscheidung zu bringen, ist es vorerst nöthig, mehr Formen hierauf zu untersuchen. Dann wird man auch der Frage näher treten können; in ‚welchem Verhältnis stehen fußlose zu füßchentragenden Holothurien. Ich glaube der Ansicht, dass beide Gruppen divergirende Äste, aus einer Wurzel entsprossen, vorstellen, beipflichten zu müssen und zwar aus folgenden Gründen. Die Epithelien beispielsweise des Darmes sind bei beiden Gruppen zu verschieden gebildet. Bei Holothuria haben wir im Magen äußerst lange feine Zellelemente, und treffen die gleichen Gebilde im Darme wieder an. Bei Synapta hingegen findet man ein besonderes Magenepithel von Schlauchzellen und cylindrischen Gebilden im Dünndarm. Bei ersteren ist die innere Bindegewebsschicht wenig entwickelt, oft kaum zu erkennen, während bei letzteren dieselbe die mächtigste Schicht vorstellt. Dasselbe Verhältnis ist bei der äußeren Bindeschicht wiederzufinden. Bei Holothuria, Cucumaria ist sie stark ausgebildet, bei 928 Otto Hamann, Synapta äußerst schwach. Das Körperepithel mit seinen Nerven- endigungen, Sinnesorganen, scheint weiterhin einen Beweis für die oben ausgesprochene Ansicht geben zu können. i Vergegenwärtigen wir uns nochmals den Unterschied des Baues des Darmtractus, so haben wir bei: (Pedata) (Apoda) Holothuria, Cucumaria. Synapta. 1) Inneres Darmepithel, 4)Inneres Darmepithel, 2) wenig entwickeltesinne-|2)stark entwickeltes inne- res Bindegewebe, res Bindegewebe, 3) Längsmuscularis, 3) Ringmuscularis, 4) Ringmuscularis, k) Längsmuscularis, 5) stärker entwickeltes äuße-|5) ganz gering entwickeltes res Bindegewebe, äußeresBindegewebe, 6) Außenepithel. 6) Außenepithel. Ich will an dieser Stelle aufmerksam machen auf eigentliümliche Bildungen der Körperwand von Synapta. Die Ringmuscularis derselben erschien bei den Pedaten in einer ge- ringen Entwicklung. Bei der Synapta ist dieselbe durch eigenartige Wulstbildungen merkwürdig verstärkt. Die Innenfläche der Körperwand bildet Hervorragungen, Wülste, deren Zusammensetzung folgende ist. In die Achse jeder solchen Erhebung setzt sich die Bindesubstanz der Körperwand fort. Die Wülste, von welchen in Figur 26 einige abge- bildet sind, und zwar quer durchschnitten, verlaufen rings an der Körperwand. Die Ringmuskelfasern nehmen den übrigen Theil der Wülste in Besitz und verlaufen streng parallel zu einander. Dadurch nun, dass die fünf Längsradialmuskeln mit der Körperwand in Ver- bindung treten, kommt es zu folgender Erscheinung. Es tritt eine Kom- munikation der Epithelien ein und zweitens eine solche des Bindege- webes der Längsradialmuskeln mit derjenigen in der Achse der Wülste sich findenden Bindesubstanz (vgl. Fig. 26). Dadurch kommt es zur Bildung von Fächern, die mit der Leibeshöhle in offener Verbindung stehen. Durch die starke, mächtige Entwicklung der Längsmuscularis wird die enorme Kontraktilität der Synapten erklärt, welche bei denselben von Senmper und Anderen beobachtet worden ist. Übrigens bemerke ich noch, dass diese Bildungen keineswegs in der ganzen Leibeswand aufzutreten brauchen. Im aboralen Theile scheinen sie ganz zu fehlen. £ Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Il. 329 Das Nervensystem von Synapta. In Kürze will ich die Beobachtungen über das Nervensystem zu- sammenfassen. | Zunächst trifft man fünf Hauptnervenstämme an, welche in der Cutis, in der Bindesubstanz verlaufen. Diese fünf als Radialnerven- stämme zu bezeichnenden Gebilde werden unter einander verbunden durch eine Commissur, den Ringnervenstamm. Diese als Gehirn aufzu- fassende am stärksten entwickelte Commissur verläuft oralwärts vom Kalkring. | Weiterhin strahlt vom »Gehirn« aus eine Anzahl von Nervenästen. Zunächst geht ein Nervenast ab zu jedem Tentakel und theilt sich hier in kleinere Äste, welche die Fühlerchen versorgen. Zweitens geht ein Nervenast vom Gehirn ab zu dem Ösophagus. Er endigt an der Basis desselben. | | Von den fünf Radialnervenstämmen, den zwölf Tentakelnerven- stämmen und dem einen Darmnervenstamm gehen Nervenzüge ab, welche entweder in bestimmten Sinnesorganen, den Sinnesknospen auf den Tentakeln, oder den Tastpapillen der Körperwand, oder aber in einfachen Sinneszellen enden können, und drittens einen Plexus von Nervenfibrillen und Ganglienzellen unterhalb der Epithelzellen, an der Basis der letzteren, bilden. Dieser Plexus von Fibrillen scheint zwi- schen den Tastpapillen eben so vorhanden zu sein, wie er auf der Mund- _ scheibe angetroffen wird. Außerdem gehen einzelne Faserzüge ab von den Radialnervenstämmen, welche die Muskulatur versorgen. Zu dieser ektodermalen Nervatur kommt ein entodermales Darm- nervensystem. Ich habe oben eine feine Lage von ringförmig verlaufen- den Fibrillen im Magen beschrieben, welche ich als Nervenzüge gedeutet habe. Ich konnte sie nachweisen im Magen und im Dünndarm. Das _ Gehirn so wie die fünfRadialnervenstämme und die zwölf Tentakelnerven zeigten folgende Zusammensetzung: Epithelstützzellen, zwischen deren langen Fortsätzen die Nervenfibrillen mit den Ganglienzellen verlaufen. Ich habe mit demselben Rechte die Commissur als Gehirn be- zeichnet, wie man bei Turbellarien von einem Gehirn spricht. Auch hier ist das Gehirn nichts Anderes als eine Commissur der in den Körper ausstrahlenden Nervenstämme. Im Anschluss an die Vergleichung zwischen den Geweben des Darmes von den füßchentragenden Holothurien mit Synapta lasse ich eine Reihe von Messungen folgen, welche sämmtlich an konservirtem Material gewonnen sind. 330 Otto Hamann, Was zunächst die Entwicklung des Darmepithels bei Gucumaria Planci anlangt, so habe ich folgende Maße gefunden. Im Ösophagus beträgt die Länge der Epithelzellen 0,1193 mm, während im Magen die- selbe 0,0909 mm beträgt. Die Dünndarm -Epithelzellen haben eine Länge von 0,125004 mm. Bei Synapta digitata beträgt hingegen die Länge der Zellen im Ösophagus 0,0344 mm, es gleicht also dem Haut- epithel, im Magen 0,0625 mm, während im Rectum der Durchmesser der cubisch gestalteten Zellen 0,0057 mm beträgt. Die Guticula ist im Magen besonders stark entwickelt. Ihr Durchmesser ist 0,0113 mm groß. Die Größe der Plasmawanderzellen stellt sich bei Holothuria Polii auf 0,014555—0,01866 mm, während die Bindegewebszellen einen Durchmesser von 0,0062—0,0093 mm besitzen. Die Länge der Epithelstützzellen im Radialnerven von Asteracan- thion rubens beträgt circa 0,1136 mm, die der Stützzellen des Rücken- epithels jedoch nur 0,0454—0,0744 mm. Der Durchmesser der kleineren Ganglienzellen beträgt bei Astera- canthion rubens 0,0062 mm, der der größeren 0,0143 mm. Bei Synapta digitata stellt sich derselbe auf 0,0062—0,0093 mm. Der Durchmesser des Ringnerven von Synapta beträgt circa 0,4605 mm, der eines Hautnerven 0,0062—0,0486 mm, während die Länge der Epithelstützzellen im Ösophagalnerven 0,0279 mm, im Ten- takelnerven 0,028—0,056 mm beträgt. Das Körperepithel von Synapta, welches um den Mund sich findet, wird aus Zellen von der Länge von 0,0341 mm gebildet, während die Zellen der Sinnespapillen 0,0933 bis 0,1088 mm betragen können. Die Folgerungen für die Stellung der Holothurien im Kreise der Echinodermen, so wie die Stellung der letzteren zu den übrigen Meta- zoen, werde ich später entwickeln, so weit sich dieselben aus der Histologie, speciell des Nervensystems, sich ergeben. Das Material zur Untersuchung von Synapta erhielt ich aus der zoologischen Station zu Neapel in best konservirtem Zustande, und zwar sowohl Thiere, welche in Alkohol gehärtet waren, als solche, welche mit Sublimat oder Chromsäure — Osmiumsäure getödtet waren. Göttingen, Ende Juli 1883. Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. 331 Erklärung der Buchstaben. 7 bg, Bindegewebe; bg!, bg?, innere und äußere Lage derselben im Darmtractus; co, Leibeshöhle; c, Cuticula; cp, Capitulum der Tentakel von Holothuria Polii; det, inneres Darmepithel; de?, äußeres Darmepithel; art, ovale eiförmige Drüsen ; dr?2, schiauchförmige Drüsen; drg, Drüsenring (Cuvier’sches Organ); dnf, Darmnervenstamm; ep, Körperepithel; el, Epithel des Wassergefäßsystems; esz, Epithelsinneszellen; g9z, Ganglienzellen; kk, Kalkkörper (biskuitförmige); Im, Längsmuscularis; Inf, der Länge nach getroffener Nervenzug; m, Maschen in dem Bindegewebe ; n, nf, Nerven; oe, Ösophagus; qnf, auf dem Querschnitt getroffener Nervenstamm; rw, Ringwulst; rm, Ringmuscularis ; stz, Stützzellen ; so, Sinnesorgane; sch, Platte oder Scheibe auf den Pyramidenfülschen ; t, Tentakel; inf, Tentakelnervenstamm ; arnf, Querschnitt des Ringnerven (Gehirn). Erklärung der Abbildungen. Tafel XX. Fig. 4. Pyramidenfüßchen vom Rücken von Holothuria Polii in ausgestrecktem Zustande. Lupenvergrößerung. Fig. 2. Oberes Ende desselben mit hervorgestülpter schwarzer Scheibe. Kanada- balsampräparat. Gez. von Dr. ALBERT. i _ Fig. 3. Dasselbe Gebilde mit eingestülpter Scheibe oder Kuppe. Gez. von Dr. ALgerr. Fig. 4. Kalkkörper aus der Cutis der Pyramidenfüßchen. Fig. 5. Längsschnitt durch ein solches Füßchen, welches die Kuppe eingestülpt hat; der Nervenzug, welcher unterhalb der Zellen der Kuppe verläuft, ist deutlich zu erkennen. Fig. 6. Der Ringwulst stärker vergrößert, um das Epithel deutlicher zu zeigen. Fig. 7. Oberflächenansicht des Ringwulstes. Zeiss D, Oc. 2. 332 Otto Hamann, Fig. 8. Die Kuppe auf dem Längsschnitt getroffen. Fig. 9. Längsschnitt durch ein Saugfüßßchen derselben Holothurie. Die Saug- scheibe ist eingezogen. Zwischen den Epithelzellen derselben- und der Bindesub- stanzschicht eine helle Linie. Diese stellt den Nervenzug vor. Fig. 40. Querschnitt durch das Saugfüßchen. Fig. 41. Stück des Längsschnittes der Fig. 9 stark vergrößert. Die Kalkkörper, welche in den Maschen lagen, sind durch Säuren entfernt. Fig. 42. Ansicht eines Tentakels von Holothuria Polii. cp, CGapitula auf demselben. Fig. 13. Längsschnitt durch einen Theil des Tentakels. Fig. 14. Schnitt durch ein einzelnes Capitulum. Fig. 15. Zellen aus dem Capitulum eines Tentakels.. In Osmium-Essigsäure macerirt. Zeıss, Immers. 1/42, Oc. 2. Fig. 16. Zellen ebendaher, mehr in Zusammenhang geblieben. Es treten deut- lich hervor Stützzellen und Sinneszellen. 4/42 Immers., Oc. 2. Fig. 17. Querschnitt durch das Cuvırr’sche Organ. Fig. 18. Längsschnitt durch dasselbe. Zeıss, D, Oc. 2. bg*, die äußere Lage der Bindesubstanz, in welcher die Fibrillen radiär angeordnet sind. Fig. 49. Ansicht der Ring- und Längsmuscularis. Fig. 20. Theil eines Querschnittes durch dasselbe stärker vergrößert. bg**, innere Bindesubstanz, deren Fibrillen ringförmig verlaufen. Fig. 241. Oberflächenansicht eines Guvıer'schen Schlauches. Die Kerne gehören dem Plattenepithel an; die starken Linien kommen durch die Anordnung der Drüsen- zellen zu Stande. Fig. 22. Einzelne Drüsenschläuche vergrößert. Zeiss, F, Oc. 2. Fig. 23. Längsschnitt durch den Ringnerven (Gehirn) von Synapta digitata. Tafel XXI. Sämmtliche Figuren beziehen sich auf Synapta digitata. Fig. 24. Längsschnitt durch den Mundtheil von Synapta digitata schematisirt. Auf den Tentakeln sind die Sinnesknospen (so) verzeichnet. Der Ösophagus mit seinen beiden Abschnitten ist zu erkennen. Fig. 25. Längsschnitt durch Ösophagus und einen Tentakel. Um den Ursprung der Ringmuskulatur des Darmes innerhalb des Ringnerven (grnf) des Gehirns, so wie den Abgang des Ösophagalnervenstammes und eines Tentakelnervenstammes zu demonstriren. Dessgleichen ist der eine Längsradialmuskel mit seinem Zusam- menhang mit der Körperwand zu sehen. Fig. 26. Stärkere Vergrößerung des Längsradialmuskels (s. Beschreibung im Texte). Fig. 27. Innenansicht eines Tentakels mit seinen vier Fühlerchen. Die Sinnes- knospen sitzen in zwei Reihen unregelmäßig angeordnet. Fig. 28. Außenansicht eines Tentakels, um sein kugliges Ende und den Ur- sprung der Fühlerchen zu zeigen. Fig. 29. Schnitt durch eine Sinnesknospe senkrecht zur Außenfläche. Fig. 30. Sinnesknospe mit stärkerer grubenförmiger Vertiefung. Fig. 34. Körperwand mit Sinnespapillen und den plattenförmig endenden Ner- ven. A, 0c. 2. Fig. 32. Sinnes- oder Tastpapille stärker vergrößert. D, Oc. 2. Fig, 33. Stück eines Querschnittes durch die Körperwand, um den Radial- Beiträge zur Histologie der Echinodermen. Il. 333 ‚nervenstamm (rnf), die Kalkkörper, welche an demselben anliegend sich finden, zu demonstriren. | Fig. 34. Körperepithel von den Tentakeln vergrößert, um die eiförmigen Drüsen zu zeigen. Fig. 35. Biskuitförmiger Kalkkörper mit anliegender Bindegewebszelle. Zeıss, 4/12 Imm. Daneben zwei Körper, einer von oben gesehen, der andere in der Seiten- ‚ansicht. D, Oc. 2. Fig. 36. Längsschnitt durch den Ösophagus (oberer Abschnitt). Zeıss, D, Oc. 2. Fig. 37. Längsschnitt durch den zweiten Abschnitt desselben. In beiden Figu- ren ist der Verlauf des Nerven (dnf) zu erkennen. Fig. 38. Längsschnitt durch den Magen. Das eigenthümlich gestaltete Darm- epithel, so wie die starke Entwicklung der Muskulatur fällt in die Augen. Fig. 39. Die Epithelzellen stärker vergrößert; unterhalb derselben die Binde- gewebsschicht. Fig. 40. Oberflächenansicht des Epithels des Magens. Fig. 44. Stück eines Querschnittes durch den Dünndarm. Fig. 42. Stück eines Querschnittes durch das Rectum mit seinen großen Wulst- bildungen. Tafel XXII. Fig. 43. Längsschnitt durch die Mundplatte.. Vom Ösophagalnervenstamm gehen Äste ab zu der Epithelschicht. Fig. 44. Verzweigung eines vom Tentakelnervenstamm abgehenden Nerven- astes. Fig. 45. Der sich baumförmig verzweigende Nervenast stärker vergrößert. Fig. 46. Schnitt durch einen unverzweigt verlaufenden Nervenast. Fig. 47. Querschnitt durch einen solchen. Fig. 48. Der Nervenzug des Magens. F, Oc. 2. Fig. 49. Längsschnitt durch ein Fühlerchen des Tentakels, Fig. 50. Der auf dem Querschnitt getroffene Tentakelnervenstamm. Fig. 54. Querschnitt durch den Nerv eines Fühlerchens. Fig. 52. Querschnitt durch den Ringnerv oder das Gehirn einer Synapta digi- tata. f, Fortsätze der Epithelstützzellen. Über einige neue Thalassemen. Von Kurt Lampert in Erlangen. Eine Anzahl Thalassemen von verschiedenen Fundplätzen, welche mir Herr Professor SELEnkA zur Untersuchung anvertraute, gaben mir Veranlassung mich mit der Anatomie und Systematik dieser Thiere zu heschäftigen. | R. GrEErF hat am Schlusse seiner Monographie »die Echiuren «!, die bisher bekannten Species von Thalassema, Echiurus und Bonellia unter Wiedergabe der von den einzelnen Autoren aufgestellten Dia- gnosen zusammengestellt und zählt von Echiurus sechs, von Thalassema acht, von Bonellia zwei Species auf. Allein ein flüchtiger Blick auf die einzelnen Diagnosen lehrt, dass manche Arten durchaus ungenügend begründet sind. Vor Allem scheint bei der systematischen Bearbeitung der Echiuren zu viel Werth auf wechselnde und vergängliche Eigen- schaften gelegt worden zu sein. Die Farbe ist zwar sicher für die ein- zelnen Arten charakteristisch, allein die Angabe, wie dieselbe beim lebenden Thiere auftritt, ist leider für die Untersuchung von Spiritus- exemplaren ziemlich werthlos; gleiche Arten haben zwar auch in Spiri- tus gleiche Farben, jedoch selbstverständlich andere, als im Leben. Einen durchaus relativen Werth haben ferner die Maße der einzelnen Thiere, speciell von Kopf und Rüssel. Bei der erstaunlich weit gehenden Kontraktionsfähigkeit dieser Thiere kann ein und dasselbe Thier die wechselndsten Gestalten annehmen, so dass sich zwar eine Durchschnitis- größe angeben lässt, aber die Größenverhältnisse jede systematische Bedeutung verlieren. Da ich nun bei der Untersuchung der mir zur Verfügung stehenden Exemplare von Thalassema einige in systematischer i R. GrEEFF, Die Echiuren (Gephyrea armata). Nova Acta der k. Leop. Carol. Akad. der Naturf. Bd. XLI, Pars II, Nr. 1. Über einige neue Thalassemen. 335 Beziehung nicht uninteressante Beobachtungen machen konnte, ferner sich mehrere Arten als noch unbeschrieben herausstellten, so will ich im Folgenden eine kurze Skizze meiner Resultate geben. Den äußeren Habitus und die anatomischen Verhältnisse der Thalassemen darf ich auf Grund der oben citirten Arbeit GRrEEFF’s und der Arbeiten Spenger’s! als bekannt voraussetzen. Der nicht gablig getheilte Rüssel unterscheidet Thalassema von der verwandten Bonel- lia, der Mangel eines Borstenkranzes am hinteren Ende von Echiurus. Der Rüssel (» Kopflappen « Spenger’s) ist nicht einziehbar, dicht unter seiner Basis befinden sich zwei hervorstehende Borsten, oft mit Neben- borsten, Hautpapillen bedecken den Körper einzeln oder zu Plaques zu- sammengehäuft; der Darm ist sehr lang und in einzelne Abschnitte eintheilbar, der Nervenstrang verläuft median-ventral und theilt sich beim Eintritt in den Rüssel in zwei Stränge, die am Vorderende des Rüssels den Schlundring bilden; das Blutgefäß besteht aus einem, durch eine Schlinge im vorderen Theil des Thieres mit einander ver- bundenen dorsalen und ventralen Gefäß. Analschläuche sind stets zwei vorhanden; Segmentalorgane, die zur Ausführung der Geschlechtspro- dukte dienen, zwei oder drei Paar. Das Geschlechtsorgan, die »keim- bereitende Drüse«, liegt auf dem Endabschnitt des Bauchgefäßes. Die Muskulatur des Hautmuskelschlauches setzt sich zusammen aus zwei Ringmuskelschichten, die eine Längsmuskelschicht einschließen. Das Verhalten dieser Längsmuskelschicht nun ist es, in welchem ich einen wichtigen Fingerzeig für die Systematik der Gattung Thalas- sema erblicke. Während bei einigen Arten, z. B. Th. Moebii Greeff die Längsmuskelschicht nirgends sich unterbrochen zeigt (eben so ist dies unter Anderen auch bei Echiurus Pallasii Guerin), verhält sich der größte Theil der von mir bearbeiteten Thalassemen ganz anders; die Längsmuskeln sind hier bündelförmig angeordnet; dieses Verhalten ist von Grerrr bei seiner Th. Baronii auch beobachtet worden, er geht aber merkwürdigerweise ganz kurz darüber weg, indem er nur bemerkt: »Die Muskulatur zeigt an der Innenfläche meridianartig verlaufende größere Längsbündel, die aus einer großen Anzahl kleinerer Primitiv- bündel zusammengesetzt sind und von der äußeren und inneren Ring- _muskelschicht umfasst werden.« Bei allen anderen Arten, die er be- schreibt, findet sich bei ihm über das Vorhandensein oder Fehlen solcher » meridianartig verlaufenden größeren Längsbündel« keine Angabe; seine Abbildungen, Taf. VI, Fig. 63 und 64 sind übrigens eine’ganz korrekte { Spenge, Beiträge zur Kenntnis der Gephyreen. II. Organisation des Echiurus Pallasii, Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. p. 460. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Ba. 22 336 Kurt Lampert, Wiedergabe dieser Verhältnisse, besonders lässt sich aus der, einen Querschnitt durch den Hautmuskelschlauch darstellenden Fig. 63 die bündelförmige Anordnung der Längsmuskeln sehr schön ersehen. Wie schon bemerkt, scheint mir diese verschiedenartige Anordnung der Längsmuskeln systematisch brauchbar zu sein, und zwar erstens aus dem Grunde, weil diese Verschiedenheit schon äußerlich leicht wahr- genommen werden kann, ohne dass man nöthig hat, das Thier zu ver- letzen, zweitens, weil eine gewisse Konstanz der Anzahl der Längs- muskelbündel bei den einzelnen Arten von selbst auf ihre systematische Bedeutung hinweist. Bei den meisten Thieren lassen sich die von vorn nach hinten ziehenden von einander getrennten Längsmuskelbündel mit bloßem Auge sehr leicht erkennen, da sie eine etwas andere Färbung besitzen und ferner die zwischen ihnen liegenden Ringmuskelschichten bei der Kon- traktion des Thieres sich hervorwölben, so dass wir von vorn nach hin- ten Längserhabenheiten und Längsvertiefungen sich ziehen sehen, wobei als die letzieren die Längsmuskelbündel erscheinen. Die einzelnen Längsfurchen, in denen also die Längsmuskelbündel ihren Ausdruck finden, sind gleich weit von einander entfernt, bloß die beiden Furchen, zwischen denen der Bauchnervenstrang verläuft, liegen näher neben einander. Hier und da verschmelzen zwei Bündel zu einem; so kommt es, dass man beim Zählen der Längsfurchen unter Umständen zwei um eine oder zwei diflerirende Zahlen am gleichen Thier herausbekommen kann, je nachdem man am vorderen oder hinteren Ende zählt, wenn nämlich zwei am hinteren Ende getrennte Längsfurchen am vorderen sich vereinigt haben. Weiter geht jedoch das Variiren der Zahl der Längsfurchen nicht, und darin liegt die zweite systematische Bedeu- tung derselben. Während bei der Untersuchung vieler Exemplare einer neuen Art die Zahl bloß zwischen 16 und 18 schwankte, fanden sich bei einer anderen ebenfalls neuen Species 12 bis 14 Längsfurchen. Bei der Beschreibung der neuen Arten werde ich hierauf noch einmal zu- rückkommen müssen. Auch über die Segmentalorgane gaben die neu untersuchten Arten . neuen Aufschluss. Die Zahl derselben ist bekanntlich bei Thalassema schwankend, jedoch kommen sie stets paarweise vor (was Th. erythro- grammon Max Müller betrifft, bei welcher 5 Segmentalorgane angegeben werden, so bin ich vollständig der Ansicht Greerr'’s, dass das 6. einfach übersehen worden ist). GrEEFF beschreibt 2 Paar Segmentalorgane bei Th. Baronii, 3 Paar bei Th. erytihrogrammon und Moebii ; LAnkEsTEr 1 giebt % E. Ray LAnkester, On Th. Neptuni Gaertner. Zool. Anz. Nr. 87, p. 350—356. Über einige neue Thalassemen. 337 für Tb. Neptuni Gaertner 2 Paar Segmentalorgane an; Senrer! spricht bei den von ihm auf den Philippinen gesammelten Thalassemen von 6 ‚oder 8 Segmentalorganen, ohne jedoch eine nähere Beschreibung der Organe und der Thiere überhaupt zu geben. Auch KowaLevskrY? hat eine Thalassema mit 3 Paar Segmentalorganen untersucht, über deren sonstige Beschaffenheit oder Zugehörigkeit ich jedoch keine weitere Notiz finden konnte. Max MüLter fand bei seiner Th. gigas I Paar Segmentalorgane ; ein Blick auf die am Schluss der Skizze befindliche Bestimmungstabelle zeigt, dass auch die neuen Arten hierin variiren. Was die Form der Segmentalorgane anbelangt, so geben sie ein sehr verschiedenes Bild, je nachdem man ein gerade Geschlechtsstoffe producirendes Thier vor sich hat oder nicht. In den Monaten, in welchen die Fortpflanzung statt- findet, sind es lange, strotzend gefüllte Schläuche, die sich ein ziemlich weites Stück nach hinten erstrecken und von bedeutender Größe sind. Präparirt man dagegen ein Thier, welches nicht geschlechtlich entwickelt “ist, so findet man die Segmentalorgane in Form von ganz kleinen, leicht übersehbaren Säckchen, welche, wie dies auch Lanksster a. 0. ©. für Th. Neptuni angiebt, so kontrahirt sind, dass sich kaum ein Lumen er- kennen lässt. Diese Segmentalorgane münden bekanntlich nach außen und die Eier oder Spermatozoen werden aus der Leibeshöhle durch einen Trichter, der sich an der Basis der blindgeschlossenen Segmental- schläuche befindet, in dieselben eingeführt. Für diesen Trichter finden wir bei den einzelnen Arten eine verschiedene Form angegeben. GREEFF beschreibt ihn bei Echiurus Pallasii als ein »gefaltetes, offenes Bläs- chen, welches an der Basis des Segmentalorgans in dasselbe einmündet und an seiner Oberfläche mit Cilien besetzt ist«. Eben so schildert ihn Langester bei Th. Neptuni, indem er auf die Grerrr’sche Beschreibung Bezug nimmt und auf dessen Abbildung Taf. I, Fig. 12 verweist. In gleicher Form fand ich diese innere Öffnung des Segmentalorgans bei Th. exilii Fr. Müller. Weit häufiger jedoch zeigt der Trichter eine andere Gestalt, indem er in zwei lange spiralig aufgedrehte, mit Cilien besetzte Halbkanäle ausgezogen ist, so dass wir beim ersten Anblick den Eindruck gewinnen, als ob bei jedem Segmentalorgan zwei lange faden- förmige gedrehte Schläuche an dessen Basis in dasselbe einmünden ; in der That aber sind es korkzieherförmig gewundene Halbkanäle, die sich an der Basis des Segmentalorgans vereinigen und dann erst mit dem- selben in Kommunikation treten. Die Länge dieser fadenförmigen Ge- ! SEmPER, Reisebericht von den Philippinen. Diese Zeitschr. 1864. Bd. XIV. p- 419. 2 KowALEvsKy, Sitzungsberichte der zool. Abtheilung der Ill. Versamml. rus- sischer Naturforscher in Kiew. Diese Zeitschr. Bd. XXII. 1872. p. 284. 22* 338 Kurt Lampert, bilde ist bei ein und demselben Thier sehr verschieden, je nach der Kontraktion und der Zahl der Windungen ; ist das Segmentalorgan selbst stark kontrahirt, so können diese Fäden die mehrfache Länge desselben erreichen und so unter Umständen den Beobachter erst auf das eigent- liche Segmentalorgan aufmerksam machen, wie ich dies bei meiner neuen Species Th. formosulum fand. Diese Ausbildung des Trichters fand ich mit der alleinigen oben schon erwähnten Ausnahme bei allen von mir untersuchten Thalassemen, so dass sie von den bis jetzt bekannten Formen nur der Th. Neptuni und Th. exilii fehlt, denn wenn Lankester mit Berufung auf GrEFEFF auch für Th. Baronii das Fehlen dieser Gebilde angiebt, so befindet er sich im Irr- thum, da GrerFF bei seinen Abbildungen Taf. 6, Fig. 64 dieselben zwar nicht zeichnet, im Textaber ausdrücklich von ihnen spricht und ihre völlige Übereinstimmung mit den von ihm bei Th. Moebii beobachteten und ab- gebildeten »Spiraltuben« hervorhebt. Im Übrigen fand ich bei einer Thalassema von Barbados, die ich nach ihrem ganzen sonstigen Ver- halten als Th. Baronii bestimmen musste (und die nebenbei bemerkt, 23 Längsfurchen zeigt), diese Spiraltuben in ausgeprägtester Form. Was die Lage der Segmentalorgane und ihrer Ausmündungsöfl- nungen betrifft, so befinden sie sich bekanntlich zu beiden Seiten des Bauchnervenstranges. Bei dem Vorhandensein von 3 Paar Segmental- organen fand ich mit einer einzigen Ausnahme, dass das vorderste Paar stets vor den Hakenborsten, etwas seitlich von denselben, also zwischen diesen und der Basis des Rüssels, ausmündet; auch bei Th. Moebii konnte ich dieses Verhältnis, dessen GrEErF bei seiner Be- schreibung nicht Erwähnung thut, beobachten. Wenn Kowarkvsky a. a. O. die Ausmündungsöffnungen des vordersten Paares der Segmental- organe als neben den Hakenborsten gelegen bezeichnet, so mag viel- leicht eine starke Kontraktion des Thieres die Veranlassung zu dieser Täuschung gewesen sein, denn ich fand die drei jederseitigen Öffnungen der Segmentalorgane stets in einer Linie liegend, während die Haken- borstenöffnungen näher am Bauchstrang liegen, so dass das vorderste Paar seitwärts und vor den Hakenborsten zu liegen kommt. In einem eigenthümlichen Verhältnis zum Verbindungsast von Bauch- und Rückengefäß konnte ich die Segmentalorgane bei meiner Th. sor- billans beobachten. Wenn man das Blutgefäß vom Rüssel abwärts ver- folgt, so sieht man bald eine Theilung desselben; der rechte Ast umfasst. das zweite und dritte Segmentalorgan der rechten Seite in der Weise, dass die beiden Schläuche von ihrer rechts von diesem Blutgefäßzweig liegenden Ausführungsöffnung aus unter diesem Ast hindurchgehen, sich dann umbiegen und über demselben hinweggehend wieder nach Über einige neue Thalassemen. 339 rechts wenden. Hierauf macht dieser rechte Zweig eine Biegung nach links und kreuzt dadurch mit dem linken Theilast des Blutgefäßes, der über ihn hinweggehend den Darm umfasst und sich nun mit dem rechten Ast vereinigt; es wird hierdurch eine vollständige Schlinge gebildet, die durch Drehung die ungefähre Gestalt einer 8 angenommen hat. In der _ unteren Hälfte dieser 8 liegt der Darm fixirt und außerdem noch das dritte linke Segmentalorgan, welches von seiner Ausführungsöffnung her betrachtet, genau wie die rechten Segmentalorgane unter dem Gefäß- zweig hindurchgehend in die Schlinge eintritt und über demselben hin- wegziehend sie wieder verlässt. Eben so verhält sich das zweite linke Segmentalorgan der A. Hälfte der 8-förmigen Schlinge gegenüber. Die beiden vordersten Segmentalorgane münden vor den Borsten aus und sind nicht in solcher Weise fixirt. Bei der sehr bedeutenden Größe der vollständig gefüllten Segmentalorgane war es unmöglich, dieselben aus der engen Schlinge herauszuziehen. Auch bei anderen Thalassemen, deren Segmentalorgane gefüllt waren, fanden sich ähnliche oder gleiche Verhältnisse; da jedoch die Segmentalorgane, wenn sie leer und stark kontrahirt sind, klein genug sind, um bequem aus der Schlinge heraus- rutschen zu können, so ist der ganzen Sache wohl kein großer Werth beizulegen. Eine in der von GrEEFF mitgetheilten Beschreibung von Th. erythro- grammon vorkommende Notiz von einem »dem dünneren Theil des Darmes aufliegenden leberähnlichen Organ« veranlasst mich noch zu der Bemerkung, dass sich bei allen von mir untersuchten Thalassemen am hintern Ende des Darmes eine braune kompakte Masse auflagernd fand, die sich aber jedes Mal als coagulirter Inhalt der Leibeshöhle aus Blut- körperchen und Eiern bestehend erwies und auch nirgends durch Muskeln oder Mesenterialfalten fixirt war. Was schließlich die Borsten anbelangt, so fand ich fast regelmäßig je eine Nebenborste. Bei den übrigen Organen habe ich dem Bekannten nichts hinzuzufügen. Im Folgenden seien die von mir neu gefundenen Arten zusammen- gestellt und kurz beschrieben. 1) Thalassema formosulum nov. spec. Die vorliegenden Exemplare von ziemlich gleicher Größe. Durch- schnitismaße : Länge (mit Rüssel) 3,8cm, Breite 4 cm, Rüssellänge 0,8 cm, Rüsselbreite 0,7cm, Rüssel an der Basis röhrenförmig geschlossen, sich dann aber sofort weit öffnend und eine Schaufel bildend, die Ränder stark gefaltet und gefranst. Die beiden Hakenborsten schön goldgelb, nach außen und innen weit vorstehend, jederseits eine kleine Neben- 340 Kurt Lampert, borste. Farbe der Thiere: (in Spiritus) ganz weiß. Haut sehr dünn, so dass der Nervenstrang als weiße Linie hindurchschimmert. Über den ganzen Körper sind kleine weiße Hautpapillen in großer Anzahl ver- streut, die zwar nirgends in Quer- oder Längsreihen angeordnet sind, aber auch nirgends in größerer Anzahl dicht beisammen stehen, so dass sie doch den Eindruck einer gleichmäßigen Vertheilung machen. Zahl der Längsfurchen 7—8. Die Analschläuche sind zwei breite weiße sack- föormige Schläuche. Am Ende des Darmes bei seiner Einmündung in die Kloake findet sich ein rundes Divertikel. Segmentalorgane sind zwei Paar vorhanden, rechts und links vom Bauchnervenstrang liegend und beide hinter den Hakenborsten ausmündend. An der Basis eines jeden zwei lange gedrebte Fäden (die innere Öffnung der Organe, »Spiral- tuben« GRrEEFF'S). Fundort: Manila, Gavit& bei Manila; Schanghai (v. Martens). 2) Thalassema caudex nov. spec. Größe der zahlreichen vorliegenden Exemplare äußerst verschieden. Rüssel an der Basis röhrenförmig geschlossen, sehr bald sich öffnend und bis zum Ende als Halbrinne verlaufend, am Ende sich nicht verbreiternd. Die beiden Hakenborsten dunkel und sehr klein, bei stark kontra- hirtem Körper fast in der dicken Haut versteckt, so dass bei abge- rochenem Rüssel man oft ziemlich lang suchen muss, welches Vorder- und Hinterende, Rücken- und Bauchseite des Thieres ist. Zahl der Längsfurchen 16—18. Die Hautpapillen stehen auf den Längserhaben- heiten und sind besonders zahlreich und in Plaques angeordnet am Hinterende des Thieres. Die Haut ist sehr derb und zeigt in Spiritus lederbraune Farbe. Die Analschläuche sind zwei lange braune Schläuche, die sich weit hinauf in die Leibeshöhle erstrecken und keine Wimper- trichter tragen, wie bei Th. Baronii Greeff. Die Segmentalorgane sind drei paarig vorhanden und besitzen an ihrer Basis Spiraltuben; das vorderste Paar mündet vor den Hakenborsten aus. Fundort: Rothes Meer (Krunzinser, Würzburger Museum) und in- discher Ocean (Berliner Museum). 3) Thalassema sorbillans nov. spec. Durchschnittsgröße 6,5 cm, Rüssellänge 2,1 cm. Der Körper ist vorn und hinten stark verschmälert und zeigt in Folge der Kontraktion Quer- streifung, in der Mitte ist er verbreitert und die dünne Haut lässt den In- halt der Leibeshöhle schwarz hindurchscheinen. 13 Längsmuskelbündel verlaufen als sehr leicht und deutlich erkennbare helle Streifen von vorn nach hinten. Auf dem Hinterende finden sich Papillen. Der Rüssel ist Über einige neue Thalassemen. 341 an der Basis röhrenförmig geschlossen, öffnet sich aber sofort und bildet bis zum Ende eine Rinne. An der Basis des Rüssels springen die beiden Ecken der Ränder etwas wulstförmig vor. Die Segmentalorgane sind als 6 Schläuche vorhanden, deren jeder an seiner Basis die zwei Spiraltuben trägt. Das vorderste Paar mündet vor den Hakenborsten aus. Die Hakenborsten sind klein und wenig vortretend. Die Analkiemen sind zwei lange braune Schläuche, die unter dem Miskroskop sich mit Trichtern besetzt erweisen. Am Ende des Darmes findet sich ein kleines Divertikel. Fundort: Philippinen (SEmper). 4) Thalassema vegrande nov. spec. Das Einzige mir zu Gebote stehende Exemplar hatte seinen Rüssel verloren. Die Haut ist sehr dünn und die Längsmuskulatur nicht in Bündel angeordnet. Die Hautpapillen, die sich über den ganzen Körper zerstreut finden, sind am Hinterende am größten und in reichlichster Anzahl. Die goldglänzenden Hakenborsten treten ziemlich weit hervor. Die 6 Segmentalorgane besitzen Spiraltuben und münden alle hinter den Hakenborsten aus. Die Analschläuche sind lang, braun und nicht mit Wimpertrichtern besetzt. Fundort: Philippinen (Semper). Außer diesen 4 neuen Species standen mir aus der Berliner Samm- lung vier Thalassemen zu Gebote mit der Etikette: »Thalassema Exilii Fritz Müller. Brasilien, Desterro, Frırz MüLLer.« Da ich mich vergebens nach einer Beschreibung dieser Th. exilii umgesehen habe, so möchte ich im Folgenden unter Beibehaltung des ihm verliehenen Namens eine _ kurze Charakteristik dieses Thieres liefern. Thalassema exilii Fritz Müller. Die Thiere sind von mittlerer Größe, ca. 2,6cm und zeigen in Spi- ritus lederbraune Farbe. Der Rüssel weicht gleich an seiner Basis aus einander, zeigt auf seinem Grunde Querstreifen und ist bandförmig ver- _ breitert und gewellt; bei allen Exemplaren ist er nach hinten gebogen und liegt der Rückenseite des Thieres auf. Die goldglänzenden Haken- borsten stehen mäßig weit vor. Gegen das Hinterende zu ist der Körper verbreitert. 8—40 über den Körper verlaufende Längsstreifen sind ziemlich schwer zu erkennen. Von der Mitte des Körpers an bis zum Hinterende finden sich unregelmäßig gestellte Hautpapillen, die am stärksten in der Mitte des Körpers vertreten sind. Segmentalorgane sind zwei Paar vorhanden, statt der Spiraltuben besitzen sie an ihrer Basis ein gefaltetes und gekräuseltes Bläschen. Analschläuche klein. Fundort: Desterro in Brasilien (Frrrz MÜLLER). 342 Kurt Lampert, Über einige Thalassemen. Vergleichen wir alle bis jetzt beschriebenen Vertreter der Gattung Thalassema, so lässt sich folgende Tabelle zusammenstellen: Th. Moebii Greeff A. Längsmuskulatur nicht )3 Paar Segmentalorgane I: a Lumen: gesondgre 2 Paar Segmentalorgane [ Th. erythrogrammon M. Müller Soeben Th. caudex Lampert. 48 Längsfur- organe ghen: Th. sorbillans Lampert. 43 Längs- furchen . Lä latur bündel- i B FanesausEn Au unge Th. Baronii Greeff. 33 Längsfur- förmig gesondert chen. 2 Paar Segmental-)Th. formosulum Lampert. 8 Längs- organe furchen. Th. exilii Fr. Müller. 8 Längsfur- | chen. Außer diesen acht Arten finden sich bei GrEEFF noch weitere fünf Arten aufgeführt, die ich aber nicht in die obige Tabelle aufnehmen konnte, da sich keine Angabe über die Beschaffenheit der Längsmusku- latur findet!. Th. erythrogrammon glaubte ich zu der Abtheilung mit gesonderter Längsmuskulatur stellen zu dürfen, da F. S. LruckART und Ripeır bei der Beschreibung des Thieres von Längsfurchen und Längs- erhabenheiten sprechen. Die erwähnten bei GrEFFF sich noch findenden Arten sind: 4) Thalassema Neptuni Gaertner. 2 Paar Segmentalorgane, innere Öffnung ein bläschenförmiger Trichter. Fundort: Cornubia (GAERTNER), Südküste von Devonshire (LANkESTER). 2) Thalassema gigas Max Müller. 4 Paar Segmentalorgane, an ihrer Basis »ein kleiner Fortsatz«. Fundort: Triest (M. MüLter). 3) Thalassema Grohmanni Diesing. Fundort: Mittelmeer (GrRoHmAnN). 4) Thalassema Pelzelnii Diesing. Fundort: Indischer Ocean (Suenson und Kress). 5) Thalassema Lessonii Diesing. Fundort: Insel Borabora (Lesson). 1 Speciell die Diagnosen Dirsıng’s sind lange nicht genügend, um das Thier mit Sicherheit wieder zu erkennen. Erlangen, im Mai 1883. Die Rotatorien der Umgegend von Gielsen. Von Karl Eckstein, stud. rer. nat. Eine von der philosophischen Fakultät der Universität Gießen gekrönte Preisschrift. (Aus dem zoologischen Institute zu Gießen.) Mit Tafel XXII-—XXVII. Zur Einleitung. Wenn ich im Folgenden eine anatomisch-systematische Bearbeitung der bei Gießen vorkommenden Rotatorien zu geben gedenke, so werde ich dabei im ersten Theile die im Laufe des Sommers 1882 in der nähe- ren und ferneren Umgegend Gießens gefundenen und im zoologischen Institut daselbst untersuchten Räderthiere beschreiben und zwar in der Art, dass ich alles das, was bereits bekannt und zweifellos festgestellt ist, stillschweigend übergehe und meine Betrachtungen nur auf die Dinge beschränke, die noch nicht hinreichend. beschrieben oder der Gegenstand von Streitfragen geworden sind. Im zweiten Theile aber werde ich mit Berücksichtigung aller bekannten Räderthierformen eine allgemeine anatomische Beschreibung der Rotatorien geben und auf ihre Lebensweise, Eintheilung und systematische Stellung näher ein- gehen. Um eine Übersicht aller bis jetzt bekannten Formen und eine Zusammenstellung der weit verstreuten Litteratur zu geben, habe ich hinter den beschriebenen, hier gefundenen Thieren alle anderen in die betreffende Familie gehörigen Formen angeführt und verweise mit den dahinter stehenden Zahlen auf das am Ende folgende Litteraturver- zeichnis. Vor allen Dingen aber muss ich die angenehme Pflicht erfüllen, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. H. Lupwıc, für das große Interesse und die Theilnahme, die er jederzeit für meine Arbeit gezeigt, so wie für die Unterstützungen und Rathschläge, mit denen er mir zur Seite gestanden, meinen wärmsten Dank auszusprechen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 23 344 Karl Eckstein, Erster Theil. Beschreibung der bei Gießen vorkommenden Rotatorien. Floscularia Oken. Mund am vorderen Ende der Längsachse des Körpers, von einem fünflappigen Räderorgan umgeben. Die in der Jugend frei umher- schwimmenden Thiere setzen sich später fest; wenn dies geschehen ist, werden die Augen rückgebildet. 4) Floscularia appendiculata Leyd. — FI. cornuta Dobie. (Fig. 1—4.) Fundorte: Im ersten Wiesengraben hinter dem Justizgebäude in Gießen 26. VII.; im Altwasser der Lahn bei Kirchberg in ziemlicher Menge 9. VIll.; ebenfalls häufig im Weiher hinter dem Backhaus zu Grofdorf 140. VIH. Länge: 0,2—0,3 mm ohne die sehr langen Cilien. Der Körper dieser Floscularia hat eine an dem vorderen Ende keulenförmig verdickte Gestalt und ist von einer sehr blassen, durch- sichtigen, nur durch Färbung des Wassers deutlich zu erkennenden Hülle umgeben, in welche das Thier sich durch Kontraktion des Fußes fast ganz zurückziehen kann. Der Fuß, welcher von einer faltigen Haut bekleidet ist, endigt in zwei sehr kleine Spitzen, zwischen denen eine etwas längere Röhre hervorragt. Diese ist der Ausführungsgang zweier großen Drüsen, welche in dem Fuß gelegen sind und das Sekret liefern, mit dessen Hilfe sich das Thier fesisetzt. Außer diesen Drüsen bemer- ken wir noch drei stark entwickelte Muskelbänder, die alle am Fußende beginnen und sich bis zur Gegend des Enddarmes hinziehen, wo sie sich in mehrere Äste theilen und an der Körperwand inseriren. Sie sind es, welche zum Zurückschnellen des Thieres benutzt werden, während das Vorstrecken dadurch zu Stande kommt, dass die Muskelkontraktion nachlässt, wodurch der elastischen Haut die Möglichkeit gegeben wird, sich wieder auszudehnen. Die Leibeshöhle umschließt den Darmtractus, die Geschlechtsorgane, so wie das Exkretionsgefäß- und Nervensystem und ist von einer das Biut ersetzenden, farblosen Flüssigkeit erfüllt, in der feine Körnchen durch die Bewegungen und Kontraktionen des Kör- pers umhergetrieben werden. Daran, dass sie bis tief in den Fuß und bis in die Lappen des Räderorgans zu verfolgen sind, lässt sich er- kennen, dass der Körperhohlraum sich bis in diese äußersten Theile Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 345 erstreckt. Das Räderorgan besteht aus fünf keulenförmigen Zipfeln, welche um die Mundöffnung siehen, und von denen einer, der dorsal gelegene, die übrigen an Länge übertrifft. An diesen keulenförmigen Lappen sitzen sehr lange Wimpern, in den zwischen ihnen liegenden Einbuchtungen aber verläuft nach Dosız’s Beobachtungen (43) ein feiner Ciliensaum. Das Innere dieses Mundtrichters ist glatt und im Grunde durch eine leistenartige, ringsum verlaufende Erhebung abge- schlossen, welche dicht mit kurzen, eifrig schlagenden Cilien besetzt ist. Der nun folgende Raum ist nach hinten mit einer Membran ge- schlossen ; durch eine runde Öffnung, die von mehreren starken, langen Wimperhaaren umstellt ist, gelangt die Nahrung in den eigentlichen Schlund. Schon oft ist die Frage aufgeworfen worden: sind die langen Cilien steif und unbeweglich, oder strudeln sie die Nahrung zum Munde hin, wie dies bei den anderen Rotatorien der Fall ist? Wenn die Lappen des Räderorgans eingezogen werden, legen sich die langen Cilien zu einem großen Bündel zusammen, das aus der vor- deren Körperöffnung hervorragti, und erst in dieser Gesammtheit ihre wahre Länge erkennen lässt. Bei ausgebreitetem Räderorgan starren sie strahlenförmig nach allen Richtungen aus einander. Gewöhnlich er- scheinen sie unbeweglich und beschreiben nur einen Bogen, wenn sie ausgebreitet werden; sie schlagen niemals, den schwachen Strudel des Wassers erzeugt der innere Kranz von kurzen Cilien, wohl aber sind jene langen einer selbständigen Bewegung fähig, denn wenn irgend ein Körper durch den Wasserstrom herbeigeführt wird, der nicht als Nah- rung zu verwerthen ist, oder wenn ein Infusorium neugierig herbei- schwimmt, dann gerathen die von ihm berührten und die in nächster Nähe befindlichen Gilien in heftig zitternde, nach dem freien Ende ver- laufende Wellenbewegung, wodurch der unliebsame Gegenstand ent- fernt wird. EHRENBERG sagt (50), dass diese Wimpern die Nahrung, die sie fühlen, herbeistrudeln, was ich aber niemals beobachten konnte. So viel aber lässt sich mit Sicherheit erkennen, dass sie willkürliche, auf äußere Reize reagirende Bewegungen machen. Zwischen ihnen ent- springt,am Grunde des größeren Lappens ein langer, dünner, finger- förmiger Fortisatz, der schwach wellenförmig gewunden ist, und der, einmal ausgestreckt, keinerlei weitere Bewegungen macht. Über seine Funktionen sind wir noch im Unklaren, wahrscheinlich ist er der Sitz eines Sinnesorgans. Die Nahrungspartikeln, welche glücklich diesen Reußenapparat der großen Cilien passirt haben, werden von den an oben genanniem leistenartigen Vorsprung im Mundtrichter sitzenden kleinen Cilien weiter 23* 346 Karl Eckstein, nach hinten befördert, wo sie von dem eigentlichen Mund aufgenommen werden. Dieser ist eine einfache Öffnung des vordersten Abschnities - des Darmtractus und mit einigen, nach hinten langsam schlagenden, langen Wimpern besetzt, die ein Bild nach hinten verlaufender Wellen erzeugen. In diesem Vormagen, wie ihn Leypıe nennt, sammelt sich die Nahrung, die ihre ursprüngliche Farbe noch beibehält, an und passirt erst nach und nach den in langen Pausen arbeitenden Kauer, der wegen dieses vorgelagerten, weiten Schlundabschnittes ziemlich nach hinten gerückt ist; wohl der Grund, warum ihn Gosse (65) und Andere über- sehen haben. In dem darauf folgenden Magenabschnitt verliert die Nah- rung bei der Verdauung allmählich ihre ursprüngliche Farbe, an deren Stelle eine gelbbraune Färbung tritt. Der birnförmige Enddarm setzt sich durch eine Einschnürung vom Magen deutlich ab und verläuft immer enger werdend in die Kloake, welche auf der Rückenseite nach außen mündet. Durch dieselbe entleert sich außerdem die kontrakiile Blase des Exkretionsgefäßsystems, welche neben dem Enddarm gelegen ist und die verbrauchten Säfte aus dem Körper entfernt. Diese werden durch die an zwei Seitenkanälen sitzenden Flimmerlappen aufgenommen und sammeln sich in der Blase, die sich von Zeit zu Zeit durch Kontrak- tionen entleert. Ich habe nur einen dieser Flimmerlappen in der Nähe des Kauers gefunden, wahrscheinlich werden aber noch mehr der- selben vorhanden sein, und nur versteckt unter den anderen Organen liegen. Neben dem Verdauungskanal nimmt das Ovarium einen großen Theil der Leibeshöhle ein. Es hat die für alle Rotatorien typische Ge- stalt, denn es ist sackförmig von einer dünnen Haut umgeben und von einer feinkörnigen Dottermasse erfüllt, in welcher blasse, von hellen Höfen umgebene Kerne eingelagert sind, welche sich mit einem Theil des Dottiers von dem übrigen Inhalte abschnüren und so ein Ei bilden. Wie man bei der Eiablage deutlich erkennen kann, mündet das Ovariüm ebenfalls in die Kloake, Es bleibt mir nun noch übrig, die Sinnesorgane zu besprechen, um dann auf die Entwicklung der Eier näher einzugehen. Ein Gebilde, das ich mit Sicherheit als Ganglion ansprechen möchte, habe ich nicht gefunden, wohl aber verschiedene Sinneswerkzeuge deutlich erkannt. Hierher gehört zunächst ein an der Rückenseite kurz hinter dem Räderorgan sich erhebender griffelförmiger Fortsatz, der aus zwei einziehbaren Gliedern besteht und an seinem Ende ein Büschel feiner Borsten trägt, die beim Ausstrecken strahlenförmig aus einander stehen, aber im Übrigen unbeweglich sind. Dieses Organ, das wir fast bei allen Räderthieren wiederfinden, ist ein Tastwerkzeug. Dass auch dem Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 347 fingerförmigen Fortsatz im Räderorgan die Funktion eines Empfindungs- ‚organs wohl schwerlich abzusprechen ist, habe ich oben schon gesagt. ' Man hat seither angenommen, die Floscularia sei augenlos, dies ist aber nicht richtig, denn es glückte mir, zwei rothe Augenflecke zu finden. Wenn das Thier zusammengezogen ist, liegen sie am Rande der Öffnung, - aus der das lange Cilienbündel hervorragt einander diametral gegenüber und rücken bei entfaltetem Räderorgan entsprechend tief an der Seite herunter. Einen lichtbrechenden Körper konnte ich in ihnen nicht er- kennen. Was die Eientwicklung betrifft, so kann ich darüber Folgendes be- richten: Die Eier bleiben nach dem plötzlichen Austritt aus dem Ova- _'rium in der Gallerthülle des Thieres hängen, so dass man leicht ihre Entwicklung beobachten kann. Ich sah den Austritt eines Eies am 9. August um 40 Uhr 45 Min. Es hatte eine Länge von 0,045 mm, eine helle Schale und einen feinkörnigen Inhalt, mit blassem Kerne. Nach ungefähr 10 Minuten trat die erste Furche auf, welche schief zur Längs- achse des Eies eine kleinere und eine größere Kugel abtrennte. Letztere theilte sich während der ersten Stunde nicht, unterdessen war aber die Furchung der kleineren weiter fortgeschritien und zwar wieder inäqual so, dass die neue Furche schief zu der ersten und schief zu der Längs- achse des Eies stand. Nach fünf Minuten hatte sich die eine der beiden kleineren Kugeln abermals getheilt, so dass im Ganzen drei kleine Fur- chungskugeln entstanden waren. Die größte von ihnen theilte sich dann wieder in zwei Zellen, eine von diesen blieb unverändert, während aus der anderen durch zweimalige Theilung vier Zellen entstanden. Dann ging die Theilung so weiter, dass die obere in der Spitze liegende längere Zeit unverändert blieb, während die anderen sich weiter furch- ten. Die kleinen so entstandenen Furchungskugeln rückten dabei immer weiter über die große Kugel, die nach und nach sich auch zu theilen begonnen hatte. Das Produkt dieser Vorgänge sind zwei Zellschichten, von denen die eine äußere durch Theilung der kleineren, die innere aber aus der größeren der beiden durch die erste Furchung gebildeten Zellen entstanden ist. Weiter konnte ich meine Beobachtungen nicht fortsetzen, fand aber mehrere schon weiter in der Entwicklung vorge- schrittene Eier, in welchen zwei runde, rothe Augenflecke deutlich sichtbar waren. Die jungen Thiere, die sich aus diesen Eiern ent- wickeln, schwimmen frei umher und setzen sich erst später fest. Ihr Räderorgan besteht aus einem Kranze nicht sehr langer Cilien, welche auf dem Rande des Mundtrichters stehen. Dieser bildet auf der einen (Rücken-)Seite einen kurzen, stumpfen Vorsprung, der zwei große Augen trägt. Der Leib ist wurmförmig, zeigt ungefähr sechs Querfalten 348 Karl Eckstein, und ist nur schwach von dem quergeringelten Fuße abgesetzt. Dieser endigt mit einem kleinen, stumpfen Endglied, das mit ziemlich langen, oft stark wimpernden Gilien besetzt ist. Im Fuße konnte ich zwei helle Streifen erkennen; sie verlieren sich vorn unter den übrigen Organen und münden hinten mit einer Öffnung nach außen. Sollten dies Kanäle sein, durch die das Sekret der Drüsen angesammelt und weiter geleitet wird? Der Darmtractus beginnt hinter dem Mundtrichter als enger Kanal, der im Inneren mit einigen langen Cilien besetzt ist, hinter denen bald ein schwacher Kauer folgt. Der Darm mündet in die am Anfang des Fußes gelegene Kloake. Von den Exkretionsgefäßen habe ich nur ein Flimmerläppchen neben dem Mitteldarm gesehen. Ein knäuelartig verworrenes Gebilde neben dem Enddarm wird sich wohl später zum Eierstock heranbilden. Etwas unterhalb desselben liegt eine helle Blase, in welcher fünf ziemlich große Kerne umherschwimmen, wobei sie leise zitternde Bewegungen machen. Sie sind farblos, hell und haben einen schwarzen Rand, der einen ebenfalls schwarzen, schmalen Ring um- schließt. Steht dieses Gebilde in irgend einer Beziehung zu den Harn- konkrementen, von denen Leypic (108) spricht? (vgl. p. 421). Die star- ken Retraktormuskeln des Fußes ermöglichen, dass derselbe ganz zusammengezogen werden kann. Außer diesen Muskeln im Fuße fand ich noch ein Paar derselben zu beiden Seiten des Schlundes. Im Großen und Ganzen stimmt dies eben beschriebene 0,14 mm lange Thier mit Monolabis Ehr. überein, nur der Kauer und das Fußende sind bei bei- den verschieden. Nach dem Vorgange Weıss#’s (163) möchte ich diese Monolabis als Jugendstadium der Floscularia app. L. betrachtet wissen, so dass Eurengerg’s Gatliung Monolabis fallen würde (vgl. unten: Floscu- larıa ornata und Stephanoceros Eichhornii). 43. 45. 49. 108. 163. Floscularia campanulata Dobie 43. 53. 72. 83. » complanata Gosse 69. » cornuta d’Ud. 43. 142. ) coronetta Gub. — Stephanoceros Horatii Gub. 33. ) sp. Peltier 124. » longiloba Bartsch 7. » trifolium Huds. 79. » proboscidea Ehr. 8. 45. 49. 72. ) ornata Ehr. Jugendform — Monolabis gracilis Ehr. 49. 146. 460. 161. Stephanoceros Ehr. Festgewachsen, Räderorgan fünfarmig. | | E | | | | | Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 349 Stephanoceros Eichhornii Ehr. Jugendform —= Monolabis conica Ehr. 31. 42. 45. 49. 63. 69. 93. 120. 444. 146. 164. » glacialis Perty 122. Tubicolaria Lam. Festgewachsen, Hülle dick; Räderorgan in 4 Zipfel getheilt, zwei lange Taster. Exkretionsgefäße schwach entwickelt, in der Jugend zwei Augen. . Tubicolaria najas Ehr. — Rotifer albivestitus Dutr. 45. 49. » quadriloba Lam. 47. Melicerta Schr. Festgewachsen, Räderorgan viertheilig stark entwickelt. Zwei lange Taster, in der Jugend zwei Augen, Hülle aus besonders geformten Kugeln aufgebaut. | Melicerta annulata Gub. 30. 33. » pilula Gub. 33. » ._ .ringens Ehr. 8. 9. 44. 18. 32. 45. 49. 64. 67. 69. 73. 96. 95. AAN. 147. 16%. » tyro Huds. 87. 88. Decistes Ehr. Festgewachsen, Räderorgan schwach bewimpert. Augen in der Jugend vorhanden. Hülle durchscheinend ; ein Taster. Oecistes crystallinus Ehr. = Ptygura eryst. Duj. 49. 45. 69. » Janus Huds. 79. » intermedius Dav. 37. 78. ) longicornis Dav. 37. 78. » umbella Huds. 80. Limnias Schr. | Festgewachsen, Räderorgan kräftig. Zwei seitlich stehende Taster. Limnias ceratophylli Schr. 45. 49. 63. 69. 104. 147. 156. » socialis Leidy 104. » Melicerta Weisse — Cephalosiphon Mel. Ehr. = L. annulatus Baily = Cephalosiphon Limnias Huds. 50. 88.89. 138. 148. 151. 457. 161. PtiyguraDuj. Festsitzend, ohne Hülle, Cuticula im Nacken dornartig verhärtet. 390 he Karl Eckstein, 2) Ptygura melicerta Ehr. (Fig. 5.) Fundorte: Im Wiesengraben hinter dem Justizgebäude in Gießen 27. V1.; Altwasser der Lahn bei Kirchberg 27. VII.; Teich im botanischen Garten 17. VII. selten. - Länge: 0,15—0,2 mm. Dieses festsitzende Thier hat eine cylindrische Körpergestalt mit deutlich abgesetztem, quergeringeltem Fuß. Das Räderorgan habe ich niemals ausgestreckt gesehen, nach Ehrenberg (49) ist es ein einfacher Wimperkranz mit seitlicher Mundöffnung. An einer Stelle bildet die sonst überall weiche Guticula einen härteren, hornartigen Vorsprung, der sich ungefähr in der Hälfte seiner Länge in zwei Äste theilt, die an ihrem Innenrande seicht ausgebuchtet sind und hier einen schwachen, rothen Fleck deutlich erkennen lassen. Vor diesem Horn liegt das (in der Figur eingezogene) Räderorgan, durch welches die Nahrung durch einen mehrzähnigen Kauer in den Schlund gelangt, in dem eine starke Wellenbewegung deutlich sichtbar ist. Von hier wird die Nahrung durch ein Wimperepithelium in den Magen, an dem die Drüsen deutlich zu er- kennen sind, und in den schwach abgesetzten Enddarm geschafft und durch die dorsal gelegene Kloake nach außen befördert. In letztere mündet ferner die große Blase des Exkretionsgefäßsystems, dessen Flimmerlappen ich aber nicht finden konnte. Der Eierstock ist ziemlich groß. Ein seitlich stehendes Tastorgan kann, wie mir scheint, einge- zogen werden, außer den oben erwähnten rothen Flecken am Kopfan- hange konnte ich nichts von Augen bemerken. Im Fuße liegen außer den kräftigen Muskeln große Drüsen, deren Sekret dem Thier zum An- heften an Wasserpflanzen dient und durch eine kurze scharf abgesetzte Röhre am Ende des Fußes enileert wird. Die Blutkörperchen sind verhält- nismäßig groß und umfließen frei die in der Leibeshöhle gelegenen Organe. EHRENBERG (49) ist im Zweifel, ob er Ptygura melicerta nicht für eine Mel. ringens halten soll. Dusardın (45) vereinigt sie als selbständige Form mit einigen anderen zu seinem Genus Ptygura. Nur die Entwicklungsgeschichte wird entscheiden können, wohin Ptygura zu stellen ist. 45. 49. AA. Ptygura volvox Duj. 45. Diplotrocha ptygura Schm. 133. 134. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 351 DictyophoraLeidy. Festgewachsen, Räderorgan fehlt, statt dessen ein becherförmiges Greiforgan, das eingezogen werden kann. Dietyophora vorax. Leidy 106. Seison Gr. Festgewachsen, schmarotzend auf Nebalia, ohne Hülle, getrennten Geschlechtes. Räderorgan schwach entwickelt. Darm bei beiden Ge- schlechtern vorhanden. Seison annulatus Cl. 10. 23. 7A. uber Cl. 10. 23.076, Beide — Seison Nebalia Grube — Saccobdella nebaliae v. Ben. 10. A415. Anthos Sch. | Einzeln festgewachsen, Räderorgan blumenkelchartig tief einge- schnitten, Taster hinter demselben, Fuß lang, ohne Hülle. Anthos quadrilobus Sch. 95. Lacinularia Ok. Jugendform frei umherschwimmend mit zwei Augen, im Alter fest- sitzende Colonien bildend, Räderorgan hufeisenförmig. 3) Lacinularia socialis Ebg. Kommt im Hessler bei Gießen in manchen Jahren recht häufig vor, konnte aber 1882 irotz eifrigen Suchens nicht gefunden werden. 18. 45. 49. 53. 54. 83. 92. 94. 108. 110. 142. 143. Megalotrocha Bory. Wie Lacinularia, aber ohne Hülle. Megalotrocha albo-flavicans Ehr. 45. 49. 107. > flavicans Weisse (= albo-flav. Ehr.?) 158. » velata Gosse 69. Gonochilus Ehr. Colonien in gemeinschaftlicher Gallerthülle frei umherschwimmend. Zwei Augen. g schwärmen einzeln. Conochilus volvox. Ehr. 97. 39. 45. 48. 49. 13k. Strophosphaera ismailoviensis Pogg. 124. Trochosphaera Semper. Körper kugelrund, ohne Scheinsegmente und ohne Fuß, mit äqua- torialem Wimperkranz. Trochosphaera aequatorialis Semp. 131. 352 Karl Eckstein, Phılodina Ehr. Körper wurmförmig, mit Scheinsegmenten und einziehbarem Schwanze. Tastorgan im Nacken. noch unbekannt. Zwei nacken- ständige Augen. 4) Philodina aculeata Ehr. (Big. 15.) Fundorte: Hessler bei Gießen 16. V.; Altwasser der Lahn bei Kirchberg 16. VII. selten. Länge: 0,34 mm. Auf der rauhen Haut dieses Thieres sitzen in Längsreihen, den Längsfalten entsprechend, dornförmige Cuticularbildungen, die je nach den Bewegungen und Kontraktionen des Thieres sich nach hinten an den Körper dicht anlegen, oder gerade in die Höhe stehen. Bei den wenigen Exemplaren, die mir zu Gesicht kamen, fand ich immer weit weniger Stacheln als Enrengerg (49) gezeichnet hat; bei einem allein war es mir möglich, ihre Lage genau zu bestimmen, und zwar sind sie auf den Längsfalten des Rückens in folgender Weise vertheilt: Die erste äußerste Falte auf der linken, wie auf der rechten Seite trägt den Stachel ganz an ihrem hinteren Ende, derjenige der zweiten ist etwas nach vorn gerückt, derjenige der dritten ist eben so weit vom Vorderende entfernt, wie der der vorhergehenden Falte von ihrem Hinterende, auf der vierten sitzt er etwas weiter nach hinten als auf der zweiten; außer einer leichten Ver- dickung an der Wurzel dieser seitlich komprimirten Stacheln konnte ich nichts Besonderes an ihnen erkennen. Im Widerspruch hiermit zeichnet EHRENBERG (49) mehr als 20 Stacheln, und Dusarvın (45) sagt: »le corps.. . . est tout herisse d’epines mollese. Der Verdauungskanal be- ginnt mit der von dem Räderorgan gebildeten Mundöffnung und führt bald zu dem beiderseits dreizahnigen Kauapparat. Der nun folgende Abschnitt des Tractus ist wegen der rauhen, dicken Haut schwer zu er- kennen, und nur die beiden Drüsen rechts und links vom Kauer fallen leichter in die Augen. Vom Nervensystem und den Sinnesorganen sind die beiden rothen Augen, so wie die zweigliedrige Gefühlsröhre bekannt. In Fig. 15 sieht man am Vorderende ein Bündel feiner Borsten hervor- ragen, welche auf einem rüsselartigen Gebilde aufsitzen und mit ihm mehr oder weniger weit vorgestreckt werden können; mit ihnen fühlt das Thier umher, ehe es das Räderorgan entfaltet. Der Fuß, in welchem die Drüsen deutlich sichtbar sind, hat am vorletzten Gliede zwei breite lappenförmige Zacken und endigt mit vier Spitzen, von denen zwei schwächer sind, als die anderen und immer früher eingezogen werden, als die stärkeren. Die Bewegungen des | | Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 303 Thieres sind sehr langsam und träge. Die Embryonalentwicklung findet, wie bei allen Philodineen im Uterus statt, konnte aber nicht genauer beobachtet werden. 3. kö. 49. 53. 69. 5) Philodina citrina Ehr. —=Rotifer inflatus Duj. (Fig. 14.) Fundorte: Hessler 18. V.; Tümpel an der oberhessischen Bahn 18. VI.; in einem immer Wasser haltenden Steinbruch am Felsen an der Lahn unter Lemna gibba 23. VII.; in den Teichen des Brunnenthales bei Grünberg 26. VII.; bei Wissmar 7. VIIL.; im Crumbacher Thal 10. VIM.; Kirchberg 1. c. 16. VIIIL.; im Braunsteinbergwerk in der Lindner Mark 23. 1X. Überall fand ich das Thier vereinzelt, nur in einem Glase, das ich 16. V. aus dem ersten Graben hinter dem Justizgebäude gefüllt, war nach ungefähr 14 Tagen eine ganz bedeutende Menge zusammen. Länge: 0,21 mm. Dusarnın (45) erkennt die Philodina eitrina keineswegs als be- sondere Species an, und findet in der auffallend gelben Färbung des Thieres eben so wenig einen charakteristischen Unterschied von anderen Arten, wie bei Phil. roseola in der rothen und rechnet beide Thiere zu _ seiner Rotifer inflatus genannten Form. Auch ich habe in der Organisa- tion der Phil. citrina keinen Unterschied von anderen Philodineen finden können, außer eben die auffallend citronengelbe Färbung. Diese rührt aber nicht von aufgenommener Nahrung her, noch hat sie ihren Sitz in den Drüsen oder Eingeweiden, sondern die Haut des Thieres selbst zeigt diese Färbung und zwar bis zu einer ganz bestimmten Grenze an Hals und Fuß, die weder hier noch dort jemals überschritten wird; sie reicht nämlich vom ersten Fußgliede bis an den Kauer und verschwindet an beiden Enden nicht allmählich, sondern beginnt gleich mit der ihr eigenthümlichen Intensität. Da außerdem der Ton der Färbung bei allen beobachteten Thieren von den verschiedenen Fundorten derselbe _ ist, so glaube ich die Philodina citrina als besondere Art beibehalten zu müssen. Hinter dem zweizahnigen Kauer liegen zu beiden Seiten des Darmes zwei Drüsen ; dieser selbst beginnt mit einer schwachen Erweiterung, in welcher längere Gilien sitzen, während der darauf folgende engere Theil kürzere Cilien trägt. Der Enddarm ist kugelig erweitert und von längeren, weniger zahlreichen, eifrig schlagenden Cilien besetzt. Hinter ihm liegt die kontraktile Blase des Exkretionsgefäßsystems; beide mün- den zusammen in die Kloake. Der Fuß besteht aus vier Gliedern, am dritten derselben sitzen seit- 394 Karl Eckstein, lich zwei nicht einziehbare lappige Anhänge, und aus dem letzten können im Ganzen vier Zehen ausgestreckt werden, das eine Paar schien mir eingliedrig zu sein, während das andere zwei deutlich zu erkennende Glieder besitzt. Dieses zweigliedrige Zehenpaar wird zuerst vorgestreckt und sofort das letzte Glied vorgestoßen, angeklebt und alsbald der ganze Fuß ein wenig nachgeschoben, so dass der äußere Rand des zweiten Gliedes die Unterlage berührt, worauf wieder durch Nach- schieben des Fußes die Zehen ganz eingezogen werden, so dass ein kleiner, leerer Raum entsteht, wodurch der Fuß an dieser Stelle festge- halten wird. Inzwischen ist auch das andere Zehenpaar ausgestülpt und wieder eingezogen worden, aber niemals habe ich gesehen, dass es in Funktion gewesen wäre, wie das andere. Wenn der Fuß an das Deck- glas angeheftet ist, erscheinen die vier Zehen wie kleine Kreise, die von einem größeren umschlossen sind, der aus dem von unten gesehen letzten Gliede des Fußes gebildet wird. 8. 45. 49. 53. 6) Philodina macrostyla Ehr. —Rotifer inflatus Duj. (Fig. 16.) Fundorte: Teich am Crofdorfer Backhaus, in großer Menge 10. VII.; hei Fellingshausen 10. VIl.; in einem verdeckten Brunnen hinter Grü- ningen an Batrochospermum monilif. 14. VIIL.; in einem Graben bei der Junkermühle bei Münzenberg an Lemna, so wie in der Usa bei Nauheim und an Ranunculus fluitans im Nauheimer Teich 14%. VIIL.; im Hessler 42. VIN.; in der Kleebach bei Allendorf an der Lahn 2. IX.; im Aqua- rium des zool. Instituts 40. V.; an der oberhessischen Bahn 20. VI. Länge: 0,33 mm. Obgleich 1a das Thier sehr oft vor en hatte, habe ich mich, weil anderes lohnenderes Material vorhanden war, nicht auf eine ge- nauere Untersuchung desselben eingelassen. Nur einmal wollte es der Zufall, dass ich ein durch Wassermangel vollständig klar und durch- sichtig gewordenes Thier unbeweglich daliegend fand und dabei folgende Beobachtungen machen konnte: Das äußerste Fußende war eingezogen, so dass die letzten Spitzen nicht deutlich gesehen wurden, wohl aber die Öffnung, durch die sie ausgestreckt werden. In den ersten Gliedern des Fußes inseriren links und rechts an der Haut Muskelfasern, welche sich nach vorn zu zwei etwas stärkeren Strängen vereinigen, die sich aber bald wieder theilen. Die an den anderen Gliedern beginnenden feinen Fasern verlieren sich unter den Eingeweiden. Die kolbenförmigen FuB- drüsen sind paarig vorhanden und lassen zwischen sich einen schmalen Raum frei, der gegen das Fußende hin von einem unpaaren Blindsäck- Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 355 | chen derselben eingenommen wird. Den Ausführungsgang der Drüsen - konnte ich nicht erkennen, da wie gesagt, die Fußspitzen eingezogen ‘ waren. Mit je einem feinen, aber deutlich zu erkennenden Faden des ‚ Bindegewebes sind die oberen dicken Enden der Drüsen an der Haut | | befestigt. Zwischen ihnen liegt der Enddarm, welcher auf der in Fig. 16 nicht sichtbaren Seite durch die Kloake nach außen mündet. Auf zwei feine Nervenfasern, welche an die Muskeln des Fußes herantreten, werde ich später (p. #10) noch einmal zurückkommen. 45. 49. 53. A131. 7) Philodina roseola Ehr. =Rotifer inflatus Du). Fundorte: Wehr der Lahn unterhalb der Badeanstalten an Fonti- nalis antipyretica in großer Menge; am Felsen |. c. 23. VIL.; Fellings- hausen 40. VIII. selten; Junkermühle I. c. 14. VII. selten; Nauheimer Teich 14. VIII.; Teich im botanischen Garten 17. VIlI.; Braunsteinberg- werk 3. IX. Länge: 0,2mm. | Philodina roseola ist mehr oder weniger intensiv rosaroth gefärbt. Aber die Art der Färbung ist wesentlich verschieden von der bei Philo- dina citrina beschriebenen. Denn während dort die ersten und letzten Glieder kein Pigment besitzen, ist hier die rothe Farbe gleichmäßig über den ganzen Körper verbreitet, natürlich in den dünneren, durchscheinen- den Theilen etwas heller, so dass die Eingeweide in dunklerer Färbung deutlich hervortreten. 8. 53. 63. 69. 122. 133. 43%. - Philodina calcarata Schm. 133. 134. » collaris Ehr. 45. 49. 159. » erythrophthalma Ehr. 45. 49. 53. 134. 141. » gracilis Schm. 133. 13%. » macrosipho Schm. 13%. » megalotrocha Ehr. 8. 49. 53. 63. 69. 133. 13%. » setifera Schm. 134. Rotifer Ehr. Rotifer unterscheidet sich von Philodina nur dadurch, dass die Augen nicht im Nacken, sondern vorn im Rüssel sitzen. 8) Rotifer vulgaris Ehr. (Fig. 6—12.) „Fundorte: Im Aquarium des zoologischen Instituts während des ganzen Jahres; Hessler 15. V.; Felsen l. c. 23.-VIl.,; in der Lahn bei 356 Karl Eckstein, Wissmar 2. VIII.; Grünberg l. c. 26. VIl.; Braunsteinbergwerk 3. IX.; Taubentränke vor dem Wallthor 13. VII.; oberhessische Bahn 1. ce. 18. VL.; im botanischen Garten 8. VIII., 47. VOL; Kirchberg l. c. 16. VII; Springbrunnen im Park zu Braunfels 28. VIIl.; im Daöhrinnensand und im Moos von Dächern in Gießen 23. VIH. Länge: 0,25—0,5 mm. In seiner äußeren Gestalt ist Rotifer vulgaris den Philodineen sehr ähnlich, aber durch die Lage der Augen auf den ersten Blick zu er- kennen, denn diese liegen ganz vorn vor dem Taster. Wenn das Räder- organ eingezogen ist, bemerkt man an dem Vorderende ein. Wimper- büschel, wie bei Philodina aculeata, das folgende feinere Details erkennen lässt: Ein Hautlappen erhebt sich an der Rückenseite; er ist. von Gestalt halbkreisförmig und in der Mitte nach vorn umge- schlagen, seine beiden Seitenränder verlaufen in eine kurze, weite Röhre, die sich vor den Augen befindet. Der nach oben offene Innen- raum dieser Röhre ist dicht mit eifrig schlagenden Wimpern besetzt, beiderseits ragen außerdem zwei längere, ebenfalls schlagende Cilien hervor (Fig. 7). Ob auf dem oberen umgeschlagenen Rand ein blasser, rother Fleck vorhanden ist, konnte ich nicht mit Sicherheit erkennen. Mit diesem Rüssel schlägt das Thier wie suchend hin und her und lässt dabei die Cilien spielen, plötzlich aber wird er eingezogen und das Räderorgan entfaltet, das alsbald seine Thätigkeit beginnt und den An- schein zweier sich nach einer Richtung drehender Räder giebt, durch deren Bewegung das Wasser in Bewegung versetzt wird, so dass ein Strudel entsteht, durch welchen Nahrungstheilchen nach dem Munde hingeführt werden können. Crarırkpe (19. 22) erkannie, dass diese von einem zweiten feinen Wimperkranz erfasst und in den Mund gebracht werden, worauf sie den zweizahnigen Kauapparat (Fig. 8 u. 9) passiren und in den überall mit Flimmerepithelium ausgekleideten, je nach der aufgenommenen Nahrung gelblich oder bräunlich gefärbten Magen und Darm gelangen, um nach der Verdauung durch den dorsal gelegenen After entfernt zu werden. Die Darmdrüsen, so wie der ganze Tractus selbst haben denselben Habitus, wie wir ihn bei den Philodineen kennen gelernt haben. In die Kloake mündet außer dem Darm die kontraktile Blase des Exkretionsgefäßsystems, das aus zwei seitlich verlaufenden Kanälen besteht, von denen jeder fünf Flimmerlappen trägt. Als Nervenbentulen finden wir ein in dem vorderen Kirperabschniil vor dem Kauer gelegenes Ganglion. Dieses schickt zwei Äste nach vorn, welchen die Augen aufsitzen, an denen man meistens die Linsen er- kennen kann (Fig. 7). Öfter sind mir Rotifer vorgekommen mit anomaler Augenbildung, in der Art, dass beide Augen oder nur eines derselben Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 357 in zwei oder drei, ja bis zehn oder zwölf einzelne hinter und neben ein- - ander liegende, rothe Körperchen zertheilt war, wovon Fig. 12 ein ge- _ treues Bild giebt. Leypıs (108) findet dieselbe Bildung bei Rotifer ma- erurus. Bei Zusatz von Kalilauge ist außer der Haut und dem Kauer das Auge der einzige Theil des Räderthierkörpers, der sehr lange Zeit hin- durch deutlich und unverändert bleibt. Außer dem Ganglion im Kopfe fand ich links und rechts vom Enddarm je eine spindelförmige, große Zelle, die ich dem Nervensystem zurechnen muss, da sie in ihrer Gestalt vollständig mit den von Levyoıc (110) bei Lacinularia socialis beschriebe- nen Nervenzellen übereinstimmen. Das Gefühlsorgan, die Respirations- röhre EHRENBERG'S, trägt, wie bekannt, einen Büschel feiner Borsten, die eben so wie das ganze letzte Glied dieses Organs zurückgezogen wer- den können. Im Inneren desselben bemerkt man einen spindelförmigen Nervenstrang und zwei feine Retraktormuskeln. Der Fuß wird fernrohrartig ausgestreckt und wieder eingezogen, er legt sich dann genau in die Mitte des Leibes als ein kurzes Bündel hin, und hierin unterscheidet sich Rotifer vulgaris von Actinurus Neptu- nius, bei welchem der eingezogene Fuß ein weit längeres in einander geschobenes Röhrensystem bildet und seitlich neben den Magen zu liegen kommt. Der Fuß trägt bei Rotifer vulgaris zwei Spitzen am vorletzten Gliede und endigt in drei feine, aber stumpfe Zehen, die am Ende je eine kleine Öffnung zum Austritt des Fußdrüsensekreies besitzen. Die Drüsen selbst liegen weiter oben in dem Fuß und werden, wenn dieser eingezogen, zu beiden Seiten des Enddarmes untergebracht. Sie sind, wie bei den Philodineen, an ihrem oberen Ende durch eine Bindege- websfaser an der Körperwand befestigt. Von den Öffnungen der drei Fußspitzen ist die eine etwas größer als die anderen und sie scheint, wenn auch nicht ausschließlich, doch hauptsächlich in Funktion zu sein, denn man kann sehen, dass gewöhnlich mit ihr allein der Gegenstand berührt wird, an den sich das Thier anheften will; der Fuß kann ganz ausgestreckt und nach vorn umgeschlagen werden, so dass die Zehen in die Nähe des Kopfendes zu liegen kommen; hier kleben sie sich fest, _ der Fuß wird eingezogen und dadurch das ganze Thier in eine neue Lage gebracht. Rotifer vulgaris ist dasjenige Räderthier, an dem zuerst von SPALLAN- zanı die merkwürdige Entdeckung des Wiederauflebens nach dem Ein- trocknen gemacht wurde. Auf weitere hierüber angestellte Versuche werde ich p. 428 näher eingehen, eben so p. 424 auf das wenige, was über das Embryonalleben von Rotifer vulgaris bekannt ist. 8. 29. 403. 414. 145. 156. 358 Karl Eckstein, 9) Rotifer macrurus Ehr. wurde 18. VII. 1882 im Teich des botanischen Gartens in wenigen Exemplaren gefunden, aber nicht weiter beobachtet. 8. 45. 49. 53. 63. 69. 156. 10) Rotifer tartus Ehr. (Mieze) Fundorte: Hessler 18. V.; Kleebach bei Allendorf 2. IX. Dieses Thier stimmt in seiner inneren Organisation mit Rotifer vul- saris überein, wesshalb ich hier nicht weiter darauf eingehen will. Nur bezüglich des Nervensystems muss ich Einiges sagen: Das Ganglion besteht aus einem kugelförmigen Gebilde, von dem drei Nervenstränge ausgehen, sie verlaufen nach vorn, die beiden seitlichen, von lang birn- förmiger Gestalt, führen zu den Augen, der mittlere, ein dünner Faden, aber endigt in der äußersten Tasterspitze, da wo ich bei Rotifer vulgaris einen blassen, rothen Fleck vermuthe. 49. 53. NA. Rotifer citrinus Ehr. 8. 49. 53. 69. » erythraeus Ehr. 49. » inflatus Duj. 45. 114. 441. » macroceros Gosse 69. » maximus Bartsch 7. 8. 53. » megaceros Schm. 133. » motacilla Bartsch 7. 8. 53. » parasiticus Lank. 101. Gallidina Ehr. Lebhafte mit Rotifer in der Organisation übereinstimmende Thier- chen, aber ohne Augen. s [2 14) Gallidina elegans Ehr. wurde nur zweimal in je einem Exemplar gefunden und zwar 12. VI. an der oberhessischen Eisenbahn und am 9. VII. bei Kirchberg l. e. aber nicht untersucht. | 8. 45. 49. 53. Callidina alpina Ehr. 50. » hidens Gosse 53. 62. 69. » cornuta Perty 8. 53. » constricta Duj. 45. 53. 62. » elegans var. roseola Perty 8. 122. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 359 Callidina parasitica Gigl. 8. 59. 62. » rediviva Weisse 156. ) scarlatina Ehr. 50. » vaga Dav. 38. Actinurus Ehr. Augen vor dem Taster, Fußglieder länger, wie bei Rotifer. 12) Actinurus Neptunius Ehr. 2“ (Fig. 47.) Fundort: Im Aquarium des zoologischen Instituts 10. V. selten. Länge: 0,6—1,2 mm. Es gelang mir nur den Fuß etwas genauer zu betrachten, an dem ich wieder die paarigen mit einem Blindsack versehenen Fußdrüsen, so wie in den drei sehr langen, aber einander vollständig gleichen End- spitzen, die Öffnungen der ausführenden Kanäle erkannte. Feine Muskel- fasern ziehen bis in das letzte Fußglied und dienen zum Einziehen des Fußes, der sich aber dann nicht wie bei Rotifer nur bis hinter den Mitteldarm einzieht, sondern als langes, in einander geschobenes Röhren- system seitlich davon zu sehen ist. Dasjenige Glied, welches die großen - zweigliedrigen, etwas gebogenen Sporen trägt, hat an der Ansatzstelle derselben eine etwas verdickte Cuticula. 8. 45. 49. 53. IM. Typhlina Ehr. Augen fehlen, Räderorgan ungestielt. Typhlina viridis Ehr. 29. Hyarias Ehr. Augen fehlen, Räderorgan gestielt. Hydrias cornigera Ehr. 49. Gystophthalmus Corda. Ein Auge, Räderorgan schwach. Cystophthalmus Ehrenbergii Corda 28. Triarthra Ehr. Zwei Stirnaugen. Mit Fuß und flossenartigen Anhängen an den Seiten. Ä Triarthra cornuta Weisse — Tr. breviseta Gosse 133. 13%. 150. 157. » longiseta Ehr. 45. 49. 53. 63. 72. 133. 13%. 144. » mystacina Ehr. 45. 53. 110. 13%. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. DA 360 Karl Eckstein, Polyarthra Ehr. Ein Nackenauge; Fuß fehlt. Flossenartige Anhänge. Polyarthra hexaptera Schm. 134. » platyptera Ehr. 45. 49. 53. 60. 67. 69. 154. ) trigla Ehr. 45. 53. 63. 65. 133. 13%. Hexarthra polyptera Schm. 133. 134. Pedalion mira Huds. = Hexarthra Schm. 6. 41. 81. 102. Albertia Duj. Körper cylindrisch, wurmförmig, vorn abgerundet, Räderorgan schwach, Fuß kurz und konisch; parasitisch. Albertia aciliata Radk. 126. » erystalina Schultze 137. » vermicularis Duj. 45. 46. 63. Anelcodiscus pellucidus Leidy 4105. Balatro Glap. Körper wurmförmig, sehr kontraktil, Fuß zweilappig, Räderorgan und Augen fehlen; parasitisch. Balatro clavus Clap. 19. 21. MicrFocodon Ehr. Räderorgan nicht retraktil, deutlich doppelter Wimperkranz, Fuß halb so lang als der Körper, ein Auge. Microcodon clavus Ehr. 49. 72. 144. Notommata Ehr. Körper lang mit Scheingelenken, Fuß zweizehig, Räderorgan mit kurzen Cilien, zwei seitliche (Ohren-)Lappen desselben werden selten entfaltet. Öfter hinter dem Ganglion ein Kalkbeutel, ein nackenständiges Auge, Kauer groß und stark. 13) Notommata aurita Ehr. (Fig. 233—27.) Fundorte: Taubentränke an Lemna 1. VIII.; Schiffenberger Teich in großer Menge 5. VIIIL.; Grünberg ]. c. 26. VII. Länge: 0,26 mm. Der Körper ist länglich, etwas komprimirt und im Rücken über dem Fuße aufgetrieben. Das Thier schwimmt gewöhnlich auf der Seite liegend, so dass man deutlich die Wimpern des einen Ohres erkennen kann. Zwischen beiden Ohren erheben sich zwei kurze stumpfe Kegel, _ die von einem rothen Fleck geziert stärkere, wohl zum Tasten bestimmte Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 361 Cilien tragen. In günstigen Fällen kann man in dem dazwischen liegen- den Theil des Räderorgans ein zweites Paar solcher rothen Flecken be- merken, an welche ein heller, stark konturirter Strang herantriti. Wenn auch seither das Vorhandensein von Stirnaugen außer den großen, später zu beschreibenden Nackenaugen in Abrede gestellt wurde, so glaube ich doch entschieden in diesen rothen Punkten die Endigungen von Nerven erkennen und aus dem Vorhandensein des Pigmentes auf Augen schließen zu müssen. In den oben genannten Ohren des Räder- organs erkennt man einen Retraktormuskel, der sich bald nach seinem Eintritt in dasselbe in mehrere feine Fasern zertheilt, welche an der äußeren Haut enden. Diese besteht aus zwei Schichten, einer dickeren. äußeren und einer dünnen körnigen Innenschicht; an letzterer endigen mit kleinen Köpfchen die spindelförmigen Nerven, welche durch sehr feine Fäden mit dem Hauptganglion in Verbindung stehen. An diesen Ohren sitzen, wie oben gesagt, Cilien, welche, wie sich aus den herantretenden Nerven erkennen lässt, für Gefühlsempfindung geeignet und wenig zur Fortbewegung passend sind, da beim Schwimmen die Ohren nur in seltenen Fällen ausgestreckt werden. Mit dem Ganglion verbunden ist ein Kalkbeutel, der eine körnige Struktur zeigt und sich “beim Absterben des Thieres in eine unregelmäßig verworrene Masse ve-wandelt. Das Ganglion selbst aber besteht aus zwei Schichten, einer inneren homogenen und einer äußeren körnigen Substanz, die, wie mir scheint, zu dem Kalkbeutel gehört und die zartere Nervenmasse um- lagert, an deren Ende das flache, rothe Auge zu sehen ist. Aus- drücklich betonen will ich noch einmal, dass das Auge nicht dem Kalkbeutel aufsitzt, sondern an dem hinteren, abgerundeten Theil des Ganglions liegt. Die Bewimperung des Kopfes zieht sich ziemlich weit an der ven- tralen Seite bis zum Munde hinab. Die hier aufgenommene Nahrung passirt den kräftigen Kauer und gelangt in den Schlund, an dessen Ende eine deutliche, in den Magen verlaufende Wellenbewegung wahrzu- nehmen ist, die durch mehrere Cilien hervorgerufen wird. Die Wellen schreiten nicht genau gleichmäßig parallel mit ihrer ersten Stellung vor- wärts, sondern die eine Seite bleibt immer etwas hinter der anderen zurück. Jede Welle vergeht zuerst auf der am weitesten vorgeschrittenen Seite, indem sie scheinbar immer kürzer wird, bis sie ganz ver- schwindet; in diesem Augenblick tritt am anderen Ende eine neue Welle auf. Wenn die Bewegungen des durch den Druck des Deckglases oder durch Wassermangel ermatteten Thieres immer langsamer werden, kann. man deutlich mehrere feine Cilien erkennen, welche diese Erscheinung verursachen. Die Wellenform erklärt sich einfach dadurch, dass die 24* 362 Karl Eckstein, Schwingungsebene parallel der Bauchseite des Thieres ist, also senk- recht zur Ebene des Deckglases steht, weil die Notommata meist auf der Seite liegend daherschwimmt. Es sind natürlich immer nur die Theile der schwingenden Cilien bemerkbar, welche sich in der richtigen Fokal- distanz befinden. Da nun mehrere Wellen in einer Cilie folgen und nach einander alle Theile der Welle für einen Moment sichtbar werden, so glaube ich dadurch diese jedem Beobachter auffallende Wellenbewegung erklärt zu haben (vgl. p. 415). Der Magen ist von dem Darm durch eine schwache Einschnürung getrennt und mit Flimmerepithel ausgekleidet. Neben ihm liegt das von Dottermasse und Eikernen erfüllte Ovarıum. Über dem kurzen, zweizehigen Fuße, in dem die paarigen Klebdrüsen liegen, befindet sich die kontraktile Blase des Exkretionssystems, von dem die 'beiden Seitenkanäle mit je drei Flimmerlappen zu erkennen waren. Außer den schwachen, quer verlaufenden Muskeln ist ein starkes Längsmuskelsystem vorhanden. Ein kräftiger Muskel, der sich vorn in drei Äste theilt, läuft an der Bauchseite her, je drei Stränge zu beiden Seiten und je zwei am Rücken hin, welche sich bis über das Ganglion verfolgen lassen; ferner sind noch zwei Muskeln vorhanden, die in der Mitte des Rückens beginnen und an der Fußwurzel sich verlieren. Sie alle zeigen ein perlschnurartiges Aussehen : in der Mitte ist deutlich eine Kette zusammenhängender Kugeln zu sehen, die auf beiden Seiten von einer dunkleren Masse umgeben ist. 8. 18. 45. 49. 53. 63. 69. 1922. 14) Notommata lupus Eyf. = Gycloglena lupus Ehr. Fundort: Altwasser der Lahn bei Wissmar 8. VII. in ziemlicher Menge. | Da ich zu dieser Zeit meine Beobachtungen auf einige Wochen ein- stellen musste, ist diese Notommata nicht genauer untersucht worden. 20. 49. 53. | 15) Notommata vermicularis Duj. (Fig. 29.) Fundorte: Hinter dem Justizgebäude 22. VI.; im Aquarium des zoologischen Instituts 17. V.; Wissmar |. c. 8. VII.; Junkermühle l. c. an Lemna und Nauheimer Teich 14. VII.; Braunsteinbergwerk |. c. 3.IX. Länge: 0,22 mm. Der Körper ist weich und faltig, bald lang ausgestreckt, bald ganz Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. | 363 zusammengezogen, weil das Thier fortwährend wurmförmig kriechende Bewegungen macht. Das Räderorgan ist ziemlich einfach: Ein über den Kopf verlaufender Wimpersaum biegt sich an den Seiten nach vorn um und umschließt je eine kleine, dunkele, schwarzroth gefärbte Stelle, an welcher einige längere Borsten sitzen, dann zieht er tief an der ventralen Seite herunter, wo er die dort gelegene Mundöffnung umgiebt. Kurz vor dem Kauer liegt seitwärts ein rothes Auge, mit deutlichem, lichtbrechen- dem Körper, hinter ihm ist in dem engen Schlunde die starke oben be- schriebene Wellenbewegung zu erkennen. Magen und Darm sind mehr oder weniger durch Querfalten eingeschnürt und überall mit Drüsen- zellen besetzt, außerdem liegen beiderseits von demselben die großen (Pankreas-) Drüsen. Der Fuß ist meist ganz in den Körper eingezogen und endigt mit zwei stumpfen Zehen, in jeder derselben befinden sich zwei Öffnungen der Fußdrüsen, von denen eine feine Rinne fast bis zur Spitze der Zehen zu erkennen ist. Die Drüsen selbst bestehen jede aus einem großen und verschiedenen kleinen Lappen, zwischen denen die kontraktile Blase gelegen ist. 45. k9. 53. 122. 16) Notommata najas Ehr. = Furcularia aurita Duj. (Fig. 28.) Fundorte: Teich des botanischen Gartens 4. VII.; Grünberg |. c. 26. VII. Länge: 0,25 mm. Der Körper ist überall fast gleich dick, der dreiviertel so lange Fuß verjüngt sich allmählich und endet in zwei stumpfen Zehen. Das Räder- organ besteht auch hier aus einem einfachen Wimpersaum, der sich um die Mundöffnung herumzieht und einen stumpfen Kegel jederseits um- giebt, auf welchem ein rother Fleck und lange Tastborsten sitzen. Der Schlund ist eng und vom Magen scharf abgesetzt, der mit einer leichten Einschnürung in den birnförmigen Enddarm übergeht. Die beiden 'Seitenkanäle des Wassergefäßsystems tragen je 4 Flimmerlappen. Die paarigen Fußdrüsen zerfallen durch eine Einschnürung in einen größeren und einen darunter liegenden kleineren Theil, von welchem die aus- führenden Kanäle in die stumpfen Zehen verlaufen. Die Kloake liegt über dem Fuß und mündet an einer sehr faltenreichen Stelle der Haut auf der Rückenseite nach außen. Zwischen derselben und den Fuß- drüsen liegen zwei kleine, ovale Körperchen, die durch einen feinen Faden unter einander und mit den ‘übrigen Organen in Verbindung stehen, und die als Bindegewebe zu deuten (oder dem Nervensystem 364 Karl Eckstein, zuzurechnen?) sind. Letzteres besteht aus einer großen, mehrlappigen Ganglienmasse, auf deren äußerstem Blindsack ein flaches Auge auf- sitzt. Außer zwei Paar Fußmuskeln lässt sich ein an der Bauchseite herlaufender, so wie zwei am Rücken hinziehende Muskeln erkennen, neben denen noch, in der Nähe des Schlundes, ein System feiner Fasern und in der Seite ein weiterer Muskel vorhanden ist. 45. 49. 53. 17) Notommatalacinulata Ehr. —=Plagiognatha lacinulata Duj. (Fig. 22 und 22 a.) Fundorte: Hessler 42. VIII.; Braunsteinbergwerk 3. IX. in großer Menge; Grofdorf 1. c. 40. VII. Länge: 0,09 mm. Eyrerta (53) giebt an: »Körper keilförmig«, ich möchte lieber sagen »rechteckig«, denn er ist überall gleich breit und an beiden Enden plötz- lich scharf abgeschnitten. Das Vorderende des Körpers bildet einen stumpf zugespitzten Kegel, der ganz mit Cilien besetzt ist und zwei längere Wimperpaare trägt. Um diesen Kegel läuft ein Kranz von Gilien herum, der an der Bauchseite ausgebuchtet ist und in den Mund führt. Der verhältnismäßig große Kauer ragt weit in das Räderorgan hervor (vgl. 8. 63. 108). Über ihm liegt ein ziemlich großes, blasses Ganglion, das in seinem Hinterrande einen rothen Pigmentfleck trägt, außer welchem sich auf dem kegelförmigen Theile des Räderorgans zwei feine, rothe Pünktchen erkennen lassen. Einen Unterschied zwischen Magen und Darm, den Leyvie (108) angiebt, konnte ich nicht finden, zu beiden Seiten des Tractus liegen Muskelstreifen, hinter ihm die kontraktile Blase, mit welcher zwei Flimmerbecher in Verbindung stehen. Der Fuß ist sehr kurz, die beiden stumpfen, etwas nach der Bauchseite gebogenen Zehen zeigen deutlich die Ausführungsgänge der großen Fußdrüsen, welche das Hinterende der Leibeshöhle einnehmen, wo ganz in ihrer Nähe der Eierstock liegt. Sonderbarist die Art der Fortbewegung dieses Räderthierchens (108). Es schwimmt ziemlich langsam eine kurze Strecke, bleibt dann ruhig auf einem Fleck, wobei das Räderorgan in fortwährender Thätigkeit ist und Nahrung herbeistrudelt. Plötzlich schießt das Thier eine Strecke weit gerade aus, bewegt sich aber dann ohne die Richtung und Lage seines Körpers zu verändern, mehrere Mal in einem Kreise, dessen Mittelpunkt der Ort seiner ersten Stellung und dessen Radius die Strecke ist, die es plötzlich durchjagte. Dann auf einmal ändert es seinen Kurs und kehrt entweder an den Platz zurück, von dem es ausgegangen, nder - Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 365 schwimmt langsam weiter, um bald wieder an einer anderen Stelle ruhig halten zu bleiben. Hier hat es sich, ehe es wegschießt, mit dem Sekret seiner Fußdrüsen festgeklebt, das die Eigenschaft hat, sich faden- artig ausziehen zu lassen; an diesem Faden hängt das Thierchen, so lange es im Kreise herumfährt und schwimmt erst weiter, wenn er zer- rissen ist. Wenn auch der Faden so fein ist, dass ich ihn niemals ge- sehen, so lässt er sich doch nachweisen, wenn man Indigokörnchen durch eine Strömung unter dem Deckglase hertreiben lässt, wobei eine ganze Reihe an dem Faden hängen bleibt und ihn so sichtbar macht. Aber auch ohne dieses Mittel kann man ihn daran erkennen, dass Detri- tustheilchen oder Algen etc. an demselben hängen bleiben und von dem Thiere lange Zeit nachgezogen werden, wobei sie dem geringsten Zucken des Schwanzes folgen, also auch nicht zufällig durch irgend ein anderes Fäserchen an einer anderen Körperstelle befestigt sein können. 8. 45. 19. 53. 63. 69. 108. 122. Notommata aequalis Ehr. — Furcularia anglica Dalr. 13. 36. 45. 49. AN5. » ansata Ehr. 49. 53. » brachionus Ehr. © und Not. granularis Ehr. als J' 45. 49. 53. 83. 122. 13%. 153. 15%. 155. » brachyota Ehr. 45. 49. 122. 158. » centrura Ehr. 8. 45. 49. 53. 107. 122. » clavulata Ehr. 45. 49. 53. 63. > collaris Ehr. 8. 45. 49. 53. 69. 122. » copeus Ehr. 8. 45. 49. 53. ) decipiens Ehr. 8. 49. 53. 69. 122. ) felis Ehr. 49. 53. 63. A1k. » forcipata Ehr. 49. 53. 122. °» gibba Ehr. — Fure. aurita Duj. 45. 49. 63. 69. 122. » hyptopus Ehr. = Plagiogn. Duj. 45. 49. 53. 122. 148. | » longiseta Ehr. = Furcul. Duj. = Monommata |. Bartsch 45. 49. 122. ) megaladena Schm. 134. » melanoglena Schm. 134. » myrmeleo Ehr. 49. 53. 63. > onisciformis Perty 122. » parasita Ehr,. 18. 26. 49. 53. 69. » Petromyzon Ehr. 49. 53. 63. 69. 122. » roseola Perty 122. » saccigera Ehr. 8. 26. 45. 49. 53. 122. 158. 366 Karl Eckstein, Notommata Sieboldii Ehr. —= Asplanchna Sieboldii Gosse 53. 60. 408, AAA. » sulcata Schm. 134. N » syrinx Ehr. (= Furcul. Schm. = Aspl. Eyf.) 45. h9. 53. 63. 13%. » tardigrada Leyd. 8. 53. 108. » tigris Ehr. = Plagiogn. Duj. = Diurella Eyf. = Mo- nommata tigris Bartsch 45. 49. 53. 122. ) torulosa Eyf. = Lindia tor. Duj. 45. 53. » tripus Ehr. 45. 49. 53. 122. 150. ) tuba Ehr. 45. 49. 53. » Werneckii Ehr. 49. 53. Synchaeta Ehr. = Hydatina Duj. Körper oval, Kopf groß, Fuß klein. Taster und Tastborsten. Ein rothes Auge hinter dem Ganglion. Ovarium und Blase klein. Kauer schwach. Synchaeta baltica Ehr. 45. 49. 63. 69. » mordax Gosse. 53. 69. 82. » oblonga Ehr. 8. 45. 49. 53. 122. 146. » pectinata Ehr. 45. 49. 53. 69. 122. 146. » tremula Ehr. 45. 49. 53. 63. 67. 108. 146. Taphrocampa Gosse. Räderorgan fehlt, Kauer oval, Fuß gegabelt. Taphrocampa annulosa Gosse 19. 69. Lindia Cohn (non Duj.). Körper wurmförmig, schwach querfaltig, beim Schwimmen zwei kleine, keulenförmige Räderorgane vorstülpend, zwei kurze Zehen, ein Auge, dahinter ein Kalkbeutel. Lindia torulosa Duj. = Notommata torulosa Eyf. 26. 45.53. 144. Eosphora Ehr. Körper oblong, Fuß abgesetzt und lang, Kopf flach, Nebenaugen an der Stirn, Hauptauge nackenständig. Bewegungen lebhaft. 18) Eosphora elongata Ehr. = Furcularia najas Duj. = | Notommata elongata Bartsch. (Fig. 30.) | Fundort: Wehr in der Lahn unterhalb der Badeanstalten 42. VI. Länge: 0,3 mm. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 367 Der Rumpf ist oval, plattgedrückt eiförmig, der Kopf deutlich ab- gesetzt. Das Räderorgan besteht aus zwei Wimperkränzen mit ziemlich langen Cilien, unter welchen man zwei Stellen mit längeren Borsten unterscheiden kann. Auf zwei Erhebungen am Kopfende sitzen kleine rothe Pigmentflecken und weiter zurück ein großes Auge, hinter dem ein dreilappiges Ganglion liegt. Levpıe (108) stellt die beiden rothen Augenflecken am Vorderrande des Kopfes in Abrede, oder hält sie nur für eine stärkere Färbung des überhaupt röthlichen Kopfes, nach dem aber, was ich gesehen und beobachtet, muss ich meine Ansicht, dass kleinere rothe Augenflecken am vorderen Rande des Kopfes vorhanden sind, aufrecht halten. Ein kräftiger Kauapparat ist hinter dem Ganglion sichtbar, der durch einen engen langen und desshalb gebogenen Schlund mit dem kugelförmigen Magen verbunden ist. An diesem kann man zweierlei Drüsen unterscheiden, zwei ovale zu beiden Seiten und eine sehr große, die einen breiten Ring um den Magen bildet und durch tiefe Einschnitte in neben einander liegende, stark verästelte Theile zerfällt. Der Darm ist eben so wie der Magen mit Cilien besetzt und mündet in die Kloake zugleich mit der kontraktilen Blase des Exkretionsgefäß- systems, an dessen Seitenkanälen je drei Flimmerlappen sitzen. Das Ovarium ist groß, die Fußdrüsen dagegen sind klein und endi- gen mit einem langen Ausführungsgang in den Zehen. Der Fuß hat fünf Glieder, von denen ich die beiden ersten zum Rumpf rechnen möchte (vgl. was Craus über die Fußglieder von Seison sagt [23]). Die beiden folgenden Fußglieder sind in Fig. 18 eingezogen und das letzte trägt die Zehen. Außer zwei Retraktoren des Fußes habe ich noch zwei Muskelpaare gesehen, die beide am Kopfe beginnen und sich in den Seiten und nahe am Schwanze an der Körperhaut inseriren. Bei der Kontraktion sind sie auf der einen Seite glatt, auf der anderen aber sägeförmig gezackt oder vielmehr gefaltet, wie bei Brachionus (vgl. d.). | Eosphora elongäta ist ein großer Räuber; ich beobachtete, wie sie eine Monostyla anfiel, ausfraß und den leeren Panzer liegen ließ: Das nichts ahnende Thier wurde plötzlich von dem starken Strudel der Eo- sphora erfasst und an das Räderorgan herbeigestrudelt; hier blieb es an den Wimpern hängen und wurde immer mehr und mehr der Mundöffnung zugeführt und in diese hineingezogen, so dass es endlich mit einem Viertel seiner Länge in der Eosphora lag. Dabei wirbelte deren Räder- organ sehr stark, wahrscheinlich um die Haut der Beute zu durchbrechen; plötzlich, als dies gelungen, fingen die Kauer eifrig an zu arbeiten, griffen immer mehr nach vorn vor, und der Inhalt der Monostyla floss in den Schlund und Magen des Räubers. Dann, als nichts mehr wie der leere 68 Karl Eckstein, Panzer übrig war, wurde er durch eine heftige Bewegung des Räder- organs weggetrieben. Bei anderen Eosphora-Exemplaren sah ich die rothen Augen, so wie Theile des Kauers von verzehrten Opfern in dem Magen durch das Wimperepithelium umhergetrieben werden. 8. 15. 49. 53. Eosphora caribaea Schm. 134. » digitata Ehr. = Furc. digitata Duj. 8. 45. 49. 53. ) najas Ehr. — Fure. najas Duj. 45. 49. 53. 63. Triophthalmus Ehr. Drei Augen hinter dem Ganglion, sonst der Eosphora ziemlich ähnlich. 19) Triophthalmus dorsualis Ehr. (Fig. 34.) Fundort: Wehr der Lahn 19. VII. Länge: 0,29 mm. Der Körper ist breit, spindelförmig und von einer weichen Haut bekleidet, der Kopf durch eine Einschnürung etwas vom Rumpfe ab- gesetzt. Das Räderorgan ist einfach, reicht seitwärts bis zu einer scharfen Ecke des Kopfes und trägt an zwei Stellen Cilien, welche die anderen an Länge übertreffen; seitwärts davon finden wir je einen stumpfen, kegelförmigen, mit rothem Pigment versehenen Fortsatz. Außer diesen Flecken finden wir am Hinterende des großen Ganglions drei rothe, große Augen, von denen aber nur das mittlere formbeständig zu sein scheint, während die beiden anderen oft unregelmäßig umrandet und oft auch weniger intensiv roth, sondern schwärzlich erscheinen. Der Kauer ist groß und stark, der Schlund eng und der Magen weit und kugelförmig; an ihm sind zweierlei Drüsen zu unterscheiden, die eine ist von eiförmiger Gestalt, liegt paarig zu beiden Seiten des Schlundes und führt in den Magen, die andere Drüse liegt diesem fest auf, ist trau- big gelappt und enthält neben einer feinkörnigen Drüsenmasse viele größere helle Bläschen. Der kurze, birnförmige Enddarm ist in Fig. 31 durch die kontraktile Blase verdeckt, mit welcher jederseits vier Flim- merläppchen in Verbindung stehen. Die Muskeln sind deutlich zu erkennen; wir unterscheiden jeder- seits zwei Paare, von denen das eine in der Nähe des Ganglions beginnt und bis zur Blase hinzieht, während das andere erst hinter der Hals- verengung anfängt und in der Magengegend an der äußeren Körperwand angeheftet ist. Zu beiden Seiten des Schlundes finden wir je einen Strang, der aus fünf einzelnen, deutlichen Fasern besteht; endlich sind Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 369 von Längsmuskeln noch die des Fußes zu erwähnen, welche in zwei Strängen von dem Magen bis über die Fußdrüsen hinziehen. Feine Muskeln ziehen in Ringen angeordnet unter der Haut her und dienen zum Zusammenschnüren des Körpers. 19. 53. Eosphora elongata und Triophthalmus dorsualis. EyFERTH (53) giebt an, dass die Jungen der Gattung Eosphora schon im Ei neben dem Auge zwei schwärzliche, später schwindende Flecken haben, daher der von EnrenserG gewählte Name Triophthalmus. Es soll also Triophthalmus die Jugendform von Eosphora sein; ich wage dies nicht zu entscheiden, denn es müsste die ganze Entwicklung vom Ei an beobachtet werden. Vergleicht man beide Thiere, so findet man Verschiedenheiten, denen manche Ähnlichkeiten Kdseinuer stehen. Beide Formen gleichen einander, denn: 1) ihre Größe ist dieselbe, 2) der Kopf ist bei beiden deutlich abgesetzt, 3) der Schlund ist enger als der Magen, k) bei beiden kommen am Magen zweierlei übereinstimmend ge- lagerte und gleichartig gebaute Drüsen vor, 5) die Anordnung der Muskeln ist dieselbe, 6) der Fuß hat bei Triophthalmus eben so viel Glieder als bei Eosphora. Sie sind verschieden von einander, denn: 4) hat Eosphora ein Auge im Nacken, Triophthalmus aber drei Pigmentllecken, ) sind die Augen an der Stirn verschieden gestaltet, . ) ist die Größe des Ovariums verschieden, ) eben so die Anzahl der Flimmerlappen und ) ist die Gestalt und Größe der Fußdrüsen nicht bei beiden dieselbe. 2 3 h 5 Otoglena Ehr. Drei Augen, davon zwei an der Stirn, Fuß gegabelt. Ötoglena papillosa Ehr. 49. Gycloglena Ehr. Mehr als drei Augen, Fuß gegabelt. Cycloglena elegans Ehr. 49. Diglena Ehr. Zwei Stirnaugen, Kiefer einzahnig, Körper lang gestreckt. 870 Karl Eckstein, 20) Diglenagrandis Ehr. =Furcularia grandis Duj. (Fig. 36.) Fundort: Kirchberg ]. c. 15. IX. Länge: 0,25 mm. Das Kopfende dieses langen, wurmförmigen Thieres ist von der Seite gesehen schief abgeschnitten und die Haut am oberen Ende schirm- artig nach vorn übergebogen. Im Nacken kann man eine immer auf- tretende deutliche Falte vor dem Kauer und eine solche, etwas schwächere hinter ihm sehen. Das Räderorgan bedeckt die schief ab- geschnittene Kopffläche; es besteht aus zwei überall fest aufliegenden, nur an den beiden Rändern etwas verdickten Lappen zu beiden Seiten der Mundöfinung; sie sind mit kurzen, eifrig schlagenden Wimpern besetzt. Die enge Mundöffnung führt zu einem starken Kauer, dessen Manubria lang und oben etwas verbreitert sind, während ihr Unterende verdickt ist; die beiden Rami sind stark und tragen je 7 Zähne, von denen die vordersten die größten und stärksten und ein wenig gebogen sind, die darauf folgenden nehmen an Größe mehr und mehr ab. Sie sind in der Ruhe meist nicht fest geschlossen, nach Behandlung mit KOH aber fest auf einander gepresst und greifen dann in einander über, so dass die Zähne des linken Kiefers in die Lücken des rechten passen und umge- kehrt. Der Schlund ist eng, Magen und Darm sind mit einander ver- schmolzen und ganz von Drüsen mit feinkörnigem Inhalt umgeben, außer denen noch ein Paar, am Ende des Schlundes gelegen, mit einem kurzen Ausführungssang in den Magen mündet. Der Darm verengt sich mehr und mehr und endigt mit einem deutlichen After. Sein letztes Stück ist Kloake, da sich hier mit ihm der Ausführungsgang des Ovariums und die Blase vereinigen. An den verschlungenen Seiten- kanälen habe ich nur zwei Flimmerlappen gesehen, wahrscheinlich sind mehr vorhanden, aber meiner Beobachtung entgangen. Der Eierstock ist birnförmig klein, und sein Ausführungsgang in die Kloake leicht zu verfolgen. Das Hirnganglion ist sackförmig, dorsal von dem Kauer ge- legen und durch Furchen in verschiedene Theile getrennt; es trägt die kleinen Augen, welche eine dunkel braunrothe Farbe besitzen. Außer den Quermuskeln sind zwei große, ventrale so wie drei längere und zwei kürzere am Rücken hinziehende Längsmuskeln zu erkennen, welche alle deutlich Querstreifung zeigen. Die Bewegungen des Thieres sind lang- sam und träge. 45. 49. 53. 63. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 371 2A) Diglena aurita Ehr. (Fig. 39.) Fundort: Wehr in der Lahn 13. VI. Länge: 0,18 mm. Der Körper ist schlank, der Kot lang und nicht sehr deutlich vom Rumpf abgesetzt. Das Räderorgan besteht aus zwei Ohren zu beiden Seiten des Kopfes, an welchem oben ein Wimpersaum herläuft, der sich an der Bauchseite ein wenig bis zur Mundöffnung herunterzieht. Ein großes, nackenständiges Auge ist vorhanden, welches einem Kalkbeutel vorgelagert ist. Weiter am Vorderende des Kopfes sitzen zwei kleine, runde Punktaugen, die mit dem großen Auge durch Nervenstränge ver- bunden sind. Der Kauer liegt dicht an der Bauchseite, von ihm steigt -der Schlund nach dem Rücken, wo der mit Drüsen besetzte Darmtractus verläuft; unter diesem liegt das Ovarıum und dahinter die kontraktile Blase. Der Fuß ist dreigliedrig mit verhältnismäßig kurzen Zehen. k9. 53. 63. 69. 122. 148. 22) Diglena catellina Ehr. 1 = Diglena granularis Weisse. (Fig. 40-und 41.) Fundorte: Hessler 4. VII; Grofdorf l. c. 10. VII.; Usa bei Nauheim 1%. VIII; Kleebach bei Allendorf an der Lahn 2. IX. Länge: 0,07—0,09 mm. Der Körper ist kurz, vorn und hinten abgestutzt, der Kopf von dem Rumpf durch eine fast immer sichtbare Falte getrennt. Das Räderorgan besteht aus einem einfachen Wimperkranz, der bis zur ventral gelegenen Mundöffnung herunter gezogen ist. Außer den zwei großen, rothen, runden Augen sind im Räderorgan zwei Stellen vorhanden, die einen röthlichen Schimmer haben und von etwas stärkeren Cilien umgeben sind. Hinter dem Wimperorgan finden wir dorsal gelegen ein sack- förmiges Ganglion und ventral davon den Kauapparat. Nach EyrerrH ‚sollen die Kiefern schwach sein, ich habe aber recht kräftige gesehen und desshalb eine Zeichnung derselben beigefügt. Magen und Darm konnte ich nicht deutlich von einander unterscheiden, der Tractus zeigt einige schwache Längsfalten und besitzt zu beiden Seiten Drüsen. Das Ovarium ist stark entwickelt, die ebenfalls große, kontraktile Blase mündet mit Darm und Eierstock in die Kloake, welche vor der ersten Falte hinter dem Fuße liegt. Dieser ist senkrecht zur Längsachse des Kör- pers an dessen hinterer Hälfte eingelenkt, und zwar ist sein erstes Glied immer eingezogen, die Zehen sind kurz und laufen rasch in eine scharfe 372 Karl Eckstein, Spitze aus. Sowohl Längs- wie auch Quermuskeln waren zu erkennen, von ersteren sah ich drei; zwei, welche an der Bauchseite, bei der Mundöffnung beginnen, reichen bis zu dem Fuß, der dritte beginnt am Kopf und endigt hinten, indem er mit einem Quermuskel sich vereinigt; von solchen sah ich vier oder fünf. Die Art der Fortbewegung ist ein schaukelndes Schwimmen. 8. 49. 53. 67. 108. 44%. 122. 133. 134. 157. 158. Diglena andesina Schm. 134. biraphis Gosse 69. capitata Ehr. 8. 45. 49. 53. caudata Ehr. 8. 45. 49. 53. 122. 15%. 155. conura Ehr. 8. 49. 53. 122. 133. 134. diadena Schm. 434. foreipata Ehr. 45. 49. 53. 63. 69. 122. 150. frontalis Ehr. 49. 50. lacustris Ehr. 45. 49. 53. 122. 1441. longipes Schm. 134. macrodonta Schm. 13%. Theora Eyf. = Theorus Ehr. und Pleurotrocha Ehr. Körper oval oder konisch, vorn schräg abgestutzt, ohne deutlich rothe Augen, Kiefer zangenförmig vorstreckbar, sehr unruhig. Theora constrieta Eyf. = Pleurotrocha c. Ehr. 49. 53. 148. felis Eyf. — Notommata f. Ehr. 49. 53. gihba Eyf. —= Pleurotrocha g. Ehr. 8. 49. 53. 69. leptura Eyf. = Pleurotrocha ]l. Ehr. 49. 53. 150. plicata Eyf. 53. truncata Eyf. — Pleurotrocha tr. Gosse 69. uncinata Eyf. = Theorus unc. Ehr. 49. 53. vernalis Eyf. — Theorus vern. Ehr. 49. 53. Cupelopagis bucinedax Forbes 55. Typhlotrocha Schm. Räderorgan fünflappig trichterartig, Augen fehlen. Typhlotrocha zygodonta Schm. 134. Rhinops Huds. Räderorgan konisch, Augen auf einem rückenständigen Zapfen. Rhinops vitrea Huds. Hydatina Ehr. Lang-kegelförmiger Körper mit kurzen Zehen, Stirn breit, Wimpern Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 373 lang und zart. Ein Nackentaster, dahinter eine Borstengrube. Kauer stark, Schlund kurz, Darm birnförmig. Hydatina brachydactila Ehr. 45. 49. 158. » chilensis Schm. 134. » macrognatha Schm. 13%. ) senta Ehr. 8. 25. 45. 49. 53. 67. 69. 408. A1A. 123. 141.446. 148. » tetraodon Schm. 134. » sp. Weston 163. Enteroplea hydatina Ehr. — 931 Hydatina senta s. o. 108. AA. 148. Scaridium Ehr. Körper kurz, eiförmig, Räderorgan schwach, Fuß lang und kräftig, dient zum Fortschnellen des Körpers. Ein Auge im Nacken, Kiefer schwach. 23) Scaridium longicaudatumEhr. — Furcularia long. Duj. (Fig. 42.) Fundort: Oberhessische Eisenbahn |. c. 20. VI. Länge: mit Schwanz 0,36 mm, ohne denselben 0,14 mm. Die Figur 42 stellt den Fuß dieses Räderthieres dar, nach Behand- lung mit Chromsäure. Derselbe besteht aus zwei langen, schmalen Gliedern, an denen zwei eben so gestaltete Zehen sitzen. Am Hinterende des Rumpfes liegen die quergestreiften Muskeln, welche zur Bewegung des gesammten Fußes dienen. Im ersten Fußgliede finden wir weitere vier Muskeln, von denen zwei sich in das nächste Glied fortsetzen und bis in die Zehen zu verfolgen sind. Diese decken sich in der Figur und sind nach beiden Seiten etwas gekrümmt, so dass sie von oben d.h. vom Rücken gesehen etwas spreizen; die Klebdrüsen sind nur sehr schwach entwickelt und scheinen wenig in Funktion zu treten. Ganz sonderbar ist die Art der Fortbewegung: Das Thier schwimmt mit ' Hilfe seines Räderorgans langsam daher, plötzlich schlägt es sehr stark mit dem Schwanze und schnellt sich dadurch herum, so dass es in einer ganz anderen Richtung, aber eben so ruhig wie vorher weiter schwimmt, bis ein neuer Schlag seinen Weg abermals ändert. 8. 45. 49. 53. 63. 122. 159. Monura Ehr. = Oolurella Duj. Mit zwei Stirnaugen und einfach griffelförmigem Fuß. Monura colurus Ehr. 45. 49. 159. » duleis Ehr. 45. 49. 53. 145. 974 'Karl Eckstein, | Furcularia Ehr. Körper kurz, Rücken kugelig gewölbt, Bauchseite flach, Kopf ab- gesetzt und vorn schief abgeschnitten, Auge klein, nackenständig. Zehen lang gekrümmt, Fuß kurz, meist rückwärts gebogen. 24) Furcularia gibba Ehr. Fundorte: Hessler, Wieseck 26. VII.; Felsen 22. VII.; Wasser- bassin vor dem Gewächshause des botanischen Gartens 8. VIII.; Kirch- berg I. c. 16. VIII; Grofdorf 1. ce. 10, VII.; Wissmar I. c. 10. VIM.; Junkermühle ]. c. 14. VII. In einem Glase, das ich 16. V. aus dem Graben hinter dem Justizgebäude gefüllt, fand ich in den ersten Tagen nichts, am 14. VII. aber eine große Menge. Länge: 0,25 mm. Die Bauchseite ist flach, der Rücken nach hinten ansteigend, fällt plötzlich nach dem Fuße steil ab. Der Kopf ist wenig abgesetzt, der Darmtractus zerfällt in Schlund, Magen und Enddarm, die kontraktile Blase ist groß, die Seitenkanäle besitzen je drei Flimmerlappen. Ova- rium und Fußdrüsen haben die gewöhnliche Gestalt und Struktur, die Zehen sind beinahe von halber Körperlänge und endigen mit scharf ab- gesetzten, krallenartigen Spitzen. Drei große, durch den ganzen Körper hinziehende Längsmuskeln und drei Quermuskeln konnte ich erkennen, ferner einen Muskel zur Bewegung desKopfes; er beginnt oben amRücken und verliert sich im Räderorgan. Dieses ist einfach und besteht aus einem Wimperkranz, der sich an der Bauchseite etwas einbuchtet. Innerhalb desselben erhebt sich ein unpaarer Kegel, der das Auge trägt, außerdem kann man zwei längere Cilien mit rothem Fleck an ihrer Wurzel deutlich erkennen. 49. 53. 63. 69. 122. 156. 25) Furculariagracilis Ehr. (Fig. 48.) Fundorte: Kirchberg 1. c. 8. VII.; Wissmar 10. VII.; Grün- berg 1. ec. 26. VII.; Junkermühle 14. VIll.; Brunnen hinter Grüningen 14. VII. Länge: 0,14 mm. | Der Körper ist schmal, der Kopf deutlich abgesetzt, die Zehen ver- hältnismäßig kürzer als bei Furc. gibba und kamen mir etwas gebogen vor, während Eurengerg (49) sie als »gerade« angiebt. Von der inneren Organisation konnte ich den Darmtractus mit seinen Drüsen, das große Ovarium so wie die kontraktile Blase mit drei Paar Flimmerlappen und Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 375 endlich vier Längsmuskeln erkennen. Die Fußdrüsen münden mit einer deutlichen Öffnung kurz vor der Spitze der Zehen. Das Räderorgan ist _ wie bei allen Furcularien einfach gebaut. 8. 45. 49. 53. 69. 122. 146. 156. 26) Furculariaforficula Ehr. (Fig. 44.) Fundort: Steinbruch im Felsen an Lemna gibba 23. VII. Länge: 0,11 mm. Der Kopf ist schief abgeschnitten und mit kurzen Wimpern besetzt. Der Schlund ist lang, gewunden, Magen und Darm sind breit und mit drüsiger Wandung versehen. Außer der kontraktilen Blase habe ich nur einen Flimmerlappen des Exkretionsgefäßsystems gefunden. Die Zehen sind am hinteren Rand gezackt und nach oben gekrümmt; die Fußdrüsen sind klar zu erkennen. 8. 45. 49. 53. 69. 103. 122. 150. 156. Furcularia aurita Ehr. = F. canicula Duj. 45. 49. 53. ) caeca Gosse 69. » forcipata Duj. — Diglena f. Ehr. 45. 49. 53. » furcata Duj. = Diglena caudata Ehr. 45. 49. > grandis Duj. = Diglena grandis Ehr. 45. 49. » marina Duj. 45. 63. » najas Duj. — Notommata najas Ehr. 45. 49. 53. » Reinhardti Ehr. 45. 49. | Distemma Ehr. Zwei Nackenaugen, langgestreckt mit zwei Zehen. Distemma forcipatum Ehr. 49. 53. » forficula Ehr. 8. 45. 49, 53. )) marinum Ehr. 45. 49. » setigerum Ehr. 45. 49. 53. Monocerca Bory de St. V. Körper lang, eiförmig, vorn abgestutzt, Cuticula im Nacken horn- artig, Ganglion lang, Schlund gebogen, Darm birnförmig, Fuß griffel- artig. Monocerca bicornis Ehr. 8. 45. 49. 53. 63. 69. 122. » brachyura Gosse. (Ich glaube diese Form einmal ge- sehen zu haben.) 53. 69. » carinata Eyf. — Mastigocerca car. Ehr. 49. 53. » cornuta Eyf. 53. 63. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 25 376 Karl Eckstein, Monocerca rattus Ehr. 8. 36. 53. 69. 122. 141. » stylata Gosse 53. 69. » valga Ehr. 49. ) porcellus Gosse 53. 63. 69. Mastigocerca Ehr. EN ER- A Auge nackenständig, Fuß griffelförmig, Panzer Prtsmmalisch mit einem Kiel. Mastigocerca lunaris Weisse 146. » carinata Ehr. = Monocerca car. Eyf. (s. 0.) » cristata Ehr. 49. Diurella Bory de St. Körper gekrümmt, walzenförmig; Zehen ziemlich lang, oft batıchl wärts umgeschlagen, ein großes Auge im Nacken. 27) Diurella rattulus Eyf. (Fig. 20.) Fundort: Botanischer Garten 17. VI. Länge: 0,08 mm. Ich sah dieses Thierchen öfter während des ganzen Sommers ver- einzelt, bis ich es im botanischen Garten in ziemlicher Menge fand. Es ist walzenförmig und dabei sichelförmig gebogen, so, dass der Rücken auswärts liegt. Es ist überall gleich dick, der Kopf nicht abgesetzt, aber hinter ihm bildet die Haut auf der ventralen Seite eine schwache Falte. An den Kauer mit seinen langen, dünnen Manubria setzt sich ein enger Schlund an; der Magen geht rasch in den Darm über, an dessen Ende der Kloakenabschnitt deutlich zu erkennen ist. Außer der kontraktilen Blase der Exkretionsgefäße konnte ich. einen Seitenkanal und ein Flimmerläppchen erkennen. Der kurze Fuß hat ein Glied und zwei Zehen, die sehr lang, meist bauchwärts umgeschlagen und dünn sind. An ihrer Wurzel stehen sie nicht dicht zusammen, liegen aber mit ihren Spitzen an einander an. Wenn das Thier schwimmt, dann liegt es mit der Rückenseite nach unten und macht dabei nach links und rechts schaukelnde Bewegungen, wobei Kopf und Schwanz die Ruhe- punkte bilden. 53. 28) Diurella tigris Bory. —= Notommata tigris Ehr. (Fig. 21.) ' Fundort: Graben hinter dem Justizgebäude 20. IX. Länge: ohne Fuß 0,47 mm. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 377 - Der Körper ist wie bei Diur. rattulus bauchwärts gekrümmt; das schwach entwickelte Räderorgan führt die Nahrung durch einen engen Schlund zu dem Kauer, dessen Muskulatur sehr schön zu erkennen ist, da er von einer dünnen Haut umgeben wird, in welcher die Muskeln als sechs Paare dunkler Bänder verlaufen. Der Magen ist oval und be- sitzt in seiner Wandung Drüsenzellen, welche feine, fettartige Bläschen absondern ; von ihm ist der birnförmige Darm, in dem man starke Wimperung, besonders gegen das Ende hin bemerkt, deutlich abgesetzt. Der Fuß ist meist nach der Bauchseite umgeschlagen und trägt zwei Zehenpaare, von denen die äußeren Zehen halb so lang sind, als die inneren; ob jene selbst aber in der Länge verschieden sind, konnte ich nicht entscheiden ; an ihrer Basis sind sie getrennt von einander, liegen aber alle mit ihren feinen Enden zusammen. Die Guticula ist im Nacken erhärtet und endet hier in zwei ungleiche Spitzen, zwi- schen denen eine schwer zu erkennende Borstengrube liegt. Das Gan- glion reicht weit in den Körper hinein und trägt ein nackenständiges Auge, das einen lichtbrechenden Körper besitzt. Ob manche in seiner Nähe liegende Gebilde Muskeln sind, kann ich mit Bestimmtheit nicht behaupten. Die Bewegungen dieser Diurella tigris sind denen der Diurella rattulus sehr ähnlich, manchmal habe ich aber auch beobachten können, dass sich das Thier bei diesem Schaukeln und starken ‘Schwingen überschlug. 49. 53. Diurella stylata Eyf. 53. Rattulus Lamk. Körper eylindrisch gekrümmt, Fuß griffelförmig, meist umge- schlagen, zwei Augen im Nacken. Rattulus lunaris Ehr. 8. 45. 49. 53. Heterognathus Schm. Ein oder zwei Stirnaugen, doppelter Griffel- oder Zangenfuß. _ Kauer ungleich auf beiden Seiten. Heterognathus brachydactylus Schm. 134. » diglenus Schm. 13%. » macrodactylus Schm. 134. » notommata Schm. 134. CGolurus Ehr. = CGolurella Dyj. Panzer oval, an der Bauchseite klaffend; Fuß mit deutlichen Gliedern und zwei Zehen. Stirnhaken, zwei Augen an der Stirn. | abe 378 Karl Eckstein, 29) Colurus uncinatus Ehr. (Fig. 45 und 46.) Fundorte: Taubentränke 2. VIIl.; Grünberg I. c. 26. VII.; Hessler 16. VIII; Kirchberg 16. VIIl.; Grüningen etc. sehr häufig. Länge: 0,06 mm. Der ovale Panzer klafft an der Bauchseite, hinten verläuft er in zwei kurze, stumpfe Spitzen, die etwas ventralwärts gebogen sind; zwischen ihnen befindet sich der Fuß, welcher aus vier deutlichen Gliedern und zwei spitzen Zehen besteht. In dem kleinen, aber sehr energisch arbeitenden Räderorgan lassen sich einzelne längere Borsten erkennen, mit ihm steht ein sogenannter Stirnhaken in enger Ver- bindung, worüber ich später Näheres angeben werde. EHRENBERG Unter- scheidet mehrere Golurusarten, je nach der Länge der Zehen und nach der Gestalt des Panzers; wie unsicher er aber selbst dabei ist, geht so- wohl aus seinen Worten (49), als auch aus seinen Abbildungen hervor. Es ist mir auch nicht möglich gewesen, die von ihm unterschiedenen Formen aus einander zu halten. An einem Exemplar glaubte ich nur ganz schwache Spitzen des Panzers zu sehen, an einem anderen waren sie stärker und meine Figur 45 passt in Bezug auf das Hinterende sehr gut auf Dusaroın’s Colurella uncinata, der überhaupt einen Unterschied der verschiedenen Colurusarten EHrRENBERG’S nicht anerkennt. An dem letzten Fußgliede konnte ich bei allen beobachteten Thieren deutlich zwei nahe bei einander gelegene Punkte erkennen, die mir oft roth er- schienen, und auf den beiden vorletzten Gliedern je einen etwas größeren. Sollten es vielleicht die Öffnungen der Fußdrüsen sein, von denen aus das Sekret bis in die Zehenspitzen durch sehr feine Rinnen fort- geleitet würde, da in diesen selbst keine Öffnung vorhanden ist. Der Darmtractus ist ziemlich schwer in seinen einzelnen Theilen zu er- kennen: Der Kauer liegt dicht hinter der Mundöffnung und führt durch den Schlund nach dem am Rücken liegenden Magen, an dessen Anfang mehrere heftig schlagende Gilien sitzen. Von dem Magen durch eine Einschnürung getrennt ist der Darm, der birnförmig sich am Rücken herziehend in die dicht hinter dem Fuß mündende Kloake führt. Das Ovarium ist klein, die Eier treten, wie ich beobachten konnte, durch die Kloake aus und platzen nach Weisse (158) an dem Ende auf, an welchem sich zuerst bei ihrer Entwicklung ein Wimperspiel gezeigt hat. Von Sinnesorganen erkannte ich außer den beiden Augen eine im Nacken liegende Tastgrube. Das Zusammenlegen zweier Individuen, das EurEn- Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 379 BERG (49), Perry (122) und Leyoie (108) beobachtet, habeich auch ge- sehen und werde später p. 395 darauf zurBekkommen: 45. 49. 53. 108. 122. 158. Colurus bicuspidatus Ehr. 8. 45. 49. 53. » caudatus Ehr. 45. 49. 53. 158. » deflexus Ehr. 49. 69. 441, Dinocharis Ehr. Panzer prismatisch bis cylindrisch, Fuß ebenfalls gepanzert, nicht retraktil, ein Nackenauge, Räderorgan schwach, Darm deutlich vom Magen abgesetzt. Dinocharis paupera Ehr. 49.:53. 140. 446. » pocillum Ehr. 45. 49. 53. 69. 147. » tetractis Ehr. 49. 53. 69. Salpina Ehr. Panzer oval, vorn und hinten offen und gezackt, im Rücken ge- kielt, Kopf stark bewimpert, Kauer stark, Fuß kurz und dick mit langen Zehen, ein Nackenauge. 30) Salpina spinigera Ehr. (Fig. 49.) Fundorte: Kirchberg 1. c. 8. VII. und 16. VIIL.; Teich hinter Crof- dorf 10. VI. Länge: 0,27 mm. Der Panzer ist am Vorder- und Hinterrand gezackt, und zwar geht er vorn in vier, hinten in drei Spitzen aus; vom Rücken betrachtet, zeigt erin der Mitte die klaffende Kielspalte, deren Ränder beiderseits lappig umgeschlagen sind und nach hinten in die unpaare Spitze ver- laufen, während sie vorn ein stumpfes, rundes Ende bilden. Die dor- salen der vorderen Zacken sind etwas länger, als die beiden anderen; von der Seite gesehen decken sie sich oft, so dass man leicht versucht ist zu glauben, es wären im Ganzen nur drei vorhanden. An ihrem Ende berühren sie sich beinahe, sind aber nach ihrer Wurzel hin etwas aus einander gebogen, so dass eine kreisförmige Lücke entsteht, durch welche das Gefühlsrohr ausgestreckt wird. Die äußere Kante dieser Zacken bildet in der Mitte einen schwachen stumpfen Winkel. Die hinteren Spitzen, welche vom Rücken gesehen gerade erscheinen, sind ebenfalls gekrümmt und zwar nach der Bauchseite hin. Der Fuß hat drei kurze Glieder, die Zehen sind lang, haben eine stumpfe Spitze und lassen die Ausführungsgänge der Fußdrüsen erkennen. Im Räderorgan 380 | Karl Eckstein, kann man stärkere Wimperpartien von den übrigen schwächeren unter- scheiden. Der Kauer ist stark, auf einen kurzen Schlund folgt der groß- zellige Magen, an den sich scharf abgesetzt der Darm anschließt. Das Muskelsystem besteht aus vier Längsmuskeln, von welchen zwei vom Kauer aus gerade nach hinten verlaufen, während die beiden anderen nach dem Rücken gehen und sich kurz vor dem unpaaren Panzerzacken inseriren. 45. 49. 53. 63. 31) Salpina mucronata Ehr. (Fig. 48.) Fundort: Hessler 13. IX. häufig. Länge: 0,15 mm. Der Panzer hat vorn vier, hinten drei Dornen, die ersteren sind lappig breit, die letzteren rund. Der Vorderrand des Panzers hat einen breiten Umschlag, der mit kleinen Zacken und Höckern besetzt ist, während der übrige Panzer fein gekörnelt erscheint. Der Taster, der zwischen den vorderen Zacken hervorragt, ist an seinem Ende mit feinen Tasthaaren besetzt. Der Kauer ist fünfzahnig, der Schlund zeigt in seinem Inneren die auffallende, früher schon erklärte Wellenbewegung. 8. 49. 53. 69. 11%. 158. 32) Salpina brevispina Ehr. Fundort: Grünberg ]. c. 26. VI. Länge: 0,27 mm. Der Panzer trägt am Vorderende nur zu beiden Seiten der Mund- öffnung kleine Zacken und besitzt zwischen denselben einen nicht tief hinabreichenden Ausschnitt. Der Rand dieser Zacken ist verhältnis- mäßig breit umgeschlagen, während der ganze Vorderrand des Panzers selbst gekörnelt ist und an der Kante feine Zähnchen trägt. Von den drei hinteren Zacken ist der mittlere am Rücken sitzende kürzer, als die beiden seitlichen, welche leicht gekrümmt sind. Die Zehen sind lang, gerade und zeigen den Drüsenporus; der Fuß kann so weit eingezogen werden, dass nur die Zehenspitzen ein wenig hervorsehen. 15.49. 53. 69. AHA. 32a) Salpina ventralis Ehr. Fundort: Hessler 24. V. Länge: 0,24 mm. Wurde nicht näher untersucht. 45.53. 133. 134. 158. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 381 Salpina bicarinata Ehr. 45. 49. 53. 11. » dentatus Duj. 45. » polyodonta Schm. 134. » redunca Ehr. 45. 49. 53. 141. 148. Diplax Gosse. Gestalt und Körperbau ähnlich der Salpina, aber ohne Augen, Panzer ohne Zacken; Fuß und Zehen sind lang. | Diplax compressa Gosse 69. » trigona Gosse 69. Monostyla Ehr. Panzer deprimirt, oval, vorn bogig ausgeschnitten, Räderorgan schwach, meist eingezogen; Auge groß, nackenständig. Kurze, einge- zogene Fußglieder, eine lange griffelförmige Zehe. 33) Monostyla lunaris Ehr. = Euchlanis lunaris Duj. (Fig. 47—4 9.) Fundorte: In einem Graben bei Wissmar 23. VII.; Kirchberg ]. ce. 8. VIII.; Hessler 42. VII. Länge: 0,16 mm. Länge des Eies: 0,07 mm. Der Panzer ist eiförmig, mit einem tiefen Einschnitt an der Bauch- und einer seichten Einbuchtung an der Rückenseite, die nach dem Fuß zu plötzlich steil abfällt. Diese Form, welche Eurengerg fraglich ge- blieben, aber von Perry (422) richtig gezeichnet ist, fand ich oft und habe von ihrer Organisation Folgendes erkannt: Das Räderorgan ist ein- fach, aber meist eingezogen, wobei nur eine kleine Erhebung mit einigen Borsten aus dem Panzer hervorragt. Wenn es ausgestreckt ist, kann man zwei größere Lappen erkennen, die sich über den Panzerrand nach den Seiten überlegen, im Rücken in einander übergehen, ventral aber in den Mund verlaufen. Der Kauer ist groß und stark, die beiden Ma- nubria an ihren Enden nach innen umgebogen, der Schlund ist kurz, und zeigt bei seinem Übergang in den Magen die bekannte wellenförmige Cilienbewegung. Vom Exkretionssystem habe ich außer der kontrak- tilen Blase zwei Zitterorgane zu beiden Seiten des Kauers gesehen. Zwei große Drüsen liegen rechts und links vom Schlundkopf und werden, wenn das Räderorgan eingezogen wird, in die beiden vorderen Spitzen des Panzers gedrängt. Der Fuß besteht aus einem kurzen und aus einem langen Gliede. Sonderbare stark lichtbrechende Stellen sind an und vor ersterem zu bemerken; ich halte dies für eine stärkere Panzerbildung, welche den Zweck hat, dem Fuß bei seinen heftigen Bewegungen als 382 Karl Eckstein, Stützpunkt zu dienen, denn mit der Fußspitze klebt sich das Thier oft fest und schlägt dann mit demselben so, dass es bald in der Stellung ist, welche die Figur 47 angiebt, bald aber auch den Fuß nach der ventralen Seite umschlägt. Der Fuß selbst endigt in drei Spitzen, von denen die mittlere bedeutend länger ist, als die beiden anderen und allein zum Anheften dient, während die seitlichen viel kürzer sind und ganz fein ver- laufen. An der Theilungsstelle ist ein dunkler Punkt bemerkbar, von dem sich eine feine Linie nach der mittleren, stärkeren Spitze hinzieht; es ist dies die Öffnung der Fußdrüsen mit einer nach der Spitze hin führenden Rinne; kurz über dieser Stelle verjüngt sich der Fuß ein wenig und trägt hier beiderseits zwei ganz schwach roth gefärbte Stellen, an die sich nach dem Körper zu eine sehr feine Faser ansetzt. (Sinnesorgan, Nervenfaser?) Am Anfang dieses Gliedes ist wieder eine Verdickung, an der ich ebenfalls eine rothe Färbung gesehen. Die paarigen Fuß- drüsen sind lange, schmale Streifen, die bis zur kontraktilen Blase hin- reichen und nach der oben besprochenen Öffnung im Fuße hin undeut- lich werden, wohl desshalb, weil der Ausführungsgang nicht immer mit Sekret gefüllt ist. hd. 49. 53. 122. 156. 34) Monostyla cornuta Ehr. = Euchlanis cornuta Duj. (Fig. 50.) Fundorte: Lahn bei Wissmar 7. VIIl.; Hessler 42. VII.; Teich im botanischen Garten 17. VIIL.; Bergwerk 3. IX.; Felsen 23. VIl.; Tauben- tränke 20. VI.; Grünberg 1. c. 26. VI. Länge: 0,12 mm. Der Panzer ist deprimirt, rund, eiförmig und am Vorderende, wo die Seitenkanten in eine scharfe Spitze verlaufen, ausgeschnitten, hinten aber abgerundet. Der oft nach der Bauchseite umgeschlagene Fuß hat zwei kurze, meist eingezogene Glieder und eine lange, griffelförmige Zehe mit deutlich abgesetzter Spitze, in welcher eine Rinne verläuft. Das Räderorgan ist meist eingezogen, der Kauer groß und stark. Zwei Flimmerlappen liegen je einer links und rechts von dem unpaaren Auge. 8. 45. 49. 53. 63. 11%. 456. 158. 159. Monostyla bulla Gosse 63. » closterocerca Schm. 134. » oophthalma Schm. 134. » quadridendata Ehr. 8. 49. 53. 63. 158. ) macrognatha Schm. 134. _ Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 383 Distylan.g. Panzer deprimirt, vorn offen, hinten geschlossen, der Fuß ein- - gliederig mit zwei langen Zehen. Leistenartige Erhebungen des Panzers in der Nähe des Fußes. 