a ren - 2. a Dee es hiäe rhrea here, gem je Be re = - > DL 2. 7 Per re re ann r De vente) Ener 2: en Andi wenn He anne $ . er jr ee 2 ni h: ir rad ler „ ae . BEE nat ne Da eeaten ER re . e ya a te ei et wir. e > nn a En LE re Be n. \ Ban rn hen a Merten! ne . y ec o u enge , . Da en % ns ar 2 ? , nr i pi ” an un ni Yet en ER > wine “ % eg ee een eg te N E E e ur pe er nm a Da heran > j Inte w. ee Fri he went m a 4 nungen ie NT chen ee De a een ” 5 { Bar ze . -.& PR ERTER Kind . . Ei ’ rs Du wi P ELTERN are DB T Dez En Re N Leu FRE In hl re, Br k ) x F Ta 28 ae - - >” u zu EZ ne / L r N | r > Mt k & 7 x 4 5 u ” 5 fi E97 Zeitschrift für _ WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professora.d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universitätzu Göttingen. ZZ m Funfundvierzigster Band Mit 38 Tafeln und 36 Holzschnitten. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1887. Inhalt des fünfundvierzigsten Bandes. ANnNNNNNDeN Erstes Heft. Ausgegeben den 31. December 1886. | Seite ormezacalaphracta Shaw. Von J. H. List. (Mit Ta. I-WM. ..... 4A | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. Theil.I. Von H. | Berne Mit Taf. VIE. # Holzschn)eige. - » 200 2.2004 02086 | | Zweites Heft. Ausgegeben den 13. April 1887. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. Erste Abkandliune! Von O0. Schultze. (Mit Tafı XI-—XIL). . ... ... 2... 477 Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). Deren. , (Mit: Tat. XIVN on ERNEUT 0297 Zur Kenntnis der pelagischen und Jittoralen Fauna norddeutscher Seen. Von O. Zacharias. (Mit Beiträgen von S. A. Poppe.) (Mit Taf. XV.) 255 Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. Von H. Strahl. Beat Raven: Holzschnäli :..,.:2 2.20. ERINAYSL Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. Von J. H. List. EV Te nn er. 308 Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. Von Beoschelt. (Mit Tat. XVII. XIX u. 4 Holzschn.) . : ..... . 397 Nachwort zu meinem Artikel »Über den feineren Bau des Knochengewebes«. Von A. Kölliker. SS NR) Bemerkung zu: Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. Peelsrienine 2... 0. nee... k00 IV Drittes Heft. Ausgegeben den 28. Juni 1337. Seite Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. Von W. Reinhard. {Mit Taf. XX—XXU u. 2 Holzschn.). . 404 Zwei neue Coelenteraten. Von A. Korotneff. (Mit Taf. XXIII u. 4 Holz- schnitten.) .. .-.. U. H.ls uge E NGE Zur Auffassung des Polyparium ambulans (Korotneff. Von E. Ehlers. . 494 Giebt es Orthoneuren? Von H. v. Ihering. (Mit Taf. XXIV u. 3 Holz- schnitten). 2 AT UBER TE AFFE AR NE a RER 3195 Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. Von J. Brock. (Mit Tat. XXV.):. . See Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. I. Von. A. Kowalevsky. (Mit. Rat. XXI 302 eg Viertes Heft. Ausgegeben den 30. September 1887. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. Von J. H. Tist. . (Mit Taf. XXRXI—XXXIN u. 97Holzschn.) 2 re er Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Aeriolimax laevis. Von H. Simroth. (Mi Dar XXX TV) 222222772646 Über Brunstwarzen bei Rana temporaria L. Von O0. Huber. (Mit Taf. Über die Abstammung der männlichen Geschlechtszellen bei Eudendrium racemosum Cav. Von C. Ishikawa. (Mit 3 Holzschnitten.). . . . . 669 Keimzelle und Keimblatt. Von L. Kerschner.. ......2......612 Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. Von V. Faussek. u (MU ZTaE I RIVER. re > 5 RE a an. oe Über die Entstehung des Pigmentes in den Oberhautgehilden Von A. Kölliker. . (Mit Taf. .XXXVII u. XXXVIHE) Del ee Orthezia cataphracta Shaw‘. Eine Monographie von Dr. Joseph Heinrich List. Mit Tafel I-V. Einleitung. Nachfolgende Arbeit behandelt die Anatomie des Weibchens von Orthezia cataphracta Shaw. Die Komplicirtheit des Organismus brachte es mit sich, dass von einer ins Detail gehenden Behandlung einzelner Organsysteme, wie Muskulatur, Nervensystem und Verdauungstractus, schon aus dem Grunde abgesehen werden musste, um den Umfang der Arbeit nicht noch weiter auszudehnen. Wenn gleich es mein sehnlichster Wunsch war, über einzelne Or- gane vollkommen ins Klare zu kommen, so konnte ich denselben doch nicht zur Verwirklichung bringen, was sowohl in der Komplicirtheit der Organe selbst als auch in der Schwierigkeit der Präparation lag. So blieben meine Beobachtungen über einzelne Theile des Schlundge- rüstes, wie über das Rückengefäß, nur lückenhaft, und möge künftige Forschung auch diese Lücken auszufüllen im Stande sein! Bei Zusammenstellung des Litteraturverzeichnisses habe ich nur die speciell auf Coceiden oder auf allgemeinere Verhältnisse Bezug nehmen- den Arbeiten berücksichtigt. Schließlich ist es mir eine angenehme Pflicht, dem Vorstande des Grazer zoologischen Instituts, Herrn Prof. Dr. v. Grarr, für die freund- 1 Synon. (nach J. W. Doucuas [21)). Cocecus cataphractus Shaw. Nat. Misc. 1794 ; Gen. Zool. 1806. Dorthesia cataphracta West. Intr. Mod. Class. Ins. 1840. Dorthesia chiton Zetterstedt. Ins. Lapp. 1840. Orthezia urticae. Sign. syn. partim. Essai sur les Cochinelles 4875. Orthezia Signoreti F. B. White. 'Scot. Nat. 4877. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLY. Ba. A 9 Joseph Heinrich List, liche Unterstützung in jeglicher Beziehung meinen besten Dank aus- zudrücken. Graz, Anfang Juni 1886. Präparation. Um über gröbere anatomisehe und auch histologische Verhältnisse sich zu orientiren, ist die Untersuchung frischer Thiere unerlässlich. Ich klebte dieselben mit ihrem Rückenpanzer mittels einer Leimlösung auf den Objektträger und präparirte, nach Abtragung des ventralen Wachsintegumentes, das ventrale Chitinschild mit feinen Nadeln vor- sichtig herunter. Da man ohne Zusatzflüssigkeit wegen des außerordent- lich ausgebildeten Fettkörpers fast gar nichts sehen kann, so habe ich als HärtungsmittelleinGemisch einer halbgesättigten wässeri- gen Sublimatlösung plus aufje ein ccm dieser Lösung einen Tropfen Pikrinschwefelsäure benutzt. Ich kann dieses Gemisch. nach reichlicher Erfahrung nur als ganz vorzüglich rühmen. Nach Bloß- lesung der Organe ließ ich mit einer Pipette mehrere Tropfen dieser Flüssigkeit auf dieselben fließen und nach mehrere Minuten dauernder Einwirkung konnte nach gutem Auswaschen die Präparation der jetzt zäh gewordenen Organe sehr leicht vor sich gehen, was namentlich, um sich über den Situs viscerum zu orientiren, nothwendig ist. Als wei- tere Zusatzflüssigkeit benutzte ich verdünnte Giycerinlösung. Als Tink- tionsmittel Pikrokarmin. E Scehnittmethode. Hand in Hand mit der Präparation übte ich auch die Schnittme- thode. Und zwar wurden Serienschnitte in der Längs-, Quer- und Flächenrichtung angefertigt. Es ist wohl außerordentlich schwierig und mir fast nie gelungen, Serien zu erhalten, in welchen alle Schnitte in- takt geblieben wären. Die Ungleichmäßigkeit im Baue des nenn ferner das Schlundgerüst und die Borsten bilden zahlreiche Hindernisse. Trotzdem bekam ich vollkommen klare und histologische Verhältnisse ganz gut zeigende Bilder. Um den Chitinpanzer leichter schnittfähig zu machen und ihm seine Sprödigkeit zu nehmen, benutzte ich die von Looss? angegebene Ja- vellesche Lauge (Eau de Javelle). Ich verdünnte die käufliche Flüssigkeit mitdem vierfachen Volumen Wasser und ließ die ihres Wachspanzers ent- ! Zeitschr. für wissensch. Mikroskopie. Bd. III. p. 44—45. 1886, 2 Zool. Anz. Jahrg. VII. Nr. 496. p. 333—334. 4885. Orthezia cataphracta Shaw. > ledigten und gehärteten Thiere 18 bis 24 Stunden in der Flüssigkeit. Nach gutem Auswaschen färbte ich dieselben gewöhnlich mit Alaun- karmin (GrRENAcHER); die Durchfärbung dauert wohl oft fünf bis sechs Tage. Nach Auswaschen wurden die Thiere entwässert und in Paraffin eingeschmolzen. Zur Härtung der Objekte benutzte ich folgende Methode. Die lebenden Thiere wurden ihres Wachspanzers mittels Nadeln entledigt, was sehr leicht von statten geht. Sodann gab ich dieselben 24 Stunden in Frenzer’s Gemisch! (80 °/,igen Alkohol halb mit Sublimat gesättigt plus aufje ein oder zwei ccm dieser Lösung einen Tropfen konc. Salpetersäure) oder in die von mir oben angegebene Flüssigkeit. In letzterer ließ ich die Objekte 18 bis 24 Stunden. Nach gutem Aus- waschen wurden die Objekte in die verdünnte Javellesche Lauge ge- geben. Beide Härtungsflüssigkeiten, besonders aber das Frenzer’sche Ge- misch, kann ich nur empfehlen. Ich habe übrigens zur Härtung auch 90°%/,igen Alkohol benutzt. Auch die auf diese Weise hergestellten und mit Pikrokarmin gefärbten Schnitte gaben gute Bilder. Biologisches ?. Als ich im Mai 1882 gelegentlich einer floristischen Exkursion in die obersteirischen Kalkalpen auf der ungefähr 1300 m hohen Krump- alpe bei Vordernberg Saxifraga aizoon näher untersuchte, fand ich auf den Wurzeln dieser Steinbrechart blendend weiße Coceiden, die sich als die Weibchen von Orthezia cataphracta Shaw entpuppten. Ich fand sie nur in sehr geringer Zahl und zwar besonders an jenen Stellen, an welchen der Steinbrech auf mehr feuchter, moosiger Unterlage saß. Obwohl nun diese Steinbrechspecies auf unseren Kalkalpen sehr gemein ist, so konnte ich die in Rede stehende Coccide doch nur auf diesem einen Orte nachweisen?. Vom April bis December konnte ich alljährlich Weibchen, und zwar junge und ältere, mit Marsupium (Eiersack) ver- sehene, auffinden. Die Thiere leben subterran und sind bei uns zu Alpenbewohnern geworden. Wie sehr sie das Licht scheuen, konnte ich mich an meinem kleinen Terrarium, in welchem ich monatelang lebende Orthezien hielt, überzeugen. Nach kurzer Zeit verkrochen sich die Thierchen, wenn ich sie auf die Steinbrechblätter setzte, in die Erde und waren auf den Wurzeln zu finden. ! Einiges über den Mitteldarm der Insekten. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXI. ? Man vergleiche Nr. 38 des Litteraturverzeichnisses. ® Ich will hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass es mir sehr wahr- scheinlich ist, dass Orthezia cataphracta auf unseren Alpen weiter verbreitet ist, doch fehlt mir zur Zeit die Erfahrung. 4% 4 Joseph Heinrich List, Was das weitere Vorkommen der Orthezia cataphr. anlangt, so er- wähnt Zerterstepr (%), dass dieselbe »sub lapidibus loeis aridis, ut etsub museis, in Lapponia boreali silvatica passim« vorkomme. J. W. DousLas (22), dem wir schöne Beobachtungen über Orthezien, namentlich die Systematik betreffend, verdanken, bemerkt, dass die in Rede stehende Orthezia in den ersten Tagen des April am Grunde der Stengel von Gras und Carex, die unter langem feuchten Moos wuchsen, in Pitlochry, in Perthshire, gefunden wurde. Während im Norden Orthezia cataphracta in den Niederungen lebt, hat sie sich bei uns und im nördlichen Theile von Mitteleuropa auf die Höhen zurückgezogen. Letzteres bezeugt die Thatsache, dass auch O. Zıckarıas! dieselbe Coccide vor mehreren Jahren (August 1884 und 1885) im Riesengebirge, in einer Höhe von 1368 m, subterran unter Moos in Gesellschaft eines Pseudoscorpioniden (Obisium trombidioides) fand. Zu allen Zeiten des Jahres kann man nun Weibchen mit und ohne Marsupium finden. Öffnet man letzteres von im Frühjahre (April) oder im Herbste (Ende November und Anfang December) gefangenen Indi- viduen, so findet man das Marsupium theilweise mit einer weißlichen Masse, zum größten Theile aus einer fein granulirten Substanz be- stehend, erfüllt. Sieht man sich diese Substanz bei stärkerer Vergröße- rung an, so bemerkt man, dass sie sich zusammensetzt aus winzigen Ringen oder auch hufeisenförmig oder spiralig eingedrehten eylindri- schen Fäden (Taf. II, Fig. 29), die wohl aus derselben wachsartigen Masse- bestehen, aus welcher das äußere Integument aufgebaut ist. Sehr häufig. findet man diese Körperchen auf langen Fäden haftend, die wohl orga- nischer Natur sind, und die dann dem Marsupiuminhalte ein flaumiges. Aussehen verleihen. Orthezia cataphracta ist ovipar, eine Thatsache, die Durour (3) schon. vor Decennien für O. characias bekannt war. »Bei der Ablage der Eier, sagt der treffliche Beobachter, die oval und weißlich sind, legt sie (Or- thezia) dieselben in einen aus Haaren bestehenden Filz, welcher das Innere des caudalen Sackes auskleidet. Ich habe darin an 30 gezählt. Die Jungen kriechen successive aus diesem Sacke. Sie ähnein der Mutter in der Zahl und Gestalt der Theile; aber sie sind nackt, d.h. sie bieten keine Spur von den weißen Schildern dar, von denen der Körper der ausgewachsenen überzogen ist. Ich vermuthe, dass, wenn die ganze Brut geboren ist, die Jungen ihren Zufluchtsort verlassen. Am 15. Juli 1829 1 Ich statte hier meinen Dank Herrn Dr. O. ZacHarıss für die freundliche Mit- theilung ab (man vgl. dessen Mittheilungen im Zool. Anzeiger [Nr. 39 des Littera-- turverzeichnisses]). Orthezia cataphracta Shaw. | 5 fand ich ein Weibchen, dessen vorragender Sack an seinem Ende oben eine sehr breite unregelmäßige Öffnung besaß, durch welche, wie ich vermuthe, die Jungen aus- und wieder einkriechen dürften!. Es ist mir zwar nicht gelungen, diese doppelte Behauptung zu konstatiren, die eine merkwürdige Beziehung zwischen Dorthesia und dem Beutelthier geben würde; aber ich fand in diesem Weibchen, von dem ich soeben ge- sprochen, alle Jungen lebend, sehr lebhaft und nicht ein einziges Ei.« Ich verfüge selbst nur über wenige Beobachtungen in dieser Beziehung. Ich fand im April Weibchen, in deren Marsupium ich mehrere kleine, mit einer weißen Wachsmasse überzogene, 0,8 mm messende, längs- ovale Eierchen traf. Dagegen fand ich in den ausgebildeten Marsupien von im Juli bis September gefangenen Individuen bis gegen 20 Eier oft in der oben beschriebenen flaumigen Masse eingebettet. Dass das Mar- supium mit der Zunahme der Zahl der in demselben aufgestapelten Eier an Größe zunimmt, ist zweifellos. Männchen aufzufinden, gelang mir bisher nicht, obwohl Dovcras (22) einen diesbezüglichen Fund Mr. Nornman’s verzeichnet und ein geflügel- tes Männchen abbildet. Ich vermuthe, dass es Männchen giebt, da ich einmal an Sperma- tozoen erinnernde Gebilde im Receptaculum beobachten konnte. Übri- gens hoffe ich, meine Züchtungsversuche fortsetzen und später darüber berichten zu können?. Form und Größe (Taf. I, Fig. 1—5). Die Form der TThiere, die im Allgemeinen die ovale ist, variirt ziem- lich bedeutend. Während die jüngeren Thiere durchaus einen längs- ovalen Umriss zeigen, sind die älteren Weibchen breitoval oder auch sphärisch. Die Länge der Thiere bez. deren Rückenpanzer betrug bis zu 3 mm, die Breite bis zu 2,5 mm. Das Marsupium (der Eiersack) ragte, von den Abdominalschildern aus gemessen, 1,5 bis 2 mm nach hinten und hatte eine Breite bis zu 2,5 mm. Das Integument. Orthezia cataphracta besitzt ein äußeres, aus einer wachsartigen Masse und in Schildern angeordnetes, Integument, welches auf ein, aus 1 Nach meinen zwar nur dürftigen Beobachtungen bei Orthezia cataphracta dürfte dies nicht vorkommen. Vielmehr ist mir wahrscheinlich, dass das allmäh- lich an Größe zunehmende Marsupium, wenn die Larven ausgekrochen sind, abge- worfen wird, um letzteren die Freiheit zu gewähren. Ich konnte nämlich in der Erde, in welcher ich Orthezien traf, häufig abgelöste Marsupien beobachten. 2 Übrigens ist es den Bemühungen F. Löw’s (26) gelungen, bei einer verwandten Species (O. urticae L.) Männchen zu züchten. 6 Joseph Heinrich List, Chitin bestehendes inneres zu liegen kommt und daselbst auf eigen- thümliche, später zu erörternde, Weise haftet. Äußeres wachsartiges Integument. Bevor ich zur Schilderung desselben übergehe, mögen einige An- gaben früherer Autoren angeführt werden. Zerrerstepr (4) bemerkt bei Dorthesia chiton Zett. = 0. cataphracta Shaw Folgendes über das Äußere: ovalis sordide alba, anten- nis pedibusque testaceis, integumento transversim segmentata, fimbriis postieis foliosis; fascieulo caudali brevi, niveo. Nach L£ton Dvrour (3) ist der ganze Körper von ÖOrthezia characias eingehüllt mit einer stärkeweißen Substanz, von einer festen Konsistenz, ähnlich derjenigen des Wachses, dicht, weder wollig noch flaumig und zierlich angeordnet in ungleich langen aber symmetrisch geordneten Lamellen oder Schildern, die man leicht entfernen kann, ohne das Thier zu verletzen. Die dorsale Region bietet vier Reihen solcher Lamellen dar, von denen die äußeren längeren einen Umkreis machen, indem sie sich mit dem hintern Theile nähern. Der Kopf ist durch zwei kegel- förmige Höckerchen dieser Substanz geschützt. Nach Tarcıonı-Tozzerti (16) ist Orthezia characias Bose —=O. urticae L. ausgezeichnet durch ein prächtiges Integument, welches sich aus cylindrischen Fäden (filamenti), welche der Reihe nach an einander ge- presst sind, um eine flaumige Masse zu bilden, zusammensetzt. Derselbe Autor giebt als allgemein gültig für die Weibchen der Orthezites an (17), dass sie Kopf, Thorax und Abdomen besitzen, die fast undeutlich, und nur dieses zuletzt, in ringartige Segmente getheilt, sichtbar oder nicht, je nachdem der Körper von einer wachsartigen pulverigen Masse, oder von wachsartigen Cylindern, welche zu schildförmigen Lamellen ver- einigt sind, bedeckt ist, die auf dem Rücken, den Rändern und auf der ganzen ventralen Oberfläche des Körpers vertheilt sind. J. W. Dovsras (22) schildert folgendermaßen die äußere Form von Orthezia cataphracta: The form is broad-oval, the denuded body yello- wish, the cereous covering matter cream-white. In the adult female — length 2 lines, including the marsupium — the frontal node is bilobed, thiek and not much projecting; the laminae of the eircumference short, all of equal breadth, curved under, the posterior ones only being a little longer than the others, forming altogether a raised compact border. On the back, the segmentation is distinetly visible throughout, the cereous matter taking the form of each segment; the body in early life flat, after- wards distended; the segment next to the frontal node entire, the rest divided by a median impressed line, on which, in the first three of the Orthezia’cataphracta Shaw. 7 divided segments, is a very small scutelliform nodule, and at the end of the line, immediately adjoining the laminae of the eireumference, is a short somewhat elevated lamina arising at the anal orifice and projec- ting over them. The marsupium is short (varying in length), broad, the posterior angles rounded off; the upper surface, arising below the eir- cumferential border, but distincetly separate from it, nearly flat, having only eight or nine slightly raised longitudinal lines; the lower surface, arising at the posterior coxae and hiding the abdomen, convex, perfectly smooth, the end curved upwards. Sometimes the upper surface, more rarely the lower also, assumes a smoky hue. An diese kurze, nur den Rückenpanzer und das Marsupium charak- terisirende Beschreibung füge ich Folgendes an. Wie schon Tarcıons-Tozzerni (17) richtig bemerkt, kann man an den Weibehen Kopf-, Brust- und Abdominaltheil unterscheiden, die aber am ventralen Theile des Wachspanzers viel deutlicher getrennt sind. Rücken- und Bauchpanzer sind verschieden gebaut und stehen nur längs des Randes des kleineren Bauchpanzers mit einander in Berührung. @ Rückenpanzer (Taf. I, Fig. 3, 5, 6). Vorn in der Medianlinie des Körpers liegt das Kopfschild (Fig. 6 7), welches in seiner Form, namentlich bei verschieden alten Individuen, mannigfache Variation zeigt. Während dasselbe bei jungen Weibchen vorn bogenförmig abgegrenzt und in der Mitte sehr häufig etwas aus- gebuchtet erscheint, kann man bei manchen und besonders älteren Individuen bemerken, dass das Kopfschild vorn in der Mitte etwas vor- ragt. Auf der dorsalen Seite desselben bemerkt man eine nach vorn bogenförmig begrenzte Wölbung, welche in der Mitte eine übrigens verschieden gestaltete Einkerbung besitzt, und beiderseits von einem breiten, annähernd flachen Rande eingefasst ist. Auf der ventralen Seite des Kopfschildes (Fig. 4, 7) kann man im vorderen Theile eine längs der Medianlinie verlaufende Rinne, die beiderseits von erhabe- nen Leisten begrenzt ist, bemerken, welche nach hinten zu von einer kuppelartigen, die Augen und die Basalglieder der Antennen ein- schließenden, Vorwölbung (Fig. 7 a) überragt wird. Die Rinne reicht nie bis zum Grunde dieser Vorwölbung, sondern nimmt nur !/; oder !/, der Länge des Kopfschildes ein. Auch die bei- den Augen sitzen in kleinen Vorwölbungen, die als Theile jener media- nen größeren zu betrachten sind (man vgl. Fig. 4). Nach hinten grenzt sich das Kopfschild auf der ventralen Seite durch die folgenden, Rostrum und die Coxae des vorderen Extremitätenpaares einschließenden Schil- der ab. Auf der dorsalen Seite wird das Kopfschild im medianen Theile 3 Joseph Heinrich List, hinten durch das erste Thorakalschild (IT, Fig. 6) und beiderseits durch die Marginalschilder (Fig. 6 7, 1,) überragt. | Das erste Thorakalschild (Fig. 3, 5, 6) ist vorn ausgebuchtet und mit verschiedenen Einkerbungen versehen, hinten bogenförmig be- grenzt und kann mit einem Kreisringabschnitte verglichen werden, dessen Seiten bogenförmig sind, und dessen vordere Ecken abgerundet erscheinen. In der Medianlinie sieht man eine Furche, welche nicht ganz nach vorn zieht und besonders am Hintertheile des Schildes aus- gebildet ist. Da das Schild eine hinten etwas dickere Lamelle darstellt, so kann man eine obere und untere Fläche unterscheiden. Während letztere mehr oder weniger glatt erscheint, ist erstere häufig mit nach der Längsachse des Thieres gerichteten Rillen versehen. Die obere Fläche des Schildes ist kleiner als die untere, und ist dasselbe seit- wärts und hinten durch zu einander geneigte Flächen begrenzt, durch deren Zusammenstoß oft scharfe Kanten auftreten (man vgl. Fig. 5). Während das erste Thorakalschild noch unpaar ist, eine Tren- nung in zwei Theile aber durch die in der Medianebene auftretende Furche schon angedeutet ist, sind die zwei nun folgenden Thorakal- schilder paarig, und steht jedes Paar in der Medianlinie in Berührung (Fig. 6 III, 1I],, IV, IV,). Zweites und drittes Thorakalschild erschei- nen ähnlich gebaut, nur ist die Breitendimension des dritten größer als die des zweiten. Betrachtet man einen Theil des zweiten Thorakal- schildes, so grenzt derselbe mit seinem vorderen Basisrande an den hinteren Rand des ersten Thorakalschildes. An der Seite ist die Basis durch eine nach hinten und außen gehende bogenförmige, in der Mitte oft eine Einkerbung zeigende Linie begrenzt, welche mit dem hinteren Rande des Schildes einen spitzen, bei älteren Individuen aber auch stumpfen Winkel bildet. Die obere Fläche des Schildes ist mit mancherlei Dellen versehen und fällt nach vorn und nach der Außen- seite scharf ab, so dass man einen mehr oder weniger ausgebildeten Rand beobachten kann. Nach hinten zu erscheint der obere Rand scharf und überragt denjenigen der Basis. Man könnte so den paarigen Theil des Thorakalschildes als Stutz einer schiefen Pyramide, deren Achse nach hinten geneigt ist, betrachten. Das dritte Thorakalschild ist ähnlich gebaut wie das zweite, nur, wie bereits erwähnt, etwas länger, dafür aber etwas schmäler. Zwischen dem ersten, zweiten, dritten Thorakalschilde und nachfolgendem ersten Abdominalschilder- paare liegen in entsprechenden Ausbuchtungen der betreffenden Schil- der drei kleine von vorn nach hinten an Länge zunehmende trapezoid- förmige Schildchen (Fig. 6 Pr, Ms, Mt), die ich als Pro-, Meso- und Metascutellum bezeichne. Orthezia cataphracta Shaw. 9 Auf das dritte Thorakalschilderpaar folgen fünf Paare von vorn nach hinten allmählich kleiner werdende Abdominalschilder (V, V,, VI, V2,, VII, VIL,, VIII, VIIL, IX, IX,), welche ähnlich gebaut sind wie eines von dem letzten Thorakalschilderpaar. Sie stoßen in der Medianlinie längs einer vom Metascutellum bis zum unpaaren Anal- schilde (X) gehenden Furche zusammen und zwar nur mit ihren Basal- rändern. Der früher erwähnte Vergleich eines Thorakalschildes mit dem Stutz einer schiefen Pyramide passt auf sämmtliche Abdominal- schilder, indem auch eine von der oberen Fläche gegen die früher er- wähnte Medianfurche abfallende Seite ausgebildet ist. Die Oberfläche sämmtlicher Abdominalschilder ist mit kleinen nach Alter überaus variirenden Dellen ausgestattet. Die Umrandung sämmtlicher Thora- kal- und Abdominalschilder bildet eine Ellipse, deren große Achse durch die mediane Rückenfurche und die Scutella, deren kleine Achse ungefähr durch das erste Abdominalschilderpaar bezeichnet wird. Die Thora- kal- und Abdominalschilder sind derartig angeordnet (mit Ausnahme des ersten und zweiten Thorakalschildes), dass jedes vordere Schild dachziegelförmig einen Theil der vorderen abfallenden Seite des nach- folgenden deckt. In der Medianlinie schließt sich hinten, zum Theil von dem letzten Abdominalschilderpaar gedeckt, ein nach hinten und etwas nach aufwärts gerichtetes, sich nach hinten verjüngendes und daselbst abgestutztes Analsegment (X) an, welches die von dem neunten Marginalschilderpaar gebildete Analröhre dorsalwärts schließt. An die äußeren Seiten der Thorakal- und Abdominalschilder schließen sich Schilder an, die sämmtlich ähnliche Form zeigen. Ich bezeichne sie als Marginalschilder, und man kann deren neun Paare unterschei- den (Fig. 6 7, 1, bis 9, 9,). Das vorderste Marginalschilderpaar schließt sich an die rechte und linke Seite des ersten Thorakalschildes, und jedes der folgenden an die entsprechende Seite der übrigen Thorakal- bez. Abdominalschilder. Die Marginalschilder erscheinen als dünne Lamellen, welche vorn und hinten durch annähernd parallel gehende Bogen, die ihre Konvexität nach vorn zeigen, begrenzt sind, während sie nach außen (mit Ausnahme des ersten und letzten Paares) abgerun- det sind, oder aber einen stumpfen Winkel bilden (letzteres namentlich bei jungen Individuen). Die Längsachse der Marginalschilder, die im ersten Paare etwas nach vorn und seitwärts gerichtet ist, wendet sich allmählich nach hinten. Das hinterste (neunte) Marginalschilderpaar verlängert sich nach hinten, beide Schilder stoßen in der Medianlinie zusammen und bilden auf der dorsalen Seite eine sich nach hinten zu verengernde Röhre (Fig. 6), welche durch das Analsegment bedeckt wird und mit einer Öffnung zur Entfernung der Exkremente nach außen 10 Joseph Heinrich List, mündet (Fig. 3). Analschild und die beiden letzten Marginalschilder bilden gewissermaßen ein Analsegment. Jedes vordere Marginalschild überragt mit seiner hinteren Kante die Vorderfläche jedes folgenden, und auf der dorsalen Fläche jedes Schildes, die übrigens etwas gewölbt erscheint, kann man häufig in der Mitte eine, von den angrenzenden Thorakal- bez. Abdominalschildern ausgehende, gegen die stumpfe Spitze des Schildes verlaufende und zu den Rändern parallel gerichtete, Leiste beobachten Fig. 3). Der durch die Marginalschilder, die nach hinten zu an Größe abnehmen, herge- stellte äußere Rand des Integumentes gleicht ebenfalls einer Ellipse, die aber ausgezackt erscheint, und deren vorderer und hinterer Theil durch das Kopfschild bez. das Analsegment begrenzt wird. Der dor- sale und ventrale Rand der fast überall gleiche Stärke zeigenden Mar- sinalschilder ist häufig scharf begrenzt, und die zwischen beiden Rän- dern liegende bandartige Fläche zieht von oben innen nach unten außen und ist häufig konvex. Die ventrale Seite der Marginalschilder er- scheint flach und zeigt bei stärkerer Vergrößerung jene eigenthümlichen für alle Schilder charakteristischen Streifen, die später bei Erörterung der Beschaffenheit des Integumentes zur Sprache kommen werden. Im Anschlusse bespreche ich noch Variationen, die bei den hinteren Marginalschildern eintreten, und die häufig zu beobachten sind. Man kann nämlich häufig bemerken (Fig. 6 stellt einen Fall vor), dass die letzten drei oder vier Marginalschilder ‘von dem das Analsegment bil- denden Paar abgesehen) jederseits sich nach außen verlängern und ver- jüngen, nach hinten bogenförmig gerichtet sind und sich stark nach unten wölben. Sie trennen sich auch dann von einander und stehen nur in der Nähe der Abdominalschilder mit einander in Berührung. Ich beobachtete mitunter Individuen, bei welchen das achte Marginal- schilderpaar die doppelte Länge des ersten erreicht hatte. Der ganze Rückenpanzer ist gewölbt, und diese Wölbung ist namentlich bei jungen Individuen in die Augen fallend, während bei älteren Thieren dieselbe mehr einer Verflachung Platz macht. Ventraler Panzer (Fig. 4, 7). An den oben besprochenen ventralen Theil des Kopfschildes schließen sich mehrere paarige Schilder an, die die Coxae des vorderen Extremitätenpaares und das Rostrum einschließen. Es sind dies zwei rundliche gewölbte Schilder (erstes Sternalschilderpaar) (Si,), die vorn und seitwärts bogenförmige Einkerbungen zeigen, und die innen mit einer geraden Linie, die gegen die Basis des Rostrum läuft, abgegrenzt sind. An diese schließen sich in der Medianlinie zusammenstoßende Orthezia cataphracta Shaw. 11 trapezförmige Schilder (b), welche vorn die hintere Basis des Rostrum umsäumen, während den vorderen und seitlichen Theil derselben die früher besprochenen Schilder (St) umgrenzen. Auf die beiden ersten _ Sternal- und trapezförmigen Schilder folgen auf jeder Seite zum An- sehlusse an die Marginalschilder des Rückenpanzers vier Pleuralschilder (P, bis P,), die sämmtlich ähnlich gebaut sind. Sie sind Lamellen, welche hinten und innen annähernd geradlinig begrenzt sind und da- her oblong erscheinen. Vorder-Innenseite fällt nach vorn bez. nach innen ab. An das erste Paar der Pleuralschilder (P, und P,) schließt sich innen das zweite Sternalschilderpaar (S?,), die in der Medianlinie an einander stoßen. Vorn bilden beide Sternalschilder einen kleinen Ausschnitt, den ein dreieckiges, mit der Spitze nach hinten gerichtetes Schildchen (ec) ausfüllt. Hinten kann man eine ähnliche größere Aus- buchtung, von welcher aus zu der Höhlung, die von jedem Sternal- schilde zur Aufnahme der Coxae des zweiten Extremitätenpaares ge- bildet wird, eine Furche zieht, die ein Schildchen nach innen begrenzt, das vorn an die Coxae reicht und eigentlich zum Sternalschilde gehört. Das dritte Sternalschilderpaar (Si,), welches den Metathorax bezeich- net, schließt die Coxae des hinteren Beinpaares ein, bildet vorn eine Ausbuchtung, welche mit der entsprechenden des sich vorn an- schließenden zweiten Sternalschilderpaares ein trapezoidförmiges Schildehen (c,) einschließt. Von der Ausbuchtung zieht zur Goxahöhlung jederseits eine Furche, die ein größeres, hinten die Goxahöhlung um- fassendes Schildcehen, welches vorn sich an das zum zweiten Sternal- schilderpaar gehörige schließt, abgrenzt. Die beiden Sternalschilderpaare, von denen das dritte das größere ist, erscheinen polygonal mit etwas gebogenen Seiten. Vordere, innere und hintere Seite fällt nach vorn bez. innen und hinten ab. Sie sind also Lamellen, deren obere Fläche kleiner ist als diejenige der Basis. An das dritte Sternalschilderpaar schließen sich hinten zwei kleine, bandförmige Schildchen (d) an, die sich in der Medianlinie des Körpers berühren. Auf das letzte Pleural- und Sternalschilderpaar folgen die ventralen Abdominalschilder. Man kann deren fünf (A, A,, Ay, Ay, Ay) unterscheiden, die nach hinten zu an Größe abnehmen, und die seitwärts durch Pleuralschilder (7, r,, 769, 763) mit der ventralen Fläche der Marginalschilder in Berührung stehen. Die Pleuralschilder, die nach hinten zu an Größe abnehmen, sind dünne Lamellen, die mehr oder weniger polygonale Form zeigen, und deren hinterer Rand den vorderen des nachfolgenden Schildes überdeckt. Die Abdominalschilder sind ebenfalls dünne Lamellen, welche sämmitlich hinten mit einem Bogen, dessen konvexe Seite nach vorn gerichtet ist, abgegrenzt sind. Der hintere Rand ist aber nicht 12 Joseph Heinrich List, glatt sondern mit verschiedenen kleinen Ausbuchtungen versehen, von denen eine zwickelartige in der Mitte, und je eine auf der Seite nahezu konstant am Rande jedes Schildes vorkommt. Jedes vorausgehende Abdominalschild überragt mit seinem hinteren Rande den Rand des nachfolgenden. Die Pleuralschilder sind von den Abdominalschildern durch eine Furche getrennt, die vom hinteren zum vorderen Rande zieht, denselben aber häufig nicht erreicht, so dass Pleural- und Abdominal- schilder im Zusammenhange stehen. Das fünfte Abdominalschild um- grenzt mit seinem Hinterrande die vordere Seite der Öffnung des Ovi- ductes. In diesem Abdominalschilde (A,) kann man keine getrennten Pleuralschilder erkennen, nur finden sich an manchen Individuen An- deutungen derselben. Den hinteren Rand der Ausmündung des Ovi- ductes begrenzt ein Schild, welches das Schlussstück des ventralen Panzers bildet. Es grenzt sich hinten bogenförmig ab, biegt sich am hinteren Rande etwas um und steht damit inBerührung mit der ventralen Fläche der beiden letzten Marginalschilderpaare. Ich erwähne, dass sich sämmtliche Pleuralschilder am äußeren Rande etwas umbiegen und auf diese Weise mit den Marginalschildern in Berührung kommen. Wenn man den ventralen Panzer betrachtet, so erscheint derselbe gewölbt, namentlich bei jüngeren Individuen, während derselbe bei älteren In- dividuen, ähnlich wie der Rückenpanzer, mehr verflacht erscheint. Auch am ventralen Panzer kann man eine mit der des Rücken- panzers übereinstimmende Segmentirung beobachten. Die hinteren Ränder der Pleural- und Sternal- bez. Abdominalschilder bilden Bogen- linien, welche mit denenaufdem Rückenpanzer übereinstimmen. Jedem Marginalschilde entspricht ein Pleuralschild, jedem Thorakal- bez. dorsalen Abdominalschilderpaare ein Sternalschilderpaar bez. ventrales Abdominalschild. Der vordere Theil des Bauchpanzers (Sternaltheil) ist allerdings in Folge seiner komplieirteren Schilderanordnung und der Lage der Sternalschilder nicht genau homolog dem Rückenpanzer seg- mentirt. Eben so wird man dann der Homologie halber die kleinen Schilder (d) als erstes Abdominalschilderpaar und ?, jederseits als die zugehörigen Pleuralschilder betrachten müssen. Beschaffenheit des äußeren Panzers. Über die Beschaffenheit des bei Orthezia cataphracta blendend weißen wachsartigen Integumentes liegen Angaben früherer Beobach- ter vor. Nach Dusarnın (6) ist das Wachskleid der Orthezia beinahe solide, während andere Cocciden ihre Eier oder sich selbst mit einem leichten Flaum einhüllen, der nur dieselbe Art von bei 84 oder 85° schmelzbaren Orthezia cataphracta Shaw. 13 Wachses ist, und wie das chinesische Wachs krystallisirt. Er bemerkt ferner, dass die von dem Thiere (Orthezia) gelegten Eier in einer Kap- sel (Marsupium) eingeschlossen werden, die aus ausgeschwitzten Wachslamellen gebildet ist. Tarcıonı-Tozzerti (16) erwähnt, » dass die Materie des äußeren Integumentes (bei Orthezia etc.) von eigen- thümlicher Natur ist; unlöslich im Wasser, kaum löslich in Alkohol, wenig löslich in Äther, schmelzbar bei einer niedereren Temperatur als die des kochenden Wassers, ist dasselbe eine Art Wachs, welches, was Ursprung und Eigenschaft betrifft, mit Pelawachs korrespondirt«. Nach Sıcnorer (19) »ist der ganze Körper bedeckt, und zwar in allen Stadien, mit einer Jamellösen Kalksekretion, welche in der letz- ten Lebensperiode des Weibchens am Hinterende des Abdomens eine mehr und mehr verlängerte Form annimmt und einen Sack bildet, welcher die in einen feinen Flaum eingebetteten Eier enthält.c DousL4s (21, 22) spricht bei Orthezia cataphracta von einer »close-fitting, wax-like, white secretion« oder von einer »cereous cream- white covering matter«. Wenn man frisch gefangene, lebende Weibchen von Orthezia cata- phracta betrachtet (Taf. I), so fällt einem die blendend weiße Farbe des äußeren Integumentes auf. Schon beischwächerer Vergrößerung bemerkt man auf der Oberfläche der Schilder Streifen, welche auf der rechten und linken Hälfte des Panzers symmetrisch verlaufen. Trennt man nun z.B. einen größeren Theil des Rückenpanzers vom chitinigen Integumente, und hellt denselben mit Glycerin auf (Fig. 11), so kann man abwech- selndhellere und dunklere Streifen beobachten, welche auf den dorsalen Thorakal- und Abdominalschildern in bogenförmigen Linien von vorn nach hinten ziehen, während die Streifen der vorderen Marginalschilder einen stumpfen Winkel mit denjenigen der zugehörigen Thorakal- bez. Abdominalschilder bilden. Da die hinteren Marginalschilder gegen Ende des Abdomens mit ihrer Längsachse allmählich in die des Thieres zu stehen kommen, bilden dieStreifen derletzten Marginal(After)schilder nur mehr einen sehr stumpfen Winkel mit denjenigen der Ahdominal- schilder. Wenn man nach der Ursache dieser helleren und dunkleren Streifen fahndet, so findet man dieselbe in der Aneinanderlagerung dichterer und wenig dichter, Luft führender Schichten. Die an in Gly- cerin aufgehellten Präparaten hell erscheinenden Streifen stellen die dichteren, die dunkleren die Luft führenden Schichten dar, was man hei Verdunkelung des Gesichtsfeldes sehr leicht beobachten kann. Be- trachtet man nun irgend ein Rückenschild von der unteren Fläche (Fig. 12, Taf. I), so erscheint dieselbe im Allgemeinen glatt, aber mit zahlreichen nicht ganz regelmäßig in Reihen gestellten Löchern ver- 14 Joseph Heinrich List, sehen, die den Borsten auf dem Chitinpanzer entsprechen. Dieselben durehbohren nicht das ganze Wachsschild, das eine Dicke von etwa 91 u besitzt, sondern erreichen nur die Länge der Borsten (19 «). Die Löcher sind entweder kreisrund oder auch mehr elliptisch, und ihr Lu- men verläuft gewöhnlich schief oder gekrümmt gegen die Oberfläche, entsprechend dem Verlauf der Borsten des Chitinpanzers. Im Allge- meinen findet man die Löcher in den helleren (dichteren) Streifen an- geordnet, und häufig kann man um jedes Loch eine hellere (dichtere), rundlich begrenzte, Wachslage (Fig. ii) beobachten. Das Marsupium, welches aus einem dorsalen und ventralen Theile besteht, erscheint mit zahlreichen Längsstreifen und Rippen versehen, die nur der Aus- druck eines lamellösen Baues desselben sind. | Was nun die Materie des äußeren Integumentes anlangt, so ist die- selbe ein dem Wachse sehr nahe stehender Körper. Der Schmelzpunkt der Rückenschilder und des Marsupium liegt bei ca. 80°C. Bei jüngeren Individuen liegt der Schmelzpunkt der Rückenschilder bei ea. 83° C. Die Masse ist unlöslich in Alkohol, leicht löslich in Terpentinöl, noch leichter in Chloroform und krystallisirt aus letzterer Lösung in schönen nadelartigen, zu Büscheln vereinten, Krystallen heraus. Die Rückenschil- der scheinen, namentlich bei älteren Weibchen, nicht allein aus dieser wachsartigen Masse gebildet zu sein, sondern an in Chloroform ent- wachsten und in Kanadabalsam aufgehellten Präparaten konnte ich als ungelösten Rest der Marginal- und Rückenschilder ein aus dünnen Fäden bestehendes (Fig. 15, Taf. I) und sich verästelndes Geflechtwerk beob- achten. Auch an geschmolzenen Rückenschildern konnte ich die Fäden bemerken. Woher diese Fäden stammen, und woraus dieselben bestehen, kann ich nicht entscheiden; so viel ist sicher, dass sie eine organische Grundlage für die wachsartige Masse bilden. Die wachsartige Masse des äußeren Integumentes, welche aus später ausführlich zu erörternden, unter dem Chitinpanzer in der Matrix (Hypodermis) desselben liegenden Zellen abgeschieden wird, lagert sich, so viel ich sehen konnte, nicht in feiner, pulveriger Anordnung auf dem Chitinintegumente ab. Die aus den Zellen ausgeschiedene Masse nimmt ihren Weg durch die Löcher des Chitinpanzers, gleitet durch die hohlen Borsten durch und sammelt sich auf der äußeren Oberfläche an. Wenn man dünnere Stellen von in Glycerin auigehellten Rückenschildern beobachtet (Fig. 14), so kann man ganz kurze, oft mannigfach gewundene Fäden (#d) bemerken, die in ihrer Dicke dem äußeren Borstenloche entsprechen. Die aus den Zellen (ein- zelligen Drüsen) abgeschiedene Masse ordnet sich in solche Fäden, die als solche auf dem Chitinpanzer aufgestapelt werden. An Glycerin- präparaten konnte ich häufig Borsten beobachten (Taf. I, Fig. 24 b), aus Orthezia cataphracta Shaw. 15 deren äußerer Öffnung ein Wachsfaden (Fd) hervorragte. Durch das An- einanderfügen und die Verschmelzung dieser kleinen Fäden kommen dann die einzelnen Schilder zu Stande. Schließlich bespreche ich noch einige Lösungserscheinungen, die ich bei Behandlung der Schilder und des Marsupium mit Terpentinöl erzielte. Nach 3/;stündiger Einwirkung dieses Reagens konnte ich auf der äußeren Oberfläche gewundene Leisten bemerken, während die zwischen denselben befindliche Masse viel rascher gelöst wurde. Auf der Unterseite (Fig. 13) kann man kegelförmige, die Löcher begrenzende Vertiefungen, die radienförmige Streifungen (Rinnen) zeigen, nach ein- stündiger Behandlung mit obigem Reagens beobachten. An Stücken des Marsupium wurden nach !