35) Distyla gissensis n. sp. (Fig. 51.) Fundorte: Hessler 1. V. häufig; Kirchberg I. c. 9. VII.; im Aqua- rium des zoologischen Instituts 5. IX. aber selten. Länge: 0,06—0,08 mm. Der Panzer ist hinten rund, vorn gerade abgeschnitten, deprimirt und trägt an dem Vorderende der einen schwach ausgeprägten Seiten- kante eine gerade, kurze Spitze, während an der anderen Seite ein tiefer, im Grunde abgerundeter Einschnitt hinabreicht, dessen beide oberen Enden ebenfalls mit kurzen Spitzen geziert sind. Am hinteren abgerundeten Ende des Panzers stehen die beiden Zehen hervor, sie sind platt, ziemlich breit und endigen in eine kurze, sehr scharf abge- setzte Spitze. Während ihre äußere Kante gerade ist und nichts Auf- fallendes zeigt, besitzt die innere an ihrem oberen Ende eine kleine Ein- kerbung. Zugleich mit dem sehr kurzen Fußgliede sind die fast immer gespreizten Zehen meistens nach der Bauchseite umgeschlagen. Hier zeigt der Panzer eben solche helle Figuren und Linien, wie bei Mono- styla, die auch hier der Ansatzstelle des Fußes größere Stärke verleihen sollen. Darmitractus, Fußdrüsen, so wie die kontraktile Blase waren leicht zu erkennen, außer letzterer habe ich vom Exkretionsgefäßsystem 2 Paare Flimmerlappen zu beiden Seiten des eingezogenen Räderorgans gefunden. Diese meines Wissens noch nicht beschriebene Form habe ich mit der folgenden Species zu einem neuen Genus vereinigt und hier an dieser Stelle eingereiht, weil es mit den vorher beschriebenen Mono- stylen durch die auffallenden Falten im Panzer und in seiner Lebens- _ weise übereinstimmt, denn sie leben in ziemlich bewachsenen Gewässern, entfalten nur sehr selten das schwach ausgebildete Räderorgan und führen mit ihrem Körper schlagende Bewegungen aus, während sie mit den Zehen angeheftet sind. 36) Distyla Ludwigii.n. sp. (Fig. 37.) Fundort: Kirchberg l. c. 9. VII. selten. Länge: 0,14mm. Diese Form, welche ich zu Ehren meines hochverehrien Lehrers, 384 Karl Eckstein, des Herrn Prof. Dr. H. Lupwıs, zu benennen mir erlaube, hat einen hinten in eine kurze Spitze ausgezogenen Panzer, der an den Seiten scharfkantig und vorn schwach ausgeschnitten ist. Die Bauchseite ist flach, die Rückenplatte etwas gewölbt und durch leistenartige Er- hebungen in einzelne Felder getheilt. Diese sind überall fein geschuppt, an den sie trennenden Leisten aber ist diese Beschuppung stärker aus- geprägt, so dass sie hier leicht in die Augen fällt. Der Kopf ist groß, kegelförmig, vorn gerade abgestutzt, trägt ein schwach entwickeltes Räderorgan und kann ganz eingezogen werden. In ihm liegt das Gan- glion, das aus drei großen Lappen besteht, von denen der mittlere das große, nackenständige Auge trägt. Vor letzterem liegen zwei keulen- formige Theile des Ganglions, die mit einem hellen Kern versehen und am inneren Rande roth gefärbt sind; sie endigen vorn im Räderorgan in zwei kleinen ebenfalls rothen Punkten. Der ganze Darmtractus ist deutlich zu verfolgen, der Kauer groß und stark, der Schlund eng und schlägt fortwährend von einer Seite zur anderen, wie dies auch von anderen kleineren Rotatorien bekannt ist, um dadurch die Cirkulation der Blutflüssigkeit zu bewirken. Der Magen ist eben so, wie der scharf von ihm abgesetzte Darm, mit Cilienepithel ausgekleidet und besitzt zwei Drüsen, während ein anderes Paar derselben zu beiden Seiten des Kauers liegt. Ein unpaares Ovarium ist neben dem Enddarm leicht zu sehen. Die kontraktile Blase ist groß, an den Seitenkanälen sitzen je vier ziemlich weit nach vorn gerückte Flimmerlappen. Zwei stark licht- brechende Stellen finden sich beiderseits vom Magen in oder unter der Haut; ich werde später (p. 390) näher darauf eingehen. Kurz vor dem Fuße wird der Körper etwas dünner und eine stumpfe Kante läuft quer über den Panzer, außer ihr sind eben solche lichtbrechende Linien vor- handen, wie bei Distyla gissensis. Nur das letzte Glied des Fußes ist frei beweglich, an ihm sitzen die langen, aber stumpfen Zehen, deren innere Kanten konkav sind, während die äußeren eine schwächere Wölbung zeigen. Von der in ihnen gelegenen Öffnung ist ein feiner Kanal bis zu den Drüsen zu verfolgen, welche klein und verdeckt im hinteren Körperende liegen. Das Thier trägt die Zehen meist gespreizt, so dass die Spitze des Panzers zwischen ihnen sichtbar wird, oft aber auch zusammengelegt und nach der Bauchseite umgeschlagen. Euchlanis Ehr. Panzer oval, deprimirt, Rückenschild gewölbt, Bauchschild flach, ein großes, rothes, nackenständiges Auge. Magen rund, Darm birn- föormig, Eierstock und Blase deutlich, kurze Fußglieder mit langen Zehen und (meistens) Borsten. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 385 37) Euchlanis dilatata Leyd. = Euch. hipposideros Gosse. | (Fig. 33—35.) Fundorte: Grünberg 1. c. 26. VII.; Wissmar 8. VIII; Kirchberg l. e. 8. VIII.; Teich im botanischen Garten 9. VIII.; Fellingshausen (sel- ten) 10. VIII.; in der Wetter bei der Junkermühle an Nymphaea lutea und Fontinalis antipyr. 44. VIII. 1882. Länge: 0,45 mm. Der Panzer ist breit eiförmig, nach vorn etwas verschmälert und besteht aus einer Bauch- und einer Rückenplatte, welche in den Seiten an einander stoßen und keine klaffende Spalte frei lassen. Während das Rückenschild flach ist, ist das Bauchstück in der Mitte gewölbt, so dass dadurch Raum für die Leibeshöhle gewonnen wird, während in den Seiten beide Platten fest auf einander liegen. Das Vorderende des Panzers ist flach, aber weit ausgeschnitten und gestattet dem großen Räderorgan sich zu entfalten, das nur selten auf wenige Augenblicke eingezogen wird, um gleich wieder vorgestreckt zu werden. Der hin- tere (d. h. Rücken-)Rand zeigt drei wellige Erhebungen und ist überall mit kurzen Cilien besetzt, aus denen zwei Bündel etwas längerer Wim- pern hervorragen, die auf den höchsten Erhebungen des ganzen Randes aufsitzen. An beiden Seiten senkt sich der mit kurzen Cilien besetzte Rand herunter und wird von langen weiter einwärts sitzenden Cilien überdeckt, gleich neben und unter diesen treten wieder die kürzeren hervor und bilden einen Saum, der in den Mundtrichter führt. Vor der oben beschriebenen Rückenwand des Räderorgans erhebt sich eine andere, die außer kleinen Cilien noch drei Bündel langer Borsten trägt und durch einen kontinuirlichen Wimperkranz von dem mit kurzen Cilien besetzten Mundtrichter abgegrenzt ist (Fig. 35). Zwischen beiden liegen zwei sofort in die Augen fallende Theile des Räderorgans: es sind dies halbkugelförmige, schon bei schwacher Vergrößerung sicht- bare Gebilde, die nach der ventralen Seite hin hohl und offen sind; der ringsum übergeschlagene Rand deckt besonders durch zwei weit vor- _ springende Zipfel einen großen Theil der sonst offenen Höhlung zu. Welches der Zweck und die Funktionen dieser Gebilde sind, kann ich nicht angeben, da ich nichts an ihnen bemerkte, was einen Schluss hin- sichtlich derselben gestattet hätte. Die von diesem Räderorgan herbei- gestrudelte Nahrung gelangt, nachdem sie den Kauer passirt hat, durch den engen, Wellenbewegung zeigenden Schlund in den Magen, der eben so wie der Darm mit Drüsen versehen ist, zwischen denen helle Fetitropfen zerstreut liegen. Einmal war ich so glücklich ein halb zer- drücktes Thier zu finden, dessen Räderorgan kaum noch thätig war, 386 Karl Eckstein, ‚während die Flimmerlappen der Exkretionsgefäße noch stark arbeiteten. Der Magen war herausgequetscht und lag sehr hell und klar da, so dass man seine einzelnen Theile schön erkennen konnte. Außen ist er be- kleidet von einer dünnen Schicht großer Zellen (Fig. 33), dann folgen andere Zellen, welche halbkugelförmige Vorsprünge nach innen bil- den. Hier liegen mehrere Zellenlagen über einander, während an den übrigen Stellen nur eine Zellschicht vorhanden ist. Die einschichtigen Zellen sind kleiner, als die, welche in doppelt und dreifacher Reihe lagern. Alle Zellen der inneren Oberfläche tragen Cilien, welche die Nahrung in Rotation versetzen und mit den Verdauungssäften ver- mengen. Der Darmtractus mündet am ersten Fußglied in die Kloake zugleich mit der kontraktilen Blase, an der zwei Seitenkanäle mit je vier Flimmerlappen- ansitzen, von welchen zwei am Kopfe neben dem Kauer gelegen sind. Das Ovarium ist groß, die in ihm liegenden Keime bestehen aus einzelnen feinen Körnchen, welche von einem hellen Hofe umgeben sind. In Bezug auf das Nervensystem habe ich Folgendes vorzubringen: Das Gentralorgan desselben zerfällt in mehrere vor und dorsal von dem Schlundkopf gelegene Lappen und trägt ein großes, rothes Auge. Da es sehr dicht an dem Räderorgan liegt, war es mir nicht möglich zu er- kennen, ob stärkere oder feinere Äste und Verzweigungen nach den langen Borsten hinführen, sicher aber steht es durch feine Fäden mit einer Tastgrube in Verbindung. Im hinteren Theile des Körpers liegen zwei Organe, die ich für Hauptknoten des Nervensystems ansehen muss, denn sie sind lang, spindelförmig, laufen nach vorn und hinten in feine Fäden aus und zeigen einen äußerst feinkörnigen Inhalt mit einem großen, hellen Kern. Wenn ich auch nicht, wie Leyvic (110) bei Laci- nularia socialis diese Organe als das Gentrum des Nervensystems be- trachten will (vgl. Huxrey 92), so glaube ich doch, dass ein Zusammen- hang derselben mit dem Nervensystem nicht zu verkennen ist. Die Muskeln der Euchlanis dilatata sind groß, stark und deutlich querge- streift, wir unterscheiden je drei Stränge, die zu beiden Seiten des Darmtractus hinziehen und sich im Räderorgan verlieren, ferner zwei Stränge in der Mitte des Körpers und endlich die Fußmuskeln, von denen einige bis in die Spitzen der Zehen reichen, andere im ersten oder zwei- ten Gliede verschwinden. Zu beiden Seiten der Kloake liegen die kolbi- gen Fußdrüsen, die manchmal auch schwächer entwickelt sind und nicht so weit hinaufragen ; in die breiten, stumpf zugespitzten Zehen führen sie mit einem feinen Kanal. Am letzten Fußgliede sitzen seitwärts zwei nach hinten gerichtete Borsten, die ich bei manchen Exemplaren eifrig, aber Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 387 vergeblich gesucht habe. Zwischen den Zehen ist ein schwacher, rother Fleck zu bemerken. 8. 26. 49. 53. 63. 69. 83. 84. 459. Euchlanis bicarinata Leyd. 26. 53. » brachydactyla Schm. 133. 134. » conica Schm. 13%. » deflexa Gosse 53. 63. 69. » ovalis Duj. — deflexa Gosse 45. » macrura Ehr. (— deflexa G.?) 49. » Hornemani Ehr. 45. 49. 133. 134. » hyalina Leyd. (var. von triquetra) 53. » luna Ehr. 8. 45. 49. 53. 69. 103. 150. 159. » Iynceus Ehr. 49. » panonica Bartsch 8. > pyriformis Gosse 53. 69. » dilatata Ehr. (= triquetra var. min. Eyf.) 45. 53. » tetraodon Schm. 13%. » triquetra Ehr. 8. 45. 49. 53. 69. 83. 141. » uniseta Leyd. 53. Metopidia Ehr. Panzer oval, mit Öffnungen für Kopf und Fuß. Räderorgan schwach, Stirnhaken, Fuß lang, deutlich gegliedert mit zwei langen Zehen. Zwei Augen, ein Taster im Nacken. 38) Metopidia acuminata Ehr. = Lepadella ac. Duj. (Fig. 52.) Fundorte: An der oberhessischen Eisenbahn 20. VI.; Kirchberg l. c.8. VI. Länge: 0,09 mm. Die Rückenplatte des Panzers endigt hinten in eine kurze, aber scharfe Spitze, in welche von der Bauchplatte her die Ränder einer ovalen Öffnung verlaufen, durch die der Fuß austritt. Die vorderen Ausbuchtungen der Bauch- und der Rückenplatte treffen sich seitlich in zwei scharfen Spitzen. Das Räderorgan ist ziemlich schwach, wie fast bei allen kleineren Loricaten und von dem Stirnhaken überdeckt. Auf dem Rücken erhebt sich der Taster und zu beiden Seiten desselben schimmern die rothen Augen durch. Der Tractus bietet nichts Auffallen- des, er ist mit Drüsen versehen, flimmert im Inneren und mündet in die Kloake. Der Fuß, in dem die kolbigen Drüsen liegen, besteht aus vier Gliedern und endigt in zwei langen, spitzen Zehen, zwischen denen 388 Karl Eckstein, ein schwacher, rother Punkt zu erkennen ist. Außer den Muskeln des Fußes finden sich noch zwei starke Muskeln, die zum Einziehen des Kopfes dienen. Am vorderen Ende des Ovariums bemerkte ich gleich bei dem ersten Individuum, welches ich fand, einen hellen, schwarz umrandeten, stark lichtbrechenden Körper, der oben auf der Haut zu liegen schien, und den ich als zufälliges Anhängsel betrachtete. Bald aber erkannte ich, dass fragliches Gebilde im Inneren, neben den übrigen Eingeweiden gelegen ist und bei allen beobachteten Metopidien dieselbe Lage und dasselbe Ansehen hat. Eben so fand ich es bei Squamella bractea und werde bei Besprechung derselben näher darauf eingehen (vgl. p. 390). 8. 45. 49. 53. 63. 69. 122. 148. 39) Metopidia triptera Ehr. wurde 10. VII. bei Kirchberg in wenigen Exemplaren gefunden, aber nicht weiter beobachtet. k9. 53. 69. Metopidia lepadella Ehr. 8. 45. A9. 53. 69. A14. 433. 134. 156. 159. » oxysternum Gosse 53. 69. )) solidus Gosse 53. 69. Squamella Ehr. Panzer oval, deprimirt wie bei Metopidia, vier Stirnaugen. 40) Squamella bractea Ehr. (Fig. 53, 54, 55.) Fundorte: Hinter dem Justizgebäude 43. VIl.; Grünberg 1. c. 26. VIl.; Kirchberg ]. c. 8. VIIL.; botanischer Garten 9. VIl.; Fellings- hausen (selten), Crofdorf I. c. und Grumbacher Thal 10. VII. ; Junker- mühle 44. VIIL.; Nauheimer Teich in großer Menge 44. VII.; in der Kleebach bei Allendorf an der Lahn 2. IX.: Bergwerk bei Gießen 3.1X. Länge: 0,13 mm. Der Panzer ist oval, geschlossen mit flacher Bauch- und gewölbter Rückenseite. Diese ist viereckig, jene tiefer und bogig ausgeschnitten, um dem Kopf den Austritt zu gestatten; an beiden befindet sich ein schmaler, gekörnelter Umschlag, von denen der dorsale ein zusammen- hängendes Band, der ventrale aber zwei Lappen bildet, die nach den beiden kleinen Panzerspitzen und nach der tiefsten Stelle des Aus- schnittes schmal verlaufen. Die Austrittstelle für den Fuß am hinteren Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 389 Panzerende besteht in einem tiefen Ausschnitt der Bauchplatte mit ge- raden parallelen Kanten, die oben in einen Rundbogen übergehen, während die Rückenplatte nur schwach ausgebogt ist. Die weichen Körpertheile füllen den Raum zwischen den Panzerplatten nicht ganz aus, sondern lassen nach den Seiten hin einen mehr oder weniger breiten, zackig umrandeten Raum leer, der aber nicht zur Leibeshöhle gehört, sondern von einer blassen, strukturlosen Masse erfüllt scheint. Das Räderorgan besteht aus mehreren Lappen, welche die Gilien und den schon öfter erwähnten Stirnhaken tragen. Es ist äußerst schwer, sich ein. richtiges und klares Bild dieses Stirnhakens zu machen, weil die lebhafte Beweglichkeit des Thieres, das nur ruht, wenn das Räder- organ eingezogen ist, ein genaues Zusehen fast unmöglich macht. Aber Folgendes konnte ich doch erkennen: Der Stirnhaken ist nicht ein ein- heitliches Gebilde, sondern besteht aus mehreren Theilen. Zunächst unterscheidet man an ihm ein festeres, in der Mitte einen stumpfen Winkel bildendes, stäbchenartiges Gebilde, das als Deckel über die Öff- nung des eingezogenen Räderorgans gelegt werden kann, und so den zarten Theilen desselben als Schutz dient. An diesen festen Theil reihen sich Gilien an, welche ziemlich steif und gerade sind und von vorn ge- sehen als ein breiter, oben knapp umgebogener Schirm erscheinen. In dieser Lage sieht man von dem festeren Haken nichts und mir schien es, als ob er dann umgelegt wäre. Dieser Stirnhaken kann aber, wenn auch die Borsten stark und steif sind, doch nicht zum Kratzen im De- tritus gebraucht werden; denn die Nahrung wird, wie man oft genug beobachten kann, mit dem Räderorgan herbeigestrudelt; wenn das Thier an einer Alge herschwimmt, drückt es den Stirnhaken vor sich her, und dann biegen sich bei etwas stärkerem Widerstand die Borsten um, was man doch auch nicht »kratzen« nennen kann. Wohl bewegi Squamella oft ihren Stirnhaken, aber nur dann, wenn sie ihn ein- schlagen und einziehen will, was ja alle Rotatorien mit dem Räderorgan bei der geringsten Störung thun, aber diese Bewegung kann ich auch nicht als »kratzen« bezeichnen, eben so wenig wie das öftere Beugen ‘und Zusammenziehen des Kopfes nach der Bauchseite hin, wobei natür- _ lich auch der Haken mit bewegt wird. | Von den vier Augen sind die beiden vorderen etwas größer, als die anderen und lassen einen lichtbrechenden Körper klar erkennen; hinter ihnen erhebt sich dorsal eine kleine Gefühlsröhre, die an ihrem Ende mit Borsten besetzt ist. Der Kauer ist stark, der Schlund eng und ge- bogen, und macht oft schwingende Bewegungen, die sich dem ganzen Tractus mittheilen. Der Magen ist großzellig mit paarigen Drüsen ver- sehen und scheint aus zwei Theilen zu bestehen, wenigstens liegt die F) 390 Karl Eckstein, eingenommene Nahrung meist zu zwei ovalen Klumpen zusammengeballt in demselben ; der Enddarm ist oft durch die Blase verdeckt, beide münden im ersten Fußgliede durch die Kloake nach außen. Das Ova- rium ist unpaar und liegt dorsal über dem Darmtractus ; die hellbehoften Kerne sind links und rechts vom Magen sichtbar, was daher kommt, dass das Ovarium zwerchsackartig über demselben liegt, durch den auf beiden Seiten ausgeübten Zug erscheint es in der Mitte stark längsfaltig. Außer der sich kräftig kontrahirenden Blase des Exkretionsgefäßsystems fand ich vier Flimmerlappen, den Verlauf der Seitenkanäle habe ich aber nicht erkannt. Zu beiden Seiten der Blase und des Eierstocks liegen zwei lange schmale Körper mit feinkörnigem Inhalt, in dem manchmal feine Linien (wohl Falten in der Haut desselben) zu erkennen waren. An seinem Hinterende ist eine flimmernde Stelle zu bemerken, die ich Anfangs mit den in der Nähe gelegenen Wimperlappen verwechselte, bald aber als verschieden davon erkennen musste, denn die Art ihrer Bewegung ist eine ganz andere, als bei jenen und es entstehen keine schachbrettartigen fortlaufenden Bilder, wie man sie bei jenen oft sieht. Es ist vielmehr eine Erscheinung, die hervorgebracht wird, wenn ein dünner, langer und schwanker Stab so schwingt, dass sich kurz vor seinem hinteren Ende der einzige Knotenpunkt befindet. Welche Funk- tion dieses Organ haben könnte, vermag ich noch nicht zu entscheiden. Ein weiteres Gebilde im Inneren dieses Räderthierchens, das ich auch oben p. 388 bei Metopidia acuminata erwähnt, ist mir auch unklar geblieben. Es ist dies ein sofort in die Augen fallender, stark licht- brechender Fleck, etwas vor und seitlich von dem Magen gelegen, der bei Zusatz von KOH mit den übrigen Eingeweiden spurlos verschwand. Bei den Kontraktionen und den Bewegungen des Darmes wird er hin und her bewegt. An einem Thier, das ich mit Chromessigsäure getödtet, glaubte ich auch einen Kanal erkannt zu haben, kann es aber eben so wenig mit Bestimmtheit angeben, als ich etwas über die Funktionen dieses Gebildes zu berichten weiß. Zwei starke Muskeln dienen zum Einziehen des Räderorgans, eben so finden sich solche in dem Fuß. Dieser besteht aus vier sehr scharf von einander abgesetzten Gliedern, im ersten derselben mündet die Kloake, im letzten sieht man eine halb- kreisförmige geschweifie Linie, als Ausdruck für eine hier befindliche leichte Erhebung, die oben einen feinen Punkt besitzt, den ich für den Ausführungsgang der Drüsen des Fußes halten möchte. Die Zehen wer- den oft gespreizt, wenn das Thier ruhig liegt, beim Schwimmen aber werden sie an einander gelegt; oft sieht man, wie bei Notommata lacinulata (s. o.), dass das Thier eine große Last von Deiritus hinter sich herschleppt, oder vergebens bemüht ist, sich von demselben durch die Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 391 Thätigkeit des Räderorgans loszureißen. Das Sekret der Fußdrüsen wird auch hier wohl zu einem feinen Faden ausgezogen werden, an welchem jene Dinge hängen bleiben. Es kann an jeder der beiden Zehen einzeln angewendet werden, dies geht daraus hervor, dass öfter die eine der- selben durch die anhängende Last ganz unbeweglich ist, während die andere durch nichts in ihren Bewegungen gehindert wird. Oft heftet sich das Thier mit dem Fuße fest und wippt dann hin und her, indem es ihn hald ausstreckt, bald an den Körper anlegt. Auch Squamella habe ich eben so wie Colurusindividuen mit dem Rücken an einander hängen sehen und erkannte, dass Algen die Ursache dieser Erscheinung waren (vgl. p. 405). 8. 49. 53. 125. 146. 44) Squamella oblonga Ehr. Fundorte: Grünberg 26. VII.; Graben hinter Wissmar 23. VH.; Kirchberg 8. VII.; Grofdorf 10. VI. Länge: 0, 13 mm. Blaısene hat als Squamella bla ein Thier beschrieben, wel- ches der Squamella bractea sehr ähnlich ist. Er sagt: »Schlund nie und kurz, Darm eingeschnürt, Drüsen birnförmig, Eierstock vorhanden.« Ich glaubte nun auch diese Form gefunden zu haben, da auf einige Thiere der verschiedenen oben angegebenen Fundorte Eurengere’s Diagnose passte. Allein ich konnte Anfangs nur zwei Augen finden und erkannte einige stärkere Borsten im Räderorgan der meist mit gespreizten Zehen ruhig daliegenden Thiere. Es stimmte aber auch so ziemlich Alles auf die von Squamella bractea gegebene Beschreibung, allein der helle Rand im Panzer war viel schmäler, als es bei dieser Form gewöhnlich der Fall ist. Als ich aber nach einiger Zeit die ruhiger gewordenen Thiere wieder betrachtete, erschienen sie alle mit breitem Rande, und auch. das zweite Augenpaar war zu sehen, so dass ich sie nicht von Squamella bractea unterscheiden konnte. Auch die besonderen Organe mit jener _ eigenthümlichen Flimmerung finden sich hier wieder, so dass mir diese Form mit der vorhergehenden identisch zu sein scheint. 19. 53. 144. | Squamella quadridentata Schm. 13%. Lepadella Ehr. Organisation wie bei Metopidia, nur ohne Augen. Lepadella ovalis Ehr. Dieses Thier unterscheidet sich von Squamella und Metopidia nur durch das Fehlen der Augen, soll massenhaft vorkommen und das Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 26 392 | Karl Eckstein, gewöhnlichste aller Rotatorien sein. Niemand scheint nach Enren- BERG dieses Thierchen genauer untersucht zu haben. Auch Levyvig giebt an, es bei Würzburg in großer Menge gesehen zu haben, während er Squamella, deren Augen sehr leicht zu übersehen sind, nicht erwähnt. Eine Lepadella ovalis, überall die häufigste Räderthierform, habe ich niemals gesehen, obgleich ich eifrig danach gesucht habe, denn bei allen Formen, die ich Anfangs dafür hielt, fand ich bei genauem Zu- sehen immer Augen. Sonderbar wäre es, wenn dieses überall sehr häufige Thier bei Gießen fehlen sollte; ich möchte daher die Ver- muthung aussprechen, dass Lepadella ovalis identisch ist mit Squa- mella bract. und dass bei ihrer seitherigen Beobachtung die Augen übersehen worden sind. 8. 45. 49. 53. 125. Lepadella acuminata Duj. = Metopydia ac. Ehr. (s. o.). » cirrata Müll. 45. » cornuta Schm. 13%. » emarginata Ehr. 49. 53. 141. » lamellaris Müll. 45. » lunaris Ehr. — Euchl. 1. Duj. 45. 49. » mucronata Schm. 134. » ovalis Ehr. = Lepad. pat. Duj. 45. 49. 53. 134 » rotundata Duj. — Metop. lep. Ehr. (s. o.). » Salpina Ehr. 49. 53. » setifera Schm. 134. » sp. Joseph 96. » patella Duj. — Stephanops muticus Ehr. (s. u.). Stephanops Ehr. ' Panzer prismatisch mit oder ohne Zacken am Hinterende, Hals eng, deutlich abgesetzt, Kopf dick mit glorienartigem Schild, zwei Augen, Fuß mehrgliedrig mit zwei Zehen und einem Dorn. | 42) Stephanops muticus Ehr. =Lepadella patella Du). (Fig. 56, 57, 58.) Fundort: Graben hinier dem Justizgebäude, häufig 19. IX. Länge: 0,1 mm. Der Panzer ist deprimirt, gegen den Schwanz hin nimmt der weichere Theil des Körpers an Breite ab, während das Rückenschild dieselbe Breite wie vorn besitzt. Am Hals ist der Körper eingeschnürt, der Kopf ist groß und erweitert sich an der Rückenseite zu einer festen „Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 393 schirmartigen Platte. Ein genaues Studium des Kopfes lässt folgende Einzelheiten erkennen : Der schmale Hals erweitert sich nach vorn und wrägt auf je einer kleinen Erhöhung an beiden Seiten ein Auge, das außer dem pigmentirten Theil die Linse deutlich erkennen lässt, Kurz hinter und dorsal von dem Auge beginnt ein verhärteter Theil der Haut, der ein kreisförmiges Schild dorsal von dem ganzen Räderorgan bildet, welches strukiurlos erscheint und bei schwacher Vergrößerung nur an seiner dunkeln Kontur erkannt wird. Ventral von diesem Schild liegt der eigentliche Kopf; dieser erscheint ungefähr flach halbkugelförmig und endigt vorn in eine angedeutete, stumpfe Spitze. Bei sehr starker Vergrößerung kann man sehen, dass diese eine Öffnung besitzt, aus welcher eine Röhre hervorragt, die nach hinten bald in einen stumpfen Kegel übergeht; sie trägt einzelne Borsten und scheint einen dunkeln (röthlichen ?) Fleck zu haben; eine mittlere starke Borste, die bis an den Rand des dorsalen Schildes geht, scheint an diesem befestigt zu sein. Zu beiden Seiten dieses Gebildes sitzen steife Cilien, die ungefähr bis zum Rand der dorsalen Platte reichen und in eifriger Bewegung sind; etwas längere Borsten finden sich kurz vor den Augen auf je einer kleinen Erhebung. Hinter diesen Cilien beginnt der Mundtrichter ; seine Rückwand ist wenig in den eben beschriebenen Theil des Räder- organs eingesenkt und dicht mit kurzen Cilien besetzt; nach der ven- tralen Seite ist er offen, und wird beiderseits von: zwei Schirmen begrenzt, welche ganz genau dieselbe Beschaffenheit haben, wie die mehrfach genannte Platte, dorsal von dem Räderorgan;; sie sind beweg- lich und können den Trichter erweitern und verengern. Die ganze Mundöffnung ist mit Cilien besetzt, vor dem Kauer befinden sich ‚einige erößere Wimpern. Der Darmtractus ist breit und verläuft gerade in der Mitte des Körpers; einzelne von einander abgeschnürte Theile ' desselben waren nicht zu erkennen, wohl aber drüsige Wandungen desselben und darin eingelagerte Fetttropfen.. Der Enddarm wird von dem Ovarium bedeckt, hinter welchem in dem verschmälerten Körpertheil die kontraktile Blase und die Fußdrüsen liegen. Der Fuß selbst besteht aus einem sehr kurzen Anfangsgliede und drei ziemlich gleich langen, größeren Gliedern, an die sich die Anfangs ein wenig verdickten, dann aber lang zugespitzten, beiden Zehen an- schließen ; zwischen denselben sitzt auf einer schwach kegelförmigen Erhebung ein steifer Stachel, der nicht so lang ist als die beiden Zehen. 45. 49. 53. 58. 69. A1k. 140. 26* 394 Karl Eckstein, 43) Stephanops lamellaris Ehr. wurde in einem Graben hinter dem Justizgebäude 19. IX. gefunden. Länge: 0,41 mm. { Die drei Zacken des Rückenpanzers sind schwach nach dem Fuße zu gekrümmt, die Drüsenendigungen in den Zehen deutlich zu sehen. 8. 49. 53. 69. 125. 440. Stephanops eirratus Ehr. #9. 53. » longispinatus Tat. 140. )) ovalıs Schm. 13%. ) tridentatus Fr. 58. Noteus Ehr. Panzer vorn und hinten mit Zacken, vorn mit weiter, hinten mit enger Öffnung, Rückenplatte facettirt, der ganze Panzer gekörnelt, Fuß querfaltig, zwei Zehen. 44) Noteus quadricornis Ehr. = Brachionus quadr. Duj. | (Fig. 60.) Fundort: Teich des botanischen Gartens 18. VII., selten. Länge: 0,25 mm. Ich habe dieses Thier selten gesehen und nur einmal vollständig beobachtet und habe dabei gefunden, dass meine Form mehr der von EHRENBERG, als der von Leypıe (108) beschriebenen gleicht. Die Fa- cettenbildung auf der dorsalen Panzerplatte beginnt am Vorderende hinter den zwei Spitzen direkt mit einem großen in der Mitte gelegenen Felde, welches von zwei ziemlich geraden nach hinten etwas konver- genten Leisten gebildet wird. Von diesen gehen in Enrengerg’s Zeich- nung nach links und rechts deutliche Seitenäste ab, die bei meinen Exemplaren nur durch einen kurzen stumpfen Ansatz ersetzt waren. Dieses ganze erste Feld fehlt in Leynig’s Figur 41 und ist nur durch eine wellenförmige aus den beiden großen Zacken am Vorderrande ver- laufende schwache Linie ersetzt. Die drei nächsten Felder stimmen überall ziemlich überein; meine Beobachtung passt besser zu derjenigen EnrenBerG’s. Auch die von den äußersten Ecken der beiden letzten Felder seitlich verlaufenden Kanten stimmen mit der Zeichnung dieses Forschers überein, nur sind sie etwas weiter nach hinten gerichtet. Was nun die beiden langen Stachelpaare betrifft, so verlaufen die hinteren ziemlich parallel und scheinen nicht sehr dick zu sein, die vorderen dagegen sind dreiseitige Prismen, deren Kanten oben in eine stumpfe Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 395 Spitze ausgehen und mit kleinen, gleich großen Zähnchen besetzt sind. Auf den Flächen der Stacheln habe ich eben so wenig wie Leyvig solche Zähne finden können, während sie in EuRENBERG’S Zeichnung eingetragen sind; der Vorder- und Hinterrand, so wie das andere Stachelpaar sind mit Zähnchen geziert. Die Leisten, welche die Facetten bilden, sind glatt, an ihren beiden Rändern tragen sie eben solche Zähne, wie der äußere Rand des Panzers, der auf seiner Fläche mit kleinen kegelförmigen Hökern übersäet ist; diese finden sich auch auf der Bauchplatte, während dort die Facetten fehlen. Die Zehen sind stum- pfer und nicht so lang, als sie von Leypıc gezeichnet sind. Das Räder- organ besteht aus zwei trichterförmig in einander stehenden Wimper- kränzen. Der eine beginnt an den beiden Seiten etwas bauchwärts von der scharfen Seitenkante des Panzers und zieht ununterbrochen am Rücken her. Links und rechts sind die Lappen dieses Ciliensaumes etwas übergeschlagen und tragen an ihrer inneren Wand eine kleine Erhebung; diese ist kurz, säulenförmig und hat ein deutlich ab- gesetztes, oberes, schmäleres Glied, welches lange Wimpern trägt; mehr nach dem Rande hin ist ein kleiner, länglicher, rother Fleck zu erkennen. Die Wände dieses Wimperrings fallen nach innen schräg ab, und in dem so gebildeten Trichter erhebt sich ein zweiter, der auch nach beiden Seiten lappig erweitert ist. Diese Lappen hängen aber nicht über, wie die des ersten Trichters, sondern stehen ziemlich gerade in die Höhe und verlaufen im Bogen auf der Bauchseite in den Mund, während sie dorsal in einen unpaaren, ebenfalls mit Cilien besetzten, flach gewölbten Kegel übergehen. Außer den oben genannten zwei rothen Flecken am äußeren Wimperkranz, finden wir noch vier in dem inneren Trichter, von welchen zwei auf kurzen Kegeln tief an der Innenwand desselben, die beiden anderen aber auf kleinen Erhebungen des oben genannten Kegels sitzen. Dicht an allen diesen rothen Augenflecken stehen lange, hin und wieder einmal schlagende Tastborsten. Unter diesem ausgebildeten Räder- _ organ liegt das Ganglion, unter dessen vielen Lappen man deutlich jederseits ein Paar ziemlich isolirte beutelförmige Theile erkennen kann, _ welche mit den säulenförmigen Erhebungen im äußeren Trichter in Ver- bindung stehen. Der Kauer besitzt die für die Gattung Brachionus typische Form, der Uncus hat fünf Zähne, die beiden Manubria sind unten knopfartig verdickt und verbreitern sich an ihrem vorderen Ende flächenartig. Hinter ihm folgt ein kurzer, mit langen Flimmerhaaren ausgekleideter Schlund, der sich bald zu einem in fünf oder sechs Wülste eingeschnürten Magen erweitert, an dessen Anfang zwei große seitwärts gelegene Drüsen münden. 45. 49. 53. 69. 43%. ALA. 148. 151. 396 Karl Eckstein, Brachionus Ehr. Panzer oval, deprimirt, vorn weit offen, hinten mit enger Öffnung für den Fuß, Panzer vorn immer, hinten oft gezackt. Ein Nackenauge, Räderorgan sehr entwickelt mit langen Tastborsten unter den Gilien, g' und © der meisten Formen bekannt. © tragen die Eier am Hinter- ende mit sich herum. 45) Brachionus urceolaris Ehr. (Fig. 61—64.) Fundorte: An Fontinalis antipyr. am Wehr der Lahn unterhalb der Badeanstalten, während des ganzen Sommers in ziemlicher Menge. Sehr häufig im botanischen Garten an Azolla carolinensis. Crofdorf 1. c. 10. VI. Länge: © 0,2 mm, g' 0,09 mm. Der Panzer des © ist glatt oder äußerst fein gekörnelt, die Bauch- platte eben, die Rückenplatte ist gewölbt und fällt plötzlich nach dem Schwanz hin steil ab, wodurch eine leicht erkenntliche, quer ver- laufende Kante entsteht. Der Vorderrand des Panzers wird im Rücken von sechs ziemlich breiten Zacken gebildet, an der Bauchseite aber verläuft er in einer Bogenlinie, die nur in der Mitte einen etwas tieferen Einschnitt zeigt. Kurz vor diesen Zacken geht der Panzer in die weiche Cuticula über, die das Räderorgan bildet. Es besteht beiderseits aus je einem äußeren Lappen, der breit über den Rand des Panzers übergeschlagen wird und im Rücken einen zusammenhängen- den Saum bildet. Dieser trägt links und rechts eine steife, nicht schlagende Borste, während er im Übrigen mit feinen Cilien besetzt ist. Innerhalb dieses ersten Kranzes erhebt sich ein zweiter, der direkt in die Mundöffnung hineinführt, er bildet einen nach der Bauchseite offenen Trichter, der an der gegenüber liegenden Wand in einen abge- stumpften Kegel übergeht. Dieser Trichter trägt an seinem Rande stärkere Wimpern, die nach dem Mund hin an Größe ab, an Beweglich- keit aber zunehmen. Auf dem Kegel sitzen oben längere, wenig thätige ° Haare, von denen die randständigen etwas durch ihre Stärke hervor- leuchten. Die ganze innere Trichterwand ist überall mit kurzen, fleißig arbeitenden Wimpern ‚besetzt. Außerdem erkennen wir noch zwei Paare von starken Borsten, das eine, dessen Ansatzstelle ich der vielen, schlagenden Wimpern wegen nicht erkennen konnte, links und rechts von dem oben genannten mittleren Kegel, das andere gleich innerhalb des äußersten Wimpersaumes. Die letzteren beiden Borsten sitzen auf einem kleinen Kegel gelenkig auf und tragen an ihrem Fußende einen deutlich zu erkennenden Augenpunkt. Genau unter ihnen liegen zwei Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 397 birnförmige Theile des Ganglions, mit denen sie durch feine Fäden in Ver- bindung stehen. Da mir Gonv’s Zeichnung (25) nicht recht verständlich erscheint, habe ich in Figur 64 eine Seitenansicht dieses Brachionus gegeben. Die Nahrung, welche durch das Räderorgan herbeigestrudelt und in den Mund geführt wird, gelangt alsbald durch den Kauapparat in den Schlund, in dem die durch langsam schlagende, lange Gilien her- vorgerufene Wellenbewegung sichtbar ist. Nachdem die Nahrung den- selben passirt hat, wird sie im Magen durch Flimmerepithelium in Ro- tation versetzt und mit dem Sekret der Drüsen vermengt, dann kommt sie m den Enddarm und wird durch die Kloake entfernt. In diese mündet außer dem Ovarium noch die kontraktile Blase, mit welcher zwei Seitenkanäle in Verbindung stehen; dieselben verlaufen beider- seits von dem Darmtractus, bilden zweimal Schlingen und tragen je vier Flimmerorgane. Von Muskeln habe ich zwei Paare gefunden, die zum Einziehen des Räderorgans und des Fußes dienen, und außer- dem noch eine Anzahl schwächerer Fasern, die ersteren sind breite Bänder, die aber keine Spur von Querstreifung zeigen. Bei der Kon- traktion des Fußes legen sich die Fußmuskeln faltig zusammen, so dass ihre nach innen gekehrte Seite sägeartig gezackt erscheint. Das Ganglion besteht aus einem großen traubigen Gebilde, das an seinem Hinterende ein Xförmiges Auge trägt, die Gefühlsröhre ist an ihrem Ende mit Borsten geziert und ragt zwischen den beiden längsten Zacken des Rückenschildes hervor. Schließlich muss ich noch der Fußdrüsen ge- denken, welche mit einem feinen Porus in der Spitze einer jeden der beiden Zehen münden. Diese sind stumpf kegelförmig und nicht spitz, sondern besitzen eine kleine, runde Endfläche, auf der die Drüsenöffnung liegt. Das Thier kann plötzlich den-Fuß ganz ausstrecken, so dass alle Querfalten in seiner Haut verschwinden, schwingt ein oder zweimal nach der Seite, streckt die Zehen hervor, klebt sich mit ihnen fest und zieht den Körper etwas nach, wobei sich der Fuß wieder in die gewöhnlich vorhandenen Falten legt. Durch eine stärkere Thätigkeit des Räder- _ organs kann das Fußdrüsensekret gelöst werden, so dass das Thier frei _ wegschwimmen kann. I habe ich nicht gefunden. 16. 25. 49. 53.63. 133. 13%. 146. 151. 153. 154. 16) Brachionus brevispinus Ehr. (Fig. 67.) Fundort: Wehr der Lahn unterhalb der Badeanstalten in a Menge während des ganzen Sommers. | Länge: 0,35 mm. 398 Karl Eckstein, Die Organisation stimmt ganz mit der von Brachionus urceolaris überein, nur am Panzer finden sich einige Besonderheiten. Er ist glatt, hat am vorderen Rand des Rückenschildes sechs Zacken, von denen die beiden mittelsten die längsten und an ihrer Innenkante nicht gezahnt sind; die folgenden Zacken sind ganz kurz und stumpf, während das äußerste Paar wieder länger und stärker ist, jedoch die Größe der mittel- sten Spitzen nicht erreicht. Die am Hinterrande des Panzers sitzenden Zacken sind breit und nicht so lang wie die bei Brachionus Bakeri (s. d.). An der Austrittstelle des Fußes sollen nach Eyrerra zwei Zähn- chen sitzen, von denen ich aber nichts finden kann, vielmehr zeigt hier der Panzer eine kurze Röhrenbildung, die ich etwas genauer beschreiben will. Sie gehört vollständig zur Bauchplatte des Panzers; da wo diese sich an den Seiten verjüngt, um in die Spitzen überzugehen, erhebt sich je eine schwache Kante, die sich in zwei Äste theilt, so dass zwischen denselben eine kleine spitze Fläche entsteht, welche bald um- biegt und die schmale Seite der Röhre bildet. Jede dieser beiden Seiten- wände ist mehr oder weniger geschweift und an ihrer ventralen Kante mit einem dreieckigen Zipfel umgeschlagen, der sich nach der Spitze hin verliert, nach dem Körper zu aber von einem unpaaren, quer vor der Öffnung liegenden Umschlag überdeckt wird. Während, wie gesagt, die ventrale Seite der ganzen Röhre nicht geschlossen ist, sondern ofien bleibt, wird die dorsale Wand durch ein, in der einen Ecke ausge- schnittenes, einzipfeliges Panzerstück gebildet. Der äußere Rand der beiden Seitenflächen kann auch etwas umgeschlagen sein, wie denn fast bei jedem Individuum die Austrittstelle des Fußes etwas anders gefaltet ist. 45. 49. 53. 147. 151. 47) Brachionus Bakeri Ehr. (Fig. 65, 66.) Fundorte: Am Wehr der Lahn unterhalb der Badeanstalten in großer Menge (nach Leyvie [108] lebt er nur vereinzelt) 42. VI.; im bo- tanischen Garten 2. VIl.z Teich hinter CGrofdorf 10. VIII. unter Lemna. Länge des Panzers: 0,14 mm; mit Schwanz 0,25 mm. Das Panzerende, aus welchem der Fuß austritt, zeigt ungefähr die- selben Bildungen, wie bei Brachionus brevispinus. Von den Umschlägen an der ventralen Seite waren an dem gezeichneten Exemplar nur die seitlichen vorhanden, aber nicht bei allen hat. der obere Umschlag ge- fehlt. Der ganze Panzer ist mit kleinen, kegelförmigen Höckern besetzt, die einen Kreis als Basis haben und ein kleines, nicht bis in die Spitze reichendes Lumen besitzen. Sie fehlen an den eben beschriebenen Um- Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 399 schlägen, so wie auf den Zacken des Panzers; an dem Innenrand der hinteren langen Zacken sind sie ungefähr bis in die Hälfte zu sehen, fehlen aber von da an. Die am Vorderrand anfangenden, in nach hinten divergirenden Strahlen angeordneten Höcker des Rückenpanzers sind vorhanden, so wie sie EHRENBERG angiebt, die Facettirung dagegen fehlt. Die mittleren der vorderen Zacken sind etwas nach außen gebogen und tragen am Innenrand die von Leyvıc beschriebene wellenförmige Aus- randung. Das Räderorgan ist eben so gebaut, wie bei Brachionus urceolaris; die inneren Organe habe ich so gefunden, wie Leyvıc (108) sie beschreibt, nur zeichnet er (Fig. 42 auf Tafel IV) den Kauer verkehrt ein. Die Entwicklung des Eies wurde nur kurze Zeit beobachtet: Das Wimperspiel des Embryo war deutlich zu sehen, die langen Borsten ° schlugen langsam, das Auge trat später auf, als der fünfzahnige Kauer. Der Raum zwischen dem Embryo und der Eischale war mit einem bläu- lichen Medium erfüllt. Das Ausschlüpfen ging folgendermaßen vor sich: Das Ei war mit einer geraden Querspalte aufgebrochen, das Thier hing mit seinem Schwanz zwischen den beiden Schalenhälften fest und arbeitete fleißig mit dem Räderorgan, machte auch manchmal Be- wegungen mit dem Fuß, mit dem es immer noch festzuhängen schien, endlich nach 5 Minuten gelang es ihm sich loszuarbeiten, worauf es lang- sam davonschwamm. 8. 45. 49. 53. 63. 67. 69. 425. 146. 147. 151. 159. - Brachionus amphiceros Ehr. 45.49.53. 63.67.69.134.147.4151. » aneylognathus Schm. 134. » angularis Gosse 53. 67. 69. » bipalium Duj. 45. 125. » chilensis Schm. 134. » conium Adw. 4. » diacanthus Schm. 133. 134. » dorcas Gosse 53. 63. 67. 69. » heptatotomus Gosse 69. ) jamaicensis Schm. 134. » latissimus Schm. 133. 134. » Leydigii Cohn 27. 53. » longipes Schm. 134. » militaris Ehr. 25. 45. 49. 53. 13&. » minimus Bartsch 7. ) Mülleri Ehr. 45. 49. 53. 67. 69. 133. 13%. IV» inermis Schm. 133. 134. / ) nicaraguensis Schm. 134. ) oon Gosse 53. 69. 400 Karl Eckstein, Brachionus Pala Ehr. 8. 49. 53. 61. 69. 125. 133. 434. 451. 153 159. ) plicatilis Müll. 147. 125. ) polyacanthus Ehr. 27. 45. 49. 53. » polycercus Schm. 134. ) pustulatus Schm. 13%. ) rubens Ehr. 8. 45. 49. 53. 67. 69. 433. 13%. » syenensis Schm. 133. 134. ) testudo Ehr. 50. Apodoides Jos. Panzer vorn und hinten ausgeschnitten. Ohne Augen, zwei Taster. Apodoides stygius Jos. 96. Arthrocanthus Schm. Ein Auge, Fuß gegabelt, Stacheln beweglich, mit dem Panzer durch Gelenke verbunden. Arthrocanthus biremis Schm. 133. 13&. » quadriremis Schm. 133. 134. Pompholyx Gosse. Räderorgan doppelt, zwei Augen an der Stirn, Fuß fehlt. Panzer vorhanden. Pomphoiyx complanata Gosse 69. Polychaetus Perty. Panzer viereckig, Schwanz kurz, zweigliedrig. Ein Auge. Mit un- beweglichen Borsten auf dem Rücken. Polychaetus subquadratus Perty 122. Anuraea Ehr. = Anurella Dyj. Panzer prismatisch, vorn immer mit Zacken und Dornen, hinten auch ohne dieselben, meist gekörnelt und facettirt. Fuß fehlt, im Nacken ejn Auge und ein Taster. 48) Anuraea aculeata Ehr. Fundort: Lahn bei Gießen 8. VI. selten. Es wurde nur ein Exemplar gefunden und nur oberflächlich be- obachtet. Der Panzer ist rauh und trägt am Vorderrand sechs Stacheln, von denen die beiden dorsalen etwas länger sind, als die anderen. Das nackenständige Auge schien mir ziemlich weit nach vorn gerückt zu sein. | 8. 49. 53. 63. 69. 141. 147. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 401 Anuraea acuminata Ehr. 45. 49. 53. 69. )y biremis Ehr. 45. 49. 53. ) brevispina Gosse 53. 69. )) cochlearis Gosse 53. 69. )) ceurvicornis Ehr. 45. 49. 53. 69. 148. 151. 156. )) divaricata Weisse 151. )) falculata Ehr. 45. 49. 53. » : fissa Gosse 53. 69. » foliacea Ehr. 45. 49. 53. 103. 450. » heptodon Perty 53. » inermis Ehr. 45. 49. » longispina Hell. 77. » longistyla Schm. 13%. > quadridentata Ehr. 45. 49. » serrulata Ehr. 49. » squamula Ehr. 45. 49. 53. )) stipitata Ehr. 49. 53. 147. » striata Ehr. 8. 45. 49. 53. » tecta Gosse 53. 69. )) testudo Ehr. 45. 49. 53. 146. » valga Ehr. 45. 49. 53. Dysteria Huxley. Panzer ungleich zweilappig, klaffend, Kopf und Bauchseite be- wimpert, Verdauungskanal weit, einfach, Kauer lang, Fuß ungegliedert und ungetheilt, spatelartig zusammengedrückt. Dysteria armata Huxley 66. 91. Pterodina Ehr. Panzer flach, rund oder oval, schildartig, Leibeshöhle klein, zwei Augen, Fuß in der Mitte des Panzers senkrecht aufsitzend, quer ge- _ ringelt den Enddarm bildend. 49) Pterodina patina Ehr. (Fig. 59.) Fundorte : Grünberg 26. VII. : Wissmar 7. VIU. ; Kirchberg 8. VII. ; Hessler 42. VII. ; botanischer Garten 17. VII. Länge: 0,2mm. Der Panzer ist kreisrund und sehr flach, in der Mitte, so weit die Leibeshöhle reicht, nur wenig gewölbt. Nahe am Rande erscheint er gekörnelt, seine innere Oberfläche ist wellig. Der Verdauungskanal be- 402 Karl Eckstein, ginnt mit der Mundöffnung, auf welche der Kauer folgt, hinter ihm ist in dem kurzen Schlund die durch lange Cilien hervorgebrachte Wellen- erscheinung sichtbar. Der längliche Magen, wie auch der deutlich von ihm getrennte, kugelige Enddarm,. tragen im Inneren Flimmerepithel ; ersterer liegt seitwärts, letzterer immer hinter der Fußwurzel; zwei große beiderseits liegende Drüsen sind stark gelappt und zeigen einen feinkörnigen Inhalt mit großen hellen Kugeln, sie münden direkt hinter dem Kauer. Zu beiden Seiten des Enddarmes sieht man je ein Organ liegen, das ich seiner Struktur nach auch für eine Verdauungsdrüse halte. Das Ovarium besteht aus zwei großen Hälften, welche den links und rechts vom Magen noch frei bleibenden Theil der Leibeshöhle ein- nehmen. Deutliche Kerne, von hellen Höfen umgeben, sind in beiden Theilen vorhanden oder auch in dem einen Lappen vollständig durch die gewöhnlich nur in geringerer Menge vorhandene körnige Masse verdrängt. Zwei Paar Wimperlappen des Exkretionsgefäßsystems habe ich erkannt, das eine vorn zu beiden Seiten des Kauers, das andere hinter dem Eier- stock. Die kontraktile Blase fehlt und die Seitenkanäle münden direkt in die Kloake. Zwei große Muskeln gehen vom Kopf aus schief nach hinten und inseriren an der Panzerwand. Jeder besteht aus drei Strängen, welche sehr schöne Querstreifung zeigen. Auffallend war mir, dass sie sich bei der Kontraktion in Falten legen. Ein zweites feineres Muskelpaar geht von der Darmgegend bis an die Wandung der Leibeshöhle.. Am Fuß, der beinahe in der Mitte der Scheibe aufsitzt, kann man zwei Theile unterscheiden, ein oberes Stück, das viele Quer- falten zeigt und ein Endstück, das derselben entbehrt. Der Fuß der Pterodina hat eine ganz andere Funktion zu erfüllen, als das ihm ent- sprechende Organ der anderen Rotiferen, denn er dient nicht zum An- heften und hat keine kolbigen Drüsen, sondern er ist der Enddarm. Seine ziemlich dicken Wände sind im Inneren ganz mit Wimpern be- setzt, und an der Öffnung sitzen längere und stärkere Cilien, die zu- rückgezogen werden können. Der Fuß kann kontrahirt aber nicht ein- gezogen werden, beim Schwimmen wird er nach hinten ausgestreckt und kann in der Ruhe die verschiedensten Stellungen einnehmen; nur direkt nach vorn, nach dem Mund zu, habe ich ihn nie liegen sehen. Das Räderorgan hat die gewöhnliche Form, eine gerade Rückenwand, die sich an den Seiten umbiegt, führt in die Mundöffnung; im Inneren des so gebildeten Trichters finden sich noch einzelne Erhöhungen, auf welchen die mit lichtbrechendem Körper versehenen Augen sitzen. Starke - Muskelbänder dienen zum Einziehen des Räderorgans; dicht-.an ihrem vorderen Ende sitzen längere Borsten und ein röthlicher Fleck. Außer dem eben beschriebenen starken Cilienbesatz , finden wir noch unter Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 403 demselben einen feinen Wimpersaum, der die Nahrung nach der Mund- öffnung hinführt. Seitlich von den großen Muskeln des Körpers finden wir je eine Gefühlsgrube, welche mit Tasthaaren besetzt ist und durch einen Nervenstrang mit dem Ganglion in Verbindung steht. 8. 45. 49. 53. 69. 43%. 147. A451. 456. Pterodina clypeata Ehr. 8. 45. 49. 53. 63. 69. 146. 447. 154. ) elliptica Ehr. 45. 49. 53. 69. 148. 151. Pompholyx Gosse. Panzer deprimirt, beinahe kreisrund; zwei Stirnaugen ; Fuß fehlt. Pompholyx complanata Gosse 53, 69. Apsilus Metschn. Gepanzert. Zwei Augen. Räderorgan in der Jugend vorhanden, fehlt im Alter. Getrennten Geschlechts. 50) Apsilus lentiformis Metschn. Dieses Räderthier wurde von seinem Entdecker hier bei Gießen an der Unterseite der Blätter von Nymphaea lutea gefunden. Obgleich ich eifrig alle Nymphaeenblätter, deren ich habhaft werden konnte, unter- suchte, glückte es mir doch niemals, dieses interessante Thierchen zu finden. 416. Asplanchnaea Carus. Darm blind geschlossen, Fuß fehlt, ein Auge, getrennten Geschlechts. Ascomorpha saltans Bartsch 7. 8. » germanica Leyd. 53. 108. » helvetica Perty = Sacculus viridis Gosse 53. 67. 122. Asplanchna Myrmeleo Gosse = Notommata Myrm. Ehr. 49. 53. » Brightwelii Gosse = Aspl. Bowesii Gosse = Notom. anglica Dalr. — Apus anglica Schoch 13. 26. 36. 53. 63. 67. 86. 95. 109. 122. 13%. » sp. Kramer 155. » priodonta Gosse 53. 63. 67. 68. 134. » Sieboldii Eyf. = Notom. Sieb. Leyd. — Apus Sie- boldii Schoch 53. 67. 95. 108. 404 Karl Eckstein, Zweiter Theil. Allgemeine Beschreibung, Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Lebensweise der Rotatorien. Gestalt und Haut der Rotatorien. Die Räderthiere haben einen bilateral-symmetrischen Körper, an welchem eine Bauch- und Rückenfläche deutlich durch die Lage des ventralen Mundes und des dorsalen Afters bezeichnet ist. Ihre Gestalt _ richtet sich im Allgemeinen nach der Beschaffenheit der äußeren Haut, denn diese ist entweder weich und biegsam (z. B. Notommata), oder fest und starr (z. B. Brachionus). Sie besteht aus einer Hypodermis, die manchmal, aber nicht immer, Zellen oder deren Andeutungen erkennen lässt. Diese Hypodermis ist die Matrix einer Cuticula, welche die mannig- fachsten und verschiedensten Bildungen zeigt. Meist ist sie fest; in einem Falle, bei Notommata centrura, scheidet die Hypodermis eine Gallertschicht ab, welche der Cuticula der übrigen Rotatorien entspricht (108). Bei diesen ist sie entweder ganz glatt (z. B. Rotifer vulgaris) oder fein und gleichmäßig gekörnelt und besitzt mitunter ein blasses Pigment (z. B. Philodina citrina); ebenfalls weich und glatt ist sie auch bei Philodina aculeata aber dabei in regelmäßiger Anordnung mil Dornen besetzt. Eine weitergehende Verschiedenheit zeigt die Guticula bei allen Formen, die Bartsch (8) unter dem Namen Loricata zusammen- gefasst hat, denn bei ihnen ist sie zu einem festen Panzer geworden, dessen Gestalt und Oberfläche in der mannigfachsten Weise variirt, er ist oval, rund oder eckig, deprimirt oder komprimirt. Er kann nur vorn eine Öffnung zum Ausstülpen des Räderorgans besitzen, oder, was meist der Fall ist, noch eine zweite am entgegengesetzten Körperende, aus welcher der Fuß hervorragt. Er kann aus Rücken- und Bauchplatte bestehen, die in den Seiten klaffen oder fest mit einander verwachsen sind. Vom ganz glatten Panzer des Colurus an finden sich alle Über- gänge bis zum rauhen, mit kleinen Höckern gezierten, vorn und hinten in lange Stacheln ausgezogenen Panzer eines Brachionus oder Noteus. Verschiedene festsitzende Arten scheiden eine röhrenartige Hülle um sich ab, in die sie sich mehr oder weniger weit zurückziehen können. Schon EHrenBeRG (29) beobachtete die Art und Weise, wie Melicerta ringens ihre Hülle baut, und glaubte, dass die Kugeln, aus denen sie besteht, im Magen gebildet würden. Damit stimmen die Angaben, welche Cusitr (30) über eine neue Form, Melicerta pilula, macht, überein. Leypıe dagegen (408) huldigt der Annahme, dass das Gehäuse aus Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 405 fremden Körpern aufgebaut werde. GrusEr (73) bestätigt durch seine in neuester Zeit gemachten Untersuchungen die Angaben Gossr’s (64), dass die Kugeln, aus denen das Gehäuse zusammengesetzt wird, in der ventral vom Räderorgan gelegenen Wimpergrube zusammengeballt werden aus solchem Material, das aus dem Wasser herbeigestrudelt worden ist. Eben so erklärt Jorier (94. 95) bei Besprechung des Nerven- systems von Melicerta, das, was seither als Ganglion gedeutet wurde, für eine Drüse, die ein klebriges Sekret in die Wimpergrube gelangen lässt, wo es bei der Bildung der Kugeln verwandt wird. Über die Art, wie Floscularia, die Anfangs, eben so wie die junge Melicerta, frei im Wasser umherschwimmt und sich dann erst festsetzt, ihre Hülle abscheidet, liegen bis jetzt keine Beobachtungen vor. Eyrertu (53) sagt, dass die Cuticula bei Colurus klebrig sei, so dass die Thierchen zuweilen an einander, oder an anderen Gegenständen festkleben, Leynic (108) erklärt dies als ein zufälliges Zusammentreffen, von klebriger Cuticula sagt er aber nichts. Mit Hilfe meines guten In- strumentes (Zeiss Syst. F. Oc. 2) gelang es mir, den Grund dieses An- einanderklebens zu finden. Ich bemerkte nämlich zwei am hinteren Panzerrand zusammenhängende Colurus und beobachtete sie längere Zeit, wobei ich die Wahrnehmung machte, dass sie durch äußerst feine, kurze und fast farblose Algenfädchen zusammengehalten werden, welche die Panzer dieser Thiere über und über bedecken, so dass sie dadurch dicht behaart erscheinen. Wenn nun solche Algen auch auf einem anderen Körper wachsen, und dieser kommt in Berührung mit einem ebenfalls davon befallenen CGolurus, so bleiben sie auch an einander hängen, sie werden durch inniges Ineinanderschieben der einzelnen Fädchen zusammengehalten, wie zwei Bürsten, die man mit den Borsten ‚auf einander gesetzt hat. Der Körper der Rotatorien zeigt immer eine Gliederung in mehrere hinter einander gelegene Abschnitte, die sich nur auf die äußere Haut beschränkt, aber nicht eine ihr entsprechende metamere Lagerung der _ inneren Organe im Gefolge hat; je nach der Festigkeit der Haut ist die ‘Gliederung mehr oder weniger deutlich ausgeprägt. Hartscazk (76) ist der Ansicht, dass diese Gliederung in Scheinsegmente auf eine durch Anpassung an die Bewegungsweise entstandene Differenzirung zurück- zuführen ist. Von allen Organen sind es allein die Muskeln, die sich einigermaßen an die Segmentirung anpassen, oder eigentlich dieselbe hervorrufen, wie man sich bei Beobachtung einer Diglena grandis leicht überzeugen kann. Die ersten scheinbaren Glieder an den beiden Körperenden unter- scheiden sich dadurch von allen anderen, dass in dem vorderen die 498 Karl Eckstein, Mundöfinung eelegen ist, während die letzten in einen meist gegabelten Fuß ausgehen. Oft tritt auch ein Unterschied in der Weise ein, dass die mittleren allein die Leibeshöhle umschließen und die Eingeweide ent- halten, während in den darauf folgenden nur die Fußdrüsen liegen. Die Umwandlung des streng bilateral-symmetrischen Körpers in eine Form (z. B. Stephanoceros, Floscularia), die auf den ersten Blick radiär fünfstrahlig erscheint (es aber in Wirklichkeit nicht ist, da die inneren Organe eben so gestaltet und in derselben Zahl und Anordnung vor- handen sind, wie bei den wirklich bilateralen Rotatorien), erklärt sich leicht nach den Analogien, die wir so oft im Thierreich finden, denn sie hat lediglich den Zweck, die freie Beweglichkeit, welche anderen Thieren beim Vollbringen der verschiedenen Lebensthätigkeiten zu statten kommt, durch allseitig gleiche Ausbildung der äußeren Organe zu er- setzen (12). Weitere Einzelheiten über die verschiedenen Formen und Um- bildungen der Haut und des Panzers finden sich oben bei der Beschrei- bung der einzelnen Formen. Hier will ich nur noch beiläufig erwähnen, dass bei Apsilus lentiformis (116) Warzen, bei Brachionus plicatilis (147) Poren in der Cuticula vorhanden sind. | In Bezug auf die Häutung möchte ich noch Einiges bemerken. Sehr häufig findet man die leeren Panzer der Loricaten, und es fragt sich, stammen sie von abgestorbenen Thieren, oder findet bei den Rotatorien eine Häutung statt? Wenn eine Hülle von einem Thier abgestreift wor- den ist, ist sie gewöhnlich, wenn auch nur an einer Stelle, gesprengt. Alle gepanzerten Rotatorien, deren Cuticula allein so widerstandsfähig ist, dass man sie, wenn die inneren Organe fehlen, sehen und mit Sicherheit erkennen kann, sind in der Mitte des Körpers breiter, als die vordere oder hintere Panzeröffnung, so dass das Thier, das doch schon die Anlagen eines neuen Panzers haben muss, sich nicht durchzwängen kann, ohne die alte Schale irgend wo zu zersprengen. Nur bei einer von allen seither beobachteten Räderthierformen ist dies wirklich der Fall, nämlich bei Apodoides stygius, die in den Tropfsteingrotten von Krain ge- funden und von Josrrn (96) beschrieben wurde. Bei der Häutung dieses Thieres wird der Panzer zersprengt und entweder alsbald ganz abgestreift oder er bleibt zurückgeklappt am Schwanze längere Zeithängen. Nachdem dieser Häutungsprocess im Frühjahre vor sich gegangen ist, wird die neue Haut sichtbar, welche hell ist, während das Winterkleid nach und nach, offenbar durch den darunter gelegenen, neugebildeten Panzer seine Durchsichtigkeit verliert. Wenn ein Räderthier stirbt, verschwin- den bald alle inneren Organe mit Ausnahme der Kiefern und oft der Augen, welche sehr widerstandsfähig sind. Der Umstand, dass man diesel- Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 407 ben nun eben so oft vergeblich in der Hülle sucht, als man sie noch an ihrer ursprünglichen Stelle antrifft, wird leicht dadurch erklärt, dass der geringste Druck genügt, um Kauer sowohl wie Augen zur vor- deren Panzeröffnung hinauszupressen. Da nun noch Niemand irgend welche Häutung bei der großen Menge der Rotatorien beobachtet hat, so können wir nach dem jetzigen Stand unseres Wissens nur sagen, dass eine solche bei den Räderthieren im Allgemeinen nicht vorkommt, sondern bis jetzt nur bei einer Form, bei Apodoides stygius, konstatirt worden ist. Ehe ich zum Räderorgan übergehe, möchte ich noch eine Beob- achtung von Cusitr (34) erwähnen. Derselbe hat nämlich gefunden, dass die Philodineen zu gewissen Zeiten gallertartige Hüllen abscheiden, die an fremden Körpern befestigt werden und das Thier aufnehmen können. Er stellt dieses Umstandes wegen die Philodineen im System neben die festsitzenden Formen, als deren nächste Verwandten. Unter- suchungen über diese interessante Thatsache habe ich nicht anstellen können und will daher nur auf dieselbe hingewiesen haben. Das Räderorgan. Unter allen Organen, die wir am Räderthierkörper bemerken, ist es besonders das mehr oder weniger retraktile Räderorgan, das zuerst in die Augen fällt und schon seit langer Zeit der Gegenstand eifriger und mit großem Erfolg gekrönter Untersuchungen gewesen ist. | Wie schon Eıc#norn bei Lacinularia und ScHärrer bei Melicerta vor über 100 Jahren erkannt und Lryvıcg und Huxıry, so wie besonders OrAPrarktpe (22) an anderen Formen bestätigt haben, kann man am Räder- organ zwei Wimperkränze unterscheiden, von denen der eine meist von sroßen, starken Wimpern gebildet ist und zur Fortbewegung so wie zum Herantreiben der Nahrung dient, der andere aber aus kleinen Cilien besteht und unter den vom ersten Wimperkranz herbeigestrudelten Körpern diejenigen nach der Mundöffnung befördert, welche dem Thier ‚als Nahrung dienen können. Am klarsten sind die Funktionen der bei- den Wimperkränze bei Microcodon clavus von GRrENAcHER (72) erkannt und beschrieben worden. Besonders deutlich und leicht zu erkennen ist der zweite Wimperkranz bei Melicerta, Lacinularia, Pterodina und den Rotifer-Arten, bei welchen allen das Räderorgan ziemlich einfach gebaut und mit nicht allzulangen Cilien besetzt ist. Bei anderen Arten, Brachionus z. B., kann ich keinen bestimmten Theil desselben mit Sicherheit als ersten oder zweiten Wimpersaum deuten (Fig. 63). Bei Trochosphaera, dem in Bezug auf die systematische Stellung der Rota- torien so wichtigen Räderthier, das Semrer (134) auf den Philippinen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bad. 27 408 Karl Eckstein, gefunden und genau beschrieben hat, finden wir ebenfalls einen doppel- ten Ciliensaum. Der Wimperkranz dieses kugelförmigen Thieres läuft in einem größten Kreis um den Körper herum, an einer Stelle dessel- ben setzt sich ein zweiter, kurzer, etwas ausgebogter Ciliensaum an, der bis zur Mundöffnung reicht und ebenfalls dazu dient, die Nahrung in den Mund zu befördern. Auch Floscularia hat in gewissem Sinne einen doppelten Wimperkranz, den ich im speciellen Theil (p. 346) schon beschrieben habe. Wir haben dort gesehen, dass die langen 'Gilien willkürliche auf äußere Reize reagirende Bewegungen ausführen und nicht zum Herbeischaffen der Nahrung dienen, sondern dass im Inneren des weiten, von ihnen umschlossenen Mundtrichters ein Kranz feiner Wimpern sitzt, welche fortwährend in Thätigkeit sind und die von ersterer durchgelassenen feinen Nahrungstheilchen in den Mund herein- strudeln. Ähnlich ist es auch bei Microcodon clavus, nur mit dem Unterschied, dass dort der innere Kranz die großen, der äußere aber die kleinen Cilien besitzt. Bei anderen, besonders den kleinen Formen, wie Lepadella, ist das Räderorgan auf eine schwache Bewimperung des Kopfes reducirt, an welcher man die beiden Kränze nicht mehr unter- scheiden kann. Während bei den festsitzenden Formen das Räderorgan große Modifikationen erfahren kann (s. oben), fehlt es bei anderen, wie Apsilus lentif. Metschn. (146), Balatro clavus Clap. (49) und anderen vollständig. Außer den beiden bis jetzt genannten längeren oder kürzeren Cilien sind noch stärkere, meist einzeln stehende Borsten bei vielen Rotatorien vorhanden, die schon im speciellen Theil beschrieben wur- den, auf die ich bei Besprechung der Sinnesorgane noch einmal zurück- kommen muss (s. unten). Dusarpın (5) erklärt die Art und Weise der Gilienbewegung, welche bei manchen Arten (z. B. Rotifer und Philodina) den Anschein eines sich drehenden Rades giebt, durch successives Niederlegen und Stellen der Cilien [wovon er sowohl (45) wie Scnocu (136) eine Abbil- bildung giebt], während ich anderen Forschern beistimme, welche ge- funden haben, dass eine fortlaufende Wellenbewegung in den einzelnen Wimperhaaren stattfindet (42). Wenn ein Rotifer das vorher eingezogene Räderorgan ausbreitet, dann beginnen sofort die Wimpern zu schlagen und hören nicht früher wieder auf, als bis sie durch eine plötzliche Kontraktion wieder eingezogen werden. Es macht diese ganze Be- wegungserscheinung den Eindruck einer unwillkürlichen, während die der großen Cilien des inneren Kranzes von Microcodon clavus (72) eine willkürliche ist, und auch an jede einzelne dieser Borsten feine Nerven- fäden herantreten. Lsypıc (140) nennt die Bewegung der Gilien Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 409 »hakenförmig«. Auch ich habe oft bei Brachionus und Euchlanis diese oder eine ähnliche Bewegung beobachtet, welche den Anschein giebt, als ob die Cilien hakenförmig gekrümmt und ziemlich steif wären, und als Ganzes langsam auf und nieder bewegt würden, d. h. so, dass die einzelnen Theile derselben zu einander immer dieselbe Lage behalten, indem die Cilie nur von ihrer Wurzel aus bewegt wird. Diese Er- scheinung trat aber in den von mir beobachteten Fällen nur dann ein, wenn das Thier durch Wassermangel ermattet nach und nach alle Be- wegungen einstellte, in einem Zeitpunkt, wo außer dem Räderorgan nur noch die Wimpern des Exkretionssystems thätig waren. Wenn es aber im Wasser umherschwimmt oder Nahrung aufnimmt, habe ich nie diese Art der Wimperbewegung gesehen und glaube daher dieselbe für eine erst durch äußere Einflüsse hervorgerufene (Krankheits-) Erscheinung ansehen zu können. v. Grarr (70a) sagt in seinem großen Turbellarien- werk, die Geißelhaare der Turbellarien machten peitschenartig schlagende, hakige Bewegungen und erläutert dies durch seine Fig. 7 und 9 Taf. IX. Wenn man sich aber aus den verschiedenen dort gezeichneten Cilien das Bild einer Gilie in den einzelnen Bewegungsstadien vorstellt, dann wird man nicht zu einer hakigen Bewegung kommen, sondern zu einer fort- laufenden Wellenerscheinung. Ich glaube desshalb, dass Leypıe das- selbe meint wie v. GrAFF, aber nicht die oben von mir angegebene Art ‘der Cilienbewegung. In Bezug auf den Stirnhaken habe ich schon p. 389 das Nöthige gesagt. Die Muskeln. Bei allen Rotatorien finden wir farblose Muskein, welche zum Aus- strecken und Einziehen von Kopf und Schwanz, oder zur wurmförmigen Bewegung des Körpers dienen. Sie sind in der Leibeshöhle ausgespannt, an der äußeren Körperwand befestigt und verlaufen entweder als Längs- oder als Ringmuskeln. Kauapparat und kontraktile Blase besitzen außer- dem ihre besonderen Muskelsysteme. In histologischer Beziehung kann man drei Arten unter den Muskeln unterscheiden : Solche, die ganz homogen sind, deren jede aus einer einzigen feinen Faser gebildet wird, ferner solche, bei denen in der Mitte der Länge nach ein perlschnur- artiges Band von hellen Kernen sichtbar ist, und endlich solche, die deut- lich quergestreift sind (Fig. 25, 33, 42, 62). Die Querstreifung finden wir überall da, wo kräftige Muskelthätigkeit vorbanden ist, wie bei Scaridium. Wenn man eine Pterodina beobachtet, so kann man sehen, . wie die bei entfaltetem Räderorgan straff angespannten, großen und schön quergestreiften Muskeln beim Einziehen des Wimperapparates sich nicht kontrahiren, sondern in Bogen legen, was Mösıus auch bei Brachio- 37% 410 Karl Eckstein, nus plicatilis gefunden hat (117). Ein kontrahirter Muskel hat, wie es sehr schön im Fuß von Brachionus zu sehen ist (Fig. 62), auf der einen Seite einen glatten Rand, während der andere in deutliche Querfalten gelegt ist. ; Das Nervensystem und die Sinnesorgane. Über das Nervensystem der Rotatorien sind wir bis jetzt keineswegs vollständig im Klaren. Als Hauptinervenknoten betrachten wir eine mehr oder weniger gelappte, feingekörnelte Masse, welche am Vorderende des Thieres vor oder über dem Kauapparat gelegen ist. Von ihm gehen feine Nervenfäden aus, die aber in ihrem Verlauf noch nicht alle ver- folgt sind, sondern meist nur da gefunden wurden, wo sie an ein Sinnes- organ herantreten. Für Lacinularia stellt Levpıe dieses Gentralorgan in Abrede und deutet je vier mit Kernen versehene spindelförmige An- schwellungen der Nervenfäden, die hinter dem Kauer und am Enddarm zu finden sind, als Hauptganglien ; ähnliche Gebilde habe ich bei Euchla- nis gefunden (Fig. 33) und möchte sie ebenfalls als Ganglien ansehen; es ist jedoch außer ihnen noch ein vor dem Kauer gelegenes Hauptgan- glion vorhanden. Jorier (9%. 95) deutet, wie oben p. 405 schon ge- sagt wurde, das seither als Ganglion angenommene Gebilde bei Meli- certa für eine Drüse. Gr£EEFF (71) hat bei den Rotatorien eben so wie bei den Tardigra- den die Endigungen der Nerven untersucht und gefunden, dass sie in beiden Fällen mit einem Dovsre’schen Hügel endigen, d. h. die Nerven- faser schwillt an ihrem Ende etwas an und umgreift den Muskel in Form einer kleinen sich an ihn dicht anlegenden Platte. Ich halte die knotigen Anschwellungen der Nerven im Fuße von Philodina macrostyla (Fig. 16) für solche Doysire’sche Hügel. Unter den Cilien des Räderorgans finden wir fast durchgängig ein- zelne stärkere Borsten, welche meist auf kleinen, kegelförmigen Erhe- bungen aufsitzen, aber nicht die undulirenden Bewegungen der übrigen mitmachen, sondern entweder unbeweglich sind, oder langsam hin und her schwingen, manchmal sich auch in leise zitternder Bewegung befinden. Man kann nun bei vielen Rädertbieren deutlich sehen (Fig. 26 und 60), wie unter der Haut in ihrer Nähe beutelförmige Ge- bilde liegen, von welchen feine Fäden nach diesen Borsten hinführen; sie gehören offenbar zum Ganglion und stellen eine Verbindung mit diesen langen Cilien und jenem her, denn diese sind nichts Anderes als Tastwerkzeuge, wovon man sich bei scharfer Beobachtung hinreichend überzeugen kann. Das Hauptorgan des Tastsinnes ist aber ein rückenständiger Griffel, der dicht hinter dem Räderorgan, und wo ein AR Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 411 Panzer vorhanden ist, zwischen den Zacken des Rückenschildes hervor- ragt. Er kann aus einem oder zwei mehr oder weniger retraktilen Gliedern bestehen und trägt an seinem oberen Ende ein Büschel feiner Borsten, welche ausgebreitet und eingezogen werden können. Nach diesen Borsten hin verläuft im Inneren des Tasters ein Nervenfaden, der die Verbindung mit dem Ganglion herstellt. Nicht zu verwechseln mit diesem Fühler ist das vordere rüssel- förmige Körperende der Rotiferen, das ebenfalls zum Tasten benutzt wird, wenn das Thier, ehe es das Räderorgan entfaltet, wie suchend umherfühlt. Der Taster ist bei manchen Arten zu einem papil- lösen Höcker reducirt, oder durch eine Grube ersetzt, die von einem wenig erhöhten Rand umgeben und auch mit Gilien versehen ist. Bei anderen Räderthieren finden wir statt dieser einen nackenständigen Wimpergrube zwei eben so gestaltete, aber weiter nach dem Hinterende verschobene Tastgruben, die ebenfalls durch Nervenstränge mit dem Ganglion in Verbindung stehen. Oft sind sie, wie bei Pterodina, sehr schwer aufzufinden, da sie hier weit hinaus an den Panzerrand ver- schoben sind. | Mit diesem Nervensystem stehen die rothen Augen in Verbindung, sie sind entweder am Hinterende des Ganglions, oder auf demselben, oder vor ihm gelegen. An ihnen kann man bei vielen Arten deutlich eine stärker gewölbte, glashelle Linse von dem mehr oder weniger dunkelrothen Pigmente unterscheiden. Die Augen können paarig sein ‘oder unpaar (Fig. 1%, 61), sie sind dann manchmal etwas seitlich ver- schoben, oder das Augenpaar schmilzt zu einem unpaaren, meist in zwei Zipfel auslaufenden rothen Fleck zusammen, der einen lichtbrechenden Körper besitzt. Außer diesen als Augen nicht zu verkennenden Or- ganen, finden sich in dem Räderorgan meist auf kleinen kegelförmigen Erhöhungen am Grunde der Tastborsten rothe Punkte, an denen man keinen lichtbrechenden Körper erkennen kann, die aber sonst mit den großen Augen in Farbe und Ansehen übereinstimmen, und die wir wegen der an sie herantretenden Nervenfäden als Augen deuten müssen. Man hat seither angenommen, dass die rothen Punkte der Jugendformen, die sich später als Floscularia etc. festsetzen, vollständig im späteren Leben schwinden und hat diese Thatsache zum Beweise benutzen wollen, dass die rothen Flecken keine eigentlichen Augen wären. Allein es ist mir 'geglückt, die beiden Augen der Floscularia appendiculata zu finden, wenn auch nicht mehr in der ursprünglichen Größe, wie sie in der Jugend vorhanden sind. Dass dies letztere der Fall ist, darf uns nicht wundern, denn es ist ja ein allgemeines Gesetz, dass die Organe zurück- gebildet werden, die mehr oder weniger ihrer Funktion enthoben sind, 412 Karl Eckstein, und ein festsitzendes Thier bedarf der Augen nicht so sehr, wie ein frei schwimmendes, zumal, wenn dafür ein anderer Sinn, in diesem Fall der Tastsinn, stärker entwickelt ist. Vollständig ersetzt werden die Augen durch das Tastorgan bei dem höhlenbewohnenden Apodoides stygius (96) ; der Mangel des Sehorgans ist begründet durch die Ver- hältnisse, unter denen Apodoides in ewiger Finsternis lebt. Andere Räderthiere haben Orte zu ihrem Aufenthalte gewählt, in die niemals das direkte Sonnenlicht, wohl aber ein schwacher Schimmer des diffusen Tageslichtes eindringen kann; bei ihnen sind die Augen nicht ver- kümmert oder ganz geschwunden, wie die Brunnenuntersuchungen in Prag ergeben haben (145). Außer Gesichts- und Tastorganen hat man bei den Rotatorien bis jetzt kein Sinneswerkzeug erkannt, nur Bartsen (8) will bei Hydatina ein Gehörorgan gefunden haben, und Hvuxrzy (90) denkt an eine Otocyste bei Erwähnung des gleich zu besprechenden Kalkbeutels. Ein Gebilde, das in enger Verbindung mit dem Ganglion vieler Ro- tatorien vorkommt, ist der sogenannte Kalkbeutel. Es ist dies ein körniges Anhängsel des Ganglion, das eine charak- teristische Lage bezüglich des Auges hat, welches entweder hinter oder vor ihm gelegen ist. Der Kalkbeutel hat meist eine bestimmte, kugelige oder nierenförmige Gestalt und besteht nur selten aus einem unregelmäßigen Haufen von Kalkkörnchen. Oft setzt er sich nach vorn weiter fort als feiner Körnerstrang, oder als breiter, sackförmiger Beutel, der an seinem Vorderende angewachsen, mit dem anderen aber frei in die Leibeshöhle hineinragt. Zur Beantwortung der Frage, welche Funktion und welchen Zweck dieser Kalkbeutel hat, und ob der nach vorn verlaufende Strang irgend wo nach außen oder in die Mundhöhle mündet und somit auf eine Drüse zu schließen wäre, bedarf es noch genauer, eingehender Unter- suchungen. Sreın (439) will, um die Rotatorien doch nicht ganz ohne Wehr und Waffen zu lassen, den Kalkbeutel als Giftdrüse deuten. Der Verdauungskanal. Das Räderorgan führt die Nahrung nach der Mundöffnung; diese liegt nur bei den festsitzenden Formen genau auf dem vorderen Ende der Längsachse des Körpers, während sie bei allen anderen nach der dadurch charakterisirten Bauchseite mehr oder weniger weit verschoben ist. Jenach dem Grad der ventralen Verschiebung des Mundes ist das Vorderende des Thieres mehr oder weniger schief abgeschnitten; bei Apsilus lentiformis besteht der Mund aus einem großen, sackförmigen, ern, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 413 ausstülpbaren Organ. Bis zu ihm veriaufen bei allen Räderthieren die Wimpern des Räderorgans, wo sie einer anderen Art von Cilien Platz machen, nämlich denjenigen, mit welchen der ganze Darmkanal im Inneren ausgekleidet ist. In der ziemlich engen Mundhöhle finden wir außerdem bei manchen Räderthieren noch einige lange Gilien kurz vor dem Kauapparat, die ein Entweichen der einmal aufgenommenen Nah- rung verhindern sollen. Nun folgt mit Ausnahme von Floscularia und Stephanoceros, bei denen sich ein kropfartiger Theil einschiebt, der aus festen Chitinstücken bestehende, mit starker Muskulatur versehene Schlundkopf. Während das Räderorgan Nahrung herbeistrudelt, macht er kauende Bewegungen, um die Beute zu tödten und zugleich mit dem Saft der hier mündenden Speicheldrüsen in Berührung zu bringen. Diese sind erst bei wenigen Formen erkannt worden, aber sicherlich werden einzelne Gebilde, die zu beiden Seiten des Kauers liegen, und die bei den kleineren und unruhigen Formen äußerst schwer aus ein- ander zu halten sind, als Drüsen erkannt werden. Bei manchen Brachionusarten hat man auch kontraktile Blasen seitlich vom Schlund- kopf gefunden, ist aber über ihre Bestimmung noch nicht im Klaren, wahrscheinlich werden es ebenfalls Drüsen sein (108. 147). Bei ein- zelnen Rotatorien (Eosphora diglena) dient der Kauer auch dazu, die Beute zu ergreifen und festzuhalten, zu welchem Zweck er etwas vorgestoßen werden kann. Gossz (63) hat ihn einem eingehenden Stu- dium unterworfen und stellt verschiedene Typen auf, nach denen sein »mastax« gebaut ist; er nennt ihn sub-hemispherice bei Brachionus oblate spheroid » Euchlanis cordate » Notommata Petromyzon prolate » » aurita subtriquetrous » Plagiognatha triglobular » Noiommata clavulata purse-like » Mastigocerca irregulariy oblique » Synchaeta und Polyarthra wanting » Floseularia. Es kann nun nicht meine Aufgabe sein, alle diese Formen, welche sich mehr oder weniger von einander unterscheiden, zu besprechen, ich wili hier nur kurz die Theile beschreiben, die, wenn auch in ver- schiedenen Modifikationen, bei allen Räderthieren vorkommen. GossE unterscheidet einen mittleren Theil Incus (Fig. 27 und 60a) und einen paarig angeordneten, den Malleus, der aus zwei gelenkig mit einander verbundenen Stücken besteht, welche Uncus und Manubrium genannt 414 Karl Eckstein, werden. Der Uncus ist oft mit scharfkantigen Längsleisten versehen und kann Zähne tragen, welche so stehen, dass die der einen Seite in die Lücken der anderen Seite passen, wie bei Diglena grandis. Die seit- lichen Anhänge des Incus heißen Rami, hinter welchen die Alulae liegen, während das mittlere unpaare Stück Fulecrum genannt wird. Diese chitinösen Theile des Kauers sind von einer starken Muskellage umgeben, welche durch ihre Kontraktionen den ganzen Apparat in Be- wegung setzen. Dies geschieht, während das Räderorgan Nahrung her- beistrudelt, in der Art, dass die Manubria von den Muskeln vorgeschoben werden, dann biegen sich die Unci mit ihren vorderen Enden einwärts und pressen die vor ihnen liegende Nahrung zwischen sich durch, wor- auf sie in ihre frühere Lage zurückkehren. Diese kurze Schilderung des sehr komplicirten Vorgangs muss hier genügen, und ich verweise nur auf Gosse#’s citirte Arbeit. Die Lage des Kauers d. h. der Chitin- stücke im Schlundkopf ist ohne Ausnahme so, dass Malleus sowohl wie Incus mit ihren freien Enden nach hinten liegen, sich aber nach vorn zu mit einander und mit den übrigen feineren Theilen des Kauers gelenkig verbinden. Es musste mir daher sehr auffallen, dass Levynıe (108) auf Taf. II Fig. 15 und Taf. IV Fig. 42 den Kauer verkehrt ein- zeichnet, während er sonst in der richtigen Lage eingetragen ist. Bei Fig. 19 auf Taf. II, die ebenfalls auf den Kopf gestellt ist, glaube ich den Grund gefunden zu haben, wenn er p. 25 und 26 von zweispitzig endenden »Haken« und »Kieferzangen« spricht — um den Kauer mit einem Krebsmagen zu vergleichen. Bei Floscularia hat Goss£ (63) den Kauer nicht gefunden, wohl weil er ziemlich weit von seinem gewöhn- lichen Platze nach hinten verschoben ist (das Nähere hierüber s. p. 346) (vgl. 147 Flosc. proboscidea). An den Kauapparat schließt sich der Darmtractus an, der entweder eng oder weit sackartig und blind geschlossen ist, oder durch eine Kloake auf der Rückenseite nach außen mündet. Die GCilien desselben sind meist nach hinten gerichtet, ihre Bewegung ist nicht immer gleich stark, nur im Enddarm gewahrt man stets ein sehr eifriges Wimperspiel. An dem langgestreckten, für Rotifer und Philodina charakteristi- schen, engen Darm kann man nur zwei Abschnitte unterscheiden, der erste ist überall gleich weit und zeigt nur am Anfang und Ende eine scharf abgesetzte, schwache Erweiterung; der Enddarm dagegen ist blasenförmig und kann bei der Kontraktion des Thieres durch die übrigen Eingeweide, besonders den Fuß, unregelmäßig zusammenge- drückt werden, während der Vorderdarm sich in eine große Schlinge zusammenlegt (Fig. ik). Bei den meisten Räderthieren unterscheidet man einen kurzen engen Schlund, einen weiten, kugeligen oder Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 415 eylindrischen Magenabschnitt und einen birnförmigen, spitz in die Kloake verlaufenden Enddarm. Andere wiederum haben einen Darmtracius, an welchem diese einzelnen Abschnitte nicht zu unterscheiden sind. Conn (25) hat in dem Schlund bei Brachionus eine eigenthümliche Flim- merung gesehen, »welche den Eindruck macht, als ob 3—4 Wellen sich rasch hinter einander folgten«; dasselbe hat Perry angegeben, während Leypig eine Verwechslung vermuthet. Die Beobachtung Coun’s ist voll- ständig richtig; ich habe sie auch oft gesehen und bin durch meine Be- obachtungen zu folgendem Resultat gekommen: An der Stelle, wo der Schlund in den Magen mündet, sitzen mehrere lange Cilien, welche in eifriger Thätigkeit sind und den Zweck haben, die schwachen Gilien des Magenepithels zu unterstützen und den Speisebrei in eine rotirende Be- wegung zu versetzen, die man bei jedem Räderthier leicht sehen kann (vgl. p. 361). Wenn Conan (26) und Levvic (108) von Querfalten in der Schlundröhre sprechen, so haben sie meiner Ansicht nach nichts Anderes gesehen, als die eben besprochenen langen Wimpern, die nicht immer in Thätigkeit sein müssen und in ihrem Ruhezustand nicht als drei hinter einander verlaufende Wellen, sondern als dunkle Falten erscheinen. Bei Rotifer und Philodina wird man nie diese Erscheinung wahrnehmen können, da hier die Wimpern kürzer und in großer Anzahl in dem vorderen, etwas erweiterten Theile des Darmes sichtbar sind. Auf den Schlund folgt der eigentliche Magen, in welchem die Nah- rung mit dem Sekret der später zu besprechenden Drüsen zusammen- kommt und durch dasselbe zersetzt wird, wobei ihre ursprünglich verschiedene Färbung in ein gelbliches Braun übergeht. Der Magen ist bei der einen Art deutlich, bei einer anderen weniger scharf von dem - letzien Abschnitt des Tractus getrennt, in welchem das Wimperspiel am stärksten und am deutlichsten zu erkennen ist; er zeigt oft wurmartige Kontraktionen, welche ein Weiterschieben der Nahrung bewirken. Der Darmkanal endigt in einer Kloake, in welche außer ihm noch die kon- traktile Blase des Exkretionsgefäßsystems und der Ausführungsgang des Ovariums mündet. Sie hat eine dorsal gelegene Öffnung und mündet nur bei Pterodina im Fußende. Die Wand des Darmtractus ist ziemlich dick und entweder selbst drüsiger Natur, oder es setzen sich an dieselbe große Drüsen an. Unter diesen kann man zwei Arten unterscheiden, nämlich ein Paar, welches zu beiden Seiten am Anfang des Magens ge- legen ist und (Fig. 59) mit einem Ausführungsgang in denselben mündet, ferner eine große Drüsenmasse, an der entweder keine ein- zelnen Lappen etc. zu unterscheiden sind (Rotifer und Philodina), oder die in nierenförmige oder traubige Lappen zerfällt (Eosphora, Trioph- thalmus, Fig. 30, 314). Diese Drüsen haben alle einen hellen fein- 416 Karl Eckstein, körnigen Inhalt, ferner finden sich oft an denselben große, stark lichtbrechende Fettbläschen, welche wahrscheinlich das Sekret bilden und in den Darmtractus übertreten, wo sie die Verdauung besorgen. Unter den Räderthieren giebt es aber eine ganze Anzahl, welche wohl eine Kloake, d. h. einen Ausführungsgang für die kontraktile Blase und das Ovarıum besitzen, deren Darmkanal aber nicht in dieselbe mündet, sondern blind geschlossen ist; diese zählte man früher zu der Gattung Notommata, Carus hat sie aber als Asplanchneen von denselben ge- trennt. Diese Schilderung des Darmkanales gilt nur für die weiblichen Thiere, bei den Männchen ist er mehr oder weniger vollständig zurück- gebildet, worauf ich bei der mit dem Geschlecht zusammenhängenden Gestaltverschiedenheit zurückkommen werde (p. 424). Wie schon mehrfach erwähnt, endet der Darm mit einer Kloake. Diese ist überall kurz und mündet auf der dorsalen Seite nach außen; sie liegt im hinteren Abschnitt der Leibeshöhle und nur bei manchen Formen, die in Hüllen stecken, oder in Kolonien festgewachsen sind, ist sie mehr oder weniger nach dem Kopfende verschoben. Melicerta ringens (7) kann ihren Enddarm ausstülpen, er reicht dann bis an das obere Ende der Hülle und wird nach der Entleerung wieder eingezogen. Der After liegt bei allen Räderthieren auf der Neuralseite, auch bei den fest- sitzenden Formen und entsteht immer (95. 130) durch eine Einstülpung der Rückenseite des bauchwärts umgeschlagenen Fußes. Im Wider- spruch hiermit steht Huxrey (90), welcher behauptet, der After liege bei den festsitzenden Thieren nicht auf der neuralen Seite und der Stiel derselben sei dem Fuß der freilebenden Thiere nicht homolog, da ersterer ein Fortsatz der neuralen, letzterer der ventralen Seite des Thieres sei. Allein diese Meinungsverschiedenheit lässt sich leicht aufklären, wenn man bedenkt, dass das, was Huxıry als Ganglion deutet, unter dem Munde auf der ventralen Seite liegt, dass aber bei allen Rotatorien das Ganglion dorsal gelegen ist, und endlich, dass Huxrey’s Ganglion nach LeyDie keineswegs ein solches ist, da nach seiner Ansicht das Nerven- centrum in den spindelförmigen Zellen zu suchen ist, die je vier am Schlund und am Fußanfang liegen. Das Exkretionsgefäßsystem. Das Exkretionsgefäßsystem der Räderthiere wird gebildet aus einer kontraktilen Blase und zwei zu beiden Seiten des Darmes bis nach dem Kopfe hin verlaufenden Kanälen, denen Flimmerorgane ansitzen. Die kontraktile Blase besteht aus einer feinen, strukturlosen, membran- artigen Haut, welche durch ein System von äußerst zarten, nur unter Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 417 günstigen Bedingungen sichtbaren Muskelfasern umspannt wird, welche bei einer Kontraktion ihr Lumen, wenn auch nur für einen Moment, auf ein Minimum beschränken. Diese Kontraktion geschieht sehr rasch und plötzlich, gleich darauf beginnt das Erweitern der Blase, welches lang- samer vor sich geht, sei es nun hervorgerufen durch die Elasticität der Blasenhaut, oder durch den Druck, den die allmählich einströmende Flüssigkeit ausübt. An diese Blase setzt sich nun auf beiden Seiten je ein langer, schlauchartiger Kanal an, der bis in die Nähe des Räderor- gans verfolgt werden kann. Er verläuft nicht gerade, sondern macht vielfache Windungen und Schlingen, kann sich theilen und wieder ver- einigen und hat eine ziemlich dicke Wandung, in der außer den zelligen Bestandtheilen leicht eine fein granulöse, oft drüsig aussehende Masse erkannt wird, welche besonders stark am Kopfe entwickelt ist, wo die Kanäle oft vielfach verschlungen sind. Einen querverlaufenden Kanal will Huxtey bei Lacinularia in der Kopfgegend gesehen haben, allein seine Angabe steht ganz isolirt da und wird von allen Seiten be- stritten. An diesen großen Gefäßstämmen sitzen die sogenannten Zitter- organe oder Flimmerlappen, welche in verschiedener Weise gesehen und gezeichnet worden sind. Durch langes Beobachten bin ich zu folgender Ansicht über ihren Bau gekommen. Sie haben eine keulenförmige Ge- stalt (Fig. 6) und sind mit dem dünneren Ende an den Seitenkanälen befestigt, das andere dicke Ende aber hängt frei in die Leibeshöhle. Bei nicht sehr starker Vergrößerung sieht man in denselben schwarze und weiße Felder, ähnlich einem Schachbrett, die sich, ihre Lage zu ein- ander beibehaltend, rasch von dem freien Ende des Flimmerlappens zum anderen fortbewegen. Wenn man starke Systeme (Zeiss F) verwendet, lässt das ganze Gebilde folgende Theile erkennen: Das freie Ende er- scheint rund und je nach der Einstellung heller oder dunkler, als der übrige Theil des Flimmerläppchens, immer aber ist es durch eine feine Linie von demselben abgegrenzt, wie es auch Möpıus (147) gesehen und gezeichnet hat. Aus diesem oberen Ende ragt nun eine breite Cilie in - das freie Lumen des Kölbchens herein und befindet sich in rascher oder ‚langsamer Wellenbewegung, die von dem festgewachsenen Ende nach dem frei beweglichen regelmäßig fortschreitet. Immer habe ich nur ein Wimperhaar erkannt im Gegensatz zu den sonst mit meinen Beobach- tungen übereinstimmenden Angaben von Mösıus (147), der Fig. % eine Menge feiner dicht an einander liegender oder verschlungener CGilien ge- zeichnet hat. Für das von mir Gesehene glaube ich nun folgende Er- klärung geben zu können: Das kolbige Organ ist nicht, wie seither an- genommen worden ist, am oberen Ende geöffnet, sondern hier voll- ständig durch einen halbkugelförmigen Deckel geschlossen, in dessen 418 Karl Eckstein, Mitte die lange Gilie befestigt ist; unterhalb dieses Deckels befindet sich eine Öffnung, die bei den kleineren Formen klein und rund, meistens aber groß und länglich oval ist und nicht bis zum freien Ende der Gilie reicht, wo man, wenn auch nicht leicht, ihr Ende als’eine feine Quer- linie erkennen kann; mit dieser beginnt eine ganz kurze Röhre, welche bald in den Seitenkanal übergeht. Durch diese schlagende Cilie werden die verbrauchten Säfte des Körpers aus der Leibeshöhle in die Exkre- tionskanäle geführt, von wo sie in die Blase gelangen, welche sie durch ihre Kontraktionen von Zeit zu Zeit aus dem Körper durch die Kloake entfernt. Dies ist der für die Rotatorien typische Bau der Exkretionsgefäße, der bei einzelnen Formen manches Verschiedene hat; was zunächst die Flimmerlappen an jedem Ast der Seitengefäße betrifft, so finden wir sie meistens in beschränkter Zahl vorhanden bis zu 5 oder 6, bei anderen aber in viel größerer Menge. Conochilus volvox hat nach Conn (27) zwei hinter einander liegende kontraktile Blasen und bei Brachionus militarıs (25) besteht die Blase aus zwei Kammern, welche sich abwechselnd zu- sammenziehen, wodurch Wasser von außen in den Körper eingepumpt werden soll (?). Welchen Zweck die kontraktile Blase bei Brachionus plicatilis hat, ist mir nicht klar, da bei ihm die Seitenkanäle »hinter der Blase in die Kloake« münden sollen (417). Bei Lacinularia wird nach Leypıe (140) Wasser durch die Kloake vermittels der Blase eingezogen und zur Respiration verwendet (?). Nach den bisherigen Beobachtungen musste man annehmen, dass das Exkretionsgefäß bei Seison fehle, aber nach den neuesten Untersuchungen von Craus (24) ist es dort ebenfalls wohl ausgebildet. Die Flimmerlappen sind nicht fest und steif an den Seitenkanälen angewachsen, sondern können sich etwas um ihren Anheftepunkt be- wegen, was auch meist geschieht, wenn die Cilien in ihrem Inneren in eifriger Thätigkeit sind; befestigt sind sie in der Weise, dass sie mit dem freien Ende nach hinten zeigen ; von der Fläche gesehen, haben sie das p. 417 beschriebene Aussehen ; wenn ihre Längsachse aber parallel der Sehlinie ist, dann entsteht ein Bild, wie es Leyvic (108) Fig. 21 und 25 darstellt und Conn (25 p. 445) richtig beschrieben hat. Was Leynıg’s im Lumen der Kanäle selbst angebrachte Flimmerlappen betrifft, so kann ich dazu bemerken, dass ich auch öfter geglaubt, solche erkannt zu haben, aber bei schärferem Beobachten musste ich immer die Wahr- nehmung machen, dass es die gewöhnlichen Flimmerlappen waren, welche nur zeitweise von einer Schlinge des Hauptkanals überlagert waren, der die Flimmerung durchscheinen ließ, bei Seison dagegen hat Craus (24) auch solche Wimperläppchen im Seitenkanal selbst gesehen, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 419 wodurch Leypie’s Ansicht bekräftigt wird. Fraıont (56. 57) betrachtet die Morphologie der Exkretionsorgane bei den verschiedenen Klassen der Vermes und ihrer Larven; er zeichnet auch die Flimmerlappen eines Trematoden, welche aus einem kolbigen oben geschlossenen Körper be- stehen, die an der Seite eine ovale Öffnung haben und in denen eine lange Gilie schwingt, ganz so, wie ich es bei den Rotatorien eben be- schrieben. Die Fußdrüsen. Am Hinterende des Körpers, hinter oder zu beiden Seiten der kon- traktilen Blase sieht man bei allen Rotatorien zwei kolbenförmige Or- gane. Sie sind der Gestalt des Fußes entsprechend langgestreckt, hier- und da etwas eingeschnürt und endigen am Anfang der Leibeshöhle. Hier beginnt je ein sehniger Faden, der sich weiter nach vorn an der Körperwand inserirt und so die kolbigen Gebilde in ihrer Lage hält (Fig. 16). Nach dem Fußende zu verjüngen sie sich und gehen in einen engen Kanal über, der meist kurz vor der Zehenspitze dorsal nach außen mündet. Diese Organe sind Drüsen mit feinkörnigem Inhalt; in ihrer Mitte ist oft eine hellere Linie deutlich sichtbar, welche wahrscheinlich eine Rinne ist, in der sich das Sekret der Fußdrüsen ansammelt und weiter geleitet wird. Es dient zum Ankleben des Fußes und ist seiner Beschaffenheit nach bei den einzelnen Rotatorien von verschiedener Art. Ein körniges Sekret, das Mösıus bei Brachionus plicatilis beschreibt, habe ich nie gefunden, aber ich glaube in so fern einen Unterschied machen zu können, als es bei den einen Arten zum Ankleben des Fußes dient, während es bei anderen zu einem feinen Faden ausgesponnen werden kann (vgl. p. 364). Wenn man einen Rotifer in seinen Be- wegungen beobachtet, so sieht man, wie die feinen Zehen, mit ihren Drüsenöflinungen nur einen Moment ausgestreckt und alsbald wieder eingezogen werden. Es ist dabei der Zweck des Sekretes nicht der, das Thier überhaupt festzuhalten, sondern der, nur als kurzwirkendes Kleb- mittel zu dienen, bis der Rand des dritten Fußgliedes fest aufgesetzt ist, _ worauf die beiden ersten eingezogen werden; dabei entsteht ein leerer Raum, so dass der Fuß durch den äußeren Druck angepresst hängen bleibt. Zum Losreißen dient bei Rotifer ein stärkeres Strudeln des Räder- organs, oder ein kräftiges Schlagen des ganzen Körpers, bei anderen werden die Zehen eingezogen und so das Sekret gelöst, wie eS GRENACHER (72) von Brachionus beschrieben. Auch die festgewachsenen Räder- thiere besitzen diese Drüsen und verwenden ihr Sekret zum dauernden | Anheften des Fußes. 420 Karl Eckstein, Respirationsorgane, Blut, Bindegewebe etc. Im Laufe der Zeit sind die verschiedensten Ansichten über die Re- spirationsorgane der Rotatorien ausgesprochen worden: Besonders war es die kontraktile Blase, welche man als Athmungsorgan betrachtete, weil man glaubte, dass durch sie Wasser eingesaugt und wieder aus- gestoßen würde, eine Ansicht, von deren Richtigkeit ich mich indessen nicht überzeugen konnte. Da nun bis jetzt kein Organ gefunden worden ist, welches den unbedingt nöthigen Gasaustausch vermittelt, ist man zu der Annahme gezwungen, dass die Haut diese Funktion übernommen hat; hierdurch würde sich dann auch der Zweck der Poren im Panzer ‚bei Brachionus plicatilis erklären (117). Ein Gefäßsystem, durch welches die Blutflüssigkeit im Körper cir- kuliren könnte, fehlt bei allen Rotatorien. Die Nährflüssigkeit, das Blut, tritt, wenn es am Darmtractus ausgeschieden worden ist, frei in die Leibeshöhle. Hier wird es durch die Kontraktionen des ganzen Körpers, oder nur durch das Einziehen des Kopfes in Bewegung versetzt, die man besonders schön bei Floscularia beobachten kann. Bei anderen Räderthieren, die sich nicht so lebhaft zusammenziehen, wird es durch seitliches Hin- und Herschlagen des Darmes in alle Theile des Körpers getrieben. Es besteht aus einer Flüssigkeit, in der äußerst kleine Blut- körperchen in Gestalt von feinen Körnchen bei den einen in großer Menge, bei den anderen spärlicher vorhanden sind, oder (scheinbar?) ganz fehlen, eigentliche Blutzelien sind noch nicht beobachtet worden, Meist ist das Blut farblos oder wasserhell, manchmal auch röthlich (Syn- chaeta pectinata) oder gelb (Notommata centrura). Von der Beschaffer- heit dieser Blutflüssigkeit kann man bis jetzt weiter nichts angeben, als was Coun (l. ec.) bei Conochilus beobachtet hat, näinlich, dass sie dichter als das Wasser ist. | Zur Befestigung der Organe in der Leibeshöhle dienen bindege- webartige Fasern, die hier und da bei scharfem Zusehen bemerkt werden können. Es sind kleine Knötchen, von denen zwei, oder wohl auch drei Fäden ausgehen, die sich am Tractus, den Drüsen und der äußeren Körperwand inseriren, aber nur sehr schwer zu verlolgen sind und bald verloren werden. ) Drei Organe muss ich noch erwähnen, über deren Natur und Zweck wir noch völlig im Unklaren sind, nämlich die Harnorgane Leypıg’s und zwei Gebilde, die ich bei Squamella (s. o.) gefunden habe. Die erstgenannten Harnorgane finden sich bei den Jugendformen von Fioscularia, Stephanoceros, Lacinularia etc. ich habe sie auch ge- sehen und zwar bei einer jungen Floscularia und oben (p. 348) Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 421 beschrieben. Nach Leynvıc (108) sammeln sich die Harnkonkremente, die von einem nierenartigen Organ, das dem Darm anliegt, abgesondert werden, in einem besonderen Abschnitt der Blase an. Conn (25) da- gegen und Weisse suchen nachzuweisen, dass Leypıe’s Annahme falsch, und der eigentliche Zweck und die Beschaffenheit dieses Organs noch nicht hinreichend erklärt sei; lieber wollen sie es als Rest der Dotter- masse des Eies betrachten, der später noch als Nährstoff verbraucht wird. Das zweite Organ, für welches ich keine Erklärung gefunden, liegt zu beiden Seiten des Darmes von Squamella, bei deren Besprechung (p- 390) schon das Nähere darüber mitgetheilt ist. Das dritte endlich ist ein bei allen Squamella-Arten am Vordertheil des Darmes nach dem Rücken hin liegendes Gebilde, das nicht mit der Haut, sondern mit den Eingeweiden verwachsen ist und sich mit ihnen verschiebt (vgl. p. 390). Die Geschlechtsorgane. Man hat lange Zeit angenommen, dass die Rotatorien hermaphro- ditisch seien, hat aber nach und nach die Männchen von verschiedenen Gattungen kennen gelernt. Von vielen jedoch, wie Rotifer und Philo- dina, sind sie noch unbekannt, und es ist zweifelhaft, ob dieselben überhaupt existiren. Doch davon später. Der Grund, warum die Männ- chen so lange Zeit verkannt wurden, ist der, dass sie in weit geringerer Zahl und viel seltner auftreten als die Weibchen, und sich von ihnen in verschiedener Hinsicht unterscheiden, so dass man sie lange Zeit für be- sondere Arten gehalten hat. Es findet nämlich ein Dimorphismus in der Art statt, dass die Männchen entweder äußerlich eben so, wie die Weib- chen gebaut und nur etwas kleiner von Gestalt sind, wie bei Euchlanis dilatata, oder dass sie eine ganz andere Gestalt besitzen und äußerst klein sind im Verhältnis zu ihren Weibchen (Brachionus). Dazu kommt nun noch eine Verschiedenheit bezüglich der Ernährungsorgane, worüber verschiedene Beobachtungen vorliegen, die etwas von einander ab- ‘ weichen. Sıeın (139) glaubt, dass bei allen Räderthiermännchen der Darm wirklich vorhanden und nur der Kauapparat zurückgebildet ist. Conan (21) sowohl wie Leypıe (A114) beobachteten bei Hydatina senta einen feinen, durch den Körper hinziehenden Strang, den ersierer für Bindegewebe, letzterer für Rudimente des Darmes hält. Josern (96) hat bei Apodoides gefunden, dass beide Geschlechter einen Darmtractus besitzen, dass der des Männchens aber bald redueirt und außer Funktion gesetzt wird. Sarenskv (130) beobachtete bei Brachionus urceolaris die Embryonalentwicklung und hat gefunden, dass die ersten Entwicklungs- 422 Karl Eckstein, stufen der beiden Geschlechter einander vollständig gleichen, dass die ersten Anlagen des Verdauungskanals bei den g' eben so wie bei den © als Einstülpung an der Bauchseite auftreten, dass aber in einem späteren Stadium die Entwicklung dieser Theile beim männlichen Embryo stille steht, während sie beim weiblichen in der angedeuteten Richtung weiter fortschreitet, so dass wir sagen können, der Darmkanal erleidet bei den Räderthiermännchen eine regressive Metamorphose, während er bei den Weibchen immer vorhanden ist, abgesehen von einer Ausnahme (s. u.), bei welcher er in Folge des zeitweise parasitischen Lebens zurückge- bildet werden kann. Ein weiterer Unterschied der beiden Geschlechter besteht bei einigen Arten darin, dass die Weibchen einzeln oder in Ko- lonien festgewachsen sind, während die Männchen frei umherschwimmen können, wie dies bei Gonochilus der Fall ist, wo die Männchen alsbald, nachdem sie dem Ei entschlüpft sind, die Kolonie eifrig umschwärmen. Ich werde nun im Folgenden näher auf die Geschlechtsorgane ein- gehen und beginne mit denen der Männchen. Der Hoden liegt in der Mitte der Leibeshöhle, da wo bei den weib- lichen Thieren der Darmtractius hinzieht; er ist ein länglich ovaler, birn- oder spindelförmiger Körper, der von einer wahrscheinlich kon- traktionsfähigen Haut umgeben ist. Der Ausführungsgang für den Samen befindet sich am Hinterende des Körpers und bildet einen besonderen, im Inneren und am äußeren Ende mit Cilien besetzten Penis, der ein- gezogen und vorgestreckt werden kann, und durch den auch die kon- traktile Blase der Exkretionsgefäße mündet. Die Spermatozoen haben entweder eine stäbchen- oder fadenförmige Gestalt, sind von einer flim- mernden Membran eingefasst, können sich ringeln und lassen bei Cono- chilus volvox im Inneren einen besonderen feinen Faden erkennen (27); auch Prostatadrüsen können vorkommen. Bei Hydatina und Brachionus finden sich unregelmäßige Körnerblasen auf dem Hoden, für die aber bis Jetzt keine Erklärung gefunden werden konnte. Die Lage des Ovariums wird im Verhältnis zum Darm verschieden angegeben, meistens liegt es seitlich von demselben. Leypıe hat den Eierstock bei der einen Art über, bei der anderen unter dem Tractus liegen sehen. Das Ovarium hat eine traubig-sackförmige Gestalt und ist unpaar; oft erscheint es hufeisen- oder nierenförmig oder gar in zwei scheinbar getrennte Theile zerlegt, wie bei Squamella bractea, was ich. oben (p. 390) schon geschildert habe. Seine äußere Wandung besteht aus einer feinen membranösen Haut, in der man auch Andeutungen von Zellen gefunden hat. Der Inhalt des Eierstocks besteht aus einer fein gekörnelten, meist blassgrauen Masse, in welcher blasse Gebilde ein- gelagert sind, die wiederum von einem wasserhellen, mehr oder weniger Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 493 breiten Hof umgeben werden. Oft kommt es vor, dass die beiden Lappen des Eierstocks in Bezug auf ihren Inhalt verschieden sind, indem im einen Theil die hellen Kerne, im anderen die feinkörnige Dottermasse vorzugsweise angesammelt ist. Auf dieser Erscheinung beruht die An- nahme v. BEnepen’s (11), dass ein Theil des Ovariums die Kerne liefere, während von den Zellen eines anderen Theils die Dottersubstanz aus- geschieden würde. Dieser Ansicht ist aber Lupwic in seiner Preisarbeit: Über Eibildung im Thierreich (112) enigegengetreten und hat nachge- wiesen, dass v. BENEDEN’s Ansichten nicht aufrecht zu erhalten sind. Ein genaues und längeres Beobachten führt uns aber auch zu dem Re- sultat, dass diese Erscheinung bei einer und derselben Gattung nicht immer vorhanden ist, bei dem einen Individuum kann der Inhalt des Eierstocks in beiden Theilen die eben angegebene Verschiedenheit zeigen, während bei einem anderen derselben Species der ganze Eier- stock überall in gleicher Weise mit Dottermasse und Kernen angefüllt ist. Es könnte die Sache sich auch wohl so verhalten, dass die hell um- grenzten Kerne des Ovariums sich aus dem übrigen Inhalt desselben bilden, und dass dann dieselben bei manchen Individuen in dem einen Theil des Eierstocks vorhanden, in dem anderen aber noch nicht ent- wickelt sind, so dass auf diese Weise das verschiedene Aussehen der einzelnen Theile des Ovariums zu Stande käme. Nicht bei allen Räderthieren hat man bis jetzt einen Ausführungs- gang des Ovariums sicher erkannt. Bei vielen derselben (Fig. 36) kann man ihn unter günstigen Umständen deutlich sehen (Brachionus), während ich ihn bei den lebendig gebärenden Formen bis jetzt vergeb- lich gesucht, Cox (29) aber denselben gefunden haben will. Bei ersteren ist der Ovidukt von derselben zarten Haut, wie das Ovarium gebildet . und mündet in die Kloake. Bei letzteren sieht man, dass die Embryonen von einer zarten Haut umgeben sind, welche Scnnir (135) mit EurEn- BERG (49) als dehnbare Haut des Uterus betrachtet, während nach einer anderen Ansicht die Embryonen frei in die Leibeshöhle gelangen, wo “ sich eine besondere Haut um dieselben bildet. Die Genitalöffnung wird durch die Kloake gebildet, liegt also am hinteren Körperende, nur bei Seison ist sie am Halsabschnitt gelegen - und eben so bei den Weibchen von Conochilus, was daraus zu schließen ist, dass die Männchen sich mit dem Penis immer in dieser Region an das Weibchen anlegen. Den Akt der Begattung hat schon BrıcurweLL (13) beobachtet, Corn (25), Köruiker (97) u. A. beschreiben denselben ebenfalls und kommen zu dem Schluss, dass die Spermatozoen frei in die Leibeshöhle gelangen, in der sie umherschwimmen. Offenbar muss bei dieser An- _ Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Ba. 98 494 Karl Eckstein, nahme irgend ein Porus vorhanden sein, durch den ein Theil der Samen- fäden in das Ovarıium kommen kann, während die anderen bald ab- sterben und von der den Körper erfüllenden Flüssigkeit resorbirt werden. Craus (24) dagegen glaubt als sicher annehmen zu können, dass bei Seison die Samenfäden direkt in einen Abschnitt des zart- häutigen Ovariums gelangen. Das Ei und seine Entwicklung. Wir haben eben gesehen, dass der Inhalt des Ovariums aus einer feinkörnigen Masse besteht, in welcher helle solide Körper von blassen Höfen umgeben eingelagert sind. Von diesen Keimanlagen des Ovariums entwickelt sich der dem Ausführungsgang zunächst gelegene zuerst zu einem Ei; dies geschieht einfach dadurch, dass sich ein Theil des fein- körnigen protoplasmatischen Inhaltes des Eierstocks von der übrigen Masse abtrennt und um sich eine feine Haut differenzirt. So ist das Ei fertig. Der helle Körper ist der Nucleolus, der blasse Hof der Nucleus und die Körnermasse der Eidotter. Nun treten in der bis dahin bei allen Rotatorien gleichen Entwicklung Verschiedenheiten auf, je nach- dem das Ei abgelegt wird, oder sich im Mutterthier entwickelt. Das Legen geschieht so, dass die Eier meist unter heftiger Kontrak- tion des Körpers durch die Kloake austreten, wobei sie beim Passiren dieser engen Öffnung sich zusammenpressen lassen, aber sofort wieder ihre ursprüngliche Gestalt annehmen. Manche kommen nun frei in das Wasser und treiben umher, andere bleiben am Panzer des Mutterthieres hängen und werden von ihm mit herumgeschleppt, und wieder andere werden in Reihen hinter einander an Wasserpflanzen angeheftet. Die frühere Annahme, dass Rotatorien einer gewissen Gattung die Eier einer anderen bestimmten Art neben der ihrigen mit herumtrügen, ist da- durch berichtigt, dass dies nicht Eier verschiedener Arten, sondern männliche und weibliche Eier derselben Species sind, wie durch ihre Entwicklung bewiesen wird. | Die Entwicklung des Eies findet bei allen Philodineen im Uterus statt. Die verschiedenen Furchungsstadien sind nicht leicht zu verfolgen, da bei jeder Bewegung des Thieres die junge Frucht in der Leibeshöhle umhergeschoben wird; auch ist noch nicht entschieden, ob sie frei in derselben liegt oder von einer feinen Haut umgeben ist. Cox (29) giebt eine Notiz über Rotifer vulgaris und glaubt, dass die Kaubewegungen des Embryo auf selbständige Nahrungsaufnahme hinweisen, und dass eine oft sichtbare Gilienbewegung nicht durch das Räderorgan, sondern von den Wimpern ausgeführt wird, welche sich im Schlunde befinden. Der Embryo liegt bald mit dem Kopf nach vorn, bald nach hinten und TE Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 425 wechselt öfter seine Lage, indem er sich vollständig umdreht, wodurch das Alte nicht im geringsten belästigt wird. Der Ovariumsack öffnet sich in die Kloake, aus der das junge Thier durch eine heftige Kontraktion des alten ausgestoßen wird. Daraus, dass Cox beobachtet, wie ein Fötus in dem todten Mutterthier heftig schlagende Bewegungen macht, glaubt er sich zu dem Schlusse berechtigt, dass der Embryo nur mit dem Fuß- ende mit dem Alten zusammenhänge und desshalb auch selbständig Nahrung aufnehmen müsse (?). Dies ist das Wenige, was sich bis jetzt im Allgemeinen über die Eientwicklung im Uterus sagen lässt; die Eier aber, welche schon vor Beginn der Furchung abgelegt werden und erst dann sich zu entwickeln beginnen, zerfallen in drei Arten, je nachdem es weibliche oder männ- liche Sommereier, oder Wintereier sind. Die letzteren unterscheiden sich dadurch von den anderen, dass sie allein eine äußere feste mit Fa- cetten, Haaren, Poren oder Höckern versehene Schale haben, die den beiden anderen Arten fehlt. Die Frage, wie sich diese feste Schale bildet, im Ovarıum oder nach der Ablage, ist bis jetzt eben so wenig beantwortet, wie die, in welcher Weise ihre Entwicklung vor sich geht, ob Weibchen oder Männchen, oder beide aus ihnen entstehen? Nur von Notommata syrinx berichtet Scumarpı (133), dass er Wintereier mit harter Schale im Inneren des Thieres gesehen habe. Die Wintereier werden richtiger Dauereier genannt, da sie sowohl im Herbst, wie auch im Frühjahr, oft sogar gleichzeitig mit den weichschaligen Sommereiern gefunden werden, sich auch nicht sogleich nach der Ablage entwickeln, sondern erst eine längere oder kürzere Zeit der Ruhe bedürfen, während welcher sie zu Boden sinken, um erst später wieder an die Wasserober- fläche zu steigen, wo sie sich weiter entwickeln. Außer der bereits ge- nannten, festen Schale besitzen sie noch zwei weiche Häute, von denen die eine dicht an der festen Schale liegt und nur manchmal an dem einen Pol von ihr absteht, während die andere den Embryo eng umschließt und ihm nach Weısse (159) zu einer raschen und glücklichen Geburt _ unbedingt nöthig ist. | Die weiblichen Sommereier sind diejenigen, die am häufigsten vor- kommen, und deren Entwicklung desshalb auch am öftesten beobachtet worden ist. Sie sind durchgängig kleiner, als die Dauereier und er- mangeln der jenen charakteristischen festen Schale, statt deren sie mit einer weichen Haut umgeben sind, die aber doch der Einwirkung von Kalilauge ziemlichen Widerstand entgegensetzt. Sie kann, wie WEISSE (159) gefunden hat, mit feinen Haaren und Borsten besetzt sein, die aber erst im Moment der Ablage sichtbar werden und vorher im Eier- stock dicht an der Eischale angelegen haben. Oft sehen die Eier auch 28* 426 Karl Eckstein, dadurch wie behaart aus, dass Algen sich an ihrer Schale angesetzt haben. Endlich kommt, wie oben angeführt, noch eine Art von Eiern vor, welche etwas kleiner sind, als die eben besprochenen weiblichen Sommereier, ihnen aber an Gestalt und äußerem Ansehen gleichen: aus ihnen entwickeln sich die Männchen. Wir stehen also hier vor der That- sache, dass bei manchen Rotatorien die Entwicklung der Eier im Uterus stattfindet, während bei anderen dreierlei Arten derselben abgelegt werden. Da die Männchen bis jetzt nur von verhältnismäßig wenigen Formen beobachtet wurden und immer nur von sehr kurzer Lebens- dauer sind, auch nicht zu jeder Jahreszeit, wie die Weibchen mancher Formen vorkommen und auf keinen Fall zur Befruchtung aller Weibchen in ausreichender Zahl vorhanden sind, so muss man bei den Rotatorien eine theils geschlechtliche, theils parthenogenetische Fortpflanzung an- nehmen. Diese letztere tritt auch dann ein, wenn die Männchen über-. haupt nicht vorhanden zu sein scheinen, wie bei den Philodineen. Aus dem ziemlich seltenen und oft fast gleichzeitigen Auftreten der Dauer- eier mit den Männchen glaubt man sich zu dem Schlusse berechtigt, dass jene allein das Produkt der Begattung sind, während alle übrigen Eier parthenogenetisch entstehen. Dysowskı (48) will jedoch auch beobachtet haben, dass Gonochilus volvox trotz Anwesenheit von Spermatozoen keine Wintereier, sondern lebendige Jungen zur Welt bringe. Die gleich- zeitige Ablage von Sommer- und Dauereiern von einem Weibchen ist allein bei Notommata Werneckii von Bausıanı (5) beobachtet worden, während er niemals Männchen dieser Form gesehen hat. Eine Metamorphose finden wir bei den meisten Rotatorien nicht, die Jungen, welche dem Ei entschlüpfen, haben die Gestalt der Alten, nehmen natürlich noch etwas an Größe zu. Nur bei Polyarthra und deren Ver- wandten bilden sich die flossenartigen Anhänge erst einige Zeit nach dem Ausschlüpfen. Die Jungen der festsitzenden Formen sind meist frei be- weglich und setzen sich erst später fest, worauf eine Umwandlung des Räderorgans vor sich geht. Eben so hat Apsilus lentiformis ein vom aus- gebildeten Thier verschiedenes Jugendstadium. Wir haben oben die Entstehung und Bildung des Räderthiereies kennen gelernt und wollen nun kurz seine Entwicklung betrachten. Je mehr das Ei sich der Reife nähert, d. h. in das Bildungsstadium tritt, in dem es mit oder ohne Befruchtung sich zu theilen beginnt, um so un- deutlicher wird der Kern und verschwindet endlich ganz. Bürtsenti (16) konnte trotz aller Bemühungen eine Polzelle nicht finden, während Fremming (54), der den Kern bei Laeinularia socialis an die Langseite des Eies rücken und dann verschwinden sieht, dies als Austreten einer Polzelle auffasst. Auch fand er, dass weder kurz vor, noch kurz nach EEE Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 427 diesem Vorgang ein Kern zu sehen ist, dass sich aber bald eine maitt- helle Stelle zeigt, an welcher dann die Theilung und Furchung zuerst auftritt. BürscaLı (16) dagegen sieht, wie sich nach dem Verschwinden des ersten ursprünglichen Kerns vor der ersten Theilung ein neuer Kern bildet, der zuerst als undeutlicher Fleck sichtbar, dann aber rasch zu einem scharf begrenzten deutlichen Bläschen wurde und dem später zu schildernden Theilungsprocess verfiel. Die Verschiedenheit dieser Be- obachtungen giebt BürschLı der Ungunst der Objekte Fremnine’s Schuld. Wie dem nun auch sei, so viel ist sicher, dass sich die Rotatorieneier inäqual furchen, indem eine Querfurche die Eizelle zuerst in zwei un- gleiche Zellen zerlegt. Unter Anwendung passender Reagentien kann man deutlich erkennen, dass die Furchung unter den im ganzen Thier- reich oft beobachteten Erscheinungen, nämlich strahlige Lagerung der Doitermasse, Verlängerung und Spindelbildung des Kerns, Bildung und Auseinanderrücken der Kernplatte, neue Kernbildung und Einschnürung von außen her, vor sich geht. Auf eine genauere Schilderung dieser Vorgänge muss ich hier verzichten und kann nur auf die Arbeiten von Bürscaui (l. c.) und Fremmise (l. c.) verweisen. Die Furchung schreitet nun in der Weise fort, dass die kleinere der beiden ersten Furchungs- kugeln sich weiter zerlegt, während die größere vorerst unverändert bleibt, dann sich aber auch theilt und von den aus ersterer ent- standenen Zellen ganz umlagert wird, so dass zwei Zellschichten ent- standen sind, von denen das äußere Blatt aus der kleineren, das innere aus der größeren der beiden ersten Zellen entstanden ist. Im Widerspruch hiermit giebt JoLıer (94) an, dass die Theilung Anfangs gleichmäßig sei, und erst später ein Theil sich rascher furche, als der andere. Bei der Weiterentwicklung stülpt sich der Theil, welcher zur Bauch- seite des späteren Thieres wird, ein, und bald kann man an den Wänden dieser Einstülpung erkennen, was Räderorgan und was Fuß etc. werden soll (130); Räderorgan, Augen und Kauer bilden sich sehr rasch aus und zwar nach Weisse (458) in der Art, dass sich der Kieferapparat vor den nackenständigen Augen, aber gleichzeitig oder nach denjenigen entwickelt, welche in der Stirngegend sitzen. Damit stimmt aber die Angabe von Cox nicht, welcher sagt, dass der Kauer bei Rotifer vul- garis das erste Organ sei, welches sichtbar wird. Die Zeit, welche von dem Moment des Legens bis zum Ausschlüpfen des Thieres verfließt, wird man auf ungefähr 1—2 Tage angeben können. Nach dieser Zeit platzen die meisten Eier mit einer Querspalte auf und lassen das junge Thier mit Hilfe seines Räderorgans austreten. Außer dieser Fortpflanzung durch Eier beschreibt Ganın (59) eine solche durch Sprossung bei Callidina parasitica: Aus der Matrix des 428 Karl Eckstein, Mutterthieres bildet sich eine Knospe, die sich bald mit einer struktur- losen Membran umgiebt, weiter entwickelt und endlich losschnürt. Da- neben kann das Thier aber auch echte entwicklungsfähige Eier produ- eiren. } Vorkommen und Lebensweise. Die Räderthiere finden sich über die ganze Erde verbreitet, im süßen und im salzigen Wasser, in der klar hinrieselnden Quelle, wie im dicht verwachsenen, stagnirenden Sumpfe, ja auch in dem nur zeitweise von Feuchtigkeit durchdrungenen, meist der Sonnenhitze aus- gesetzten, kümmerlichen Moose eines alten Ziegeldaches. Und gerade an diesen und ähnlichen Plätzen, im Sande, der sich in den Dachrinnen sammelt, fand man sie zuerst in der freien Natur, nachdem man sie vorher meist in künstlichen Infusionen gesucht und gezüchtet hatte (70). In jeder Jahreszeit, selbst unter dem Eise, finden sie sich in einigen Arten; die meisten aber und die größte Individuenzahl, die so wachsen kann, dass das Wasser wie von einem milchigen Überzug bedeckt er- scheint, trifft man im Hochsommer an den Wasserpflanzen in Gesell- schaft von Insektenlarven, Würmern und Infusorien. Wenn man einen bestimmten Fundort längere Zeit hindurch untersucht, kann man sehen, wie eine Art, die gestern noch in großer Menge vorhanden war, heute schon spurlos verschwunden, und wie eine andere, die vorher nur durch einige Repräsentanten vertreien war, an ihre Stelle getreten ist. Nach einigen Tagen oder Wochen wird diese einer dritten, oder viel- leicht wieder der ersten Platz gemacht haben und selbst eben so ver- schwunden sein, wie sie gekommen. Aber ausgestorben ist sie nicht, nur eine Generation derselben ist vorbei, und die neue liegt im Ei verborgen, das entweder auf dem Grunde des Tümpels ruht, oder frei an der Oberfläche des Wassers umhertreibt, oder endlich von den Alten beim Legen an ein Hälmchen oder Algenfädchen angeheftet wurde. Wenn auch die meisten Räderthiere ein kurz dauerndes Leben haben, zeichnen andere sich durch eine glückliche Eigenschaft aus, die es ihnen ermöglicht, der Todesgefahr zu entgehen, welche sie während der heißen Sommertage im Moose der Dächer oder beim Austrocknen der heimat- lichen Wasserlache bedroht, denn sie vermögen sich bei Wassermangel zusammenzuziehen und in diesem, dem Winterschlaf anderer Thiere zu vergleichenden Zustand bessere Zeiten zu erwarten. Ausführliche Ver- suche hat neben Anderen (38. 44. 103 etc.) GAvArRET (60) angestellt und ist zu folgenden Resultaten gekommen : 1) Austrocknen ohne Temperaturerhöhung kann so weit als mög- lich getrieben werden, ohne dass die Rotatorien absterben. Be ER Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 429 2) Im Wasser können sie eine Temperatur von 50° aushalten. 3) Im gesättigten Wasserdampf ertragen sie eine Temperaturer- höhung desselben bis zu 80°. 4) Im trocknen Raum können sie eine Temperatur von 140° er- tragen, wenn sie vorher bei gewöhnlicher Temperatur eingetrocknet worden sind, und leben, wie in den vorhergehenden Fällen, beim bloßen Zusatz von Wasser wieder auf. Außer den frei umherschwimmenden und den festsitzenden Rota- torien giebt es auch solche, die ein fortwährend oder nur zeitweilig pa- rasitisches Leben führen. Hierher gehört z. B. Notommata parasitica Ehr., welche iin Kugeln von Volvox globator schmarotzt. LAnkester (101) fand in der Leibeshöhle von Synapta digitata ein Räderthier schmarotzend, das mit Rotifer nahe ver- wandt ist. Seison lebt aufNebalia, Callidina parasitica inGammarus pulex und in Gregarinen, Albertia-Arten in der Leibeshöhle des Regenwurmes und im Darm verschiedener Nacktschnecken. Notommata Werneckii (5) lebt eine Zeit lang in den Kolben von Vaucheria, während sie zu anderen Zeiten frei umherschwimmt. Dieser Wechsel des Wohnorts hat aber einen großen Einfluss auf den Körperbau des Thieres, denn während es in der Zeit seines freien Lebens ein großes Auge, einen langen nicht ge- theilten Darm mit Drüsen und ein kleines Ovarium besitzt, wie die übrigen Rotatorien auch, vollzieht sich während des parasitischen Lebens eine Metamorphose, indem der Darmkanal reducirt wird, das Ovarıum dagegen so zunimmt, dass es die frühere Leibeshöhle ganz erfüllt, und die seitherige langgestreckte Gestalt in eine kugelförmige übergeht. Eintheilung der Rotatorien. Die erste vollständige Eintheilung der Räderthiere stammt von EHRENBERG (49). Je nachdem das Räderorgan (bei schwacher Ver- größerung) ein Ganzes oder einen mehr oder weniger getheilten Wimper- kranz vorstellt, unterscheidet er Monotrocha und Sorotrocha. Jede dieser Klassen zerfällt in zwei Abtheilungen, die erste in Ho- lotrocha und Schizotrocha, die zweite in Polytrocha und Zygotrocha; in jeder derselben werden gepanzerte und ungepanzerte Formen unter- schieden, die wieder nach dem Fehlen oder Vorhandensein und der Stellung der Augen getrennt werden. Die Mängel dieses Systems waren schon sehr bald fühlbar geworden, und Dusarvın (45) schlug desshalb eine andere Klassifikation vor, die er ‚auf die verschiedene Art der Fortbewegung begründet; er unterschied seine Systolides in | 430 Karl Eckstein, 4) Solche, die durch einen Fuß angewachsen sind (Floscularia). 2) Schwimmende (Brachionus). 3) Abwechselnd kriechend und schwimmende Räderthiere (Rotifer). 4) Marschirende (die jetzt zu den Arthropoden gestellten Tardi- graden). Levvic (108) zieht Dusarnın’s System entschieden demjenigen EHrEN- BERG’S vor, stellt aber ein anderes auf, das er auf die Körpergestalt und das Fehlen oder Vorhandensein des Fußes begründet. Auch Scumarpa (134) hat eine Eintheilung gegeben. Er streicht die festsitzenden Formen ganz aus dem Verband der Rotatorien und rechnet sie zu den Bryozoen. Auch Hunsox (87) hat eine Eintheilung vorge- schlagen und theilt die Räderthiere in folgende vier Klassen: 4) Rhizota (Floscularia, Melicerta). 2) Bdelloida (Philodinaea). 3) Ploima (Brachionus, Pterodina, Euchlanis, Notommata). 4) Seirtopoda (Pedalion, Synchaeta). Endlich hat Carus (61) eine Eintheilung gegeben. Ihm folgen mit einigen Abänderungen Bartsch (8) und Eyrerru (53). Wenn auch die Eintheilungen dieser letzten Autoren die natürlichsten und zweck- mäßigsten sind, so genügen sie doch noch nicht, um uns ein klares Bild über die Verwandtschaft der einzelnen Familien zu machen, denn eine große Menge von Angaben, die wir in der Litteratur zerstreut finden, ist unzureichend, um einem nur durch sie bekannten Thier mit Sicherheit einen Platz anweisen zu können. Auf p. 431 will ich den Versuch eines Systems geben, wie es mit Zugrundelegung der bereits vorhandenen aufzustellen wäre. Stellung der Rotatorien im System. Fragen wir uns nun, welche Stellung man den Rotatorien im System überhaupt giebt, so werden wir finden, dass man versucht hat, sie bald hier, bald dort unterzubringen. EHRENBERG (49) rechnet sie zu seinen Infusorien, eben so Dusarpın (45). Leypie mit Burmeister (15) und Dana (35) zu den Orustaceen. Hazcker betrachtet sie als zu dem Stamm gehörig, aus dem sich Grustaceen und Arthropoden überhaupt entwickelt haben. Barroıs (6) glaubt, es seien verwandtschaftliche Beziehungen‘ zu den Bryozoen vorhanden, indem die Rotatorien auf der Entwicklung der Bryozoenlarven stehen geblieben wären. ScumarnA Irennt (13%), wie oben bereits gesagt, die Rotatorien ganz aus einander, er rechnet Floscularia ebenfalls zu den Bryozoen und führt die übrigen als be- sondere Wurmklasse an. Alle übrigen Forscher (435) sind der Ansicht, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. ejelfelllellenWeine. nei .n eher e: Bl,e rer eliue @ le ler ie en a SE Re 2 en; in Hüllen el ter ie Wer elleiu.n! na, ‚ae, ei\e//iei ei.e- eo, ©, ‚el e, 0 eo, e einzeln lebend dauernd Eee telikerelltekteliiierilentleitleuneikie ter nee in fest- geheftet DRONO: 050. 05:00. 0 BOFOENO FOTO TREO OO FORCE LT Tr Tr 0 — u. 0 te 88T 8 8 LT 8 8 Tr 8 Te 9 0. ohne Hülle \ Philodinaea Kopf rüsselartig 0 DM DD ID NTON05.1030 ETOEONONTONOTTONEO alle fehle el iel.eile lee) elusineige na elle )e eo 'el,'e fest- Ion: ee gewachsen !ohne Hülle frei umhertreibend DON ONFO Kolonie bildend 9000 ORONOEHNOFORDON OD ON-C fe elle ee lellienlleiinenten elzenielllahne Leise DL rer u Ye Br Reel eo elitelieineilkeliiienllen ern ie/le, elite nterteileng.eNr® GO OO NOTE NO PORTO OO NO OO elle ellnolliei len eikeitennan elkienla- er jelzele Name, .e,e sillefiiek eo "eglellellkelile.ner eo, 0 ellerie: ei ie) (eillie. eo, ;e alla. enilenkejlieii.er je, lei le. meellienen e. Tertießflel,;e, ei) = alle er ler eh on ie der joiWeileiiien ie. einge ieiike ne) lie lerne ef lerıle senior ie ie, 2) no) .e; jeuelllerklel er ejrofikei ee; j.e Polyarthraea mit Flossen ohne Flossen Fuß zweilappig Hydatinaea Endglied des Fußes kurz Körper sackförmig ! eylindrisch oder platt mit Schein- ! segmenten Rüssel fehlt Macrodactylea Endglied des Fußes lang el (urn | Loricata gepanzert ench- lein naea Darm blind ge- schlos- sen I RO TO II ILONA PEN EEE OEL DIRD OR ONEO LI ET VER EBC) BOrc KO) ZsobldeutlichVoreanisinb: u... 2 un a ae en i ————— nn nn nr u. ' 431 Floscularia Stephanoceros Tubicolaria Melicerta Oecistes Limnias Ptygura Dietyophora Seison Anthos Lacinularia Megalotrocha Conochilus . » Trochosphaera Philodina Rotifer Callidina Actinurus Typhlina Hydrias Cystophthalmus Triarthra Hexarthrä - - Polyarthra Albertia Balatro Microcodon Notommata Synchaeta Taphrocampa Lindia Eosphora Triophthalmus Otoglena Cyeloglena Diglena . Theora Typhlotrocha Rhinops Hydatina Scaridium Monurä Furcularia Distemma Monocercä Mastigocerca Diurella Heterognathus Rattulus Colurus Dinocharis Salpina Diplax Monostyla Distyla Euchlanis Metopidia Squamella Lepadella Stephanops Noteus 1Br achionus | Apodoides Arthrocanthus Pompholyx Polychaetus Anuraea Dysteria Pterodina Apsilus \ mm assurmumrmemnn / \omunnmogrnomunmn. | em | Ascomorpha Asplanchna 452 Karl Eckstein, dass die Rotatorien eine besondere Klasse der Vermes bilden, die zwischen Nemathelminthen und Gephyreen zu stellen ist. Diese Stellung der Räderthiere in der Wurmklasse ist durch Harschecer’s Untersuchungen (76) sehr bekräftigt worden, indem er auf die große Ähnlichkeit hin- weist, die zwischen den Räderthieren und Annelidenlarven bestehen. Wenn wir nun auch die Frage, ob die Rotatorien zu den Vermes gehören oder nicht, durch ein jetzt fast allgemein angenommenes Ja für erledigt halten können, so tritt uns sofort eine zweite, weit schwierigere entgegen, nämlich die, wohin stellen wir sie in dieser Klasse selbst, und welches sind ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu den ver- schiedenen Typen derselben. Die direkte Gleichstellung mit den An- nelidenlarven hat das Bedenkliche, dass bei diesen schon in einem sehr frihen Entwicklungsstadium die Segmentirung auftritt. Während Bürscarı (17) die Rotatorien sich von dem Stamm abzweigen lässt, der später die Nematoden liefert und sich schon früher von dem getrennt hat, welcher in seinen Verzweigungen die übrigen Wurmfamilien um- fasst, hat KorscnueLt (98) durch seine neuesten Untersuchungen auf die mannigfachen Ähnlichkeiten hingewiesen, welche zwischen Dinophilus apatris und den Rotatorien bestehen, und die auch schon METSCHNIKOW (146) von anderen Dinophilusarten hervorhob. Grarr (70a) dagegen will Dinophilus ganz aus der Reihe der Turbellarien gestrichen und als Räderthier betrachtet wissen. Nach Gıarp (61 a) lassen sich alle Vermes und mit ihnen die Rotatorien auf die Orthonectiden als älteste Stamm- form zurückführen, welche sich zunächst in 3 Stämme theilen: Dicye- mida, Prothelmintha und Gasterotricha; während mit den letzten die Rotatorien eng verwandt sind, entwickeln sich aus den Prothelminthen die Turbellarien und Trematoden. Wir sehen aus diesen kurzen Angaben, welche große Verschieden- heit in den Ansichten der einzelnen Forscher obwaltet, und wie täglich neue Untersuchungen und Studien neue Gesichtspunkte eröffnen, so dass wir auf eine sichere Einreihung der Rotatorien in der Klasse der Vermes so lange verzichten müssen, bis weitere Forschungen mehr Licht auf die Organisation der verschiedenen in Betracht kommenden Familien ge- worfen haben und dadurch ihre Verwandtschaftsbeziehungn zu einander klar erkennen lassen. Eine kleine Thiergruppe glaube ich hier nicht unerwähnt lassen zu können. Essind dies die Gastrotricha, welche ihren Platz im System neben den als Gephalotricha ihnen gegenüber stehenden Rotatorien gefunden haben. Hier bei Gießen habe ich nur drei Formen beobachtet, aber mich nicht näher auf eine Untersuchung derselben eingelassen; es sind dies Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 433 Ichthydium larus Müll. Ichthydium maximum Ehr. Ichthydium podura Müll. Eingehende Studien über diese Thierklasse haben Lunwic (143) und Bürscaı (17) in neuerer Zeit angestellt, auf die ich hier verweisen will. Gießen, 4. Mai 1883. Litteraturverzeichnis. Die mit * bezeichneten Werke standen mir nicht zur Verfüngung, *1. H. F. Anwoop, Brachionus conium, a new Rotifer. Amer. Monthly Microsc. Journal. Vol. 2. No. 6. p. 102. 2. ARCHER, Polychaetus spinulosus. Quart. Journ. micr. sc. N. S. VIII. 1868. p- 72. LEUCKART, Bericht etc. Arch. f. Naturgeschichte. 1869. Bd. II. p. 330. 3. Baker, Philodina aculeata. 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BürtscaLı, Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und Konjugation der Infusorien. Abhandlungen, heraus- gegeben v. d. SENCKENBERG. naturf. Gesellschaft. Bd. X. 4876. p. 244 —464. — LEUCKART, 1. c. 14878. II. p. 678, —— Untersuchungen über die freilebenden Nematoden und die Gattung Chaetonotus. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. p. 363—4A4. J. V. Carus, Jahresbericht über die in den Jahren 41849—14852 auf dem Ge- biete der Zootomie erschienenen Arbeiten. Diese Zeitschr. Bd. VII. 1856. | CLAPAREDE, Miscellandes zoologiques. Ann. des sciences nat. Zoologie. VIII. 1867. 5. Ser. p. A. — LEUCKART, 1. c. 1867. II. p. 293. —— berichtet über seine Miscellanees zoolog. in den Verh. der Schweizer naturforschenden Gesellschaft zu Neuenburg. Jahresber. 1866. p. 93. —— A new Rotifer Balatro clavus by M. CLAPAREDE. Quarterly Journ. of m. sc. N. S. VIII. 1868. p. 170—17A. —— On the mode in which certain Rotatoria introduce food into their mouths. Quart. Journ. of mier. sc. N. S. VIII. 4868. p. 174—172. C. Craus, Über die Organisation und die systematische Stellung der Gattung Seison Gr. Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der k.k. zool. bot. Gesellschaft in Wien. 4876. — LEUCKART, Il. c. 4878. II. p. 681 und 682. —— Zur Kenntnis der Organisation von Seison. Zoologischer Anzeiger. Ill. 1880. p. 548—550. Ref. von SPENGEL in Carus, Zool. Jahresbericht. I. 41880. p. 303. F. Conan, Die Fortpflanzung der Räderthiere. Diese Zeitschr. Bd. VII. 4856. p. 431—486. —— Bemerkungen über Räderthiere. Diese Zeitschr. Bd. IX. 4858. p. 284 bis 294. — LEUCKART, 1. c. 4859. II. p. 188. —— Bemerkungen über Rädertbiere. III. Diese Zeitschr. Bd. XII. 4863. p. 497— 247. — LEUCKART, ]l. c. 1863. II. p. 176—177. A.J. C. CorpA, Cystophthalmus, eine neue Räderthiergattung. — WEITEN- WEBER, Beiträge zur gesammten Natur- und Heilwissenschaft. Vol. 4. p- 178. C. F. Cox, Reproduction of Rotifer vulgaris. Monthly mier. Journal. 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VI. 1848. p. 106—442. — LEUCKART, ]. c. 4854. II. p. 362. 454. —— Fünftes Verzeichnis Petersb. Infusorien. 1. c. VI. 1848. p. 353—364. — LEuckART, 1. c. 4854. II. p. 362. 152. —— Erste Nachlese Petersb. Infusorien. 1. c. VII. 4849. p. 340—313. 453. - —— Zweite Nachlese Petersb. Infusorien. I. c. VIII. 1850. p. 297—301. — LEUCKART, 1. c. 4854. II. p. 363. 454. —— Dritte Nachlese Petersb. Infusorien. l.c. IX. 1854. p. 76—80. 155. —— Über Kuckucks- u. Wintereier der sogenannten Wappenthierchen. 1. c. XI. 4854. p. 346—352. — LEUCKART, ]. c. 4854. II. p. 361. 156. —— Beitrag zur geographischen Verbreitung der Infusorien. l.c. XI. 4854. p. 378—380. — LEUCKART, |. c. 4854. II. p. 363. 157. —— Eine infusorielle Selbstbeurtheilung. Diese Zeitschr. Bd. VII. 1856. p. 340—342, | | 458. -—— Zur Oologie der Räderthiere. Mem. de l’Acad. de St. Petersbourg. VIlSer. Tom IV. No.8. 4862. p. 4—10.’— Leuckarr, 1. c. 4863. II. p. 177. 159. —— Zur Oologie der Räderthiere. Zweiter Beitrag. Bull. de !’Acad. St. Petersbourg. VIII. 4865. p. 203—214. Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. 441 460. J.F. Weısse, Über die Entwicklung der Eier der Floscularia ornata Ehr. Diese Zeitschr. Bd.XIV. 1864. p. 107. — LEUCKART, ]. c. 4865. II. p. 262—263. 464. —— Zwei nachträgliche Bemerkungen zu einigen meiner Aufsätze in der Zeitschr. f. w. Zool. Diese Zeitschr. Bd. XV. 1865. p. 373—374. 162. WERNECK, Sur l’organisation desRotiferes. L’Institut. X. 4842. No.437.p. 174. 463. J. Weston, On the Actinophrys Sol. Quart. Journ. of micr. sc. Vol. IV. 4856. p- 116-123. 464. W.C. Wırrıamson, On the anatomy of Melicerta ringens. Quart. Journ. of micr. sc. Vol.1. 4853. p. 3—8 u. 65— 74. — LEUCKART, 1. c. 1854. 1. p- 358. 165. F. WorLe, Rotifer Nests Amerik. Monthly micr. Journ. Vol. 3. No. 6. p. 404 —102. Da an verschiedenen Stellen in der hier von mir angegebenen Litteratur auf die Vor EHRENBERG erschienenen Schriften verwiesen ist, habe ich darauf verzichtet, diese noch einmal speciell anzuführen. Erklärung der Abbildungen. Die Zeichnungen sind bei einer 500fachen Vergrößerung gefertigt, die mit * be- zeichneten Figuren aber stärker vergrößert. Die einzelnen Organsysteme sind der Deutlichkeit halber mit übereinstimmenden Farbentönen gedeckt. Es bezeichnet in allen Figuren: a, After; o, Mund; al, Alulae; oc, Auge; b, kontraktile Blase; oc’, Nebenauge ; c, Manubrium, oe, Schlund; . d, Gelenk; | ov, Ovarium; e, Seitenkanäle des Exkretionsorgans;; p, Rami; f; Flimmerlappen desselben ; g, Fulcrum ; 9, Fußdrüsen; R, eingezogenes Räderorgan ; h, Darmdrüsen;; r, Enddarm; i, Incus; s, Speicheldrüse; k, Kalkbeutel; T, Fühler; m, Muskel; t, Tastborsten im Räderorgan;; Im, Längsmuskel ; t', Tastborsten im Fuß; qm, Quermuskel; U, Blutkörperchen; ma, Kauapparat; u, Uncus; N, Nervensystem; v, Magen; n, Kern; w, Wimpern im Schlund; n’, Kernkörper ; &, y, z, unerklärte Organe. Tafel XXIII—XXVIII. Fig. 4. Floscularia appendiculata. E, ein außen anhängendes Ei. Die Hülle ist weggelassen. Fig. 2. Floscularia appendiculata. Kopf (schematisch) im Längsschnitt. A, drei der fünfLappen des Räderorgans; B, Taster in demselben; W, feiner Wimperkranz ; M, membranartige Wand des Vormagens; O, Öffnung in derselben von langen Wim- pern umstellt. 29% 449 ‚Karl Eckstein, Fig. 3. Floscularia appendiculata. Junges, frei lebendes Thier. H, Harnkon- kremente. Fig. 4. Flosculariaappendiculata. Eientwicklung, Fig. IIlgegen ITum 900gedreht. Fig. 5. Ptygura melicerta. h Fig. 6*. Rotifer vulgaris. Flimmerlappen. Fl, Flimmercilie; A, freies, B, an- gewachsenes Ende des Bechers. Fig. 7*. Rotifer vulgaris. Rüssel: / von der Seite, I/ von unten gesehen. Fig. 8*, Rotifer vulgaris. Kauer von hinten gesehen. Fig. 9*. Rotifer vulgaris. Derselbe von oben gesehen. | Fig. 10*. Rotifer vulgaris. Fuß. Z, Zehen des Endgliedes; D, Drüsenöffnung; S, lappige Ansätze; F, eingezogene Fußglieder. Fig. 14*. Rotifer vulgaris. Taster. Fig. A2. Rotifer vulgaris. Anomales Auge. Fig. 13*. Rotifer tardus. Kopf. A, Nervenstrang nach den Augen gehend; B, ein solcher nach dem Rüsselende ziehend. Fig. 14. Philodina eitrina. Der Deutlichkeit wegen ist das gelbe Pigment der Haut weggelassen worden; M, Öffnung für das Räderorgan. Fig. 15. Philodina aculeata. A, Stacheln; M, Öffnung für das Räderorgan; E, Embryo. Fig. 46*, Philodina macrostyla. Fuß. D, Doykre’sche Hügel; Q, Querfalten.d. Haut. Fig. 17*. Actinurus Neptunius. Fuß. A, Ausführungsgang. der Fußdrüsen; 2, Öffnung derselben. Fig. 18. Salpina mucronata. Panzer. Fig. 49. Salpina spinigera. Panzer. Fig. 20. Diurella rattulus. G, Tastgrube (?). Fig. 24. Diurella tigris. G, Tastgrube. Fig. 22. Notommata lacinulata. P, Porus der Fußdrüsen. Fig. 22a*. Notommata lacinulata. Kopf. Fig. 23. Notommata aurita. Kopf. O, Ohren; K, Kegel auf dem die Taster- borsten und die rothen Augenflecken sitzen. Fig. 24. Notommata aurita, von der Seite. O, Ohr. Fig. 25. Notommata aurita. Ganglion, nach Behandlung mit KOH. oc, Auge, zersetzt; K, Kalkbeutel, ebenfalls von der KOH angegriffen; Im, Längsmuskel von perlschnurartigem Aussehen. Fig. 26*. Notommata aurita. Ohr. H, äußere, /, innere Hautschicht, an welche die Nerven treten. Fig. 27*. Notommata aurita. Kauer. Fig. 28. Notommata najas, von der Seite. B,Bindegewebsfasern ; F,Fettbläschen. Fig. 29. Notommata vermicularis, von der Bauchseite. Im Auge deutlich den lichtbrechenden Körper. Fig. 30. Eosphora elongata. Fig. 31. Triophthalmus dorsualis, von der Rückenseite. B, Bindegewebsfasern. Fig. 32*. Euchlanis dilatata. Magen. A, Zellschicht der äußeren Magenwand; . B, innere Zellen in mehreren Schichten, deren letzte die Cilien trägt; C, Ende des Schlundes. : Fig. 33. Euchlanis dilatata, von der Bauchseite. G, Grenze der Leibeshöhle. Fig. 34*. Euchlanis dilatata. Fuß. A, Ausführungsgang der Fußdrüsen-g. Fig. 35*, Euchlanis dilatata. Räderorgan. S, kugeliges Gebilde des Räder- organs; D, dorsaler Wimpersaum;; E, Rückwand des Mundtrichters. in DPatatanioen far anne a ln ; Die hotatorien der Umgegend von Gießen. 443 Fig. 36. Diglena grandis. Von der Seite gesehen. G, Ausführungsgang des Ova- riums in die Kloake; oc, das linke, oc”, das rechte Auge. Fig. 37. Distyla Ludwigii. Die feinen ziegelförmigen Schuppen in den einzel- nen Feldern des Panzers sind der Deutlichkeit wegen weggelassen. P, starke Falten der Haut zur Stütze des Fußes. Fig. 38%. Distyla Ludwigii. Fuß und Hinterende des Panzers nach Behandlung mit KOH. Fig. 39. Diglena aurita. O, Ohren; F, Nervenfäden, die zu den kleinen Augen am Vorderende des Kopfes verlaufen. Fig. 40. Diglena catellina. Fig. 41*, Diglena catellina. Kauer., Fig. 42*, Scaridium longicaudatum. Fuß mit deutlich quergestreiften Muskeln. Fig. 43. Furcularia gracilis. Fig, 44, Furcularia forficula. Fig. 45. Colurus uncinatus. Stirnhaken und Räderorgan. AR, eingezogen; D, Drüsenöffnung ? : Fig. 46. Colurus uncinatus. Panzer, Fig. 47. Monostylalunaris. P, starke Falten der Haut zur Stütze des Fußes; O,Ei. Fig. 48%. Monostyla lunaris. Fuß von der Rückenseite. D, Drüsenöffnung. Fig. 49*. Monostyla lunaris. Fuß. Seitenansicht nach Behandlung mit KOH. Fig. 50. Monostyla cornuta. Fig. 51. Distyla gissensis. P, starke Falten zur Stütze des Fußes. Fig. 52. Metopidia acuminata, von der Bauchseite. Fig. 53. Squamella bractea. Von der Rückenseite gesehen. L, Grenze der Leibes- höhle. Fig. 54. Squamella bractea, von der Seite. St, Stirnhaken. Fig. 55*. Squamella bractea. Kauer. Fig. 56. Stephanops mulicus. Fig. 57*. Stephanops muticus. Kopf. S, Seitenwand des Mundtrichters. Fig. 58*. Stephanops muticus. Fuß mit unpaarem Stachel. Fig. 59. Pterodina patina. 7’, Tastgrube. Fig. 60. Noteus quadricornis. Räderorgan. A, äußerer, B, innerer Trichter. Fig. 600*. Noteus quadricornis. Kauer, Fig. 61. Brachionus urceolaris. Fig. 62*, Brachionus urceolaris. Fuß. Die Muskeln sind kontrahirt und zeigen einen zackigen Innenrand. Fig. 63. Brachionus urceolaris. Räderorgan von der Bauchseite gesehen. M, Mundtrichter;, P, Panzerrand. Fig. 64. Brachionus urceolaris. Seitenansicht. K, Kante, in welcher der Rücken- panzer M und die Bauchplatte Z zusammenstoßen. Fig. 65. Brachionus Bakeri. Hinterende des Panzers; Z, hintere Panzerzacken ; S,Öffnung für den Austritt des Fußes; C, umgeschlagener, D, ausgezackter Rücken- rand. Fig. 66. Brachionus Bakeri. Ei. /, Vorderzacken des Panzers; M, bläulich ge- färbtes Medium, in dem der Embryo liegt. Fig. 67. Brachionus brevispinus. Hinteres Panzerende. Z, die hinteren Zacken des Panzers; S, die Öffnung zum Austritt des Fußes; G, die Rückenwand, H, die Seitenwände dieser kurzer Fußröhre; K, Umschlag an den Seitenwänden; L, Um- schlag des Panzerrandes über der Fußöffnung. Das Kaugerüst der Dekapoden. Von Dr. Friedrich Albert. Mit Tafel XXIX—XXXlI und 2 Holzschnitten. Die Untersuchungen, die Naucx ! über das Kaugerüst der Brachyuren anstellte, haben gezeigt, dass die Hartgebilde des Magens Merkmale dar- bieten, die für die Systematik jenes Formenkreises von großer Bedeu- tung sind. Es musste demgemäß wünschenswerth erscheinen, dass die begonnene Arbeit zunächst durch die vergleichende Betrachtung der Kaumägen bei den übrigen Dekapoden vervollständigt wurde. Wenngleich Nauck auch einige nicht zu den Brachyuren gehörende Formen, wie Penaeus, Thalassina, Birgus, Nephrops, namentlich aber Astacus zur Vergleichung heranzog, so beschränken sich seine Schluss- resultate doch ausschließlich auf die Brachyuren, während sich ein all- gemeiner Überblick über das Gesammtgebiet der Formverhältnisse im Magen der Dekapoden aus den wenigen und unvermittelt neben ein- ander stehenden Formen nicht gewinnen ließ. — Für die Brachyuren führte die vergleichende Untersuchung des Kaugerüstes vornehmlich zu dem Ergebnisse, dass »die einheitliche Abstammung sämmtlicher Brachy- uren aufs Neue bestätigt wurde«? und es war damit ein Resultat ge- wonnen, das mit der üblichen Systematik durchaus in Einklang stand und auch kaum wieder in Zweifel gezogen werden dürfte. Als ein Jahr nach Veröffentlichung dieser Untersuchungen die Arbeit von Boas 3 erschien, die auf Grund eines erneuten, eingehenden Studiums des Hautskelettes der Dekapoden, der Systematik tief eingreifende, neue Gesichtspunkte eröffnete, da musste die Frage von erhöhter Bedeutung | sein: Wie verhalten sich die Resultate, die sich aus der Vergleichung 1 Diese Zeitschr. Bd. XXXIV, Heft 1. 2 1.c. p. 64. 3 Studier over Decapodernes Slaegtskabsvorhold af J.E. V. Boss. Kjöbenhavn 4880. FE ze EM 7 Das Kaugerüst der Dekapoden. 445 eines systematisch so wichtigen Merkmales, wie es das Kaugerüst ist, ziehen lassen, zu den Ergebnissen der Boas’schen Studien ? Dass sie fast durchweg eine Bestätigung derselben bilden, will ich der speciellen Be- trachtung vorausschicken, um damit meinen Anschluss an das von Boas vorgeschlagene System zu erklären. Die nachfolgenden Untersuchungen ! wurden im zoologisch-zoo- tomischen Institute zu Göttingen auf Anregung von Herrn Professor Enters angestellt und es wurde mir hierzu die dortige Crustaceen-Samm- lung im vollen Umfange zur Verfügung gestellt. Es ist für mich eine angenehme Pflicht an diesem Orte meinem hochverehrten Lehrer Herrn Professor EuLers hierfür, so wie für die stete Unterstützung während der Abfassung der vorliegenden Arbeit meinen wärmsten Dank auszu- sprechen. Sehr verpflichtet bin ich ferner den Herren: Staatsrath Pro- fessor Dr. J. StEEnstrup in Kopenhagen, Professor GrEEFF in Marburg und Professor PAGENSTECHER in Hamburg für die gütige Überlassung von Material zur Untersuchung. Dass das Kaugerüst nicht geeignet ist, »generelle oder gar specielle Trennung einzelner Formen zu begründen«, erkannte schon Navcer für die Brachyuren, zugleich aber auch die große »Konstanz innerhalb ge- wisser Gruppen«?. Auf Grund dieser Thatsache, die ich auch für die übrigen Dekapoden bestätigen kann, glaube ich die Resultate der Be- obachtungen unbedenklich verallgemeinern zu dürfen, obgleich es mir möglich war, von manchen nahe verwandten Gattungen oft nur einen Vertreter zu untersuchen. Sicherlich finden sich aber gerade unter den selteneren Gattungen Übergangsformen, durch die auch in Bezug auf das Kaugerüst manche Lücke in der fortlaufenden Reihe der Ausbildung ausgefüllt werden dürfte. So konstant auch die Ausbildung des Magens bei den einzelnen Gruppen im Allgemeinen ist, so wenig darf man gewisse Schwankungen in den Formverhältnissen unterschätzen, die innerhalb der gleichalterigen _ Vertreter ein und derselben Art zu konstatiren sind und noch weit mehr solche, die durch Altersdifferenzen der Individuen bedingt sind. Nament- lich ist dies letztere auffällig bei Formen, die eine Tendenz zu starken Kalksalzablagerungen zeigen. Endlich mögen, wenn auch unerhebliche Differenzen zwischen dem bei der Häutung neugebildeten und dem bald abzuwerfenden Magen 1 Ein Theil derselben wurde schon früher als Inauguraldissertation unter dem Titel: Über das Kaugerüst der Makruren, Göttingen 4883, veröffentlicht. 2 Nauck, 1. c. p. 64, Anm. 2. AB Friedrich Albert, stattfinden. Über diese letzten Verhältnisse konnten aus Mangel an ge- eignetem Materiale keine präcisen Beobachtungen gemacht werden, doch möchte ich den Umstand, wenn auch nur als Hypothese, erwähnt haben. Ein Übelstand, mit dem ich zu rechnen hatte, lag in der zum Theil sehr schlechten Erhaltung der Objekte. Spiritusexemplare, die äußer- lich noch so gut konservirt sind, finden sich im Inneren völlig macerirt, ein Beweis, dass in den durchweg sehr weiten Ösophagus kein Alkohol einzudringen vermag. Bei Mägen mit kräftiger Wandung ist eine Mace- ration der Weichtheile nicht störend für die Präparate 1, wohl aber bei solchen mit dünnhäutigem Integumente, wie sie sich fast durchweg im Kreise der Garneelen finden. Ferner wurde bei weiblichen Exemplaren der Magen oft mit dem Eierstock und der Leber zu einer festen Masse vereinigt angetroffen, wodurch es unmöglich war, feinere Verhältnisse, wie das Vorhandensein eines Klappenventils gegen den Mitteldarm hin nachzuweisen. In der folgenden Betrachtung der Magenbildung der Dekapoden werde ich mich an die von Nauck angewendete Nomenclatur anschließen, d. h. die einzelnen Theile des Krebsmagens nicht nach ihrer Gestalt und Funktion, sondern nach ihrer Lage benennen. Es bietet diese zum Theil schon von MıLne Epwarps und Huxıey vorgeschlagene, aber nicht streng durchgeführte Nomenclatur, die einzigste Möglichkeit, einen so überaus komplicirten Komplex von Gebilden mit Leichtigkeit zu beherrschen und ist gerade bei den Dekapoden um so mehr geboten, als wir hier mor- phologisch durchaus verschiedene Gebilde physiologisch gleichwerthig antrefien. | Leider hat sich Nauck bei seiner Beschreibung der Brachyurenkau- gerüste wesentlich auf die hervorragendsten Stücke im Gardiacaltheil des Magens beschränkt, obgleich sich auch dort im Pyloricaltheile nicht uninteressante Verhältnisse finden. Bei den übrigen Dekapoden ist eine einseitige Betrachtung des Oardiacaltheiles unmöglich, da derselbe bei einer ganzen Reihe von Formen ganz ohne dorsale Hartgebilde ist und der Pyloricaltheil zum größten Theile die Funktionen eines Kauapparates übernimmt; ich werde demgemäß versuchen, die von den oben er- wähnten Principien geleitete Nomenclatur auch auf den Pyloricaltheil auszudehnen. Der Versuch hierzu, den Nauck gewissermaßen im Vor- übergehen macht, lässt sich nicht ohne Weiteres verstehen, namentlich da die Benennungen nicht durch schematische Figuren erläutert sind. Da ich außerdem durch die theilweise völlig abweichenden Verhältnisse bei den nicht zu den Brachyuren gehörenden Formen genöthigt bin, der t cf. Navuck, 1. c.p.5. 2 cf. Nauck, 1. c. p. 16 und 17. Das Kaugerüst der Dekapoden. 447 Nomenclatur Navcr’s einige zusammenfassende Bezeichnungen hinzuzu- fügen, so möge hier zunächst eine kurze Betrachtung des Cardiacal- und Pyloricaltheiles im Allgemeinen folgen. Jeder der beiden Magenabschnitte der.Dekapoden möge in eine Reihe von Regionen zerlegt werden, in denen wieder die einzelnen Stücke nach ihrer Lage bezeichnet werden. Die analog gelegenen Stücke des Cardiacal- und Pyloricaltheiles, die bei einer rein regionalen Nomenclatur mittels derselben Bezeich- nungen kenntlich gemacht werden, will ich durch das Vorausstellen von »eardiacal« (C) und »pylorical« (P) von einander unterscheiden. Um die hierdurch allzulang werdenden Benennungen der einzelnen Theile des Kaugerüstes übersichtlicher zu machen, werde ich in der speciellen Betrachtung Abkürzungen gebrauchen, wie sie auch in den heigegebenen Figuren angewendet sind, eine Zusammenstellung der- selben gebe ich am Schlusse dieser allgemeinen Betrachtung p. 453. In beiden Magentheilen unterscheide ich je zwei unpaare Regionen, die Superomedianregion (CSm und PSm) und die Inferomedianregion (CIfm und PIfm), die die Ober- und Unterseite des Magens einnehmen. Zwischen beiden befinden sich je drei paarige Regionen, die Superola- teral- (CSi! und PSl), die Zwischen- (0Zw und PZw) und die Inferola- teralregionen (CIfl und P/fl). Cardiacaltheil!. Cardiacale Superomedianregion. Ohne Weiteres lässt sich hier das»vordere Superomedianum« (OVsm) erkennen. Es ist hiermit ein Komplex von Stücken bezeichnet, der aus einer meist paarig angelegten vorderen Hälfte und einer hinteren unpaaren besteht. Die Grenze beider gegen einander ist an den Seiten durch den Ansatz der vorderen Superolateralia gekennzeichnet, während dieselbe in der Mittellinie nicht immer nachzuweisen ist?. Die vorderen ' Stücke können rudimentär werden und ganz wegfallen, wie bei allen Brachyuren (Navuck ]. c. p. 7 und 8). Wesentlich durch das »mittlere Superomedianum« (CMsm), den »Mittelzahn« und das »hintere Superomedianum« (CHsm) wird eine dor- sale Einstülpung in den Magen gebildet, die ich die cardiacale Supero- mediantasche (OSmi) nenne, sie begrenzt in der oberen Hälfte des Magens 1 Vgl. die Übersicht über die Terminologie der einzelnen Theile des cardiacalen Magengerüstes. NaAuck, I. c.p. 3; die Nauck’schen Namen sind durch »« bezeichnet. 2 Im Schema p. 453 ist das Stück als ein Ganzes dargestellt. 448 Friedrich Albert, den Gardiacal- und Pyloricaltheil; streng genommen müsste man die vordere Seite derselben also zum Gardiacal-, die Hinterseite zum Pylo- ricaltheile rechnen, wie dies HuxLey auch gethan hat, indem er dem von Naver als hinteres Superomedianum bezeichneten Stücke den Namen Praepyloricalknochen gab. Wenn ich trotzdem an der Nauor’schen Nomenclatur festhalte, so geschieht dies, um nicht zu Verwechslungen Veranlassung zu geben und in Rücksicht auf die physiologische Bedeu- tung der Theile, die funktionell eng mit einander verbunden sind. Nauck erkannte richtig, dass sich in der oberen Medianlinie »4 Stücke be- finden«!. Der Mittelzahn, den ich dem Nomenclaturprincipe gemäß car- diacalen Superomedianzahn (CSmz) nenne, ist als ein besonderes Stück zu betrachten, er kann weder dem mittleren noch dem hinteren Superomedianum zugeschrieben werden, da seine Stellung zu beiden Stücken eine höchst wechselvolle ist. Cardiacale Superolateralregion. In derselben ist das »vordere Superolaterale« (OVsl) fast immer gut differenzirt, es gelenkt entweder direkt, oder vermittels eines accesso- rischen Superolaterale (das »accessorische Verbindungsstück« Navcer’s) mit dem mittleren Superolaterale (OMsil), welches im Innern die »Seitenzähne« trägt, die ich cardiacale Superolateral- zähne (0S!z) nenne. Die cardiacale hintere Superolateralregion vermittelt die Verbindung des cardiacalen mittleren Superolaterale mit dem pyloricalen vorderen Superomedianum oder mit dem cardiacalen hinteren Superomedianum, ohne dass diese Differenz immer streng durchgeführt wäre. Eine Be- grenzung einzelner Stücke in der Region findet entweder gar nicht statt, oder dieselbe ist sehr unregelmäßig. Cardiacale Zwischenregion. Oberes (COzw), mittleres (CMzw), unteres (CUzw) und hinteres Zwischenstück (CHzw), eben so vordere (CVsp) und hintere Seiten- platte (OHsp) sind meist ohne Weiteres nach der Charakteristik Navcr’s zu erkennen. Der Auffassung des unteren Zwischenstückes kann ich mich aber nicht anschließen ; es sind unter dieser Bezeichnung zwei streng getrennte Gebilde vereinigt, die allerdings oft in sehr naher Be-. rührung mit einander stehen, ich glaube eine Scheidung dieses Stückes in ein unteres Zwischenstück und ein oberes Inferolaterale genügend begründen zu können. 1 Ch. 1. ce. p. 10, trotzdem erkennt NAuck für die Brachyuren nur drei Stücke an, p. 8. Das Kaugerüst der Dekapoden. 449 Der Zwischenregion muss ich der Vollständigkeit halber noch zwei Stücke hinzufügen, die allerdings in vielen Fällen nicht von Wichtigkeit sind, sie liegen über den betrachteten Zwischenstücken und ich be- zeichne sie als vordere Zwischentasche (CVzwti) und alshintere Zwischentasche (OHzwt). Der »untere Aufsatz«, den Nauck als eine Einstülpung an der Unterseite des CHsp auffasst, ist eins der konstante- sten Gebilde und jedenfalls als ein selbständiges Stück aufzufassen; ich will den Naver’schen Namen beibehalten (Ua). Cardiacale Inferolateralregion. Das obere Inferolaterale trägt im Innern des Magens einen Borsten- saum, den Inferolateralborstensaum, der bei den niedrigst entwickelten Kaugerüstverhältnissen eine ganz besondere Bedeutung gewinnt. In einzelnen Fällen gelenkt das Stück mit den unteren Aufsätzen Naucr’s, oder ist mit diesen fest verbunden. In der Inferolateralregion unterscheidet NAuck ein vorderes und hinteres Inferolaterale.. Das vordere ist richtig von ihm erkannt, ich nenne es ım Anschluss an das obere, das untere Inferolaterale (CUifl). Das Stück ist hinten verdickt und dort meist stark verkalkt; von dieser vielfach knopfförmigen Verdickung gehen strahlenförmig, wie die Muskeln, so die einzelnen Stützen des Pyloricaltheiles aus. Da letztere bei den Brachyuren überhaupt nicht in den Betrachtungskreis gezogen sind, so lässt sich nicht entscheiden, welches Stück unter dem hinteren Inferolaterale zu verstehen ist, ich kann daher das von Navck charakteri- sirte Gebilde bei der Beschreibung nicht berücksichtigen. Cardiacale Inferomedianregion. Die Grenze des Cardiacaltheiles gegen den Pyloricaltheil bildet auf der Unterseite eine Einstülpung der Magenwand (die mützenförmige Klappe ÖsterLen’s oder die CGardiopyloricalklappe Huxrey’s), die ich die In- feromediantasche (/fmt) nenne. Die vordere Seite derselben bildet das cardiacale Inferomedianum, das in einzelnen Fällen recht charak- teristische Hartgebilde trägt. In den Fällen, wo die Inferomediantasche größere Ausdehnung erlangt, treten auf der nach oben gewendeten Spitze derselben, die auch abgeplattet sein kann, Borsten auf, welche sich zu Komplexen vereinigen können, um ganz den Charakter einer Zahnbildung zu erhalten. Dieser Theil, das obere Inferomedian- taschenstück (O/fmt), tritt vielfach mit dem cardiacalen Supero- medianzahn in Berührung und bildet dann eine natürliche und scharfe Grenze zwischen Cardiacal- und Pyloricaltheil. In der zum Pylorus ge- wendeten Seite der Inferomediantasche liegt ein Stützapparat, der die 450 Friedrich Albert, Tasche in ihrer aufrechten Stellung erhält. Dieses hintere Infero- mediantaschenstück (HIfmt) gelenkt seitwärts mit der hinteren Verdickung des cardiacalen unteren Inferolaterale. Pyloricaltheil. Pyloricale Superomedianregion. Das vordere Superomedianum (PVsm) des Pylorustheiles will ich im Anschlusse an die cardiacalen hinteren Superolateralien betrach- ten, da es in den Fällen typischer Ausbildung die Verbindung der bei- den Regionen vermittelt. Das mittlere Superomedianum (PMsm) ist schmal und oft ganz zurücktretend. Das hintere Superomedianum (PHsm) trägt meist im Innern eine mediane Borstenleiste, die zu einer Grista werden kann; eine ganz eigenthümliche Ausbildung erhält dieselbe bei den Atyinen. Das Stück läuft nach hinten in einen Ventilfortsatz aus, der allerdings häufig rudi- mentär werden kann. Pyloricale Superolateralregion '. Ein vorderes Superolaterale (PVsl) legt sich eng an das pyloricale vordere Superomedianum an und ist auf der Innenseite mit Borsten besetzt, die bei den Penaeiden zahnartig werden können. Das mittlere Superolaterale (PMsl) ist gewöhnlich stark ver- kalkt. Das Stück wird oft rudimentär auf Kosten des folgenden. Das hintere Superolaterale (PHsl) erlangt unter Umständen eine große Ausdehnung und artikulirt dann direkt mit dem hinteren Inferomedianum. Das Gebilde ist durch zwei Taschen ausgezeichnet, eine vordere und eine hintere, die in das Innere des Pyloricalmagens hineinragen und wohl retentorale Bedeutung haben. Pyloricale Zwischenregion. Dieselbe ist im Allgemeinen sehr different gebildet und meist ohne scharf abgegrenzte Verkalkungen. Auch hier sind die Verhältnisse bei den Astaciden typisch und es lassen sich im Anschlusse an dieselben unterscheiden: ein oberes Zwischenstück (POzw), es führt vom PMsl zur cardiacalen Inferolateralregion, oder zum unteren Ende des CHzw. Ein unteresZwischenstück (PUzw) verbindet die cardia- ! Dem Nomenclaturprincipe lassen sich die Verhältnisse, wie sie sich bei den Astaciden finden, am besten anpassen, ich nehme sie daher als Ausgangspunkt für x die übrigen Kaugerüste an. Das Kaugerüst der Dekapoden. 451 cale Inferolateralregion mit der gleichen pyloricalen. Das hintere Zwischenstück (PHzw) führt vom oberen Zwischenstück zum hinteren Superolaterale, endlich ein mittleres Zwischenstück (PMzw) liegt in der Mitte der anderen. Pyloricale Inferolateralregion. Von Inferolateralien ist ein mittleres Inferolaterale (PMifl) immer im Anschlusse an das entsprechende Inferomedianum wohl ent- wickelt, es ist eine meist dünnhäutige Region mit Längsborstensäumen, deren einzelne Borsten nach oben gerichtet sind. Ein vorderes Inferolaterale (PVifl) ist selten gut differenzirt, es grenzt an das mittlere Inferolaterale an und steht nach vorn zu durch ein pyloricales unteres Zwischenstück mit dem cardiacalen unteren Infero- laterale in Verbindung. Vorderes Inferolaterale und unteres Zwischen- stück sind oft zu einem Gebilde verwachsen. Meist ganz rudimentär und schlecht abgegrenzt sind die hinteren Inferolateralia (PHrfl); ich führe diese Regionen in Analogie zu den medianen auf, um die Lage einiger Verbindungsstücke zu charakteri- siren, die sich bei Formen mit großem Mitteldarmlumen hier finden (Thalassiniden), wiewohl diese Gebilde wohl präciser der Zwischenregion zugezählt werden dürfien. Pyloricale Inferomedianregion. Die Inferomedianseite des Pyloricaltheiles lässt sich in drei Abthei- lungen zerlegen: Das vorderelnferomedianum (PVifm) ist in seiner Ausbildung sehr schwankend. Verkalkte Hartgebilde sind in den meisten Fällen auf die Medianlinie beschränkt und können eine recht erhebliche Länge er- reichen (Palinuridae). Die dünnhäutigen Seiten der Region sind flügel- artig ausgebreitet und durch die Gestalt der Inferomediantasche und des folgenden Stückes bedingt. Mittleres Inferomedianum (PMifm). Der Wulst ÖsterLen’s, die ampoules cartilagineuses von MıLne EpwArps, der Boden des Pylori- calmagens nach Huxıey scheint nach Nauvcer bei allen Brachyuren ziem- lich gleichmäßig entwickelt zu sein. Für die Makruren ist es eins der wichtigsten Charakteristika des Magens. An demselben ist eine innere mediane Crista zu unterscheiden und längs verlaufende Borstensäume. Das Princip des Aufbaues ist von Huxrev! richtig beschrieben, doch ! Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere von Tuonas H. Huxuey. Autor. deutsche Ausg. von SPENGEL, p. 286, ferner: Der Krebs, p. 51 und 52. 452 Friedrich Albert, leider nicht durch entsprechende Figuren erläutert, nur so ist es trotz der eingehenden und präcisen Beschreibung möglich, dass MocouAro ! bei einer zusammenhängenden Betrachtung gerade dieses Theiles des Kaugerüstes einem Huxıry Flüchtigkeit der Beobachtung vorwerfen konnte! Das hintere Inferomedianum ist funktionell wohl nur als ein Stützapparat einer ventilartigen Klappe aufzufassen, die sich von hier aus in den Mitteldarm erstreckt. Die Gestalt des Stückes lässt sich auf die Form eines quer zur Achse des Magens liegenden Stabes zurück- führen. Beifolgende Schemata des Kaugerüstes mögen die Lage der ein- zelnen Stücke zu einander darstellen, so wie eine Übersicht über die Abkürzungen der Nomenclatur geben, die ich in der speciellen Betrach- tung anwenden werde. Figur 1. CHsan cVifl 1 C. MocgquArn, Sur les ampoules pyloriques des Crustac&s podophthalmaires. in: Compt. rend. Ac. Sc. Paris. T. 94. No. 47. p. 41208—1241. Das Kaugerüst der Dekapoden. 453 Figur 2. Fig. 1. Schematische äußere Ansicht eines Dekapodenkaugerüstes. Es ist an- genommen, dass der Magen durch einen in der rechten Zwischenregion verlaufen- den Schnitt geöffnet und aus einander gebreitet ist. Fig. 2. Sagittalschnitt eines Dekapodenmagens in der Medianlinie. Die Abkürzungen bedeuten: Regionen: (CVsm = cardiacales vorderes Superomedianum; CMsm = cardiacales mittleres Superomedianum ; cs Chsm = cardiacales hinteres Superomedianum; CSmz = cardiacaler Superomedianzahn; _(CVsl = cardiacales vorderes Superolaterale; CSsl cat — cardiacales mittleres Superolaterale; CHsil = cardiacales hinteres Superolaterale; . (COzw == cardiacales oberes Zwischenstück ; CMzw = cardiacales mittleres Zwischenstück ; CUzw = cardiacales unteres Zwischenstück ; CHzw = cardiacales hinteres Zwischenstück ; GEW CVzwt = cardiacale vordere Zwischentasche; CHzwt = cardiacale hintere Zwischentasche; CVsp = cardiacale vordere Seitenplatte ; CHsp == cardiacale hintere Seitenplatte ; cM a — cardiacales oberes Inferolaterale; CUifl = cardiacales unteres Inferolaterale ; CIfm = cardiacales Inferomedianum ; HIfmt = hinteres Inferomediantaschenstück ; Olfmt = oberes Inferomediantaschenstück ; PVsm = pyloricales vorderes Superomedianum;; PSm rat = pyloricales mittleres Superomedianum;; PHsm = pyloricales hinteres Superomedianum; PVsl = pyloricales vorderes Superolaterale ; PSI (aacı — pyloricales mittleres Superolaterale; PHsl = pyloricales hinteres Superolaterale ; 454 Friedrich Albert, Regionen :/POzw = pyloricales oberes Zwischenstück ; PMzw = pyloricales mittleres Zwischenstück ; Le PUzw = pyloricales unteres Zwischenstück; PHzw = pyloricales hinteres Zwischenstück ; PVifi = pyloricales vorderes Inferolaterale ; 2 eu — pyloricales mittleres Inferolaterale; - PVifm = pyloricales vorderes Inferomedianum; PIfm rat = pyloricales mittleres Inferomedianum ; PHifm = pyloricales hinteres Inferomedianum; CSmt = cardiacale Superomediantasche ; Ifmt == Inferomediantasche. Zur Freilegung des Magens genügt auch bei den Makruren ein ein- faches Abheben des Kopfbrustschildes, nachdem dasselbe durch einen über den Augen und unter dem Rostrum verlaufenden Schnitt, der sich beiderseits unter die Kiemenhöhlen fortsetzt, losgelöst ist. Ein Aufsägen war nur bei Scyllarus und Palinurus nöthig, Um ein Bild des Magens in situ zu erhalten, wurde bei Astacus und Homarus, die mir frisch zu Gebote standen, eine Injektion mit schwar- zem Wachse mit Erfolg angewendet. Die Behandlung des herausgelösten Magens mit verdünnter Kali- lauge erwies sich als nachtheilig, während ein einfaches Kochen in Wasser fast immer genügte. War bei manchen lange macerirten Mägen trotzdem Brüchigkeit eingetreten, so konnte dieselbe zum größten Theil durch eine Glycerin- einwirkung mit nachherigem Auswaschen in Alkohol beseitigt werden. Die vorliegenden Untersuchungen, die anfänglich nur eine Bearbei- tung des Kaugerüstes bei den nicht von Nauck in Betracht gezogenen Dekapoden beabsichtigten, wurden auf einzelne Vertreter aus weiteren Ordnungen ausgedehnt. Hier will ich zunächst die specielle Betrachtung des Kaugerüstes der Dekapoden folgen lassen, da sich einzelne Bildungen bei den anderen Krebsordnungen am besten von dem Normaltypus aus verfolgen lassen werden. Natantia. Die einfachsten Verhältnisse von Hartgebilden in der Magenwand der Dekapoden bieten die garneelenähnlichen Krebse dar. Aber nicht durchweg tritt hier ein primitiver Typus auf, es finden sich auch hoch- entwickelte Formverhältnisse, deren Verbindung mit der Mehrzahl der Formen zum Theil durch das Fehlen von Zwischengliedern erschwert wird. AB Während sich auf der einen Seite innerhalb der Natantia eine Reihe Das Kaugerüst der Dekapoden. 455 von Formen verfolgen lässt, die ein augenscheinlich ziemlich exakt wirkendes Kaugerüst im dorsalen hinteren Cardiacaltheil des Magens zeigen, mangelt auf der anderen Seite diese cardiale Entwicklung von Hartgebilden und der Pyloricaltheil erhält eine Ausbildung, durch die er zu einer zerkleinernden Thätigkeit befähigt wird. In beiden Fällen bedient sich die Natur gleicher Mittel; zwei late- rale Zahngebilde, die paarig angelegt sind, stehen mit einem unpaaren medianen Zahnfortsatze funktionell in inniger Verbindung. Überspringen wir die Reihe der Zwischenformen, so tritt uns als Endprodukt in der Entwicklung der einen Reihe der Superomedianzahn mit den supero- lateralen Gebilden entgegen, während die andere den Zahnfortsatz der Inferomediantasche mit zahnartigen Lateralbildungen aufweist. Wir stehen innerhalb der Subordnung der Natantia, also vor einer homo- plastischen Homologie (um den Ausdruck Ray LAnksgster’s zu gebrauchen), die weit davon entfernt ist, eine homogene zu sein. Die ursprünglichsten Formverhältnisse in den Hartgebilden! zeigen die Subfamilien der Alpheinen, Crangoninen, Gnathophyllinen und Palae- moninen, während alle übrigen Garneelen schon relativ hohe Entwicklung im Magen zeigen. Die folgende Tabelle mag eine Übersicht darüber geben, wie diver- gent uns die Ausbildung des Kaugerüstes hier entgegentritt und wie wir uns die Divergenz vergegenwärtigen können. Pasiphaeinae Atyinae Penaeinae \ / \ / \ Palaemoninae, Crangoninae, Gnathophyllinae, Alpheinae. Alpheinen, Palaemoninen, Crangoninen und Gnathophyllinen ist gemeinsam, dass nur die inferomediane, so wie die inferolateralen Re- gionen des Cardiacal- und Pyloricaltheiles Hartgebilde von charakteristi- scher Gestalt zeigen und zwar ist es das PMifm, das trotz der großen Abweichungen in den Formverhältnissen allen Dekapoden gemeinsam 1 Ich unterlasse es absichtlich, von »Verkalkungen« zu sprechen, denn in wie weit es sich hier thatsächlich um Einlagerung von Kalksalzen handelt, muss ich un- entschieden lassen, da es zur Erhaltung der Präparate geboten war, keine Versuche in dieser Richtung anzustellen. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 30 456 Friedrich Albert, ist und sich noch über weitere Ordnungen typisch erstreckt. Bald ver- schmälert, so dass fast nur die beiden Seitenwände der Crista übrig bleiben, bald verbreitert, bald in die Länge gezogen, bald verkürzt, bietet es ein höchst wechselvolles Bild der Gestaltung dar. Nicht minder typisch ist die ClJfm- und OJIfl-Region entwickelt. Das CIfm ist im Wesent- lichen so ausgebildet, dass sich drei deutlich differenzirte Längstheile auf demselben unterscheiden lassen: ein medianer, dem eine Aus- rüstung von borstenartigen Hartgebilden fehlt, oder doch wenigstens in sehr beschränktem Maße zukommt und zwei laterale Borstenfelder mit kurzen, meist gruppenweise gestellten, sehr verschieden gestalteten Borsten, die sämmtlich nach der Medianlinie zu gewendet sind. Über diese seitlichen Borstenfelder legen sich sehr schöne regelmäßige lange Borsten, die in einem kontinuirlichen Saume angeordnet sind und ihren Ursprung von der C/fl-Region nehmen, ich nenne sie ohne nähere Be- zeichnung O/fl-Borstensäume !. Bei Exemplaren mit erhaltener Magen- muskulatur waren diese O/fl-Regionen durchgehends durch quergestreifte Muskelfasern mit einander verbunden, man muss sich also vorstellen, dass sie gegen einander beweglich sein müssen. Der Effekt, den eine solche Bewegung hervorbringt, liegt auf der Hand. Nahrungstheilchen müssen nothwendig gegen die Medianlinie des COJfm bewegt werden, um dann ihren Weg weiter zum Pyloricaltheil anzutreten. Da die Mägen fast aller untersuchten Garneelen derart prall mit organischen Resten (meist Spongien und Algen) angefüllt waren, dass sich ein Umherwälzen der zu einem Klumpen vereinigten Masse durch schnürende Bewegungen der Magenwand kaum denken lässt, so leuchtet die Wirksamkeit des oben geschilderten Apparates noch mehr ein. Durch die sich bewegenden Borstensäume wird stets ein kleiner freier Kanal auf der Unterseite des Magens hergestellt sein, durch den die Weiterbeförderung der Nahrungs- stoffe vor sich gehen kann. Die im Magen aufgespeicherten Materialien ‘werden also fortwährend durch die stets ausgezeichnet gefiederien Borsten angenagt und fortgeführt. | Dieser eigenihümliche Modus der Nahrungsverarbeitung lehrt uns auch eine bemerkenswerthe Abweichung von der Magenbildung, anderen Krebsen gegenüber, verstehen. Wenn wir eine nur in sehr geringem Grade statifindende peristaltische Beweglichkeit der Magenwände bei diesen Garneelen annehmen, so ist dadurch einerseits die große Reduk- tion des Cardiacaltheiles begründet, andererseits die oft hervorragende Ausbauschung des pyloricalen vorderen Superomediantheiles. Neu auf- genommene Nahrungsstoffe können so nie sogleich auf die /fm-Region 1 Dasssie dem CO/fl angehören, werde ich bei der Beirachtung der Astaciden etc. ot o:can haben. Pe => Das Kaugerüst der Dekapoden. 457 kommen, sondern werden, nachdem sie durch den terminal oder sub- terminal befindlichen Ösophagus in den Hohlraum des Magens einge- treten sind, erst zu der oberen Aussackung des Pylorustheiles geführt, bis sie eine bestimmte Zeit den Verdauungssäften ausgesetzt, von nach- folgender Nahrung gedrängt, zur Verarbeitung gelangen. Die specielle Betrachtung beginne ich mit den Eucyphotes. Alpheinae. Hippolyte Granchii Leach. 11.21. Ein weiter Ösophagus führt in den vereinigten Cardiacal- und Prae- pyloricaltheil. Der hintere Pyloricaltheil verhältnismäßig groß. Quer- gestreifte Muskulatur verbindet die C/fl-Regionen. An der Gardia ein Reusenapparat in Gestalt von’zwei mit Borsten bedeckten Vorsprüngen. Die Borsten in ihrem Verlaufe gleichmäßig stark und an der Spitze besenartig verzweigt. Die Innenseite des Magens mit spärlichen größeren Borsten besetzt, dazwischen kleine Borsten- bündel. Von der Cardia führen auf der OIfm-Region zwei breite Borsten- züge parallel neben einander zu den eigentlichen C/fm-Hartgebilden, dieselben sind hier ganz in den Bereich der Ifm-Tasche gezogen und bilden die Vorderseite derselben. CIfm- und C/fl-Region zusammen 0,5% mm breit, 0,416 mm lang bis zur Ifm-Taschenspitze. Der mediane Theil der CIfm-Region mit kurzen, nach hinten ge- richteten Borstenbündeln besetzt. Stärkere Borstenbündel ragen von den Rändern nach der Mitte zu. Die ganze Region erhebt sich zu einer Crista, die zur Spitze der Ifm-Tasche verläuft. Diese Spitze mit einem unregelmäßigen Borstenbesatze ausgerüstet. Die Borsten am Ende nicht verzweigt. CIfl-Borstensäume normal angeordnet. Die einzelnen Borsten lang, nur nach der Spitze zu sich etwas verschmälernd. Die Spitze selbst besenförmig verzweigt. Länge im Durchschnitt 0,09 mm (Taf. XXIX, Fig. 31). PVifm: ohne mediane Verkalkung, zwei weichhäutige, flügelartige Gebilde erstrecken sich von der Medianlinie seitwärts. PMifm: wohl entwickelt, Länge 0, mm, die Grista scharf, mit Borsten besetzt. | PMifl: normal und dem vorhergehenden Stücke entsprechend. 1 Nebenstehende Zahlen geben, wo nicht anders vermerkt, die Länge von der Spitze des Rostrums zum Telson gemessen und die größte Breite der untersuchten Exemplare in Millimetern an. 30* 458 Friedrich Albert, Zwischen Ifm-Tasche und PMifm schiebt sich beiderseits ein Borstenbündel, das auf einer Einstülpung der Magenwand sitzt, wohl unzweifelhaft ein Homologon der bei Pasiphaea an gleicher Stelle auf- tretenden Zahngebilde. } Diese Gebilde, die sich auch bei den Palaemoninen nachweisen lassen, berechtigen uns, Hippolyte und die folgenden Formen gewisser- maßen als Ausgangspunkt der höheren Entwicklung bei Pasiphaea an- zusehen. Ein Pylorusventil ließ sich des Erhaltungszustandes wegen nicht nachweisen. Athanas nitescens Leach. 15.2. Ziemlich enger Ösophagus mit Reusenapparat an der Cardia. Ge- stalt des vereinigten Gardiacal- und Praepyloricaltheiles fast kugelrund. Im Innern findet sich eine Auskleidung mit Borsten und zwar kann man zwei streng von einander geschiedene Formen unterscheiden : einzelne aber gleichmäßig vertheilte, kräftige Borsten, an der Seite gefiedert und spitz, Länge 0,032 mm bis 0,04mm, Breite an der Basis 0,008 mm, ferner in schmale, lang gezogene Felder angeordnete Borsten, schwächer gefiedert und dünn: Länge 0,028mm, Breite an der Basis 0,004 mm. Diese letzteren befinden sich in dem praepyloricalen Theile des Magens. Länge der gesammten /fm-Regionen 0,78mm, des CIfm bis zur Ifm-Taschenspitze 0,403 mm, Breite der aus einander gebreiteten Theile 0,312 mm, auf der Innenseite der CIfm-Region eine zungenförmige Fläche ohne Hartgebilde und eine äußere, diese hufeisenförmig um- gebende Region zu unterscheiden, die mit kurzen Borstenbündeln aus- gestattet ist, die Borsten werden auf der Spitze der Ifm-Tasche stärker und massiger angeordnet. Zwischen der äußeren und inneren Region zieht sich ein Saum langer Borsten hin, Länge ca. 0,12 mm. CIfl-Borstensäume: die Borsten haben die Gestalt, wie bei Alpheus Edwardsi, Länge ca. 0,2 mm. PVifm: reducirt. PVifm: normal, die Vorderseite der Crista mit starken, besenförmig verzweigtien Borsten besetzt. PMifl: normal. PZw: starke Borstenbündel legen sich zwischen Ifm-Tasche und PMifm. Pylorusventil nicht nachzuweisen. Alpheus Edwardsii Aud. 21.3. Die Umrisse des Magens erinnern an die der Reptantia, der Cardiacaltheil nimmt den größten Raum ein, der Praepyloricaltheil tritt an Größe bedeutend zurück (Taf. XXIX, Fig. 11). Das Kaugerüst der Dekapoden. 459 Die innere Borstenauskleidung des Magens ungleich vertheilt. CIfm: deutlich differenzirter innerer Theil mit ziemlich unregel- mäßigen, vereinzelten Borsten besetzt, derselbe hat eine fünfeckige Ge- stalt. Zwei Seiten und der von ihnen eingeschlossene Winkel bilden die Spitze der /fm-Tasche, während die drei anderen Seiten von einem schmalen Borstenfelde umgeben sind. Die Borsten sind in Bündel an- geordnet und nach dem eingeschlossenen Theile gerichtet, sie haben eine Durchschnittslänge von 0,012 mm. Oberhalb dieser Gebilde liegen die CIfl-Borstensäume mit langen, an der Spitze ausgefiederten Borsten, die im Verlauf nicht ganz geradlinig sind; die Spitzen des Saumes schlagen sich an der Unterseite um. Länge durchschnittlich 0,12 mm (Taf. XXIX, Fig. 33). Ifm-Tasche an der Grenze zwischen C/fm und PVifm mit kurzen Borstenbündeln ausgerüstet. PVifm: flügelförmig verbreitert. PMifm: stark ausgebildet, an Länge die C/fm-Region erreichend. Breite zu Länge verhält sich wie 3:4. Länge 0,786mm. Die Crista breit, oben mit kurzen Borsten besetzt. PHifm: hier wohl zu unterscheiden. Der Pyloricaltheil sonst durch starke Borstenbildung ausgezeichnet. Pylorusventil vorhanden. Palaemoninae. Palaemion ruber Hess. 92. 16. Var. digit. inerm. In dem Ösophagus treten an der nach hinten gewendeten Seite eigenthümlich gestalteie Verkalkungen auf (Taf. XXIX, Fig. 7), die im Innern einen überaus reichen Borstenbesatz tragen und so einen exakt wirkenden Reusenapparat darstellen. Die Borsten selbst sind meist massiv, nur vereinzelt lassen sich mit stärksten Vergrößerungen Ver- _ zweigungen nachweisen. Häufiger sind hier Borsten, die im Querschnitt nicht rund erscheinen und wie eine Baumwollenfaser gedreht sind. Länge der Borsten ca. 0,2 mm bei einer Breite von 0,004mm. Die Richtung ist bei allen gegen den Magen zu. Der äußere Umriss des Magens erscheint von oben gesehen biskuit- förmig. Die Einschnürung in der Mitte durch die Mandibularmuskeln bewirkt. Wir haben hier und auch bei anderen Palaemoninen den Be- weis, dass es in der That der vordere Theil des Pylorusabschnittes im Magen ist, der sich ausbauscht. Der Praepyloricaltheil ist hier allerdings schon größer als der Cardiacaltheil, doch sind dieselben noch sehr gut 460 Friedrich Albert, durch die erwähnte Einschnürung getrennt. Länge des Magens 22 mm, Querdurchmesser des Gardiacaltheiles 7 mm, des Pyloricaltheiles 14 mm. CIfm: Entfernung von der Cardia 0,78mm. In der Medianlinie des Gebildes fehlen Verkalkungen ganz, dasselbe zieht sich als ein nach Innen vorspringender, häutiger Wulst bis zum Pyloricaltheile hin, während die Seitentheile (von innen gesehen) dachartig abfallen. Auf diesen Seitentheilen befinden sich randständig die üblichen Borsten- felder, sie erscheinen wohl begrenzt und sind mit kurzen Borsten aus- gerüstet, die der Medianlinie zugewendet sind und durchaus nicht ge- fiedert erscheinen. Länge 0,023mm. Der Mediantheil mit stärkeren nach vorn gerichteten Borsten bedeckt. Länge 0,312 mm, Breite 0,005 mm. C Ifl- Borstensäume normal angeordnet. Die Borsten schön gefiedert. Länge 0,533 mm, Breite 0,005 mm (Taf. XXIX, Fig. 30). Ifm-Tasche ganz redueirt. Am Übergange in den Pylorus ein etwas stärkerer Borstenbesatz. PVifm schmal flügelartig ausgebreitet. Breite 2,352 mm. PMifm: nicht so langgezogen als bei Grangon. Crista stumpf, nach dem Darm zu mit einem Büschel Haare besetzt. Ein Klappenventil nicht mehr erhalten. Palaemon Treillanus Edw. 76.11. Äußere Magenumrisse glatt, ohne eine Einschnürung zwischen Car- diacal- und Pyloricaltheil. Ein ösophagealer Reusenapparat fehlt. Im Übrigen fast ganz mit Palaemon ruber übereinstimmend. Die auf den seitlichen Borstenfeldern der CIfm-Region stehenden Borsten sind in Bündel angeordnet und einzeln 0,016 mm lang, die der CI/fl-Borsten- säume sind unregelmäßiger und stärker gefiedert, Länge 0,12 mm. Es tritt hier eine Einstülpung der Magenwand auf, die in der PVifl-Region gelegen ist; im Innern ist sie mit spärlichen Borsten besetzt. Durchaus keine Abe chung von den Verhältnissen bei P. ruber zeigt P. forceps var. rostr. Palaemon Olfersi Wiegm. 75. 13. Dimensionen des Magens 41,5 mm, die Hartgebilde im Ösophagus und Magen wie bei Palaemon An diesen Exemplaren das PHsm bemerkenswerth. Die Crista dieser Region schiebt sich querstehend als ein zungenförmiges Gebilde nach unten und vorn in das Lumen des Pyloricaltheiles ein. Das PHsm läuft in ein kleines Klappenventil aus. Das ganze Gebilde ist durchaus, dünnhäutig. Das Kaugerüst der Dekapoden. 461 Anchistia scripta Hell. 24. 2,5. Ösophagus sehr weit. An der Gardia starke Borstenpartien, die einen ersten Reusenapparat bilden. Cardiacaltheil etwa von gleicher Größe wie der Pyloricaltheil, beide durch eine Einschnürung getrennt. Der Praepyloricaltheil beträchtlich ausgebauscht. Der Magen zeigt an eigentlichen Hartgebilden nur die charakteristi- schen für diese Gruppe unter den Natantia. Dennoch ist die dünn- häutige OSm- und PSm-Region so eigenthümlich, dass diese Form viel- leicht in nähere Beziehung zu den Atyinen zu bringen ist. Einstweilen möge sie hier ihren Platz der Systematik von Craus gemäß behalten. CSm: gut differenzirte Region mit einer sehr flachen Tasche, die etwa die Umrisse eines Hufeisens hat. Die gerade Seite ist nach hinten gewendet. Im Innern meist glatt, nur ganz spärliche Borsten, die spitz und schwach gefiedert sind. Länge 0,0413 mm, Breite 0,0016 mm. CS!-und CZw-Region mit unregelmäßigen, aber wohl begrenzten Borstenbezirken. CIfm dünnhäutig, nur mit spärlichen, gefiederten Borsten besetzt. * CIfl-Borstensäume normal, 0,36 mm lang. Die Borsten 0,072 mm lang, 0,0043mm breit, der ganzen Länge nach gefiedert, an der Spitze hesenförmig. Ifm-Tasche in ihren Anfängen entwickelt. PIfm-Region normal. PSm mit wohl begrenztem Bezirke von gleichschenkliger, spitz- winklig-dreieckiger Gestalt. Die Basis, die nach dem CSm zu liegt, 0,57 mm breit. Höhe des Dreieckes 0,75 mm. Pvlorusventil nicht nachgewiesen. Typton spongicola Costa. 25.5. Der Cardiacaltheil des Magens überwiegt den Pyloricaltheil be- deutend an Größe. Eine Aussackung des Praepyloricaltheiles findet nicht statt. Auf der CSm-Region eine breite Einstülpung der häutigen Magen- wand, die C’Sm-Tasche repräsentirend, im Verhältnis breiter und gleich tief, wie bei Anchistia scripta. CIfm: größte Breite 0,745 mm. Länge 0,975 mm, durchaus Palae- montypus, auffallend ist die schwache Borstenentwicklung im Allge- meinen. Auf der Spitze der schwach entwickelten Jfm-Tasche ein kleines Borstenbündel. PMifm: normal entwickelt, die Grista mit ganz winzigen Borsten besetzt. 462 Eniedriehlälbent, CIfl-Borstensäume wie bei Palaemon, Länge der Borsten 0,15 mm, Breite 0,004mm. Gestalt: spitz auslaufend, schwach gefiedert. Klappenventil nicht nachzuweisen. Pontonia tyrrhena Latr. 38.41. Ösophagus weit, führt in den vereinigten Cardiacal- und Praepy- loricaltheil, die kurz gedrungen sind. CIfm: Länge Amm. Breite 0,78 mm. Der mediane Theil ohne Hartgebilde, nach den Rändern zu immer stärker werdende Borsten- bündel. CIfl-Borstensaum. Die einzelnen Borsten sind verhältnismäßig stark. Länge 0,156 mm. Breite 0,009 mm (Taf. XXIX, Fig. 32). Ifm-Tasche mit kleinen Borsten ausgerüstet. PMifm normal. Länge 1,3 mm, Breite 0,845 mm. Klappenventil nicht nachzuweisen. Oedipus gramineus Dana. 46.4. Ösophagus weit, mit einem Reusenapparate ausgestattet. Cardia- cal- und Praepyloricaltheil des Magens vereinigt, die Aussackung des letzteren nicht bedeutend, sie überragt von oben gesehen den hinteren Pyloricaltheil nicht. Von der Gardia bis zu den eigentlichen Hartgebilden des O/fm zieht sich ein breites Borstenfeld hin. Von der Seite her legen sich Wülste mit Borstenbedeckung an dasselbe heran. Die median gelegenen Borsten sind kurz, kräftig und gegen das CIfm gerichtet. Länge 0,022 mm. Breite an der Basis 0,003 mm (Taf. XXIX, Fig. 28). Die lateralen länger, ca. 0,042 mm, bei gleicher Breite an der Basis, wie die vorhergehenden. CIfm und CIfl mit normalem Typus, eben so breit wie lang. Die Gebilde erinnern ungemein an Crangon. Die einzelnen Borsten des O//l- Borstensaumes wie bei Pontonia tyrrhena, nur verhältnismäßig langge- streckter. Alles Andere normal. Klappenventil nicht nachzuweisen. Harpilius lutescens Dana. 16. 2. Umrisse des Magens von oben gesehen, eirund. Cardiacal- und Praepyloricaltheil vereinigt; der Praepyloricaltheil ragt etwa um ein Drittel der gesammten Magenlänge über den Pylorus hinaus. Alle Hari- gebilde normal. Die Jfm-Tasche schwach entwickelt, sie trägt auf der dem Pylorus zugekehrten Seite einen Besatz von kleinen Borsten, der sich auch auf der Crista der PMifm befindet. Das Kaugerüst der Dekapoden, 4693 Pandalus annulicornis Leach. 81.10. Die Magenmuskulatur war hier sehr gut erhalten. Die ganze Außen- wand ist mit quergestreiften, sich kreuzenden Muskelfasern durchzogen. Die CIfl-Regionen sind durch starke regelmäßige Muskulatur mit ein- ander verbunden. Der Ösophagus nicht besonders weit. Auf der hinteren Seite, ander Cardia, befinden sich eigenthümliche Verkalkungen, sie sind von fast leierförmiger Gestalt (Taf. XXIX, Fig. 8). Man kann eine Basis und zwei nach oben gerichtete Schenkel unterscheiden. An der Innenseite der Schenkel je eine Reihe von nicht verkalkten Flecken, deren Zweck unklar ist. Lateral von diesem Gebilde ist noch je eine schwache Platte gelegen. Auf der Innenseite sind alle diese Gehilde mit zum Magen gerichteten, kurzen, spitzen und kräftigen Borsten besetzt, die jedenfalls einen retentoralen Zweck haben. Umriss des Magens von oben langgestreckt oval, an der Vorderseite geradlinig, größte Länge und Breite 6,5 mm und 2,5 mm. Der Gardiacal- und Praepyloricaltheil vereinigt, letzterer ragt etwas über den Pylorus hinaus. Gestalt des Magens langgestreckt. Dem ent- sprechend auch das CI/fm lang und schmal. CIfl-Borsiensäume mit sehr dicht stehenden feinen Borsten, die nicht spitz sind, sondern eine Andeutung einer knopfartigen Ver- breiterung am Ende zeigen und dort nicht gefiedert sind. Länge 0,33 mm. Der untere Theil dagegen zeigt eine Besetzung mit äußerst feinen Härchen, die nur mit stärksten Vergrößerungen zu erkennen sind. Spitze der /fm-Tasche mit kurzem Borstenbesatze. Die pyloricalen Hartgebilde normal. Hier findet sich in besonders ausgezeichneter Aus- bildung die Einstülpung in den Pyloricaltheil, die bei Pasiphaea ein Zahngebilde trägt. Pylorusventil vorhanden. Crangoninae. Grangon vulgaris Fahr. 55. 8. Praepyloricaltheil sehr nach hinten erweitert und den Gardiacal- theil bedeutend an Größe übertreffend. Die Beschreibung der Hart- gehilde deckt sich im Allgemeinen mit dem in der Einleitung Gesagten. Da von dieser Form reichlicheres und gut konservirtes Material vorlag, so erschien dieselbe geeignet zum Ausgangspunkt der allgemeinen Be- trachtung (Taf. XXIX, Fig. 1 und 2). Länge der Borsten auf den seitlichen Feldern des C/fm 0,016 mm. CIfl-Borstensaum normal. Die Borsten an der Spitze keulenförmig A464 Friedrich Albert, verdickt. Längeca. 0,232 mm, Breite 0,002 mm bis 0,004 mm (Taf. XXIX, Fig. 24). Vor den OI/fm-Hartgebilden eine kleine Einstülpung in das Innere des Magens, die mit Borsten besetzt ist. Jfm-Tasche stark ausgebildet, ein besonderer Borstenbesatz auf der Spitze fehlt. PVifm: flügelartig ausgezogen. PMifm: sehr lang gezogen. die Länge übertrifft die Breite um mehr als das Doppelte (Taf. XXIX, Fig. 3). PMifl: mit Borstenreihen, die nach demselben Typus, wie die C/Ifl- Borsten gebaut sind, die längsten 0,048 mm lang. Länge des PMifm und des C/fm je Imm. PHifm wohl entwickelt. PHsm: ein wohl ausgebildetes und abgegrenztes Hartgebilde. Nach innen entsendet das Stück eine starke Grista.. Nach hinten läuft die Region in zwei Hörner aus, die sich breit auf entsprechende Hartgebilde legen, die die PHifl-Region mit dem PHsm verbinden. Breite des PHsm 0,92%mm. Länge der Hörner 0,206 mm. Klappenventil vorhanden. Lysmata seticaudata Risso. 60.8. Die Außengestalt des Magens wie bei Grangon. Die Hartgebilde der Ifm-Regionen im Ganzen stärker verkalkt und langgestreckter als dort. CIfm: normal. Die Randborstenfelder mit stumpfen Borsten, die nicht regelmäßig in Bündel angeordnet sind. CIfl: die schön gefiederten Borsten 0,22 mm lang. Ifm-Tasche wohl ausgebildet, die Spitze mit kurzen, ziemlich kräftigen Borsten besetzt. Länge des gesammten O/fm 1,5 mm, Breite I mm. PVifm: flügelartig nach den Seiten ausgehend, normal. PMifm: Länge Imm. Breite 0,82 mm. Die Crista mit kräftigen kurzen Borsten besetzt. Länge derselben 0,02 mm. | PMifl normal. Klappenventil nicht nachzuweisen. Nika edulis Risso. 36. 6. Ösophagus weit, fast endständig, an der Cardia ein Reusenapparat | mit Borsten (Taf. XXIX, Fig. 29). Der vordere Pyloricaltheil übertrifft den Gardiacaltheil bedeutend an Größe. Magenlänge 6 mm, Breite 3mm. Der vordere Pyloricaltheil ragt um die Hälfte der Mangenlänge über den hinteren Theil hinaus. !Das Kaugerüst der Dekapoden. 465 Im Innern des Magens ein spärlicher Besatz mit gefiederten, spitzen Borsten, der nur stärker zwischen den eigentlichen Hartgebilden und der Cardia wird. Die Borsten sind hier nach hinten gerichtet. Die vor dem C/fm gelegene häutige Einstülpung der Magenwand hat hier bedeutende Dimensionen angenommen und bedeckt den vor- deren Theil des OIfm. CIfm: normal, die lateralen Borstenfelder etwa 0,16 mm breit. Auf denselben nach der Medianlinie gerichtete Borsten, die nach dem Außenrande immer stärker werden. | Die Spitze der /fm-Tasche ohne Borstenausrüstung. C/fl-Borsten- säume normal angeordnet. Die Gestalt der einzelnen Borsten unregel- mäßig napfförmig an der Spitze. Länge 0,15 mm, Breite 0,002 mm. Nur das vordere Ende ungefiedert (Taf. XXIX, Fig. 25). Der ganze CIfm- und C/Ifl-Komplex von einem Hautwulste umgeben, der die Dicke von 0,028 mm durchschnittlich hat. Die PIfm-Regionen normal. PMifl: mit Borsten, die den Typus der C/Ifl-Borsten tragen. Über und hinter der /fm-Tasche in der PZw-Region eine Einstülpung der dünnhäutigen Magenwand ohne Borstenbesatz. Pylorusventil vorhanden: zwei laterale spitze Taschen mit langem Borstenbesatze. Gnathophyllinae. Gnathophyllum elegans Risso. 33. 8. Ösophagus sehr weit und vorn endständig. Der Cardiacaltheil des Magens sehr reducirt in der Größe, der vordere Pyloricaltheil ausge- bauscht, jedoch den hinteren Pyloricaltheil nicht überragend. Im Öso- phagus und dem Innern des Magens spärliche, kaum merklich gefiederte Borsten, die etwa die Durchschniitslänge von 0,35 mm haben. CIfm mit CGrangoninentypus. Jfm-Tasche stark entwickelt, der höchste Punkt derselben mit kräftigen, aber nicht besonders gefiederten ' Borsten besetzt, die nach vorn gerichtet sind. Die seitlichen Borsten- felder des C/fm mit Borstenbündeln ausgerüstet; dieselben sind aber nur in der Mitte der Felder nach der Medianlinie zu gewendet, die vorn stehenden sind schräg nach hinten, und die hinten stehenden nach vorn gerichtet. OIfl-Borstensäume mit sehr schönen stark gefiederten Borsten, deren Länge 0,16 bis 0,18 mm beträgt. Breite an der Basis 0,006 mm. Nur drei Viertel der Länge sind sie gefiedert. PVifm: dünnhäutig, normal. 466 Friedrich Albert, PMifm: Länge 1,15 mm. Größte Breite 1,04 mm. Die Crista schwach bewaffnet, etwas stärkere Borsten nach dem Gardiacaltheil zu. PMifl: die Borsten an der Spitze besenförmig. Länge 0,064 mm. Dicke 0,04 mm. PHifm: ganz weichhäutig, in ein äußerst spitzes Ventil ausgehend. Fanden wir unter den betrachteten Formen eine Reihe mit stark ausgebildeter /fm-Tasche und gleichzeitig einer seitlichen Ausstülpung der Magenwand nach innen, beide Gebilde mit kräftigem Borstenbesatze versehen, so werden wir von hier aus unwillkürlich zu einer Ausbildung hingeleitet, die uns gewissermaßen die oben angedeuteten Verhältnisse in höchster Potenz vorführt. Es ist der Typus, den uns die Pasiphaeinae darbieten. Pasiphaea sivado Risso. 412. 12. Var. apend. ant. int. brevioribus. Ösophagus sehr muskulös, in seinem Verlaufe etwas nach vorn an- steigend und im Innern mit Längsfalten ausgerüstet. An der Cardia klappenartige Vorsprünge, die den Gardiacaltheil ventilartig gegen den Ösophagus schließen. Der Cardiacaltheil des Magens ist sehr lang ge- streckt und fast röhrenförmig, während der Pyloricaltheil gewohnte Ver- hältnisse zeigt (Taf. XXIX, Fig. 20). Länge des röhrenförmigen Theiles 4,6mm. Der gesammte Magen ist umkleidet mit einer starken Schicht sich kreuzender quergestreifter Muskelfasern. An der Olfm-Seite da- gegen erscheint ein querverlaufender starker Muskelzug. Das Lumen des Mittel- und Enddarmes, die nicht differenzirt erscheinen, ist ein sehr geringes. Nach innen zu springen in den Cardiacaltheil regelmäßige Längsfalten vor, die dem ganzen Gebilde ein darmartiges Aussehen geben. Clfm (Taf. XXIX, Fig. 22): langgezogen, schmal, auf demselben sehr wohl begrenzte mittlere Abtheilung, die spitzwinklig nach vorn verläuft, sie ist mit ganz spärlichen, kurzen Borsten ausgerüstet. Die seitlichen Borstenfelder mit Borstenbündeln ausgerüstet, die nach der Mitte gerichtet sind. Länge der einzelnen Borsten ungefähr 0,013 mm. Breite 0,002mm. Breite der Bündel 0,041mm. Entfernung der ein- zelnen Bündel von einander 0,005 mm. CIfl-Borstensäume: Fokkanggentael! Die einzelnen Borsten dünn und lang. Länge ca. 0,404mm, Breite 0,009 mm (Taf. XXIX, Fig. 26). Über dem C/fl-Borstensaum läuft noch ein häutiger Wulst hin, der mit spärlichen, aber ziemlich starken Borsten ausgerüstet ist. Das Kaugerüst der Dekapoden. 467 Ifm-Tasche kräftig, ein gegen das OJfm wohl abgegrenzies OIfm- Taschenstück läuft nach hinten zu in einen kräftigen Zahnfortsatz aus, derselbe stellt einen verschmolzenen Borstenkomplex dar, doch ist die Verschmelzung hier schon so weit fortgeschritten, dass nur eine schuppige Skulptur des zweispitzigen Zahnes die Entstehungsweise beweist (Taf. XXIX, Fig. 24). An der Basis des Zahnes verläuft auf der Oberseite der /fm-Tasche jederseits ein dicht besetzter Borstensaum, die einzelnen Borsten sind an der Spitze hakenförmig umgebogen (Taf. XXIX, Fig. 27). Seitlich an den /fm-Zahn legen sich zwei Zahngebilde an, sie sitzen einer der PVifl- oder PZw-Region angehörenden Einstülpung der Magenwand auf und zeigen eine Anzahl in der Größe sehr variirende Borstengebilde, die auch das charakteristische schuppige Aussehen haben. PVıfm: als Mediantheil nicht vorhanden. Die seitlichen dünnhäutigen Flügel sind aber hier sehr gut ausgebildet, sie sind in der Medianlinie 0,224 mm von einander getrennt. PMıfm: normal entwickelt. Die Crista oben breit und mit spär- lichen Borsten besetzt. Länge 2mm. Breite 1,276 mm. Die Entfernung der Längsborstensäume von einander 0,042 mm. PMifl: mit Borsten, die nach dem Typus der C/fl-Borstensäume gebaut sind. Ein Pyloricalventil sehr stark ausgebildet und zwar besteht es aus einem Ventilfortsatze des PH:fm und einem sehr langen Fortsatze der PHsm-Region an das sich zwei PHsi-Ventile anschließen, welche letztere mit Borsten besetzt sind. Pasiphaea sp.?! 24. &. Ösophagus sehr eng. Die allgemeinen Magenumrisse zeigen die Ver- hältnisse des Astacus fluviatilis. Eigentliche Hartgebilde finden sich nur auf der ventralen Hälfte des Magens (Taf. XXIX, Fig. 23). | CIfm: Länge 0,39 mm. Breite 0,364 mm, es ist ganz weichhäutig und eine innere Borstenbekleidung fehlt größtentheils, die Borsten der seitlichen Borstenfelder spärlich, nur nach hinten etwas häufiger werdend. CIfl-Borstensäume wohl entwickelt, die einzelnen Borsten sind sehr ! Vorliegendes Exemplar stammt aus dem Museum GoDEFFROY und war als Ser- sestes atlanticus Edw. bestimmt. Da sich diese Bestimmung als falsch erwies, so will ich an dieser Stelle den Irrthum, der sich in meiner Inauguraldissertation findet, berichtigen. 468 Friedrich Albert, lang und spitz auslaufend. Der ganzen Länge nach sind sie gefiedert. Länge 0,18 mm. Breite in der Mitte 0,002 mm. Der Zwischenraum zwischen CJfm und den C/fl-Borstensäumen mit Borsten erfüllt und eben so befinden sich über den Säumen kurze, recht kräftige Borsten. Länge 0,088 mm, Breite 0,004 mm durchschnittlich. Die C/fl-Borstensäume sind durch eine kräftige quergestreifte Mus- kulatur mit einander verbunden, eine Muskulatur in der Seitenwand des Magens konnte nicht mehr nachgewiesen werden. Die Ifm-Tasche iststark ausgebildet, ein oberes Ifm-Taschenstück ist sehr deutlich durch eine Naht gegen das OIfm abgegrenzt. Das Olfmt läuft nach hinten in einen /fm-Zahn aus. Derselbe stellt einen zweiflügeligen Borstenkomplex dar, der an der Basis von starken Borsten umgeben ist. Breite des Stückes an der Basis 0,2 mm, Länge bis zur Zahnspitze 0,26 mm. Jede einzelne der Borsten, aus denen der Zahn besteht, so wie der an der Basis desselben stehenden, erscheint unter starker Vergrößerung als ein eigener Borstenkomplex, so dass die Oberfläche wie mit Schuppen bedeckt aussieht. Von den letztgenannten Borsten ist ein Theil eigenthümlich gestaltet. Die Spitzen erscheinen ein wenig umgebogen und die konkave Seite dieser Biegung ist so gefiedert, dass sie ein sägenzahnähnliches Gebilde darstellt (Taf. XXIX, Fig. 34). Dem Ifm-Zahne liegen bei natürlicher Stellung des Magens ein Paar laterale Zahngebilde eng an. Sie dürften ihrer Lage nach der PZw- Region zuzuschreiben sein. Wie der I/fm-Zahn bestehen sie auch aus einem Komplexe von Borsten, der auf einer Einstülpung in der Magen- wand aufsitzt und in seinem vorderen und unteren Theile zwei kräftige Zahnvorsprünge zeigt, während der hintere und obere Theil aus isolirt stehenden, hakenförmig umgebogenen Borsten besteht, die nach dem Typus vom Oifmt gebaut sind. Länge derselben 0,04mm. Länge des ganzen Zahnes 0,18 mm. PMifm: normal, die Crista breit und mit Borsten besetzt. PMifl: mit Borsten ausgerüstet, die an der Spitze besenförmig ver- zweigt sind. Länge derselben 0,024 mm. PHifm: mit breitem, langem Klappenventile. Der letzten Subfamilie unter den Eucyphotes, den Atyinen und den Penaeinen, ist ein im hinteren Theile des Cardiacalmagens gelegenes, deutlich differenzirtes Kaugerüst gemeinsam. Die Art und Weise der Ausbildung desselben ist aber bei beiden so abweichend, dass an eine nähere Beziehung zwischen beiden Formen nicht gedacht werden kann. Die Atyinen, d. h. Atya und Caridina, die mir vorlagen, stehen fast ganz isolirt da, sowohl den betrachteten Garneelen, als allen übrigen Natantia Das Kaugerüst der Dekapoden. 469 und Reptantia gegenüber, während die Penaeinen sich leicht in das Schema der Reptantia einfügen lassen, ich werde sie demgemäß am Schlusse der Garneelenreihe der Betrachtung unterwerfen. Atyinae. Atya scabra Leach. 65.41. Ösophagus verhältnismäßig dünn. Länge des Magens 7,5 mm, größte Breite 3,5 mm; die allgemeinen Umrisse desselben sind unregel- mäßig, von oben gesehen etwa biskuitförmig, der Cardiacaltheil ist nach vorn zweizipfelig. Lumen des Mitteldarmes sehr groß. Der Gardiacaltheil ist durch eine Einschnürung gegen den Pylori- caltheil gut begrenzt (Taf. XXIX, Fig. 4). Die OSm-Region besteht aus 4 Stücken, die durch eine x-förmige Naht getrennt sind, zwei in der Medianlinie des Magens liegende Stücke können als vorderes und hinteres C’Sm bezeichnet werden, während ich die beiden seitwärts liegenden die lateralen CSm nenne. An dem freien Rande des durch diese 4 Stücke gebildeten Komplexes läuft ein dichter Borstensaum hin. Länge der einzelnen längsgestreiften Borsten 0,455 mm, Breite an der Basis 0,013 mm. Der Saum verstärkt sich nach hinten immer mehr und bildet zuletzt auf dem hinteren CSm ein zahnartiges Gebilde, das aus zwei neben einander entspringenden Zahnspitzen be- steht. Die x-förmigen Trennungsnähte sind im Innern nicht mit Borsten ausgerüstet (Taf. XXIX, Fig. 5). Die unter der O’Sm-Region gelegenen Theile des Magens sind durch ganz dünnhäutige Platten gebildet, deren Berührungsnähte gegen ein- ander sich deutlich differenziren. Irgend welche Homologa mit dem Kaugerüste der übrigen Dekapoden lassen sich nicht erkennen. Vor den CSm-Theilen findet sich ein Komplex von Platten nach dem Rostrum des Gephalothorax zugewendet. Die Berührungsnähte haben von oben und hinten betrachtet die Gestalt eines Y. Die Oberfläche des Pyloricaltheiles wird gebildet durch das PHsm, welches hier außerordentlich ausgedehnt erscheint. Der ganzen Länge nach zieht sich über das Gebilde eine breite und tiefe Furche, die im Innern die Crista trägt; die Ausbildung dieser Crista bildet eine der be- merkenswerthesten Eigenthümlichkeiten der Atyinen. Von der er- wähnten breiten und langen Einstülpung in den Pyloricaltheil des Magens entspringt eine Reihe von langen Lamellen, die sich wieder ver- zweigen, so dass das ganze Gebilde im Querschnitte ein blattaderartiges Aussehen erhält. Nach hinten geht das PHsm in zwei Zipfel aus, die ventilartig wirken dürften (Taf. XXIX, Fig. 6). 470 Friedrich Albert, Die Gebilde zwischen CSm und PHsm sind ganz reducirt. Zwischen das CSm und das PHsm schiebt sich von der Seite her ein Gebilde, das man der Lage nach als Superolateralzahn bezeichnen muss. Es ist eine Einstülpung der Magenwand nach innen, die den Charakter eines Reibzahnes durch eine Reihe Sägezahn-ähnlicher Borsten erhält. Länge derselben 0,56 mm, Breite 0,014 mm. Die Verarbeitung der im Magen befindlichen Nahrungsstoffe scheint der Lage dieser Theile entsprechend folgendermaßen vor sich zu gehen. Der ganze Komplex der CSm-Stücke wird gegen das PHsm bewegt, bis der Zahn des CHsm gegen die Crista des PHsm stößt. Dass ein solches Aneinanderstoßen thatsächlich stattfindet, beweist eine Rille am hinteren Theile des CSm-Zahnes, in welche die Crista genau hineinpasst; eine solche Bewegung lässt sich leicht ausführen. Durch diese An- näherung der erwähnten Theile müssen aber die Superolateralzähne nach unten und außen aus einander weichen, während sie durch die Entfernung der Theile von einander wieder gegen einander und nach oben zu gezogen werden. Solche wechselseitige Thätigkeit musste alle in den Bereich dieser Gebilde kommenden Nahrungsstoffe nothwendig in die Lamellen der PHsm-Crista hineindrängen, aus denen sie un- mittelbar in den Mitteldarm übergeführt werden. Die Lamellen der Crista waren demgemäß auch mit reichlichen Nahrungsstoffen umgeben. Die /fm- und Ifl-Regionen zeigen in diesem sonst so abweichenden Kaugerüste durchaus den Typus aller anderen Eucyphotes. | CIfm: in der Mitte ohne Borstenbedeckung, an den Seiten einzelne nach der Medianlinie zu gewendete kurze Borsten. CIfl-Borstensäume wohl ausgebildet, die Länge der einzelnen Bor- sten ist sehr verschieden. Im Durchschnitte dürfte sie 0,112 mm betragen. Über diesen der CIfl-Region angehörigen Borstensäumen lassen sich noch je zwei, die wir der Zwischenregion zuschreiben müssen, erkennen. Der oberste derselben ist als eine direkte Fortsetzung der CS!-Zahnborsten anzusehen. Wo diese Säume, von beiden Seiten kommend, sich an der Cardia nähern, stülpt sich die Magenwand taschenartig ein und so bil- den sie in ihrem letzten Ende ein Ventil gegen den Ösophagus. Die dieses bildenden Borsten sind stark und an der Spitze pinselartig ver- zweigt, vielleicht sind diese Gebilde aus der Verschmelzung mehrerer Borsten entstanden. Länge durchschnittlich 0,5 mm. Ifm-Tasche gut ausgebildet. PVifm: ganz reducirt. PMifm: recht schmal, fast ganz in den Bereich der Crista gezogen, die CGrista selbst breit und auf der aboralen Seite mit einem starken Borstenbesatze. | “WE 7 a a, te FRE T n Zam z i P Er ä a e Das Kaugerüst der Dekapoden. 471 PMifl: dem vorhergehenden Stücke entsprechend, auch schmal. Die oberste Reihe der Längsborstensäume ist sehr verdickt und nach vorn gerichtet, während die Borstenbekleidung der /fm-Tasche nach hinten gerichtet ist. Ohne Zweifel wird hier also auch eine Zerkleine- rung der Nahrungsmittel stattfinden können. Die Seitenregionen des Pyloricaltheiles zeigen in derselben Weise, wie die des Cardiacaltheiles Hartgebilde. Bemerkenswerth ist ein Borstensaum, der sich von dem Superolateralzahn längs der Pyloricalseite hinzieht und gegen den Mittel- darm in ein Bündel Borsten endet, das sich eng an das PMifm-Gebilde anlegt. Caridina sp.? 32. 6. Ein ziemlich weiter Ösophagus führt in einen nach vorn zweizipfe- ligen Gardiacaltheil, der in seiner räumlichen Ausdehnung nicht größer als der Pyloricaltheil ist. Beide haben zusammen einen Längsdurch- messer von 3 mm. CSm: Länge 1,4 mm, Breite 1,26 mm. Vier deutlich differenzirte Stücke, wie bei Atya, nur das Größenverhältnis derselben zu einander ist ein abweichendes, das größte Stück ist das CHsm, während die late- ralen CSm das CVsm an Größe übertreffen. An der x-förmigen Be- rührungsnaht der Platten gegen einander entsenden diese stumpf kegel- föormige Borsten nach innen. Länge 0,008 mm. Breite an der Basis 0,004 mm. An den freien Außenrändern beträchtlich lange und sehr schön gefiederte Borsten, Länge 0,096 mm, Breite 0,003 mm. Am vor- deren Rande der CSm-Region ist der Saum derselben am schwächsten, verstärkt sich aber immer mehr nach der analen Seite zu und führt auch hier zu einem Zahngebilde auf dem CHsm. Der Zahn ist zweitheilig, massiv und spitz, an der Basis von Borsten umgeben, die durchschnitt- lich 0,24 mm lang und 0,008 mm breit sind. Der CSm-Zahn und die ihn umgebenden Borsten sind nach hinten gerichtet. Ein superolatera- les Borstengebilde wie bei Atya vorhanden und wie dort aus einer 0,49% mm langen Reihe sägezahnähnlich gestellter kräftiger Borsten (Länge 0,039 mm, Breite 0,013 mm) und darunter längerer und dünne- rer Borsten (Länge 0,09 mm, Breite 0,005 mm, spitz, gefiedert) be- stehend. Beide sind nach rückwärts gerichtet. Über dem zahnähnlichen Saume befinden sich hier noch unregelmäßig stehende kleine Höcker, 0,026 mm hoch und 0,043 mm breit. PHsm: ist in gleichem Typus wie bei Atya vorhanden, die Crista erscheint von außen als eine breite und lange Rinne, während sich von ihr ausgehend im Innern des Magens Lamellen finden, die ähnlich denen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 34 472 ‚Friedrich Albert, bei Atya beschaffen sind. Bemerkenswerth ist, dass hier das PHsm in einen einfachen Kiappenfortsatz nach hinten ausläuft. An den Seiten des Pyloricaltheiles zieht sich jederseits eine mit er- heblich langen Borsten besetzte Leiste hin, die als Fortsetzung des Borstenbesatzes am Superolateralzahn von diesem ausgeht. CIfm: ohne charakteristische Merkmale, mit spärlichen Borsten aus- gerüstet. CIfl-Borstensäume wohl entwickelt, die Gestalt der einzelnen Bor- sten spitz, in der oberen Hälfte gefiedert. Über dem Saume ein häutiger Wulst mit einzelnen Borsten, die sehr kräftig sind. Länge derselben 0,221 mm. Der OZw-Region gehört ein bemerkenswerthes, halbkreisförmiges Gebilde an, das mit sehr langgestreckten Borsten ausgerüstet ist und den Zwischenraum zwischen 0Sm und C/Ifl ausfüllt. Besonders be- merkenswerth ist die vorderste dieser im Halbkreis stehenden Borsten, die als ein Komplex von verschmolzenen Borsten erscheint. Länge 0,416 mm. Breite an der Basis 0,039 mm. Die stark ausgebildete I/fm-Tasche ist im Innern mit einem starken Borstenbesatz ausgerüstet. PMifm: normal. Die Längsborstensäume desselben sind 0,036 mm von einander entfernt. PMifl-Borstensäume mit kurzen, stumpfen, kräftigen Borsten aus- gerüstet, die an der Spitze besenartig verzweigt sind. Länge 0,06 mm. Von der Hinterseite der PMifm-Crista entspringt ein starkes Borsten- bündel, das nach dem Mitteldarm zu gerichtet ist. Pylorusventil des PHifm sehr schwach entwickelt. Penaeidae. Die Vertreter dieser Familie, zu der die Sergestiden auch in Bezug auf das Kaugerüst durchaus zuzuziehen sind, zeigen eine Ausbildung des Kaugerüstes, die sich fast durchweg in Homologie zu den übrigen Makruren setzen lässt. CSm-Zahn stets mit CHsm verwachsen. Der Hauptunterschied den höheren Dekapoden gegenüber ist das Fehlen der cardiacalen Zwischenstücke, ferner die langgestreckte Gestalt der O/fl- und der Olfm-Region. Penaeus semisulcatus Deh. 220. 23. Die Umrisse des Magens erscheinen schmal und in die Länge ge- zogen. Länge des Magens 25 mm. Breite 9 mm. CVsm: außerordentlich reducirt, die Region erscheint in ihrer vor- deren Hälfte als eine kleine dreieckig nach außen vorgestülpte Tasche, Das Kaugerüst der Dekapoden,. - 473 die die Gestalt eines stumpfen Vogelschnabels hat. Das Gebilde dient jedenfalls dazu, an der Dorsalfläche des Magens befindliche Nahrungs- stoffe bei den Bewegungen des Magens gegen die übrigen Theile des Kaugerüstes zu schieben. — Der hintere Theil des OVsm ist klein und dreieckig, ohne eine bestimmte Abgrenzung gegen das folgende Median- stück (Taf. XXIX, Fig. 12). CMsm: das Stück zeigt außen die charakteristische Gestalt der Homologa bei den übrigen Reptantia. Im Innern fehlt jede Bewaffnung. Länge mit dem hinteren Theile des CVsm 4 mm. CHsm und CSmz: Länge 2,5 mm. Breite 2 mm. Letzterer geht in einen Zahnfortsatz nach innen aus, der spitz, löffelartig gestaltet ist und an den Rändern eine Zähnelung trägt. Gegen das OMsm ist das Stück durch eine wohl ausgebildete Naht getrennt. OVsl.: sie schieben sich keilförmig zwischen den vorderen und hin- teren Theil des CVsm und berühren sich fast in der Medianlinie, die Stücke zeigen eine Krümmung und verjüngen sich nach den Seiten zu. Länge jedes Flügels 4,5 mm. wi Zwischen das OVs! und das CMsl schiebt sich noch ein accessori- sches Gebilde, das als accessorisches Verbindungsstück nach dem Vor- gange Nauck’s zu bezeichnen wäre, ich nenne es in strenger Durch- führung des Nomenclaturprincips: accessorisches CSI!. Es liegt vor der äußeren Endigung des OMsl und vermittelt nur zum Theil die Gelenkung dieses Theiles mit dem CS!-Zahne. Länge 1,5 mm. CMsl: ist wohl ausgebildet und das charakteristischste Stück für das Kaugerüst der Penaeinen. Die innere Ausrüstung des Stückes zeigt einen kräftigen halbmondförmigen Zahn, der bei natürlicher Stellung des Magens den Mittelzahn berührt. Länge@ mm. Nach vorn und unten zu setzt sich von hier aus eine sägeblattähnliche Zahnbildung bis an die Cardia fort. Länge 13 mm. Nach unten zu reicht dieses Seitenzahngebilde bis an die OIfl-Region heran und macht dadurch eine Ausbildung von Zwischenstücken über- flüssig. Der untere Rand trägt eine Reihe dichter Borsten, die 0,24 mm lang, 0,008 mm breit sind und nur andeutungsweise gefiedert erscheinen. CHsl!: ist nicht differenzirt. Eine Verbindung zwischen diesem Stücke und dem PVsm findet nicht statt. Zwischen dem CS/-Zahne und dem OMsm befindet sich eine kleine Einstülpung, die zur Verengung des Lumens seitlich vom Mittelzahne dient. PVsm: bildet mit der Vorderseite die ganze Breite der OSm-Tasche, während die Hinterseite sich rasch verjüngt. CIfl: stark entwickelte schmale Platten, die parallel mit dem vor- 31 * 474 Friedrich Albert, deren Fortsatze des CS!-Zahnes verlaufen. Auf der Innenseite tragen die Gebilde einen dichten nach unten gewendeten Borstenbesatz. Länge der Platten 144 mm. Breite 1,5 mm. CIfm: ist in seinem Verlaufe geradlinig wie die C/fl und sehr ge- ring verkalkt. Ifm-Tasche nicht ausgebildet; zwei auf dem C/Ifm verlaufende Leisten, die sich an der Übergangsstelle in den Pyloricaltheil vereinigen, bieten in dieser Vereinigungsstelle eine Andeutung derselben dar. PVifm: wohl entwickelt in dem medianen Theile. Länge 2,5 mm, bei gleicher Breite. PMifm: ist schmal und der langgestreckten Magenform entsprechend in die Länge gezogen. Länge 4,5 mm, Breite 3 mm. Die Längsborsten- säume stehen außerordentlich nahe an einander. PHifm: wohl ausgebildet, der Ventilfortsatz rudimentär. In den Seitenwänden des Pylorusmagens lassen sich keine Homo- loga der bei anderen Dekapoden auftretenden Stücke erkennen. Hier ist zu unterscheiden ein vorderes und hinteres Zwischenstück. Das vordere, eine ziemlich stark verkalkte Platte, nimmt die beiden lateralen Theile des Pyloricaltheiles fast in ihrer ganzen Ausdehnung ein, im Innern findet sich theilweise eine Borstenbekleidung. Das hintere pyloricale Zwischenstück geht in ein ungemein langes Klappenventil aus, das über ein Drittel der gesammten Mn ein- nehmend, sich in den Mitteldarm erstreckt. PVsl: lang, nach hinten lang ausgezogen. Auf der Innenseite eine Reihe kleiner Zähnchen tragend. PMsm: als eine schmale Leiste entwickelt, die vom PVsm zum Pilsm hinableitet. An der Hinterseite erscheint sie gabelförmig ge- spalten. PHsm: in dem vorderen Theile mit einer Verkalkung, die die Um- risse eines Aptychus darstellt. Länge 3 mm. Breite 2 mm. Im Innern eine Borstenbekleidung, die zu keiner Cristabildung führt. Das PHsm endigt in eine ungemein kräftige Ventiltasche, die aber an Länge hinter den lateralen zurücksteht. | Der von Nıuck zur Vergleichung herangezogene Penaeus plebejus Hess. zeigt im Allgemeinen eine geringere Ausbildung der Harttheile, so be- deutend weniger Zahnhöcker an dem CS/-Zahne. Bemerkenswerth ist an dem mir vorliegenden Kaugerüste, dass das CMsm von dem CSmz nicht durch eine Naht getrennt ist. Die Aus- führung Naucr’s auf p. 10 hat daher nur für diese Form Gültigkeit. Das Kaugerüst der Dekapoden. 475 Sieyonia lancifer Oliv. 28.5. Die Magenumrisse erinnern an Penaeus, doch ist der Magen im Ganzen verkürzt. -CVsm: der vordere Theil als eine ziemlich rechteckige Platte ent- wickelt, die 0,42mm breit, 0,252 mm lang ist. Der hintere Theil des CVsm ist in die OSm-Tasche hineingerückt und gegen das foigende Stück nicht differenzirt. Breite 0,532 mm (Taf. XXIX, Fig. 16 und 17). CMsm: breit und kräftig entwickelt. COSmz und CHsm: ähnlich ausgebildet, wie bei Penaeus, das erstere Stück ist durch eine bogen- förmige Naht gegen das CMsm abgegrenzt. Länge aller C’Sm-Theile zu- sammen 0,896 mm. Der CSm-Zahn löffelartig, der unterste Höcker übertrifft die andern bedeutend an Größe und leitet so zu der Zahnbildung bei Stenopus hinüber. CVsl: Länge 0,672 mm. Die Stücke sind kleiner und weiter aus einander gerückt, als bei Penaeus, sie sind dünn und schwach $-förmig gekrümmt. Ein accessorisches CS! ist wohl entwickelt, von kleiner halbmond- förmiger Gestalt. CMsl: der Seitenzahn ist kräftig, doch von kleineren Dimensionen, als im Verhältnisse bei Penaeus. Der dort zum Ösophagus führende sägeblattähnliche Theil hier nur als eine Reihe starker, nach hinten ge- wendeter Borsten entwickelt (Länge der Borsten 0,12 mm, Breite 0,003 mm). Der eigentliche Zahn mit halbmondförmiger Reibfläche, die wieder mit Zähnen besetzt ist. Der vorderste derselben, der weitaus größte, der folgende viel kleiner, endlich folgt eine Reihe lamellenartiger und bedeutend an Größe zurückstehender Borstengebilde. Länge des Seitenzahnes 0,715mm. PVsm: das Stück verbindet die beiden CS!-Zähne nicht mit ein- ander, es steht nur durch je eine Hautfalte, die im Innern mit nach unten _ gewendeten Borsten besetzt ist, mit denselben in Verbindung. CZw: ohne Hartgebilde. Die CIfl-Region mit großen, nach hinten gewendeten Borsten bedeckt. CIfm: geradlinig verlaufend, doch im Verhältnisse nicht so lang gesireckt, wie bei Penaeus. Länge 1,17mm. Deutlich zu unterscheiden ist die unpaare mittlere Region und die seitlichen Borstenfelder. Ifm-Tasche sehr schwach entwickelt, im Innern ohne bemerkens- werthe Ausrüstung. 476 Friedrich Albert, Der Pyloricaltheil im Allgemeinen sehr dünnwandig, doch in der äußeren Gestalt sehr an Penaeus erinnernd. PMifm: normal entwickelt, die Crista hier bemerkenswerth, sie ist mit starken Borsten auf der Oberseite ausgerüstet, die sich zu einem Bündel gegen den Mitteldarm zu vereinigen, es ist dies wohl eine An- deutung des Doppelventiles, das vom PMifm ausgehend, bei den Makruren so häufig auftritt. | Ein Klappenventil konnte nicht nachgewiesen werden. Sieyonia sculpta Edw. 53.11. Magenlänge 8mm, Breite 3mm. Die einzelnen Theile des Kau- gerüstes sind stärker verkalkt und daher schärfer abgegrenzt als bei Sicyonia lancifer, sonst stimmen sie aber mit denselben völlig überein. Sergestes Edwardsii Kr. 31.3. Der Gardiacaltheil des Magens ist sehr in die Länge gezogen, namentlich die C/fm-Region. Das Kaugerüst selbst ist im Verhältnisse hierzu klein und ganz an die Hlinterseite des Magens gerückt, die Gestalt der einzelnen Stücke erinnert sehr an die Verhältnisse bei Stenopus und sind die Theile, obgleich Kalksalzeinlagerungen augenscheinlich fehlen, wohl begrenzt zu nennen. CVsm (Taf. XXIX, Fig. 14): die Gestalt ist klein und herzförmig, es lässt sich eine paarige Anlage des Stückes vermuthen. Breite 0,494 mm. CMsm: das eigentliche Stück artikulirt nicht mit dem vorhergehen- den, sondern mit den CVsl, zu denen es beiderseits einen Ausläufer entsendet. CSmz: endet zweispitzig und eiwas verdickt am unteren Ende, gegen die beiden anliegenden Stücke ist er nicht begrenzt. Die Skulptur der Spitze ist eine schuppige. An der Basis des Zahnes befinden sich kleine, kräftige Borsten in einer Reihe (cf. Taf. XXIX, Fig. 15). CHsm: nicht bemerkenswerth. CVs!: die Gestaltung dieser Stücke weicht wesentlich von den Ver- hältnissen bei Stenopus ab, die Gebilde legen sich breit an das CVsm an, von dem also nur der hintere Theil ausgebildet ist. Dass nur durch die Ausbildung hier die Homologa bei Stenopus zu verstehen sind, soll später gezeigt werden. CMs!: obne deutliche Begrenzung, der Zahntheil ist kräftig und besteht aus vielen Spitzen, die in 3 Reihen angeordnet sind (cf. Taf. XXIX, Fig. 15). CHsl und PVsm: weichhäutig. Von der CZw ragt eine lamellenartige Falte in den Magen vor, die Das Kaugerüst der Dekapoden. 477 parallel zur C/fl verläuft und mit Borstenbündeln, die nach hinten ge- richtet sind, bedeckt ist. Länge des Gebildes etwa I mm, unterhalb des- selben befindet sich ein reichlicher Borstenbesatz, der sich bis zur OJfl- Region erstreckt und diese zum Theil verdeckt. CIfl-Borstensäume: wohl ausgebildet. Ifmt: rudimentär, eben so die einzelnen Stücke des Pyloricaltheiles mit Ausnahme des PMifm: Die Crista ist hier breit und mit Borsten be- setzt. Die Längsborstenleisten stehen 0,043 mm aus einander. ‚Nach hinten geht die Crista in ein kleines mit Borsten besetztes Ventil über. Gegen den Mitteldarm befinden sich sehr starke Ventilklappen!. Stenopus hispidus Latr. 42.9. Ösophagus weit, er führt in einen Cardiacaltheil, der den Pylorical- theil bedeutend an Größe übertrifft. Der Cardiacaltheil hat, von oben gesehen, die Umrisse eines unregelmäßigen Quadrates, auf das sich der Pyloricaltheil in seiner vorderen Hälfte als ein gleichschenkliges Dreieck aulsetzt. | CVsm (Taf. XXIX, Fig. 10): eine ganz dünnhäutige Platte, die die ganze dorsale Oberfläche des Gardiacaltheiles einnimmt, sie ist das be- deutend ausgedehnte Homologon des vorderen CVsm bei Sicyonia. Größe etwa 1,5 mm im Quadrat. Der hintere Theil des OVsm ist schon in den Bereich der C’Sm-Tasche gezogen, die hier außerordentlich stark entwickelt ist (cf. Gerataspis). CMsm: ist nicht deutlich differenzirt. CSmz: der Zahnfortsatz ist sehr lang und rinnenförmig gestaltet, an den Seitenrändern zum Theil mit kleinen Höckern ausgerüstet. In der Ruhestellung des Magens legt sich der Zahn in eine muldenförmige Ausbuchtung des PVsm. Länge von der Zahnspitze bis zum hinteren CVsm 1,064 mm, des Zahnes allein 0,56 mm. CHsm: nur gegen die Pyloricalstücke zu gut abgegrenzt. Die CO S!-Region zeigt sehr starke Verkalkungen. CVs!: fehlt deutlich differenzirt. CMsl: die CSI-Zähne an der Berührungsfläche mit dem OSm-Zahne etwas stärker verkalkt und mit Höckern versehen. Nach vorn zu er- strecken sie sich als eine plattenförmige Ausbreitung bis zur Gardia, indem sie einen dichten Randsaum sehr feiner Borsten nach unten ent- senden. ! An dem mir vorliegenden Materiale von Leucifer gelang es mir nicht, die specielle Gestaltung der Hartgebilde des Magens zu erkennen, es wäre von hohem Interesse zu untersuchen, ob Leucifer auch in Bezug auf das Kaugerüst ein Serge- stide ist. 478 Eriedrich Albert, Mit dem CS/-Zahn verbindet sich jederseits eng das PVsli: die schon bei Penaeus dort vorhandenen kleinen Zahnhöcker sind hier ungemein stark entwickelt; sie entstehen, indem die dicht stehenden Borsten, die auch sonst diese Region im Innern bedecken, sich zu Zähnen vereinigen. PVsm: rinnenförmig gestaltet zur Aufnahme des CSm-Zahnes. CZw: nicht entwickelt. CIfl: als Borstenfelder entwickelt. Länge 1,7 mm. CIfm: medianer Theil deutlich differenzirt von den Randborsten- feldern, die hier parallel neben einander verlaufen und mit Borsten- Dündeln ausgerüstet sind, die gegen das Medianstück gerichtet sind (Taf. XXIX, Fig. 9). Ifm-Tasche gut ausgebildet. Die Oberseite ist ken und mit einem halbmondförmigen Kranze kurzer Borsten besetzt. PVifm: ganz weichhäutig, aber von bedeutender Ausdehnung. PMifm: in normaler Ausbildung, nicht besonders in die Länge ge- zogen, Länge 0,56mm. Auf der Crista ein kräftiger Borstenbesatz. PMifl: die Leisten mit starkem Borstenbesatze. PZw- und PSI!-Region durchaus weichhäutig. PMsm: sehr wohl entwickelt und schmal. PHsm: die Umrisse von Hufeisengestalt, die offene Seite nach hinten zu gewendet. Die Ränder dieses und des vorhergehenden Stückes sind mit Borsten besetzt. Ein Pylorusventil konnte nicht nachgewiesen werden. Spongicola venusta De Haan. 30.9. Der Magen zeigt eine außerordentliche Übereinstimmung mit Steno- pus hispidus, sowohl was die allgemeinen Umrisse anlangt, als auch in Bezug auf die Hartgebilde. Specielle Unterschiede finden sich in der Bildung des C’Smz, dessen Spitze breiter ist, so dass sich das ganze Gebilde des eigentlichen Zahnes nicht verjüngt, Länge 0,336 mm, Breite 0,112 mm. Ferner ist die Zahl der kleinen Höcker an den Seitenrändern des Zahnes eine geringere. Dem entsprechend sind auch die Hartgebilde der CS/- und PS/-Region weniger kräftig entwickelt, als bei Stenopus, im Allgemeinen aber von derselben Gestalt. Die Borsten der C/fl-Borstensäume sind sehr schön gefiedert, 0,2 mm lang und 0,002 mm breit. Die C/fm-Region bis zur Ifm-Taschenspitze ist 1,495 mm lang. Oifmt: ist mit kräftigen Borsten ausgerüstet (0,04 mm lang und 0,008 mm breit an der Basis), dieselben sind so angeordnet, dass die Das Kaugerüst der Dekapoden. 479 Spitze des CSmz bei einer Berührung der /fmt jederseits von einer säge- zahnähnlichen Reihe von diesen Borsten berührt wird. PMifm: 0,585 mm lang, die Borstenleisten stehen 0,035 mm aus -einander. Die mir durch die Güte des Herrn Staatsraths Professor Dr. J. STEEN- STRUP zur Untersuchung gegebenen Formen: Gerataspislongiremis Dohrn und Gryptopus Defrancii, deren Stellung Boas präecisirte, sind auch auf Grund des Kaugerüstes mit absoluter Sicherheit als Penaeiden zu erkennen. Gerataspis longiremis Dohrn. 40. AA. Die Umrisse des Magens zeigen die charakteristische Ausbildung der Penaeinen, speciell des Penaeus, zu welcher Gattung sich auch das Kau- gerüst am besten in Beziehung bringen lässt, obgleich entschiedene Larvencharaktere hier nicht zu verkennen sind. Die 0Sm-Region ist wie bei Penaeus gestaltet mit Ausnahme des CSmz, der statt der Lamellen noch einzelne Borsten trägt (cf. Taf. XXIX, Fig. 43). | CVsl: gerade diese Stücke in Verbindung mit dem CVsm sind es, auf welche bei Stenopus hispidus hingewiesen wurde, denn nur durch Vermittlung dieser »Larvenausbildung« können wir die Gestaltung einer- seits bei Stenopus und Sergestes, andererseits wieder bei Cerataspis monstruosus und Sicyonia verstehen. Die CVsl! berühren sich ohne bestimmte Grenzen gegen einander noch in der Medianlinie des Magens. Denken wir uns hier eine Trennung eingetreten, so haben wir den Typus von Penaeus, wenn der hintere dreieckige Theil des OVsm unverändert bleibt. Streckt sich letzterer gleichzeitig mit Verschmälerung der CVsi, so gelangen wir durch das Stadium von C. monstruosus, wo außerdem die erste Anlage des vor- deren Theiles des OVsm hinzukommt zu Sicyonia hinüber. Bleiben da- gegen die OVsl verschmolzen, so tritt eine besondere Entwicklung des hinteren Theiles des CVsm ein und wir erhalten entweder Stenopus - ganz ohne differenzirtes hinteres CVsm, oder Sergestes mit diesem Theile in Herzform. Die beiden letzten Formen stehen sich übrigens unzweifel- - haft trotzdem nahe. Der CSi!z zeigt eine ursprünglichere Gestaltung wie bei Penaeus, indem entsprechend der Bildung des CSmz noch keine Reibfläche vor- handen ist. Die der Zerkleinerung von Nahrungsstoffen dienenden Hart- gebilde beschränken sich hier auf eine Reihe kegelförmiger Borsten. Alles Übrige ist wenig von Penaeus abweichend. Bei Gerataspis monstruosus ist außer den erwähnten Theilen 480 Friedrich Albert, noch der CSmz bemerkenswerth, es sind hier schon starke Ver- schmelzungen eingetreten, die unmittelbar an Sicyonia erinnern, während die Bildung des CMsl mit den Zahnhöckern Penaeus-Charakter trägt (cf. Taf. XXIX, Fig. 18 und 19). Diese Form repräsentirt also ge- wissermaßen einen Kollektivtypus für beide Gattungen in Bezug auf das cardiacale dorsale Kaugerüst. — Die Präcision, mit der sich nur auf Grund der Magenbildung die Stellung dieser beiden letzten Larvenformen erkennen lässt, ist ein neuer Beweis für die hohe systematische Ver- werihbarkeit des Kaugerüstes. Fa Subordo II. Reptantia. Homaridae. Innerhalb der Vertreter dieser Familie lassen sich zwei Typen des Magens unterscheiden, ein ursprünglicherer, der durch Nephrops und Homarus repräsentirt wird, während Astacus mit seinen näheren Ver- wandten sich auf der anderen Seite in vieler Beziehung hiervon unter- scheidet, es lassen sich also die ersteren unter dem Namen der Homa- rinae den Astacinae gegenüber stellen. Gemeinsam ist beiden jdie Vereinigung des OMsi, CHsl und des PVsm zu einem Komplexe. Die Grenzen der einzelnen Theile gegen einander sind meist nur durch Randfurchen angedeutet. Unterschiede zwischen Homarinen und Astacinen bestehen in der Ausbildung des CSmz, der bei ersteren einspitzig, bei letzteren mehr oder weniger deutlich zweispitzig ist, ferner in der Stellung des, allen mir vorliegenden Homariden gemeinsamen, Nebenhöckers des CS/-Zahnes!, der bei ersteren zwischen dem ersten und zweiten Haupthöcker, bei den letzteren weiter zurückstehend erscheint. 1. Subfam. Homarinae. Nephrops norvegicus L. 440. 25. Dimensionen des Magens 22. 12. CVsm: eine Differenzirung durch Nähte ist in dieser Region nicht vorhanden. Der vordere Theil ist schwach verkalkt, die zwischen den beiden CVsil gelegene Strecke dagegen ist mit stärkerer Hartbildung. Breite 10,5 mm. CMsm: durch deutliche Nähte von den anliegenden Stücken getrennt. Die Gestalt des Stückes ist biskuitförmig. Die Zahnfortsätze zwei kleine, weit aus einander stehende Höcker. Länge des Gebildes 2 mm, eben so Breite an der Hinterseite (Taf. XXX, Fig. 13). I Siehe p. 481. Das Kaugerüst der Dekapoden. 481 CHsm: ist fest verwachsen mit dem C’Smz. Länge k mm. Der Zahn mit einfacher Spitze. Die Behauptung Nauck’s, dass der Zahn gegen das CHsm beweglich sei, beruht auf einem Irrthume. CVsl: die Gelenknaht mit dem CVsm 2,5 mm lang. Das Stück verhältnismäßig schwach ausgebildet.- CMsl: die Zahnbildung trägt in ihrer Gesammtheit einen Charak- ter, den man als »elefantenzahnähnlich« (Huxıey) bezeichnen könnte. Die vordersten Höcker sind kräftig entwickelt, sie nehmen nach hinten an Größe ab und verlieren sich endlich ganz. Unterhalb dieser Zahn- reihe befindet sich von vorn gezählt zwischen dem ersten und zweiten Höcker ein unterer Nebenhöcker des OS!-Zahnes. Länge der Zahnreihe mm. Gegen das CHsl ist das Stück durch eine dünnhäutige Stelle begrenzt. CHsl: im hinteren Theile fest mit dem PVsm verwachsen, vorn da- gegen durch Trennungsnähte in Gestalt von Randunterbrechungen scharf von den anliegenden Stücken unterschieden. Es lassen sich jederseits zwei solcher Unterbrechungen, die ich Randfurchen nennen will, unterscheiden, eine obere und eine untere. Da sich die obere in ihrem Verlaufe V-förmig spaltet, so lassen sich in der OHsl-Region zwei Stücke als angedeutet unterscheiden, von denen das eine, falls es isolirt wäre, eine ausschließliche Gelenkung des CMs! mit dem CHsm vermitteln würde, während das andere die Verbindung zwischen dem OSI-Zahne und dem PVsm herstellt. Dies hier angedeutete Verhältnis bekommt Wichtigkeit bei komplicirteren Kaugerüstverhältnissen. Das PV sm ist durchweg weichhäutig. COzw: Länge k mm. Gestalt abgeplattet stabförmig. CMzw: kreisförmig, der innere Zahnaufsatz desselben schwach. CUzw: verbindet das vorhergehende Stück mit dem COifl. CHzw: unregelmäßig stabförmig gestaltet, verbindet den OS/!-Zahn mit der C/fl-Region und gelenkt mit beiden dort gelegenen Stücken. CHzwt: dünnhäutig, aber sehr kräftig nach innen entwickelt und dort mit einem starken Borstenbesatze versehen. Eine gleichfalls starke Einstülpung bildet hier die CVZwt: die zungenförmige Spitze derselben legt sich vor den CSI-Zahn. CIfl-Region im Ganzen schwach verkalkt, die einzelnen Theile sind aber trotzdem sehr wohl differenzirt. COifl: fast weichhäutig, der CIfl-Borstensaum geht von hier aus. CUifl: stärker verkalkt, der hintere Theil verbreitert und verdickt. CIfm: langgestreckt. In der Region ist das ursprüngliche Ver- ‚hältnis der Dreitheilung zum Theil noch erhalten : zwei verkalkte Längs- 482 Friedrich Albert, streifen, die ich C/fm-Leisten nennen will, begrenzen ein medianes, mit langen nach hinten gerichteten Borsten ausgerüstetes Feld gegen zwei Lateralborstenfelder. Letztere sind dicht mit Borstenbündeln be- deckt, die gegen die Medianlinie gerichtet erscheinen. Die OI/fm-Leisten verlaufen fast parallel neben einander und sind am hinteren Ende etwas verdickt, sie endigen noch bevor das O/fm zur Ifm-Tasche ansteigt; hinter der Endigung befindet sich in der Medianlinie der Region eine kleine halbmondförmige Ausstülpung nach außen, deren Zweck unklar ist. CVsp: ganz dünnhäutig und klein. | CHsp: an der dem Ösophagus zugewendeten Seite etwas ver- dickt, eine Andeutung des »unteren Aufsatzes«. Im Übrigen ist die Platte dünnhäutig. Ifm-Tasche: stark ausgebildet; Oxfmt mit Borsten bedeckt, die durch eine Medianfurche in zwei Gruppen geschieden sind. Hifmt: schwach verkalkt, es bildet nach hinten eine scharfe Kante, die im oberen Theile stark mit Borsten besetzt ist. PVifm: ganz weichhäulig. PMifm: wie bei Astacus; die Crista hoch und mit'starken Borsten besetzt, nach hinten in ein Ventil ausgehend, das sich über dasjenige des PHifm hinweglegt. PHifm: weichhäutig. Die PIfl-Region ist fast ganz weichhäutig, das PVıfl ist schlecht von dem PUzw getrennt, durch das es mit dem OUvfl in Verbindung steht. In der PZw-Region ist außer dem genannten Stücke nur noch das POzw gut differenzirt, im Übrigen mangelt aber jede Verkalkung. Ebenfalls weichhäutig ist auch die PS/-Region, sie trägt, wie auch die Zwischenregion, reichlichen Borstenbesatz im Innern. PMsl: fast ganz reducirt. PHs!: geht in zwei Ventile aus, die seitlich neben einander liegen. PMsm: 3 mm lang und schwach verkalkt. PHsm: läuft in ein sehr langes Ventil aus, eine innere Crista ist durch stärkeren Borstenbesatz angedeutet. Homarus vulgaris Bell. Gephalothorax 120. 60. Der Magenumriss ist im Allgemeinen dem von Nephrops ähnlich und wie dieser durch das langgestreckte CIfm von den eigentlichen Astaciden unterschieden. CVsm: größtentheils dünnhäutig, nur die Hinterseite stark ver- kalkt, größte Breite 30 mm. CMsm: stark ausgebildet. Im Innern nur schwache Andeutungen von Zahngebilden. Das Kaugerüst der Dekapoden. 483 CSmz: mit dem CHsm vereint und in einen sehr starken Zahn- fortsatz ausgehend, der einspitzig endet. CVsl: wie bei Nephrops gestaltet. Länge 6 mm. Die Gelenknaht mit dem OVsm 5 mm lang. CMsl: ebenfalls wie bei Nephrops gestaltet. Die Höcker des Zahn- theiles nähern sich im vorderen Theile der Form eines Halbmondes. Der untere Nebenhöcker des OSI!-Zahnes unter dem 4. und 2. Höcker. CHsl: nicht deutlich abgegrenzt. Die Randfurchen in der Zwei- zahl vorhanden und nach dem Eingangs erwähnten Typus gebaut. PVsm: verhältnismäßig stark verkalkt, namentlich am vorderen Rande. COzw: kräftig, $-förmig gebogen. Länge 8 mm. An das obere Ende dieses Gebildes setzt sich ein nach vorn verlaufendes Stück an, das die obere Grenze der Region bildet, in welcher die Krebssteine ent- stehen, ich nenne es das C. accessorische Zwischenstück, es hat den Zweck, das Gewicht der heranwachsenden Kalkkonkretionen zu tragen; nach oben ist es platt, während es nach unten einige säge- zahnähnliche Zacken trägt, nach vorn zu läuft es spitz aus (Taf. XXX, Fig. 11). CMzw: von außen kreisförmig. Im Innern mit drei bis vier Spitzen versehen. CUzw: stabförmig und dünn. Der Ausläufer in der C/Ifl-Region ist sehr kurz. CHxzw: ziemlich gerade gestaltet. An der Innenseite verläuft der Länge nach eine Rille, von der aus das Wachsthum erfolgt. Der Quer- schnitt des Stückes erscheint daher von dieser Rille ausgehend radial und koncentrisch gestreift (Taf. XXX, Fig. 12). CVzwt und OHzwit: als zwei tiefe Einstülpungen der Magenwand ausgebildet, die mit Borsten besetzt sind. Die CVzwit legt sich, wie bei Nephrops, vor den OSI-Zahn. In der CIfl-Region ist das OOIfl und CUifl wohl begrenzt, das - obere trägt den C/fl-Borstensaum. CIfm: langgestreckt, in der Mitte am schmalsten. Die CIfm- Leisten parallel verlaufend. Die kleine halbmondförmige Verkalkung bei Nephrops hier als ein ziemlich starker Knoten entwickelt. Hinter dem- selben, wo sich das Clfm zur Ifm-Tasche erhebt, treten etwas stärkere Verkalkungen auf. Der obere Theil der Tasche selbst ist dreizipfelig, zwei vordere und ein hinterer Borstenkomplex können hier unterschie- den werden. Hifmt: wie bei Nephrops gestaltet, doch schmaler. Der Pyloricaltheil ist sehr schwach verkalkt. 484 Friedrich Albert, PVifm: mit einer kleinen Verkalkung in der Medianlinie. PMifm: wie bei Nephrops gestaltet. PHifm: sehr schwach entwickelt, es besteht aus zwei Theilen, die die Basis einer Ventilklappe stützen. PVifl: mit dem PUzw verwachsen und ziemlich . verkalkt. PMifl: normal, ein halbkreisförmiger Kalkstreifen stützt das Ge- bilde. PHifl: nicht ai In der pyloricalen Zwischenregion ist außer dem PUzw als wohl differenzirte Verkalkung nur noch ein POzw vorhanden. Alles Andere dünnhäutig, die Grenzen der einzelnen Regionen sind durch Borsten- säume im Innern gekennzeichnet. PVsli: eine tiefe Einstülpung nach innen, die aber ganz weich- häutig ist, ebenfalls nicht verkalkt ist die PMs!- und PHsl-Region. PMsm: langgestreckt, im vorderen Theile ein wenig verkalkt. PHsm: klein und ohne bemerkenswerthe Hartgebilde. 9, Subfam. Astacinae. Astacus f[luviatilis Rond. Diente von den Zeiten GEsner’s und AcrıcoLa’s bis auf die Gegen- wart als das klassische Objekt für die Untersuchungen über Crustaceen- mägen. Die ausführlichste Beschreibung des Kaugerüstes gab ÖsTErLEn!. Leider lassen die der Arbeit beigefügten Figuren an Sorgfalt zu wün- schen über, so dass es oft unmöglich erscheint, einzelne Stücke wieder zu erkennen. Bei vielen richtig erkannten Theilen des Magenkaugerüstes mangelt hier auch jede präcise Nomenclatur. Eine vollständige Nomenclatur der Haupttheile gab Huxrey in: Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere, eine Zusammenstellung derselben hat Nauck (p. 3, l. c.) gegeben. Da mir vom Flusskrebse ziemlich reichliches Material zu Gebote stand, so ließ sich hier nicht nur eine Reihe interessanter Abweichungen vom Normalverhalten konsta- tiren, sondern es war auch möglich, die Entwicklung des Kaugerüstes in frühen Jugendzuständen zu beobachten. Es ergab sich hieraus, dass alle die Harttheile, die uns als Zahnbildungen entgegentreten, in frühester Jugend Komplexe von isolirten Borsten sind (Taf. XXX, Fig. 3), die erst später zu kompakten Hartgebilden verschmelzen, und zwar so fest, dass als Überrest der ursprünglichen gesonderten Be- standtheile oft nur eine schuppige Skulptur der Hartgebilde zurück- 1 MürLter’s Archiv 1840. p. 387. Et u a | Das Kaugerüst der Dekapoden. 485 bleibt, aber selbst diese kann in Wegfall kommen (Taf. XXX, Fig. I und 2). | CVsm: gewöhnlich erscheint die Region als ein vereinigtes Stück. Dass aber ein vorderer und hinterer Theil hier zu unterscheiden ist, er- kannte schon vox Baer und ÖsterLen und sie führten hierfür die Namen Decke und Querbalken ein. Die Zweitheiligkeit des vorderen _ Theiles, der »Decke«, die eine vergleichende Betrachtung anderer Kau- gerüste lehrt, ist als Abnormität hier persistirend. CMsm: nach vorn und hinten wohl begrenzt. Die am Hinterende desselben stehenden paarigen Wülste lassen auf eine hervorragende Be- thätigung an der Zerkleinerung der Nahrungsmittel schließen. Neben dem Stücke befindet sich jederseits eine Einstülpung der dünnhäutigen Magenwand, die im Innern mit Borsten besetzt ist (Taf. XXX, Fig. A). CHsmund OSmz: in den bei Weitem meisten Fällen fest vereinigt, so dass von einer Beweglichkeit der Stücke gegen einander, die Nauck als Regel annimmt, nicht die Rede sein kann. Der eigentliche Zahnfort- satz bildet einen rechten Winkel mit dem OHsm und ist an der Spitze gabelig gespalten, so dass er das Aussehen eines homocerken Fisch- schwanzes erhält. An der Basis des Zahnes finden sich noch einige Höcker, die wie der Zahn selbst eine lebhafte braune Farbe zeigen. Das CHsm verbreitert sich nach oben, so dass es in der Gelenkfläche mit dem PVsm die größte Breite zeigt. Schon ÖsterLen erkannte, dass die Ver- wachsung der Theile erst sekundär ist, wie er sich aber eine Abgrenzung der beiden Stücke gegen einander vorstellt, geht aus seinen Angaben nicht genügend klar hervor (cf. I. c. p. 394). CVsl: von gebogener Gestalt. Auf Grund derselben nannte es ÖSTERLEN S-förmiges Knöchelchen. CMsl: wird von ÖsterLen außerordentlich genau und mit ziem- licher Breite beschrieben. Der Zahntheil durch die Stellung des unteren Nebenhöckers zwischen dem 2. und 3. Haupthöcker ausgezeichnet. Gegen die OHsl-Region ist das Stück nicht begrenzt. CHsl: eine obere und untere Randfurche mit gleichem Bau, wie bei Nephrops, geben Anhaltspunkte zu einer willkürlichen Begrenzung der Region. Als Ausnahme kann sich ein Schenkel der oberen Rand- furche dem unteren so nähern, dass dadurch ein Stück abgegrenzt er- scheint. PVsm: von der Gestalt eines Ringabschnittes (Nauck). Der vordere Rand ist stärker verkalkt und selten unterbrochen. | COzw: als ein plattes elastisches Stäbchen entwickelt, das nach unten gewendet einen sehr stumpfen Winkel zeigt. CMzw: das Stück scheint hier bei Astacus durchaus mit der OHsp 486 Friedrich Albert, verwachsen. Im Innern mit-einer Anzahl spitzer kräftiger Borsten aus- gerüstet. Die äußere Gestalt ist fast halbmondförmig. CUzw: ist in Verbindung mit der OHzwit getreten, indem es den Rand derselben hakenförmig umfasst. Nachdem das Stück an der Be- rührungsstelle mit dem CMzw und der OHsp ansehnlich verdickt ist, läuft es zur OIfl-Region und lässt sich noch weit in derselben als ein Ausläufer, der sich dicht an das COifl legt, verfolgen. Es kann eine Ver- wachsung mit dem letztgenannten Stücke eintreten. CHzw: normal. Die OVzwt ist nur als eine kleine dünnhäutige Platte entwickelt, die meist erst beim Trocknen der Präparate sichtbar wird. Gleichfalls eine dünnhäutige Platte ist die CVsp. Die CHsp trägt einen Borstenbesatz, der nach hinten stärker wird und dort am Rande die größte Mächtigkeit erreicht. Die Ausbildung des »unteren Aufsatzes« fehlt hei Astacus gänzlich. COifl und CUifl: parallel neben einander verlaufend. Letzteres Stück durch außerordentlich starke Verkalkung, namentlich im hinteren Theile ausgezeichnet. Das OOıfl trägt den CIfl-Borstensaum. CIfm: die hier befindlichen CIfm-Leisten vereinigen sich vorn in einem spitzen Winkel, es scheint dies typisch für die Art A. fluviatilis zu sein, wenngleich auch hier Ausnahmen von der Regel vorhanden sind. Die eigenthümliche Borstenausrüstung ist schon von ÖSTERLEN her- vorgehoben. Die Ifm-Tasche erstreckt sich sehr hoch bis zur Berührung mit dem CSm-Zahne, es sind sehr deutlich eine obere und hintere Region auf ihr zu unterscheiden. Die obere ist zweitheilig und dicht mit Borsten besetzt, während ein HIfmt sehr wohl ausgebildet ist, es gelenkt seitlich mit den hinteren Köpfen der OUifl. Gegen den Pyloricaltheil bildet das ‘vielleicht als paariges Gebilde aufzufassende Stück eine Crista. PVifm: in der Medianlinie eine Verkalkung, die nach den Seiten hin zackig ausstrahlen kann. PMifm: normal, wie bei Nephrops, die innere Crista ist dagegen niedriger. PHifm: ziemlich stark ausgebildet, es umgreift die Ränder des von dem Stücke ausgehenden Ventils zangenförmig. PVifl: mit dem PUzw verwachsen und sehr selten differenzirt. PMifl: normal, der Gestalt des PMifm angepasst. PHifl: fehlt deutlich differenzirt. In der PZw-Region sind außer dem PUzw zu unterscheiden: ein POzw: es verbindet das PMsl mit der O/fl-Region. Das Stück ist stark verkalkt und es verjüngt sich nach unten. Das Kaugerüst der Dekapoden. 487 PMzw: eine kleine Platte von der Gestalt eines 2 Dreiecks, die sich an die umgebenden Stücke anpasst. PHzw: bogenförmig gekrümmt, es verbindet die PHsl-Region mit der Mitte des POzw und ist an der Berührungsstelle mit dem letzteren ziemlich spitz. PVsl: von länglicher Gestalt, legt sich dicht an das OHsl und PVsm an und ist als eine meist bräunliche, innen mit Borsten besetzte Ein- stülpung der Magenwand entwickelt. Die PMsi sind wohl ausgebildete und abgegrenzte Regionen, die sich in der Superomedianregion des Magens berühren. Die Gestalt ist länglich oval. PHsl: ziemlich stark verkalkte Platte; die hintere Tasche des- selben stellt ein mit Borsten besetztes Klappenventil dar, während die vordere in ein plattes, zungenförmiges Gebilde umgewandelt ist, das sich stets an die Innenfläche der Region anlegt, es ist mit Borsten be- setzt und nach hinten gewendet. PMsm: läuft nach beiden Seiten spitz aus, vorn ist es zwischen die PMsl eingekeilt, während es nach hinten in die PHsm-Region ein- dringt. PHsm: sehr schwach verkalkt, es zeigen sich nur bei älteren Exemplaren deutliche Spuren von Kalksalzablagerung. Auf der Innen- seite befindet sich ein medianer Borstensaum, der dort am stärksten ist, wo sich das PMsm in der Region auskeilt. An das PHsm setzt sich ein kräftiges Ventil an, das den vorher betrachteten gegenüber durch den Mangel eines Borstenbesatzes ausgezeichnet ist. | Cambarus sp.? 60. Ik. Magenlänge ca. 15mm. Krebssteine vorhanden. Die Umrisse wie bei Astacus; den gleichen Habitus wie dort haben auch die Stücke der CSm-Region, doch kommen geringe Abweichungen vor. CVsm: Breite 6mm. CMsm: Länge mm, Breite 1,25 mm. Die Gestalt ist etwa die eines ' Rechteckes. Im Innern trägt das Stück an der Hinterseite zwei Ver- diekungen, die nicht so scharf abgegrenzt sind als bei Astacus flu- viatilis. CSmz: auch gegen das folgende Stück beweglich. CHsm: normal. CVsl: weicht von Astacus durch das Vorhandensein des vorderen Höckers ab und zeigt somit die Bildung des Astacoides plebejus. CMsli: im Allgemeinen wie bei Astacus gestaltet, namentlich was die Stellung des unteren Nebenhöckers des 0S!z anlangt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 32 488 Friedrich Albert, CHsl: normal, auch die Randfurchen. PVsm:. eine vordere Randfurche in der Medianlinie lässt das Stück zweitheilig erscheinen. COzw: 2mm lang, der obere Rand des Stückes stärker verkalkt. CMzw: mit der CHsp verwachsen, im Innern spitz endend. CUzw: die Berührungsstelle mit dem CMzw ist stabförmig, in der Mitte verbreitert sich das Stück und verbindet sich mit der über ihm liegenden CHzwt, der Ausläufer in der O/fl-Region ist lang und im Innern nicht mit Borsten besetzt. CHzw: ca. 2 mm lang, Gestalt normal. CVzwt und CHzwit sind sehr gut nachzuweisen. COifl: trägt auch hier den OJfl-Borstensaum. Länge der Borsten durchschnittlich 0,56 mm. Gestalt derselben schön gefiedert. CUifl: normal. CIfm: mit Borstenbündeln ähnlich wie bei Astacus ausgerüstet. Die OIfm-Leisten zeigen eine charakteristische Gestalt (Taf. XXX, Fig. 1%). Ifmt: wie bei Astacus. PVifm: ohne deutlich abgegrenzte Verkalkung. PMifm: die Borstensäume 0,026 mm von einander entfernt. Die. Crista läuft nach hinten in ein langes, zweispitziges Ventil aus, das reichlich mit Borsten besetzt ist. PHifm: die ursprüngliche Zweitheiligkeit des in dieser Region liegenden Stückes ist hier noch im Extrem erhalten (cf. Taf. XXX, Fig. 15). Die beiden Hälften berühren sich in der Mittellinie nicht und bilden nur jederseits eine seitliche Stütze des PHifm-Ventiles; das letztere ist spitz und mit Borsten besetzt. Die einzelnen Stücke des Pyloricaltheiles sind fast gar nicht ver- kalkt, doch leicht zu erkennen. Bemerkenswerth ist ein eigenthüm- liches Borstenventil, das sich von der Spitze des PMsm in das Lumen des Magens hinein erstreckt. Die sonstige Ausrüstung mit Borsten ist die gleiche wie bei Astacus fluviatilis. | Astacoides plebejus Hess. 90.23. CVsm: von spitz nach vorn zu verlaufender Gestalt. In den vor- deren schwach verkalkten Theil schieben sich die CVs! weit hinein, fast bis zur gegenseitigen Berührung in der Medianlinie. CMsm: die unteren Querhöcker im Innern als je 3 Querlamellen entwickelt (Taf. XXX, Fig. 5). CHsm: gegen den OSmz beweglich. CVsl: an der vorderen Seite ein kleiner Höcker, der dem Gebilde hier eine recht charakteristische Gestalt verleiht (Taf. XXX, Fig. 7). Das Kaugerüst der Dekapoden. 489 CMsl: der untere Nebenhöcker des OSi-Zahnes von verhältnis- mäßig bedeutender Größe und etwas mehr nach vorn gerückt als bei Astacus fluviatilis (Taf. XXX, Fig. 8). CHsl: wie bei Astacus durch entsprechende Randfurchen an- gedeutet. PVsm: in der Medianlinie ist eine vordere Randfurche, die auf die paarige Anlage, entsprechend den Muskeln, hinweist. COzw: dünn und schmal, fast stabförmig. CMzw: zweispitzig im Innern. CUzw: schwächer, als bei Astacus, es tritt nicht in Verbindung mit der CHzwt, die aber wohl entwickelt ist im Gegensatze zur fast ganz reducirten CVzwt. CHzw und OIfl-Region normal. CIfm: die CIfm-Leisten vereinigen sich nicht, sie verlaufen in Hyperbelform. CVsp: ganz dünnhäutig. CHsp: der hintere Rand mit schmalen Borsten, die ihrer ganzen Länge nach schön gefiedert sind. Ifm-Tasche: stark entwickelt und zweizipfelig, ein Hifmt: ist sehr gut differenzirt. PVifm: in der Medianlinie eine kleine fünfeckige Platte von 0,75 mm Länge und eben so viel Breite. PMifm: normal. PHifm: ganz von Astacus in den Verkalkungen abweichend. Breite I mm, in ein breites Klappenventil ausgehend (Taf. XXX, Fig. 6). PVifl: nicht mit dem PUzw verwachsen. PMifl: normal. PHifl: hier sehr gut differenzirt. POzw und PHzw normal, wie bei Astacus. PMzw: ganz weichhäutig. PUzw: setzt sich an das CUifl an und ist in seinem Verlaufe schmal und wellig gebogen. PVs!: mit starkem nach unten gerichtetem Borstenbesatze. PMsl!: sehr dünnhäutig. PHs!: die vordere Tasche besonders stark ausgebildet, sie über- trifft die hintere an Länge um so viel, dass die Spitzen beider, neben einander liegend, in gleicher Höhe endigen. PMsm: dünnhäutig, normal. PHsm: verhältnismäßig breiter, als bei Astacus. Die Verkalkung sehr gering, eine innere Crista ist angedeutet mit starkem Haarbesatz. Das Stück läuft in ein breites, stumpf endigendes Ventil aus. 39* 490 Friedrich Albert, Astacoides nobilis Dana. 105. 27. CVsm: der vordere und hintere Theil der Region unmerklich in einander übergehend. Breite 7 mm bei gleicher Länge. CMsm: Länge A,5mm. Der hintere Theil im Innern mit einem paarigen Komplexe lamellenartiger Höcker ausgerüstet (Taf. XXX, Fig. 10). CSmz: nur in sehr geringem Maße gegen das OMsm beweglich. Der Zahnfortsatz ist am unteren Ende nur undeutlich zweispitzig; die vordere Seite desselben ist rauh und höckerig. CHsm: normal gestaltet und sehr beweglich gegen den O,Smz. Länge 4 mm. CVsl!: Längeömm, ein nach vorn gewendeter, dornartiger Höcker zeichnet das Stück aus wie bei Astacoides plebejus. CMsl: die äußere Gestalt normal. Die innere Zahnbildung 6 mm lang und abweichend gestaltet, sie besteht aus einer Reihe von Höckern, die nach hinten lamellenartig und schwächer werden, wobei die ganze Reihe eine halbe Drehung um ihre Achse macht. Der untere Neben- höcker des OS!-Zahnes hat hier bedeutende Dimensionen angenommen. . Länge 1,5 mm. CHsli: die beiden diese Region abgrenzenden Randfurchen sind außerordentlich stark entwickelt; es ist dies eine Folge der starken Ver- kalkung dieser und der PVsm-Region, die ohne die Furchen die noth- wendige Bewegung der OS!-Zähne nicht zulassen würde. PVsm: sehr stark verkalkt, sonst normal. COzw: dünn und langgestreckt, 7 mm lang. CMzw: dicht dem vorhergehenden Stücke anliegend und mit der CHsp verwachsen. Im Innern als kräftiger drei- bis 'vierspitziger Zahn entwickelt, ca. 2mm lang. CUzw: sehr stark ausgebildet, es führt zum hinteren Ende der CIfl-Region und erscheint dort plattenförmig verbreitert. Länge 2,5 mm, ein parallel zum OOifl verlaufender Ausläufer ist nur kurz. CHzw: sehr kräftig, unregelmäßig gekrümmt, es legi sich mit der Unterseite an das COıfl an. CVzwt: fehlt. CHzwt: stark entwickelt und im Innern mit Borsten besetzt. CHsp: stark verkalkt und dicht mit Borsten besetzt. Die Gestalt stellt ein längliches Oval dar mit 6mm Längen- und 4,5 mm Breiten- durchmesser. Eine taschenartige Einstülpung der CHsp nach innen, die mit stärkerem Borstenbesatze versehen ist, legt sich auf den unteren verbreiterten Theil des CUzw. Das Kaugerüst der Dekapoden. 491 COifl: mit deutlichem Borstenbesatze. Länge der einzelnen Borsten etwa imm, Gestalt gefiedert. CUifl: normal. CIfm: im Allgemeinen weichhäutig, die CI/m-Leisten verlaufen parallel neben einander, sie stehen 2,5 mm von einander ab, und sind etwa kmm lang. Vor denselben liegt eine etwas stärker verkalkte Region in der Medianlinie des Magens. Ifm-Tasche: sehr stark entwickelt. Durch eine tiefe mediane Furche, die den Charakter eines Hartgebildes trägt, werden zwei seit- liche Borstenkomplexe auf der Oberseite abgeschieden, ein Hifmt ist wohl entwickelt. PVifm: in der Medianlinie eine abgerundet sechseckige Ver- kalkung. PMifm: normal. Abstand der Borstensäume von einander 0,039 mm. Nach hinten gehen dieselben in ein Ventil aus. PHifm: deutlich abgegrenztes Stück (cf. Taf. XXX, Fig. 9), der Ventilfortsatz ist klein und schwach. PVifl: nach beiden Seiten wohl begrenzt und stark verkalkt. PMifl: normal. PHifl: wohl ausgebildet und nicht mit dem PHifm verbunden. POzw und PHzw: kräftig und unregelmäßiger gestaltet, als bei Astacus, doch mit demselben Bau. PMzw: ziemlich dünnhäutig, nur in dem hinteren Theile etwas stärker verkalkt. PUzw: es ist an der Berührungsstelle mit der OIfl-Region ziemlich stabförmig, doch verbreitert es sich nach hinten immer mehr bis zur Berührung mit dem PVifl. PVsl: bildet eine sehr tiefe Einstülpung in das Innere des Magens. PMsl: reducirt und fest mit dem POzw verwachsen. PHsl: die vordere Tasche stark ausgebildet und mit langen Borsten versehen, sie stellt fast allein das Ventil gegen den Mitteldarm dar; die hintere Tasche nur in einem kleinen Reste vorhanden. PMsm: dünnhäutig und schmal. PHsm: mit reichlichem Borstenbesatze im Innern. Das von der Region ausgehende Ventil ist durch eine ansehnliche Verkalkung gestützt. Loricata. Auch hinsichtlich des Kaugerüstes bilden die Palinuriden eine gut begrenzte Gruppe der Reptantia. Die einzelnen Theile haben ihre eigen- thümlichste Ausbildung darin gefunden, dass die Stücke der OSm-Region 492 Friedrich Albert, fest verbunden sind und nur in beschränktem Maße gegen einander hewegt werden können, während die CS!-Zähne mit hervorragender Beweglichkeit ausgestattet sind. Zu diesem Zwecke erscheint das PVsm redueirt und nimmt keinen Theil mehr an der Verbindung der 0SI- Regionen; ein CHsl gelenkt ausschließlich mit dem OHsm! indem es die Verbindung dieses Stückes mit dem CMsl herstellt. Noch erhöht wird die Beweglichkeit des OS!