/,stündiger Einwirkung von Terpentinöl kegel- förmige Zähne an den Bruchstellen sichtbar. Das Chitinintegument (Taf. I, Fig. S—10). Schon L. Durour (3) erwähnt, dass nach Abtragung des äußeren Panzers bei Dorthesia urticae L. ein braunes Integument zum Vorschein käme, welches mit kleinen Rauhigkeiten besetzt ist, die zur Befestigung der Lamellen des Panzers dienen. Tarcıonı-Tozzerri (16) macht zwar keine näheren Angaben über das Integument bei Orthezien, beschreibt aber die auf demselben vorkommenden Borsten (Peli) von Orthezia urticae L. Wenn man lebenden Thieren mit Beihilfe von Nadeln das äußere wachsartige Integument nimmt, oder mit Chloroform dasselbe entfernt, so kann man die gelblichbraun erscheinende, chitinige Bekleidung, das innere Integument, beobachten. Dasselbe zeigt auf der dorsalen (Fig. 8) und auf der ventralen Seite (Fig. 9, 10) analoge Felderungen, wie sie für das äußere Integument früher beschrieben worden. Auf der dorsalen Seite kann man ein Kopf-, drei Thorakal- und sieben Abdominalfelder unterscheiden. Eben so sind die Marginalfelder deutlich ausgebildet. Der dorsale Theil des Chitinintegumentes ist eine einheitliche, rundlich begrenzte Membran, auf welcher die einzelnen Felder durch rinnen- förmige Vertiefungen begrenzt sind. Das Integument ist an diesen Stellen dünner und zeigt auf der Oberfläche gewöhnlich von Furchen getrennte Leisten, die ähnlich angeordnet sind, wie man sie auf dem vom Marsu- pium bedeckten Theile des chitinigen Integumentes beobachten kann. Wenn man die Felderung, die das Thier, zwar nur äußerlich, in einzelne auf einander folgende Segmenie theilt, betrachtet, so kann man deren 14 unterscheiden, wie auch Dusarnın (6) bereits für Dorthesia characias angiebt. Das erste ist das Kopfsegment, das 41. trägt die durch eine Art chitinigen Trichters nach außen mündende Afteröffnung. Das erste und 16 Joseph Heinrich List, zweite Thorakal- und das erste Abdominalfeld zeigen in ihrem mittleren vorderen Theile kleine Erhöhungen, die den Orten entsprechen, auf welchen Pro-, Meso- und Metascutellum des äußeren Integumentes sitzen. Von dem ersten Abdominalfelde lässt sich bis zum vorletzten eine Rinne, median verlaufend, nachweisen. An den Rinnen, die durch den Zusammenstoß der Marginal- und Thorakal- bez. Abdominalschilder entstehen, kann man und zwar vom zweiten Marginalschilde angefangen, ungefähr in der Mitte jeder Rinne liegend, kleine, nur mit wenigen Stachelborsten besetzte Ausbuchtungen bemerken (Fig. 8 M; Fig. A, Taf. II), an deren inneren Fläche Muskelgruppen sich inseriren. Zehntes und elftes Segment sind auf der dorsalen Seite stark gewölbt und grenzen sich von den beiden letzten Marginalschildern (9. Paar) durch eine von Borsten entblößte und nur einzelne Chitinpapillen führende Einbuchtung des Integumentes (Fig. 8) ab. Die Felderung des Chitinpanzers auf der ventralen Seite ist, was Kopf- und Thorakaltheil anlangt, bei jungen und älteren Thieren analog. Dagegen variirt dieselbe am Abdominaltheil bei den bereits ein Marsu- pium tragenden Weibchen (Fig. 9). Am Kopfsegment, an welchem die beiden Antennen und die Augen eingelenkt sind, kann man eine kleine mediane Vorwölbung beobachten. Auf das Kopfsegment, welches durch eine Rinne von den beiden Pleuralfeldern abgegrenzt ist, folgen die drei Thorakalfelder, die die Höhlungen für die Coxae der drei Beinpaare führen. Sämmtliche drei Felder wölben sich etwas vor und grenzen sich von den Pleuralfeldern durch Rinnen ab. Das erste Thorakalfeld, welches das erste Beinpaar und das Rostrum trägt, ist das kleinste, und ist etwa oval, mit einem hinteren medianen nach rückwärts gehen- den Vorsprung. Das zweite und dritte Thorakalfeld ist ähnlich und nimmt die Größe der Felder von vorn nach hinten ein, so dass das erste Thorakalfeld als das kleinste, das dritte als das größte erscheint. Der vordere Rand des zweiten Thorakalfeldes grenzt sich vom hin- teren des ersten in der Weise deutlich ab, dass zwischen beiden Feldern das Chitin sich schlitzförmig vertieft und nur im vorderen medianen Theile Borsten trägt. Dieser den Schlitz bildende Chitintheil ist nach innen vorgewölbt und führt in eine Einbuchtung des Chitinpanzers, die Muskeln zum Ursprunge dient und bei Besprechung dieser geschildert werden wird. Man vergleiche die innere Flächenansicht (Taf. III, Fig. 18 u.19 7,). An frisch präparirten und in Glycerin aufgehellten Objekten kann man diese Ausbuchtungen häufig von Luft erfüllt sehen. Zwischen dem zweiten und dritten Thorakalfelde kann man eine ähnliche Ab- srenzung und Einbuchtung beobachten (Taf. II, Fig. 18 V,). Seitlich schließen sich an die Thorakal- die Pleuralfelder an, von denen jeder- Orthezia catapkracta Shaw. 17 seits nur drei sehr deutlich von einander abgegrenzt und vierseitig er- scheinen. An die Thorakalfelder schließen sich die Abdominalfelder an, deren man sieben unterscheiden kann. Sie erscheinen als bandartige, quergehende Felder, die von vorn nach hinten zu schmäler werden und durch Rinnen von einander abgegrenzt sind. Zwischen dem zehnten und elften Abdominalfelde liegt die Mündung des Oviductes (Fig. 9, 10 0e). Wie verschieden junge von älteren, ein Marsupium tragenden Weibchen sind, mögen die beiden Abbildungen (Fig. 10 von einem jungen Weib- chen, Fig. 9 von einem ein Marsupium tragenden Weibchen) illustriren. Das ganze Integument ist auf seiner Oberfläche keineswegs glatt, sondern mit Borsten (peli nach Tarcıoni-Tozzerr) besetzt. Diese Borsten, die eine Länge von ca. 19 u erreichen (Fig. 21), sind hohle, nach oben sich verjüngende oder auch kolbenförmig anschwellende, ge- wöhnlich gekrümmte, und mit einer Öffnung nach außen mündende Chitingebilde, welche mit einer verdickten Basis, die im optischen Querschnitte als Ring erscheint, auf dem Integumente sitzen. Wenn man Schnitte durch den Chitinpanzer betrachtet (Fig. 16, 17), so bemerkt man, dass die Oberfläche des lamellös erscheinenden Panzers scharf doppelt kontourirt erscheint. Es scheint eine eigenthümliche Metamor- phose an dem obersten Theile des Integumenis stattgefunden zu haben, welche sich in Form einer dünnen äußeren Schicht dokumentirt. Als Fortsetzung dieser obersten Schicht könnte man nun die Borsten an- sehen. Unter jeder Borste führt ein Kanal zur Innenfläche des Panzers. Der Kanal erweitert sich nach innen trichterförmig. Dass diese Kanäle zur Führung der wachsartigen, das äußere Integument bildenden Masse bestimmt sind, wurde bereits erwähnt. Auf inneren Flächenansichten des Integuments kann man die mehr oval- als kreisförmigen Löcher dieser Kanäle bemerken. Was die Vertheilung der Borsten anlangt, so kann man nicht behaupten, dass dieselbe eine ganz regelmäßige ist, wenn sie auch manchmal in Reihen geordnet sind. Allerdings bleibt die Entfernung der Borsten von einander annähernd konstant. Auf dem ersten Marginalschilde zählte ich 22 Borstenreihen, von welchen jede 23 bis 24 Borsten führte. Auf der linken und rechten Hälfte, sowohl der dorsalen als der ventralen Oberfläche sind dieselben symmetrisch vertheilt. Im Allgemeinensind sie im vorderen Theile des Körpers nach vorn bez. nach vorn und außen, im hinteren Theile nach hinten bez. nach hinten und außen gerichtet. Außer den Borsten kommen noch andere Anhänge des Intiegumentes vor. Auf manchen später zu erwäh- nenden Stellen kommen Gebilde vor, die ich als Stachelborsten (Fig. 19, 20 Sib) bezeichne. Sie sind ebenfalls hohle Organe, sind aber geschlossen und enden mit scharfer Spitze. Sie sitzen innerhalb kleiner Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 9 15 Joseph Heinrich List, Chitinpapillen, die als abgestutzte Kegel betrachtet werden können und als deren Fortsetzung sie zu betrachten sind (Fig. 20 Sib). Entfernt man eine solche Stachelborste vom Chitinpanzer, so kann man in demselben ein Loch, das mit einem Kanal, der durch das Integument führt, in Ver- bindung steht, bemerken. Außer den Stachelborsten kommen noch Gebilde vor, die Tarsıonı - Tozzerri als Filiere (Ringe) bezeichnete. Man wird sie am besten als Chitinpapillen bezeichnen (Taf. Il, Fig. 12 a,b). An den Abdominalfeldern von ein Marsupium tragenden Thieren, besonders aber auf der die Öffnung des Oviductes begrenzenden Papille bemerkt man halbkugelförmige Erhabenheiten des Chitinpanzers, die am oberen Theile einen kurzen hohlen Chitincylinder tragen, der mit rund- lichem Loche nach außen mündet. Auf Querschnitten (b) kann man sich überzeugen, dass die Öffnung des Cylinders in einen Kanal des Chitin- panzers führt. Diese Chitinpapillen vertreten die Stelle der Borsten, um die Leitungswege für das wachsartige Sekret abzugeben. Borstenlos sind die rinnenförmigen Vertiefungen zwischen den ein- zelnen Feldern. Dort stehen nur einzelne Stachelborsten. Der ventrale Abdominaltheil von ein Marsupium tragenden Thieren unterscheidet sich sehr von demjenigen jüngerer Weibchen (Fig. 9, 10). Während die Abdominalfelder jüngerer Individuen sämmtlich bis auf die Ver- tiefungen zwischen den Feldern Borsten tragen, kann man bei den ein Marsupium tragenden Weibchen die Beobachtung machen, dass große namentlich an den Seiten und hinter der Öffnung des Oviductes gele- gene Theile von Borsten entblößt sind. So stehen am Hintertheile des ersten Abdominalfeldes, in der breiten Rinne, zahlreiche Stachelborsten, während am Hintertheile des zweiten, neben solchen, zahlreiche Chitin- papillen stehen. Die die Öffnung des Oviductes umgrenzenden Theile des zehnten und elften Abdominalfeldes tragen fast ausnahmslos Chitin- papillen (Taf. I, Fig. 9), obwohl am zehnten Felde eine vordere Reihe von Borsten zu bemerken ist. Der von den Borsten entblößte Theil des Chitinpanzers trägt eigenthümliche erhabene Leisten, die oft bandartig und geschlängelt erscheinen. Auf einzelnen breiteren, durch Furchen oft rundlich begrenzten erhabenen Feldern stehen Stachelborsten einzeln oder zu zweien beisammen. Die durch Furchen von sehr verschie- dener Breite getrennten Leisten ziehen am ventralen Abdominaltheil des Chitinpanzers annähernd gleichgerichtet mit dem Rande desselben. Ausgezeichnet ist ferner noch der besprochene Abdominaltheil da- durch, dass am zweiten Abdominalfelde (c Fig. 9) und am Rande der übrigen hakenförmig gekrümmte Borsten (Fig. 21 c) sitzen und zwar so, dass sie an den Abdominalfeldern mit ihren Spitzen nach hinten, am hinteren Rande des ventralen Panzers aber nach vorn gerichtet sind. Orthezia cataphraeta Shaw. 19 Es steht dies offenbar in Beziehung mit der Befestigung des Marsupium. Diese gekrümmten Borsten, die massiver als die übrigen sind, stehen auch dichter auf den erwähnten Stellen als die Borsten auf den übrigen Feldern. Zwischen den einzelnen Feldern am Abdominaltheile sind Einbuchtungen zu beobachten, die an den Seiten sich bedeutend er- weitern (b Fig. 9). Aufden Pleuralfeldern sind borstenlose kleine Ein- buchtungen des Chitinpanzers (VJ), die Ursprungs- bez. Ansatzstellen der ventro-dorsal und umgekehrt ziehenden Muskelbündel zu bemerken. Am Hinterrande des ersten Abdominalfeldes beobachtet man zwei starke Einbuchtungen des Chitinpanzers (Z Fig. 9, Taf. I; Fig. 13, Taf. I), die ringsherum von Borsten begrenzt sind, und in welchen das Integument ringförmig erscheinende Furchen zeigt. Diese Einbuchtungen dienen nur zum Ansatze der zwei starken Muskelzüge (Fig. 2 ], Taf. II), die am ventralen Abdominaltheil des Chitinpanzers hinziehen. Die Weite dieser Einbuchtungen betrug bei ausgewachsenen Weibchen 108 u. Um die Augen, die Antennen, das Rostrum und die Coxae der Ex- tremitäten ist der Panzer ebenfalls borstenlos. Und zwar kann man um die Basalglieder der Antennen, um das Rostrum und die Coxae, ring- föormig begrenzte, mit kleinen Papillen, die nur Verdickungen des Pan- zers sind, und die im Umrisse kreisförmig oder oval erscheinen, besetzte Theile des Integumentes beobachten (Taf. I, Fig. 9 d). An Schnitten, die die Coxa getroffen haben (Taf. II, Fig. 7 P), kann man bemerken, dass diese Papillen auch auf die die Coxa umgebende Einbuchtung des Chitinpanzers sich erstrecken. Um die Augen konnte ich solche Papillen nicht beobachten, sondern das Chitin ist einfach borstenlos. Um die Papillenlage zeigt das Chitin zahlreiche, von Furchen ge- trennte Leisten, die die erstere bogenförmig umgeben. Am vorderen und hinteren Theile ist die Papillenlage des die Coxa begrenzenden In- tegumentes breiter als an den Seiten, eine Eigenthümlichkeit, die wohl mit der größeren Bewegung der CGoxa nach vorn und rückwärts zu- sammenhängt. An zahlreichen Stellen der Oberfläche des Integumentes findet man neben Borsten auch Stachelborsten, letztere oft von verschie- .dener Länge. So findet sich am Kopffelde (a Fig. 8, Taf. I) eine von Borsten freie, dagegen nur von Stachelborsten besetzte Stelle, auf welcher man übrigens auch zahlreiche, in Bogen verlaufende Furchen beobach- ten kann. Eben so findet man sowohl auf den Thorakal-, Abdominal- und Marginalfeldern der dorsalen als auch ventralen Fläche Stachelborsten eingestreut. Auf den die Ausführungsöffnung des Oviductes umschlie- ßenden Abdominalfeldern kann man neben Stachelborsten Erhabenheiten beobachten, die mit einer Reihe von nach hinten gerichteten Spitzen (man kann deren oft bis sechs zählen) an der einen Seite besetzt sind Di 30 Joseph Heinrich List, u (Taf. I, Fig. 18), und die in der Daraufsicht wie gewisse Schmetterlings- schuppen aussehen. Um die Stachelborsten sind diese Erhabenheiten im Bogen gruppirt. Die ganze innere Oberfläche des Chitinpanzers ist voll- kommen glatt. Auf dieser sitzt eine Zellenlage, die später besprochen werdensoll, dieHypodermis,diealsMatrix des Chitinpanzers erscheint. Im Anschlusse an das Integument bespreche ich Die Gliedmaßen (Taf. II, Fig. 3, 4, 5, 6). Die drei Beinpaare lenken in Einstülpungen der drei Thorakalfelder des Chitinpanzers ein (Taf. II, Fig. 7). Die Vorderbeine sind einander mehr genähert als die Mittel- und Hinterbeine (Taf. I, Fig. 9). Das die Beine außen begrenzende chitinige Integument erscheint braunroth und in einer Mächtigkeit von 10 u. Über die Gliederung der Beine berichtet bereits Dusarpın von Orthezia characias (6): »Die Beine haben, anstatt wie bei allen anderen Insekten die fünf als Hüfte, Trochanter, Femur, Tibia und Tarsus bezeich- neten Glieder zu zeigen, eine Art variabler Segmentation, welche aber derjenigen genähert ist, welche man bei gewissen Crustaceen beobachtet. Der eingliedrige Tarsus bildet einen Theil der Tibia oder verschmilzt ganz mit ihr und endet mit einer einzigen Kralle, obgleich mehrere Au- toren gewissen Gocciden zwei Krallen zugeschrieben haben. Die Hüfte ist, wie bei den Acarinen, in das Integument eingesenkt, und das Glied, welches hierauf folgt, oder das erste des beweglichen Theiles, ist kurz und eylindrisch.« An den Beinen kann man wohl nur vier beweglich eingelenkte Theile unterscheiden: die Coxa, den Femur, die Tibia und den Tarsus. Die CGoxa (Fig. 3 C) erscheint als ein am Grunde rundlicher, nach oben sich verjüngender eylindrischer Körper, in dessen oberem Theiie der Femur (#), der in die Coxa eingestülpt ist, einlenkt. Die Verbindung, nit dem Integumente wird in der Weise hergestellt (Taf. II, Fig. 7), dass in einer Einbuchtung des Panzers, der am Grunde verdickte Theil der Goxa (a) mit dem verjüngten Theile des Chitinpanzers im Zusanimen- hange steht. An der Umbiegungsstelle des Panzers kann man Züge, aus. Chitinfasergewebe bestehend, abgehen sehen (6), die zur Insertion von Muskeln dienen. Der Femur besitzt einen verjüngten Anfangstheil (« Fig. 3), welcher durch ebitinöse Bänder in der Coxa fixirt ist, nimmt rasch an Mächtigkeit zu, um sich dann allmählich zu verjüngen. Es ist möglich, dass der verjüngte Anfangstheil dem Trochanter der anderen Insekten homolog ist. Auf den Femur folgt die Tibia, welche im Anfange etwas gekrümmt ist und sich dann allmählich verjüngt. Sie ist kürzer als der Femur. Der Tarsus (Tr), der sich stets deutlich von der Tibia abgrenzt, Orthezia cataphracta Shaw. IE erscheint wohl niemals segmentirt und erreicht etwa zwei Drittel der Länge der Tibia. Er endet stets mit einer nach innen gebogenen, hohlen, als eine Ausstülpung des chitinigen Integumentes des Tarsus erscheinen- den Kralle, die stets von zweikleineren Nebenkrallen anı Grunde begleitet ist. Tibia und Tarsus erscheinen einfach in Femur bez. Tibia eingestülpt. Sämmtliche Glieder des Beines sind mit spitz endenden, hohlen Stacheln, die in kleinen Papillen des Integumentes stecken, besetzt. Während die Coxa nur deren wenige besitzt, sind sie auf den übrigen Gliedern zahlreich anzutreffen und stehen oft reihenweise angeordnet. Die Hinterbeine sind am längsten, die Vorderbeine am kürzesten. Was die Versorgung der Beine mit Muskeln, über deren Struktur später berichtet werden wird, anlangt, so hat schon Tarcıoni-Tozzerri (16) bei anderen Cocciden ausführlichere Mittheilungen gemacht. In der Coxa (Fig. 6) kann man zwei Hauptmuskeln zur Bewegung des Femur unterscheiden. Musculi extensores femoris (Me) !Extensoren des Trochanters, Srrauss) und M. flexores femoris (#/). Beide Muskeln inseriren sich mit starken Sehnen zu beiden Seiten (äußere und innere) des verjüngten Anfangstheiles. Im Anfangstheile selbst kann man einen kleinen, mehr rudimentär erscheinenden, quer verlaufenden Muskelzug beobachten, der von Tarcıonı als Adductor coxae bei Diaspis Aoni- dum Tozz. bezeichnet wird. Im Femur sind mehrere mächtige Muskel- züge zu beobachten. Man unterscheidet einen Extensor (Fi) und einen Flexor (Fi) tibiae. Ihren Ursprung nehmen die beiden Muskel- bündel im oberen verdickten Theile des Femur, und inserirt sich jedes mit einer sehr deutlichen, besonders nach Kochen mit 10°/,iger Kali- lauge hervortretenden chitinösen Sehne zu beiden Seiten des Anfangs- theiles der Tibia. Innerhalb der letzteren kann man noch kleinere Mus- keln, Museuli tibiales (4/1) unterscheiden, die sich an der, Femur, Tibia und Tarsus durchziehenden Sehne (Te) inseriren. Diese Sehne, an der sich im Femur Muskelbündel anheften, inserirt sich am Grunde der Kralle und erscheint somit als Bewegungsorgan der- selben. Die Beine werden von Tracheen reichlich versorgt, von denen man mehrere Stämmchen verlaufen sieht, während gewöhnlich nur eines derselben sich bis zur Kralle verfolgen lässt (Fig. %). Diese Stämmchen nehmen ihren Ursprung von den zwei Tracheenstämmen des Thorakal- sysiemes aus, welche die korrespondirenden ventralen Stigmata mit einander verbinden (man vgl. Taf. II, Fig. 2). Hypodermis (Taf. IH, Fig. 17—21; Taf. I, Fig. 16). Wenn man den Chitinpanzer von in Alkohol oder im Sublimat-Pi- krinsäuregemische gehärteten Objekten von der Innenseite betrachtet, 2) Joseph Heinrich List, so fällt einem, besonders nach Tinktion, eine polygonale Zeichnung auf, die von kleinen, polygonalen, epithelartig an einander gereihten Zellen herrührt (Fig. 17). Isolirt man die Zellen, so bemerkt man, dass dieselben im Allgemeinen prismatisch sind, einen granulirten Inhalt und einen sphärischen oder ellipsoidähnlichen Nucleus besitzen. Die ganze innere glatte Fläche des Chitinpanzers ist von einer einzigen Schicht dieser Zellen ausgekleidet, deren Dicke (an Schnitten gemessen) circa 5 u be- trägt. Diese Zellschicht (Hypodermis) erscheint als Matrix der über ihr liegenden chitinigen Membran, und letztere ist ganz gewiss nur als ein Absonderungsprodukt der Zellen zu betrachten, als eine Guticular- bildung. Dass die Ablagerung dieser Cuticula schichtweise erfolgt, dafür spricht der lamellöse Bau des Chitinpanzers, den man schon an Schnitten beobachten kann. Die Hypodermiszellen (Hz) variiren, was Größe anlangt, etwas. Wenn man nun die Hypodermis an tingirten Prä- paraten genauer betrachtet, so fallen einem grob granulirte, rundliche oder auch polygonal begrenzte Zellen auf, die oft ziemlich regelmäßig angeordnet sind. Isolirt man diese Zellen (Fig. 19 a, b, c), so zeigen die- selben ein flaschenförmiges Aussehen. Während der obere Theil der Zelle halsartig verlängert ist, ist der untere Theil angeschwollen und enthält am Grunde den sphärischen oft aber auch abgeplatteten Kern. Die Zellen erscheinen an Präparaten aus Alkohol oder dem Sublimat-. Pikrinsäuregemisch mit einem grob granulirten Inhalt erfüllt. Am hals- artigen Theile der Zelle konnte ich manchmal im Inneren kleine kanal- artige Aushöhlungen sehen, die mir den Eindruck machten, als ob ein Theil des Inhaltes ausgestoßen wurde. An Isolationspräparaten aus Al- kohol schien mir an manchen Zellen am halsartigen Theile ein Porus. vorhanden zu sein (c). Ich bin aber nicht sicher, ob dies ein allgemeines. Vorkommen ist. Eine deutliche Membran konnte ich an diesen Zellen, die wohl als einzelligeDrüsen angesehen werden müssen, nichtimmer nachweisen. Wenn man die Lagerung dieser Drüsenzellen betrachtet, so findet man, dass fast konstant unter je einer Borste sich eine solche Zelle befindet. Wenn man Schnitte durchmustert (Taf. I, Fig. 16), so findet man, dass die Zellen mit ihrem oberen halsartigen Theile zwischen den Hypodermiszellen sitzen, und wenn man Flächenpräparate be- trachtet, so gelingt es häufig, Stellen zu beobachten, an welchen die Drüsenzellen herausgefallen sind (Fig. 18). Man sieht dann von den Hypodermiszellen begrenzte Aushöhlungen, und bei tiefer Einstellung, bemerkt man das durch den Chitinpanzer in die Borstenhöhlung führende Loch (Z). Häufig gelingt es auch, die Grenzen der Hypodermiszellen bis gegen die Öffnung hin ziehen zu sehen. Die Form und Größe der Drüsen- zellen ist sehr verschieden. Während sie manchmal lang gestreckt er- Orthezia cataphracta Shaw. 23 scheinen, sind sie in vielen Fällen wieder mehr gedrungen. Sehr lang gestreckte Formen fand ich am hinteren Abdominaltheil des Rücken- und Bauchpanzers (Fig. 20 a, b). An Orten des Chitinpanzers, wo die Borsten sehr dicht gedrängt erscheinen, stehen auch die Drüsenzellen nahe bei einander und nehmen dann gewöhnlich polygonale Formen an. Die größte Länge dieser Zellen, die ich auftinden konnte, betrug 25 «u. Eine sehr bedeutende Anhäufung dieser Drüsenzellen konnte ich am Chitintrichter des Afters (Taf. IV, Fig 18 Dr) beobachten. Was die Bedeutung dieser Zellen anbelangt, die wohl nur umge- wandelte Hypodermiszellen sind, so wird man sie als jene Stätten be- trachten müssen, in welchen die wachsähnliche, das äußere Integument bildende Masse, bereitet wird und dann durch den Chitin- und Borsten- kanal auf die Oberfläche geleitet wird, wie dies auch Tarsıonı-Tozzerri (16) für andere Cocciden beschrieben hat. Außer diesen Elementen, die dieHypodermis bilden, kann man auf derselben und zwar von der Rücken- und Bauchmuskulatur verdeckt, größere Zellen liegen finden, welche im frischen Zustande (Taf. IV, Fig.22 Zı, 2,) gelblich, von einer deutliehen Membran umhüllt erscheinen und sphärische, oder auch unregelmäßige Formen zeigen, die aber nach Be- handlung mit Härtungsmitteln als deutliche mit einem Nucleus versehene Zellen sich erweisen (Taf. II, Fig. 2! a—c). Während man an frischen Zellen eine mehr oder wenigerhomogen, hier und da auch streifig erschei- nende, an der Zellmembran liegende, matt glänzende Inhaltsmasse be- obachten kann, die sehr häufig ein Lumen einschließt, bemerkt man an (namentlich mit dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch) gehärteten Ob- jekten (Fig. 21 a, b), dass der Inhalt zum größten Theile grob granulirt erscheint, und nur am Rande, in der Nähe des Nucleus, kann man eine nach aufwärts ziehende homogene Inhaltsmasse beobachten. An in - 0,50/,iger Kochsalzlösung untersuchten Zellen (Taf. IV, Fig. 23 Z) er- scheint der ganze Inhalt in unregelmäßige Klumpen, welche ein streifiges Aussehen besitzen, getheilt. Dass man es mit Zellen zu thun hat, beweist die Anwesenheit eines rundlichen oder auch abgeplatteten, gewöhnlich in der Nähe der Membran befindlichen Kernes. Was die Bedeutung dieser Zellen anlangt, die man sehr leicht beobachten kann, wenn man ein lebendes Thier mit der Nadel ansticht, und die der ausströmenden Flüssigkeit jene grünlich gelbe Färbung verleiht, die schon L. Durour (3) erwähnt, wird später erörtert werden. Auch Tarcıont-Tozzerti (16) be- schreibt Zellen, welche auf der Hypodermis liegen, und die oft bei ver- schiedenen Cocciden reihenweise geordnet sind. Nach ihm bilden diese Zellen das »tessuto adiposo«. 34 Joseph Heinrich List, Die Muskulatur (Taf. II, Fig. 1, 2, 22—28, 30; Taf. III, Fig. 18, 20—-22). Tarcıonı-Tozzerri (16) gebührt das Verdienst, die Muskulatur bei Coceiden (Coceus cacti ete.) eingehender untersucht zu haben. Er unter- scheidet (mit Lyonxer |36]) ein tergales und ein ventrales Muskel- system. Die Muskulatur zeigt bei Orthezia ziemlich ähnliche, jedoch durch- aus komplicirtere Verhältnisse. Ich unterscheide ein dorsales und ein ventrales System. Das erstere (Taf. I, Fig. 4), welches der Innenfläche des dorsalen Chitinpanzers anliegt, besteht aus einer inneren (7) und einer äußeren (ZT) Lage. Die äußere entspricht den Fasei interni. die letztere den Fasci esterni Tarcıonrs bei CGoceus cacti. Beide Muskelzüge beginnen am Hinterrande des Kopfsegmentes und ziehen in zwei getrennten Bogen nach hinten, um sich daselbst zu nähern und am Chitintrichter des Afters (il. Segment) zu inseriren. Beide Muskelzüge schwellen in der Mitte bedeutend an und verjüngen sich gegen das Hinterende rasch. In dem inneren Muskelzuge konnte ich an ausgewachsenen Individuen fünf, im äußeren zwei Muskelbündel bemerken. Was die Insertion an den ein- zelnen Feldern (Segmenten) des Rückenpanzers betrifft, so ist dieselbe hier etwas anders, als sie Tarcıonı für Coceus angiebt. Nur der obere Theil der beiden Muskelzüge inserirt sich an den Rändern eines jeden Segmentes und für diesen trifft der von dem genannten Autor aufge- stellte Satz zu, dass »die Länge der Muskeln der Breite der Segmente entspreche«. Allerdings kann man an gehärteten Präparaten, die mit dem Deckglase flach gedrückt worden waren, sehr häufig die einzelnen Muskelbündel den Segmenten (Feldern) entsprechend von einander ge- trennt beobachten. Allein in Wirklichkeit bildet die obere Lage der beiden Muskelzüge auf jeder Seite nur einen einzigen, vom Rande des Kopisegmentes bis zum After ziehenden, aus fünf bez. zwei Muskelbün- deln bestehenden Muskel. Die Museuli iransversali oder obliqui, die Tareıonı beschreibt, konnte ich nicht auffinden, glaube aber, dass dieser Autor abgerissene dorso-ventral ziehende Muskeln für jene gehalten hat. Außer diesen beiden auf der Innenfläche dahinziehenden Muskel- zügen kann man eine Reihe von Muskeln bemerken, die sämmtlich ven- tralwärts ziehen. Am Rande eines jeden Segmentes, und zwar vom Hinterrande des Kopfsegmentes angefangen, ziehen auf jeder Seite gegen die Mitte an Zahl zunehmend und gegen das Abdomen wieder ab- nehmend, Muskelbündel aus, welche zum Theil zu den entsprechenden ventralen Segmenträndern, zum Theil zum Rostrum, Borstentasche und zu den Extremitäten ziehen (Z/7); (Taf. II, Fig. 22 Mdv). Während Orthezia cataphracta Shaw. 25 ich am zweiten und letzten Segmente nur ein Muskelbündel jederseits bemerkte, konnte ich am fünften und sechsten deren vier beobachten, von denen das innerste am stärksten entwickelt war. Dort, wo sich diese dorso-ventralziehenden Muskeln innerhalb der früher geschilderten von vorn nach hinten ziehenden Muskelzüge fixiren, konnte ich stets eine Unterbrechung dieser Züge, bez. Fixation zu beiden Seiten der Rinne der betreffenden Segmente beobachten, während der dorso-ventral ziehende Muskel sich dazwischen fixirte. Außer diesen Muskelzügen kommen noch konstant dorso-ventral ziehende Muskelzüge vor, welche ihren Ursprung an den schon früher erwähnten Ausbuchtungen des Chitinpanzers nehmen (/V). Auf jeder Seite des dorsalen Chitinpanzers kann man sieben Muskeln unterschei- den, welche sich an den entsprechenden Ausbuchtungen des ventralen Chitinpanzers (man vgl. VJ Fig. 2, Taf. II) inseriren. Ferner ziehen dann noch, vom Hinterrande des dritten Abdominalsegmentes angefangen (man vgl. M, Fig. 8, Taf. I), zu beiden Seiten der Medianlinie jederseits drei Muskelbündel, welche sich an den entsprechenden Rändern des dritten, vierten und fünften Abdominalsegmentes inseriren, zu den ent- sprechenden Rändern der ventralen Segmente (VJ Fig. 2, Taf. I). Das ventrale System zeigt bei Orthezia ähnliche Verhältnisse, na- mentlich im Abdominaltheile, wie sie Tarcıonı-Tozzermı bei Coccus be- schreibt. Bevor ich jedoch auf die Beschreibung der Muskelzüge eingehe, muss ich noch besonderer Einrichtungen gedenken, welche am ventralen Theile des Chitinpanzers angebracht sind, und die lediglich zur Muskel- fixation dienen. Zwischen dem ersten und zweiten Thorakalsegmente befindet sich eine in das Innere gehende Einbuchtung des Chitinpanzers (a Fig. 18, Taf. II). Diese Einbuchtung enthält im vorderen Theile eine kleine weitere bogenförmig erscheinende Wölbung (gegen das Innere des Körpers gerichtet) /, während der hintere Theil der Einbuchtung (a) sich in eine nach beiden Seiten nach außen und oben ziehende, von der Mitte gegen das seitliche Ende jederseits verjüngende Einbuchtung des Chitinpanzers verlängert (V, Fig. 18, Taf. IM). Zwischen dem zweiten und dritten Thorakalsegmente befindet sich eine ähnliche, aber längere Einbuchtung des Integumentes (b), die sich im mittleren Theile in eine ähnliche Einbuchtung (V,) verlängert, die früher zwischen dem zweiten und dritten Thorakalsegmente beschrieben worden, und die nach beiden Seiten vom gemeinsamen Lumen wie ein Hohleylinder in das Innere ragt (man vgl. den Querschnitt durch die letztere Einbuchtung, Fig. 19, Taf. I). Diese letztere Einbuchtung ist auch mehr gestreckt, während die erstere bogenförmig ist. Beide Einbuchtungen V, und V, münden mit oval begrenzten Öffnungen (h Fig. 9, Taf. I) nach außen. Die Ein- 26 Joseph Heinrich List, buchtungen /, a und 5 dienen im Allgemeinen Muskeln zur Fixirung bez. Insertion, welche in der Medianlinie des ventralen Panzers von einem Thorakalsegment zum anderen ziehen. Es entsprechen diese Muskeln den von Tarcıonxi als Museuli mediani des Sternaltheiles bezeichneten Muskeln. Solche Muskeln kann man am ersten, zweiten und dritten Thorakalsegmente beobachten (Mm Fig. 18, Taf. IN). Dieselben liegen dem ventralen Panzer bez. der Hypodermis desselben auf. Von dem Hinterrande der Einbuchtung zwischen dem zweiten und dritten Thora- kalsegmente (b Fig. 18, Taf. III) zieht jederseits, in der Medianlinie von einander getrennt, ein aus zahlreichen Muskelbündeln bestehender und sich an den einzelnen Segmenten ähnlich wie die dorsalen Muskelzüge inserirender Muskelzug (Taf. III, Fig. 18 / [M]; Taf. I, Fig. 2 7). Die beiden Muskelzüge ziehen mit ihren Ursprungstheilen durch die Ein- buchtung durch (V» Fig. 18, Taf. II), verbreitern sich in der Mitte und inseriren sich, nachdem sie jederseits einen kleinen Bogen beschrieben, an den Chitinleisten (d Fig. 3, Taf. VD), die an der Öffnung des Oviductes sich befinden. Besonders inserirt sich ein Theil des Muskelzuges jeder- seits an der grubenförmigen Einbuchtung (Taf. I, Fig. 9 Z u. Taf. II, Fig. 13) zwischen dem ersten und zweiten Abdominalsegmente. Seit- wärts von diesen grubenförmigen Einbuchtungen, aber auf demselben Segmente liegend, befindet sich jederseits eine kleine Einbuchtung des Panzers, von welcher zwei Muskelzüge (I, III) ihren Ursprung nehmen. Der innere Muskelzug (//) zieht zuerst schräg nach innen und schließt sich dann dem früher beschriebenen (7) an. Der äußere Muskelzug (I/F) macht einen kleinen Bogen nach auswärts und inserirt sich ebenfalls an den Seiten der Öffnung des Oviductes an Chitinleisten (c Fig. 3, Taf. VD). An dieser Stelle inseriren sich auch mehrere Muskeln (/V), die an der durch die Vereinigung des dorsalen und ventralen Panzers entstehenden borstenlosen Einbuchtung (R Fig. 9, Taf. I) ihren Ursprung nehmen. Am Vorderrande des ersten Thorakalsegmentes entspringen noch Muskeln, welche die Antennen (Me) und die Augen versorgen (Mi). Die An- tennenmuskeln (Taf. II, Fig. 9) inseriren sich zum kleineren Theil im unteren Theile des Basalgliedes, zum größeren Theile aber an dem durch die Einstülpung des zweiten Gliedes in das Basalglied entstehenden Ringe. Was diese Muskeln betrifft, so kann man deren vier unterscheiden und zwar einen äußeren Muskelzug (Me), der zur Einwärtsdrehung der Antennen, einen inneren (Mi), der zur Auswärtsdrehung derselben dient, einen ventralen (Ma), der Adductorwirkung, einen dorsalen, der Ab- ductorwirkung übt. Von den das Auge versorgenden Muskeln konnte ich nur einen Zug beobachten, der Adductorwirkung mit Auswärtsdrehung ausüben dürfte (Mi Fig. 2). Was die Versorgung der Extremitäten mit Orthezia cataphracta Shaw, IT Muskeln betrifft, so ist Folgendes zu berichten. Die Coxae des ersten Beinpaares werden von Muskeln versorgt, die ihren Ursprung am Vorder- rande des zweiten Thorakalsegmentes nehmen. Die Goxae der Mittel- beine werden von Muskeln versorgt, welche ihren Ursprung an den Hörnern der Einbuchtung (V, Fig. 18, Taf. III) nehmen (Mc,, Mcs). Die Coxae des hinteren Beinpaares versorgen Muskeln (Mc,), welche von den Hörnern der Einbuchtung des dritten Thorakalsegmentes (V, Fig. 18, Taf. IH) ihren Ursprung nehmen. Außerdem wird jede Goxa noch von Muskeln versorgt, die dorso-ventral ziehen und ihren Ursprung an den Einbuchtungen zwischen den Segmenten des Rückenpanzers nehmen. Dahin gehören zum Theil die Muskeln III, Fig. I und Mdv, Md, Fig. 30, Taf. I. Übrigens inseriren sich auch dorso-ventral ziehende Muskeln an den hohleylinderförmigen (hornartigen) Fortsätzen der Einbuchtun- gen zwischen dem zweiten und dritten Thorakalsegmente (Md Fig. 20, Taf. II). Über die Versorgung des Rostrum, der Chitinscheide, der Borstentasche und der einzelnen Organe mit Muskeln vergleiche man die betreffenden Abschnitte. Was den Bau der Muskeln bei anderen Coceiden (Coceus etc.) be- trifft, so hat schon Tareıonı-Tozzerri (16) einige Angaben gemacht. Alle diejenigen Muskeln, welche am Integumente (am Rücken und Bauche) liegen, sind nach ihm mehr oder weniger flach und bandartig. Die Muskelbündel von Diaspis sind an ihrem Ende abgestutzt, in der Längs- richtung mehr oder weniger stark gerieft und wie in Reihen oder klei- neren Bündeln getheilt. Was ihre Durchsichtigkeit anlangt, so sind sie trübe. Wenn das Bündel kontrahirt ist, nimmt es transversale oder schiefe Streifung an. Behandelt man ein solches Bündel mit Essigsäure, so wird dasselbe durchsichtiger und man kann dann eine äußere, sehr zarte, kontinuirliche Membran bemerken, in deren Achse ein Rohr er- scheint, dessen Substanz weniger flüssig ist und in welcher man Kerne, in Reihen geordnet beobachten kann (Dactylopius). Über den Bau! der Muskeln bei Orthezia habe ich Folgendes zu berichten. Wenn man ein Muskelbündel der am Integumente liegenden Muskelzüge frisch in 0,5%%,iger Kochsalzlösung beobachtet, so erscheint dasselbe fein längs gestreift, zeigt fibrillären Charakter. Das ganze Bündel ist umgeben von dem Sarkolemma, welches an zahlreichen Stellen angeschwollen ist und daselbst abgeplattete, in der Daraufsicht 1 Es ist nicht meine Absicht, eine eingehende Darstellung des feineren Baues der Muskeln dieser Coccidenspecies hier zu geben, da ich zu wenig Beobachtungen darüber sammeln konnte. In der Bezeichnung schließe ich mich an RoLLETr an. (Untersuchungen über den Bau der quergestreiften Muskelfasern. I. und II. Denk- schriften der Wiener Akademie. Bd. XLIX, LI. 1885.) 28 Joseph Heinrich List, längsovale Kerne einschließt. Schon am frisch untersuchten Muskel kann man beobachten, dass eine Reihe von Fibrillen sich zu Bündeln ordnen und von einander durch spaltenartige Räume, die von einer fein granulirt aussehenden Substanz erfüllt erscheinen, getrennt sind. Wenn man nun solche Muskelbündel an gehärteten Objekten untersucht (Taf. II, Fig. 23), so kann man die fibrilläre Struktur deutlich wahrnehmen. Die einzelnen aus Fibrillen bestehenden Bündel treten deutlich hervor, und zwischen diesen bemerkt man eine fein granulirte Substanz, das Sarkoplasma Rortrrr's, in welchem man hier und da noch Kernreste (X,) nachzuweisen im Stande ist. Solche in starkem Alkohol oder dem Sublimat-Pikrinsäuregemische gehärtete Muskeln geben trefflliche Ob- jekte ab, um die Zusammensetzung des von dem gemeinsamen Sarko- lemma umschlossenen Muskels aus einzelnen durch das Sarkoplasma getrennten Fihrillenbündel zu studiren (Fig. 24). Im Querschnitte er- scheinen die einzelnen Fibrillenbündel des Muskels polygonal, umgeben von einer dünnen Lage Sarkoplasmas (a. Während die einzelnen Fibrillenbündel im frischen Zustande fest an einander haften, erscheinen sie durch das Härtungsmittel etwas von einander getrennt. Was die Ursprungs- bez. Insertionsstellen dieser Muskeln am Integumente an- langt (Fig. 10, 11, Taf. II), so kann man auf der Innenseite desselben (an den Segmenträndern) kleine polygonale Ausbuchtungen bemerken, welche zwischen sich erhabene Leisten («a Fig. 10) lassen. Die eigent- liche Muskelsubstanz (die Fibrillen) kommen in die Ausbuchtungen zu liegen, was sich an abgerissenen Muskeln sehr gut beobachten lässt, während die zwischen den Fibrillenbündeln vorhandene Sarkoplasma- lage auf die Leisten zu stehen kommt. An frisch untersuchten Muskeln schienmir, eben so wie an gehärteten Objekten, um jedes Fibrillenbündel eine dünne, verdichtete Sarkoplasmalage vorhanden zu sein. Auf Zusatz von Essigsäure kann man stets ein deutlicheres Hervortreten der Kerne des Sarkolemmas und der Kernreste des Sarkoplasmas, hierauf heftige Quellung des Muskels selbst beobachten. Ich glaube, dass die von Tareıonı-Tozzerti beschriebene, zwischen den Fibrillen befindliche, von einer weniger flüssigen Substanz ausgefüllte Röhre, in welcher eine Kernreihe beobachtet wurde, nur eine auffallend breite Sarkoplasma- lage war, die durch den Zusatz von Essigsäure deutlicher hervortrat. Die Muskeln des Integumentes machen, wenn man sie frisch an Stücken beobachtet, den Eindruck, als hätte man es mit gewöhnlich fibrillärem Bindegewebe von Wirbelthieren zu thun. Die Fibrillen erscheinen nämlich häufig geschlängelt und verlaufen in Wellenlinien innerhalb des Sarkolemmas. Die Kernreste, die zwischen den Bündeln im Sarko- plasma erscheinen, erinnern lebhaft an Bindegewebskerne. Orthezia cataphraeta Shaw, 29 Außer diesen, fibrilläre Struktur zeigenden Muskeln findet man noch typische quergestreifte Muskelbündel (Fig. 25). Es sind das (nur zum Theil) diejenigen Muskeln, welche die Coxae versorgen (Adductoren und Abductoren). Innerhalb des Sarkolemmas beobachtet man Fibrillen, welche zu einzelnen Bündeln dadurch geordnet erscheinen, dass sich zwischen denselben Spalten befinden, die von Sarkoplasma erfüllt sind, und in welchen man Kernreste nachweisen kann. Die zwischen dem Sarko- lemma befindlichen Fibrillen zeigen nun die von anderen Insekten- muskeln bekannten dunkel erscheinenden Querstreifen (doppelt bre- chende Substanz) (0), auf welchen engere, hellere Streifen (einfach brechende Substanz) (Z) folgen, auf die wieder die breiteren Quer- streifen folgen. Gegen die Ursprungsstelle zu wird diese Querstreifung allmählich undeutlicher, bis sie ganz aufhört und man nur mehr Fi- brillen (a) beobachten kann. An Muskeln, welche dorsoventral ziehen, xoante ich häufig, aber nur in der Gegend des Ursprunges, sowohl an frissaen als auch an gehärteten Objekten, dieselben dunklen und lichten Streifen beubachten; dieselben waren aber nicht quer, sondern schräg angeordnet, und zwar zogen sie ungefähr unter einem Winkel von 45° gegen die Richtung der Fibrillen dahin (Fig. 27). Der übrige Theil dieser Muskeln erschien fibrillär und ging allmählich in den schräg ge- streiften über. Man kann also hier an einem Muskel den Übergang von gewöhnlicher in schräg- bez. quergestreifte Muskelsubstanz beobachten. Mitunter konnte ich auch dorsoventrale Muskelzüge am frischen Objekte seben, die ausgesprochen quergestreift waren. Ich glaube, es sind dies einzelne Muskeln, welche die Extremitäten versorgen. An zahlreichen, ja fast den meisten, dorsoventral und in umge- kehrter Richtung ziehenden Muskeln konnte ich sowohl im frischen als auch im gehärteten Zustande dunklere, ganz unregelmäßige, oft zickzack- förmig verlaufende Streifen mit helleren abwechseln sehen (Fig. 28). Be- sonders konnte ich dies Verhältnis deutlich ausgeprägt an den Ursprungs- stellen beobachten. Wenn man die Ursprungsstellen jener Muskeln be- trachtet, die von den früher erörterten Einbuchtungen des ventralen Integumentes wegziehen (Fig. 22), so schien es mir, als ob die Aus- strahlungen desselben (a) allmählich in die fibrilläre Substanz der Ur- sprungsstelle des Muskels übergingen. Diese Ausstrahlungen, die wohl nur als Sehnen fungiren, bestehen aus farblosem Chitinfasergewebe. Einzelne Kerne des Sarkolemmas konnte ich noch bis gegen die Ursprungsstellen hin verfolgen, während ich an diesen selbst weder eine Sarkolemmalage noch Kerne nachzuweisen im Stande war. 30 Joseph Heinrich List, Tracheensystem (Taf. II, Fig. 1, 2). Man kann ein thorakales und ein abdominales Tracheennetz unterscheiden. Das thorakale (Fig. 2), welches den Vorderkörper ver- sorgt, beginnt mit zwei Stigmenpaaren, welche sich jederseits auf den zum zweiten und dritten Thorakalfelde gehörigen Pleuralfeldern be- finden. Sie liegen ungefähr in der Mitte des Vorderrandes der betref- fenden Pleuralfelder. Was den Bau dieser Thorakalstigmen betrifft, so ist Folgendes zu bemerken (Fig. i%, 15, 16). Sie beginnen mit einer an- nähernd halbkugelförmigen Ausbuchtung (Fig. 14), deren äußere Öf- nung kreisförmig ist und einen Durchmesser von 45 u bei ausgewach- senen Thieren zeigt. Die Öffnung ist im nächsten Umkreise von zahlreichen Falten des Chitinpanzers umgeben und ist nur von Stachel- borsten besetzt, während sich daran (nach außen) ein Kreis von Borsten befindet. Die Höhlung erscheint als Ausstülpung des Chitinpanzers, ist am Rande mit zahlreichen kleinen Höckerchen und in der Tiefe mit Chitinpapillen, die aber keine Stachelborsten tragen, besetzt. Nach innen grenzt sich die Ausstülpung mit einer kleineren, mehr oval als kreisförmig erscheinenden Öffnung (Oe) ab, und an sie schließt sich der zum Tracheensystem gehörige Apparat an (Fig. 15,16). An die Öffnung schließt sich eine im Umkreise kreisförmig begrenzte, blasenartige, aus Chitin gebildete Erweiterung (Bl), welche nicht kugelförmig aufge- trieben, sondern, wie man sich an Schnitten überzeugen kann, birn- förmig erscheint, die am oberen bez. inneren, dem gemeinsamen Tracheenstamme (Trc) zum Ursprunge dienenden Theile stielförmig ausgezogen ist und mit einer scharfen Einstülpung sich in die chitinige Intima des Tracheenstammes fortsetzt (Taf. II, Fig. 16 Bl, Tr). Im Cen- irum des oberen bez. inneren Theiles der blasenartigen Erweiterung erhebt sich ein gemeinsamer Tracheenast, welcher alsbald blasenartig anschwillt und sich dann in mehrere Hauptäste verzweigt. An dem _ mittleren stielförmig ausgezogenen Theil der blasenartigen Erweiterung, an der Stelle, an welcher der gemeinsame Tracheenstamm entspringt, inseriren sich mehrere Muskelbündel (WM), welche sich an den Seiten- rändern des zweiten und dritten Thorakalfeldes fixiren (Fig. 2). Diese Muskeln verursachen offenbar bei der Kontraktion eine Erweiterung, bei der Erschlaffung eine Verengerung der Blase, wodurch, wenn noch gleichzeitig eine Verengerung der Öffnung (Oe) bei der Kontraktion ein- tritt, Luft in den Hauptstamm getrieben wird. An Kanadabalsam- präparaten konnte ich allerdings manchmal ein größeres mittleres (M) und zwei kleinere, seitliche, sehr kurze Muskelbündel (m Fig. 14) be- Ortbezia cataphracta Shaw. 1 obachten. Wo sich die beiden letzteren fixiren, konnte ich nicht ent- scheiden. Ausjeder Tracheenblase geht, wie bereits erwähnt, ein Hauptstamm hervor, welcher sich alsbald theilt. So kann man am vorderen Stigmen- paar eine Gabelung in zwei Hauptäste bemerken, von denen der eine sich mit dem entsprechenden Stamme des korrespondirenden Stigmas verbindet und eine Querkommissur bildet, wie dies auch Wirraczır (32) für andere Coceiden angegeben hat. Der andere Ast biegt sich nach vorn und versorgt das Auge und dessen Umgebung. Von diesem Aste geht ein Stamm ab, der sich wieder in zwei Äste theilt, von welchen der eine zum Schlundgerüst, der andere nach rückwärts zieht. Von der Querkommissur geht nach vorn ein Stamm zur Versorgung der vorderen, nach hinten zwei Stämme zur Versorgung der mittleren Extremität ab. Ferner zweigt sich von der Querkommissur ein Ast ab, welcher in die Antennen zieht. Überdies gehen von der vorderen Querkommissur noch zahlreiche Äste zur Versorgung des mittleren Thorakaltheiles ab. Von dem hinteren Stigmenpaar zieht jederseits ein kurzer Hauptstamm weg, der sich bald in vier Äste verzweigt. Ein Ast zieht gegen die Mitte und bildet mit einem korrespondirenden des anderen Stigma eine hintere Querkommissur, die anderen drei Äste ziehen nach rückwärts. Von der Querkommissur zieht ein Ast nach vorn, welcher einen Zweig, der sich theilt, in das hintere Gliedmaßen- paar schickt; überdies geht noch ein anderer Ast der Querkommissur in die Coxa des Hinterbeines, so dass dasselbe von drei Stämmen ver- sorgt wird. Von der Querkommissur ziehen noch zahlreiche Äste weg zur Versorgung des hinteren Thorakaltheiles (Meso- und Metathorax). Das abdominale Tracheennetz (Fig. 1), welches das Abdomen versorgt, beginnt mit sieben Stigmenpaaren, die auf den dorsalen Mar- ginalfeldern liegen. Das erste Stigma liegt am ersten (vierten) abdomi- nalen Marginalfelde und zwar ungefähr im vorderen Drittel dem Rande genähert. Nach hinten zu rücken die Stigmen dem Rande und zwar der Mitte desselben näher. Jedes Marginalfeld trägt ein, nur das letzte (neunte) Marginalfeld führt zwei Stigmen. Die Stigmen des abdo- minalen Tracheennetzes sind bedeutend kleiner als diejenigen des thorakalen. Sie zeigen einen ähnlichen Bau, wie die thorakalen, nur ist die Tracheenblase sehr klein und kaum ausgebildet und erscheint nur als eine Anschwellung der chitinigen Intima des Tracheenstammes. Von jedem Stigma zieht ein einziger Stamm gegen die Mittellinie des Körpers, welcher sich daselbst vielfach verzweigt und den Darm, Mar- pisursche Gefäße und Ovarium zum größten Theile versorgt. Der 32 Joseph Heinrich List, vorderste Hauptstamm steht durch einen Ast (Tr Fig. 1) mit dem nach hinten ziehenden Aste des vorderen thorakalen Stigmas in Verbindung, und auf diese Weise ist der Zusammenhang des thorakalen und des abdominalen Tracheennetzes hergestellt. Die einzelnen Hauptstämme stehen durch Queräste mit einander in Verbindung. Die von den beiden hintersten Stigmen (St,;, St) ausgehenden Äste gehen in einen gemein- samen Querstamm, der dann jederseits Äste nach vorn abgiebt. Das Tracheensystem von Orthezia ist also als ein vollkommen offenes, als ein holopneustisches (Pırmen [37]) zu bezeichnen. Über den Bau der Tracheen habe ich nur Bekanntes mitzutheilen. An aus dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch stammenden Objekten fiel mir oft die Mächtigkeit der die chitinige Intima umgebenden, bindege- webigen Hülle auf, die oft mehr als 2 « betrug. Dieselbe erschien fein granulirt und enthielt ellipsoidähnliche, schwache Granulation zeigende Nuclei. An abgerissenen Tracheenstücken konnte ich die Beobachtung machen, dass die innerste, die Intima unmittelbar umgebende Lage der Hülle stärker lichtbrechend erschien und sich sehr leicht von dem äußeren Theile trennte. Die Kerne der bindegewebigen Lage hatten eine Länge bis zu 14 u. | Mundtheile (Taf. II, Fig. I—17, 21). Die Mundtheile der Cocciden, speciell der Orthezien, sind noch wenig erforscht. Der Grund liegt wohl darin, dass man bei der Prä- paration dieser kleinen Organe auf außerordentliche Schwierigkeiten stößt und dass das aus Chitinbalken zusammengesetzte Gerüst selbst bei vorsichtigster Behandlung sehr leicht in Unordnung geräth. Von Unter- suchungsmethoden, die ich anwandte, erwähne ich folgende. Die lebenden Thiere wurden mit ihrem Rückenpanzer mittels einer flüssigen Leimlösung aufeinem Objektträger festgeklebt. Nach Abtragung des ven- tralen Wachspanzers wurden die Mundtheile unter der Lupe mit Nadeln herauspräparirt, in verdünntes Glycerin auf einen Objektträger gegeben und mit 10°/,iger Kalilauge aufgehellt. Um die Lage des Chitingerüstes im Körper zu bestimmen, kochte ich die aus Alkohol genommenen und des Wachspanzers in Chloroform entledigten Thiere in 40% ,iger Kali- lauge so lange, bis das Chitinintegument giashell geworden. An solchen in Glycerin aufbewahrten Präparaten gelang es mir verhältnismäßig leicht über Lageverhältnisse einzelner Chitinbalken ins Klare zu kommen. E. L. Marx (20) gebührt das Verdienst, die Mundtheile einer Or- thezia (Orthezia characias Bose —= O.urticae L.) eingehender beschrieben zu haben. Nach ihm fehlt bei Orthezia der Arcus superior (oberer Quer- balken), und die Costae superiores (oberen Längsbalken) vereinigen sich Orthezia cataphracta Shaw. 33 mit den Columellae zu einem Bogen, dessen konvexe Seite dorsal ge- richtet ist. »Die hinteren Enden der Costae superiores vereinigen sich nieht mit einander, sondern treten mit den Costae inferiores (unteren Längsbalken) an der Stelle zusammen, wo sich dieselben nach innen umbiegen. Die mit den Columellae vereinigten Costae superiores dienen der Basis der Borsten als Stützorgan, und demgemäß ist die Mitte des von ihnen gebildeten Bogens verdickt. Die Costae inferiores stehen rechtwinkelig zu dem Arcus inferior, wenden sich jedoch da, wo die Verschmelzung mit den Costae superiores erfolgt, plötzlich nach innen, um sich unter einem stumpfen Winkel zu vereinigen. Der so entstan- dene Rahmen erreicht durchschnittlich eine Breite von 45 u; der Arcus inferior ist nun leicht nach vorn konvex; die Costae inferiores verlaufen zu einander parallel, bis sie ungefähr die Länge des Arcus inferior er- reicht haben; ihre Vereinigungsstelle liegt etwas weiter nach hinten. Von hier verläuft ein schmales Chitinleistehen nach hinten und oben, welches sich mit zwei feinen Chitinbändern vereinigt. Diese Bänder hängen mit den Costae superiores an den Stellen zusammen, wo die Borsten angewachsen sind.« Auch die Steuerung unterliegt nach MıArk bei Orthezia im Gegen- satze zu anderen Coceiden (Lecanium, Aspidiotus etc.) einerModifikation: »Die zwei seitlichen Fortsätze erstrecken sich, anstatt schief nach vorn zu verlaufen, zuerst ein wenig seitwärts, dann biegen sie plötzlich nach hinten um, kommen zusammen und bilden so einen ovalen Ring von 100 u Länge und 70 u Breite, welcher verhältnismäßig breit und stark ist (10 u). Am vorderen Ende der Steuerung befindet sich auf der ven- tralen Seite eine breite, etwas abgeplattete Hervorragung. Die übrigen Theile des Horngrätengerüstes liegen hier weiter von der Steuerung entfernt, als bei den erwähnten Cocciden.. Der Schnabel (Borstenbündel) selbst ist bei Orthezia verhältnismäßig viel kürzer und erreicht nur !/, der Körperlänge; doch ist derselbe weit stärker gebaut als bei Aspidiotus.« Ferner bleibt nach Marx die Borstenschlinge bei Orthezia ein- facher gestaltet, indem sie sich nicht weiter nach hinten erstreckt als bis zur Mitte oder dem hinteren Ende des Unterschlundganglions. Die folgende Darstellung der Mundtheile von Orthezia cataphracta weicht nun in wesentlichen Punkten von der von Mark für O. characias Bose — O. urticae L. gegebenen ab. Ich hatte keine Gelegenheit, O. urticae untersuchen zu können. Jedenfalls ist es auffallend, dass zwei so nahe verwandte Formen in dem Bau der Mundtheile so abweichende Verhältnisse zeigen. Die Mundtheile bestehen aus dem Schlundgerüst, den Borsten und dem Rostrum. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 3 34 Joseph Heinrich List, Das Schlundgerüst (Taf. III, Fig. 1—6). Dasselbe ist eingeschlossen von dem Chitinintegumente, liegt also innerhalb des Körpers und zwar in der Medianlinie desselben. Die Mitte des Schlundgerüstes befindet sich etwa in dem Durchschnittspunkte der Linien, die man von den Coxae des vorderen Beinpaares zu den alter- nirenden Basalgliedern der Antennen sich gezogen denkt. Es liegt unterhalb des Nervensystemes (oberes und unteres Schlundganglion), demselben oft dicht an, und ist in Folge dessen dem ventralen Theile des Chitinintegumentes bedeutend näher als dem dorsalen. Betrachtet man das Schlundgerüst von der ventralen Seite (Fig. 1), so kann man einen unteren (ventralen) und einen oberen (dorsalen) Theil, die beide ziemlich übereinstimmend gebaut sind, unterscheiden. Ventraler und dorsaler Theil sind vorn durch einen Querbalken (GB Fig. 1), welcher rechtwinkelig zur Medianlinie des Körpers liegt, mit einander verbunden. Von diesem Querbalken, welcher in der Regel nach vorn etwas konvex erscheint (daher Arcus inferior nach Mirk), gehen nun, annähernd rechtwinkelig, zwei Längsbalken (ULB Fig. I) ab, die in derselben Ebene liegen. Jeder dieser Längsbalken theilt sich, nachdem er ungefähr die Länge des Querbalkens erreicht hat, in drei Theile (man vel. in Fig. I die Stelle bei r), welche nicht mehr in derselben Ebene liegen, sondern sich auf einer nach unten vorgewölbten Fläche befinden. Der innere Theil (Fig. 1 L,) erscheint als eine dünne Leiste, welche sich (von der Stelle bei r aus) nach der Medianlinie des Schlundgerüstes biegt und daselbst mit dem entspre- chenden Theile des anderen Balkens zusammentrifft. Querbalken, die beiden Längsbalken und die beiden Leisten bilden auf diese Weise einen fast in einer Ebene liegenden Rahmen, welcher innen oval begrenzt erscheint, und dessen etwas zugespitzter Theil nach hinten gerichtet ist. Der zweite (mittlere) Theil erscheint ebenfalls als eine aber etwas stär- kere Leiste (Z, Fig. 1), welche sich zuerst nach außen biegt, dann unter einer Knickung nach hinten und innen und dann wieder nach einer Knickung nach aufwärts biegt, um nach Bildung eines durch zwei Kniekungen charakterisirten Bogens mit dem entsprechenden Bogen der anderen Seite in der Medianlinie zusammenzutreffen und daselbst mit dem mittleren hinteren Theile des oben besprochenen Rahmens zu ver- schmelzen. Der dritte (äußere) Theil (Z; Fig. 1) erscheint als eine breite, jedoch nicht immer deutlich ausgebildete Leiste, welche sich nach außen biegt und daselbst mit der nun zu besprechenden Chitinlamelle endet. Alle drei Leisten liegen auf einer nach unten vorgewölbten, dünnen, aus Chitin gebildeten Lamelle (Chi Fig. 1) (in Fig. 1 gelblich gehalten), Orthezia cataphracta Shaw. 35 als deren rippenartige Verdickungen die drei Leisten erscheinen. Nach hinten ist diese Chitinlamelle bogenförmig abgegrenzt, und nur im me- dianen (die Borsten bedeckenden) Theile kann man gewöhnlich eine kuppenförmige Hervorragung der Lamelle beobachten. Auf der Lamelle selbst kann man sehr häufig verschiedene Streifen oder auch Falten wahrnehmen, und am hinteren medianen Theile bemerkte ich auch eine cder zwei Chitinborsten. Der dorsale Theil des Schlundgerüstes (Fig. I, 2) besteht aus ana- logen Elementen, wie der ventrale, erscheint jedoch nie so ausgebildet, wie letzterer. Die beiden Längsbalken (OLB Fig. I) verbinden sich mit einem nach oben bogenförmig gehenden Anfangstheile ($) mit dem Quer- balken, und wenn man von der Seite Querbalken und beide Längs- halken beobachtet, so gehen beide Längsbalken unter einem spitzen Winkel vom Querbalken ab 1, wobei der Anfangstheil des oberen Längs- balkens nach außen gebogen erscheint, während die hinteren Balken- theile annähernd gleich gerichtet sind. Die Fläche, die von den beiden oberen Längsbalken und dem Quer- halken gebildet wird, ist größer als die von den unteren Längsbalken eingeschlossene ventrale. Auch die oberen Längsbalken theilen sich in jene drei für die unteren Balken bereits angegebenen Theile (man vgl. Fig. 1, 2). Allerdings vermisste ich an dorsalen Ansichten eine so typi- sche Ausbildung wie am ventralen Theile desSchlundgerüstes (Fig. 2). Die inneren Leisten (OL,), welche den oberen Rahmen begrenzen, eben so die mittleren Leisten (OL) erschienen stets ausgebildet, während die äußeren breiten Leisten (Z, des ventralen Theiles entsprechend) nicht immer zu beobachten waren. Eben so konnte ich bemerken, dass so- wohl die inneren als die mittleren Leisten nach Zusammentreffen in der Medianlinie sich mit einem chitinigen Fortsatze nach vorn zogen und da- selbst durch ein fibrilläres, nach Einwirkung von 100/,iger Kalilauge hell 'erscheinendes Gewebe (Chitinfasergewebe), mit den später näher zu be- schreibenden Theilen in Verbindung zu stehen schienen. Ob dies durch- aus derFall, konnte ich nicht entscheiden. Auch dieLeisten des dorsalen Theiles liegen auf einer nach oben vorgewölbten, nach hinten bogenförmig abgegrenzten Chitinlamelle (in Fig. 2 gelblich gehalten), welche verschie- dene Streifen oder auch Faltungen zeigt. Die Leisten selbst erscheinen als rippenartige Verdickungen dieser chitinigen Lamelle. Die ventrale und dorsale Chitinlamelle haften an dem bogenförmig begrenzten Rande fest an einander und zwar dadurch, dass jede Lamelle einen nach innen eingebogenen, ungefähr 2 u breiten Rahmen (Falz) bildet. Nur in dem ! Die beiden ventralen Längsbalken hierbei in einer horizontalen Ebene lie- gend gedacht. 3* 36 Joseph Heinrich List, medianen Theile wird von den beiden Lamellen eine Öffnung zum Durchtritte der Borsten gelassen. Dorsaler und ventraler Theil des Mundgerüstes bilden zusammen gewissermaßen einen in dorsoventraler Richtung abgeplatteten Korb, als dessen Henkel die oberen und unteren Längsbalken in Verbindung mit dem Querbalken erscheinen. In diesem soeben besprochenen Schlundgerüste kommen nun noch integrirende Bestandtheile vor, welche mit den Borsten in näherem Zusammenhange stehen und auf der dorsalen Seite gelegen sind. Es sind dies zwei von den beiden Endpunkten des Querbalkens (man vgl. Fig. 1, 2, 3) schief nach hinten und innen gehende Balken (OB „), welche, nachdem sie in der Median- linie zusammengetroffen, unter einem fast rechten Winkel nach außen umbiegen und sich den oberen Längsbalken nähern. Jeder dieser winkelig gebogenen Balken besteht aus zwei fest an einander gefügten Theilen (OB, UB. Fig. I, 2), welche man aber an herauspräparirten Schlundgerüsten gewöhnlich von einander getrennt zur Beobachtung bekommt. Beide Balken haben nahezu gleiche Länge, obwohl ich mit- unter an manchen Exemplaren eine Zunahme der Länge des vorderen Theiles (OB,,) beobachten konnte. Während der vordere Theil (0B,,) gerade oder nur wenig gebogen erscheint, zeigt der hintere, von innen nach außen gehende Theil (UB,,) eine Konvexität nach hinten, welche hesonders an der Berührungsstelle der beiden Balken deutlich ausge- prägt ist. Die beiden winkelig gebogenen Theile stehen an den Scheiteln mit einander in Verbindung, welche durch Chitinfasergewebe herge- stellt ist. Der hintere Theil (UB,,) speciell steht mit den Anfangstheilen der Borsten (sos. retortenförmigen Organen) im Zusammenhange (man vgl. Fig. 2, 3). Diese Verbindung kommt in folgender Weise zu Stande: der hintere Balken verjüngt sich nach außen zu (man vgl. Fig. 3) und macht dann eine scharfe Umbiegung ventralwärts nach hinten und innen. Dieser Schenkel, der dadurch gebildet wird (VZ), besteht aus hellem, fibrillär erscheinenden, straffen Gewebe, welches mit dem oberen Rande der Basis der äußeren Borste, welcher Rand aus demselben Gewebe besteht, verschmilzt. Jede dieser äußeren Borsten steht mit dem Balken auch noch durch eine andere aus reinstem Chitin gebildete Leiste in Verbindung. Ungefähr in der Mitte des oberen Theiles des betreffenden Balkens inserirt sich eine Leiste (l«Z), welche s-förmig gebogen sich am oberen Theile der breiten Borstenbasis retortenförmigen Organs) mit einer Verbreiterung (man vgl. u Fig. 6) festheftet. Jede der inneren Borsten ist ebenfalls durch eine solche s-förmig gebogene Leiste (liL), welche aber bedeutend länger ist, und welche ihren Ursprung in der Nähe des Scheitels der winkelig gebo- Orthezia cataphracta Shaw. 37 genen Balken nimmt, mit dem in Rede stehenden Balken verbunden. Die Leiste geht vom Rande des Balkens aus (Fig. 3), macht einen srößeren Bogen nach hinten und dann einen kleineren nach vorn, so dass sie die Form eines Fragezeichens bildet und setzt sich mit einer ähnlichen Verbreiterung am oberen Rande der breiten Borstenbasis fest, wie sie früher schon erwähnt worden. Es dürfte nach dem Gesagten plausibel erscheinen, die Art der Verbindung der Borstenbasis mit den winkelig gebogenen Balken als einen federnden Fixationsapparat aufzufassen, der wohl weni- ger mit der Ausstreckung der Borsten, als mit der Aufnahme des Nahrungssaftes in naher Beziehung steht. Das Schlundgerüst ist durch außergewöhnlich viele und starke Muskelbündel, die ihren Ursprung sowohi am dorsalen als ventralen Theile des Chitinpanzers nehmen und die sich zum größten Theile an den Verbindungspunkten der Balken in- seriren, fixirt. Übrigens ziehen auch von den Balken Muskelzüge zur dorsalen und ventralen Chitinlamelle. Was die Balken betriffi, so be- stehen dieselben aus Chitin, das gelblichbraun erscheint. Die Balken selbst kann man als Bänder betrachten, deren Ränder eingebogen sind. Dies Verhältnis kann man an den oberen winkelig gebogenen Balken (Fig. 2 O2,,, UD,,) olt sehr deutlich ausgeprägt beobachten. Der vor- dere und hintere Balkentheil erscheint dann als eine Rinne, deren Kon- vexität nach unten (ventral), deren Höhlung nach oben (dorsal) gekehrt ist. An allen Balken kann man eine mehr oder weniger deutliche fibril- läre Struktur nachweisen. Die Verbindung der einzelnen Balken wird durch jenes früher schon erwähnte straffe fibrilläre Gewebe (Chitin- fasergewebe) gebildet, welches einen lichteren Farbenton besitzt als das Chitin. Bei Einwirkung von Kalilauge wird dieses Gewebe sehr leicht, wenn auch nur zum Theil, gelöst, und desshalb bekommt man an solchen Präparaten gewöhnlich nur die einzelnen von einander ge- trennien Balken zur Beobachtung. Schließlich gebe ich noch einige Maße über Balken und Schlundgerüst an. Die Breite des Querbalkens betrug ungefähr 27 u, des unteren rechten Längsbalkens 21 u, des oberen 20 u. Die größte Breite des Schlundgerüstes betrug 227 u, die Länge 289 u. Innerhalb des Schlundgerüstes findet sich noch ein Appa- rat vor, welcher wegen der Schwierigkeiten bei der Präparation zu mannigfachen Deutungen Veranlassung geben kann. Es ist die von Tarcıonı-Tozzerni (16) bei anderen Coceiden alsInfundibulum, von Mark (20) bei Orthezia urticae L. als Saug- und Steuerungs- apparat aufgefasste Bildung. Der Apparat selbst (Fig. 1, 4, 5, 6) be- steht aus einem unteren (ventralen), unter den Borsten gelegenen, und einem oberen (dorsalen), über denselben gelegenen Theil. Der ven- 38 Joseph Heinrich List, trale Theil (Fig. 4) erscheint vorn und hinten verjüngt, im mittleren Theil aber verbreitert. Der vordere verjüngte Theil zeigt beiderseits derbe Chitinleisten (d Fig. 4), welche in der Mitte eine nach oben offene Röhre (e) einschließen. Dieser ganze untere Theil erscheint nun nach unten gewölbt und umgiebt wie eine Scheide die Borsten, wesshalb ich diesen Apparat als Borstenhaft (Bh) ! bezeichnen möchte. Während der vordere Theilin der Medianlinie eine Röhre, deren dorsaler Theil aus Chitinfasergewebe besteht, bildet, und welche sich weit über die Mitte des Theiles nach hinten verfolgen lässt, bildet der mittlere und hintere Theil eine chi- tinige Scheide, welche die Borsten einschließt (Fig. 5, 6, 11). Während der vordere Theil dieser Scheide nicht geschlossen, sondern nach oben geöffnet erscheint (Fig. 11), ist im hinteren Theil dieselbe geschlossen, und grenzt der dorsale Theil der Röhre mit einem nach vorn bogen- förmig begrenzten Ausschnitte ab (4 Fig. 6), von welchem man die Borsten divergiren sieht. Der hintere Theil der die Borsten umgeben- den Scheide, welcher viel heller erscheint als der vordere, steht, so viel ich beobachtet habe, in Verbindung mit den beiden, einen Korb dar- stellenden Chitinlamellen. Dadurch erscheint die Scheide fixirt, wo- durch die für die Führung der Borsten nur Nachtheil bringende Lageänderung des Borstenhaftes vermieden ist. Betrachtet man den ventralen Theil desselben in der Profilansicht (Fig. 5), so bemerkt man mancherlei Einkerbungen auf der ventralen Fläche des Borsten- haftes. Eben so kann man die Dieckenzunahme des Borstenhaftes gegen die Mitte zu beobachten. Wenn man einen Querschnitt durch den oberen, nicht geschlossenen Theil des Borstenhaftes betrachtet (Fig. 11), so bemerkt man den äußeren chitinigen Theil desselben, während im Inneren ein farbloses, fibrillär erscheinendes Gewebe zu bemerken ist, welches eine annähernd kreisförmige Öffnung (#) mit dem Chitintheil begrenzt, als Querschnitt jener Röhre, in welcher sich die Borsten be- wegen. Auf der dorsalen Seite des Borstenhaftes kann man die er- wähnte Aushöhlung (e Fig. 6) bemerken, die von Chitinfasergewebe umgeben ist und eine Röhre darstellt, die als Pharynx fungirt. An diese Röhre setzt sich der Ösophagus, und die Kanäle der Borsten münden in dieselbe. (Näheres vgl. man unten und unter Verdau- ungstractus.) Auf der linken Seite des ventralen Theiles des Bor- stenhaftes, etwas vor der Mitte, ist ein mit der konvexen Seite nach hinten gerichteter, von innen nach außen ziehender Balken zu be- obachten (B, Fig. 1, %, 5, 6). Dieser Balken, den ich stets nur auf einer ! Dass dieser Theil des Schlundgerüstes, den ich hier als Borstenhaft be- zeichne, die Funktion des Pharynx übernimmt, wird später erörtert werden. Orthezia cataphracta Shaw. 39 Seite des Borstenhaftes beobachten konnte, steht mit dem verdickten Theile desselben in so festem Zusammenhange, dass bei Versuchen mit der Präparirnadel, viel leichter ein Theil des Borstenhaftes in Trümmer geht, als dass eine Trennung des Balkens vom Borstenhafte erfolgt. Der Balken verjüngt sich nach außen und schien mir zwischen ventraler und dorsaler Chitinlamelle (Fig. 1) sich zu inseriren. Am vorderen ver- jüngten Ende des ventralen Theiles des Borstenhaftes konnte ich stets jenes Chitinfasergewebe beobachten, welches auch an anderen Stellen des Schlundgerüstes bereits erwähnt wurde. Der Balken selbst dürfte wohl nur die Bedeutung einer Stütze für den Borstenhaft besitzen. Wenden wir uns nun zum dorsalen Theil des Borstenhaftes, der der Untersuchung außerordentliche Schwierigkeiten bereitet. Ich glaube, es ist dies dasjenige Organ, das Mark]. ec. als Steuerung /clavus) beschreibt und zwar als einen chitinigen Ring bei Orthezia urticae L., durch welchen die Borsten gehen. Ein solcher Ring existirt nun bei Orthezia cataphracta nicht, sondern, so weit ich über diese schwierig zu deutenden Organe in Klarheit kommen konnte, handelt es sich um einen Fixationsapparat für den Borstenhaft, der seinen Ursprung am dorsalen Ausschnitte (4) des röhrenförmigen Theiles des Borsten- haftes nimmt. An manchen Präparaten kann man diesen Theil in etwas verscho- bener Lage beobachten (Fig. 4 ist nach einem solchen Präparate gezeich- net). Man kann dann einen vorderen, aus braunem Chitin bestehenden, bogenförmigen Theil (9), mit welchem ein eigenthümlicher nagelför- miger Körper (©) in Verbindung steht, auf dessen Kopf, wie eine Art Haube, ein kleines Gebilde liegt, das anscheinend aus Chitin besteht, und auf welchem strahlig ausgehende Leistchen zu beobachten sind. Der hintere Theil dieses Apparates (: Fig. %) besteht aus zwei, fibrilläre Struktur zeigenden, chitinigen Bändern, welche in der Mitte getrennt erscheinen, vorn in den bogenförmigen Theil und hinten in den den Ausschnitt begrenzenden Theil der Röhre des Borstenhaftes übergehen. Ferner kann man vom vorderen bogenförmigen Theil ein anscheinend aus Chitin bestehendes Band (n) abgehen sehen, welches nach vorn zieht, sich theilt und anscheinend mit den beiden winkelig gebogenen Balken und zwar mit dem hinteren Theile derselben in der Gegend des Abganges der die inneren Borsten verbindenden Leisten (l{L) in Ver- bindung steht. Von einem Saugapparate konnte ich eben so wenig sehen, wie von dem von Mark als Steuerung angeführten chitinigen Ringe. Allerdings kommen einige Theile vor, wie der nagelförmige aus Chitin bestehende Körper und das auf ihm liegende haubenförmige Gebilde, über deren Bedeutung ich leider nichts auszusagen im Stande 40 Joseph Heinrich List, bin. Das ganze, von mir als Borstenhaft bezeichnete Gebilde halte ich für einen zur Fixation der Borsten bestimmten Apparat, dessen vorderer röhrenförmiger Theil als Pharynx fungirt, und dessen Ver- bindung mit dem Ösophagus und den Borsten später gelegentlich der Besprechung der Nahrungsaufnahme erörtert werden wird. Die Borsten (Fig. I, 7—A3). Vier Borsten bilden den stechenden Apparat und zwar zwei äußere und zwei innere, welche analog gebaut sind. An einer isolirten Borste kann man einen angeschwollenen Basaltheil (retortenförmiges Organ der Autoren) unterscheiden, welches sich Anfangs rasch, später aber nur sehr allmählich verjüngt und mit einer Spitze endet. Jede Borste kann man als eine aus Chitin bestehende Rinne betrachten, deren Basaltheil einen förmlichen Trichter bildet (Fig. 8). Der Basaltheil erscheint von einer ovalförmigen Öffnung begrenzt, welche längs des Randes gefranst ist und von welchem man, besonders aber vom dorsalen Theile des- selben, noch Reste jenes farblosen, straffen, fibrillären Gewebes nach vorn ziehen sehen kann, das schon öfter zur Sprache gekommen, und das zur Insertion von Muskeln dient. Der Basaltheil der Rinne ist durch eine derbe chitinige Lamelle (o Fig. 8), welche fibrilläre Struktur zeigt, überdeckt. Dieselbe ist nach hinten zackig abgegrenzt. Auf diese La- melle folgt die offene Borstenrinne (z Fig. 8), welche sich gegen die Spitze zu sehr allmählich verjüngt. Die Breite der Rinne bei z verhält sich zu der im übrigen Borstentheile verlaufenden ungefähr wie 4:4. Während im Basaltheil der Borste die Höhlung bedeutend den Chitintheil der- selben überwiegt, ändert sich dies Verhältnis von der Verjüngung an in das Umgekehrte. Die Rinne einer jeden Borste erscheint auf dem Querschnitte annähernd halbkreisförmig. Während nun innere und äußere Borsten im Baue des Basaltheiles übereinstimmen, ergeben sich im weiteren Verlaufe einige wesentliche Unterschiede. Was die Stellung der Borsten zu einander betrifft, so ist Folgendes zu bemerken (man vgl. Fig. 9). Während die Rinne der beiden äußeren (seitlichen) Borsten nach innen gekehrt ist, ist diejenige der inneren nach unten bez. nach oben gekehrt. Die beiden inneren Borsten vereinigen sich derart, dass beide über einander zu liegen kommen. Die Basaltheile (retortenförmigen Organe) der inneren Borsten liegen aber nicht genau über einander, sondern erscheinen verschoben; und zwar zieht der Basaltheil der oberen nach rechts, der der unteren nach links. Rechts und links schließen sich nun die beiden äußeren Borsten an. Betrachtet man die Borsten auf einem Querschnitte in recht großer Entfernung vom Basaltheile, so Orthezia cataphracta Shaw. 41 bemerkt man eine ziemliche Übereinstimmung im Baue (Fig. 9). Die äußeren Borsten (Fig. 4 raB) sind auf der Außenseite konvex, auf der inneren, die Rinne begrenzenden Seite etwas konkav. Die inneren (bez. obere und untere) Borsten sind auf der oberen bez. unteren Seite bedeutend konvexer, auf der entgegengesetzten, die Rinne führenden, Seite flach. Jede der beiden inneren Borsten erscheint höher als breit, während das Umgekehrte bei den äußeren Borsten zu beobachten ist; denn die inneren Seiten der beiden äußeren Borsten decken die durch die Verbindung derbeideninnerenhergestellte äußereFläche derselben. Während nun auf einem Querschnitte das ganze Borstenbündel in der ersten Hälfte (vom Basaltheile aus) einen rundlichen Umriss zeigt, ändert sich allmählich das Verhältnis derart, dass der Querschnitt in der Nähe des Endes (der Spitze) des Borstenbündels annähernd achtseitig er- scheint. Jede der beiden inneren Borsten bildet dann ein vierseitiges, gegen das Ende sich verjüngendes Prisma, dessen größere Seite nach unten bez. nach oben gekehrt ist und die Rinne führt. Die drei anderen Seiten erscheinen annähernd gleich breit. Die beiden äußeren Borsten schließen sich nun an die äußeren Seiten der beiden inneren Borsten an, sind ebenfalls prismatisch, außen übereinstimmend mit den inneren Borsten, von drei Seiten begrenzt, innen aber, entsprechend den vor- springenden Seiten der inneren Borsten, von einer von zwei Flächen eingeschlossenen, auf dem Querschnitte stumpfwinkelig erscheinenden Rinne begrenzt, in deren Scheitel die Borstenrinne zu liegen kommt. Gegen das Ende der Borste zu verjüngt sich jede Rinne und endet fast mit der Borstenspitze. Die Spitze jeder Borste erscheint stiletartig zu- geschärft, und die beiden äußeren Borsten tragen auf einer Seite des Randes (in der wirklichen Borstenlage nach unten gekehrt) fünf bis sechs Zähne, welche wohl wie eine Bogensäge wirken und der Nahrungsbe- sorgung zu Statten kommen werden. Die Rinne einer jeden Borste wird auf den beiden Seitenrändern von einer kleinen erhabenen Leiste begrenzt (Fig. 10, 11), welche gegen die Spitze zu allmählich verläuft. Die inneren Seiten der äußeren, und die oberen und unteren der beiden inneren Borsten gehen im Basaltheile in die Rundung desselben über (vgl. Fig. 8). Was den feineren Bau der Borsten betrifft, so ist zu bemerken, dass dieselben auf der Ober- fläche stets Streifen, welche in der Längsrichtung der Borste verlaufen, zeigen. Auf Querschnitten (Fig. 9) kann man einen jede Borste um- gebenden doppelten Kontour beobachten, der wohl als eine Differenzi- rung des Chitins angesehen werden muss. Durch das Aneinanderliegen der Borsten werden drei Kanäle ge- bildet, ein mittlerer und zwei seitliche (Taf. IH, Fig. 13). Der Centralkanal 42 Joseph Heinrich List, ist etwas weiter als die beiden seitlichen. Die beiden inneren Borsten haften auch am innigsten an einander, während man an herauspräpa- rirten Borstenbündeln die äußeren gewöhnlich von den inneren getrennt findet. Der mittlere Kanal ist auch der am vollständigsten geschlossene, während die beiden äußeren zum Theil durch eine kleine Einkerbung der inneren Borsten geschlossen werden. Die durch das Zusammenfügen der Borsten hergestellten Kanäle beginnen vom Borstenhaft aus, wäh- rend der Basaltheil der Rinnen ohnedies durch die besprochenen chiti- nigen Lamellen geschlossen ist. Die Basaltheile der beiden äußeren Borsten drehen sich etwas nach auswärts und erscheinen mit denjenigen der inneren etwas gekreuzt. | Der Dickendurchmesser des Borstenbündels betrug am Grunde des- selben (hinter dem Borstenhafte) ungefähr 14 u. Die Länge einer Borste beträgt über !,i mm, eine Länge, welche mit der von Dusarvın (6) für Orthezia urticae L. angegebenen (! mm) übereinstimmt. Das Borstenbündel verläuft nun von seinem Ursprunge aus nicht in gerader Richtung nach außen, sondern wendet sich, nachdem es eine Strecke etwas seitwärts von der Medianlinie des Körpers nach rück- wärts gezogen, unter Bildung eines Bogens (Fig. !, 7) nach vorwärts, bildet also eine Schlinge und wendet sich dann wieder, um in den chitinigen Kanal des Rostrum einzutreten. Diese Borstenschlinge erstreckt sich sehr häufig bis in die Nähe der Coxae des hinteren Extremitäten- paares. Dieselbe bewegt sich nicht frei im Körper, sondern ist in einem Organe, das Mark als Tasche bezeichnet hat, eingeschlossen (Fig. 7, 14). Schon Dusarvın (6) gedenkt dieses, die Borsten einschließenden, nach ihm kontraktilen Sackes, für Goceiden (Coceus cacti). Die Tasche ist nach Mark »eine Ausstülpung der Röhre, die in dem Basaltheile des Rostrum enthalten ist. Sie erscheint als ein einfaches, blind endigendes, dehnbares Organ, welches, anstatt immer frei in die Leibeshöhle hinein- zuhängen, zu Zeiten nur mit seinem blinden Ende an die Nachbartheile geheltet zu sein schien. Wenn die Borsten vollständig innerhalb des Körpers liegen, so erfüllen sie die Tasche und dehnen sie aus, so dass dieselbe weniger sichtbar ist; sind jedoch die Borsten theilweise her- vorgestreckt, so erscheint die Tasche der Quere nach in Falten gelegt. Ihr blindes Ende folgt gewöhnlich, wenn auch nicht immer, der Schna- belschlinge. Der letzterwähnte Umstand spricht eher für eine elastische Beschaffenheit der Tasche, als für eine kontraktile, welche Dusarpın an- nahm. Da die Tasche aber nur innerhalb gewisser Grenzen sich zu- sammenzieht, so kann sie wohl nicht die einzige Ursache der Hervor- schiebung der Borsten sein. Wenn der Schnabel vollständig ausgestreckt Orthezia cataphracta Shaw. 43 ist, so hängt die Tasche gewöhnlich frei innerhalb des Körpers in einem sehr zusammengezogenen und faltigen Zustand, wie es in Fig. 26 zu sehen ist. Sie hat in diesem speciellen Falle (Aspidiotus Nerii) eine Länge von nur 60 «u und einen Durchmesser von 15 u. Ob diese Gestalt die Folge einer aktiven Zusammenziehung ist, konnte ich nicht fest- stellen, da ich keine Muskulatur in der Tasche gefunden habe.« Meine Beobachtungen bei Orthezia cataphracta Shaw weichen nun in mehreren Punkten von der von Marx für O. urticae L. gegebenen Beschreibung ab. Wenn man die Tasche isolirt betrachtet (Fig. 14), so erscheint dieselbe in einem annähernd gedehnten Zustande als ein beutelartiges Organ, welches einen Hals besitzt, der sich gegen den Grund des Organs zu allmählich erweitert. Denkt man sich einen Quer- sehnitt durch die Tasche etwa in der Nähe der Basis (Fig. 15), so er- scheint derselbe oval, ein Zeichen, dass die Ausdehnung des Organs nur nach einer Dimension erfolgt, was ja selbstverständlich erscheint. Nach Mark kann man nun »zu äußerst auf der Tasche eine sehr zarte, strukturlose Membran, die vielleicht als Tunica propria zu be- zeichnen ist, unterscheiden. Unter ihr liegt eine Zellschicht, auf welche eine mehr oder weniger stark lichtbrechende, zuweilen bräunlich ge- färbte, chitinige Intima folgt, die sich in das chitinisirte Rohr der Scheide fortsetzt. Bei Coccus Adonidum sah ich die Propria am blinden Ende in eine lange konische, zarte Scheide ausgezogen, auf welcher ich jedoch vergebens nach Muskelfasern suchte. Die Zellschicht ist ziemlich dick und umhüllt mit ihrer Intima das Borstenbündel. Zwischen dem auf- steigenden und absteigenden Schenkel der Schnabelschlinge sieht man die runden Zellkerne (3 bis 4 u im Durchmesser). Aus den Intervallen der Kerne kann man schließen, dass die zugehörigen Zellen ungefähr 10 u im Durchmesser haben müssen, obwohl Zellgrenzen nicht gesehen werden können. Die Intima ist manchmal in hervorragendem Grade ent- wickelt und zeigt bei der Kontraktion der Tasche unregelmäßige Falten.