-Zahnes durch das Zurücktreten oder gänzliche Fehlen (Thenus) des CVs!, wie überhaupt der Gesammithabitus des Loricatenmagens kräftige Muskelzüge statt komplicirter Hartgebilde aufweist. Sehr bemerkenswerth ist endlich die Gestaltung des CHzw. Scyllarus latus Latr. CGephalothorax 115. 90. Ösophagus weit, aber im Ruhezustande in Längsfalten gelegt. Mündung in den Magen subterminal gelegen, Ventilklappen fehlen hier. Der Cardiacaltheil ist sehr groß, so dass die Breite desselben die Ge- sammtlänge des Magens übertrifft. Das Kaugerüst ist im Verhältnisse hierzu zierlich klein und ganz an die Grenze zum Pyloricaltheil gerückt. CVsm: stark verkalkt, der vordere und hintere Theil vereinigt. Breite des Stückes 7mm (Taf. XXX, Fig. 16). | CMsm: gegen das vorhergehende Stück nicht abgegrenzt. Die Ge- stalt ist langgestreckt, auf der Innenseite eine elefantenzahnähnliche Höckerbildung. CSmz: nach unten in einen langen, gekrümmten Fortsatz aus- laufend, der spitz nach vorn gewendet ist. CHsm: oben zweispitzig gestaltet, so dass das Stück das Aus- sehen eines Y mit breitem Stiele erhält; eine Grenze gegen den OSmz nicht erkennbar. CVsl: schmal, stabförmig und $-förmig gekrümmt. CMsi: von schmaler Gestalt. Länge circa 10 mm; es steht nach vorn zu nicht mit dem CVsl! in enger Verbindung, der Abstand beider Stücke von einander beträgt 1,5 mm. Der CSI-Zahn bildet den hinter- sten Theil des Stückes, er besteht aus zwei vorderen Spitzen und einem hinteren Theile, der aus Lamellen gebildet ist. Länge des Zahngebildes 4,5ö mm, Breite der Lamellen 1 mm. CHsl: besteht hier aus zwei Stücken, einem unteren, das mit dem CMsl verbunden ist und einem oberen, das eine sehr ergiebige Gelenk- barkeit zwischen diesem Stücke und dem CHsm vermittelt. Das untere Stück 3,5 mm hoch, das obere nur I mm. ‘= + Diese Verhältnisse finden sich übrigens auch bei den Paguriden (Lithodes) wieder. Das Kaugerüst der Dekapoden. 495 PVsm: steht in keiner funktionellen Verbindung mit den OSI- Regionen, es ist dünnhäutig. Länge 4,5 mm, Breite 7 mm. Zur Bewegung des aus vorstehenden Stücken bestehenden Kau- apparates dienen starke Züge von Muskelfasern, die die CS/-Region mit der C/fl-Region verbinden. Die Muskulatur des OVsm und PVsm ist im Gegensatze zu den Verhältnissen bei den Astaciden sehr reducirt, was die zierliche Gestalt des ersteren und die mangelnde Verkalkung des letzteren erklärt. Die starken dorso-ventralen Muskelzüge machen den vorderen Apparat der cardiacalen Zwischenstücke überflüssig, die meisten dieser Gebilde treten daher nur als Rudimente auf. COzw: oben dünn und frei in der Magenwand endigend, nach unten etwas stärker werdend bis zum CMzw. Länge 6 mm. CMzw: klein, normal. CUzw: fast ganz reducirt, nur noch ganz geringe Reste davon nachzuweisen. CHzw: kräftig und stabförmig gestaltet, vom OSI!-Zahne zur C/fl- Region führend. Das Stück endet mit seinem unteren Ende frei nach außen und legt sich mit diesem freien Ende auf eine Gelenkpfanne, die von dem hinteren Ende des COifl und nur wenig von dem CUifl ge- bildet wird, so dass gewissermaßen eine Kugelgelenkverbindung dar- gestellt ist. Durch diese Anordnung, verbunden mit der unregelmäßigen Krümmung des Stückes, wird eine ungemein große Beweglichkeit des CSI-Zahnes ermöglicht, ohne dass das CHzw seine Stützkraft einbüßt. CVzwt: wohl entwickelt, doch nicht tief. CHzwt: ganz rudimentär. ‚OVsp: fehlt. CHsp: ganz schmal, aber ziemlich stark verkalkt. Im Innern mit zahlreichen Borsten besetzt. COifl: übertrifft das CUifl an Größe und ist der ganzen Länge nach von demselben getrennt. Im Innern trägt es den C/fl-Borstensaum mit 0,5 mm langen, gefiederten Borsten. CUifl: am Hinterende ohne knopfförmige Verdickung. CIfm: ziemlich stark verkalkt, in der Medianlinie eine Furche, die sich nach außen ausstülpt, sie lässt sich bis zur Spitze der Ifm- Tasche verfolgen. | Die Ifm-Tasche.selbst oben scharfkantig und mit kurzen Borsten besetzt. | Hifmt: klein, viereckig. Nach vorn legen sich seitwärts an das- selbe zwei Gebilde an, die das Stück mit dem OIfm verbinden, sie müssen der Lage nach als laterale Inferomediantaschen- stücke bezeichnet werden. 494 Friedrich Albert, PVifm: mit langgestreckter, starker, medianer Verkalkung. Länge 2 mm, Breite I mm (Taf. XXX, Fig. 17). PMifm: Länge 3 mm, Breite mm, die Crista scharf und mit feinen Borsten besetzt. Abstand der Borstensäume von einander 0,052 mm; nach hinten zu erheben sich dieselben und gehen in einen zungenförmigen Fortsatz aus, der sich über die Ventiltasche des PHıfm hinweglegt. Länge dieses Fortsatzes 2 mm. PHifm: schwach verkalkt, mit breitem, 1,5 mm langem Ventil- fortsatze. PVifl: mit dem PUzw zu einem Stücke vereint. Länge beider :Gebilde 3,5 mm. PMifl: normal und dem PMifm entsprechend. Der Apparat der pyloricalen Zwischenstücke ist durch starke Ver- kalkung ausgezeichnet, die einzelnen Stücke sind aber schlecht abge- grenzt. POzw: normal gelagert. PHzw: außerordentlich lang, es reicht fast bis zur CIfl-Region, vielleicht verbindet sich der untere Theil mit dem PMzw, das dann die Verbindung mit dem CUifl vermitteln würde. Hierdurch würde auch die große Länge des Stückes erklärt sein. In der PZw-Region liegt noch eine Verkalkung zwischen dem PMifl und dem PHzw, an die sich ein inferolateral gelegenes Stück an- schließt. PVsi: dünnhäutig, im Innern mit Borsten ausgerüstet. PMsl: sehr stark ausgebildet und weit in die PZw-Region hinein- ragend. PHsl: stark verkalkt, aber an Größe sehr reducirt, es ist ganz nach hinten gedrängt. Die vordere Tasche übertrifft die hintere be- deutend an Länge und bildet mit dieser zusammen ein Doppel- ventil. PMsm: sehr klein, mit stark verkalkten Rändern, die sich hinten vereinigen, es ist von einer hinteren Ausstülpung des PVsm und einer vorderen des PHsm fast verdeckt. Länge 2 mm, Breite 1 mm. PHsm: langgestreckt, mit dem kurzen Klappenventil 12 mm lang, nach vorn und hinten spitz auslaufend, der vordere Theil stark verkalkt, keine Cristabildung im Innern. Thenus indicus Leach. 105. 60. ‚Allgemeine Magenumrisse wie bei Scyllarus, die Kalksalzablage- rung dagegen geringer. ; CVsm: sehr schwach verkalkt. Das Stück geht in die Magenwand Das Kaugerüst der Dekapoden. 495 über, ohne dass sich die Grenzen desselben genau feststellen ließen. Breite etwa 3 mm, Länge 1 mm. CMsm: lang gestreckt, nur am hinteren Ende etwas stärker ver- kalkt, Länge 3,5 mm, Breite 1 mm. Im Innern am hinteren Ende mit Höckern TE eeriskot; die sich gegenüber stehende, bogenförmige Gebilde darstellen (Taf. XXX, Fig. 18). CSmz: gegen das CMsm beweglich, dagegen fest mit dem CHsm verbunden. Zahnfortsatz lang und zweispitzig endend. CHsm: oben halbmondförmig ausgeschnitten. CVs!: fehlt. CMsl: stark verkalkt und nach demselben Typus gebaut, wie bei Scyllarus; der vordere Theil des CS/-Zahnes mit einer Spitze und kleinen Nebenzähnen an der Basis derselben, der hintere Theil aus Lamellen bestehend. CHsl: verbindet den CS!-Zahn mit dem CHsm, doch ist das Stück so schwach verkalkt, dass keine Grenzen erkennbar sind. PVsm: ganz weichhäutig. Die cardiacale Zwischenregion ohne Hartgebilde im vorderen Theile. COzw, OMzw, CUzw und CVsp fehlen. CHzw: sehr stark ausgebildet und von unregelmäßig stab- förmiger Gestalt. Das Stück dient denselben Funktionen, wie bei Sceyl- larus, es ruht aber nicht auf der C/fl-Region, sondern hängt in einer Hautfalte, die vielleicht den Charakter eines Zwischenstückes bean- spruchen könnte. CHsp: wohl ausgebildet, namentlich an der unteren Seite stark verkalkt. Ein » unterer Aufsatz « ist vorhanden. CIfl- und CIfm-Region wie bei Scyllarus gebildet, letzterer 3 mm lang und 4 mm breit. Ifm-Tasche ohne bemerkenswerthe stein Der Pyloricaltheil zeigt ganz den Charakter von Scyllarus, nur dass die einzelnen Theile bei mangelnder Verkalkung noch weniger von ein- ander differenzirt sind. Palinurus vulgaris Lätr. 400. 100. Ausbildung des Kaugerüstes in den Grundzügen wie bei Scyllarus, doch ist es ‘größer als dort im Verhältnisse zur Gesammtlänge des Magens. CVsm: spitz dreieckig nach vorn endigend. Breite 25 mm (cf. Taf. XXX, Fig. 19); es unterscheidet sich erheblich von dem Homologon > bei Palinurus japonicus. CMsm: sehr breit im Verhältnisse zu seiner Länge. An den Seiten 496 Friedrich Albert, des Stückes eine ausgedehnte Höckerbildung. Das Gebilde verschmälert sich nach hinten immer mehr. CSmz: 5 mm weit in den Magen hinein vorspringend; das untere Ende ist schaufelförmig mit, deutlicher Andeutung einer Zweispitzigkeit. CHsm: hat etwa die Gestalt eines Y, die oberen Hörner stehen 9 mm von einander ab (Taf. XXX, Fig. 21). CVsl: sehr wohl ausgebildet, die Gestalt ist gebogen und das Stück springt nach außen wulstförmig vor. CMsl: ist kräftig und ragt weit in den Magen herein. Der CSiz selbst besteht aus einem vorderen schaufelförmigen Gebilde, an das sich nach hinten zu Lamellen anreihen, die je in einer scharfen Spitze enden. Diese letzteren erstrecken sich bis in die pyloricale Zwischen- region hinein. CHsl!: vermittelt die Gelenkung des CMsl mit dem OHsm; es ist in der Region ein kleineres oberes und ein größeres unteres Stück zu unterscheiden, doch sind die Grenzen beider nicht sehr deutlich. PVsm: ganz weichhäutig. | COzw: es lassen sich nur Andeutungen des Stückes als ganz ge- ringe Verkalkungen nachweisen. CMzw und CUzw: fehlen. CHzw: 17 mm lang; es ist wie bei Palinurus japonicus gestaltet. CVsp: fehlt. CHsp: als eine tiefe mit reichlichem Borstenbesatze ausgerüstete Einstülpung in das Innere des Magens ausgebildet, nur der vordere Rand wie bei P. japonicus zu einem Stabe verdickt, der hier bei dem Mangel anderer Zwischenstücke oben frei in der OZw-Region endet. CVzwt: fehlt. CHzwt: wohl entwickelt. CIfi-Region 13 mm lang, die Borsten des COIfl-Borstensaumes endigen spitz und sind sehr schön gefiedert in regelmäßiger reihenweiser Anordnung. | CIfm: mit sehr ähnlicher Verkalkung wie bei P. japonicus (cf. Taf. XXX, Fig. 22). Die Ausbildung der übrigen Stücke weicht nur wenig von P. japoni- cus ab und ist dort leichter zu verfolgen als hier. Hervorzuheben ist noch die Ifmt: die hier deutlicher zweitheilig ist. Palinurus japonicus de Sieb. 290. 60. Die Verkalkungen sind stärker entwickelt und besser begrenzt als bei Palinurus vulgaris. | Das Kaugerüst der Dekapoden. 497 CVsm: vorn in einen stumpfen Winkel endigend, während die beiden seitlichen Flügel spitz auslaufen. Länge des Stückes 4,5 mm, Breite 16 mm (Taf. XXX, Fig. 20). CMsm: langgestreckt und stark verkalkt, die Gestalt ist schlanker als die des Homologons bei Palinurus vulgaris. Länge 10 mm, größte Breite * mm. Der äußere Rand ist aufgewulstet. Im Innern ist das Stück mit Höckern ausgerüstet, die etwa in der Mitte beginnen, wo sie am Rande auftreten und an Zahl und Größe wachsend bis zum hinteren Ende laufen. Das Stück ist gegen das CVsm wohl begrenzt und ziem- lich beweglich, während es mit dem OSmz fest verwachsen ist. CSmz und CHsm tragen ganz den Charakter wie die Homologa bei Scyllarus, ersterer nach unten in einen einfachen spitzen Zahn aus- gehend, der auf seiner vorderen Fläche eine Rille trägt, letzteres oben halbmondförmig ausgebuchtet. Abstand der oberen Hörner von einan- der 5,5 mm. CVsl: fehlt deutlich differenzirt bis auf ganz geringe Rudimente, die Funktion übernimmt der stärker verkalkte und in eine Spitze aus- gezogene Rand des OVsm. CMsli: stark verkalkt, der CS!-Zahn stellt vorn ein löffel- oder schaufelförmiges Gebilde dar, von dem aus sich nach hinten lamellen- artige Höcker erstrecken, die in einer regelmäßigen Reihe bis weit in die PZw-Region hinein verlaufen. Länge des Zahngebildes 9,5 mm. Die Lamellen sind im Verhältnisse kräftiger als bei P. vulgaris. CHsl: fehlt deutlich differenzirt, ein Ausläufer des CS/-Zahnes geht zu dem hornartigen Fortsatze des CHsm und stellt so die bei den Palinuriden übliche Gelenkung der Stücke dar. Einige rudimentäre Furchen auf dem CHsl lassen eine Begrenzung des Stückes vermuthen. PVsm: an der Berührungsstelle mit dem CHsm verkalkt, sonst weichhäutig. COzw: ganz rudimentär, eine kleine längliche Verkalkung der Magenwand deutet darauf hin. CMzw: sehr klein, mit schwachem Zahngebilde im Innern. CUzw: fehlt. CHzw: sehr stark, stabförmig und unregelmäßig S-förmig ge- krümmt. Länge 9mm. Das Stück ragt mit dem unteren Ende in einer Hautfalte frei aus der Magenwand hervor und das untere Ende des POzw ist mit ihm verbunden. CVsp: fehlt. CHsp: schmal und gekrümmt, mit dichtem Borstenbesatze. Die vordere Seite ist zu einem stark verkalkten Stabe verdickt, der die Ver- 498 Friedrich Albert, bindung zwischen CMzw und dem vorderen Ende des COısfl vermittelt. So bildet dieser Theil einen Ersatz für das fehlende CUzw. CVzwt: fehlt. CHzwt: wohl entwickelt. Breite mm. Die OIfl-Region ist 8mm lang. Vom COifl entspringt der CIfl-Borstensaum. Die Borsten sind nicht besonders lang, aber dadurch ausgezeichnet, dass sie an einer Seite schön gefiedert sind, während die andere Seite grobe Ausläufer trägt. CIfm: mit sehr charakteristischer Verkalkung, die sich mit der Gestalt eines Dreizacks vergleichen lässt, dessen Spitzen nach hinten gewendet sind (Taf. XXX, Fig. 22). Ifm-Tasche: sehr stark ausgebildet. Das Hifmt bildet eine stumpfe Crista. Die Oberseite, durch eine mediane Furche zweitheilig, ist abgerundet und mit Borsten besetzt. PVifm: mit starker, gerundet vierseitiger Verkalkung von 2 mm Länge und 1,5 mm Breite. PMifm: Länge ömm, Breite 6,5 mm, sehr stark verkalkt. Die Borstensäume stehen nur 0,039 mm von einander ab, es laufen die- selben in ein 3mm langes und eben so breites Ventil aus. PHifm: die Gestalt des Stückes ist von hinten gesehen hufeisen- förmig; von der konvexen, unteren Seite entspringt das PHifm-Ventil, das 2 mm an der Basis breit ist und eine gleiche Gesammtlänge hat. Die beiden Schenkel der hufeisenförmigen Verkalkung laufen aufwärts zu dem oberen Theile des PMifl, an den sie grenzen, gleichzeitig stützen sie den Ventilfortsatz des PMifm. Breite der Basis 3,5mm. Höhe der Schenkel 2,5 mm (Taf. XXX, Fig. 23). PVifl: mit dem PUzw verwachsen, Länge beider Stücke 4 mm, sie bilden ein kräftiges Verbindungsglied zwischen OOifl und PMifl. PMifl: Länge 6mm, Breite3 mm, im Innern mit dichtem Borsten- besatze. Länge der Borsten durchschnittlich 0,37 mm, Breite 0,004 mm; sie erscheinen meist ganz glatt, nur bei stärkster Vergrößerung ist bei einigen eine schwache Fiederung erkennbar. Die Region besteht aus zwei über einander liegenden deutlich differenzirten Stücken, die stark verkalkt sind. POzw: stabförmig, verbindet das untere Ende des CHzw mit dem vorderen Ende der PHsm-Region. Länge 10 mm. PMzw: schwach verkalkt. Länge 3mm. PHzw: setzt sich an das vorhergehende an und führt zum PAsl. Länge 6 mm. Zwischen POzw und PHzw ist eine ziemlich starke Verkalkung ein- geschoben, die der Lage nach als „7 2 0) us Se Das Kaugerüst der Dekapoden. 499 PZw-Platte zu bezeichnen ist, sie nimmt theilweise den Platz des PMsl ein. | PVslund PMsl: ganz reducirt und weichhäutig. PHsl: stark verkalkt und nach hinten gerückt, die vordere Tasche der Region ist als eine sehr kräftige Lamelle ausgebildet, die reichlich mit Borsten besetzt ist und etwa ömm in den Magen hineinragt, die hintere fehlt fast ganz. PMsm: klein und sehr schwach verkalkt, es bildet eine Ein- schnürung zwischen PVsm und PHsm. PHsm: hier sehr eigenthümlich ausgenildet. Länge 6, Som) Breite in ausgespanntem Zustande 7,5mm. Der mediane Theil ist eichläntie und geht in kein Ventil aus, die hintere Grenze ist mit einem dünnen Borstenbesatze versehen. In normaler Stellung ist der mediane Theil der Region zu einer Falte eingeschlagen, die nach innen eine Crista bildet. Die Seitenränder der PHsm-Region sind dagegen stark verkalkt und übertreffen den medianen Theil bedeutend an Länge, etwa um 2 mm. Thalassinidae. Innerhalb der Vertreter dieser Familie lässt sich eine Reihe auf- stellen, in der ein allmähliches Zurücktreten des vorderen Theiles des CVsm zu verfolgen ist, das bis zum gänzlichen Verschwinden desselben führt. Der CSmz ist stets nach beiden Seiten gut begrenzt. Charak- teristisch ist ferner eine ungemein starke Ausbildung des OMzw, das ganz den Charakter eines Zahnes annimmt und in Wechselwirkung mit der Ifm-Tasche tritt; es ist dies eine sehr bemerkenswerthe Abweichung von dem Verhalten bei den Homariden, wo das Stück sehr zurück trat und Wirksamkeit nur in Verbindung mit der CHsp erlangte und von den Lorikaten, wo höchstens Rudimente desselben nachzuweisen waren. _ Abweichend von der Gestaltung der Homologa bei andern Familien und wohl das bedeutendste Charakteristikum für die Thalassiniden ist die Ausbildung der vorderen Tasche des PHsl. Von derselben gehen in größerer oder geringerer Anzahl, weit in den Magen hineinreichend, dünne Schläuche aus, die mit einem Borstenbesatze versehen sind und die ich mit dem Namen »Borstenschläuche« bezeichnen will. In allen diesen Punkten liegen so wesentliche Unterschiede den Homariden gegenüber, dass hinsichtlich des Kaugerüstes wenigstens eine Näherstellung beider Familien nicht natürlich erscheint, während sich eine Verbindung nach den Anomala, speciell den Galatheiden sehr leicht finden lässt. Ä 500 Friedrich Albert, Axius plectorhynchus Gust. 27.5. Dimensionen des Magens: Länge 5 mm, Breite 1,7 mm. CVsm: ein vorderer und hinterer Theil ist wohl entwickelt, beide sind durch eine breite Brücke mit einander verbunden (Taf. XXX, Fig. 24). CMsm: nicht deutlich vom vorhergehenden Stücke getrennt. . Breite 0,42 mm. Das hintere innere Ende mit zwei schwachen, seit- lichen Höckern ausgerüstet. CSmz: lang und einspitzig, ohne Lamellenbildung, 0,336 mm breit, nach beiden Seiten in sehr loser Verbindung stehend. CHsm: 0,532 mm lang, unten stabförmig, nach oben sich ver- breiternd bis 0,392 mm an der Berührungsnaht mit dem PVsm. CVsl!: die Gelenknaht mit dem CVsm 0,588 mm lang, Gestalt normal. CMsl: der Zahntheil des Stückes ist 0,8 mm lang und läuft nach hinten in einen Borstensaum aus, während der vordere Theil aus einem sehr großen Höcker besteht. CHsl: nicht deutlich differenzirt. PVsm: der vordere Rand halbkreisförmig, stärker verkalkt. COzw: gut abgegrenzt, doch fast ganz ohne Kalksalzablagerungen. CMzw: von bedeutender Größe, nach innen 0,52 mm spitz pyra- midenförmig vorspringend, nach hinten scharfkantig mit starkem Borstenbesatze, der zu einer Säge umgewandelt ist. CUzw: eine kleine Hautfalte ohne Hartgebilde. CHzw: breit und unregelmäßig gekrümmt. CVzwt: fehlt. CHzwt: stark ausgebildet. CO:fl: dünnhäutig, mit sehr langem Borstensaume, die Borsten 0,325 mm lang, ein unterer Aufsatz ist wohl entwickelt und mit Borsten besetzt. CUifl: normal, Länge 1,008 mm. Ä CIfm: ganz dünnhäutig, größte Breite 1,mm. Länge 4,14 mm, in der Mitte eine bogenförmige Verkalkung. Ifm-Tasche stark entwickelt. Oifmt zweitheilig, durch eine mediane Furche in zwei Borstenkomplexe getrennt. Die hier befindlichen Borsten sind sehr stark, erscheinen äußerlich geschuppt und sind nach hinten gewendet. Durchschnittliche Länge 0,234 mm, Breite 0,043 mm. Der Pyloricaltheil war zum größten Theile in Maceration überge- gangen, daher ist wohl eine sehr geringe Ausbildung der Harttheile an- zunehmen, die Reste waren normal und zeigten den Typus von Gallia- Das Kaugerüst der Dekapoden. 901 nassa. Bemerkenswerth die vordere Tasche des PHsl mit den üblichen Borstenschläuchen, die aber hier in geringerer Zahl vorhanden sind, nur etwa 6 beiderseits. Länge 0,52 mm, Breite 0,026mm. Die hintere Tasche bildet, wie bei Callianassa, ein außerordentlich langes Pylorus- ventil. Gallıianassa mucronata Gust. 26.3. CVsm: der vordere und hintere Theil wohl entwickelt und durch eine Brücke, die die beiden OVs! trennt, verbunden, dieselbe ist im Verhältnisse schmäler, als bei Axius. Breite 0,224mm. Breite des ganzen Stückes 1,26 mm, Länge 0,84 mm. CMsm: Breite 0,336 mm. Eine innere Zahnausrüstung ist in ge- ringem Maße vorhanden, doch nicht endständig. Der ganze hintere Theil des Stückes erscheint verdickt. Von den Seiten des vorderen Theiles streckt sich ein Borstensaum in das Innere des Magens. CSmz: mit stumpfer, einfacher Spitze, gegen das OMsm ist das Stück sehr gut begrenzt, eben so gegen das OHsm. CHsm: unten schmal, oben verbreitert, ähnlich wie bei Axius. CVsl!: stark entwickelt, die Gelenkfläche mit dem OVsm steht senkrecht zu der Sagittalebene des Körpers. 0,56 mm lang. CMsl: nach beiden Seiten gut begrenzt. Der CSI/-Zahn vorn mit einer kräftigen Spitze, an die sich aus Borsten bestehende Lamellen an- schließen (Taf. XXX, Fig. 25). CHs!: 0,7 mm lang, 0,42 mm breit, durch eine sehr bewegliche Naht mit dem PVsm verbunden. PVsm: zum Theil verkalkt, der an das OHsm grenzende Rand ist bogenförmig gestaltet und etwa 0,4 mm lang. COzw: Länge 0,56mm, oben steht es durch einen Ausläufer mit dem CVsl in Verbindung. Das eigentliche obere Ende ragt frei aus der Magenwand hervor (Taf. XXX, Fig. 37). CMzw: sehr groß, 0,676 mm lang, 0,14 mm breit. Nach innen als eine breite Tasche vorspringend, die durch Borstenbildungen einen zahnartigen Charakter erhält. CUzw: reducirt, nur als eine schwache Hautfalte entwickelt, die das OMzw nicht erreicht, sondern sich nur bis zur OHzwt verfolgen lässt. CVzwt: nicht ausgebildet, ein kleines undeutliches Kalkplättchen deutet die Lage dieses Theiles an. CHzwt: sehr stark entwickelt. Der obere Rand der äußeren Ein- stülpung verkalkt, er verbindet als ein Zwischenstück das CMzw mit dem CHzw. OHzw: 0,448 mm lang, es gelenkt mit dem OOifl. 502 | Friedrich Albert, COifl und CUifl: 1,42 mm lang, ersteres mit dem C/fl-Borsten- saum. Borstenlänge 0,224mm. Der hintere Theil des OUifl ist ver- breitert. CIfm: deutlich unterscheidbar, ein nach hinten spitzwinkliger Theil, der mit ganz kleinen Borsten ausgerüstet ist und zwei laterale Borstenfelder, deren Borsten nach der Mitte gerichtet sind. Ifm-Tasche stark entwickelt, die obere Seite mit Borsten besetzt, die durch eine mediane Furche in zwei Komplexe getheilt sind. Nach hinten sind kräftige Borsten gerichtet. Auf der Oberseite sind zwei Stücke deutlich differenzirt (Taf. XXX, Fig. 38). Hifmt: bemerkenswerth, dass sich das gut ausgebildete Stück durch das PUzw mit der CIfl-Region verbindet. PVifm: meist weichhäutig, nur ein kleiner bogenförmiger Streifen etwas verkalkt. PMifm: Länge 0,616mm, Breite 0,952 mm. Die Crista ist sehr breit und reichlich mit Borsten besetzt. Dieselben sind so angeordnet, dass die Medianlinie rinnenförmig erscheint, indem sie beiderseits an der Crista stärker sind; eine analoge Bildung von Borstenbündeln findet sich hier nicht wie bei Thalassina. Abstand der Borstensäume von ein- ander 0,043 mm. PHifm: Breite 0,559mm, ein stabförmiges Gebilde darstellend, das ein spitzes Klappenventil von 0,195 mm Länge stützt. Die pyloricale Inferolateralregion ohne bemerkenswerthe Hartgebilde. POzw: Länge 1,176mm, es verbindet sich unten mit dem CHzw. Im Innern des Magens ist das Stück mit einem Borstenbesatze aus- gerüstet. Die übrigen Theile der pyloricalen Zwischenregion sind undeutlich, erkennbar ist noch das PUzw, das die OIfl-Region mit dem PVifl ver- bindet. | ä Von der PSI-Region ist namentlich das PHsl besonders entwickelt. Die vordere Tasche desselben mit nur etwa 4 Borstenschläuchen jeder- seits. Länge derselben 0,84mm, Breite 0,028 mm. Die hintere Tasche wohl entwickelt und mit Borsten besetzt. Das Stück ist durch Zwischen- stücke mit dem PHifm verbunden. PMsm und PHsm nicht bemerkenswerth. Thalassina scorpionides Latr. 170. 32. Lumen des Mitteldarmes außerordentlich groß. Fast der ganze . Magen erscheint als ein Komplex von Hartgebilden, selbst der nach vorn gewendete Theil der Magenwand ist von zwei schwachen ovalen Ver- kalkungen eingenommen. Länge derselben 3,5 mm. Das Kaugerüst der Dekapoden. 503 CVsm: der vordere paarige Theil als zwei ganz reducirte, kleine Gebilde angelegt, die 0,75mm aus einander stehen. Länge jedes ein- zelnen Stückes 1,75mm. Der hintere Theil ungemein stark verkalkt und nach außen zu einer hohen Crista erhoben, die etwas nach hinten gerichtetist. Höhe der Crista 4,5 mm, Breite des Stückes 13 mm (Taf. XXX, Fig. 26). CMsm: eine Trennung vom vorhergehenden Stücke nicht erkenn- bar. Die Seitenränder sind sehr stark ausgebildet und nach außen emporgehoben. Nach hinten ist das Stück flügelartig verbreitert und umfasst den CSmz, Breite des Stückes hier 5 mm. CSmz: eine vordere Crista erstreckt sich von der unteren Spitze des Stückes nach dem OMsm und entsendet nach beiden Seiten La- mellen, die einen schwach $-förmig gekrümmiten Verlauf haben. Die hintere Partie des Zahnes erscheint blasig aufgetrieben. Länge 5mm (Taf. XXX, Fig. 30). CHsm: 3,5 mm lang, die Seitenränder sind erhoben. In der Mitte ist das Stück bis auf I mm Breite verschmälert, während die Gelenk- fläche mit dem CSmz und dem PVsm je 3 mm breit ist. CVs!: durch eine Gelenknaht mit dem hinteren Theile des CVsm verbunden, dieselbe steht senkrecht zu der Sagittalebene des Magens. Länge 5,5 mm. Gestalt des Stückes normal. Von der Mitte der Außen- seite ragt ein kleiner 1,5 mm langer Fortsatz seitwärts nach außen. CMsl: sehr stark verkalkt und nach beiden Seiten wohl begrenzt. Länge 9 mm. Der CSi-Zahn stellt ein unregelmäßiges Längsoval dar von 5 mm Länge und 2,75 mm Breite und besteht aus einer Anzahl von Querlamellen, die sich bei starker Vergrößerung in einzelne Borsten auf- lösen. Die Reibfläche ist ganz von Lamellen gebildet und nicht nur iheilweise wie bei Callianassa. | CHs!: mit den beiden anliegenden Stücken, dem CMs! und dem PVsm, durch Nähte beweglich verbunden. Das Stück stellt ein un- regelmäßiges Quadrat von 5 mm Seitenlänge dar. PVsm: stark verkalkt, der vordere Rand bogenförmig verlaufend und mit einer Crista versehen. COzw: mit dem CMzw eng verwachsen, nur eine Unterbrechung an beiden Seiten der fortlaufenden Platte beweist den früher getrennten Zustand. Das Stück beginnt unmittelbar unter dem vorderen Ende des CMsl. Länge 2,5 mm (Taf. XXX, Fig. 29). CMzw: ungemein stark entwickelt, es nimmt zum großen Theile den Platz ein, den bei den Astaciden die CHsp besitzt, und entsendet einen breiten Ausläufer nach unten und vorn, der parallel mit der O/fl- Region verläuft. Der innere Rand des Stückes ist mit einem sägezahn- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 33 504 Friedrich Albert, ähnlichen Saume von starken Borsten ausgerüstet, der nach unten und hinten gewendet ist. Länge 6 mm. CUzw: Länge 2 mm; es legt sich von außen in die Höhlung des CMzw hinein und führt zum COıfl, indem es gleichzeitig ‘an Dicke zu- nimmt. Ein Parallelausläufer zur CIfl-Region fehlt, da der Platz schon vom OMzw eingenommen ist. CHzw: Länge 3mm. Breite an der Basis 1,5mm. Das Stück setzt sich an das CUifl an und läuft nach oben spitz aus. Eine Seitenplatte, jedenfalls nicht das Homologon der CHsp liegt unter dem CVsl, die Gestalt derselben ist nach außen stark konvex bei einer Höhe von 5 mm und einer Breite von 4 mm (Taf. XXX, Fig. 298). Unter derselben ist noch ein selbständiges Stück vorhanden, das einen Borstensaum trägt, der gegen den Ösophagus zu gewendet ist (cf. Taf. XXX, Fig. 29 US). Von der OHsp sind nur geringe Reste nachweisbar. CVzwt: fehlt. CHzwt: sehr stark ausgebildet, doch nicht eigentlich als Tasche; die Gestalt des Stückes ist die eines stumpfwinkligen Dreiecks, dessen stumpfer Winkel nach unten gerichtet ist. Länge 3 mm, Höhe 1,5 mm; im Innern ein außerordentlich dichter Borstenbesatz. COifl: gut differenzirt und stark verkalkt, Länge 4 mm, es trägt einen aus stark gefiederten Borsten bestehenden C/fl-Borstensaum. Das vordere Ende des Stückes, das an den Ösophagus grenzt, ist dort haken- förmig umgebogen und liegt einem kleinen kegelfürmigen Gebilde an, das ein verkalktes Ösophagealventil darstellt, es ist dies der Lage nach der untere Aufsatz der hier selbständig ohne die CHsp persistirt. CUifl: erhebt sich nach außen zu einer scharfkantigen Crista, der hintere Theil ist sehr verbreitert und überragt das OOıfl etwas. Länge k mm. | CIfm: sehr breit und kurz. Die Mitte ist stark verkalkt, während die Seiten dünnhäutiger sind. OJfm-Leisten lassen sich 1,5 mm lang ‚verfolgen. Ifm-Tasche: sehr stark ausgebildet, nach hinten entsendet sie vier Borsten. Die Gestalt derselben ist derb gefiedert und an der Spitze besen- förmig verzweigt (Taf. XXX, Fig. 27 und Fig. 31). Hifmt: wohl entwickelt, in der Mitte dünn, erweitert sich nach beiden Seiten flügelartig und artikulirt mit dem Hinterrande des CUifl vermittels eines kleinen, dreieckigen Schaltstückes, Länge desselben 0,5 mm. Länge des ganzen Hıfmi 6 mm. Breite der Flügel 2,5 mm. Die Oberfläche der Ifm-Tasche ist zweitheilig und stark mit Borsten be- setzt, die in der Mitte durch eine Furche in zwei seitliche Komplexe ge- Das Kaugerüst der Dekapoden. 505 schieden sind. Die Borsten sind hier zum Theil in lamellenartige Streifen angeordnet. Hinter dieser Medianfurche entspringen jene vier starken, nach hinten gerichteten Borsten, die an der Spitze besenförmig verzweigt sind, während das gemeinsame untere Ende noch eine Verschmelzung aus einer Anzahl einzelner Borsten erkennen lässt. Länge 3 mm, Breite 0,2 mm. PVifm: in der Medianlinie eine gut abgegrenzte Verkalkung, Breite 2,5 mm, Länge 1,5 mm; von derselben führen zwei laterale Verbindungs- stücke zur PVifl-Region, sie sind etwa 1,25 mm lang. PMifm: 40 mm breit, + mm lang. Die Borstensäume 0,032 mm von einander entfernt. Die Länge der dort befindlichen Borsten 0,072 mm. Die innere Crista ist sehr eigenthümlich gestaltet, gegen den Gardiacal- theil zu erscheint sie rinnenförmig. In diese Rinne legen sich die nach hinten gewendeten Borsten der Ifm-Tasche (cf. Taf. XXX, Fig. 31). Zu beiden Seiten dieser Rinne erhebt sich ein Borstenkomplex. Die Gestalt der hier befindlichen Borsten ist eigenthümlich an der Spitze verdickt und besenförmig verzweigt, sonst spärlich gefiedert (cf. Taf. XXX, Fig. 28). Beide Borstenkomplexe sind durch einen Saum feiner Borsten mit ein- ander verbunden. In der Mitte ist die Grista breit und mit starken Borsten besetzt, während sie nach hinten in ein Ventil ausgeht, das sich über das PHıfm hinüberlegt. Länge des Ventils 4 mm, Breite 1,2 mm, es verjüngt sich nicht nach hinten und ist mit spärlichen Borsten besetzt. PHifm: ist als ein querstehendes stabförmiges Gebilde won 10 mm Breite entwickelt. Die Enden des Stabes ragen beiderseits je 2,5 mm frei aus der Magenwand hervor. Das Stück trägt ein A mm langes und an der Basis 2,5 mm breites Klappenventil, das mit spärlichem Borsten- besatze ausgerüstet ist. PVifl: aus zwei wohl abgegrenzten Stücken bestehend, ein vor- deres und unteres steht in Gelenkverbindung mit dem PUzw, während ein oberes und hinteres mit dem ersteren, dem PMifl und dem PHsl in Verbindung steht. PMifl: normal. PHifl: in dieser Region liegt eine Reihe isolirter Gebilde, die sich an den hinteren Theil der PHsi-Region, die ebenfalls in viele selbstän- dige Stücke getheilt ist, anschließen. Diese Art der Ausbildung ist durch das außerordentlich große Mitteldarmlumen bedingt. POzw: es setzt sich an das OHzw an und führt fast bis zur PSm- Region, Länge 8 mm. Das Stück ist unten verbreitert und mit dem PHzw durch eine dünne Brücke verbunden. PHzw : entsendet einen Ausläufer zum PUzw und legt sich an den äußeren Rand der vorderen Tasche des PHsl. 33* 506 Friedrich Albert, PUzw: von länglich ovaler Gestalt. Länge etwa 3 mm, es steht durch ein kleines, stabförmiges, etwa 1 mm langes accessorisches Zwi- schenstück mit dem CUıfl in Gelenkverbindung. — Ob die beschrie- benen Zwischenstücke in Homologie zu den gleichnamigen Gebilden anderer Crustaceen zu setzen sind, muss ich unentschieden lassen, vor- läufig mögen sie nur als Analoga gelten. PVsl: nach außen konvex, von blasigem Aussehen. ae 7 mm, Breite 3,5 mm. PMsl: sehr klein. PHsl: sehr stark ausgebildet. Die vordere Tasche ist es nament- lich, die alle anderen Bildungen des Pyloricaltheiles zurückdrängt, sie springt 2,5 mm in den Magen vor. Breite 5 mm. Gegen den Pylorus sendet diese Tasche Borstenschläuche in großer Anzahl, die das ganze Lumen des oberen Pyloricaltheiles ausfüllen. Länge derselben 5 mm. Breite 0,04—0,06 mm, sie sind weichhäutig und mit zahlreichen Borsten besetzt. Oberhalb der äußeren Einstülpung streckt sich ein dornartiger Fortsatz nach außen, der 1 mm frei aus der Magenwand hervorragt. Der hintere Theil der PHsi-Region besteht aus einer Reihe von Stücken, die zur PHifl-Region hinüberleiten; die Gestalt derselben ist unregelmäßig. PMsi: außerordentlich schmal, Länge 5 mm, durch zwei zungen- förmige, freinach oben endende Kalkfortsätze gegen das PHsm begrenzt. PHsm: sehr breit und dem großen Mitteldarmlumen angepasst, nach hinten ist die Region nicht scharf begrenzt. — Thalassina maxima zeigt fast genaue Übereinstimmung mit T. scorpionides in Bezug auf die Hartgebilde des Magens. Gebia littoralis Desm. 57. 13. Länge des gesammten Magens 7 mm, Breite 3,5 mm. Die Hartgebilde zeigen eine außerordentliche Übereinstimmung mit Thalassina, es mögen daher nur die abweichenden Punkte näher charak- terisirt werden. Ä CVsm: Breite 3,5 mm, nur der hintere Theil entwickelt, der vor- dere fehlt ganz. CMsm: normal. CSmz: ragt 0,56 mm in den Magen hinein und ist durchaus ein selbständiges Stück. CHsm: 1,68 mm lang. CHsl: schmal und langgestreckt. PVsm: schwach verkalkt, der vordere Rand bogenförmig. Die Stücke der OZw-Region sind schwächer verkalkt als die Homo- loga bei Thalassina. Das Kaugerüst der Dekapoden. 507 CHzw: sehr stark $-förmig gekrümmt, es setzt sich an einen Fort- satz des CUifl an. COifl: mit langem Borstensaum. Borstenlänge 0,42 mm; das vor- dere Ende des Stückes biegt sich hakenförmig um und steht in Kontinui- tät mit dem bei Thalassina davon getrennten unteren Aufsatze. CUifl: sehr breit und unregelmäßig gestaltet. CIfm: ganz dünnhäutig. Ifm-Tasche sehr stark ausgebildet. Die ‘Oberfläche ‚derselben durch zwei Lamellenkomplexe gebildet, die durch eine tiefe, mit Borsten "bedeckte Furche von einander getrennt sind. Nach hinten erstreckt sich ‘von der Ifm-Tasche eine Anzahl in einem Halbkreise stehender schlauch- ähnlicher. Borsten, die konvexe Seite dieses Halbkreises ist nach hinten gerichtet (Taf. XXX, Fig. 32). Hifmt: wie bei Thalassina. PVifm: ziemlich dünnhäutiges Hartgebilde von 0,672 mm Länge und 0,84 mm Breite. PMifm: A,4 mm lang, 2 mm breit., Abstand der Borstensäume 0,024 mm. Bau wie bei Thalassina. PHifm: 1,96 mm breit, das Ventil 1,26 mm lang und 0,756 mm an der Basis breit. PIfl-Region weichhäutig. POzw: 1,68 mm lang, verläuft zum OHzw. PHsl: die Borstenschläuche der vorderen Tasche 1,7 mm lang. Die Zahl derselben ist bei Weitem geringer als bei Thalassina (cf. Taf. XXX, Fig. 32 und 33). Die hintere Tasche mit einem Borstensaum von 0,504 mm Borstenlänge. PMsm: kurz, umfasst den vorderen Theil des PHsm zangenförmig. PHsm: 2,5 mm breit, bei gleicher Länge. CGalliasis adriatica Heller. 55. 10. Magenumrisse wie bei Thalassina. Länge 7 mm, größte Breite 3 mm. CVsm: 3 mm breit, nur der hintere Theil entwickelt und mit hoher Crista versehen. Gegen das CMsm ist das Stück nicht abgegrenzt. CMsm: 0,65 mm breit am hinteren Ende, im Innern zwei seit- liche verdickte Stellen. CSmz: 0,52 mm in das Innere des Magens vorspringend, er be- steht aus Wülsten, die nach vorn zu eine stumpfe Crista bilden, während sie an den Seiten spitz auslaufen und so dem Zahne dort ein gezacktes Aussehen geben. Querdurchmesser des Zahnes 0,5 mm. Den CSmz umgeben an der Basis Borsten, die ihren Ursprung von dem weichhäutigen Magenintegumente nehmen; zwei halbmondförmige, 508 Friedrich Albert, seitliche Säume derselben sind unterscheidbar (Borstenlänge 0,26 mm) und zwei hinter diesen entspringende Einstülpungen der Magenwand mit Borsten, deren Spitzen sich in der Medianlinie OEL und den CSmz hakenförmig umfassen. CHsm: keilförmig gestaltet. Länge 0,9 mm, Breite unten 0,19 mm, oben 0,52 mm. Die Ränder des Stückes wulstförmig verdickt. CVsl: 0,65 mm lang, normal. Gelenkfläche mit dem OVsm 4 mm lang. CMsl: 2,5 mm lang. Der Zahntheil 1,365 mm lang, vorn ein kräf- tiger Zahnhöcker, an den sich nach hinten schwächer werdende Quer- lamellen anschließen, die nach dem Pyloricaltheile zu in Borsten aus- laufen. Das Stück ist durch eine Naht vom CHsl getrennt. CHsl: 0,788 mm lang, nach beiden Seiten wohl abgegrenzt. PVsm: der vordere Rand bogenförmig verkalkt. In der Median- linie eine querstehende, länglich ovale, von Verkalkung frei bleibende Stelle; Dimensionen derselben: 0,156, 0,055 mm. — Die CZw-Region ist fast ganz in den Bereich des CMzw gezogen und eine genaue Begrenzung der einzelnen Stücke unter einander findet nicht statt. Das OMzw bildet im Wesentlichen eine dreieckige Einstülpung nach innen und ist an der nach hinten gewendeten Seite mit kräftigen zahnähnlichen Borsten besetzt. Länge 1,43 mm. Ein breiter Parallel- ausläufer zur OIfl-Region entsendet an der Grenze einen nach unten ge- richteten Borstensaum. Borstenlänge 0,104 mm. | CHzw: stark $-förmig gekrümmt, unten gelenkt es mit beiden Stücken der O/fl-Region. CO:fl: Länge 1,1 mm, mit dem üblichen Borstensaume. Länge der Borsten 0,195 mm. CUifl: dünnhäutig und unregelmäßig gestaltet. CIfm: ohne bemerkenswerthe Ausrüstung. Ifm-Tasche: sehr stark ausgebildet, sie wird durch ein Hifmt gestützt, das mit dem CUifl gelenkt. | Wo das CIfm zur Ifm-Tasche ansteigt, ist es muldenförmig ausgehöhlt und von den Rändern entspringt ein Borstensaum, der sich verstärkend bis zur Spitze der Tasche läuft und dort fast Lamellennatur angenommen hat. Die Oberfläche der Tasche selbst ist von starken Borsten bedeckt, die durch eine Medianfurche in zwei Gruppen getrennt sind. Diese Bor- sten sind nach vorn gewendet. Nach hinten strecken sich in Zangenform zwei recht kräftige Borsten, unterhalb der erwähnten Bündel. PVifm: dünnhäutig, mit einer nach vorn konkaven, halbmond- förmigen Hautfalte in der Medianlinie. PMifm: Länge 1,04 mm. Breite 0,689 mm. Die Borstensäume Das Kaugerüst der Dekapoden. 509 0,02 mm von einander entfernt. Vor der Crista erheben sich lateral ge- legen zwei 0,455 mm hohe, 0,055 mm breite, häutige Gebilde, die pinselartig an der Spitze Borsten tragen. PHifm: 0,78 mm breit, stabförmig, an den Enden umgebogen. PIfl- und PZw-Region fast ganz weichhäutig. Andeutungen des POzw und PHzw bilden Hautfalten mit sehr geringer Hartbildung. In der PSi!-Region sind die PVs!und PMsI sehr wenig differenzirt, während das PHs! die typische Ausbildungsweise der Thalassiniden zeigt. Die Borstenschläuche der vorderen Tasche 0,65 mm lang, 0,025 mm breit, die hintere Tasche in ein borstenbesetztes Ventil ausgehend; größte Borstenlänge 0,455 mm, Breite 0,007 mm. PMsm: sehr reducirt. PHsm: ganz ohne Hartgebilde, ein ungewöhnlich langes Ventil er- streckt sich von hier aus in den Mitteldarm. Die von DE Haan unter dem Namen der Anomala zusammengefassten Galatheiden, Paguriden und Hippiden, für deren Zusammengehörigkeit auch Boas eintritt, sind hinsichtlich ihres Kaugerüstes zum Theil sehr verschieden gestaltet und dürfte es kaum möglich sein eine bestimmte Reihenfolge in der Entwicklung der Magenhartgebilde zu bezeichnen. Die Abgrenzung der Anomala erscheint also in Bezug auf die Ausbildung des Kaugerüstes nicht natürlich. Galatheidae. Galathea strigosa L. 49. 19. "Magendimensionen : Länge 8mm, Breite 6,5 mm. Die Verkalkungen sind im Allgemeinen schwach. CVYsm: nur der hintere Theil entwickelt; er nimmt die ganze Breite des Magens ein und ist sehr schwach verkalkt. Nach den Seiten nimmt die Verkalkung etwas zu. Breite des Stückes 6,5 mm. Vor dieser Region liegen in paariger Anlage zwei neben einander liegende, länglich-ovale Platten, die die Vorderseite des Cardiacalmagens einnehmen. CMsm: etwa 1 mm lang bei gleicher Durchschnittsbreite; eine Zahnausrüstung im Innern fehlt. CSmz: kräftig, an der Vorderseite ist eine Crista, die zwei Aus- läufer zu den Rändern des CMsm entsendet. Die Spitze des Zahnes ist - breit (Taf. XXX, Fig. 32). CHsm: unten fast stabförmig, mit nach außen aufgewulsteten Rändern, oben breit. 510 Friedrich Albert, CVsl: normal, Länge 1,5 mm. Die Gelenknaht mit dem CVsm 4 mm lang. CMsi: stark verkalkt, es setzt sich nicht deutlich gegen das CHsl ab. Der CSi-Zahn mit einem kräftigen, vorderen Höcker, an den sich Querlamellen nach hinten anschließen. Länge des Zahnes 2 mm. CHsl: führt zum PVsm, mit dem es in loser, federnder Ver- bindung steht. | PVsm: der vordere Rand, der gegen das OHsm grenzt, sehr stark verkalkt. Länge hier 1,5 mm, nach hinten nimmt die Stärke ab. COzw: flächenhaft entwickelt und sehr schwach verkalkt, so dass sich die Grenzen des Stückes kaum verfolgen lassen. Länge 1,5 mm. CMzw : sehr stark ausgebildet, es bildet eine tiefe, dreieckige Ein- stülpung, die einen kräftigen Zahn im Innern darstellt. Die Reibfläche, die aus kegelförmigen Borstengebilden besteht, erstreckt sich von dem vorderen Ende des OSi-Zahnes nach unten und vorn und hat eine Länge von 1,5 mm. Statt des CGUzw, das das OMzw bei anderen Formen mit der C/Ifl-Region verband und in seiner Lage erhielt, ist hier die COHzwt eigenthümlich entwickelt; ihr oberer Rand ist verdickt und verbindet als ein Zwischenstück das CMzw mit dem CHzw. Deutlicher als hier. sind diese Verhältnisse bei Munida rugosa. Nach hinten zu entsendet die Einstülpung einen Ausläufer zum OHzw. Unter diesem Ausläufer streckt sich ein Borstenwulst im Innern hin, der wohl das Homologon der CHzwi sein dürfte. CHzw: schwach $-förmig gekrümmt und normal. Länge etwa ! mm. CHsp: ist durch die vorher beschriebenen Stücke in ihrer Gestalt bestimmt, sie erstreckt sich halbkreisförmig um das CMzw herum und zerfällt so in einen vorderen, oberen Ausläufer, der sehr dünnhäutig unter dem CVsl endet und in einen hinteren unteren, dessen Rand gegen die CIfl-Region gerichtet ist und dort einen starken saumartigen Borsten- besatz trägt. Über demselben, also noch auf der Platte selbst, erheben sich vereinzelt zahnartige Borsten in einer fortlaufenden Reihe. Über die innere Fläche der Seitenplatte legt sich ein unterer Auf- satz als ein zungenförmiges Gebilde, das von der Basis der CHsp ent- springt und am freien Rande mit dichten Borsten besetzt ist. Breite des Gebildes 1,25 mm. COifl: wohl ausgebildei, es trägt einen langen Borstensaum. Länge der einzelnen Borsten 0,32 mm. CUifl: normal, Länge 1,5 mm. CIfm: schwach verkalkt, etwa in der Mitte des Stückes zwei längliche Verdickungen, die als Homologa der CIfm-Leisten anzusehen sind. Größte Breite der Region 2 mm. Das Kaugerüst der Dekapoden. 911 Die I/fm-Tasche ist sehr stark ausgebildet und es sind an ihr deutliche Stücke zu unterscheiden; ein über dem Hifmt gelegenes hinteres Stück, das in eine kleine, spitze und mit Borsten besetzte Tasche ausgeht; es ist dies ganz unverkennbar eine Ausbildung, die ohne Weiteres in Homologie zu den Verhältnissen der Thalassiniden, speciell zu Gebia littoralis zu setzen ist. Diese Tasche ist überragt von dem Borstenbesatze des Oifmt, der in Lamellen angeordnet ist (Taf. XXX, Fig. 35). Die Borstenlamellen werden jederseits durch eine kräftige Stütze in ihrer Lage gehalten, die von dem Theile des Hifmt ausgeht, der unten in Gelenkverbindung mit dem CUifl steht. Das Hifmt ist nur schwach verkalkt. PVifm: der mediane Theil wohl abgegrenzt, 0,75 mm breit, 0,5 mm lang. PMifm: Breite 2,3 mm, Länge 1,5 mm. Borstensäume stehen 0,0195 mm aus einander. Über die Crista legt sich von vorn ein schwach dreilappiges, zungenförmiges, am Rande mit Borsten besetztes Gebilde, das an der vorderen Seite der Crista entspringt. Nach hinten weicht die Crista zu einem breiten Ventile aus einander. Länge desselben I mm; es ersetzt das nur sehr schwach ausgebildete Ventil des PHıfm. PHifm: ganz dünnhäutig. PVifl: fast ganz dünnhäutig und schlecht differenzirt. PMifl: normal. POzw: stark ausgebildet; es läuft neben dem OHzw aus. PUzw: gut abgegrenztes, langgestrecktes Hartgebilde, das sich noch in die PVifl-Region erstreckt. PMzw, PHzw, PVs! und PMsli nicht als begrenzte Stücke vor- handen. | PHsl!: die vordere Tasche sehr groß, die innere Oberfläche in häutige Lamellen gelegt, die hintere Tasche reducirt. PMsm: kleines, wohl abgegrenztes, dreieckiges Stück, dessen breiteste Seite gegen das PHsm gewendet ist. Breite dieser Berührungs- naht 4 mm. | PHsm: mit sehr verbreiterten Rändern. Breite 2,5 mm. Munida rugosa Fabr. 95. 25. Länge des Magens 11 mm. Breite 15 mm. Die Vorderseite ist von zwei verkalkten Platten eingenommen. CVsm: A4 mm breit, nur der hintere Theil ist entwickelt, doch auch dieser ist ziemlich weichhäutig, nur nach den Seiten zu etwas stärker verkalkt. CMsm: gegen das vorhergehende Stück nicht deutlich abgegrenzt, ohne Höckerbildung im Innern. 512 Friedrich Albert, CSmz: durch eine Furche vom CMsm abgegrenzt, doch nur sehr wenig gegen dasselbe beweglich. Die Gestalt des Zahnes nicht so zier- lich als bei Galathea. CHsm: die Ränder nach außen aufgewulstet, unten ist das Stück fast stabförmig, oben verbreitert, es ist sehr beweglich gegen den OSmz. CVsi: normal, 2 mm lang. CMsi: gegen das CHsl nicht begrenzt. Der CSi-Zahn wie bei Galathea gestaltet, doch ist der vordere Höcker im Verhältnis kleiner. CHsl: steht durch eine schmale Brücke mit dem PVsm in Ver- bindung, eine obere Randfurche ist deutlich und eine untere undeutlich entwickelt. PVsm: wie bei Galathea ausgebildet. COzw: stark verkalkt und flächenhaft verbreitert. Länge A mm (Taf. XXX, Fig. 36). CMzw: im Verhältnisse kleiner als bei Galathea. Im Innern außer sonstiger Borstenbedeckung zwei sägezahnähnliche Borstenreihen. CUzw: fehlt. CHzw: $-förmig gekrümmt, es gelenkt mit beiden C/fl. OVzwt: als eine längliche Platte ausgebildet, die über dem OOzw. liegt. Länge 3,5 mm. CHzwt: zeigt die bei Galathea angedeuteten Verhältnisse deut- licher als dort. CHsp: stärker verkalkt als das Homologon bei Galathea, im Übrigen eben so gestaltet, doch ist die dort ausgebildete Borstensäge hier nur ein Borstensaum mit langen, dünnen Borsten. Unterer Aufsatz stark ent- wickelt und mit Borsten besetzt, er steht in Gelenkverbindung mit dem cofl. COifl: stark verkalkt mit langem CO/fl-Borstensaume. Borsten- länge etwa 1 mm. CUifl: am hinteren Ende verdickt. CIfm: im Innern verläuft auf der Mittellinie eine Rinne, die schwach verkalkt ist, die beiden seitlich hiervon liegenden Regionen zeigen eine etwas stärkere Kalksalzeinlagerung. OJfm-Leisten fehlen hier. Ifm-Tasche: mit weniger deutlichen Stücken ausgerüstet als bei Galathea. O:fmt mit einem halbkreisförmigen Lamellenbogen ausge- rüstet, dessen konvexe Seite nach hinten gerichtet ist. Die einzelnen La- mellen sind meist radial gestellt und bestehen aus einzelnen Borsten. PVifm: dünnhäutig. PMifm: vor der Crista erhebt sich eine kräftige, etwa I mm lange Tasche, die sich über die Crista hinweglegt, sie ist mit zahlreichen Borsten besetzt und im Allgemeinen schlauchförmig zu nennen. Nach Das Kaugerüst der Dekapoden. 515 _ hinten läuft die Crista in ein spitzes, mit reichlichen Borsten besetztes Ventilaus. Abstand der Borstensäume des PMıfm von einander 0,028 mm. PHifm: weichhäutig. | PMifl: mit außerordentlich zahlreichen Borsten besetzt. POzw: das untere Ende des Stückes ist mit dem CHzw ver- wachsen. PUzw: sehr deutlich differenzirt, es setzt sich an das CUifl an. Die übrigen Stücke des Pyloricaltheils sind mit Ausnahme der Superomedianregion zum Theil schlecht begrenzt und nicht von cha- rakteristischer Gestalt. PMsm: ein ziemlich starkes Hartgebilde, von vorn nach hinten etwas gebogen. Die seitlichen Ränder sind stärker verkalkt und auf- gewulstet. Länge 1,5 mm, Breite 0,75 mm. PHsm: 2 mm breit, I mm lang, es setzt sich in ein 1,5 mm langes Klappenventil fort. : Porcellana longicornis Penn. 12. 6. CVsm: nur der hintere Theil der Region ist entwickelt und nimmt die ganze Breite des Magens ein. Breite 1,5 mm. CMsm: gegen das vorhergehende Stück nicht begrenzt, es ist in der Mitte am schmälsten. Eine Zahnausrüstung im Innern fehlt. CSmz: breit und stumpf, 0,377 mm lang; nach vorn gewendet trägt er eine schwache Crista. An den Seiten dieses und des vorher- gehenden Stückes befindet sich reichlicher Borstenbesatz. CHsm: 0,39 mm. lang, die Gestalt ist keilförmig, unten am schmalsten. CVsl: normal. CMsl!: der Zahntheil 0,58 mm lang; er besteht vorn aus einer kräftigen Spitze, an die sich nach hinten Borstenlamellen anschließen. CHsl: vermittelt die ausschließliche Gelenkung des vorhergehen- den Stückes mit dem PVsm. PVsm: nur der vordere Rand stärker verkalkt, er bildet einen Bogen, ähnlich wie bei Thalassina. CZw: die einzelnen Stücke sind meist nicht scharf begrenzt. Das CMzw als eine große dreieckige Einstülpung entwickelt, die sehr an das Verhalten bei Galathea erinnert; im Innern befindet sich eine Aus- rüstung mit starken kegelförmigen Borsten, die nach hinten gerichtet sind. OHzw wohl ausgebildet und normal. OIfl: die OIfl-Borstensäume 0,169 mm lang. CIfm: größtentheils ohne Borstenausrüstung; nur zwei Stellen, 514 Friedrich Albert, die der Lage nach den C/fm-Leisten entsprechen, tragen schwachen Borstenbesatz. Ifmt (Taf. XXX, Fig. 42): das Oifmi mit Borstenlamellen be- setzt; es befindet sich über dem HIfmt die hintere spitze Tasche, die für die Galatheiden so charakteristisch ist. Die Stücke des Pyloricaltheiles sind wie die der OZw schlecht be- grenzt. Die Borstenleisien des PMifm stehen 0,013 mm von einander ab.. Ganz besondere Entwicklung zeigt die PSI-Region und ist es namentlich die vordere Tasche des PHsl, die in mehrere Längsfalten gelegt erscheint, diese sind mit kleinen, nach hinten gerichteten Borsten bedeckt (Taf. XXX, Fig. 43). Die PHsm-Region trägt ein verhältnismäßig sehr langes zungen- förmiges Ventil. Paguridae, Auch diese Familie muss hinsichtlich des Kaugerüstes dieselbe Ab- grenzung erfahren, wie sie BoAs giebt, so dass die Lithodiden aufhören eine gesonderte Stellung einzunehmen. Besonders charakteristisch für diese Familie sind die Hartgebilde des PVıfm. Eupagurus Bernhardus L. 90. 25. Dimensionen des Magens: 15 mm Länge, 8 mm Breite. Zwei ganz weichhäutige Gebilde nehmen die Stirnseite des Magens ein. CVsm: die Region meist weichhäutig, nur der hintere Rand, der fast halbkreisförmig verläuft, ist stärker verkalkt. Breite8 mm (Taf. XXX, Fig. 39). CMsm: durch eine Naht von dem vorhergehenden Stücke getrennt. Beide Gebilde sind aber fest mit einander verwachsen. Länge 2 mm, Breite 4,5 mm. Der vordere Theil des Stückes ist dünnhäutiger als der hintere, beide sind durch einen Wulst scharf gegen einander abgesetzt. CSmz: ist durch eine Naht von dem CMsm getrennt, ohne aber gegen dasselbe in nennenswerther Weise beweglich zu sein. Die Bewe- gung der Stücke findet vielmehr zwischen dem Zahne und dem OHsm statt. Der Zahn streckt sich | mm nach unten hinab, ist einspitzig und mit einer vorderen Crista, die von der Spitze herabläuft, versehen. Die Basis, die mit dem CMsm gelenkt, ist 1 mm breit. Lateral vom CSmz sind Einstülpungen der Magenwand gelegen, die reichlich mit Borsten besetzt sind. Eine Reihe regelmäßiger, stumpf kegelförmiger Borsten verleiht diesem Gebilde den Charakter eines kammartigen Zahnes. Das Kaugerüst der Dekapoden. 515 CHsm: im Allgemeinen T-förmig gestaltet, 1,75 mm lang. CVsl: 2 mm lang, die Gelenknaht mit dem CVsm fast querstehend. CMsl: stark ausgebildet und nach außen scharfkantig vorspringend. Länge des ganzen Stückes 7 mm, die des Zahnes 3 mm. Der Zahn selbst vorn massiv und einfach, nach hinten in eine Reihe von Quer- lamellen auslaufend. CHsl: gut difierenzirt, aber klein, es vermittelt die Gelenkung des CMsl mit dem PVsm. PVsm: T-förmig gestaltet und zwar liegt der Querbalken nach vorn und der Stiel erstreckt sich nach hinten. Die Region ist im Allge- meinen weichhäutig, nur am vorderen Rande finden sich zwei paarige, stärker verkalkte Stellen, die das OHsm umfassen; es ist damit eine Ge- lenkung des CS!z größtentheils mit dem CHsm hergestellt, hier also nicht allein durch die CHsl-Region wie bei den Lorikaten. COzw: Länge mm, gut differenzirt, erstreckt sich parallel mit dem CMsi (Taf. XXX, Fig. 40). CMzw: unregelmäßig, länglich oval von außen gesehen. Im Innern trägt das Stück eine Reihe kleiner, spitzer Zähnchen. Der obere Rand der Einstülpung steht in Kontinuität mit dem der CHzwt, die hier außerordentlich stark entwickelt ist und sich an das CHzw anlegt. CUzw: sehr reducirt und ohne Funktion und nur als kleine häu- tige Falte erkennbar. CHzw: stabförmig und ziemlich gerade verlaufend, 2,5 mm lang; es gelenkt dort, wo sich die hinteren Enden der beiden C/fl befinden, mit diesen. CVzwt: ganz rudim entär. CHsp: langgestreckt und von unregelmäßig viereckiger Gestalt. Länge 4,5 mm, Breite durchschnittlich 1,5 mm. An der aboralen Seite befindet sich im Innern ein reichlicher Borstenbesatz. COifl: 4,5 mm lang, nach oben vom CHzw, nach unten von dem unteren Aufsatze begrenzt, einem zungenförmigen Ösophagealventil, das hier unabhängig von der CHsp sich über diese mit einem starken Bor- stenbesatze hinweglegt. | Der CIfl-Borstensaum mit 4,5 mm langen Borsten. CUifl: normal. CIfm: mit winzigen Borsten besetzt. In der Mitte eine 3 mm lange, 0,5 mm breite Furche. Ifm-Tasche: durch ein sehr kräftiges Hıfmt gestützt, das ver- mittels eines dreieckigen Schaltstückes mit dem CUifl gelenkt. Das Hifmt ist wahrscheinlich hier paarig angelegt und in der Medianlinie verwachsen, von den Seiten läuft je ein Ausläufer zur /fm-Taschenspitze. 516 | Friedrich Albert, Das Oifmt ist mit.Lamellen bedeckt, die in zwei laterale Partien, die nach hinten konvergiren, angeordnet sind (Taf. XXX, Fig. 44). PVifm: mediane Verkalkung von den Umrissen eines Manubrium sterni beim Menschen, größte Länge und Breite je 0,75 mm. Die beiden lateralen Verkalkungen, die sich bei Birgus finden, sind hier nur ange- deutet. | PMifm: 2,5 mm lang, 3mm breit. Die Borstensäume 0,035 mm aus einander stehend. Die Crista erhebt sich vorn zu einem nach hinten gerichteten Haarbündel, während sie sich nach hinten erweitert und ein Ventil gegen den Mitteldarm zu bildet, das sich über das PHifm legt. Länge des Ventils 2mm (Taf. XXX, Fig. #1). PHifm: 2 mm Querlänge. An dasselbe setzt sich ein 1,5 mm langes, 0,6 mm an der Basis breites Ventil an, das mit Borsten be- setzt ist. PVifl: springt nach unten etwas aus der Leibeswand hervor und ist hier ziemlich stark verkalkt, es berührt das Hıfmt. PMifm: normal. POzw: erstreckt sich von der pyloricalen Superomedianregion bis zum unteren Ende des CHzw. PMzw: ist hier wohl nur ein Analogon zu dem gleichnamigen Stücke bei den Astaciden, es ist stabförmig und verbindet PHzw und PUzw. Länge 1,5 mm. PUzw: verbindet CUifl mit dem PVifl. PHzw: nicht deutlich abgegrenzt. PVsl!: groß. Durch die Gestalt dieser Stücke ist das T-förmige Aussehen des PVsm bedingt. Die untere Seite ist dort, wo sie in eine Linie mit dem OS!-Zahne kommt, mit einem zahnartigen Gebilde aus- gerüstet, so dass sich hier der CS!-Zahn in den Pyloricaltheil hinein fortsetzt. Dem entsprechend ist der zahntragende Theil des Stückes stärker verkalkt. | PMsi: nach hinten mit starkem Borstenbesatze. PHsl: ohne deutliche Begrenzung. Die vordere Tasche mit star- kem Borstenbesatze, langgestreckt und einspitzig. PMsm: klein and unbedeutend. PHsm: weichhäutig, im Innern ohne Crista, mit einem breiten, 2,5 mm langen Ventilfortsatze. Das bei Birgus hier so deutlich ent- wickelte Hartgebilde ist schwach verkalkt, doch von demselben Bau. Clibanarius misanthropus Heller. 38. 7. vermittelt den Übergang zwischen Eupagurus und Birgus, namentlich was den Bau des OVsm anlangt. Die Anordnung der einzelnen Stücke ist im Ganzen die gleiche wie bei Eupagurus. | Das Kaugerüst der Dekapoden. 517 CVsm: nur der hintere Rand ist verkalkt, der vordere weichhäu- tige Theil aber sehr gut abgegrenzt (Taf. XXXI, Fig. 2). CMsm: ohne besondere Ausrüstung im Innern. CSmz: endet mit einer stumpfen Spitze. CHsm und PVsm wie bei Eupagurus gestaltet. CVsl: im Verhältnisse kräftiger als dort. CMsl: die Bildung des 0S!z erinnert mehr an Birgus als an Eupa- gurus. Auch hier fehlt der untere Nebenhöcker des Zahnes, der bei den Astaciden so charakteristisch vorhanden war. CZw-Region weichhäutig, doch sind die einzelnen Stücke gut begrenzt. Die Anordnung derselben ist die gleiche, wie bei Eupagurus, eben so weicht die Ausbildung der Ifmt nicht wesentlich ab. Die zwi- schen dem O/fmt und HIfmt stehenden, nach Bien gerichteten Borsten sind hier im Verhältnisse kräftiger. PVifm: ein medianes und zwei laterale Hartgebilde sind sehr deutlich zu erkennen. Die Gestaltung ist annähernd dieselbe als bei Birgus latro. PMifm: die Crista stimmt mit dem Homologon bei Eupagurus da- durch überein, dass der mit Borsten besetzte Vorsprung am vorderen Ende derselben hier sehr deutlich ausgebildet ist. Der übrige Pyloricaltheil erinnert sehr an Birgus ; wegen der großen Weichhäutigkeit des Magens möge hier auf die dort deutlicheren Ver- hältnisse hingewiesen werden. Birgus latro Leach. 170. 63. Magendimensionen : Länge 40 mm, Breite 19 mm. Zwei sehr kräftige, plattenförmige Gebilde nehmen die Stirnseite des Magens als paarige Stücke fast ganz ein, ihre Gestalt ist länglich oval. Höhe 9 mm, Breite 6 mm. CVsm: nur der Hintere Theil bedeutend entwickelt, der vordere ganz rudimentär in Gestalt zweier kleiner Kalkplättchen , die vor dem CVsli gelagert sind. Länge derselben 2,5 mm, Breite I mm. Der hin- tere Theil erhebt sich zu einer stumpfen Crista, die etwas bogenförmig gekrümmt ist, größter Querdurchmesser 18 mm (Taf. XXXI, Fig. 12). CMsm: nach beiden anliegenden Stücken gut abgegrenzt und von etwa Quadratgestalt von 3 mm Seitenlänge. Im Innern ist das Stück mit elefantenzahnähnlichen Lamellen ausgerüstet, die nach hinten zu stärker werden. Das OMsm ist so dünn, dass es bei der Kaubewegung federt und so die den Verbindungsnähten mangelnde Beweglichkeit ersetzt. CSmz: mit vorderer Crista, die 2,5 mm weit in den Magen vor- springt. Die untere Endigung ist stumpf. 518 | Friedrich Albert, CHsm: T-förmig gestaltet, der Stiel 4,5 mm lang, der obere Quer- balken 5mm breit. Das Stück gelenkt sehr beweglich mit dem OSmz. CVsl: Länge 5 mm, die Gelenknaht mit dem OVsm u quer- stehend. CMsl: nach beiden Seiten hin gut Kestanaias Stück, größte Länge 13 mm, größte Breite 6 mm. Der Zahntheill 7/mm ansi er erinnert ungemein an die Astaciden, doch fehlt hier der untere Nebenhöcker und. im hinteren Theile ist die Bildung der Lamellen eine feinere, sie werden kleiner und laufen in &inen Borstensaum aus, der sich spitzwinklig nach oben zu umbiegt. CHsl: aus zwei deutlich gegen einander differenzirten Stücken bestehend, einem oberen von rhombischer Gestalt; der quere Durch- messer des Stückes steht senkrecht auf der Längsachse des Magens. Länge des Stückes 5 mm, Breite 3 mm. Das untere und hintere Stück ohne bemerkenswerthe Ausrüstung. PVsm: die Medianlinie fast ganz weichhäutig, die Seiten der Re- gion mit Verkalkungen, die in die CHsi-Region gerückt erscheinen, sie greifen hakenförmig um die obere Seite des OH/sm herum und vermitteln so eine fast ausschließliche Gelenkung der Superolateralia mit diesem. COzw: 8mm lang, es gelenkt mit dem CVsl. vermittels eines kleinen, länglich ovalen Schaltzwischenstückes, dessen größter Durch- messer 0,75mm beträgt. Das 0Ozw selbst ist in seinem oberen Theile plattenförmig verbreitert. Breite 2,5mm, es verjüngt sich immer mehr bis zur Breite von 0,75mm am OMzw. CMzw: sehr langgestreckte Verkalkung. Der längste Durch- messer, der quer zur Längsachse des Magens steht, 3mm lang. Im Innern ein Besatz von kräftigen, sehr spitzen Borsten. CUzw: rudimentär, es berührt das CMzw nicht und lässt sich nur als Parallelstück zur C/Ifl-Region verfolgen. CHzw: Akmm lang, es gelenkt mit dem CUifl. CVzwt: nicht entwickelt, die Ä CHzwt dagegen sehr stark, sie legt sich an das CHzw an. CHsp: sehr stark verkalkt, sie legt sich mit der vorderen Seite an das verbreiterte Ende des OOzw an und reicht an Verkalkung zu- nehmend bis zur CO/fl-Region. Länge 41 mm, Breiteömm. Die Ver- kalkung ist eine ungleichmäßige und erscheint von außen gesehen, namentlich in der hinteren Hälfte, vielfach von rundlichen Löchern durchbrochen. Diese führen im Innern zu je einem starken Borsten- bündel, die eine Länge von 1,5 mm erreichen und nach hinten ge- richtet sind. COifl: der ganzen Länge nach sehr gut differenzirtes Stück von Das Kaugerüst der Dekapoden. 519 normal gebogener Gestalt. Länge 9mm, es verbreitert sich nach vorn etwas und gelenkt mit einem unteren Aufsatze. Im Innern der OIfl- Borstensaum, dessen Borsten 2 mm lang und einseitig gefiedert sind. CUifl: überragt das OOrfl an der Hinterseite. CIfm: stark verkalkt, in der Medianlinie ein nach außen vor- springender Wulst, der sich in der Mitte der Region verbreitert. Diese innere Rille setzt sich auf die Oberfläche der Ifm-Tasche fort und theilt dort zwei Lamellenpartien ab, die schräg zur Längsachse des Magens stehen. HIfmt: sehr gut entwickelt, es entspringt beiderseits am CUifl und theilt sich in zwei Äste. Der eine verläuft an der Hinterseite der Tasche und vereinigt sich dort in der Medianlinie, der andere führt zum Oifmt und stützt die dort befindlichen Lamellenpartien. Diese letzieren beiden Äste berühren sich nicht in der Medianlinie. PVifm: eine mediane und zwei laterale Verkalkungen auf der Region unterscheidbar, die mediane 1,5 mm lang und breit (cf. Taf. XXXI, Fig. 43). Die beiden lateralen Stücke sind schwach verkalkt und führen zur PVifl-Region. PMifm: Breite 8,5 mm, Länge 4,5 mm, die Borstensäume 0,052 mm von einander entfernt. Die Crista im Innern von einer breiten, sich von vorn darüber legenden Tasche bedeckt, die von dem vorderen Ende der Crista entspringt. Dieses vordere Ende erscheint als ein selb- ständiges Gebilde, es gelenkt mit dem PVifm und ist an den Seiten durch Nähte von dem übrigen PMifm getrennt, nur oben besteht noch eine enge Verbindung. Die Crista geht nach hinten in ein 3,5 mm langes, - mit Borsten besetztes Ventil aus. PHifm: erscheint hier als paariges Stück und besteht aus zwei gebogenen Hälften, zusammen 4 mm breit, die in der Medianlinie gegen einander Pe weglich sind. PMifl: zum Theil mit starken Wetkälkungen) sonst normal. PHifl: nicht differenzirt. Der Apparat der pyloricalen Zwischenstücke zeigt eine hohe Ent- wicklung; im Allgemeinen treten die gleichen Verhältnisse wie bei Pa- gurus auf, doch sind die einzelnen Theile wegen der stärkeren Verkal- kung deutlicher differenzirt (Taf. XXXI, Fig. 15). POzw: 8mm lang und 2mm breit, es springt 1,5mm scharf nach außen vor und setzt sich unten an das OHzw an, während die Oberseite durch ein Schaltstück, das der Lage nach als PMsl zu be- zeichnen ist, mit dem PHsm verbunden ist. Durch einen unteren Aus- läufer steht das POzw vermittels eines PMzw mit dem PUzw in Ver- bindung. Dieses PMzw bildet den vorderen Rand einer Einstülpung Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 34 & 520 | Friedrich Albert, in das Innere des Magens, die mit Borsten bedeckt ist und sich bei na- türlicher Magenstellung zwischen die /fmt und die Crista des PMifm schiebt. Gerade hier sind diese Verhältnisse außerordentlich deutlich und lassen uns die gleichen Bildungen bei Clibanarius verstehen. PHzw: fällt mit dem PHs! zusammen, so dass sich keine be- stimmten Grenzen zwischen beiden ziehen lassen; sie stellen einen Komplex von einzelnen mehr oder weniger verbundenen Stücken dar, die mit erheblicher äußerer Muskulatur ausgestattet sein müssen, wie dies aus den verschiedenen Cristabildungen hier hervorgeht. Auch die Innenseite zeigt eine vielfache Borsten-, Taschen- und Cristabildung. Nach hinten geht die Region in ein breites 5 mm langes Ventil aus. PVsl: wohl entwickelt, an den Rändern ein starker innerer Bor- stenbesatz. PMsli: cf. POzw. | PMsm: zu einer kleinen Tasche reducirt, die nicht deutlich vom PVsm geschieden ist. PHsm: sehr breit ausgebildet. Im vorderen Theile eine Ver- kalkung, die dem Zungenbeine des Menschen ähnlich ist. Die Gornua majora denke man sich nach vorn gerichtet und mit dem Körper ver- wachsen, während dieCornua minora fehlen. Breite des Körpers 4 mm. Länge der Hörner mm. Nach hinten geht die Region in ein 8 mm langes Ventil aus. Breite des ganzen PHsm 6 mm. In der Mitte liegen lateralwärts von demselben zwei Schaltstücke, die etwa an das CHzw erinnern, sie sind $-förmig gekrümmt, im Allgemeinen stabförmig und 3,5 mm lang. Nach Abschluss der vorstehenden Untersuchungen gelangte die Mit- theilung MocquAarv’s in meine Hände (Annales des sciences naturelles - Tom. XIH, 2, 3 et 4: Note sur l’armature stomacale du Birgus latro par M. Mocguarn). Der Verfasser giebt eine eingehende Beschreibung des CSmz und der CS!-Zähne nebst physiologischen Bemerkungen über die Thätigkeit der Magenmuskulatur, denen ich unbedenklich beistimmen kann. Auch ich bin überzeugt, dass eine Zerkleinerung der Nahrung durch ein Zusammenwirken der beiden CS!-Zähne mit dem CSmz statt- findet und nicht durch die CSI/-Zähne allein. Der Beweis, den Navuck für seine Hypothese (Naver 1. c. p. 4) giebt, ist eben so hinfällig als un- logisch. Einestheils finden sich bei einer ganzen Reihe von Formen die CSi-Zähne bedeutend abgenutzt, anderntheils würde ein Fehlen von charakteristischen Reibflächen an dem Zahntheile des OMsl einen Aus- schluss des CSmz vom Kaugeschäfte wohl berechtigt erscheinen lassen, unter keinen Umständen aber eine ausschließliche Wirksamkeit der La- teralzähne beweisen. Das Kaugerüst der Dekapoden. 521 Goenobita clypeata Hbst. 109. 24. Dimensionen des Magens: größte Länge 20 mm, Breite 9 mm. Äußere Umrisse und die einzelnen Theile des Kaugerüstes sind denen von Birgus im Allgemeinen so ähnlich, dass eine besondere Be- schreibung unnöthig ist. Hervorzuheben sind nur folgende Abwei- chungen: En: CVsm: die Andeutungen des paarigen vorderen Theiles fehlen hier ganz. | CMsm: die elefantenzahnähnliche Bildung im Innern ist sehr un- deutlich. CSmz: der Zahn mit vorderer Crista, zu der sich noch zwei la- terale gesellen. PVifm: die Seitentheile sind schwächer als bei Birgus. Lithodes arctica Lam. Gephalothorax 90. 65. Die äußeren Umrisse und auch die inneren Theile des Magens er- innern durchaus an Birgus latro und die übrigen Paguriden, so dass hinsichtlich des Kaugerüstes die systematische Stellung bei den Pagu- riden nicht in Zweifel zu ziehen ist. Die Stirnseite des Magens ist von zwei weichhäutigen Platten ein- genommen. :CVsm: nur der hintere Rand ist verkalkt wie bei Eupagurus oder Birgus. Breite 17 mm, gegen das folgende Stück ist die Region wohl abgegrenzt. :CMsm: kräftig, im Innern ohne besondere Höckerbildungen. Breite 3 mm. CSmz: stark und einspitzig. An den Seiten dieses und des vor- hergehenden Stückes befindet sich ein reichlicher Borstenbesatz, der fast zahnartig ist. CHsm: T-förmig gestaltet, 3 mm hoch, der obere Querbalken 5,5 mm breit. CVsl: Die Gelenknaht mit dem OVsm 3 mm lang. Länge des Stückes selbst 4 mm. CMsl: der äußere obere Rand ist sehr stark und ragt nach Art einer Crista aus der Magenwand hervor. Der CS!z von dem Homologon bei Birgus latro abweichend ; er besteht vorn aus zwei unregelmäßigen höckerärtigen Gebilden, an die sich nach hinten Querlamellen anschließen (cf. Taf. XXXI, Fig. 7). CHsl: gut abgegrenztes Stück, wie bei Eupagurus gestaltet, eben so das | 34% 522 Friedrich Albert, PVsm: meist weichhäutig, nur die beiden lateralen Enden sind stark verkalkt, diese vermitteln eine ausschließliche Gelenkung des CSIz mit dem CHsm. | COzw: 6,5 mm lang, es ist in der Mitte am schmalsten und an beiden Enden verbreitert (Taf. XXXI, Fig. 19). CMzw: 2,5 mm Durchmesser von außen, nach innen springt es 2,5 mm vor und trägt eine Ausrüstung mit kurzen kräftigen und kegel- förmigen Borsten. CUzw: deutlich differenzirt und ziemlich stark verkalkt, es nimmt aber keinen Theil an der Verbindung des OMzw, sondern stützt nur die Hinterseite der CHsp. CVzwi: fehlt. CHzwt: Wie bei den anderen Paguriden vermittelt der stark ver- kalkte obere Rand derselben die Verbindung des CMzw mit dem CHzw. Im Innern ist die Tasche mit reichlichem Borstenbesatze ausgerüstet. CHzw: Länge 3,5 mm, oben ist das Stück dicker als unten. CHsp: Die Verkalkung dieser Region ist nicht scharf begrenzt. Die Platte ist eiwa 9 mm lang bei einer durchschnittlichen Breite von 3 mm. COrifl: Der ganzen Länge nach gut abgegrenzt, es steht mit seinem unteren Ende in Gelenkverbindung mit dem unteren Aufsatze (UA), der hier besonders kräftig entwickelt ist und starke Verkalkungen zeigt; die innere Oberfläche ist mit kräftigen Borsten ausgerüstet. Länge des COifl 9 mm, des Aufsatzes 3,5 mm; letzterer ragt 1,5 mm weit in den Magen hinein. | CIfl-Borstensaum mit etwa 4 mm langen Borsten. CUifl: sehr kräftig, sonst normal. CIfm: stark verkalkt, gegen das Oıfmt ist die Region sehr gut ab- gegrenzt. Ifmt: Das OIfmt mit zwei Komplexen von Lamellen bedeckt, die durch einen Ausläufer des Hifmt gestützt werden; Hifmt sehr stark ver- kalkt, es gelenkt beiderseits mit der OIfl-Region. PVifm: mit medianer Verkalkung, die etwa 2,5 mm breit ist. PMifm: 7 mm breit, 5 mm lang. Die Borstenleisten 0,025 mm aus einander stehend. Die Crista erhebt sich vorn zu einem kräftigen mit Borsten bedeckten Vorsprunge, nach hinten läuft sie in ein 4 mm langes Ventil aus, das aber nur 41 mm breit ist. PHifm: stabförmig mit einem 3 mm langen Ventil gegen den Mitteldarm. In der P/fl- und PZw-Region sind als deutliche Stücke differenzirt das PMifl im Anschlusse an das PMifm, ferner das POzw, Das Kaugerüst der Dekapoden. 523 das seinen unteren Ausläufer zum CHzw sendet und selbst cristaartig hervorspringt. PMsm: klein und zurücktretend. PHsm: mit demselben Hartgebilde wie bei Birgus, nur dass es dort durch die stärkere Verkalkung deutlicher ist. Hippidae. Das Kaugerüst der mir vorliegenden Vertreter dieser Familie ist sehr verschiedenartig gestaltet, ganz abweichend von der großen Kon- stanz der Formen innerhalb der anderen Familien. Für Albunea und Remipes ist die Ausbildung der CZw außerordentlich charakteristisch, während sich der CS/z bei Remipes und Hippa durch den.Besitz eines vorderen Höckers auszeichnet. Albunea symnista Fabr. 30.17. Länge des Magens 14 mm. Der Cardiacaltheil übertrifft den Pylori- caltheil bedeutend an Größe. Die Hartgebilde sind von zierlicher Gestalt und im Allgemeinen schwach verkalkt. PVsm: gut abgegrenzte Region, der vordere Theil ganz weich- _ häutig, der hintere stark verkalkt. Breite 4 mm (Taf. XXXI, Fig. 1). Eine Begrenzung innerhalb der Region fehlt, der vordere Theil trägt im Innern vereinzelte kegelförmige, durchschnittlich 0,04 mm lange Borsten. CMsm: gegen das vorhergehende Stück nicht abgegrenzt und von langgestreckter Gestalt. Im Innern am hinteren Ende zwei Höcker. Das Stück ist in der Mitte schmäler, als an beiden Enden. Breite im Durch- schnitt 0,5 mm. CSmz: durch eine Naht vom CMsm abgegrenzt, doch wenig gegen dasselbe beweglich, der Zahnfortsatz selbst. ganz stumpf, er springt 0,5 mm in das Innere des Magens vor. 'CHsm: an der Berührungsstelle mit dem 0Smz stabförmig und daher sehr beweglich, nach oben verbreitert es sich bis 0,75 mm. Neben den Stücken der CSm-Region verläuft in der weichhäutigen Magenwand ein Borstenbesatz, der namentlich an der Spitze der OSm-Tasche stärker wird und so den CSmz in seiner Wirksamkeit unterstützt. CVsi: ganz randständig am OVsm anliegend und mit diesem ge- lenkend. Das Stück gelenkt durch ein accessorisches Superolaterale mit dem CMsi. Dieses Verbindungsstück setzt sich nach unten fort und lässt sich noch weit in der CZw verfolgen. CMsi: gering verkalkt. Der Zahntheil nur schwach mit dem übrigen Stücke verbunden, er trägt vorn einen kräftigen, halbmond- förmigen Höcker, der funktionell mit dem CSmz in Verbindung tritt, 524 Friedrich Albert, ferner auf der Mitte nach unten gerichtet einen Zahnfortsatz, der die Ifm-Tasche zu berühren im Stande ist; so tritt der CS!-Zahn hier aus dem Rahmen der einseitigen Wechselwirkung mit dem dorsalen Kau- apparate und ersetzt in eben so einfacher, wie wirksamer Weise den hier fast völlig mangelnden Apparat der cardiacalen Zwischenstücke. Ob dieser untere Fortsatz ein Homologon des unteren Nebenhöckers der Astaciden ist, wage ich nicht zu entscheiden. Nach hinten und oben trägt der OS/-Zahn querstehende Lamellen, die sich nach hinten immer mehr in einzelne Borsten auflösen (Taf. XXXI, Fig. 6). | CHsl: als solches kann man ein kleines, kaum 0,5 mm breites Stück ansehen, das das OMsl mit dem CHsm verbindet; das PVsm: ist dem entsprechend als Hartgebilde reducirt und fast ganz weichhäutig. Die CZw-Region ist fast ohne Kalksalzeinlagerungen, zwar lassen sich Grenzen zwischen einzelnen Stücken erkennen, doch nur in Gestalt von dünnhäutigen Leisten. Mit Sicherheit lassen sich als Homologa der bei andern Gruppen vertretenen Stücke erkennen, das auch sonst so kon- stant ausgebildete OHzw; es ist.hier dünnhäutig und klein. Die Re- duktion dürfte auf die doppelte Funktion des 0S!z zurückzuführen sein, ferner die CHzwi, deren oberer Rand auch hier zu einem Zwischen- stück verstärkt ist, endlich der untere Aufsatz, der deutlich vorhanden ist; die sonstigen Bildungen in der OZw stehen vorläufig noch isolirt da (Taf. XXX1, Fig. 17). COifl: mit starkem CIfl-Borstensaum, die durchschnittliche Bor- stenlänge beträgt 0,5 mm. Länge des Stückes 3 mm, eben so die des CUifl: dessen Ausbildung sonst normal ist. CIfm: in der Mitte eine Furche, die die Region der ganzen Länge nach in zwei Hälften theilt. Ifm-Tasche: stark ausgebildet, die Oifmi-Region mit Lamellen ausgerüstet. Eine deutliche Ausbildung des Hifmt fehlt hier: (Taf. XXXI, Fig. 6). | PIfm- Region normal, doch ist das PVifm und PHifm ganz weich- häutig. PMifm:. 1,75 mm breit. Die Borstensäume 0,028 mm von ein- ander entfernt. Die Crista hoch und einfach, sie geht nach hinten in ein Ventil aus, das in gleicher Höhe mit dem des PHıfm endet. Die pyloricale Zwischenregion weichhäutig und ohne. Differen- zirungen. PHs!: die vordere und hintere Tasche bilden zwei seitlich neben einander liegende Ventile, die gleich weit in den Mitteldarm hineinragen. Ein breites Ventil trägt auch das PHsm. nun Das Kaugerüst der Dekapoden. 525 Remipes testudinarius M. Edw. 49. 16. CVsm: Breite des hinteren Theiles 4,5 mm, der vordere Theil ist sehr klein, er legt sich in der Mitte, durch eine große Lücke getrennt, an den hinteren Theil an. Länge desselben Imm. Breite 2,5 mm (Taf. XXX1I, Fig. 3). Die vordere Hälfte der Region zeigt eigenthümliche Skulptur. CMsm: nicht deutlich gegen das vorhergehende Stück abgegrenzt. In der Mitte 1 mm breit, nach hinten auf der Innenseite zwei seitliche Höcker. CSmz: fest mit dem CMsm verwachsen, doch ist eine Trennungs- naht noch deutlich zu erkennen. Der Zahn ist unten breit und mit zwei seitlichen Spitzen versehen, die 1,5 mm aus einander stehen (Taf. XXXI, Fig. 8). CHsm: T-förmig gestaltet, 1,5 mm lang, die Grenze gegen das PVsm verläuft bogenförmig. CVsl: schwach ausgebildet, es legt sich an den hinteren Theil des CVsm an, ohne in den vorderen Theil desselben einzudringen. CMsl: stark verkalkt und beiderseits gut abgegrenzt. Größte Länge 3 mm. Der CS/-Zahn ist vorn mit zwei spitzigen Zähnen aus- gerüstet, ebenfalls ist ein solcher, der nach unten reicht, wie bei Albunea, vorhanden. An diese Zahnspitze setzen sich nach hinten schwächer werdende Querlamellen an, die sehr bald in spärliche Borsten ausgehen (Taf. XXXI, Fig. 8). CHsi!: ein schwach entwickeltes Stück vermittelt die Gelenkung des CMsl mit dem CHsm, es ist dies ein Homologon des bei Albunea in gleicher Weise ausgebildeten Stückes. Die Hauptgelenkung des OSI- Zahnes findet aber direkt mit dem PVsm statt. PVsm: ist dem entsprechend mit zwei seitlichen, lich starken Verkalkungen versehen, die in der Medianlinie nicht Gersofimelaen und sich erst nach hinten zu nähern. COzw, CMzw und CUzw: ist nicht genau 'erkennbar. Mit Sicherheit zu:homologisiren sind nur folgende Stücke: CHzw: stark ausgehildet, 1,25 mm.lang, es ist unten verbreitert und gelenkt hier mit beiden Stücken der O/Ifl-Region (Taf. XXXI, Fig. 16). CHzwt: erkennbar, wenn auch nur als ein ganz dünnhäutiges Gebilde, auch hier ist der obere Rand zum Zwischenstücke verdickt. CHsp: stark verkalkt, nach vorn weniger scharf begrenzt, sie wird, da’alle Zwischenstücke fehlen, direkt durch einen Ausläufer, der zum OVsl geht, gestützt. CO:fl: normal mit Borstensaum, die Borstenlänge durchschnitt- 526 Friedrich Albert, lich 0,75 mm. Nach vorn und unten ist das Stück umgebogen und ist fest verbunden mit einem unteren Aufsatze. CUifl: kräftig und von unregelmäßiger Gestalt, Länge 1,5 mm. CIfm: deutlich dreitheilig, es besteht aus zwei lateralen Borsten- feldern, die sich vorn berühren und einem Medianfelde ohne starke Borstenbekleidung. Die Lateralborstenfelder sind mit Borstenbündeln ausgerüstet, die nach der Mitte und nach hinten gerichtet sind, die durchschnittliche Länge beträgt 0,046 mm und sie stehen 0,008 mm von einander ab. Der mediane Theil ist am hinteren Ende 1,04 mm breit und verjüngt sich sehr rasch nach vorn. Ifm-Tasche: auf der oberen Fläche mit kräftigen Borsten aus- gerüstet, die nach hinten gerichtet sind. Die Hinterseite ist durch ein starkes Hifmt gestützt, das mit dem CUifl gelenkt. PVifm: in der Medianlinie eine schwache, schlecht begrenzte Ver- kalkung. PMifm: Länge I mm, Breite 1,75 mm, die Borstensäume sind 0,03 mm von einander entfernt. Die Crista ist breit, der vordere Theil derselben ist mit einem Bündel seitwärts und nach hinten gerichteter Borsten ausgerüstet; der hintere Theil läuft in einen Ventilfortsatz aus, der reichliche Borsten trägt. PHifm: schwach, 1 mm breit und stabförmig; ein sich hieran an- setzendes Pylorusventil übertrifft das des PMıifm an Länge. Die Stücke der pyloricalen Inferolateralregion sind ohne besondere Merkmale. Der Apparat der pyloricalen Zwischenstücke weicht in seiner Aus- bildung wesentlich von anderen Formen ab. POzw: hier nur als eine weiche Hautfalte entwickelt. Eine Reihe anderer Stücke ist schwer in Homologie zu den gleich- gelegenen Theilen anderer Makruren zu bringen. Von den Stücken der PSi-Region erkennt man nur die vordere und hintere Tasche des PHsl, beide sind mit starken Borsten besetzt. PMsm und PHsm: durchaus weichhäutig, letzteres geht in ein breites und langes Ventil aus. Hippa emerita Fabr. 49. 16. Magen 10 mm lang, 5 mm breit. CVsm: %,5 mm breit, nur der hintere Theil ist stark ausgebildet (Taf. XXXI, Fig. k). | CMsm: langgestreckt, gegen das vorige Stück nicht begrenzt. Die Mitte ist etwas verbreitert (0,7 mm breit) gegen die beiden Enden. Auf der hinteren Hälfte des Stückes befinden sich im Innern lateral gelegen Das Kaugerüst der Dekapoden. 597 zwei elliptische Lamellenkomplexe, 0,98 mm lang und 0,308 mm breit. Jede Lamelle geht am Rande in einen Komplex einzelner Borsten aus. CSmz: an Größe verhältnismäßig zurücktretend, er läuft nach unten in eine längsstehende Schneide aus und ist an der Basis 0,56 mm breit, er springt 0,7 mm in den Magen hinein. Gegen das CMsm ist der Zahn wohl begrenzt, doch unbeweglich. An den Seiten desselben be- finden sich Borstenkomplexe. CHsm: oben 1,25 mm breit, unten stabförmig und sehr beweg- lich gegen den OSmz. CVsl: stark ausgebildet, es legt sich breit an das CVsm und ge- lenkt durch eine Hautfalte mit dem CMsl; die Gestalt leitet zu Dromia und den Brachyuren hinüber. CMsi: der Zahntheil besteht ganz aus Lamellen, die nach hinten schwächer werden. Länge desselben 1,5 mm, vor dem eigentlichen Zahne findet sich ein kleiner sehr charakteristischer Höcker (Taf. XXXI, Fig. 10). CHsl: nicht deutlich abgegrenzt. PVsm: ziemlich weichhäutig. COifl: mit Borstensaum. Die Länge der einzelnen Borsten be- trägt durchschnittlich 0,3 mm. CUifl: wie das vorige Stück deutlich differenzirt. CIfm: mit dichtem Borstenbesatze, der schräg nach der Mitte und nach hinten gerichtet ist; an den Rändern ist die Durchschnittslänge 0,05 mm, sie nimmt nach der Mitte zu ab. Länge des Stückes 1,5 mm, größte Breite 1,5 mm. Ifm-Tasche: stark ausgebildet. Die Oberfläche ist mit kräftigen Borsten besetzt, die in Lamellen angeordnet sind; dieselben sind durch eine mediane Furche in zwei seitliche Komplexe getheilt. Hifmt: nicht deutlich differenzirt. PVifm: mit medianer, bogenförmig gekrümmter, querstehender Verkalkung. Länge 0,784 mm. PMifm: normai. Die Crista ist außerordentlich breit, 0,56 mm. Länge des Stückes 1,1484 mm. Nach hinten geht die Region in ein 0,98 mm langes Ventil aus. Die Borstensäume sind 0,04 mm von ein- ander entfernt. PHifm: mit spitzem, 2 mm langem Ventile. Über der PVifl-Region ist beiderseits eine Einstülpung der Magen- wand gelegen, die sich gegen die Ifm-Tasche legt und so die Breite der Crista des PMifm wieder aufhebt, die ein zu großes Magenlumen hier herbeigeführt haben würde. Die äußeren Ränder der Einstülpung sind 528 ‚Friedrich Albert, verdickt und erscheinen so als Zwischenstücke. Der Durchmesser der - Tasche beträgt I mm. Von pyloricalen Zwischenstücken ist außerdem das POzw und PUzw erkennbar, beide in normaler Lage, letzteres die über dem PVifl gelegene Tasche mit dem OUırfl verbindend. Ganz eigenthümliche Ausbildung zeigt hier die pyloricale Supero- lateralregion. Im hinteren Theile derselben strecken sich parallel zur Längsachse des Magens je zwei lange, zungenförmige und schmale Taschen in das Innere hinein, eine obere kleinere und eine untere größere. Die obere ist dicht und gleichmäßig mit etwa 0,065 mm langen Borsten besetzt, die nur am hinteren Ende büschelartig verstärkt und verlängert erscheinen. Wo die untere Tasche sich an die obere anlegt, zeigt der sonst auch hier ziemlich gleichmäßige Borstenbesatz, eine An- ordnung in Längssäume, die 0,056 mm von einander abstehen und mit den Borstensäumen des PMifl von Crangon Ähnlichkeit haben, doch sind die einzelnen Borsten im Verhältnisse hier kürzer. Länge der oberen Tasche etwa 1,5 mm, die der unteren 1,7 mm; die erstere streckt sich 0,7 mm, die letztere 1 mm in das Innere des Magens hinein. PMsm und PHsm: gut begrenzt, letzteres namentlich sehr breit. Länge 2,5 mm. | Hippa asiatica M. E. Cephalothorax 31. 20. Das Exemplar wurde untersucht, da die Czw-Region bei Hippa emerita nicht erhalten war. Diese Region zeigt hier abweichende Ge- staltung den anderen Hippiden gegenüber. Es lässt sich hier deutlich ein COzw, ein OMzw, CUzw, CHzw und ein unterer Aufsatz erkennen, während die OHzwt zurücktritt. Von besonderem Interesse ist die Ge- staltung der CHsp, aus der wir die Form bei Remipes und weiter bei Albunea ableiten können (Taf. XXXI, Fig. 20). Die übrigen Theile des Kaugerüstes sind wie bei Hippa emerita gestaltet, mit Ausnahme der PSi-Region. Die beiden Taschen finden sich dort, aber die Anordnung ihres Borstenbesatzes ist bei dieser Spe- cies nicht vorhanden. Dromiacea. Dromia vulgaris Edw. Cephalothorax 21. 31. Nauck! stellt Dromia wegen der Form der CVs! zu den Anomala. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die Anordnung der Magen- theile sehr an die Hippiden erinnert und desshalb steht der von NAuck 1 Nauck, I. c. p. 8. Das Kaugerüst der Dekapoden. 529 vorgeschlagenen Systematik in Bezug auf das Kaugerüst nichts im Wege. Auf der anderen Seite würden sich auch wohl Gründe für eine Ver- bindung dieses Formenkreises mit den Brachyuren anführen lassen, wie dies für diese Übergangsformen nur natürlich ist. CVsm (ef. Taf. XXXI, Fig. 5): nur der hintere Theil stark ver- kalkt, der vordere rudimentär, doch noch deutlich erkennbar. Die Ab- bildung von Nauck zeigt diese vordere Partie nicht. CMsm: gegen das vorhergehende Stück nicht deutlich begrenzt, im Innern am hinteren Ende zwei kleine Höcker. Die Breite des Stückes 1 bis 1,5 mm (Taf. XXXI, Fig. 11). CSmz: stumpf und unregelmäßig, ein nach beiden Seiten wohl begrenztes Gebilde. CHsm: T-förmig gestaltet, 2 mm hoch. CVsli: breit und kräftig, es gelenkt vermittels eines accessorischen OS! mit dem OMsl. CMsl: der CSiz vorn aus großen, löffelartigen Höckern bestehend, die nach hinten sehr bald kleiner werden (Taf. XXXI, Fig. 9). CHsl: sehr deutlich abgegrenztes Stück von unregelmäßiger Ge- stalt. Die Anordnung erinnert an die Verhältnisse bei Eupagurus, eben so das PVsm: gut differenzirtes Hartgebilde. Die beiden seitlichen Flügel erscheinen in die CHsi-Region gerückt und funktionell ziemlich selb- ständig, indem sie eine Verbindung der OHs! mit dem CHsm vermitteln. Der mittlere Theil des PVsm erscheint durch eine Medianfurche zwei- theilig. :COzw: stark verkalkt und von stabförmiger Gestalt, es erinnert an Hippa und lässt sich von dort ableiten (Taf. XXXI, Fig. 18). CMzw: im Innern mit starkem Borstenbesatze ausgerüstet, aus welchem bei vorliegendem Exemplare vier besonders kräftige kegel- förmige Borsten hervorragen. CUzw: rudimentär, doch noch wohl erkennbar. CHzw: stark ausgebildet, es trägt einen nach vorn gewendeten, kurzen Fortsatz. CVzwt: fehlt. CHzwi: erstreckt sich unter das CHzw und ist im Innern mit reichlichem Borstenbesatze versehen. CHsp: erscheint hier der Länge nach zweitheilig und wohlbe- grenzt. Hier kann man auch eine CVsp unterscheiden, die aber jeden- falls kein Homologon der CVsp der Astaciden ist und weit mehr an Thalassina erinnert. _ In der OIfi-Region ist das COifl und CUifl nicht leicht von ein- 590 Friedrich Albert, ander zu unterscheiden, es scheint dies ein Charakter der Brachyuren zu sein, der Nauck zu dem Irrthume veranlassen konnte, dass er hier _ nur ein einziges Gebilde vor sich habe. Die Region setzt sich, in einem Winkel umbiegend, zum unteren Aufsatze fort, welches Gebilde ‚hier außerordentlich stark und im Innern des Magens mit Borsten ausgerüstet ist. Das COifl trägt den normalen C/Al-Borstensaum, dessen Borsten dünn und im Durchschnitte 4 mm lang sind. CIfm: im Innern dicht mit Borstenbündeln besetzt, zwei Cifm- Leisten sind deutlich erkennbar. Ifmt: zweizipfelig, mit starkem Borstenbesatze, der hier nicht in Lamellen angeordnet ist. Hifmt: kräftig ausgebildet, es gelenkt vermittels eines kleinen dreieckigen Schaltstückes mit der C/fl-Region. PVifm: mit medianer, regelmäßig gestalteter Verkalkung. An- deutungen von lateralen Verkalkungen sind vorhanden, sie führen zum PVifl. PMifm: die Borstenleisten sind 0,028 mm von einander entfernt. Die Grista einfach, stumpf, mit Borsten besetzt, geht in ein kurzes, breites Ventil aus. | PHifm: stabförmig, nach beiden Seiten verbreitert. PVifl und PMifl: gut abgegrenzt. POzw: steht unten in Verbindung mit dem CHzw, indem es zu- gleich mit diesem durch die O/fl-Region gestützt wird, oben ist eine gabelföormige Verdickung, die sich an das PMsl anlegt (Taf. XXXI, Fig. A). PMzw: fehlt hier oder ist mit dem POzw verwachsen, von wel- chem ein Ausläufer zum PUzw geht. PUzw: ist hier sehr stark ausgebildet. Ein PHzw verbindet das _ POzw mit dem PMifl (wohl kein Homologon des Stückes der Homa- riden). PVsl: weichhäutig. | PMs!: stark verkalkt, es springt als eine Crista nach außen vor, die beiden Stücke berühren sich in der Medianlinie des Magens. CHsl: als Hartgebilde ohne scharfe Grenzen, im Innern ein reich- licher Borstenbesatz. PMsm: ganz klein, aber wohl differenzirt. PHsm: mit medianer Verkalkung, die in zwei seitliche Flügel ausläuft. | Bevor ich zu einer Zusammenstellung der Schlussresultate schreite, mögen noch einzelne Beobachtungen hier Platz finden, die gewisser- Das Kaugerüst der Dekapoden. 531 maßen einen Versuch darstellen sollen, die Nomenclatur, die bei den höheren Malakostraken angewendet wurde, auch auf andere Crustaceen- gruppen zu übertragen. So sind die folgenden Zeilen eine nur im All- gemeinen orientirende Vorarbeit für eine spätere eingehende Bearbeitung des Stofles. Als Vertreter der Squillacea wurde Squilla mantis Rond. unter- sucht. Der Magentypus hier lässt sich unmittelbar an den der Eucy- photen anschließen, auch hier sind die Hartgebilde auf die /fm- und Ifi-Region beschränkt. Die nach hinten gewendete Wand des Ösophagus trägt ein gut begrenztes, langgestrecktes Hartgebilde. Der am stärksten entwickelte Theil des Magens ist das OIfm, es ist nach beiden Seiten spitz auslaufend und so gekrümmt, dass es, von der Seite gesehen, einen Halbkreis dar- stell. Innerhalb der Region fehlt eine Differenzirung. Lateral vom CIfm liegen die typischen O/fl-Borstensäume, deren Borsten gefiedert sind. Über den C/Ifl-Borstensäumen liegt in der Magenwand eine Reihe kegelförmiger Einstülpungen, die nach innen in eine Borste aus- laufen (an vorliegendem Exemplare 5 rechts, 4 links). In großer Voll- endung ist hier ferner der Apparat des PMifm entwickelt; er ist sehr langgestreckt und im Verhältnisse hierzu schmal. Die Borstenleisten stehen 0,03 mm aus einander. Die PSm-Region ist endlich noch gut abgegrenzt durch zwei stab- föormige Gebilde, deren Funktion eine stützende ist, sie erstrecken sich der ganzen Länge nach in der PSI-Region hin. Für einen Vertreter der Mysideen, Amphipoden und Iso- poden liegen die außerordentlich genauen und detaillirten Beschrei- bungen von Sırs! vor. Es ergab sich daraus für die Mysideen (es wurden von mir Mysis oculata Fabr. 27. 3 und Mysis chamaeleon Thomps. 19. 2 untersucht), dass das CVsm wohl ausgebildet ist; es nimmt die ganze Breite des Magens ein und ist gegen das folgende Stück sehr deutlich begrenzt. CMsm: an der Vorderseite etwas verbreitert; es führt zum OSmz, der hier nur einen Komplex recht kräftiger, theils nach vorn, theils nach hinten gewendeter Borsten darstellt, also gewis- sermaßen einen Embryonalzustand. In der CS!-Region liegt eine Reihe kräftiger, einseitig gefiederter Borsten, die von vorn nach hinten an Größe abnehmen und auf einer Einstülpung der Magenwand nach innen sich befinden; es dürften diese Gebilde mit Sicherheit als Homologa der CSiz zu bezeichnen sein, ob- wohl sie etwas weit nach vorn und nahe an die CVsm-Region heran- : Hist, nat. des Crustaces d’eau douce de Honeee par J. O. Sars. A. Liv. Christiania 4867. 532 Friedrich Albert, gerückt erscheinen. Das PVsm ist wenigstens im vorderen Theile wohl begrenzt. In den O/fl-Regionen befinden sich die typischen C/fl-Bor- stensäume und beweisen auch hier die weitgehende Bedeutung dieser Gebilde. Die regelmäßig in einer Reihe stehenden Borsten sind gefie- dert und durchschnittlich 0,09 mm lang. Zwischen den OJfl-Borstensäumen liegt das OIfm, von Sars sehr genau beschrieben. Die Region endet hinten in einer 0,42 mm langen Ifmt, die spitz ausläuft. Von höchster Bedeutung ist hier die Gestaltung des PMıfm (’appen- dice campaniforme) ; jederseits von der Crista befinden sich nur zwei Borstensäume, die etwa 0,065 mm aus einander stehen (Taf. XXXI, Fig. 24). Die entsprechenden PMıfl sind mit einer weit größeren Zahl von Längsborstensäumen ausgerüstet. Ganz unbegreiflich ist es, wie Mocguarn diese Bildungen entgehen konnten und ein Beweis, dass er die vorzüglichen Abbildungen von Sars keines Blickes gewürdigt hat. In der PSI-Region liegt je ein Längsborstensaum, die nach hinten konvergiren (Taf. XXXI, Fig. 21 und 22). Die Hartgebilde des Magens bei den Cumaceen (es wurde Diastylis sp.? 16. 3 untersucht) erinnern an die Verhältnisse bei Mysis und sind | ohne diese nicht zu verstehen. CVsm: gut begrenzt, an der Hinterseite befindet sich eine Anzahl Borsten. Nachweisbar ist ferner der CSiz, das CIfm, die gewaltig große Ifmt, die das PMifm fast ganz bedeckt ; letzteres trägt nur einen Längs- borstensaum jederseits der breiten Crista, also in dieser Beziehung ein noch ursprünglicheres Verhältnis als bei den Mysideen (Taf. XXXI, Fig. 23). Relativ hohe Entwicklung des Kaugerüstes zeigen die Amphipoden und Isopoden, doch lässt sich trotz der außerordentlich abweichenden sonstigen Verhältnisse als typisches Stück das PMıifm auch bei einer flüchtigen Betrachtung ohne Weiteres erkennen. Ob noch weitere Ho- mologien nachzuweisen sind, wird erst'ein eingehenderes Studium nach- weisen können (Taf. XXXI, Fig. 25). Schlussresultate. Die Hartgebilde des Magens sind für die Systematik der höheren Crustaceen von der allerhöchsten Wichtigkeit. Die aus einer ausschließ- lichen Untersuchung des Kaugerüstes gewonnenen Resultate stimmen in allen wesentlichen Punkten mit den Ergebnissen der Boas’schen Arbeit ! t Studier over Decapodernes Slaegtskabsforhold af J. E. V. Boas. Kjöbenhavn 1880. Das Kaugerüst der Dekapoden, 533 überein. So erscheinen zunächst die Natantia mit Recht allen übrigen Dekapoden gegenüber gestellt, denn der Typus des Kaugerüstes ist hier theils ein ungleich primitiverer, theils fehlt dasselbe ganz. Dem ent- sprechend sind die Eucyphotes als Dekapoden ohne cardiacales, dor- sales Kaugerüst und die Penaeidae mit einem solchen zu unter- scheiden. Innerhalb der Eucyphotes nehmen die Pasiphaeinen und Atyinen eine besondere Stellung ein, letztere stehen vorläufig noch ganz isolirt da. Vielleicht giebt eine Untersuchung von Troglocaris einen Schlüssel für diese Bildungen. | Den Penaeiden sind die Sergestiden zuzurechnen, welch letztere damit nun endgültig ihre systematische Stellung erhalten haben. Eben so evident ist es, dass die Cerataspisformen hierher zu stellen sind und nicht zu den Schizopoden. Die Sicherheit, mit der diese »Larven« in ihrer Verwandtschaft auf Grund des Kaugerüstes zu erkennen waren, ist ein neuer Beweis, wie wenig die Wichtigkeit der Magenhartgebilde zu unterschätzen ist; so bietet das Kaugerüst vielleicht auch eine Hand- habe zur Erkennung anderer Larvenformen. Die Familien der Homa- riden, Loricaten, Thalassiniden, Galatheiden und Paguriden erscheinen in sich wohl abgegrenzt, während die Hippiden zum Theil recht ver- schieden gestaltet sind. An letztere schließen sich die Dromiaceen an, die eine Übergangsform zu den echten Brachyuren bilden. Die Homariden lassen sich in zwei Unterfamilien zerlegen: in die Homarinae und Astacinae, ein Verhalten, dem auch Boas Aus- druck gab, wenn gleich er keine Unterfamilien aufstellte. Eine scharfe Abgrenzung der Anomala im Sinne ne Haan’s lässt sich durch das Kaugerüst nicht rechtfertigen, es lassen sich für dieselben keine durchgreifenden Familiencharaktere aufstellen. Boss kann ich bestätigen, dass den Galatheiden Porcellana und den Paguriden ohne Zweifel Lithodes zuzuzählen ist. Der Typus des Kaugerüstes der Dekapoden lässt sich noch weiter verfolgen und tritt namentlich bei den Squillaceen, Mysideen und Cu- maceen als ein in fast allen ausgebildeten Theilen homologer auf. Von großem Interesse ist die allmähliche Entstehung des PMifm. Dasselbe stellt eine cristaartige Längseinstülpung der Unterseite im Pylorical- magen dar, die jederseits bei Diastylis mit einem, bei Mysis mit zwei, bei Gammarus mit drei und bei den höheren Malakostraken mit vielen Längsborstensäumen ausgerüstet ist und zwar steigt die Zahl derselben _ je höher eine Form im Systeme steht. 534 Friedrich Albert, Erklärung der Abbildungen. Die bei den Tafeln gebrauchten Abkürzungen stimmen mit den im Texte ge- brauchten überein (cf. p. 453 f.). Tafel XXIX. Fig. 4. Crangon vulgaris. Hartgebilde des Magens von unten und außen. Ju/. Fig. 2. Crangon vulgaris. Dessgl. von oben gesehen nach Entfernung des Prä- pyloricaltheiles. Das PHsm ist losgelöst und nach rechts umgeschlagen, so dass die Innenseite sichtbar ist. c, die innere Crista des PMifl; PMifl der rechten Seite im Zusammenhange gelassen, nur ein Stück der Mitte entfernt, das Analogon der linken Seite Josgelöst und nach links umgeschlagen. 34/4. Fig. 3. Dessgl. Querschnitt durch den Pyloricaltheil. 24/4. Fig. 4. Atya scabra. Magen von oben. 6/1. Fig. 5. Dessgl. Der Magen ist auf der linken Seite aufgeschnilten und ausge- breitet. Innere Ansicht. 6/1. Fig. 6. Dessgl. Vom Mitieldarm aus gesehen: die Lamellen der PHsm- Crista. 6/4. Fig. 7. Palaemon ruber. Ösophageale Verkalkung. 4/1. Fig. 8. Pandalus annulicornis. Dessgl. 40/4. Fig. 9. Stenopus hispidus. Borstenbündel der Randborstenfelder der CIfm. 24/1. Fig. 10. Dessgl. Magen von innen. 43/1. Fig. 14. Alpheus Edwardsii. Profilansicht des Magens. oe, Ösophagus. 7,5/A. Fig. 12. Innere Magentheile von Penaeus semisulcatus. 4/4. Fig. 43. Cerataspis longiremis. Magen von innen. 4/1. Fig. 44. Sergestes Edwardsii. Magen von außen. 418,2/A. Fig. 15. Dessgl. von innen. 24/4. Fig. 46. Sicyonia lancifer. Magen von innen, dorsale Seite. 42,5/1. Fig. 47. Dessgl. von außen. 12,5/1. Fig. 48. Cerataspis monstruosus. Magen von innen. 45,4/A. Fig. 19. Dessgl. von außen. 45,4/A. Fig. 20. Pasiphaea sivado. Äußere Magenumrisse. oe, Ösophagus; H, Hepato- pancreas. A,5/A. Fig. 21. Dessgl. Zahnfortsatz des Olfmti. 41,5/A. Fig. 22. Dessgl. Magen von innen. 9/1. Fig. 23. Pasiphaea sp.? Dessgl. 70/1. Fig. 24. Crangon vulgaris. CIfl-Borsten. 125/A. Fig. 25. Nika edulis. Dessgl. 243/14. Fig. 26. Pasiphaea sivado. Dessgl. 75/4. Fig. 27. Dessgl. Borste von der Basis des Zahnfortsatzes des Olfmi. 122/1. Fig. 28. Oedipus gramineus. Borstenform zwischen Cardia und dem C/fm. 636/A. Fig. 29. Nika edulis. Borste vom Ösophagealventil. 84/4. Fig. 30. Palaemon ruber. C/fl-Borsten. 35,5/1. Fig. 34. Hippolyte Cranchii. Dessgl. 245/A. Das Kaugerüst der Dekapoden. 535 Fig. 32. Pontonia tyrrhena. Dessgl. 460/1. Fig. 33. Alpheus Edwardsii. Dessgl. 125/1. Fig. 34. Borste von der Basis des Zahnfortsatzes des Olfmt von Pasiphaea sp.? 263/1. Tafel XXX, Fig. 1. Astacus fluviatilis. Magen in der unteren Medianlinie aufgeschnitten und ausgebreitet, von außen. 2/4. Fig. 2. Dessgl. Magen in der oberen Medianlinie aufgeschnitten und ausgebrei- tet, von außen. 2/1. Fig. 3. Dessgl. CSmz eines ganz jungen Exemplares. A10/1. Fig. 4. Dessgl. CSmz und CSiz von innen. 2,5/4. n, unterer Nebenhöcker des CSIz. Fig. 5. Astacoides plebejus. CMsm von innen. 6,5/A. Fig. 6. Dessgl. PHifm von außen. 9/A. Fig. 7. Dessgl. CVsl. 3,5/1. Fig. 8. Dessgl. CSiz. 3/1. Fig. 9. Astacoides nobilis. PHifm und PHifl. 4,5/A. Fig. 40. Dessgl. CMsm, CSmz und CS!z von innen. 2,5/1. Fig. 44. Homarus vulgaris. CS! und CZw von außen. 1,5/4., CAzw, acces- sorisches Zwischenstück. Fig. 42. Dessgl. Querschnitt durch das CHzw. 45,5/1. Fig. 13. Nephrops norvegicus. CMsm, CSmz und CSlz von innen. 2,5/A4. n, unterer Nebenhöcker des CSlz. Fig. 44. Cambarus sp.? C/fm von außen, A/i. Fig. 15. Dessgl. PHifm. 7/A. Fig. 16. Scyllarus latus, CSm und CS! von innen. 2,5/A. Fig. 47. Dessgl. PIfm von außen. 2,5/A. Fig. 48. Thenusindicus. CMsm und CSmz von innen. 7/A. Fig. 19. Palinurus vulgaris. C’Sm und CS! von innen. A/A. Fig. 20. Palinurus japonicus. 1,5/A. Fig. 21. Palinurus vulgaris. CHsm. A/A. Fig. 22. Palinurus japonicus. CIfm. 4,5/A. Fig. 23. Dessgl. PHifm. 1,5/A. Fig. 24. Axius plectorhynchus. CSm von außen. 45,5/A. Fig. 25. Callianassa mucronata. CSiz. 19/A. Fig. 26. Thalassina scorpionides. C’Sm von außen. 2/1. Fig. 27. Dessgl. Borste der Ifmt. 25/1. Fig. 28. Dessgl. Borste vom PMifm. 40/A. Fig. 29. Dessgl. CSi und CZw. 2/1; S und US cf. p. 504. Fig. 30. Dessgl. OSmz. 2/1. Fig. 34, Dessgl. Ifmt. 5/1. Fig. 32. Gebia littoralis. Von innen, 42/4. Fig. 33. Dessgl. Borstenschlauch vom PHsi. 25/4. Fig. 34. Galathea strigosa. CSmz und CSiz. 13,2/1. Fig. 35. Dessgl. Ifmi. AA/A. Fig. 36. Munida rugosa. CZw von außen. 6/1. Fig. 37. Callianassa mucronata. CZw. 26/1. Fig. 38. Dessgl. Ifmt. 37/1. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIX. Ba. 35 536 Friedrich: Albert, ‚Das Kaugerüst der.Dekapoden. Fig. 39. Eupagurus Bernhardus. (Sm von oben.gesehen. 2,4/A. Fig. 40. Dessgl. CZw. 6,6/1. Fig. 44. Dessgl. Ifmt und. PMifm von innen. 6,6/1. Fig. 42. Porcellana longicornis. Ifmt. 37,5/1. Fig. 43. Dessgl. Innere Bildung des PHsl. 42,3/A. Tafel XXXI, Fig. 4. Albunea symnista. CSm und CS! von oben. 8/i. Fig. 2. Clibanarius misanthropus. Dessgl. 20/4. A 2 Fig. 3. Remipes testudinarius. Dessgl. 6,5/A. Fig. 4. Hippa emerita. CSm von innen. 9/1. Fig. 5. Dromia vulgaris. CSm und CS! von außen. 5,5/1. CAsl, cardiacales accessorisches Superolaterale. Fig. 6. Albunea symnista. CSlz und Ifmi.von innen. 44/4. Fig. 7. Lithodes arctica. CSiz. 2/1. Fig. 8. Remipes testudinarius. Von innen. 6,5/1. Fig. 9. Dromia vulgaris. CSiz. A4,5/1. Fig. 40. Hippa emerita. CSiz. 9/1. Fig. 14. Dromia vulgaris. CMsm und CSmz von innen. 8/4. Fig. 42. Birgus latro. Oberseite des Magens. A/A. Fig. 43. Dessgl. Plfm. 2/A. Fig. 44. Dromia vulgaris. PZw. A3/A. Fig. 45. Birgus latro. PZw. 2,7/A. Fig. 46. Remipes testudinarius. CZw. 6,5/1. Fig. 47. Albunea symnista. CZw. A4/A. UA, unterer Aufsatz. Fig. 48. Dromia vulgaris. CZw. 9/4. Fig. 49. Lithodes arctica. CZw. 2/4. UA, unterer Aufsatz. Fig. 20. Hippa asiatica. CZw. 7,5/1. Fig. 21. Mysis oculata. CSm von außen. 57/1. Fig. 22. Dessgl. Von innen. Fig. 23. Diastylis sp.? Von innen. 40/4. Fig. 24. Mysis chamaeleon. 45,5/A. Fig. 25. Gammarus pulex. PMifm. 55/1. Bucephalus und Gasterostomum'. Von Dr. H. Ernst Ziegler, Assistent am zool. Institut der Universität Straßburg. Mit Tafel XXXII und XXXII. Als ich zu Demonstrationszwecken einige Exemplare von Anodonta mutabilis var. cellensis Clessin in ein kleines Gefäß gebracht hatte, sah ich nach kurzer Zeit das Wasser belebt von einer großen Menge jener merkwürdigen Cercarien, welche unter dem Namen Bucephalus poly- morphus Baer bekannt sind. Dieses Thier findet man wohl in allen Handbüchern besprochen, weil ihm ein eigenartiger Bau und eine noch eigenartigere Entwicklungsweise zugeschrieben werden, aber es liegen nur wenige Originalangaben über dasselbe vor und schien daher jede neue genaue Beobachtung erwünscht; die anatomische Untersuchung war um so lohnender, als ihre mit den Angaben PAGENSTECHER'S in Widerspruch stehenden Resultate den Bucephalus polymorphus be- stimmt als Jugendform von Gasterostomum fimbriatum kennzeichneten ; dadurch wurde ich veranlasst, den Bau dieses Trematoden genauer zu studiren und versuchte, die vorliegenden Angaben über denselben mittels der modernen Methoden zu ergänzen. Gasterostomum stimmt in auffälliger Weise mit rhabdocoeliden Turbellarien überein (namentlich hinsichtlich des Darmkanales); ich enthalte mich aber jetzt eines Urtheils darüber, wie weit diese Ähnlich- keiten aus dem gemeinsamen phylogenetischen Ursprung resultiren, und wie weit sie durch eine in jedem Zweige selbständige Entwicklung zu - gleichem Zweck entstanden und aus den gleichen Gewebselementen als Baumaterialien in gleicher Weise aufgebaut sind. Nur so viel glaube ich als Vermuthung äußern zu dürfen, dass die Familie der Gasterosto- miden gleich wie die Familie der Distomiden — aber wahrscheinlich 1 Vorläufige Mittheilung im »Zoologischen Anzeiger« 1883, Nr. 148. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 36 538 H. Ernst Ziegler, etwas später als diese — von dem Stamm der Rhabdocoeliden sich ab- gezweigt hat. Historische Übersicht der Angaben über Gasterostomum. Gasterostomum fimbriatum wurde von v. SıEepoLp im Darm- kanale von Perca und Lucioperca entdeckt und von ihm benannt (Nr. 22, p. 129, 1848). Gumo WAGEnER gab Abbildungen von einem alten und zwei jungen Thieren (Nr. 32, Taf. XXIV, 1857) und beschrieb die Species (Nr. 31, 1852). Derselbe entdeckte Gasterostomum minimum in Trigla micro- lepidota; dieses und das von Ruporpaı in einem Lophius gefundene und als Distomum gracilescens erwähnte Gasterostomum graciles- cens wurden ebenfalls von ihm beschrieben und abgebildet (Nr. 31). WAGENER wies auch darauf hin, dass Gasterostomum fimbriatum wieder zu erkennen sei in dem Distomum campanula, welches Dusarvın (Histoire naturelle des Helminthes p. 435) frei im Hechtdarm und encystirt an den Kiemen von Cyprinus idus gefunden und welches dann Wen (Nr. 36, p. 243, 1857) wieder beschrieben und auch abgebildet hat. WAGENER giebt als Unterscheidungsmerkmale der drei Species die Rich- tung des Darmkanales und die relative Größe der Saugnäpfe und der Eier an (Nr. 33, 1858). Dissing (Nr. 8, 1858) trennt die Species Gaster. gracilescens und mini- mum von Gasterostomum fimbriatum ab und stellt sie in die neue Gat- tung Rhipidocotyle, weil ihm nach den Angaben WAGEnErR’s die Fortsätze am vorderen Ende des Körpers so eigenartig und so kompli- cirt gebaut zu sein schienen, dass sie eine generelle Unterscheidung bedingten. Wenn aber jene Fortsätze sich so einfach erklären, wie ich bei der Besprechung des vorderen Saugnapfes darlegen werde, so ist zu bedauern, dass die Gattung Rhipidocotyle aufgestellt wurde. Dissing fasst bei den erwähnten Genera das Hinterende als Vorderende auf; die Lage der Wassergefäßblase und der bei Gasterostomum fimbriatum von mir beobachteten nervösen Stränge können über diese Frage keinen Zweifel lassen. Morın (Nr. 47 und Wiener Sitzber. XXXIII, 1858) giebt eine Ab- bildung und Beschreibung von Gasterostomum armatum nov. spec. aus dem Darm von Conger conger, ohne präcise Detailangaben zu machen. Orsson (Nr. 18, p. 53—57, 1867) beschreibt in schwedischer Sprache (mir nicht verständlich) junge Gasterostomum gracilescens, welche er eingekapselt im Gehirn bei verschiedenen Gadus und bei Molva vulgaris gefunden hat; ferner Gasterostomum gracilescens aus dem Darm von Lophius piscatorius und Gasterostomum armatum Morın aus den Pylo- rusanhängen von Cottus scorpius Bloch. Die Abbildungen zeigen fast nichts Neues. Dıesıne führt in den »Nachträgen und Verbesserungen zur Revision der Myzhelminthen « (Wiener Sitzungsber. Bd. XXXV. Math.-naturw. Kl. 1859) das von Morın aufgestellte Gasterostomum (Rhipidocotyle ?) armatum und das von Ruvorpuı (Syst. Helm. I. p. 324) und Gervaıs et Bucephalus und Gasterostomum. 539 Benepen (Zool. med. II. p. 207) erwähnte Gasterostomum cruci- bulum auf. van BEnEDEN (Nr. 3, 4874) bildet als neue Species ab: Gast. viperae aus dem Darm von Trachinus vipera Cuv., Gast. Triglae aus dem Darm von Trigla gunardus L., erwähnt als neue Species Gast. Clupeae aus Clupea spratius Bl. (Darm), Gast. vivae aus Trachinus Draco L. (Darm) und Gast. nova species aus Cyclopterus lum- pus L. (Darm), giebt eine neue Abbildung von Gast. crucibulum Rud. aus Conger vulgaris (Darm) und erwähnt, dass »dans le n&vrileme de Morrhua aeglefinus L. se trouvent des Trematodes observes deja par Monro, Moddax les rapporte au Gast. gracilescens (Transact. mier. Soc. London. t. VII. p. 87. Tab. VII)«. Run. v. WILLEmozs-Sunn (Nr. 38, 1873) gab an, dass Gast. crucibulum Gervais et van Beneden — armatum Molin ist, und bildete den Embryo dieses Thieres ab; er vermuthete auch, dass Bucephalus Haimeanus Lac. Duth. in den Entwicklungskreis desselben gehöre. Die Angaben aller Autoren beziehen sich auf Beobachtungen, welche mit mittleren oder schwachen Vergrößerungen am frischen Thier ge- macht werden können. Historische Übersicht der Angaben über Bucephalus. Die Gattung Bucephalus wurde aufgestellt von K. E. v. Bazr (Nr. 2, 1827), welcher in Anodonta mutabilis var. anatina und cellensis Qlessin und in Unio pictorum L. den Buc. polymorphus gefunden hatte. BAER beschreibt und zeichnet die fadenförmigen Keimschläuche und die Cer- carie, so weit sie mit schwachen Vergrößerungen erkannt werden können. Er hält es für wahrscheinlich, dass die Keimschläuche sich fortpflanzen, vielleicht durch »Sprossen«, noch eher aber außerdem durch Entwicklung junger Schläuche aus den Hörnern der Cercarien. SıesoLD (Nr. 22, p. 129, 1848) erkannte richtig, dass der Darm einfach ist und die Mundöffnung auf der Mitte des Bauches liegt und vermuthete, dass Bucephalus zu einem Gasterostomum gehöre. G. WAGENER (Nr. 34, 1858) hielt es auf Grund der anatomischen Vergleichung von Bucephalus polymorphus mit Gasterostomum fimbria- tum für sehr wahrscheinlich, dass »der sich verzweigende Embryo von Gasterostomum der Bucephalen enthaltende Schlauch in den Anodon- ten ist«. PAGENSTECHER (Nr. 49, 1857) fand das Thier wieder in Anodonta anatina. In der Zeichnung und Schilderung schreibt er ihm den Darm- tractus der Distomeen zu. »Die Arme lösen sich mit den Scheiben vom Rumpf ab,« »sie wachsen zu sehr langen Fäden « und entwickeln in sich wieder Cercarien. Diesing (Nr. 7, 1858) folgt den Angaben PAgenstecher's über den Darmtractus und bezweifelt daher SızsoLp’s Vermuthung, dass der Buce- phalus die Jugendform von Gasterostomum sei. Lacaze-Durniers (Nr. Ak, 4854) entdeckte in Ostrea edulis und Cardium rusticum den Bucephalus Haimeanus; derselbe entsteht wie Buc. polymorphus in fadenförmigen Keimschläuchen; er besitzt 36* 940 | H. Ernst Ziegler, eine einfache Verdauungshöhle, welche durch einen engen Ösophagus am Vorderende des Thieres ausmündet in einer kleinen saugnapfförmi- gen Vertiefung. Dasselbe Thier wurde von CrarAripe (Nr. 4 a, 1863) wieder abgebildet. Diese Form, so wie eine von WAGEnER (Nr. 32, Taf. XXX) abge- bildete Gercarie aus Planorbis marginatus, welche durch den aus einer Blase und zwei langen dünnen Anhängen bestehenden Schwanz ausge- zeichnet ist, führt Diesine (Nr. 7, p. 275) unter dem Namen Bucepha- lopsis auf (Buc. Haimeanus und aculeatus). Eine mit der letzteren identische oder nahe verwandte Gercarie (Cerc. cystophora) wird von "WAGEnNER beschrieben in REıcHErT’s Archiv f. Anat. etc. 1866. | Später (1863) kommt PAGENSTECHER in den »Untersuchungen über niedere Seethiere aus Gette« (Nr.20, p. 299) wieder auf den Bucephalus zu sprechen. »Die Schwanzanhänge von Bucephalus und Distoma dupli- catum ! werden überhaupt nie von den Larven mit ausgeführt, sondern stets abgelegt, ehe sie die Muschel verlassen.« »Es liegt dadurch immer sehr nahe, den Schwanzanhängen entweder im Allgemeinen oder wenigstens für einzelne Fälle eine weitere oder überhaupt eine andere Bedeutung (denn die von Bewegungsorganen) anzuweisen. So sah denn, ohne den thatsächlichen Halt zu haben, Dissins, als er früher die Ger- carien noch als selbständige Thiere festzuhalten suchte, in denSchwänzen die Keime, aus welchen wieder Sporocysten entstanden.« Diese Theorie wurde dann im Allgemeinen verlassen, aber PaAgenstecaer hält an der Behauptung fest, dass bei Distoma duplicatum, bei Bucephalus und wahrscheinlich auch bei Cercaria cotylura »wenigstens unter beson- deren Umständen« die Schwänze zu neuen Sporocysten würden. Auch Leuckarr (Nr.46, I, p.512, 1863) fügt, nachdem er darauf hingewiesen, dass »die specifische Organisation des CGercarienschwanzes sich kaum vereinigen lasse« mit einer solchen Behauptung, die Beschränkung hin- zu: »Bei dem sonderbaren Bucephalus mag sich übrigens die Sache anders verhalten.« Crapy (Nr. 5, 187%) fand in den Austern von Charleston einen Bu- cephalus mit deutlicher einfacher Magenhöhle, welchen er nach geringen Unterschieden der Dimensionen des Körpers von den beiden bekannten Species als Bucephalus Gucullus abtrennt und dessen Umriss er ab- bildet. | A. Grarp (Nr. 10, 1874) fand in den Eingeweiden von Belone vul- garis kleine Gysten und brachte aus einzelnen derselben den Bucephalus Haimeanus noch unverändert heraus. Bancock (Nr. A, 1875) ist der Erste, welcher das Freischwimmen des Bucephalus polymorphus beschreibt: »flying like eagles trough the water, with a general upwards tendency«. | 1 Ich beobachtete im Oktober mehrere Wochen hindurch, dass die CGercarien von Dist. dupl. = Rhopalocerca tardigrada ebenfalls ausgeworfen wer- den. Die Hautschicht des Schwanzes hat sich in ähnlicher Weise, wie Tuıry (Nr. 29) für Cercaria macrocerca angiebt, vom Schwanze abgehoben und ist aufgetrieben zu einer citronenförmigen Blase, welche die doppelte Länge des Thierleibes besitzt. Da die Haut an der Ansatzstelle des Schwanzes fixirt war, so sitzt der Thierleib in einer Einstülpung der Blase. Das Ganze gleicht äußerlich einem mit Gallerthülle versehenen Ei und wird wahrscheinlich von Fischen gefressen. Bucephalus und Gasterostomum. 541 STEwART (Nr. 24a, 1875) erwähnte zuerst die kleinen Erhebungen der Hautschicht von Bucephalus polymorphus; er erkannte und zeich- nete die Muskulatur des Leibes, glaubt aber die dreilippige Einsenkung an der Spitze des Körpers sei der Mund und das folgende Organ ein Pharynx. Urieny (Nr. 30, 1878) beschreibt einen »Bucephalus intermedius« n. sp., welchen er in Anodonta cellensis gefunden hat und welcher sich von Bucephalus polymorphus hauptsächlich dadurch unterscheide, dass das Ansatzstück tiefer eingeschnürt und nach den Seiten verlängert sei. Ercoranı (Nr. 9, 1882) stellt zwei neue Genera auf, Gercaria bu- cephalus, die durch mehrere Merkmale von Bucephalus polymorphus Baer unterschieden ist und Cercaria polymorpha, die sich von letzterem nur durch den Mangel von Verzweigungen an den Sporocysten unter- scheidet; von den ziemlich dürftigen Angaben über den Bau hebe ich nur hervor, dass die Mundöfinung am Vorderende liege und dahinter ein Pharynx und ein zweischenkliger rudimentärer Darm folge. Erco- zanı behauptet nicht nur, dass die Schwänze sich in Sporocysien ver- wandeln und durch innere Knospung Cercarien erzeugen, sondern er spricht auch von einer äußern Knospung, die auch am gleichen Schwanz gemeinsam mit der andern vorkommen könne und durch welche eben- falls Gercarien entständen. Anatomie des Bucephalus polymorphus und des Gasterostomum fimbriatum. Allgemeine Körperform. Bucephalus. Die Dimensionen des Leibes wechseln sehr nach dem Bewegungszustande; in der ungefähr bestimmbaren Ruhelage be- trägt die Länge etwa 0,25 mm!, die Breite etwa 0,13 mm; die Dicke ist um Weniges kleiner als die Breite. Dem entsprechend verändert sich die Form, nur das Hinterende bewahrt eine ziemlich konstante Rundung; der ganze Leib hat im kontrahirten Zustande einen ovalen oder breit lancettlichen Umriss, ist aber einer sehr bedeutenden Verschmälerung und Verlängerung fähig (Fig. 1, 2 und 9). Die Bauchseite des Körpers ist etwas weniger gewölbt als die Rückenseite. Der Leib ist ziemlich durchsichtig, farblos am Rande und überhaupt im ersten Dritttheil; weiterhin erscheint der mittlere Theil durch die Zellen des Darmkanals schwach gelblich. An der Spitze des Körpers liegt der »Mundnapf« der Autoren; im Ruhezustande ist die Haut krugförmig eingestülpt und man bemerkt dahinter ein eiförmiges Organ, welches bis an die Spitze des Körpers vorgestreckt werden kann und keinerlei Öffnung oder Hohl- i Wenn Bazk (Nr. 2, p. 575) größere Dimensionen angiebt, so kann darin kaum ein specifischer Unterschied gesehen werden. 542 H, Ernst Ziegler, raum enthält; esist bei Bucephalus noch kein Saugnapf, sondern ein abgegrenzter Komplex von Drüsen und Parenchymzellen (Fig. 9). Ein Weniges hinter der Mitie des Körpers liegt die Mundöffnung und darüber der Schlundkopf. : Gasterostomum. Die Länge schwankt jenach dem Kontraktions- zustande um I mm, die Breite beträgt etwa 0,2 mm. Der Körper ist nahezu walzenförmig, an der Bauchseite etwas abgeflacht. An der ventralen Fläche liegt am Vorderende des Körpers ein Saug- napf. WAGENER (Nr. 32) zeichnet an das Vorderende des Körpers fünf große und fünf kleinere fingerförmige Fortsätze und beschreibt die- selben (Nr. 31) als »fünf gablige hohle Fühler oder Rüssel«; sie könnten durch fünf muskulöse Stränge eingestülpt werden, die von im Grunde des Saugnapfes verlaufenden Scheiden umhüllt seien. Ich habe dies Ge- bilde weder bei alten noch bei jungen Thieren je gesehen; da nun alle weiteren Angaben Wagener’s vollkommen auf die mir vorliegende Form passen, so ist es mir unwahrscheinlich, dass seine Darstellungen auf eine andere Species sich beziehen ; ich bin eher geneigt zu glauben, dass die »Fimbrien« nur unter seltenen, vielleicht abnormen Verhältnissen auftreten und werde bei der Beschreibung des vorderen Saugnapfes die Entstehung derselben zu erklären suchen ! (vgl. p. 548). Beim Beginn des letzten Dritttheils der Körperlänge liegt ventral die Öffnung des Schlundkopfes oder Bauchsaugnapfes, welcher nach oben und vorn auf- steigt; nahe dem Hinterende befindet sich ventral links die Geschlechts- öffnung, welche in einen muskulösen Genitalsinus führt, der das Ende des Begattungsapparates und die Mündung des Uterus enthält; etwas weiter nach hinten und rechts mündet die Wassergefäßblase (Fig. 28). Hanutschicht. Bucephalus. Die Hautschicht ist eine 0,0032 mm dicke Schicht einer ziemlich stark lichtbrechenden homogen erscheinenden Substanz; die Zähigkeit derselben zeigt sich, wenn, nachdem das Thier stark ge- drückt wurde, Flüssigkeitstropfen in ihr auftreten und sie zu Häutchen von unmessbarer Feinheit dehnen ; eine Cuticula konnte ich nicht be- merken und ich glaube, dass eine solche in diesen Fällen hätte vorn her- getrieben und deutlich sichtbar werden müssen. In ganz ähnlicher Weise quellen nach Tuomas (Nr. 29) die Epithelzellen des Embryo von Distom. hepaticum auf, wenn derselbe in die Schnecke eingedrungen ! Wenn nachgewiesen würde, dass die Fimbrien bei Gasterostomum fimbria- tum eine normale und konstante Erscheinung sind, so müsste die im Flussgebiet der Ill gefundene und von mir beschriebene Form als eine neue Species angesehen werden und könnte Gasterostomum Illense genannt werden. U Bd Bucephalus und Gasterostomum. 549 ist. Die Oberfläche der Haut ist nicht eben, sondern in kleine niedrige Buckel erhoben, welche am Rande des optischen Querschnittes zu sehen sind und auf der Fläche eine feine mosaikartige Zeichnung hervor- bringen; die einzelnen kleinen Felder sind im hinteren Theil des Körpers größer, weniger regelmäßig und weniger gleichförmig als im vorderen; um den Bauchsaugnapf sind sie radiär gestellt und länglich; nahe dem Hinterende umgeben einige größere Felder die Stelle, wo später die Genitalöffnung liegt (Fig. 9). Bei Zusatz von salpetersaurem Silber sieht man an der Stelle der Felder kleine Stacheln in eben so regel- mäßiger Anordnung; es scheint mir, dass jedem Stachel eine der oben genannten kleinen Erhebungen der Haut entspricht. Kerne habe ich in der Hautschicht nur auf einem Schnitt deutlich gesehen, welcher die Haut tangential traf (Fig. 8); ihr Durchmesser betrug 0,0025 mm. Zellgrenzen konnte ich nie erkennen. Gasterostomum. Schon bei den eingekapselten Individuen er- ‘kennt man die feine Zeichnung der Hautschicht nicht mehr. Die Stacheln aber treten deutlich hervor; am Hinterende des Körpers stehen sie spär- lich und in der Tiefe des vorderen Saugnapfes fehlen sie. Andere Haut- gebilde außer den Stacheln, etwa »Zotten«, wie sie WAGENEr (Nr. 31) für Gast. gracilescens und minimum beschreibt, habe ich nie in der Haut gesehen. Am frischen Thier bemerkte ich kleine, keulenförmige Schläuche (Breite 0,004 mm, Länge um 0,025 mm) mit trübem Inhalt, welche zum größten Theil im Parenchym, zum andern in der Hautschicht liegen und wahrscheinlich Drüsenzellen sind. Da die Körperbedeckung der Distomeen noch keineswegs klar gelegt ist, muss ich etwas genauer auf diese Frage eingehen. LeuckArt schreibt in seinem Parasitenwerke (Nr. 16, TI) 1863, als die Schneidetechnik noch sehr wenig entwickelt war: »Die äußere Körperoberfläche der Saugwürmer ist mit einer Guticula bedeckt.....: Unter dieser sieht man gewöhnlich eine schwache und undeutlich be- srenzte Körnerschicht hinziehen ; ich sage g&wöhnlich, denn in einzelnen Fällen hat diese Subeutieularschicht eine entschieden zellige Beschaffen- heit.« »Die Stacheln durchsetzen mit ihrem basalen Ende die ganze Dicke der Quticula.« Mit diesen Angaben stimmen die Beobachtungen Sommer’s (Nr. 24) am Leberegel völlig überein. Zur Vergleichung mit Gasterosto- mum untersuchte ich ebenfalls den Leberegel, konnte aber in einem wichtigen Punkte meine Befunde nicht mit den Angaben Sommer’s ver- einigen. Sommer beschreibt: »eine Guticula, eine vollkommen struk- turlose pellucide Membran«. In derselben liegen kleine von Guticular- substanz umfriedigte Hohlräume, Cuticulartäschchen, welche die Schup- penstachel enthalten; ihr inneres Ende ist gegen die subeuticulare 544 | H, Ernst Ziegler, Zellenlage gerichtet und entbehrt dort des Verschlusses mittels Guticu- larsubstanz. Die der Cuticula nächste Gewebslage ist die äußere Zellen- lage; sie ist Matrix der Guticula, ungeschichtet und hat die Dicke von 0,040 mm; ihre Zellen seien kernhaltig, die Zellsubstanz körnchen- reich; dann folge die Ringfaserschicht als eng geschlossene, kontinuir- liche Muskelhaut und darunter die Längsfaserschicht. Diese äußere Zellenlage habe ich nicht finden können an 0,04—0,007 mnmr dicken Schnitten durch in Alkohol und durch in Chromsäure gehärtete Leber- egel, die mit Pikrokarmin gefärbt waren (Fig. 13, 14, 15). Ich sehe die homogene »Quticula«, welche die gelb gefärbten Stacheln enthält. Sie zeigt feine radiäre Streifen, welche Sommer als Poren bezeichnet. An vielen Stellen schienen mir nicht Poren, sondern feine Spalträume vor- handen zu sein, welche die Hautschicht in feine Fasern zerlegen ; der äußerste Theil der Hautschicht war immer homogen und ununter- brochen; nirgends konnte ich die radiäre Streifung bis zur Oberfläche verfolgen; an manchen Stellen waren die Hohlräume blasenförmig, so dass der untere Theil der Hautschicht schaumig erschien; dadurch er- kläre ich mir, dass Sommer auf Flächenschnitten ein »hübsches musi- visches Bild« sah, dessen einzelne Felder er als die Eindrücke der unter der CGuticula gelegenen äußeren Zellenschicht deutete. Auf den Längs- schnitten des nur in Alkohol gehärteten Thieres war hinter jedem Stachel der untere Theil der Hautschicht eine Strecke weit eben so gelb gefärbt wie der Stachel (Fig. 14); bei dem etwas größeren in Chromsäure ge- härteten Thier war dies in dem ganzen porenhaltigen Theil der Haut- schicht der Fall, wo diese eine gewisse Dicke hatte (Fig. 43); ich schließe daraus, dass unten in der Hautschicht die Substanz derselben allmählich in eine Cuticularsubstanz umgebildet wird, Unter der »Gu- ticula« folgt die Schicht von Ringmuskelfasern ; dieselben bilden eine einfache oder mehrfache Lagen. Auf den Längsschnitten des Thieres sind die Querschnitte derselben Zellkernen nicht unähnlich, namentlich an Thieren, welche nur in Alkohol gehärtet wurden. Man hat um so mehr den Eindruck von Zellen als Zellgrenzen vorgetäuscht werden durch zahlreiche radiäre Fasern, welche von der Guticula zwischen den Ringfasern hindurchtreten. Diese Fasern sind Ausläufer der jenseits der Längsmuskelschicht gelegenen Bindegewebszellen und Sagittalmuskel- fasern, sie erstrecken sich unter mannigfacher Theilung und Ver- einigung zwischen den beiden Muskelschichten hindurch bis an die Cu- ticula und bilden unter derselben eine sehr dünne theilweise fast un- messbar feine Haut. | KeErBeRT (Nr. 43) beschreibt als Körperbedeckung von Distomum Westermanni eine »Epidermis«, welche zu oberst aus runden, zu unterst Bucephalus und Gasterostomum. 845 aus Gylinderzellen besteht; die Zellsubstanz ist sehr körnchenreich, die Kerne sind fein granulirt, in einigen Zellen aber nicht mehr deut- lich wahrnehmbar ; diese Epidermis ist bedeckt von einer sehr feinen (0,0005—0,0009 mm) Cuticula; sie enthält die Stacheln, welche einer feinen unter der Epidermis gelegenen Membran, der Basilarmembran aufsitzen; die Epidermis kann sich ablösen und verloren gehen. SCHNEIDER (Nr. 23), welcher richtig erkannte, dass die Muskeln der Trematoden der Cuticula unmittelbar anliegen, möchte die letztere eher mit der Basementmembran der Epithel tragenden Plathelminihen vergleichen und annehmen, dass die Epithelschicht verloren gegangen sei. Das Gleiche behauptet Minor (Nr. 16b) von Distomum crassicolle. Vırror (Nr. 30 a) unterscheidet am Integument von Distomum in- signe zwei Schichten: »La couche externe est fort mince et passe tres- rapidement a l’etat de globules sarcodiques, lorsqu’on la soumet a l’action de l’eau. La couche interne ne se laisse pas decomposer en cellules et parait entierement forme&e par l’agglomeration de petits gra- nules refringents. L’epaisseur des deux couches reunies atteint 0,020 mm«. Kırory (Nr. 12) beobachtete, dass bei Gasterodiscus polymastos Leuck. die Oberhaut bestehe aus einer homogenen fein concentrisch ge- streiften und aus einer darunter liegenden schwächer gefärbten quer- gestreilien Lage; diese Angaben eben so wie die zugehörigen Zeich- nungen passen auch auf meine Befunde bei Distomum hepaticum ; KaroLy glaubt, dass die Querstreifen der unteren Schicht Zellgrenzen entsprechen und dass diese Schicht die obere abgesondert habe. Vergleichen wir schließlich noch die Angaben, welche über die Polystomeen vorliegen. TAscHENBERG (Nr. 26) beschreibt für Tristomum coccineum und papillosum eine homogene 0,003 mm dicke Cuticula ohne Poren und darunter eine Subcuticularschicht aus einer feinkörnigen protoplasma- tischen Substanz, die keine regelmäßigen Zellenabgrenzungen erkennen lässt und die »hie und da namentlich in den Papillen ..... kleine runde Kerne mit einem Kernkörperchen oder auch letztere allein« zeigt. Derselbe Autor giebt an, dass bei Onchocotyle appendiculata Kuhn und bei Pseudocotyle squatinae Hess. et Bened. die Haut im Wesentlichen eben so zusammengesetzt ist (Nr. 27). Nach Wierzesski (Nr. 37) besteht bei Galicotyle Kroyeri Dies. die Haut aus einer feinen Cuticularschicht mit den darunter liegenden kleinen runden kernhaltigen Matrixzellen, unter welchen die Ringmuskelfasern folgen. Nach Lorenz (Nr. 16 a) wird bei Axine Belones »die äußere Hülle 546 H. Ernst Ziegler, dargestellt durch eine sehr zarte Cuticula, unter welcher sich eine dünne Lage feinkörniger protoplasmatischer Substanz befindet«; derselbe Be- obachter sagt von Microcotyle Mormyri: »unter der Guticula liegt der Hautmuskelschlauch, gebildet aus einem Gewebe von longitudinalen und diagonal verlaufenden Fasern«, er scheint also hier die protoplasma- tische Schicht nicht gesehen zu haben. Bei Distomum cylindraceum finde ich auf Schnitten eine 0,008—0,012 mm breite homogen erscheinende Schicht, welche von den Stacheln von unten bis oben durchsetzt wird (Fig. 26). Sie ist bis ganz nahe an ihre untere Grenze durch Karmin gefärbt. Unmittelbar darunter liegen die Ringmuskelfasern und dann die Längsmuskelfasern. Darauf folgt eine schwach gefärbte fein-filzige Gewebslage mit vielen Kernen, welche ohne scharfe Abgrenzung in das ähnlich aussehende aber an Kernen arme Parenchym übergeht oder durch die Dotterstöcke begrenzt ist; in derselben liegt da und dort eine fein granulirte, kern- haltige große Zelle, die ich als Drüsenzelle ansehe. An Längsschnitten durch Amphistomum conicum, welche von Srıepa hergestellt und im Besitz des Straßburger zoologischen In- stitutes sind, habe ich mich überzeugen können, dass bei diesem Tre- matoden auf die Lagen der Längs- und der Ringmuskelfasern unmittel- har eine homogen erscheinende Hautschicht folgt, welche aber der Stacheln entbehrt. Auf Grund meiner Beobachtungen und der vorgefundenen Angaben steht mir also fest, dass bei Distomum cylindraceum und hepaticum wie bei Gasterostomum und Amphistomum auf die Lage der Ringmuskel- fasern eine breite durch Karmin färbbare homogene Schicht folgt; die- selbe wird bei Distomum hepaticum und cylindraceum und bei Gastero- stomum von den Stacheln ganz durchsetzt. Sie ist sicher nicht von einer unmittelbar darunter liegenden und in Anbetracht ihrer Dicke höchst wahrscheinlich auch nicht von einer darüber liegenden Schicht abgesondert. Ich glaube, dass dieselbe ein metamorphosirtes Epithel ist; die Kerne sind verschwunden, das Protoplasma ist chemisch verändert und von unten her wird eine mehr oder weniger dünne Lamelle in eine der Substanz der Stacheln sehr ähnliche Substanz umgebildet; durch diese Veränderungen dürfte diese Haut gegen die Verdauungssäfte des Wirthes widerstandsfähig werden und die zur Befestigung der einge- lagerten Stacheln nöthige Zähigkeit gewinnen. In manchen Fällen können die oberen Theile derselben leicht losgerissen werden. Diese Hypothese wird gestützt durch die Existenz der Kerne in der Hautschicht von Buce- phalus, welche ich allerdings leider nur durch ein einziges Präparat be- weisen kann und durch die oben erwähnten Beobachtungen von KErBERT, Bucephalus und Gasterostomum. 947 welche ich in folgender Weise deute: Die von den Stacheln durchsetzte Epidermis zeigt noch die zelligen Elemente, deren Kerne aber undeut- lich werden. Durch Absonderung oder Differenzirung entsteht an der unteren Fläche dieser Schicht eine homogene feste Lamelle, welche von KeErBeRT der wahrscheinlich ebenfalls dem Epithel entstammenden Base- nentmembran der Turbellarien homolog gesetzt wird. Die Umwandlung eines Epithels in eine strukturlose Haut scheint WAGEnER bei CGercaria macrocerca Fil. direkt beobachtet zu haben (Nr. 32, p. 38): »Die Cercarie hat, wie die sich bildende Amme, eine strukturlose Haut erhalten«; »die strukturlose Haut ist Anfangs ein Epithelium, dessen einzelne Zellen sich wie die einer serösen Haut in morphologischer Hinsicht verhalten.« Ich habe statt der üblichen Bezeichnung Cuticula einstweilen den indifferenten Namen Hautschicht gewählt; später, wenn genetisch nach- gewiesen ist, dass diese Schicht aus dem Ektoderm auf die angegebene Weise entsteht, dürfte » Epidermis « zu empfehlen sein. Wenn man die Hautschicht der Trematoden in gleicher Weise auf- fassen wollte, wie diejenige der Gestoden von den meisten Autoren ge- schildert wird, so müsste man die unter der Muskelschicht folgende, dem Parenchymgewebe ähnliche Zellschicht als das Epithel ansehen, dessen feine Fortsätze zwischen den Muskelfasern hindurchtreten, außerhalb der- selben verschmelzen und das, was ich Hautschicht genannt habe, als Guti- cula absondern. In diesem Falle müssten alle Angaben über Kerne in der Cuticula und außerhalb (peripher von) derselben auf Irrthum beruhen. Muskulatur; Saugnapf. Bucephalus. Unter der Hautschicht liegt eine Ringmuskulatur und eine Längsmuskulatur;; beide bestehen aus feinen Fibrillen, welche ich auf Präparaten vielfach im Querschnitt und manchmal von der Fläche sah. Die Anordnung ist dieselbe wie bei Gasterostomum. Gasterostomum. An der Dorsalseite konnte ich keine Musku- latur beobachten ; ventral und lateral findet man eine Lage nahe neben einander liegender Ringmuskelfibrillen und darunter eine Lage weniger einander genäherter Längsmuskelfibrillen; die letztere lässt sich an den Seiten weiter als die erstere gegen die Dorsalseite hin verfolgen. An der Ventralseite sieht man auf Längsschnitten unter der Längsmuskulatur noch einmal eine ziemlich regelmäßige Reihe von Punkten, welche viel- leicht die Querschnitte von Ringmuskelfasern sind (Fig. 21). In der Nähe des vorderen Saugnapfes bemerkt man auf Schnitten feine, sagittal verlaufende, hyaline Fasern, welche als Sagittalmuskeln aufgefasst werden können. Zugehörige Kerne konnte ich nicht erkennen. Bucephalus. Als »Mundnapf« wird von den Autoren ein birn- 548 H. Ernst Ziegler, förmiges scharf begrenztes Organ bezeichnet, welches am Vorderende des Körpers unmittelbar unter der Hautschicht liegt und aus vielen Zellen vom Charakter der Parenchymzellen und einer Anzahl großer kernhalti- ger Drüsenzellen besteht (Fig. 9, 25); die letzteren, welche mehr dorsal liegen, münden am vorderen Ende des Organes und lassen ihr körniges Sekret austreten, wenn das Thier stark gedrückt wird. Das ganze Organ kann so nach hinten gezogen werden, dass die Haut an der Spitze des Körpers sich krugförmig einfaltet; diese Bezeichnung gilt aber nur für den Längsschnitt; die Spitze des Körpers wird dabei dreilippig und der Querschnitt der Einfaltung zeigt entsprechende einspringende Erhebun- gen (Fig. 7). Bei diesem Bau kann das Organ noch nicht als Saugnapf funktioniren, aber es verwandelt sich in einen solchen während des ein- gekapselten Zustandes. Bei eingekapselten Bucephalus und bei jungen freien Gasterostomum bemerkt man im hinteren Theil des Saugnapfes eine Reihe von Drüsenzellen, deren lange Ausführungsgänge in drei Zügen nach vorn gehen und zwischen sich wieder einzelne Drüsenzellen enthalten können (Fig. 17). Ich halte sie für identisch mit den oben er- wähnten Drüsenzellen des Bucephalus. Der Inhalt ist stark lichtbrechend und daher sehr auffällig. Ich vermuthe, dass die » glänzenden Platten «, welche G. WaAGzner (Nr. 34) im Kopfnapf von Gasterostomum minimum fand, als solche Drüsenzellen zu erklären sind. Bei freien Gast. fimbria- tum verschwinden die Drüsenzellen völlig; ich habe sie nur noch ge- sehen bei jungen Thieren, die vermuthlich erst vor Kurzem frei gewor- den waren. Gasterostomum. Der vordere Saugnapf öffnet sich ventral; seine Muskulatur ist folgendermaßen angeordnet (Fig. 18 und 19). An der hinteren Fläche desselben setzen sich Radiärmuskeln («) an; dieselben strahlen auf dem Querschnitt des Thieres nicht gleich- mäßig von einem gedachten Mittelpunkte im Saugnapf aus, sondern sie liegen in sechs Radien, d. h. in sechs in der Längsrichtung des Thieres laufenden Streifen (Fig. 19 1—6); zwischen denselben liegen in fünf Streifen Zellen vom Aussehen der Parenchymzellen. In den Streifen der Muskulatur sind wieder fünf dünnere Streifen von Parenchymzellen eingelagert. Die seitlichen breiten Bänder radiärer Muskelfasern setzen sich nach vorn und hinten um den Saugnapf herum fort. Im Anschluss an die vorn gelegenen longitudinal gerichteten radiären Muskeln ver- läuft ein Ring von schiefen Muskelfasern, welche sich an der dorsalen und der vorderen Fläche des Thieres inseriren ($) (Ringwulst)1. Auch diese 1 Nach Morın’s (Nr. 47) Zeichnung und Beschreibung ist am Saugnapf von Gast. armatum = Gast. crucibulum die Muskulatur angeordnet in drei Muskelbündel, welche in der Längsrichtung des Körpers laufen und zwei dazwischen liegende Bucephalus und Gasterostomum. 549 Muskeln sind durch fünf schmale Streifen von Parenchymzellen unter- brochen;; die letzteren entsprechen den fünf Ecken, welche das Vorderende bei manchen Kontraktionszuständen der Muskulatur besitzt. Jede radiäre Muskelfaser setzt sich mit breiter Basis an der Innenfläche des Saug- napfes an, schwillt zu einem stark tingirbaren Bauche und verschmälert sich dann allmählich gegen das periphere Ende hin, wobei feine helle Streifen einen Zerfall in Fäserchen andeuten (Fig. 20). Der Saugnapf mit dem Ringwulst wird umhüllt von einer kontinuir- lichen Muskelhaut (Fig. 18 y); ich glaube, dass ihre Fasern vorwiegend meridional verlaufen, denn ich sah einzelne Fäserchen derselben in sagittaler Richtung nach der ventralen Körperwand abgehen (y’). Kaum erkennbare feine Fäserchen findet man zwischen den Basen der Radiär- fasern und zwar äquatoriale am Rande und longitudinale in der Tiefe des Saugnapfes (Ö). Vielleicht entstehen die von WAGENER gezeichneten (vgl.p. 542) Fort- sätze am Vorderende des Körpers dadurch, dass die zwischen den Zügen der Radiärfasern liegenden Parenchymstreifen hervorgepresst werden und die Muskelhaut und die Körperhaut ausstülpen (vgl. Fig. 19). Einige wenige undeutliche Muskelzüge verbinden den ventralen Rand der Oberlippe des Saugnapfes mit dem dorsalen Rand des Ring- wulstes (e). Am unteren Rande des Saugnapfes außerhalb desselben liegen jederseits einige Drüsenzellen, welche vermuthlich in den Saugnapf hin- einmünden (schon von Wagener [Nr. 32] gesehen). Die Bewegung des Körpers verläuft in folgender Weise: Durch Kontraktion der Ringmuskeln wird der Körper verschmälert und ver- längert; dabei dringt der Kopf vor unter keilförmiger Zuspitzung, welche wahrscheinlich die Wirkung der zuletzt genannten Muskelfasern (£) und eines Theiles der Muskelhaut ist. Dann erweitert und vertieft sich der Saugnapf, um sich anzusaugen (Wirkung der Radiärmuskeln «); gleichzeitig bewirken die in der Oberlippe des Saugnapfes gelegenen Muskeln und der von denselben aus dorsal verlaufende Ring von Muskel- fasern (6) die Abplattung der Vorderfläche des Körpers und die Ent- stehung eines namentlich dorsal vorspringenden Wulstes, der dazu bei- trägt, das Vorderende im Schleime zu befestigen (letzterer Wulst mag auch für die Fixirung der oberen Ansatzpunkte der Radiärmuskeln von Nutzen sein). Durch die Kontraktion der Längsmuskeln wird der Körper nachgezogen. Streifen einer aus Muskelfasern bestehenden Masse; vorn ist ein queres Band, wel- ches nach Lage und Ansehen dem Ringwulst von Gast. fimbriatum entspricht. 50 H. Ernst Ziegler, Parenchym. Bucephalus. Die Grenzen der Parenchymzellen sind auch bei meinen besten Präparaten kaum zu sehen. Die Kerne sind intensiv ge- färbt, das Protoplasma ist nahezu farblos. An einzelnen Stellen findet man deutlich in einer Richtung verlängerte Kerne, welche gestreckten oder verästelten Bindegewebszellen angehören. Ferner sieht man auf den Schnitten im Parenchym zerstreut Zellen gewöhnlicher Größe mit körnigem Inhalt, in welchem meistens kein Kern zu bemerken ist (Drüsenzellen?). Gasterostomum. Trotzdem auch hier die Zellen schwer gegen einander abzugrenzen sind, kann man doch zweierlei Zellen im Paren- chym unterscheiden, nämlich erstens langgestreckte oder verästelte, welche bindegewebiger oder wohl häufiger muskulöser Natur sind, und zweitens runde, blasser gefärbte, welche in den Maschen zwischen den Fortsätzen der ersteren liegen und vermuthlich der osmotischen Ver- theilung der Nahrungsstoffe dienen. Die Kerne beider Zellformen sind ähnlich von Aussehen ; der Kern’zeigt ein Kernkörperchen und manch- mal wandständige, kleine, dunkle Flecken oder Körner; die Kerne der ersten Zellform sind kleiner und, wenn die Zelle in einer Richtung ge- streckt ist, häufig oval (Fig. 16). Unter der Muskelschicht der Körper- wand liegt eine Reihe von Parenchymzellen der zweiten Form, welche an den peripheren Enden durch Verschmelzung oder durch gleich- formigen Habitus einen fein granulirten Streifen erzeugen. Zellen der ersten Kategorie können durch Aneinanderlagerung Faserzüge oder Häute bilden, z. B. die Wand der Wassergefäß- blase. Nervensystem. Bucephalus. Hinter dem birnförmigen Organ am Vorderende bemerkt man am frischen Thier mit geringer, an Schnitten mit voll- kommener Deutlichkeit das Gehirn (Fig. 9 n). Jede Hälfte desselben hat eine etwa dreieckige Form; das eine mediane Eck ist mit dem der an- deren Seite zur Kommissur verschmolzen; das vordere liegt dem birn- föormigen Organ an und das dritte sieht nach hinten und außen; eine Fortsetzung dieses letzteren in einen seitlichen Nervenstrang konnte ich nirgends deutlich erkennen. Der histologische Bau hat große Ähnlich- keit mit dem des Rhabdocoelidengehirns. Das Gehirn wird gebildet durch eine faserige Masse, welche überall von einer einfachen oder mehrfachen Lage von Ganglienzellen umgeben ist (Fig. 6 und 25). Die Zellkörper der Ganglienzellen sind: nicht zu erkennen; es gelingt manch- Bucephalus und Gasterostomum. 551 mal nicht, die letzteren gegen die umliegenden Parenchymzellen abzu- grenzen, von welchen man auch nur die Kerne sieht; die Kerne der Ganglienzellen sind im Allgemeinen gleichmäßig von rundlicher Form und etwas heller gefärbt als die der Parenchymzellen. Gasterostomum. Am frischen Thier und auf Schnitten sieht man fast unmittelbar hinter dem vorderen Saugnapf einen quer liegen- den feinfaserigen Streifen (Fig. 28 n); jederseits schwillt derselbe etwas an und geht über in einen nach vorn zur Seite des Saugnapfes ver- laufenden Zug, welcher in den Saugnapf hineinzugehen scheint, und in einen nach hinten umbiegenden Strang, welchen ich auf einem Längs- schnitt durch etwa 1/, des Körpers und am frischen Thier bis nahe an das Hinterende verfolgen konnte; der letztere hat eine Breite von 0,0075 mm und liegt an der Ventralseite, nahe der Haut. Rings um den faserigen Streifen sieht man Kerne, deren Zellen als Ganglienzellen angesehen werden müssen; auch den hinteren Längssträngen liegen Ganglienzellen an. Darmkanal. Bucephalus. An der Grenze des letzten Dritttheils des Leibes liegt eine kleine röhrenförmige Einsenkung der Haut, welche in den Schlundkopf führt (Fig. 25) ; die Anordnung der Muskelfasern in dem letzteren ist die gleiche, wie sie unten für Gasterostomum beschrieben werden wird. Der Schlundkopf kann Flüssigkeit einpumpen, indem er sich erweitert und dann peristaltisch kontrahirt. An den Schlundkopf schließt sich ein kurzer nach vorn aufsteigen- der Ösophagus an, welcher von einer homogenen Schicht gebildet ist. An den in den Keimschläuchen gefundenen Bucephalus sieht man den Darm deutlich als eine rundliche mit niedrigem Epithel ausgekleidete Blase (Fig. 4). Wenn die Gercarie die Muschel verlässt, ist der Darm- kanal meistens leer und schwer zu sehen. Bei Betrachtung von !oben bemerkt man zwei an einander liegende und fünfmal im Zickzack in einander greifende Reihen großer gelblicher Zellen. War das Thier eine . Zeit langim Wasser, so zeigt der Darm einen flüssigen Inhalt, in welchem häufig gelbgrünliche kugelige Konkremente schwimmen; dann erkennt man deutlich, dass er einfach ist, dass aber die ventrale Zellenschicht durch den Bauchsaugnapf eine Strecke weit in die Höhe getrieben wird und das Lumen sehr vermindert (Fig. 9); daher scheint der Darm aus zwei hinten verbundenen Schenkeln zu bestehen, sobald das Thier ge- drückt wird. Ich vermuthe, dass der zweischenklige Darm der Disto- miden überhaupt phylogenetisch aus dem einfachen dadurch entstanden ist, dass der in der ventralen Körperwand entwickelte Saugnapf die ven- 552 | H. Ernst Ziegler, trale Darmwand nach oben drückte und mit der dorsalen zur Ver- schmelzung brachte. Die Höhe der Darmepithelzellen ist manchmal sehr ungleich, indem einzelne Zellen weit in das Darmlumen vorstehen. v. Baer (Nr. 2) und Andere glaubten, dass die krugförmige Einsenkung an der Spitze die Mundöffnung sei. Den Magen hat Bırr gesehen und als solchen gedeutet; v. SıegoLd (Nr. 22) erkannte die Einfachheit des Darmes und die ventrale Lage der Mundöffnung; PAGENnSTECHER (Nr. 19) zeichnet und beschreibt einen Saugnapf am Vorderende, welcher die Mundöffnung enthält, einen Ösophagus mit Schlundkopf und einen zwei- schenkligen Darm. | Gasterostomum. Der Verdauungstractus beginnt mit einer kurzen röhrenförmigen Einsenkung der Haut (Fig. 21); in dieselbe münden von jeder Seite die feinen Ausführungsgänge einiger unter der Haut gelegenen Drüsenzellen ein. Dann folgt der Schlundkopf; er ist etwas größer als bei Bucephalus (Länge 0,042 gegen 0,036 mm, Breite 0,047 gegen 0,03 mm) und die muskulösen Elemente sind weniger fein. Die innerste homogene Schicht ist ebenfalls eine Fortsetzung der Haut- schicht. Der Schlundkopf zeigt folgende Muskulatur: Direkt unter der homogenen Auskleidung liegt eine Reihe von Ringmuskelfasern ; dann folgen die Radiärmuskelfasern ; zwischen denselben liegen zerstreut Kerne vom Aussehen der Kerne runder Bindegewebszellen!. An der Peripherie liegt abermals eine Reihe von Ringmuskelfibrillen und dar- über ist der Pharynx durch eine sehr dünne Muskelhaut begrenzi, welche die Enden der radiären Muskeln und vielleicht auch Ring- oder Meridional-Muskelfasern enthält. An den Saugnapf, welcher etwas nach vorn aufsteigt, schließt sich ein nach vorn gehender Ösophagus an. Derselbe zeigt bald hinter dem Schlundkopf einen Beleg von Ringmus- kelfasern und darüber befindlichen Längsmuskelfasern; auch ihn kleidet eine homogene Schicht aus. Der Ösophagus hat ungefähr die gleiche Länge wie der Magen; der letztere ist nach hinten gerichtet und reicht daher nahezu bis zum Saugnapf. Der Magen hat einen ovalen Kontur; die Epithelzellen können am frischen Thier nicht mehr unterschieden werden; man sieht nur zahlreiche Tropfen in einer homogenen Masse; so erscheint der Magen bereits bei den eingekapselten Exemplaren. Auch auf Schnitten gelang es mir nicht, die einzelnen Epithelzellen gegen ein- ander abzugrenzen; ich sah nur deren in etwas unregelmäßiger Reihe liegende Kerne; nach innen hin trifft man zahlreiche Vacuolen, die 1 Zwischen den Radiärmuskeln der Saugnäpfe und des Schlundkopfes der Trematoden sind allgemein große Zellen gefunden worden. Laxe (Nr. 15) hat be- kanntlich derartige Zellen bei Tristomum, Pleurocotyle, Distomum nigroflavum und hepaticum als Nervenzellen erkannt. Bucephalus und Gasterostomum. 999 den oben genannten Tropfen entsprechen; eine Grenze des Epithels gegen den Mageninhalt konnte ich nicht erkennen (Fig. 16 M). Der Verdauungskanal hat in Form, Lage und Struktur große Ähn- lichkeit mit dem der Rhabdocoeliden ; nach der von Grarr (Nr. 41) durch- geführten Bezeichnungsweise ist eine Pharyngealtasche, ein Pharynx bulbosus (aber ohne Längsmuskulatur) und ein Ösophagus vorhanden ; der letztere tritt durch seinen Muskelbelag und den Charakter der aus- kleidenden Schicht demjenigen der Mesostomidae nahe. Der Ösophagus bei Gasterostomum wurde von keinem der früheren Beobachter bemerkt. Alle glauben, dass das Lumen des ventral ge- legenen Schlundkopfes direkt in den Magen führe, welcher »nach dem Kopfe umbiege«. Wassergefäßsystem. Bucephalus. Die große $-förmig gekrümmte Endblase geht links am Bauchsaugnapf vorbei und reicht bei Bucephalus wenig über denselben hinaus (Fig. 3). Sie ist ausgekleidet von flachen Zellen, deren ovale Kerne etwas in das Lumen hervorragen. Sie mündet durch einen kurzen, gewöhnlich geschlossenen Gang auf einer ovalen Papille am Hinterende des Körpers (Fig. 9). Die letztere liegt ein wenig hinter der Linie, in welcher die Haut des Körpers auf den Schwanz übergeht. Die Blase füllt sich und kontrahirt sich rhythmisch in Intervallen von eini- gen Minuten; die abgesonderte Flüssigkeit wird bei dieser Lage der Öff- nung auffallenderweise in das Lumen des Schwanzes eingetrieben und dringt von da osmotisch nach außen; sie nützt vielleicht, den Schwanz prall zu erhalten. Die vielen in den Armen des Schwanzes liegenden kleinen Körnchen (vgl. p. 562) sind vielleicht abgelagerte Exkretionsstoffe. Es sind wohl viele Gercarien bekannt, bei welchen die Wassergefäßbhlase sich in den Schwanz fortsetzt und an dem letzteren ausmündet; aber für das Verhältnis von Bucephalus kenne ich kein Analogon. Etwa im Beginn des oberen Drititheils der Blase treten in dieselbe an den Seiten zwei kurze Gefäßstämme ein; dieselben entstehen aus der Vereinigung je eines vorderen und eines hinteren Längsgefäß- stammes. Die genauere Verzweigung dieser Gefäße mag aus der Fig. 3 ersehen werden. In die Längsgefäßstämme münden zahlreiche feine Kanälchen von verschiedener Länge, verzweigte und unverzweigte. Dieselben führen zu den Flimmertrichtern ; letztere scheinen vorzugsweise an der Bauch- seite des Thieres zu liegen ; sie sind besonders reichlich am hinteren Ende des Thieres zu finden; sonst sind sie ziemlich gleichmäßig im Körper zerstreut. Die Gefäße können nur dann deutlich gesehen werden, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 37 554 00H, Ernst Ziegler, wenn das Thier unter einem gewissen Druck liegt. Noch mehr gilt dies von den Flimmertrichtern. Daher hält ein Thier selten die Beobachtung lange aus; das Bild musste also aus mehreren Skizzen kombinirt werden und ich bin nicht sicher, ob die gezeichnete Lage der einzelnen Flimmertrichter überall ganz richtig ist. Die Menge des Wassers, welche bei Bucephalus durch das Wasser- gefäßsystem passirt, ist im Vergleich zu der Masse des Thieres so groß, dass sie sehr wohl neben der exkretorischen auch eine respiratorische Bedeutung haben kann. Gasterostomum. Bei den eingekapselten Exemplaren ist die Endblase ganz erfüllt von kleinen stark lichtbrechenden Kügelchen ; sie sind höchst wahrscheinlich Endprodukte des Stoffwechsels und ihre Menge lässt auf eine osmotische Ernährung des eingekapselten Wurmes durch die Säfte des Wirthes schließen (Fig. 17); die Blase ist bei den älteren Exemplaren bis ganz nahe an den vorderen Saugnapf hin aus- gedehnt; sie kontrahirt sich nicht. Die seitlichen Gefäßstämme kann man meistens nur streckenweise sehen. Bei Gasterostomen, welche noch nicht lange im Darm des Hechtes verweilt haben, findet man die Blase noch mit den stark lichtbrechenden Körnchen erfüllt, bei älteren Exemplaren ist sie leer. Kontraktionen bemerkte ich bei Gasterostomen nie mehr; aber ich sah am frischen Thier, dass eine Muskulatur vorhan- den ist und zwar Ringmuskelfasern, die in kleinen Abständen liegen und einige Längsmuskelfasern. Nur selten bemerkt man bei einem einge- kapselten oder freien Gasterostomum eine Wimperflamme, am ehesten die gerade hinter dem Saugnapf gelegene. Genitalorgane. Bucephalus. Bei Bucephalus können folgende Anlagen der Geschlechtsorgane bemerkt werden (Fig. 25 G, G,). Im letzten Viertheil des Körpers steigt ventral von der äußeren Haut schief nach oben und vorn ein aus dicht liegenden Zellen mit in- tensiv gefärbten Kernen bestehender Zapfen auf, welcher vermuthlich in den Penisbeutel sich umwandelt. Etwas mehr dorsal und vorn liegen beisammen mehrere Gruppen dicht gedrängter Zellen, deren Kerne sich intensiver färben als die der gewöhnlichen Parenchymzellen,; ich vermuthe, dass sie die noch undifferenzirten Anlagen der Fortpflanzungselemente producirenden Organe sind. Gasterostomum. Das Ovarium liegt im Parenchym eingebettet auf. der rechten Seite des Thieres, neben oder theilweise über und binter Bucephalus und Gasterostomum, 555 dem Magen (Fig. 28). Seine Form ist im Ganzen kugelig, nur liegt die Austrittsstelle der Eier auf einer kleinen kegelförmigen Erhebung. An der Peripherie des Ovariums findet man in einfacher und am vorderen Ende in mehrfacher Lage kleinere Zellen von durchschnittlich 6,5 u Durchmesser, mit einem Kern von etwa 4,5 u Durchmesser. Im Innern liegen größere Zellen (etwa 44 u lang 9 u breit). Diese reiferen Eizellen scheinen ein amöboides Bewegungsvermögen zu besitzen; sie erschienen auf den Schnitten meistens länglich und zeigten einen oder mehrere pseudopodienartige Fortsätze (Fig. 16). Die schon am frischen Tbier sichtbaren (Fig. 27) runden Eikerne besitzen ein Kern- körperchen und wandständige dunkle Punkte. Ein Keimlager, von welchem beständig noch Zellen nachrücken könnten, ist, wenigstens beim reifen Thiere, nicht vorhanden. Der kleine kegelförmige Zapfen zeigt eine deutliche aus platten kern- haltigen Zellen bestehende Wandung. Eine zusammenhängende Um- hüllungshaut des ganzen Ovariums habe ich zwar auf den Schnitten nicht überall verfolgen können, aber die auf Schnitten vereinzelt dem Ova- rium anliegenden langgestreckten Kerne und der Umstand, dass am frischen Thier das Ovarium immer einen scharfen Kontur behält, sprechen dafür, dass sehr flache Bindegewebszellen des Parenchyms wie eine Haut das Ovarium umschließen. Die Dotterstöcke liegen zu den Seiten des Magens und weiter nach vorn (Fig. 28). Sie bestehen aus einzelnen Läppchen, deren jedes eine im Parenchym eingelagerte Gruppe von Dotterzellen ist. In den Zellen treten stark lichtbrechende Kügelchen, die Dotterkörnchen, auf (vgl. Fig. 13 und 26 do). Die Zellen werden allmählich mit denselben erfüllt und gewinnen bedeutend an Volumen; schließlich kann man weder Proto- plasma noch Kerne mehr erkennen. Dieser Process schreitet in den Doiterstöcken von hinten nach vorn vor, also es reifen zuerst die Zellen der dem Ausführungsgang zunächst liegenden Läppchen. Da die Dotterstöcke in gleicher Weise wie der Keimstock in das Parenchym eingebettet sind, da die Zellen hier wie dort sich ablösen und in die Ausführungsgänge übertreten, sehe ich auch durch Gastero- stomum die Theorie bestätigt, dass »die Entstehung des Dotterstockes wahrscheinlich aus der Arbeitstheilung eines primitiv sehr ansehnlichen Eierstockes resultirt«. Dieselbe wurde von GeGEnsaur (Grundriss der vergleichenden Anatomie 1878, p. 191) aufgestellt und von Grarr (Nr. 14) auf das überzeugendste an den Rhabdocoeliden bewiesen. Ich habe keinen Grund zu zweifeln, dass jeder der abgegrenzten Ballen von Dotterkörnchen, welche in den Ausführungsgängen und in der Sammelblase gefunden werden, einer Dotterzelle entspricht. GrarF 37* 556 H. Ernst Ziegler, giebt an für die Rhabdocoeliden, und Sommer für den Leberegel, dass die Dotterzellen vor dem Austritt aus dem Dotterstock zerfallen und dass die Dotterkörnchen zu neuen Ballen sich zusammenlegen. Aber Kergerr (Nr. 13) betont, dass bei Distomum Westermanni die- Dotterzellen bis zum Eintritt in den Uterus erhalten bleiben. Es ist theoretisch nahe- liegend, dass der Zeitpunkt der Auflösung der Zellen bei verwandten Thieren verschieden sein kann. Bei Gasterostomum lösen sich, wie ich giaube, die den Zellen entsprechenden Ballen erst beim Eintritt in den Eileiter auf. Die beiden Ausführungsgänge der Dotterstöcke gehen nach hinten und vereinigen sich median hinter dem Ovarium zu einer nach vorn oder nach der Seite liegenden ovalen Blase, die als kleines Reservoir fungirt (Fig. 27 D). Die Eizellen treten aus dem Ovarium durch ein kurzes Kanälchen aus, dessen Lumen nur während dieses Austritts sich öffnet, und ge- langen in einen mit wimpernden Zellen ausgekleideten Kanal; derselbe ist am Ovarium zu einer Blase erweitert, in der bei begatteten Thieren zahlreiche Spermatozoen gefunden werden, in der also wahrscheinlich die Befruchtung erfolgt. Der Kanal theilt sich bald in den Laurer’schen Kanal (Fig. 27 Le) und in den Eileiter. Der erstere besitzt zuerst eine Dicke von 0,005 mm, verschmälert sich dann allmählich auf 0,003 mm und mündet an der Dorsalseite des Thieres mit einer runden Öffnung von 0,004 mm Durchmesser, die in der Oberfläche des Thieres liegt. Das Epithel des Kanals wimpert; auf Schnitten konnte ich an dem weiteren Theile desselben einzelne Kerne erkennen. Der Eileiter zeigt in seinen nächsten Abschnitten eine aus kern- haltigen, flachen, wimpernden Zellen bestehende Wandung. Er nimmt bald die Einmündung der Sammelblase des Doiters auf; geht man eine kurze Strecke weiter, so findet man rings um den Kanal viele radiäre feine Streifen und Linien (Fig. 27 g), die ich für sehr feine und lange Schalendrüsen halte; sie wurden bei vielen Trematoden an homologer Stelle gefunden und von TAscHENBERG Zuerst bei Onchocotyle als Schalen- drüsen erkannt (Nr. 27). Jenseits dieser quastenförmigen Figur sieht man eine ovale Erweiterung des Eileiters; sie enthält gewöhnlich ein fertiges Ei und neben demselben häufig Spermatozoen. Vermuthlich werden in diesem Raume die Eier gebildet; seine Wandung ist peri- staltischer Bewegungen fähig, aber ich konnte keine Muskelfasern über dem Epithel konstatiren. Den folgenden Theil des Eileiters, in welchem die Eier ihre Em- bryonalentwicklung durchlaufen, nenne ich Uterus; er geht nach vorn, legt sich ver dem Magen in viele Windungen, begiebt sich hinter die Bucephalus und Gasterostomum. 997 Hoden, windet sich wieder mehrfach und mündet durch einen kurzen gewöhnlich geschlossenen Gang in den Genitalsinus. Der Uterus besitzt keine Wimperung mehr; er zeigt, ehe er mit Eiern gefüllt ist, eine deut- liche Wandung, aus flachen Zellen gebildet; wenn sich die Eier in ihm anhäufen und ihn ausdehnen, wird dieselbe sehr fein und die Kerne springen etwas in das Lumen vor. Man findet im Uterus außer den Eiern noch Dotterkörnchen, Tröpfchen von Schalensubstanz und ovale Klümpchen der letzteren, welche in einer nach außen geöffneten Höhlung etwas Dotter umschließen, also wahrscheinlich der Oogenese angehörige Missbildungen sind. Die soeben angegebene Anordnung der weiblichen Genitalorgane ist eben so von Srıepa (Nr. 25) an Amphistomum conicum und von Bürscati (Nr. 4) an Distomum endolobum Duj. beobachtet worden. Aus den Angaben von Krrserr (Nr. 13) über Distomum Westermanni geht hervor, dass bei anderen Species von Distomum die Einmündungen der verschiedenen Kanäle in einander eben so angeordnet sind, dass aber am Laurer’schen Kanal eine besondere birnförmige Ausstülpung als Receptaculum seminis vorhanden ist. Die meisten Beobachter an Disto- miden sind durch die Schalendrüse verhindert worden, diese Verhält- nisse zu sehen. Auch der weibliche Genitalapparat von Onchoecotyle appendiculata Kuhn, welchen Taschensere (Nr. 27) beschrieb, zeigt eine auffallende Ähnlichkeit mit demjenigen von Gasterostomum. Hinter dem Ovarium liegen die beiden Hoden, der eine hinter dem anderen (Fig. 28). Den Process der Spermatogenese habe ich nicht ver- folgt; ich will nur erwähnen, dass der Hoden auf den Schnitten ein ähn- liches Bild bietet, wie es von LORENZ (Nr.46a, Taf. II, Fig. 12) für Axine gezeichnet wurde, insbesondere, dass an der Peripherie eine kontinuir- liche, stellenweise mehrfache Lage kleiner (0,005 mm) Zellen (Sperma- togonien) liegt. Auch der Hoden wird von flachen zusammenhängenden Bindegewebszellen wie von einer Haut begrenzt; man sieht wenigstens auf Schnitten häufig gestreckte Kerne demselben anliegen und kann den Querschnitt der Umhüllungshaut auf kurze Strecken verfolgen. Aus den beiden Hoden treten die Spermatozoen in zwei Samen- leiter, welche sich bald vereinigen (Fig. 22). Die Wandung dieser Ka- näle besteht aus flachen Zellen mit deutlichen vorspringenden Kernen. Der gemeinsame Samengang führt in eine Samenblase, welche sich im oberen Theile des Cirrusbeutels befindet. Der letztere liegt nahe dem Hinterende auf der linken Seite des Thieres. Er besitzt eine durch eine Lage breiter Muskelbänder gebildete Längsmuskulatur. Die Samenblase erscheint bei unreifen Thieren als enger Kanal; gefüllt ist sie kugelig 558 h. Ernst Ziegler, oder walzenförmig; ihre Wandung besteht aus einer Haut, deren läng- liche Kerne etwas in das Lumen hervorragen. Der folgende Ductus eja- culatorius (Fig. 22 de) ist mit einer Schicht eigenthümlicher Zellen, von etwas ungleichmäßiger Länge ausgekleidet, in welchen ich keinen Kern wahrnehmen konnte. Der Raum zwischen der Wandung des Cirrus- beutels und dem Ductus ejaculatorius mit der Samenblase ist von Paren- chymzellen erfüllt. Der Ductus ejaculatorius zeigt gegen sein Ende eine dünnere Auskleidung und mündet in den Genitalsinus. Der letztere ist eine imInneren des Körpers gelegene, von der Hautschicht ausgekleidete, durch einen (gewöhnlich geschlossenen) kurzen Kanal an die Ventral- seite des Thieres ausmündende Blase (Fig. 22 Gs). An die vordere Wand derselben setzt sich die Längsmuskulatur desCirrusbeutels an; der inner- halb der kreisförmigen Ansatzlinie gelegene Theil der Blasenwand ist weit vorgestülpt und an dem dadurch entstehenden papillenförmigen Zapfen öffnet sich ventralwärts in einer kleinen Einsenkung der Ductus ejaculatorius. In den Genitalsinus mündet, wie schon oben bemerkt wurde, auch der Uterus ein; man findet in ihm häufig einzelne Eier. Schließlich bleibt noch die Frage, in welcher Weise das oben be- schriebene Begattungsorgan zur Funktion kommt. Wahrscheinlich wird durch den Zug der Längsmuskulatur des Girrusbeutels ein Theil des Ductus ejaculatorius umgestülpt und so der in den Genitalsinus hinein- reichende Zapfen verlängert, bis er als Cirrus aus dem Genitalsinus her- vortritt. Dass dieser in den Laurer’schen Kanal hineingeführt werde, ist in Anbetracht der Dimensionsverhältnisse nicht denkbar; aber es ist möglich, dass der Ductus ejaculatoriuslauf die Öffnung des Kanales ge- bracht und der Cirrus ringsum auf die Oberfläche des Thieres aufge- drückt wird. Wenn man von den Beobachtungen an anderen Trema- toden absehen würde, so müsste nach,den anatomischen Befunden für Gasterostomum zugegeben werden, dass auch eine Selbstbefruchtung durch den Uterus möglich ist, oder dass bei der Begattung der Cirrus des einen Thieres in den Genitalsinus des anderen eingeführt werden und ebenfalls durch den Uterus die Befruchtung erfolgen kann. Ich habe bei einem Thiere, welches bereits Eier ausgebildet hatte, Spermatozoen im Laurer’schen Kanal gesehen, aber diese könnten auch vom Uterus her dahin gelangt sein. Frisch befruchtete Thiere sind mir nicht zur Beobachtung gekommen. Der Schwanz des Bucephalus. In der ersten Beschreibung des Bucephalus durch Baer (Nr.2) wird sein Name (Büffelkopf) damit gerechtfertigt, dass dem ovalen oder lanzettlichen Cercarienleib ein Schwanz folge, welcher aus zwei, wie Bucephalus und Gasterostomum. 559 lange Büffelhörner mittels dicker Wülste dem Leibe angefügten Fortsätzen bestehe (vgl. Fig. I und 2). Den Theil des Schwanzes, dessen Hälften als »die beiden Wülste« oder »die beiden Scheiben« bezeichnet sind, nenne ich das Ansatzstück, weil es den Hörnern oder Armen zum Ansatz dient. Das Ansatzstück hat eine Höhe von etwa 0,14 mm und je nach dem Bewegungszustand eine Breite von 0,25—0,3 mm; seine Form kann man sich in folgender Weise klar machen. Stellen wir uns dasselbe zunächst als eine elastische, mit Flüssigkeit gefüllte Blase von der Form eines länglichen Ellipsoids vor, an. dessen Enden sich je ein Arm ansetzt; durch das Hinterende des Cercarienleibes wird dieser Körper an einer in der Medianebene des Thieres liegenden Stelle etwas eingedrückt; nahe der vorerwähnten Ebene gehen jederseits Muskelzellen vom Körper zu der gegenüber liegenden Peripherie (Fig. 24), wo sie sich nicht genau an der entgegen- gesetzten, sondern an einer etwas mehr bauchwärts gelegenen Stelle ansetzen. Durch dieselben wird eine tiefe Einschnürung der Blase her- vorgebracht, und das Ansatzstück erscheint daher namentlich in den Ansichten von hinten und von unten zweitheilig (vgl. Fig. 9, 40, 4A). Das Ansatzstück geht seitlich in die schlanken konischen Arme über; dieselben sind im kontrahirten Zustande 0,5 mm lang und (nahe der Basis) 0,17 mm dick, werden aber unter entsprechender Ver- dünnung bis zu einer Länge von etwa 2,5 mm ausgestreckt. Der Schwanz ist nach außen durch eine feine homogene Hautschicht abgeschlossen, welche die gleichen Quellungserscheinungen zeigt, wie die Hautschicht des Körpers. Kerne sah ich nie in derselben. Im hinteren Theil des Ansatzstückes enthält sie eine stark lichtbrechende in Alkohol, Nelkenöl, Paraffin und Chloroform unlösliche Substanz; diese erzeugt rundliche Verdickungen, die den Buckeln der Hautschicht am Körper ähnlich sind. Diese dunkel umrandeten Erhebungen reichen an der Dorsalseite weiter gegen den Körper hin vor als auf der ventralen (Fig. 9 und 40). Man sieht an Bucephalen eines gewissen Entwicklungs- stadiums im hinteren Theil des Ansatzstückes große rundliche kern- haltige Zellen von durchschnittlich 0,025 mm im Durchmesser; an einem etwas älteren Stadium liegen in diesen Zellen Kügelchen einer stärker lichtbrechenden Substanz. Während der weiteren Entwicklung, die auch eine größere Auftreibung des Ansatzstückes mit sich bringt, werden die Zellen flacher, die Kerne verschwinden, die Kügelchen zer- fallen in kleinere; auch scheint jede Zelle zweimal sich zu theilen, denn die am ausgebildeten Bucephalus vorgefundenen rundlichen Ver- dickungen der Hautschicht haben durchschnittlich nur einen Durch- messer von 0,04 mm. Welchen physiologischen Zweck diese Ein- 560 H. Ernst Ziegler, lagerungen in der Haut haben könnten, ist schwer einzusehen; vielleicht dienen sie nur dazu, die Wandung steif zu machen. Die Elemente der Muskulatur im Ansatzstück sind enorm fein und nur wenig an Lichtbrechungsvermögen von der umgebenden Substanz unterschieden. Die Beobachtung derselben ist noch dadurch erschwert, dass das lebende Thier sich ruhelos bewegt. Am leichtesten sieht man an Hämatoxylinpräparaten die oben erwähnten Muskelstränge, welche ‘ die hintere Wand des Ansatzstückes gegen den Körper heranziehen (Fig. 24). In der typischen Form bestehen ihre Elemente aus einer vorn verbreiterten und hinten mehrfach getheilten Fibrille, an welcher etwas Protoplasma und von diesem umschlossen der Kern anliegt (Fig. 24 8); der letztere misst 3,5 «u in der Breite, 5 u in der Länge; meistens bilden zwei oder drei solcher Elemente zusammengelagert den Strang einer Seite; am lebenden Thier erscheint der Anfangstheil des Muskel- stranges, welcher allein sichtbar ist, als ein schwach längsgestreiftes Band, dessen Breite die der Kerne übertrifft. Diese Elemente erinnern an die von Sırensky (Nr. 21) bei Amphilina gefundenen (dorsoventralen) Muskelzellen. Im dorsalen vorderen Theil des Ansatzstückes hängen im Lumen einige muskulöse kernhaltige Zellen, welche mit mehreren Ausläufern unter einander und mit der Oberfläche zusammenhängen und die letztere nach innen zu ziehen im Stande sind (Fig. 10 und 41 9). Zum Studium der weiteren Muskulatur des Schwanzes ist es von Vortbeil zunächst das Ansatzstück von vorn zu betrachten. Man be- merkt in der mittleren Frontalebene eine Reihe von Kernen, welche auf die Arme sich fortsetzt (Fig. 9 und 41 X,). Ich konnte im Ansatzstück um diese Kerne nie einen Protoplasmakörper bemerken, während die in der Fortsetzung der Reihe gelegenen Kerne auf den Armen deut- lich einen solchen zeigten. Man sieht ferner dorsalwärts und ventral- wärts von der Reihe dieser Kerne einige feine Muskelfasern, welche den Arm an den Körper heranziehen können (Fig. 14 d und v). Betrachten wir zunächst die oberflächliche Muskulatur der ventralen Hälfte des Ansatzstückes. Nahe dem Hinterende des Leibes tritt jeder- seits ein Bündel von Muskelfibrillen auf den Schwanz über und hebt dessen Haut pfeilerartig empor (Fig.9 @). Es sind dies ohne Zweifel Fort- setzungen der Längsmuskelübrillen des Leibes; an einem Längsschnitt sah ich die Längsmuskelschicht aus dem Körper heraustreten und fand einen Kern, mit etwas Protoplasma derselben angelagert; in dem ein- zigen Falle ist allerdings die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass der Kern einer ungewöhnlich liegenden Parenchymzelle angehöre. An der Ventralseite verschwinden diese Muskelfasern bald; an den Seiten des Bucephalus und Gasterostomum. 961 Thieres aber reichen sie gegen die Arme hin und bilden einen Theil der vom Leib zu den Armen gehenden Muskelfasern der ventralen Körper- hälfte (Fig. 9 und 23 0). Die der mittleren Frontalebene zunächst ge- legenen Fasern gehören einem Strang von Muskelzellen an, welcher mancherlei individuellen Variationen unterliegt, meistens aber als schmales Band hinter dem Cercarienkörper beginnt, dann zwei oder drei Kerne umschließt, dann einen kernhaltigen Zweig dorsalwärts ab- giebt und zwei kräftige Fasern nach dem Arm hinsendet, deren jede sich abermals theilt (Fig. 23 e). - Die oberflächliche Muskulatur der dorsalen Hälfte ist derjenigen der ventralen ganz ähnlich. Zunächst der mittleren Frontalebene liegen einige kräftige Fasern, welchen zwei nahe dem Cercarienkörper befindliche Kerne angehören (Fig. 23 A); weiter dorsalwärts folgen einige außerordentlich feine Fasern, denen kein Kern zugewiesen werden kann (u), und schließlich ein kräftiger Strang, welcher mehrere Kerne enthält, sich mehrfach verzweigt und meistens einen kernhaltigen Ast dorsalwärts abgiebt (Fig. 23 v). Es scheint mir, dass von Fasern dieses Stranges unter rechtwinkeliger Abzweigung die sehr feinen Ringfäser- chen des Ansatzstückes ausgehen (Fig. 23); die letzteren treten zwischen den Kernen der mittleren Frontalebene hindurch und lassen sich jeder- seits bis zu den obengenannten stark lichtbrechenden Einlagerungen verfolgen. Dass parenchymatöse Muskelelemente an den Enden sich verzweigen, ist vielfach beobachtet; eine ähnliche Verzweigung, wie die eben genannte, ist, so viel ich weiß, nur von Weser (Arch. f. mikr. Anat. XVII) an der Muskulatur der Leberschläuche von Crustaceen ge- sehen worden, deren Zellen sich aber durch die Größe und die Quer- streifung sehr unterscheiden. Ohne Zusammenhang mit den Muskelelementen sind unter der Hautschicht des Ansatzstückes Kerne zerstreut, um welche ich keinen Protoplasmakörper wahrnahm und welche ich nicht zu deuten wage (Fig. 9 und 23 K). | Die Muskulatur der Arme besteht aus einer Lage feiner eng bei- sammen liegender Ringmuskelfibrillen und einer darunter befindlichen Lage fast eben so feiner weniger eng beisammen liegender Längsmuskel- fibrillen (Fig. 5 und 9). Bei den letzteren kommt dichotomische Theilung und Verschmelzung vor. Ich glaube, dass die Längsmuskelfibrillen alle oder zum Theil Fortsetzungen der oben beschriebenen Muskelfäden des Ansatzstückes sind. Die Art der Verzweigung der Muskelfasern im vorderen Theil des Ansatzstückes lässt dies erwarten, aber ich habe nie den Übergang selbst deutlich gesehen. Ein netzförmiges Bindegewebe erfüllt die Arme. In Chromsäure 562 | H. Ernst Ziegler, gehärtete Thiere zeigen, dass unter der Muskulatur Bindegewebszellen liegen mit deutlichem Kern (von 0,005 mm Durchmesser) und einem Protoplasmakörper, von dem sehr viele Fäden nach allen Richtungen ausgehen und wieder mit den um andere Kerne gelagerten Protoplasma- körpern zusammenhängen; in Fig. 12 ist ein Stückchen eines in weit ausgestrecktem Zustand erhärteten Armes dargestellt, an welchem diese verzweigten Zellen besonders schön zu sehen waren. Diein der mittleren Frontalebene an der Vorderseite der Arme gelegenen Kerne sind alle von relativ großen Protoplasmakörpern umschlossen (Fig. 12 X), die manchmal schon am lebenden Thier zu sehen sind (Fig. 5 z). Neben solchen größeren Bindegewebszellen liegen zerstreut unter der Musku- latur kleinere mit kleinerem Kern (etwa 0,003 mm) und sehr wenig Pro- toplasma (Fig. 12). Einen Zusammenhang zwischen den Muskelelementen und den Bindegewebszellen erkannte ich nicht. Die fadenförmigen Aus- läufer der Bindegewebszellen durchziehen das Lumen in überaus großer Anzahl unter mannigfacher Spaltung und Vereinigung, vorwiegend in querer Richtung (Fig. 10, rechts ist auf den optischen Querschnitt, links auf die peripher liegenden Fäden eingestellt). Die. Fäden sind dicht besetzt mit undurchsichtigen Körnchen, welche den Armen bei auf- fallendem Licht eine weiße, bei durchfallendem eine dunkle Farbe geben; die Körnchen sind in Alkohol löslich. Im Ansatzstück und in den Armen zwischen den Bindegewebszellen befindet sich eine dünn- schleimige Flüssigkeit; die eben genannten Körnchen können, wenn das Thier gedrückt wird, sich ablösen und bei den Bewegungen der Arme frei schwimmend in das Ansatzstück vorgetrieben werden. Die Ausstreckung der Hörner erfolgt durch eine von den Ansatz- stücken des Schwanzes auf die Hörner übertretende und auf diesen bis zur Spitze fortschreitende Verringerung des Durchmessers; die Spitzen werden meistens leicht auswärts gekrümmt. Die Zusammenziehung scheint fast gleichzeitig im ganzen Schwanze zu erfolgen. Wenn der Bucephalus im Wasser schwimmt, so steht der Körper abwärts, die Hörner des Schwanzes aufwärts; er bewegt sich meistens in vertikaler Richtung, nur selten unter Schrägstellung des ganzen Körpers zugleich auch in horizontaler. Die Bewegung ist eine sehr un- vollkommene, denn immer wird der Körper bei der Ausstreckung der Schwanzhörner nach unten gestoßen und bei der Zusammenziehung nach oben gezogen. Es ist daher schwer zu erkennen, in welcher Rich- tung das Thier schwimmt, namentlich wenn man irgend welche Be- wegung des Wassers vermuthen kann. Die Richtung hängt ab von dem Verhältnis der Geschwindigkeit der Ausstreckung zu derjenigen der Zu- sammenziehung. Ist die erstere größer als die letztere, so schwimmt Bucephalus und Gasterostomum. 563 das Thier nach unten, im umgekehrten Falle nach oben. Während des Schwimmens bewegt sich der Leib gleichsam tastend im Wasser umher. Biologie. In dem Ei von Gasterostomum fimbriatum entwickelt sich ein nackter keulenförmiger Embryo, welcher von WaGener (Nr. 34) erwähnt und von Wepz (Nr. 36) abgebildet ist; ein ähnlicher Embryo ist von Gaste- rostomum erucibulum durch WiLLEmoEs-Sunm (Nr. 38) bekannt gewor- den. Der Embryo gelangt auf unbekannte Weise in eine Anodonta oder Unio, hier entsteht aus demselben ein mehrere Gentimeter langer faden- förmiger Keimschlauch und an diesem werden durch Knospung Seiten- zweige gebildet, die auch lang auswachsen. WacEner (Nr. 34) fand ein junges Stadium eines Keimschlauches, nämlich eine mit Zellen erfüllte 0,04 mm lange Blase, von welcher zwei dünne »zusammengenommen /, mm lange« Schläuche ausgingen. Die älteren Formen der Keim- schläuche sind durch Barr (Nr. 2) beschrieben worden. Meistens sind in den infieirten Muscheln die Leber und der Eierstock dicht mit den parasitischen Fäden durchwoben. Nahe an der Haut scheinen die letzteren besonders zu gedeihen. ‚Die Körperwand der Keimschläuche ist dünn, aus einer oder weni- gen Zelllagen bestehend, die ich morphologisch dem Körperparenchym zurechne. Über diesen Zellen liegt eine Muskulatur, welche völlig mit derjenigen der Arme übereinstimmt, nämlich ein System von Ring- fasern und ein System von Längsfasern. Eine Hautschicht konnte ich am optischen Querschnitt nicht erkennen, doch mag es sein, dass ein sehr feines Häutchen als Hautschicht oder als Rest einer Hautschicht da ist. Das Ende der Keimschläuche ist manchmal sehr dünn ausgezogen, manchmal nach geringer Verschmälerung abgerundet; im letzteren Falle sieht man deutlich, dass das Ende nicht hohl, sondern von gleichartigen runden Zellen erfüllt ist, die das Weiterwachsen des Keimschlauches und die Bildung neuer Bucephalus ermöglichen. Im Lumen liegen Bucephalen der verschiedenen Entwicklungs- stadien; man sieht kleine, wenige Kerne zeigende, und größere, viele Kerne zeigende Zellballen, welche Furchungs- und vermuthlich auch Gastrulationsstadien darstellen. Der Zellballen wird länglich, das Hinter- ende theilt sich; oberhalb eine Strecke weit, welche dem Ansatzstück entspricht, gliedert eine quere Einschnürung den Schwanz ab und zwei Anfangs knopfförmige Hervorragungen am Hinterende wachsen nach den Seiten hin zu den Armen aus. Baer (Nr. 2) hat diese Stadien richtig abgebildet. 564 H. Ernst Ziegler, Die in Entwicklung begriffenen Bucephalen liegen in Gruppen bei- sammen; der Keimschlauch wird in unregelmäßigen Abständen durch solche Gruppen blasig aufgetrieben; das Lumen des unteren Theiles, der nur noch als Ausführungsweg der höher oben gebildeten Cercarien fungirt, ist aber gleichmäßig weit. Die oberen dünnen Endstücke der Schläuche zeigen in Folge eigenthümlicher Kontraktionszustände der Muskulatur häufig da und dort perlschnurartig einander folgende Ein- schnürungen und Auftreibungen. Aus dem gleichen Grunde haben die Schwänze der in den Keimschläuchen gefundenen Cercarien häufig ein perlschnurartiges Ansehen, wie es von PAGENSTECHER gezeichnet wurde und wie es auch die unter dem Deckglas aufgesprengten Schwänze eines aus der Muschel ausgeworfenen Bucephalus zeigen. Da ferner die Keim- schläuche in unregelmäßigen Gruppen liegende Körner enthalten, welche das gleiche Lichtbrechungsvermögen zeigen wie die feinen Körnchen in den Schwänzen (aber größer sind), existirt zwischen ihnen und den Schwänzen bei schwacher Vergrößerung außer der auffallenden Ähn- lichkeit der Form auch eine Ähnlichkeit der Färbung. Ich habe aber keinen Grund die Behauptung PAGENsSTEcHERr’s, dass die Schwänze in neue Keimschläuche sich umwandelten, zu bestätigen, da die Gercarien Monate hindurch in großer Menge ausgeworfen werden und da das dichte Gewirr der Fäden aus deren Wachsthum und Knospung und aus mehrfacher Infektion der Muschel erklärt werden kann. Direkt gegen die PacEn- STECHER’SChe Auffassung spricht der histologische Bau der Arme; schon in Armen, welche noch nicht die volle Größe erreicht hatten, sah ich nur verästelte Bindegewebszellen ; dass derartige Zellen noch Eizellen werden könnten, ist nicht anzunehmen; wenn die Arme Cercarien er- zeugen sollten, so müssten sie Zellen von noch unentschiedenem Charak- ter enthalten, aus denen die »Keime« entstehen könnten. Dass die Muskulatur der Arme dieselbe ist, wie die der Keimschläuche, ist kein Argument für die Identität dieser beiden Gebilde, da a priori zu er- warten ist, dass der Keimschlauch eine ähnliche Muskulatur wie die Cercarie besitzt. Ercoranı (Nr. 9) hat vor Kurzem die Theorie PAGENSTECHER’S wie- der für eine von ihm entdeckte Art von Bucephalus so wie für die Cer- caria cristata bestätigt (vgl. p. 541). Aber seine Zeichnungen und Dar- legungen scheinen, wenigstens so weit sie Bucephalus betreffen , auf Beobachtungen zu beruhen, welche nur am frischen Thier mit schwachen. Vergrößerungen gemacht wurden und die Möglichkeit von Irrthümern nicht ausschließen. Nach meiner Ansicht könnte die Theorie, dass die Cercarienschwänze als Keimschläuche fungiren, nur dann aufrecht er- halten werden, wenn durch eine bis auf die histologischen Elemente Bucephalus und Gasterostomum. 965 durchgeführte Untersuchung Keime nachgewiesen würden in Schwänzen, welche noch an den Cercarienkörpern ansitzen oder durch unzweifel- hafte morphologische und histologische Merkmale als solche zu erkennen sind. Die Bucephalen verlassen die Muschel mit dem durch den Analsipho ausströmenden Wasser. Durch die meistens nach oben treibende Schwimmbewegung ihrer Schwänze halten sie sich im Wasser suspen- dirt und können in höhere Schichten aufsteigen. Die von einer inficirten Muschel ausgeworfene Menge von Bucephalen ist sehr groß. Eine Ano- donta, welche ich seit Mitte September vorigen Jahres isolirt in einem Aquarium hatte, öffnete jeweils nach einigen Tagen der Ruhe die Scha- len und warf dabei immer eine Anzahl Bucephalen aus; als ich Ende Juni diese Muschel untersuchte, war ihre Leber und ihr Fuß noch dicht erfüllt mit den Keimschläuchen, und diese enthielten reichlich mehr und weniger entwickelte Bucephalen. Die Cercarien werden durch das Schwimmen erschöpft und sinken nach etwa 15 Stunden zu Boden. Um sich weiter entwickeln zu können, müssen sie also innerhalb dieser Zeit einen geeigneten Wirth gefunden haben. Für den gewöhnlichen Zwischenwirth halte ich den in der Um- gebung von Straßburg überall sehr häufigen Leuciscus erythrophthal- mus L. Ich habe dreimal ein Exemplar dieser Species einige Zeit im Aquarium der inficirten Muschel gehalten und immer bei der Untersuchung nach einigen Wochen eine Anzahl (bei einem 23) encystirter Trematoden gefunden, die eben so eigenthümliche Merkmale mit Bucephalus wie mit Gasterostomum gemein hatten. Ein Exemplar aber, welches mehrere Wochen lang der Infektion ausgesetzt war, enthielt auffallenderweise keine Cysten von Bucephalus ; dennoch glaube ich, dass jene Exemplare im Aquarium und nicht etwa schon früher die Bucephalen aufgenommen hatten. Die Gysten lagen unter der Haut in dem Bindegewebe und den Muskeln aller weichen Stellen an der Mund- und Kiemenhöhle mit Aus- nahme der Kiemen. Die Cyste ist umgeben von einer bindegewebigen Haut; innerhalb derselben findet man manchmal eine dünne harte Kapsel, die wohl, wie es Leuerarr (Nr. 16 I, p. 515) für die Cysten der Trematoden überhaupt angiebt, von dem Wurm ausgeschieden ist. Die- selbe wird nur sichtbar, wenn sie gesprengt ist; daher kann man ver- muthen, dass eine sehr dünne und elastische Kapsel auch dann vor- handen ist, wenn es nicht gelingt, eine solche zu erweisen. Ich zweifle nicht, dass auch noch andere Fische, insbesondere andere Species von Leueiscus den Bucephalus übertragen. Ich hoffe, dass man nach der Abbildung Fig. 17 diese Cysten wird wieder erkennen können. Cha- 566 H, Ernst Ziegler, rakteristisch sind die Drüsenzellen im Saugnapf, die Form des Magens, die Lage des Begattungsapparates, die Form und der Inhalt der Wasser- gefäßblase. Ich habe einmal ohne Erfolg versucht, Tinca vulgaris und Gobio fluviatilis zu inficiren. Während des eingekapselten Zustandes vollziehen sich in dem Thier allmählich folgende Entwicklungsvorgänge, welche die Nothwendigkeit . dieses Übergangszustandes erklären. Das Thier wächst, die Wasserge- fäßblase wird ausgedehnt und gefüllt mit stark lichtbrechenden Kügel- chen, welche vermuthlich aus Endprodukten des Stoffwechsels bestehen, der Magen wird relativ kleiner, der vordere Saugnapf wird ausgebildet, die Geschlechtsorgane werden entwickelt; die Stacheln werden größer und deutlicher; aus diesen Vorgängen muss man schließen, dass das Thier osmotisch durch die Säfte des Wirthes ernährt wird. Das in Figur 17 abgebildete Thier war seit höchstens fünf Wochen eingekapselt. Man findet im Frühjahr auch freie Gasterostomen mit un- vollkommen entwickeltem Geschlechtsapparat, die wahrscheinlich nur kurze Zeit eingekapselt waren und erst im Darm heranreifen. Wenn der die Gysten enthaltende Fisch von einem Hecht oder Barsch gefressen wird, so werden die encystirten Thiere frei und er- langen im Darm die Geschlechtsreife. Ich habe zwar diese Übertragung nicht durch Experimente erwiesen, welche außerordentlich umständlich geworden wären, wenn man hätte jeden Zweifel ausschließen wollen, sondern ich schließe aus der vollkommenen anatomischen Überein- stimmung der encystirten Bucephalen mit den im Hechtdarm gefun- denen Gasterostomen auf deren Identität. Bei Gasterostomen, die erst seit kurzer Zeit übertragen sind, bilden die Drüsenzellen des vorderen Saugnapfes und der dunkelkörnige Inhalt der Wassergefäßblase in die Augen fallende Ähnlichkeiten. Während des Sommers habe ich in fast allen von mir auf dem Straß- burger Fischmarkt gekauften, also verschiedenen Gewässern entstam- menden Hechten die beschriebene Species von Gasterostomum gefunden. Im December und Anfang Januar fand ich noch häufig geschlechtsreife Thiere, und einzelne noch Mitte Februar; aber von da bis Mitte April enthielten die meisten der vielen Hechte, welche ich untersuchte, gar keine Gasterostomen, die übrigen nur unreife Individuen; ich halte diese Erscheinung für eine gesetzmäßige, wage aber keine Erklärung. Die Gasterostomen bewohnen im Hecht nie den ganzen Dünndarm, sondern nur etwa die beiden ersten Dritttheile desselben. Die Beobachtungen , welche über die marinen Bucephalen und Gasterostomen vorliegen, lassen auf eine ähnliche Lebensgeschichte. Bucephalus und Gasterostomum. 567 schließen, wie sie für Bucephalus polymorphus angegeben ist. Die fadenförmigen Keimschläuche von Bucephalus Haimeanus sind in Ostraea edulis und Cardium rusticum gefunden (Lacaze-Duruiers Nr. 14); die Cercarien schwimmen frei im Meer (Crararkpe Nr. ka) und kapseln sich wahrscheinlich auf Fischen ein; diese werden von anderen Fischen gefressen und im Darm der letzteren entsteht eines der marinen Gasterostomum (vgl. die histor. Übersicht p. 538 u. ff.). Straßburg, den 20. Juli 1883. Verzeichnis der durch Zahlen citirten Litteratur. J. Bancock, Some remarks on Bucephalus polymorphus. Monthly micr. Jour- nal. April 1875. K. E. von BAER, Beiträge zur Kenntnis der niederen Thiere. II. Nova acta Acad. T. XIII, 2. Bonn 4827. J. P. van BENEDEN, Les poissons des cötes de Belgique, leurs parasites et leurs commensaux. Me&em. de l!’Ac. R. Bruxelles. T. XXXVII. 4874. 0. Bürscatı, Beobachtungen über mehrere Parasiten. Arch. für Naturgesch. XXXVI. 4872. . E. CLApArEDE, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte niederer Thiere angestellt an der Küste der Normandie. Leipzig 1863. J. Mc. Crapy, Proceedings of the Boston Society of Natural History. Vol. XVI. ASTA, C. M. Diesing, Systema helminthum. Bonn 4851. —— Berichtigungen und Zusätze zur Revision der Cercarien. Wiener Sitzungs- berichte, math.-naturw. Klasse. Bd. XXXI. 1858. —— Revision der Myzhelminthen. Wiener Sitzungsberichte, math.-naturw. Klasse. Bd. XXXI. 1858. G. ErcorAnı, Dell adattamento della specie all ambiente. Memorie della Ac. d. sc. dell Istituto di Bologna. Serie quarta. T. II. 1880. A. Gıarp, Sur l’encystement du Bucephalus Haimeanus. Comptes rendus de ’Ac. T. LXXIX. 2. Serie. Paris 1874. p. 485. L. v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Leipzig 1882. L. Karory, Über den Bau von Gastrodiscus polymastos Leuck. SENCKENB, naturf. Gesellschaft. Bd. XII. C. KERBERT, Beitrag zur Kenntnis der Trematoden. Arch. für mikr. Anatomie. Bd. XIX. ä H,. DE LAcAzE-Durtuıers, M&moire sur le Bucephale Haime. Annales d. sc. nat. IV. Serie. Zoologie. T. I. 1854. A. Lang, Untersuchungen zur vergl. Anat. u. Histol. des Nervensystems der Plathelm. Mitth. d. zool. Station zu Neapel. Bd. II und Ill. R. LEucKART, Die menschlichen Parasiten. 1863 u. 4876. 568 ‘H. Ernst Ziegler, 16a. L. Lorenz, Über Axine und Microcotyle. Arbeiten aus dem zool. Institut zu Wien. Bd.1I. Heft 3. 46b. Mınor, On Distomum crassicolle.. Memoirs of the Boston Society of Nat. Hist. Vol. HI. 1879. 47, R. Moin, Prodromus faunae helm. Venetae. Denkschr. d. k. Akad. der W. Math.-naturw. Klasse. Bd. XIX. Wien 4861. 18. Ousson, Lunds Universitats-Ärs-Skrift. 1867. p- 53—57. 49, H. A. PAGENSTECHER, Trematodenlarven und Trematoden. Heidelberg 1857. 20. —— Untersuchungen über niedere Thiere aus Cette. Diese Zeitschr. Bd. XI. 24. W. SALENsKY, Bau u. Entwicklung von Amphilina. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 32. C. Tu. v. SıeBoLD, Lehrbuch der vergl. Anat. der wirbellosen Thiere. 1848, 23. A. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Gießen 1873. 34. F. Sommer, Anatomie des Leberegels. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. 2hka. Cu. StEwArT, Notes on Bucephalus polymorphus. The monthly micr. Jour- nal. Juli 4875. 25. L. Srıepa, Über den angeblichen inneren Zusammenhangetc. Archiv für Anat. u. Phys.. 4884. 236. E. O0. TascHuEnBERG, Beiträge zur Kenntnis ektoparas. mariner Trematoden. Abh. d. naturf. Gesellschaft zu Halle. Bd. XIV. Heft 3. 27. —— Weitere Beiträge zur Kenntnis ektoparas. mariner Trematoden. Fest- schrift d. naturf. Gesellschaft zu Halle. 4879. 38, L. Tuımy, Beitr. zur Kenntnis der Cercaria macrocerca. Diese Zeitschr. Bd. X. 29. Tomas, The life history of the Liver-Fluke. Quart. Journ. of mier. Sc. January 1883. 30. J. Uricnvy, Helmintholog. Beiträge. Arch. f. Naturgesch. XLIV. Jahrg. Bd. I. 1878. p. 214. 30a. VırLor, Trematodes endoparasites marin. Ann. d. sc. nat. VI. Serie. Zool. T. VIII. 4879. | 34. G. WAGENER, Enthelminthica. Ill. MürLter's Arch. f. Anat. u. Phys. 4852. 32, —— Beitr. zur Entwicklungsgesch. der Eingeweidewürmer. Natuurkundige Verband. te Haarlem 1857. 33. —— Enthelminthica. VI. Arch. f. Naturgesch. T. XXIV, A. 4858. 34. —— Helminthol. Bemerkungen etc. Diese Zeitschr. Bd. IX. p. 89. 1858. 35. G. WALTER, Beitr. zur Anat. u. Histol. einzelner Trematoden. Arch. f. Natur- geschichte. Bd. XXIV, A. 36. Wepı, Anatom. Beobachtungen über Trematoden. Sitzungsber. der Wiener Akademie. Bd. XXVI. p. 243. 4857. 37. A. Wierzesskı, Zur Zenntnis des Baues der Calicotyle Kroyeri Dies. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 38. v. WILLEMOES-SunNm, Helminthol. Notizen. III, 3. Diese Zeitschr. Bd. XXIII. Leider konnte ich folgende Werke nicht erhalten: P. J. van BENEDEn, Memoire sur les vers intestinaux. Supplement aux comptes rendus. T. II. 1864. ; C. BLUMBERG, Über den Bau des Amphistoma conicum. Dorpat 1874. Dvsarpın, Histoire naturelle des Helminthes. Mouuisir, Histoire de la reprod. ches les Trem. endoparasites. Geneve 1856. Mem. de !’Inst. nat. Geneve. III. 1855. Bucephalus und Gasterostomum, 69 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXII, Alle Figuren beziehen sich auf Bucephalus polymorphusv.B, Fig. 4. Bucephalus während der Ausstreckungsbewegung in auffallendem Licht von unten gesehen. Fig. 2. Bucephalus in durchfallendem Lichte von unten gesehen. A, Arme oder Hörner; An, Ansatzstück; C, Cercarienleib; A+ An, Schwanz. Fig. 3, Wassergefäßsystem. W, Wassergefäßblase ; w, Ausmündung derselben; s, die beiden großen seitlichen Gefäße; tr, Flimmertrichter;; vL, birnförmiges Organ (später vorderer Saugnapf); Ph, Pharynx. Fig. 4. Junger Bucephalus aus einem Keimschlauch; nach einem mit Alaun- kochenille gefärbten Präparat. Optischer Längsschnitt. Vergr. 80fach. M, Magen ; W, Wassergefäßblase; W’, optischer Querschnitt des unteren Theils derselben ; G, Genitalanlage; vS, Ph, vgl. Fig. 9. Fig. 5. Zwei Zellen der mittleren Frontalebene aus der Innenseite der Arme. Nach dem lebenden Tbier. A, Hautschicht; rm, Ringmuskeln ; Im, Längsmuskeln ; z, Zellkörper der Bindegewebszellen mit Kern. Fig. 6. Querschnitt in der Höhe des Gehirns. Vergr. 320fach. n, feinfaserige Masse; ga, Kerne von Ganglienzellen; p, Kerne von Parenchymzellen; h, Haut- schicht; Im, Längsmuskelfasern (an der Ventralseite). Fig. 7. Querschnitt durch das Vorderende des Körpers; das birnförmige Organ war zurückgezogen und die Hautschicht krugförmig eingestülpt. Vergr. 320fach. h, Hautschicht. Fig. 8. Flächenschnitt durch die Hautschicht nahe dem Hinterende des Leibes. K, Kerne der Hautschicht. Vergr. 600fach. Fig. 9. Das Thier von unten gesehen. Es ist am linken (im Thier) Schwanze und am letzten Fünftheil des Leibes auf die Oberfläche eingestellt, am rechten Schwanze (nach den Präparaten) ein wenig unter die Oberfläche, in den vier ersten Fünfteln des Körpers auf den optischen Längsschnitt etwas über der medianen Fron- talebene, Vergr. 240fach. v.S, birnförmiges Organ, später vorderer Saugnapf; Kr, krugförmige Einstülpung der Haut; dr, Drüsenzellen; n, Gehirn; M, Magen; Pk, Pharynx; 9, Genitalöffnung; w, Öffnung der Wassergefäßblase; Ah, Hautschicht ; m, Muskulatur; K, Kerne des Schwanzes; K}, Kerne der mittleren Frontalebene auf der Innenseite des Schwanzes; lm, Längsmuskelfasern; rm, Ringmuskelfasern; @, die Haut ist durch Muskelfasern, welche vom Leib auf den Schwanz übertreten, pfeilerartig gehoben. d's. p. 561. Fig. 40. Das Ansatzstück des Schwanzes von oben gesehen. Rechts ist auf den optischen Querschnitt, links etwas unter die Oberfläche eingestellt. Man sieht in den Armen die feinen mit stark lichtbrechenden Körnchen besetzten Bindege- websfäserchen. , Muskelzellen; K,, wie in Fig. 9. Fig. 1%. Das Ansatzstück von vorn gesehen. Kı, vgl. Fig. 9; d, v, vgl. p. 564. Fig. 42. Optischer Querschnitt eines Stückes aus einem Arme, welcher in ziem- lich ausgestrecktem Zustande in Chromsäure gehärtet war. K, Kı, wie Fig. 9. Ver- größerung 323. - Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 38 970 H, Ernst Ziegler, Tafel XXXIII, Fig. 43. Aus einem Längsschnitt eines in Chromsäure und in Alkohol gehärte- ten Distomum hepaticum. Die Stelle liegt dorsal und hinter dem Bauchsaug- napf. Vergr. 320fach. h,, obere durch Karmin gefärbte Lage der Hautschicht; Ag, untere gelb gefärbte Lage mit den Poren oder feinen Spalten; rm, Ringmuskelfasern ; Im, Längsmuskelfasern ; b, Bindegewebszellen des Parenchyms; do, ein. Follikel des Dotterstockes; st, Schuppenstachel. ; Fig. 14. Aus einem Längsschnitt eines in Alkohol gehärteten Distomum hepati- cum. Bezeichnungen wie bei Fig. 43. Vergr. 320fach. Fig. 45. Aus einem Querschnitt eines durch Chromsäure gehärteten Distomum hepaticum. Vergr. 320fach. Bezeichnungen wie Fig. 13. Fig. 46. Aus einem Längsschnitte durch Gasterostomum fimbriatum. Vergr. 490fach. M, Magen; O, Ovarium; o,, kleine Zellen am Rande; 03, reife Ei- zellen; p, Kerne von Parenchymzellen; pı, längliche Kerne gestreckter Parenchym- zellen. Fig. 47. Bucephalus polymorphus eingekapselt in der Muskulatur an der Mund- höhle von Leuciscus erythrophthalmus, vom Rücken gesehen. ».S, vorderer Saug- napf, dr, Drüsenzellen; W, Wassergefäßblase, gefüllt mit stark. lichtbrechenden Körnchen, M, Magen; Ph, Pharynx; G, Begattungsapparat; tr, Flüssigkeit mit Tropfen von fettähnlichem Aussehen, wahrscheinlich aus dem Magen entleert. Vergr. A00fach. Fig. 48. Längsschnitt durch den vorderen Saugnapf von Gasterostiomum fimbria- tum. «,ß,y, d, e, vgl. p. 548. n, Kommissur zwischen den beiden Ganglien; h, Hautschicht mit Stacheln ; p, Kerne von Parenchymzellen; pı, Kerne der Zellstreifen im Saugnapf. Vergr. A90fach. Fig. 49. Querschnitt durch den vorderen Saugnapf von Gasterostomum fimbria- tum. Bezeichnung wie bei Fig. 18. Vergr. 490fach. Fig. 20. Eine Radiärfaser aus dem vorderen Saugnapf. Y, h, s. Fig. 48. Fig. 24. Aus einem sagittalen Längsschnitt durch Gasterostomum fimbriatum. Vergr. 395fach. h, Hautschicht; rm, Ringmuskelfasern; Im, Längsmuskelfasern; rmı, zweite Lage von Ringmuskelfasern (?); Ph, Pharynx;; Oe, Ösophagus ; p, Kerne von Parenchymzellen. Fig. 22. Begattungsapparat von Gasterostomum fimbriatum. Die Umrisse nach dem lebenden Thier, die Histologie nach Schnitten. vdı, vda, Vasa deferentia; vs, Samenblase (gefüllt); im, Längsmuskeln des Cirrusbeutels; de, Ductus ejaculato- rius; Gs, Genitalsinus; X, Muskelband; W, Wassergefäßblase. Fig. 23. Von Bucephalus polymorphus. Der mittlere und obere Theil der lin- ken Hälfte des Ansatzstückes von vorn gesehen (am frischen Thier beobachtet von der Bauchseite, wenn der dorsale Theil des Ansatzstückes nach vorn vorgewölbt war). K, Kerne; &, &, d, A, u, v, Kı, S. p. 561. (Beobachtet mit HArrnack XI Imm. und SEIBERT VIl Imm.) Fig. 24. Die beiden Muskelstränge, welche vom Cercarienleib an die gegen- über liegende Stelle des Ansatzstückes gehen. @, vgl. Fig. 9; &, eine einzelne Muskelzelle. Fig. 25. Medianschnitt eines ziemlich ausgestreckten Bucephalus. Vergr. 190- fach. dr, h, M, Ph, 9, vgl. Fig. 9; n, die Kommissur der beiden Ganglien;; ga, Gan- glienzellen ; G, Anlage der Begattungsorgane; G1, Anlagen der Organe, welche Gene- Bucephalus und Gasterostomum. 971 rationselemente produciren; W, Wassergefäßblase (zweimal im Schnitt getroffen); Oe, Ösophagus. Fig. 26. Aus einem Längsschnitt durch Distomum cylindraceum. Vergr. 323fach. h, st, rm, Im, do wie in Fig. 43; d, Drüsenzelle. Fig. 27. Vereinigungsstelle der Kanäle der weiblichen Genitalorgane von Gasterostomum fimbriatum. Vergr. 400fach. Lc, LAurer'scher Kanal; MLc, Mün- dung desselben an der Rückenfläche mit den zunächst stehenden Stacheln der Haut- schicht; D, Sammelblase des Dotters; g, quastenartig ansitzende Schalendrüsen ; O, Ei in der Erweiterung des Eileiters, in welcher die Eier gebildet werden; Ov, Ovarium; Hı, vorderer, Hs, hinterer Hoden. Leider ist diese Figur verkehrt ge- zeichnet, so dass die Richtung von oben nach unten (in der Zeichnung) der Rich- tnng von hinten nach vorn (im Thier) entspricht. Fig, 38. Gasterostomum fimbriatum von unten gesehen. Vergr. 59fach. v.S, vorderer Saugnapf; n, Gehirn; dr, Drüsenzelle; do, Dotterstöcke; Wı und W3, Wassergefäßblase; Ov, Ovarium; H, und H,, Hoden; Ph, Pharynx; M, Magen; G, Penisbeutel. Die Vasa deferentia sind angedeutet. 38* Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. Ven Dr. Max Koestler in Aschaffenburg. Mit Tafel XXXIV. Das Centralnervensystem der Arthropoden ist Gegenstand zahl- reicher Untersuchungen gewesen. Ältere und neuere Autoren geben Beschreibungen und Bilder der komplicirten makro- und mikroskopi- schen Verhältnisse der Ganglien und Kommissuren. Wenn ich mir erlaube an dieser Stelle einen kurzen Blick auf die sich speciell mit dem Centralnervensystem der Arthropoden beschäftigen- den Arbeiten zu werfen, so geschieht es aus dem Grunde, weil ich im Verlaufe meiner Untersuchung über das Eingeweidenervensystem, na- mentlich hinsichtlich der Histologie, auf mehrere dieser Werke Bezug zu nehmen habe. VALENTIn 1, HeLmnoLtz ?2 und Wıuı 3 beschreiben Nerven und Nerven- endigungen bei wirbellosen Thieren, Hacckeı ? speciell bei Astacus flu- viatilis, ohne sich aber eingehend auf die Beschreibung der Ganglien zu verlegen. OWSJANNIKOW 5 und WALTER ® werden in ihren Angaben in neuester 1 VALENTIN, Über den Verlauf und die letzten Enden der Nerven. Nov. acta. Tom. XVII. 1832. 2 HELNHOLTZ, De fabrica systematis nervosi evertebratorum. Diss. inaug. Bero- lini 1842. 3 Wırr, Vorläufige Mittheilung über die Struktur der Ganglien und den Ur- sprung der Nerven bei Wirbellosen. Archiv für Anat. und Phys. 1844. 4 HAECKEL, Über die Gewebe des Flusskrebses. Archiv für Anat. und Phys. 1857. 5 OWSJANNIKOW, Recherches sur la structure intime du systeme nerveux des Crustaces et principalement du Homard. Annales des sciences nat. 4. serie. Zoo- logie XV. 1864. — Derselbe, Über die feinere Struktur des Kopfganglions bei den Krebsen, besonders bei Palinurus locusta. Me&m. de l’acad&mie imp. des sciences de St. Petersbourg. VII. serie. Tom. VI. 4863. 6 Water, Mikroskopische Studien über das Centralnervensystem wirbelloser Thiere. Bonn 1863. | Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. 573 Zeit vielfach ergänzt und berichtigt, doch hat Owssannıkow das Verdienst die Schnittmethode beim Studium der Ganglien eingeführt zu haben. DerZeit nach folgen die Angaben Lryvıe’s !und die Arbeiten Lzmoine’s 2 und Rasr-RückHArD's 3, von denen die erste, eine allgemeine histologische Untersuchung, auch das Nervensystem berücksichtigt, während die letztere Insektengehirne allein behandelt. Unterstützt durch eine vorzügliche Technik geben Dirr* und Frögsr5 eingehende Beschreibungen und genaue Abbildungen des Ge- hirnes von Arthropoden, Berroncı® und Young” solche des Gesammt- nervensystems, ersterer von Squilla mantis, letzterer von Astacus flu- viatilis; KRIEGER 8 behandelt Gehirn und Bauch-Ganglien vom Fluss- krebse. Die Arbeiten Newron’s über das Gehirn von Blatta orientalis, En. Branpr’s über das Nervensystem verschiedener Insektenordnungen, dann Michers’ Untersuchung über das Nervensystem des Nashornkäfers im Larven-, Puppen- und Käferzustande werden bei der Litteratur-An- gabe über das Eingeweidenervensystem in Betracht gezogen. Über das Eingeweidenervensystem der Arthropoden sind mannig- fache Untersuchungen veröffentlicht, meist aber sind nur die makrosko- pischen Verhältnisse berücksichtigt. Litteratur. Der Bau und die Anordnung des gesammten Eingeweide-Nerven- systems oder nur eines Theiles desselben hat seit Swammerndam wieder- holt die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich gelenkt. . 1 Leypic, Vom Bau des thierischen Körpers. Erster Band. 4864. Erste Hälfie. p-. 179. 2 Lemoine, Recherches pour servir a l’histoire des systemes nerveux muscu- laire et glandulaire de l’ecrevisse. Annales des sciences nat. 5. serie. Zoologie IX. 4868. 3 RABL-RÜCKHARD, Suudien über N Archiv für Anat. und Phys. 1875. * DierL, Die Organisation des neo Diese Zeitschr. Ba. XXVll. 1876. — Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thiere. Crustaceen. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Wien. 4. Abth. LXXVI. 1878. — Die Gewebselemente des Centralnervensystems bei wirbellosen Thieren. Ber. d. naturw.-med, Vereins zu Innsbruck. 1878. 5 FLögeL, Über den einheitlichen Bau des Gehirns in den vergeniddsheh In- sektenordnungen. Diese Zeitschr. Bd. XXX. Suppl. 1878. 6 BELLoNcı, Morfologia del sistema nervoso centrale della Squilla mantis. Annali del museo civico di storia naturale di Genova. Vol. XII. 4878. 7 Young, De la structure intime du systeme nerveux central des Crustaces Deca- podes. Compt. rend. T. LXXXVIII. 4879. 8 Krieger, Das Centralnervensystem des Flusskrebses. Diese Zeitschrift. Bd. XXXII. 4879. 574 Max Koestler, Es würde mich zu weit führen, wollte ich all die interessanten Be- funde und Entdeckungen anführen, ich will mich desshalb damit be- gnügen, auf die einschlägige Litieratur zu verweisen. SWAMMERDAM ! beschreibt den Nervus recurrens nebst einem auf der Speiseröhre liegenden Ganglion bei der Larve der Seidenraupe und des Nashornkäfers. Lvon#er 2 giebt Aufschluss über diesen Nerven an der Weiden-Raupe, der nach diesem Autor aus unpaarigen, vor dem Gehirne liegenden Ganglia frontalia und aus zwei kleinen seitlichen Ganglien des Kopfes entspringen soll. Cuvier® sah den Nervus recurrens beim großen Schwimmkäfer (Hydrophilus piceus), vervollständigt Swammervan’s Angabe über be- sagten Nerv beim Nashornkäfer, konnte jedoch bis zur Herausgabe seines Werkes einen solchen beim Hirschkäfer nicht finden, obwohl er von dessen Anwesenheit überzeugt ist. | Bei der gemeinen Cicade hat Mecker * den rücklaufenden Nerv ge- sehen, aber nicht auf dem Darmkanal verfolgt. Trevıranus® sah diesen Nerv bei Dytiscus marginalis, bei der Biene und bei Sphinx ligustri, ohne ihn jedoch weiter zu beschreiben. MARCEL DE SERRES® giebt die Arten, die er auf genanntes Gebilde untersuchte, nicht an. Er macht dessen bedeutendere oder geringere Ausbildung davon abhängig, ob die oberen Gallengefäße weite Blind- därme oder nur verlängerte Röhren sind. Die Beschreibung passt nur auf einige Orthopteren; denn nur diese haben am Anfange des Blind- darmes solche von genanntem Autor als obere Gallengefäße bezeichnete Gebilde. | JOHANNES MüLLer”? untersuchte das Eingeweidenerven-System an zahlreichen Arthropoden. 1 SWAMMERDAM, Bibl. nat. Tab. XXVIU. Leipzig 4752. 2 LyoneT, Anatomie de .differentes especes d’Insects. Mem. dumuseum, Tom. 18. Paris 4829. 3 Cuvıer, Vorlesungen über vergleichende Anatomie. II. Theil. Übersetzt von MECcKEL. Leipzig 41809. p. 324. * MeckeL, Beiträge zur vergleichenden Anatomie. I. Bd. Leipzig 1808. p. 4. 5 TrEVIRANUs, Vermischte Schriften, anat. und phys. Inhalts. III. Bd. Unter- suchungen über den Bau und die Funktionen des Gehirns, der Nerven und der Sinneswerkzeuge in den verschiedenen Klassen und Familien des Thierreiches. Göttingen 4820. p. 59. | 6 MARCEL DE SERRES, Observations sur les usages des diverses parties du tube intestinal des Insectes. Annales du musee d’histoire.naturelle, Tom. 20. Paris 1843, p- 20. ? JoHAnNes MÜLLER, Über ein eigenthümliches, dem Nervus sympathicus ana- Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. 575 Bei Crustaceen glaubt genannter Autor ein Ganglion frontale be- merkt zu haben, doch getraut er sich über die Beschaffenheit der Ein- geweidenerven nichts Bestimmtes anzugeben. Dagegen beschreibt er genau den Verlauf des Eingeweidenerven- systems bei den Arachnoiden, wo er die Scorpioniden speciell unter- suchte; ‚bei den Apteren (Myriapoden), von denen er Scolopendra mor- sitans nur in schlechtem Erhaltungszustande zur Verfügung hatte, erreichte er nicht das gewünschte Ziel. Die Untersuchungen der Insekten dehnte Jon. MüLLer auf Ortho- pteren, Coleopteren , Hemipteren, Lepidopteren, Hymenopteren und Dipteren aus, konnte aber nur über Orthopteren und Coleopteren mit einem positiven Resultat hervortreten, da ihm von den übrigen Ord- nungen kein passendes Material zur Verfügung stand, oder wenn je solches zu bekommen war, dasselbe sich in so schlechtem Erhaltungs- zustande befand, dass eine solch feine Präparation mit Messer und Schere unter der Lupe unmöglich war. -. Von den zahlreichen, eingehenden Beschreibungen möchte ich hier nur die Beschreibung, wie sie Jow. MiLLer von dem Eingeweidenerven- system der Blatta orientalis giebt, anführen. Es findet sich hier ein großer, häutiger Magen, der allmählich aus einer kurzen Speiseröhre entsteht, ein darauf folgender, kurzer, muskulöser Magen, dessen Schleimhaut mit einem Kranz von hörnernen Haken bewaffnet ist, am Anfange des Darmes acht Blinddärme und einen gleichförmigen Darm, über dessen Mitte sich die vielen, feinen unteren Gallengefäße inseriren. An der Basis. des Gehirns treten zwei sehr kurze, ziemlich starke Nervenfäden über dem Anfange der Speiseröhre zu einem breiten aus- geschweiften Ganglion zusammen. Aus den Seiten dieses Knötchens geht ein feines, sehr kurzes Nervenfädchen nach rückwärts und seit- wärts und endigt sich sogleich in ein ganz rundes Knötchen, das auf den Seiten des Schlundes aufsitzt und diesem äußerst feine Zweige ab- giebt. Aus dem hinteren Theile des mittleren Stammknötchens tritt der Stamm der Eingeweidenerven spindelförmig, wird aber sogleich eben- falls ein feiner Faden, der sich über den Rücken der Speiseröhre und des häutigen Magens fortsetzt, indem er äußerst feine Verzweigungen auf diesen Theilen abgiebt. Dieser Nerv endigt seine Verzweigung als fortgesetzter Stamm am Anfange des Muskelmagens und bildet nach Jou. Müızer’s Untersuchung auf diesem Organe kein besonderes Gan- glion. Es erscheint genanntem Autor als unzweifelhaft, ‚dass dieses Eingeweidenervensystem der Arthropoden nicht dem Nervus vagus, loges Nervensystem der Eingeweide bei den Insekten. Nova acta acad. Leop.-Carol. nat. cur, Tom. 14. Pars I. Bonn 1828. p. 71—408. 576 Max Koestler, sondern dem Nervus sympathicus der Wirbelthiere homolog ist, und zwar desshalb, weil nach seiner Ansicht dieser Nerv keineswegs von dem Gehirne entspringt, sondern häufig vor dem Gehirn mit einer Reihe von Ganglien und zu den Seiten des Gehirns mit ähnlichen Kuötchen beginnt, und erst in seinem Verlaufe durch zwei Verbindungen mit dem Gehirn zusammenhängt; ferner desshalb, weil er seine größte Aus- bildung auf dem Magen selbst erreicht, hier feine Geflechte bildet und nach Maßgabe der Entwicklung des Darmkanales sich ausbildet und an Selbständigkeit gewinnt. J. F. Branpr! berichtet auf der Versammlung der Naturforscher und Ärzte zu Hamburg im Jahre 1830 über seine Beobachtungen über das System der Eingeweidenerven der Insekten. Er vermag nur wenig Neues zu bieten und begnügt sich damit, die Entdeckungen von Jon. MürLer an verschiedenen Exemplaren zu bestätigen. Er sah den be- schriebenen Nerv bei Heuschrecken, Bienen und Libellen. Außer diesem unpaarigen beschreibt aber Branpt noch ein anderes, paariges, sym- metrisches oder seitliches Nervensystem, das seiner Ansicht nach dem Sympathicus höherer Thiere im engsten Sinne gleichzustellen ist. In einer anderen Abhandlung legt Branpr? dar, dass sich das un- paare und paarige Nervensystem bei allen von ihm untersuchten In- sekten, aber in verschiedener relativer Entwicklung vorfand. Wo das eine mehr entwickelt ist, tritt das andere zurück. Höchst interessant sind zwei Abbildungen, den Unterschied genannten Systems während und nach der Metamorphose darstellend. In der medicinischen Zoologie von Brandt und RATzeErurRG ? wird bei - Besprechung der Anatomie der medicinisch wichtigen Arthropoden des Eingeweidenervensysiems einzelner Species gedacht und von Astacus fluviatilis, Epeira diadema, Meloe, Lytta vesicatoria, Apis mellifica näher beschrieben. Kronn * untersuchte die Verdauungsnerven des Flußkrebses. Ob- gleich der Verlauf eines unpaaren Nerven auf dem Darme bekannt war, so war doch der Ursprung dieses Nerven beim Flusskrebse noch nicht 1 J. Fr. Branpt, Über die Systeme der Eingeweidenerven der Insekten. Isis 1834. p. 1403—4408. 2 J. Fr. Branpt, Bemerkungen über die Mundmagennerven oder Eingeweide- nerven der Evertebraten. Mem. Acad. St. Petersbourg. 6. Serie. Tom. 3. Sc. Nat. T. 4. 41835. p. 5614—612. 3 J. Fr. BRAnDT und C. RATzEsurg, Medicinische Zoologie, oder getreue Dar- stellung und Beschreibung der Thiere, die in der Arzneimittellehre in Betracht kommen, Berlin 4833. II. Bd. p. 65, 76, 90, 103, 448, 203. 4 Kroan, Über die Verdauungsnerven des Flusskrebses. Isis 4834. p. 530. Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis, 97% festgestellt. Nach Kronn liegt jederseits am Schenkel der Schlundkom- missur ein Knoten, der einen zapfenförmigen mit der Spitze nach unten gerichteten Vorsprung bildet und einen weißen, markigen Kern enthält; aus diesem entspringen die Wurzeln des Magennerven. Dieser selbst erstreckt sich längs der ganzen Speiseröhre, seitlich Zweige ab- gebend. Nach Burmeister ! ist das Schlundnervensystem allen Kerfen eigen, erscheint aber in den verschiedenen Ordnungen unter verschiedener Gestalt. Er unterscheidet zwei Haupttheile, einen unpaaren Strang und ein aus Knoten bestehendes, paariges Nervengeflecht, und macht auf die Wechselbeziehung dieser Theile aufmerksam, da nämlich bei starker Ausbildung des paarigen Systems das unpaare zurücktritt und da, wo der unpaare Strang bedeutend entwickelt ist, die paarigen Markknoten mit ihren Ästen sehr einschrumpfen. NewPorRT ? bringt in den Phil. Transactions eine vergleichend-ana- tomische Arbeit über das Nervensystem von Sphinx ligustri während der letzten Stufen des Puppenzustandes und in einer Abhandlung? über das Athmen der Insekten veröffentlicht der gleiche Autor seine Unter- suchungen über den Bau der Luftröhren, der Luftlöcher, der. beim Athmen wirksamen Muskeln und Nerven, das Athmen selbst und seine quantitativen Verhältnisse in den verschiedenen Entwicklungszuständen. Hier spricht auch Newrorr die Ansicht aus, der Nervus recurrens sei dem Vagus der Wirbelthiere homolog, indem der Nerv nicht über den mittleren Theil des Magens hinaus verfolgt werden kann, während JOHANNES MÜLLER ? bei Gelegenheit der Besprechung der NEwPorr’schen Arbeit sich dahin äußert, es sei dieser Nervus recurrens wegen seiner Neigung zur Ganglienbildung und seiner vorzugsweisen Verbreitung an nur unwillkürlich beweglichen Eingeweiden dem Sympathicus zu ver- gleichen. v. SIEBOLD 5 lässt den unpaaren Mundmagennerven aus dem Vorder- ende der beiden Hirnhälften mit zwei kurzen Fäden, welche sich vor dem Gehirn zu einem, dem Schlunde aufliegenden Markknötchen vereinigen, entspringen. Auf dem Magen angelangt, theilt sich dieser Nerv, nach- 1 BURMEISTER, Handb. der Entomologie. Berlin 1832. I. Bd. p. 308. Taf. XVI. 2 GEo.NEwPORT, On the nervous system of Sphinx ligustri L. and of the changes, which it undergoes during a part of the metamorphoses of the Insect. (Mit 2 Taf.) Phil. Trans. 4832. p. 383—398. 3 NEWPORT, On the respiration of Insects. Phil. Trans. 1836. p. 529—566. % JoHAnnes MÜLLERr’s Archiv für Anatomie und Physiol. Jahrg.4837. p. LXXXV bis LXXXVII. 5 v. SıesoLp, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Thiere. Berlin 4848. p. 576. 578 Max Koestler, dem er vorher bisweilen zu einem Ganglion angeschwollen, in zwei sich weiter verzweigende Äste. Der paarige Eingeweidenerv stellt ein bis drei Paar hinter dem Ge- hirn gelegene Markknötchen dar, welche die beiden Seiten der Speise- röhre einnehmen und sowohl unter sich, wie mit dem Hinterende des Gehirnes und dem Nervus recurrens, durch dünne Nerven ver- bunden sind. BrancHarn ! homologisirt aus morphologischen Gründen den Mund- magennerv, der nach diesem Autor zugleich die Organe der Athmung und des Kreislaufes versorgt, mit dem Pneumogastricus oder Vagus, während der einzig wirkliche und richtige Sympathicus die Bauchgan- glienkette ihrem ganzen Verlaufe nach begleitet, gerade wie dieses beim Sympathicus der Wirbelthiere und dem Rückenmark der Fall ist. Leypie?2 widmet dem Eingeweidenervensystem besondere Auf- merksamkeit. Er theilt dasselbe in den unpaaren Schlundnerv, in die paarigen Schlundnerven und den eigentlichen Sympathicus. GEGENBAUR 3 bespricht die makroskopischen Verhältnisse des Ein- geweidenervensystems bei Crustaceen, bei Arachniden, von denen es allerdings nur bei einem kleinen Theile nachgewiesen ist, bei Myria- poden und Insekten, die große Übereinstimmung dieser Verhältnisse zeigen. GrABER beschreibt ebenfalls die drei verschiedenen Systeme der Eingeweidenerven, möchte aber in dem an der Bauchganglienkette ver- laufenden eigentlichen Sympathicus wegen seiner vielfachen gangliösen Einschaltungen den Hauptherd der reflektorischen Vorgänge suchen, in welchem Falle allerdings der Vergleich mit dem Sympathicus der Wirbel- thiere nicht passend wäre. Außer ganz neuen Beobachtungen über den Mundmagennerven der Crustaceen bildet ab und beschreibt HuxLry > die Eingeweidenerven von Blatta orientalis als dem Repräsentanten der Orthopteren und bemerkt, dass bei Neuropteren und Coleopteren ein System von Mundmagennerven von ähnlicher Anordnung vorhanden ist. 1 EmıLE BLAnCHARD, Du grand sympathique chez les animaux articules. Annales des sciences naturelles. 4. Serie. Zoologie. Tom. X. Paris 1853. 2 Leypie, Vom Bau des thierischen Körpers. I.Bd. Tübingen 1864. p. 199 u.ih 3 GEGENBAUR, Grundzüge der vergleichenden Anatomie. Leipzig 4870. p. 375, 378, 379, 383. * GRABER, Die Insekten. I. Theil. p. 239. München 1877. 5 Huxtey, Grundzüge der Anatomie der wirbellosen Thiere, Leipzig 4878. p. 292, 325, 366, 385. Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. 579 Newron! untersuchte das Gehirn der Blatta orientialis und macht bei dieser Gelegenheit auf die Mundmagennerven und auf die paarigen Eingeweidenerven aufmerksam. Er weist darauf hin, dass der unpaare Eingeweidenerv mit zwei Ästen aus der Schlundkommissur entspringt und dass sich diese zum Stirnganglion vereinigen. Das paarige Eingeweidesystem (Mundmagen- sanglien des Autors) hängt unter sich, mit dem Gehirn und mit dem Nervus recurrens zusammen. Ep. Branpr? stellt Sätze für das Nervensystem der Insekten auf und hierbei istin dem das Eingeweidenervensystem betreffenden Satz 11 ausgesprochen, dass bei allen Insekten ein Stirnganglion, zwei oder ein Paar hinterer, sympathischer Ganglien und bei vielen auch ein Magen- knoten vorhanden ist. Bei Besprechung der einzelnen Ordnungen findet Branpr >, dass bei Hymenopteren sich das, von ihm sympathisches genannte Nervensystem in drei Abtheilungen zerlegen lässt und zwar in einen Kopf-, Brust- und Bauchtheil. Der Kopftheil besteht aus dem Ganglion frontale und aus zwei Paaren hinterer, sympathischer Pharyngealganglien. Der Bauch- theil ist der von Leyvis als Sympathicus beschriebene, der Bauchgan- glienkette entlang laufende, blasse Nerv. Der Brusttheil ist ein me- dianes, gestieltes Nervenknötchen, das Branpr bei Apiden und Vespiden dicht in der Mitte des zweiten Brustknotens sah, und von dem bei Bombus noch zwei Nerven mit gangliösen Anschwellungen ausgehen. Ein Kropfganglion und den medianen Nerv fand Branpr immer bei Hymenopteren. Bei Käfern, von denen Branpr ?* eine bedeutende Anzahl unter- suchte, fand sich das Eingeweidenervensystem in schon besprochener Anordnung, eben so bei Schmetterlingen 5 und Zweiflüglern 6, nur mit der Ausnahme, dass hier die für die Hymenopteren von Branpr be- schriebenen Brust- und Bauchabtheilungen des Eingeweidenerven- i Newton, On the brain of the Cockroach, Blatta orientalis. Quarterly Journal of microscopical science. Volume XIX. 1879. p. 340. 2 En. BranDT, Vergleichend-anatomische Skizze des Nervensystems der Insek- ten, Horae societatis entomologicae Rossicae. T. XV. 1879. p. 3. 3 Ep. Branpr, Vergleichend-anatomische Untersuchungen über das Nerven- sytem der Hymenopteren. Horae soc. ent. Ross. T. XV. 1879. p. 31. 4 En. Branpt, Vergleichend-anatomische Untersuchungen des Nervensystems der Käfer. Hor. soc. ent. Ross. T. XV. 4879. p. 51. 5 En. Branpt, Vergleichend-anatomische Untersuchungen über das Nerven- system der Lepidopteren. Hor. soc. ent. Ross. T. XV. 1879. p. 68. _ 6 Ep. Branpt, Vergleichend-anatomische Untersuchungen über das Nerven- _ system der Zweiflügler. Hor. soc. ent. Ross. T. XV. 4879. p. 84. 80 Max Koestler, systems fehlen, während das Ganglion frontale, der Nervus recurrens, das Kropfganglion und die Pharyngealganglien vorhanden sind. Die Untersuchungen Mıcners’! haben zum Gegenstande das Nerven- system des Nashornkäfers im Larven-, Puppen- und Käferzustande. Neben der genauen Beschreibung der verschiedenen Modifikationen, die das Nervensystem während dieser drei Stadien erleidet und den Beziehungen des Tracheensystems zum Nervensysteme, bietet uns Mıchzıs eingehende Darstellungen des histologischen Baues des Bauchmarkes von Larve, Puppe und Käfer. Mic#ers hat nicht unterlassen, auch auf die makroskopischen Ver- hältnisse des Eingeweidenervensystems aufmerksam zu machen, und wir finden hier zunächst, dass bei der Larve aus der Vorderfläche des Stirnganglions medianwärts ein feiner Stamm ausgeht, der auf dem Öso- phagus dem Munde zu verläuft und zahlreiche Zweige abgiebt. Bei Periplaneta orientalis war es mir unmöglich, die Anwesenheit eines solchen Nerven zu konstatiren. Bezüglich des zweiten auf dem Ösophagus lagernden Ganglions liegen die Verhältnisse bei der Larve des Nashorn- käfers wesentlich anders als bei Periplaneta. Beim Nashornkäfer liegt das zweite Ganglion auf dem Ösophagus, nur eine kurze Sirecke vom Gehirn entfernt. Das Ganglion selbst hat, wie ich aus der Zeichnung entnehme, eine runde Gestalt und es gehen von ihm außer den beiden Nerven, die sich auch bei Periplaneta finden, die aber beim Nashorn- käfer bedeutend länger sind, und eine beträchtliche Strecke auf dem Darme fortziehen, noch drei Paar sehr feiner Äste ab, von denen das erste nach vorn, die beiden anderen aber nach hinten ziehen, um sich in der Schlundmuskulatur zu verlieren. Beim Käfer hat das paarige und unpaare Eingeweidenervensystem gleiche Gestalt, wie bei der Larve, nur hat das Stirnganglion an Volumen zugenommen und eben so die Ganglien der paarigen Mundmagennerven. _ CarrıE? untersuchte das sympathische und centrale Nervensystem der Raupen von Acherontia, Sphinx ligustri, Cossus ligniperda und Harpyia vinula. Nach diesem Autor entspringt der unpaare Schlundnerv bei Ache- rontia atropos mit zwei Wurzeln an der Vorderfläche des Ganglion supra-oesophageum, diese Wurzeln bilden das Stirnganglion, von dem aus der Nervus recurrens verläuft, der sich in der Magengegend, ohne 1 Mıcues, Beschreibung des Nervensystems von Oryctes nasicornis im Larven-, Puppen- und Käferzustande. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. 4880. p. 641. 2 Jos. Tu, Carrıe, Beiträge zur Kenntnis der Chorda supraspinalis der Lepi- doptera und des centralen, peripherischen und sympathischen Nervensystems der Raupen. Diese Zeitschr. Bd. XXXV. 1884. p. 304. Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. 581 ein Ganglion zu bilden, gabelförmig theilt. Im Stirnganglion konnte Carrie auch nach sorgfältiger Isolirung des Inhaltes keine centrale Punkt- substanz finden. Ferner fehlt bei Acherontia das paarige Eingeweide- nervensystem und besteht das Vagussystem nur aus dem Nervus recurrens. Für das eigentliche sympathische Nervensystem beschreibt Carrız eine höchst komplicirte Anordnung. Der jedes Mal aus einem Ganglienknoten der Bauchganglienkette entspringende sympathische Nerv theilt sich, etwas von der Stelle, wo die Kommissuren bogenförmig aus einander gehen, entfernt, in drei Äste, die zwei äußeren laufen den aus einander gespaltenen Kommissuren entlang und kommen ungefähr in der Mitte der Bogen scheinbar aus den Kommissuren hervor, während der mittlere Ast sich gabelförmig theilt und die Verzweigungen nach den Tracheen verlaufen. Aus der angeführten Litteratur sind schon auf den ersten Blick die verschiedenartigsten Angaben, namentlich was Ursprung und Ganglien- bildung des hauptsächlichsten Eingeweidenerven, des Mundmagen- nerven betrifft, zu ersehen. SWAMMERDAM, LYONET, MECKEL, TREVIRANUS haben über den Ursprung des besprochenen Nerven entweder nichts berichtet, oder nur die An- gabe gemacht, er stamme aus dem Gehirn. MARCEL DE SERRES lässt ihn aus der hinteren und oberen Fläche des Gehirns entspringen. JOHANNES MÜLLER fand bei verschiedenen Arthropoden verschiedenen Ursprung des Eingeweidenerven; so kommt dieser bei Dytiscus margi- nalis aus dem vorderen Theile des Gehirns, bei Mantis religiosa aus dem hinteren Theile, bei Blatta orientalis aus der Basis, bei Gryllus cam- pestris aus der hinteren Fläche des Gehirns. In der medicinischen Zoologie von Branpr und Ratzesurg wird als Ausgangsstelle des Nervus recurrens bei Astacus fluviatilis der hintere, bei Meloe der vordere Theil des Gehirns bezeichnet. Nach Kronun hat der unpaare Nerv bei Astacus fluviatilis seine Wurzeln in der Schlundkommissur. Die folgenden Autoren geben an, es entspränge der unpaare Ein- geweidenerv bei allen Arthropoden an der gleichen Stelle, und zwar bezeichnet Burmeister hierfür den hinteren Theil des Gehirnes, v. SiEBOLD den Vorderrand der beiden Hirnhälften, Leynıc die Vorderfläche des Ge- hirnes, dicht neben den Antennennerven; ausdrücklich bemerkt der letzte Autor noch hinzu »nicht aus dem Vorderrande, wie man da und dort liest«. Bei Huxıry finde ich die Stelle des Ursprungs nach innen vom 582 Max Koestler, Antennennerv bezeichnet, GrAger lässt den Nerv vorn am Gehirn ent- springen. Newron berichtet als der Erste von einem Ursprunge des unpaaren Eingeweidenerven der Insekten aus der Schlundkommissur. Nach Garrie’s Untersuchungen dagegen entspringt der unpaare Schlundnerv bei Acherontia atropos mit zwei Wurzeln an der Vorder- fläche des Ganglion supra-oesophageum. Eben so mannigfach, wie über den Ursprung, sind die Angaben über den Verlauf des Nervus recurrens, seine Ganglienbildung und den Ort seiner Endigung. In gleicher Weise finden sich auch über das paarige Eingeweide- nervensystem und über den eigentlichen Sympathicus verschiedene An- gaben. Durch diese verschiedenen Meinungen aufmerksam gemacht, ging ich daran bei Periplaneta orientalis das gesammte Eingeweidenerven- system in topographischer und histologischer Richtung zu untersuchen und fand, was den Ursprung des Nervus recurrens betrifft, meine Unter- suchungen an Periplaneta auch an verschiedenen Vergleichsobjekten, als welche Käfer, Bienen und Schmetterlinge benutzt wurden, bestätigt (Dytiscus marginalis, Apis mellifica und Vanessa polychlorus in mehre- ren Exemplaren). Das unpaare Eingeweidenervensystem. Zur Feststellung der topographischen Verhältnisse des unpaaren Eingeweidenervensystems konnte wohl eine Präparation mit Messer und Schere zum Theil unter der Lupe, zum Theil mit freiem Auge den ge- wünschten Aufschluss geben, wenn es sich um Verlauf stärkerer Ner- ven, um die Bildung größerer Ganglien handelte, z. B. des großen Ganglions auf dem Kropfe. Der sicherste und zuverlässigste Aufschluss über den Ursprung des besagten Nerven, über die Bildung des Stirnganglions und dessen Lage zum Gehirn und den übrigen Organen des Kopfes konnte am besten dadurch erzielt werden, dass nach vorsichtiger Abnahme der chitinösen Umhüllung des Kopfes, derselbe in eine Serie von Schnitten zerlegt wurde, die in ihrer Zusammenstellung das gewünschte Bild vor Augen führten. Auf welche Weise soilte nun das Objekt behandelt werden, damit die Schnitte alle Organe in 'situ zeigten? Die gewöhnliche Einbettung in Paraffin erwies sich als zu unsicher; nach einer vorhergehenden Eiweißimbibition und hierauf folgenden Einbettung in Paraffın blieben die gegenseitigen Verhältnisse ungestört, das Gehirn, der Schlund, die Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis, 583 Schlundkommissur, das Stirnganglion, die diese Gebilde umgebenden Muskelpartieen und Tracheenstämme blieben in der richtigen Lage. Nachdem vom 'gefärbten und erhärteten Objekte jede Spur von Alkohol durch sorgfältiges Auswaschen entfernt war, wurde dasselbe in Eiweiß, das durch Filtration von allen Fasern und Schlieren befreit würde, ge- legt. Nach Verlauf von etwa zwei Stunden wurde das Eiweiß coagulirt und zwar, um eine möglichst gleichmäßige Coagulation herbeizuführen, zuerst durch schwächeren Alkohol, dann durch absoluten, der bis 40°C. erwärmt wurde. Nachdem so die Eiweißimbibition vorüber war, konnte das Objekt in gewöhnlicher Weise mit Nelkenöl behandelt, in Paraffın eingebettet und dann mit dem Mikrotome geschnitten werden. Bei Herstellung der großen Schnittserien wurde vortheilhaft die von GIEsBrEcHT 1 angegebene Aufklebungsmethode mittels Schellack an- gewandt. Was die Art der Färbung betrifft, so erwies sich eine Räucherung des noch ganz frischen, zu untersuchenden Theiles des Thieres mit Osmiumsäure-Dämpfen als vortheilhaft, indem einestheils schon für die gröbere Untersuchung die Ganglien und Nerven eine dunklere, von den übrigen Gebilden scharf zu unterscheidende Färbung annahmen, andern- theils für die feinere Untersuchung die Bilder fixirt und die Struktur scharf differenzirt erschien. Nachdem das zu behandelnde Objekt 2—3 Minuten über Osmium- säure in Substanz gehalten, hierauf abgewaschen wurde, erfolgte die Überführung in schwachen Alkohol, und dann die Färbung. Von all den vielen Farbstoffen, die ich probirte, passte nach der vorausge- gangenen Räucherung entschieden am besten Pikrokarmin, in dem ich das Objekt 24 Stunden, zum Behufe der besseren Durchfärbung, meist im luftleeren Raume unter der Glocke einer Luftpumpe, liegen ließ. Hierauf vollständige Härtung, Imbibition mit Eiweiß und Einbettung in Paraffin. Zum unpaaren Eingeweidenervensystem von Blatta gehören folgende Theile: 4) das Stirnganglion, 2) der auf dem Ösophagus und dem Kropfe verlaufende Nerv, 3) das dreieckige, große Ganglion auf dem Kropfe, 4) die zwei hiervon ausgehenden starken Nerven, in deren Verlauf auf jeder Seite ein Nebenganglion eingeschaltet ist. Das Stirnganglion. Unmittelbar hinter dem Munde liegt auf dem Ösophagus ein herzförmiges Ganglion und zwar so, dass eine Seite dieses Dreieckes dem Munde, die gegenüber liegende Spitze dem Gehirne zugekehrt ist. Betrachtet man das Gehirn als mit der Ganglienkette in einer Geraden liegend, so steht diese Gerade auf der Fläche des Stirn- 1 GIESBRECHT, Zur Schneidetechnik. Zool. Anzeiger. IV. Jahrg. 1881. p. 484. 584 Max Koestler, ganglions senkrecht. Die Gestalt des Ganglion frontale und seine Lage zum Gehirn ist durch Fig. 4 dargestellt. Der Schnitt ist durch den hinter- sten Theil des Gehirnes unmittelbar vor der Bildung der Schlundkom- missur geführt. Die‘ primäre Anschwellung, aus fein molekulärer Substanz, zum größten Theil aber aus Nervenfasern bestehend, welche entweder in dichten koncentrischen Bündeln verlaufen oder nach allen möglichen Richtungen hin das Gehirn durchziehen, ist in ihrem äußersten Theile getroffen und in ihrer durch Osmiumsäure hervorgerufenen dunkleren Färbung zu sehen. Umgeben ist diese primäre Anschwellung von einer breiten Schicht gangliöser Zellen (Ganglienkugeln, Leypıc), meist alle von gleicher, wenig beträchtlicher Größe. In der Nähe des Antennennerven, der hier in seiner untersten Partie vom Gehirn ausgehend getroffen ist, zeigen sich die kleinen hellen Ganglienkugeln, nur wenig von den Gan- glienzellen des Gehirnes und dann durch beträchtlichere Größe ver- schieden. Vom Stirnganglion sehen wir auf diesem Schnitte drei Nerven aus- gehen. Die beiden oberen von den Endpunkten der dem Munde zuge- kehrten Dreiecksseite und den dritten von der dieser Seite gegenüber liegenden Spitze. Die drei Nerven sind nur in kurzer Ausdehnung zu sehen, da die beiden oberen, ihre Richtung ändernd, eine Schleife bilden und zur Schlundkommissur gehen, wo sie entspringen, und der dritte, der genau dem Verlaufe des Ösophagus folgt, mit diesem den kurzen Bogen beim Weggange unter dem Gehirn macht. Was das Stirnganglion selbst betrifft, so besitzt dasselbe zunächst eine sogenannte centrale Punktsubstanz. Ganglienfäden und Bündel treten von den drei Ecken her ein, sich mannigfaltig kreuzend und ver- schlingend. Umgeben ist diese Leypıe’sche Punktsubstanz von einer Schicht gangliöser Zellen. Über die Punktsubstanz lässt sich nur wenig sagen. Sie nimmt, die dreieckige Form des Stirnganglions nachahmend, den größeren Theil dieses Ganglions ein. Von den Nervenfasern, die, aus dem Gehirn kommend, an den beiden oberen Ecken des Dreiecks in das Ganglion gehen, treten die meisten in die centrale Substanz ein, deutlich lassen sich aber auch solche unterscheiden, die hart an der Stelle, wo sich die Punktsubstanz von der Ganglienzellschicht trennt, verlaufen und direkt vom Gehirn aus durch das Ganglion hindurch nach dem auf dem Kropfe liegenden Nerv ziehen. Der größere Theil der Nervenfasern tritt in die centrale Punktsubstanz ein, die gleich wie im Gehirn einen netz- oder geflechtartig gestrickten Charakter aufweist. Die von der centralen Punktsubstanz ganz scharf abgetrennte Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. 585 Schicht der gangliösen Zellen wird von einer eigenthümlichen Stützsub- stanz, wie sie Diet! auch für das Gehirn angiebt, durchzogen. Von dem das Ganglion umgebenden Neurilemm ziehen sich feine binde- gewebige Stränge nach allen Seiten gegen die centrale Gehirnmasse hin und erscheinen auf Schnitten sowohl als lange, faserige Züge, oder, wenn sie senkrecht getroffen sind, als kleine Pünktehen. Hat man sich bei stärkerer Vergrößerung über die Existenz und das Aussehen dieses bindegewebigen Stützapparates Gewissheit verschafft, so ist derselbe leicht schon bei schwächerer Vergrößerung zu finden und zu unter- scheiden. Die Ganglienkugeln, welche gleichsam zwischen diesen Stützappa- rat eingebettet erscheinen, sind in sämmtlichen Ganglien des Einge- weidenervensystems von einer ganz bedeutenden Größe, von einer Größe, die sie im Gehirn nie erreichen. | Die sehr großen Ganglienkugeln haben eine kugelige, selten schwach birnförmige Gestalt; sie sind nie mit einer Hülle versehen und erscheinen als membranlose, weiche Ballen. Was die Färbung betrifft, so sind diese Ganglienkugeln im frischen Zustande schwach grau, werden durch Osmiumsäure weniger dunkel gefärbt als die Punktsubstanz und sind auch nach starker Pikrokarmin- färbung nur blass roth, während die Kerne etwas dunkler sind, und die Kernkörperchen tief roth sich zeigen. Das Protoplasma ist zu größeren Kernen zusammengeballt. Lrynıc? macht auf eine koncentrische Streifung mancher Ganglienkugeln, die er an den Thorakalganglien von Dytiscus, Locusta u. a. beobachtete, auf- merksam. Ich habe an den Ganglienkugeln des Ganglion frontale nach einer nicht zu starken Räucherung mit Osmiumsäure hei starker Ver- srößerung immer eine koncentrische Lagerung des körnigen Protoplasmas wahrgenommen, und zwar so, dass das Protoplasma in Schichten ge- ordnet erschien, die rosettenförmig den Kern umgeben. Die Ganglienkugeln sind sämmitlich unipolar; nur wenige Male glaubte ich bipolare und einmal eine multipolare Zelle zu sehen. Ich vermuthe jedoch, dass dieses wohl eine optische Täuschung gewesen ist, da es ja leicht möglich ist, dass eine, eine Schicht tiefer liegende Ganglienkugel ihren Ausläufer in die Ebene der oberen Ganglienzelle entsendet, und dass so dieses Bild hervorgerufen wurde. Ganz deutlich ist der Ursprung der Nervenfasern aus den Ganglien- kugeln zu beobachten ; trotz der Fortsätze, die die Ganglienkugeln aus- ! Dıeır, Die Organisation des Arthropodengehirns. Diese Zeitschr. Bd. XXVII. 1876. p. 506. 2 LEYDIG, 1. c. p. 84. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 39 586 Max Koestler, senden, und die als die Anfänge der Nervenfasern aufzufassen sind, verlieren sie nie ihre vorwiegend kugelige Gestalt. Eigenthümlich erscheint das Verhalten des körnigen Protoplasmas an der Ursprungsstelle der Nervenfasern. Während sich diese granuläre Zellsubstanz sonst in Schichten koncentrisch um den:Kern lagert und der Zelle ein rosettenförmiges Aussehen verleiht, gehen die äußersten Ringe am Ursprunge der Nervenfasern, ihre koncentrische Schichtung verlassend, in diese über. Es ist also dieser Fortsatz nur als eine Fort- setzung des Zellinhaltes aufzufassen, der sogar Anfangs noch etwas körnig, später erst in die feinsten Fibrillen zerlegbar erscheint. Die von den Ganglienkugeln ausgehenden Nervenfasern gehen nach der Punktsubstanz hin und fast regelmäßig so, dass sich die von mehre- ren Ganglienkugeln ausgehenden Fasern vereinigen und dann gemein- schaftlich in die Punktsubstanz eintreten. Was den Kern dieser großen Ganglienzellen betrifft, so hebt sich derselbe deutlich aus dem körnigen Inhalt der Zelle hervor; er ist etwas dunkler bei angegebener Behandlungsweise gefärbt und zeigt ähnliche nur feinere granuläre Beschaffenheit wie die Zelle selbst. Fast in der Mitte des Zeilkernes liegt das Kernkörperchen, das sich in jeder solchen Ganglienkugel deutlich immer in der Einzahl unterscheiden lässt. Es ist tief roth gefärbt, scharf konturirt und entsprechend der Größe der ganzen Zelle und des Zellkernes von beträchtlichen Dimensionen. Trotz- dem war es mir unmöglich irgend etwas Näheres über Anordnung und Bau des Kernkörperchens zu sehen. Von einer deutlichen, centralen, kugeligen Abtheilung, oder von einem Kern im Kernkörperchen, wie Leypie ! für die Ganglienkugeln der Insekten erwähnt und für Astacus fluviatilis Walter? abbildete, konnte ich nichts erkennen. Es erübrigt noch, den Ursprung des unpaaren Eingeweidenerven- systems aus dem Gehirn oder vielleicht besser dessen Zusammenhang mit demselben zu beschreiben. Da gerade über diesen Punkt die ver- schiedensten Angaben existirten, so habe ich demselben besondere Aufmerksamkeit zugewandt und habe auf die denkbarst sicherste Weise die Wurzeln im Gehirn zu finden gesucht. An der vorderen und unteren Hirnfläche liegen als zwei zitzen- förmige Vorsprünge die Antennenanschwellungen, über deren Bau und: Lagerung uns DierL? genaue Auskunft giebt. Gleich nach Abgang der- Antennennerven beginnt die Hirnkommissur, welche bei Blatta sehr 1 LEeyDis, |. cc. p. 86. 2 WALTER, ]. c. Taf. II, Fig. V %; Taf. III, Fig. XIV. 3 DıetL, Die Organisation des Arthropodengehirns. Diese Zeitschr. Bd. XXVII. 1876. p. 500. L an Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis, 587 kurz ist, so dass das obere und untere Schlundganglion sich nur als eine einzige, von einer kleinen Öffnung für den Durchtritt der Speise- röhre durchbohrte, Masse darstellt. Aus dieser Schlundkommissur, und zwar aus der vorderen Seite derselben, entspringen die beiden Nerven, welche zu dem dreieckigen Ganglion frontale und zwar zu den beiden Enden der dem Munde zuge- kehrten Dreiecksseite gehen. Da das Ganglion frontale eine beträcht- liche Entfernung vor dem Gehirn liegt, sind die Nerven ziemlich lang, umgehen im Bogen Muskulatur und zwei Chitinleisten, die als Stütze des Ösophagus über denselben hervorragen und sich an der vordersten “Seite des chitinösen Schädeldaches befestigen. Nachdem sie diese Ge- bilde umgangen haben, richten sie sich nach dem Stirnganglion, in das sie dann einmünden. Die Schlundkommissur, an und für sich schon wesentlich verschieden von den Längskommissuren des Bauchmarkes, die sich in ihrem Baue sehr dem der Nervenstämme nähern, bietet an der Ursprungsstelle der zum Stirnganglion gehenden Nerven ein eigenes Aussehen dar. Bei den Kommissuren des Bauchmarkes breitet sich nach Leyvıe ! unter dem Neurilemm als Matrix desselben die granuläre, eingestreute Nuclei enthaltende Lage aus. Die Fasern sind bald schärfer ausgeprägt, bald mehr oder weniger verwaschen. Dass Leypıg diese Kommissuren nicht den Nervensträngen gleich stellt, sondern ihnen einen gewissen centralen Charakter zuerkennt, kommt daher, dass sie an einigen Stellen einen gewissen gangliösen Habitus in der Art zeigen, dass, während die nervösen Faserelemente aus einander weichen, in die dadurch entstan- denen Zwischenräume zellige Elemente oder Ganglienkugeln sich ein- lagern. In erhöhterem Maße als die Kommissuren des Bauchmarkes besitzt die Schlundkommissur einen centralen Charakter, da das Gehirn un- merklich in dieselbe übergeht. Unter dem Neurilemm finden wir eine Zone von Ganglienkugeln, größerer, mittlerer und kleiner Form, von diesen umgeben die Punktsubstanz, die als eine Fortsetzung der pri- mären Anschwellung, der Hauptmasse der centralen Punktsubstanz des Gehirns, erscheint. Es wird eben so wenig gelingen wie im Gehirn einen direkten Verlauf der Nervenfasern, wie dieses bei den Bauch- markskommissuren und bei den Nervenstämmen der Fall ist, festzu- stellen ; geflechtartig wie im Gehirn und den Ganglien kreuzen und um- schlingen sich in der Schlundkommissur die Nervenfasern. An der vorderen Seite derselben zeigen sich an Querschnitten plötzlich Packete 1 Leyoie, Vom Bau des thierischen Körpers. p. 240. 39* 588 Max Koestler, sehr großer, deutlich unipolarer, Ganglienkugeln, wie ich solche für das Ganglion frontale beschrieb. An dieser Stelle nimmt auf jeder Seite ein Nerv, der zum Stirngan- glion geht, seinen Ursprung. Diese sehr großen Ganglienkugeln, welche an der besprochenen Stelle gelagert sind, scheinen jedenfalls eine ge- wisse Bedeutung in Bezug auf das Stirnganglion zu haben. Die von den großen Ganglienkugeln ausgehenden Nervenfibrillen gehen jedoch, ob- wohl sie ganz dicht daran gelagert sind, nicht in die Nervenstämme über, sondern treten in die Punktsubstanz ein, in der sie sich so verlieren, dass sie nicht weiter verfolgt werden können. Was die beiden Nerven, die von der Schlundkommissur aus nach dem Ganglion frontale gehen, betrifft, so werde ich sie hinsichtlich ihres Baues mit dem auf dem Kropfe verlaufenden unpaaren Eingeweidenerv beschreiben. Hier bei Gelegenheit der Beschreibung des Ursprungs des unpaaren Eingeweidenerven glaube ich eine Frage nicht übergehen zu dürfen, auf die gerade der Umstand, dass dieser Nerv aus der Schlundkommissur entspringt, Einfluss zu haben scheint. Wenn man sich nicht damit begnügen will, die über dem Schlunde gelegene Nervenmasse mit Ganglion supraeosophageum, die unter dem Schlunde gelegene mit Ganglion infraoesophageum zu bezeichnen, muss man sich eine ganz bestimmte Ansicht bilden, was eigentlich dem Ge- hirn höherer Thiere homolog ist, Ober- und Unterschlundganglion zu- sammen oder ersteres allein. Zu den morphologischen und physiologi- schen Thatsachen, die angeführt werden als Beweis, dass Ober- und Unterschlundganglion zusammen das Gehirn und zwar das vom Schlunde durchbohrte Gehirn bilden, möchte ich noch die Stellung und den Bau der Schlundkommissur fügen. Wäre das Oberschlundganglion allein Gehirn, und das Unterschlundganglion das erste Ganglion des Bauch- markes, so müsste der Schlundkommissur die gleiche Stellung, wie den Kommissuren des Bauchmarkes zukommen, und sie müsste doch einiger- maßen mit diesen hinsichtlich der Struktur übereinstimmen, was aber, wie schon erwähnt, nicht der Fall ist; ja durch den Besitz einer wirk- lichen Punktsubstanz, die unmittelbar mit der des Oberschlundganglions zusammenhängt, durch mehrere Schichten von Ganglienkugeln und end- lich durch den Ursprung eines Gehirnnerven und die Art dieses Ur- sprungs, erweist sich die Schlundkommissur, und damit auch das Unter- schlundganglion, als Theil des Gehirns. Der unpaare Eingeweidenerv. Von der dritten, dem Munde abgekehrten Dreiecksseite des Ganglion frontale geht der un- Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. 589 paare, auf Ösophagus und Kropf median verlaufende Eingeweidenerv ab. Die Struktur dieses Nerven ist ganz ähnlich der der Kommissuren der Bauchganglienkette. Unter dem Neurilemm verlaufen die Nerven- fasern in paralleler Richtung ; sie weisen den grauen, blass granulären Habitus der sympathischen Fasern der Wirbelthiere auf. Durch häufig eingefügte, meist etwas längliche Ganglienkugeln, die namentlich nach der Peripherie zu zahlreicher und größer werden, ist eine Annäherung an die Kommissuren der Bauchganglienkette gegeben. Dieser auf Ösophagus und Kropf verlaufende Nerv stimmt in seinem ganzen Habitus mit den schon so häufig bei wirbellosen Thieren be- schriebenen Nerven überein, nur die eingefügten Ganglienkugeln er- heben ihn über die anderen Nerven und verleihen ihm gewissermaßen einen selbständigen Charakter. Die beiden Nerven, durch die das Stirnganglion mit dem Gehirn zu- sammenhängt, zeigen dadurch eine Verschiedenheit von dem medianen Nerv, dass durchaus keine Nervenzellen, auch nach Anwendung der ver- schiedensten Reagentien und Tinktionsmittel zu sehen sind. Das Neu- rılemm und dessen Matrix mit zahlreichen Kernen sind deutlich zu sehen und heben sich zuweilen von der Nervensubstanz ab. An diesen Nerven glaube ich auch sicher zwei verschiedene Arten Nervenfasern zu sehen. Die mittlere Partie erscheint bedeutend heller, die äußere, diese mittlere umgebende, Partie viel dunkler. Ob diese helleren Nervenfasern als solche aufzufassen sind, von denen Leyvıc ! angiebt, dass die fibril- läre Punktsubstanz die Achse der Fibrille bildet, und dass sich zwischen ihr und der Scheide eine deutliche, wasserklare, leicht gerinnbare Flüssigkeit, ein Analogon der fettreichen Markscheide befindet, wage ich nicht zu entscheiden. Auffällig bleibt immer, dass sich hier in diesen Verbindungssträngen solche Eigenthümlichkeiten und Verschiedenheiten von den anderen Nerven des Eingeweidenervensystems vorfinden. Von diesen Verbindungsnerven sah ich auf beiden Seiten Nerven nach den beiden Oberkieferhälften abgehen, die bis dahin verfolgt werden können. Diese stimmen mit jenen darin überein, dass sie keine Spur von Ganglienzellen besitzen, unterscheiden sich aber dadurch wesentlich, dass sie nur eine Art, nämlich die dunkleren Nervenfasern aufzuweisen haben. Der unpaare, mediane Nerv entsendet während seines Verlaufes auf Schlund und Kropf eine Menge feiner Nerven in die Muskelhaut des Schlundes, so dass er dadurch wie gefiedert er- scheint. ! Leypıs, Vom Bau des thierischen Körpers. p. 226. 590 Max Koestler, Diese feinen Nerven verhindern auch, dass der unpaare Nerv leicht vom Schlund und Kropf abgehoben werden kann; sie können dadurch gesehen werden, dass man den medianen Nerv etwas in die Höhe hebt; die kleinen Ästchen treten dann paarig abgehend hervor. Das große Ganglion auf dem Kropfe.‘ Der Ösophagus schwillt allmählich zum Kropfe an, der unmittelbar vor dem Beginn des stark muskulösen Kaumagens seine größte Ausdehnung erreicht. In der ‚Medianebene liegt auf diesem Kropfe ein dreieckiges Ganglion, das aus dem medianen, unpaaren Nerv hervorgeht. Die Lage des Gan- glions ist durch das Verhältnis zum unpaaren Nerv bedingt; kopfwärts die Spitze, darmwärts die gegenüber liegende Seite. Bei der ange- gebenen Behandlungsweise, Räucherung mit Osmiumsäuredämpfen und darauf folgender Färbung, hebt sich sowohl der mediane Nerv, wie das Kropfganglion scharf von der darunter liegenden Muskelschicht des Kropfes ab, da letzterer viel schwächer gebräunt als die nervösen Ele- mente erscheint. Wollte ich eine genaue Beschreibung des histologischen Baues des Kropfganglions geben, hätte ich das zu wiederholen, was ich über das Ganglion frontale berichtet habe. Die centrale, die Form des Ganglions nachahmende Punktsubstanz ist von mehreren Schichten Ganglienkugeln mittlerer und größter Sorte, sämmtlich unipolar, umgeben. Das Neurilemm mit seiner darunter liegenden Matrix hebt sich deutlich von den nervösen Gebilden ab. Die Nervenfasern aus dem medianen Nerv und den beiden an den übrigen Ecken des Dreieckes abgehenden Nerven, treten in bekannter Weise in die Punktsubstanz ein, sich dann in derselben verlierend. Levoıg ! beschreibt und bildet ab Ganglienkugeln aus dem Gehirn einiger Gastropoden, von Limax und Arion, und untersucht das Ver- halten von Kern und Kernkörperchen. Veranlasst durch die beträcht- lichen Dimensionen der Ganglienkugeln in Stirn- und Kropfganglion richtete ich mein Augenmerk auf die von Leypıs angegebenen Verhält- nisse und hatte auch an den Bildern des Kernes den gewünschten Er- folg, während ich am Nucleolus bei der von mir angewandten Behand- lungsweise nicht die beschriebenen Differenzirungen zu Gesicht bekam. Jeder Zellkern besitzt nur einen Nucleolus und dieser erscheint in der Gestalt eines einfachen, rundlichen freiliegenden Körpers. Der zackige Umriss und die feinen Strahlen, in die sich der Rand auszieht, mussten mir wegen mangelhafter Behandlungsweise leider entgehen. Bei sehr starker Vergrößerung zeigt sich das Kerninnere von einem a Levis, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere. Bonn 4883. p. 86, 96 und Tafel VII. Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis, 591 plasmatischen Balkenwerke, das an den Kreuzungspunkten sich knotig verdickt, netzförmig durchzogen. Gegen den Rand hin verdicken sich diese Balken, so dass sich der ganze Rand des Zellkernes in einzelne diskrete Strichelchen oder Säulchen auflöst. Die Anordnung des Protoplasmas in der a habe ich oben beschrieben. Auf Tafel VI, Figur 75 in Leyoıe’s Uniersäellingen ist eine Gan- glienkugel abgebildet. Außer den Fibrillen, die nach dem einen großen Forisatz abgehen, scheinen noch zahlreiche kleine Nebenfibrillen abzu- gehen, die aber im Verhältnisse zum Hauptfortsatze so unbedeutend sind, dass der unipolare Charakter der Ganglienkugel entschieden ge- wahrt bleibt. Solche Nebenfibrillen scheinen bei den Ganglienkugeln der Eingeweideganglien zu fehlen. Die zum Kaumagen gehenden Nerven. Von den beiden Ecken, die an der dem Darm zugekehrten Dreiecksseite des Kropfgan- slions gelegen sind, geht je ein Nerv von eiwas geringerer Stärke als der mediane Eingeweidenerv ab. Sie verlaufen in schräger Richtung um den Kropf, gehen dann auf den Kaumagen über und endigen auf der Unterseite desselben, sich kurz vorher in zwei kleinere Nerven spaltend. Entweder unmittelbar vor dem Kaumagen oder auf dem- selben schwillt jeder Nerv unbedeutend zu einem länglichen Ganglion an. Auf dem Kaumagen erreicht das unpaare Eingeweidenervensystem sein Ende; über denselben hinaus erstreckt sich kein zu diesem ge- höriges Gebilde. Die Histologie dieser Nerven betreffend, gilt das Gleiche, was über den medianen auf Schlund und Kropf verlaufenden Nerv gesagt wurde; die beiden eingeschalteten Ganglien unterscheiden sich nur dadurch von den Nerven, dass sie eine größere Menge von Ganglienkugeln aufzuweisen haben. Das unpaare Eingeweidenervensystem, das ja doch als das hervor- ragendste, hauptsächlichste System zur Versorgung der Eingeweide er- scheint, ist namentlich im Larvenstadiunı ganz außerordentlich stark entwickelt. Bei Thieren, die noch gar keine Flügelansätze, oder nur sanz kurze Flügelstummelchen hatten, fand ich alle diese Gebilde stärker entwickelt, als bei geflügelten, ausgewachsenen Exemplaren. Es scheint dieses Verhältnis mit der größeren Nahrungsaufnahme während des Larvenstadiums zusammenzuhängen. Es liegt also deutlich eine Re- duktion dieses Systems bei der Entwicklung dieser Thiere vor. Dass aber dieselbe so weit fortschreitet, dass sogar Ganglien, wie das große Kropfganglion verloren gehen können, scheint mir höchst unwahrschein- lich. Es ist mir daher unerklärlich, dass Jon. Mürzer, wie ich oben schon angeführt habe, eigens hervorheben konnte, bei Blatta orientalis fände 592 Max Koestler, sich im Gegensatz zu anderen Orthopteren kein Ganglion auf dem Kropfe, sondern der mediane Nerv theile sich einfach in zwei Äste. Das paarige Eingeweidenervensystem. Das unpaare und paarige Eingeweidenervensystem stehen in ganz bestimmter Correlation. Bei Thieren, an welchen das paarige System sehr stark entwickelt ist, tritt das unpaare sehr zurück, ja zuweilen bleibt nur das Ganglion frontale als kleines Knötchen — hingegen ist bei sehr ausgebildetem unpaaren System das paarige sehr schwach, wie wir es bei Periplaneta orientalis vor uns haben. Auf dieses System hat zuerst Branpr ! aufmerksam gemacht, Bur- MEISTER, v. SIEBOLD ? und Leyvig® beschreiben es näher, letzterer auch in histologischer Beziehung. Die Autoren fanden das unpaare System am stärksten entwickelt bei Käfern, Schmetterlingen und Libellen, das paarige dagegen haupt- sächlich bei Heuschrecken und Grillen. Das paarige Eingeweidenervensystem besteht ausmehreren, kleinen, ovalen Ganglien, die zu beiden Seiten des medianen, unpaaren Nerven liegen und die sowohl mit dem Gehirn, als dem medianen Nerv, als auch unter sich in Verbindung stehen. Aus der Hinterfläche einer jeden Ge- hirnhälfte entspringt je ein Nerv, der zuerst parallel mit dem medianen Nerv verläuft und hierauf zu einem Ganglion anschwillt, von dem aus sowohl Nerven zum medianen Nerven, als auch zu den übrigen Gan- glien gehen. Es entsteht auf diese Weise zu beiden Seiten des Nervus recurrens ein kleines Nervengeflecht. Die Nerven besitzen den schon öfters beschriebenen fibrillären Bau mit spärlich eingefügten, länglichen Ganglienkernen. Die Ganglien selbst entbehren einer jeglichen Punktsubstanz und zeichnen sich nur durch eine Anhäufung mittelgroßer Ganglienkugeln aus. Wenn auch diese Ganglien zahlreiche Äste an die Wand des Schlundes abgeben, so zweifle ich doch nicht, dass es die Aufgabe, viel- leicht Hauptaufgabe dieses paarigen Eingeweidenervensystems ist, die großen Speicheldrüsen zu innerviren. Ich sah deutlich Nerven gegen die ganz in der Nähe liegenden Speicheldrüsen abgehen, konnte sie aber wegen ihrer Feinheit nicht weiter verfolgen. Ich hoffe durch Anwendung der Schnittmethode mir Aufschluss über das so viel diskutirte Kapitel der Innervation der Drüsen, speciell der Speicheldrüsen der Insekten, verschaffen zu können. Gelänge es, das Verhältnis dieser Ganglien und der davon ausgehenden Nerven zu den Speicheldrüsen festzustellen, so 1234].c. Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis. | 593 würden die von EngeLmann! als Neuroidfasern bezeichneten Gebilde, die unter dem Mikroskop genau den Bau der Nerven zeigen und bei denen nur nicht der Zusammenhang mit zweifellosen nervösen Gebilden nach- gewiesen werden kann, von bindegewebigen Strängen zu wahren Nerven erhoben. Der eigentliche Sympathicus. Auf den eigentlichen und wirklichen Sympathicus hat BLancHaArp 2 zuerst aufmerksam gemacht. Leypıe® beschrieb denselben so genau, dass es unmöglich ist, Neues hinzuzufügen. Von dem Verlaufe, wie Carrie ihn bei Acherontia atropos beschreibt, konnte ich bei Peripla- neta nichts wahrnehmen. Ich begnüge mich hier damit anzuführen, dass, wenn man die Bauchganglienkette herauspräparirt und auf dem Objektträger ausbreitet, nach einer ganz kurzen Räucherung mit Os- miumsäuredämpfen zweierlei Nerven deutlich zu unterscheiden sind. Die Bauchganglienkette hat eine entschieden dunkle Färbung ange- nommen, während zwischen den Längskommissuren Nerven von viel hellerem nur schwach gebräuntem Aussehen verlaufen. Fast in der Mitte je einer Längskommissur, alternirend bald der rechten, bald der linken, geht ein feiner Nerv ab, der auf der dem Rücken zugekehrten Seite der. Bauchganglienkette, zwischen den Kommissuren verläuft. In der Höhe der Bauchganglien gabelt sich dieser Nerv in zwei Theile, jeder schwillt etwas zu einem kleinen länglichen, spindel- förmigen Ganglion an, und dann geht er in den vom Ganglion kommen- den Seitennerven über, seine eigenen blassen Fasern den cerebrospi- nalen beimischend und mit diesen peripherisch verlaufend. Wenn wir im Allgemeinen das Eingeweidenervensystem der Arthro- poden betrachten und die einzelnen Stücke mit den gleichen Theilen der Wirbelthiere homologisiren wollen, so ist wohl kein Zweifel vorhanden, dass der eigentliche Sympathicus auch dem Sympathicus der Wirbei- thiere entspricht. Seine Lage über der Bauchganglienkette und sein Ver- hältnis zu derselben gleicht dem Sympathicus der Wirbelthiere, bei denen nur durch die Lage des Rückenmarkes die Stellung von Sympa- thicus und Rückenmark umgekehrt ist. Ferner verdienen die viel 1 W. EngeLmans, Über Drüsennerven. Bericht über einige in Gemeinschaft mit Te. W. LıprTa DE JeuDE angestellte Untersuchungen. Prrügcer’s Archiv für Physio- logie. Bd. XXIV. 4881. 2 BLANCHARD, |. c. 3 Leypıc, Vom Bau des thierischen Körpers. p. 203. * Camtie,l.c. 594 / Max Koestler, helleren, feineren und zarteren Nerven mit vollem Rechte im Gegensatz zu allen anderen sympathische zu heißen. Der unpaare, mediane Nerv ist Gehirnnerv und entspricht dem Vagus. Seine größere oder weniger beträchtliche Ausbildung richtet sich nach dem Entwicklungsstadium des Thieres. Während des Larvensta- diums, in dem das Thier bedeutend mehr Nahrung zu sich nimmt als im ausgebildeten Zustande, ist auch das unpaare Eingeweidenerven- system beträchtlicher entwickelt, während es später reducirt wird. | Was die eingeschalteten zahlreichen Ganglien betrifft, so liegt hier eben eine bei Arthropoden häufig wiederkehrende Eigenthümlichkeit, die wir bei Wirbelthieren nicht finden, vor, nämlich die, dass verschie- dene Nerven durch mit ihnen verbundene Ganglien einen gewissen Grad von Selbständigkeit und Unabhängigkeit vom Centralnervensystem erhalten. Das Ganglion frontale aber möchte ich hinsichtlich seines ganzen histologischen Baues, seines engen Zusammenhanges mit dem Ober- schlundganglion, eben so wie Schlundkommissur und Unterschlundgan- glion als einen losgelösten Theil des Gehirns auflassen, da das Gehirn, dadurch, dass der Ösophagus mit ihm in Beziehung trat, nicht mehr als einheitlich zusammenliegende Masse auftritt, sondern als ein, sei es durch den Schlund selbst, wie beim Unterschlundganglion, oder durch feste Chitinleisten und Chitinstützen des Schlundes, wie beim Stirngan- glion, in mehrere, durch die innere Organisation ihre Zusammengehörig- keit dokumentirende Stücke 'zerfallendes aber dennoch hinsichtlich des Baues und der Leistung einheitliches Gebilde zu betrachten ist. Aschaffenburg, im Juli 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXIV. Fig. 4. Supraösophagealganglion vor Bildung der SE a u ur getroffen. Längsschnitt durch das Stirnganglion. P, Punktsubstanz des Oberschlund- und Stirnganglions; K, große Ganglienkugeln; n.f, die beiden Verbindungsnerven zwischen Oberschlund- und Stirn- ganglion; n.r, medianer, auf Schlund und Kropf vorlauicnder unpaarer Nerv; N. ant, Antennennerv; m, Muskelpartien. Über das Eingeweidenervensystem von Periplaneta orientalis, 595 Fig. 2. P, n.f, n.r, n.ant, m, wie in Fig. A. n.md, zu den Oberkiefern gehende Äste; Ch, Chitinleisten. Fig. 3. g.f, das Ganglion frontale im untersten Theile getroffen ; P, n.f, n.r, n.ani, m, Ch, wie in der vorigen Figur; Oe, angeschnittener Ösophagus. Fig. 4. Schnitt, der den Ursprung der Verbindungsnerven aus der tiefer ge- trofienen Seite der Kommissur zeigt. Bezeichnung wie in den vorigen Figuren. Fig, 5. Der Ursprung der Verbindungsnerven aus der Schlundkommissur auf beiden Seiten zu sehen. Bezeichnung wie früher. .. Fig. 6. Oberschlundganglion, das das Stirnganglion verdeckt, paariges und unpaares Eingeweidenervensystem, . 9.s, Oberschlundganglion ; n.o, Augennerven; n.ant, Antennennerven; n.g, unpaares Eingeweidenervensystem; Oe, Ösophagus, der sich zum Kropf erweitert, dieser verdeckt g.i, das Unterschlundganglion ; n.r, medianer Eingeweidenerv; g.ig, Kropfganglion mit den großen Ganglienkugeln. Über das Variiren der Grofshirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. Von Drnd. med. Vietor Rogner. Aus dem anatomischen Institute der Universität Graz. Mit Tafel XXXV. Eine genaue Beschreibung der Oberfläche der Ungulatengehirne wurde erst in neuerer Zeit von Krure ! vorgenommen. Da nun die- selbe gegeben ist, liegt der Gedanke nahe, auch das Variiren der Großhirnfurchen bei diesen Thieren zu untersuchen. Es ist wohl im Allgemeinen das Variiren der Großhirnfurchen bei den Thieren be- kannt, aber über die Art und Weise desselben liegt nichts Näheres vor. Es fragt sich: variiren bloß die Nebenfurchen oder auch die Haupt- furchen? und kommen diese Varietäten bloß als individuelle Bildungen der Gehirnoberfläche in Betracht, oder lassen sie sich auch phylogene- tisch verwerthen ? Ich habe nun diesbezügliche Untersuchungen vorgenommen, und obwohl sich dieselben nur über einige Familien erstrecken, und die er- haltenen Resultate keine bedeutenden sind, so schreite ich doch schon jetzt zur Publikation, da ich glaube, dass die gewonnenen Ergebnisse immerhin der Beachtung werth sind. | Ich werde vorerst über das windungsarme Gehirn des Feldhasen ? berichten und daran anknüpfend einige Ungulatengehirne behandeln. Es wird in den folgenden Untersuchungen bloß auf die Furchen Rück- 1 Über die Furchung der Großhirnrinde der Ungulaten. (Diese Zeitschr. Bd. XXXI. 4878; und »Furchen auf der Großhirnrinde der zonoplacentalen Säuge- thiere«, ebenda, Bd. XXXIII.) 2 Wobei ich mir vorbehalte, über andere Nagethiere späterhin zu referiren. Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 597 ‘ sicht genommen, da zur genauen Kenntnis der »Windungen« die * »Furchen« genügen. Über das Variiren der Furchen am Feldhasengehirn. Die konvexe Fläche der Großhirnhemisphäre des Feldhasen be- sitzt drei Furchen, und zwar: a) die Fissura hippocampi, b) die Fissura rhinalis und c) eine dritte I—11/, cm lange, parallel der Mantelkante laufende Furche, welche auf der Höhe der Konvexität, mehr im hinteren Theile der Hemisphäre sich befindet. Letztere ist aber, im Gegensatze zu den übrigen, vielfachen Variationen in Bezug auf Tiefe und Länge unterworfen, und kann sogar, wie mich meine Untersuchungen (an 60 Gehirnhemisphären) lehrten, auf einer Seite des Gehirnes ganz fehlen. Deutlich ausgesprochen war sie in 39 Fällen (20mal rechts und A9mal links); äußerst schwach (seicht) und kurz fand ich sie in 18 Fällen ($mal rechts und A0mal links) und in drei Fällen (mal rechts und Amal links) fehlte sie vollständig. Auch an der medialen Fläche des Feldhasengehirnes, die für ge- wöhnlich glatt ist, tritt zuweilen eine Furche auf {Fig. 12 a). Ich fand nämlich in acht Fällen über dem Balkenkörper (und zwar 4mal rechts, 2mal links und Amal beiderseits, somit in 13°/, der Fälle) näher dem Mantelrande als dem Balken und mit ersterem parallel laufend, eine beiläufig dem vorderen Antheile der Fissura splenia- lis anderer Thiere entsprechende Furche hinziehen. Man sieht hieraus, dass schon an beinahe glatten Gehirnen die Furchen variiren und in bemerkenswerther Weise, denn der Sulcus an der medialen Fläche des Hasengehirnes ist nicht als eine zufällige Nebenfurche aufzufassen, sondern alsdas Rudimenteinerbeianderen Thieren konstant auftreten- den Furche. | Über das Variiren der Furchen auf der Großhirnoberfläche bei Ovis aries. Wie Anfangs erwähnt, hat Kruse durch Feststellung der genauen Grenzen der Furchen die » Windungen« der Ungulatengehirne klar- gestellt. Es hat wohl schon GrarioL£er die Urwindungen (und zwar zwei) bei Ovis aries angegeben ; auch Hucuvenın ! hat einschlägige Bemerkungen 1 Allgemeine Pathologie der Krankheiten des Nervensystems. (I. Theil, ana- tomische Einleitung.) Zürich 1873. 598 Vietor Rogner, gemacht, aber erst Krurc hat man eine genaue Beschreibung der Groß- hirnrinde der Ungulaten zu verdanken. Kruzc hat in seiner Schrift über die Ungulatengehirne zwei Grenz- furchen und zehn Hauptfurchen aujgestellt; ich folge dieser Ein- 'theilung und Benennung, habe aber die zwei von ihm in der ersten Arbeit noch nicht aufgenommenen, jedoch in der Arbeit über die Garni- vorengehirne erwähnten Hauptfurchen (Fissura cruciata und Fissura ansata) mit berücksichtigt — und daher meinen Untersuchungen zwei Grenzfurchen und zwölf Hauptfurchen zu Grunde gelegt. Als Grenz- furchen wurden die Fissura hippocampi (h) und die Fissura rhinalis (rk) von den übrigen abgeschieden, da sie bekanntermaßen histologisch verschiedene Gebilde trennen, sich sehr früh am Embryo entwickeln und nicht einmal den lissencephalen Säugethierhirnen fehlen. Hauptfurchen! werden solche genannt, welche auf allen unter- suchten Gehirnen konstant vorkommen. Außer diesen zwei Arten von Furchen finden sich noch Neben- furchen; zu diesen gehören seichtere, bei der Entwicklung der Ge- hirnoberfläche zuletzt auftretende Furchen, welche auch in Betreff ihres Vorkommens und ihrer Ausbildung mannigfach wechseln ?. i 1 Auf der lateralen und oberen Hemisphärenfläche: I Die Fissura Sylvii S, mit einem Processus anterior Sa, einem Processus posterior Sp, und einem Processus acuminis Sac. II Fissura suprasylvia ss mit einem Processus anterior ssa, Processus posterior ssp, und einem Processus superior ss. III Fissura coronalis co. IV Fissura praesylvia ps. V Fissura diagonalis d. VI Fissura lateralis !. VII Fissura postica p. VIII Fissura ansata a. Auf der medialen Fläche: IX und X Fissura splenialis sp und Fissura cruciata cr. XI Fissura genualis g. XIl Fissura rostralis ro. 2 Auf das Variiren der Furchen habe ich 50 Hemispbären untersucht. Gehärtet wurden die Gehirne theils in Mürzer’scher Flüssigkeit, theils in einer 50/yigen Lösung von chromsaurem Kali. Einige der Gehirne wurden vor der Behandlung mit chromsaurem Kali zuerst auf 4—2 Tage in 300/,igen Alkohol gelegt; dies hat nämlich den Vortheil, dass die Gehirne nicht zu Boden sinken, sondern einige Tage in der Kalilösung schwimmen. Das aus der Schädelhöhle herausgenommene Gehirn wurde sammt der Pia mater gewogen. Jüngere Thiere (unter einem Jahre) Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 599 Grenzfurchen: | Fissura hippocampi Ah. Sie grenzt das Ammonshorn gegen die Oberfläche ab, beginnt am Splenium corporis callosi, umgeht die Balkenwindung und endet an der Spitze des Lobus pyriformis. Diese Furche variirt nicht. Fissura rhinalis rh. Diese grenzt den Lobus olfactorius und den Lobus pyriformis gegen die konvexe Hemisphärenfläche (Insel- und Temporallappen) ab und nimmt einen bogenförmigen Verlauf. Das Knie der Biegung fällt gerade unter das hintere Drittel der Insel. Hervorzuheben ist, dass die Trennung in einen vorderen und hinteren Theil, wie bei den Garnivoren, beim Schaf nicht auftritt. Beide Theile unterscheiden sich im Übrigen in so fern von einander, als die Furche im vorderen Theile seicht, im hinteren Antheil hingegen tief ist. Die Fissura rhinalis endet rückwärts mit einer kurzen nach aufwärts gerichteten Krümmung, ohne mit den dort befindlichen Nebenfurchen zu anastomosiren. Auch diese Furche unterliegt keinen Variationen. An dieser Stelle möge auch erwähnt werden, dass bei Ovis aries der Lobus pyriformis am Höhenpunkt seiner Konvexität durch eine Längsfurche ausgezeichnet ist, und zwar fand ich dieselbe rechts 19mal und links 18mal (also 37mal); in den übrigen Fällen fehlte sie. | Hauptfurchen: Fissura Sylvii S (Fig. 9 d, e, 9). Der detaillirten Beschreibung dieser Furche will ich einige allge- meine Bemerkungen vorausschicken. Wenn man als Ausgangspunkt für die Furchenbenennung das Gehirn des Menschen oder das eines An- thropoiden wählt, so besitzt weder das Schaf, noch das Schwein eine Fissura Sylvii; dies geht schon daraus hervor, dass beim Schaf die wurden absichtlich nicht gewählt, da nur ausgewachsene Gehirne ein Abgeschlossen- sein in der Oberflächenbildung voraussetzen lassen. Das Schema des Alters, Ge- schlechtes und Gehirngewichtes der einzelnen Thiere ist folgendes: Alter; Jahre: | A | A | 4 ! } ı\s|s|s|sjsls|s Be | 000 it. Moe Gewicht; g: 94 | 95 [+00 | 108 104 [403 | 108 | 124 | 105 [114 | 109 Alter; Jahre: Ialalejale|sjs|s|ajelejejel; Q 14 - Gewicht; g: 85 noolaorlaoslos] 95 noalnıs| 89 | 94 | 94 | 95 Inoolıos 600 Vietor Rogner, Insel frei liegt, was bei Gegenwart einer Fissura Sylvii nicht der Fall sein Könnte. Betrachtet man beim Schaf die als Fissura Sylvii bezeichnete Furche, so zeigt sich, dass dieselbe von oben her die Insel gegen den Mantel abgrenzt, unten gelangt aber der Mantel nicht an die Insel heran, sondern es begrenzt vielmehr der Tractus olfactorius den unteren Insel- rand. An einer Stelle aber schneidet die Sylvische Spalte in den Hirn- mantel selbst ein, und dieser Einschnitt heißt Processus acuminis fissurae Sylvii (Fig. 9 d). Die Fissura Sylvii bei höheren Thieren ist der Spalt, der zwischen den den Stammlappen überwuchernden Manteltheilen etablirt ist, während die Spalte, die man beim Schaf und Schwein Fissura Sylvii nennt, vornehmlich eine Grenzfurche der Insel gegen den oberen Gehirnlappen darstellt. Zwischen dem Gehirn des Schweines und dem des Schafes besteht bezüglich der Fissura Sylvii nur der Unterschied, dass bei ersterem die Insel verborgen, bei letzterem hingegen oberflächlich lagert. Beim Schwein liegt die Insel verborgen, weil der Tractus olfactorius gegen den Oberlappen des Gehirnes empor- gewuchert ist, wodurch, wie bei den höheren Vertebraten, die Grenz- furche der Insel in die Tiefe fällt. Wenn überhaupt ein Theil der als Fissura Sylvii bezeichneten Spalte mit der Fissura Sylvii der höheren Vertebraten homolog ist, so kann dies nur der Processus acuminis fissurae Sylvii sein, denn dieser ist der einzige Theil der in Rede stehenden Spalte, welche dem Mantel angehört. Der Processus acuminis würde dann dem hinteren aufsteigenden Ende der Fissura Sylvii (der höheren Vertebraten) entsprechen. Für die eben dargelegte Anschauung spricht auch das Verhalten am Schläfelappen, welches ich hier kurz er- wähnen will. Vom vorderen Ende des Schläfelappens (Fig. 9a), welches schnabelförmig ausläuft, geht in mehr frontaler Richtung ein Windungs- stück (Fig. 9 b) nach vorn und innen, und schließt sich dem hinteren Ende der Insel (Fig. 9 f) an. Dieses Stück ist entweder durch den Theilungsfortsatz des Processus posterior fissurae Sylvii von der Insel getrennt, oder wenn derselbe fehlt, mit der Insel verbunden, wodurch der Schläfelappen in direkte Verbindung mit der Insel gelangt. Denkt man sich nun den Schläfelappen so weit hervorgewuchert, wie es bei den anderen Thieren der Fall ist, so wird a) die Fissura Sylvii auch unten abgeschlossen, und 5b) das oben beschriebene Verbindungsstück zwischen Lobus temporalis und Insel wird verlängert, noch frontaler gestellt, in die Fissura Sylvii versenkt und entspricht dann der Windung, die Hrscnn als quere Temporalwindung in die Anatomie einge- führt hat. | | Über das Variiren der Großhirnfurehen bei Lepus, Ovis und Sus. 601 Pınscn ! äußert sich über die Fissura Sylvii der Thiere in einer ähnlichen Weise, indem er eine der Sylvischen Grube entsprechende Gegend und meist auch ein Rudiment einer Sylvischen Spalte allen Säugern zuspricht. Processus anterior fissurae Sylvii Sa (Fig. 9 e). Der vordere Fortsatz der Sylvischen Spalte verläuft fast parallel mit der Fissura rhinalis, ist vorn häufig gabelig gespalten und variirt sehr. Manchmal geht sein vorderes Ende in die Fissura praesylvia über; ein ander Mal kommt eine Verbindung mit der Fissura diagonalis zu Stande; häufiger ist die Verbindung mit der Fissura praesylvia (Q1mal [rechts 40mal und links AAmal]), seltener die mit der Fissura diagonalis (3mal rechts und 5mal links). In einem anderen Falle, in welchem der Fortsatz mit der Fissura praesylvia verbunden ist, geht auch eine Kerbe desselben nach oben zur Fissura diagonalis. Ob die Verbindung mit der Fissura praesylvia das Normale ist oder nicht, lässt sich aus der geringen Differenz der vorliegenden Fälle nicht sicher ersehen. Doch scheint die Entwicklungsgeschichte dafür zu sprechen, dass die Fälle des Nichtverbundenseins in der That im Übergewichte sind, da auch bei den von Kruzg gezeichneten Föten der Processus anterior fissurae Sylviı von der Fissura praesylvia getrennt ist. Processus posterior fissurae Sylvii Sp (Fig. 9 9). Dieser Fortsatz spaltet sich hinten gabelförmig in zwei Schenkel, wovon der eine rück-, der andere abwärts zieht; letzterer begrenzt hinten die Reır’sche Insel. Abgesehen von dieser Form, die ich in 78 '), der Fälle beobachtete, giebt es noch eine zweite, in welcher die gabelige Theilung in Folge eines Ausfalles der Nebenfurche fehlte; dies war in 44 Fällen der Fall. Außer dieser Varietät beobachtete ich in 45 Fällen, demnach so häufig eine Verbindung des Processus posterior fissurae Sylvii mit der Fissura rhinalis, dass man dieselbe als nahezu konstant annehmen kann. Auch bei den von Krurs gezeichneten Föten ist diese Kommunikation vorhanden. Processus acuminis fissurae Sylvii Sac (Fig. I Sac u. Fig. 9 d). Der schon vorher ausführlich behandelte Processus acuminis fissurae Sylvii varürt äußerst selten, denn unter 50 Hemisphären war der- selbe nur einmal abnorm gebildet und mündete mittels einer ganz seichten Furche (oberflächlich) in die Fissura diagonalis ein. Nach der ! Über gleichwerthige Regionen am Großhirn der Carnivoren und Primaten. (Centralblatt f. d. med. Wissensch. 4875. Nr. 38. p. 643, 4.) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 40 602 | Vietor Rogner, vorher gegebenen Auseinandersetzung (p. 600) ist dieser Fortsatz ho- molog der eigentlichen Fissura Sylvi, und es könnte daher am besten der Name Processus acuminis fissurae Sylvii ganz entfallen. In dieser Anschauung finde ich mich in voller Übereinstimmung mit Kruzs, der sagt, »dass man den Ungulatengehirnen wohl auch eine eigentliche Sylvische Furche abgesprochen hat, die sie aber doch haben«, und diese ist der Processus acuminis. Processus anterior fissurae suprasylviae ssa (Fig. I ssa). Verläuft vor- und abwärts und ist von der Fissura diagonalis durch einen breiten Windungszug getrennt. Nicht verbunden, demnach normal ist. der Fortsatz 34mal und zwar rechts 49mal und links 15mal. Eine Ver- bindung mit der Fissura diagonalis kommt 7mal (rechts 3mal und links Amal) vor. Über die Verbindung mit der F. ansata siehe unten. Processus posterior fissurae suprasylviae ssp (Fig. I ssp). Die Fissura suprasylvia geht rückwärts in den Processus ssp über, der in horizontaler Richtung bis an den hinteren Gehirnpol reicht. An der Stelle, an welcher auch der Processus posterior abzweigt, geht eine zweite tiefe Furche (Fig. 4 * *) abwärts, die zwischen dem Processus acuminis fissurae Sylvii und der Fissura postica zu liegen kommt. Ich erwähne diese Furche, weil dieselbe, wie ich später noch des Genaueren erörtern werde, in Bezug auf gewisse Übergangsformen zwischen Schaf- und Schweinehirn und von letzteren zu dem der Carnivoren von Wich- tigkeit zu sein scheint. Normal fand ich den Processus k4mal (rechts und links je 22mal). Die zweite oben erwähnte Furche ist auch ziemlich konstant, da sie AAmal unter den 50 Hemisphären vorkam. Der Pro- cessus ssp verbindet sich 6mal mit der Fissura postica und zwar 4mal durch Vermittlung der oben erwähnten Seitenfurche und 2mal ohne Gegenwart dieser Furche. Processus superior fissurae suprasylviae sss (Fig. 1 sss). Zugleich mit dem Abgange der Fissura suprasylvia anterior ver- läuft von dem höchst gelegenen Punkte der Suprasylvia der Processus superior nach vorn und oben. Er ist sehr kurz und konstant; kam 47mal normal vor, war in einem Falle mit der Fissura ansata verbunden, und in einem anderen Fall kaum angedeutet; Amal (rechts) fehlte er voll- ständig. Fissura coronalis co (Fig. A co). Die Fissura coronalis verläuft im vorderen Drittel der oberen (kon- vexen) Gehirnfläche, und ist leicht $-förmig gekrümmt. Ihr vorderes Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 603 ‘ Ende istin zwei Schenkel gespalten (in 30 Fällen), von welchen der eine | ul ] untere, der zugleich länger ist, auch konstanter auftritt, während der andere (mediale) variirt. Einmal war rechts die gabelförmige Furche bloß angedeutet, aber der mediale Schenkel nicht mit der Fissura coro- nalis verbunden; ein ander Mal (rechts) war dieser Fortsatz nur an der medialen Fläche der Goronalis angedeutet. Das hintere Ende der Fissura coronalis ist konstant mit der Fissura ansata verbunden. Mit der Fissura praesylvia war erstere (und zwar immer mit dem konstanten Hauptfortsatz) rechts Imal und links 3mal in Verbindung. Die Fissura coronalis war auch mal (2mal rechts und mal links) mit der Fissura eruciata verbunden, eine sehr seltene Variante, aber maßgebend für die Erklärung gewisser Übergangsformen, die ich später besprechen werde. Fissura praesylvia ps (Fig. A ps). Sie beginnt zwischen dem Processus anterior fissurae Sylvii und der Fissura rhinalis, läuft parallel der unteren Hälfte des Vorderrandes der Hemisphäre, krümmt sich um den vorderen Pol des Gehirnes nach auf- wärts und gelangt auf die konvexe Fläche. Sie verbindet sich häufig (24 Fälle) durch ihr Unterende mit dem Processus anterior fissurae Sylvi; in 29 Fällen aber ist sie nicht mit demselben verbunden. Was diese Verbindung, auf die auch Krurs aufmerksam macht, anbelangt, so ist derselben beim Processus anterior fissurae Sylvii bereits Erwähnung ge- than worden. Zweimal (beiderseits links) ist auch eine Kommunikation mit der Fissura rhinalis angelegt ; eben so mit der Fissura coronalis (4mal rechts und 3mal links). Fissura diagonalis d (Fig. A d und Fig. 9 h). 'Beginnt an der vorderen Hälfte der lateralen Hemisphärenseite und zieht diagonal von hinten unten nach vorn oben. Die Fissura diagonalis war 32mal normal; 8mal (rechts 3mal und links 5mal) fand ich sie mit dem Processus anterior fissurae Sylvii und 7mal (rechts 3mal und links Amal) mit dem Processus anterior fissurae suprasylviae verbunden. An der Theilungsstelle der Fissura Sylvii mündete die Fissura diagonalis 2mal ein (rechts und links Amal) und in einem anderen Fall in den Pro- cessus acuminis fissurae Sylvii selbst. Fissura lateralis / (Fig. 5 }). Sie liegt nahe und ungefähr parallel dem oberen Mantelrande an der hinteren Hemisphärenhälfte, gleichsam die Verlängerung der Fissura coronalis darstellend, jedoch durch die Fissura ansata von letzterer ge- 40* 604 n Vietor Rogner, trennt. Ihr hinteres Ende geht oft in accessorische Fortsätze über; auch wird sie konstant von zwei Längsfurchen begleitet, von welchen die laterale meistens unterbrochen ist. Sie war 37mal normal; i3mal zeigte ihre Lagerung sehr schön die von Kruzc mit dem Namen »Pronation« belegte Verschiebung der Gehirnoberfläche, wodurch die längs des Me- dianrandes gelagerte Hirnrinde von der konvexen Seite auf die mediale Fläche verschoben ist. Das vordere Ende der Fissura lateralis geht 10mal (rechts und links je 5mal) auf die mediale Fläche über, das hintere Ende Amal (rechts); 2mal liegt die Fissura lateralis knapp am Medianrande ; in Folge dessen verläuft dann die mediale kurze Begleitungsfurche am Medianrande selbst, oder sogar auf der medialen Fläche. Mit der Fissura ansata ist sie nie verbunden gewesen. Fissura postica p (Fig. 9). Sie verläuft sagittal zwischen dem Processus posterior fissurae suprasylviae und der Fissura rhinalis, beiden fast parallel. In ihrer Um- gebung treten häufig accessorische Furchen auf, mit denen sie sich ver- bindet, und zwar kam eine solche Verbindung Amal rechts und 7mal links vor. Mit dem Processus posterior fissurae suprasylviae war die Fissura postica mal (rechts und links je 2mal), mit der Fissura supra- sylvia einmal verbunden ; unterbrochen war sie links einmal; 32mal war sie normal und ohne Verbindung. Fissura ansata a (Fig. I a). ' Diese liegt im vorderen Drittel der Hemisphäre,, ist quer gestellt, reicht vom oberen Mantelrande bis zur Mitte der konvexen Fläche und entsteht aus dem Zusammenfluss dreier Furchen: einer medialen, einer vorderen und einer lateralen. Die vordere Furche und die mediale sind konstant und erstere auch immer mit dem hinteren Ende der Fis- sura coronalis verbunden. Die ebenfalls konstante laterale Furche reicht mit ihrem freien Ende zwischen den Processus superior und den Pro- cessus anterior fissurae suprasylviae hinein, daher es leicht begreiflich ist, dass auch einige Male (9mal [3mal rechts und 6mal links]) mit dem Processus anterior fissurae suprasylviae und Amal (links) mit dem Processus superior fissurae suprasylviae eine Verbindung zur Beob- achtung kam. Die laterale Furche (horizontale) war 10mal gabelig ge- theilt, und zwar 4mal rechis und 6mal links. Die Fissura ansata fand ich 39mal normal. | Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 605 Furchen der medialen Fläche. Fissura splenialis sp und Fissura cruciata cr. | (Fig. 6 sp und cr.) Die Fissura splenialis umgreift den Balkenwulst, läuft mit diesem parallel und krümmt sich mit ihrem vorderen gabelig gespaltenen Endstücke etwas vor der Balkenmitte aufwärts, um mit dem einen breiteren und tieferen Schenkel (Fig. 6 cr) als Fissura cruciata, dem Sillon erucial Leurer's, zu enden. Dieser letztere Schenkel ist kon- stant. Die Fissura cruciata liegt vor der Fissura ansata, kerbt den Medianrand tief ein, läuft der Fissura splenialis entgegen und verbindet sich, wie oben geschildert wurde, ausnahmslos mit dem Hauptfortsatz derselben. Zwischen die gabelige Theilung der Fissura splenialis reicht der mediale Fortsatz der Fissura ansata (Fig. 6 a) hinein. Bei der Be- trachtung der Hemisphäre von oben sieht man den zweiten Theilungs- schenkel der Fissura splenialis als seichten Einschnitt des medialen Randes (Fig. 1 *). Man könnte die gabelige Theilung auch so auffassen, dass man sagt: die Fissura splenialis endigt am hinteren Fortsatz, und der vor- dere Fortsatz ist schon die Fissura cruciata. Gegen eine solche Deutung spricht aber die zu geringe Tiefe der Furche und auch die Entwick- lungsgeschichte, welche lehrt, dass dieser zweite Fortsatz erst später auftritt. Die gabelige Theilung kam rechts 17mal und links 20mal vor, darunter rechts 3mal und links Amal schwach angedeutet; 13mal (8mal rechts und ömal links) fehlte sie. Fissura genualis g (Fig. 6 9). Sie umkreist im Bogen das Genu corporis callosi, ist mit der vor ihr liegenden Fissura rostralis I4mal verbunden und zwar 8mal rechts und 6mal links; 36mal normal. Fissura rostralis ro (Fig. 6 ro). Sie liegt vor der Fissura genualis und variürt in Bezug auf ihre Länge sehr oft. Mit der Fissura genualis ist sie entweder durch ihr oberes Ende oder durch einen queren Ast verbunden. Diese Verbin- dung fand ich 8mal auf der rechten und 6mal auf der linken Seite. In drei Fällen (rechts) ist die Fissura rostralis vielfach unterbrochen; in zwei Fällen (rechis) erreicht sie mit ihrem vorderen Ende den Hemi- sphärenrand und geht zum Theil auf die obere äußere Fläche über; 3imal war sie normal. — Damit wären die Variationen der Hauptfurchen bei Ovis aries auf- 606 Vietor Rogner, gezählt; ihre morphologische Bedeutung werde ich erst später, nachdem auch die Gehirnoberfläche von Sus scropha beschrieben ist, besprechen. Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Sus scropha. Anzahl und Lage der Furchen am Gehirne des Schweines steht in vollkommener Übereinstimmung mit der Zahl und Anordnung derselben am Hirne des Schafes!. Grenzfurchen: Die Fissura hippocampi Ah und die Fissura rhinalis rh variiren, gleich denen des Schafes, nicht. Die Fissura rhinalis ist aber bei Sus in einem anderen Verhältnis zu ihrer Umgebung als beim Schaf, denn es ist bekanntlich die Insel völlig verdeckt. In dieser Beziehung nähert sich das Gehirn des Schweines dem der Carnivoren. Nur dann, wenn die Fissura Sylvii, wie dies zuweilen vorkommt, mehr klafit, sieht man die Insel und den Verlauf der Fissura rhinalis. Was die auf dem Lobus pyriformis liegende Furche anbelangt, so war sie 33mal vorhanden, darunter I1mal rechts und 14mal links, und fehlte 7mal (#mal rechts und 3mal links). Hauptfurchen: Processus anterior fissurae Sylvii Sa. Von außen nur an seinem Ursprunge sichtbar, geht derselbe als- bald, wie oben bemerkt, in die Tiefe und verläuft parallel mit der Fissura rhinalis nach vorn. In 26 Fällen wird die Fissur wie- dersichtbar, daihr vorderesEnde auf den Gehirnmantel übertritt. Der Processus anterior war nur einmal mit der Fissura rhinalis ver- bunden. In 3 Fällen (Imal rechts und 2mal links) fehlte das nach oben den Mantel einschneidende Ende, und 41mal (ömal rechts und 6mal links) war es bloß schwach angedeutet. Es gehört demnach zur Norm, dass die Fissura Sylvii (autorum) vorn wieder an der konvexen Gehirn- fläche erscheint, und dieses Stück ist höchst wahrscheinlich einem Theile 1 Alters-, Geschlechts- und Gewichtsangaben: Alter Monate: || 6 | 6 | 6 | 6 | 6 | 9 It4 | a2 | a2 Gewicht; g: 90 | 93 | 95 BE ch 0 [118 | 120 m Alter; Monate: | | 6 | 6 1 8 | 9 | 9 140 | 10 E 13 Sr Sl Bealiegan a be Gewicht; g: | 85 | 95 a #15 |n13 | 120 Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 607 der Fissura Sylvii der Anthropoiden et weil es den Mantel ein- schneidet. Processus posterior fissurae Sylvii Sp. Äußerlich meist nicht sichtbar, verhältnismäßig kurz; kann erst zur Ansicht gebracht werden, wenn die begleitenden Wülste aus einander gezogen werden. In der Tiefe verläuft er an ihrer lateralen Grenzfläche (über der Fissura rhinalis) nach rückwärts und geht mit seinem Ende (in 20 Fällen [rechts 9mal und links A4mal]) in die Fissura rhinalis über. Ein Nichtverbundensein mit derselben findet sich in 18 Fällen. Gänz- lich fehlt der Processus in zwei Fällen (rechts und links je einmal). Processus acuminis fissurae Sylvii Sac. Verläuft nach oben rückwärts, also verschieden von Ovis, aber ähn- lich dem der Carnivoren. In einem Falle (rechts) geht von dem Proces- sus anterior der Fissura suprasylvia ein Fortsatz zu ihm und verbindet sich mit demselben. Bezüglich der Deutung des Processus Sac verweise ich auf p. 601. Processus anterior fissurae suprasylviae ssa (Fig. % ssa). Diese Furche ist lang und mit Nebenzweigen versehen. Bei 32 Hemisphären fand ich sie (18mal rechts und 14mal links) mit der Fis- sura diagonalis verbunden. Man kann also für das Gehirn von Sus scropha die Verbinduung des Processus ssa mit der Fissura diagonalis als typisch annehmen. Erwähnenswerth ist auch ein Fall, in welchem der Fortsatz außer mit der Fissura diagonalis auch noch mit dem Pro- cessus acuminis, fissurae Sylvii kommunicirte. Processus posterior fissurae suprasylviae ssp (Fig. 4 ssp). Ist Eenförmig nach rückwärts gekrümmt und, zum Unterschiede von dem Gehirne des Schafes, selten mit N henfartsiizen versehen. Der bei Ovis beschriebene, nach vor- und abwärts zwischen dem Processus acuminis fissurae Sylvii und der Fissura postica liegende Fortsatz fehlt dem Gehirne des Schweines. Variationen dieser Furche habe ich nicht beobachtet. Processus superior fissurae suprasylviae sss (Fig. 4 sss). Verläuft vor- und medialwärts und ist konstant mit dem hinteren lateralen Fortsatz der Fissura ansata verbunden. Diese Verbindung 608 Vietor Rogner, mitderFissura ansata kommt bei Ovisaries als Varietät vor (unter 58 Hemisphären bloß Amal). Es liegt also hier wieder eine Art von Übergangsform vor. Die nun folgenden vier Furchen co, a, sp, cr, werde ich in Einem beschreiben, da dieselben am Gehirne des Schweines insgesammt zu- sammenhängen; dies Verhalten ist derart konstant, dass von LEURET diese Stelle (und die ihr zukommende, zwischen der Fissura coronalis und der Fissura diagonalis gelegene »Windung«) als geradezu charakteristisch für das Gehirn des Schweines hingestellt wurden. In der Mitte dieser Stelle findet sich eine konstante, sagittal gerichtete Nebenfurche. Die Fissura coronalis co (Fig. 4 co) verläuft am vorderen Ende aus- und abwärts; eine Spaltung derselben, wie bei Ovis aries, kommt nicht vor. Das hintere Ende geht parallel zwischen dem Medianrande und dem vorderen lateralen Fortsatz der Fissura ansata auf die mediale Seite über und verbindet sich durch dieFissura cruciata cr mit der Fissura splenialis (25mal, rechts 13mal und links 12mal). Ferner ist die Fissura coronalis durch Vermittlung des lateralen vorderen Fortsatzes der Fissura ansata mit dem Processus superior fissurae supra- sylviae verbunden (rechts 3mal und links 5mal). Fissura splenialis sp (Fig. 7 sp). Die Lage derselben stimmt mit der bei Ovis aries überein, nur ist ihr vorderes Ende am Gehirne des Schweines in so fern typisch anders gebildet, als es in überwiegender Anzahl der Fälle (25mal) mit der Fissura coronalis verbunden ist. In solchen Fällen bilden die Fissura splenialis, Fissura cruciata und die Fissura coronalis einen Furchenkomplex. Bei Ovis kommt eine Verbindung der sp, resp. er mit der Fissura coronalis als Ausnahme (4mal beobachtet) vor. Die Fissura ansata a (Fig. 7 a) verhält sich auch anders, wie bei Ovis. Der vordere laterale Fortsatz nämlich bleibt frei und ragt zwischen die Fissura coronalis und Fissura diagonalis hinein. Dieser vordere Fortsatz scheint dem Schafe zu fehlen, da das hintere Ende der Coronalis immer mit der Fissura ansata verbunden ist, daher man eigent- lich beim Schaf nur die vorderen zwei Drittel der Coronalis als eigentliche Coronalis ansehen darf. Der mediale Fortsatz ist konstant (36mal) mit der Fissura splenialis und der hintere laterale Fortsatz mit dem Pro- cessus superior fissurae suprasylviae verbunden. | Fasst man das Ganze in kurzen Worten zusammen, so zeichnet sich das Gehirn des Schweines durch eine konstante Verbindung der Fissura coronalis mit der N | Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 609 Fissura splenialis, dann durch die des hinteren late- ralen Fortsatzes der Fissura ansata mit dem Processus superior Suprasylviae, ferner durch eine Verbindung der Fissura ansata mit der Fissura splenialis und schließlich durch einen freien lateralen Fortsatz der Fissura ansata aus. Fig. 7 zeigt die eben hervorgehobenen, nor- malen Verhältnisse in höchst entwickelter Form. Man sieht die drei ' Furchen sp, er und co in eine tiefe Furche zusammenlaufen, und die 'Fissura ansata mündet in die Fissura splenialis. Fissura praesylvia ps (Fig. A ps). Sie ist konstant; ihre hintere Hälfte verläuft zumeist (36mal), wie bereits geschildert, mit der Fissura rhinalis und dem Processus anterior fissurae Sylvii in einer gemeinschaftlichen tiefen Furche, und ist im Übrigen mit der Fissura rhinalis verbunden. Mit dem Processus anterior fissurae Sylvii, der auch in der gemeinschaftlichen Furche lagert, kam kmal eine Verbindung vor. Fissura diagonalis d. Ihr Verlauf und ihre Lage verhält sich wie bei Ovis aries, nur ist im Gegensatze zu Ovis die Verbindung mit dem Processus anterior fissurae suprasylviae sehr häufig (32mal). Beiläufig in ihrer Mitte geht auch noch meistens eine nach vorn und abwärts gerichtete Kerbe ab. Fissura lateralis l. Diese konstante Furche verhält sich wie die gleichnamige bei Ovis. Die Fissura postica p hat in Folge der, von den Schafgehirnen verschiedenen, Konfigura- tion des Processus posterior fissurae suprasylviae eine andere Lage, läuft mit diesem parallel, wodurch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gehirn der Garnivoren sich bemerkbar macht. Die nächsten zwei Furchen g und ro behandle ich wieder in Einem. - Sie zeichnen sich beide durch ihre unregelmäßige Entwicklung aus, wo- durch Verhältnisse gesetzt werden, die denen bei den Carnivoren gleich kommen. Die Fissura genualis g (Fig. 7 g) zeigt verschiedene Formen: Sie ist 26mal normal, 6mal rechts unterbrochen, umgreift (in drei Fällen [{mal rechts und 2mal links]) nicht das Balkenknie, ist mit dem Unterende der Fissura rostralis (in drei Fällen [links])) und mit der Fissura splenialis (Qmal linkerseits) verbunden. - 610 Vietor Rogner, Die Fissura rostralis ro (Fig7 ro) war nur I9mal entwickelt (7mal rechts und 12 mal links); durch eine flache Grube ist sie 19mal ange- deutet, und 2mal (1mal rechts und Imal links) fehlte sie. Sie ist daher die unkonstanteste und variabelste Furche am Gehirne des Schweines. Wenn ich zum Schlusse die einzelnen Befunde resumire, so er- geben sich folgende Resultate: A. Vergleicht man die Gehirne von Ovis und Sus in Betreff der Anzahl der Furchenvarianten, so bemerkt man, dass die Furchen bei Sus konstanter sind, als bei Ovis aries. Während bei letzteren in 40°/, der Fälle die Furchen variiren, variiren sie bei Sus, mit Ausnahme ein- zelner höchst variabler Sulei (g, ro), nur in 20 °/, der Fälle. B. Eine symmetrische Ausbildung der Furchen fand ich bei Sus nicht oft (ömal unter 20 Gehirnen) vor, und es zeichneten sich die weni- gen symmetrisch geformten Gehirne durch schwach geschlängelte und mit wenigen Nebenkerben versehene Furchen aus. Überhaupt sind bei Sus sämmtliche Furchen mehr gestreckt als bei Ovis, was letzterem Gehirne ein windungsreicheres Ansehen verleiht. Bei Ovis war eine voll- kommene Symmetrie in keinem Falle vorhanden, auch annähernd symmetrische Formen kamen selten vor (kei 25 Gehirnen 6). Da das Gehirn des Schweines sich durch den Mangel an accessorischen Furchen und Kerben auszeichnen, wird es verständlich, dass die Hauptfurchen bei Sus häufiger symmetrisch erscheinen. C. Die Fissura coronalis ist beim Schaf stets mit dem vorderen lateralen Fortsatz der Fissura ansata verbunden; bei Sus nicht. Doch beweist Fig. 3, dass dasselbe Verhalten auch beim Schwein als Aus- nahme !vorkommt. Man sieht an dieser Abbildung, dass die Fissura coronalis und ansata wie beim Schaf verbunden sind. D. Bei Sus ist die Fissura coronalis konstant durch die Fissura eruciata mit derFissura splenialis verbunden, bei Ovis nicht; die Fig. 2 zeigt dieses Furchenverhalten beim Schaf als Variante auftretend. Wäre dazu noch der Theilungsschenkel der Splenialis mit der Fissura ansata verbunden, dann würde bezüglich dieser Furche zwischen dem Gehirn des Schweines und dem des Schafes beinahe völlige Übereinstimmung herrschen. E. Bei Sus ist der hintere laterale Fortsatz der Fissura ansata kon- stant mit der Fissura suprasylvia verbunden, beim Schaf nicht. Doch kommt als Varietät auch beim Schaf ein Conflux der genannten Furchen zu Stande (vergleiche Fig. 1, k und 5). F. Bei Sus ist die Fissura ansata konstant mit der Fissura sple- nialis verbunden, während sie bei Ovis aries ganz frei endet; Fig. 8 zeigt die Fissura ansata an dem Gehirne eines Schweines abnormer Weise frei endigend. | | | | | | I Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 611 e- G. Die Fissura eruciata ist bei Sus mit der Fissura coronalis ver- bunden, beim Schaf nicht. Fig. 8 zeigt sie beim Schwein als Ausnahme auch nicht verbunden; hierzu bildet Fig. 2 das Gegenstück, indem sie eine Verbindung der eben genannten Furchen beim Schaf illustrirt. (Beide in den Absätzen D und E beschriebenen Varietäten kamen an einem und demselben Gehirne vor.) Aus Allem diesen ist ersichtlich, dass die Gehirnfurchen bei den untersuchten Thieren mannigfach variiren; unter den Varietäten sind die Gonfluenzen der Hauptfurchen am interessantesten, weil es sich bei einigen derselben um eine Nachahmung von bei einer anderen Thier- familie zur Norm gehörenden Bildungen handelt. Was dieDignität der Furchenvariationen anbelangt, so halte ich dieselben für Bildungen, denen eine tiefere Bedeutung als die einer gewöhnlichen Anomalie zu- kommt, weilsieaugenscheinlich »Übergänge«einer Form in die andere vermitteln. Anhang. Über die Balkenwindungen des Gehirnes bei Ovis aries, Sus scropha und Lepus timidus (Fig. 10, 41, 43). Ich habe bei Gelegenheit dieser Untersuchungen auch noch die »Balkenwindungen« in Betreff ihrer Form und Varietäten ins Auge ge- fasst. Man kann an den auf dem Subiculum cornu Ammonis aufsitzen- den und durch eine deutlich ausgesprochene Furche von der Fascia dentata Tarini! getrennten Balkenwindungen einen Hauptwulst und einige Nebenwülste unterscheiden, und zwar zeigt die Balkenwindung reichlicheNebenwülste oder diese fehlen und es findet sich nur der Haupt- wulst. Erstere Form (Fig. 10) war bei Ovis aries unter 25 Fällen 1'7/mal vorhanden 2, an acht Gehirnen hingegen fehlien die Wülste (Fig. 11). Bei Sus sind die Balkenwülste nicht so schön ausgeprägt, wie beim Schaf. Unter den 20 Gehirnen fand ich nur bei 6 einen Nebenwulst, sonst charakterisirten sich alle durch einen sehr gut ausgebildeten Hauptwulst. Was die Balkenwindungen beim Feldhasen anbelangt, so bildeten ! Der Name »Fascia dentata« passt für diese Gehirne nicht, da dieselbe nicht gezähnelt ist. Andeutungen von Zähnelung der Fascia Tarini kamen zwar bei den 'Schafgehirnen vor (Imal rechts und 3mal links unter 50 Hemisphären), bei Sus hin- gegen fand ich die Fascia Tarini stets glatt. 2 Die Nebenwülste waren in der verschiedensten Weise vorhanden. Einmal waren rechts drei, links zwei; einmal rechts zwei, links drei; dann wieder beider- seits zwei, oft auch rechts oder links bloß ein Nebenwulst. 612 Vistor Rogner, sie einen Zapfen von rundlicher Form, der gegen den Gyrus fornicatus durch eine deutlich ausgesprochene Furche abgegrenzt war. Untersucht wurden darauf 30 Gehirne, und ich sah bei allen, dass der den Wülsten bei anderen Thieren homologe Zapfen dem Subiculum cornu Ammonis aufsitzi. Variationen kamen keine vor, höchstens ein mehr oder minder starkes Ausgeprägtsein des Zapfens. Die Fascia Tarini war ge- zähnelt!. Ich habe die Balkenwindungen auch bei anderen Thieren (Hirsch, Reh, Dachs, Pferd) untersucht, aber nicht in so ausgedehnter Weise, wie beim Schaf, Schwein und Hasen, von welchen Thieren ich reichliches Material zur Hand hatte, und kann daher Weiteres bloß über das Vor- kommen, nicht über das Variiren berichten. Beim Hirsch (Thiergehirn ; 265 g Gehirngewicht), fand ich Folgen- des: rechts zwei Nebenwülste; der Hauptwulst wurde durch eine tiefe Furche in zwei über einander stehende getheilt;; links fehlten die Neben- wülste. Bei der Rehgeiß, welche ein Gehirngewicht von 98 g hatte, war der Hauptwulst durch eine Furche von dem Subiculum cornu Ammonis getrennt und zwar war das rechts der Fall; links war ein schwacher Nebenwulst angedeutet. | “ Beim Rehbock (90 g Gehirngewicht) war links ein deutlich aus- gebildeter Hauptwulst zu sehen, eben so eine Furche gegen das Subiculum cornu Ammonis; rechts waren zwei Nebenwülste. Beim Dachs (Männchen), Gehirngewicht 75 g, war die Fascia Tarini gezähnelt und ist daher der Beiname »dentata« für sie bei diesem Thiere gerechtfertigt. Rechts kam ein Hauptwulst mit einem kleinen Nebenwulst, links bloß der Zapfen oder Hauptwulst vor. Das Pferdehirn (560 g Gewicht) zeigte ebenfalls den Hauptwulst und beiderseits hatte derselbe einen mächtigen Neben wulst. ! Eigenthümlich ist auch die Bildung der Fasciola cinerea beim Feldhasen. Während sie bei anderen Thieren allmählich in die Fascia dentata Tarini übergeht, zeigt sich beim Hasen median, im Spalt zwischen den bei- den Fasc. d. T. und den Balkenwülsten, eine höchtens 3 mm lange und 1), mm breite, längsgerichtete Leiste, welche an die Oberfläche hervorgeschoben ist. Die- selbe ist von sehr zarter Beschaffenheit, so dass sie nicht leicht zu finden ist, sobald die Hemisphären von einander gerückt werden. Die Abbildung Fig. 43 zeigt das Ganze in doppelter Größe und der Einriss deutet die Dopplung der Leiste an. Die makroskopische und mikroskopische Untersuchung ergab, dass die stark vorge- schobene (aufgeworfene) Fasciola cinerea das Balkenstück der Fascia dentata Tarini ist. Die Fascia Tarini bildet daher beim Feldhasen inihremüber- gange zur Fasciola cinerea eine leistenartige Erhabenbheit. Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. 613 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXV. Fig. 4. Schafgehirn (normal, Ansicht von oben), ps, Fissura praesylvia ; co, Fissura coronalis, man sieht die gabelige Theilung derselben ; cr, Fissura cruciata; *, Theilungsfortsatz der Fissura splenialis, der gerade noch den Median- rand einkerbt; ssa, Processus anterior fissurae suprasylviae; sss, Processus superior fissurae suprasylviae ; ssp, Processus posterior fissurae suprasylviae; **, konstanter Fortsatz des Processus posterior fissurae suprasylviae; Sac, Processus acuminis fissurae Sylvii, eigentliche Fissura Sylvii; d, Fissura diagonalis. Fig. 2. Schafgehirn (Übergangstypus; Ansicht von oben), Die Fissura splenialis sp mit der Fissura cruciata und diese mit der Fissura coronalis verbunden; der schraffirte Theil stellt die mediale Fläche dieses Gehirnes dar, es ist daher schief aufgestellt. *, Theilungsfortsatz der Fissura splenialis. Der laterale Fortsatz der Fissura ansata zeigt als Varietät eine gabelige Theilung. Fig. 3. Gehirn eines Schweines (Übergangsform, Ansicht von oben). *, Verbindung des vorderen (für gewöhnlich beim Schwein freien) late- ralen Fortsatzes der Fissura ansata mit der Fissura coronalis, die bei den Gehirnen der Schafe konstant vorkommt. Fig. 4. Gehirn einesSchweines (normal, Ansicht von oben). Die Fissura coronalis co und der mediale Fortsatz der Fissura ansata gehen auf die me- diale Fläche über. *, konstante Längsfurche der »LEURET’'schen Windung«; sss zeigt die bei dem Gehirne des Schweines konstante Verbindung mit dem hinteren latera- len Fortsatze der Fissura ansata. Fig. 5. Gehirneines Schafes (Übergangsform, Ansicht von oben). Man sieht die bei dem Gehirne des Schweines typische Verbindung des Processus superior fissurae suprasylviae hier beim Schaf als Variante. *, konstanter Theilungs- fortsatz des Processus posterior fissurae suprasylviae. Der Fissura coronalis fehlt die gabelige Theilung des vorderen Endes. 1, Fissura lateralis. Fig. 6. Gehirn eines Schafes (normal, mediale Fläche). Die Fis- sura cruciata kerbt den Medianrand ein; zwischen ihr und dem Theilungsfortsatz (*) der Fissura splenialis ragt die Fissura ansata frei endigend hinein. Fig. 7. Gehirn eines Schweines (normal, mediale Fläche). Fis- sura ansata a und cruciata cr sind mit der Fissura splenialis verbunden. Fig. 7 u. 8 zeigen auch die überhaupt wenig gefurchte mediale Fläche. Zum Unterschiede von dem Gehirne des Schafes. Fig. 8. GehirneinesSchweines (Übergangsform, medialeFläche). Die sonst am Gehirne der Schweine mit der Fissura splenialis verbundene Fissura ansata endet frei; auch die Fissura cruciata ist nicht, wie gewöhnlich, mit der Fis- sura coronalis verbunden. Fissura rostralis ro kaum angedeutet. Fig. 9. Gehirn eines Schafes (laterale Seite). a, Schläfelappen ; 614 _Vietor Rogner, Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. b, Fortsatz des Schläfelappens; dieser Fortsatz scheint der Hescar'schen Temporalwindung homolog zu sein; c, Insel; d, Processus acuminis fissurae: Sylvi, eigentliche Sylvische Spalte; e, Processus anterior fissurae Sylvii; f, hinteres Ende der Insel; 9, Processus posterior fissurae Sylvii; h, Fissura diagonalis; i, Fissura postica, Fig. 410. Gehirn eines Schafes. a, Fascia dentata Tarini (ungezähnelt); b, Hauptwulst; c, accessorische Wülste. Fig. 44. Gehirn eines Schafes. a, Fascia Tarini; b, zapfenförmiger Balkenwulst. Fig. 42 zeigt die mediale Fläche einer rechten Hemisphäre des Hasen. Man sieht eine beiläufig der Fissura splenialis anderer Thiere entsprechende Furche (a). Der Umstand, dass die Fissura splenialis bei anderen Thieren schon sehr früh auf- tritt, ferner, dass sie auch schon bei so wenig gefurchten Gehirnen, wie bei dem des Hasen, wenn auch nur als Varietät, auftritt, macht sie zu einer wichtigen Hauptfurche. Fig. 43. Feldhasengehirn (doppelte Größe). a, Balkenwindung mit dem aufgesetzten zapfenförmigen Wulste; b, Fascia Tarini; ce, leistenartige Erhabenheit der Fasciola cinerea. Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. spec. Von Max Graf Zeppelin. Mit Tafel XXXVI und XXXVIl. Ich gebe im Nachfolgenden eine ausführliche Beschreibung eines kleinen, borstentragenden Anneliden, welcher im Seewasseraquarium des Freiburger zoologischen Instituts in ziemlicher Anzahl lebt. Derselbe wurde früher schon öfters beobachtet, ist jedoch noch nicht beschrieben worden. Die sämmtlichen Organisationsverhältnisse und die Ver- mehrungserscheinungen dieses kleinen Wurmes zeigen einen so primi- tiven Charakter, wie bei keinem anderen, bisher bekannten Anneliden. Auch von dem niedersten derselben, den Polygordiiden, ist er wesent- lich verschieden, so dass ich über die systematische Stellung desselben lange Zeit im Zweifel’ war. Im Oktober vorigen Jahres erschien nun eine größere Arbeit von J. v. Kenner über Gtenodrilus pardalis!, einen marinen Chaetopoden, welcher von Crararkpoe entdeckt und ganz kurz beschrieben worden war. Bei näherer Vergleichung dieses Ctenodrilus pardalis mit der vor- liegenden Form ergab sich in Beziehung auf fast alle Organsysteme eine so vollkommene Übereinstimmung beider Thiere, dass es keinem Zweifel _ unterliegt, dass die neue Art zu der Gattung Ctenodrilus gehört, welche bisher nur durch die eine Art pardalis repräsentirt war. Ich lege der neuen Species wegen des in den allermeisten Fällen unpaar vorkommen- den Tentakels, welcher dem Thier ein sehr originelles, höchst charak- teristisches Aussehen verleiht, den Namen monostylos bei. 1 Über »Ctenodrilus pardalis Clap.« von Dr. J. v. Kesser. Arbeiten aus dem zool. zoot. Institut zu Würzburg. V. Bd. 1882. 616 - Max Graf Zeppelin, I. Über den Bau des Ctenodrilus monostylos. 1) Allgemeiner Habitus. Ctenodrilus monostylos ist in der Regel 3—4 mm lang und 0,2 mm dick, von drehrundem Körper, welcher in 20—25 scharf ausgeprägte Segmente zerfällt. Er lebt im Schlamm und in den Fäden von Diato- meen, Kieselalgen, Moosen und anderen Wasserpflanzen versteckt, ist aber unter der Lupe leicht zu isoliren. Die Farbe desselben ist gelblich- braun. Die größten Exemplare, welche ich fand, maßen 5,5 mm und bestanden aus 35 Segmenten. Er ist demnach ziemlich kleiner als par- dalis, welcher gewöhnlich 6—7 mm lang ist, aber auch eine Länge von 8—9 mm erreichen kann; dagegen besteht monostylos aus einer weit größeren Segmentzahl, während pardalis nur aus 12—1%4, aber aller- dings viel längeren Segmenten besteht. Die Thiere besitzen einen höchst primitiven, ihrer ganzen Länge nach äußerst gleichmäßigen Bau. Die Gliederung des Annelidenkörpers ist bei CGtenodrilus monostylos sehr deutlich ausgesprochen, er zerfällt in das verhältnismäßig lange Kopf- segment (Kopflappen und Mundsegment), in eine Reihe gleichwerthiger Rumpfsegmente oder Metameren und in das Endsegment mit dem After. Das ganze Thier ist mit einer Masse gelber und dunkelgrüner Pigment- flecken bedeckt (Fig. 2). Das Kopfsegment trägt an seinem Endtheil den im Gegensatz zum Körper etwas heller gefärbten Tentakel. Eine weitere Eigenthümlichkeit des Ctenodrilus monostylos besteht in dem Besitz eines ausstülpbaren, vom Darmkanal ganz unabhängigen Rüssels, welcher wie der Mund ventral liegt und zwar unter diesem. Sodann liegen noch im Kopfsegment die zwei Segmentalorgane, die einzigen, welche das Thier besitzt. Der Darmkanal beginnt mit der stark flimmernden Mund- spalte und zerfällt sehr deutlich in den flimmernden, langen Ösophagus, in den sehr weiten breiten Magendarm und in den abermals flimmernden Enddarm, welcher mit der Afteröffnung nach außen führt. Sämmitliche Segmente mit Ausnahme der beiden letzten tragen in Borstensäckchen entspringende Borsten ; jedes Segment enthält jederseits zwei Borsten- säckchen mit je 2—3 Borsten, von welchen das Thier zweierlei Arten besitzt. Muskulatur-, Nerven- und Blutgefäßsystem zeichnen sich durch große Einfachheit aus. Die Bewegung der Thiere ist ziemlich langsam, sie kriechen in den sie umgebenden Algenfäden gemächlich hin und her, wobei sie mit dem Tentakel tastende Bewegungen machen, ihn bald ganz ausstrecken, bald einziehen. Werden die Thiere isolirt, so krümmen sie sich gern zusammen, besonders sind größere Exemplare selten in ausgestrecktem Zustande genauer zu beobachten. Geschlechtliche Fort- # S er ne nr 2 2 Se Fe a Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 617 pflanzung ist bei Ctenodrilus monostylos nie beobachtet worden, der- ‚selbe vermehrt sich vielmehr ausschließlich durch Quertheilung. Wo | Ctenodrilus monostylos im Freien lebt, ist mir unbekannt, eben so wie | KENNEL dies für CGtenodrilus pardalis nicht hat in Erfahrung bringen ' können. 2) Körperbedeckung. Dieselbe setzt sich zusammen aus der dicken Hypodermis und der von dieser ausgeschiedenen, überall homogenen, sehr dünnen Cuticula. ‚Die Hypodermis besteht aus polygonalen Zellen (Fig. 14), in welchen gelbe Pigmentkörnchen in sehr großer Anzahl zerstreut liegen, die die Durchsichtigkeit der Thiere wesentlich beeinträchtigen. Außerdem "findet sich in der Hypodermis eine geringere Zahl dunkelgrüner, größerer Pigmentflecken eingelagert, welche öfters ganz regelmäßig in den Seg- menten vertheilt liegen (Fig. 2). Auch der Tentakel, der von der Cuti- eula wie der übrige Körper umzogen wird, enthält diese gelben und grünen Flecken, letztere aber in geringer Anzahl. Die Pigmentflecken sind im Kopflappen und an der Spitze des Tentakels (Fig. 12), so wie in der Umgebung des Afters besonders zahlreich angehäuft, sonst aber gleichmäßig über das ganze Thier vertheilt. Die Größe der Epithelzellen des Körpers ist verschieden, wie auch ihre Form; die Kerne derselben sind groß und werden nach Färbung der Thiere und darauffolgender Behandlung mit angesäuertem Alkohol sehr gut sichtbar (Fig. 44). Im Kopflappen besteht das Epithel aus mehreren Schichten. Die Cuticula ist so zart, dass sie in den meisten Zeichnungen nicht angegeben ist. Auf einzelnen Schnitten (Fig. 6, 9 und 10) ist dieselbe sehr gut erhalten. 3) Die Muskulatur. Die Muskulatur des Gtenodrilus monostylos ist so primitiv, wiesie nur bei einem Anneliden vorkommen kann, sie zeigt vollkommene Überein- stimmung mit der des Ctenodrilus pardalis. Der Hautmuskelschlauch be- steht nämlich wie bei diesem aus einer unmittelbar unter der Hypodermis liegenden, einfachen Schicht longitudinaler Muskelfasern (Fig. 7 IM), _ welche ohne Unterbrechung sich nach hinten erstrecken. Am lebenden Thier sind die Muskeln nur sehr schwer zu erkennen, weit besser lassen sich dieselben aufschwach gefärbten Präparaten 1 verfolgen. An die allge- 1 Die Präparate wurden auf folgende Weise hergestellt: Ich tödtete die Thiere in Sublimatlösung, welche auf circa 700 erhitzt wurde und welche ich nur ganz kurze Zeit (circa 4 Minute) einwirken ließ. Die Thiere wurden dann ausgewaschen und auf einige Zeit in 700/yigen Alkohol gebracht, darauf in Farbe, in welcher sie kaum 2 Minuten blieben, sodann in angesäuerten 700/yigen Alkohol, dann in 930/ygigen, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 4A 618 Max Graf Zeppelin, meine Körpermuskulatur schließt sich die Muskulatur des Rüssels (Fig. 3—6) an und die der Borstensäckchen, welche weiter unten be- sprochen wird. | Ctenodrilus monostylos zeigt in Bezug auf das Muskelsystem große Ähnlichkeit mit den Polygordiiden, bei welchen dasselbe eben so primi- tiv gebaut ist und sich wie bei jenen nur aus Längsfasern zusamınen- setzt. In dem einfachen Bau der Muskeln ist das ursprünglichste Ver- hältnis unter den Anneliden repräsentirt. k) Die Segmentirung. Die äußere Segmentirung ist bei Ctenodrilus monostylos streng durchgeführt. Diejenigen Segmente, welche den Magendarm enthalten, also die mittleren Rumpfsegmente, sind am größten, nach vorn und hinten nehmen dieselben etwas an Größe ab. Den äußeren Gliedern des Körpers entspricht wie bei allen Chaetopoden die innere Segmentirung, doch ist diese viel weniger streng ausgesprochen, als bei verwandten Formen. Dies ist besonders für den Darm der Fall, der durchaus nicht scharf nach Segmenten eingeschnürt ist, sondern sich in beliebigen Windungen durch den Körper zieht. Die Beschaffenheit der Dissepimente ist aus Fig. 7 ersichtlich; der leichteren Übersicht wegen sind dieselben nur bis zum Darm gezeichnet. Die Dissepimente sind sehr lose, so dass sie und mit ihnen der Darm leicht hin und her bewegt werden können. Auf Präparaten sind die zahlreichen in denselben liegenden Kerne sehr gut zu sehen. Die weiter unten zu beschreibenden Zellen, welche in der Leibeshöhle flottiren, können durch die weiten Maschen der Disse- pimente hindurchtreten und so von einem Segment in das andere ge- langen!. Man sieht meist ganz deutlich, wie dieselben bei der Be- in absoluten Alkohol, dann in Nelkenöl und endlich in Kanadabalsam. Unter der Menge von Farbstoffen, welche ich versuchte, erwies sich das WEIGERT'sche Pikro- karmin als das beste, auch Boraxkarmin und Kochenille leisteten gute Dienste. Die Farbe darf ja nicht zu lange einwirken, da an einem zu stark gefärbten Präparat fast gar nichts mehr zu sehen ist. Die zu schneidenden Thiere wurden vier bis fünf Tage in verschiedenen schwächeren Alkoholen gehärtet, dann vier Stunden oder noch länger in der Farbe gelassen, kurze Zeit mit angesäuertem, dann mit 70 und 930/,igem Alkohol behandelt und im letzteren drei bis vier Tage gelassen, dann in absoluten Alkohol gebracht und sodann kurze Zeit in Terpentinöl. Die Einbettung geschah immer in Paraffin. Von derartig zubereiteten Thieren erhielt ich ausgezeichnete Schnitte. 1 Bei Ctenodrilus pardalis finden sich ähnliche Zellen in der Leibeshöhle suspen- dirt, welche jedoch nicht im Stande sein sollen, durch die Dissepimente hindurch-. zutreten, sondern immer bloß innerhalb eines Segmentes flottiren. Nach Kenner's Ansicht sind daher die Dissepimente nicht im Stande geformte Elemente durckzu- lassen, eine Ansicht, welcher ich nach dem oben Gesagten nicht beitreten kann. Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 619 wegung des Thieres die Dissepimente passiren und oft, da die Größe _ dieser Körper sehr verschieden ist, mit Gewalt sich durch dieselben hin- durchpressen und mit großer Schnelligkeit durch —5 Segmente gleiten. , Das erste Dissepiment bezeichnet die Grenze zwischen Kopf und Rumpf. Von einem halben (zweifelhaften) Dissepiment, wie es im Kopfsegment des Ctenodrilus pardalis vorkommt, konnte ich bei monostylos nichts . bemerken. 5) Die Borsten. Die Borsten des Cienodrilus monostylos sind sehr regelmäßig am ganzen Körper vertheilt. Sämmitliche Segmente bis auf die beiden letzten sind beborstet, auch das Kopfsegment trägt Borsten, wie bei Gtenodrilus pardalis. Dieselben nehmen in kleinen Borstensäcken (Fig. 3, 4,5, 7 und 40 BS) ihren Ursprung, ein für alle Oligochaeten sehr charakteristisches Merkmal. Bei Ctenodrilus pardalis entspringen die Borsten direkt in der Haut und haben andere Gestalt als die des Gtenodrilus monostylos. Die Borstensäckchen sind durch zahlreiche, feine Muskelfasern (Fig. 7 M) an die Körperwand festgeheftet und werden durch diese sehr leicht hin und her bewegt, daher auch die Borsten selbst große Beweglichkeit besitzen. Die Muskelkerne der die Borstensäckchen befestigenden Muskelfasern sind auf Präparaten sehr deutlich zu sehen (Fig. 7). Die Borstensäck- chen werden also durch einen besonderen mit der Längsfaserschicht zu- sammenhängenden Muskelapparat in Bewegung gesetzt. Jedes Segment enthält jederseits so ziemlich in der Mitte zwei Borstensäckchen, welche durch einen feinen Muskelzug mit einander verbunden zu sein scheinen. In jedem derselben entspringen zwei bis drei Borsten, niemals aber weniger als zwei, so dass jedes Segment acht bis zwölf Borsten enthalten kann. Ctenodrilus monostylos besitzt im Gegensatz zu Ctenodrilus par- dalis zweierlei Arten von Borsten, erstens dünne, spitze und zweitens stärkere meist etwas kürzere, oben mit einer Verbreiterung versehene Borsten, welche in eine Spitze auslaufen (Fig. 16 und 17). Es tritt also hier ein ähnlicher Borstenwechsel ein, wie er bei verschiedenen, nahe- stehenden Formen z. B. bei Capitella capitata und rubicunda ete. vor- kommt. Während jedoch bei diesen die beiden Borstenarten in allen Segmenten neben einander vorkommen, ist die Vertheilung der Borsten bei CGtenodrilus monostylos so, dass die ersten vier bis fünf Segmente stets nur lange Borsten tragen, während dann alle folgenden Segmente, wie bei jenen anderen Formen, beide Borsienarten in verschiedener Va- riation enthalten können, doch nie in der Art, dass ein Borstensäckchen nur einerlei Borstenart enthielte. Die beiden letzten Segmente, welche noch wenig differenzirt sind, enthalten in der Regel keine Borsten; das AA* 620 Max Graf Zeppelin, vorletzte Segment zeigt erst die Anlage der Borstensäckchen, im Endseg- E ment dagegen kann man noch gar nichts erkennen. Die spitzen Borsten sind in Dicke und Länge sehr verschieden, sie brechen häufig und nutzen sich auch sonst leicht ab; dieselben werden dann wie bei Ctenodrilus pardalis durch neue ersetzt. Ctenodrilus monostylos unterscheidet sich in Beziehung auf die Borsten in manchen Punkten von pardalis. Dieser trägt jederseits zwei Reihen von Borstenbündeln, deren Borsten nur wenig über die Körper- oberfläche hervorragen, während sie bei monostylos oft weit über die- selbe hinausreichen. Sodann besitzt pardalis nur eine Art von Borsten, welche sich nach oben verdicken und gezähnelt sind. Auch in der Ver- theilung der Borsten zeigt sich ein Unterschied, bei letzterem kommt es öfters vor, dass ein Bündel nur aus einer Borste besteht, bei monostylos dagegen enthält jedes Borstensäckchen mindestens zwei Borsten. 6) Der Darmkanal. Dieser beginnt mit der Mundöffnung, welche eine ventral liegende, stark flinmernde und ziemlich dehnbare Längsspalte ist (Fig. 3 MO) und endet im letzten Segment mit dem ebenfalls flimmernden After nach außen. Der Mund ist von einer starken, ihn gleichmäßig umgebenden Verdickung (Fig. 3 V) eingeschlossen. Die Gliederung des ganzen Nahrungsrohres tritt immer sehr scharf hervor, es zerfällt in den flim- mernden, langen Ösophagus, in den sehr weiten, braun gefärbten Magendarm und. in den flimmernden Enddarm. Der Darmkanal übertrifft an Länge um ein Ziemliches diejenige des ganzen Thieres, er erfährt daher viele Windungen, besonders der Enddarm, wäh- rend Ösophagus und Magendarm nur sanfte Krümmungen machen. Dicht nach der Mundöffnung verdickt sich die ventrale Wand des Öso- phagus sehr bedeutend, dieselbe besteht hier aus einem mehrfach ge- schichteten Zellenlager, in welchem die Kerne in großer Menge liegen (Fig. —6); die Zellgrenzen sind nicht zu erkennen. Das Lumen des Ösophagus ist an dieser Stelle ganz eng; dicht unter dem Rüssel er- weitert sich derselbe wieder, seine ventrale Wand geht in ein einschich- tiges Epithel (Fig. 4 und 5) über. Der Ösophagus erstreckt sich bis zum fünften bis neunten Segment, er trägt auf seiner Innenseite Flimmerhaare, welche die Nahrungsbestandtheile nach dem Mitteldarm bewegen, und erweitert sich dann ganz plötzlich zu dem breiten, sackigen Magendarm, der Anfangs noch eine schwache Flimmerung zeigt, eben so wie an seinem Ende beim Übergang in den Enddarm. Bei Otenodrilus pardalis findet der Übergang des Ösophagus in den Magendarm schon im dritten Segment statt, letzterer erstreckt sich durch vier bis fünf Segmente und Über den Bau und die Theilnngsvorgänge des Gtenodrilus monostylos nov. spec. 621 geht gewöhnlich im achten Segment in den farblosen Enddarm über. Bei Ctenodrilus monostylos beginnt der Magendarm erst im sechsten bis ‚ neunten Segment und erstreckt sich je nach der Größe des Thieres " durch acht bis zwölf Segmente. Das Epithel des Darmes besteht aus | großen, braun gefärbten Zellen (Fig. 13) und ist mit Ausnahme der eben erwähnten ventralen Verdickung überall ganz gleichmäßig dick, während - bei pardalis die ventrale Darmwand in ihrem ganzen Verlauf 3—4mal so dick ist als die dorsale. Das Darmepithel ist sehr breit, besteht aber dennoch nur aus einer Zellschicht. Die fein vertheilten braunen Körper- chen kann man im Protoplasma der Epithelzellen des Magendarmes deut- lich erkennen (Fig. 13); außerdem enthalten dieselben häufig helle Öl- tropfen (Fig. 13 Oi), welche wohl als ein Verdauungsprodukt aufzufassen sind. Die Zellkerne der Darmzellen sind sehr groß und sind auf Schnitten besonders gut zu sehen (Fig. 6, 8, 9 u. 10), Zellgrenzen dagegen konnte ich nirgends unterscheiden. Bei der sehr beträchtlichen Länge und Breite des braunen Magendarmes macht es auf das unbewaflnete Auge den Eindruck, als ob das ganze Thier braun wäre, ganz eben so wie dies bei Gtenodrilus pardalis der Fall ist, welcher mit monostylos den braun gefärbten Magendarm gemein hat. - Während der Magendarm von par- dalis beim Übergang in den Enddarm eine starke Knickung macht, geht derselbe bei monostylos ganz allmählich in den farblosen, stark flim- mernden Enddarm über. Dagegen ist der scharfe Absatz zwischen Ösophagus und Magendarm beiden Thieren gemeinsam. Der Enddarm mündet in der etwas seitlich gelegenen Afteröffnung nach außen; die- selbe liegt zwischen zwei ungleichen, kleinen Lappen, welche das Anal- segment bildet. Beim Ausstoßen der Nahrungsreste wird der Hinterdarm etwas. ausgedehnt. Die Flimmerung des Darmkanals schließt sich vollkommen derjeni- gen von Aeolosoma quaternarium Ehrbg.! an, jener weinroth gefärbten Naide, bei welcher auch der Ösophagus flimmert, der braungefärbte Magendarm nicht, während dann wieder der heller gefärbte Enddarm und besonders stark das Endstück desselben flimmert. Die Nahrung der Thiere besteht vorzugsweise aus Algenresten, Dia- tomeen, aus verschiedenen zersetzten vegetabilischen Substanzen und anderem Detritus; auch fanden sich in den Fäces Nadeln von Schwämmen, so wie kleine Foraminiferenschalen, welche wohl zufällig durch die starke - Flimmerung der Umgebung des Mundes in die Thiere gelangt sind. Ich möchte gleich an dieser Stelle einer eigenthümlichen Art von Missbildung Erwähnung thun, welche in einzelnen, seltenen Fällen vor- ! F, Leyvie, Über die Annelidengattung Aeolosoma. ReıcHerr's Archiv für Ana- 'tomie und Physiologie. Jahrgang 1865. 622 Max Graf Zeppelin, kommt. Es sind dies Thiere mit zwei vollständig ausgebildeten Hinter- ; enden, welche entweder beide ziemlich dieselbe Länge haben (Fig. 18), oder von welchem das eine Hinterende wesentlich kürzer sein kann als das andere (Fig. 19), so dass es einer aus dem Körper hervorsprossen- den Knospe gleicht. In Fig. 19 ist das Hinterende eines solchen Thieres abgebildet, bei welchem man sehr gut die Spaltung des Enddarmes sieht, der sich in die beiden Enden fortsetzt und in jedem derselben in einen After ausmündet. Unter den vielen Hunderten Gtenodrilen, welche ich untersuchte, zeigten nur drei diese eigenthümliche Erscheinung, welche wohl auf einer stattgehabten Verletzung der Thiere beruht. Ein ähnlicher Fall von Missbildung ist mir nur bei einem einzigen anderen Chaetopoden bekannt, nämlich bei Lumbriculus variegatus Gr. BüLow sagt in der erst vor Kurzem erschienenen Arbeiti, dass er dann und wann Individuen mit zwei sehr gut ausgebildeten Hinterenden gefunden habe. Bei Gtenodrilus pardalis scheint eine derartige Misshildung nicht vorzu- kommen. 7) Das Blutgefäßsystem. Was das Blutgefäßsystem anbelangt, so steht dieses bei Gtenodrilus monostylos auf einer sehr niedrigen Stufe der Entwicklung. Dasselbe ist im Gegensatz zu dem von pardalis geschlossen und besteht aus einem Dorsal- und einem Ventralstamm 2, welche das Thier der ganzen Länge nach durchziehen. Das Dorsalgefäß bildet im ersten Segment über dem Mund einen kurzen Querstamm (Fig. 3), von welchem aus zwei laterale Längsstämme, den Rüssel umfassend, in leichten Krümmungen sich nach hinten erstrecken und dicht hinter dem Rüssel zum Bauchgefäß sich ver- einigen. Der eine laterale Stamm giebt das Tentakelgefäß (Fig.3 TG) ab. Queranastomosen und sonstige Verzweigungen des Blutgefäßsystems sind nicht zu bemerken. Das Blut hat gelbe Farbe, es enthält keine Blut- körperchen. Die Gefäßwände bestehen aus einer strukturlosen, feinen Membran, in welcher Kerne eingelagert sind. Eigentliche Pulsationen sind nicht zu erkennen, doch lassen sich an besonders günstigen Objek- ten gewisse Strömungen ganz wohl wahrnehmen, ohne dass es jedoch möglich wäre genauer anzugeben, welchen Weg dieselben machen. Be- sonders schön sieht man oft das Einströmen des Blutes in das Tentakel- gefäß, so dass dieses plötzlich ganz straff ist, kurze Zeit darauf wird es durch das Zurückfließen des Blutes wieder unsichtbar. Das Gefäßsystem 1 Über Theilungs- und Regenerationsvorgänge bei Würmern (Lumbriculus variegatus Gr.) von Dr. GC. BüLow. Erlangen 1882. 2 Es findet sich also nur ein ventraler Längsstamm und nicht zwei, wie ich irr- thümlich in der Notiz vom 22, Januar 4883 im »Zool. Anzeiger« mittheilte. 7 ET EEE Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ötenodrilus monostylos nov. spec. 623 ist wegen der großen Undurchsichtigkeit der Thiere in der Regel nicht ‘ deutlich zu sehen, besonders die Vereinigungsstelle der beiden lateralen ‘ Kopfblutstämme zum venitralen Gefäß ist am lebenden Thier nur sehr ' selten zu erkennen. Bei Vergleichung des Blutgefäßsystemes der beiden CGtenodrilen zeigt sich ein ziemlicher Unterschied. Das Gefäßsystem von pardalis ist offen . und besteht aus einem Rückengefäß und aus einem ventralen Gefäß. Das Dorsalgefäß beginnt im dritten Segment mit einer weiten Öffnung, setzt sich nach vorn fort, giebt im zweiten Segment jederseits einen Ast _ ab, welcher nach unten geht und sich mit dem Ventralstamm verbindet, und theilt sich dann weiter vorn abermals in zwei feine Äste, die den Schlund umfassend auch nach unten ziehen und durch ihre Vereinigung das Bauchgefäß bilden, welches sich durch das ganze Thier erstreckt und am Hinterende frei in die Leibeshöhle öffnet. Im dorsalen Blutge- fäß ist ein eigenthümliches Organ, ein solider, gelblicher Zellstrang, welcher am Anfangstheil des Magendarmes fesigewachsen ist und frei in das Gefäß hineinragt, sich allmählich zuspitzt und im Kopflappen aufhört. Bei Gtenodrilus monostylos fand ich ein eben solches, räthselhaftes Organ, welches ich mir, ehe die Arbeit Kenxev’s erschien, gar nicht er- klären konnte. Bei näherer Untersuchung sowohl des lebenden Thieres als auch der Schnitte ergab sich dann, dass das Organ ein dem soliden Zellstrang im Dorsalgefäß des Gtenodrilus pardalis vollkommen analoges Gebilde ist und wie dieser im Innern des Dorsalgefäßes liegt. Dasselbe ist ein dunkler Strang von körniger Beschaffenheit, welcher am leben- den Thiere durch seine oft schwärzliche Farbe mehr oder weniger deut- lich im Lumen des Dorsalgefäßes zu erkennen ist. Ob derselbe solid ist, wie bei pardalis, kann ich nicht angeben, ich möchte dies eher ver- neinen, da es auf Querschnitten (Fig. 10 O) den Anschein hat, als wäre derselbe von verschiedenen Hohlräumen durchzogen. Je nachdem das Rückengefäß ganz mit Blut erfüllt ist oder nicht, nimmt das Organ einen kleineren oder größeren Theil desselben ein. In Fig. 10 ist das Stadium dargestellt, wo das Rückengefäß nur wenig oder gar kein Blut enthält, so dass das fragliche Organ (O0) das ganze Lumen desselben erfüllt und die Gefäßwand (dG) demselben überall dicht aufliegt. Das räthselhafte Organ ist jedoch nicht an den Anfangstheil des Magendarmes festge- wachsen, wie bei pardalis, es steht überhaupt mit demselben in keiner- lei Beziehung, sondern liegt in seiner ganzen Ausdehnung im Rücken- gefäß. Meist zeigt sich dasselbe im neunten oder zehnten Segment, von wo aus es gut zu verfolgen ist, es wird immer schmäler und verschwin- det allmählich im zweiten oder ersten Segment ganz. Die Ursprungs- 624 | Max Graf Zeppelin, stelle des Organs habe ich nie sehen können, da sie immer vom Magen- darm bedeckt ist, ich bin daher auch nicht im Stande anzugeben, ob dasselbe in der That im Gefäß selbst seinen Ursprung nimmt, glaube aber sicher, dass dies der Fall ist, da ja das Blutgefäßsystem ein ge- schlossenes ist. Eben so wenig als die Ursprungsstelle lässt sich die Stelle genau bezeichnen, wo das Organ aufhört, es verläuft ganz all- mählich wie bei pardalis. Die Beobachtung des ganzen Verlaufs dieses eigenthümlichen Organes ist am lebenden Thier sehr schwierig und auch auf Schnitten und Präparaten lässt sich nichts Genaueres erkennen. Was die Bedeutung desselben anbelangt, so kann ich darüber eben so wenig wie Kenner irgend welche Vermuthung aussprechen. Es ist mir völlig räthselhaft, wozu dies Organ dienen mag. Sucht man nach Analogien für dasselbe, so findet man ähnliche Gebilde bei anderen, höheren Anneliden, bei welchen dieselben dann meist in komplieirterer Form auftreten. So giebt CraPırtoe für ge- wisse tubicole Polychaeten an, dass sich im Innern des Dorsalgefäßes ein dunkel gefärbtes Organ befindet, welches den größten Theil desselben einnehmen kann, z. B. bei Cirratulus, Terebella u. a.! Wenn nun auch die Blutgefäßsysteme der beiden Gtenodrilen von einander ziemlich verschieden sind, so stimmen dieselben doch in Be- zug auf ihre große Einfachheit und niedere Organisation mit einander überein und man kann wohl sagen, dass das Blutgefäßsystem dieser beiden Thiere so primitiv ist, wie nur bei wenigen anderen Anneliden. Dasselbe lässt sich am besten mit dem Gefäßsystem der Polygordiiden vergleichen, welche sich alle durch ein äußerst einfaches Blutgefäßsystem auszeichnen. Besonders mit Protodrilus Leuckartii zeigt Gtenodrilus in dieser Beziehung große Ähnlichkeit, wie überhaupt dieser Annelide, welcher noch tiefer organisirt ist als die Polygordiiden und für welchen daher von HArscuek ? eine eigene Gattung geschaffen wurde, dem Cteno- drilus unter allen anderen Anneliden am nächsten steht. Auch Aeolo- soma hat ein sehr e'nfaches Blutgefäßsystem, dasselbe besteht aus einem Bauch- und einem Rückengefäß, welches zwei Schlingen im Kopf bildet. 8) Das Kopfsegmeni. Der Kopf des CGtenodrilus monostylos ist etwas dicker als der Rumpf und zerfällt in den Kopflappen und in das Mundsegment. Das Kopf- segment ist von allen anderen Segmenten wesentlich verschieden zu- 1 KENNEL, p. 386 und 387. 2 B. HArtscHek, Über »Protodrilus Leuckartii, eine neue Gattung der Archianne- liden«. Arbeiten aus dem zoologischen Institut der Universität Wien. 14880. Tom III. - Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 625 nächst durch seine relativ bedeutendere Länge und sodann durch den Besitz verschiedener, sehr charakteristischer Organe, des Rüssels, des Tentakels und der Segmentalorgane, welche alle noch vor dem ersten Dissepiment liegen. Der beim ausgewachsenen Gtenodrilus meist ziem- lich große Kopflappen, welcher die Mundöffnung überragt, ist sehr be- weglich und kontraktil; er ist mit gelben und grünen Pigmeniflecken über und über besät, so dass er vollständig undurchsichtig ist. Das Körperepithel ist an der Spitze desselben bedeutend verdickt und be- steht hier, wie ich schon oben bemerkte, aus mehreren Schichten; auf Längsschnitten ist die Spitze des Kopflappens ganz dicht mit Kernen erfüllt (Fig. 6 XL). Die Leibeshöhle erstreckt sich bis in den Kopflappen (Fig. 6 KH), wie bei Gtenodrilus pardalis. Die Kopfhöhle ist öfters von einzelnen Fäden (Muskelzügen?) durchzogen, wie dies auch Kenne für pardalis angiebt. Die ganze Ventralseite des Kopfsegmentes trägt einen dichten Cilienbesatz (Fig. —6 W). Die Cilien sind sehr zart und dienen jedenfalls dazu, den Thieren von allen Seiten Nahrungsbestand- theile herbeizustrudeln. Auch bei Gtenodrilus pardalis und Aeolosoma findet sich auf der ventralen Seite des Kopfsegmentes ein Wimperkleid, jedoch breitet sich dasselbe bei ersterem auch über einen Theil des zweiten Segmentes aus, was bei monostylos nicht der Fall ist. Außer diesem ventralen Flimmerfeld und der weiter unten zu er- wähnenden Tentakelflimmerrinne finden sich am Körper des CGtenodrilus monostiylos keine Flimmerhaare, er weicht darin 'von Protodrilus und Verwandten ab, welche Flimmerkränze etc. tragen und bei welchen auch die Tentakeln zum Theil mit Cilien besetzt sind. Ich möchte hier mit einigen Worten auf eine Frage zu sprechen kommen, welche in der Krnner’schen Arbeit ausführlich besprochen wird!, nämlich die Frage nach der Abgrenzung von Kopf und Rumpf. KenneL schließt sich in dieser Beziehung vollständig der Semrer’schen Anschauung ? an, wonach bei den Naiden mehrere Segmente als Kopf- segmente aufzufassen seien und welche von den Rumpfsegmenten wesentlich verschieden sein sollen. KenneL fasst daher die zwei resp. drei vorderen Segmente, welche Mund, Schlundkopf und Segmentalor- gane enthalten, als Kopfsegmente auf. Ich kann dieser Ansicht durch- aus nicht beitreten, sondern schließe mich aufs genaueste der Auffassung von HATscHEk an?, welcher nur das vorderste Segment als Kopf betrachtet 1 KENNEL, p. 420 u. ff. 2 C. SEMPER, »Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere«, Arbei- ten aus dem zoologischen Institut zu Würzburg. III. Bd. 1876—1877. 3 B. HATscHEk, »Studien über die Entwicklungsgeschichte der Anneliden«. Ar- beiten aus dem zoologischen Institut der Universität Wien. 1878. 3. Heft. 626 Max Graf Zeppelin, und alle anderen Segmente als unter sich vollständig äquivalent an- nimmt und als von jenen wesentlich abweichend. Das Kopfsegment des Ctenodrilus monostylos ist nicht einem Metamer gleichwerthig, es be- sitzt eine ganze Reihe charakteristischer Organe, welche alle den folgen- den Segmenten fehlen, es unterscheidet sich daher sehr wesentlich von allen Rumpfsegmenten, es muss für sich allein eine ganz besondere Stellung einnehmen und allen folgenden Segmenten gegenüber gestellt werden. Wo wäre denn sonst die Grenze zwischen Kopf und Rumpf zu suchen ? Auch das Endsegment betrachtet Harscazkx nicht als eigentliches Metamer, sondern als untergeordnetes Segment, welches seiner Bedeu- tung nach auf eine niedrigere Stufe des Metamers zurückzuführen ist. 9) Der.Rüssel. Dieser ist dicht unter der Mundspalte auf der Ventralseite gelegen (Fig. 3—6 R). Er besteht aus einer soliden, durch und durch musku- lösen, ziemlich breiten Platte, welche vorn mit zwei abgerundeten Zipfeln endigt (Fig. 3). Der Rüssel ist von einer starken Epithelschicht (Fig. —6 RE) umgeben und wird durch Muskelzüge, welche nach der Leibeswand ziehen (Fig. 3 und 4 M), befestigt. Er ist wie alle ähnlichen Organe verwandter Formen ausstülpbar und wird durch zwei starke Retraktoren (Fig. —6 R, R,), welche ihre Fasern fächerartig in den Rüssel ausstrahlen lassen, in Bewegung gesetzt. Die beiden Retrak- toren, in weichen häufig die Muskelkerne sichtbar sind (Fig. 6), sind an der ventralen, stark verdickten Wand des Ösophagus angewachsen (Fig. 4und5). In Fig. 4 ist der Rüssel im eingezogenen, in Fig. ! und 5 im ausgestülpten Zustand abgebildet. Derselbe ist an der in Fig. % mit * bezeichneten Stelle an die Körperwand fesigewachsen und muss da- her, wenn er ausgestülpt wird, sich selbst überschlagen, so dass die untere Partie nach oben kommt. In der ventralen Ansicht des Kopf- segmentes (Fig. 3) ist der Rüssel etwas vorgestülpt, die beiden Retrak- toren sind verdeckt, durch das Rüsselepithel schimmert die Muskulatur des Rüssels hindurch. Fig. 6 stellt einen vertikalen Längsschnitt durch das Kopfsegment dar, an welchem man das Ausstrahlen der Rüssel- retraktoren in die Masse des Rüssels, so wie die Muskelkerne in diesem sehr gut sehen kann, ferner die zur Befestigung des Rüssels dienenden Muskelfasern (M), welche sich theilweise mit denen des Retraktors vermischen. Der Schnitt geht allerdings nicht ganz median, sondern etwas lateral, so dass das Lumen des Ösophagus an einer Stelle (*) gar ’ nicht getroffen ist. Die ganze Muskulatur des Rüssels ist auf Präparaten in der Regel sehr schön zu sehen. Am lebenden Thier sind alle diese sehr komplicirten Verhältnisse nur mit großer Mühe zu erkennen; man Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 627 sieht zwar meist sehr gut, wie das Thier den Rüssel vorstülpt, kann sich aber dennoch kein genaues Bild vom ganzen Mechanismus des Rüssels machen, erst bei Vergleichung mit Präparaten treten diese Dinge klarer hervor. Mund und Rüssel münden in einen gemeinsamen Raum, in ein Atrium (Fig. 3 Ai), aus welchem der Rüssel hervorgestülpt wird und in dessen Tiefe der Mund liegt. Der Rüssel wird also nicht, wie der Schlundkopf von Gtenodrilus pardalis aus der Mundöffnung selbst her- vorgestülpt, sondern stellt ein vom Darmkanal vollständig unabhängiges Organ dar, dessen Funktion ich allerdings mit Sicherheit nicht anzugeben im Stande bin, wie auch Harschek die Funktion des muskulösen, ösopha- gealen Anhangsorganes des Protodrilus Leuckartii nicht hat nachweisen können. Es scheint mir wahrscheinlich, dass der Rüssel neben anderen, eventuellen Funktionen als Lokomotionsorgan dient, ähnlich wie das ent- sprechende Organ des Gtenodrilus pardalis. Zu Gunsten dieser Vermuthung sprieht namentlich die Thatsache, däss derselbe am meisten in Thätigkeit ist, wenn die Thiere in Bewegung sind. Ob die Thiere mit dem Rüssel Nahrungsbestandiheile ablecken und in den Mund befördern können, habe ich nie bemerkt. | Wenn auch der Rüssel des Gtenodrilus monostylos von dem eben- falls höchst komplicirten, nur wenig aus der Mundöffnung vorstülpbaren Schlundkopf des Gtenodrilus pardalis ziemlich verschieden ist, so ist er doch jedenfalls ein diesem ganz analoges und vollständig eben so ge- legenes Organ, welches sich in den Funktionen nicht wesentlich von jenem unterscheiden wird. Weitere Analoga für den Rüssel des Gteno- drilus finden wir im sog. muskulösen Apparat der meisten Polygordiiden, bei welchen derselbe ein hervorsiülpbarer Schlund ist und häufig zum Zerkleinern der Nahrung dient. Sodann finden sich bei vielen anderen Würmern, sowohl aus der Klasse der Anneliden, als auch aus anderen Klassen, ähnliche Gebilde. 10) Der Tentakel. Wir sahen bisher, dass Gtenodrilus monostylos in manchen Punkten sroße Ähnlichkeiten mit den Polygordiiden aufweist und in naher Be- ziehung zu denselben steht. Diese Beziehungen werden nun durch ein bei jedem ausgewachsenen Individuum vorkommendes, fühlerartiges Organ, nämlich durch den Tentakel noch inniger. Während jene aller- dings regelmäßig zwei Tentakel besitzen, findet sich bei Gtenodrilus monostylos merkwürdigerweise meist nur einer; es kommen jedoch mitunter auch Fälle vor, wo. derselbe paarig auftritt, was wohl darauf hindeutet, dass Gtenodrilus ursprünglich auch zwei Tentakel: gehabt hat, dass aber im Laufe der Zeit der eine davon verloren gegangen ist. 628 / Max Graf Zeppelin, Vielleicht hat bei diesen, mit zwei Tentakeln versehenen Thieren ein Rückschlag stattgefunden. — Der Tentakel sprosst aus dem Kopfseg- ment dicht unter dem Rüssel und zwar etwas dorsal hervor und hat bei vollkommen ausgewachsenen Thieren eine Länge von 0,4—0,5 mm, kann jedoch auch nahezu die doppelte Länge erreichen, derselbe ist sehr kontraktil und kann bis auf !/; seiner Gesammtlänge zusammengezogen werden. Der Tentakel besitzt demnach eine eigene Muskulatur, was auch daraus hervorgeht, dass sich derselbe bei Thieren, welche man unter dem Deckglas etwas drückt, leicht ablöst und noch längere Zeit lebhaft bewegt, zusammenzieht und wieder ausstreckt. Derselbe ist ein solider Körper ohne Hohlraum und unterscheidet sich dadurch von den Tentakeln der Polygordiiden, bei welchen sich die Leibeshöhle vielfach in die Tentakeln fortsetzt. Er ist jedenfalls als eine Ausstülpung des Körpers, als ein Fortsatz des Ektoderms zu betrachten, wird von der Cuticula gleichmäßig umspannt und enthält in seinem Epithel, wie der Körper, gelbe und grüne Pigmentflecken. Sodann liegen in der Haut des Tentakels einzelne, eigenihümliche, größere Zellen zerstreut, welche stärker lichtbrechend sind, als die anderen Hypodermiszellen; über ihre Bedeutung vermag ich nichts Näheres anzugeben (vgl. das Kapitel über das Nervensystem). In den Tentakel verläuft ein von dem einen Lateral- stamm sich abzweigendes Blutgefäß (Fig. 3 und 11 TG), welches sich durch eine sehr dicke, aus großen Zellen bestehende Wandung (Fig. A TGW) auszeichnet und sich bis an die Spitze des Tentakels erstreckt, wo es blind endigt. Ein rücklaufendes Gefäß, eine Vene, wie bei Pro- todrilus ist nicht vorhanden. Äußerlich ist am Tentakel eine tiefe, er- weiterungsfähige Flimmerrinne (Fig. 4 und 12 FR) zu bemerken, welche sich nach vorn fortsetzt und mit einem kleinen Flimmerfeld aufhört; nach dem Körper zu verläuft dieselbe allmählich. Die sehr feinen, leb- haft sich bewegenden Wimpern schlagen nach der Richtung des Körpers. Wozu diese Flimmerrinne dient und was überhaupt die Funktion des Tentakels ist, kann ich nicht genau angeben, doch scheint er mir in Folge seiner eigenthümlichen Bewegung als Tast- und Empfindungs- organ zu dienen, eventuell mag er auch dem Munde Nahrung zustrudeln. Dass er als respiratorisches Organ funktionirt, ist nicht anzunehmen. Gtenodrilus monostylos muss wohl im Stande sein, wenn er durch irgend einen Zufall seinen Tentakel eingebüßt hat, einen neuen zu treiben. Ich habe dies zwar nicht direkt beobachtet, habe aber zahl- reiche Individuen gefunden, welche einen für ihre Größe und Segment- zahl auffallend kleinen Tentakel besaßen, während andere, weit kleinere Individuen einen relativ viel größeren Tentakel trugen. Diese Ver- muthung wird noch durch den Umstand wahrscheinlicher, dass ich ein Über den Bau und die Theilingsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 629 Exemplar (Fig. 22) fand, welches aus einer sehr großen Segmentzahl besteht, daher auch schon im Begriff der Theilung sich befindet und welches allem Anschein nach seinen Tentakel verloren hatte und eben einen anderen zu treiben beginnt, der sich als kleine, heller gefärbte Knospe (TK) angelegt hat. Es liegt demnach der Gedanke sehr nahe, dass bei CGtenodrilus monostylos ein Ersatz verloren gegangener Ten- takeln stattfindet. CGtenodrilus pardalis besitzt gar keinen Tentakel, es ist dies ein Hauptunterschied zwischen beiden Gtenodrilen. Der Tentakel des Ctenodrilus monostylos unterscheidet sich außer der Flimmerrinne noch dadurch von den Tentakeln des Polygordius, Protodrilus, Saccocirrus ete., dass er nicht wie bei diesen am vorderen Abschnitt des Kopfes entsteht, sondern fast am Ende desselben, was dem Thier ein um so auffallenderes Aussehen verleiht. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass der Tentakel erst sehr spät bei den jungen Ctenodrilen entsteht, während z. B. der junge Protodrilus die Tentakel sehr frühzeitig erhält. Bei den Jugendstadien des Gtenodrilus mono- stylos bildet sich der Tentakel von allen Organen zuletzt; ich fand Thiere mit über 15 Segmenten, welche noch keinen Tentakel besaßen. Individuen mit zwei Tentakeln kommen nicht so sehr selten vor. Die beiden Tentakel entstehen auf beiden Seiten des Körpers, doch ziemlich dorsal, also nicht weit von einander (Fig. 20). Dieselben können in der Länge sehr verschieden sein (Fig. 24) oder auch gleiche Länge haben, daher zu gleicher Zeit hervorgeprosst sein (Fig. 20). Jeder Tentakel erhält vom betreffenden lateralen Blutstamm sein Gefäß. 44) Die Segmentalorgane. In Beziehung auf die Segmentalorgane schließt sich Ctenodrilus monostylos aufs vollkommenste an pardalis an, da er auch nur wie dieser ein einziges Paar besitzt, welches am Ende des Kopfsegmentes zu beiden Seiten des Thieres liegt. Es sind zwei gewundene, feinkörnige Schläuche (Fig. 3 SO), welche sich auf dem Präparat durch dunklere Farbe von ihrer Umgebung auszeichnen. Bei der großen Undurchsich- tigkeit der Thiere ist es sehr schwer möglich, sich über die genaue Be- schaffenheit der Segmentalorgane einige Klarheit zu verschaffen, wie überhaupt die Verhältnisse im Kopfsegment durch die mannigfachen Or- gane, welche es enthält, sehr komplicirte und für die Beobachtung äußerst ungünstige sind. Lange Zeit war ich über die Anwesenheit und Lage der Segmentalorgane im Zweifel, bis ich endlich an einem be- sonders günstigen Individuum deren Vorhandensein konstatirte. Die Öffnung nach außen konnte ich nicht sehen, dagegen recht deutlich den 630 Max Graf Zeppelin, flimmernden Kanal (Fig. 3 FK), der sich nach der Leibeshöhle öffnet. Die Flimmerung in demselben schließt sich an die im Segmentalorgane selbst stattfindende an. Die Wimper sind sehr zart und schlagen nach der Leibeshöhle zu. Im Innern der Organe scheint eine größere Wimper- geißel zu liegen. Die Öffnung nach der Leibeshöhle ist nur sehr schwer sichtbar, ein fester Trichterrand ist hier eben so wenig vorhanden, als bei CGtenodrilus pardalis. Die Zellwandungen der Schläuche konnte ich nicht genau unterscheiden. In Fig. 6 ist ein Segmentalorgan der Länge nach getroffen, es lässt sich jedoch nichts Näheres an demselben er- kennen. In allen übrigen Segmenten sind keine Segmentalorgane vorhanden, es beschränken sich dieselben also lediglich auf das Kopfsegment, ganz eben so wie bei pardalis. Dieses sehr primitive und merkwürdige Ver- hältnis findet sich sonst bei keinem anderen (ausgewachsenen) Anne- liden; sogar bei den sonst so sehr tief organisirten Polygordius und Pro- todrilus kommen in allen ausgebildeten Rumpfsegmenten Segmentalor- gane vor, während sie sich im Kopfe nicht finden. Bei Gtenodrilus ist es also gerade umgekehrt. Dagegen zeigt die Polygordiuslarve in der sog. Kopfniere dasselbe Verhältnis wie Gtenodrilus und es lässt sich demnach dieser, wenn auch nicht mit Polygordius selbst, so doch mit der Polygordiuslarve vergleichen und auf diese zurückführen. KeEnnEL zieht demnach den meiner Ansicht nach sehr richtigen Schluss, »dass sich bei Gtenodrilus das ursprünglich paarige Organ der Annelidenlarve als bleibendes und einziges Exkretionsorgan erhalten hat«. Allerdings ist es bis jetzt nicht bekannt, ob Gtenodrilus bei vorkommender ge- schlechtlicher Entwicklung aus einer Larve hervorgeht oder sich direkt entwickelt. i2) Das Nervensystem. Als ich im Januar dieses Jahres im Zoologischen Anzeiger (Nr. 130) eine kleine Notiz über Gtenodrilus monostylos veröffentlichte, hatte ich das Nervensystem noch nicht gesehen. Erst vor kurzer Zeit glückte es mir, dasselbe auf besonders guten Schnitten nachzuweisen; auf Prä- paraten und am lebenden Thier ist von demselben gar nichts zu sehen. Das Nervensystem des Gtenodrilus monostylos zeigt mit dem von pardalis vollkommene Übereinstimmung und hat dem entsprechend eine eben so einfache Beschaffenheit. Es liegt wie jenes in seinem ganzen Verlauf vollständig in der Körperhaut und besteht aus einem Gentral- organ, dem Gehirn, das sich in zwei sehr feine Kommissuren fortsetzt, welche sich nach unten und hinten ziehend und den Rüssel umfassend, dicht hinter diesem zum Bauchmark vereinigen. Das dorsale Ganglion Bl ra a Er a ee S 2 x Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. spec. 631 liest im Kopflappen, dicht über der Kopfhöhle (Fig. 6 G) und besteht aus einer feinen, von Ganglienzellen umgebenden Masse, welche auf Schnitten punktirt erscheint. Diese Zellen sind, wie auch bei Cteno- drilus pardalis von den umgebenden Zellen des Kopflappenepithels nicht scharf abgegrenzt und nur schwer zu unterscheiden, wie überhaupt die ganze Struktur des Gehirns. Sehr wahrscheinlich erscheint es mir, dass die eine Nervenkommissur einen Nervenzweig in den Tentakel abgiebt. Jene stärker lichtbrechenden Zellen, welche in ziemlicher Anzahl im Epithel des Tentakels vorkommen, hielt ich ursprünglich für Nerven- zellen, ich habe aber bei Behandlung der Thiere mit Osmiumsäure keine Nervenelemente in denselben entdecken können. Es ist jedoch damit nicht bewiesen, dass der Tentakel keine Nerven enthielte, ich bin im Gegentheil der Meinung, dass feine Nervenverzweigungen in demselben sich finden, da er doch wohl als Tastorgan funktionirt und in Folge dessen auch nervöse Elemente enthalten muss. Leider habe ich keine brauchbaren Schnitte durch den Tentakel erhalten, welche diese Ver- hältnisse am besten erkennen ließen. Ob die Kommissuren auch von Ganglienzellen umgeben sind, konnte ich nicht unterscheiden. Das Bauchmark (Fig. 9 und 10 N) ist durchaus nicht nach Ganglienknoten gegliedert, sondern durchzieht als einfacher, starker, ganz in der Körperhaut verlaufender Nervenstrang die ganze Länge des Thieres. Es zeigt ähnliche Zusammensetzung wie das dorsale Ganglion, seine Grenzen sind wie bei diesem nicht scharf zu sehen, da die hier sehr dicht zusammengedrängten Kerne dieselben nicht deutlich erkennen lassen. Auf einigen sehr dünnen Schnitten schien es mir, als ob das Bauch- mark aus zwei Strängen zusammengeschmolzen wäre, in der Mitte war eine feine Membran sichtbar. — Peripherische Nerven konnte ich eben so wenig finden, wie Hartscnek bei Protodrilus und Kenner bei Gteno- drilus pardalis. — Das Nervensystem des Ctenodrilus monostylos schließt sich in Folge seiner großen Einfachheit allen anderen Organ- systemen an und zeigt wie auch diese zum Theil den einfachsten, em- bryonalen Zuständen am nächsten stehende Verhältnisse. Auch in Beziehung auf das Nervensystem hat Ctenodrilus mit den Polygordiiden große Ähnlichkeit, es trägt dasselbe bei diesen einen so primitiven Cha- rakter, wie nur bei einigen wenigen anderen Anneliden. Das Bauch- mark ist bei den Polygordiiden auch nicht in Ganglien differenzirt, es besteht wie bei den meisten Chaetopoden aus zwei Strängen. Bei manchen sind dieselben einander so genähert, dass sie als ein Stamm erscheinen. Dieses Verhältnis zeigen viele Oligochaeten und auch bei Gtenodrilus monostylos scheint das Bauchmark ursprünglich aus zwei 632 Max Graf Zeppelin, Strängen bestanden zu haben, welche aber im Laufe der Zeit immer näher gerückt sind, so dass sie jetzt als aus einem Strang zusammen- gesetzt erscheinen. Sehr eigenthümlich ist die Lage des Nervensystems ganz in der Hypodermis; nur wenige Anneliden können in dieser Beziehung mit Ctenodrilus monostylos verglichen werden. Dahin gehören z. B. Sac- eocirrus papillocercus Bohr. !, welcher auch ein äußerst einfaches Nerven- . system besitzt, das zwischen Hypodermis und Muskelschicht liegt. Auch bei Polygordius liegt das Gentralnervensystem dem Ektoderm unmittel- bar an. Bei anderen, wie Terebella, Maldane, Telepsavus liegt dasselbe entweder ganz oder nur theilweise in der Körperhaut 2. 43) Die in der Leibeshöhle flottirenden Zellen. Im Leibesraum des Gtenodrilus monostylos finden sich regelmäßig in mehr oder weniger großer Anzahl eigenthümliche, rundliche Zellen suspendirt (Fig. 15). Es sind dies farblose, stark lichtbrechende Kügel- chen, welche bei der Bewegung der Thiere rasch in der Leibeshöhle hin und her flottiren. Auf Schnitten (Fig. 9 Z) und auch auf Präparaten ist ein deutlicher Kern in denselben zu sehen, so dass es keinem Zweifel unterliegt, dass diese Körper eigentliche Zellen sind. Sie kommen ohne Ausnahme bei jedem ausgewachsenen Individuum und eben so in allen Entwicklungsstadien vor, theils in weniger großer Anzahl, theils aber auch in solcher Menge, dass sie die ganze Leibeshöhle vollkommen er- füllen, was besonders bei den Theilstücken der Fall ist. Ich ziehe dar- aus den Schluss, dass dieselben denjenigen Individuen, welche einer selbständigen Nahrungsaufnahme noch unfähig sind, als Nahrungskörper dienen und daher als Reservestoff, als eine Art Fettkörper, ähnlich dem der Insekten, zu betrachten sind. Werden die Zellen isolirt und bei starker Vergrößerung untersucht, so sieht man eine Menge kleiner Körn- chen darin, welche wohl Proteinsubstanzen sind (Fig. 15 Na). Auf ganz schwach gefärbten Präparaten kann man die Zellen mit ihrem In- halt noch erkennen, auf stärker gefärbten verschwinden dieselben ganz. Darüber, dass die Zellen sehr vielfach durch die Dissepimenie hindurch- zugleiten im Stande sind, habe ich mich schon oben ausgesprochen. Was die Entstehungsweise dieser Zellen anbelangt, so ist wohl anzu- ‚nehmen, dass sie mesodermalen Ursprungs sind, da sie zwischen den beiden Blättern des Mesoderms liegen. Die bei Gtenodrilus pardalis vor- kommenden, analogen Zellen besitzen einen excentrisch gelegenen Kern. Über die Funktion und die Enistehungsweise derselben giebt Kenner 1 F. Marıon et N. BOBRETZEY, Etudes des Annelides du golfe de Marseille. 2 GC. SENMPER, Die Verwandtschaftsbeziehungen etc. Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Gtenodrilus monostylos nov. spec. 633 nichts an; ich habe überhaupt hei keinem Autor eine nähere Erklärung dieser Körper, welche bei Naiden und anderen Würmern öfters vor- kommen, finden können. II. Die Theilungsvorgänge bei Ctenodrilus monostylos. Wie ich schon im Anfang dieser Arbeit erwähnte, ist die geschlecht- liche Fortpflanzung bei Otenodrilus monostylos nie beobachtet worden!. Derselbe hat sich bisher stets nur ungeschlechtlich vermehrt und zwar durch Quertheilung; sehr viele der ausgewachsenen Individuen neigten bereits zur Theilung und zeigten mehr oder minder vorgeschrittene Theilungserscheinungen. Das Endstück solcher großer, demnächst sich theilender Thiere macht gewisse eigenthümliche, vom vorderen Körper- theil ganz unabhängige Tastbewegungen, so dass sich in denselben jetzt schon eine gewisse Selbständigkeit kund giebt. Ctenodrilus monostylos schließt sich in Beziehung auf die Fort- pflanzung an Ctenodrilus pardalis an, bei welchem die geschlechtliche Vermehrung bisher auch noch nicht beobachtet worden ist; allein die Art der Theilung ist bei beiden Gtenodrilen sehr verschieden. Es sind überhaupt die Vorgänge der Theilung, wie sie bei Gtenodrilus mono- stylos vorkommen, die denkbar einfachsten, sie sind weit primitiver als bei Gtenodrilus pardalis und als bei allen anderen (Lumbriculus varie- gatus ausgenommen) durch Theilung sich fortpflanzenden Anneliden und eben desshalb von um so größerem Interesse. Ehe ich zur Darstellung der Theilung des Ctenodrilus monostylos übergehe, halte ich es für nöthig, eine kurze Beschreibung der Theilungs- weise des CGtenodrilus pardalis voranzuschicken. Das Charakteristische bei der Theilung des Ctenodrilus pardalis ist, dass fast genau jedes einzelne Segment zu einem neuen Zooid wird, welches sich rasch zu einem selbständigen Thier ausbildet. Die Theilung wird stets durch Knospungserscheinungen eingeleitet und zwar in der Art, dass immer zwischen zwei Segmenten eine Knospungszone sich bildet. Diese treten jedoch nicht direkt an der Grenze je zweier Seg- mente auf, sondern stets unmittelbar hinter einem, Dissepiment, also innerhalb der Segmente, wie überhaupt bei den Naiden und anderen 1 Die Thiere wurden ein volles Jahr beobachtet und innerhalb dieses ganzen Zeitraumes konnte ich keine Spur von Geschlechtsdrüsen nachweisen. Ich bin daher nicht im Stande anzugeben, ob es eine Zeit giebt, wo dieselben die ungeschlecht- liche Art der Vermehrung aufgeben und sich nur geschlechtlich fortpflanzen. All die verschiedenen Entwicklungsstadien fand ich in größerer oder geringerer Menge im Aquarium und habe auch durch Isolirungsversuche die Theilung selbst und theil- weise auch die weitere Entwicklung der Theilstücke nachgewiesen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 19 634 Max Graf Zeppelin, ähnlich sich vermehrenden Würmern. Die ersten Anzeichen der Knos- pungszonen geben sich dadurch kund, dass je an der Grenze zweier Segmente resp. dicht unter dieser dorsale Erhebungen stattfinden, in welchen die grünen Pigmentflecken reichlicher angesammelt sind. Das segmentale Auftreten der Knospungszonen geschieht ganz im Sinne der Segmentation, nämlich von vorn nach hinten, die vorderste Erhebung ist die älteste, die hinterste ist die jüngste. In der Region der beiden vordersten Segmente treten niemals Knospungszonen auf, dieselben be- ginnen erst in der sog. Rumpfregion, also vom Vorderende des vierten Segmentes an, während KenneL als Kopfzone die vordersten Segmente bezeichnet wissen will. Ich habe mich gegen diese Auffassung schon oben ausgesprochen. Die dorsale Erhebung erstreckt sich durch immer zunehmende, lebhafte Zellwucherung allmählich als schmaler Wulst rings um den Körper, dieser Wulst wird immer breiter, nach und nach macht sich eine Einschnürung in demselben bemerkbar, erst dorsal und dann die ganze Zone umfassend, so dass diese in zwei Theile zerfällt, in Rumpf- und in Kopfzone (nach SEmPER), aus ersterer gehen die Rumpf- segmente des vorhergehenden, aus letzterer der Kopf des folgenden Zooids hervor. Die einzelnen Individuen werden während ihres Zu- sammenhanges rasch unıgehbildet. Im Kopflappen bildet sich ein Hohi- raum, welcher aber mit der Leibeshöhle noch nicht zusammenhängt ; dies geschieht erst unmittelbar vor der Trennung des Mutierthieres in die einzelnen Zooide. Der Kopflappen bildet sich allmählich fast voll- ständig aus. Der Schlund bricht durch, eben so erfolgt der Durchbruch des Darmes, beide treten aber erst nach der Ablösung der Zooide mit dem Darm in Verbindung. Dieser rundet sich ab, es besteht aber bis zur Trennung der Thiere immer noch eine schmale Darmbrücke. Das dorsale Ganglion bildet sich sehr bald, eben so tritt die Anlage der Seg- mentalorgane frühzeitig auf. Jedes Zooid erhält vom ventralen Blut- gefäß sein Stück und muss (mit Ausnahme des vordersten) das Herz neu bilden. Erst wenn die Entwicklung der Knospungszonen in dieser sehr weit vorgeschrittenen Weise vor sich gegangen ist und wenn alle diese Vorbildungen erfolgt sind, erst dann tritt die Trennung des Mutterthieres ein und zwar zerfällt dieses ziemlich gleichzeitig in die einzelnen Tochter- individuen, welche alle zu selbständigen Thieren sich umbilden. Das- selbe ist im Stande, sechs bis sieben Zooide abzuschnüren, welche bis auf das erste und letzte unter sich ganz äquivalent sind. Das erste braucht nur den After, das letzte nur den Kopf zu regeneriren. Die Weiterausbildung der jungen Zooide geht, wie es scheint, sehr rasch vor sich und lässt sich nicht genauer verfolgen. ' ; Nachdem ich nun die Knospungserscheinungen und die Art und 5 Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 635 Weise der Theilung des Ctenodrilus pardalis kurz geschildert habe, gehe ich zur Darstellung der davon so verschiedenen Theilungsweise des Cienodrilus monostylos über. Alle ausgewachsenen Individuen, welche also aus mindestens 20 Segmenten bestehen, sind theilungsfähig. Die Theilung wird nicht durch Knospungserscheinungen eingeleitet, es bilden sich keine Knos- pungszonen wie bei pardalis, sondern es entsteht meist in der Mitte des Thieres oder nicht weit davon eine leichte Einschnürung der Körperhaut von allen Seiten zugleich. Diese greift mehr und mehr um sich, all- mählich schnürt sich auch der Darm ein und rundet sich nach und nach ab. Das erste Stadium ist in Fig. 22 abgebildet, in der Mitte des Thieres hat sich eine kleine Einschnürung gebildet, der Darm hat sich jedoch noch gar nicht eingeschnürt. Dieses weiter vorgerückte Stadium zeigt Fig. 23, welche ein Individuum darstellt, bei dem die Einschnürung bereits so weit vorgeschritien ist, dass beide Thiere nur noch ganz lose zusammenhängen, der Darm hat sich beiderseits bis auf eine schmale Brücke vollkommen geschlossen. Der Zusammenhang beider Theile wird immer lockerer, die Einschnürung schreitet fast bis zum vollständigen Durchbruch vorwärts, so dass die Thiere nur noch durch einzelne Mus- kelfasern zusammenhängen. Die Selbständigkeit des neuen Individuums giebt sich mehr und mehr in von der Mutter unabhängigen Bewegungen zu erkennen, die enge Darmbrücke, welche bisher noch bestanden, reißt aus einander, der Darm schließt sich auf beiden Seiten vollkommen, die einzelnen Muskelfasern reißen ebenfalls, bis endlich die Trennung des Mutterthieres in die beiden Tochterindividuen erfolgt. Nach sehr kurzer Zeit hat sich die Körperwand an der Ablösungsstelle bei beiden Thieren geschlossen und wir haben nun zwei vollständig lebensfähige Individuen vor uns, das eine besitzt den Kopf (Fig. 24), das andere den After (Fig. 25) des ursprünglichen Mutterthieres. Es findet demnach bei der Trennung des Otenodrilus monostylos in die beiden Tochterthiere gar keine Vorbildung von irgend welchen Or- _ ganen statt, weder eine Anlage eines Afters bei dem Tochterthier mit dem primären Kopf, noch die eines Kopfes bei dem Tochterthier mit dem primären After. Man bemerkt allerdings noch während des Zusammen- hangs beider Thiere an der Stelle, wo die Theilung erfolgen wird, eine Zellwucherung, sowohl in der Körperwand, welche an der Abschnü- rungsstelle daher meist etwas verdickt ist, als auch in der Darmwandung (Fig. 22). In Fig. 23 hat diese Wucherung noch mehr zugenommen, das Darmepithel ist hier stark verdickt und bildet eigenthümliche Lappen. Jedoch lässt sich von einer Anlage des Kopfes resp. Afters fast gar nichts wahrnehmen; die Thiere schnüren sich also in einem weit unent- 42* 636 Max Graf Zeppelin, wickelteren Stadium ab, als bei pardalis, wo die einzelnen Zooide un- mittelbar vor der Trennung schon als ausgebildete Thiere betrachtet werden können, bei welchen sich alle Organsysteme schon mehr oder weniger vollkommen differenzirt haben. Die Neubildung der Organe beginnt bei den Tochterthieren und Theilstadien des Ctenodrilus mono- stylos erst einige Zeit nach der Abschnürung; er schließt sich in dieser Beziehung ganz an Lumbriculus variegatus Gr. an, von welchem weiter unten die Rede sein wird. — Die Einschnürungen treten, ganz wie bei pardalis, dicht hinter einem Dissepiment auf (Fig. 22). Fig. 24 stellt also ein normales Tochterindividuum mit dem pri- mären Kopf dar, Fig. 25 ein anderes mit dem primären After, in ersterem ist nur noch in den beiden letzten, im letzteren in den fünf bis sechs vorderen Segmenten der braune Magendarm des Mutterthieres enthalten. In beiden Figuren sieht man hinten resp. vorn die Verdickungen sowohl der Körperwand, als auch des Darmepithels, die Leibeshöhle ist an diesen Stellen bis auf einen schmalen Streifen zurückgedrängt, der Darm ist vollkommen geschlossen. Beide Thiere, besonders dasjenige mit dem primären After, welches noch keinen Kopf besitzt, gewähren einen sehr eigenthümlichen Anblick. Die Neubildung des Afters beim Tochterindividuum mit dem pri- mären Kopf erfolgt ziemlich bald nach der Trennung des Mutterthieres in die beiden Tochterthiere. Die Zellwucherung in der Körper- und Darmwand nimmt mehr und mehr zu, so dass dieselben durch Vermeh- rung ihrer Elemente immer dicker werden, endlich bricht die Afteröff- nung durch Ektodermeinstülpung durch. An der eben erwähnten Zellwucherung werden sich wohl auch die beiden, die Leibeshöhle aus- kleidenden Blätter des Mesoderms, das Darmfaserblatt und das Haut- faserblatt betheiligen, wie dies bei Gtenodrilus pardalis der Fall ist. Die durch Zellvermehrung neu gebildeten Theile sind auf Präparaten durch ihre hellere Färbung sehr gut zu unterscheiden. In Fig. 26 ist das Sta- dium gezeichnet, wo der After eben durchgebrochen ist, derselbe setzt sich als Zapfen in den neugebildeten Theil fort und erstreckt sich bis an den, vor der Hand noch geschlossenen Darm. Bald erfolgt die Ver- einigung der neuen Afteröffnung mit dem Darm, zugleich tritt dann auch in dem neugebildeten, sich immer mehr in die Länge ziehenden und verdickenden Endstück Segmentirung ein und der Tochterwurm ist nun wieder zum vollkommenen Individuum ausgewachsen (Fig.27). Dieneuen Segmente schieben sich zwischen dem bisherigen letzten Segment und dem neugebildeten After ein, die Regenerationsvorgänge geschehen also hier im Sinne der Strobilation, in der Art, dass die neuen Glieder zwi- Mad Eh «iR i ‚Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Gtenodrilus monostylos nov. spec. 637 schen den ältesten entstehen, während bei Lumbriculus variegatus die Bildung des neuen Alters im Sinne der Segmentation vor sich geht. In ganz analoger Weise bildet sich der Kopf beim Tochterthier mit dem primären After (Fig. 25). Das Ektoderm verdickt sich an der Ab- lösungsstelle mehr und mehr, es entsteht eine starke Erhebung, die erste Anlage des Kopflappens. Dieser wächst immer weiter, allmählich bricht die Mundspalte durch eine Einstülpung des Ektoderms durch und zugleich bildet sich die Anlage des Rüssels, ähnlich wie ich es in Fig. 98 zu zeichnen versucht habe. Es sind diese Verhältnisse immer nur undeut- lich zu erkennen, so dass ich über die Bildung des Rüssels und über die Anlage der Segmentalorgane keine genauen Angaben machen kann. Die Mundöffnung setzt sich mit dem Darm in Verbindung, es tritt im neu entstandenen Vorderende des Thieres Segmentation ein, allmählich entsteht der Ösophagus, welcher mehr und mehr an Länge zunimmt, so dass das Thier nach und nach sein normales Aussehen wieder erlangt hat. Die neuen Segmente entstehen in ganz ähnlicher Weise wie oben bei der Bildung des neuen Alters. Erst sehr spät treibt der Tentakel durch Ektodermausstülpung hervor. Ob diejenigen Tochterindividuen, welche bereits wieder zum voll- kommenen Thier ausgewachsen sind, von Neuem im Stande sind, einen Cyklus von Theilungen durchzumachen und wie weit sich überhaupt die Theilung erstrecken kann, vermag ich nicht zu sagen, es werden diese Fragen auch nur sehr schwer zu beantworten sein. Ob bei Cteno- drilus pardalis zum zweiten Mal eine Quertheilung erfolgt, giebt KEnneL nicht an. Was Gtenodrilus monostylos anbelangt, so halte ich dies für sehr wahrscheinlich, er wird sich wohl in dieser Beziehung den anderen durch Quertheilung sich fortpflanzenden Naiden anschließen, bei wel- chen meist eine abermalige Theilung erfolgt. Nais proboscidea beginnt, nachdem sie aufgehört hat neue Individuen zu erzeugen und wieder ausgewachsen ist, abermals einen Cyklus von Quertheilungen. Eben so kann Syllis prolifera einen zweiten Abkömmling erzeugen, ob aber nach der Redintegration des eingebüßten Hinterleibes ein drittes Junges ab- geschnürt wird, ist nicht bekannt. Die Theilung erstreckt sich nun noch weiter, indem beide Arten von Tochterindividuen im Stande sind eine Anzahl Theilstücke abzu- schnüren, welche je nach der Größe der Individuen bald größer, bald geringer ist. Das Tochterthier mit dem primären Kopf kann so lange Theilstücke ablösen, bis es nur noch aus sieben, dasjenige mit dem primären After, bis es nur noch aus elf Segmenten besteht. Die ge- ringste Segmentzahl, aus der ein Tochterindividuum mit dem primären Kopf bestehen kann, ist demnach sieben, es enthält dann ein solches 638 Max Graf Zeppelin, Thier nur noch in den beiden letzten Segmenten ursprünglichen Magen- darm. Auf der anderen Seite ist die geringste Segmentzahl, aus der ein Tochterthier mit primärem After bestehen kann, elf, solche Thiere ent- halten in den ersten drei bis vier Segmenten ursprünglichen Magendarm. Nach der Theilung des Mutterthieres in die beiden Tochterthiere bestehen diese je nach der Größe des betreffenden Individuums noch aus einer sehr großen Segmentzahl und sind befähigt, so lange Theil- stücke abzuschnüren, bis sie auf die kleinstmögliche Segmentzahl reducirt sind. In Fig. 29 und 30 sind solche Tochterthiere abgebildet; dieselben sind noch aus einer großen Anzahl von Segmenten zusammengesetzt und wären daher im Stande gewesen einzelne Theilstücke abzuschnüren. Die größten Tochterthiere mit primärem Kopf, welche ich fand, bestanden aus 18, die größten Tochterthiere mit primärem After aus 19 Segmen- ten. Bei den Individuen Fig. 29 und 30 ist von einer Einschnürung der Körperwand noch gar nichts zu sehen. Fig. 31 und 32 zeigen weit vor- gerücktere Stadien, es sind dies zwei Tochterthiere mit primärem Kopf resp. After, welche eben im Begriff waren ein aus zwei Segmenten be- stehendes Theilstück abzuschnüren. Der Zusammenhang zwischen Tochterthier und Theilstück ist nur noch ganz locker und der Darm hat sich bei beiden Individuen schon vollkommen geschlossen. Auch Fig. 45 zeigt ein Tochterindividuum, das eben ein Theilstück abschnüren wollte. — Unter diesen Theilstücken sind nun zweierlei Arten zu unter- scheiden, in so fern nämlich jedes Tochtertkier im Stande ist, entweder eine gewisse Anzahl kleiner Theilstücke abzuschnüren, die aus ein bis drei Segmenten bestehen können, oder aber (event. neben diesen) ein größeres Theilstück, welches aus fünf bis sechs Segmenten besteht und abermals in einzelne kleinere Theilstücke sich theilen kann. Die kleineren Theilstücke (Fig. 33—35) sind bei Weitem die häufi- geren, sie sind vorn und hinten vollkommen geschlossen, besitzen also weder Mund noch After und haben daher ein sehr originelles Aussehen; mit freiem Auge sind dieselben eben noch sichtbar. In jedem einzelnen solchen noch so.sehr unvollkommenen Individuum ist ein vollständig geschlossenes Stück des ursprünglichen Magendarmes enthalten. Nur die mitileren Rumpfsegmente sind demnach fähig, nach der Trennung des Thieres in zwei Theile, sich von einem dieser Theile abzuschnüren und zu einem neuen Thier zu werden. Man kann daher die so überein- stimmend gebauten Magendarmsegmente als untergeordnete Einheiten auffassen. Die Theilstücke bestehen meist aus zwei bis drei Segmenten, sind aber nicht wie die größeren nochmals theilungsfähig; selten be- stehen sie nur aus einem einzigen Segment des ursprünglichen Mutter- thieres (Fig. 35). Ich fand diese Theilstücke ziemlich häufig im Aquarium, Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. spe. 639 theils frei in den Algen umherkriechend, theils noch im Zusammenhang mit dem Tochterthier (Fig. 31 und 32), also unmittelbar vor der Ab- schnürung. Die Bewegung dieser mikroskopischen Wesen ist sehr lang- sam, sie besitzen einen hohen Grad von Kontraktilität und sämmtliche Organsysteme eines mittleren Rumpfsegmentes, nämlich Magendarm, Leibeshöhle, Blutgefäß- und Nervensystem, so wie dieBorsten. Es zeigen also solche Thierchen den einfachsten Bau, so dass man es gar nicht für möglich halten sollte, dass solch unvollkommene Organismen die Fähig- keit in sich bergen, zum fertigen Individuum heranzuwachsen. Dass die die Leibeshöhle erfüllenden Zellen wohl den Zweck haben, eine er- nährende Rolle zu spielen, habe ich schon oben erwähnt. Wie aber die Abgabe überflüssiger Nahrungsreste stattfindet und ob überhaupt bei den afterlosen Individuen eine solche eintritt, darüber kann ich keine Angaben machen. Büzow giebt an, dass er aus der ganz neu gebildeten Schwanzknospe des Lumbriculus schon nach wenigen Tagen Nahrungs- reste habe austreten sehen; ich habe dies bei Gtenodrilus nie beobachten können. Die weitere Entwicklung der Theilstücke geht ziemlich rasch vor sich. An dem in Fig. 42 abgebildeten Theilstück ist auf beiden Seiten eine sehr lebhafte Zellwucherung eingetreten, so dass sich die Körper- wand bedeutend verdickt hat, doch ist weder die Mund- noch die After- öffnung durchgebrochen, dagegen hat sich der Darm beiderseits schon geöffnet, Körper- und Darmwand sind in der Kopf- und Afterknospe nicht mehr zu erkennen. In dem darauf folgenden Stadium ist der Durchbruch des Afters erfolgt (Fig. 43), und es hat sich auch die Mund- öffnung wohl schon eingestülpt, obwohl dies nicht deutlich zu sehen ist. Nach und nach tritt die Verbindung des Darmes mit der neuen Mund- und Afteröffnung ein, der Rüssel bildet sich und in den neugebildeten Theilen entsteht Segmentirung (Fig. 44). Die folgenden Stadien (Fig. 46 und 7) zeigen schon nahezu ausgebildete Gtenodrilen, vorn und hinten haben sich mehr und mehr Segmente eingeschoben, Ösophagus und Enddarm nehmen dadurch an Länge zu und auch der Rüssel hat sich ganz ausgebildet, eben so erhalten die neuen Segmente Borsten; die jungen Individuen unterscheiden sich von den ausgewachsenen nur noch durch den Mangel des Tentakels. I Ich komme nun auf die größeren, d. h. aus fünf bis sechs Segmenten bestehenden Theilstücke zurück, welche von jedem der beiden Tochter- individuen abgeschnürt werden können und im Stande sind, sich aber- mals in einzelne Theilstücke zu theilen. In Fig. 36 und 37 sind der- artige Theilstadien abgebildet, beide Thiere besitzen wie die kleineren, eben betrachteten Theilstücke weder Mund noch After, sind also auf 640 Max Graf Zeppelin, beiden Seiten vollkommen geschlossen. Die Segmentirung ist sehr scharf ausgesprochen, in Fig. 36 ist der Darm nach Segmenten eingeschnürt, erstreckt sich aber noch durch das ganze Thier, man sieht, dass das Thier sich demnächst in zwei oder drei kleinere Theilstücke getheilt hätte. Noch deutlicher tritt dies bei dem anderen in Fig. 37 abgebilde- ten Individuum hervor, hier hat sich der Darm in den einzelnen Seg- menten theilweise schon ganz geschlossen, die Einschnürungen haben bedeutend zugenommen, der Zusammenhang zwischen den einzelnen Segmenten ist nur noch ganz locker, das Individuum war im Begriff in vier Theilstücke zu zerfallen. Die Tochterindividuen mit dem primären Kopf besitzen noch eine andere Eigenthümlichkeit, welche bisher unerwähnt blieb. Dieselben sind nämlich im Stande ein (event. auch noch mehrere) Theilstück ab- zuschnüren, nachdem sie bereits den neuen, sekundären After gebildet haben. Natürlich tritt dieser Fall nur ein, wenn das Tochterthier noch aus einer genügend großen Segmentzahl besteht. Dieses mit dem sekundären After des Tochterindividuums versehene Theilstück braucht also nur noch einen neuen Kopf zu bilden, um zum vollkommenen Thier zu werden. Es scheinen derartige Fälle selten vorzukommen, da ich nur wenige Individuen gefunden habe, welche diese eigenthümliche Erschei- nung zeigten. In Fig. 45 ist ein solches abgebildet. Das Tochterthier hatte bereits einen sekundären After gebildet und bestand noch aus 11 Segmenten, war daher fähig, noch Theilstücke abzuschnüren. Die Ver- bindung des Darmes besteht nur noch aus einer schmalen Brücke, das Theilstück war im Begriff sich abzulösen. Fig. 40 giebt ein Bild eines solch originellen Theilstückes, welches nur einen After besitzt und bei dem der Darm auf der anderen Seite noch vollkommen geschlossen ist; es ist nicht die geringste Anlage des Kopfes zu bemerken. In ganz ähnlicher Weise wie die Tochterindividuen mit primärem Kopf können auch die größeren, fünf- bis sechsgliedrigen Theilstücke in einzelne kleinere zerfallen, nachdem sich bereits Kopf und After mehr oder weniger deutlich bei denselben gebildet haben. Dies ist aus Fig. 38 ersichtlich, die Einschnürungen zwischen den einzelnen Segmenten sind hier schon sehr stark, der Darm ist in den drei ersten Segmenten noch zusammenhängend, im Endsegment aber schon geschlossen. Ein ähn- liches Individuum ist in Fig. 39 bei etwas stärkerer Vergrößerung ab- gebildet, die Afteröffnung und die Mundspalte sind vorhanden, hinten haben sich bereits neue Segmente eingeschoben, der Darm hat sich in den einzelnen, demnächst zu selbständigen Thieren werdenden Seg- menten ganz abgerundet, das Individuum war im Begriff in einzelne, kleinere Theilstücke zu zerfallen. Das erste Zooid bekömmt den Kopf, Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 641 - das letzte den After des Theilstückes mit. Auf diese Weise können die nur mit Kopf oder nur mit After versehenen Theilstadien (Fig. 40 u. 41) entstehen, so wie auch solche, die weder Kopf noch After besitzen. Die nur mit After versehenen Theilstücke können daher entweder direkt von einem Tochterthier oder aber von einem von diesem abgelösten Theil- stück abgeschnürt werden. Ob die Tochterindividuen mit primärem After auch im Stande sind, vorn ein Theilstück abzusehnüren, nachdem sich bereits ein sekundärer Kopf gebildet hat, habe ich nicht beobachtet, ich halte es jedoch für sehr wahrscheinlich, dass hier ganz das analoge Verhältnis vorkommt, wie ich es oben für das Tochterthier mit primärem Kopf angegeben habe. Soll ich nun das Resultat über die Beobachtungen der Theilungsvorgänge des Ütenodrilus monostylos in kurzen Worten zusammenfassen, so wäre es Folgendes: Bei den ausgewachsenen, normalen Individuen entsteht so ziemlich in der Mitte des Körpers eine Einschnürung, welche mehr und mehr um sich greift, zugleich rundet sich der Darm bei beiden Theilen vollständig ab und schließlich zerfällt das Mutterthier in zwei in der Größe ziem- lich übereinstimmende Tochterindividuen, von denen das eine den Kopf und eine Anzahl Rumpfsegmente, das andere den After und eine An- zahl Rumpfsegmente des ursprünglichen Mutterthieres mit bekommt. Der Neubildungsprocess beginnt immer erst nach der Abschnürung. Beide Tochterindividuen sind im Stande, Theilstücke abzuschnüren, in welchen allen ein Theil des Magendarmes des ursprünglichen Thieres enthalten ist, und zwar: 1). Theilstücke, welche weder Kopf noch After besitzen, immer nur aus ein bis drei Segmenten bestehen und nicht mehr theilungs- fähig sind. 2) Theilstücke, welche weder Kopf noch After besitzen, aus einer größeren Segmentzahl (fünf bis sechs) bestehen und abermals sich theilen können und zwar entweder direkt, so dass Theilstücke entstehen wie in 4) oder erst nachdem dieselben Kopf und After schon gebildet haben. Aus solchen Theilstücken entstehen sowohl solche wie in 4) oder solche, welche nur mit Kopf oder nur mit After versehen sind. 3) Das Tochterthier mit dem primären Kopf ist fähig, ein Theil- stück, mit dem sekundären After versehen, abzuschnüren; ob das ent- sprechende beim anderen Tochterthier auch vorkommt, ist nicht bekannt. Nachdem ich nun die Theilungsvorgänge des Gtenodrilus monostylos ' geschildert habe, werde ich im Nachfolgenden die Eigenthümlichkeiten 642 Max Graf Zeppelin, derselben, so wie die Verschiedenheiten dieser Theilungsart von der des Ctenodrilus pardalis und einiger anderer durch Quertheilung sich ver- mehrender Anneliden etwas näher besprechen. Aus den bisherigen Angaben ist ersichtlich, in welch einfacher Weise die Theilung des Gtenodrilus monostylos vor sich geht und wie sehr verschieden dieselbe von der Theilungsari des Gtenodrilus pardalis und anderer verwandten Formen ist. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Theilung nicht durch Knospungserscheinungen eingeleitet wird, wie bei pardalis, den Naiden und anderen Würmern; Gtenodrilus mono- stylos weicht darin von allen ähnlich sich fortpflanzenden Thieren (Lum- briculus ausgenommen) vollkommen ab. Der ganze Theilungsprocess ist der denkbar einfachste, es ist eigentlich bloß ein Zerfall des Thieres in zwei Theile, welche dann wieder in eine beliebige Anzahl Theilstücke zerfallen können, bei denen allen die Regeneration erst nach der Ab- schnürung vom Stammindividuum erfolgt. Darin liegt der Hauptunter- schied in der Theilungsweise der beiden Gtenodrilen. Während ferner bei pardalis das ganze Thier ziemlich zu gleicher Zeit in die einzelnen Tochterindividuen zerfällt, welche alle nur aus einem Segment des Mutterthieres bestehen, ist dies bei monostylos wesentlich anders, wie ich gezeigt habe. Die vom Mutterthier abge- schnürten Zooide können aus einer sehr verschieden großen Segment- zahl zusammengesetzt sein, sie können aus 114 Segmenten bestehen oder aus sieben oder schließlich als eigentliche Theilstücke eine beliebige, geringere Zahl ursprünglicher Segmente enthalten. In dieser Beziehung steht Gtenodrilus monostylos zwischen Naiden und Ctenodrilus pardalis, da bei ersteren, eben so wie bei der dem Ctenodrilus monostylos sehr nahe stehenden Parthenope serrata meist eine größere Segmentzahl in das neue Individuum übergeht. Eben diese Mannigfaltigkeit der Theil- stücke ist für Gtenodrilus monostylos gegenüber den ganz äquivalenten Zooiden von Ctenodrilus pardalis, äußerst charakteristisch. Bei diesem entstehen aus einem Mutterthier immer eine bestimmte Anzahl (sechs bis sieben) junger Thiere, welche bis auf das erste und letzte ganz gleich- mäßig entwickelt sind, sich nicht mehr theilen können, sondern direkt zu selbständigen Thieren sich umbilden. Die Abschnürung der Zooide geht immer ganz nach demselben Prineip vor sich, während man bei der Abschnürung der einzelnen Theilstücke des monostylos von einer Regelmäßigkeit, von einem bestimmten Plan nicht reden kann. Das Thier zerfällt in eine Anzahl Theilstücke, welche nach der Größe des- selben sich richtet, diese können bereits mit Kopf oder After versehen sein oder sie müssen den Kopf oder den After oder sowohl Kopf wie After regeneriren. Ein weiterer, sehr wesentlicher Unterschied in der Zu = 4 « ee Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Gtenodrilus monostylos nov. spec. 643 Theilungsart der beiden Ctenodrilen liegt darin, dass die Theilstücke des monostylos in einem weit unreiferen Stadium abgelöst werden als die einzelnen Zooide von pardalis. Bei diesen differenzirt sich das Ma- terial der Knospungszonen noch während des Zusammenhanges der einzelnen Individuen so sehr, dass bei der Trennung der Kette die Einzelthiere fast schon völlig ausgebildet sind, während die Theilstücke des Gtenodrilus monostylos in der Regel fast alle Organe neu bilden müssen. Bei pardalis beginnen die Knospungszonen erst vom vierten Seg- ment an, bei monostylos dagegen hört die Theilung am siebenten Seg- ment auf. Sobald das Thier auf sieben Segmente reducirt ist, werden keine Theilstüicke mehr abgeschnürt, sondern es beginnt nach der Regeneration des Endstückes eventuell ein abermaliger Gyklus von Theilungen. Ctenodrilus monostylos lässt sich in Beziehung auf die große Ein- fachheit seiner Theilungsart nur mit einem einzigen anderen Oligo- chaeten, nämlich mit dem schon mehrfach erwähnten Lumbriculus va- riegatus Gr. vergleichen; bei diesem findet eine Vermehrung der Indi- viduen durch einfache Quertheilung des Körpers mit nachfolgender Regeneration statt. Derselbe zeigt daher mit Gtenodrilus monostylos in dieser Hinsicht vollkommene Übereinstimmung, auch wird die Theilung bei jenem nicht durch Knospungserscheinungen eingeleitet. Beide Thiere stehen, was die einfache Art der Theilung anbelangt, ganz isolirt da und unterscheiden sich dadurch sehr bedeutend von allen ähnlichen Formen. Sie sind in dieser Beziehung direkt mit den niederen Thiertypen, mit den Protozoen, Coelenteraten und Echinodermen zu vergleichen. Die Theilthiere von Lumbriculus werden wie die des Gtenodrilus monostylos sehr früh und daher noch sehr unreif vom Mutterkörper losgetrennt, die fehlenden Organe werden erst nach der Abschnürung gebildet. Jedes Thier theilt sich im Durchschnitt in drei Theile, die Theilstücke sind so- mit genöthigt, den Kopf oder den After oder beides neu zu bilden. Öfters geht die Theilung auch in der Art vor sich, dass die Thiere in zwei Tochterindividuen zerfallen und jedes derselben noch einmal in zwei Theile, so dass zusammen vier Thiere entstehen. Neben der un- geschlechtlichen Fortpflanzung kommt bei Lumbriculus auch geschlecht- liche Vermehrung vor, es ist jedoch nicht angegeben, wie ungeschlecht- liche und geschlechtliche Fortpflanzung mit einander abwechseln. Was die ungeschlechtliche Vermehrung anbelangt, so kann sich Lumbriculus sowohl durch natürliches, als auch sehr leicht durch künstliches Zer- theilen fortpflanzen. Die Regenerationsfähigkeit desselben ist so be- deutend, dass man das Thier in beliebig viele (bis zu 14) Stücke zer- 644 Max Graf Zeppelin, schneiden kann, welche dann fast alle wieder zu vollständigen Würmern auswachsen. Beim geringsten Anstoß zerfallen die Thiere in zwei oder mehrere Theile. Wie sich Gtenodrilus monostylos beim künstlichen Zer- theilen verhält, habe ich nicht untersucht. In Beziehung auf das Wachsthum dieser durch Theilung sich fort- ‚pflanzenden Anneliden schließe ich mich der Ansicht Bürow’s an, dass nämlich das Individuum ein Maximum der Größe nicht überschreiten kann, sondern sich theilt, sobald es dieses erreicht hat. Es ist dies eine Bestätigung des Satzes, dass man die Fortpflanzung als eine Wachs- ihumserscheinung über die individuelle Größe des Organismus hinaus zu betrachten hat. Durch die Eigenthümlichkeit, Theilstücke in so unfertigem Zustand abschnüren zu können, weicht Gtenodrilus monostylos von allen anderen ähnlich sich vermehrenden Würmern bedeutend ab und ist hierin, wie ich eben gezeigt habe, nur mit Lumbriculus zu vergleichen. In allen anderen Fällen werden die Jugendformen vom Mutterthier erst abge- löst, nachdem bei denselben der Kopf bereits gebildet ist und nachdem sie überhaupt nahezu vollständig entwickelt sind. Dieses Verhältnis zeigen die beiden bekanntesten durch Theilung sich fortpflanzenden Naiden, nämlich Nais und Chaetogaster. Bei beiden werden die neuen Individuen erst abgelöst, nachdem sich der Kopf mit seinen verschiedenen Anhängen gebildet hat. Die eine (seltenere) Art der Theilung der Nais proboscidea O. Fr. Müll. hat mit der Theilung des Ctenodrilus mono- stylos darin eine gewisse Ähnlichkeit, dass durch eine in der Mitte des Thieres auftretende Einschnürung dasselbe in zwei ziemlich gleiche Theile getheilt wird. Beide Theile erzeugen sodann nach der anderen Theilart aus ihren Aftergelenken neue Individuen. Bei Nais und Chaeto- gaster wechselt die ungeschlechtliche Fortpflanzung regelmäßig mit der geschlechtlichen ab, während bei der zu derselben Familie gehörenden Aeolosoma quaternarium Ehrbg. eine geschlechtliche Fortpflanzung wie bei den Gtenodrilen nie beobachtet wurde. Es pflanzt sich diese Naide - ausschließlich durch Quertheilung fort, eben so wie die erst neuerdings von VEJDovsKY ! entdeckte Species Aeolosoma tenebrarum. Dessgleichen werden die Abkömmlinge von Syllis prolifera, Autolytus prolifer 2, i Fr. VEIDOVsKY, »Thierische Organismen der Brunnenwässer von Prag«. Prag 1882. p. 61. ? Sehr interessant ist bei Syllis und Autolytus der Wechsel von geschlechtlicher und ungeschlechtlicher Fortpflanzung; es möge mir hier erlaubt sein mit wenigen Worten ihrer Erwähnung zu thun. Während nämlich die Stammindividuen durch Theilung sich vermehren, sind die Abkömmlinge, mögen sie nun wie bei Syllis durch eine Theilung des Mutterthieres oder wie bei Autolytus als Knospe am Mutter- re Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spe. 645 Filograna und Myrianida u. a. m. erst abgeschnürt nach völliger Ent- wicklung der Kopfpartie, nachdem Augen und Fühler entstanden sind. Die frühere irrige Annahme, dass die Fortpflanzung durch Theilung bei den Würmern auf einer reinen Knospenbildung beruhe, hat 0. Scanipr für die zu den rhabdocoelen Turbellarien gehörenden Mi- krostomeen widerlegt, da bei diesen eine wirkliche Abschnürung eines vorher dem Mutterthier angehörenden Stückes stattfindet. Eben so be- weisen das Irrige dieser Ansicht die Theilungsvorgänge von Nais, Chae- togaster und Ctenodrilus u. a., bei welchen das hinterste Leibesstück unverändert in das neue Wesen übergeht. Bei diesen Thieren findet also eine eigentliche Theilung statt, während bei Autolytus, Filograna implexa und Schleideni, bei Myrianida u. a. die jungen Individuen als Knospen am Stammindividuum hervorsprossen , ohne integrirende Be- standtheile des Mutterthieres in sich aufzunehmen. Hier findet daher eine wahre Knospung statt. III. Verwandtschaftsbeziehungen und systematische Stellung. Ich habe schon an verschiedenen Stellen dieser Arbeit Gelegenheit gehabt, die Beziehungen des Gtenodrilus zu den Polygordiiden und zu Protodrilus näher zu beleuchten. Als Resultat dieser Vergleichungen hat sich ergeben, dass Ctenodrilus in Folge des sehr einfachen Blutgefäß- systems und des ganz in der Hypodermis liegenden äußerst primitiven Nervensystems und der Muskulatur, sodann durch den Besitz eines aus- stülpbaren Rüssels und des Tentakels, überhaupt durch seine ganzen Örganisationsverhältnisse zu den Polygordiiden und zu Protodrilus in einem sehr nahen Verwandtschaftsverhältnis steht und dass er daher den niedersten aller Anneliden beizuzählen ist. Betreffs der Segmental- organe lässt Ctenodrilus gar keinen Vergleich zu, hier sind die Verhält- nisse am allerabweichendsten. Er nimmt in dieser Beziehung unter allen Anneliden jedenfalls die tiefste Stufe ein, da kein anderer Annelide bekannt ist, bei welchem die Segmentalorgane im Kopf liegen, wie bei 'thier entstanden sein, zur geschlechtlichen Fortpflanzung bestimmt und vom Stamm- individuum auffallend verschieden, so dass man dies in den Bereich des Generations- wechsels gezogen hat. Bei Autolytus wird man auch wohl von einem solchen reden dürfen, während die Bedingungen dazu bei Syllis durchaus nicht vorhanden sind. Bei Syllis tritt dann und wann der seltene, merkwürdige Fall ein, dass das Mutter- thier nicht nur durch Theilung, sondern zu gleicher Zeit auf geschlechtlichem Wege wie sein Abkömmling sich fortzupflanzen vermag. Es ist dies die beste Widerlegung der früheren falschen Ansicht, dass die ungeschlechtliche Vermeh- rung durch Theilung oder Knospung bei den Würmern und die geschlechtliche Fortpflanzung durch Samen oder Eier sich gegenseitig ausschlössen. Eee; 646 Max Graf Zeppelin, CGtenodrilus. Es sind wohl mehrere Anneliden bekannt |, welche nur ein Paar Segmentalorgane besitzen, sie unterscheiden sich jedoch alle durch die Lage dieser Organe sehr wesentlich von Gtenodrilus. Dieser ist daher in Folge seiner höchst primitiven Organisation und der großen Einfachheit seiner Organsysteme als eine sehr alte Form zu betrachten, er lässt mit keiner Annelidengruppe nähere Verwandtschafts- beziehungen zu, sondern nimmt wie die Polygordiiden selbst eine ganz isolirte Stellung ein. Am meisten Ähnlichkeit hat derselbe mit Protodri- lus Leuckartii, obwohl diesem die äußere Segmentirung und die Borsten fehlen, wesshalb Protodrilus wohl als die ursprünglichereForm anzusehen ist. KenneL betrachtet daher den Ctenodrilus auch nicht als Urform, als ° eine, den Vorfahren der Anneliden unmittelbar folgende Form, sondern als ein Individuum, welches schon eine beträchtliche Strecke sich fort- entwickelt hat und bereits Eigenthümlichkeiten besitzt, welche sich bei seinen Vorfahren noch nicht fanden. Was nun die Stellung der Polygordiiden selbst betrifft, so betrachtet sie HaTschek, welcher dieselben am genauesten studirt hat, als eine der gemeinsamen Stammgruppe der Annelidenordnungen am nächsten stehende Wurmform, als Repräsentant der Archianneliden ; es ist keinem Zweifel unterworfen, dass dieselben als die phylogenetische Ausgangs- gruppe aller Anneliden zu betrachten sind. In Beziehung auf die niedrige Ausbildung der Organisation schließt sich Saccocirrus sehr nahe an die Polygordiiden und Ctenodrilen an und erweist sich in Folge dessen auch als eine sehr ursprüngliche Chaeto- podenform. Es finden sich in ihm ganz eben so wie bei Ctenodrilus Charaktere vereinigt, welche sowohl den Oligochaeten als auch den Polychaeten eigenthümlich sind. Man kann ihn desshalb als Vertreter einer besonderen Ordnung ansehen, welche als Stammgruppe allen anderen Chaetopodengruppen gegenüber zu stellen ist, während Poly- gordius als Repräsentant einer Ordnung zu betrachten ist, welche die Stammgruppe der gesammten Anneliden bildet. Harscaex ? stellt daher folgende Annelidenordnungen auf: 1. Ordnung: Polygordiidae (Archiannelides). 2. Ordnung: Chaetopodes. 1. Unterordnung: Saccocirridae (Archichaetopodes). 2. Unterordnung: Polychaetae. 3. Unterordnung: Oligochaetae. 3. Ordnung: Hirudinea. k. Ordnung: Gephyrei. 1 Vgl. KEnNEL, p. 495. 2 B. HaTscHex, »Studien über Entwicklungsgeschichte etc.« p. 65. Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Otenodrilus monostylos nov. spec. 647 Zu den dem Ütenodrilus monostylos nahestehenden Formen gehört sodann die von O. Schmipr! kurz beschriebene und abgebildete Parthe- nope serrata 2, welche sich ebenfalls durch Theilung fortpflanzt und in so fern mit Gtenodrilus monostylos noch größere Übereinstimmung zeigt, als mit pardalis, da jedes abzuschnürende Zooid aus mehreren Segmenten be- steht. In Bezug auf die Borsten hat Parthenope durchaus keine Ähnlich- keit mit Gtenodrilus monostylos und auch wenig mit pardalis, auch zeigt sie keine Pigmentflecken in der Haut wie die Gtenodrili, zudem sind die Knospungserscheinungen von denen bei Gtenodrilus vorkommenden so different, dass durchaus kein Grund vorhanden ist, beide Thiere in eine Gattung zu vereinigen. Außer zu den Polygordiiden hat Ctenodrilus auch zu den Oligo- chaeten nahe Beziehungen, speciell zu den Naiden und zwar vor Allem durch seine Theilungsart und durch die Befestigung der Borsten in Borstensäckchen, so wie auch durch das Nervensystem. Ctenodrilus ver- einigt also Charaktere verschiedener Gruppen in sich, er weist Eigen- thümlichkeiten auf, welche sowohl für die Polychaeten als für die Oligo- chaeten charakteristisch sind. Desshalb gerade ist seine Einreihung in das System mit großen Schwierigkeiten verbunden, zumal da bis jetzt nur sehr wenige, nahestehende Formen bekannt und auch diese zum Theil sehr mangelhaft beschrieben sind, so dass kaum ein Vergleich angestellt werden kann. Gtenodrilus nimmt nach der Ansicht Kenner’s, dem ich mich 3 0. Sc#mipt, »Zur Kenntnis der Turbellaria rhabdocoela und einiger anderer Würmer des Mittelmeeres«. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften. Bd. XXIII. Wien 4857. 2 Fr. VEıDovsky macht in seinem Werke: »Thierische Organismen der Brunnen- wässer von Prag« die Mittheilung, dass er den von CrAPArkDE beschriebenen Cteno- drilus pardalis für die alte Parthenope serrata hält und dass dieselbe wohl in eine besondere Familie, die der Amedullata, unterzubringen ist, als deren Hauptvertre- ter er Aeolosoma betrachtet. Ich glaube jedoch nicht, dass es vor der Hand mög- lich sein wird, die Identität des Ctenodrilus mit der Parthenope nachzuweisen, ein Blick auf die Abbildungen der Scumivdr'schen Parthenope und des CLAPAREDE'schen CGtenodrilus beweisen die Verschiedenheit beider Thiere zur Genüge, sondern ich sehe mich vielmehr genöthigt, mich mit den von KEnNEL auf p. 378 und 379 ge- machten Ausführungen einverstanden zu erklären, Parthenope und Ctenodrilus als zwei Gattungen ein und derselben Familie, der der Ctenodrilidae, neben einander bestehen zu lassen. Auf die sehr nahen Beziehungen des Ctenodrilus zu Aeolosoma habe ich schon an verschiedenen Punkten dieser Arbeit aufmerksam gemacht, allein es ist trotzdem meiner Ansicht nach keine Möglichkeit vorhanden, ihn in die- selbe Familie einzureihen, da die auf p. 61 des VEsnovsky’schen Werkes gegebene Charakteristik der Amedullata nicht auf Ctenodrilus passt, dieser, und zwar sowohl pardalis als auch monostylos, hat ja vor Allem ein Bauchmark, so wie deutliche Dissepimente. 648 Max Graf Zeppelin, Er in dieser Beziehung vollständig anschließe, keine vermittelnde Stellung zwischen den beiden großen Chaetopodengruppen ein, er stellt keinen Übergangstypus dar, da er an die Spitze jeder derselben gestellt werden könnte, sondern es ist in ihm ein Kollektivtypus gegeben, welcher nahe dem Vereinigungspunkt der Oligochaeten und der Polychaeten steht und von welchem aus die Entwicklung sich nach verschiedenen Richtungen hin spalten konnte. Kenner stellt daher den Gtenodrilus neben Poly- gordius-und Protodrilus, also an den Anfang der Polychaeten, weist aber zu gleicher Zeit auf die nahen Beziehungen desselben zu den Naiden, also zur Endgruppe der Oligochaeten hin. Vor der Hand wird es kaum möglich sein, dem Gtenodrilus eine feststehende Stellung im System zu- zuweisen und zwar ist dies um so weniger möglich, als die Stellung der Polygordiiden noch nicht mit Sicherheit fixirt ist. Es wird nach Kenner nöthig sein, für Ctenodrilus eine besondere Familie, die der Ctenodrilidae aufzustellen. Dieselbe wird die Genera Gtenodrilus und Parthenope umfassen, da letztere bei näherer Unter- suchung jedenfalls in allernächste Nähe der CGtenodrilen zu stellen sein wird. Die Gattung Ctenodrilus wäre nun durch die Species pardalis und monostylos, Parihenope durch die Species serrata vertreten. Zum Schlusse dieser Arbeit, welche im zoologischen Institut der Universität Freiburg ausgeführt wurde, erlaube ich mir, meinen hoch- verehrten Lehrern, Herrn Geh. Hofrath Prof. Dr. Weısmann und Herrn PrivatdocentDr. A. Gruser für die vielen Beweise der Freundlichkeit, womit sie mir jederzeit ihren Rath, so wie auch die Hilfs- mittel des Instituts zur Verfügung gestellt haben, öffentlich meinen besten Dank auszusprechen. Freiburg i.Br., Mai 1883. m — w Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. spec. 649 Litteraturverzeichnis. J. van BENEDEN, »Histoire naturelle du genre Capitella «. C. BüLow, » Über Theilungs- und Regenerationsvorgänge bei Würmern (Lümbik eulus variegatus Gr.)«. Erlangen 1882. . E. CLAPAREDE, »Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere«. Leipzig 1863. —— »Recherches sur la structure des Annelides sedentaires«. M&moires de la societe de Physique et d’Histoire naturelle de Geneve. Tome XXIl. Geneve 1873. —— »Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples«. Memoires..... Tome XIX.2. Geneve 1868. —— »Recherches anatomiques sur les Annelides, Turbellaries« etc. Geneve 1861, - —— »Recherches anatomiques sur les Oligochetes«. Geneve 1862. . C. CGravs, »Grundzüge der Zoologie«. 4. Aufl. Marburg 4880. 9. E. EHLers, »Die Borstenwürmer«. Leipzig 1864—1868. 15. 16. TR 18. 419. 20. 24, 22, 23. 24. . Frey und LEUCKART, »Beiträge zur Kenntnis wirbelloser Thiere«. Braunschweig 1847. . E. Gruse, »Die Familien der Anneliden«. Archiv für Naturgeschichte. Jahr- gang 46. Bd. I. 4850. . B. HATscHex, »Studien über die Entwicklungsgeschichte der Anneliden«. Arbei- ten aus dem zoologischen Institut der Universität Wien. 14878. 3. Heft. —— »Protodrilus Leuckarti, eine neue Gattung der Archianneliden«. Arbei- Vena, . =: Tom III. 4880. . 3. v. KENNEL, »Über Ctenodrilus pardalis Clap.«. Arbeiten aus dem zoologisch- zootomischen Institut in Würzburg. Bd. V. 1882. A. KroHn, »Über die Erscheinungen bei der Fortpflanzung von Syllis prolifera und Autolytus prolifer«. Archiv für Naturgeschichte. Jahrgang 18. Bd. 1. 4852, P, LANGERHANS, »Die Wurmfauna von Madeira«. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. F. Leypie, »Über die Annelidengattung Aeolosoma«. REICHERT’s Archiv für Ana- tomie und Physiologie. Jahrgang 1865. »Über Phreoryctes Menkeanus Hoffm. nebst Bemerkungen über den Bau anderer Anneliden«. SchuLTzE's Archiv f. mikroskopische Anatomie. Bd.TI. Bonn 4865. F. Marıon et N. BoprErzky, »Etude des Annelides du golfe de Marseille «. M. Sars, »Über einen durch Quertheilung proliferirenden Ringelwurm Filograna implexa«. Fauna littoralis Norwegiae. 4. Heft. Christiania 1846. A. ScHNEIDER, »Über Bau und Entwicklung von Polygordius«. ReEıcuerr’s Archiv für Anatomie und Physiologie. Jahrgang 1868. O. Scanipt, »Zur Kenntnis der Turbellaria rhabdocoela und einiger anderer Würmer des Mittelmeeres«. in: Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, XXIII. Bd. Wien 1857. —— »Die rhabdocoelen Strudelwürmer des süßen Wassers«. Jena 1848. M. SCHULTZE, »Über die Fortpflanzung durch Theilung bei Nais proboscidea«. Archiv für Naturgeschichte. Jahrgang 45.1. 1849, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 43 650 Max Graf Zeppelin, Be 25. M. SchuLtze, »Noch ein Wort über die ungeschlechtliche Vermehrung bei Nais proboscidea«. Archiv für Naturgeschichte. Jahrgang 18. Bd. I. 1852. | 36. C. SEMPER, »Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere«. Arbei- ten aus dem zoologisch-zootomischen Institut in Würzburg. Bd. III. 4876 bis 1877. 27. Fr. VEipovskY, »Thierische Organismen der Brunnenwässer von Prag«. Prag 1882. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXVI und XXXVII. Sämmtliche Figuren mit Ausnahme von Fig.»A, 44, 42, 43, A5, 46, A7 und 49 sind nach Präparaten gezeichnet. Alle Zeichnungen wurden mit der Camera lucida entworfen. Fig. 4. Ctenodrilus monostylos. Sehr großes, ca. 4,5 mm langes Individuum. Nach einem mit Pikrokarmin gefärbten Präparat gezeichnet. ° Verh. 4/45. Fig. 2. AusgewachsenesIndividuum mittlerer Größe. Nach dem leben- den Thier gezeichnet. Verh. 1/60. Fig. 3. Ventrale Ansicht desKopfes im optischen Längsschnitt, KL, Kopflappen ; H, Hypodermis; MO, Mundöffnung; V, Verdickung um die Mund- spalte; At, Atrium, Raum, in welchem der Rüssel ausgestülpt wird und in dessen ° Tiefe der Mund liegt; AR, Rüssel; RE, Rüsselepithel; M, Muskelfasern, welche zur Befestigung des Rüssels dienen; Oe, Ösophagus,; d@G, dorsales Blutgefäß;; 1G, late- rale Blutgefäße; vG, ventrales Blutgefäß,; SO, Segmentalorgane; FK, flimmernder Ausgangskanal derselben; BS, Borstensäckchen;, B, Borsten ; M, die zur Befestigung derselben zur Leibeswand ziehenden Muskelfasern; T, Tentakel; TG, Tentakelge- fäß. Verh. 41/300. Fig. 4. SeitlicheAnsicht desKopfes im optischen Längsschnitt, der Rüssel ist eingezogen. FAR, Flimmerrinne des Tentakels; vO, ventrale, stark verdickte Wand des Ösophagus; dO, dorsale Wand desselben; W, ventrales Wimperfeld des Kopfsegmentes; R,, Ra, Retraktoren des Rüssels. Die anderen Buch- staben wie in Fig. 3. Verh. 41/300. Fig. 5. Dasselbe. Rüssel ausgestülpt. Verh. 41/300. Fig. 6. Vertikaler Längsschnitt durch das Kopfsegment. Der” Schnitt geht nicht ganz median, sondern etwas lateral, so dass an einer Stelle (*) das Lumen des Ösophagus gar nicht getroffen ist. KH, Kopfhöhle; G, Gehirn; C, Cuti- cula; LH, Leibeshöhle; dG, ein Stück des dorsalen Blutgefäßes. Die anderen Buch- staben wie in Fig. 3. Verh. 41/240. ; Fig. 7. Ein Enddarmsegment im optischen Längsschnitt. Die longitudinalen Muskelfasern IM und die Borstensäckchen sind in der Oberflächen- ansicht gezeichnet. D, Dissepimente; DF, Darmfaserblatt. Verh. 41/300. Be Fig. 8. Querschnitt durch das Kopfsegment in der Gegend des Rüssels. L, Lumen des Ösophagus. Verh. 14/300. » Fig. 9. Querschnitt durch ein hinteres Segment. N, ventraler ” Nervenstrang; ED, Enddarm; L, Lumen desselben; Z, die in der Leibeshöhle flot- lirenden Zellen mit deutlicher Kernfärbung; HF, Hautfaserblatt. Verh. 41/300. i Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ötenodrilus monostylos nov. spec. 651 Fig. 40. Querschnitt durch eines der vorderen Segmente. dG, dorsales Blutgefäß, welches von dem räthselhaften Organ (0) ganz ausgefüllt ist. Der Schnitt geht etwas schief, da die Borstensäckchen nur auf einer Seite getroffen sind. Verh. 4/300. Fig. 44. Tentakel im ausgestreckten Zustand. TGW, Wand des Ten- takelgefäßes; Ep, Epithelzellen des Tentakels. Nach dem lebenden Thier gezeich- net. Verh. 41/300. Fig. 42. Tentakelim kontrahirten Zustand. FAR, Flimmerrinne; P, Pigmentflecken. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Verh. 41/300. Fig. 43. Magendarmepithel. O0t, Öltropfen; P, braunes Pigment. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Verh. 41/450. Fig. 44. Körperepithel. Nach einem mit angesäuerten Alkohol behandel- ten Präparat gezeichnet. Verh. 41/300. Fig. 45. Einzelne, isolirte, die Leibeshöhle erfüllende Zel- len. Na, Nahrungsbestandtheile.. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Verh. 41/450. Fig. 46. Lange, spitze Borsten. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Verh. 41/600. Fig. 47. Kürzere, stärkere, oben mit einer Verbreiterung endende Borsten, welche in eine Spitze auslaufen. Nach dem lebenden Thier gezeichnet. Verh. 14/600. Fig. 48. Individuum mit zweivollständigausgebildeten Hinter- enden, Verh. 4/25. Fig. 49. Ein anderes, ähnliches Individuum zur Darstellung der Spaltung des Enddarms. Nach dem lebenden Thier gez. Verh. 4/45. Individuen mit zwei Tentakeln. Fig. 20. Individuum mit zwei ziemlich gleich langen Tentakeln von der Seite. Verh. 1/50. Fig. 24. Individuum mit zwei sehr ungleich langen Tentakeln von der Rückenseite. Verh. 1/50. Theilungsstadien. Fig. 22. Individuum, an welchem bereits eine kleineEinschnü- rung Ebemerkbar ist. DasThier hat wohl seinen Tentakel verloren und steht im Begriff einen neuen zu treiben, welcher sich als Knospe TK angelegt hat. Verh. 4/45. Fig. 23. Ein anderes Individuum, bei welchem die Einschnü- rung bedeutend zugenommen hat. Der Darm hat sich beiderseits fast ganz ‚geschlossen, das Thier ist im Begriff sich in zwei Tochterthiere zu trennen. Verh. 4/25. Fig. 24. Tochterindividuum mit dem primären Kopf. Verh. 4/45. Fig. 25. Tochterindividuum mit dem primären After. Verh. 4/30. Fig. 26. Tochterthier mit dem primären Kopf, der Durchbruch des neuen Afters ist erfolgt, jedoch noch nicht die Verbindung derselben mit dem Darm. Verh. 1/60. Fig, 27. Ein vorgerückteres Stadium bei einem anderen Indivi- duum. Der neue After ist vollkommen gebildet, es haben sich auch schon neue Segmente eingeschoben. Verh. 1/90. 43* 652 Max Graf Zeppelin, Über den Bau und die Theilungsvorg. des Ct. monostylos nov. spec, Fig. 28. Tochterthier mit dem primärenAfter. DieMundöffnung ist durchgebrochen, der Rüssel hat sich angelegt, der Darm steht in Begriff sich mit der Mundspalte zu vereinigen. Verh. circa 4/70. Fig. 29 und 30. Tochterthier mit dem primären Kopf resp. After, welches noch aus einer sehr großen Segmentzahl. besteht und da- her fähig gewesen wäre, Theilstücke abzuschnüren. Verh. 4/45. Fig. 31 und 32. Tochterthier mit dem primären Kopf resp. After, welches im Begriff war, ein Theilstück abzuschnüren. Verh. ca. 1/45. Fig. 33—35. Abgeschnürte Theilstücke, welche weder mit Kopf noch mit After versehen sind. Verh. circa 4/45. Fig. 36 und 37. Größere Theilstücke ohne Kopf und After, wel- che im Begriff waren, in einzelne kleine Theilstücke zu zerfal- len. Verh. 4/50 und 1/90. Fig. 38 und 39. Größere Theilstücke, welche schon Kopf und Af- ter gebildet haben, sich aber trotzdem abermals getheilt hätten. Verh. 4/50 und 4/90. Fig. 40 und 44. Kleinere, nur mit Mund oder nur mit After ver- sehene Theilstücke. Verh. 1/90. Fig. 42—44. Theilstücke, an welchen sich Kopf und After mehr oder weniger vollkommen angelegt oder gebildet haben. Verh. 4/90 und Fig. 44 4/50. Fig. 45. Tochterthier mit dem primären Kopf, welches bereits einen (sekundären) After gebildet hat und trotzdem im Begriff war ein Theilstück abzulösen. Verh. circa 1/50. Fig. 46 und 47. Junge, aus Theilstücken hervorgegangene Indivi- duen. Verh. 1/90 und 4/50. Buchstabenerklärung. C, Cuticula; H, Hypodermis; T, Tentakel; TE, Tentakelepithel; TG, Tentakelgefäß ; TGW, Wand des Tenkakelgefäßes ; FR, Flimmerrinne des Tentakels; TK, Tentakelknospe; KH, Kopfhöhle; KL, Kopflappen; R, Rüssel; Rı, Ra, Rüsselretraktoren ; RE, Rüsselepithel; MO, Mundöffnung; V, Verdickung um den Mund; W, Wimperfeld; At, Atrium; M, Muskelfasern ; IM, longitudinale Muskelfasern ; Oe, Ösophagus; vO, ventrale Wand des Ösophagus; dO, dorsale Wand des Ösophagus; L, Lumen; MD, Magendarm; ED, Enddarm ; DE, Darmepithel; LH, Leibeshöhle; D, Dissepiment; Z, in der Leibeshöhle flottirende Zellen; BS, Borstensäckchen; B, Borsten; SO, Segmentalorgane ; FK, flimmernder Kanal derselben ; G, Gehirn ; N, Nervenstrang (Bauchmark); h dG, dorsales Blutgefäß; | O, räthselhaftes Organ in demselben ; i IG, laterale Blutgefäße; \ vC, ventrales Blutgefäß ; i KE, Körperepithel; ; Oi, Öltropfen ; Bm P, Pigment; U E, Einschnürung der Körperwand; E Na, Nahrungsbestandtheile. r Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. Von Cand. med. Ivan B. Cybulsky aus Kiew. (Aus dem Laboratorium von Professor S. Exner in Wien.) Mit Tafel XXXVIIE und XXXIX. Es ist ganz natürlich, wenn man zur Untersuchung eines Gewebes ein Organ sich wählt, welches an diesem Gewebe besonders reich zu sein verspricht. So war die Schnauze und manches analoge Organ schon von jeher ein beliebtes Objekt der Histologen zur Untersuchung der sensiblen Nervenendigungen. So habe denn auch ich zum Gegen- stande meiner Arbeit eine Schnauze gewählt. Dabei wurde ich von kompetenter Seite auf die Thiere mit feuchter Schnauze aufmerksam gemacht, da gerade solche sich durch einen hohen Grad von Sensibilität auszeichnen. Der ursprünglich gefasste Plan, die Schnauze vom Ochsen, Schaf und Reh zu untersuchen, musste wegen der Schwierigkeit der Herbeischaffung eines ausreichenden Materials bald aufgegeben und mit Ochsenschnauzen Vorlieb genommen werden. Bei der Anfertigung der Präparate kamen in erster Linie die Goldmethoden und zwar mit vor- heriger Ansäuerung durch Ameisensäure und Eisessig zur Anwendung. Auch Osmium- und Chromsäure-Präparate wurden angefertigt. Die ersten Versuche schlugen aber vollkommen fehl. Denn es ließen sich nicht einmal die Nerven des Bindegewebes gut färben, geschweige denn diejenigen in den Papillen. Der Grund davon stellte sich jedoch bald heraus. Die Schnauze vom Rind besitzt eine Eigenschaft, die für die Untersuchung auf Nerven nicht gerade günstig genannt werden kann: dass nämlich ihr Epithel überaus mächtig entwickelt und über 1 mm dick ist, mit sehr hohen schlanken, ziemlich weit von einander ent- fernten Papillen. Bedenkt man, dass der Farbstoff, um seine Wirkung im Rete Malpighii zu entfalten, erst eine mächtige Hornschicht durch- 654 ' Ivan B, Cybulsky, dringen musste, so wird es begreiflich erscheinen, dass der Erfolg selbst bei 4 mm Dicke der Stücke ausblieb. Um dem Farbstoff den Zugang zu den Papillen und zu den tiefen Schichten des Epithels zu erleichtern, - opferte ich das Corium und trug es beinahe ganz ab. Das half aber nicht viel; denn die Papillen färbten sich zwar stark aber diffus und im Epithel sah man nichts Besonderes. Desshalb habe ich auch die oberen Schichten der Epidermis durch flache Scherenschnitte abzu- tragen versucht, habe die Dauer des Verbleibens der Präparate in der Säure und im Goldchlorid auf eine kurze Zeit reducirt, wie das von manchen Autoren empfohlen wurde, und erhielt endlich auf diese Weise die Färbung von markhaltigen Nerven in den Papillen. Doch waren diese Präparate und abgetragenen Papillenspitzen zur Untersuchung nicht geeignet. Um mir wenigstens über das Verhalten der Nerven in den Papillen Klarheit zu verschaffen, schritt ich zur Auflösung des Epi- thels mit Ätzkali und Kalkwasser. Nach der Auflösung habe ich eine große Menge von Stücken mit Gold gefärbt, aber darunter nur einige. mit günstigem Erfolg. Man konnte die Nerven in den Papillen in aus- gezeichneter Weise studiren und ihren Übergang in marklose Fasern verfolgen, bis dieselben sich an der Grenze der Papille der Beobachtung entzogen. Der letzte Umstand, und die Abwesenheit irgend welcher Art von Endigung in den Papillen, hat meine Vermuthung verstärkt, dass die eigentlichen Nervenendigungen im Epithel zu suchen sind. Um einen ze: Aufschluss über das Schicksal der Nerven nach ihrem Übertritt ins Epi- thel zu gewinnen, habe ich mich entschlossen, alle Methoden auch auf die Schnitte anzuwenden. Meine Bemühungen waren aber vergebens; es wollte scheinen, als ob hier überhaupt nichts zu erreichen wäre; da bekam ich von der Hrnocor’schen ! Methode Kenntnis. Diese Methode, angewendet zur Färbung der Schnauzenstücke, hat zwar zu keinem Resultat geführt; wohl aber habe ich etwas von den Nerven zu Gesicht bekommen, als ich die frischen Schnitte auf dieselbe Weise behandelte. Diese Methode, vom Erfinder ursprünglich zur Untersuchung der Nerven in den glatten Muskelfasern angewendet, hat sich auch für die Epithelnerven als sehr passend erwiesen. Die Beobachter, die am weitesten in der Erforschung dieser Nerven gegangen, haben sich vor- theilhaft dieser Methode bedient. Im Nachfolgenden sei sie und zwar mit ziemlich wichtigen Modifikationen geschildert. Wie gesagt, ist die Färbung von ganzen Stücken auch nach der Henocgr’schen Methode misslungen, und nur die Schnitte, welche von gefrorenen Stücken ge- nommen wurden, haben sich leidlich gefärbt. Die spätere Bearbeitung 1 Arch. de physiol. normal et pathol. 4870. p. 141. Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 655 der Schnauzen auf diese letzte Art hat aber wieder zu keinem Re- sultat geführt. Ich habe das Frieren der Präparate an dem Misserfolg beschuldigt, habe es desshalb unterlassen und seitdem immer gute Prä- parate bekommen. Das eingeschlagene Verfahren ist folgendes. Ich schneide ganz frische Stücke mit freier Hand. Dabei erweist sich die- jenige Eigenschaft der Schnauze, die früher ein Hindernis für die Färbung darbot, nämlich die Kompaktheit und Dicke ihres Epithels als ein vortheilhaftes Moment. Ich schneide ein Stück aus der Schnauze, trage das Corium so weit ab, dass von ihm nur ein schmaler Streifen am Fuß der Papillen zurückbleibt, und bette dasselbe in Hollundermark ein. Die Festigkeit des Epithels, das beinahe die ganze Dicke des Stückes ausmacht, ermöglicht die Anfertigung solch feiner Schnitte, dass man dieselben selbst mit HarrnacR’s Immersionslinse Nr. 14 ganz gut unter- suchen kann. Beim Schneiden wird das Messer mit Wasser, dem etwas Alkohol zugesetzt ist, benetzt, und die Schnitte von der Messerschneide mit einem Pinsel in die Goldchloridlösung gespült. Das Goldchlorid wird als 1/, bis 1, °/,ige Lösung genommen. Die mit stärkeren Lösungen behandelten Schnitte zeigen auch eine stärkere Färbung, die aber oft hinderlich der Untersuchung im Wege steht. Schwächere Koncentrationen der Lösung liefern desshalb gewöhnlich bessere Präparate. Im Gold- chlorid verbleiben die Schnitte von !/, bis ?/, Stunden, bisweilen noch kürzere Zeit, werden nachher mit destillirtem Wasser abgespült und in eine Lösung von Acid. tartar. gebracht. Es ist ziemlich gleichgültig, ob diese letztere koncentrirt oder bis zur Hälfte verdünnt ist. Es ist auch gut, die Schnitte längere Zeit, etwa 41/,—2 Stunden, in destillirtem Wasser liegen zu lassen. Doch ist allzulanges Liegen, etwa über die Nacht, für die Präparate schädlich. Es scheint mir nothwendig, dass die Menge der Flüssigkeit verhältnismäßig groß sei und nur wenige Schnitte auf einmal gefärbt werden. Nachdem Wasser in einem beliebigen Ge- fäß bis zu 50—60° C. erwärmt wurde, wird die Weinsteinsäurelösung mit den Präparaten in einen Behälter mit breitem Boden gebracht, ge- füllt, luftdicht verschlossen und in das erwärmte Wasser hineingelegt. In einer Viertelstunde merkt man, dass die frühere farblose Lösung sich violett zu färben beginnt. Wenn man jetzt den Behälter schüttelt und die schwimmenden Schnitte im durchfallenden Lichte beobachtet, so bemerkt man, dass die Schnitte statt der gleichmäßigen gelben Färbung, die sie vorher zeigten, ehe sie erwärmt wurden, jetzt von bläulichen oder hellrothen Streifen quer durchzogen sind. Diese gefärbten Partien entsprechen dem Bindegewebsantheil der Schnitte, Papillen und Corium. Wenn man eine bestimmte nicht zu starke Färbung bekommen will, so möge man schon jetzt ein paar Schnitte untersuchen. Oft erhält man 656 Ivan B. Cybulsky, aus dieser Zeit die prachtvollsten Präparate, an denen sich zwar nicht alle Nerven gefärbt haben, diese aber wegen der Durchsichtigkeit des ganzen Präparates um so deutlicher hervortreten. Später wird das Prä- parat gleichmäßiger gefärbt, was die Untersuchung einigermaßen hindert. Aber nicht immer geht es so leicht, bisweilen bleiben die Präparate eine halbe Stunde im warmen Wasser liegen, und die Färbung will nicht ein- treten; unterdessen kühlt das Wasser ab, man muss es wieder erwärmen und die Säurelösung mit den Schnitten aufs Neue hineingeben, mög- licherweise die Säure wechseln. Manhüte sich aber, zu warmes Wasser zu nehmen, oder die Schnitte in demselben zu lange Zeit liegen zu lassen, weil sonst das Epithel leicht aufgelöst wird. Glaubt man eine gehörige Färbung bekommen zu haben, dann spült man die Schnitte mit destil- lirtem Wasser ab und legt sie in Glycerin, oder, wenn sie in Dammarlack untersucht werden sollen, auf einige Zeit in Alkohol. Bezüglich des Alters des verwendeten Materials muss ich bemerken, dass ich um so schönere Präparate erhielt, je unmittelbarer nach dem Schlachten des betreffenden Thieres ich dieselben anfertigte. Präparate am ersten und zweiten Tage angefertigt, sind am schönsten, während am dritten gemachte Präparate nicht mehr so scharfe Differenzen in der Tinktion nervöser und anderweitiger Elemente zeigen; feinkörniger schwarzer Goldniederschlag trägt zur Undeutlichkeit des Bildes noch etwas bei. Wenn man aber davon absieht, so sind die Präparate aus dieser Zeit meist leidlich. Am vierten Tage gelingt die Färbung gewöhn- lich nicht mehr. Selbstverständlich erzielt man diese Resultate nur, dann, wenn man dafür Sorge trägt, das Material die ganze Zeit hindurch frisch zu erhalten. Die Farbenstufe der Präparate im Ganzen und diejenige der ein- zelnen Elemente hängt von verschiedenen Momenten ab. Ist die Schnauze ganz frisch, wurde eine schwache Goldlösung angewendet und wirkte die Wärme nur kurze Zeit ein, so ist das Bindegewebe hellrosa gefärbt; die Nerven und Gapillaren zeigen die gleiche aber dunklere Färbung; die Nerven im Epithel sind schwarz, das Epithel erscheint glänzend weiß. Hat man 1/, %/,ige Goldlösung genommen, und längere Zeit die Wärme einwirken lassen, so wird die blaue Färbung vorherrschend. Das Epithel wird bläulich bis tief blau, die Nerven im Bindegewebe bei- nahe ganz schwarz, die Papillen vollkommen undurchsichtig und von derselben Färbung. Ist die verwendete Schnauze schon alt, so erhalten die Präparate eine schmutzige Färbung, dadurch bedingt, dass sich der Farbstoff auf den goldgelb gefärbten Präparaten in Form von schwarzem Staub niederschlägt. Ä Behufs Kontrolluntersuchung habe ich Osmiumsäure-Präparate her- Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen, 657 angezogen. Diese wurden auf solche Weise gewonnen, dass die Stücke Anfangs in eine Essigsäurelösung auf 1—2 Stunden gelegt wurden, dar- auf durch 24 Stunden in 1/,°/,iger Osmiumsäurelösung gelassen, und da- nach bald geschnitten, um das Brüchigwerden in Folge des längeren Ver- weilens in Alkohol zu verhüten. Mit dieser Methode habe ich die besten Präparate bekommen, muss aber hervorheben, dass ich auch an ihnen nichts Anderes zu sehen bekam, als was ich schon an Goldpräparaten gesehen habe. Die Nerven haben sich zwar sehr schön gefärbt, und ich vermochte dieselben in den hohen und schlanken Papillen sehr weit zu verfolgen; ins Epithel übergehen habe ich sie aber nicht gesehen. Auch die Endkolben waren leicht zu finden, ihre Strukturverhältnisse ließen sich aber an Goldpräparaten viel besser untersuchen, wesshalb ich mich mit den Osmiumpräparaten nur ziemlich wenig beschäftigte. Wurden die Präparate durch das Goldchlorid zu stark gefärbt, so kam 1/,0/,ige Cyankaliumlösung als Entfärbungsmittel zur Anwendung. Andere Ge- webselemente, wie z. B. Capillargefäße, zeigen zwar ein großes Imbi- bitionsvermögen für Gold, hinden es aber nicht so fest, wie die Nerven, desshalb entfärben sie sich auf Einwirkung von Cyankalium viel früher, als die Nerven, besonders die marklosen Nerven im Epithel, machen da- durch das Präparat durchsichtiger und verrathen zugleich ihre eigent- liche Natur. Ä | Bei Gelegenheit der Entfärbung bin ich einer Eigenschaft des Cyan- kaliums begegnet, die bis jetzt, wie mir scheint, nicht berücksichtigt worden ist, und die es wohl verdient, bekannt gemacht zu werden, da ich von derselben vortheilhaften Gebrauch machte. Als ich nämlich einige Male die Präparate der Wirkung des Cyankaliums etwas längere Zeit überließ, merkte ich, dass das Epithel an ihnen nicht mehr so fest hafte und sich von der Oberfläche ablöse. Dauert die Wirkung noch länger, so wird das Epithel ganz zertheilt. Ich erblickte in dieser Eigen- schaft einen willkommenen Ausweg, die Mühseligkeiten, mit welchen die Handhabung der gangbaren Macerationsflüssigkeiten verbunden ist (manche Autoren macerirten tage- und wochenlang), zu ersparen. Ich versuchte auf verschiedene Weise die Einwirkung des Cyans zu regu- liren, und so gelang es mir in der That später zu beschreibende Gebilde im Epithel zu isoliren, ohne dass an ihnen die Spur irgend einer schäd- lichen Wirkung der auflösenden Flüssigkeit sich zeigte. Das einge- schlagene Verfahren war dabei folgendes: man giebt ein Paar Tropfen 1/2 /nige Cyankaliumlösung auf den Objektträger, legt den Schnitt hinein, und lässt ihn unter stetiger Beobachtung !/),—2 Minuten dort liegen. Ist er so ziemlich abgeblasst, so saugt man die Lösung auf, giebt Glycerin dazu und nachdem man ihn mit einem Deckgläschen bedeckt hat, untersucht 658 Ä Ivan B, Oybulsky, man ihn. Löste sich das Epithel nicht vollständig auf, so genügt bis- weilen ein leichter Druck auf das Deckgläschen, um es zum Abspringen in Fetzen und einzelnen Zellen zu bringen. Gelingt das nicht, so setzt man noch einmal das Gyan hinzu. Hat man nicht Zeit sich damit ab- zugeben, so deckt man bloß den Schnitt in der Lösung mit einem Deck- Kr gläschen, um auf diese Weise die Wirkung des Cyans auf Stunden zu verlangsamen. Die oben beschriebene Methode der Goldfärbung weicht in zwei wichtigen Punkten von jenem Gang der Methode ab, wie er von Ht- NOocgE angegeben wurde. Erstens ist das die kurze Zeit, die sie in Anspruch nimmt: schon in einer Stunde nach Anlangen der Schnauze verfüge ich über gute Präparate, und zweitens ist es nicht nothwendig, das Material zur Färbung — wie das H£nocoe fordert, —nur vom eben ge- tödteten Thiere zu nehmen, indem man sogar am vierten Tage nach dem Tode des Thieres manchmal noch eine ganz gute Färbung erzielen kann. Indem ich bezüglich der vollständigen litterarischen Zusammen- stellungen über sensible Nervenendigungen auf die bekannten Werke von W. Krause und MERKEL verweise, streife ich hier kurz die auf die Haut- epithelnerven sich beziehende Litteratur. Das interessante Gebiet der Nervenverbreitung und Endigung im Epithel kann, trotz der großen Zahl der Arbeiten, die diesem Gegen- stande gewidmet wurden, bis zur Stunde nur wenig Positives aufweisen. Durch die Arbeiten von LanGEruansi, Popkopaızw?2, Kıeim®, Eimer &, OWSJANNIKOFF®, MERKEL ®, DITLEVSEN ’, MoJsısovics®, ArnstEin®, BATTELL1O, Ranvıer !1, RıeBert !2, PFiTzwer 13 u. A. ist es erwiesen, dass die Nerven bei verschiedenen Thieren in das Epithel der äußeren Haut übergehen. _ Die Art der Nervenendigung ist aber nach verschiedenen Autoren sehr verschieden. Die meisten geben an, dass die Nerven mit knopf- 1 VırcHnow’s Archiv. Bd. XLIV. 2 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. V. 3 Gentralblatt für medicinische Wissensch. 1874. Nr. 38. 4 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. VII und VIll. 5 Diese Zeitschr. Bd. XXI. 6 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XI. 7 Gentralblatt für medicinische Wissensch. 1876. Nr. 40 und Vırcnow’s Jahres- bericht. 1876. p. 61. 8 Sitzungsber. der Wiener Akademie. Bd. LXXI und LXXII. 9 Sitzungsber. der Wiener Akademie. 3. Abth. Oktober-Heft 1876. 10 Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XVII. 11 Compt. rend. 4880. Vol. 94. p. 1087 und Quart. journ. micr. sciences. Okto- & ber 1880. p. 456. 12 Archiv für Naturgeschichte. 1878. 13 GEGENBAUR’S Morphol. Jahrbuch. 18814. Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen, 659 förmigen Anschwellungen endigen. Manche aber, wie BırteLı, fanden \ sie auch frei endigen. Kırın und Arnsteın halten das intraepitheliale ‚ Nervennetz für das Endorgan. Von LanGeruans, Popkopıtw, EIMER, " Rıspert u. A. werden eigenthümlich verzweigte Gebilde, LAnGERHANSs- sche Körperchen, als zweite Art der Nervenendigungen aufgefasst. Nach " RısBerrt endigen sogar alle Epithelnerven in diesen Körperchen. Dem . entgegen halten MERKEL, DiTLEVsENn, MoJsısovics, ARrnsSTEIN diese Körper- ehen nicht für nervöse Gebilde. Nach Eimer, DitLevsen, Pritzner u. A. sollen die Nerven in Epithelzellen endigen. MerkEL und DiTLEvsen fassen die Tastzellen als die verbreitetste Art der Nervenendigung auf. ! Ranvıer aber behauptet, dass die Nerven in eigenthümlichen Menisken endigen, die den Merker’schen Tastzellen nur anliegen. | Aus dem Angeführten erhellt — vorausgesetzt, dass die Angaben rich- tigsind — dass die Epithelnerven auf verschiedene Weise endigen können. Die folgende Untersuchung soll den Beweis erbringen, dass drei Arten | der Endigung der Epithelnerven: die knopfförmigen Anschwellungen, ‚ die Endigung in den Zellen und in eigenthümlichen verzweigten Körper- "chen neben einander existiren können. Durch einige Beobachtungen ' bezüglich der Lage dieser Endorgane wird es auch versucht, in das Un- ‚klare der Frage von der funktionellen Bedeutung dieser verschiedenen \ Vorrichtungen etwas Licht zu bringen. EB Wenden wir uns nun endlich zur Schnauze, und betrachten wir ‚sie erst von außen, so bemerken wir gleich, dass sie durch Furchen in ziemlich regelmäßige Felder getheilt ist. Wir bemerken aber zugleich, ‚dass diese Furchen sich über die Haargrenze nicht hinaus erstrecken. " Diese Thatsache giebt uns einen Wink, dass diese Furchen zur Funktion der Schnauze in irgend einer Beziehung stehen. Betrachten wir dess- „halb dieselben genauer. Erstens tritt hervor, dass nicht alle Furchen ‚gleich sind: die einen sind tief, die anderen sehr seicht. Die tieferen ‚gehen in radiärer Anordnung von der Peripherie des Nasenloches aus, ‚und theilen die Schnauzenoberfläche in schmale Streifen. Die seichteren verlaufen meistens senkrecht zu den ersteren, und sind ganz kurz. Die ‚Größe der auf diese Weise entstandenen Felder variirt an verschiedenen Stellen der Schnauze und Oberlippe. In dem Maße als nach oben hin “ die Felder größer werden, werden zugleich auch die Furchen seichter. In dem Winkel, der oberhalb des Nasenloches liegt, werden die Furchen ‚Jund Felder beinahe ganz vermisst. Diese letzteren werden in den mitt- |leren Partien der Schnauze kleiner, an der Oberlippe verkleinern sie sich noch mehr, und an der hinteren Fläche derselben sind sie am "kleinsten. Gegen die Mundschleimhaut hin werden die die Felder \begrenzenden Furchen breiter; die Felder erscheinen weiter gar als 660 Ivan B. Cybulsky, Erhabenheiten, die warzenförmig sind, bisweilen sogar zugespitzt. Jedem Feld an der Schnauze entsprechen ein oder mehrere in der Mitte stehende Drüsenausführungsgänge. An der Lippe aber vermisst man die Aus- führungsgänge. Schon beim bloßen Betasten fällt es auf, dass die Lippe sich eigen- thümlich rauh anfühlt. Sieht man nun aufmerksamer zu, so bemerkt man, dass die ganze Oberfläche, nämlich die Felder, bisweilen auch die Furchen, mit kleinen Höckern, die oft sehr spitzig sind, dicht besetzt ist. Diese Höcker scheinen an der hinteren Fläche der Lippe viel höher zu sein und dichter zu stehen, als an der vorderen, besonders sind die allein stehenden Warzen durch hohe Höcker markirt. Geht man von der Lippe zur Schnauze hinauf, so werden die Höcker kleiner; höher hinauf nimmt man nur Unebenheiten an der Oberfläche wahr; ganz oben ist die Fläche glatt, sie erscheint hier dicht punktirt wegen der durch- scheinenden Papillen, und das führt uns auf den Gedanken, dass die Höcker an der Lippe den Papillen entsprechen könnten. Wir kommen darauf zurück bei der Untersuchung der Schnitte. Es ist zu bemerken, dass diese Eigenthümlichkeiten der Schnauze und der Lippe ziemlich variabel, und die Höcker bisweilen sehr wenig ausgesprochen sind. Denjenigen, die Ochsenschnauzen untersuchen wollen, möchte ich die weißen Schnauzen, an welchen ich meine Untersuchungen angestellt ‚habe, besonders empfehlen. Die Nerven, die die Schnauze und Oberlippe versorgen, treten in diese von der Seite ein, zwischen dem Nasenloch und Lippe. Sie bilden mehrere sehr dicke, drehrunde, mit einander anastomosirende Stämme. Das Epithel besteht aus polygonalen Zellen. Diese sind in den tiefsten Schichten des Rete klein und ganz regelmäßig, in mittleren werden sie größer und in oberen Partien sind sie am größten, dabei platter und länger. Die Dicke des Epithels an der Schnauze beträgt 1,36 mm, mit 0,18 mm dicker Hornschicht. Gegen die Haargrenze hin verdünnt sich das Epithel bis zu 0,32 mm Dicke, mit 0,1 mm dicker Hornschicht. Die Oberlippe hat in den am meisten empfindlichen Par- tien 0,8 mm dickes Epithel mit 0,41 mm dicker Hornschicht. In Bezug auf das Epithel, welches den Papillen anliegt, will ich er- wähnen, dass es sich von dem übrigen in vielen Beziehungen unter- scheidet. Den Papillen fest anhaftend und von der zunächst nach außen folgenden Schicht von Epithelien ganz verschieden, liegen lange stark abgeplatitete mit Fortsätzen versehene, mit Gold sich intensiv färbende Zellen. Sie besitzen einen großen ovalen, scharf konturirten Kern, von. | dessen beiden Polen manchmal je ein Str eifen aus feinen Kürnchon sich fortsetzt. Sie liegen mit ihrer Achse der Achse der Papille entsprechen E Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 661 und haften so fest an diese und an einander, dass sie, nachdem das ganze Epithel abgelöst ıst, an der Papille haften bleiben, und nicht wenig die Untersuchung stören. Sie lösen sich gewöhnlich in zusammen- hängenden Stücken ab. Die Papillen reichen gewöhnlich so hoch hinauf im Epithel des Rete, dass von diesem nur etwa eine 0,2 mm dicke Schicht oberhalb der- selben liest. Manchmal aber gelangen sie bis zur Hornschicht und wölben dieselbe hervor. Sie siäüd gewöhnlich einfach, bisweilen aber theilen sie sich, oder mehrere derselben entspringen von einem gemein- samen Stamm. Besonders geeignet für das Studium der Vertheilung der Papillen und der anderen Verhältnisse sind die Flächenschnitte. An diesen merkt man, dass die Papillen nicht gleich dick sind, dass viel- mehr auf eine Gruppe dünnerer Papillen eine dicke kommt, und dieses Verhältnis wiederholt sich ziemlich regelmäßig. Weiter bemerktman, dass die Papillen ungleichmäßig über die Fläche des Schnittes vertheilt sind, einmal dicht an einander stehend, mit einander confluirend, das andere Mal weit von einander entfernt. Die dicksten Papillen stehen um die Drüsenausführungsgänge herum ; sie drängen sich hier dicht zusammen, confluiren und bilden auf diese Weise einen mehr oder weniger voll- ständigen Kreis um den Ausführungsgang. In diesem Kreis liegt nun die dicke Schicht der Epithelien, die den Ausführungsgang von den Papillen theilt. An der Peripherie sind diese Epithelien stark abge- plattet, in die Länge ausgezogen, manchmal erkennt man kaum Zellen inihnen; gegen das Lumen des Ausführungsganges nehmen sie an Dicke zu. Der Ausführungsgang — gewöhnlich liegen derer mehrere zusam- men — ist mit kubischem Epithel ausgekleidet; am Querschnitt hat er ein einer Arterie ähnliches Lumen, nämlich die Wände bauchen sich in die Lichtung hinein. Die eigenthümlichen gegenseitigen Beziehungen der Papillen und Ausführungsgänge werden uns noch später beschäftigen. Von den Nerven des Coriums werden an einigen Stellen in der Unterpapillarschicht plexusartige Verflechtungen gebildet; die Schicht, welche diesen Plexus enthält, ist etwa 0,4 mm dick. Die Balken des Plexus werden von dicken Nervenbündeln gebildet, welche so dicht an einander liegen, dass man die Maschen zu unterscheiden kaum im Stande ist. Zugleich verlaufen und verästeln sich hier die Gefäße und tragen bei etwas stärkerer Färbung nicht wenig zu allgemeiner Verwirrung bei. Interessant ist, dass bisweilen ein Bündel aus vier bis sechs Nerven horizontal unter einigen Papillen läuft, ohne einen Ast abzugeben, und dann biegt es sich auf einmal um und tritt in eine Papille ein. Nicht an allen Stellen aber wird ein solcher Plexus gebildet. An manchen Orten _ treten starke Stämme aus der Tiefe hervor, theilen sich in drei bis vier 662 Ivan B. Cybulsky, dünnere, und ein jeder von diesen begiebt sich zur Papille. Die Nerven — besonders deutlich tritt das hervor an denjenigen, die allein in die Papillen verlaufen — sind von einer dicken, glashellen, in regel- mäßigen Abständen längliche Kerne enthaltenden Scheide umgeben. Jetzt will ich eine Eigenschaft dieser Nerven erwähnen, welche von einigen Autoren an den Nerven anderer Regionen schon beschrieben worden ist. Es beschreibt nämlich Bonner!, dass die Nerven in den Haarbälgen ihre Dicke sehr verändern: sie verdünnen sich stellenweise, dann schwellen sie knotenförmig an, um weiter wieder dünn zu werden. Ähnliches habe ich hier im Corium oft gesehen. Die Nerven, die zu Bündeln vereinigt sind, oder auch solche, die allein in der dicken Scheide liegen, zeigen spindelförmige Anschwellungen, die in regel- mäßigen Abständen sich wiederholen, und durch ganz dünne kaum markhaltige Stellen getheilt sind. Diese Anschwellungen sind so groß und gehen so allmählich in die dünneren Stellen über, dass der Gedanke, dass sie etwa Kerne seien, gar nicht auftauchen kann. Das Ganze macht den Eindruck, als ob der Nerv ein plattes Band darstellt, welches um seine Längsachse gedreht worden ist: man sieht einmal den Rand, ein anderes Mal die Fläche des Bandes. Diese Beobachtung habe ich an Goldpräparaten gemacht; eben so auch Bonner. Auch die Osmiumprä- parate, so viel mir die Zeit erlaubte, diese zu untersuchen, scheinen dieses Verhalten der Nerven zu bestätigen. Ich bemerke noch, dass es nicht alle Nerven sind, die diese Ungleichheiten in der Dicke zeigen. Ich habe einen solchen Nerven gemessen und es ergab sich Folgendes: die dickeren und dünneren Stellen waren je 0,034 mm lang; die dicke- ren Stellen waren etwa 0,004 mm dick, die dünneren waren etwa so dick wie die Theilstriche im Mikrometerocular. Ich kann nicht umhin, hier einer Erscheinung zu erwähnen, die bei bestimmten Umständen wohl zu Irrthümern Veranlassung geben könnte. In einigen Schnitten, die anscheinend gleich den anderen be- handelt wurden, bemerkte ich, dass alle Nerven, die ich im Corium fand, mit kolbigen oder kugeligen Anschwellungen endigten. Diese waren scharf konturirt, von verschiedener Größe, bisweilen nur um Weniges die Dicke der markhaltigen Fasern übertreffend, die in sie übergingen. An größeren von ihnen schien es, als ob die Markscheide des Nerven in die Hülle der Anschwellung überginge; in der Mitte zeigte sich eine dunklere Stelle. Die Ähnlichkeit mit einer eigenthümlichen echten Nervenendigung war täuschend, und an einzelnen Nervenfasern war 1 Morphologisches Jahrbuch. Bd. V. 1878. p. 329. > entschieden unmöglich zu entscheiden, um was es sich handelt. In Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 663 diesem Falle war es aber leicht dem Irrthum zu entweichen. Ich sah nämlich die ganzen Bündel aus etwa 20 Nervenfasern, die alle mit sol- chen Anschwellungen endigten, und zwar, wenn es der Stumpf eines Bündels war, so auf beiden Enden. Es war also klar, dass es ausge- flossenes Myelin ist, welches die Anschwellungen bildet. Würde man an vereinzelten Nerven solche Anschwellungen treffen, so wäre man wohl in Verlegenheit, die Wahrheit zu errathen. Das Corium ist sehr reich an Endorganen der Nerven. Die meisten von ihnen liegen in der Schicht, die etwa 0,1 mm unter dem Epithel beginnt und 0,3 mm unter demselben endigt; die Schicht beträgt also etwa 0,2 mm. Bisweilen ragen diese Endorgane bis in den Fuß der Papillen, sie liegen sogar in demselben. Diese Endorgane möchte ich als Endkolben ansprechen. Sie besitzen eine aus zwei bis drei Blättern bestehende, glänzende, mit länglichen Kernen versehene Kapsel, in welcher sich als Innenkolben eine feinkörnige Masse präsentirt, die meist hell-rosa, selten violett sich an Goldpräparaten färbt. Der eintretende Nerv verläuft in der Mitte des Innenkolbens, als dunkler, manchmal ab- geplatteter verschieden breiter Streifen, der zugespitzt oder auch oft mit einer kolbigen nicht ganz regelmäßig konturirten Anschwellung endet. Die Form und die Größe der Kolben ist sehr verschieden und ich möchte in dieser Beziehung dreierlei Arten unterscheiden. Die kleinsten Kolben, die etwa 0,028 mm lang, 0,019 mm dick sind, haben eiförmige Gestalt, sie verbinden sich mit dem Nerven an ihrem mehr abgerundeten Ende und der Übertritt desselben ins Körperchen ist scharf markirt (Fig. 1). Diese Kolben liegen oft gruppenweise und hängen zu vier bis fünf an einem Nervenbündel. Die größten Kolben sind stark in die Länge ausgezogen, schmal, mit zugespitztem oder leicht angeschwollenem, peripherem Ende, mit allmählichem ganz unmerklichen Übergang der Kapsel in die Nerven- scheide. Der eintretende Nerv nimmt allmäblich an Dicke zu. Sie messen etwa 0,175 mm in der Länge, 0,030 mm in der Dicke. Ähn- liche Kolben hat W. Krause ! in der Palpebra tertia vom Schwein und in der Glitoris von demselben Thier gefunden. Eben so beschreiben Kry ‚und Rerzıus 2 in der Conjunctiva des Kalbes solche Kolben. Fig. 3 stellt solche Kolben dar. Zwischen diesen zwei Formen stehen die Kolben, wohl die häufig- sten, die eine sehr schöne Birnform mit ziemlich langem Stiel haben (Fig. 2). Es ist interessant, dass diese Kolben sehr oft nicht in der Fort- 1 W. Krause, Die terminalen Körperchen. Hannover 1860 und Anatomische Untersuchungen. 1861. 2 Key und Rerzıus, Studien in der Anatomie des Nervensystems, 4875. 664 Ivan B. Cybulsky, setzung des Nerven liegen, sondern der äußere Theil des eintretenden Nerven liegt dem Kolben fest an, läuft zum Stiel herunter, macht eine starke Biegung und tritt in den Kolben ein, wo er parallel seinem äußeren Theil verläuft. Bei dem Eintritt verjüngt sich der Nerv bis zu einer kaum bemerkbaren Faser ; von solcher Feinheit bleibt er auch im Stiel des Kolbens, in dem breiteren Theil desselben wird er dicker, um, an der Spitze angelangt, mit einer starken Anschwellung zu enden. Diese eigenthümliche Lagerung des Kolbens zum eintretenden Nerv kann da- dureh erklärt werden, dass der Nerv oft einem Bündel entstammt, das hoch unter dem Epithelzapfen, oder gar in der Papille liegt; er steigt also in die Tiefe herunter, um hier in den Kolben einzutreten, und da dieser letztere seinen empfindenden Theil, die Endigung des Nerven, der Ober- fläche hin wendet, so resultirt dadurch die oben beschriebene Lagerung. Von W. Krause ! wurden ähnliche Kolben aus der Hand des Maulwurfs abgebildet. Für die kleinsten Kolben, so wie — wahrscheinlich — für andere, ist charakteristisch, dass sie sich sehr nahe den Nervenbündeln anlegen, ja dass sie sogar in den Scheiden dieser eingeschlossen sind. Wenn wir noch berücksichtigen, dass diese Kolben oft in größerer Zahl beisammen liegen, so wird uns das Vorkommen der zusammen- gesetzten Kolben begreiflich. Einen solchen stellt die Fig. 4 dar. Ich bin eigentlich in Verlegenheit, zu welcher Art der Nervenendigungen, ob zu den Pacınr’schen Körperchen oder zu den Kolben, diese zusam- mengesetzten Körperchen gerechnet werden sollen. Einem zusammen- gesetzten Pıcını'schen Köperchen, wie ein solches von Key und Rerzıus (l. e.) abgebildet ist, sieht das in Fig. # abgebildete nicht ähnlich. Es hat erstens keine gemeinsame Hülle, wie das beim Körperchen von Key und Rerzıus der Fall ist, sondern die Oberfläche des Körperchens ist un- gleichmäßig gewölbt, wobei jedem einzelnen der Kolben eine eigene Wölbung an der Oberfläche entspricht. Das ganze Körperchen ist aus vier Kolben zusammengesetzt. Die Kapseln der einzelnen Kolben, die für ein Pacınt'sches Körperchen zu dünn sind, für einen Kolben zu dick, zeigen nur nach außen eine deutliche Lamellirung und begrenzen scharf den Kolben; nach innen zu gehen sie in einander über und sind über- haupt sehr wenig ausgesprochen. Die Kolben a und b zeigen schon nahe dem gemeinsamen Eintritt des Nerven ihre Nerven mit den Innenkolben umgeben; an den Kolben c und d, die kleiner sind, lässt sich der Innen- kolben .erst nahe der Spitze des gesammten Körperchens nachweisen; in ihrem ganzen früheren Verlauf liegen die Nerven dieser Kolben bloß ! Archiv für mikr, Anatomie. Bd. XIX. a un urn. A Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 665 " zwischen den Lamellen der Kapsel. Die Nerven endigen mit großen ei- | förmigen oder kolbigen, stark gefärbten, granulirten Anschwellungen. ' An diesen unterscheidet man nichts weiter, als eine oder mehrere stark glänzende ovale oderrundliche Stellen. Von dieser Endanschwellung geht im Kolben a noch ein kurzer Fortsatz nach oben. Die Nerven sind un- gleichmäßig dick und der im Kolben a erreicht die Dicke von 0,04 mm. ‚ Im Innern des Kolbens sieht man undeutliche Konturen, als ob dort die ) Kerne eingelagert wären. In den Kapseln liegen oblonge Kerne, außer- ı dem zwei große Pigmentzellen im Innern des Körperchens. Die Länge des Körperchens beträgt 0,336 mm, die Dicke 0,134 mm. Was die Vertheilung der Kolben in der Schnauze und der Ober- ‚ lippe betrifft, so scheint mir, dass sie in der ersteren viel zahlreicher ‘ sind. Sie sind aber durchaus nicht gleichmäßig vertheilt, sondern kommen meistens gruppenweise vor, und man bekommt oft Schnitte, ? wo man nach ihnen vergeblich sucht. Mir scheint auch, dass die den Furchen entsprechenden Stellen nur wenige Kolben haben. Was ich "besonders betonen muss, ist das reiche Vorkommen der Kolben an den Ausführungsgängen der Drüsen. Hier trifft man sie gruppenweise und - vereinzelt, mehr oder weniger dicht dem Epithel des Ganges sich nähernd. Wollen wir zu den Nerven der Papillen übergehen. Die Zahl der in ‚ eine mächtige Papille eintretenden Nerven beträgt bis zehn. Sie ver- - einigen sich selten zu Bündeln, meistens tritt jeder von ihnen für sich ‚ in die Papille ein. In diese eingetreten, halten sie sich gern nahe der Oberfläche derselben, und vertheilen sich hier ziemlich gleichmäßig. Die ‚ in Bündeln eintretenden Nerven nehmen oft die Richtung der Achse der ‚ Papille an. Die Nerven sind gewöhnlich markhaltig in dem Fuß der | Papille.. Nur habe ich an ihnen die früher erwähnten Ungleichheiten in ‚ der Dicke deutlicher ausgesprochen gesehen. Die Nerven der Papillen ‚ verhalten sich sehr verschieden. Einige von ihnen gehen als mark- ‚ haltige Fasern bald ins Epithel über, wie das die Fig. 7 darstellt, andere I setzen ihren Weg bis zu den Papillenspitzen fort, ohne ihr Mark zu ver- ‚ lieren, um dort ins Epithel einzutreten. Die markhaltigen Nerven theilen ‚ sich bisweilen dichotomisch, wobei die Theilungsstelle kein Mark besitzt; ‚ die Zweige aber sind markhaltig. Die meisten Nerven verlieren früher oder später ihr Mark. Einige von diesen biegen dann bald ins Epithel ein, andere aber lassen sich noch lange Zeit nahe dem Rande der Papille als blassrothe Fasern ver- ‚ folgen, die zugleich mit ihrem Übertritt ins Epithel auf einmal ihre Farbe | ins Schwarze verändern. Oft löst sich ein markhaltiger. Nerv in ein | Büschel von drei bis fünf marklosen Fasern auf, die divergirend nach Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. [9A 666 Ivan B, Cybulsky, oben laufen und ins Epithel übergehen. Etwas Ähnliches sieht man in der Fig. 6. Besonders eigenthümlich verhält sich die Markscheide an den Nerven. Sie verlieren oft ihre Markscheide auf einer Strecke ganz, bis- weilen aber nur theilweise, so dass Fetzen von derselben noch stellen- weise an den Nerven hängen bleiben. Manchmal verfolgt man einen Nerv vom Fuß der Papille bis hoch hinauf, als eine sehr feine, sicher | marklose Faser und dann plötzlich schwillt diese Faser zu einer be- trächtlichen Dicke an. Einige Male habe ich eine verschiedene Zahl von dicken Strängen in den Spitzen der Papillen angetroffen, deren Natur für mich nicht klar war: es könnten das eben so gut Blutgefäße, wie auch Nerven sein. Nach unten aber gingen einige von diesen Strängen ganz unzweifelhaft in dünne Nervenfasern über, und das war eni- scheidend für ihre nervöse Natur. Diese Eigenthümlichkeiten der Mark- scheide, und die Neigung der Blutgefäße sich stark mit Gold zu färben, macht die Unterscheidung dieser Gebilde so lange sehr schwierig, oft auch ganz unmöglich, bis das Cyankalium in Anwendung gebracht wird. Zu diesem aber wird man auch nur ungern seine Zuflucht nehmen, weil, bevor man eine gehörige Entfärbung bekommt, das Epithel aufgelöst wird, und das Präparat also verdorben ist. ‘Diese in dem oberen Theil der Papille so stark an Dicke zunehmenden Fasern spitzen sich dann in der Spitze der Papille zu und lassen aus sich eine wechselnde Zahl von Fasern entstehen, die manchmal ziemlich dick, manchmal aber sehr fein und varicös sind und gleich ins Epithel übertreten. Eine besonders in- teressante Eigenthümlichkeit der Papillennerven besteht aber in echten Nervenkernen. Es sind das länglich ovale, etwa 0,0462 mm lange, 0,0054 mm dicke Kerne mit 0,0025 mm starken Kernkörperchen. Fig. 6, 15 und 16 stellen sie dar. Bei der Untersuchung mit stärkeren Vergrößerungen sieht man, dass es durchaus unmöglich ist, den Nerven und Kern von einander zu theilen und die Grenze des Kernes genau zu bestimmen, da der Nerv ganz allmählich an Dieke zunehmend in den Kern übergeht, wie das in Fig. 16 k zu sehen ist. Diese Kerne haben nur marklose Fasern ; aber auch dicke markhaltige Nerven sind stellen- B* weise auf kurze Strecken so verdickt, als ob sie unter der Markscheide die Kerne enthalten würden. Außer diesen Kernen mit Kernkörperchen “ sind auch oft bloß ziemlich dicke Anschwellungen des marklosen Nerven zu finden, ohne dass darin ein Kernkörperchen zu entdecken wäre. Diese Anschwellungen wiederholen sich am Nerven ziemlich oft, wie das Fig. 16 zeigt; von echten Kernen aber habe ich, wie es scheint, nicht zwei in demselben Nerven gesehen. Ich erwähnte oben, dass die mark- haltigen Nerven ins Epithel übergehen. Ich bin mir bewusst, damit eine ° Beobachtung mitzutheilen, der nicht Viele Glauben zu schenken geneigt Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 667 sein werden. Aus der ganzen mir bekannten Litteratur war es MorAano1, der in einem Falle den Übergang eines markhaltigen Nerven ins Epithel beobachtete. Ich habe mich aber zu dieser Behauptung aus folgenden Gründen genöthigt gefunden. Es sind das erstens die Unterschiede zwischen diesen Nerven und allen übrigen Epithelnerven. Während nun diese letzteren sehr fein und varicös sind, zeichnen sich jene durch eine ungewöhnliche Dicke und vollkommene Abwesenheit jeder Spur von Varicositäten aus. Ich verweise auf die Fig. 7, wo diese Unterschiede Jedem ohne Weiteres einleuchten. Nur dann und wann bemerkt man, dass der Nerv auf eine kürzere oder längere Strecke bedeutend dünner wird, eine Erscheinung, die auch bei den Papillennerven sich oft wiederholt und auf den Verlust der Markscheide zu beziehen ist. Zweitens konnte ich diese Nerven bis tief ins Corium zu den Nervenbündeln verfolgen und konnte entschieden keine Unterschiede zwischen diesen Epithelnerven und den Nerven des Coriums nachweisen. Es scheint mir auch der Um- stand, dass einige Nerven, die sehr dick sind, eine ungeheure Zahl von Zweigen abgeben, dafür zu sprechen. Es wäre wohl gut, wenn ich auch an Osmiumpräparaten diesen Übergang nachgewiesen hätte. Wenn ich aber sage, dass ich auf vielen tausenden Goldpräparaten, die ich unter- sucht habe, den Übergang markhaltiger Nerven.ins Epithel nur einige Mal gesehen habe, obgleich ich oft sehr dicke und sich stark ver- zweigende Nerven im Epithel angetrofien habe, so wird man wohl zu- geben, dass die Bestätigung nicht so leicht beizubringen ist. Nach alle Dem glaube ich mit ziemlicher Sicherheit den Übergang der markhaltigen Nerven ins Epithel behaupten zu können. Die Nerven verlaufen nach ihrem Übergang ins Epithel vertikal zur Oberfläche, oder besser gesagt in derselben Richtung, wie die Papillen. Man sieht sie nur dann in ihrem ganzen Verlaufe, wenn der Schnitt senkrecht zur Oberfläche geführt und zugleich auch die Papillen ganz getroffen wurden. An den Schiefschnitten entsprechen die alternirenden Reihen der in verschiedenen Höhen getroffenen Papillen auch gleichen Stücken von Nerven. Daraus resultirt eine praktische Regel: wenn man einen unzweifelhaften Übergang eines Nerven ins Epithel finden "will, muss man einen solchen an vertikalen Schnitten suchen. Die Pa- pillen und die Nerven, die nahe den Furchen liegen, verhalten sich anders, als diejenigen, welche der Mitte eines Oberflächenfeldes ent- sprechen. Die Papillen und mit ihnen die Nerven biegen sich, je nach der Tiefe der nebenliegenden Furche, mehr oder weniger um, und richten. sich gegen die freie Oberfläche, von der Furche weg. Daher 1 Graere's Archiv für Ophthalm. 4874. Bd. II. 4% 668 Ivan B. Cybulsky, kommt es, dass sie nicht senkrecht zur Oberfläche verlaufen, sondern der Wand der Furche parallel; zur freien Oberfläche kommen sie daher schief zu stehen. Die meisten Nerven treten aus den Papillen aus. Es lässt sich dar- aus wohl nicht schließen, dass die Papillen zum Austritt aus irgend welchem Grund vorgezogen werden, sondern dies geschieht, weil sie. eine viel größere Oberfläche, als die Interpapillartheile des Coriums haben. Nach dem Austritt aus der Papille laufen sie oft sehr nahe an derselben und erst in etwas höheren Schichten entfernen sie sich von ihr. Dadurch wird der obere Theil der Papille viel dichter von den Nerven besetzt, obgleich sich viele von hier erst entfernen, nachdem sie schon lange zuvor aus der Papille ausgetreten sind. — Die Spitze der Papille verhält sich zum Austritt an verschiedenen Stellen ganz ungleich. Während an der Lippe die Nerven in solcher Masse von den Papillen- spitzen zur Oberfläche streben, dass ein Vergleich der Papille an einer solchen Stelle mit einem Pinsel nicht unpassend erscheint, tritt die Zahl der von der Spitze abgehenden Nerven an der Schnauze sehr zurück und an manchen Stellen ist die Spitze sogar von den Nerven ganz frei, und nur durch eine Säule von Zellen überlagert. Beim Austritt zwischen den Papillen verläuft der Nerv bisweilen ganz geradlinig, oft setzt er sich auch so fort, um erst in den höheren Schichten einen zickzackförmigen Verlauf zu nehmen, gewöhnlich aber bildet sein Weg eine mehr oder weniger regelmäßige Ziekzacklinie, bis er etwa in die Höhe der Papillenspitzen gelangt. Hier wird sein Verlauf oft un- regelmäßig; er macht stärkere seitliche Bogen und wird unregelmäßig gebrochen. An den Flächenschnitten aus dieser Höhe sieht man oft Stücke vom Nerven; in denjenigen Schnitten, die von tieferen Schichten genommen sind, bekommt man von denselben nur Querschnitte. Oft verlaufen die Nerven ziemlich gleichmäßig über die Schnitt- ‚fläche vertheilt, ein anderes Mal sind sie zu Bündeln zusammengedrängt. Die Bündel bestehen aus A—6 Nerven und sind durch 2—3 Epithel- | zellen von einander entfernt. Fig. 6 stellt ein solches Bündel dar. In Bezug auf Verzweigungen der Nerven sind die verschiedensten Varia- tionen gegeben. Eine eigenthümliche Art der Verzweigung will ich gleich erwähnen. Zwischen den Papillen tritt ein sehr feiner Nerv ins Epithel und verläuft bis zur Mitte des Rete ungetheilt, dann theilt er sich dicho- tomisch, die Äste entfernen sich von einander auf die Breite einer Zelle, die sich zwischen dieselben legt, und laufen weiter in der Rich- tung des Stammes, bald theilen sie sich in derselben Art. Durch einen solchen Vorgang bekommt man von einer Faser, die man tief in den “ Interpapillarzapfen angetroffen hat, eine ganze Menge derselben nahe‘ = A 23 3 Re Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 669 der Hornschicht. Es ist interessant, dass es durchaus nicht nothwendig ist, dass die Äste dünner sind, als der Stamm, meistens verhält es sich sogar umgekehrt. Die feinen Nerven des Epithels verzweigen sich im Ganzen wenig, und es ist das die obere Hälfte des Rete, wo, wenn der Nerv überhaupt sich verzweigt, diese Verzweigung zu Stande kommt. Die Äste laufen am häufigsten schief vom Stamm ab zur Oberfläche hin, oft aber gehen sie in horizontaler Richtung sogar nach rückwärts, um dann bald nach der Oberfläche sich hin zu wenden, oder zwischen den Zellen aus dem Gesichte zu verschwinden. Den Verlauf der Äste, wie auch der Stämme, dominirt die Regel, dass sie den kürzesten Weg zur freien Oberfläche anstreben. Dass die Äste von verschiedenen Nerven sich mit einander verbinden, habe ich sehr selten gesehen, von einem Nervennetz kann für die meisten Stellen nicht die Rede sein. Es existirt aber noch eine Art der Verzweigung, die ich wegen der großen Zahl der dabei entstehenden Äste, und wegen der Dicke des Stammes, den markhaltigen Nerven zuschreiben möchte, die aber be- stimmt auch an solchen Nerven vorkommt, die tief im Epithelzapfen ziemlich dünn sind, und die erst hinaufsteigend sich stark verdicken und dann die Zweige abgeben. Man sieht einen mächtigen Stamm, der an verschiedenen Stellen manchmal Lichtungen zeigt, was auf Zusammen- seizung aus einzelnen Fasern hindeutet und aus welchem sich eine un- geheure Zahl von Ästen abzweigt. Beinahe jeder Zwischenraum zwi- schen zwei Zellen, die dem Stamm anliegen, bekommt einige Äste, die nach verschiedenen Seiten verlaufen. Meistens gehen sie zwischen den Zellen horizontal, theilen sich, oft aber endigen sie ungetheilt; manche lösen sich oft kurz vor dem Ende in ein Büschel von Zweigchen auf, von denen jede mit einer Anschwellung endigt ; solche Anschwellungen sieht man oft im Verlaufe der Äste auch. Der Charakter der Epithelnerven ist in verschiedenen Höhen so verschieden und es kann das in physiologischer Hinsicht von solcher Be- deutung sein, dass das Unterlassen der näheren Beschreibung wohl un- verzeihlich wäre. Wir wollen einen Nerv nehmen, welchen wir vom Übertritt ins Epithel zwischen den Papillen bis zu seinem Ende in der Hornschicht verfolgen können. Sein tiefstliegender Theil, etwa ein Viertel, präsentirt sich als sehr feine außerordentlich zierliche Faser. Kaum messbar zeigt sie in ganz regelmäßigen Abständen gleich dicke Varicositäten, die genau in den Verlauf der Faser eingeschaltet sind und kaum die Dicke derselben überschreiten; sie erscheinen vielmehr als dunkler gefärbte Stellen einer an sich ziemlich gleich dicken Faser. Die Faser ist oft von lichtrosa Farbe, wie die marklosen Nerven der Pa- 670 Ivan B, Oybulsky, pillen, oder sie ist dunkel. Das zweite Viertel ist etwas intensiver ge- et färbt und um ein weniges dicker. In dem dritten Viertel wird der Nerv merklich dicker und dabei in der Dicke ungleichmäßig; die Varicosi- - täten, die man mit diesen Namen kaum zu belegen wagt, sind ungleich dick, ungleich weit von einander entfernt, und sitzen sogar dem Nerven oft seitlich auf. Die Färbung ist stark schwarz. In dem letzten Viertel, in der Höhe oberhalb der Papillen, wird der Nerv manchmal dicker, manchmal dünner, stellenweise auf kurze Strecken anscheinend unter- brochen; er zeigt keine eigentliche Varicositäten, sondern wird in kür- zeren oder längeren Abständen von einer oder beiden Seiten mit Punk- ten und kleinen Tropfen von verschiedener Größe und Gestalt besetzt. d Diese Punkte und Tröpfchen markiren eigentlich den Verlauf des Nerven, und diesen letzten vermisst man ganz dann und wann zwischen zwei Tröpfchen. Manchmal sind die Ränder des Nerven nur gerieft, manch- mal kommt es bloß zur starken Verdickung des Nerven gegenüber dem F Theile, der tiefer liegt. Bei vielen Nerven kommt noch dazu ein End- : stück, das in der Hornschicht liegt und oft bis zur Oberfläche reicht. Im . Ganzen zeigt nun das letztgenannte Stück einen höheren Grad von alle h Dem, was wir vorhin gesehen haben. Die Tropfen werden größer, fließen zusammen, oder sie verfeinern sich bis zu Staub; der Nerv hängt nur in Fetzen an einem oder dem anderen Tropfen. Jedem, der ° diesen letzten Theil des Nerven gesehen hat, kommt leicht der Ge- 7 danke, dass hier der Nerv im Zerfallen, in Degeneration begriffen ist. Diese Vermuthung wurde schon von Ranvier! ausgesprochen. Verfolgt man aber den ganzen Verlauf des Nerven, wie wir es früher geihan haben, so kann man an einem Objekt alle Übergangsstadien vom nor- malen Zustande bis zum vollständigen Zerfall beobachten. Man sieht dabei das allmähliche Entstehen dieses Degenerationszustandes, eine mehr und mehr steigende Beeinträchtigung der Ernährung des Nerven; 7 dabei fällt es zugleich auf, dass sich die Vorgänge an den Epithelzellen in ziemlich ähnlicher Weise gestalten. 4 Für die Hornhautnerven wurde dieses Dickerwerden zur Peripherie 3 hin mit Bildung von knotigen Anschwellungen schon von Kırın und von Anderen hervorgehoben. Hoyer hat dagegen angeführt, dass das eine durch schlechte Färbung bedingte Erscheinung sei. Es mag dieser Ein- wand für die Cornea, die im Ganzen gefärbt wird, einer gewissen Be- gründung nicht entbehren, für meine Behandlung fällt er weg, da ich a die Schnitte für sich färbte. In vielen tausenden Schnitten, die ich untersuchte, fand ich, dass die Nerven sich in oben beschriebener Weise % { Quart. journ. micr. science. Oktober 1880. p. 456. Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 67i verhalten. Ich kann aber nicht verhehlen, dass in vereinzelten Fällen dieser Charakter der Nerven nicht gut ausgesprochen ist. Manchmal liegen sogar zwischen auf diese Weise sich verändernden Nerven, solche, die vom Eintritt ins Epithel bis zur Endigung gleich aussehen. Wir haben noch von der Vertheilung der Nerven zu sprechen. Erstens hebe ich hervor, dass die Stellen des Epithels, die den Furchen der Oberfläche entsprechen, ganz der Nerven entbehren. Im Raume zwischen den drei Papillen, die der Furche entsprechen, kann man kaum einen Nerv sehen. Nur habe ich zweimal gesehen, dass der Papille, die der tiefsten Stelle der Furche gegenüber steht, eine Hervorragung der Epithelfläche entspricht, die eiwa so hoch ist wie die Furche ; in diesen Fällen traten die Nerven aus den Spitzen dieser Papillen massenhaft her- vor. In den Zwischenräumen zwischen den Papillen, die seitwärts von den Furchen liegen, trifft man eine größere Menge von Nerven, die höher, als an anderen Stellen hinaufreichen. Zweitens ist die Lippe viel reicher an Epithelnerven als die Schnauze. Indem sie in der letz- teren mehr gleichmäßig über die Zwischenräume zwischen den Papillen vertheilt sind, und die Spitzen der letzteren den sie überlagernden Zel- lensäulen überlassen, treten die Nerven an der Lippe besonders massen- haft von den Papillenspitzen ab. Den Spitzen der Papillen entsprechend, ragt die Fläche des Epithels hervor, — wie ich das früher erwähnt habe, — zu dieser Hervorragung streben die Nerven in solcher Masse, dass die Fig. 9, die eine solche Stelle darstellt, nur ein dürftiges Bild von der Menge derselben giebt. Fig. 5 soll den Reichthum an Nerven in der Schnauze demonstriren ; es soll aber zu derselben bemerkt werden, dass einerseits nicht alle Nerven gezeichnet werden konnten, andererseits die Stelle nicht zu den nervenreichsten gehört. Die meisten Nerven ent- hält der hintere Theil der Lippe und zwar die warzenförmigen Hervor- ragungen!. Hier sind die Nerven so massenhaft, dass ich ohne Über- treibung sagen kann, dass der Breite einer Epithelzelle etwa zehn Nerven entsprechen. Man sieht eigentlich keine Zellen an diesen Stellen, son- dern Alles ist von dicht an einander liegenden parallelen Linien der Ner- ven verdeckt. Zwischen den warzenförmigen Hervorragungen verzweigen sich die Nerven in den oberen Schichten des Rete, sie geben hier eine große Masse parallel der Oberfläche verlaufender Zweige ab, welche wieder so lang und so verzweigt sind, dass sich ein Gewirre bildet, das möglicherweise ein Netz ist. In der hinteren Fläche der Lippe verlaufen die Nerven in zweierlei 1 Diesen entsprechen zusammengesetzte Papillen, oder vielmehr Hervorragun- gen des Coriums, die mit kleinen Papillen besetzt sind. Das Epithel ist hier viel dünner als anders wo. 672 „Iran B. Cybulsky, Weise; die, welche den zusammengesetzten Papillen entsprechen, ver- laufen senkrecht zur Oberfläche; die Nerven, die den Thälern ent- sprechen, verbreiten sich conform der Fläche. Dem entsprechend prä- sentiren sich die Nerven an Flächenschnitten als kurze Stümpfe oder - Punkte, oder sie bilden sehr verästelte Gebilde. Die meisten Epithel- nerven endigen in den tiefsten Schichten der Hornschicht. Gering ist die Zahl derjenigen Nerven, welche die Mitte der Hornschicht erreichen ; ich habe aber auch solche gesehen, die als ganz kontinuirliche Fasern ; dieselbe überschritten haben, und an der vierten Zellreihe von oben endigten. Es waren das jedes Mal mächtige, viele Seitenäste abgebende Nerven. Es scheint, dass im Ganzen die Nerven an der Lippe, nament- lich an ihrer hinteren Fläche höher reichen, als an der Schnauze. Ob nun die Nerven frei oder mit Anschwellungen enden, ist, mit ° Rücksicht auf die früher beschriebene Beschaffenheit derselben in oberen Schichten, nur selten zu entscheiden. Ich habe aber wiederholt ganz unzweifelhafte, ziemlich große Anschwellungen, als Endigungen der Nerven und ihrer Zweige, beobachtet. Die Fig. 8 stellt den Übergang eines Nerven ins Epithel, seine vielfachen Verzweigungen und Endipun.an mit Anschwellungen dar. An gelungenen Goldpräparaten, auch an solchen, die keine Nerven im Epithel zeigen, bemerkt man eine große Zahl im Epithel liegender, eigenthümlicher, stark schwarz gefärbter, stark verästelter, in Veräste- lung beinahe ganz sich verlierender Körper. Der erste Gedanke, der beim Anblicke dieser Gebilde sich aufdrängt, ist, es dürften das LAnGer- HAns’sche Körperchen sein. Bei näherer Betrachtung sieht man aber, dass es nicht ohne Weiteres geht, ihnen diese Benennung beizulegen. Erinnern wir uns zuerst, wie LANGERHANS Seine Körperchen beschrieben hat. »Unsere Körper,« sagt er, »besitzen einen rundlichen mehr oder weniger oblongen Leib, in dem die dunkle Goldfärbung nur selten einen Kern wahrzunehmen gestattet. Von diesem Leibe aus entsenden sie eine wechselnde Zahl zierlicher Ausläufer, von denen einer nach abwärts ge- richtet ist, während alle anderen dem Stratum corneum zugewendet sind, und entweder sofort oder nachdem sie eine Strecke der Hautober- fläche parallel gelaufen sind, fast senkrecht in die Höhe streben. Sie enden mit einer leichten aber deutlichen Anschwellung unmittelbar unter der Grenze zwischen Rete und Hornschicht« (l. c.). Suchen wir nun nach den Ähnlichkeiten dieser Beschreibung mit unseren Gebilden, so. stoßen wir sogleich auf die erste Schwierigkeit, nämlich, wir werden nicht im Stande sein bei vielen von ihnen einen Körper zu finden. Zwar ist. bei ihnen ein dickerer Theil vorhanden, doch ist der Übergang in die Fortsätze so allmählich, dass man in Verlegenheit gerathen würde, eine Re a a Fe ee a a a ER > En te ee tr era Ze rd Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 673 Grenze zwischen dem Leib und dem Fortsatz zu ziehen. Lassen wir das bei Seite und nehmen wir an, diese Körper hätten einen Leib, und versuchen wir die Form dieses Leibes zu beschreiben, so wird das noch schwieriger. Eine oblonge oder runde Form ist nur sehr selten anzu- treffen. Die Mannigfaltigkeit der Form, die die Körperchen annehmen, ist kaum zu beschreiben. Einmal ist der Körper lang ausgezogen, stab- förmig, ein anderes Mal bildet er einen Bogen, oder er ist unter einem be- liebigen Winkel gebrochen, oft auch wiederholt gebrochen; bald ist er an einer Stelle blasig aufgetrieben, bald gewahrt man zwei dickere Stellen durch eine dünnere verbunden. Das eine Mal ist der Körper einem Stern gleich, ein anderes Mal bildet er ein Hufeisen. — Wollen wir nun zu den Fortsätzen übergehen und deren Zahl bestimmen, so ist das wieder schwierig; bisweilen sind von diesen nur zwei vorhanden; sie schließen sich dann an die Enden eines stabförmigen Körpers an; aber auch sechs bis acht und darüber können vorkommen. Die Fortsätze sind keines- wegs zierlich, wie das bei Langeruans’schen Körperchen der Fall ist, — sie sind dick, scharf konturirt, oft reichlich verästelt. Versuchen wir die Richtung der Fortsätze zu bestimmen, so (reten uns noch größere Schwierigkeiten in den Weg. Von einer allgemeinen Regel für die Rich- tung der Fortsätze kann keine Rede sein. Es kann nicht einmal von einer häufigen Richtung gesprochen werden. Sie richten sich nach ver- schiedenen Seiten; oft z. B. verbindet ein stabförmiges Körperchen durch seine Fortsätze zwei neben einander liegende Papillen. Diese Eigenthümlichkeiten der Körperchen veranlassten mich an Osmium- und Alkoholpräparaten nach ihnen zu suchen. Das Suchen an pigmentirten Schnauzen, sogar an denjenigen später zu erwähnenden Stellen, die diese Körperchen massenweise enthalten, hat zu keinem Resultate geführt — die Körperchen waren nicht zu finden. Doch der Befund an pigmentirten Schnauzen war sehr interessant. Hier habe ich oft gefunden, dass die Konturen der Papillen durch in ganz regelmäßigen Abständen im Epithel liegende, pigmentirte, einen runden Körper be- sitzende, der Papille fest anliegende Zellen begrenzt sind. Von diesen Zellen gehen nach oben und unten Fortsätze aus; die letzteren senken ‚sich in die Papillen hinein, die oberen lassen sich bis zu der zunächst nach oben liegenden Zelle verfolgen, mit der sie manchmal sich verbin- den. Die Körper der Zellen und Fortsätze sind ziemlich schwach pig- mentirt. Die regelmäßige Anhäufung des Pigmentes in den Fortsätzen bildet, wie es scheint, den Grund ihres varicösen Aussehens. Ähnliche Zellen liegen in geringer Anzahl tief in den Interpapillarzapfen des Epi- thels; nur sind diese etwas größer, haben auch eine größere Zahl feiner und zierlicher Ausläufer, die sich stark verzweigen. Die nach unten 674 Ivan B. Gybulsky, sich richtenden Fortsätze senken sich, der Wurzel eines Baumes ähn- lich, ins Corium, wo sie noch eine Strecke weit nachzuweisen sind. Diesen sehr ähnliche Zellen hat Rısserr (l. c.) im Schweinsrüssel ge- 4 funden und in ausgezeichneter Weise abgebildet. Nachdem ich die E Pigmentzellen an Alkohol- und Osmiumpräparaten kennen gelernt habe, habe ich sie wiederholt an Goldpräparaten, wo sie auch schwarz gefärbt sind, erkannt, nämlich nach ihrer Form, Zierlichkeit und starken Ver- ästelung ihrer Fortsätze. Die beschriebenen Körperchen unterscheiden sich also von Pigmentzellen nicht nur durch Mangel an Pigment, son- dern auch durch ihre Form. ' Zur näheren Untersuchung der Struktur der Körperchen habe ich, da sie sich mit Gold stark färben, zum Gyankalium greifen müssen. Mit Hilfe dieses Mittels habe ich erkannt, dass sie einen ovalen, bläschen- förmigen Kern besitzen, einige sogar deren zwei; ob nicht die Zahl der Kerne eine noch größere war, wie es mir manchmal scheinen wollte, wage ich nicht zu behaupten. Bei längerer Einwirkung des Gyans ver- halten sich die Körperchen auf folgende Weise. Wie schon gesagt wurde, löst sich das Epithel in Gyankalium und die Körperchen werden auf diese Weise frei ; öfter aber werden sie vom Cyankalium in der Art ver- ändert, dass sie ihre Fortsätze allmählich verlieren. Oft geschieht dies so, dass die peripheren Fortsätze früher abreißen, als der centrale und, wenn dieser mit der Papille in Verbindung steht, so flottirt er in der Strömung der Flüssigkeit mit dem auf seinem peripheren Ende auf sitzenden Kern. Die Fortsätze reißen nämlich so ab, dass von dem Proto- plasma -am Kern nichts bleibt und der Kern mit seinen Konturen frei da liegt. — Die Körperchen haben gewöhnlich nicht lange Fortsätze, und desshalb, wenn sie nicht nahe an der Papille liegen, verbinden sich ihre Fortsätze nicht mit derselben ; aber auch Anastomosen unter sich sieht man ziemlich selten. Die Größe der Körperchen anzugeben ist nicht leicht, weil sie eben zu variabel ist. Um aber einen annähernden Begriff davon zu geben, theile ich mit, dass ein ziemlich großes stab- förmiges Körperchen etwa 0,034 mm lang und 0,004 mm dick ist. Die Pigmentzellen dürften etwa 0,008 mm, bei, rundlichem Leib, groß sein. Indem diese Körperchen weder in ihrer Form, noch in Richtung ihrer Fortsätze, noch in anderen Eigenschaften, die später zur Be- sprechung kommen, mit den Laneernans’schen Körperchen überein- stimmen, werde ich im Nachfolgenden, um Missverständnisse zu ver- meiden, sie bloß Körperchen nennen. Über die Lage der Körperchen ist Folgendes zu berichten. Mit Aus- . nahme später zu besprechender Stellen, liegen sie am dichtesten im i unteren Drittel der Interpapillarzapfen, weniger dicht im mittleren, am Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 675 ' wenigsten im obersten Drittel. Oft liegen sie aber noch höher als den | Papillenspitzen entspricht. Sie halten sich besonders gern unweit vom ' Bindegewebe, sei es Gorium oder Papillen. Sie umkleiden die Papillen, “diesen dicht anliegend, und hier mit einander Anastomosen eingehend. Unter günstigen Bedingungen, wenn nämlich der Schnitt zwischen der Papille und diesen Körperchen gefallen ist, was mir ziemlich oft vorge- kommen ist, sieht man das gut. Fig. 11 % stellt eine solche Stelle dar. Sonst aber sind die Körperchen nicht ganz regelmäßig vertheilt; es kommen Schnitte vor, wo man deren sehr wenig trifft, und umgekehrt trifft man auch solche Schnitte, wo sie sehr zahlreich sind. Aber außer- dem habe ich Partien gesehen, wie an der hinteren Fläche der Lippe, wo sie an einer Stelle, die etwa 0,1 mm Durchmesser hat und nahe der Papille liegt, so angehäuft sind, dass man nicht im Stande ist, sie von einander zu unterscheiden. Sie haben an diesen Stellen eine stark ge- brochene oder sternförmige Gestalt und sind vielfach verästelt. Die hervorstechendste Eigenschaft dieser Körperchen ist es aber, dass sie in einer ungeheuren Anzahl die Ausführungsgänge der Drüsen umgeben. Wenn man einen Flächenschnitt aus etwas tieferen Schich- ten des Epithels nimmt, und einen Ausführungsgang zu Gesicht be- kommt, was nur ıgeschehen kann, wenn der Schnitt von der Schnauze und nicht von der Lippe genommen wurde, so sieht man, wie früher beschrieben, dass der Ausführungsgang von einem mehr oder weniger vollständigen Ring von Papillenquerschnitten umgeben ist. Von diesen Papillen, und zwar nur von der Seite derselben, die dem Ausführungs- gange der Drüse zugewendet ist, geht eine ungeheure Menge von Körper- chen ab; sie streben nach dem Ausführungsgange zu; durch die Zellen aber, die denselben in vielen Schichten umgeben, werden sie so gedrängt, dass sie sich meist cirkulär lagern. Nur ihre Fortsätze behalten radiäre Richtung. Die Körperchen sind nicht gleichmäßig vertheilt, sondern auch hier häufen sie sich stellenweise zusammen. Wenn einige Aus- führungsgänge zusammenliegen, schieben sich die Körperchen in die Zwischenwände derselben. Sie nähern sich so dem Ausführungsgang, dass ihre Fortsätze zwischen die Zellen, die denselben auskleiden, sich hineinschieben. An den senkrechten Schnitten zeigt sich dasselbe Ver- halten. Hier sieht man, dass Körperchen auch in der dicken Schicht des Epithels, welche den Ausführungsgang begleitet und schon im Corium liegt, eingelagert sind. Aber auch außerhalb der Ausführungsgänge sind mehrere mächtige Papillen sehr dicht von diesen Körperchen umlagert. Hier sind sie gleichmäßiger über die Oberfläche der Papille vertheilt. Ich habe die Wahrnehmung gemacht, dass sich in der Vertheilung 676 Ivan B. Cybulsky, Si EEE der Nerven und der Körperchen ein bestimmter Antagonismus bemerk- lich macht, indem die Stellen, wo die Körperchen in großer Zahl liegen, ° beinahe gar keine Nerven haben und umgekehrt. Es scheint auch, dass in den den Furchen entsprechenden Gegenden die Körperchen zahl- reicher, als anders wo, sind. Wenn man auch nichts allgemein Gültiges über die Richtung der Körperchen und die ihrer Fortsätze aussagen kann, so soll es doch erwähnt werden, dass es Stellen giebt, wo die Körperchen gleichsam Querbalken zwischen den Papillen bilden. — Die. Körperchen, die den Papillen anliegen, und eine Stäbchenform mit zwei Fortsätzen an ihren Enden haben, lagern sich oft so, dass ein Fortsatz in schiefer Richtung nach oben gerichtet ist, während der andere sich in die Papille hineinsenkt. Wenn auch die so eben beschriebenen Körperchen wenig mit LaneerHans’schen Körperchen gemein haben, so sind diejenigen von ihnen, die den Spitzen der Papillen an bestimmten Stellen aufliegen, doch denselben etwas ähnlich. Sie haben gewöhnlich einen schmalen, oblongen Körper, der nach oben in einen oder mehrere Fortsätze über- geht, nach unten entsendet er nur einen einzigen dünneren Fortsatz. Bisweilen sind die Körperchen sehr dick ; diese erweisen sich aber nach der Maceration als aus einigen Körperchen bestehend. Die peripheren Fortsätze verzweigen sich oft und erreichen die Hornschicht. Sie zeigen in ihrem Verlaufe manchfnal spindelförmige Anschwellungen. Die Fort- sätze verlaufen parallel zu einander und senkrecht zur Oberfläche, oder sie bilden ein Büschel oberhalb der Papille (Fig. 10). Die Fortsätze endigen auf verschiedene Weise: bisweilen verjüngen sie sich und gehen in einen feinkörnigen Streifen über, oder sie endigen, wie abge- schnitten; eine ziemlich häufige Form der Endigung ist aber eine kugelige oder kolbige Anschwellung (Fig. 10 e, 12 und 13). Wenn der Fortsatz sich verzweigt, so sitzen solche Anschwellungen auf jedem Zweig, oft aber endigen die Zweige auf verschiedene Weise. Die Größe der Anschwellung ist sehr verschieden ; eine häufige ist etwa 0,005 mm, Auch kommen alle Übergänge bis zur Größe einer Zelle aus den später zu erwähnenden Säulen vor. Nach der Entfärbung der Prä- parate habe ich gefunden, dass die kleinsten Anschwellungen helle Bläschen sind, und keine weitere Struktur zeigen; in den größeren kann man manchmal ein Kernkörperchen erkennen; die größten endlich, die der Größe einer kleinen Zelle entsprechen dürften, lassen ziemlich deut- lich ein Kernkörperchen, und weniger deutlich einen Kern erkennen (Fig. 13). Es scheint, als ob bier eine allmähliche Entwicklung des Endorganes, von einem einfachen Kernkörperchen bis zur ganzen Zelle vorliegt. Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 677 Diese Endkolben oder Endkugeln reichen in der Hornschicht manch- ‚ mal bis zur dritten Zellenreihe von oben, wie es in Fig. 13 zu sehen ist; meist liegen sie zwischen der Spitze der Papille und der Horn- “schicht, am häufigsten der letzteren näher. Die so eben beschriebene Art der Endigung habe ich meistens an der hinteren Fläche der Lippe angetroffen. An diesen Stellen ragt die ‘ Oberfläche des Epithels enisprechend denjenigen Papillen, welche die Büschel von Ausläufern tragen, mehr oder weniger spitzig hervor. Diese Körperchen auf den Spitzen der Papillen mit ihren eigenthümlichen Endigungen sehen zwar besonders wegen dieser letzteren den im Epi- thel zerstreuten unähnlich, aber ich finde weder in ihrer Struktur, noch in ihrem Aussehen etwas, was mich nöthigt, sie von einander zu unter- ; scheiden. Noch bemerke ich, dass es mir gelungen ist, diese Körperchen zu isoliren, und zwar auf sehr einfache Weise. Man braucht nur bei der Färbung etwas heißeres Wasser zu nehmen; dann löst sich das Epithel ‚sehr leicht ab, und oft bekommt man die Körperchen mit ihren un- ‚ zähligen kleinen Fortsätzen und ziemlich gut erhaltenen großen ganz isolırt. Wenn wir uns nun über die Bedeutung dieser Gebilde fragen, so können wir uns damit kurz fassen. Ich verweise bloß den Leser auf die Fig. 15 und 46, wo der Zusammenhang der Körperchen mit mark- losen, kernhaltigen Nervenfasern dargestellt ist. In Fig. 16 ist der Nerv, der sich mit dem Körperchen verbindet, bis zum markhaltigen zu ver- folgen. Hier aber mache ich auf die Endigung e in Fig. 16 aufmerksam. Die Deutung derselben blieb für mich zweifelhaft. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob dieses Gebilde ein Nervenkern mit abgerissenem peripherem Fortsatz, oder eine Endigung, wie wir sie in Fig. 11 e sehen, ist. Ich muss die Schwierigkeit des Nachweises der Verbindung des Nerven mit dem Körperchen und die Abhängigkeit dieses Nachweises von bloßem Zufall besonders betonen. Ich habe erst am letzten Tage meiner langen Untersuchung diesen Zusammenhang zu Gesichte be- kommen. Die Hauptsache besteht darin, dass die Färbung so schwach wie möglich sei. An den Präparaten, an welchen man diesen Zusammen- hang oft antrifft, sind die Epithelzellen gar nicht differenzirt, die Nerven im Epithel nur hie und da gefärbt, und was das Wichtigste ist, die Pa- _ pillen fast farblos, bisweilen glänzend weiß, während an gewöhnlichen Präparaten von guter Färbung besonders der centrale Theil der Papille stark schwarz gefärbt ist. Solche schwach gefärbten Präparate dürften, wie mir scheint, von nicht ganz frischen Schnauzen zu bekommen sein. Ich halte es für nothwendig wegen der wunderbaren Formen, 678 | Ivan B. Cybulsky, welche die Körperchen annehmen, wegen der groben Zahl der Kerne, 8 die sie bisweilen enthalten, und wegen ihren vielfachen Anastanoseii unter einander, wenigstens für viele Stellen den Namen Körperchen ; fallen zu lassen. Man kann hier von einem Netz mit unregelmäßig ge- stalteten Knotenpunkten und Kernanhäufung in denselben sprechen. — Ich will noch bemerken, dass die späteren Untersuchungen möglicher- weise ergeben werden, dass nicht alle von diesen Körperchen nervöser Natur sind; auch ihre Struktur und ihr näheres Verhalten gegen die Nervenfäden bedarf noch einer eingehenderen Untersuchung. — Bei der Untersuchung meiner ersten Präparate, die sich nicht durch ihre be- sondere Helligkeit auszeichneten, ist mir aufgefallen, dass einige Pa- pillen ungewöhnlich hoch hinaufreichen, dass ihre Spitzen bisweilen in der Hornschicht liegen, ja manchmal sogar frei an der Oberfläche. Mit interessanteren und einfacheren Sachen beschäftigt, habe ich mich mit einer annähernden Erklärung begnügt; erst später wandte ich mich zu ° diesen eigenthümlichen Papillen und dann stellte sich Folgendes heraus. Die Spitzen von vielen Papillen sind von eigenthümlichen Zellen über- lagert, deren hervortretendste Eigenschaft darin besteht, dass sie in Goldchlorid sich intensiv färben. Dieses war eben daran Schuld, dass ich sie an stark gefärbten Präparaten nicht leicht von den Papillen, die sich auch intensiv färben, unterscheiden konnte. Diese Zellen lagern sich so an einander, dass sie eine Säule bilden, die in ihrer Richtung die Rich- tung der Papille einhält. Diese Säulen haben in den unteren Schichten oft zwei bis vier Zellen in einer Höhe, nach oben verjüngen sie sich und bestehen aus einer, höchstens zwei Zellen. Die Zellen liegen oft an ein- ander fest, oft aber wird ihr Zusammenhang durch die zwischen ihnen sich einschiebenden Epithelzellen unterbrochen. Oft besteht die Säule nur aus einer Reihe dicht an einander gelagerter Zellen ; manchmal findet man statt einer Säule zwei bis vier kugelige stark gefärbte Zellen, die in. weiter Entfernung von einander in der Fortsetzung der Papille liegen. Die Säulen reichen gewöhnlich bis zur Hornschicht, oft auch in diese hinein, bisweilen sogar bis zur freien Oberfläche; in dem letzten Falle wird die Säule oft unterbrochen. Manchmal stemmt sich die Säule an die untere Fläche der Hornschicht und hebt diese spitzig hervor, so dass die Epithelzellen der Hornschicht dachziegelförmig über die Zellen der Säule hinablaufen. ‚Aber auch sonst ist oft die Oberfläche des Epithels an der der Säule entsprechenden Stelle mehr oder weniger erhaben. Es ist schwer die Form der Zellen zu beschreiben; sie ist oft durch ihre Aneinanderlagerung bedingt. Liegen die Zellen weit von einander, so sind sie rund oder oval; lagern sie sich dicht auf einander, so werden sie abgeplattet, besonders stark knapp unter der Hornschicht. Besteht DER u TEE Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 679 die Säule in ihrer Dicke aus je zwei Zellen, so nehmen diese gern eine Birnform an, das verdickte Ende gegen einander gekehrt, mit dem zuge- spitzten zwischen die nebenliegenden Epithelzellen hinein gelagert; oder sie liegen auch so, dass der Kopf nach oben gerichtet ist, der Stiel nach unten der nächstliegenden Zelle aufgelagert. Die Größe der Zellen ist sehr verschiegen, und zwar durchweg kleiner als die der nebenliegen- den Epithelien. Eine Zelle von mittlerer Gröbe hat etwa 0,0182 mm in der Länge, 0,0128 mm in der Dicke. Einige Zellen sind zwei- bis drei- mal größer als die kleinsten. Es ist eigenthümlich, dass sie nach oben hin oft an Größe abnehmen, während die Epithelzellen in oberen Schich- ten größer sind als in den tiefen. Die Zellen besitzen im Verhältnisse zum Leib einen großen Kern, bisweilen ist er nicht nur sehr groß, son- dern auch stark konturirt; in den birnförmigen Zellen erfüllt er manch- mal ganz den kolbigen Theil; manchmal bemerkt man in ihm Kern- körperchen. Ich habe wiederholt Zellen mit zwei Kernen gesehen, und zwar lagen diese Zellen unfern von der äußeren Fläche der Hornschicht; die Kerne waren stark gefärbt, der Zellenleib schwach. Bei der Entfär- bung mit Cyan fällt manchmal auf, dass, indem die Zelle noch ganz gut gefärbt ist, ihr Kern unsichtbar wird. Von den Epithelzellen unter- scheiden sich diese Zellen im Folgenden: sie haben eine andere Form, da die Epithelzellen in dieser Höhe stark abgeplattet und in die Breite ausgezogen sind; sie sind viel kleiner als die Epithelzellen, haben einen srößeren Kern und färben sich weit intensiver. Auch die Metamorpho- sen, welche diese Zellen eingehen, sind denen der Epithelzellen unähn- lieh. Die Zellen der Säule, die in der Hornschicht liegen, verwandeln sich oft, nicht aber immer in blasse, matt glänzende Kugeln, die oft zu unregelmäßig gestalteten Gebilden zusammenfließen. Diese matt glän- zenden Gebilde haften nicht fest zwischen den Zellen der Hornschicht, sie fallen leicht heraus, und lassen rundliche oder unregelmäßige Löcher zurück. An Alkohol, Osmium und Goldpräparaten sehen diese metamor- phosirten Zellen gleich aus. Diese Unterschiede von gewöhnlichen Epi- thelzellen haben mich veranlasst, mir über die funktionelle Bedeutung dieser Zellen Fragen zu stellen, und da bin ich aufmerksam geworden auf die Beziehungen dieser Zellen zu den Nerven und anderen ner- vösen Gebilden. Die Spitzen der Papillen, denen die Säulen auflagern, dienen oft auch zum Austritt der Nerven, und hier ragen auch die Fort- sätze der Körperchen zur Oberfläche hin. Die ersten, wie die zweiten liegen gewöhnlich zwischen den Zellen; bisweilen lagern sie sich von außen ihnen an. Die zwischen den Zellen liegenden Nerven und Fort- sätze entlassen bisweilen in regelmäßigen Abständen Fortsätze, die im Bogenverlauf zu den höher als ihr Ursprung liegenden Zellen sich 680 Ivan B, Gybulsky, begeben. Oft legt sich der Nerv der Zelle fest an, folgt dem Kontur der- Pr ee selben eine Strecke weit und verschmilzt dann mit ihr. Manchmal nähert sich ein Nerv, der schon tief aus der Papille herausgetreten ist, der Säule und geht entweder einfach in die Zelle über, sich mit dem zu- gespitzten Theil derselben verbindend, wenn diese birnförmig ist; oder läuft vorbei und giebt nur Äste ab, die auf dieselbe Weige sich zu den Zellen verhalten. Das häufigste Vorkommnis aber ist, dass die mehr oder weniger dicken, schwarzen Fasern, die aus den Papillen heraustreten und von denen man nicht angeben kann, ob sie Nerven oder Fortsätze von den Körperchen sind, dass diese Fasern mit einer länglichen leichten Anschwellung so an den Zellen der Säule endigen, dass die Konturen des Kernes von der Zelle und diese Anschwellung sehr nahe neben ein- ander liegen. Leider erlaubten mir die unvollkommenen optischen Mittel, die mir während der meisten Zeit der Arbeit zur Disposition stan- den, nicht, näher in die gegenseitigen Verhältnisse dieser Gebilde einzu- gehen. Ich habe aber auf anderem Wege mir Klarheit zu verschaffen versucht. Ich habe mit CGyankalium das Epithel aufgelöst, und dabei manches Interessante gesehen. Wiederholt blieben diese Zellen an ganz von ihrem Epithel enthblößten Papillen mit kurzen Fäden hängen und flottirten in den Strömungen der Flüssigkeit. Oft sah ich an den Zellen einen kurzen Nervenstumpf, der nicht wie auf den Epithelzellen über diesen lief, sondern mit der Zelle zu verschmelzen schien. Einmal sogar habe ich zwei von diesen Zellen, durch einen Nerv verbunden, herum- schwimmen gesehen (Fig. 14). Bei der langen Dauer der Untersuchung, der ich diese Zellen unterzog, ließ ich sie durch das Andrücken an das Deckgläschen oft ihre Lage ändern; doch die Verbindung löste sich nicht. Auch konnte ich mit Harrn. 8, Oc. 3 nicht bemerken, dass der Nerv über die Zelle hinüber lief, sondern er schien mit dieser in innigeren Kontakt einzutreten. | Aus alle Dem, was früher angeführt wurde, möchte ich diesen Zellen die Verbindung mit den Nerven und anderen nervösen Gebilden zusprechen. Nur scheint es mir eigenthümlich, dass ich bisweilen in den Säulen keine Nerven gefunden habe, oder dass diese nur in geringer Zahl vorhanden waren. Möglich ist, dass nicht alle Zellen, die die Säu- len bilden, nervöser Natur sind. Von der Verbreitung der Säulen kann ich anführen, dass sie am entwickeltsten sind an der Schnauze; an der Lippe sind sie nicht so hoch ; an der Übergangsstelle zur Mundschleim- haut bestehen sie bloß aus wenigen Zellen, die aber auf ganz unzweifel- hafte Weise mit Fortsätzen der Körperchen und den Nerven in Verbin- dung treten. Ich. glaube, dass die Säulen entsprechend den Furchen besonders entwickelt sind. Auch machie ich die Beobachtung, dass bei Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. 681 verschiedenen Thieren in der Größe der die Säulen zusammensetzenden Zellen, wie auch in der Höhe der Säulen ziemliche Variationen vorzu- kommen pflegen. Über die physiologische Bedeutung der verschiedenen, in dieser Arbeit beschriebenen Nervenendigungen wage ich nicht Hypothesen zu machen. Ich hebe nur das massenhafte Vorkommen der Körperchen an ‘den Drüsenausführungsgängen, an den Spitzen der Papillen in der Lippe und den Furchen entsprechend hervor, als für eine bestimmte Funktion sprechende Thatsachen. Das besondere Vorwiegen der freien Nerven- endigungen entsprechend den Feldern, und das alternirende Auftreten mit den Körperchen lässt eine andere Funktion voraussetzen. Wenn ich jetzt versuche die Resultate der Untersuchung zusammen- zulassen, so ergiebt sich Folgendes: 4) Die Nerven, die im Corium ihr Ende finden, endigen in Kolben und zusammengesetzten Körperchen. | 2) Die meisten Nerven gehen ins Epithel über und zwar als mark- lose und markhaltige Fasern; sie endigen an der Grenze des Rete Mal- pishii und der Hornschicht frei oder mit Anschwellungen ; nur wenige reichen höher hinauf. 3) Im Epithel liegen eigenthümliche, verzweigte Körperchen, die mit den kernhaltigen Nerven in Verbindung stehen; sie sind beson- ders an den Drüsenausführungsgängen angehäuft; zur Oberfläche stehen sie nur selten in einem Verhältnis. 4) Oberhalb der Papillen liegen besondere Zellen, in denen die Fortsätze von den oben erwähnten Körperchen und die Nerven endigen. Wien, Anfang August 1883. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXVII und XXXIX. Fig, 5, 8, 40 und 43 wurden mit Harrnack, Obj. 5, Oc. 3 gezeichnet; Fig. 4, 2, 3, 6,7,9, 14,42, 44 wurden mit HArrnack, Obj. 8, Oc. 3 gezeichnet; Fig. 15 mit HArTNAacK, Obj. 414 (Immersion), Oc. 3; Fig. 16 mit Harrnack Obj. 414 (Immersion), Oc. 4; Fig. 4 wurde mit KrArFt und SEIBERT, Obj. 8b, Immersion Oc. 0 gezeichnet. In der lithographischen Wiedergabe sind die Figuren 4, 5, 6, 7, 8, 11, 42, 45, 16 um die Häfte verkleinert. Fig. 4. Kleiner Endkolben in zwei Stellungen gezeichnet. Aa, Nerv, bandförmig abgeplattet. Fig. 2. Endkolben von mittlerer Größe. n, anliegendes Nervenbündel; a, Nerv im Innern des Kolbens; db, Endanschwellung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 45 682 Ivan B. Gybulsky, Das Nervensystem der Schnauze und Oberlippe vom Ochsen. Fig. 3. Der größte Endkolben. n, Nervenbündel; a, deutlicher Achsenfaden; b, ein zweiter Nerv im Kolben; c, Kern der Kapsel. Fig. 4. Zusammengesetztes Körperchen. a, b, c, d, einzelne Körperchen; e, Endknospe; p, Pigmentzelle; k, Kerne in einer Kapsel. Fig. 5. p, Papille; h, Hornschicht; S, Säule aus Zellen ; n, Nerven im Epithel; k, verzweigte Körperchen. Fig. 6. p, Papille; n, Nerv; k, Nervenkern; b, Blutgefäß; v, verzweigtes Körper- chen; t, Theilung eines Epithelnerven in drei Äste; r, Reste von degenerirten Ner- ven; h, Hornschicht. Vergr. 150. Fig. 7. p, Papille; n, Nerv im Corium; ml, marklose Nerven im Epithel; k, ver- zweigte Körperchen. Vergr. 100. 2: Fig. 8. Übergang eines Nerven ins Epithel und seine Verzweigung dort. p, Pa- pille; h, Hornschicht; m, markhaltiger Nerv in der Papille; e, Endanschwellungen ; r, Reste des degnerirten Nerven. Vergr. 450. Fig. 9. Lippe. p, Papille ; k, verzweigtesKörperchen; h, Hornschicht; db, Büschel von Nerven und Fortsätzen. Vergr. 300. Fig. 40. Lippe. p, Papille; k, verzweigtes Körperchen; f, Fortsätze von solchen Körperchen; e, Endanschwellung an einem solchen Fortsatz; n, Nerv; h, Horn- schicht. Vergr. 300. Fig. 41. p, Papille; k, verzweigtes Körperchen; n, Nerv; f, Fortsätze von Kör- perchen oder Nerven; S, Säule aus Zellen; e, Endigung eines Fortsatzes in einer Zelle; h, Hornschicht. Vergr. 150. Fig. 12. p, Papillenspitze ; f, Nerven oder Fortsätze von Körperchen; S, Säule aus Zellen; e, Verbindung mit den Zellen; h, Hornschicht. Vergr. 450. Fig. 43. Lippe. Verzweigung und Endigungsweise eines Fortsatzes von Kör perchen. Fig. 44. a, zwei Zellen aus Säulen; n, Nerv. Fig. 15. k, verzweigte Körperchen; n, Nerv; a, Nervenkern. Vergr. 730. Fig. 16 stellt eine Papille mit angrenzendem Epithel dar, dessen Zellen sich nicht differenzirten. m, markhaltiger Nerv; n, markloser; k, Nervenkern; a, An- schwellung ohne Kernkörperchen; v, verzweigtes Körperchen; p, Pigmentzellen; e, Endanschwellung (?). Vergr. 500. Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. Von Dr, Karl Kraepelin, Hamburg. Mit Tafel XL und XLI. Das Studium des Fliegenrüssels, das seit Gerstreın’s 4853 ver- öffentlichten Untersuchungen mehrere Jahrzehnte lang gänzlich vernach- lässigt wurde, ist in den letzten Jahren mit großem Eifer wieder aufge- nommen. Lowne hat in seiner Monographie über die Stubenfliege, Künckeı p’Hercuraıs in derjenigen über die Syrphiden den Mundwerkzeugen seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt, während MENnzBIER, MEINERT, Dim- Mock und BEcHEr in umfangreichen Abhandlungen die morphologischen Verhältnisse des Dipterenrüssels überhaupt klar zu legen suchten. Man- ches ist hierdurch erreicht worden. Die Zahl und Form der bei den ein- zelnen Dipterengruppen auftretenden Chitinstücke und deren Lagerung zu einander ist der Hauptsache nach festgestellt. Wir kennen den Weg, den die zu saugende Flüssigkeit nimmt, so wie, in groben Umrissen, den Mechanismus, durch welchen das Saugen bewirkt wird. Ja auch die Wirkungsweise der übrigen Muskelgruppen ist verschiedentlich zu deu- ten versucht worden. Dennoch dürfte das bisher Erbrachte in keiner Weise hinreichen, um ein wirkliches Verständnis des ganzen, so außer- ordentlich komplieirten Apparates zu ermöglichen. Ich sehe ab von der morphologischen Deutung der einzelnen Theile und ihrer Reduktion auf die homologen Gebilde der kauenden Insekten, welche ohne Zurathe- ziehung der Entwicklungsgeschichte sicher nicht bis ins Detail verfolgt werden kann: Es harren ohnehin eine ganze Reihe von Fragen der end- gültigen Lösung, die von früheren Autoren theils gar nicht beachtet, theils nur Nüchtig gestreift wurden. So hat man, um nur Einiges anzuführen, über dieMechanismen, durch welche das Beugen und Strecken des Rüssels, das Einziehen desselben in das Innere des Kopfes, das Auseinanderklappen 45* 684 Karl Kraepelin, und Zusammenlegen der Labellenkissen bewirkt wird, wie über die Schwellungserscheinungen der letzteren, bis jetzt nur höchst Lücken- haftes und bei genauerer Betrachtung keineswegs Stichhaltiges vorge- bracht. Nicht minder dunkel ist die Funktion der sog. Pseudotracheen und ihr etwaiger Zusammenhang mit den Speicheldrüsen, wie denn überhaupt der feinere anatomische Bau des Fliegenrüssels — Nerven- endigungen, Drüsen etc. — von der Mehrzahl der oben genannten For- scher, die nur mit schwachen Vergrößerungen arbeiteten, fast gänzlich unberücksichtigt geblieben ist. Unter diesen Umständen schien es mir wünschenswerth, der mor- phologischen Vergleichung einer größeren Zahl von Dipterenmundwerk- zeugen das gründliche Studium des Rüssels einer einzigen Gattung vor- aufgehen zu lassen, nicht allein, um daraus weitergehende Vergleichs- punkte zu gewinnen, als die oberflächliche Betrachtung der Chitintheile gewähren kann, sondern auch, um den zahlreichen Fragen auf physika- lisch-mechanischem Gebiete näher zu treten, welche sich dem Beob- achter des in Aktion befindlichen Rüssels aufdrängen. Ich wählte die Gattung Musca, trotzdem sie nach allgemeiner Auffassung von dem typi- schen Bau der Dipterenmundtheile recht abweichende Verhältnisse zeigt. Es ist aber gerade dieses Material am leichtesten zu beschaffen; sodann aber schien es mir von besonderem Interesse, gerade dasjenige Objekt genauer zu studiren, welches seit ArısToTELEs immer und immer wieder den Scharfsinn der Forscher herausgefordert hat. Ich unterlasse es, auf die umfangreiche Litteratur über den Rüssel der Musciden hier näher einzugehen; geben doch die oben citirten Schriften über diesen Punkt hinreichenden Aufschluss. Aber auch im Verlaufe der folgenden Darstellung werde ich abweichende Ansichten früherer Autoren nur in beschränktem Maße diskutiren, um die wün- schenswerthe Klarheit in der Darstellung der überaus spröden Materie nicht zu beeinträchtigen. Wird doch der Wissende ohnehin das Neue von dem bereits Bekannten und Feststehenden zu sichten vermögen. I. Chitintheile und vorläufige Orientirung. Von den drei paarigen Mundwerkzeugen, welche man insgemein den Insekten zuschreibt, fehlen die Oberkiefer bekanntlich den Musciden gänzlich; auch die Unterkiefer sind nur in rudimentärer Form erhalten. Es gelangt somit von den als wirkliche Metamerenanhänge zu betrach- tenden Mundwerkzeugen nur die Unterlippe oder das II. Maxillenpaar zu vollkommener Entwicklung. Neben diesem die Hauptmasse des »Rüssels« bildenden verschmolzenen II. Maxillenpaar finden sich jedoch ausnahmslos noch zwei unpaare Gebilde, welche man als Oberlippe und Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 685 Hypopharynx zu bezeichnen pflegt!. Beide liegen einer rinnenförmigen Längsvertiefung der Oberseite der fast walzenförmigen Unterlippe ein- gebettet und nehmen, gleich der letzieren, ihren Ursprung an der Spitze einer rüsselförmigen?, weichhäutigen Verlängerung des Kopfes. Da dieser kegelförmige Kopftheil mitsammt den eigentlichen Mundwerk- zeugen vermöge seiner dünnhäutigen Wandung in das Innere der festen Kopfkapsel zurückziehbar ist, so hat man ihn früher vielfach als durch Verschmelzung der Mundtheile selbst entstanden aufgefasst, bis Ma- CLOSKIE und Dinmock die richtige Deutung zur Geltung brachten. Ich werde im Folgenden diesen einziehbaren Abschnitt des Kopfes als »Kopf- theil des Rüssels« oder »Kopfkegel«, den Komplex der darauf folgenden Mundwerkzeuge — Unterlippe, Oberlippe, Hypopharynx — als »Rüssel im engeren Sinne« oder »eigentlichen Rüssel« bezeichnen. In Figur 1 und 2 gebe ich zur vorläufigen Orientirung die Seitenansicht eines Fliegenkopfes. In Fig. 1 ist der veigentliche Rüssel« (r) sammt dem ke- gelförmig verlängerten Untergesicht, dem »Kopfkegel« (Ag), vorgestreckt; in Fig. 2 sind beide Theile in die Kopikapsel zurückgezogen. Der Kopftheil des Rüssels. Betrachten wir zunächst den Kopftheil des Rüssels (Rüsselstiel nach GrAser), so fällt vor Allem auf, dass dieser dünnhäutige Conus an seiner oberen ? Seite ein Paar einglied- riger Taster trägt. Dieselben sitzen, wie Fig. 14 noch mehr veranschau- licht, in der Haut liegenden Chitinverdickungen (cv)auf, von denen je eine bis zur Ansatzstelle des eigentlichen Rüssels nach vorn verläuft, um sich hier mit einer langen starren Chitinspange (Fig. 7 und Fig. 14 sp) in Ver- bindung zu setzen, welche nach rückwärts frei unter der dünnen Ober- haut des Kopfkegels zu endigen scheint. Wir haben es hier augenschein- lich mit den Resten von Unierkiefern zu thun, deren tastertragender Abschnitt nach rückwärts und aufwärts zurückgebogen und nun mit der Oberhaut des Kopfkegels theilweise verwachsen ist, während die unter der Haut liegenden spangenartigen Gebilde nach vorn mit den übrigen Mundwerkzeugen (speciell der Oberlippe) in Verbindung stehen und hier nicht selten (bei Mesembrina, Aricia etc.) je eine kleine »Lade« 1 Ein drittes, Epipharynx, genanntes Stück existirt thatsächlich nicht, wie spä- ter gezeigt werden soll. 2 Esist sehr übel, dass man mit dem Worte »Rüssel« so durchaus heterogene Dinge bezeichnet, wie das Saugrohr der Schmetterlinge, den lang kegelförmigen Kopfabschnitt der Rüsselkäfer und endlich den aus einem Kopftheil plus Mundwerk- zeugen gebildeten Fliegenrüssel. 3 Es ist zu beachten, dass die Längsachse des Kopfes bei natürlicher Lage des- selben nicht horizontal, sondern vertikal liegt; dennoch werde ich die Ausdrücke, »oben, unten, vorn, hinten«, zum leichteren Verständnis überall so anwenden, wie sie der für die Zeichnung gewählten Lage entsprechen. 