« Bei Orthezia cataphracta besteht die Tasche zu äußerst aus einer, auf der einen (vorderen) Seite offenen, auf der anderen blind geschlos- senen, im vorderen Theile 1,4 u dicken Membran (Tp Fig. 14, 15, 16). In Fig. 14 ist dieselbe zum Theil gerissen und auf die Seite gelegt ge- zeichnet, welche im gedehnten Zustande glatt und homogen, an ab- präparirten Stücken aber faltig erscheint. Man kann sie als Tunica pro- pria auffassen, wie es auch von Mark (l. c.) geschehen. Auf der inneren Fläche dieser Membran kann man, besonders nach Tinktion, sphärische oder ellipsoidähnliche, hier und da auch ganz unregelmäßig begrenzte Zellkerne beobachten, welche keine regelmäßige Anordnung erkennen ließen. Man kann dieselben bis an die Öffnung der Tasche nachweisen. + Joseph Heinrich List, In vielen, jedoch durchaus nicht allen Fällen, konnte ich um den Kern einen deutlichen, polygonal begrenzten Zellenleib nachweisen. Wenn man an Profilansichten diese Zellenlage betrachtet (Fig. 16), so stellt sich dieselbe als eine, im vorderen Theil der Tasche etwa 3 u messende, aus einer einzelnen Schicht von abgeplatteten Zellen bestehende Mem- hran (Media) dar, die man als Matrix für die nun folgende, aus Chitin bestehenden, innersten Lage, Intima (J), betrachten kann. Diese Intima bildet einen der Tunica propria analogen und der Media anliegenden Sack (man vgl. Fig. 15 J), liegt auf allen Seiten der Media an und bildet zur Führung der Borsten am ganzen Rande eine röhrenförmige Erweiterung (man vgl. Fig. 14 m, n und Fig. 45). Die eine dieser röhrenförmigen Erweiterungen der Tasche (x) bildet im vorderen Theil eine vollständige Röhre und erstreckt sich in das Rostrum, um mit dem oberen Theil (d,) des Chitinkanales (Chsch) in Verbindung zu treten. Der andere Theil der röhrenförmigen Erweiterung (rn) zieht ebenfalls in das Rostrum, um wahrscheinlich am oberen Theil des Chitinkanales zu enden und mit demselben zu verschmelzen. Die Intima zeigt in wenig stark gedehntem Zustande zahlreiche Falten. Die nach innen offene Röhre (n) führt den vom Schlundgerüste ausgehenden Theil des Borsten- bündels, während der geschlossenen Röhre die Leitung des Endtheiles desselben zukommt. Im vorderen Theil der Röhre zeigt sich das Chitin in einer Mächtigkeit von 4 u und erscheint daselbst mit zahlreichen queren Falten versehen, welche den Eindruck machen, als habe sich der vordere Theil der Röhre stark kontrahirt. Dass der chitinigen In- tima eine elastische Beschaffenheit zukommt, wie sie bereits Mark annahm, ist zweifellos. Man braucht nur verschieden ausgedehnte Borstentaschen anzusehen, um das Verschwinden der Falten bei größe- rer Ausdehnung und die Veränderung der Dicke nachweisen zu können. Die Länge einer Borstentasche betrug 0,5 mm; die größte Weite 418 u. Die Lage und Form der Borstentasche, die die Borstenschlinge führt, hängt ab von dem jeweiligen Streckungszustande der Borsten selbst. Die Tasche liegt unterhalb des Bauchmarkes (Taf. III, Fig. 21 Bi,), an- nähernd in horizontaler Richtung. Dieselbe wird offenbar verkürzt, wenn die Borsten ausgestreckt, verlängert, wenn sie eingezogen sind. Was die Fixation der Borstentasche anlangt, so kann man von der Tunieca propria zahlreiche Fasern abgehen sehen, die wohl zur Befesti- gung im Inneren des Körpers dienen. Besonders kann man aber am halsartigen vorderen Theile Muskelbündel abgehen sehen, die sowohl vom dorsalen als ventralen Integumente ihren Ursprung nehmen (Taf. III, Fig. 21 M,). Aber auch der hintere, blind geschlossene Theil der Tasche ist durch Muskeln am ventralen Integumente fixirt. Der vordere Theil Orthezia cataphraeta Shaw. 45 der Tasche tritt aber mit dem Borstenbündel aus dem Körper in das Rostrum ein, die chitinige Röhre der Tasche steht in Verbindung mit dem später erst zu besprechenden im Rostrum befindlichen Chitinkanal, als dessen Fortsetzung man die Intima auch bezeichnen muss. Der bindegewebige Theil der Tasche (Tunica propria) inserirt sich ebenfalls innerhalb des Rostrum, ein Verhältnis, das später noch zur Sprache kommen wird. Das Rostrum! (Fig. 1). Dasselbe ist bei der in Rede stehenden Coceide ein konisches, 1/, mm langes, hohles Organ, welches mit seiner Basis, dessen Durch- messer ungefähr !/, mm beträgt, in unmittelbarer Verbindung mit dem ventralen Theile des Chitinintegumentes steht, und dessen Spitze nach hinten gerichtet ist. Die Basis des Organs liegt zwischen den Coxae des vorderen Beinpaares und zwar so, dass die hinteren Coxalflächen und der hintere Basaltheil des Rostrum so ziemlich in einer geraden Linie zu liegen kommen und ist am Chitinpanzer ähnlich eingelenkt wie die Coxae. Das Rostrum besteht aus einer rechten und linken Hälfte, die am Terminaltheile an Quetschpräparaten oft klaffen, am Basaltheile aber nur auf der vorderen Seite eine Trennung erkennen lassen, auf der hinteren Seite aber verschmolzen sind. An Schnitten, die den Terminaltheil getroffen, kann man dort, wo die Hälften zusammenstoßen (ich bemerkte dies an der vorderen Seite an Schnitten), eine Einbuchtung bemerken. Mark erwähnt, dass bei O. urticae das Rostrum (Scheide) in dorsoventraler Richtung abgeplattet und annähernd rechteckig sei. Bei O. cataphracta konnte ich dies nicht bemerken, im Gegentheile war die dorsale Seite etwas konvex. ‚Die beiden Hälften des Rostrum haften fest an einander und bilden durch einen wulstförmigen Vorsprung, der kreisförmig um das Rostrum ver- läuft, einen Basal- und einen Terminaltheil. Das Basalstück (Bi) erscheint als ein abgestutzter Kegel aus derbem, etwa 7 u messenden Chitin be- stehend, an welchem sich nach dem wulstigen Rande die beiden Ter- minalstücke, die ebenfalls einen Kegel bilden, anschließen. Der Basal- theil bildet an seinem Grunde eine ringförmige Verdickung zur Einlenkung in den Chitinpanzer. Von dem Rande des Basaltheiles kann man das chitinige Integument wegziehen sehen, welches das Rostrum fixirt. Am wulstförmigen Vorsprunge des Basaltheiles konnte ich jederseits auf der vorderen Fläche eine Reihe kleiner Höckerchen 1 Ich bezeichne als Rostrum den von Tarsıoxı-TozzErtı und Mark als Scheide beschriebenen Theil des Mundapparates in Übereinstimmung mit der für analoge Organe bei anderen Hemipteren gebrauchten Bezeichnung. 46 Joseph Heinrich List, (e Fig. 4) bemerken. Eben so beobachtete ich auf der dorsalen Seite jedes Basalstückes, der Medianlinie genähert, eine Stachelborste. Der hintere Theil des Basaltheiles erscheint höher als der vordere, wodurch der Terminaltheil auf seiner hinteren Fläche etwas verkürzt erscheint. Der Terminaltheil, welcher aus zwei gleichgebauten Hälften besteht (Tt Fig. 1), erscheint als ein vorn etwas abgestumpfter Kegel, welcher mit seiner Basis vom Wulste des Basaltheiles umgeben ist. Auf der Vorder- und an den Seitenflächen der Spitze des Terminaltheiles be- merkt man Stachelborsten, welche an den beiden Terminalstücken an- nähernd korrespondirend angebracht sind. Ihre Form ist dieselbe, wie sie auch auf verschiedenen Theilen des Chitinintegumentes zu finden ist. An der Spitze öffnet sich der Terminaltheil mit einer ovalförmigen Öffnung, deren Längsachse mit der Medianlinie des Körpers parallel läuft. Die Verbindung der beiden Terminalstücke kommt dadurch zu Stande, dass der Rand jedes Theiles sich nach einwärts umschlägt und mit einem Chitinfasergewebe am Chitinkanale sich fixirt. An der inneren Fläche des Basaltheiles des Rostrum kann man zahlreiche Muskelbündel ihren Ursprung nehmen sehen, die daselbst oft fingerförmig zerschlitzt erscheinen (Fig. 17) und zur Fixation des Chitinrohres dienen. Am Basaltheile des Rostrum inseriren sich zahl- reiche Muskeln, die sowohl vom dorsalen Integumente als auch vom Schlundgerüste ihren Ursprung nehmen (Taf. Il, Fig. 21 M,, 42). Dieses zahlreiche Vorkommen von Muskeln erklärt die große Be- weglichkeit des Rostrum, die man an lebenden Thieren, die auf den Rücken gelegt worden, beobachten kann. In der Medianlinie des Rostrum liegt nun innerhalb desselben ein Chitinrohr (Taf. II, Fig. 4 Chsch), welches unten und oben mit einem wulstigen Rande (d,, d,) umgeben ist. Der untere Rand (d,) steht in Ver- bindung mit der Chitinwandung des Terminaltheiles; ob auch die obere Verdiekung mit dem Basaltheile, an dem Übergange in den Terminal- theil, im Zusammenhang steht, konnte ich nicht entscheiden. Das Chi- tinrohr ist so nur als eine Einstülpung des Rostrum zu betrachten. Am oberen Rande (d,) inserirt sich, als Fortsetzung des Chitinrohres er- scheinend, die Röhre (f) der Intima der Borstentasche. Dies Rohr reicht bis zum Beginn des Basaltheiles des Rostrum und besitzt einen Quer- durchmesser von circa 24 u. Am oberen Theil desselben kann man noch quere Falten beobachten, die ringförmig die Röhre umgeben. Während das Chitinrohr an der Spitze des Rostrum mit demselben in unmittelbarer Verbindung steht, ist dasselbe mit seinem übrigen Theile ringsum durch zahlreiche Muskeln, welche am Basaltheile Orthezia cataphracta Shaw. 47 ihren Ursprung nehmen, an das Rostrum fixirt. Auch die bindegewe- bige Tunica propria der Borstentasche ist durch Muskeln innerhalb des Rostrum (und zwar des Basaltheiles desselben) befestigt. Es ist klar, dass das Chitinrohr bei Führung der aus dem Rostrum tretenden Bor- sten eine bedeutende Rolle spielt. Wenn ich es nun versuche, nach Kenntnis des Mundapparates eine Darstellung des Mechanismus der Borstenführung und der Nahrungs- aufnahme zu geben, so muss ich von vorn herein bemerken, dass ich, trotz angewandter Mühe, bei der großen Komplicirtheit der Organe, nicht über alle Verhältnisse ins Klare kommen konnte. Die Fixation der Borsten mit Leisten an den winkelig gebogenen Balken scheint mir als ein Fixationsapparat zu fungiren, durch welchen die Basaltheile der Borsten leicht innerhalb geringer Grenzen eine Lageänderung auszuführen im Stande sind. Jede einzelne Borste und somit auch das Borstenbündel ist äußerst elastisch, und diese Eigen- schaft unterstützt das Hervorschnellen des Borstenbündels wesentlich. Die Tasche erscheint nun als dasjenige Organ, welches zum Hervor- stülpen der Borsten dient. Schon Dusaroın (6) erwähnt für Coceus cacti die Bedeutung dieses Sackes, wie er das Organ nennt, für den Heraus- tritt derselben. Erst Mark (20) wendete dem Organe, das er als Tasche bezeichnete, größere Aufmerksamkeit auch bei Orthezia zu, und nahm eine elastische Beschaffenheit desselben an. Ich schließe mich dieser Ansicht nach meinen Beobachtungen vollständig an. Das Chitin der Borsten und der Intima der Tasche ist durch große Elastieität ausge- zeichnet. Nun muss offenbar eine Formveränderung der Tasche bez. Zusammenziehung der Intima derselben stattfinden, wenn die Borsten zum Heraustritte aus dem Rostrum gehracht werden sollen. Dies kann nun dadurch zu Stande kommen, dass sich das Rostrum, mit dem die Tasche in innigem Zusammenhange steht, von vorn nach hinten be- wegt. Da die Tunica propria durch Muskeln am Integumente fixirt ist, so wird durch den Zug auf die Tasche sehr leicht eine Formveränderung derselben eintreten können, und diese den Anstoß zur Lageänderung und nun folgendem Hervortreten der ohnedies sehr elastischen Borsten geben. Umgekehrt wird bei einem Nachlassen des Zuges die Intima wieder in Folge ihrer elastischen Beschaffenheit in ihre ursprüngliche Lage zurückkehren und den Rückzug der Borsten ermöglichen. Dass dieser mechanische Vorgang (Bewegung des Rostrum) wenigstens zum Theil an dem Austritte der Borsten betheiligt ist, konnte ich mehrmals durch Versuche am lebenden Objekte bestätigt finden. Ich bin aller- dings weit entfernt, diesem mechanischen Vorgange allein die wesent- lichste Bedeutung beizumessen;; denn bei Betrachtung des Hervortretens 48 Joseph Heinrich List, der Borsten an lebenden Thieren überzeugt man sich von dem außer- ordentlich langsamen, fast tastenden Hervorschieben derselben, das wie vom Willen des Thieres beherrscht zu sein scheint. Eben so kann man, wenn man das Thier beunruhigt, das langsame Einziehen beob- achten. Ich bemerke hier im Anschlusse an obige Erörterung, dass man öfters die Borsten gespalten hervortreten sehen kann. Nach dem Einziehen aber treten sie wieder geschiossen, als ein einziges Borsten- bündel aus dem Rostrum. Verdauungstraetus (Taf. IV). Die Angaben über den Verlauf des Verdauungskanales bei den Or- thezien lauten sehr widersprechend, was sowohl in der Kompliecirtheit der Windungen als auch in der Schwierigkeit der Präparation liegt. L. Durour (3) beschreibt den Darmkanal von Orthezia characias Bose — O. urticae L. folgendermaßen: »Das Nahrungsrohr beginnt zwi- schen den beiden Vorderbeinen, wo sich der Schnabel befindet. Es ist verhältnismäßig länger als dasjenige der Aphiden, und, wenn es ent- faltet ist, dürfte es ungefähr die dreifache Länge des Körpers haben. Der Ösophagus, kürzer als derjenige von Psylla, ist an seinem Ur- sprunge von einer mehr als kapillaren Zartheit. Er schien mir kaum zu einen längeren Kropfe angeschwollen zu sein. Er mündet rasch in einen Anfangs erweiterten Magen, setzt sich dann in eine, wie ein Faden zarte, Röhre mit dünnen und durchsichtigen Scheidewänden, biegt sich um, um entgegengesetzt der ersten Richtung zu gehen, läuft mit einem Wort zurück, um durch eine bloße Insertion nicht weit von seinem Ur- 'sprunge auf diese Weise einen vollkommenen Kreis zu bilden. Der eigentliche Darm beginnt wie bei den Cicaden vom Magen selbst durch eine rasche Verjüngung gegenüber der Stelle, wo die zu- rücklaufende Partie des Chylusmagens beginnt. Er ist Anfangs zart wie ein Haar, sehr lang und inserirt sich an der Seite und nahe der hin- teren Extremität mit einer länglichen, blindsackartigen Tasche, welche der Schwimmblase einiger Wasserinsekten ähnlich ist. Diese caecale Bursa, welche ich von einer wasserklaren Exkrementflüssigkeit erfüllt fand, übertrifft durch ihre abgerundete Gestalt bedeutend die Inser- tion des zarten Darmes, verjüngt sich nach hinten, um in dem Anus zu enden.« Nach Frey und Levckarr (5) findet sich bei Orthezia (wohl urticae L.) eine ähnliche Anordnung des Darmes wie bei den Cicaden, bei welchen der hintere dünnere Theil des Magens mit dem Anfang des Dünndarmes und der Marrichtschen Gefäße die Muskelhaut am An- fange durchbohrt, sich eine Strecke darunter hinwindet und erst der Insertionsstelle gegenüber wieder zum Vorschein kommt. Der Dünn- Orthezia cataphracta Shaw. 49 darm erweitert sich an seinem Ende zum Mastdarm. Derselbe besitzt noch einen weiten kolbigen Blinddarm. Nach Dusarvın (6) bietet der Darm bei Orthezia characias die von Durour beschriebene Form dar; nachdem er eine Schlinge gebildet, legt er sich an den Magen, und beide verschmelzen mit ihrer Ober- fläche. Erst Tareıons-Tozzerti (16) giebt in einer Anmerkung (p. 46, l. e.) Beobachtungen von Harımay über den Darmkanal von Orthezia cataphracta an. Nach diesem Autor findet sich ein dünner Ösophagus, auf welchen ein Magen (Dilatazione gastrica) folgt, der sich verengt, um sich dann wieder zu erweitern und wieder zu verengern und sich seit- wärts an einen Sack zu legen, welcher mit seinem Grunde zuletzt etwas in die Höhe steigt, mit dem anderen Ende aber hinten in das Rectum mündet. Mark (20), dem wir eingehendere histologische Angaben über Coc- eiden verdanken, bemerkt nichts über den Verdauungskanal von Or- thezia. Wenn ich mich zur Schilderung des Verlaufes des Darmkanales bei Orthezia cataphracta wende, so kann ich nicht das Befremden unterdrücken, das mich beschleicht, wenn ich an die Verschiedenheit des von anderen Coceiden Bekannten und meiner bei Orthezia gemach- ten Beobachtungen denke. Es ist immerhin auffallend, dass so nah verwandte Formen im Baue des Verdauungstractus so abweichende Verhältnisse darbieten. Am Darmkanale kann man Ösophagus, Vorderdarm,Mittel- darm und Enddarm unterscheiden (Fig. 9). Der Ösophagus (Oe) inserirt sich an der inneren Höhlung des Borstenhaftes (Fig. 2 Bh), der also die Funktion eines Pharynx über- nimmt, ist daselbst außerordentlich dünn (8 «), zieht etwas nach auf- wärts, durch den Schlundring hindurch und wird gegen sein Ende etwas dicker, nachdem er eine bedeutende Länge (ein herauspräparirter Ösophagus maß 761 u) erreicht hat. Derselbe mündet in den Vorder- darm (Vd) ein, womit ich den Darmtheil bis zur Stelie bei «a (Beginn der Schlinge) bezeichne !. Der vordere Theil des Vorderdarmes bildet eine starke Erweiterung, deren Querdurchmesser bis zu 285 u betrug, zieht nicht median, sondern wendet sich etwas nach rechts und ver- jüngt sich allmählich. An Querschnitten kann man beobachten, dass dieser erweiterte Theil des Vorderdarmes zur rechten oberen Seite des Bauchmarkes gelagert ist. Der Vorderdarm verjüngt sich nun allmäh- lich und bildet in seinem Verlaufe zahlreiche wulstförmige Ausbuch- I Die Abgrenzung des Vorderdarmes vom Mitteldarme erscheint wohl mehr oder weniger willkürlich, da die histologische Struktur sehr allmähliche Übergänge zeigt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 4 0 Joseph Heinrich List, tungen. Er zieht bis in die Mitte des Körpers oder über dieselbe und setzt sich mit einer Schlinge (a Fig. 1) in den Mitteldarm (Mad) fort. Derselbe übertrifft den Vorderdarm bedeutend an Länge und zerfällt in zwei Theile, deren Trennungslinie durch die Einmündungsstelle der Marrisarschen Gefäße bezeichnet wird. Der sich an den Vorderdarm anschließende Theil des Mitteldarmes liegt zur linken Seite des erste- ren, wendet sich nach vorn, bildet zuerst eine unvollständige Schlinge und schwillt dann etwas an, um sich wieder zu verjüngen; hierauf bil- det er eine Schlinge (b) (vgl. auch Fig. 19), indem er sich dorsalwärts und gegen die Medianlinie des Körpers wendet, woselbst die Marrıcarschen Gefäße einmünden. In seinem Anfangstheil bildet der Mitteldarm zahl- reiche wulstförmige Ausbuchtungen, wie sie auch für den Vorderdarm erwähnt wurden. Der zweite Theil des Mitteldarmes (Md,) beginnt etwas voluminöser und bildet, sich verjüngend, einen Bogen (c), welcher zur Folge hat, dass der Endtheil unterhalb des Anfangstheiles zu liegen kommt und sich nun zwischen Anfangstheil des Vorderdarmes und dem- jenigen des zweiten Theiles des Mitteldarmes befindet. Gleich nach Bildung des Bogens schwillt der Mitteldarm bedeutend an und erreicht dann oft den Umfang des Vorderdarmes. Er bildet daselbst zahlreiche Ausbuchtungen, welche diesem Theile ein charakteristisches Aussehen verleihen. Hierauf verjüngt sich der Mitteldarm allmählich und zieht nun gewöhnlich! zur rechten unteren Seite des nun folgen- den Enddarmes liegend, in der Längsrichtung des Thieres nach hinten. Dieser Theil des Mitteldarmes mündet, nachdem er schon von der ver- dickten Stelle an in später näher zu besprechender Verbindung mit dem Enddarme gestanden, in denselben (man vgl. auch Fig. 14). Der Enddarm (Ed) erscheint als ein vorn geschlossener und erweiterter, daselbst bis zu 200 u im Querdurchmesser zeigender Sack, welcher nahezu in der Medianlinie des Körpers verläuft und sich nach hinten allmählich verjüngt, um dann mit dem After zu enden (Fig. 16). Der vordere Theil des Enddarmes ist abgerundet und steht durch seine äußere bindegewebige Membran in Zusammenhang mit derjenigen des Vorderdarmes und des Anfangs- und verdickten Endtheiles des Mittel- darmes (Fig. 1). Es bildet demnach der Vordertheil des Enddarmes eine Art Mesen- terium zur Fixation des Vorderdarmes und des zweiten Theiles des Mitteldarmes. Dieses Verhältnis bereitet der Präparation des Darmes im frischen Zustande fast unüberwindliche Schwierigkeiten und ist es ohne Anwendung von Härtungsmitteln geradezu unmöglich, bei der 1 In Fig. 4, Taf. IV scheint durch die Präparation dieser Theil des Mitteldarmes zu weit nach links gerückt. Orthezia cataphracta Shaw. 51 großen Zartheit der Organe, sich über die Lagerung des Darmkanales zu orientiren. Die Fixation des Enddarmes ist mit dem Vorderdarm am geringsten, mit der oberen und äußeren Fläche des verdickten End- theiles des Mitteldarmes am innigsten und mit der äußeren und einem kleinen Theil der unteren Fläche des Anfanges des zweiten Mitteldarm- theiles eine sehr geringe. In Folge dieser Verbindung kommt die Ein- mündungsstelle der Marpıcar’schen Gefäße dorsalwärts, über den End- darm, zu liegen. Übrigens fand ich in der Verbindung der Darmtheile auch häufig kleine Abweichungen. Während die Verbindung mit dem Endtheile des Mitteldarmes wohl stets nachzuweisen ist, ist die Verbin- dung mit dem Vorderdarm bez. mit dem Anfangstheil des zweiten Mitteldarmstückes oft nur sehr lose, mit letzterem aber auch sehr häufig gar nicht hergestellt. Am herauspräparirten Darmkanale kann man mit der Nadel sehr leicht die Theile zur Trennung bringen und man bemerkt dann am Enddarme die Spuren der gerissenen Verbindung (Fig. 14). An Längsschnitten kann man beobachten, dass der Enddarm im Ab- domen etwas nach aufwärts zieht, um nach Bildung eines sanften, ab- steigenden Bogens sich zum After zu begeben (Taf. III, Fig. 21). Der Enddarm zeigt, was die Form betrifft, große Ähnlichkeit mit der von Dvrour (3) bei O. characias beschriebenen und abgebildeten caecalen Bursa, während er weniger Übereinstimmung mit dem von Marx (20) bei anderen Cocciden beschriebenen Rectum zeigt. Histologie des Verdauungstractus. Ösophagus (Taf. IV, Fig. 2, 3, 4, 5). Der vordere verjüngte und dünnste Theil desselben (Fig. 2, 4) be- steht aus einer äußeren, homogen erscheinenden Membran (Tunica pro- pria Tp), einer darauf folgenden Zellenlage (Z), deren Grenzen im An- fangstheile fast gar nicht zu bemerken sind, deren Kerne aber nach Tinktion ellipsoidähnlich oder auch sphärisch erscheinen. Das innere außerordentlich verengte Lumen ist von einer chitinigen Intima ausge- kleidet, die wohl als Fortsetzung der Chitinwand des Pharynx aufzu- fassen sein dürfte. Etwas entfernt vom Pharynx kann man (Fig. 4) im Ösophagus die Grenzen der kubisch oder auch häufig eylinderförmig erscheinenden und palissadenartig an einander gereihten Zellen be- obachten. Der etwas über der Mitte gelegene Theil des Ösophagus (Fig. 3) zeigt nun eine äußerst mächtig entwickelte Tunica propria, auf welcher statt der Zellenlage eine deutliche, fibrillär erscheinende Muskellage (Mu), in welcher man hier und da noch Kerne eingelagert finden kann, folgt. Auf die Muskulatur folgt die Intima. Die Muskel- 1% 52 Joseph Heinrich List, _ lage verjüngt sich nach vorn und geht über in den oben geschilderten Zellenbelag. Nach hinten zu konnte ich die Muskellage auch sich ver- jüngend und in den Zellenbelag übergehen sehen, der hier bedeutend dünner ist, so dass das Lumen etwas erweitert erscheint. An der Ein- mündungsstelle des Ösophagus in den Vorderdarm schwillt der erstere bedeutend an und erreicht oft 46 «u im Querdurchmesser. Auch hier konnte ich (Fig. 5) eine mächtige Tunica propria, in welcher ellipsoidähn- liche Kerne deutlich sichtbar waren, sehen, auf diese folgte eine mächtig entwickelte Muskellage (Mu), und auf diese die chitinige Intima (J). Die Intima zeigt auf allen Stellen zahlreiche Faltungen; besonders fielen sie mir aber an jenen Theilen auf, in welchen eine Muskellage nachzu- weisen war. Der Ösophagus zeigt also im Großen und Ganzen einen ähnlichen Bau, wie derselbe von Mark (20) für verschiedene Cocciden und WirtracziL (29) für die Psylliden angegeben wurde. Vorderdarm (Taf. IV, Fig. 6, 7, 8). Der Ösophagus führt in eine Erweiterung, die wohl der weiteste Theil des Verdauungstractus ist. Der Querdurchmesser betrug bis zu 285 u. Der angeschwollene Theil des Vorderdarmes, den man wohl auch als Chylusmagen von dem verjüngten Theile unterscheiden könnte, obwohl er sich histologisch gleich verhält, zeigt außen (Fig. 6) eine sehr dünne, kaum 2 ıı messende Tunica propria, in welcher man ovale, abgeplattete, bis zu 10 u Längsdurchmesser zeigende Kerne nach- weisen kann. Auf diese äußere Membran folgt unmittelbar die Zellen- lage, die aus kubischen, im Umrisse polygonal erscheinenden Zellen, welche nach innen vorgewölbt sind und daselbst einen doppelt kon- tourirten, dunklen Saum, der vielleicht als Cutieularbildung anzusehen ist, erkennen lassen. Die Zellen zeigen durchaus nicht gleiche Größe, erscheinen an Schnitten und an Isolationspräparaten mit granulirtem Inhalt erfüllt und führen einen sphärischen oder ellipsoidähnlichen Kern. Beim Übergang des Ösophagus in den Vorderdarm kann man bemerken, dass die Muskellage des ersteren rasch abnimmt; eben so konnte ich die chitinige Intima nur am Anfangstheile des Vorderdarmes beobachten (Fig. 5). Der Endtheil desselben verjüngt sich bedeutend und erscheint histologisch ähnlich gebaut, wie der Anfangstheil. Mitteldarm (Taf. IV, Fig. 9—11). Derselbe zeigt auf Querschnitten in seinem Anfangstheile (Fig. 9) eine sehr zarte äußere Membran (Tp), auf welcher kubische, oder mehr eylinderförmige, nach innen sich häufig verjüngende und daselbst vor- gewölbte Zellen folgen. Die Kerne sind ellipsoidähnlich oder sphärisch. Der Mitteldarm zeigt in seinem Bau von der hinteren Schlinge (a) bis Orthezia cataphracta Shaw. 53 zur vorderen (b) nahezu übereinstimmenden Bau. Der zweite Theil des Mitteldarmes (von der Einmündung der Marrisutschen Gefäße bis zur Mündung in den Enddarm) zeigt außen die Tunica propria und innen einen aus cylindrischen Zellen bestehenden Belag. Wenn man aber Querschnitte durch den angeschwollenen Theil (/ Fig. 1) betrachtet (Fig. 10), so kann man bemerken, dass das Lumen von hohen cylinder- förmigen Zellen umgrenzt ist, welche nach innen sehr häufig keulen- 'förmig angeschwollen und daselbst abgerundet sind. Der Inhalt er- scheint schwach granulirt, die Kerne sind ellipsoidähnlich. Der in den Enddarm einmündende Theil des Mitteldarmes (Fig. 11) zeigt nun ebenfalls eylinderförmige, nach innen verjüngte Zellen, welche mit verbreiterter Basis der Tunica propria aufsitzen. Die innere Oberfläche der Zellen, die gegen das Lumen vorragt, ist aber von einer chitinigen Intima überzogen (J), welche in die zwischen den I ungen der Zellen befindlichen Einbuchtungen hineinragt. Diese chitinige Intima ist wohl nur eine Fortsetzung derjenigen des Enddarmes. Enddarm (Taf. IV, Fig. 42, 43, 14, 45, 47, 48). Derselbe besitzt außen eine dünne Tunica propria, auf welcher eine oft stark entwickelte und zu Bündeln vereinigte Längsmuskellage folgt (Fig. 1 Ed, Fig. 13 M, Fig. 1% LM). An manchen der heraus- präparirten Recta konnte ich auch eine, wenn auch sehr schwach ent- wickelte und nur in einzelnen Fasern erkennbare innere Quermusku- latur nachweisen. Auf die Muskellage, in der man hier und da einge- streute Kerne beobachten kann, folgt ein innerer Zellenbelag (Fig. 12), der sich aus langen, entweder polygonalen oder (zumeist) spindel- förmigen Zellen, die eine Länge bis zu 128 u erreichen, zusammensetzt. Die Zellen liegen, wie man sich an Flächenansichten überzeugen kann, nicht an einander gelagert, sondern lassen große Räume zwischen sich. Der Inhalt der Zellen erscheint granulirt, und gewöhnlich kann man einen ellipsoidähnlichen Nucleus in denselben nachweisen. Auf die Zellenlage folgt die chitinige Intima, die die innere Fläche der Zellen umgiebt, und die nur als Boun der Chitinröhre des Analtrichters (Fig. 18) aufzufassen ist. An Querschnitten durch den Enddarm (Fig. 15) kann man die zahl- reichen Faltungen beobachten, die die Intima bildet. Hinten mündet er in eine chitinige Röhre des Afters, die als eine Einstülpung des äußeren Integumentes erscheint. Die Verbindung des Endtheiles des Mitteldarmes und des End- darmes ist eine ziemlich feste, und betheiligt sich von Seite des End- 54 Joseph Heinrich List, darmes nicht nur die Tunica propria, sondern auch die oberflächlichste Muskellage (Fig. 14, Fig. 17). Man muss mit der Nadel am herausprä- parirten Darme zupfen, um beide zur Trennung zu bringen. Übrigens konnte ich auch am getrennten Vorderdarm noch Fasern, die ich als zur Muskulatur des Enddarmes gehörig betrachte, bemerken. Der Verdauungstractus ist rings umgeben von der Leibesflüssigkeit und erscheint durch einzelne dorso-ventral ziehende Muskelzüge, von denen ich einen vom Mitteldarme abgehen sah, am Integumente fixirt. Auch vom vorderen Theile des Ösophagus konnte ich einen, wie ein Ligament aussehenden Faserzug (M Fig. 3) abgehen sehen. Der Darm- kanal ist reichlich von Tracheen umsponnen, die zum größten Theile vom abdominalen, zum geringeren Theile auch vom thorakalen Netze geliefert werden. Auch Nervenfasern versorgen denselben, und ist es namentlich Vorder- und Mitteldarm, die von den Verzweigungen des nach hinten gehenden Astes des Bauchmarkes (Str; Fig. I, Taf. V), der medianwärts verläuft und den Darmkanal begleitet, versorgt werden. Der After liegt in einer Einbuchtung des letzten (elften) Abdo- minalschildes und erscheint von außen und hinten gesehen (Fig. 16) als eine Öffnung auf einer kleinen, kegelförmigen Erhöhung (Fig. 18). Der Apparat, der zur Ausfuhr der Fäces dient, ist nur als eine besondere Bildung des chitinigen Integumentes anzusehen und sticht durch einen gelbbraunen Farbenton vom Integumente ab. Oval begrenzt (Fig. 16), mit der Längsachse annähernd in der Me- dianlinie des Körpers liegend, zeigt er auf den Seiten wulstförmige Ränder (W). Nach innen zu kann man im ganzen Umkreise zahlreiche Chitinpapillen (P), die mit Öffnungen in das Innere führen, und an wel- chen zahlreiche Drüsenzellen (Dr Fig. 18) münden, bemerken. Die Chi- tinpapillen sind gegen die Afteröffnung so angeordnet, dass sie kleine Bogen um dieselbe bilden. Im oberen, mittleren und unteren Theile kann man je zwei, etwa 160 u lange, nach abwärts gehende und nach hinten konvergirende Stachelborsten (B) bemerken. Das obere und untere Paar steht mit seiner Basis noch innerhalb der Papillen, das mittlere Paar außerhalb der wulstförmigen Verdickungen, denselben mit der Basis anliegend. In der Mitte der kegelförmigen Erhöhung stülpt sich das Integu- ment unter Bildung eines scharfen, kreisförmigen Umriss zeigenden Randes (R) ein und bildet eine nach aufwärts ziehende, sich allmählich in den Wandungen verdünnende und in die Intima des Enddarmes fort- setzende Röhre (Tr Fig. 18). Von dem ventralen Theile dieser Röhre zieht eine Reihe von Muskel- bündeln (M) zum ventralen Chitinpanzer. ; Orthezia cataphracta Shaw. #75) Malpishi’sche Gefäße (Taf. IV, Fig. !, 19—21 MG). L. Durour (3) bemerkt Folgendes über die Marricursschen Gefäße bei O. characias: »Die Leber der Dorthesia hat eine Gestalt, eine Ent- wieklung und eine Insertionsart, welche ihr eigenthümlich sind, und die einen der bemerkenswerthesten Züge ihrer inneren Organisation bilden. Wenn man das Abdomen von der dorsalen Region öffnet, so ist dieselbe das erste Eingeweide, welches sich dem Skalpelle darbietet und es gleicht an Größe dem Nahrungsrohre selbst. Sie bestehen aus zwei Gallengefäßen, groß im Vergleich zur Größe des Insektes, varieös, wie abwechselnd mit Einschnitten versehen, von gelblicher oder röth- licher Farbe, jedes eine Schlinge bildend, oder vielmehr einen Ring, welcher bis zum hinteren Theile des Abdomens sich erstreckt, und beide vereinigen sich zu einem sehr kurzen und farblosen Theil, welcher sich gegen die Mitte der rücklaufenden Portion des Ghylusmagens an- heftet. Dieses Verhalten der Insertion beobachtet man auch bei Psylla, und diese anatomische Betrachtung rechtfertigt auch die Annäherung beider Insektengattungen im entomologischen Cadre.« Tareıonı-Tozzerti (16) bestätigt die Angaben von Harınay über die MarpicHrschen Gefäße von O. cataphracta (?); nach diesem Autor finden sich zwei Marricursche Gefäße vor, wovon eines zum Theil seitwärts vom Darm liegt, und wovon jedes eine geschlossene Schlinge oder einen Ring bildet. Nach Mark (20) haben die Drüsenschläuche der Marpicutschen Ge- fäße bei O. urticae L. einen Durchmesser von 75 u. Die Zellen, die unter der Tunica propria in zwei Reihen geordnet sind, haben die Ge- stalt eines Kugelausschnittes, und enthalten außer dem Kern eine feine granuläre Masse. Das ziekzackförmige Lumen, welches die scharfen Ränder dieser Zellen zwischen sich lassen, ist von beträchtlicher Größe. Von der Gegenwart einer Intima konnte sich Mark nicht überzeugen. Die Abbildung, welche derselbe über die Einmündung der Gefäße in den Darm giebt, stimmt mit dem von mir bei O. cataphracta Gefun- denen überein. Um die Lage der Marrıcnr’schen Cefäße zu schildern, gehe ich von ihrer Einmündungsstelle in den Mitteldarm (d Fig. 1) aus. Nachdem sie sich in einen gemeinsamen Gang vereinigt (Fig. 19), theilt sich der- selbe, und jeder dieser Äste theilt sich wieder in zwei Äste, so dass man vier Schläuche, welche annähernd zu beiden Seiten der Medianlinie liegen, und welche vom dritten bis zum elften Segmente sich erstrecken, unterscheiden kann. (In Fig. I sind die Schläuche etwas aus einander gefaltet, um den Verlauf des Darmkanales zu illustriren.) Jedes Gefäß- 56 Joseph Heinrich List, paar bildet jederseits eine Schlinge, welche beide am hinteren Theile in der Medianlinie sich vereinigen (e)!. Die beiden äußeren Gefäße gehen mit einer kleinen Anschwellung in einander über, während die beiden inneren Schläuche etwas von einander getrennt in dieselbe münden. Sämmtliche vier Gefäße liegen Anfangs auf der dorsalen Seite über dem Enddarme. Das rechte äußere zieht nach Bildung mehrerer kleiner Bogen ven- tralwärts, verbindet sich mit seiner Tunica mit dem linken inneren, zieht dann, das rechte innere Gefäß in einer Schlinge fassend, gegen die Medianlinie, um in der früher erwähnten Anschwellung mit dem linken äußeren zu verschmelzen. Das linke äußere bildet vorn zwei Schlingen, zieht rückwärts oberhalb des linken inneren, um in die erwähnte An- schwellung überzugehen. Linkes und rechtes inneres Gefäß ziehen nach rückwärts, wenden sich nach Bildung eines Bogens nach vorn und münden getrennt in die Vereinigung der beiden äußeren Gefäße. Die Breite der Schläuche betrug im Mittel 85 u. Was den feineren Bau der Gefäße betrifft, so ist Folgendes zu be- richten. Außen kann man eine durchsichtige, homogene, im Querschnitte ovalen Umriss zeigende Membran (7 Fig. 20), in welcher ich keine Zell- kerne nachzuweisen vermochte, bemerken. Dieselbe zeigt regelmäßige Einkerbungen bez. Ausbuchtungen, welche dem äußeren Umfange der Zellen entsprechen. In jedem Gefäße liegen zwei Reihen von Zellen, die außen rundlich, nach innen aber durch vier unter einem stumpfen Winkel zusammenstoßende, annähernd ebene Flächen begrenzt sind. Jede Zelle erscheint so in der Profilansicht annähernd sechsseitig (Fig. 20). Die Zellen sind von einer deutlichen Membran umgeben, welche sich an aus der Tunica isolirten Zellen leicht konstatiren lässt. Der Zell- inhalt besteht aus verschieden großen, glänzenden, im durchfallenden Lichte gelblichbraun erscheinenden Kügelchen. Im Inneren der Zelle lässt sich, von der gelblichbraunen Granulation umgeben, stets ein Nucleus nachweisen, der im frischen Zustande wohl fast nie sichtbar ist, nach Tinktion aber hervortritt. Ich fand denselben (X Fig. 20) sphä- risch oder ellipsoidähnlich, von einer deutlichen Membran umgeben, mit verschiedenen kleinen Ausbuchtungen und stets mit einem eigen- thümlichen Nucleolus (N) versehen, welcher mir als eine längliche Ver- diekung der Kernmembran erschien. An Querschnitten durch ein Ge- fäß kann man sich überzeugen, dass in der Mitte ein Kanal (Fig. 21) 1 Diese Vereinigung ist nicht konstant. An manchen herauspräparirten Gefäßen konnte ich die beiden Schlingen von einander getrennt sehen, so dass man eigent- lich nur von zwei, jederseits eine Schlinge bildenden, Gefäßen sprechen kann, wie auch Dvrour |. c. für O. characias beschreibt. Orthezia cataphracta Shaw. 57 verläuft, der auch an Längsschnitten, entsprechend der in der Mittel- linie zickzack verlaufenden Zellengrenze, zu beobachten ist. An der Ein- mündungsstelle der Gefäße in den Mitteldarm (Fig. 19) kann man be- merken, dass die gelblich braune Färbung der Zellen allmählich ver- schwindet, und eine genauere Besichtigung lehrt, dass die Zellen der Gefäße allmählich in das Epithel des Mitteldarmes übergehen. Die Zellen des gemeinsamen Einmündungsganges tragen schon vollkommen epithelialen Charakter und erscheinen im Umrisse polygonal. Die vier Gefäße sind mit der Tunica der unter dem Enddarme liegen- den Vereinigung (e) mit derjenigen des letzteren verschmolzen und es gelingt desshalb auch nur durch Zupfen mit der Präparirnadel, die Ge- fäße von dem Darme zu trennen. Die Gefäße werden reichlichst von Tracheen umsponnen, die zum größten Theile von dem abdominalen Netze geliefert werden. Im Anschlusse an die Erörterung des Verdauungstractus will ich eine Schilderung der Nahrungsaufnahme bei Orthezia versuchen, wie ich sie mir auf Grund anatomischer Befunde denke. Von einer Reihe von Autoren, so Mark (20), Geise (23) und WEDDE (30) wurde bei Hemipteren ein komplieirter Apparat, die »Wanzen- spritze«, beschrieben, welche der Funktion der Nahrungsaufnahme we- sentlich zu statten käme. Von dem Vorhandensein dieses Pumpwerk- zeuges konnte ich mich bei Orthezia cataphracta nicht überzeugen. Ich denke mir, dass der flüssige Nahrungssaft in Folge von Kapillar- wirkung, wie dies auch Wenpe (30) bereits betont, durch die Kanäle des Borstenbündels aufsteigt, und in jeder Borste bis zur Erweiterung des Kanales (z) (man vgl. Taf. III, Fig. 8) gelangt. Diese vier Erweiterungen der Borsten, die an dieser Stelle sehr nahe bei einander liegen, münden in die Röhre des Borstenhaftes (Fig. 6), welche durch Chitinfasergewebe geschlossen ist und nach oben in den Ösophagus sich fortsetzt. Da sich sowohl an den retortenförmigen Organen am oberen Rande Muskeln inseriren, wie am Pharynx, so ist es wohl denkbar, dass durch eine entsprechende Zusammenwirkung dieser Muskeln der sich im Pharynx ansammelnde Nahrungssaft in den Ösophagus steigt, der ebenfalls, in Folge seiner Muskulatur und chitinigen Intima, durch Vergrößerung und Verkleinerung seines Lumens zur Beförderung des Nahrungssaftes in denDarm, wie zur Heraufbeförderung aus dem Pharynx wirken kann. Speicheldrüsen (Taf. V, Fig. 14—16). Durour (3) fand auf jeder Seite des Schnabelursprunges vier oder fünf weißliche Kügelchen bei O. characias, die mit einem engen Halse zu enden schienen, und die wahrscheinlich die Speicheldrüsen bilden. 58 Joseph Heinrich List, Mark (20) bemerkt über die Speicheldrüsen von Orthezia urtieae L. Folgendes: »Dorthesia hat im Allgemeinen weniger Drüsenbläschen als Lecanium, indem nicht mehr als vier oder fünf auf jeder Seite sich be- finden. Sie stehen auf Stielchen von beträchtlicher Länge und öffnen sich in die verhältnismäßig großen seitlichen Ausführungsgänge, welche schließlich wie bei allen Cocciden und Aphiden zu einem kurzen, ge- meinsamen Gang zusammentreten. Die Drüsenfollikel erscheinen durch die verschiedene Dichtigkeit der in ihnen enthaltenen granulären Masse an einigen Stellen dunkler, als an anderen. Die Größe dieser undurchsichtigen Partien ist so be- trächtlich, dass sie reichlich ein Viertheil oder gar ein Dritttheil des Follikels und noch mehr in Anspruch nehmen. Die Drüsen reichen nicht weit hinter die Mitte des Unterschlundganglions, und liegen mehr neben als über demselben. Wie bei den vorher besprochenen Genera, ist die Tunica propria auch hier von zarter Beschaffenheit. _ Die Zellkerne sind in der granulären Masse entweder gleichmäßig oder paarweise angeordnet. Dabei ist ihre Anzahl bedeutender, als bei Lecanium;; man findet in den größeren Bläschen deren sechs bis zwölf, sogar bis fünfzehn. Sie sind von sphärischer Gestalt, haben 15 u im Durchmesser und enthalten eine größere Anzahl (20 bis 25) sehr kleiner und stark lichtbrechender Kernkörperchen. Spuren von Zellgrenzen in der die Bläschen zusammensetzenden Masse sind nur hier und da zu beobachten. Deutlicher wird dieselbe in dem Ausführungsgang, woselbst die Zellen eine Größe von nur unge- fähr 12 u im Durchmesser erreichen. Jede dieser Zellen umschließt einen einfachen, ovalen Kern, dessen längste Achse 6 u und dessen kürzeste 4,5 u misst. Die Längsachse ist konstant etwas vorwärts und gegen das Lumen des Ganges gerichtet. Durch Karmintinktion treten die Kerne deutlich hervor ; ihre Entfernung beträgt auf dem Ausführungs- gang ziemlich gleichmäßig 12 u, auf dem Stielchen etwas weniger.« Bei Orthezia cataphraeta variirt die Zahl der Drüsenfollikel. Es gelang mir manchmal, an herauspräparirten Speicheldrüsen jederseits drei bis vier Follikel zu beobachten. Die Follikel selbst erscheinen rundlich begrenzt, sind oft kugelig und mit manchen Einbuchtungen versehen. Was ihre Lage betrifft, so sind sie rechts und links sym- metrisch vertheilt und liegen über und seitwärts vom Oberschlundgan- glion und dem vorderen Theile des Bauchmarkes (Taf. II, Fig. 21 Spa). Auch die Größe variirt bedeutend. Die größten Follikel, die ich fand, hatten einen Durchmesser von 190 u. Was den feineren Bau anlangt, so stimmt derselbe im Allgemeinen mit dem von Mark geschilderten über- Orthezia cataphracta Shaw. 59 ein. Zu äußerst sind die Follikel von einer homogenen Membran um- geben, welche den Inhalt, der im frischen Zustande granulös erscheint und gewöhnlich keine Zellgrenzen erkennen lässt, einschließt. An ge- härteten Objekten konnte ich aber häufig große, rundlich begrenzte Zellen mit deutlichen Kernen beobachten. Wenn man nun Schnitte durch die Follikel betrachtet (Fig. 15), so kann man an gut tingirten Präparaten die Umrisse der Zellen, die sehr verschiedene Größe zeigen, und die membranlos sind, bemerken. Man kann dann auch deutliche, ellipsoidähnliche Kerne, deren Längsdurchmesser bis zu 22 u betrug, in denselben nachweisen. Der Inhalt der Zellen erschien gleichartig gra- nulös: Die Zahl der Zellen in einem Follikel ist wohl variabel. An manchen mit Kalilauge aufgehellten und nachher tingirten Drüsenfollikeln konnte ich bis zwölf und noch mehr Kerne nachweisen. Jeder Follikel mündet in einen Ausführungsgang, der, je nach der Entfernung des Follikels vom gemeinsamen Ausführungsgange, sehr verschiedene Länge besitzt. Die Ausführungsgänge zweier oder mehr Follikel münden gewöhn- lich in einen Gang, welcher dann das Sekret dem gemeinsamen Aus- führungskanale zuführt. Histologisch charakterisiren sich die Ausführungsgänge durch eine äußere Tunica propria (Fig. 16 7p), eine darauf folgende Lage mehr kubischer Zellen, deren Grenzen sehr schwer zu beobachten sind und die ellipsoidähnliche oder sphärische Kerne besitzen; darauf folgt eine sehr deutlich zu sehende dünne, chitinige Intima (J), welche das außer- ordentlich enge Lumen, das oft nur 1,4 u im Querdurchmesser zeigt, umschließt. Der Querdurchmesser des Ausführungsganges betrug bis zu 21 u. DieFollikel setzen sich mit einer kleinen Vorwölbung an den Anfangs etwas verjüngten Ausführungsgang, woselbst man den Zellen- belag nur sehr undeutlich beobachten kann. Über die Einmündung des gemeinsamen Ausführungsganges der Speicheldrüsen kann ich nichts Positives berichten. Trotz der Mühe, die ich mir gab, und trotzdem ich den Ösophagus in zahlreichen Fällen herauspräparirte, gelang es mir doch nicht, eine Einmündunssstelle des Speicheldrüsenganges aufzufinden. Ich bin desshalb geneigt, anzu- nehmen, dass der Speicheldrüsengang in den Pharynx mündet. Die Speicheldrüsen werden von zahlreichen Tracheen versorgt und auch von Nerven. Es gelingt desshalb auch in der Regel, bei der Herausprä- paration des Nervensystemes die Speicheldrüsen mitzubekommen. Nervensystem (Taf. V). Das Nervensystem der Coceiden überhaupt ist sehr wenig bekannt. Außer der dürftigen Angabe Leyvıe’s über Lecanium (7) findet sich bis 60 Joseph Heinrich List, auf Tarcıonı-Tozzerri (16) nichts in der Litteratur. Dieser italienische Forscher hat auf dem Wege der bloßen Präparation oberes und unteres Schlundganglion im Zusammenhange bei verschiedenen Coceiden her- auspräparirt und naturgetreue, allerdings skizzenhaft ausgeführte, Ab- bildungen beigegeben. Auch Mark (20) giebt eine Abbildung des Nervensystems von Lecanium hesperidum, ohne sich darüber ausführ- licher zu äußern. Das Nervensystem von Orthezia besteht aus dem Gehirne (Öber- schlundganglion) und dem Bauchmarke, mit welchem das Unterschlund- ganglion vereint ist. Das Oberschlundganglion (Fig. 2—%, 5, 8) erscheint von der dor- salen Seite betrachtet (Fig. 2) als ein im Umrisse etwa rhomboidaler Körper, welcher durch eine Einbuchtung in der Medianlinie in zwei Hälften zerfällt. Wenn man das mit dem Sublimat-Pikrinsäurege- misch gehärtete Organ betrachtet, so erscheint dasselbe aus einer grob granulirten Substanz gebildet, in der man nach Tinktion Ganglienzellen (Gz), aber nur mehr zerstreut, auffinden kann. Das ganze Gebilde ist von einer deutlichen bindegewebigen Membran umgeben. Vorn und hinten zeigt dasselbe ebenfalls Einbuchtungen, und dreht man es auf die ventrale Seite, so kann man jederseits zwei nach unten und hinten ziehende Lappen (lvZ Fig. 3) abgehen sehen, die in der Mitte durch eine Einbuchtung getrennt sind. Am vorderen Theile gehen dieselben all- mählich in den Körper des Oberschlundganglions über. Betrachtet man letzteres von vorn (von der Stirnseite) (Fig. 4), so bemerkt man jederseits eine Anschwellung, die in der Mitte durch eine Einbuchtung getrennt werden, und von welcher jederseits ein starker Nervenast (No), der Sehnerv, entspringt. Am Ursprunge desselben kann man eine Anhäufung von Ganglienzellen, die besonders nach Tinktion hervortreten, beobachten. Die größte Breite des Oberschlundganglions betrug (von vorn nach hinten) 0,1 mm. Das Unterschlundganglion ist mit dem Bauchmarke zu einer gemeinsamen Masse verschmolzen. Es ist mir nicht gelungen, oberes und unteres Schlundganglion im Zusammenhang herauszupräpariren, da das Schlundgerüst als Hemmnis dazwischen tritt. Das Unterschlundganglion bez. Bauchmark (Fig. 1, 6, 7) erscheint als eine mehr oblonge vorn sich verjüngende Masse, welche sich auch nach hinten allmählich verjüngt und mit einem langen mäch- tigen Nervenast(Str,)endet. An gehärteten Objekten kann man dieselbe granulirte Masse, wie sie oben beschrieben worden, bemerken, welche von einer deutlichen Membran umhüillt ist. In der granulirten Masse kann man auf der Oberfläche zahlreiche Ganglienzellen eingestreut finden. Orthezia cataphracta Shaw. 61 Das Oberschlundganglion wird jederseits von einem Tracheen- stamme (Tr), der sich in ein feines Geflechtwerk an der Oberfläche auf- löst, versorgt; eben so die Unterseite. Auch das Unterschlundganglion bez. Bauchmark ist mit zahlreichen Tracheenästen, die von mehreren Stämmen jederseits ihren Ursprung nehmen, geradezu umsponnen. Mehrere Äste konnte ich auch den nach hinten abgehenden Abdominal- ast (Str;) begleiten sehen. Das Oberschlundganglion liegt über dem vorderen Theile des Schlundgerüstes, die Schlundringkommissur mit einem Theile des Unterschlundganglions über dem mittleren und hin- teren Theile desselben. Was den feineren Bau des Nervensystems betrifft!, so kann man denselben nur an Schnitten studiren Bade sind dazu Quer-, Längs- und Flächenschnitte nothwendig. Auf Schnitten kann man sich nun von der großen Übereinstimmung des Baues des Nervensystems von Orthezia mit demjenigen der Psyl- liden überzeugen (man vgl. Wirracziır [29]. An Flächenschnitten durch das Oberschlundganglion (Fig. 5) sieht man einen äußeren Belag von Ganglienzellen, welche entweder rundliche, oder dort, wo sie gehäuft liegen, auch polygonale Form zeigen. Stets konnte nach Tinktion ein deutlicher Nucleus in denselben beobachtet werden, während die Zell- substanz fein granulirt erschien. Von den Ganglienzellen umhüllt, er- schien im Inneren jederseits die rundlich begrenzte sogenannte Punkt- substanz (PS) (Leynic). Zu beiden Seiten verjüngt sich der Körper und geht über in den Sehnerven (No). Zwischen den beiden Punktsubstan- zen konnte ich in der Einbuchtung von vorn nach rückwärts ziehend feine Fasern bemerken, die wohl Bindegewebsfibrillen sein dürften. Nach hinten zu sah ich jederseits einen Faserzug abgehen (Schir), die wohl den vorderen Theil der Schlundkommissur bilden. Wenn man Quer- und Schrägschnitte durch das Oberschlundganglion betrachtet (Fig. 8), so bemerkt man, dass der Ganglienzellenbelag in der medianen Einbuchtung und am Ursprunge der Nervi optici am bedeutendsten ist. Auch an den Einbuchtungen, die durch die ventralen Lappen jederseits mit dem Oberschlundganglion gebildet werden, konnte ich eine größere Ansammlung von Ganglienzellen konstatiren. An Schrägschnitten, die das Oberschlundganglion und den größten Theil der ventralen Lappen trafen, schien mir Bindegewebe zwischen beide geschaltet zu sein ?. An Schnitten kann man ferner beobachten, dass der Körper des 1 Es ist nicht meine Absicht, die ganze Litteratur über den Bau des Insekten- gehirnes hier durchzugehen. Ich verweise auf die Zusammenstellung von WITLA- gez. (29). 2 Die Schnitte, über die ich verfügte, waren leider nicht klar genug. 62 Joseph Heinrich List, Oberschlundganglions von einer bindegewebigen Membran, in welcher man deutlich abgeplattete Kerne nachweisen kann, umgeben ist. Diese Hülle ist wohl nur als eine Fortsetzung des Neurilemms zu be- trachten. An Längsschnitten durch das Unterschlundganglion bez. Bauch- mark (Fig. 7), bemerkt man, dass, in Übereinstimmung mit den Psylliden, auf das Unterschlundganglion jederseits (man vgl. Fig. 6) vier Ganglien folgen (G,—G,), welche den zum Bauchmarke verschmolzenen drei Thorakalganglien und dem Abdominalganglion entsprechen. Das Unterschlundganglion (USchlg) besteht eben so wie das Ober- schlundganglion aus paarigen, durch Bindegewebe getrennten Punkt- substanzen und übertrifft an Größe die nachfolgenden Thorakalganglien. Die Punktsubstanz erscheint langgestreckt, und an Längsschnitten be- merkt man, dass sich dieser vordere Theil des Bauchmarkes nach hinten etwas aufwärts krümmt, um dann in sanftem Bogen wieder abzufallen. Die Punktsubstanzen der Thorakalganglien, welche so ziemlich gleiche Größe besitzen, sind, wie man an Längs- und Querschnitten konsta- tiren kann, durch zartes Bindegewebe von einander geschieden. Die Punktsubstanzen des paarigen Abdominalganglions sind bedeutend größer als die der Thorakalganglien und erscheinen wie diejenigen des Unterschlundganglions von vorn nach hinten gestreckt. Zwischen den Punktsubstanzen finden sich Anhäufungen von Ganglienzellen, welche septenartig die ersteren umgeben. Dass auch an der Oberfläche des Bauchmarkes zahlreiche Ganglienzellen liegen, kann man sich an nahe derselben geführten Flächenschnitten überzeugen (Fig 6). Die Punkt- substanzen des Unterschlundganglions und des Bauchmarkes sind in der Medianlinie durch Bindegewebe (Bg) von einander getrennt. Nach vorn und hinten verjüngt sich nun das Bauchmark und geht über in Nervenstränge, welche vorn sich theilen und den hinteren Theil der Schlundkommissur (Schlundring) bilden. Den wahrscheinlichen Zu- sammenhang des Ober- und Unterschlundganglions und den Durchtritt des Ösophagus durch den Schlundring möge die schematische Fig. 10 versinnlichen !. Das ganze Bauchmark ist von einer bindegewebigen Membran, in der man abgeplattete Kerne nachweisen kann, eingeschlossen. An Quer- schnitten (Fig. 9) kann man beobachten, dass das Bauchmark an den Seiten abgerundet und in dorsoventraler Richtung abgeplattet ist. Der 1 An Schnitten, die ich nach Abschluss dieser Arbeit anfertigte, konnte ich diese Vermuthung vollständig bestätigt finden. Ich konnte den Zusammenhang des Oberschlundganglions mit dem Bauchmarke durch den Schlundring, und das Durchtreten des Ösophagus durch den letzteren deutlich sehen. Orthezia cataphracta Shaw. 63 Umriss erscheint so häufig oval. Die größte Breite des Bauchmarkes betrug 292 u, die Länge bis zur hinteren Verjüngung 460 u, die Dicke an Querschnitten 76 u. Was den Abgang von Nervenfasern anlangt, so wurde schon Einiges erwähnt. Von der Unterseite des Unterschlundganglions konnte ich im vorderen Theile einen Nervenstrang (Fig. 3 Na) abgehen sehen, der wohl auch auf der anderen Seite vorkommen dürfte (man vgl. Fig. #) und nur bei der Präparation abgerissen ist, und den ich als Anten- nennerv betrachte. Auch vom hinteren Theile des Oberschlundgan- glions gehen bedeutende Nervenäste (N) ab. Betrachten wir das Bauchmark (Fig. 1), so kann man von der einen Seite (auf der anderen waren die Nervenäste zum größten Theile abge- rissen) vier bandartige Stränge (Sir, —Str,) abgehen sehen, deren Breiten- durchmesser bis zu 145 u betrug. Die Äste Sir, bis Str, nehmen wahr- scheinlich ihren Ursprung aus den ersten Thorakalganglien, Sir, aus den Abdominalganglien. Sämmtliche abgehende Nerven verzweigen sich. Vom hinteren verjüngten Theile des Bauchmarkes zieht der mächtige Abdominalstrang (Sir;), wohl der stärkste der abgehenden Nerven nach rückwärts. Derselbe giebt in seinem Verlaufe zahlreiche Seitenzweige ab und gabelt sich schließlich. Dass er Darm und Mar- rıcursche Gefäße begleitet und so gewissermaßen als Vagus fungirt, wurde schon früher bemerkt. Was den feineren Bau der Nervenfasern betrifft, so kann ich nichts wesentlich Neues mittheilen. Sie sind sämmtlich marklos. An frischen oder mit dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch gehärteten Ob- jekten (Fig. 12, 13) kann man ein deutliches Neurilemm, welches feine Granulation zeigt, und in welchem man deutliche abgeplattete, granu- lirt erscheinende Kerne (X) nachweisen kann, bemerken. An den die Kerne bergenden Theilen erscheint das Neurilemm in der Regel etwas angeschwollen. Die Nervensubstanz (der Achsencylinder) erschien sehr häufig granulirt, in vielen Fällen aber deutlich fibrillär (Fig. 12). In den vom Bauchmarke abgehenden Nervenfasern konnte ich stets deutliche Ganglienzellen (Gz), aber in nur geringer Anzahl in der Nervensubstanz liegen sehen. Sie waren mehr ellipsoidähnlich, hatten granulirten In- halt und besaßen einen deutlichen, nach Tinktion scharf hervortreten- den Kern. Besonders konnte ich sie an den Gabelungen der Nerven- fasern beobachten. Auch Tarcıont-Tozzerri (16) beschreibt Ganglien- zellen von ellipsoidähnlicher Form aus den Nervenfasern von Lecanium laevis. Einen interessanten Fund machte ich am Oberschlundganglion. Am herauspräparirten Objekte konnte ich unipolare Ganglienzellen 64 Joseph Heinrich List, (Fig. 2 Gz, Fig. 11) beobachten, die, wie Birnen an ihrem Stiele, so an den Nervenfasern saßen. Die größten hatten eine Länge von 17 u und einen Querdurchmesser von 11 «. Sie hatten rundliche Form und waren an dem in die Nervenfaser übergehenden Theile etwas zuge- spitzt. Ich konnte in denselben bis zu drei Kerne nachweisen, welche als glänzende, rundliche Gebilde erschienen, die übrigens nicht gleiche Größe besaßen. Der übrige Inhalt erschien granulirt, mit einzelnen glänzenden, eingestreuten Kügelchen versehen. An den Zellen konnte ich eine deutliche Membran nachweisen. Über die Bedeutung dieser unipolaren Ganglienzellen, die wohl in größerer Anzahl an Seitenästen des Oberschlundganglions sitzen dürften, bin ich mir nicht klar ge- worden. Zum Schlusse möchte ich noch auf die große Übereinstimmung des Bauchmarkes mit dem Nervensystem gewisser parasitär lebender Würmer, nämlich der Myzostomen, hinweisen, wie es jüngst durch v. WaGner (35) bekannt geworden. Man vergleiche nur den Flächen- schnitt (Fig. 6) mit Fig. 4 der betreffenden Arbeit. Sinnesorgane (Taf. II, Fig. 8). Von Sinnesorganen kommen Antennen und Augen vor. Die Antennen stehen bei Orthezia auf der ventralen Seite des Kopfsegmentes rechts und links von der Medianlinie des Körpers, ein- ander genähert. | Das Basalglied derselben ist in dem Chitinpanzer ähnlich einge- lenkt, wie die Coxae der Beine. Die Antennen sind gegliedert (Fig. 8) und gewöhnlich etwas nach außen gebogen, verjüngen sich gegen das Ende zu und enden mit einem keulenförmig angeschwollenen Gliede. Was die Gliederung der Antennen betrifft, so ist dieselbe sehr variabel!. Nach Dusarvın (6) haben die Weibchen von Orthezia characias Bose Antennen mit 10 bis 8 Gliedern. Tarcıoxı-Tozzerti (16) bemerkt, dass die Antennen der Larven von Coceiden eine geringere Anzahl von Gliedern als die erwachsenen Individuen besitzen. Sıenorer (19) bemerkt diesbezüglich Folgendes über die Orthezien: »Um die Charaktere zu definiren, muss man alle Stadien haben, denn nur durch den Vergleich kann man sie erkennen, und selbst dann ist es noch schwer zu wissen, in welchem Stadium man sie trifft. Wir finden 1 In dieser Beziehung sind die Angaben von F. Löw (26) interessant, nach wel- chem die weiblichen Larven von Orthezia urticae L. sieben Antennenglieder, die männlichen Larven aber vor ihrer Verwandlung zur Nymphe nur sechs Antennen- glieder besitzen. Orthezia cataphracta Shaw. 65 in der That Typen mit sieben Gliedern an den Antennen: das ist die junge Larve; andere mit sieben mehr oder weniger unter sich gleichen Gliedern; endlich andere mit acht Gliedern an den Antennen, und dieser Typus repräsentirt für uns das ausgewachsene Weibchen. Das zweite und achte der Antennenglieder sind am längsten, das dritte, vierte und fünfte beinahe gleich, das sechste und siebente sind die kleinsten und gleich lang. Das erste Glied ist dick und kurz und mehr breit als lang.« Das Basalglied der Antennen ist das stärkste und vermittelt die Einlenkung in den Chitinpanzer. Es zeigt gewöhnlich die Form eines Kegelstutzes. Das zweite folgende Glied ist gewöhnlich ceylindrisch, hat die Länge des Basalgliedes oder übertrifft dasselbe etwas. Die folgen- den Glieder verbreitern sich nach vorn und verkürzen sich allmählich, bis auf das vorletzte Glied, welches wieder etwas länger erscheint. Das letzte Glied, das längste von allen, ist kolbenförmig und führt an seiner abgerundeten Spitze ein Loch, in welchem ein beweglicher, aus Chitin bestehender, konischer, hohler, an der Spitze abgerundeter Za- pfen steckt, der wohl als Tastorgan fungiren dürfte. An frischen Präparaten konnte ich einen Strang gegen den- selben, in der Medianlinie der Antenne verlaufend, ziehen sehen. Ich wage nicht zu entscheiden, obwohl ich es vermuthe, dass es ein Nerven- strang ist. Die einzelnen Glieder der Antennen sind außen von dem- selben braunrothen Chitin, wie die Beine umgeben. Sie tragen eben- falls Stachelborsten, die in kleinen Chitinpapillen stecken. An Schnitten kann man die dünne Matrixlage, unmittelbar an der inneren Fläche des Chitins gelegen, beobachten. Auch von Tracheen werden die Antennen versorgt (vgl. Tracheensystem); sehr häufig konnte ich drei Äste in den- selben verlaufen sehen, von denen aber nur einer bis in das Endglied reichte. Über die Versorgung mit Muskeln wurde bereits berichtet. Die einzelnen Glieder der Antennen sind in der Weise in einander gelenkt (Fig. 9), dass jedes vordere Glied etwas in das hintere eingestülpt ist. Schon früher wurde auf die Variabilität der Gliederzahl hingewiesen. Dieselbekann man sogar an den Antennen eines Individuum bemerken. So beobachtete ich vollkommen ausgewachsene, ein Marsupium tragende Weibchen, deren linke Antenne achtgliedrig, deren rechte siebengliedrig war. Bei anderen mit einem Marsupium versehenen Weibchen zählte ich an der linken Antenne nur fünf, an der rechten sechs Glieder. Bei ganz jungen Individuen fand ich siebengliedrige Antennen. Die Augen (Fig. 8), von denen man jederseits eines an der äußeren Seite der Basalglieder der Antennen, diesen sehr naheliegend, beob- achten kann, sind wohl nur als Ausstülpungen des Chitinpanzers, die aus demselben Chitine bestehen wie die Antennen, zu betrachten. An Zeitschrift £f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 5 66 Joseph Heinrich List, ihrer äußeren bez. unteren Seite sind sie stark gewölbt, und kann man daselbst eine Verdickung des hier fast farblosen Chitins, die Cornea (C), bemerken. Sie sind also einlinsig. Ich bin leider nicht in der Lage, eine genauere Schilderung des Baues dieser Augen zu geben, da meine Schnitte durch dieselben nicht klar genug waren. Zudem stößt man beim Schneiden dieser kleinen etwa 140 u langen und 100 u breiten chitinigen Organe auf außergewöhnliche Schwierigkeiten. Innerhalb der stark gewölbten Cornea kann man eine Zellenlage beobachten, die wohl als Glaskörper fungiren dürfte. An diese Zellen- lage stoßend, beobachtet man eine, in der Flächenansicht zweilappig erscheinende, aus schwarzbraunen Pigmentkügelchen bestehende Pig- mentlage (P), welche sich gegen die Basis des Auges stielförmig verjüngt, und mehr gegen den dorsalen Theil der Chitinlage desselben hält. An dieser stielförmigen Verjüngung ist das Pigment spärlicher vertheilt und kann man unterhalb des Pigmentes Stränge (wohl Nervenfasern) beob- achten, welche über die Basis des Auges bis gegen die Lage des Ober- schlundganglions hin zu verfolgen waren. An in Kanadabalsam aufge- hellten Präparaten konnte ich (von der Dorsalseite aus) das spärlich vertheilte Pigment auf den erwähnten Strängen ein Stück in den Körper ziehen sehen. Über die Versorgung des Auges mit Tracheen und Muskeln wurde bereits gesprochen. Ich bemerke, dass man an lebenden Thieren stets mit der Bewegung der Antennen auch eine solche der Augen wahr- nehmen kann. ‚Das Rückengefäß (Taf. V, Fig. 17; Taf. II, Fig. 21 RG). Über dieses Organ kann ich nur sehr lückenhafte Angaben machen. Bei Herauspräparation des Darmes und der Marpicur'schen Gefäße gelang es mir, einen aus zarten Wänden bestehenden Schlauch, der an der äußeren Membran der Marrıcnr'schen Gefäße haftete, zu beobachten. Er lag auf der dorsalen Seite derselben, hatte eine bedeutende Länge und musste, so viel ich aus derselben schätzen konnte, bis in den vor- deren Theil des Thorax reichen. An dem hinteren (abdominalen) Ende etwas erweitert, verjüngte sich derselbe nach vorn allmählich. Was den feineren Bau dieses Schlauches betrifft, so besteht derselbe aus einer sehr zarten Membran, welche zahlreiche längsgerichtete oder auch ge- wundene Fibrillen erkennen ließ. Eben so konnte ich auf derselben gestreckte Kerne (X), deren Längsachse in der Längsrichtung des Ge- fäßes lag, bemerken. Merkwürdigerweise konnte ich einen das Ge- fäß bis in den abdominalen Theil begleitenden starken Nerven (N) be- obachten, der mit jenem fest verbunden war und etwas an der Seite Orthezia cataphracta Shaw. 67 "des Gefäßes lag. Derselbe zeigte ein deutliches Neurilemm, dessen Kerne abgeplattet und längsovalen Umriss zeigten, und dessen Nerven- substanz granulirt erschien. Spalten in dem Rückengefäß nachzuweisen, gelang mir nicht. An Querschnitien der Thiere konnte ich ein dem Rückengefäße entsprechendes Lumen nicht beobachten. Wohl aber konnte ich an Längsschnitten oberhalb der Marpicnr’schen Gefäße, wenn auch undeutlich, ein von zarten Wänden gebildetes Lumen bemerken, das ich als Rückengefäß deute. (In Fig. 21, Taf. III habe ich den wahr- scheinlichen Verlauf des abdominalen Theiles desselben gezeichnet.) Weiblicher Geschlechtsapparat (Taf. V]). ‚Nach L. Durovur (3) besitzt O. characias zwei Ovarien, die einander so nahe liegen, dass sie zu einem einzigen vereint erscheinen. »Jedes von ihnen ist ein kurzes rundliches Bündel, zusammengesetzt aus zehn bis zwölf kurzen, sehr dicken Eischläuchen, die mir einkammerig zu sein schienen. Ich habe oft im Centrum dieser, in Form einer Rosette ausgebreiteten Schläuche, Granulationen oder Bläschen erkannt, die ich für Schläuche, von welchen die Eier ausgetreten, und die erschlafft sind, halte. Unter den günstigen Bedingungen der Trächtigkeit beobachtet, könnte man vielleicht finden, dass die Ovarien aus einer größeren Zahl von Schläuchen zusammengesetzt sind, als diejenigen, die ich be- schrieben. Die Eichen sind länglich oval. Als Samenblase habe ich nur ein rundliches, durchscheinendes Organ, ausgezogen in einen zarten Hals, an den Oviduct geheftet, erkannt. Die sekretorischen Gefäße sind ohne Zweifel meinen Untersuchungen entgangen. « | Duvsardın’s Untersuchungen (6) ergaben, dass das Ovarium bei O. characias in zwei Bündel getheilt ist, und der Oviduct seitwärts eine Bursa copulatrix trägt; dieselbe ist erfüllt mit unbeweglichen Sperma- tozoen im Augenblicke des Eierlegens, welches sich im Frühjahre, sechs Monate nach der Erscheinung der Männchen, vollzieht; dies zeigt, dass die Beweglichkeit dieses Befruchtungsagens hier nicht mehr unerlässlich ist, wie bei den meisten Crustaceen und Würmern. Das Ovarium liegt bei O. cataphracta unterhalb des Darmkanales in der Medianlinie des Körpers und erstreckt sich mit seinen Endfächern oft bis zum Übergange des Vorderdarmes in den Mitteldarm. Es besteht aus einem bei vollkommen ausgewachsenen Individuen oft 4,4 mm langen Oviduct, welcher sich gabelt, und auf welchen beiden Ästen die Eiröhren sitzen (Fig. 1). Die Zahl der Eiröhren, die nach allen Richtungen des Raumes vom Eileiter jederseits entspringen, ist sehr verschieden. An manchen ein Marsupium tragenden Weibchen konnte ich deren neun bis zwölf bemerken, während an jungen Individuen sich diese Zahl be- 5* 68 Joseph Heinrich List, deutend redueirt. Eben so gelingt es fast nie, vollkommen symmetrisch ausgebildete Ovarialtrauben auf beiden Seiten zu beobachten. Manch- mal findet man, und dies scheint nicht so selten zu sein, das eine Ova- rium fast gänzlich unausgebildet, während das andere um so mehr Ei- röhren trägt. Die Öffnung des Oviductes mündet an einem nach innen gehenden, von der dorsalen Seite (Fig. 3 a) bandartig erscheinenden, am oberen Rande sich etwas einstülpenden Vorsprunge einer Einbuchtung des Chitinpanzers (Fig. 11 a), auf welcher (auf der dorsalen Seite) auf be- sonderen Vorragungen vier Chitinzapfen, die durch ihre gelblichbraune Farbe vom Integumente sich unterscheiden, sitzen. Die Zapfen sind nicht kegelförmig, sondern mehr abgeplattet, sitzen mit breiter Basis auf und verjüngen sich nach Bildung mehrerer Einkerbungen nach aufwärts allmählich. Die beiden mittleren Chitinzapfen, die ich etwas kleiner fand und die eine Länge von 57 u erreichten, stehen von einander weiter entfernt, als innere und äußere (seitliche), welch’ letztere eine Länge von 71 u besaßen. Das Orifieium oviduetus befindet sich zwi- schen dem zehnten und elften Abdominalsegmente, ist schlitzartig oder quer oval, ist der weiteste Theil des Oviductes und hatte einen Längs- durchmesser von 289 u. Unmittelbar nach Abgang des letzteren vom Chitinpanzer, verjüngt sich der Oviduct, um dann eine Anschwellung, zu bilden und sich wieder allmählich, bis zur Einmündung des Recep- taculum seminis, zu verjüngen. Er bildet hierauf wieder eine kleine Erweiterung, die gegen 218 u betrug, um dann sich wieder zu ver- jüngen und sich zu gabeln. Das Receptaculum seminis erscheint als eine kugelige oder mehr ellipsoidähnliche Blase von 245 u Durchmesser und mündet mit einem langen, 27% u messenden Gange (Halse), welcher sich an der Einmün- dungsstelle erweitert, in den mittleren Theil des Oviductes. Das Re- ceptaculum liegt dorsalwärts oberhalb desselben, und der Hals läuft von vorn nach hinten. Die Eiröhren sitzen mit stielförmigen Verjüngungen (St) auf den beiden Eileitern, und erscheinen die jüngeren als kolben- föormige Gebilde, während die ausgebildeten ein angeschwollenes End- fach (Dotterfach), das durch eine Verjüngung von dem ebenfalls in der Regel etwas erweiterten Eilach abgegrenzt ist, zeigen. Die Eiröhren junger Weibchen sind fast sämmtlich kolben- oder schlauchförmig. An erwachsenan Individuen sind die Eifächer angeschwollen, wenn man in den letzteren bereits Dottermassen angehäuft findet. Die Länge ausgebildeter Eiröhren betrug bis zu 636 u. 1 An Ovarien, welche von Ende Juni gefangenen, mit Marsupium versehenen Orthezia cataphracta Shaw. 69 Histologie des Ovarium. Wenn man Längs- und Querschnitte durch den Ausführungsgang des Eileiters durchmustert (Fig. 11—13), so bemerkt man, dass das ganze Ovarium von einer dünnen Hülle (Peritonealhülle, Levnıc |[15)) umgeben ist, in der man abgeplattete, im Umrisse polygonale Zellen, die epithelartig an einander gereiht sind, beobachten kann (Fig. 4). Die Größe dieser Zellen ist übrigens verschieden. Zwischen annähernd’ gleich großen kann man eingestreut kleinere finden. Die Räume, welche die einzelnen Zellen zwischen sich lassen, und die von einer fein granu- lirten Substanz eingenommen werden, sind sehr geringe. Wir haben hier also den ausgesprochenen Typus eines zelligen Bindegewebes vor uns. Der Inhalt der Zellen ist granulirt, und kann man in demselben einen besonders nach Tinktion deutlich werdenden Nucleus, der ellip- soidähnliche oder sphärische Form besitzt, bemerken. Auch die Chitin- zapfen sind von dieser bindegewebigen Hülle umgeben, und schien mir dieselbe an der Einbuchtung des Integumentes allmählich in die Hypodermis überzugehen. Unmittelbar unter der äußeren Hülle ziehen von den Spitzen der Chitinzapfen, an Chitinfasergewebe ihren Ursprung nehmend, zahlreiche dünne Muskelzüge radienförmig nach auf- und seitwärts (Fig. 3). Auf diese mehr vereinzelten Muskelzüge folgt eine mächtige Lage von Ringmuskulatur (Fig. I1—13, 14 RM), welche sich bis auf den Hals und die Erweiterung des Receptaculum hinaufzieht. Auf diese Ringmuskelschicht folgt eine noch stärkere Lage von Längsmuskulatur (Fig. 11—14 LM), deren einzelne Bündel übrigens nicht genau in der Längsrichtung des Oviductes, sondern sehr häufig schief gegen dieselbe gerichtet sind. An Längsschnitten kann man zwischen den einzelnen Muskelzügen noch deutliche Kerne (A) nach- weisen. Das Lumen des Oviductes ist ausgekleidet von einer chitinigen Intima (J), die als Fortsetzung des äußeren Integumentes erscheint. Diese Intima konnte ich nur bis zur Einmündungsstelle des Halses des Receptaculum, nicht weiter hinaufin den Oviduct, nachweisen. Das Lu- men des Oviductes erscheint mannigfach gefaltet, namentlich bei älteren Weibehen, wie man sich an Längs- und Querschnitten überzeugen kann (L Fig 13). Hals und Erweiterung des Receptaeulum sind ebenfalls von Individuen stammten, konnte ich neben prallen Eiröhren langgezogene kollabirte finden. Es sind dies jene Eiröhren, in denen ein Ei zur Reife gekommen und so- dann ausgestoßen wurde. Ob diese kollabirten Blindsäcke rückgebildet werden, oder ob sie wieder die Fähigkeit erlangen, Dotter- und Eizellen zu bilden, muss ich dahingestellt lassen. 70 Joseph Heinrich List, dem zelligen Bindegewebe umgeben, nur sind die Zellen etwas größer (Fig. 5). Der Inhalt der letzteren ist ebenfalls granulirt und führt einen oder auch zwei rundliche oder mehr längliche Kerne, die dicht granu- lirt erschienen. Auf diese Hülle folgt am Halse nur Quermuskulatur, während ich an der blasenförmigen Erweiterung nach verschiedenen Richtungen sich durchkreuzende Muskelzüge beobachten konnte. Das innere Lumen ist von einer chitinigen Intima ausgekleidet, die nament- lich im Halse zahlreiche Falten erkennen ließ. An Flächenpräparaten konnte ich in der blasenförmigen Erweiterung kugelige, oder ellip- soidähnliche, helle, nur schwach granulirte Zellen beobachten, die von einer deutlichen Membran umgeben sind und einen mehr abgeplatteten, in der Nähe der Membran liegenden Kern besitzen (Fig. 19). Sie hatten einen Durchmesser bis zu 13 u, und an manchen schien mir auch ein rundliches Stoma vorhanden zu sein. Wie sich die chitinige Intima zu diesen Zellen, die wohl als einzellige Drüsen fungiren dürften, ver- hält, gelang mir nicht festzustellen. Vielleicht verhält sie sich ähnlich, wie dies Wirzaczir (29) für Psylla angiebt. Der oberhalb (vor) der Einmündung des Receptaculum liegende Theil des Oviductes zeigt außen die bindegewebige Hülle, deren Zellen ebenfalls polygonalen Umriss haben und sehr stark abgeplattet sind (Fig. 6). Sie besitzen ungefähr die Größe der an der blasigen Erweite- rung des Receptaculum befindlichen Zellen, führen einen granulären Inhalt und große ellipsoidähnliche Kerne. Auf die bindegewebige Hülle folgt nur Längsmuskulatur, in welcher man zwischen den einzelnen Muskelzügen noch Kerne beobachten kann. Auf die Längsmuskulatur folgt als Intima eine Zellenlage (Fig. 18), aus abgeplatteten polygonalen Zellen bestehend, mit granulärem Inhalt und deutlichem Kerne. Dieser Bau des vorderen Theiles des Oviductes erstreckt sich bis zur Einmündungsstelle der stielförmigen Verjüngungen der Eiröhren in den Eileiter. Die Eiröhren, deren allgemeine Form schon früher beschrieben worden, führen zu äußerst, an der stielförmigen Verjüngung, eine sehr dünne, homogen erscheinende Membran, in welcher man nur sehr wenige, abgeplattete Kerne nachzuweisen im Stande ist; auf diese folgt die Längsmuskulatur (M Fig. 2) als Fortsetzung derjenigen des Ei- leiters, die sich rasch verjüngt und beim Übergange des Stieles in das Eifach aufhört. Auf die Muskellage folgt als Intima eine abgeplattete Epithellage, aus Zellen bestehend (Z), deren Umriss polygonal erscheint, die schwach granulären Inhalt und einen deutlichen, ellipsoidähnlichen oder sphärischen Kern besitzen. Diese Epithelbekleidung geht nun all- mählich über in das hohe, aus eylindrischen, palissadenartig angeord- Orthezia cataphracta Shaw. 71 neten Zellen bestehende Epithel des Eifaches (Ez). Die Höhe dieser Zellen betrug, gemessen an Schnitten (Fig. 17), 17 u. Die Zellen sind an der inneren Oberfläche mehr flach oder häufiger vorgewölbt und zeigen in der Flächenansicht einen polygonalen Umriss (Fig. 2 Ez,). Die Höhe und Form dieser Zellen des Eifaches schwankt, je nach- dem ein Chorion um das Ei gebildet ist oder nicht, wie bereits auch Korschert (24) für andere Insekten angegeben. Ist eine Chorionbildung um das Ei bez. dessen Dottermasse nachzuweisen, welch’ erstere ent- schieden nur als Cutieularbildung zu betrachten ist, so erscheinen die Zellen mehr kubisch und hatten nur eine Höhe von 10 u. (Der Querschnitt Fig. 15 stammt von einem Eifache, in dem bereits Cho- rionbildung vor sich gegangen.) Außen ist das Eifach von der bereits erwähnten, hier und da abgeplattete Nuclei führenden Tunica propria überkleidet, welche sich direkt fortsetzt in die das Endfach (Dotterfach) überkleidende, homogen erscheinende und scharf sich abhebende Mem- bran. Daselbst konnte ich Zellkerne nicht mit Bestimmtheit nachweisen. Das Endfach muss man sich in den frühesten Stadien! wohl von demselben Epithele, wie das Eifach, ausgekleidet denken. Erscheinen doch die Eiröhren nur als blindsackförmige Ausstülpungen der Eileiter, in welchen sich erst später die Differenzirung in Ei- und Endfach voll- zieht. Wenn man Schnitte oder Profilansichten (Fig. 16) durch Ei- und Endfach durchmustert, so kann man den allmählichen Übergang des hohen Epithels des Eifaches in das, durch die Bildung der Dotter- zellen verursachte, niedrigere Epithel des Endfaches beobachten. Bildung der Dotterzellen. Die Bildung der Dotterzellen bei den Insekten hat seit jeher die Aufmerksamkeit der Forscher in hohem Grade gefesselt. So neigt schon J. Lussock (11) der Ansicht zu, dass die Dotterzellen aus den epithelialen Elementen der Eiröhren hervorgehen. Aber erst Craus (13) begründete nach Untersuchungen an Aphiden den Satz, dass die Dotterzellen nur umgewandelte Epithelzellen der Endfächer sind. In neuester Zeit wuz!- den durch die Untersuchungen von Korschzrr (24, 31, 3%, 40), Wırı £ (25, 28) und v. WIELowIEIskY (27, 33) die Frage wieder angeregt, und “möge die nachfolgende Schilderung, die abweichend von all’ bisher Bellkann- tem, vielleicht nur für die Orthezien Geltung besitzt, einen kleinen’ Bei- trag zur Lösung dieser interessanten Frage liefern. / Wenn man an ausgebildeten Ovarien von Orthezia cataphra eta die Endfächer untersucht, so bemerkt man in denselben (Fig. 9) große, Poly- 1 Ich konnte leider so junge Ovarien nicht zu Gesicht bekommen. In allen von mir untersuchten Eiröhren fanden sich Dotterzellen im Endfache bereits gebildet. 