686 Karl Kraepelin, tragen, wodurch die Deutung dieser Spangen als Basaltheile von Unter- kiefern außer Zweifel gesetzt wird!. Des Weiteren gewahrt man an der oberen vorderen Seite des Kopfikegels eine starke chitinöse Verdickung der Haut von der Form eines gestreckten, nach vorn geöffneten Huf- eisens (Fig. I ch, Fig. 9 ch), welches sich nach oben als etwas weniger stark verhorntes breites Chitinband (Fig. 1, Fig. 9 bd) fortsetzt und so an der scharfen vorderen Kante der Kopfkapsel aufgehängt scheint. Zwi- schen den Schenkeln des Hufeisens ist dieselbe dünne Chitinhaut aus- gespannt, welche im Übrigen die Wandung des Kopfkegels ausmacht. Entfernen wir die dünne Chitinhaut von der Seite des Kopfkegels (Fig. 3), so bemerken wir, dass jenes oben beschriebene Hufeisen nur der an die Oberfläche des Kegels tretende Theil eines im Innern gele- genen viel umfangreicheren, stark verhornten Gebildes ist, das man bald als Fulcrum (MEnzsIer, Dimmock), bald als Schlundgerüst (Beeuer), bald als Pharynx ? (Meınerr) bezeichnet hat. Dasselbe ist im Allgemeinen etwa einem spänischen Steigbügel zu vergleichen, dessen obere Wölbung also von dem Hufeisen und der zwischen dessen Schenkeln ausgespann- ten Membran gebildet wird und mittels des oben erwähnten breiten Chitinbandes (bd) an der Vorderkante der Kopfkapsel pendelnd aufge- hängt ist. Die Seitentheile sind starre Chitinwände, welche am Hinter- rande je eine tiefe Auskehlung zeigen. Die Sohle des Steigbügels ist ein Doppelboden, aus zwei über einander liegenden Chitinplatten ge- bildet, deren untere unmittelbar in die Seitenwände übergeht (Fig. 10 uf; Querschnitt), während die obere in eigenthümlicher, federnder Weise mit den Seitenwänden verbunden ist (Fig. 40 of). Der Hohlraum zwi- schen den beiden Sohlenplatten ist, wie schon jetzt bemerkt werden soll, der Nahrungskanal (nk). Nach hinten zieht sich die untere Sohlen- platte in zwei lange, fast parallel Jaufende Hörner (Fig. 3 hh) aus, zwi- schen denen der nun häutig werdende Nahrungskanal als Speiseröhre (oe) heraustritt, um sich nach abwärts zum Hinterhauptsloch zu wenden. Von der äußersten Spitze jedes Horns verläuft schräg nach außen und vorn je ein starker Muskel (Fig. 3 mr), der sich seitlich von dem am 1 BECHER ist der Entdecker jener rudimentären »Laden« bei manchen Musciden- gattungen. Vor ihm herrschte große Meinungsverschiedenheit über die morpho- logische Deutung der Spangen, wie die Namen: Cardines, Muskelsehnen, Apodemes, Stipites, Träkkelister etc. beweisen mögen. 2 Dieses Organ, welches allen Dipteren und Hemipteren zukommt, hat, wie schon MENZBIER, MACLosKIE und Diımmock annehmen, morphologisch mit den eigent- lichen Mundwerkzeugen nichts zu thun, sondern stellt eine einfache chitinöse Ver- dickung der Schlundwandungen dar, welche bei Musciden, durchaus nicht aber bei allen Dipteren, starre Wandfortsätze bis an die Decke des Kopfkegels aussendet und so am Rande der Kopfkapsel einen Anheftungs- und Stützpunkt findet. \ Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 687 Kopfvorderrande aufgehängten Chitinbande an der dünnen Oberhaut des Kegels, jedoch nahe bei der Linie, wo dieselbe in die starre Kopfkapsel übergeht, inserirt. — Den Seitentheilen des Fulcrum im vorderen Ab- schnitt liegen die langen Chitinspangen der rudimentären Unterkiefer (Fig. 7 sp) an. Dieselben sind durch einen kurzen dicken Muskel (Fig. 7 mb) dem oberen Rande jener Seitentheile angeheftet, während ein äußerst kräftiger Muskel (Fig. 7 me) von jeder Spange zu je einem kurzen vorderen Horn des Fulcrum (vR) verläuft. Unter und neben dem Boden des Fulcrum ziehen Muskelmassen nach vorn, so wie ein nach Tracheenart durch Chitinringe gestütztes Rohr, welches das Sekret der Brustspeicheldrüse zu den Mundwerkzeugen, d. h. zum Hypopharynx zu führen hat. Dereigentliche Rüssel. Anden Kopftheil des Rüssels scheint bei äußerer Betrachtung von der Seite nur die Unterlippe als walziges, durch Verschmelzung unpaares und nur vorn in zwei Lippenkissen ge- spaltenes Gebilde sich anzusetzen. Erst bei der Betrachtung von oben erkennt man, dass dieser walzige Körper an seiner Oberseite eine tiefe Längsrinne besitzt, in welcher, über einander gelagert, zwei unpaare Chitinstilette eingebettet sind (Fig. 7, Fig. Ik ou. Äh). Das obere dieser beiden Stilette, die Oberlippe (o), erscheint als direkte, sich schnell verjüngende Ausstülpung des oberen Vorderrandes des Kopfkegels und ist natürlich, wie alle Körperanhänge, ein Hohlge- bilde, in dessen Innern Muskeln, Tracheen und Nerven verlaufen. Wie bei der Unterlippe die Oberseite eine tiefe Längsrinne zeigt, so besitzt die Oberlippe eine solche längs ihrer Unterseite, wodurch sie einer um- gestürzten Halbdachrinne mit doppeltem Boden vergleichbar wird (Fig. 33 0; Querschnitt). Unbegreiflicherweise hat man sich bemüht, aus diesem so einfachen und in seinem Bau allen sonstigen Anhängen des Insektenkörpers entsprechenden Gebilde zwei Organe zu kon- struiren, indem man die obere Wölbung der Ausstülpung allein als Öberlippe, die untere, die Längsrinne direkt umschließende als Epi- pharynx bezeichnete!. — Die äußere Gestalt der Oberlippe, die Rinne auf ihrer Unterseite, wie ihre Spitze sind genugsam beschrieben. Nicht i Veranlassung hierzu scheint einmal gewesen zu Sein, dass man lange Zeit nicht wusste, ob der oben erwähnte Hypopharynx wirklich unterhalb des Pharynx verlaufe, und daher bald von Hypo-, bald von Epipharynx, bald von beiden sprach. Sodann war es gelungen, durch allerlei Agentien die Muskeln etc. im Hohlraum der Oberlippe zu zerstören, ja beide Platten derselben ganz von einander zu trennen, wodurch man dann die Doppelnatur des Gebildes erwiesen zu haben glaubte, ohne dabei zu bedenken, dass eine einfache Chitinlamelle in Hinblick auf ihre Ent- Stehungsweise als Körperanhang oder -fortsatz ein Unding ist. BECHER ist von allen neueren Forschern der einzige, der »die Bezeichnung Epipharynx nicht anwenden « 683 | Karl Kraepelin, so der basale Theil, welcher die Verbindung mit dem Kopfkegel herstellt. Die obere Platte geht, wie leicht zu konstatiren, nachdem sie häutig ge- worden (Fig. 7 u. 42 00), direkt in die häutige Außenwand des Kopf- kegels über. Die untere, mit der Längsrinne versehene Platte dagegen, welche bis zu ihrer Basis starr chitinös bleibt, ist gelenkig der oberen vorderen Seite einer kleinen Chitinkapsel (Fig. 7 bei ,) inserirt, welche von früheren Beobachtern (MAcLoskıe, BECHER) theilweise schon als drei- eckiges »Verbindungsstück« beschrieben wurde, während Dinmock und Meınert sie übersehen haben und die untere Platte der Oberlippe als unmittelbare Fortsetzung der oberen Pharynxwand bezeichnen. Diese winzige Chitinkapsel liegt noch im Kopftheil des Rüssels und wiederholt einigermaßen die Form des Fulcrum en miniature. Sie gleicht ebenfalls einem spanischen Steigbügel mit starrem Boden und Seitenwänden; nur hat sie keinen doppelten Boden, wie das Fulcrum. Es setzt sich viel- mehr der Boden dieser kleinen Kapsel vermittels einer häutigen und seitlich etwas ausgebauchten Membran direkt in die untere Bodenlamelle des Fulcrum fort (Fig. 11; Längsschnitt), während die obere Lamelle des Fulerumbodens (of) als dünnere Chitinmembran die Decke der kleinen Kapsel in so weit bildet, als diese Decke nicht von den oben und vorn fast zusammentretenden (Fig. 12 bei k) starren Seitenrändern der Kapsel gebildet wird. Gerade diese vordere Deckenwölbung der Seitenränder nun ist es, an welche sich die Basis der unteren Oberlippenplatte ge- lenkig inserirt (Fig. 7, 11 u. 12 bei «,), während an der schnabelförmig nach vorn gezogenen Bodenplatte der Chitinkapsel in ähnlicher Weise das zweite Stilett des Rüssels, der Hypopharynx, artikulirt (Fig. 7, #1 und 13 bei ;,,). Der Hypopharynx ist wie die Oberlippe ein der Länge nach ein- gedrückter Hohlkegel. Die Längsrinne befindet sich aber hier auf der Oberseite des Organs (Fig. 32 und 33 Rh) und ist daher der Oberlippen- rinne zugekehrt. Beide Organe bilden somit ein aus zwei durch Falz und Nuthe verbundenen Halbrinnen bestehendes Rohr (Fig. 32 u. 33 nk), dessen Hohlraum an der Spitze des Rüssels ausmündet und den Anfang des Nahrungskanals darstellt. Der Verlauf des letzteren ist somit bis zum Hinterhauptsloche klar: Anfangs fließt die zu saugende Flüssigkeit in das von Oberlippe und Hypopharynx gebildete Rohr. Da erstere an der Decke, letztere am Boden der kleinen Chitinkapsel gelenkig inserirt ist, so gelangt die Speise in letztere, die gewissermaßen als Sammelbehälter fungirt, um nunmehr in den Doppelboden des Fulcrum und so weiter in das eigentliche Speiserohr einzutreten. — Das Innere des Hypopharynx möchte, während MEınerr die obere Platte der Oberlippe mit der unteren Platte der Unterlippe zu einem Metamerenring vereinigt. Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 689. wird in seiner ganzen Länge von dem schon oben erwähnten Aus- führungsgang der Brustspeicheldrüse durchzogen, welcher von hinten her in den hohlen Eypopharynx eintritt (nicht aber dessen Wandung durchbohrt, wie MEInErT sagt) und an der Spitze desselben sich öffnet. Die untere Platte des Hypopharynx reicht nicht so weit nach hinten, als die obere, dem Boden der Chitinkapsel sich inserirende. Sie ist am Grunde starr mit der oberen Platte der Unterlippe verbunden, aus der sie winkelig hervorbricht (Fig 7 bei g). Wir haben somit am Vorder- ende der kleinen Chitinkapsel, dort wo sich Oberlippe und Hypopharynx inseriren, die eigentliche Mundöffnung (Fig. 13 m) zu sehen. Oberhalb derselben stülpt sich der Kopf als schmale, stilettförmige Ober- lippe aus; unterhalb derselben der Hypopharynx, der als nur theilweise losgelöste Papille (Zunge) der Unterlippe! sich zu erkennen giebt, da seine innere Höhlung frei mit dem Innern der Unterlippe kommuni- eirt, seine untere Platte aber direkt aus der oberen Platte der Unterlippe seinen Ursprung nimmt. Mit dieser Auffassung steht es keineswegs in Widerspruch, dass in der Seitenansicht die Unterlippe allein sich dem Kopfkegel direkt anzusetzen scheint. Die Unterlippe soll eben das Futteral für die beiden Stilette sein, ähnlich wie dies bei Hemipteren der Fall ist. Sie besitzt daher eine so tiefe Längsrinne, dass der schnabel- förmige, in sie sich einsenkende Fortsatz des Vorderkopfes, die Ober- lippe, gänzlich von den Seitenrändern dieser Rinne verdeckt wird. Man hat viele Worte verloren 2 über dünnwandige Membranen, welche die einzelnen Rüsseltheile verbinden sollen. Aus dem Gesagten ist es klar, dass die Seiten- und Bodenwand des Kopfkegels direkt als Seiten- und Bodenwand der Unterlippe sich fortsetzen. Die Deckenhaut des Kopf- kegels zieht mit ihrem medianen Theil in die Tiefe, um die obere und — da die Oberlippe eine Ausstülpung ist — vom Artikulationspunkt mit der Chitinkapsel an auch die untere Platte der Oberlippe zu bilden. Die Seitentheile der Deckenhaut würden sich nunmehr unterhalb der Ober- 1 Bisher wurde der Hypopharynx stets als Ausstülpung des »Pharynx« be- zeichnet. 2 Am wunderbarsten ist die Auffassung Meıserr’s. Nach ihm bildet die obere Platte der Oberlippe mit der unteren Platte der Unterlippe das I. Metamer des Kopfes, »weil kein Metamer vor dem Schnabel, wohl aber andere dahinter lägen« (man denke an die natürliche Stellung des Kopfes!). Die untere Plaite der Oberlippe ist ein »Epipharynx«. Die obere Platte der Unterlippe, also die Hypo- pharynx und Oberlippe umschließende Längsrinne ist eine als Fortsetzung des Ful- erumbodens zu betrachtende » Verbindungshaut« (als solche fungirt gleichzeitig auch der Hypopharynx!). Die Mundtheile der Dipteren sind ferner keine Metamerenan- hänge, wie die der übrigen Insekten, sondern einfache Metamerenverlängerungen, da sie »nicht gelenkig« mit dem Kopfe verbunden sind etc. etc. 690 Karl Kraepelin, lippe und der Mundöflnung direkt wieder zur oberen Deckenwandung der Unterlippe zusammenschließen können, wenn nicht unmittelbar unter der Mundöffnung an der Ursprungsstelle der Unterlippe als zweite Ausstülpung der Hypopharynx hervorbräche, durch dessen Auftreten weitere Komplikationen um so mehr entstehen, als derselbe Anfangs ja nur mit seiner oberen Platte von der Unterlippe sich abhebt. Fig. 32 möge im Übrigen zeigen, wie die Basaltheile von Oberlippe, Hypopha- rynx und Unterlippe mit einander in Zusammenhang stehen. Die Unterlippe erscheint, wie schon hervorgehoben, als cylin- drische, aber oberseits mit einer Längsrinne versehene Ausstülpung des Kopfkegels. Sie dient in ihrem Rinnentheile lediglich als Futteral des Saugrohres, nie — auch nicht bei anderen Dipteren oder bei Hemipteren — als Saugrohr selbst. Am Vorderende ist der CGylinder durch einen tiefen Medianeinschnitt in zwei seitlich bewegliche Kissen, die Labellen, getheilt, die man wohl mit Recht! nach Burneister’s und Erıcnson’s Vor- gang als metamorphosirte Unterlippentasier aufgefasst hat. Der innere Hohlraum der Unterlippe ist mit Muskeln, Nerven, Tracheen und Drüsen ausgefüllt. Ihre untere, stark gewölbte und so auch mehr als die halben Seitenwände des Cylinders bildende Platte (Fig. 4 und 19 up) ist außer- ordentlich derb chitinisirt und scharf gegen die dünnhäutige Membran abgesetzt, welche jederseits den oberen Theil der Seitenwandung (Fig. 19 v) der Unterlippe bildet. Am Vorderende verjüngt sich die untere Platte nach der Medianlinie zu ziemlich plötzlich, um in kaum halber Breite mit zwei kurzen, einen stumpfen Mitteleinschnitt zwischen sich lassenden Hörnern (Fig. 37 hu) zu endigen. Auf den Spitzen dieser Hörner artikulirt je ein kleines Chitindreieck (Fig. 37 dp), an welchen wieder eine mächtige Chitingabel (Fig. 37 ug) mit fast rechtwinkelig stehenden Ästen so eingelenkt ist, dass der Vereinigungspunkt der Gabel- äste genau in den kurzen Mitteleinschnitt zwischen den Hörnern fällt. Während die beiden Gabeläste schräg nach oben und vorn gerichtet sind, sendet ihr Vereinigungspunkt eine starke, gebogene Chitinspange (Fig. 8 va) nach unten, welche also einen dritten, unpaaren Schenkel des Chitinstückes bildet. Das letztere steht übrigens nicht allein mittels der beiden oben erwähnten Dreiecke mit der unteren Unterlippenplatte in Verbindung, sondern noch durch eine faltige Membran, welche die obere Kante der Vereinigungsstelle der paarigen Gabeläste mit dem Vorderrande der unteren Unterlippenplatte (also mit dem Randsaum des stumpfen vorderen Einschnittes) verbindet?. Der stumpfe Einschnitt der Unterlippenplatte ermöglicht dem unpaaren Schenkel des drei- 1 Die Angaben BEcner’s über Pulex und Panorpa kann ich nur bestätigen. 2 In Fig. 37 der Deutlichkeit halber nicht mit gezeichnet. Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 691 ® gabeligen Chitingebildes eine freie Bewegung in der Vertikalebene. Die Größe seines Exkurses nach unten scheint aber durch die erwähnte Bindemembran limitirt. Die obere Platte des Unterlippencylinders (Fig. 3, 8 und 33 op) bildet den Boden der tiefen Längsrinne, welche Oberlippe und Hypo- pharynx in sich aufnimmt. Sie beginnt eigentlich erst von dem Punkte, wo die untere Platte des Hypopharynx nach oben aus ihr hervorbricht (Fig. 7 beig) und ist stark chitinisirt. Sie endet vorn fast abgestutzt, mit kleiner, in der Mittellinie vorgezogener Spitze (Fig. 8 und 37 am). Sie stellt mit ihren seitlich aufbiegenden, namentlich vorn stark leisien- artig verdickten Rändern schon an und für sich eine Halbrinne dar. Zu einer Dreiviertelrinne, welche am Vorderende sogar zu einem voll- kommenen, durch Falz und Nuthe in einander greifenden Rohr sich aus- bildet (Fig. 24 bei y), wird die Unterlippe erst dadurch, dass an jene leistenartig verdickten Ränder jederseits sich der membranöse Theil der Unterlippenwandung anschließt, der erst, nachdem er sich über Ober- lippe und Hypopharynx theilweise herübergewölbt (Fig. 33 v; Quer- schnitt), nach außen umschlägt, um an der Außenseite des Unterlippen- cylinders in den Seitenrand der unteren Platte überzugehen. Ganz am Vorderende der oberen Unterlippenplatte (oder Rinnenplatte) reitet ge- wissermaßen auf deren stark verdickten Seitenrändern eine stark ver- hornte Chitingabel (Fig 15 og von der Fläche, Fig. 8 und 17 og von der Seite). Sie hat von der Seite etwa die Gestalt eines Schlittenunter- gestelles, da ihre beiden Gabeläste parallel laufen und der Verbindungs- theil beider kufenartig gebogen ist. Dieser Verbindungstheil liegt unter der Rinnenplatte, so dass die letztere gewissermaßen in die Gabel hin- eingeschoben scheint; die dicht neben einander liegenden Gabeläste verlaufen schräg nach vorn und aufwärts. Durch ihre gelenkige An- heftung auf den Rändern der Rinnenplatte wird eine Drebung der Gabel in dem Sinne ermöglicht, dass der unpaare Theil derselben sich nach vorn bewegt, während die parallelen Gabeläste mit ihren Spitzen einen Bogen nach oben und hinten beschreiben, die ganze Gabel also zur Längsachse der Unterlippe eine mehr senkrechte Stellung erhält. Auch hier wird die Größe des Exkurses dadurch limitirt, dass der Vorderrand der Rinnenplatte durch eine Chitinmembran mit den basalen Schenkel- abschnitten der Gabel und deren Scheitelpunkt selbst verbunden ist (Fig. 15 ev). Vom tiefsten Punkte des unpaaren Abschnittes der Gabel zieht sich dann noch ein dickes, cylindrisches Chitinband (Fig. 8 und 17 e), das völlig pigmentfrei und glashell, wohl als elastisches Band zu bezeichnen ist, und einen zapfenarligen, nach hinten gerichteten Fort- satz trägt, nach unten zum inneren Winkel des dreigabeligen, der 692 Karl Kraepelin, \ ® unteren Platte der Unterlippe gelenkig inserirten Chitingebildes hin und vermittelt so die Verbindung der beiden besprochenen Chitingabeln. Gleichzeitig erfüllt es den Zweck, die innere Höhlung des Unterlippen- cylinders, welche nach vorn kontinuirlich in die beiden seitlichen La- bellenkissen sich fortsetzt, in der Medianlinie zu schließen. Während die obere, wie die untere Platte der Unterlippe in der be- schriebenen Weise mit je einer specifisch gebildeten, beweglich einge- lenkten Chitingabel endigen, erhält der beide Platten verbindende mem- hranöse Theil der Unterlippenwandung (in Fig. 8 nicht mit gezeichnet; vgl. Fig. 3 v und den Querschnitt Fig. 33 v) nach der Spitze zu mehr und mehr das Übergewicht (Fig. 19 v) und bildet so die beiden schon oben erwähnten, die Tupfscheibe des Fliegenrüssels darstellenden La- bellenkissen. Dieselben liegen in der Ruhelage mit breiter Fläche in der Medianebene der Unterlippe an einander (Fig. 18 von vorn) und lassen je eine Innen- und Außenseite — beide von durchaus ver- schiedener Skulptur — erkennen. Die Außenseite jedes Kissens unter- scheidet sich nicht wesentlich (abgesehen von langen und starken Borsten) vom membranösen Theil der Unterlippenwandung, in den sie direkt übergeht. Als drei Stützstreben gewissermaßen dieser Außenwandung erscheinen die drei Schenkel der zuerst beschriebenen unteren Chitin- gabel, an deren unpaaren absteigenden Ast die Außenmembranen beider Kissen sich der ganzen Länge nach inseriren, so dass also eine Trennung der beiden Kissen an diesem unteren hinteren Abschnitt nicht einge- treten ist. Die paarigen Äste endigen in der Haut der Außenseite der Kissen, anscheinend ziemlich weit vom Rande derselben entfernt. Bei genauerer Betrachtung sieht man jedoch von jedem Gabelende im stumpfen Winkel ein zartes, in der Haut liegendes Chitinband (Fig. 8 und 19 z) verlaufen, welches sich an eine verdickte Stelle (cp) nahe dem Vorderrande jedes Kissens inserirt. — Die obere der beiden Chitin- gabeln ist nicht so, wie die untere, an der Außenseite der Kissen sicht- bar, wie schon daraus erklärlich, dass ihre beiden Gabeläste nicht recht- winkelig, sondern parallel zu einander stehen (Fig. 15). Diese beiden Äste der oberen Gabel treten vielmehr an der Innenfläche der Labellen- kissen zu Tage, wo sie nahe dem oberen Rande ganz eben so in der Haut liegen, wie die Äste der unteren Gabel in der äußeren Kissenmem- bran. Von diesen beiden parallelen Gabelästen geht nun eine Skulptur der inneren Kissenflächen aus, welche von derjenigen der Außenflächen durchaus verschieden ist. Jeder der Gabeläste trägt nämlich ungefähr an der Gelenkstelle mit dem Rande der Rinnenplatte einen mit ihm starr ver- bundenen, in seiner Längsrichtung verlaufenden Chitinbogen (Fig. 17 cb; die Figur stellt einen Längsschnitt in der Medianebene der Unterlippe Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 693 dar, so dass die rechte Labelle von der Innenfläche sichtbar wird), zwischen welchen die Kissenmembran ausgespannt ist. Diese Membran ist aber keine ebene Fläche, sondern sie zeigt schon unmittelbar an ihrer Insertion mit dem Chitinbogen radiale Falten und regelmäßig mit diesen abwechselnde Vorwölbungen. Letztere (Fig. 17 und 16 w), die natür- lich, vom inneren Hohlraum des Kissens aus betrachtet, als eben so viele Rinnen erscheinen, gehen aus dem Basrelief, in dem sie gewisser- maßen auf der Kissenfläche skulptirt erscheinen, bald so sehrin das Haut- relief über, dass sie sich ganz von ihrer Unterlage abheben und als kurze zweizinkige, schon von MAcLoskiE und Dimmock erwähnte »Kratzzähne« oder Dornen (Fig. 16 kz) frei hervorragen. Solcher Dornenreihen finden sich drei, die dadurch ich möchte sagen in einander geschachtelt er- scheinen, dass nicht je zwei benachbarte Faltenränder zu einem Dorn sich vereinigen, sondern dass die zweite Dornenreihe von je zwei Falten (Fig. 16 fb, fb) gebildet wird, die rechts und links vom Dorn erster Ord- nung liegen, die dritte Reihe dagegen von solchen (fc, fc), welche wieder einen Dorn der zweiten Reihe jederseits begleiten, wie dies Fig. 16 viel- leicht verdeutlicht. Zu einer vierten Reihe Dornen sind allerdings die stärker chitinisirten Faltenränder (fd, fd) noch vorhanden: sie kommt aber nicht mehr zu Stande, da sich diese zwei Chitinleisten, welche einen Dorn der dritten Reihe rechts und links flankiren, nicht mehr in der Mittellinie jenes Dornes vereinigen, sondern vielmehr eine gerade entgegengesetzte Richtung einschlagen und eine selbständige, halbkreis- förmig gebogene Spange bilden. Indem also nun die Faltenränder vierter Ordnung, welche zwischen zwei Dornen der dritten Reihe liegen, sich als halbkreisförmige Spangen gegen einander kehren, bilden sie den Anfang einer fast geschlossenen Ringfurche, welche nun, von dicht auf einander folgenden Spangen gestützt, in radialer Richtung über die ganze Breite der Innenfläche des Labellenkissens hinzieht. Diese Rinnen- furchen sind die vielbeschriebenen und vielbesprochenen »Pseudotra- cheen« (Fig. 16 und 17 ps); die eigenthümliche Gabelung ihrer Stütz- spangen, welche schon Hunt beschrieb, beginnt erst in einiger Entfernung von ihrer oben geschilderten Eingangsöffnung, wie aus Fig. 16 zu sehen. Dass diese Chitinspangen der Pseudotracheen und die sogenannten Kratz- zähne an der Basis der Chitinbogen desselben morphologischen Ursprungs sind, dürfte aus dem Vorhergehenden genugsam erhellen. Am Labellen- rande, wo Innen- und Außenwandung des Kissens an einander stoßen, endigen schließlich die sich mehr und mehr verjüngenden Pseudotra- cheen. — Starke Borsten, wie später zu erörtern Drüsenborsten, sind längs des Randes der Außenwandung in mehrfachen Reihen (Fig. 26 dh) eingepflanzt. Auf der Innenfläche der Kissen zeigen sich in regelmäßiger 694 Karl Kraepelin, Vertheilung zwischen den Pseudotracheen kleine helle, schon von . Meınert beobachtete Punkte (Fig. 17 und 16 90), die wir später als muthmaßliche Geschmacksorgane kennen lernen werden. Am auf- fallendsten aber ist, dass im Innern eines jeden Labellenkissens ein System glasheller, elastischer Chitinstäbe entwickelt ist (Fig. 26 st, Längsschnitt durch ein Labellenkissen ; Fig. 35 und 36 $t, Querschnitte parallel dern Verlauf der Pseudotracheen). Dieselben verlaufen in der- selben Richtung wie die Pseudotracheen, also radial vom Bogen der oberen Chitingabel; sie beginnen genau da im subcuticularen Gewebe der inneren Kissenwandung (Fig. 35 und 36), wo die oben beschriebenen Falten vierter Ordnung die ersten Spangen zur Bildung der Pseudotra- cheen liefern, und ziehen nun parallel mit den letzteren unter der inneren Kissenfläche hin, so zwar, dass je ein Chitinstab zwischen zwei Pseudotracheen gelegen ist, um dann plötzlich fast rechtwinkelig durch die Dicke des Kissens hindurch zur äußeren Wandung desselben umzu- biegen, wo er sich an die schon früher erwähnte stärker verhornte Stelle derselben (cp), resp. an deren gedachte Verlängerung nach oben und unten, also in nur geringer Entfernung vom vorderen Kissenrande, in- serirt. Es leuchtet ein, dass ein Zug an diesem Insertionspunkte parallel mit dem längeren Schenkel des rechtwinkeligen Chitinstabes eine ‚Biegung desselben, das Nachlassen des Zuges ein Zurückschnellen in die Ruhelage vermöge der elastischen Spannung des Stabes hervorrufen muss. II. Muskulatur und Bewegungsmechanismus. Nachdem wir in gröberen Zügen das chitinöse Substrat kennen ge- lernt, welches dem Fliegenrüssel seine Form giebt, soll nunmehr die Betrachtung der Muskulatur uns zum Verständnis der Mechanismen führen, durch welche die verschiedenartigen und so komplicirten Bewe- gungen des Rüssels zu Stande kommen. An solchen Bewegungen wer- den wir zu unterscheiden haben: 1) das Einziehen des ganzen Rüssels in die Kopfkapsel, 2) die damit Hand in Hand gehende Knickung des eigent- lichen Rüssels gegen den Kopfkegel nach oben, 3) das Hervorschieben des ganzen Rüssels aus der Kopfkapsel, 4) das Strecken des Rüssels, 5) etwaige Einzelbewegungen der Rüsseltheile (Oberlippe, Hypopharynx), 6) das Aufklapper, Zuklappen und völlige Umschlagen der Labellen, 7) das An- und Abschwellen der Labellenkissen, 8) das Aufsteigen der Nahrung im Speisekanal. 1. Die Bewegungen der Ersndsbei desRüssels. Für . das Einziehen des Rüssels in das Innere der Kopfkapsel sind zwei Muskelpaare in Anspruch zu nehmen. Das eine Paar zieht sich, wie schon früher erwähnt, von der Spitze der hinteren Fulerumhörner schräg Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca, 695 nach oben und vorn, um sich jederseits seitlich von dem am Kopfvorder- rande pendelnd aufgehängten Chitinbande an die dünne Oberhaut des Rüsselkegels, jedoch nahe der Linie, wo dieselbe in die starre Kopf- kapsel übergeht, zu inseriren (Fig. 3 mr). Die Wirkungsweise dieses Muskels ist nicht leicht festzustellen, ja sie ist bei der eigenthümlichen doppelten Gelenkverbindung des Hufeisens mit der Kopfkapsel (in der schematischen Fig. % bei b u. d) so lange überhaupt keine eindeutige, als nicht die Bewegungsrichtung des chitinösen Aufhängebandes, das am Rande der Kopfkapsel um einen Winkel von mehr als 60° pendeln kann (vgl. die Lage von bd in Fig. 5 u. 6), bestimmt ist. Dies geschieht nun durch ein zweites Muskelpaar, welches durch seine Kontraktion das pen- delnde Chitinband in die Schräglage nach innen bewegt. Dieses Muskel- paar (Fig. 3 mf) zieht, von der hinteren Basalplatte der Kopfkapsel be- sinnend, zu beiden Seiten des Hinterhauptsloches nach vorn, um sich schließlich jederseits an eine stark chitinisirte Stelle (x) der zarten Unter- lippenwandung nahe dem Oberrande von deren unterer Platte zu inse- riren. Es ist somit von ganz erstaunlicher Länge und augenscheinlich noch dadurch zu größeren Kontraktionsleistungen befähigt, dass die Fa- sern jedes Muskels einen vielfach geschlängelten Verlauf nehmen, wo- durch derselbe ein eigenthümlich welliges Aussehen erhält. Bei seiner Kontraktion wird ein Zug auf den stark chitinisirten Insertionspunkt (Fig.3 u. 1 bei x) der Unterlippenwandung nach hinten ausgeübt und so- mit die starre Wandungsplatte der Unterlippe teleskopartig in die sich bei dieser Gelegenheit doppelt einstülpende Wandungsmembran des Rüsselkegels hineingezogen. Da aber, wie schon früher erwähnt, die obere Unterlippenplatte mit dem Grundtheil des Hypopharynx starr ver- bunden ist, so wird auch letzterer in der Richtung der Muskelkontrak- tion nach hinten gezogen und theilt diese Bewegung durch Vermittelung der »dreieckigen« Chitinkapsel dem Fulcrum und so auch dessen Auf- hängebande mit, wodurch das letztere in seine Schräglage nach innen geführt wird. Es ist somit der von der Fulcrumhornspitze a (Fig. 4) be- schriebene Weg, resp. die Lagenveränderung des Fulcrum durch fol- gende beiden, entweder gleichzeitig oder nach einander verlaufenden Be- wegungen bestimmt ?: Erstens durch die in einem Kreise erfolgende, von der Kontraktion des unteren langen Muskelpaares hervorgerufene Drehung des Chitinbandes bd um den Punkt d selbst, welche, wie die Beobachtung lehrt, bis etwas über 60° betragen kann; mit dem End- punkte dieses Chitinbandes bewegt sich der damit gelenkig verbundene ‘ MEInerT und Dıimmock nennen ihn den Protraktor des Rüssels. 2 Für die nachfolgende Darlegung sind mir die Belehrungen meines Kollegen und Freundes, des Herrn Dr. Aue. VoLLer, von besonderem Nutzen gewesen. 696 Karl Kraepelin, Punkt 5 des Fulerum. Zweitens durch die von dem oberen, zwischen a und e wirkenden Muskelpaare hervorgerufene Drehung der Fulerum- spitze « um den Punkt 5b. Mit andern Worten : Im Verlaufe der Kon- iraktion beider Muskelpaare ist der von «a beschriebene Weg der geome- trische Ort eines Punktes, welcher von c um die in einem bestimmten Verhältnisse abnehmende Muskellänge, von b aber um die konstante Fulerumbreite entfernt ist, während gleichzeitig 5 sich auf einem mit bd um d geschlagenen Kreise bewegt. Nimmt man für die beiden Muskel- kontraktionen bestimmte, den thatsächlichen Verhältnissen entsprechende Werthe an, so lässt sich dieser Weg, also die Lagenveränderung des Ful- crum, leicht konstruiren.. Fig. 4 giebt eine solche Darstellung unter der Voraussetzung, dass die Kontraktion beider Muskelpaare gleichzeitig erfolge und unter der an und für sich willkürlichen, aber für das schließliche Resultat auch einflusslosen Berücksichtigung von fünf auf einander folgenden Momenten, in welchen die Drehung des Chitinbandes dd um je 12°, also zusammen um 60°, und die Verkürzung des Muskel- paares ac um je 0,02, also zusammen um 0,1 der Länge desselben statt- findel. Die Punkte a und 5, a, und b,, as und by etc. bezeichnen dann die jedesmalige Lage resp. der Fulerumspitze @ und der Gelenkstelle d. Anfangs- und Endlage des Fulerum sind der im Übrigen schematischen Figur eingezeichnet. Dieselbe zeigt ohne Weiteres, wie durch das ge- schilderte Zusammenwirken der beiden Muskelpaare das Einziehen des Fulcrum in den Hohlraum der starren Kopfkapsel zu Stande kommt. Die Annahme anderer Kontraktionswerthe würde selbstverständlich die Natur der Kurve, welche von der Fulcrumspitze beschrieben wird, nicht ändern. Eben so würde die Voraussetzung, dass die Kontraktion beider Muskelpaare nicht gleichzeitig, sondern nach einander stattfinde, zwar die Konstruktion des Weges von «a, nicht aber den schließlich erreichten Ort, also auch nicht die Endlage des Fulcrum beeinflussen. Wir sind daher berechtigt, die beiden soeben in ihrer Wirkungs- weise geschilderten Muskelpaare als Retraktoren des Rüssels zu be- zeichnen. Dennoch möchte ich diesen Namen ausschließlich auf die Ful- crumhornmuskeln anwenden, da dem langen unteren Muskelpaar augen- scheinlich noch eine weitere Aufgabe zugefallen ist. Der chitinöse Insertionspunkt dieses Muskels an der Unterlippenwandung (&) liegt etwas höher als der Artikulationspunkt von Hypopharynx und Chitin- kapsel. Durch seine Kontraktion muss daher gleichzeitig eine Flexion des Hypopharynx gegen die Chitinkapsel und somit der ganzen, mitihm ! Da dasselbe nicht an die starre Kopfkapsel selbst, sondern nur in deren Nähe an die dünnhäutige Kegelmembran sich inserirt, so ist außerdem noch eine Verschiebung des Insertionspunktes ce nach c’ angenommen. | Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 697 fest verbundenen Unterlippe gegen das Fulcrum erfolgen. Nach dieser seiner Hauptfunktion möge der in Rede stehende, übrigens bisher von Niemand genauer studirte Muskel! den Namen eines »Flexors der Unterlippe« erhalten. Neben diesem sehr starken Muskelpaar verlaufen an der Unterseite des Kopfes noch zwei Paar schwächerer Muskeln, welche aber nicht vom Hinterrande der Kopfkapsel, sondern von seitlichen Vorsprüngen der Umgrenzung des Hinterhauptsloches entspringen. Das eine dieser Muskelpaare (Fig. 3 mn) hilft augenscheinlich die oben erwähnte dop- pelte Faltung der basalen Kegelmembran bewerkstelligen, da es sich an eben diese Membran inserirt. Den Verlauf des anderen Muskelpaares (Fig. 3 ml) habe ich mit Sicherheit nur bis über die kleine Chitinkapsel hinaus verfolgen können, wo es, den Flexor der Unterlippe von außen und oben übergreifend, sich wahrscheinlich an die Basis der Oberlippe inserirt. Es würde die Herabzieher der Oberlippe darstellen, wie weiter unten näher zu erörtern. Die besprochenen Muskelpaare genügen vollkommen, um das Ein- ziehen des Rüssels in die Kopfkapsel und das gleichzeitige Knicken des- selben zu erklären, wie noch besonders aus den Zeichnungen Fig. 5 und 6 hervorgehen mag, welche die Lage der Theile im vorgestreckten und zurückgezogenen Zustande wiedergeben. Weniger sicher ist der Modus des Vorstreckens der Rüsseltheile zu konstatiren. Ein Muskel, welcher das Fulerum um seinen Aufbängepunkt nach vorn und abwärts drehte, ist, trotz BEcuer’s gegentheiliger Angabe, nicht aufzu- finden. Es muss daher ein anderer Motor gesucht werden, da die Schwerkraft allein, welche natürlich bei Relaxation der Muskeln den Schwerpunkt des Fulerums in seine Ruhelage ziehen und somit das Ful- crum um: seine beiden Drehpunkte nach unten (bei normaler Stellung des Fliegenkopfes) bewegen wird, zu einem energischen Vorstoßen nicht genügen kann. Hierzu scheint nun das Tracheensystem in hohem Grade geeignet. Durch das Hinterhauptsloch in den Kopf tretend erwei- tern sich die Tracheenstämme im Innern der Kopfkapsel zu ganz gewal- tigen Blasen (wahrscheinlich zwei), welche bei vorgestrecktem Rüssel den ganzen Innenraum (Fig. 5 ir) einnehmen, so weit er nicht durch das Nervencentrum, die Augennerven und die eingestülpte Kopfblase aus- gefüllt wird. Diese merkwürdige Hohlraumbildung erweist sich zunächst für die Einziehbarkeit des Rüssels von hoher Bedeutung, indem so durch das einfache Zusammendrücken der Tracheenblasen Platz für das nach innen dringende Fulcrum geschaffen wird, ohne dass bei dieser gewal- 1 MAcroskıe, MEInErT und Becuer glauben, dass derselbe sich den hinteren Ecken der unteren Unterlippenplatte inserire und lediglich als Retraktor wirke. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XXXIX. Bd. 46 698 Karl Kraepelin, tigen Raumbeanspruchung irgend eines der im Kopfe gelegenen Organe beeinträchtigt würde. Es war Anfangs meine Ansicht!, dass die allen Musciden zukommende sogenannte Kopfblase hierbei eine Rolle spiele, und dass namentlich die vom Fulcrum zu verdrängende Luftmasse aus der Öffnung der handschuhfingerartig nach innen gestülpten Kopf- blase entweiche. Nach genauerer Betrachtung der Verhältnisse ist es für mich zweifellos, dass die Kopfblase für das Vor- und Zurückgehen des Fulcrum durchaus bedeutungslos ist, dass die gewaltigen Luftbehälter des Kopfes echte Tracheenblasen sind, welche mit der Kopfblase in kei- nerlei Verbindung stehen. Da sie es aber, wie Längsschnitte beweisen (Fig. 5 u. 6), ausschließlich sind, deren Volumen durch das zurück- gehende Fulcrum in so hohem Maße verringert wird, so kann die in denselben befindliche Luft nur vermittels der Tracheenstämme des Hin- terhauptsloches durch die Bruststigmen abgeführt werden. Ist dem aber so, wie ich nicht zweifle, so wäre gleichzeitig auch der gesuchte Motor für das Wiedervorstrecken des Rüssels gefunden: Es wäre der gewöhn- liche Inspirationsmechanismus -der Bruststigmen, mit dessen Hilfe die zusammengedrückten Luftsäcke des Kopfes aufs Neue mit Luft geschwellt würden und so auf die Proximaltheile des Rüssels einen Druck nach außen ausüben müssten ?. Begünstigt dürfte dieser Effekt noch dadurch werden, dass die Kopftracheensäcke in alle Theile des Rüssels selbst, also auch in die Wölbung des Fulcrum (Fig. 10 tr, ; Querschnitt), wie in die Unterlippe (Fig. 10 r,) Anfangs sehr weite, dann sich zu Tracheen verjüngende Ausstülpungen senden, wodurch also der Kopfkegel selbst gewissermaßen noch aufgeblasen und somit — nach dem Principe der Bournon’schen Metallmanometer — gestreckt wird. Mit dem Vorstrecken und Aufblasen des Rüsselgrundtheils pflegt ein Strecken deseigentlichen Rüssels Hand in Hand zu gehen. Der Mechanismus für dieses Senken der Unterlippe und der mit ihr in Verbindung stehenden Theile ist leicht klar zu legen. Die Hauptdreh- punkte des eigentlichen Rüssels gegen das Fulcrum sind, da die Unter- 1 Vgl. meine »Vorläufige Mittheilung« im Zool. Anzeiger, 1882, p. 578. 2 Die Vermuthung, dass der Rüssel durch Luftdruck aus der Kopfkapsel heraus- gepresst werden möge, ist schon vor langer Zeit von GLEICHEN ausgesprochen und neuerdings namentlich von MAcLoskıE und Diımmock auf Grund von Experimenten unter Wasser wieder aufgenommen worden, ohne dass man näher auf den noth- wendigen Motor dabei eingegangen wäre. — Bemerken will ich übrigens noch, dass ich bei einigen Schnittserien — leider war Species und Geschlecht der betreffenden Thiere nicht mehr bestimmbar — einen starken von der Kopfdecke (namentlich der Gegend der Kopfblase) zur Basis vertikal verlaufenden Muskel konstatiren konnte, dessen Kontraktion die Wirkung der Inspiration durch Annäherung der Kopfwan- dungen verstärken muss. Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 699 lippe keinen eigenen Drehpunkt besitzt, die Artikulationsstellen des Hy- popharynx und der Oberlippe mit der kleinen Chitinkapsel (Fig. 7 ;, u. 1); die Bewegungsfähigkeit der letzteren gegen den Vorderrand des Fulerum ist eine nur geringe. Wie Fig. 7 und 12 zeigen, sind nun die langen Chitinspangen (sp) zu beiden Seiten des Fulcrum, die wir als Basaltheile rudimentärer Unterkiefer in Anspruch nehmen mussten, fest mit der Chitinhaut der Oberlippe verwachsen und zwar um ein Beträcht- liches vor jenen Drehpunkten der Oberlippe und des Hypopharynx. Vom knopfförmig verdickten Ende dieser Spangen zieht nun je ein star- ker Muskel (Fig. 7 u. 12 me) schräg nach vorn und unten, um sich dem vorderen seitlichen Horn des Fulcrum zu inseriren. Ein anderer, sehr kurzer Muskel (Fig. 7 mb) verbindet das knopfförmige Ende der Spange mit der Oberhaut des Kopfkegels, in unmittelbarer Nähe der hufeisen- förmig gestalteten oberen Fulerumüberdachung. Eine Kontraktion des erst beschriebenen Muskelpaares me bewirkt auf den Spangenknopf in der Richtung des Muskels einen Zug, der nach dem Parallelogramm der Kräfte sich in zwei Kräfte zerlegen lässt, deren eine den Knopf senkrecht abwärts zu bewegen strebt, während die zweite in der Längsrichtung der Spange wirksam wird. Erstere Bewegung findet ihre Grenze in der Dehnbarkeit des kurzen, dicken, in der Nähe des Fulcrumgewölbes fixir- ten Muskels mb; letztere muss die Oberlippe und somit den Hypopharynx sammt der starr mit ihm verbundenen Unterlippe (die ja, wie schon her- vorgehoben, keinen eigenen Drehpunkt besitzt) um die Artikulations- punkte ?, und ;,, an der kleinen Chitinkapsel nach unten drehen, mithin ein Geradestrecken des gesammten Rüssels zur Folge haben. Der Spangenmuskel ist daher als der Extensor! des Rüssels in Anspruch zu nehmen. Der kurze, dicke Befestigungsmuskel der Spange ist in ge- wissem Sinne als sein Antagonist anzusehen, da durch dessen Kontrak- tion der Spangenknopf gehoben und somit ein Zug auf die Oberlippe ausgeübt wird. Derselbe unterstützt demnach die großen Flexoren der Unterlippe in ihrer Wirkung. 5 Specialbewegungen scheint von allen Mundwerkzeugen nur die Oberlippe ausführen zu können. Das Aufrichten derselben ge- schieht durch ein zartes Muskelpaar, welches, etwas vor dem Artikula- tionspunkte der Oberlippe mit der CGhitinkapsel in unmittelbarer Nähe t MEINERT nennt diesen Muskel den »Protraktor der Oberlippe«, obwohl bei der ganzen Artikulationsweise von einem Vor- und Rückwärtsschieben der Rüsseltheile bei Musca gar nicht die Rede sein kann. Lowne betrachtet sie als »Flexoren«, wäh- rend MAcLoskIE Sagt: »these muscles bend the tip of the fly from side to side, enabling this organ to move nimbly from place to place«. Auch Dimmock vertritt - diese letztere Ansicht. 46* 700 Karl Kraepelin, der Spangenbefestigung seinen Ursprung nehmend (Fig. 12 ma), schräg nach oben und hinten zum Bogen des Fulcrumhufeisens verläuft (Fig. 3 ma). Diesem entgegen dürfte ein anderes Muskelpaar (Fig. 3 ml), von Vorsprüngen des Hinterhauptsloches nach vorn ziehend (vgl. p. 697), wirken; doch habe ich dessen Zusammenhang mit der Oberlippe nicht sicher konstatiren können. Jedenfalls scheint es für die ganze Mechanik des Saugens von hoher Wichtigkeit, dass gerade die Verbindung der beiden, den Saugkanal bildenden Halbrinnen nach Bedürfnis gelockert oder fester gefügt werden kann. 2. DieBewegung der Labellen. Wer je einen Fliegenrüssel in-Thätigkeit beobachtet hat, wird erstaunt sein über die Mannigfaltig- keit der Form- und Lagenveränderungen, welche der sogenannte Rüssel- knopf, d. h. die beiden Labellenkissen, zu zeigen vermag. Während diese Kissen bei eingezogenem Rüssel als zwei flach ihrer ganzen Länge nach an einander liegende dünne Platten erscheinen (Fig. 18), deren Rän- der in fortwährender vibrirender Bewegung sind, klaffen dieselben bei der Aktion unter starker Vermehrung ihres Dieckendurchmessers plötz- lich rechtwinklig zur Längsachse des Rüssels aus einander und stellen nun das bekannte Tupfpolster dar, dessen Tupffläche bald stark nach außen gewölbt (Fig. 20), bald schüsselförmig vertieft ist und im letzteren Falle mehr die Gestalt eines Saugnapfes annimmt (Fig. 23). Ja endlich — allerdings wohl nur im Todeskampfe — sieht man die rechtwinklig aufgeklappten Platten sich weiter und weiter nach außen drehen und, unter gleichzeitiger Verflachung, völlig zurückschlagen, wodurch die in der Ruhelage an einander lagernden inneren Labellenflächen nunmehr nach außen und rück wärts gekehrt sind (Fig. 22). Zu diesem An- und Ab- schwellen, diesem Auf- und Zuklappen kommen dann noch Bewegungen in der Vertikalebene, wie am leichtesten an der Lage der Pseudotracheen zu erkennen, die bei der Ruhelage der Labellen mit der Längsachse der Unterlippe einen ziemlich beträchtlichen Winkel bilden (vgl. Fig. 17), in der Aktion dagegen fast in derselben Horizontalen liegen. — So kom- plicirte Bewegungserscheinungen können nur durch einen kompliecirten Mechanismus hervorgerufen werden, dessen Details nicht ohne Schwierig- keit zu enträthseln sind, so selbstverständlich die im Folgenden geschil- derten Einrichtungen auch scheinen mögen. Die früheren Erklärungs- versuche sind sämmtlich so unzulänglich, dass ich sie mit Stillschweigen übergehen kann. Wie im ersten Abschnitte dieser Arbeit aus einander gesetzt, trägt _ sowohl die obere als die untere Platte der Unterlippe an ihrer Spitze je eine Chitingabel, welche mit der betreffenden Platte in der Weise arti- kulirt, dass sie mehr oder weniger senkrecht zur Horizontalebene gestellt Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca, 701 werden kann. Die Artikulation der unteren Gabel ist vermöge der ein- geschalteten kleinen Chitindreiecke dp (Fig. 37) eine freiere, als die der oberen, ihr Bewegungsexkurs also ein bedeutend größerer, als derjenige der oberen. Unmittelbar über den zwei Artikulationspunkten jeder Gabel inserirt sich ein starker Muskel (Fig. 26 u. 17 mo u. mu), der von der starren unteren Platte der Unterlippe ausgeht. Eine Kontraktion dieser Muskelpaare bewirkt eine Drehung der Gabelspitzen um ihre Artikula- tionspunkte nach hinten und somit ein sich mehr senkrecht Stellen der Gabeln zur Horizontalen; ein Erschlaffen der Muskeln lässt die Gabeln in ihre schräge Ruhelage zurückschnellen, da ihre Artikulationen keine wahren Gelenke, sondern dünnere und elastische Chitinverbindungs- stücke sind. Die obere Gabel hat, wie schon früher hervorgehoben, eng an einander liegende, parallele Schenkel, welche in der Haut der inneren Kissenfläche verlaufen und auch endigen. Unbeweglich an ihnen be- festigt sind die halbkreisförmigen Chitinbogen cd, welche den »Kratz- zähnen« sowohl als den Pseudotracheen zum Ansatz dienen. Eben so ist das System der früher beschriebenen inneren blassen Chitinstäbe(Fig.26 si) fest mit dem subeuticularen Gewebe der Kreisbogen verbunden. Ein Auf- richten der oberen Chitingabel muss daher auch die Lage der an ihren Schenkeln befestigten Kreisbogen und ihrer Appendices, kurzum der ge- sammten Innenflächen der Labellenkissen (vgl. Fig. 17) derartig ver- ändern, dass die Öffnung der Kreisbogen nicht mehr schräg nach unten, sondern nach vorn zeigt und die Pseudotracheen sammt den darunter hinziehenden Chitinstäben eine mehr horizontale, der Längsachse der Unterlippe fast gleichlaufende Lage annehmen. Dieser Bewegung muss in ihrem oberen vorderen Theile auch die Außenwand jedes Labellen- kissens folgen, da sie durch eigenthümliche, die Dicke des Kissens durch- setzende Querfasern (Muskelfasern ? Fig. 15 u. 36 ma) mit der Innen- fläche in Verbindüng steht. Die eben geschilderte Bewegung der beiden Labellenkissen, durch welche also das System der inneren Chitinstäbe fast in die Richtung der Längsachse der Unterlippe gebracht worden, kann augenscheinlich durch die Drehung der oberen Chitingabel allein hervorgebracht werden, da sie es ist, welche allen den Gebilden der inneren Labellenfläche als An- satzpunkt dient. Zu Weiterem aber ist sie nicht befähigt, sowohl wegen ihrer stets parallelen Schenkel, als wegen ihrer wenig ausgiebigen Arti- kulation. Nun aber tritt die untere Chitingabel, welche die Bewegung der oberen bis dahin nur begleitet und, namentlich durch ihren unteren, unpaaren Ast, der die hinteren unteren Kissenpartien nach vorn und oben drängte, unterstützt hat, mit ganz anderen Wirkungen in Aktion. Ihre paarigen Schenkel stehen rechtwinklig zu einander (Fig. 37,8); die 702 Karl Kraepelin, Spitzen derselben liegen in der äußeren Chitinhaut und tragen hier jene früher erwähnten, parallel nach vorn verlaufenden und daher aus der Ebene der Schenkel heraustretenden Chitinstreifen (Fig. 8 z), welche gleich Zugstangen die Schenkelspitzen mit den hornig verdickten Plätt- chen (Fig. 8 cp) nahe dem Labellenrande verbinden, an welche sich nach der früheren Schilderung das System der inneren hellen Chitinstäbe mit ihren rechtwinklig umgebogenen, kurzen Enden festsetzt (vgl. Fig. 35 u. 36). Die freiere Artikulation der Gabel ermöglicht noch eine weitere Drehung, wenn die obere Gabel bereits ihren Kulminationspunkt erreicht hat. Die Spitzen der rechtwinkligen Gabelschenkel werden nach hinten gezogen. Dieser Zug setzt sich vermöge jener »Zugstangen«! (oder des »Gestänges«) auf die hornigen Verdickungen nahe den Kissenrändern und somit auf die Enden der kurzen Schenkel des inneren Stabsystems fort. Beide Lippenkissen werden an ihrem äußeren Vorderrande in gleichem Sinne nach hinten gezogen, und da dieser Zug nur an der Außenseite wirkt, so biegen sie nach außen um und bilden so die recht- winklig zur Längsachse klaffenden Tupfpolster. Die Drehungsachse des Kissens liegt hierbei nicht, wie man wohl von vorn herein erwarten sollte, an der Insertionsstelle der Labellen mit dem Unterlippenstamm, sondern viel weiter nach vorn in einer Linie, welche die Eingangsöffnungen der Pseudotracheen mit einander verbindet. Dass an dieser Stelle eine förm- liche Knickung der Labellen nach außen erfolgt, mag der Schnitt Fig. 35 zeigen; übrigens wird einem Auseinanderweichen der innersten Par- tien der Lippenkissen schon durch die starre Verbindung der stets pa- rallel bleibenden Schenkel der oberen Gabel vorgebeugt. Hört die Kontraktion des Muskels auf, welcher die Schenkel der unteren Gabel nach hinten und rückwärts drehte, so streben sowohl die Spangen des inneren Stabsystems, als auch die Gabel selbst vermöge ihrer Elasticität in die Ruhelage zurückzukehren. Es bedarf daher keiner besonderen, muskulösen Antagonisten der Gabelretraktoren?; bei der 1 Diese Vorrichtung gestattet eine komplicirtere Bewegung; der Hornplättchen resp. der Lippenränder, als wenn dieselben unmittelbar mit den Schenkelenden verbunden wären. Sie würden in diesem Falle nur in einem mit der Schenkellänge als Radius um deren Drehpunkt geschlagenen Kreise sich bewegen können, wäh- rend durch die Einfügung jener Zugstangen ihre Bewegung epicyklisch ver- läuft, so zwar, dass der Endpunkt dieses Gestänges sich auf einem Kreisbogen be- wegen kann, dessen Mittelpunkt selbst auf dem durch die Schenkellänge bestimmten Kreise mit festem Mittelpunkt (dem Drehpunkte der Schenkel) sich bewegt. Da die Zugstangen, und damit die Ebene des Kreises, worin sie sich bewegen, hierbei innerhalb gewisser Grenzen aus der Schenkelebene heraustreten können, so ist da- durch eine größere Bewegungsmöglichkeit der Lippenränder nach außen gegeben. 2 Im Zoologischen Anzeiger 4882 p. 577 habe ich irrthümlich einen solchen für die obere Gabel angeführt. Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 703 Erschlaffung der letzteren schnellen die Chitinstäbe wieder zusammen, und die zusammengelegten Lippenkissen nehmen wieder eine mehr ge- neigte Lage zur Längsachse der Unterlippe an. Ist dagegen die Kontrak- tion des Retraktors der unteren Gabel eine excessive, wie dies im Todes- kampfe der Fall sein dürfte, so wird das System der inneren Stäbe unter gleichzeitigem Auftreten von Torsionserscheinungen so weit nach hinten gedreht, dass die inneren Kissenflächen völlig nach außen umschlagen und, wie es scheint, nicht aus eigener Kraft wieder in die Ruhelage zu- rückkehren können (Fig. 22). Da die Drehung der unteren Chitingabel ein normales Öffnen der Lippen vermöge des inneren Stabsystems nur dann bewirken kann, wenn der Zug parallel oder fast parallel den längeren Schenkeln der Stäbe wirkt, wenn also die Stäbe vorher zur Längsachse der Unterlippe an- nähernd parallel gestellt sind, so scheint auf den ersten Blick viel von der richtigen Funktionirung des Retraktors der oberen Gabel abzuhängen, der nicht erschlaffen darf, so lange das Klaffen der Lippen dauern soll. Eine solche Eventualität dürfte nun aber durch die eigenthümliche Chitinverbindung der beiden Gabeln in ihren Folgen beseitigt sein. Dieses starke Chitinband (Fig. 8, 47 und 37 e) mit dem hornartigen Fortsatz nach hinten, dessen Bedeutug mir nicht klar geworden, zieht sich vom Endknopf der oberen Chitingabel zum Vereinigungspunkt der _ Schenkel der unteren Chitingabel herab, fügt sich der letzteren also etwas hinter deren beiden Drehpunkten an. Wird nun diese untere Gabel durch ihren Muskel gedreht, der Vereinigungspunkt ihrer Schenkel also etwas nach abwärts bewegt, so wird dadurch vermöge des elasti- schen Bandes ein Zug auf den unpaaren Endknopf der oberen Chitingabel ausgeübt, d. h. die obere Gabel in eine mehr vertikale Lage gedreht oder, falls sie dieseibe schon besitzt, in derselben erhalten. Die Bedeutung des elastischen Bandes, welches ja außerdem den Verschluss in der Mittellinie der Unterlippe zwischen den beiden Kissen bildet, dürfte da- her darin bestehen, dass es den oberen Gabelmuskel in seiner Wirkung unterstützt und diese Gabel selbst dann nicht in die schräge Ruhelage zurückkehren lässt, wenn die Kontraktion ihres zugehörigen Muskels nachlässt, Durch Vorstehendes dürfte das Heben und Senken, das Auf- und Zuklappen der Labellenkissen der Hauptsache nach erklärt sein. Die sonst noch auftretenden Bewegungen der Lippen können nur durch ge- naueres Studium des Innenraumes der Labelle eruirt werden. Was zunächst das ziemlich auffällige An- und Abschwellen der Kissen betrifft, so hat man vielfach! die Luft der Tracheen als Schwel- 1 So MAcLoskıe und Dimmock. 704 Karl Kraepelin, lungsmittel ansehen zu müssen geglaubt. Sorgfältige Schnittserien be- weisen nun aber, dass Tracheen von irgend welchem Belang gar nicht in die Labellenkissen eintreten und dass namentlich von blasigen Er- weiterungen, wie sie doch für den gewünschten Zweck vorhanden sein müssten, gar keine Rede ist. Schnitte durch aufgeschwellte Labellen- kissen lehren vielmehr auf das Unzweideutigste, dass alle nicht von Or- ganen eingenommenen Räume der Kissen durchaus mit Blut angefüllt sind, dessen blasse Körperchen man vielfach nachweisen kann. Es geht daraus mit Sicherheit hervor, dass das Anschwellen der Lippen ledig- lich durch Blutzufluss erfolgt, wie auch schon Breuer ohne An- gabe der Gründe annimmt. Den Motor für die das Schwellen der Lippen bewirkende Blutflüssigkeit erblicke ich in einer gewaltigen Mus- kelmasse (Fig. 17 mg, Fig. 33 mg im Querschnitt), welche den Stamm der Unterlippe vertikal durchsetzt. Ihre Kontraktion muss eine An- näherung der beiden Unterlippenplatten, d. h. eine Volumenverminde- rung des Unterlippenstammes, welche das Auspressen von Blutflüssig- keit zur nothwendigen Folge hat, herbeiführen. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, durch welchen Mechanis- mus die Tupffläche der Labellen bald gewölbt, bald flach, bald endlich saugnapfartig vertieft erscheint. Von vorn herein leuchtet ein, dass das elastische Stabsystem im Innern der Labellen in erster Linie hierbei in Betracht kommt, und es stößt die Vorstellung auf keine Schwierigkeiten, dass eine Vorwölbung oder eine Konkavität der Labellenfläche entstehen muss, je nachdem jene elastischen Stäbe nach der einen oder nach der andern Seite »durchgebogen« werden. Welches aber nun die speciellen Ursachen dieser verschiedenarligen Krümmung der Stäbe sind, habe ich nicht feststellen können. Auffallend wäre es übrigens bei diesem Durch- biegen der Stäbe nach der einen oder nach der andern Seite, dass die innere Kissenwandung diesen Krümmungen in jedem Falle folgt und namentlich beim Einbiegen der Stäbe eine kleine, vertiefte Schüssel darstellt (Fig. 23). Die Erklärung hierfür dürfte in der eigenthümlichen Verbindungsweise der Chitinstäbe mit der Innenwand der Labellen liegen; dieselbe ist so merkwürdig, dass ich sie etwas eingehender be- sprechen muss. Fertigt man Schnitte durch die zusammengeklappten Labellen, welche senkrecht zur Längsachse der Pseudotra- cheen und also auch der blassen inneren Chitinstäbe gelegt sind, so erhält man Bilder, wie sie Fig. 27 (Fig. 28 zeigt ein Stück dieses Schnittes vergrößert) wiedergiebt. Die Innenfläche jedes Kissens zeigt zunächst die hufeisenförmigen Querschnitte der Pseudotracheen ps, welche durch die Querschnittskontur der dünnen Oberhaut der Innenfläche des Kissens verbunden werden. Ziemlich beträchtlich von den Querschnitten der \ Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 705 Pseudotracheen entfernt, zieht sich durch das Innere des gesammten Kissens und zwar parallel mit dessen Innenfläche eine zusammen- hängende, in seltsamen Schlangenwindungen verlaufende Bindegewebs- schicht, welche Fig. 27 und 28 bei bh im Querschnitt, Fig. 26 (ein Stück) von der Fläche zeigt. Ihre Windungen erscheinen als schmale, senk- recht zur Fläche der Bindegewebsschicht gestellte Falten (Fig. 28 df), welche zwischen je zwei Pseudotracheen mehr oder weniger bis zur Innenwand des Labellenkissens heranreichen. Eine wirkliche Ver- bindung dieser Falten mit der Innenwand scheint, wie später noch genauer zu erörtern, nur an den Stellen stattzufinden, wo die Ge- schmacksorgane an der inneren Kissenfläche nach außen treten (Fig. 28 90). Umgriffen von der Bindegewebsschicht, und zwar mittels einer dickeren Partie koncentrisch geordneter Zellen (Figuren bei br), werden nun die inneren Chitinstäbe, deren Querschnitte in Fig. 27 und 28 als dunkle Scheibchen si dargestellt sind. Es lehrt dieser Befund, dass in der That eine Biegung der Stäbe die umgreifende Bindegewebsschicht, und somit wahrscheinlich auch die Innenwand der Labellenkissen, in Mitleiden- sehaft zieht; letzteres um so mehr, als vom Boden der Pseudotracheen noch zarte Bänder geschlängelt zu der bindegewebigen Schicht verlaufen (Fig. 28 bb). Möglicherweise haben die eben erwähnten Bänder auch noch den Zweck, den Abstand zwischen der Kisseninnenwand und dem Stabsystem zu reguliren, namentlich also beim Absetzen der Lippen- flächen von dem angesogenen Gegenstand, bei welcher die Adhäsion überwunden werden muss, in Funktion zu treten, ohne dass dennoch der Zusammenhang zwischen Stabsystem und Innenwand ein so inniger wäre, dass nicht die letztere allen Unebenheiten des anzusaugenden Körpers sich anzuschließen vermöchte. Die Falten der Bindegewebs- wand, wie die koncentrischen Zellen derselben sind übrigens wohl als die ursprünglichen Matrixzellen der benachbarten Chitintheile — also auch der elastischen Stäbe — in Anspruch zu nehmen. — Erst nach außen von der Bindegewebsschicht folgt der eigentliche Hohlraum der Labellenkissen, welcher mit Blut, Nerven und Tracheenzweigen aus- gefüllt ist. Was endlich die vibrirende Bewegung des vorderen Lippenrandes betrifft, so dürfte dieselbe theils durch verschiedenen Blutzufluss, mehr aber wohl noch durch die zarten Muskelfasern (?) bewirkt werden, welche an dieser Stelle durch die Dicke des Kissens von einer Wand zur andern ziehen (Fig. 15 und 36 ma). 3. Die Saugvorrichtungen. Die Fliege ist nicht nur im Stande, Flüssigkeiten zu genießen, sie nährt sich auch von festen Sub- stanzen, die sie vorher in Lösung gebracht. Zu ersterer Thätigkeit be- 706 Karl Kraepelin, darf es lediglich eines Saugrohrs; letztere erfordert außerdem die Gegen- wart einer auflösenden Flüssigkeit, so wie eine Vorrichtung, durch welche dieselbe mit dem zu lösenden Stoff in möglichst ausgedehnte Berührung kommt. Das Saugrohr beginnt da, wo die paarigen Schenkel der oberen Chitingabel des Rüsselknopfes dem Ende der oberen Unterlippenplatte aufsitzen. Die geöffneten Labellenkissen sind unterwärts, wie schon früher hervorgehoben, sowohl durch das mediane elastische Chitinband, wie durch den unpaaren Schenkel der unteren Chitingabel mit einander verbunden; oberhalb der von der oberen Unterlippenplatte gebildeten Saugrinne sind die beiden Labellenkissen zwar von einander getrennt, sie greifen aber hier so durch Falz und Nuthe in einander (Fig. 35 und 36 bei y), dass die aufgeklappten Kissen in der That einen allseitig ge- schlossenen Napf bilden, der ein Vordringen von Flüssigkeit nach dem Kopfe zu nur durch die von den Schenkeln der oberen Chitingabel ring- förmig umgriffenen (Fig. 45) Mündung der Unterlippenrinne gestattet. Zum besseren Verschluss des nur durch Falz und Nuthe verbundenen oberen Napftheils befindet sich hier an der Innenwand jedes Kissens noch eine dichte Haarleiste (Fig. 15 und 17 sh), wodurch jedes Aus- treten von Flüssigkeit aus dem Napf heraus unmöglich gemacht wird. Die von den beiden, auf dem Ende der oberen Unterlippenplatte ge- wissermaßen reitenden unpaarigen Schenkeln der oberen Chitingabel umgriffene Eingangsöffnung des Saugrohrs wird also zunächst nur von der oberen, fast zu einem geschlossenen Rohr (Fig. 15 op) aufgebogenen Unterlippenplatte allein gebildet. Unmittelbar dahinter aber sieht man die Spitzen der den eigentlichen Nahrungskanal umschließenden Chitin- gebilde, der Oberlippe und des Hypopharynx. Letzterer, mit seiner Spitze nicht so weit nach vorn reichend, als die Oberlippe, ist der Unterlippen- rinne dicht aufgelagert, so dass die durch die Eingangsöffnung auf- steigende Flüssigkeit nicht zwischen ihm und der Unterlippe, sondern zwischen Hypopharynx und Oberlippe weiter fließen muss. Das Eintreten der Flüssigkeit kann jedenfalls zunächst durch die Muskulatur der Oberlippe allein bewirkt werden, deren radiäre Muskel- fasern (Fig. 32 my) eine Annäherung der Rohrwandungen und somit eine Erweiterung des Hohlraumes zwischen Hypopharynx und Oberlippe hervorrufen müssen. Der Hypopharynx besitzt solche Muskulatur nicht. 1! Der Verschluss mittels Falz und Nuthe, welcher oberhalb der paarigen Schenkel der oberen Chitingabel hinzieht, setzt sich übrigens noch nach dem Kopfe zu eine Strecke fort, bis die in einander gefalzten Ränder schließlich aus einander weichen und nun in der Tiefe die obere Platte der Oberlippe zu Tage treten lassen (Fig. 24). Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 1707 Durch die Thätigkeit der radiären Oberlippenmuskeln würde die flüssige Nahrung aufsteigend etwa bis zu dem kleinen Reservoir gelangen, als welches sich die »dreieckige« Chitinkapsel darstellt. Es tritt nunmehr ein zweiter, weit mächtigerer Mechanismus in Funktion, der bereits von andern Autoren beschrieben wurde und in der stark entwickelten Mus- kulatur des Fulerum zu suchen ist. Von der festen, hufeisenförmigen Wölbung dieses im Früheren beschriebenen Chitinstückes geht ein ge- waltiges Muskelpaar (Fig. 3 ms, zum größten Theil verdeckt; Fig. 40 ms im Querschnitt) zur oberen Platte des Fulcrumbodens. Die Kontraktion desselben muss diese Platte (Fig. 10 of) von der unteren abheben und so ein Aufwärtssteigen der Flüssigkeit verursachen. Ein weiterer Dila- tationsmechanismus, wie er namentlich bei Tabaniden am absteigen- den Ast des dünnwandigen Speiserohrs sehr schön entwickelt ist und zuerst von MEınerr beschrieben wurde, scheint bei den Musciden gänz- lich zu fehlen: Das zwischen den Fulerumhörnern zur Halsöffnung sich hinziehende Speiserohr oe entbehrt vielmehr jeglicher von außen heran- tretenden Muskulatur, so dass von einer Erweiterung desselben nicht die Rede sein kann. Aus den geschilderten Verhältnissen ist mit Leichtigkeit zu ersehen, dass der Aufstieg der Flüssigkeiten im Nahrungskanal und deren Weiter- beförderung in den Magen nach dem Principe einer einfachen Druck- pumpe (die ja im ersten Akte ihrer Thätigkeit stets auch saugend wirkt) statt hat. Die obere Platte des Fulcrumbodens repräsentirt den beweglichen Stempel, bei dessen Hebung die Flüssigkeit in den Fulcrum- kanal aufsteigt. Der Niedergang des Stempels würde offenbar die Nah- rung nach beiden Seiten aus diesen Kanal wieder heraustreiben, wenn nicht die vordere Partie des oberen Fulcrumbodens zuerst sich senkte und so ein Ventil darstellte, welches beim weiteren Niedergang der oberen Fulcrumplatte ein Ausweichen der Flüssigkeit nur nach hinten in das Speiserohr gestattet. Dass dies der ihatsächliche Her- gang der Nahrungsaufnahme, dafür scheint mir besonders noch eine Einrichtung im hinteren Abschnitte des Fulcrum zu sprechen. Hier erhebt sich die obere Platte (Fig. 25 of), nachdem sie fast unmittelbar der unteren Platte aufgelegen, plötzlich bogenförmig nach aufwärts und hilft so ein zweites kleines, der »dreieckigen« Chitinkapsel vergleichbares Reservoir bilden, welches durch ein besonderes Muskelbündel des Ful- crummuskels erweitert werden kann (Fig. 25 mh). Letzteres geschieht augenscheinlich erst nach Kontraktion der Hauptmasse des Fulcrum- muskels ms und wohl erst in dem Moment, wo der vordere Theil der Platte sich wieder abwärts zu bewegen anfängt. Dies im Wesentlichen die Vorrichtungen, welche sich auf die Ein- 705 Karl Kraepelin, verleibung schon vorhandener Flüssigkeiten beziehen. Hervorgehoben sei nur noch, dass eine Abschließung des Steigerohrs durch Knickung nirgends stattfindet, auch nicht bei eingezogener und geknickter Rüssel- lage, wie man erwarten sollte. Es ist nämlich der Insertionspunkt des Hypopharynx an der kleinen Chitinkapsel gegen den der Oberlippe so weit nach vorn geschoben (Fig. 7, 41, 12, 13 bei ;, und i,), dass selbst dann das Lumen des Rohres unverändert bleibt, wenn beide sich recht- winklig zur Längsachse der Chitinkapsel aufrichten. Eine kleine Biegung findet dann noch an der Verbindungsstelle von Chitinkapsel und Ful- crum statt, ohne dass aber hier eine eigentliche Knickung des Saug- kanals einträte. Für die Lösung fester Substanzen ist zunächst die An- wesenheit eines lösenden Drüsensekretes, das wir ja im Allgemeinen als Speichel bezeichnen, nöthig. Solcher Drüsenorgane finden sich im Ganzen drei Paar. Das bei Weitem mächtigste derselben liegt, wie seit lange bekannt, im Thorax. Ihr Sekret steigt in zwei getrennten Ausführungsgängen, die sich erst in der Halsgegend vereinigen, in den Kopf. Der nunmehr unpaare Gang (Fig. 7 s), durch sein tracheenartiges Aussehen gekenn- zeichnet, verläuft längs der Unterseite des Fulcrum, tritt von hinten her in den als Unterlippenpapille ausgestülpten Hypopharynx, den er in seiner ganzen Länge durchzieht, um an dessen Spitze auszumünden. Kurz bevor das Speichelrohr in den Hypopharynx eintritt, also in seinem Verlaufe längs des Fulcrum,, zeigt dasselbe eine einfache Schließvor- richtung, die schon von LowneE und MEINERT gesehen, wenn auch nicht mit voller Deutlichkeit ihrer Funktion nach erkannt wurde. Die obere Wand des Rohres (Fig. 7 dk, Fig. 34 dk) ist nämlich auf eine Strecke weit eingedrückt, so dass sie hier der unteren als Platte dicht aufliegt und so wie ein Quetschhahn oder Drosselventil das weitere Vordringen des Speichels hindert. Von einem Behälter, wie Meınerr dies Gebilde nennt, ist also wohl nicht zu sprechen. Von der oberen Platte dieses Speichelrohrverschlusses nun ziehen zwei (nicht vier, wie MEINERT an- giebt) zarte Muskeln (Fig. 7 und 34 md) nach dem hinteren Ende des Fulcrum, wo sie sich an einen stumpfen, basalen Höcker desselben nahe dem Ursprunge der Hörner (Fig. 25 md) inseriren. Ihre Kontraktion hebt augenscheinlich die obere Platte von der unteren Rohrwand ab, öffnet also den Verschluss und gestattet dem Speichel das Weiterfließen in den Hypopharynx. Von einer »Speichelpumpe« oder »Spritze«, wie sie bei Hemipteren sich findet, kann bei dieser Vorrichtung nicht wohl die Rede sein. Ja auch eine einfache Druckpumpe, wie sie das Fulcrum darstellt, werden wir nicht in ihr zu sehen haben, da die Verhältnisse Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 17109 hier wesentlich anders liegen. Bei der Fulcrumpumpe musste die Flüssigkeit erst gehoben werden; im Speichelrohr dagegen ist, wie er- fahrungsgemäß bei allen Drüsen, der Speicheldruck von den Thorakal- drüsen her größer als der Druck der atmosphärischen Luft, so dass beim bloßen Heben der Drosselklappe der Speichel in den Hypopharynx und so nach außen getrieben wird. Ein wirkliches Pumpen des Speichels vermittels jenes Ventils würde nur dann anzunehmen sein, wenn sich dasselbe in rhythmischem Wechsel heben und senken, und dabei die hintere Partie der Verschlussklappe zuerst, die vordere zuletzt den Boden des Speichelrohres berühren würde. Beide Annahmen erscheinen aber im Hinblick auf die thatsächlich gegebenen Verhältnisse ausge- schlossen (vgl. Fig. 3%). Ein zweites Paar Speicheldrüsen liegt an der Basis des Rüssel- knopfes, da also, wo die beiden Labellen der Unterlippe angefügt sind (Fig. 17, 26 u. 37 Is). Sie erscheinen als großzellige, rundliche Ballen, welche namentlich den unpaaren Schenkel der oberen Chitingabel um- lagern, sich aber auch noch ziemlich weit in jede Labelle hinein er- strecken. Man hat bisher den Ausführungsgang dieser schon von GRABER, MEINnErRT und BEcHER gesehenen Drüsen vergebens gesucht. Nach langem Bemühen ist es mir gelungen, ihre gemeinschaftliche Ausmündung an der Spitze der oberen Unterlippenplatte festzustellen. Fig. 37 (ein kom- ponirter Horizontalschnitt, welcher gleichzeitig das Ende der oberen und der unteren Unterlippenplatte zeigt) lehrt, wie jede Drüse ein sich schnell verjüngendes Bündel feiner Kanäle entsendet, deren gemeinsamer Ausführungsgang nun unter der Unterlippenplatte hinläuft, um an der Spitze derselben mit dem der andern Seite zusammenzustoßen (Fig.37 bei am). Die ungemein feste Verbindung der oberen Chitingabel mit der oberen Unterlippenplatte lässt es unmöglich erscheinen, durch bloße Präparation diese Verhältnisse klar zu stellen. Eine dritte Ansammlung von Drüsenzellen finde ich endlich beim Übergang des Fulcrum in das Speiserohr (Fig. 25 fs). Sie haben nicht, wie die bisher besprochenen Drüsen, einen gemeinschaftlichen Ausfüh- rungsgang, sondern die einzelnen Drüsenzellen münden anscheinend sämmtlich oder doch zum Theil getrennt in das Speiserohr, dessen Wan- dung daher von zahlreichen Kanälchen durchbohrti wird, was nament- lich an dem noch stark chitinisirten Abschnitt sehr auffallend ist. Dass das Sekret der letzt erwähnten Drüsen nach vorn zum Ein- gang des Saugrohrs wandere, ist wohl nicht anzunehmen. ;Um so un- zweifelhafter fällt dem Speichel der erst besprochenen Drüsenpaare die Aufgabe zu, schon vor dem Eindringen der Speise in das Saugrohr in Aktion zu treten. Es mag hierbei theilweise wohl sich um die Ausübung 710 Karl Kraepelin, einer Reizwirkung handeln, wodurch etwa der Säftezufluss in einem angesogenen pflanzlichen Organ gesteigert wird; der Hauptsache nach aber dürfte die massenhafte Speichelsekretion, wie sie mit Leichtigkeit bei jeder gefangenen Fliege beobachtet werden kann, dazu bestimmt sein, feste Substanzen ganz oder theilweise in Lösung zu bringen. Hierzu ist es von großem Vortheil, wenn der zu lösende Stoff in möglichst großer Fläche mit der lösenden Flüssigkeit in Berührung kommt. Es wird daher begreiflich, wenn der Speichel sich über die ganze Tupffläche der Labellenkissen ausbreitet und gewissermaßen eine dünne Flüssig- keitsschicht auf derselben bildet. Dieses schnelle Ausbreiten des Spei- chels auf der Tupffläche geschieht nun ohne Frage durch die sogenannten Pseudotracheen;; dieselben erscheinen zunächst einfach als Speichel- rinnen, welche eine schnelle und gleichmäßige Vertheilung des Spei- chels, der durch ihre feinen Längsschlitze hervordringt, ermöglichen. Eine zweite wichtige Funktion derselben liegt in der Vergrößerung der adhärirenden Fläche. Die von der Fliege zwecks Auflösung betupften Stoffe (Zucker, Brotkrumen etc.) üben meist vermöge ihrer zahlreichen Poren und Kanälchen eine nicht unbedeutende Kapillarattrak - tion auf die mit ihnen in Berührung kommende Flüssigkeit, also auch auf den Speichel der Fliege aus, und es liegt daher die Gefahr nahe, dass nicht der Zucker im Speichel sich löst, sondern letzterer vielmehr in ersteren durch Kapillarität hineingesogen wird. Dies zu verhindern dürfte die Vergrößerung der, Adhäsionsfläche der Lippenpolster durch die tieffurchigen Speichelrinnen besonders geeignet sein. Doch wir kön- nen vielleicht noch weiter gehen. Die Pseudotracheen besitzen, wie früher beschrieben, nur einen äußerst schmalen, in eigenthümlicher Schlangenlinie verlaufenden Längsspalt. Denken wir uns nun den Innen- hohlraum jeder Rinne mit reinem Speichel gefüllt, die durch den Spalt ausgetretene und nunmehr über die ganze Tupffläche als gleichmäßige Schicht ausgebreitete Flüssigkeit dagegen, wenn auch nur in geringem Maße, mit den Substanzen gemischt, welche aus der angetupften Nah- rung in Lösung gingen, so müssen nach physikalischen Gesetzen Dif- fusionsströme eintreten, vermöge welcher fortwährend reiner Spei- chel durch die Schlitze nach außen, Nährstofflösung nach innen in die Rinnen tritt. Es würde so das einmal Gelöste, Erworbene gewisser- maßen alsbald in Sicherheit gebracht: Die Rinnen erscheinen unter diesem Gesichtspunkte als Kapillarreservoire für gesättigte Lö- sungen, welche mit dem inneren, stets ganz mit Speichel angefüllten Abschnitte des Labellennapfes (um die Mündung der Unterlippenrinne herum) durch die weite Eingangsöffnung (Fig. 16 ep) der Pseudotracheen in Kommunikation stehen und so das Aufgenommene dem eigentlichen Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 711 Nahrungskanal zuströmen lassen. — Ob diese meine Vermuthung über die Bedeutung der Pseudotracheen als Kapillarreservoire richtig ist, würde definitiv erst das Experiment entscheiden können. Dimmock ist bei seinen Versuchen über die Frage, ob Nährstoffe in die Pseudotracheen einträten, zwar zu einem negativen Resultate gekommen; da er aber merkwürdigerweise mit Gummilösungen operirte, so sind seine Ver- suche für die von mir aufgestellte Hypothese ohne Bedeutung. Die von Dimmocx vertretene Ansicht, dass die Pseudotracheen zum Kratzen und Reiben dienen, entbehrt sicher, da die Ränder derselben weich sind, aller Berechtigung, zumal für diese Funktion in den schon früher be- schriebenen »Kratzzähnen«! durchaus passende Organe gegeben sind. Meınerr bezeichnet die Pseudotracheen der Hauptsache nach als »Lippen- 'stützen«, hält es aber mit NrwPort, LowneE und Macroskıe für möglich, dass sie zum »Aufsaugen« der Nahrung dienen. III. Haare und Sinnesorgane. Die gesammte Oberhaut des Rüssels, so weit sie nicht aus dickeren Chitinplatten besteht, ist dicht mit ungemein zarten und kurzen Härchen bekleidet, welche als einfache Höckerchen der chitinösen Haut erscheinen, da sie nicht hohl sind und auch kein Nerv zu ihnen tritt. Außer diesen lässt sich noch eine ganze Reihe verschieden geformter Integumentge- bilde unterscheiden, die ich in die drei Gruppen der Tasthaare, der Drüsenborsten und der Geschmacksorgane zerlegen will. Die Tasthaare treten hauptsächlich am obern Rande des Labellen- kissens auf (Fig. 26 th). Es sind zarte, blassgelbe, hohle Härchen (Fig. 29 ih), welche einem Ringwulst des Integumentes inserirt sind und zu denen ein zarter, unmittelbar vor der Insertion zu einem mehrzelligen Ganglion (Fig. 29 ig) anschwellender Nerv (in) herantritt. Ob ein Achsen- cylinder aus diesem Ganglion in das Haar selbst eintritt oder sich an der Basis desselben inserirt, wie KünckeL D’Hercuraıs behauptet (Syrphiden), habe ich bei der Kleinheit dieser Gebilde nicht ermitteln können. — Zu dieser selben Gruppe von Tasthaaren rechne ich namentlich auch die schon von früheren Autoren beschriebenen, in zwei Längsreihen ange- ordneten blassen Haare der Oberlippe und des Pharynx. Sie sitzen der unteren Platte der Oberlippe eben so wie der oberen Platte des Fulcrum- bodens (Fig. 12 ih) auf, ragen also — nach rückwärts gerichtet — frei in den Saugkanal hinein und dürften ihrer ganzen Stellung und Form nach nicht sowohl als Geschmacksorgane fungiren, wie man wohl ver- 1 MacroskiE sagt: »The blow fly has bee found to use its teeth for scraping sugar-candy«. 712 Karl Kraepelin, muthet hat!, sondern weit eher den Zweck haben, etwa mit eingesogene feste Partikelchen zu fühlen und zurückzuhalten. Die zweite Art von echten Haaren, die Drüsenborsten, wie ich sie nennen will, sitzen zahlreich an den Außenflächen der Labellen, be- sonders am Rande derselben (Fig. 26 dh) und fallen sofort durch ihre enorme Größe auf. Sie stecken gleich den Tasthaaren in einem stark verdickten Chitinring, der aber hier oft eine so gewaltige Entwicklung zeigt, dass er als ziemlich hoher Chitincylinder erscheint (Fig. 38 de), von dessen dünnhäutiger Verschlussmembran nunmehr das Haar seinen Ursprung nimmt. An die Basis dieses Chitincylinders tritt von innen her ein birnförmiges, dünnwandiges Gebilde (Fig. 38 dr), in welchem ein Haufen rundlicher Zellen wie in einem Sacke eingeschlossen liegt. KÜnckeL und GaZzaAGnNArnRE2 halten dies Gebilde für nervöser Natur; sie beschreiben den Sack als bauchige Anschwellung des Neurilemms, in deren Achse der Achseneylinder bis zum Haar verläuft, während das um ihn gelagerte, in der Anschwellung befindliche Protoplasma zu jenem Zellhaufen differenzirt sein soll. Meine Beobachtungen führen mich zu dem Schluss, dass es sich nicht sowohl um ein Sinnesorgan, als um eine Haut- drüse handelt. Hierfür spricht in erster Linie die Thatsache, dass die starke, dem Chitincylinder aufsitzende Borste ihrer ganzen Länge nach eine tiefe Rinne trägt, dass die eine Wand des hohlen Haarkegels also in demselben Sinne gewölbt ist, als die gegenüber liegende, wodurch dann eine ähnliche Rinne entsteht, als wie solche bei der Oberlippe beschrieben wurde. Eine solche Längsrinne kann nur den Zweck haben, ein flüssiges Sekret bis zur Spitze des Haares zu leiten, und dieses Sekret kann hin- wiederum nur in den Zellen des birnförmigen Sackes producirt werden, die ich desshalb nicht für nervöser, sondern für drüsiger Natur halte. Kleine zähflüssige Tröpfchen findet man bei mikroskopischer Prüfung an den Spitzen der Haare nicht selten, doch könnten dieselben auch als zu- fällig anhaftender Speichel gedeutet werden. Das Verhalten des hinzu- tretenden Nerven dürfte meiner Auffassung zum mindesten nicht wider- sprechen. In der Flächenansicht erhält man zunächst den Eindruck, als wenn jener Zellenklumpen dem hinzutretenden Nerven ansitzt, wie die 1 So außer MeEınert namentlich KünckEL und GAZAGNAIRE (Du siege de la gusta- tion chez les Insects dipteres. in: Compt. rend, Aug. 4884), welche diese Haare geradezu den weiler unten zu beschreibenden Geschmacksorganen identificiren. 2 KüÜnckEL, Terminaisons nerveuses, tactiles et gustatives de la trompe des Dipteres (Assoc. pour l’avancem. d. Scienc. 1878). KÜNCKEL et GAZAGNAIRE, Rapport du cylindre axe et des cellules nerveuses peripheriques avec les organes de sens chez les Insectes (Compt. rend. 4884. p. 47%—473). Küncker, Recherches sur Vorganisation et le d&Eveloppement des Dipteres etc. Tab. XV, Fig. 3—8. | Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 713 Weinbeere ihrem Stiel. Künck£eı behauptet nun, dass dieser Nerv als ‘ Strang durch die Zellmasse hindurch bis zur Basis des Haares zu ver- ‚ folgen sei; mir hat dieser Nachweis nicht gelingen wollen. Allerdings unterliegt es keinem Zweifel, dass eine mittlere Partie des »Stielnerven« ' in die Drüse selbst eintritt, doch war es mir nicht möglich den Verlauf dieses »Mittelstranges« über das basale Drittel der Drüse hinaus zu ver- folgen. Die, wie auf Längsschnitten deutlich erkennbar, am Grunde der Drüse sich abzweigenden Seitenäste des Stielnerven dürften dagegen ' jenes zarte die Drüsen umspinnende Maschennetz bilden, was auf Quer- schnitten (Fig. 38 dn’) so schön zur Anschauung kommt. Doch halte ich | | | | | | | die bindegewebige Natur des letzteren nicht für ausgeschlossen. Für die Annahme Küncker’s von dem direkten Hindurchgehen des Nervenstranges ' durch die Zellmasse bis zur Haarbasis scheint auf den ersten Blick das Auftreten eines deutlichen strangartigen Gebildes zu sprechen, welches vom Insertionspunkt des Haares aus durch den im Früheren erwähnten Chitineylinder hindurch in das Innere des Drüsenhalses hinein sich ver- folgen lässt. Gerade dieser Strang aber, den Küncker für das Ende seines Tastnerven hält, erweckt mit seinen doppelt konturirten Rändern und seinem blassbräunlichen Aussehen vielmehr die Vorstellung eines zwar zarten, aber chitinösen Ausführungskanals, zu welchem vielleicht eine Mehrheit noch weit zarterer, tiefer im Innern der Drüse liegender Ka- ' nälchen sich vereinigt haben. Möglicherweise ist auch ein (auf Längs- schnitten) im vorderen Drittel der »Drüse«’regelmäßig auftretender heller ovaler Fleck als winziges Reservoir des Drüsensekrets zu deuten. — Aus den angeführten Gründen dürfte meine Auffassung der in Rede ste- henden Gebilde als Drüsenorgane erklärlich werden, zumal ja Tast- borsten von anderer Form vorhanden sind. Freilich muss ich gestehen, dass mir der Nutzen einer Flüssigkeitsausscheidung an diesen Borsten nicht klar ist, und dass ich vergeblich nach ähnlich gebauten Drüsen- borsten in der Litteratur mich umgesehen habe. Übrigens dürfte in letzter Instanz die Empfindung eines Tastreizes durch diese langen Bor- sten auch bei der von mir vermutheten Funktion nicht gänzlich ausge- schlossen sein. | Die letzte zu besprechende Form der Integumentalgebilde ist als Geschmacksorgan in Anspruch zu nehmen. Dieselben befinden sich ausschließlich an den Innenflächen der Labellenkissen (Fig. 17 90), und zwar ın Längsreihen zu drei bis sechs auf den balkenartig vorspringen- den Zwischenräumen zwischen je zwei Pseudotracheen. Jedes dieser Gebilde stellt, von der Fläche gesehen, zwei blasse koncenirische Ringe dar (Fig. 46 90), die nicht über die Oberhaut hervorragen. Letztere Thatsache scheint mir die Deutung dieser Nervenendapparate als Ge- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie XXXIX. Bd. 47 714 Karl Kraepelin, schmacksorgane außerordentlich zu stützen, da somit von einem Tasien nicht die Rede sein kann, der Sitz dieser Gebilde aber an dem tastenden und saugenden Rüsselende auch den Gedanken an ein Geruchsorgan ausschließen dürfte. Wir wären daher in der glücklichen Lage, mit ver- hältnismäßig großer Wahrscheinlichkeit die Natur dieser Sinnesorgane bestimmen zu können, ein Vorzug, der den zahlreichen, an anderen Punkten der Oberhaut auftretenden Nervenendigungen der Insekten be- "kanntlich nicht vindicirt werden kann. Auf dünnen Schnitten ist nun die Struktur der fraglichen Sinnesorgane unschwer zu ermitteln. Ein von weither zu verfolgender Nerv (Fig. 30 gn) schwillt noch ziemlich entfernt von seiner Endigung zu einer kleinen Blase (Fig. 30 99) an, in welcher etwa drei bis fünf Zellen (oder Zellkerne?) zu erkennen sind. Die sich wieder verjüngende Nervenscheide bildet nunmehr einen dünn- häutigen Schlauch, der nach längerem Verlauf in einen stark chitinisir- ten Cylinder (Fig. 30 und 31 gc) übergeht, welcher endlich wieder einen mit seiner Spitze in der Oberhaut steckenden, kurzen Chitinkegel (Fig. 30 und 31 g%k) trägt. Letzterer, welcher den äußeren Ring der Flächenansicht bildet, also hohl ist und eine weite Mündung besitzt, dürfte als metamorphosirtes Haar anzusprechen sein, während der chiti- nöse Gylinder, der eigentlich aus zwei durch eine schwächere Chitin- wand mit einander verbundenen Ringen besteht, vielleicht dem basalen Cylinder der Drüsenborsten homolog ist!. Im Innern des Neurilemm- schlauches zieht sich sehr deutlich, aber nicht ganz bis zu der bauchigen Zellmasse verfolgbar, ein glasheller Achsenstrang hin (Fig. 30 u. 31 ax), welcher nicht allein den starren Chitincylinder durchsetzt, sondern auch den ganzen Innenraum des Kegels, also des durchbohrten Haares, er- füllt, an dessen Spitze er frei zu Tage tritt? und so den inneren Ring der Flächenansicht (Fig. 16 go) darstellt. Auch dieses Verhalten des Achsenstranges lehrt auf das Unzweideutigste, dass wir es hier mit einem für direkte chemische Reize eingerichteten Sinnesorgan zu thun haben. Die Nerven, von welchen alle diese Gebilde der Labellen versorgt werden, verlaufen als zwei mächtige Stämme in der Unterlippe, un- mittelbar unter der oberen Platte derselben, um nach vorn in je ein Labellenkissen einzutreten, wie dies Fig. 26 n veranschaulicht. — 1 Küncker erklärt den ganzen chitinösen Theil des geschilderten Organs für gleichwerthig mit dem Basaltheil seiner » Tasthaare «. Ä 2 Es verdient hier nochmals hervorgehoben zu werden, dass von allen diesen Eigenthümlichkeiten bei den feinen, spitzen, geschlossenen Härchen der Oberlippe und des Pharynx absolut nichts zu finden ist, so dass KünckEr’s und GAZAGNAIRE’S Behauptung,. die Geschmacksorgane seien von den Lippen bis zum Ende des Pha- rynx vertheilt, wenigstens für Musciden durchaus der Begründung entbehrt. | Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 715 Hiermit glaube ich meine Untersuchungen über den Rüssel von Musca abschließen zu sollen. Es wären wohl noch einige weitere Details zu registriren gewesen; ich habe sie unterdrückt, um die Übersicht des Ganzen nicht zu erschweren. Möge es mir vergönnt sein, in nicht allzu- ferner Zeit die naturgemäß sich anschließende Besprechung der Mund- theile auch anderer Dipterengruppen hier folgen zu lassen. — Hamburg, den 40. August 1883. Litteraturverzeichnis. . Savıcny, Memoires sur les animaux sans vertebres. Bd. I und II. Paris 1846. BruLLE, Recherches sur les transformations des appendices dans les Articules. Ann. scienc. nat. Ill Ser. Vol.2. 4843. p. 274—273. BLANCHARD, De la composition de la bouche dans les insectes de l’ordre des Dipteres. Compt. rend. 4850. Vol. 34. p. 424—427. GERSTFELD, Über die Mundtheile der saugenden Insekten. Dorpat 1853. Hunt, The proboscis of the Blow-Fly. Quart. Journ. of microsc. scienc. Vol. IV. p. 238—239. London 1856. MAYER, Über ein neu entdecktes Organ bei den Dipteren. Verhandl. naturh. Ver. Preuß. Rheinl. und Westfalen. Vol. XVI. 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Kjobenhavn, Hagerup, 1884. 91 p. mit 6 Tafeln. „ Dimmock, The Anatomy of the Mouth-Parts and of the sucking apparatus of some Diptera. Boston, A. WırLıams u. Co., 1881. . Küncker p’Hercuraıs, Recherches sur l’organisation et le developpement des Dipteres etc. Paris 1881. . BECHER, Zur Kenntnis der Mundtheile der Dipteren. Mit 4 Tafeln. Denkschr. math.-naturw. Kl. d. k. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. XLV. 4882. Ark 716 Karl Kraepelin, 20. MEINERT, Die Mundtheile der Dipteren. Eine Replik. Zoologischer Anzeiger. 1882. p. 570—374, 599—603. 9%. KRAEPELIN, Über die Mundwerkzeuge der saugenden Insekten. Vorläufige Mit- theilung. Zoologischer Anzeiger. 4882. p. 574—579. | 22. BECHER, Zur Abwehr. Zoologischer Anzeiger. 4883. p. 88—89. Eine Reihe älterer Arbeiten, namentlich solcher, die den Fliegenrüssel nicht specieller behandeln, wolle man in Becazr’s sehr vollständigem Litteraturverzeich- nis nachlesen, Erklärung der Abbildungen. Die Buchstaben bezeichnen überall gleiche Theile in den Figuren und zwar bedeutet: a, Qı, Qa—4;, die Spitze des Fulcrumhorns in seinen verschiedenen Lagen; F am, Ausmündung der Lippenspeicheldrüse an der Spitze der. oberen Unterlippenplatte; | an, Fühler; | au, Auge; ax, Achsencylinder des Geschmacksorgans; b, bi, bo—bz, die » Hufeisenspitze« des Fulcrum in seinen verschiedenen Lagen; bb, Bänder vom Grunde der Pseudotracheen zur Bindegewebsschicht der Labellen verlaufend;; bd, Aufhängeband des Fulcrum an der Vorderkante der Kopfkapsel ; bf, Falten der Bindegewebsschicht der Labellen; bh, Bindegewebsschicht in den Labellen; ; br, koncentrisch angeordnete Zellen der Bindegewebsschicht bh; c, Insertionspunkt des Musc. retractor an der Oberhaut des Kopfkegels, der durch Kontraktion des Muskels nach c; rückt; cb, Chitinbogen der Innenfläche des Labellenkissens; ch, »Chitinhufeisen«, der Wölbungstheil des Fulcrum;; cp, chitinisirte Plättchen am äußeren Labellenrande; cv, chitinöse Verdickungsstreifen in der Oberhaut des Kopfkegels ; d, Befestigungspunkt des Aufhängebandes des Fulcrum am Vorderrande der Kopfkapsel ; | dc, cylindrischer Grundtheil. der Drüsenborsten ; dh, Drüsenborsten ; dk, Drosselventil des Speichelrohrs; dn, Nerv der Drüsenborsten; - dp, dreieckiges Chitinplättchen zur Verbindung von unterer Gabel und unterer Unterlippenplatte; dr, Hautdrüse; e, elastischer Verbindungsstrang der beiden Labellengabeln ; ep, Eingang in die Pseudotracheen; ev, elastische Verbindungshaut zwischen der oberen Gabel und der obe- ren Unterlippenplatte ; Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. NT f, Fulcrum; fa, fo, fe, fd, verdickte Furchenränder I., II., II. und IV. Ordnung auf der Innenfläche des Labellenkissens ; fs, Fulerumspeicheldrüse ; g, Gehirn; ge, eylindrischer Theil des Geschmackshaares ; 99, Ganglion des Geschmacksorgans ; gk, kegelförmiger Theil des Geschmackshaares ; gn, Geschmacksnerv; g0, Geschmacksorgan ; h, Hypopharynx; hh, hinteres Horn des Fulcrum; hr, Rinne der Drüsenhaare; “ Hörner der unteren Unterlippenplatte; „ Artikulationspunkt der Oberlippe mit der kleinen Chitinkapsel ; ‘,,, Artikulationspunkt des Hypopharynx mit der kleinen Chitinkapsel; k, Chitinkapsel, Schaltstück zwischen Fulcrum und eigentlichem Rüssel ; kb, Kopfblase ; kg, Kopfkegel; kz, Kratzzähne I., II. und Ill. Ordnung; I, Labelle; ls, Lippenspeicheldrüse ; m, Mundöffnung;; ma, Heber der Oberlippe; mb, Befestiger der Unterkieferspangen;; md, Heber des Drosselventils des Speichelrohrs ; me, Strecker des Rüssels;; mf, Beuger des Rüssels; mh, hintere Partie des Fulerummuskels ; mi, Senker der Oberlippe?; mn, Falter der unteren Kegelmembran ; mo, Retraktor der oberen Chitingabel ; mgq, Zusammenzieher der Unterlippe ; mr, Retraktor des Rüssels ; ms, Fulcrummuskel ; mu, Retraktor der unteren Chitingabel ; mx, Verbindungsfasern der Kissenwände; my, Radialmuskeln (Dilatatoren) der Oberlippe;; n, Nerv; nk, Nahrungskanal ; 0, Oberlippe ; oe, Speiserohr ; of, obere Platte des Fulcrumbodens; 09, obere Chitingabel ; 00, obere Platte der Oberlippe ; op, obere Platte der Unterlippe; ps, Pseudotracheen; q, Trennungspunkt der Unterlippe vom nn r, eigentlicher Rüssel; 718 | Karl Kraepelin, s, Speichelrohr; sh, Sperrhaare; sp, Spangen der rudimentären Unterkiefer ; st, elastische Stützstäbe im Innern der Labellen ; it, Taster; ig, Can chon des Nerven der I, th, Tasthaar; in, Tastueıy? tr, Tracheen resp. Tracheenblasen; tr!, tracheale Räume des Fulcrum ; ir2, solche der Unterlippe; u, Unterlippe ; ua, unpaarer Ast der unteren Chitingabei ; uf, untere Platte des Fulcrumbodens ; ug, untere Chitingabel; uo, untere Oberlippenplatte ; up, untere Unterlippenplatte; v, Verbindungshaut zwischen oberer und unterer Unterlippenplatte ; vh, vorderes Horn des Fulcrum; w, Vorwölbungen auf der inneren Fläche der Labellenkissen ; x, Ansatzpunkt des Beugers des Rüssels ; y, Verfalzung der beiden Labellen; z, »Zugstange« von der Spitze der unteren Chitingabeln zum Labellenrande. Tafel XL. Fig. 1. Kopf von Musca vomitoria mit vorgestrecktem Rüssel. Seitenansicht. Fig. 2. Derselbe mit eingezogenem Rüssel. Fig. 3. Kopfkegel von Musca nach Entfernung der Oberhaut. - Fig. 4. Schematische Darstellung der Fulcrumbewegung beim Einziehen des Rüssels. Erklärung s. im Text p. 696. Fig. 5. Medianer Längsschnitt von Fig. A. Fig. 6. Medianer Längsschnitt von Fig. 2. Fig. 7. Mittlerer Theil (Knieregion) des Rüssels von Musca nach Entfernung der Oberhaut und der Unterlippenwandung. Seitenansicht. Fig. 8. Die stärker chitinisirten Theile des Rüsselknopfes von der Seite, um die Lage der Chitingabeln zu einander zu zeigen. Fig. 9. Kopf von Musca, Frontalansicht. Der Rüssel ist zur Hälfte aus der Höh- lung der Kopfkapsel hervorgezogen. Fig. A0. Querschnitt durch den Kopfkegel und durch das Fulcrum. Fig. 44. Längsschnitt durch die kleine Chitinkapsel und deren Artikulations- punkte mit dem Fulcrum, der Oberlippe und dem Hypopharynx. Fig. 42. Knieregion des Rüssels von oben gesehen, nach Abtragung der Wan- dung des Kopfkegels. Der Hypopharynx wird durch die Oberlippe verdeckt. Fig. 43. Dasselbe, wie Fig. 412, nach Abtragung der Oberlippe. Fig. 44. Vorderer Theil des Kopfkegels von oben gesehen, um die Theile der rudimentären Unterkiefer zu zeigen. Fig. 45. Schrägschnitt durch die Basis der Labellen, parallel mit den paarigen Schenkeln der oberen Chitingabel. Letztere daher in Frontalansicht. Fig. 46. Ein Stück von dem basalen Theil der Innenfläche eines Labellenkissens, stark vergrößert. Flächenansicht. Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. 719 Fig. 47. Medianer Längsschnitt durch die Unterlippe, wodurch die Innenfläche des rechten Labellenkissens, das sich in seiner Ruhelage befand, frei gelegt wird. Tafel XLI. Fig. 48. Rüsselknopf von vorn gesehen, mit zusammengeklappten Labellenkissen (Ruhelage). Fig. 19. Dasselbe, von der Seite. Fig. 20. Rüsselknopf mit aus einander geklappten, gewölbten Labellenkissen. Frontalansicht. Fig. 24. Dasselbe, von der Seite. Fig. 22. Rüsselknopf mit gänzlich nach außen umgeschlagenen Labellenkissen. Fig. 23. Rüsselknopf mit aus einander geklappten, schüsselförmig vertieften Labellenkissen. Frontalansicht. Fig. 24. Dasselbe, vom Rücken her gesehen. Fig. 25. Längsschnitt durch die hintere Partie des Fulcrum. Fig. 26. Längsschnitt durch das Innere eines Labellenkissens. Die Bindege- webs- und Stabschicht ist nur im oberen vorderen Theil gezeichnet, um den Ver- lauf des über derselben (also mehr nach außen, vgl. Fig. 28) lagernden Labellen- nerven deutlicher zu zeigen. Fig. 27. Schrägschnitt durch die zusammengeklappten Labellen senkrecht zum Längsverlauf der Pseudotracheen, die daher im Querschnitt erscheinen. Fig. 28. Stück von Fig. 27 stärker vergrößert. Fig. 29. Einzelnes Tasthaar mit’ dem hinzutretenden Nerv. Vergr. 4000. Fig. 30. Geschmacksorgan mit Geschmacksnerv. Fig. 34. Endtheil von Fig. 30 stark vergrößert. Fig. 32. Querschnitt durch Oberlippe und Hypopharynx unmittelbar am Grunde des eigentlichen Rüssels. Fig. 33. Querschnitt durch den eigentlichen Rüssel, etwas vor dessen Mitte. Fig. 34. Drosselventil des Speichelrohrs, stark vergrößert. Fig. 35. Schrägschnitt durch die aufgeklappten Labellenkissen, parallel mit den Pseudotracheen ; letztere mit der Längsachse der Unterlippe fast Be let, Vor- deres Drittel der Labellen. Fig. 36. Schrägschnitt durch die zusammengeklappten Labellenkissen, parallel mit den Pseudotracheen; letztere im Winkel zur Längsachse der Unterlippe ver- laufend, etwa wie in Fig. 17. Fig. 37. Komponirter Horizontalschnitt durch die Labellen. Die Ebene der oberen Partien der Zeichnung (Speicheldrüse und Ende der oberen Unterlippen- platte) liegt höher als die der unteren. Die paarigen Schenkel der unteren Chitin- gabel (ug) steigen aus der tieferen Ebene in die höher gelegene auf. Fig. 38. Hautdrüse mit Drüsenborste. Rechts der Querschnitt der letzteren, um die Rinne zu zeigen. Uber das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden und Teleostier. Ä Zur Vertheidigung. Von Dr. J. Th. Cattie in Arnheim. Im 2. Heft, p. 278 dieses Jahrganges, in der Abhandlung von Dr. F. AuLsoRrn, wo der genannte Autor das Gewebe der Epiphyse der Petromyzonten beschreibt, werden in einer Note meine Untersuchungen über die Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden und Teleostier eitirt und gesagt, dass ich das Gewebe der Epiphyse für Bindegewebe ansehe. Und darauf folgt eine Auseinandersetzung, dass das.Gewebe kein Bindegewebe sei etc. Ich weiß nicht, ob Dr. Autzorn den 4. Abschnitt, p. 79 —381 gelesen hat, sonst würde es ihm deutlich geworden sein, dass ich — durch dieses, ich muss zugestehen, unglücklich gewählte Wort — andeuten will, dass es Bindegewebe gleicht »op bindweefsel gelykt«. Wenn Dr. Autsorn sich die Mühe gegeben hätte, die ins Französische über- setzten und vermehrten Untersuchungen in den Archives de Biologie III, 4882 zu lesen, eine Arbeit, welche, meiner Meinung nach, viel leichter ist, als die Lektüre einer.holländischen Abhandlung, würde er auf p. 147, Note 4 Folgendes gelesen haben; »Dans l’edition hollandaise j’avais choisi l’expression »primordiaal bindweefsel« »tissu conjonctif primordial«. On m’a fait Ja remarque que cette expression n’enoncait pas assez clairement ma pensede, puisque par ce nom .jexprime Fidee quil est.du tissu conjonctif. Pour Eviter toute erreur, j’ai choisi alors l’expression »pseudo-con- nectif«e. Voyez aussi le dernier Chapitre.« Und was enthält dieser letzte Abschnitt. Wörtlich habe ich auf p. 169 Folgendes geschrieben, was ich der Vollständigkeit wegen nun citire. »En discutant la texture de l’epiphyse de Raja, nous avons fait observer qu’ EHLERS, dans son m&moire, a decrit des noyaux ronds et ovales, mais qu’il n’a pas signal6& les corps des cellules auxquelles ces noyaux appartiennent. Il a decrit ce- pendant une substance intercellulaire homogene dans laquelle se trouvent repartis cesnoyaux. Ila aussi signale autour de ces noyaux une masse concentrique se colo- rant moins fortement qu’ eux.« Solche Höfe waren aber so unregelmäßig begrenzt, dass die Auffassung derselben als discreter zu den Kernen gehörigen Zellleiber sich nicht empfahl. »En se basant sur les dimensions des noyaux que l’on trouve dans le tissu de la glande (pine&ale), et en les comparant avec les elEments nucl&aires de la substance des h&mispheres, enfin en s’appuyant sur l’action de l’acide osmique, Über das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden und Teleostier. 721 EurErs considere le tissu de la glande pin&ale comme du tissu nerveux. ChezRaja, de m&me que chez toutes les autres especes &tudiees, ce tissu renferme des cellules rondes, piriformes ou a deux prolongements effiles s’anastomosant avec les prolonge- ments de cellules voisines. Ges cellules pr&esentent des noyaux arrondis ou ova- laires et des nucleoles parfois tres distinets. Les corps de ces cellules, de m&me que les noyaux, sont finement granuleux. Enfin, ilexiste une substance fondamen- tale granuleuse toujours peu abondante et quelque fois m&me fort difficile a ob- server. Nous avons designe& ce tissu particulier sons le nom de tissu pseudo-con- nectif; voici les raisons qui nous ont fait choisir cette denomination. L’absence des prolongements qui, chez les cellules nerveuses, deviennent des fibres nerveuses, demontre qu'il ne s’agit pas ici de cellules nerveuses proprement dites. Ensuite le contenn de ces cellules est finement granuleux et il n'est pas possible d’y distinguer une couche corticale fibrillaire; les prolongements effil6s ne sont pas non plus fibrillaires; rappelons nous que c’est aux depens de l’ectoderme que se forme la glande pineale, que primitivement elle est creuse et que ces cellules arrondies ou irregulieres sont serr&es les unes contre les autres et renferment de grands noyaux. Nous avons d&emontre que chez la plupart des individus adultes la glande pineale est massive, au moins dans la plus grande parlie de son etendue. En d’autres termes les cellules se sont multipliees par voie de division. En.m&me temps elles ont subi des modifications dans leur forme, quelques unes sont rest6ees rondes ou polyedri- ques avec des angles arrondis, d’autres sont devenues piriformes, d’autres encore se sont allongees de facon a acquerir deux prolongements effil&es; les noyaux pri- mitivement spheriques ont aussi subi, en se divisant des changements de forme. Peut-etre tout le protoplasme des cellules primordiales n’est il pas intervenu dans la division cellulaire; on comprendrait alors l’origine de cette substance intercellu- laire finement granuleuse, que l’on trouve rarement (Mustelus, Pristiurus, CGentrophorus) en abondance. Ou bien cette substance intercellulaire aurait ete produit par les cellules elles-memes, comme on l’admet gen6eralement. Si nous considerons un tissu connectif embryonnaire, nous voyons qu’il est constitue par des celluies arrondies ou irr&egulierement globuleuses ou des cellules aplaties ou a prolongements anastomotiques, ces cellules etant plongees dans une substance fon- damentale souvent amorphe. C’est dans cette substance qu’ apparaissent plus tard les fibrilles conjonctives et les fibres elastiques. Le tissu de la glande pineale affecte une texture analogue, ces cellules sont rondes, irr&gulierement globuleuses, aplaties ou a prolongements anastomotiques, mais leurs noyaux sont volumineux et leur substance intercellulaire est finement granuleuse au lieu d’&tre amorphe. Il ya donc une certaine ressemblance entre le tissu de la glande pineale et le tissu conjonctif embryonnaire. Lorsque les Plagiostomes, Ganoides et Teleosteens se rapprochent de l’6tat em- bryonnaire par la disposition de leur glande pin6ale, on peut aussi supposer que la structure histologique de cet organe se rapproche aussi de l’etat embryonnaire, et reciproquement, les especes chez lesquelles l’epiphyse s’eloigne le plus de la dis- position embryonnaire, possederont aussi un tissu dont les el&ments auront encore une plus grande ressemblance avec les cellules du tissu conjonctif. Cette these est- confirme par STIEDA (in dieser Zeitschrift, XIX, p. 48) qui decrit le tissu de la glande pineale des Oiseaux comme constitue par des cellules anastomotiques logees dans un reseau dont les mailles ne sont que des dependances de la paroi formee par la pie-mere. Or nous avons rencontr& de telles mailles chez Raja et chez les- Gadides. Stırpa a decrit la m&me structure.chez la souris (l. c. p. 80). La pie- 793 J. Th. Gattie, Über das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden u, Teleostier. mere envoie a l’interieur du tissu des vaisseaux d’une extreme finesse qui y consti- tuent un reseau. Entre les mailles de ce r&seau il a observ& de grandes cellules (15 «) irregulieres, granuleuses et possedant de grands noyaux nucl&oles. Sur les travees du reseau il a trouv& des noyaux ovalaires et aplatis. Voici d’ailleurs la description qu’il donne de ces cellules.« Die Konturen sind sehr schwach, so dass die dicht an einander liegenden Zellen oft nicht von einander zu scheiden sind und es das Ansehen hat, als sei in eine gleichmäßig granulirte Masse eine Anzahl Kerne zer- streut. Dazwischen einzelne Capillargefäße. »Ce dernier alinea est presque completement d’accord avec la structure de l’epi- physe des especes sus-mentionnees. Si d’une part le tissu de la glande pineale ressemble & du tissu connectif par la forme de ses cellules, la grandeur de leurs noyaux, l’exiguite des corps cellulaires, il se rattache d’autre part au tissu nerveux par son origine ectodermique. De la la denomination de tissu pseudo-connectif que nous lui avons donnee.« Nach diesem ausführlichen Citat glaube ich, dass es klar ist, dass Dr. AuLsorn gegen einen Schatten gefochten hat, wobei ich die Bemerkung nicht zurückhalten kann, dass der geehrte Autor die Fibrillen im Bindegewebe und les »prolongements fibrillaires des cellules nerveuses« mit einander verwechselt hat, sonst würde er mir die Meinung, dass »das ganze Gehirn Bindegewebe sei, wo doch zweifellos jede Zeile einen oder mehrere solcher Fortsätze aufzuweisen hat« nicht angedichtet haben. Arnheim, 46. November 4883. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. nee . u ei ie eu Un Zeitschrift f wiss Zoologie. Bam“ Vorlv Will, Erupelmann Deinzur. Di Ihnssn Morer »louer Hark DE a Aplysia punclata Car ] Zeitschrift Fwiss. Lot ologie. Bad. NUN. TafıL > Vorl UHUR Engelmann, Leipzig, ; Tech Ast werner uPlnter Frankfurt AL P Aplysia fasciata Foir. Aplysia depilans L. Pleurobranchus aurantiacus Risso. ET Zeitschrift wis Zoologie Ba MM. Fig. 15.D. iu — 221 Verl Milk Engelmann, Leimip. j it. dnstrlänzr @Wnter FrarkfurtzDE, Plenrobranchaea Meckelil Leue. Pıulmonaten. Taf Mr SS nm = e RS NS | L. [4 here ST. inter, Eran 7 TER Engel Verl whlilk: Fulmonalen. ı= | Jailschrilt f wiss. Zoologie Ba MX | b i Fig.16. LESEN Po ee Fig. 19. Be Zn —.999 Sn —a2® m — DR Y Fig. 2. \ ; AR © 9 7 HINTS BEST?) a \\ er < 17 \ \ Manz N Kun N N 2 00 Ft re uns ds 1; N y ne RN ea N aa n Kg hal) —— Zeilschrilt Kmiss. Zool. Ba.XNKIX, ——— Fig.T. Liir- Anstiv. EA Funke, Leipzig Verlag vr. Wil. Engelmann in Leipzig, Jrüschrift Fwiss. Zool. BaIINIX. Fig.33. # Bi Zi Ri LihAnstv E.A Funke Leipzig. nn * Eu Verlag v. Wilh.Eingelinann imleipzig. 4 En f Zeitschrift Amiss Zool Bd.NIUN. Yorlao Willi. Engelmann hapzıy. a u —— — : u ug BR re .2 TaLıX. ft Fmiss.Zool.Bad.AXXXU. Zeilsc pH vert pK 10. & BIP 1 Ar Lith.Anst.v EA Funks Verlag v Wilh.Engelmaun in Leipzig. Schmid-Monnard del. Er | Da Van LEN) / A er aA Hk. A DR IR } \ Ai N 1 TR k ara Eu | \ BAHT TSUIN Hi Au RR \| “ j ııR Aha: a | Ä : n ' y | | RR 1 u N a i# . FINER- f Lau @ F z # "A rg. EEE WERTEN ED IIn 27 O.Hamann ‚del 5) IN | == = NE) IND le Nas) | NN HN DHNRNNK Verlag vWilh. Engelmann, Leipzig. Lith. Anst.v J.G-Bach, Leipzig | ji 4 ER auoaı ir Fiy.30 | BR Bar et) Fig.29 Verlag v Will lung elmann Leiparu # DA ANILT. N “ m En, U Fig6b.a. Kal N Fi g.64. Um Dg Bun = UN ‚ fig.69 Alan N s=Ss2. mw any N > EOS SIR wor eher == worst = ar.“ Big.53. KT Im quf' Veen. N hmnamn., j % UN Imenianstı \ N a | SS LIND — i Verlag vWilh Engelmann Leipzig u. | | | | EI EN RT N N b; Yaitschrift F wiss. Zoologie. Ba.MAX. Mr B VerlvWilh Engelmann Leipzig: Zith AnstvWerner «Winter, Frankfurt. \ © 12 ö x 3 \ S S 4 N u Ser 7 = Be } \ ; = ö ) Aklborn. del Elch. MBr Pl ch. VH- Varo- Vasc--- Ndesc- VerlrMil Engelmann, Leipzig. Se Br EN EYASIEN 0 3: REED Dia e Zeüschrift £wiss.Ze oolagie. Ba. MAM. r | Ent 51. Ghl En, z Ghr = Pl.chI f: Reh en 39 # Pl.ch.I. En1 @AL2 Pl chi DES elle „ehr £ Mi MBr Th. x TS \ S 8 EFFEIET 7 Verl ullällı, Engelmann leipziy DB vy he MIR RNOARLN ie pi ae ne k Zeitschrift Kurs. ‚Zoologie. Ba. Ann. | | \ Str. IH+ChI Gint a ee /t! = Ba I geil Vorl Wilh Engelmann, Leizin. 09 ee TerleWäll. Engelmann, hpzig | } { Taf XViH. Zeitschrift £ wiss. Zool. Bd.XXXX. Nr: RT, HS. Tig.3. Tith.Anst.v. E A. Funke, leipzg Verlagv.Wilh. Engelmann in Leipzig. | I — N Nassonow, äd nat. del 7 EIN. . Zoot. B Litt: Anst.v. EA Funke, Leipzig. Verlao “Wilh. Engelmann ın neiwaio. a N x z . ’ = > ß 2% 2 : a Ä [\ N ; var S f — ! « ’ 5 ) A = 1 \ | Sr) N ; 3 & == S n J 3 g} j > n L £ ” j = \ re - 1 D Q f ı 3 Fi . = . l 2 S - j 3 5 { B y an — } \ y? / © J > . [ 2 } = . f / = ) } e | \ > Y S -; Y I > _ { E: \ L z = f } t \ t N Ö Br . i / | ri \ x } en = 2 - = D; _ Zeitschrift Rwiss Zool. Bd. er Fig. / En N KIRBUIF NOALARUN ur I ) N dh End gdonene v0; A) 4 Wan Mi 9, I! MH At ER U h° DO u reg n ii anMi /j th Same. == ID. FE —— Pt EI} m 7 “209,00 e0o09og 22,05 == Tess Verlag v.Wilh’ Engelmann, Leipzig | Litkyanst. u.) GEADRTETENR = - Zeitschrift f' wiss. Zoolog. Bd. XXX 133 1 \ Ga @Repn0 Lith-Anstv JG. Bach, Leipzig ‚Verlag v Wilh. Engelmann, Leipzig NALXKT, : — u g- == — 7, 52, 2229T03IIT0I 0011 FL MIDI ——— ano : fl x ee : m Fi g.IL. Verlag vWilh .Engelmam Leipzig wiss. Zoologie. Bl. XUUX. ER “ NUN a Fig. 23. 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I P r vaB Er: m Sy, 2 9 II) " : ZT , j Jd m I | Zeitschrift Kiss. Zool. BaKUN. a rar a RUN rm ir. == : - ith Asry. E.A Funke, Leipzig. Verlag v.Wilh, Engelmann in Leipzig. Mr Fiss. Zool, BAKÄRI. Fig B3. 5 2 2 r rt nd x = PT ß / e z 2 2 3 r J 3 3 « \ j ee De f { 5 f # » 1% FT ’ x : « ’ g E ö £ } E S 4 r x I =, < 5 A ; ’ I } } les ES S - z = = 5 5 v = / N 3 f eg — E E = £ \ | 3 = = \ CE, SR ST & f U z \ \ er e g he =— « = £ = ; 3 56 en he 3 BERN a FE == == er X en r 7 J. 3 7 - = 3 > 3 SE = = z y BR: er 5 \ S ren 5 ” Ep - = & REN I A & is £ 2 er?) Hg f. want, u man ------ nl, N v ra 2 u Zeitschrift Fiss. Zoologie BANN. Gehirn eines Schafes ( Übergangsfor ın) Gehirn eines Schmeines F= (Übergangsform,) £ - N Mediale Fläche eines Neldhasengehirns Tat ON. . Kigt: Fig.3. Fig+ Gehirn eines Schweines far (7 bergangstornt ) Gehirneines Schweines mormal) Gchürmeines Schafes (Übergangstorm) Gehüm eines Schal&s (normal) ig. 10. Fig.M. N Fig.13 \ Gehirn eines Schafes (lateraleKläche) Feldhasen- Gehirn Gehirn eines ‚Schafes Gehüm eines Schafös Gehim.eines Schweines (normal) - — Verlag vWilh. Engehnann, Leipzig Lith. Anstx.d.@.Bach,Leipzig “2 S ee nenn . ER E E = ! \ 5 ü x = z er z = A = = N 5 . 2 S N E wer = 2 5 = = 3 3 = > Ri 2 x - % x = = 5 7 I - “ ” IE ee = a > R 3 : = 3 : Se E= R : : ” ö > See: (ee e= } > = = € SER R EN } ; € Rz 3 RE / i = a 5 . = 5 3 (BES > ! x = a7 Z 1 \ N - - 1 = > S = 5 = 2 == 2 = = * £ - 3 iS DT = fi 3 7 5 g 2 pr : 2 5 \ 3 - - f S ” = w Z Se 5 / i ER & v S : E . ze Fe 2 * £ = = I 2 & > SESE } > = > EN Y S = € x = - a 5 Sag x - SEE, f S R = e x DRS y = == 2 \ = e - / Z 2 i er 3 x E ES 5 =. > De R Y x 3 K \ = ==> ER Se = 3 = R = & Fer D 2: = St x u - Ss va = he i 3 2 = 3 t 2 5 EEE Rz = Se - 3 = 2 E S g2 15 y > - \ : > x ee 2 a = E x 2 z 5 =) Q > a 2 < > L \ i = =. SS en % 5 = Z TEETER S E 2 I a Hr TREE ee En ER ne Se te ee Br nn nn ern Tement. sr Zn Ver rWEln. Engelmann, Teivzig, Zeitschrift 10i55. Zoologie Ba.XXXIX. Fig. 10 Fig. 11. h Fig. 12 Fig. 13. J.Cybulski del ‚Verlag v.Wilh. Engelmann, Leipzig Lith. Anst: v.J/G. Bach,Leipzig Ss Fremua T 1 [ [l f [ l { \ Ba.xıXIX. Te . .Zoolog Fivis.s ae ee Ze EEE ER ee en Er am nei 1 7 Er PT — Seren eipzig. L (} ach Lith.Anstv.d .6.B Verlag v.Wilh.Engelmann Leipzig. Zeutschrift f relss. Zoologie. Ba. ATX. Fig. 1. Taf ML. NG y Verl v. Wılh. Engelmann, Leipzig. Lin Ansty. Werner & Winter, Frankfare UM, Zeitschrift f 10155. Zoologie. Ba. AK. S IR Sn ee & ZUR Ansbr Werner ® Winter, Frantture il F- E Zeitschrift WISSENSCHAFTLICHR ZOOLOGIE ) herausgegeben | 1 I n Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, und Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Neununddreissigster Band. Erstes Heft. Mit 13 Tafeln und 1 Holzschniitt. E Ltr Neo NER | | LEIPZIG, | Verlag von Wilhelm Engelmann. 1883. | Ausgegeben den 28. September 1883. Inhalt. x Seite Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. Von J. Brock. (Mit Paf. I -IV.)S 22... 0.0 Ds Sa Die Keimschichten des wachsenden Schwanzendes von Lumbriculus varie- gatus nebst Beiträgen zur Anatomie und Histologie dieses Wurmes. £ Von CO; Bülow. :- (Mit 'Baf..V.). ... 2 N en ae 64 Die Histogenese des Knochens der Teleostier. Von ©. Schmid-Monnard. (Mit Dab VI IX. 05 8.002 ma ee ne A re 97 Bemerkungen hinsichtlich der Blutbahnen und der Bindesubstanz bei Naja- = 2 7 a den und Mytiliden. Von W. Elemminss . 222 0 20. .0..,7 137 Beiträge zur Histologie der Echinodermen. I. Mittheilung. Die Holothurien (Pedata) und das Nervensystem der Asteriden. Von O. Hamann. (Mit Tat X XNeus 4 Klolzschnitta) or. 2 2er 145 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Z.oologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. TE QUARTERLN JODANAL OF WICROSCOPICAL SCIENCE edited by E. RAY LANKESTER, Professor in London. Price 10 Marks a number or 40 Marks per annum, post free-published by Messrs. CHURCHILL, 11 New Burlington Street, London. W. The number for January 1883 is illustrated by twelve folding plates and con- tains: Poulton on the tongue of Perameles, Thomas on the life-history of Fasciola hepatica, von Wiülemoes-Suhm on the supposed larva of Limulus, Bourne on Haplo- branchus a new genus of Annelids, Weldon on the germ-layers of Lacerta, Ray Lankester on the minute structure of the eye of Scorpions and of Limulus. The number for April 1883 contains a monograph of the anatomy and embryo- logy of Peripatus Capensis by the late Professor Frank Balfour, illustrated by eicht coloured plates. Verlag von Wilheim Engelmann in Leipzig. Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie de Mollusken. | n Hermann von Ihering, Dr. med. et phil. Mit 8 Tafeln u. 16 in den Text gedruckten Holzschnitten. Fol. 1877. cart. .% 36.— Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Lehrbuch der Anatomie des Menschen. C. Gegenbaur, 0. ö. Professor der Anatomie und Direetor.der anatomischen Anstalt zu Heidelberg. Mit 558 zum Theil farbigen Figuren in Holzschnitt. gr. 8. geh. .4 24. —, geb. # 26.25. PERL Über die Zeit der Bestimmung der Hauptrichtungen des Froschembryo. Eine biologische Untersuchung von Dr. Wilhelm Roux, Privatdocent an der Universität und Assistent am anatomischen Institut zu: Breslau. Mit 1 Tafel. 8. 1883. „4 1.— Über | die bedeutung der Kerntheilungsfiguren. | Eine hypothetische Erörterung von Dr. Wilhelm Roux, Privatdocent der Anatomie an der Universität zu Breslan. 8. 1889. 00,2. IT Die Befruchtung der Blumen dureh Insekten | und die gegenseitigen Anpassungen beider. . Ein Beitrag zur Erkenntnis des ursächlichen Zusammenhanges in der organischen Natur. Von Dr. Herm. Müller, Oberlehrer an der Realschule I. Ordnung zu Lippstadt. Mit 152 Abbildungen in Holzschnitt. gr. 8. 1873. 9 . Alpenblumen, ihre Beirmehtung dureh Insekten und ihre Anpassungen an dieselben, Von Dr. Hermann Müller, Oberlehrer an der Realschule I. Ordnung zu Lippstadt. Mit 173 Abbildungen in Holzschnitt. gr. 8. 1881. . 16.— Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. Ze a I nn u er Auer a WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE | herausgegeben n Carl Theodor v. Siebold, Professor an der Universität zu München, ° und Albert v, Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, unter der Redaktion von Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Neununddreissigster Band. Zweites Heft. Mit 10 Tafeln und 1 Holzschnitt. | LEIPZIG, | Verlag von Wilhelm Engelmann. 1883. Ausgegeben den 6. November 1883. Inhalt. Seit Untersuchungen über das Gehirn der Petromyzonten. Von F. Ahlborn. = (Mit Taf. XII -XMa us 2 Holsschnit 0. u ne 191 Zur Biologie und Anatomie der Clione. Von N. Nassonow. (Mit Taf. XVYHI u. XIR). 0000000000 ee ee 295 Beiträge zur Histologie der Echinodermen. II. Mittheilung. 1. Das Nerven- system der pedaten Holothurien (Fortsetzung); 2. die Cuvier'schen Organe; 3. Nervensystem und Sinnesorgane der Apedaten. Von O. Ha- © mann. (Mit Taf RX RAM. 2 ner nee ..309 Über einige neue Thalassemen. Von K. Lampert ... ......... 334 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Grundzüge der Entwicklungsgeschichte der Thiere von M. Foster, M.A,M.D, F.R.S. Fellow und Praelector der Physiologie in Trinity College, Cambridge und Francis M. Balfour, Fellow von Trinity College, Cambridge. Deutsche autorisirte Ausgabe von Dr. N. Kleinenberg. Mit 71 Holzschnitten. gr. 8. 1876. 6.#. Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Von C. Gegenbaur, 0. ö. Professor der Anatomie und Director der anatomischen Anstalt zu Heidelberg. Mit 558 zum Theil farbigen Figuren in Holzschnitt. gr.8. geh. 4 24. —, geb. 4 26.25. A BEER NARBE Uran. RB ER U I VOTEN RI a RR RER REN ED MN TUR ER U DEUTET ER IE Und men Ti EEE TEEN SEHE ie APIS TREND: tr ET ERBETEN N Ra m A ERSTE Arc Tas; SE £ [ j g [ B k E E BR I 5 | : | ' E E t E v 14 - k { I j | Y N En N N DER SEHE (REEL TESERFE RT FERFEHLUTT) UNTORELEFN LETTOUN 1 1 GES FENSTER SF FREE MD SEEN ESTER ESETEERTEERAEFEN FNTEEEEST FEN UFER FASTRSERT FR ER ENTEERETEEEET TEEET EEEEESETETFTEN Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Die Echiuren (Gephyrea armata) Richard Greef, Dr. med. et philos., o. ö. Professor d. Zoologie u. vergleich. Anatomie u. Director des zoolog.-zootom. Instituts der Universität Marburg. M. A. N Mit 9 grösstentheils chromolithographischen Doppeltafeln .und 1 Holzschnitt. (Nova Acta d. Kaiserl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher. Band XLI. Bars‘ Me NER). 4. 1879. 16 4. _ Entwicklungsgeschichte des Gehirns. Nach Untersuchungen an höheren Wirbelthieren und dem Menschen dargestellt Prof. Vietor v. Mihalkovics, a. 0. Professor an der Universität zu Budapest. Mit.7 lithographirten Tafeln. gr. 4. 1877. 12.4. Der Bau des menschliehen Gehirns durch Abbildungen mit erläuterndem Texte dargestellt C. B. Reichert, Prof. der Anatomie und vergleichenden Anatomie in Berlin. Mit 33 Kupfertafeln und 17 in den Text aufgenommenen Kupferstichen. kl. Fol. 1861. 30 .#. Die Spongien des adriatischen Meeres. Von Dr. Oscar Schmidt, Professor der Zoologie und der vergleichenden Anatomie an der Universität zu Gratz. Mit 7 Kupfertafeln. Fol. 1862. .4 20. — 1. Suppl. enthaltend die Histologie u. system. Ergänzungen. Mit 4 Kupfer- l tafeln. Fol. 1864. 11.9. | 2. Suppl. enthaltend die Vergleichung der adriatischen u. britischen Spon- | giengattungen. Mit 1 Kupfertafel. Fol. 1866. 5 4. 3. Suppl. enthaltend die Spongien von der Küste von Algier. Mit 5 Kupfer. tafeln. Fol. 1868. 12.4. Studien über das centrale Nervensystem der Knochenfische | Dr. Ina Stieda, E| Prosector und ausserordentlichem Professor in Dorpat. Mit zwei Tafeln. gr. 8. 1868. 2 .. Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. z Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. # 7-12 Zeitschrift || WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE | herausgegeben Professor an der Universität zu München, und | | on | | Carl Theodor v. Siebold, Albert v, Kölliker, . Professor an der Universität zu Würzburg, 3 » unter der Redaktion von 4 | Ernst Ehlers, Professor an der Universität zu Göttingen. Neununddreissigster Band. Drittes Heft. Mit 9 Tafeln und 2 Holzschnitten. | | 'f tlartnaslör LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. I "a 1883. # | Ausgegeben den 21. December 1883. Inhalt Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Von K. Eckstein. (Mit Taf. XRII-XXVME) 0 ee Das Kaugerüst der Dekapoden. Von F. Albert. (Mit Taf. XXIX—XXXI 1.02 Holzschn.) Hu nu... a ee I Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Diesem Hefte liegt bei: Bücher- Verzeichniss Nr. 333: Zoologie: Miscellanea, Zoologica, Faunae von R. Friedländer & Sohn in Berlin N.W., Carlstrasse 11. Verlag von GUSTAV FISCHER in Jena. Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. Zugleich ein Beitrag zur Kenntniss des Baues und der Lebens- erscheinungen dieser Gruppe von Dr. August Weismann, Professor in Freiburg i. Br. Mit einem Atlas von 24 Tafeln und 21 Figuren in Holzschnitt. Preis: 66 4. A. Schönfeld’s Antiquariat, Wien IX, Universitätsstrasse 4 . versendet auf Verlangen überallhin Cataloge gratis franco. Kauft größere und kleinere Büchersammlungen sowie Einzelwerke zu den besten Baarpreisen. LEER US BL 5 UA NONE TORE 1ER SACHE TORTEN ZERO TR) ET TR) TR OL SIE AO ZN 1 VERHTA R HEILENS DREI VE TU WR ZUM EER Nu PER 7 F j & E E - 5 i { g & j K E | I 5 H E \ } \ [ ß Br TE STEH 7 a Reale) N ER LEHREN r oh Arnim D Be SE vun AR ü 2 ET ST EEE BT Se DEN EN ET EP EI EIER nn SE PL TE STREIT Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Fnednh Bruckmann in München. | Soeben erschien: Die Säugethiere in Wort u Bild. darl Vost und Bean Specht. Folioeformat. Ein stattlicher Prachtband von ca. 450 Seiten Text mit 305 Illustrationen, darunter 40 Vollbilder. In reichem Prachtbande mit Gold- und Schwarzdruck 48 Mark. In eleg. Cartoneinband mit rothem goldgepressten Leinwandrücken u. Ecken 45 .%. Diese neue Schilderung der Säugethiere ist kein Prachtwerk im gewöhnlichen Sinne, sie wendet sich vielmehr an den wissenschaftlichen Forscher; denn der Text ist kein -untergeordneter Begleiter der Bilder, sondern eine eminent wissenschaftliche Leistung des berühmten Genfer Zoologen! Für die bis heute unerreichte Vorzüglichkeit der Illustrationen bürgt Friedr. Specht’s Name, der in diesem Werke die Summe seiner künstlerischen Thätigkeit auf dem Gebiete der Thier- malerei zieht. —— Zu beziehen durch jede Buch- und Kunsthandlung. a a er a el Ze Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien : Der Organismus der Infusionsthiere nach eigenen Forschungen in systematischer Reihenfolge bearbeitet von Dr. Friedr. Ritter v. Stein, k. k. Hofrathe u. o. ö. Professor der Zoologie a. d. k. k. Universität in Prag. III. Abtheilung. II. Hälfte. Die Naturgeschichte der arthrodelen Flagellaten: Einleitung || und Erklärung der Abbildungen. | Mit 25 Tafeln. Fol. geb. 60 M. Früher erschien: I. Abtheilung. Die hypotrichen Infusionsthiere. Mit 14 Kupfertafeln. Fol. 1859. I geb. 48 4. II. Abtheilung. Die heterotrichen Infusionsthiere. Mit 16 Kupfertafeln. Fol. | 1867. geb. 66 M. III. Abtheilung. Die Naturgeschichte der Flagellaten oder Geißelinfusorien. | I. Hälfte. Mit 24 Kupfertafeln. Fol. 1878. geb. 80 %. Soeben erschien: Die Anatomie des Kaninechens in topographischer und operativer Rücksicht bearbeitet von W. Krause, Dr. med. u. zoolog., Professor in Göttingen. Zweite Auflage. Mit 161 Figuren in Holzschnitt. gr. 8. 8 2. Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. Zeitschrift | WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE | Carl = V. a Albert v. Kölliker, Professor an der Universität zu Würzburg, | unter der Redaktion von | Zu u | Professo r Universität zu Göttingen ) i | Neununddreissigster Band. | | Viertes Heft. “| Mit 10 Tafeln. li | ee . LEIPZIG, Verlag von Wilhelm Engelmann. a 1883. | N | | | Ausgegeben den 31. December 1883. ba Inhalt, i Se eeopkalus und Gasterostomum. Von H. E. Ziegler. (Mit Taf. XXXII a XXX) rar nn 537 Über dasEingeweidener venysuem von Periplanetaorientalis. VonM.Koestler. (Mit. Tat. XXXIV)s ... 8 2.2... er aa. mem: 572 Über das Variiren der Großhirnfurchen bei Lepus, Ovis und Sus. Von 4 VY. Rogner. (MitTat AQXxXV mn sen erı 596 Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilus monostylos nov. | spec. Von M. Graf Zeppelin. (Mit Taf. XXXVI u. XXXVIU).. 615 2 Das Nervensystem der Schnauze und Öberlippe vom Ochsen. Von J.B. CGybulsky. Mit Taf. IXNXVIT u RAN) Line. 653 Zur Anatomie und Physiologie des Rüssels von Musca. Von K. Krae neh id, (Mit: Tat. XL u. XLE). 0 Samen nn. N ae 683 Über das Gewebe der Epiphyse von Plagiostomen, Ganoiden und Teleostiern. Zur Vatalii zung Von.J. Th Gatties. wozu 720 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da "mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Siebold. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine größere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der an Verlag von Wilhelm aeenann in ae ig. Soeben erschien: Zur Morphologie der Hymenopterenilügel. Zugleich ein Beitrag zu den Fragen der en und des Atavismus, Von Dr. E. Adolph, Öberlehrer am Gymnasium zu Elberfeld, M. A. N. (Nova Acta der Kaiserl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher. Band XLVL Nr. 2.) Mit 6 Tafeln. gr. 4. 4 9. — ARE ERSON ba a # Be GEN AELSN MHE ER TER I Aa TR TOUR ZSET N TED) DE BETH VRR) AST Dit TREE US MR BB} SO ERS BEEDTEN TUNI ICH Ta mr an \ | | Ir B | | i | | f | | | | | NEN A en rt A: I a A a EN u PET EEE SE TE TEE EEE EL TEE TE RE GR DIE EURE LEI TEILTE pn m pn ar mn m m are x e ER: „e 3 2 . Yeree von Wilhelm Brelınandı in Leipzig. | Fauna und Flora des Golfes von Neapel | und’ der ® | . angrenzenden Meeresabsehnitte herausgegeben von der E .Zoologischen Station zu Neapel. = Jahrgang 1880. : = 1. Monographie: Ctenophorae von Dr. Carl Chun. Mit 18 Tafeln in Lithographie und 22 Holzschnitten. Ladenpteis 4 75. 11. Monographie: Fierasfer von Prof. Emer; Mit 9 zum Theil color. Tafeln und 10 Holzschnitten. Ladenpreis M 25. Jahrgang 1881. Ä Ill. Monographie: Pantopoda von Dr. A. Dohrn. | Mit 18 Tafeln in Lithographie. Ladenpreis .Z 60.7 m. Monographie: Die Corallinenalgen von Prof. Gr af zu Solms. Mit 3 Tafeln in Lithographie. Ladenpreis .Z 12} 3 Jahrgang 1882. : x V. Monographie: Chaetognathen von Dr. B. Grassi. Mit 13 Tafeln in Lithographie. Ladenpreis .Z 25. VI. Monographie: Caprelliden von Dr. P. Mayer. Mit 10 Tafeln in Lithographie. Ladenpreis .Z 30. VII. Monographie: Oystoseiren von R. Valiante. Mit 15 Tafeln in Lithographie. Ladenpreis .Z 30. Vill. Monographie: Bangiaceen von Dr. G. Berthold. Mit 1 Tafel in Lithographie. Ladenpreis . 6. Subscriptionspreis für sämmtliche erscheinende Monogr aphien jährlich .Z 50. | Man abonnirt für mindestens drei Jahre beim Verleger oder beim Herausgeber. F ee nd & T FE ATLAS zum Leitfaden für das Aquarium der Zoologischen Station zu Neapel. Mit 47 Tafeln. 8. 1883. .4 3. — i Inhalt: Taf. 1: Spongiae. — Taf. 2—7: Coelenterata. — Tat 8— . Eehine- I ‚dermata. — Taf. 10—12: Vermes. — Taf. 13—17: Crustacea. Tat. 18--26: I "Mollusea.; e— - Taf. 270. 28: Tunieata. — Taf. 28—46: Pisces. — at 47: Reptilia. Text dazu. $. 1880. .# 1.60. | ” Noologischer Jahresbericht für: 1882. ” © Herausgegeben von: der Zoologischen Station n Neapel. Vier Abtheilungen. gr. 8. 213 "Abtheilung : Allgemeines bis Vermes. Mit Register. Redigirt va ı Dr. P.Mayer ‚in Neapel. 1883. .% 10. —. 2. Abth.: Arthropoda. Mit Register. Redigirt von Dr. | Ep Mayeru.Dr. Wilh. Giesbrechtin Neapel. 1883. 4 11.—. 3.Abth.: Tunicata, I en BREENLoRoda, Mit Register. Redigirt von Dr. P. ] Mayer. 1883. „4 3.— . Abth.: Vertebrata wird 1884 oma ‚ .Redigirt unter Verantwortlichkeit von Prof. E. Ehlers in Göttingen. Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. TREE. Lt: I : KEN Eh Bunt Are Sr Peren a a = neunte a N ent RE ee een Peg: . DE were Fe x TE # : " = Berta brach 5 le er y ET Apees ja = AERR EL EHE : Pe’ nraeze EIS SF | nd! Be HI SE SCHE N rer | ae . | e en = RAR FEN x ER r Se 5 SPEER CE Bar Per e ee ae eh 9 ah Eee % ENTER NEN HE Br San - Det ehteat ARE AN RT et H> ee I n2 Bee Kusre & ee rear [ac HE I DER BU HET e: ” Era Be 27 Kae nun» VA an irn, er, mie RS ren ESCHER RUE N ER f n air eer de Suse . es