72 Joseph Heinrich List, gonale oder auch mehr rundliche Gebilde (Dz), welche mit ihrer kon- vexen Seite an der Membran des Endfaches liegen. Die Größe dieser Gebilde variirt sehr, und konnte ich oblonge Formen von 110 u Länge und 74 u Breite beobachten. Isolirt man diese Gebilde aus dem End- fache (Fig. 10 a—f), so bemerkt man, dass dieselben unregelmäßig geformte mit zahlreichen Einbuchtungen versehene, ziemlich dicke (man vgl. die Seitenansicht 5 der in der Flächenansicht gezeichneten Dotter- scholle a) Schollen sind, welche aus einer granulösen Substanz bestehen, die auf der Oberfläche zahlreiche Riefen und Furchen besitzen, und auf welchen man eine Reihe von Zellkernen (X) sehen kann. Diese Gebilde, die Dotterschollen, die nichts Anderes als die werdenden Dotterzellen vorstellen, sind, so viel ich beobachten konnte, durch einen Ver- schmelzungsprocessausdenEpithelzellen desEndfaches hervorgegangen. An aus jungen Endfächern isolirten Dotterschollen (Fig. 40 c, d) konnte ich noch deutlich die Grenzen der verschmolzenen Epithelzellen beobachten. Dass eine ganze Reihe von Epithelzellen zu einer Dotterscholle verschmilzt, konnte ich an großen Dotterschollen (Fig. 8 Dz) beobachten, in welchen man eine ganze Menge entschie- dener Epithelzellenkerne nachzuweisen im Stande ist. Die Dotter- zellen sind also bei Orthezia nichts Anderes als aus den Epithelzellen des Endfacheshervorgegangene Syncytien. Dieser Verschmelzungsprocess geht in der Weise vor sich, dass zuerst der innerste Theil der Epithelzellen mit einander verschmilzt, und die Verschmelzung gegen die Peripherie vorrückt!. Man kann dann noch Reste des basalen Theiles der Epithelzellen des Endfaches bemerken (X Fig. 416), während der innere Theil bereits in Dotterzellensubstanz umgewandelt worden ist. Die Umwandlung der Epithelzellen in die Dotterzellen wird man als eine Art Degenerations- process betrachten müssen. Dass die Umwandlung in der oben be- sprochenen Weise vom Inneren an die Peripherie rückt, konnte ich an ausgebildeten Endfächern beobachten, in welchen ich keine einzige ithelzelle mehr beobachten konnte. Die Dotterschollen bez. Dotter- zellen waren direkt umgeben von der äußeren homogenen Membran. Wenn man nun eine weitere Reihe von Dotterschollen betrachtet, so findet man an manchen großen Schollen nur noch sehr wenige Kerne (Fig. 10 a) und endlich gelingt es auch Schollen zu beobachten, in wel- chen ‚man keinen, oder höchstens ein Kernrudiment bemerken kann, während in der Tiefe ein großer, deutlicher, mehr ellipsoidähnlicher, bis zu 13 « messender Kern sichtbar ist (Fig. 10 e, f). Aus den durch 1 o/b hierbei auch Wucherungsprocesse von Seiten der Epithelzellen auftreten, konnte lich nicht entscheiden. } 5 Orthezia cataphracta Shaw. 73 Verschmelzung der Epithelzellen hervorgegangenenDot- terschollen bildet sich nach Rückbildung der Kerne der Epithelzellen ein einzelliges, mit, großem Kerne ver- sehenes Gebilde, die fertige Dotterzelle. - Die Dotterzellen rücken gegen das Eifach und zerfallen in feine Dotterpartikelchen, um das Ei zu umgeben. Übrigens scheint dies nicht immer vorzukommen. Ich machte Beobachtungen, die es mir nicht aus- geschlossen erscheinen lassen, dass Dotterschollen, bevor sie noch zu einzelligen Dotterzellen umgewandelt worden, schon in Dotterpartikel- chen sich auflösen. Ferner schienen mir auch Theile von Dotterschollen, ohne noch in Dotterpartikelchen zerfallen zu sein, in das Eifach gerückt zu sein und erst hier in die Dotterpartikelchen zu zerfallen. Einen von dem Ei zu den Dotterzellen führenden Dottergang, wie Craus (13) zuerst bei Aphiden nachgewiesen, konnte ich bei Orthezia nicht auffinden. Bildung der Eizellen. Trotzdem bereits eine Reihe von Arbeiten über die Bildung der Eizellen bei Insekten handeln, ist man heute nichts weniger als einig über den Ursprung dieser Elemente. Lussock (11) und Craus (13) sind der Ansicht, dass die Eizellen umgewandelte Epithelzellen der Eiröh- ren sind, und tritt namentlich letzterer Forscher durch seine Beobach- tungen an Aphiden entschieden für diese Aufiassung ein. Die Angaben der neueren Litteratur lauten sehr widersprechend. Während Wırr (28) die Eizellen bei Hemipteren (Nepa und Notonecta) aus den im Endfache liegenden Ooblasten, nachdem diese die Epithel- und Nährzellenkerne geliefert haben, hervorgehen lässt, leitet KorscHELT (34) dieselben bei Hemipteren von den am Grunde des Endfaches an- gehäuften Kernen ab. v. WIELOWIESSKI (33) leitet wohl im Gegensatze zu Korschezır die Ei- zellen der Hemipteren von den Elementen des Eifaches ab. Meine Beobachtungen an Orthezia lauten entschieden zu Gunsten der letzteren Ansicht. Allerdings ist es geboten, auf Grund einzelner Befunde nicht sogleich generalisirend vorzugehen. An zahlreichen Ovarialröhren konnte ich an den verschiedensten Stellen des Eifaches kleine, rundliche, durch ihr stärkeres Lichtbrechungsvermögen deut- lieh sichtbare Elemente, die mit deutlichem Kerne versehen waren, ‚und die ich für junge Eizellen halte, bemerken (Fig. ! Ov). Ich bin ge- neigt, diese Zellen durch Umwandlung aus den Epithelzellen des Ei- faches abzuleiten, da man erstens diese Zellen stets an der Wand des Eifaches liegen sieht und zweitens zahlreiche entwickelte Ovarial- röhren, deren Endfachepithel bereits in Dotterschollen bez. Dotterzellen 4 Joseph Heinrich List, umgewandelt ist, beobachten kann, in deren Eifach, das von dem poly- sonalen hohen Epithel ausgekleidet ist, noch keine Eizelle zu finden ist. Es ist mir desshalb sehr wahrscheinlich geworden, dass eine Entstehung von Eizellen bei Orthezia noch im ausgebildeten Ovarium des erwach- senen Thieres vor sich gehen kann und zwar, wie ich glaube, durch Umwandlung von Epithelzellen bez. durch verstärktes Wachsthum derselben !. Ich fand zwar in der Regel nur eine einzige Eizelle im Eifache, aber mehrere Male ist es mir gelungen, auch zwei Eizellen daselbst zu beobachten. Ein einziges Mal gelang es mir, eine Eizelle auf einer großen Dotter- scholle an einem herauspräparirten Ovarium eines Anfang December gefangenen, großen, mit Marsupium versehenen, Weibchens, dessen Ovarium außerordentlich schön entwickelt war (Fig. I wurde nach die- sem Objekte gezeichnet), zu sehen, dessen Keimbläschen eine eigenthüm- liche, bemerkenswerthe Struktur darbot (Fig. 8 Kbl). Der Durchmesser des kugelförmig erscheinenden Keimbläschens betrug 47 u. Die ganze Oberfläche desselben war mit erhabenen Leisten besetzt, die, in verschiedenen Bogen und Kurven zusammenstoßend, wie ein Gitter das ganze Keimbläschen umgaben. Eine besondere Membran nachzuweisen ist mir nicht gelungen. Die Leisten erschienen mir sehr dünn und hoben sich scharf vom Keimbläscheninhalte ab. Im Inneren des Keimbläscheninhaltes, der mir homogen erschien, bemerkte ich einen dunklen ovalen Körper (N), der vielleicht als Nucleolus zu deuten ist. Die das Keimbläschen umgebende Zellsubstanz (Ov) hatte mehr rundliche Form und erschien granulirt. Die Lage des Keimbläschens in derselben war eine excentrische. Im Receptaculum sem. fand ich ein Bündel homogen erscheinender, an beiden Enden zugespitzter, im Querdurchmesser 1,1 u messende, stärker das Licht brechende Fäden, die mannigfach gewunden waren (Fig. 7). Sie erinnerten sehr an die von Craus (13) abgebildeten Samen- fäden von Aspidiotus nerii. Über ihre Bedeutung kann ich nichts aussagen; es ist möglich, dass es Spermatozoen sind. Das Orificium oviductus, das bereits früher im Allgemeinen ge- schildert worden, bietet noch mehrere Eigenthümlichkeiten dar. Wenn man den Endtheil des Oviductes von der dorsalen Seite betrachtet (Fig. 3), so bemerkt man beiderseits von der chitinigen Einbuchtung winkelig 1 Ob die ganze Epithelzelle in die Bildung der Eizelle eingeht, oder ob die letztere durch eine Art Sprossung frei wird, während der Rest sich wieder zu einer gewöhnlichen Epithelzelle regenerirt, konnte ich nicht entscheiden, obwohl mir das Letztere sehr plausibel erscheint. Orthezia cataphracta Shaw. 75 gebogene Chitinleisten (b) abgehen, die nur Verdickungen des ventralen Chitinpanzers sind. Nach vorn zu setzt sich der eine Schenkel in eine aus Chitinfasergewebe bestehende Leiste fort, an welcher der innere der am ventralen Chitinpanzer liegenden Muskelzüge sich inserirt (I Fig. 2, Taf. II, und / Fie. 3, Taf. VI). Von diesem Vorsprunge konnte ich dann jederseits noch drei Muskelbündel (M) zu den äußeren Chitin- zapfen ziehen sehen. An dem von vorn nach hinten gerichteten Schen- kel (b) der winkelig gebogenen Leiste setzt sich nach hinten, gewisser- maßen als Fortsetzung eine helle, ebenfalls aus Chitinfasergewebe gebildete, hinten nach auswärts umgebogene und daher knopfförmig verdickt erscheinende Leiste (c) fort, welche seitwärts eine Reihe von spitzen Zacken besitzt, und an welcher ebenfalls ein ventraler Muskel- zug (/IT) sich inserirt. An den inneren Chitinzapfen konnte ich noch deutlich quergestreifte Muskelbündel (Ma) sich inseriren sehen, die wahrscheinlich am dorsalen Chitinpanzer ihren Ursprung nehmen und die wohl als Dilatatoren des Orificium fungiren dürften, wenn die Eichen den Oviduct passiren und im Marsupium abgelegt werden. Betrachtet man die Ausführungsöffnung des Oviductes von ein Mar- supium tragenden lebenden Weibchen, indem man ersteres vom Chi- tinpanzer entfernt, so bemerkt man, dass die schlitzartige querliegende Öffnung von einer rundlichen hervorstehenden Papille umgeben ist (P Fig. 20). Leibesflüssigkeit (Fettkörper) (Taf. IV, Fig. 22—25; Taf. II, Fig. 22). Schon L. Dvrour (3) bemerkt, dass, wenn man auf dem Rücken der O. charaeias einen leichten Schnitt anbringt, welcher nur die Cu- ticula betrifft, man eine dunkle Flüssigkeit hervorquellen sieht, welche sich im Wasser zu einer graugrünen Pulpa verwandelt. »Die- selbe scheint mir zwischen dem Panzer nnd einer darunter liegenden peritonealen Membran, aus einem spongiös aussehenden Gewebe be- stehend, gelegen zu sein. Man kann vermuthen, dass sie das haupt- sächliche, sekretorische Organ für die Materie des Panzers ist, welche, nachdem sie entsprechend zubereitet ist, ausgeschwitzt oder durch die Poren des Panzers ausgeschieden wird, die es zugleich formen.« Sticht man eine lebende Orthezia mit einer Nadel an, so quillt eine grünlich- gelbe Flüssigkeit, die an der Luft äußerst rasch erstarrt, heraus. Bringt man diese Flüssigkeit unter das Deckglas, so kann man zellige Elemente innerhalb einer homogenen, zähflüssigen, an der Luft rasch granulös werdenden Masse bemerken (Fig. 22, Taf. IV). Die grünlich gelbe Farbe der Flüssigkeit rührt her von Zellen (Z,, Z)), welche im All- gemeinen rundliche oder ellipsoidähnliche Form zeigen, oft mit ver- 76 Joseph Heinrich List, schiedenen Einbuchtungen versehen sind und eine mittlere Größe von 22 u besitzen. Die eine Art von Zellen (Z,) erscheint intensiver ge- färbt, mit deutlicher Membran versehen und führt im Inneren einen häufig etwas abgeplatteten, granulirten, der Membran gewöhnlich an- liegenden Kern. Der Inhalt dieser Zellen erscheint fast vollkommen homogen, nur ganz geringe Granulation zeigend. Diese Zellen haben auch gewöhnlich rundliche, pralle Formen. Die zweite Art von Zellen (25), die ich als weiter entwickelte Stadien der ersten betrachte, er- scheint heller, von einer deutlichen Membran umgeben und wohl regel- mäßig mit verschiedenen Einbuchtungen versehen. Während manche Zellen vollkommen ausgefüllt sind von einem matt glänzenden, oft streifig erscheinenden und zähflüssige Konsistenz zeigenden Inhalt, kann man in anderen ein größeres oder kleineres Lumen bemerken, während der übrige Zellinhalt an der inneren Fläche der Zellmembran, das Lumen begrenzend, liegt. Auch Kerne konnte ich, obwohl sehr schwer sichtbar, nachweisen. Diese Zellen sind wohl identisch mit den auf der Hypodermis liegenden und schon früher bei Beschreibung derselben erwähnten Formen (Fig. 21 a—c Taf. I). Der Inhalt löst sich bei Zusatz von Terpentinöl nur in sehr geringer Menge. Außer diesen beiden Zellenarten kann man noch ausgebildete Fettzellen (Z,) und freigewordene Fetttröpfchen (F) bemerken. Die Fett- zellen zeigen eine deutliche Membran und zahlreiche Fetttröpfchen im Inneren. Wenn man Terpentinöl längere Zeit auf diese Zellen einwirken lässt, so wird das Fett gelöst und es bleibt dann ein Gitterwerk aus stark lichtbrechenden Strängen übrig, an welchen man, besonders an den Knotenpunkten liegend, zahlreiche, glänzende Kügelchen bemerken kann (Fig. 24). Die Fetttröpfchen scheinen zwischen diesem Maschen- werke eingebettet zu sein. Wenn man zur Leibesflüssigkeit 0,50%, ige Kochsalzlösung setzt (Fig. 23), so werden aus der Leibesflüssigkeit zahl- reiche kleine, stäbchenförmige und in lebhafter Molekularbewegung be- findliche Krystalle (Ar) herausgefällt. In den gelblichen Zellen (Z,) bemerkt man den Inhalt in einzelne Klumpen getheilt, welche streifige Struktur angenommen haben. Ich neige der Ansicht zu, dass die Zellen Z, Z, Z, nur weiter ent- wickelte Stadien einer und derselben Zellenart (Z,) sind. An in Kanadabalsam aufgehellten Schnitten (Taf. II, Fig. 21, 22) bemerkt man die ganze Leibeshöhle mit einer spongiös erscheinenden Masse, in der man zahlreiche Zellkerne nachweisen kann, erfüllt. Es 1 An Osmiumpräparaten kann man bemerken, dass der Inhalt der Zellen Z3 nur dunkel oder schwarzbraun gefärbt ist, während die Fettzellen als schwarze, kugelige Gebilde erscheinen. Orthezia cataphracta Shaw. 7 sind dies nur die Membranen der durch das Terpentinöl gelösten Fett- zellen. Eingestreut in dieser spongiösen Masse findet man Zellen (Z), welche sich tingiren, die mit einer deutlichen Membran versehen sind, einen gewöhnlich homogenen, häufig aber auch granulirten Inhalt zeigen und einen abgeplatteten, in der Nähe der Zellmembran liegenden Kern besitzen (Taf. IV, Fig. 25). Ich halte diese Zellen für noch nicht umgewandelte Fettzellen (also in die Kategorie Z, oder Z, gehörig), denn in manchen konnte ich bereits deutliche Vaeuolen beobachten, die wahrscheinlich vom gelösten Fette herrührten. Litteraturverzeichnis. Nr. 4. 1785. DorrtHeEs, Observations sur le Coccus (Dorthesia) characias. Journal de Phys. Tom. XXVI. p. 207—241, Nr. 2. 4825. THIEBAUT DE BERNEAUD et J. B.M. A. Arsenne, Description d’une nou- velle espece de Dorthesia (Delavauxii) existente aux environs de Paris. Mem. Soc. Linn. de Paris. Tom. Ill. p. 285—292. Nr. 3. 4833. L. Durour, Recherches anat. et phys. sur les H&mipteres. M&moirs sa- vants etrangers. Sciences math. et phys. Tom. IV. Nr. 4. 4840. J. W. ZETTERSTEDT, Insecta Lapponica. Lipsiae. Nr. 5. 4847. H. Frey und R. LEUCKART, Lehrbuch der Anatomie der wirbellosen Thiere. (R. WAGNER’S Hehrlmeh der Zootomie. II. Theil.) Nr. 6. 4852. F. Dusarpın, M&moirs sur les Dorthesia et sur les Coccus en general comme devant former un ordre particulier dans la classe des Insectes. Comptes rendus. Tom. XXXIV. Nr. 7, 4854. F. Leypie, Zur Anatomie von Coccus hesperidum. Diese Zeitschr. Bd.V. Nr. 8. 1856. Enw. Newman, On the parturition of Dorthesia characias. Transact. entom. Soc. London. N. Ser. Vol. IV. P. IH. Nr. 9. 1858. J. Lusgock, On the digestive and nervous System of Coccus hesperi- dum. Proceedings of the Roy. Soc. Vol. IX. London. Nr. 10. 1858. S. SıropotT, Recherches sur les secretions chez les Insectes. Annales. des sciences natur. 4me Serie. (Zoologie.) Tom. X. Nr. 41. 4859. J. LusBock, On the Ova and Pseudova of Insects. Philos. Transact. 12.1860. G. CLAUS, Zur Kendunis von Coccus cacti. Würzburger naturw. Zeit- schrift. Bd. 1. Nr. 43. 41864. C. Craus, Beobachtungen über die Bildung des De Diese: Zeitschr. Bd. XIV. Nr. 44. 4866. J. KünckEı, Recherches sur les organes de secre&tion chez les Insectes. de l’ordre des H&emipteres. Comptes rendus. Tom. LXII. Nr. 45. 4866. F. Leypıg, Der Eierstock und die Samentasche der Insekten, Verh. d.. kais. Leop. Car. deutschen Akad. der Naturf. Bd. XXXIII. (Erschienen 1867) Dresden. Nr. 16. 1867. An. Tarcıonı-Tozzertı, Studii sulle Cocciniglie. Mem. della Soc. ital.. di scienze nat. Tom. III. Milano. Nr. 17. 4868. Tarcıonı-Tozzertı, Introduzione alla seconda Memoria per gli studii sulle Coceiniglie etc. Atti della Soc. ital. di scienze nat. Vol. XI. Fasc. Ill. Nr. 48. 4874. H. Lupwig, Über die Eibildung im Thierreiche. Würzbure. Nr. 49. 4875. V. Sısnorer, Essai sur les Cochenilles ou Gallinsectes. 47e part. Ann. de la soc. entom. de France. 5me serie. Tom. V. Paris. 39 fa. Joseph Heinrich List, . 4877. E. L. 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Wırr, Bildungsgeschichte und morphologischer Werth des Eies von Nepa cinerea L. und Notonecta glauca L. Diese Zeitschr. Bd. XLI. . 4885. E. WırLaczir, Die Anatomie der Psylliden. Diese Zeitschr. Bd. XLII. . 4885. H. Wenpe, Beiträge zur Kenntnis des Rhynchotenrüssels. Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 54. . 1885. E. KorscHELT, Zur Frage nach dem Ursprung der verschiedenen Zellenelemente der Insektenovarien. Zool. Anz. Nr. 206/207. Jahrg. VII. . 4885. E. WırraczıL, Zur Morphologie und Anatomie der Cocciden, Diese Zeitschr. Bd. XLII. . 4886. H. v. WIELOWIEJSskı, Zur Morphologie des Insektenovariums. Zool. Anz. Nr. 247.. Jahrg. IX. . 1886. E. KorscHELT, Ein weiterer Beitrag zur Lösung der Frage nach dem Ursprung der verschiedenen Zellenelemente der Insektenovarien. Zool. Anz. Nr. 224. Jahrg. IX. . 1886. F.v. WAGNER, Das Nervensystem von Myzostoma (F. S. LEUCKART). Graz. Nachtrag. 4762. Lyonser, Traite anatom. de la Chenille, qui ronge le bois de Saule. A la Haye. ed. 2®. (Mir nicht zugänglich.) . 4877. J. A. Parmen, Zur Morphologie des Tracheensystems. Leipzig. . 4886. J. H. List, Über d. Vorkommen der Orthezia cataphracta Westwood. Zool. Anz. Nr. 219. Jahrg. IX. 1886. O. ZAcHARIAS, Das Vorkommen von Orthezia cataphracia Shaw im Riesengebirge. Ebenda. Nr. 225. „40. 4886. E. KorscHELT, Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellenelemente des Insektenovariums. Diese Zeitschr. Bd, XLIL. 1886. H.v. WırLowizsskı, Über das Blutgewebe der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XLIIL!. Erklärung der Abbildungen. Bemerkung: Wenn anstatt der Vergrößerungszahl Objektiv und Okular ange- geben wurden, so entsprechen die Nummern einem SeıiserT'schen Instrumente. Tafel I. Fig. 4. Ein Weibchen von Orthezia cataphracta Shaw in natürlicher Größe, Fig. 2. Ein Weibchen mit dem Marsupium. Nat. Größe. ! Nr. 40 und 44 konnte im Texte nicht mehr berücksichtigt werden. Orthezia cataphracta Shaw. 79 Fig. 3. Ein jüngeres Weibchen von der dorsalen Seite. Circa 24/1. Fig. 4. Ein Weibchen von der ventralen Seite. Circa 24/1. Fig. 5. Weibchen mit dem Marsupium. Circa 24/4. Fig. 6. Skizzirung des wachsartigen Rückenpanzers. Fig. 7. Skizzirung des Bauchpanzers. Fig. 8. Ein Weibchen von der dorsalen Seite nach Entferung des Wachspanzers mit Chloroform. Die Ursprungsorte (M) der dorsoventral ziehenden Muskeln sind gelblich gehalten. S;—St-, Abdominalstigmen; XI, Analschild. 30/1. Fig. 9. Dasselbe von der ventralen Seite. Oe, Öffnung des Oviductes; R, Rand zwischen dorsalem und ventralem Panzer; St,, Sis, Thorakalstigmen ; VI, ventrale Muskelansätze bez. Ursprungsorte. Über die übrige Bezeichn. vgl. man den Text. 30/1. Fig. 10. Hintertheil eines jungen Weibchens von der ventralen Seite nach Ent- fernung des Wachspanzers. Oe, Öffnung des Oviductes. 30/4. Fig. 44. Theil des dorsalen Wachspanzers, aufgehellt in Glycerin. 7, erstes linkes Marginalschild. 80/1. Fig. 42, Stück des linken fünften Rückenschildes von der inneren Fläche be- trachtet. L, Löcher für die Borsten. Obj. V, Oc. I. 4 Fig. 13. Stück eines Rückenschildes nach einstündiger Einwirkung von Terpen- tinöl, von der inneren Fläche. L, Borstenlöcher. Obj. V, Oc. 1. Fig. 14. Theil eines Rückenschildes von der inneren Fläche in Glycerin aufge- hellt. Fd, Wachsfäden. Obj. V, Oc. 1. Fig. 45. Aus Fäden bestehendes Flechtwerk (organische Grundlage der Margi- nalschilder) aus einem in Chloroform entwachsten und in Kanadabalsam aufgehell- ten Objekte. Obj. V, Oc.1. Fig. 46. Aus einem Längsschnitte durch den dorsalen Chitinpanzer einer Or- thezia. Dr, Drüsenzellen; K, Kerne der Hypodermiszellen. 600/14. Fig. 47. Aus einem Langsschnitte durch den Chitinpanzer einer Orthezia. B, Borsten; K, Kanäle des Chitinpanzers; a, Verbindungsstelle zweier Rückenschilder. 600. Fig. 48. Aus einem Längsschnitte durch die den Ausführungsgang des Oviduc- tes umgebenden Felder (10. und 44. des Chitinpanzers). Obj. V, Oc. 1. Fig. 19. Eine Stachelborste. 600/A. Fig. 20. Schnitt durch eine Stachelborste. 600/4. Fig. 24. a, Borste in der Seiten- und Daraufsicht ; 5, Borste mit austretendem Wachsfaden (Fd); c, gekrümmte Borste vom ventralen Abdominaltheil eines ein Marsupium tragenden Weibchens. 600/14. Tafel II. Fig. 4. Dorsaler Chitinpanzer mit der Muskulatur von der Innenseite. /, II, dor- sale Längsmuskelzüge. Die dorsoventral ziehenden Muskeln (III, IV) sind von ihren Ursprungspunkten aus nur zum Theil gezeichnet. Sy—St,, Abdominalstigmen; Tr, einer von den Tracheenästen, welche das abdominale Netz mit dem thorakalen verbinden. Fig. 2: Ventraler Chitinpanzer mit der Muskulatur von der Innenseite. -—III, ventrale, IV, dorsoventral ziehende Muskelzüge; DJ, stellen die in den ventralen Panzer gezeichneten dorsalen Ursprungs- bez. Insertionsorte der sich am ventralen Panzer inserirenden bez. ihren Ursprung nehmenden Muskelzüge vor; L, Ausbuch- tungen des Chitinpanzers; Me, Musculi abductores der Antennen; Mi, Augenmus- keln; R, Rostrum; Si, Sta, thorakale Stigmen;; Tr, Tracheen; VJ, ventrale Ansatz- bez. Ursprungsorte von dorsoventral oder umgekehrt ziehenden Muskeln. 80 Joseph Heinrich List, Fig. 3. Rechtes Hinterbein. «a, die Verjüngung der Tibia (dem Trochanter ent- sprechend ?); C, Coxa; F, Femur; T, Tibia; Tr, Tarsus. Fig. 4. Rechtes Mittelbein. Tr, Tracheen. Fig. 5. Rechtes Vorderbein. Fig. 6. Rechtes Vorderbein mit 400/giger Kalilauge behandelt, um die Sehnen darzustellen. Et, Sehne zur Insertion der Museculi extensores femoris ; Mf, Musc. flexo- ris femoris; Mt, Musc.tibiales; Tec, gemeinsame Sehne für Tibia, Tarsus und Kralle. Fig. 7. Schnitt durch die Coxa eines Beines. Ch, Chitinpanzer; a, Verdickung des Basaltheiles der Coxa; db, Chitinfasergewebe; M, Muskeln. Fig. 8. Linke Antenne mit linkem Auge. C, Cornea; P, Augenpigment; Tr, Tracheen. Fig. 9. Basalglied einer linken Antenne. Me, Musc. externi; Ma, Musc. adduc- tores; Mi, Musc. interni. Obj. V, Oec. I. Fig. 40. Ausbuchtungen des ventralen Chitinpanzers zum Ansatze der dorso- ventralen Muskeln (/V, Fig. 4). a, Leisten; Hz, Hypodermiszellen. Nach einem Alko- holpräparate. 600/A. Fig. 14. Ausbuchtung zwischen dem siebenten Marginal- und dorsalen Abdomi- nalfelde. Bl, Stachelborstenlöcher des Panzers. Die Ansätze der Muskelbündel sind gelb gehalten. Nach einem Kanadabalsampräparate. 600/1. Fig. 12. Chitinpapillen vom ventralen Chitinpanzer eines ein Marsupium tragen- den Weibchens. Von dem vor der Ausmündung des Oviductes gelegenen zehnten Segmente. a, in der Flächenansicht; b, in der Daraufsicht. Nach einem Kanada- halsampräparat. 600/1. Fig. 43. Rechte Einbuchtung des ventralen Chitinpanzers (man vgl. L Fig. 2, Taf. II) zwischen dem ersten und zweiten Abdominalfelde. Kanadabalsampräparat. 200/1. Fig. 44. Linkes, vorderes, thorakales Stigma (Fig. 2 St;) von der Außenseite. Oe, Öffnung in die Tracheenblase (Bl Fig. 48); M, Muskeln, welche sich an der Tracheenblase inseriren. Obj. V, Oc. I. Fig. 45. Dasselbe Stigma von der Innenseite. Bl, Tracheenblase; M, Muskeln; Tre, gemeinsamer, aus der Tracheenblase ziehender Tracheenstamm. Obj.V, Oe. 1. Fig. 46. Schnitt durch ein thorakales Stigma. L, Einmündung des Stigma in die Tracheenblase Bl; Tr, Trachee. 600/14. Fig. 47. Hypodermis vom dorsalen Chitinpanzer. Dr, Drüsenzellen; Hz, Hypo- dermiszellen. Nach einem Alkoholpräparate. 600/A. Fig. 48. Hypodermis. Die Drüsenzellen sind-herausgefallen, und man sieht die Löcher L des Chitinpanzers. 600/1. Fig.49. a, b, c, isolirte Drüsenzellen; a, b in der Profilansicht, c von oben; a, b aus dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch, c aus Alkohol. 600/1. Fig. 20. a, b, Drüsenzellen aus der Abdominalgegend. 600/14. Fig. 21. a—c, auf der Hypodermis liegende Zellen, die zum Fettkörper gehö- ren; a und b aus dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch, ce, aus Alkohol. 600/1. Fig. 22. Linker Theil der Einbuchtung des Chitinpanzers (Va Fig. 2). a, Chitin- fasergewebe (Sehnen) zur Muskelinsertion. Nach einem mit 100/yiger Kalilauge auf- gehellten Präparate. Obj. V, Oc.1. Fig. 23. Ein Muskelbündel vom Rückenpanzer. S, Sarkolemma; K, Kerne des- selben; Kı, Kerne des Sarkoplasma. Aus dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/1. Fig. 24. Muskelbündel mit ihren Ursprungsstellen. a, Sarkoplasmalage um die £inzelnen Muskelbündel. Aus dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/1. | Orthezia cataphracta Shaw. 81 Fig. 25. Quergestreifter Muskel (Adductor coxae). a, Ursprungstheil ; Q, Quer- scheiben; Z, Zwischenscheiben ;. S, Sarkolemma. Frisch in 0,50/yiger Kochsalzlö- sung. Obj. V, 0c.1. Fig. 26. Muskelbündel vom Rückenpanzer. S, Sarkolemma. Frisch in 0,50/yiger Kochsalzlösung. Obj. V, Oc. I. Fig. 27. Schräggestreifter Muskel vom Rückenpanzer (dorsoventral ziehend). S, Sarkolemma. Aus dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch. Obj. V, Oe. I. Fig. 28. Theil eines dorsoventral ziehenden Muskelbündels. Aus dem Sublimat- Pikrinsäuregemisch. Obj. V, Oc. I. Fig. 29. Aus deın Marsupiuminhalte eines im December gefangenen Weibchens. 600/. Fig. 30. Aus einem Längsschnitte durch eine Orthezia, um die Muskulatur zu zeigen. Mdv, dorsoventral ziehende Muskeln; Mad, dorsale, Mv, ventrale Längs- muskeln; Md>, wahrscheinlich dorsoventral ziehende Muskelbündel; -Cm, Coxal- muskeln; Md,, dorsoventral ziehende Muskeln; Mv,, ventrodorsal ziehende Muskeln zur Fixation der Borstentasche und des Schlundgerüstes. Die übrige Bezeichnung wie in Fig. 24, Taf, II. . Tafel III. Fig. 1. Schlundgerüst mit Borsten und Rostrum von der ventralen Seite. OLB, oberer Längsbalken; QB, Querbalken; ULB, unterer Längsbalken ; Chl, untere Chi- tinlamelle; Bt, Basaltheil; 7, Terminaltheil’ des Rostrum; dı, oberer Theil des Chitinkanales Chsch; da, unterer Theil desselben; e, Höckerchen auf dem wulstigen Rande W; f, Röhre der Borstentasche, Be, Borstenende. Aufgehellt mit 100/yiger Kalilauge. Über die übrige Bezeichnung vgl. man den Text. Obj. V, Oc. I. Fig. 2. Schlundgerüst von der dorsalen Seite. Nach Behandlung mit 4 00/yiger Kalilauge. 150/A, Fig. 3. Unterer Theil des linken winkelig gebogenen Balkens (OB,„) von der dor- salen Seite. WB, linke Innenborste; laB, linke Außenborste. 200/1. Fig. 4. Borstenhaft von der ventralen Seite. &, Rinne (Pharynx); raB, rechte äußere Borste. Obj. V, Oc. I. Über die weitere Bezeichnung vgl. man den Text. Fig. 5. Borstenhaft in der Profilansicht. Obj. V, Oc. 1. Fig. 6. Borstenhaft von der dorsalen Seite. &, Pharynx. Obj. V, Oc. I. Fig. 7. Borsten im Zusammenhange. c, Chitinröhre der Borstentasche,; MK, mittlerer, S;K, S2K, seitliche Kanäle. 200/1. Fig. 8. Äußere Borste von der ventralen Seite. o, Chitinlamelle; z, Beginn der offenen Borstenrinne. 600/14, Fig. 9. Querschnitt durch das Borstenbündel in der Höhe der Borstentasche. Fig. 40. Ende einer inneren Borste. Fig. 44. Ende einer äußeren Borste. Fig. 12. Spitze des Borstenbündels von unten. Fig. 43. Ansicht des Borstenbündels bei mittlerer Einstellung, um die drei Kanäle zu zeigen. Fig. 44. Borstentasche. Tp, Tunica propria; M, Media; J, chitinige Intima. 150/A. Fig. 15. Querschnitt durch die Borstentasche in der Gegend bei a (Fig. 14). Be- zeichnung wie früher. 300/A. Fig. 16. Optischer Längsschnitt durch die Tunica propria (Tp) und die Media der Borstentasche. K, Kerne der Media. 600/1. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLY. Bd. 6 82 Joseph Heinrich List, Fig. 47. Stück vom Basaltheile des Rostrum, von der inneren Fläche. M,, Muskel mit fingerförmigem Ursprung. Obj. V, Oc. 1. Fig. 48. Thorakaltheil des ventralen Chitinpanzers von der inneren Fläche. a, Einbucehtung zwischen dem ersten und zweiten Thorakalsegmente; I, Einbuchtung am hinteren Rande des ersten Thorakalsegmentes;, Yı, Einbuchtung des Chitin- panzers zum Ansatze der Coxalmuskeln (Mecı, Mc») für das zweite Beinpaar; b, Ein- buchtung zwischen dem zweiten und dritten Thorakalsegmente; V», Einbuchtung des Chitinpanzers zum Ansatze der Coxalmuskeln Mc3 des hinteren Beinpaares; Mm, Ms, Längsmuskeizüge; /(M), ventraler Längsmuskelzug. Nach Aufhellung mit 400/,yiger Kalilauge. Oc. I, Obj. V. ; Fig. 19. Aus einem etwas schräg geführten Längsschnitte durch den ventralen Chitinpanzer. Vı, Querschnitt durch die seitlichen Hörner der Einbuchtung V/ (Fig. 3); Va, Querschnitt durch die Einbuchtung Va (Fig. 3). Fig. 20. Aus einem Querschnitte durch den Chitinpanzer, um einen Längsschnitt durch die Einbuchtung Va des Chitinpanzers zu zeigen. Mc, Coxalmuskulatur für das hintere Beinpaar; Md, dorsal ziehende Muskelzüge; Tr, Tracheenquerschnitte. Fig. 21. Halbschematischer Längsschnitt durch das Weibchen von Orthezia cataphracta. Ch, Chitinpanzer; Hz, Hypodermis (die Drüsenzellen wurden nicht ge- zeichnet); R, Rostrum; Chsch, Chitinscheide des Rostrum; B, Borsten; Bit, Quer- schnitt durch den vorderen Theil der Borstentasche (Bi,); Spd, Speicheldrüsen; OSchlg, oberes Schlundganglion; Bm, Bauchmark; Oe, Ösophagus; Vd, Vorderdarm; Mad, Mitteldarm ; Md,, Querschnitt durch den Anfangstheil des Mitteldarmes, Ed, Enddarm; 4A, After; Ov, Eingang in den Oviduct; EiF, Eifächer; RG, wahrschein- licher Verlauf des Rückengefäßes; Ma, Aftermuskulatur; M, Muskeln zur Fixation der Borstentasche; FZ, Fettkörper; Z, Zellen der Leibesflüssigkeit (Z, Fig. 22, 23, Taf. IV). Der Fettkörper ist nur zum Theil gezeichnet. 400/1. Fig. 22. Halbschematischer Querschnitt durch eine Orthezia in der vorderen Gegend des Mitteldarmes geführt. Md, und Mds, Schnitte durch den Mitteldarm; Ed, Enddarm; MG, Marpicursche Gefäße; M,, Muskelquerschnitte; Mdv, dorsoven- tral ziehende Muskelbündel. 100/4. Tafel IV. Allgemein gültige Bezeichnung: Tp, Tunica propria. Fig. 1. Darmkanal und MaArpicarsche Gefäße herauspräparirt und von der ven- tralen Seite dargestellt. Die Darmschlingen und die MArpıcar'schen Gefäße sind etwas mehr aus einander gezogen, als es der wirklichen Lage entspricht. Behand- lung mit dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch. a, Übergang des Vorderdarmes in den Mitteldarm ; b, Schlinge des ersten Theiles des Mitteldarmes; ec, bogenförmige Krüm- mung des Endtheiles des Mitteldarmes; d, Einmündungsstelle der MArpıcur'schen Gefäße in den Mitteldarm; e, gemeinsamer Vereinigungspunkt der Schlingen der Marrıchtschen Gefäße und Fixationsort an den Enddarm; f, verdickter Theil des Mitteldarmes; Ed, Enddarm; Mad, Anfangstheil des Mitteldarmes ; Md,, Endtheil desselben; MG, Marpıcur'sche Gefäße, Oe, Ösophagus; Tr, Tracheen. 150/A. Fig. 2. Ansatzstelle des Ösophagus am Borstenhaft (Pharynx).. Oe, Ösophagus; Z, Zellenlage;; J, chitinige Intima; Bh, Borstenhaft; B, Borsten. Obj. V, Oec. 1. Fig. 3. Mittlerer Theil des Ösophagus. Tp, Tunica propria; K, Kerne derselben ; Mu, Muskellage;, J, chitinige Intima; M, Muskel zur Befestigung des Ösophagus. Pikrinsäure-Sublimatgemisch. 600/1. Fig. 4. Vorderer Theil des Ösophagus. Tp, Tunica propria; Z, Zellen der Me- dia; J, chitinige Intima. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/14. Orthezia cataphracta Shaw. 83 Fig. 5. Endtheil des Ösophagus (Einmündung in den Vorderdarm). Bezeich- nung wie früher. K, Kerne in der Muskellage. 600/14. Fig. 6. Flächenansicht des vorderen Theiles des Vorderdarmes. K, Kerne der Tunica propria; Z, innere Zellenlage. Pikrinsäure-Sublimatgemisch. Fig. 7. Auseinem Schrägschnitte durch den Vorderdarm. K, Zellkerne. FRENZEL’S Gemisch, Alaunkarmin. 200/A. Fig. 8. Zellen vom Endtheile des Vorderdarmes im optischen Längsschnitte, 600/4. Fig. 9. Querschnitt durch den vorderen Theil des Mitteldarmes. 600/4. Fig. 40. Querschnitt durch den angeschwollenen Theil des Mitteldarmes (Fig. 1, „oberhalb d). K, Zellkerne. FrenzErL’s Gemisch, Alaunkarmin. 200/4, Fig. 44. Querschnitt durch den Endtheil des Mitteldarmes. K, Kerne der Epi- ‚thelzellen; J, chitinige Intima. FrENzEL’s Gemisch, Alaunkarmin. Obj. V, Oc. I. Fig. 42. Innerer Zellenbelag des Enddarmes. Z, Zellen; J, chitinige Intima. Flächenansicht. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/1. Fig. 43. Aus einem Längsschnitte durch den Enddarm. M, Muskellage; Z, Zel- lenbelag; J, chitinige Intima. Alkohol, Pikrokarmin. 600/A, Fig. 44. Mittel- und Enddarm von einem jungen Individuum herauspräparirt. LM, Muskulatur des Enddarmes; a, Einmündungsstelle des Mitteldarmes in den Enddarm. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 150/1. Fig. 45. Querschnitt durch den Enddarm. K, Kerne der Epithelzellen; J, chi- tinige Intima; M, Muskellage. FrRENzEL’s Gemisch, Alaunkarmin. Obj. V, Oc. I. Fig. 46. Chitintrichter des Afters, von außen. AR, optischer Querschnitt der chitinigen Röhre; P, Chitinpapillen; W, wulstförmige Verdickung; B, Borsten; a, ‚Grenze zwischen 40. und 41. Segmente. 200/14. Fig. 17. Aus einem Längsschnitte durch Mittel- und Enddarm. Alkohol, Pikro- karmin. 200/14. | Fig. 48. Aus einem Längsschnitte durch den Hintertheil eines Weibchens. Tr, Lumen der chitinigen Röhre; B, Borsten; CH, Chitinpanzer; Dr, Drüsenzellen; .M, ventrodorsal ziehende Muskelzüge; Ed, Enddarm, Alkohol, Pikrokarmin. 200/i,. Fig, 49. Einmündungsstelle der Marpıcarschen Gefäße (MG) in den Mitteldarm. Fig. 20. Theil eines MarpıcHr’schen Gefäßes. T, äußere Membran; K, Kerne der Zellen; N, Nucleolus derselben. 600/4. Be, 24. Querschnitt durch ein MaArpıcar'sches Gefäß. 600/. Fig. 22. Leibesflüssigkeit, frisch. Z,,Zellen derselben; Zs, wahrscheinlich wei- ter entwickelte Stadien derselben; Z3, Fettzellen; F, Fetttropfen. 600/14. Fig. 23. Leibesflüssigkeit nach Zusatz von 0,50/yiger Chlornatriumlösung,. Kr, Krystalle. Übrige Bezeichnung wie Fig. 22. 600/1. Fig. 24. Fettzelle nach Behandlung mit Terpentinöl. 600/1. Fig. 25. Zelle aus dem Fettkörper; aus einem Schnitte. 600/14. Tafel V. Fig. 4, Unteres Schlundganglion und Bauchmark, herauspräparirt, von der ventralen Fläche gesehen. USchlg, Unterschlundganglion ; Str,—Stry, die aus den drei Thorakalganglien: (vgl. Fig. 6 G,—G3) und dem Abdominalganglion (G4) ent- springenden Nervenäste;; Str;, Abdominalstrang (Vagus); Tr, Tracheen; Gz, Gan- glienzellen. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 150/A, Fig. 2. Oberes Schlundganglion, herauspräparirt, von der dorsalen Fläche ge- sehen. No, Nervus opticus; Gz,, unipolare Ganglienzellen; Gz, Ganglienzellen;; vL, ventraler Lappen des Oberschlundganglions, Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 150/1. 6* 84 Joseph Heinrich List, Fig. 3. Dasselbe von der ventralen Seite. Na, Antennennerv (?); wL, linker ven- traler Lappen des Oberschlundganglions. 150/14. Fig. 4. Dasselbe von vorn gesehen. No, Nervus opticus; Gz, Ganglienzellen. 150/4. Fig. 5. Flächenschnitt durch das Oberschlundganglion, der Oberfläche ziem- lich nahe geführt. PS, Punktsubstanz; Gz, Ganglienzellenbelag; No, Nervus opti- -eus; ‚Schlr, Schlundringkommissur. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. Alaunkarmin. 200. - Fig. 6. Flächenschnitt durch das Unterschlundganglion und das Bauchmark nahe der Oberfläche geführt. Schlr, Schlundring; USchlg, Unterschlundganglion; G/—Gs, die drei Thorakalganglien; G4, Abdominalganglien; H, äußere, bindege- webige Hülle; Bg,Bindegewebe; Gz, Ganglienzellen. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. .‚Alaunkarmin. 200/4. Fig. 7. Längsschnitt durch das Nervensystem. OSchlg, oberesSchlundganglion; vL, ventraler Lappen; N, abgehender Nervenstrang. Die übrige Bezeichnung wie Fig. 6. Alkohol, Pikrokarmin. 200/1. Fig. 8. Querschnitt durch das Oberschlundganglion. No, Nervus opticus. Subli- mat-Pikrinsäuregemisch. Alaunkarmin. 200/4. Fig. 9. Querschnitt durch das. Bauchmark. Bg, Bindegewebe; N, abgehender Nerv; PS, Punktsubstanz des ersten Thorakalganglions (vgl. Fig. 6 G,). FRENZEL’S Gemisch, Alaunkarmin. 200/4. Fig. 40. Schematische Darstellung des Schlundringes. Oe, Querschnitt des Öso- phagus. Fig. 44. Unipolare Ganglienzelle. K, Kerne. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/14. Fig. 12. Stück eines Nervenastes. K, Kerne des Neurilemms. Sublimat-Pikrin- säuregemisch. Obj. VI, Oc. 1. Fig. 43. Nervenast nach längerer Einwirkung des Sublimat-Pikrinsäurege- misches. K, Kerne des Neurilemms. 600/1. Fig. 14. Speicheldrüsen. G, Ausführungsgang derselben. Sublimat-Pikrinsäure- gemisch. 150/1. Fig..415. Aus einem Querschnitte durch einen Drüsenfollikel der Speicheldrüsen. K, Kerne der Zellen. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 200/4. Fig. 16. Ausführungsgang eines Drüsenfollikels. K, Zellkerne; J,. Intima; L, Lumen des Ganges. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/4. Fig. 47. Stück des Rückengefäßes vom Abdominaltheil.e. N, Nerv, K, Kerne des Neurilemms; Kj, Kerne der Membran des Gefäßes. Sublimat-Pikrinsäurege- misch. 600/A. | Tafel VI. Allgemein gültige Bezeichnung: Tp, Tunica propria. Fig. 4. Ovarium eines ein Marsupium tragenden Weibchens. Herauspräparirt nach Erhärtung in dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch. a, Einstülpung des Integu- mentes; CHZ, Chitinzapfen ; Ovd, Oviduct; Rs, Receptaculum seminis; PH, Peri- tonealhülle; EiF, Eifach; EdF, Endfach; Dz, Dotterzellen; Ov, Eichen; St, stiel- förmige Verbindung der Eifächer mit dem Eileiter; D, ein von Dotterpartikeln umgebenes Ei. 100/1. Fig. 2. Unterer Theil eines Eifaches, Ez, Epithelzellen in der Profilansicht; Ez,, dieselben von oben; Z, Zellen des stielförmigen Fortsatzes der Eiröhre; M, Muskulatur desselben. Sublimat-Pikrinsäuregemisch.. 600/1. Orthezia cataphracta Shaw. 85 Fig. 3. Ausmündung des Oviductes von der inneren dorsalen Seite. CHZ, Chi- tinzapfen;; a, Einstülpung des Integumentes; Mı, oberflächliche Längsmuskeln des Oviductes; Ma, Muse. dilat. orificii ovid.; J, III, ventrale Muskulatur; D, Chitinlei- sten; c, d, Fortsetzung des einen Schenkels derselben. Obj. II, Oc. I. Fig. 4. Flächenansicht der Tunica propria (Peritonealhülle, LEypıc) des Oviduc- tes unterhalb des Receptaculum. Aus einem in dem Sublimat-Pikrinsäuregemisch gehärteten Objekte. K, Kerne der Zellen. 600/1. Fig. 5. Flächenansicht der Tunica propria des Receptaculum. Sublimat-Pikrin- säuregemisch. K, Nuclei. 600/1. Fig. 6. Zellen der Tunica propria von dem vor dem Receptaculum gelegenen Theile des Oviductes. K, Kerne. 600/1. Fig. 7. Spermatozoen (?) aus dem Receptaculum seminis. 600/1. Fig. 8. Eichen auf einer Dotterscholle. Kdl, Keimbläschen, N, vielleicht Nu- cleolus; Ov, Zellsubstanz des Eies; Dz, Dotterscholle; K, Kerne derselben. Aus dem Eifache eines ein Marsupium tragenden Weibchens. Sublimat-Pikrinsäurege- misch. 600/14. Fig. 9. Eine Eiröhre. Dz, Dotterzellen (bez. Dotterschollen); K, Kerne dersel- ben; Ep, Epithelzellen des Eifaches; Z, innerer Zellenbelag; St, stielförmige Ver- jüngung des Eifaches beim Übergange in den Oviduct. Sublimat-Pikrinsäurege- misch. 600/4. Fig. 10. a—d, Dotterschollen; K, Kerne derselben; e, f, Dotterzellen. In e und f sind K, die Dotterzellenkerne; K, die der ursprünglichen Epithelzellen; b, Seiten- ansicht der Dotterscholle a. Die Dotterschollen e und d stammen aus einem jungen Ovarium. Sublimat-Pikrinsäuregemisch. 600/1. Fig. 14. Schrägschnitt durch den Endtheil desOviductes. Bezeichnung wie früher. CHZ, Chitinzapfen, die auf den Vorsprüngen a der Einbuchtungen des äußeren Integumentes zu stehen kommen. 600/1. | Fig. 42. Längsschnitt durch den Endtheil des Oviductes. CH, Chitinpanzer; B, Einbuchtungen desselben; Dr, Drüsenzellen; Hz, Hypodermiszellen; ZL, Lumen des Oviductes; J, chitinige Intima; RM, Ringmuskulatur; LM, Längs- und Schräg- muskulatur; K, Kerne derselben. 600/14. Fig. 43. Querschnitt durch den Endtheil des Oviductes. Bezeichnung wie früher. 200. Fig. 44. Quer- (Ring-) und Längsmuskelzüge am Endtheile des Oviductes. Obj. Be. 1. Fig. 15. Querschnitt durch ein Eifach. K, Kerne der Epithelzellen. 600/1. Fig. 46. Übergang des Eifaches in das Endfach. Ez, Epithelzellen des Eifaches; K, Kerne der Epithelzellen des Endfaches; Dz, Dotterschoile. Sublimat-Pikrin- säuregemisch. 600/1. CA Fig. 47. Aus einem Längsschnitte durch ein Eifach. Ez, Epithelzellen. Alkohol, Pikrokarmin. 600/1. Fig. 48. Epithelzellen aus dem vor dem Receptaculum seminis gelegenen Theile des Oviductes. Obj. VI, Oc. I. Fig. 19. Drüsenzellen aus dem Receptaculum seminis. Obj. VI, Oc. 1. Fig. 20. Ventraler Abdominaltheil desChitinpanzers eines ein Marsupium tragen- den Weibchens, frisch nach Abtragung des wachsartigen Panzers. Oe, Öffnung des Oviductes; P, papillenartige Anschwellung der Geschlechtsöffnung; 10, zehntes Abdominalsegment. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. Theil I. | Von Dr. H. Henking, Privatdocent und Assistent am zool.-zoot. Institute der Universität Göttingen. Mit Tafel VII—X und einem Holzschnitt. Vorbemerkung. In dem vorliegenden ersten Theile meiner Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden werden einige Kapitel aus der Ge- schichte des Eierstockseies, die Befruchtung und ausführlich die Ent- wicklung des abgelegten Eies bis zur Bildung des Blastoderms behan- delt werden. Als Untersuchungsmaterial dienten mir besonders die Eier von Opilio parietinus C. Koch (51), daneben auch diejenigen von Leio- bunum hemisphaericum C. Koch (51). Es kommt mir vor Allem darauf an, hier den Nachweis zu führen, dass das Keimbläschen des gereiften Eies völlig verschwindet und dass die neuen Kerne und Zellen im Dotter durch freie Kern- und Zellbildung entstehen. Hierzu sind die Eier der Phalangiden vielleicht aus dem Grunde besonders geeignet ge- wesen, weil ihre Entwicklung recht langsam verläuft: Sie werden ab- gelegt etwa in der Zeit vom 15. Oktober bis 15. November und die Jungen schlüpfen ziemlich genau nach 6 Monaten, etwa zwischen 15. April bis 15. Mai des folgenden Jahres aus. Den Schluss dieses Theiles bildet eine Besprechung der Litteratur, indem auf ähnliche Vorkommnisse bei sämmtlichen Thierklassen hinge- wiesen wird. Bei der großen Wichtigkeit der Frage nach freier Kern- und Zellbildung glaubte ich etwas ausführlicher darauf eingehen zu sollen, zumal da ich beabsichtige, damit zugleich anzudeuten, dass freie: Kern- und Zellbildung höchst wahrscheinlich im ganzen Thierreiche (und vielleicht auch bei den Pflanzen) eine allgemein verbreitete Er- scheinung ist. | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 87 Die von mir zur Untersuchung benutzten Eier rühren sämmtlich von Thieren her, welche zum Zwecke des Eierlegens von mir in der Gefangenschaft gehalten wurden. Mehrere Male habe ich dieselben bei der Eiablage überrascht und so die Eier gewissermaßen direkt aus dem Mutterleibe überliefert erhalten. Außerdem habe ich den Käfig täglich ein bis zweimal nach abgelegten Eiern durchsucht. Die Eier haben stets die Bezeichnung der Zeitdauer von der Zeit der Auffindung an be- kommen. Das ist nicht ganz genau, da zwischen dem mir (wo es nicht angegeben) unbekannt gebliebenen Momente der Eiablage und der Auf- findung eine Zeitdauer liegt, welche zwischen 0 bis 12 Stunden etwa schwankt. Die Fortsetzung meiner Untersuchungen über das hier begonnene Thema hoffe ich baldigst geben zu können. Herrn Prof. Eurers erlaube ich mir für die mir erwiesene mannig- fache Förderung auch an dieser Stelle meinen besten Dank auszu- sprechen. Lebensweise. Über die Lebensweise der Phalangiden kann ich hier rasch fort- gehen, da Mence (67) bereits in mustergültiger Weise seine Beobach- tungen darüber mitgetheilt hat. Ich kann dieselben nur durchaus be- stätigen. Ich habe eine große Anzahl von Opilio parietinus C. Koch (51) und von Leiobunum parietinum C.Koch (51)in der Gefangenschaft zum Zwecke des Eierlegens gehalten und finde, dass als Käfig sich am besten ein möglichst luftiger und großer Gazekasten bewährt; denn es ist ja ein Haupterfordernis bei Züchtungen, den Thieren möglichst ihre natür- lichen Lebensbedingungen zu bieten. Abweichungen darin beeinträch- tigen sofort in merklicher Weise die Funktionen der Fortpflanzungs- organe. Andererseits glaube ich, dass der Rückschluss berechtigt ist, dass Thiere, welche in der Gefangenschaft in großer Zahl ihre Geschlechts- produkte absetzen, sich ziemlich wohl fühlen und vor allen Dingen offenbar eine ihnen zusagende Nahrung erhalten. — Menee (67) bezeich- net als Speise der Phalangiden todte Insekten und auch vegetabilische Stoffe (p. 50) und erzählt, dass sie selbst kleinen Insekten furchtsam ausgewichen seien (p. 52). Ich habe ganz die gleiche Beobachtung gemacht. Gemäß der wohl durchweg herrschenden Meinung von der Raub- thiernatur der Afterspinnen versuchte auch ich sie Anfangs mit leben- den kleinen Spinnen, Fliegen, Ameisen und Blattläusen zu füttern, kam 83 H. Henking, jedoch bald zu der Überzeugung, dass sie sich durchaus nicht daran wagen. Bei einer Begegnung mit diesen Thieren flohen sie jedes Mal in großer Hast von dannen. An zerdrückten Insekten fressen sie dagegen sehr gern und tragen dieselben auch fort an einen sicheren Platz. Auch im Freien habe ich einmal beobachtet, dass ein Leiobunum hemisphaeri- cum sich mit dem Kadaver einer zertretenen Fliege herumschleppte. Sonst habe ich die Phalangiden noch mit angefeuchtetem Weißbrot, mit den verschiedensten Gemüsen, mit rohem und gekochtem Fleische, so wie mit Stückchen von rohem Obst gefüttert und habe ich sie an allen diesen Sachen vielfach fressen sehen. Dass die Phalangiden bei großem Hunger kleine, dem Verenden nahe und daher sich nur schwach bewegende Thiere gelegentlich an- greifen, habe ich selbst beobachtet; dennoch stehe ich der Mittheilung von C. Krrrer (48, 49), wonach wir in Phalangium parietinum einen »Hüter unseres Fiehtenwaldes« vor uns hätten, recht skeptisch gegenüber. Es soll nämlich unser Opilio ungeheure Verwüstungen unter den die Gallen verlassenden Chermes coceineus anrichten und so der Vermeh- rung dieser gefährlichen Parasiten einen Damm entgegensetzen. KELLER hat mehrfach einen Opilio mit einer größeren Anzahl von Chermes in ein Becherglas gesetzt und dann beobachtet, wie und dass letztere von ersterem verspeist wurden. Aus seinen Versuchen scheint mir außer- dem hervorzugehen, dass die Phalangiden sich erst nach einer längeren Hungerkur zu derihnen vorgesetzten Kost entschlossen. Ich finde, dass da- mit also noch kein Beweis erbracht ist. Es hätten doch, wie es ja auch in der Natur ist, gleichzeitig noch andere Nahrungsmittel beigefügt werden müssen etc. Es ist mir sehr zweifelhaft, ob die Phalangiden dann auch die lebenden Rindenläuse angegriffen hätten; und außerdem fehlt eine hestätigende Beobachtung des Vorganges im Freien. Die sonderbare Begattung sowohl von Opilio parietinus so wie von Leiobunum hemisphaericum habe ich vielfach belauscht; sie findet bei beiden Arten in der gleichen Weise statt. Der Vorgang ist bereits so häufig bildlich und schriftlich dargestellt worden, dass ich wohl ohne Weiteres darüber fortgehen kann. Menke (67) hat ihn in der Zeit vom 23. August bis 15. September beobachtet, bei mir haben die Thiere noch am 41. November die Kopulation vollzogen. Ich bemerke, dass der Käfig in einem ungeheizten Zimmer aufgestellt war, um auch in Bezug auf die Temperatur nicht von den natürlichen Verhältnissen abzuweichen. Untersuchungsmethode. Wollte ich die Eierstockseier untersuchen, so habe ich entweder die Gesammtthiere geschnitten, von denen ich aber vor der Färbung das Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 89 harte Gebiet der Insertionsstellen der Beine abtrennte, oder ich nahm nicht nur den Vorderkörper, sondern auch ‚die Rückendecke und den Darm fort, so dass der Geschlechtsapparat nun noch mit der chitinösen Bauchdecke in Zusammenhang blieb. Denn präparirt man den Ge- schlechtsapparat völlig frei, so gehen stets viele der vollreifen Eier vom Ovarium und aus dem Uterus verloren, da man bei den Manipulationen, welche die Vorbereitung zum Schneiden erfordert, zu vielfach damit in Berührung kommt. Meist habe ich die Thiere durch Übergießen mit kochendem Wasser getödtet und habe sie längere Zeit darin liegen lassen, um eine voll- ständige CGoagulation des Eiweißes abzuwarten. Ich habe sie dann weiter in successive verstärktem Alkohol gehärtet und in 80 /,igem bis zur weiteren Verarbeitung aufbewahrt. Direktes Einlegen der Thiere in Alkohol hat mir nicht so gefallen, da dadurch mancherlei Schrum- pfungen im Körper eintreten. Andere Thiere habe ich mit Äther ge- tödtet, ihnen alsdann den Rücken aufgeschnitten und sie auf einige Stunden in die FrLrmming’sche Chrom-Osmium-Essigsäure oder auch in KLEINENBERG’S Pikrinschwefelsäure eingelgt und dann nach vorherigem Auswaschen resp. direkt in Alkohol übertragen. Die abgelegten Eier habe ich ebenfalls mit heißem Wasser und mit Fremming’scher Flüssigkeit, außerdem mit kalter und erhitzter Chrom- säure, Sublimatlösung, Pikrinschwefelsäure und Prrenyrs Flüssigkeit behandelt, aber die besten Resultate mit den beiden zuerst genannten Methoden erhalten. Als beste Färbungsmittel haben sich mir erwiesen GRENACHER’S -Boraxkarmin, Hamann’s neutrales essigsaures Karmin und Eosin-Häma- toxylin; auch direkt bezogenes Pikrokarmin von Ranvier, welches mir Herr Dr. Hamann freundlichst überließ, so wie GrenAcner’s Alaunkarmin und verschiedene Anilinfarben, wie Methylgrün, Safranin, Eosin, Dahlia, auch in der verschiedensten Weise zu Doppelfärbungen kombinirt, habe ich angewandt, doch mit weniger gutem Erfolge. Die Ovarialeier, ja auch noch die Eier aus dem Uterus setzten der Färbung keinen erheb- lichen Widerstand entgegen; anders war es mit den abgelegten Eiern. Sind dieselben intakt, so ist alle aufgewandte Mühe, eine gute Färbung zu erzielen, vergeblich. Höchstens Maver’s Kochenilletinktur leistet hier Dienste, doch keine zufriedenstellende. Ohne Nutzen habe ich die ver- schiedensten Hämatoxylin- und Karmin-Flüssigkeiten angewendet und ihre Einwirkung durch Erwärmung oder Benutzung einer Luftpumpe zu verstärken versucht. Offenbar ist der negative Erfolg dem die Eier überziehenden und an der Luft erhärtenden Sekrete der Uterus- und Eileiterzellen zuzuschreiben. Man ist demnach genöthigt, entweder die 90 H. Henking, Schnitte zu färben oder die Eischale irgend wie zu verletzen. Ich habe beides vielfach gethan, ziehe jedoch den letzteren Weg vor; denn die auf dem Objektträger festgeklebten und dann gefärbten Schnitte geben nie so reinliche und schöne Bilder wie man sie bei vorheriger Durch- färbung erhält. Glücklicherweise zieht sich in der Regel der Eiinhalt unter Schrumpfung von der Eischale zurück, so dass es mit zwei spitzen Nadeln unter der Lupe gelingt, die Eischale ohne Verletzung des In- haltes zu sprengen. Sie ganz abzulösen, ist nicht räthlich, weil sie immer noch als wirksamer Schutz bei den der Einbettung vorhergehenden Ma- nipulationen den Eiinhalt vor Verletzungen behütet. Aus dem absoluten Alkohol habe ich die Eier dann in ein Gemisch von absolutem Alkohol und Bergamottöl, dann in reines Bergamottöl und aus diesem in eine erwärmte Lösung von Paraffin in Bergamottöl über- tragen und zur Einbettung schließlich reines Paraffin verwandt. Chloro- form und Toluol haben sich als nicht so günstig erwiesen. Bringt man die Eier direkt aus Toluol in geschmolzenes Paraffin, so verdunstet ersteres und treibt, sich unter der Eischale fangend, das Ei ballonartig an die Oberfläche des Paraffinbades. Man müht sich vergeblich, es wie- der zum Untersinken zu veranlassen. Meist habe ich mit den nach meiner Angabe (42) hergestellten Messern |p. 509) vermittels eines Speneer’schen Schlittenmikrotomes Serienschnitte von !/s, bis '/iso Millimeter Dicke angefertigt. Die von mir angegebene (43) Konstruktion des Objekthalters (p. 494) hat mir nicht selten bei der feineren Einstellung des Objektes wesentliche Dienste geleistet. Über das Eierstocksei, die Befruchtung und das Schwinden des Keimbläschens. Die Entwicklung des Eierstockseies habe ich in seinen Einzel- heiten nicht verfolgt; doch scheinen mir einige Beobachtungen daran, falls sie anderweitige Bestätigungen erfahren sollten, von so hervor- ragendem Interesse zu sein, dass ich sie zusammen mit meinen sonstigen Untersuchungen über das Eierstocksei trotz ihrer Unvollständigkeit hier schon mitzutheilen für geboten hielt. Lupwie (64, p. 121) bemerkt, dass bei Phalangium ganz dieselben Verhältnisse wie bei den echten Spinnen vorlägen und nur der Dotter- kern fehle. Auch DE Graar (31) hat neuerdings noch die Angabe Lupwig’s bestätigt!, und eben so wenig haben Loman? und Röss- 1 DE GRAAF (34, p. 83): Een dooierkern komt in de eieren der Phalangi- den niet vor, op welk feit reeds door Lupwig is gewezen. 2 J.C.C.Loman (62,p.53): Noch in deeieren van het ovarium, noch in die, welke Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 97 LER! einen solchen bemerkt. Schließlich thut auch J. Scaürz (86) in einer Arbeit, welche sich speciell mit dem Vorkommen des Dotterkerns be- schäftigt, der Phalangiden keine Erwähnung. Andererseits fehlen aber auch Angaben über das Vorhandensein dieses räthselhaften Gebildes nicht: So hat Branc (14) es auf Eiern bemerkt, welche dem Hoden eines männ- lichen Thieres entsprossen waren und auf Pl. VI, Fig. 29 bei e bildlich dargestellt, und auch Sasarıer (80) kennt den Dotterkern von Phalan- sium Opilio. — Ich kann die Beobachtung der beiden letztgenannten Autoren bestätigen und habe an jungen Eierstockseiern ebenfalls einen deutlichen Dotterkern konstatiren können. Eine Schichtenbildung, wie bei den Spinnen, zeigt derselbe im frischen Zustande nicht, sondern mehr eine Form, wie sie Lupwıc (64, p. 417) von Myriapoden beschreibt und wie ich (41) sie (p. 584) bei Trombidium angegeben habe. Während aber in den genannten Fällen der Dotterkern eine gelbe bis röthliche Färbung zur Schau trug, tritt er hier bei auffallendem Lichte als schnee- weißer Fleck in dem dunkleren Ei uns entgegen. Ich habe ihn am 1. De- cember 1884 an mittelgroßen Eiern eines frisch präparirten Eierstockes beobachtet. An Schnitten von in Freuuine’s Chrom-Osmium-Essigsäure gehärteten und mit Karmin-Borax gefärbten Eiern zeigt er sich als ein gegen den feinkörnigen Dotter scharf abgegrenzter, wie aus aufge- knäuelten Fäden mit dazwischen eingestreuten ungleichen Körnchen gebildeter rundlicher Körper (Fig. 3). Oft erscheint im Centrum des Gebildes, von einem wohl durch Lichtreflexe gebildeten hellen Hofe umgeben, ein größerer Körper oder eine kleine Anzahl solcher zu einer Gruppe vereinigt. Ist nur einer vorhanden, so kann das ganze Gebilde den Anschein haben, als liege ein Kern mit einem Kernkörper- chen vor. Das Gebilde gleicht sehr der Fig. 70 bei M. Baısrant (k), welche den Dotterkern der Tegenaria domestica darstellt. Nach Bır- BIANI Soll derselbe aus koncentrischen Lamellen bestehen (p. 35). — Oft ist der ganze Dotterkern von einer sich weniger stark tingirenden Dotter- zone umgeben. Vielfach ist er biskuitförmig eingeschnürt (Fig. 1 dk) und bereitet dann offenbar eine Theilung vor; denn man findet öfter Eier, welche zwei Dotterkerne enthalten (Fig. 2 dk). Auch Sısırıer (80) spricht von mehreren Dotterkernen. In diesem Punkte findet sich eine Übereinstimmung mit den gleichen Gebilden bei Myriapoden (vgl. Lup- wıG 6%, p. 117) und Milben (vgl. Hexkıng 41, p. 584). ik op der testis aantrof, was eene dusgenaamde dooierkern aanwezig en het is mij dus onverklaarbaar hoe BLanc deze in alle eieren heft waargenomen. 1 R. RössLer (79, p. 692): Einen Dotterkern konnte ich, eben so wenig wie Loman, weder in den Eiern des Ovariums noch in denen des Testis entdecken. 92 H. Henking, Der Dotterkern verschwindet, sobald in dem Ei größere geformte Dottermassen auftreten. Die auf die verschiedenste Weise konservirten jungen Eierstocks- eier zeigen dem Keimfleck angelagert einen halbmondförmigen, aus färbbaren Körnchen bestehenden Körper von mir unbekannter Bedeu- tung (Fig. 13 h). Es scheint, als wenn in ihm und dem Keimfieck die Chromatinsubstanz des Keimbläschens sich koncentrirt hätte; denn die übrige Inhaltsmasse desselben nimmt nur eine ganz geringe Färbung an. — Sowohl beim frisch untersuchten jungen Ei als auch bei Präparaten aus Frennme’s Chrom-Osmium-Essigsäure erscheint das Keimbläschen wie mit einer breiten Membran ausgerüstet, welche sich nach außen mit einem scharfen, nach innen mit einem schwachen Kontour abgrenzt (Fig. 3 w). Werden zum Vergleiche Eier herangezogen, die in heißem Wasser abgetödtet sind, so ist an ihnen der innere Kontour verschwun- den, der äußere dagegen in gleicher Schärfe erhalten. Es folgt daraus, dass die innere Abgrenzung hervorgerufen wurde lediglich durch eine wandständige Schicht von der Substanz des Keimbläschens, die sich durch Einwirken des heißen Wassers mit dem übrigen Inhalte desselben (abgesehen vom Keimfleck und der oben erwähnten halbmondförmigen Masse) zu einem feinkörnigen Detritus vereinigt hat. Dass .es sich so verhält, wird einerseits bewiesen durch den Umstand, dass sich zwi- schen der inneren und äußeren Grenzlinie noch feine Chromatinkörn- chen befinden, ferner dadurch, dass von der Innenfläche der Substanz feine Fädchen zu dem den Binnenraum des Keimbläschens durchziehen- den Netzwerke abgehen (Fig. 3 kbl). Schließlich ist bei älteren Eiern, welche bereits Dotterkügelchen ausgeschieden haben, eine innere Ab- grenzung der wandständigen Schicht überhaupt nicht mehr zu be- merken. Dagegen ist der äußere Kontour von Anfang an als scharf gezeichnete schwarze Linie bei den verschiedensten Konservirungsmitteln stets deutlich erkennbar (vgl. Fig. 3 und 13 kbl) und dürfte es wohl nicht zweifelhaft sein, dass in demselben eine wirkliche Membran vorliege. Dafür spricht auch noch der Umstand, dass die Keimbläschenwand so- wohl bei frisch untersuchten Eiern als auch bei konservirten häufig ein- gedrückt ist in der Weise, dass das Keimbläschen dadurch nierenförmig geworden ist. An konservirten Eiern bemerkt man alsdann wohl zwi- schen der die alte Form konservirenden Eisubstanz und dem Keim- bläschen eine Lücke, die Wand des letzteren wird aber auch an der eingedrückten Stelle, wie überall, von der gleichen scharfen dunklen Linie umgeben. Eine gleiche Lücke ist von BAuBEkE zwischen Dotter und Keimbläschen bei Batrachiern, von GoETTE (30) bei Bombinator, von Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 93 O. Herrwie |%5) bei Rana beobachtet worden. Mit Bamseke und HerTwiG möchte ich entgegen der Ansicht von GoETTE dieses Verhalten auf eine Schrumpfung oder sonst eine äußere Ursache zurückführen, da es durch- aus nicht die Regel bildet. Dass die mittelgroßen Eier bereits eine Dotterhaut (Fig. 1—3 dh) aufweisen (welche durch Intussusception gleichzeitig mit dem Ei wach- sen muss), ist ein Verhalten, welches auch von Spinnen, Milben und Tausendfüßlern bekannt ist. Vorweg will ich hier gleich bemerken, dass das zur Ablage reife Ei in gleicher Weise wie das Ei der Insekten keine Spur weder vom Keim- bläschen noch vom Keimfleck aufweist. Ich habe nicht genau unter- sucht, wie das Verschwinden desselben sich in Scene setzt, daich mein Augenmerk mehr auf die Entwicklung des reifen Eies gerichtet habe, doch möchte ich einige Beobachtungen hervorheben, die wohl mit der oben erwähnten Erscheinung in Zusammenhang stehen. Ein fast gereiftes Eierstocksei eines mit FLeunine’s Chrom-Osmium- Essigsäure gehärteten Opilio besaß nicht mehr das scharf umrandete Keimbläschen, wie die jungen Eier, sondern ein mit kleinen Einbuch- tungen versehenes (Fig. 41, 14 kbl). Außerdem hatte die Membran desselben nicht mehr die dunkle Farbe und Derbheit wie früher. — Sonst zeigen die älteren Eier des Weiteren außer dem halbmondför- migen, aus stark gefärbten Körnchen bestehenden Hofe wohl noch feinere und unregelmäßige Chromatinkörnchen in der Substanz des Keimbläschens vertheilt. Anders hier: Der feinkörnige und zuweilen eine deutliche Netzstruktur zeigende Binnenraum des Keimbläschens enthält außer dem Keimflek eine größere Anzahl kleinerer, stark ge- färbter Kugeln, welche alle annähernd von gleicher Größe sind, 1—3 helle Stellen im Inneren (wohl Vacuolen) erkennen lassen und un- zweifelhaft von derselben Substanz sind wie der Keimfleck (Fig. A1 ch). Sie steilen einerseits eine Zusammenballung der bisher ganz unregel- mäßigen, im Keimbläschen vertheilten Chromatinsubstanz dar, rühren andererseits aber wohl schon vom Keimfleck her. Denn derselbe zeigt auf diesem Präparate schon eine gewisse innere Zerklüftung und dabei hier und da eine warzige Vorwölbung. Die Betrachtung eines anderen Prä- parates aber, welches von einem anderen, mit Alkohol konservirten, Thiere herrührt, lehrt, dass der große Keimfleck als solcher nicht bestehen bleibt, denn ieh habe dort im Keimbläschen nur die erwähnten kleinen Chromatinkugeln, aber in beträchtlicher Anzahl wahrgenommen (Fig. 8). Ich vermuthe nun, dass die beschriebene Erscheinung das Vor- spiel für den völligen Schwund des Keimbläschens und seines gesamm- ten Inhaltes bildet, da wenig ältere Eier nichts mehr von demselben 94 H. Henking, erkennen lassen. Es dürfte daher wohl das Wahrscheinlichste sein, dass die Keimbläschenwand resorbirt wird und dass die kleinen Chromatin- kugeln sich in dem Eie vertheilen. Dabei ändern die letzteren offen- bar gleichzeitig ihren molekularen und chemischen Charakter, zer- theilen sich vermuthlich noch weiter und werden gleichzeitig unfärb- bar,d.h.sind bis auf Weiteres auch mit Hilfe von Färbungsmitteln nicht mehr zur Anschauung zu bringen. Aber noch eine andere Beobachtung aus der Vorgeschichte des ge- reiften Eies möchte ich mittheilen, welche, wenn sie weitere Be- stätigung erfahren sollte, wohl von einschneidender Bedeutung werden könnte. Mir fehlt es augenblicklich leider an geeignetem Materiale, um noch nähere Untersuchungen in dieser Richtung anzustellen. Es handelt sich um die Befruchtung unserer Eier. Die weiblichen Phalan- giden besitzen ein Receptaculum seminis in Gestalt eines kleinen Säck- chens jederseits unweit der Spitze der Legeröhre, wie es schon länger bekannt ist (Fig 4 rc). In diese Receptacula wird der Same sofort nach der Begattung aufgenommen. Ich habe mich davon überzeugt, indem ich ein Weibchen sofort nach der Begattung tödtete und in Querschnitte zerlegte. Ich fand so die Samenmasse zur größten Menge in dem Re- ceptaculum wieder, nur wenige Spermatozoen waren noch in dem Ovi- duet der Legeröhre anzutreffen und zwar unweit der Ausführungs- kanäle der Receptacula. Trotz der Länge des männlichen Gliedes scheint also die Entleerung des Samens doch schon am vorderen Ende der Legeröhre vor sich zu gehen. An einer anderen Stelle des Q Pha- langidenkörpers ist bisher von Niemand Sperma wahrgenommen worden. Branc (11) und de GraAr (31) haben die Receptacula bereits be- schrieben und im Anschluss hieran auch ihre Ansicht über den Vorgang der Befruchtung ausgesprochen. Wie es scheint unabhängig von ein- ander, vertreten sie die Meinung, dass die Eier in dem Moment mit dem Sperma in Berührung kämen, wo sie bei der Eiablage vor den Ausfüh- rungsgängen vorbei glitten. Die Schwierigkeit, wie die Samenkörper- chen in das Innere der derb umschalten Eier eindringen sollten, sucht Branc (11) (p. 73) durch die Annahme einer hierzu tauglichen Eigen- bewegung der Spermatozoiden zu überwinden, während de GraAr! das Vorhandensein einer Mikropyle annimmt. Aber weder er selbst, noch Branc?, noch ich haben eine solche gefunden. Außerdem ist noch Folgendes zu bedenken. Braxc lässt die Sper- 1 (34) p. 99. Daar- het chorion zeer haard is, moeten de eieren om bevrucht te kunnen worden noodzakelijk van eene micropyle vorzien zijn, alhoewelhetmij totnogtoenietgeluktisdezetevinden. 2 (44) p.7%: .. nous eloignons ici toute idee de la presence d’ouvertures micro- pylaires dans l’oeuf. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 95 matozoiden durch den Druck der voluminösen, die Eiröhren passiren- den Eier aus ihrem Reservoir herausgepresst werden und so mit ihnen in Berührung kommen. Würde wirklich ein solches Auspressen statt- finden, so ist nicht einzusehen, wie die Spermatozoen an die 100 nach einander in einem Guss abzulegenden Eier vertheilt werden sollten, im Gegentheil würde man vermuthen müssen, dass schon das erste oder wenigstens die ersten Eier eben vermöge des von ihnen ausge- übten, beträchtlichen Druckes, was von Spermatozoen überhaupt aus den Receptaculis zu entführen wäre, schon auf ihrem Wege mit sich führen würden, ohne für die übrigen etwas übrig zu lassen. Ich füge hinzu, dass weder Branc (11) noch de Graar (34) von ihnen irgend wo an den abgelegten Eiern aufgefundenen Samenkörperchen nichts be- richten. — Was ergiebt nun aber der Versuch? Ein weiblicher Opilio, welcher die Eier abgelegt hatte, was durch seinen leeren Üterus, so wie seinen zusammengesunkenen Hinterleib dokumentirt wurde, be- saß noch ganz prall mit Sperma angefüllte Receptacula. Nun habe ich niemals bemerkt, dass ein solches durch die Eiablage sehr reducirtes Weibchen noch einmal eine Begattung erfahren hätte und glaube, dass das Sperma von früherer Zeit herrührt. Ferner habe ich einen © Opilio pariet. während der Eiablage abgetödtet und seine Legeröhre, durch welche etwa die Hälfte des zur Ablage bestimmten Eisatzes bereits hindurchgeglitten war, in Längsschnitte zerlegt. Auch hier fand ich, dass die Receptacula nicht bemerkbar weniger Spermatozoen enthiel- ten, wie diejenigen trächtiger Thiere. Ich glaube, dass aus diesen beiden Beobachtungen mit einiger Sicherheit hervorgeht, dass während der Eiablage keine Entleerung von Samen stattgefunden hat. Die nähere Betrachtung eines Receptaculum lässt nun eine solche Annahme als völlig berechtigt erscheinen. Das- selbe wird gebildet aus einem kurzen, von dem Oviduct der Legeröhre aus eingestülptem Schlauche, welcher sich nach hinten zu erstreckt (Fig. 4 rc), aber gleich bei seinem Beginn eine nach der Spitze der Lege- röhre zu gerichtete ampullenartige oblonge Erweiterung trägt (Fig. 4 e). Der kurze Ausführungsgang des so gestalteten Receptaculum mün- det nun aber nicht direkt in den Oviduct, sondern streicht gewisser- maßen, nach vorn ziehend, erst noch eine Strecke unter der chitinigen Haut hin, ähnlich wie die Ureteren vor ihrer Einmündung erst eine Strecke in der Harnblasenwandung hingleiten (Fig. 4 «). Und wie die stark geschwellte Harnblase ein weiteres Austreten des Urins aus den Ureteren verhindert, so mögen auch hier die vorbeigleitenden Eier einen hermetischen Verschluss der Receptacula herbeiführen. Außer- dem wird durch die Zweischenkeligkeit des Receptaculums der auf die 96 H, Henking, Samenmassen ausgeübte Druck vermindert: Das ankommende Ei beengt zunächst den hinteren Schenkel, das Sperma wird aus ihm in den vor- deren gleiten, dann wird der vordere zusammengepresst (Fig. 4), das Sperma wandert zurück nach hinten. Nach den Untersuchungen von Bıanc (11) fehlt die vordere am- pullenförmige Erweiterung der Receptacula bei Phalangium longipes Koch und Ph. rotundum Latr., nach meinen eigenen bei Leiobunum hemi- sphaericum. Hier ist nur der nach hinten gestreckte Schlauch vorhan- den. Es ist klar, dass in diesen Fällen ein starker von hinten nach vorn vorschreitender Druck den Schlauch sofort leeren müsste, wenn der- selbe nicht eine besondere Verschlussvorrichtung besäße. Ich habe auch eine Anzahl der eben befruchteten Weibchen isolirt, um zu sehen, ob die Eiablage mit der Begattung vielleicht einen zeit- lichen Zusammenhang besäße. Ich bemerke, dass ich die Thiere aller- dings nicht in einem luftigen Kasten, sondern in Glasgefäßen, welche öfter gelüftet wurden, gehalten habe. Sie wurden im Übrigen wie die anderen Phalangiden gepflegt. Von zwei am 29. Oktober 1884 Morgens von mir isolirten Weibchen starb das eine, das andere hatte am 6. No- vember Nachmittags, also nach 8 Tagen, noch keine Eier abgelegt. Es. wurde in Spiritus gesetzt. Am 6. November isolirte ich wieder fünf Weibchen, nach fünf Tagen fand ich eines derselben todt (am 11. No- vember), von den anderen ausgesogen. Nach I! Tagen, bis zum 17. No- vember hatte noch keines abgelegt. Ich konservirte eins derselben an diesem Tage, die anderen an den folgenden, da sie recht matt geworden waren. Aus diesen sieben Fällen geht hervor, dass keinerlei Zusammen- hang zwischen Befruchtung und Eiablage existirt. Als letzten Grund möchte ich noch anführen, dass ich niemals an eben abgelegten Eiern etwas von Spermatozoen habe entdecken können, weder äußerlich noch innerlich, während doch anzunehmen ist, dass dasselbe bei seinem Eindringen noch erkennbar ist; pflegt doch sonst der Einzug des männlichen Elementes in das Ei eine mehr oder weni- ger stürmische Erregung in demselben hervorzurufen. Eine Vereinigung des Spermakernes mit dem © Vorkern, wie es sonst üblich, würde bei dieser Befruchtung auch nicht stattfinden können; denn, wie schon an- gedeutet, das Keimbläschen verschwindet völlig, sobald das Ei aus der Wandung des Ovariums in den ausführenden Hohlraum desselben über- getreten ist. ‚Eine willkürliche Entleerung der Samenmassen dürfte mit Hilfe der Fig. 4 m dargestellten und im Querschnitt gezeichneten Musku- latur stattfinden; denn diese presst aus der ampullenförmigen, haupt- sächlich mit Sperma gefüllten Erweiterung e (Fig. 4) den Samen | | \ | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 97 aus, sobald die Öffnung a durch eine äußere Gewalt nicht verschlossen gehalten wird!!. Ich habe nun die folgende Beobachtung emschb) Das schon oben erwähnte, fast gereifte, mit Fremmine’s Chrom-Osmium-Essigsäure ge- härtete Eierstocksei zeigte außer den im Keimbläschen vertheilten kleineren Chromatinkugeln (Fig. 11 ch) und dem noch erhaltenen Keim- fleck (Fig. 41 kf) meist am Rande in dem achromatischen Netzwerk eine Anzahl kleiner Vacuolen (Fig. 14 v) und in jeder Vacuole ein kleines rundes helles Körperchen mit dunklerem Kern. An anderen Stellen fand ich ein solches Körperchen auch ohne Vacuole an der Innenseite der Keimbläschenmembran (Fig. 11 k). Wiederum konnte ich einige gerade so gestaltete Gebilde auch außerhalb, aber in der Nähe des Keim- bläschens konstatiren (Fig. 11 sp). Sie unterscheiden sich deutlich von den kleineren ebenfalls in der Umgebung des Keimbläschens vorhan- denen Dotterkügelchen (Fig. 11 do), so dass eine Verwechselung mit denselben nicht möglich ist. Letztere Beobachtung beweist, dass die Körperchen dem Keimbläschen nicht eigenthümlich, nicht etwaProdukte desselben sind. Mir fiel sofort ihre Ähnlichkeit mit den Spermatozoen der Phalangiden auf. Dieselben sind linsenförmig und mit einem großen centralen Kerne ausgestattet (cf. bei Branc [11] die Fig. 19, 20, 23). Zum Vergleich gebe ich mit denselben Linsen und demselben Prisma gezeichnet in Fig. 12 die Gestalt der Spermatozoen wieder, wie sie der Ausführungsgang eines erwachsenen Opilio parietinus darbietet. Auch die Größenverhältnisse sind auffallend übereinstimmend, wie die Be- trachtung der mit genau denselben Vergrößerungen gezeichneten Fig. 11 und 12 zu erkennen giebt. — Leider hat es mir nicht gelingen wollen, in den verschiedenen Schnitten durch das Keimbläschen die vermeint- lichen Spermatozoen einmal in seitlicher Ansicht zu bekommen. Die- selben sind nämlich scheibenförmig abgeplattet (Fig. 12 s). Möglich wäre es aber auch, dass dieselben in dem Keimbläschen eine ihrer Auf- lösung voraufgehende Quellung erfahren hätten. Dass eine Quellung der Samenkörper im Ei eintritt, wird öfter in der Litteratur berichtet. Sind die genannten im Keimbläschen vorhandenen Gebilde wirk- lich Samenkörperchen, so würden wir es hier mit einem ganz eigen- artigen Befruchtungsvorgange zu thun haben, welcher nach den ver- schiedensten Seiten hin unsere bisherigen Anschauungen über die Art der Befruchtung überhaupt beeinflussen dürfte. Denn hier würde ein Ei befruchtet, welches noch in organischem Verbande mit dem mütter- lichen Körper steht. Hier würde eine verhältnismäßig große Zahl von Spermatozoen in das Keimbläschen eindringen, während sonst meist 1 Vgl. Bemerkungen während der Korrektur (p. 465) Nr. 1. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 7 98 H. Henking, ein einziges Spermatozoon die Besamung zu vollziehen pflegt. Nicht unwahrscheinlich wäre es auch, dass das Eindringen des Stoffes mit Ursache für die Zusammenballung der chromatischen Substanz resp. die Zerfällung des Keimfleckes, ja vielleicht für das gänzliche Verschwinden des Eikernes sei. Es ist gewiss nicht ohne Wichtigkeit, dass der Same von dem Keimbläschen selbst noch aufgenommen würde und auch der Umstand giebt zu denken, dass die kleinen Chromatinkugeln an Größe den vermeintlichen Samenkörpern etwa entsprechen. Jedenfalls glaube ich, dass die Sache wohl verdient, bei Arachniden und Insekten beachtet zu werden; denn in diesen beiden Thiergruppen finden sich ganz ähnliche Verhältnisse, in beiden ist die Art und Weise der Befruchtung noch recht dunkel, in beiden ist in dem zur Ablage reifen Ei meist von einem Keimbläschen und Keimfleck nichts mehr aufzufinden. Ich werde weiter unten noch ausführlicher auf diesen Punkt zurückkommen. Da scheint mir eine Angabe Leuckarr's (60) von großer Bedeutung zu sein, und möchte ich nicht verfehlen, dieselbe als Stütze der von mir vermutheten Befruchtung der Eier im Ovarium hier anzuführen. Leu- CKART (60) sagt nämlich (p. 43), dass er im Gegensatze zu den sonst par- thenogenetischen Cocciden bei Coccus adonidum in der Samentasche unzweifelhafte Samenfäden gefunden habe und fährt dann fort: »Was mich aber fast noch mehr überraschte, war der Umstand, dass dieselben Fäden auch in dem Leitungsapparate anzutreffen waren, also an Stellen, wo dieselben sonst bei den Insekten mit Samentasche zu fehlen pflegen. Freilich ist dabei in Anschlag zu bringen, dass die Coceiden auch viel- leicht die einzigen Insekten sind, bei denen die Embryonalentwicklung bereits im Eierstocke anhebt. Auch bei den Skorpionen (Sc. europaeus) lassen sich nach meinen Beobachtungen die Samenfäden nicht bloß im Receptaculum, sondern auch im ganzen Leitungsapparate bis zu den Eierfächern nachweisen.c — Nun ist es ja unter den Skorpionen von Androctonus occitanus und Scorpio europaeus schon durch Jon. MÜLLER bekannt geworden, dass sie ihre Embryonalentwicklung in den Ei- follikeln selbst, also im Ovarium, durchlaufen. Auch MErTscanikorrF (68) und Branpr (18, p. 59) bestätigen das Vorkommen der Embryonalent- wicklung der Eier innerhalb des Ovariums und diese Angaben kom- binirt mit der eben eitirten Mittheilung von Leuckarr (60) lassen es kaum zweifelhaft, dass das Ei an seiner Bildungsstätte von dem männlichen Elemente aufgesucht und befruchtet werde. Auch Pauı Mayer (65) ist bei seinen Untersuchungen der Entwicklungsgeschichte der Dekapoden (Eupagurus Prideauxii) zu einem gleichen Resultate gekommen. Seine These 4 (p. 205) lautet: »Die Begattung ist eine äußerliche; die Be- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 99 fruchtung durch Spermatophoren findet höchst wahrscheinlich im Inneren des Ovariums statt und hat das Verschwinden des Keimbläschens zur zeitlichen Folge. Das Keimbläschen verschwindet schon, während das Ei sich noch im Ovarium befindet (p. 199). 5) Das fertige Ei verlässt den Leib des Krebses ohne Kern und nur mit einer Hülle versehen.« Eine Befruchtung des Eies im Inneren des Ovariums wird ferner angegeben für den Peripatus capensis von A. Sepewick (87, p. 355: Fertilisation is apparently effected in the ovary), für alle Hirudineen von A. Scuxeider (84, p. 256); ja bei Aulastomum und Piscicola dringen nach Scanziper (85) die Spermatozoen bereits in die unreifen Eier und lösen sich darin auf (p. 426). Auch O. Herrwıc (44) giebt von Nephelis vulgaris an, dass die Spermatophoren direkt in das Ovarium eingeführt werden (p. 16). Noch zweier anderer Stadien möchte ich Erwähnung thun, welche wohl das Schwinden des Keimbläschens aufklären zu helfen geeignet sind. So zeigt ein reifes Eierstocksei (Fig. 9) zwar noch den mit einigen Vacuolen versehenen, wohl umgrenzten Keimfleck (Kf) und außer ihm im Keimbläschen (Xbl) noch unregelmäßig gestaltete, ebenfalls gefärbte Chromatinkörnchen, aber das Keimbläschen selbst hat sich zu einem vielfach gezackten Körper umgebildet. Seine in früheren Stadien vor- handene scharfe, äußere Grenzlinie ist sehr viel schwächer geworden und besonders an jener Seite, wo sich an das Keimbläschen ein fein- maschiges Netzwerk anschließt (Fig. 9 n) fast unkenntlich geworden. Damit man aber nicht etwa glaubt, allein die Behandlungsweise habe dem Keimbläschen die hier vorliegende, verzerrte Gestalt gegeben, so stelle ich in Fig. 7 ein junges Eierstocksei aus dem gleichen Präparate dar. Hier ist die Membran (Fig. 7 Kbl) durchaus scharf und erscheint auf einem optischen Querschnitte als deutliche, dunkele Linie. Es geht demnach gleichzeitig mit der Reifung des Eies Hand in Hand eine Ver- änderung der Keimbläschenmembran, welche schließlich ganz resorbirt wird und nun einer Vertheilung des Keimbläscheninhaltes nicht mehr im Wege steht. Etwas Ähnliches berichtet Scnxriper (83) von den Eiern von Ascaris megalocephala (p. 4): »Das Keimbläschen ist Anfangs oval, mit einer deutlichen Membran. Die Membran wird dann dünner und beginnt ihre Gestalt zu verändern«, ferner in der Erklärung der Fig. 3 Taf. I: Eindringendes Spermatozoon, Ei eingeschnürt, Keimbläschen strahlig. — Eine Specialarbeit über das Verschwinden des Keimbläs- chens bei Insekteneiern ist soeben von L. Wırı (99) erschienen. Auch nach ihm beginnt die Auflösung desselben damit, dass die Peripherie eingebuchtet und wie zerfressen erscheint (vgl. dessen Fig. 27—36). Weitere Beispiele anzuführen unterlasse ich hier und bitte ich auf 7* 109 H. Henking, diesen Punkt hin unten in dem Kapitel nachzusehen, welches im Alle gemeinen vom Schwinden des Keimbläschens handelt. Ein anderes Bild glaube ich auf die Zeit beziehen zu dürfen, an der sich Keimbläschen und Keimfleck vertheilt haben, ohne jedoch be- reits schon völlig zwischen dem Dotter verschwunden zu sein. Auch dieses Ei (Fig. 5) gehört zu dem gleichen Präparate, wie die vorigen, es ist völlig reif; doch kann ich leider nicht mit Sicherheit angeben, ob es noch am Ovarium hängt oder in dessen Röhre bereits über- getreten ist, da ich die gesammten Geschlechtsorgane dieses sogleich nach der Begattung getödteten Opilio parietinus im Zusammenhange geschnitten habe und da die zahlreichen Eier des Ovariums und Uterus sich so in einander geschoben haben, dass häufig ein deutliches Aus- einanderhalten beider Bezirke nicht möglich ist. An genanntem Eie zeigt sich nun von einem Keimbläschen und Keimfleck keine Spur mehr, dagegen bemerkte ich an einer Stelle zwischen den Dotterkugeln einen beträchtlichen Komplex eines feinmaschigen Netzwerkes (Fig.5 n), welcher nach meiner Meinung den Platz des Keimbläschens eingenom- men hat. Hierfür scheint mir einerseits die Größe des Bezirkes zu sprechen (Fig. 5 und 9 haben gleiche Vergrößerung), andererseits aber auch die Lage. Denn in den reifenden Eiern pflegt das Keimbläschen nicht nur eine excentrische, sondern meist sogar eine ziemlich rand- ständige Lage einzunehmen (vgl. Fig. 8, 9, 1%). Die gleiche Lage hat hier das Netzwerk. Eine Verwechselung mit den weiter unten zu be- sprechenden, neu auftretenden Netzwerken bei der Weiterentwicklung kann aber aus dem Grunde nicht stattfinden, weil dieses hier einen ganz unverhältnismäßig größeren Raum einnimmt (vgl. Fig. 15, 16, 22, 26—28 etc.) und nur in der Einzahl vorhanden ist. Ich bemerke noch, dass ich sowohl ein solches Netzwerk, wie auch ein Keimbläschen von solcher gezackter Form wie Fig. 9 in mehreren Fällen beobachten konnte. | Wie das Keimbläschen und der Keimfleck sich in das Netzwerk aufgelöst haben, so bleibt auch jenes nicht im Zusammenhange be- stehen, sondern fließt gewissermaßen zwischen die Dotterkugeln ab. Denn ein feines, allerdings recht lockeres und daher nur selten zu be- merkendes plasmatisches Gerüst zieht sich als lebendes Fluidum durch die Masse des Dotters hindurch. Es ist wohl als Regel zu betrachten, dass an den Eiern, welche ihre Follikelsäckchen verlassen haben und in die Ova- rialröhre übergetreten sind, weder von einem Keimbläschen noch voneinemgrößeren Netzwerkkomplex etwaszusehenist. Das Gleiche gilt von ihnen, wenn sie in die als Uterus bezeichnete Erwei- terung des Ausführungsganges übergetreten sind, wo sie die gemein- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 101 same Ablage erwarten. Auch hier bieten sie auf Schnitten den Anblick dar, dass die große Menge der Dotterkugeln nur hier und da ein plas- matisches Fädchen zwischen sich erkennen lässt, andererseits aber, wie auch schon die reifen Eierstockseier, außen von einer schmalen Plasma- schicht umgeben wird. Aber auch diese Außenschicht bildet keine homogene Lage, sondern umhüllt, entsprechend der dem Eiplasma der Phalangiden innewohnenden Tendenz, in Gestalt eines feinmaschigen Netzwerkes die centralen Dottermassen. Denn als Netzwerk erscheint es, mögen die Eier mit Fremmine’s Chrom-Osmium-Essigsäure, mit heißem Wasser oder mit Alkohol konservirt sein. Oder man kann auch so sagen: Das wenige in den zur Ablage reifen Phalangideneiern vorhandene Plasma ist durch die von ihm ein- geschlossenen Dotter- und Fettmassen derart vacuolisirt, dass es als derberes, I—3 Maschen hohes Netzwerk (auf Schnitten) nur an der Peripherie in Erscheinung tritt, dagegen sich im Inneren des Eies fast völlig der Beobachtung entzieht. Natürlich steht das Netzwerk durch das ganze Ei mit einander in Verbindung. Eiablage. Wie bei den Milben, so sammeln sich die wohl nicht in allzu großen Zwischenräumen reifenden Eier zu gemeinsamer Ablage im Uterus. — In welcher Weise die Thiere dabei vorgehen, ist bereits durch Menge (67) und de Graar (34) recht anschaulich geschildert, so dass ich nur mit wenigen Worten darauf einzugehen, so wie einige Nachträge hinzuzu- fügen brauche. Merkt ein Phalangidenweibchen, dass ihr Stündlein gekommen ist, so macht es sich daran, für die Eier ein geeignetes Plätzchen aufzu- suchen. Sorgfalt ist hier wohl vonnöthen; denn nicht weniger als seine halbe Lebenszeit! bringt unser Phalangium innerhalb der Ei- schale zu und unvermögend, sich äußeren schädlichen Einflüssen zu 1 Ich habe bei Göttingen, trotzdem ich mich vielfach darum bemüht habe, niemals einen überwinternden Opilio parietinus auffinden können. Nur einmal fand ich in einem Warmhause des hiesigen botanischen Gartens im März 1886 einen Leio- bunum hemisphaericum todt in einem Spinngewebe und die Verfertigerin desselben, eine Tegenaria domestica, sog daran. Doch weiß ich nicht, ob der Weberknecht frisch gefangen war. Jedenfalls ist in unseren Breiten ein Überwintern der Thiere sehr selten, ich habe auch im Frühjahr stets nur kleine diesjährige Phalangiden aufgefunden, niemals ein vorjähriges Exemplar. Eben so ist es LATREILLE (58) und MEnGE (67) gegangen, während Branc (14, p. 2) angiebt, die Thiere könnten über- wintern. — Für unsere Breiten ist es demnach Regel, dass die Eier fast ganz genau ein halbes Jahr ruhen (aus den Ende Oktober abgelegten Eiern schlüpfen die Jungen Ende April des folgenden Jahres aus) und mit dem Monat November beschließen die letzten für gewöhnlich ihr Leben. 102 H. Henking, entziehen, kann dem jungen Thiere ein dauernder Schutz nur geboten werden durch die Vorsicht der Mutter. Diese sucht nun zunächst ein feuchtes Erdreich auf; doch vermeidet sie stark durchnässten und daher klebrigen Boden eben so sehr, wie trockene, zu Staub zerfallende Erde. Da es dem Thiere in Folge seiner langen und dünnen Beine unmöglich ist, in die Erde einzudringen, wie es z.B. Trombidium fuliginosum macht (Heskıne [44] p. 593), so ist es gewissermaßen als Ersatz für das Unvermögen mit einer langen und sehr ausdehnsamen Legeröhre aus- gerüstet, vermittels deren die Eier an einen einigermaßen sicheren Ort übertragen werden können. Das Thier schiebt die Legeröhre weit aus dem Körper heraus und tastet damit zwischen den Erdbröckchen und Steinen in der Tiefe umher. Hat es einen passenden Ort gefun- den, so senkt es die Legeröhre möglichst tief hinab, drückt auch den kleinen Leib so tief in die Spalten, wie es geht und lässt nun die Eier langsam eines nach dem anderen in die Tiefe gleiten. Meist werden dieselben auf einem Haufen abgelegt; doch findet man auch öfter die Ablage unterbrochen, sei es, dass eine äußere Störung eintrat, sei es, dass die Mutter eine Indisposition überkam; dann sieht man an einer Stelle nur ein kleines Häufchen, und erst in der Nähe irgend wo den Rest der Eier geborgen. Noch näher in die Geheimnisse der Niederkunft von Opilio parie- tinus einzudringen, hat mir nicht gelingen wollen. Ich habe öfter ein solches Thier während der Ablage emporgehoben, um das Durchgleiten der Eier durch die Legeröhre zu studiren, doch vergeblich. Wenn ich das Thier auch sofort wieder niedersetzte, so hörte es doch stets mit dem Abgeben der Eier auf, zog die Legeröhre ein und lief fort. Erst nach einiger Zeit, wenn es sich nicht mehr belästigt glaubte, setzte es das angefangene Geschäft fort. Bei Leiobunum hemisphaericum dagegen bin ich glücklicher ge- wesen. Auch hier hob ich ein bei der Geburt begriffenes Thier auf und zog damit den im Erdreich verborgenen Legeapparat hervor. Ich setzte das völlig apathische Thier sofort wieder zu Boden, die Legeröhre blieb ausgestreckt, blieb auf der Oberfläche desErdbodens liegen und nur die Spitze derselben suchte zitternd und tastend ein Versteck zwischen den Erdkrümchen, sich zwischen diesen abwärts senkend (siehe Holz- schnitt), und bewegte sich in dieser Vertiefung leise pendelnd hin und her. In gemessenem gleichmäßigen Zuge, fast in gleicher Distanz, wie auf einen Faden gereiht, passirten die Eier die Legeröhre. In dem durchscheinenden Theile des Rohres erschien plötzlich eine weißliche Wolke, das herabgleitende Ei (siehe Holzschnitt). Dasselbe war zu einem ziemlich langen Ellipsoid zusammengedrückt, während das Rohr Asse BE ha a Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 103 keine Aufweitung erfuhr. Beim Verlassen der Legeröhre rundeten sich die Eier sofort wieder zu Kugelform ab. — Deutlich zu sehen war ferner, dass die Eier aus dem Uterus eine zähe und besonders bei Leiobunum hemisphaericum sehr reichliche Flüssigkeit mitführten. Sie schoben dieselbe vor sich her als weißliche Kappe, zogen sie nach als einen Faden, welcher sich an die Wand des Rohres ansenkte und mit der Kappe des folgenden Eies in Verbindung stand (siehe Holzschnitt). — — Ein Leiobunum hemisphaericum bei der Eiablage, etwa doppelte natürliche Größe. Die Beine im Verhältnis zum Leibe etwas zu kurz. Dies Sekret wird von den die innere Wand des Uterus und Ei- leiters auskleidenden, zu langen Zotten vereinigten Drüsenzellen abge- schieden (Fig. 10 dr). Das Sekret hatin dem Präparat durch die Behand- lungsweise Tropfenform angenommen; doch ist deutlich zu erkennen, wie diese Tropfen häufig durch einen Sekretfaden noch mit ihrer Mutterzelle in Verbindung stehen (Fig. 6 {r). Das Uterussekret umhüllt die Eier und verklebt sie bei der Ab- lage mit einander. Berührt man frisch gelegte Eier mit einer Nadel oder dgl., so kleben sie sehr fest daran und ist es nicht leicht, sie un- beschädigt wieder abzustreifen. Mit der Zeit erhärtet dann das Sekret zu einer sehr festen Masse und umgiebt jedes Ei so noch einmal mit einer Schale; denn vorher war das Ei nur von dem von ihm selbst ge- bildeten Oolemm umhüillt. Entwicklung im abgelegten Ei. I. Auftreten der ersten Kerne. Die Eier von Opilio parietinus haben eine Größe von 0,5226 bis 0,56 mm, diejenigen von Leiobunum hemisphaeriecum sind etwas größer 104 H. Henking, und haben etwa 0,75 mm Durchmesser. Sie sind bei beiden Thieren von weißer Farbe und völlig undurchsichtig. Weder im auf- noch im durch- fallenden Lichte kann man über die ersten Entwicklungsvorgänge etwas erfahren. Höchstens sieht man an der Oberfläche des Eies eine zarte Felderung, welche aber weiter nichts ist als der Ausdruck für die oberflächlich gelagerten Dotterkugeln und deren Zwischenräume (Fig 29). Die Eier der beiden genannten Phalangiden sind, wie schon bemerkt, von einer doppelten Hülle umgeben, von dem vom Ei selbst abgeschiedenen Oolemm und dem aus dem Uterus herrührenden, zu einer festen Schale erstarrenden Sekrete. Baustanı (5) hat diese beiden Eihüllen am verlassenen Ei ebenfalls erkannt. Fig. 18 zeigt das seltene Vorkommen, dass die beiden sonst fest auf einander liegenden Hüllen sich getrennt haben. Die innere (ih) hat sich nicht nur in Falten gelegt, sondern muss auch einen Riss haben, da einige Fetttropfen (f) zwischen die beiden Hüllen eingedrungen sind. Die Tropfen lösten sich in Chlo- roform. In gleicher Weise besitzt das Ei von Ägelena naevia nach Locy (62) eine äußere, durch den Oviduet abgeschiedene, so wie eine innere, zartere Schale, die nach ihm ein Produkt des Vitellus ist. — Die Hüllen bestehen nicht aus Chitin: In 200%/,iger Salpetersäure quellen sie zu einem irisirenden Häutchen, in mittelstarker Kalilauge lösen sie sich unter beträchtlicher Aufblähung fast völlig auf. — Es ist nicht zu vermeiden, dass die Eier von Pilzen angegriffen werden. Da ist es nun die äußere Hülle, welche von den feinen Pilzfäden nicht nur umspon- nen, sondern auch angeätzt wird, so dass sie nachher zarte, arabesken- und baumartige Zeichnungen zur Schau trägt. Bis auf die innere Schale ist das Eingeätzte aber niemals vorgedrungen. Barsıanı (5) bemerkte ebenfalls auf der äußeren, von ihm Chorion genannten Eihülle eine feine, wurmförmige Zeichnung (cf. seine Fig. 1), die er für eine Struktur- eigenthümlichkeit hält, in welcher ich dagegen ebenfalls nur die Fährte einer Pilzvegetation vermuthen möchte. Eigenthümlich ist es, dass die Eier eine einmalige, nicht sehr be- deutende aber doch deutlich wahrnehmbare Größenzunahme erfahren. Eier, die am 7. Nov. 1884 abgelegt waren, maßen am 47. November 0,53—0,56 mm, dagegen am 18. December 0,56—0,8217 mm. Später trat keine wahrnehmbare Vergrößerung mehr ein. Auch von Krebsen ist etwas Ähnliches bekannt. Nach Rıruke soll bei Crangon und Palae- mon die Größenzunahme des Eies über die Hälfte des ursprünglichen Volumens betragen und bei Pagurus nach P. Mayer (65) die Eier von 560 resp. 600 u auf 700—850 u anwachsen (p. 209). P. Mayer (65) erklärt diese Erscheinung durch eine allmähliche Aufnahme von See- wasser, während hier der Grund offenbar in einer wohl durch che- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 105 mische Umsetzungen bedingten Größenzunahme des sich entwickelnden Thieres zu suchen ist. Da ich den Dotter am frisch gelegten Ei nicht näher untersucht habe, sondern erst auf einem Stadium, an dem sich schon eine Zell- schicht an der Oberfläche des Eies gebildet hatte, so mag auf später verwiesen sein. Nur so viel sei bemerkt, dass die mit kochendem Wasser gehärteten und dann in Alkohol konservirten Eier zwischen der prall ausgedehnten Eihülle und der durch Schrumpfung zurückge- wichenen Eikugel eine große Menge stark lichtbrechender Tröpfchen aufweisen (Fig. 17). Wir haben in ihnen offenbar Fett vor uns; denn auf Schnitten, die also einer Behandlung mit Terpentinöl ausgesetzt waren, habe ich nie mehr etwas von ihnen wahrnehmen können. Vorweg will ich noch bemerken, dass alles Folgende, wo nicht ausdrücklich das Gegentheil bemerkt, durch Untersuchung des in Paraffin geschnittenen Objektes gewonnen wurde. Bei der völligen Un- '* durchsichtigkeit der Eier war es geboten, sie in Serienschnitte zu zer- legen und diese genau zu durchmustern. Da mir ein ziemlich bedeu- tendes Material zur Verfügung stand und ich Sorge trug, dass von den Schnitten nichts verloren ging, so glaube ich die Resultate meiner Untersuchungen mit gutem Gewissen als zu Recht bestehend vertreten zu können. Werden frisch abgelegte Eier in FLemming’s Chrom-Osmium-Essig- säure einige Stunden gehärtet, oder mit kochendem Wasser oder auch Prrenyr's Flüssigkeit behandelt und dann in der eben erwähnten Weise geschnitten, so zeigen sie meist schon die Anlage mehrerer neuen Kerne. Doch habe ich auch Eier geschnitten, welche trotz mehrstündigen Ver- weilens außerhalb des mütterlichen Körpers noch keinerlei Anzeichen einer fortschreitenden Entwicklung erkennen ließen. Auch P. Mayer (65) (p. 212) berichtet von den Eiern von Pagurus Prideauxii, dass die einzelnen Eier von vorn herein durchaus nicht gleichen Schritt in der Entwicklung halten und giebt als Grund dafür an, dass dieselben zu verschiedenen Zeiten im Ovarium befruchtet werden. Welche der drei genannten Flüssigkeiten auch angewandt sein mag, stets treten als erste Spuren der neuen Kerne, von Anfang an räumlich von einander getrennt, zwischen den hier aus einander wei- chenden Dotterkugeln zarte, plasmatische Netzwerke von nicht bedeu- tendem Umfange auf. Die Fäden dieses Netzwerkes sind bei den mit Anwendung von heißem Wasser konservirten Eiern ziemlich homogen, bei Einwirkung von Fremmine’s Chrom-Osmium-Essigsäure dagegen deutlich gekörnelt. Das Weitere bietet nun aber je n:ch der ange- wandten Konservirungsmethode ein etwas verschiedenes Verhalten. 106 H. Henking, Nomenklatur. Wie ich nach meinen Beobachtungen annehmen muss, entstehen in dem abgelegten Eie der Phalangiden eine Anzahl neuer Kerne und Zellen durch freie Kern- und Zellbildung. Sie lassen aus sich die künf- tigen, den Körper des Thieres aufbauenden Zellen hervorgehen. Zur Vereinfachung in der Bezeichnung und auf Grund ihrer eigenthümlichen Genese verdienen sie wohl einen besonderen Namen. Analog der Wort- bildung bei Holocyten und Merocyten möchte ich für sie den Ausdruck Protocyten vorschlagen, während der Kern einer Protocyte als Ur- kern (Protokaryon) bezeichnet werden könnte. Die von E. Ray-Lan- KESTER (77) gewählte Bezeichnung Autoplast (vgl. p. 157) behalte ich desshalb nicht bei, weil dieses Wort von Krause bereits in anderem Sinne in Verwendung genommen ist. I) Anwendungvon FrLenmine’sChrom-Osmium- Essigsäure. Diese Flüssigkeit hat auch hier ihre, die Kernstruktur erhaltenden Eigenschaften deutlich zur Schau gestellt. Ich wiederhole: Im Inneren der Dottermassen, aber durch da- zwischen liegende Strecken der Dottersubstanz von einander getrennt, bemerkt man das Auftreten einer Anzahl zarter Netzwerke. So viel Eier ich auch durchmustert habe, niemals habe ich bemerkt, dass zwei Netzwerke direkten Zusammenhang mit einander hatten, ferner sind sie alle etwa von gleicher Größe, so dass also der Gedanke, dass sie sich durch Theilung vermehrten, nicht aufkommen kann. Nichts deutet auf eine solche hin. Auch das spricht dagegen, dass man in einem Ei die verschiedensten Stadien, vom reinen Netzwerk bis zu solchem mit weit entwickelter Kernanlage neben einander bekommt. Die Netz- werke sind also nicht von ganz gleichem Alter und doch geht ihre Ent- wicklung noch neben einander her. Es ist möglich, dass der erste embryonale Kern als Vorläufer eine solche erste netzförmige Plasma- anhäufung voraussandte; doch ist so viel gewiss, dass seine hervor- ragende Bedeutung dadurch eine gewaltige Einbuße erleidet, dass vor seiner völligen Ausbildung und ganz unabhängig von ihm, ihm Genossen erwachsen. Sie entstehen, räumlich von ihm getrennt, in gleicher Weise wie er selbst. Sie stehen zu ihm etwa in dem Verhältnisse, wie ein jüngerer zu seinem älteren Zwillingsbruder: Er hat vor demselben nichts voraus als eine kleine Spanne Zeit. Jedes im Inneren des Eies neu auftretende Netzwerk zeigt später annähernd central eine geringe Verdunkelung (Fig. 15) und hier, wo Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 107 sich die Netzwerkstruktur kaum noch erkennen lässt, bemerkt man nach Färbung mit neutralem, essigsaurem oder Boraxkarmin und bei stärksten Vergrößerungen eine Anzahl verschieden großer, rothgefärb- ter Körnchen. Manche von ihnen sind als Pünktchen wohl erkennbar und von ihnen führen Übergänge bis zu jenen, die staubartig fein nur durch einen kaum bemerkbaren röthlichen Schein ihre Zugehörigkeit zu ersteren verrathen. Die Vertheilung derselben ist eine ganz un- regelmäßige. Des Weiteren erhält man Stadien, in denen die Verdunkelung im Netzwerk stärker geworden ist. Dieselbe kann alsdann bei intensiverer Färbung auch einen schwachen Farbenton annehmen. Gleichzeitig rücken auch die rothen Körnchen mehr zusammen. Deutlich tritt das hervor bei Fig. 16, wo die Körnchen ganz unverkennbar sind. Die- selben werden überhaupt immer größer, sei es, dass sie durch Auf- nahme von plasmatischer Substanz von innen heraus wachsen, sei es, dass sie durch Verschmelzung mit anderen Körnchen ihr Volumen ver- größern. Weiter geht die Veränderung der Kernanlage in der Weise vor sich, dass die Verdunkelung ein mehr homogenes Aussehen bekommt, sich gleichzeitig ausdehnt (Fig. 16). Es treten in dieser homogenen Figur feine achromatische Streifen auf, die um so deutlicher werden, je gleichmäßiger dieselbe wird und je schärfer sie sich gegen die kör- nige Umgebung abhebt. Diese hervorragende Stelle hat bald einen mehr rundlichen, meist aber einen länglichen Umfang (Fig. 22, 26, 27), was wohl darauf zurückzuführen sein dürfte, ob der Schnitt senk- recht, schräg oder parallel zur Längserstreckung die Figur getroffen hat. Das vollkommenste Bild einer derartigen, schon ziemlich ent- wickelten Figur bei seitlicher Ansicht bietet Fig. 34: hier hat die achro- matische Substanz deutliche Spindelgestalt. Im Äquator sind die Chro- matinkugeln angehäuft. — An Stelle der Chromatinkugeln sieht man zuweilen in den Spindelfiguren kurze Fädchen liegen, welche dann einen geschwungenen Verlauf haben (Fig. 27, 28, auch 26). Sie sind wohl durch seitliche Verschmelzung von Kügelchen entstanden. Chromatinkugeln und achromatische Fäden gruppiren sich hier also in derselben Weise, wie es von den Theilungsfiguren fertiger Zellen sonst bekannt ist. Ein wichtiger Unterschied dürfte sich vielleicht dar- in zeigen, dass die Chromatinsubstanz, wie gesagt, hier vorwiegend in Kugelgestalt auftritt, während sonst die Fadenform derselben die Regel zu bilden pflegt. Doch freue ich mich, als Bestätigung meiner Be- obachtung eine jüngst erschienene Arbeit von G. Pıarner (74) anführen zu können. Derselbe hat in gleicher Weise, wie ich hier, die Eier von 108 H. Henking, Arion empiricorum in Chrom-Osmium-Essigsäure gehärtet und erst die Schnitte mit Hämatoxylin und Safranin gefärbt, während ich eine Durchfärbung mit Karmin anwandte. Aber das Resultat ist das gleiche. Seine Fig. 12, 13, 16, welche die bei Arion nur in der Einzahl auf- tretende und der Befruchtung folgende »Furchungsspindel« darstellen, zeigen ganz ähnliche Spindeln, wie ich sie bekommen, zeigen die Chro- matinsubstanz ebenfalls in Form von Körnchen ausgeschieden. Auch im Text spricht er in gleicher Weise nur von Körnchen, nicht von Fäden (z. B. p. 67, 68). Ein weiterer Unterschied gegenüber der gewöhnlichen Zelltheilung besteht darin, dass die Chromatinkügelchen hier eine wirkliche äqua- toriale Platte bilden, d. h. auch im Inneren der achromatischen Figur vorhanden sind, während nach Fremmine (p. 211) bei der Zelltheilung die chromatische Substanz gewöhnlich nur ringförmig die achro- matischen Fäden umspannt. Dagegen hat C. Rası (76) bei Theilungs- figuren vom Salamander und von Proteus auch in der Mitte Schleifen liegen sehen (p. 243) und auch bei Pflanzen findet sich nach STRASBURGER ein ähnliches Verhalten, wie ich es hier beobachtet habe (vgl. Fremming p. 305). Leider hat Pıarner über diesen Punkt bei Arion keine An- gaben gemacht. Bemerkenswerth, und für meine Auffassung der spontanen Ent- stehung der Kernsubstanz in unserer Eizelle ein weiterer Beweis ist die Beobachtung, dass ganz unverkennbare Chromatinkugeln außer- halb, aber dicht neben einer fertigen Spindel sich einstellen können (Fig. 34). Die Kugeln liegen im Präparat eben so deutlich, wie in der Figur, in der körnigen Umgebung der Spindel. Es sind gewissermaßen Reste aus der Grundmasse der chromatischen Substanz an dieser Stelle, welche zu spät zusammengeflossen, zu spät in färbbarer Gestalt her- vorgetreten sind, um noch rechtzeitigen Anschluss zu erreichen; doch dürften sie wohl noch nachträglich in den Verband der anderen Körner- gruppe einrücken. Einer weiteren eigenthümlichen Form der Kernfiguren muss ich noch Erwähnung thun, welche ich bei drei verschiedenen Eiern aufge- funden habe. Die Fig. 19, 34, 32 und 38 sollen das Verhalten darstellen. Die ersten drei Figuren bilden im Verein mit Fig. 20 die vier ersten Kernanlagen eines Eies. Fig. 20 zeigt nichts Ungewöhnliches: Als erste Boten des künftigen Kernes treten in dem bekannten plasmatischen Netzwerke die ersten zarten Chromatinkügelchen uns entgegen. Anders bei Fig. 19, 34 und 32: Hier zeigt das plasmatische Netzwerk zwar auch nichts Absonderliches, hier sind die Chromatinmassen in bekann- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 109 ter Kugelform vertreten, aber die Anordnung derselben ist eine ab- weichende. Ein vacuolenartiger Raum wird umschlossen von einer zarten Wandschicht, wird durchzogen von feineren und gröberen Fäden in unregelmäßiger Weise, und an diese Wandschicht sind angelagert, auf diese Fäden sind aufgereiht die Chromatinkugeln, deren Größe vom feinsten, kaum wahrnehmbaren Körnchen bis zum verhältnismäßig großen Ballen wechselt. Die vacuolenartigen Räume haben im Allge- meinen eine ovale Gestalt (Fig. 32, 38), zuweilen ist dieselbe aber etwas unregelmäßig durch rundliche Ausbuchtungen (Fig. 31, 19). Eigenthümlich ist es, dass trotz der vollkommenen Ausbildung der Ghromatinkörner von achromatischen Fäden keine Spur zu be- merken ist. Ich vermuthe, dass hier ein weiteres Stadium zur Bildung der embryonalen Kerne vorliegt, indem der Kern, wenn auch in etwas auf- gedunsener Gestalt, sich schärfer gegen die Umgebung abhebt, indem die achromatischen Fäden eine Umwandlung in nucleo-plasmatische Stränge erlitten haben und gleichzeitig die achromatische Substanz durch den ganzen Raum des künftigen Kernes zerstreut wurde. Eine Ermuthigung erhält dieser Gedanke durch die Betrachtung der Fig. 19 G. Prarner’s (74): Sie zeigt, dass die Eizelle von Arion einmal gefurcht ist und in jeder Furchungskugel einen Furchungskern, dessen jugendliches Alter durch den ihm noch einseitig anhaftenden Aster deutlich gekennzeichnet ist. Die beiden vorliegenden Furchungskerne haben in der Zeichnung eine ganz ähnliche, aufgeblähte, ovale Gestalt, wie die unsrigen, nur ist ihre Membran etwas derber eingezeichnet. »Sie enthalten kleine, stark färbbare Körnchen und schwach entwickelte, achromatische Fäden in ziemlich regelloser Anordnung« (Prarner [74] p. 69). Also ganz wie hier. — Ungemein ähnlich unseren jungen Kernen sind auch die beiden Tochterkerne eines bereits eingeschnürten Eies von Ascaris megalo- cephala, wie sie van BEnzDen (8) auf Pl. XIXter Fig. 12, 13 abbildet. Er bemerkt dazu (p. 562): Les figures 10 & 13 montrent divers stades de cette &dification des noyaux filles. Les gros globules chromatiques se resolvent en un grand nombre de filaments et de petits globules, surtout nombreux aux entrecroissements des filaments qui les reunissent entre eux. — Sehr an die hier vorliegende Ausbildung der Kernanlage erinnert auch, was O. Herrwie (44) von Nephelis vulgaris mittheilt (p.21). Nach der Ablage treten im Ei zwei Sonnen auf und in ihnen zwei bla- sige Kerne, »vacuolenartige Gebilde«. »An Essigsäurepräparaten unter- scheidet man an ihnen eine dichte Rindenschicht und einen flüssigen Inhalt, der von Körnchenhaufen und netzartigen Strängen mit knotigen Anschwellungen durchsetzt ist.« Herrwıc erklärt dieses Verhalten aber 110 H. Henking, für ein Kunstprodukt, da der Kern mit Osmiumsäure behandelt, ho- mogen bliebe. Störend sind auch hier wieder einige Chromatinkörner, welche als wohl erkennbare rothe Punkte ganz unzweifelhaft noch außerhalb der blasigen Kernfigur in dem dunkleren Plasmanetze liegen (Fig. 19, 34). Vielleicht dienen die rundlichen Ausstülpungen der Kernfigur dazu (Fig. 31), um derartig verirrte Nachzügler noch der letzteren zu inkor- poriren. Diese Ausstülpungen erhöhen noch die Ähnlichkeit mit den jungen Kernen von Ascaris; denn sie sind van BEneDEn dort ebenfalls entgegengetreten. Er sagt (p. 562): L’on constate frequemment aux stades represent6s figures 12 et 13, que la charpente chromatique du jeune noyau se montre constitu&e d’une portion prineipale, centrale, et d’une portion accessoire formant un bourrelet marginal plus ou moins separ& de la premiere. Anfangs glaubte ich, jene so sonderbar aufgedunsenen, vaeuolisirten Kernfiguren seien Kunstprodukte, seien nur das Resultat einer Quellung wie sie etwa beim Auswaschen der Säure zu Stande gekommen sei. Dem ist jedoch offenbar nicht so; denn ich habe dieselben Gebilde nicht nur bei drei verschiedenen, mit Fremmine’s Mischung behandelten Eiern aufgefunden, sondern auch bei einem mit Prrenyr's Flüssigkeit konser- virten Ei in gleicher Weise konstatiren können. Auch hier ist ein vacuolisirter, ovaler Raumabschnitt von feinen Fädchen durchzogen und lässt deutlich die rothgefärbten, hier ziemlich kleinen Chromatin- körnchen erkennen (Fig. 30). Besonders wird die Ähnlichkeit der Fig. 38 und 30 in die Augen fallen. Wenn durch zwei verschie- dene Methoden eine derartige Übereinstimmung der Figuren erreicht wird, so gewinnt offenbar der Schluss an Berechtigung, dass die ge- fundene Struktur nicht auf die Wirkung der Reagentien zurückzuführen sei. — Das plasmatische Netzwerk ist nach Anwendung von PERENYTS Flüssigkeit sehr viel undeutlicher. Die Dotterkugeln haben ebenfalls vielfach eine wie angefressene Peripherie. Zum Verständnis des Vorhergehenden muss ich jedoch noch das folgende höchst Bedeutungsvolle hervorheben. So sonderbar es auch klingen mag, ich habe keinerlei Andeutungen dafür, dass die so schönen, so typischen Kernfiguren wie Fig. 34 eine wirkliche Theilung einleiteten. Niemals habe ich in ihnen ein Auseinanderweichen der äquatorial an- geordneten Chromatinkörner zu den Phasen der Tochterkernbildung beobachtet, niemals habe ich zwei neu entstandene Embryonalkerne in einer solchen Lage zu einander gefunden, dass ein Gedanke, sie seien durch Theilung entstanden, hätte auftauchen können. | Ich muss daher annehmen, dass eine solche Spindelfigur jedes Mal Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 111 nur einen Kern aus sich hervorgehen lässt. Demnach hätte dieselbe nur den Werth einer Tochter-Kerntheilungsfigur, d. h. entspräche jener Hälfte einer sich theilenden Zelle, welche nach Halbirung der äquato- rialen Chromatinansammlung von dieser ihren Theil erhalten hätte, oder der »Sternform der Tochterzellen« nach Fıemmine. — So sehr wunderbar ist das ja schließlich gar nicht. Ich hoffe, dass im Verlaufe dieser ganzen Untersuchung es klar werden wird, dass wir es im vor- liegenden Falle mit durch freie Zellbildung im eigentlichen Sinne des Wortes entstandenen Zellen zu thun haben. Ein derartiges, ver- hältnismäßig seltenes Vorkommen wird naturgemäß seine Besonder- heiten haben und liegt gar kein Grund vor, nach dem man eine so- fortige Theilung der Kernanlage erwarten könnte. Tritt aber ein einzelner Kern auf unter karyogenetischen Vorgängen, wie man diese Erscheinung in gleicher Weise wie die weiteren Stadien der Karyolyse wohl nennen könnte, nun, so liegt es am nächsten zu erwarten, dass er unter ähnlichen Erscheinungen sich bildet, unter denen auch in fer- tigen Geweben die neuen Kerne entstehen, d.h. eben unter der Tochter- Kernbildung entsprechenden Vorgängen. Sollten dagegen spätere Untersuchungen ergeben, dass die beschriebenen Spindelfiguren doch direkt eine Theilung einleiteten, so würde ich mich durchaus nicht gegen die Thatsache sträuben, sondern sie als analog den bei anderen Thieren beobachteten Vorgängen freudig begrüßen. Das was ich ge- sehen habe, spricht nicht dafür; ich kann meine Beobachtungen unge- zwungen nur so erklären, wie ich es gethan habe. Anfügen will ich hier noch ein Stadium, welches wohl den Zustand des neuen Kernes kurz vor seiner völligen Konsolidirung bildet. Der- selbe gehört zu einem Ei von Leiobunum hemisphaericum vom ersten Tage nach der Ablage. Die wohl ausgebildeten, rundlichen, bis zuwei- len etwas nierenförmigen Chromatinkugeln liegen dicht bei einander in einem von einer ganz zarten Grenzlinie eingeschlossenen Raume (Fig. 33). Sie sind durch helle Zwischenräume von einander getrennt. Das ganze Gebilde ist von feinkörnigem Plasma umgeben, welches mit dem allgemeinen plasmatischen Netzwerke in Verbindung steht. Da der fertige Kern sich von den auf die im Folgenden beschrie- bene Weise konservirten nicht bemerkenswerth unterscheidet, so ver- weise ich darauf. Zwar ist das, was ich bisher mitgetheilt habe, nicht lückenlos, eben in Folge des recht schwierig zu bearbeitenden Materiales; doch wird es sich mit den nachfolgenden Beobachtungen, wie ich hoffe, noch zu einem zusammenhängenden Bilde vereinigen. 112 H. Henking, 2) Konservirung mitkochendem Wasser. Auch an diesen Eiern wird der Beginn zu einer Kernanlage da- durch gemacht, dass das sonst in der Dottermasse nur unter besonders günstigen Umständen, nur bei vorzüglicher Färbung sichtbare plasma- tische Netzwerk sich zu derberen Strängen verdickt und an einer von Dotterkugeln freien Stelle zu einem zuerst nur von wenigen Maschen gebildeten Netze näher zusammenschließt. In Fig. 45 habe ich ein sol- ches frühestes Stadium aus einem gleich beim Auffinden konservirten Eihaufen abgebildet. Es ist das überhaupt die jüngste von mir zur Dar- stellung gebrachte Kernanlage. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung beginnen sich alsdann die Maschen enger zusammenzuschließen, irgend eine uns noch unbekannte Ursache treibt das Plasma, nach jenen Bildungscentren zu strömen und schließlich inmitten des Netzwerkes auch noch eine etwas größere An- sammlung zu bilden. Von der Peripherie wird das Plasma nicht genom- men; denn dort tritt keine Verminderung desselben ein. Die im Dotter vertheilte plasmatische Substanz ist aber so geringfügig, dass auch sie nichts mehr abgeben kann, ohne dabei zu Grunde zu gehen. Sie muss sich daher schon jetzt neu bilden. Inmitten der so entstandenen plasmatischen Anhäufung innerhalb des Netzwerkes tritt nun gleichzeitig, nicht als Wirkung, sondern offen- bar als Ursache derselben, eine nicht scharf abgegrenzte schwach ge- färbte Stelle als erste Andeutung des künftigen Kernes hervor. Bei ge- nauer Betrachtung sind in ihr wohl einige verwaschene stärker tingirte Pünktchen bemerkbar (Fig. 36). Es entspricht das etwa dem Stadium der mit Fremmine’s Gemisch behandelten Eier, welches in Fig. 16 dargestellt wurde. Dort hatte das Säuregemisch die gewissermaßen auskrystalli- sirten Chromatinkörnchen sichtbar erhalten, hier mag die abweichende Konservirungsmethode eine Verflüssigung der noch nicht zu völliger Selbständigkeit gelangten chromatischen Substanz bewirkt haben; denn sollte nicht die deutlich gefärbte Stelle in dem plasmatischen Hofe auf eine derartige Vertheilung der färbbaren Masse in das umgrenzende Plasma hindeuten? Die deutlicher gefärbten Körnchen würden alsdann bereits resistentere Portionen der Chromatinsubstanz repräsentiren. Klarer treten die Verhältnisse in Fig. 39 hervor: In einem hier ziemlich scharf abgegrenzten und deutlich aber nur schwach gefärbten Raume treten einige Körnchen ziemlich scharf, andere weniger gut hervor. Ich bemerke dabei, dass die Fig. 36, 39 und 45 sämmtlich aus verschie- denen Eiern stammen, und zwar Fig. 39 aus einem Ei, welches 24 Stun- | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 113 den nach der Auffindung konservirt wurde, zu dieser Zeit aber erst drei Kernanlagen aufwies. Den Schnitt, welcher Fig. 39 birgt, möchte ich dazu benuizen, um darzustellen, wie sich das Innere eines mit heißem Wasser konservirten Eies dem Beschauer darbietet (Fig. 40). Zunächst fällt die Menge der ungleich großen Dotterkugeln in die Augen: dieselben sind zwar von rundlichem Typus, aber doch verschieden gestaltet (Fig. 40 do). Sie werden nach außen von dem peripheren plasmatischen Netzwerke be- grenzt (pl). Sie umschließen die in Fig. 39 bei stärkerer Vergrößerung dargestellte Kernanlage, deren Lagerung annähernd zwischen Centrum und Peripherie man beachten wolle. Außen ist bei e.h die Eihülle ge- zeichnet: der Eiinhalt hat sich durch Schrumpfung von ihr zurückge- zogen, sie hat sich ein wenig gefaltet und ist an einer Stelle durch einen künstlichen Einstich verletzt. Des Weiteren werden derartige Stadien der Kernbildung aufge- funden, wie Fig. 47 zeigt: die plasmatische Ansammlung hat in der Mitte eine hellere Stelle und dort trifft man die noch ziemlich zerstreuten Chromatinkörnchen. Dieselben waren in diesem Falle offenbar schon so gefestigt, dass sie durch die angewandte Methode keine Auflösung erfuhren. Fig. 47 ist auch ein Beispiel dafür, dass ein neuer Kern in der Nähe der Eiperipherie angelegt werden kann. Derselbe steht hier unmittelbar mit dem randständigen Plasmanetze (pl) in Verbindung. Auch Fig. 41 gehört hierher, die Chromatinkugeln sind nicht sehr in- tensiv gefärbt, aber wohl erkennbar. Sie sind in einer solchen Weise zusammengerückt, dass man denken könnte, es liege bereits ein fertiger Kern vor; doch fehlt jegliche Umgrenzung. In Fig. 42 haben sich die Chromatinkörnchen bedeutend einander genähert und dies Stadium wird wohl der Vorläufer von einem in Fig. 46 wiedergegebenen sein, wo bereits eine völlige Vereinigung der chroma- tischen Substanz stattgefunden hat. Es würde demnach Fig. 46 das Aussehen eines jungen fertigen Urkernes, eines Protokaryon, darstellen. — Von achromatischen Fäden habe ich bei dieser Behandlungsweise niemals etwas in den Kernanlagen wahrgenommen. Stellung der Kernanlagen im Ei. Zur Entscheidung der Frage, ob eine»freie Kernbildung« oder nur eine Theilung schon vorhandener Kerne vorliege, dürfte es wohl von Wichtigkeit sein, zu erfahren, wie denn eigentlich die Kernanlagen im Ei vertheilt sind und in welcher Beziehung sie zu einander stehen. Eine darauf gerichtete Untersuchung ergiebt, dass die Kernanlagen überall zwischen den Dottermassen auftreten können; allerdings ist eine Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bad. 8 114 H. Henking, randständige Lagerung, wie sie z. B. das verschwindende Keimbläschen inne hatte (vgl. Fig. 5, 8, 9, 1%), hier zwar seltener, aber dennoch zu be- obachten (Fig. 33, 47). Die Fig. 21, 23 und 25 sollen die Stellung der Kernanlagen von drei verschiedenen Eiern, die gleich nach der Ablage konservirt wurden, veranschaulichen. Das Ei, zu dem Fig. 21 als Schema dient, hatte ich in 44 Schnitte zerlegt, die Eier zu den Fig. 23 und 25 in je 40 Schnitte. Der große Kreis in allen Figuren soll den Umfang des Eies, der Raum zwischen je zwei der senkrechten Linien die Kanten- ansicht eines Schnittes darstellen. Ich habe nun jedes Mal denjenigen Schnitt, in welchem eine Kernanlage vorkommt, durch seine laufende Nummer an der Unterseite des Kreisumfanges gekennzeichnet, während ein kleiner Doppelkreis die Stellung des Schnittes in Projektion auf die Randansicht angiebt. Die Signatur über jedem Doppelkreise bezieht sich auf die Abbildung der entsprechenden Kernanlage. Die Einzeichnung der kleinen Doppelkreise habe ich allerdings nur nach Augenmaß gemacht; doch ist die damit erreichbare Genauigkeit völlig genügend; denn im Allgemeinen ist die Distanz zwischen den einzelnen jungen Kernen doch recht bedeutend. In den Fig. 21, 23 und 25 sind sie außerdem einander noch dadurch näher gerückt als der Wirklichkeit entspricht, dass sie alle in die Ebene des Zeichenpapieres gezogen sind, während sie ja in Wahrheit in einer Kugel vertheilt liegen, und also eigentlich erst in einer gewissen Entfernung über resp. unter der Ebene des Papieres lokalisirt werden dürften. Ich glaubte aber von einer Darstellung der Flächenansicht der einzelnen Schnitte absehen zu dürfen, weil das unverhältnismäßig viel Raum einnehmen würde und ich mich andererseits der Hoffnung hingebe, dass meine Auseinander- setzung auch so verstanden werden wird. Auffallen könnte vielleicht und eine gewisse Skepsis eivorkiifen meine Angabe, dass die Fig. 15 und 26 zweien benachbarten Schnitten entstammen, den Schnitten 16 und 17 der Fig. 21. Allerdings ist Fig. 15 eine junge Kernanlage, Fig. 26 zeigt dagegen eine wohl ausgebildete achromatische Spindel mit den äquatorial gestellten Chromatinkörnchen und dieser Unterschied dürfte doch schon den Gedankan an eine nähere Beziehung der beiden Figuren zurückweisen; denn Kernfiguren, die sich getheilt haben, pflegen doch eine gleichaltrige und gleichmäßige Ausbildung zu haben. Außerdem liegen die beiden Figuren wohl auf benachbarten Schnitten und auch etwa gleich weit von der Peripherie entfernt, aber dennoch in einer ganz verschiedenen Region. Es ist nöthig, oft aber nicht ganz leicht, dass man einen bestimmten Punkt der Eiperipherie sich bei den einzelnen Schnitten bemerkt, um dieselben auch, von dort ausgehend, in richtiger Weise mit einander vergleichen Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 115 zu können. Hier war desswegen kein Irrthum möglich, weil die Ei- schale eingerissen war und sich an einer Stelle spiralig eingerollt hatte. Da lag nun .auf dem einen Schnitte die Kernanlage in der Nähe der Spirale, auf dem zweiten Schnitte die andere gerade an der entgegen- gesetzten Seite, also durch einen Zwischenraum von der Länge des Ei- halbmessers von der ersten getrennt. Ähnlich ist es mit den Kernanlagen der Fig. 31 und 32, welche ebenfalls nicht auf einander bezogen werden können. Hier ist aber schon aus dem Grunde kein Irrthum möglich, weil der eine Schnitt (Fig. 31) in der Nähe des Centrums, der andere (Fig. 32) der Peripherie bedeutend angenähert ist. Wollte man aber trotzdem immer noch zweifeln, dass die Kernan- lagen getrennt von einander entstanden seien, so darf ich vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass ich niemals eine Theilung irgend einer Figur auf diesem Stadium habe beobachten können. Die Eier, nach denen die Schemata Fig. 21, 23, 25 entworfen sind, sind nicht die ein- zigen, die mir zur Untersuchung dienten, ich habe deren, wie ich glaube, eine genügende Anzahl geschnitten, um ein bestimmtes Urtheil fällen zu können. Angenommen, die Protocyten seien nicht autochthon, sondern durch Theilung eines ersten Kernes entstanden, so ist klar, dass diese Thei- lung ungeheuer rapide erfolgen muss; denn das Ei im Uterus besitzt keinen Kern, die Eier Fig. 21, 25, 23 und andere nicht abgebildete haben schon eine größere Anzahl von Kernanlagen; diese sollen durch Thei- lung in der kurzen Zeit zwischen Ablage und Konservirung entstanden sein, also kann auf jedes Stadium nur sehr wenig Zeit entfallen, da alle Stadien durchlaufen sein müssen und zwar wiederholt, damit sich wie z. B. in Fig. 21 sechs neue Figuren bilden können. Dann frage ich aber, warum bekomme ich nicht einmal eine Tochtersternform zu Gesicht, warum nicht eine darauf folgende Halbirung des plasmatischen Hüll- netzwerkes und damit die Trennung der Tochterkerne? Denn die von mir beobachteten Kernanlagen sind alle von einander getrennt. Die Ausbildung der Tochterfigur und die völlige Scheidung der Kerne und Plasmamassen erfordert doch die größten bei der Zelltheilung vorkom- menden Umlagerungen (Auseinanderrücken der Chromatinsubstanz, Tochtersternform, Tochterknäuel, Tochterkern, Halbirung von Plasma- zone und Netzwerk, Auseinanderweichen desselben und Dazwischen- rücken von Dotterkugeln). Und gingen diese einzelnen Stadien auch noch so schnell vorüber, so ist doch zu erwarten, dass bei der großen Zahl der von mir beobachteten Kernanlagen doch einmal eines jener ‘Stadien fixirt wäre und die Annahme, das Stadium der von mir öfter 8* 116 H. Henking, beobachteten Äquatorialplatte verliefe sehr langsam, ist hinfällig gegen- über der Thatsache, dass überhaupt nur so wenig Zeit gebraucht wird. — Wie soll ich ferner die plasmatischen Netzwerke ohne und mit Chromatinkörnchen in unregelmäßiger Vertheilung erklären, die neben den Spindelfiguren und vacuolisirten Formen vorkommen (Fig. 15, 16, 20, 30)? Sie sind alsdann einfach räthselhaft. Aber selbst wenn alle diese Fragen genügend beantwortet würden, wenn alles bei dieser Anschauung Zweifelhafte seine gute Erklärung fände, so wäre damit doch noch nichts gewonnen. Denn alsdann würde noch die schwerwiegendste Frage aufzuwerfen sein, diejenige nämlich, wie jener erste Kern entstehe, der alle die übrigen durch Theilung er- zeuge? Wir wären damit immer noch auf demselben Standpunkte; denn es ist theoretisch völlig gleichgültig, ob der Nachweis einer freien Kernbildung nur für einen oder für mehrere Kerne gelingt. Das Vor- handensein einer freien Kernbildung ist schon damit gegeben, dass in dem Ei vor der Ablage die Andeutung eines Kernes gänzlich fehlt, während später wohl ausgebildete Kerne in größerer Zahl wieder vor- handen sind. Ob nicht das Auftreten mehrerer Protocyten mit dem Eindringen einer größeren Anzahl von Spermatozoen in das Keimbläschen in Zu- sammenhang steht, lässt sich einstweilen noch nicht entscheiden. Geschichte der Protocyten. Die Protocyten beginnen nun alsbald nach ihrem Entstehen, aber nur für kurze Zeit, sich durch indirekte Kerntheilung zu vermehren. Eier vom vierten Tage zeigen die Kerntheilungsfiguren in reichlicher Menge. Die Knäuelform mag durch den in Fig. 43 unten dargestellten Kern repräsentirt sein: die chromatische Substanz hat sich wieder in Form von Kügelchen gesondert, von einer Membran ist nichts wahrzu- nehmen. Der Kern tritt damit gewissermaßen in eine rückläufige Meta- morphose ein; denn die Ähnlichkeit zwischen Fig. 43 und anderer- seits Fig. 33 und 42 ist unverkennbar, die neuen Kerntheilungsfiguren färben sich jedoch meist intensiver. Die chromatischen Körnchen ordnen sich alsdann weiter zu einer schönen uniserialen Äquatorialplatte, wie sie Fig. 44 bei K, gezeich- net ist. Gleichzeitig mit dem Auftreten der Äquatorialplatte fließt das vorher (Fig. 44 unten) ganz unregelmäßig strahlenförmige Plasma zu einer solchen Anordnung fort, dass es einen annähernd spindelförmi- gen Umriss bekommt (Fig. 44 K,). Unregelmäßigkeiten kommen in die Figur durch die an das umgebende Netzwerk abgehenden Ausläufer, so wie durch Dotterkugeln, welche die Ausbreitung des Plasmas ver- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden, I. 117 hindern. Achromatische Fäden habe ich auch hier nicht bemerken können. Rasch tritt nun eine Halbirung der Chromatinkugeln ein, in wel- cher Weise, habe ich vorläufig noch nicht untersucht. Wahrscheinlich ordnen sich die anfänglich nur eine Reihe bildenden Kugeln nun in deren zwei und diese beiden Körnchengruppen rücken aus einander. Sie bleiben dabei in einer Linie neben einander stehen, meist ist die- selbe schwach gebogen (Fig. 43 oben, Fig. 44 K,), sonst aber von großer Regelmäßigkeit. — Wie die Chromatinkörnchen aus einander rücken, verbreitern sich auch die Enden der Spindel, denen dieselben zuwan- dern. Es fließt zweifelsohne das Plasma mit in der Richtung, welche die Körnchen einschlagen. Ob letztere nur vom Plasma mitgeführt werden oder eine Eigenbewegung haben, lässt sich wohl nur schwer entscheiden. Für eine gewisse Eigenbewegung dürfte Fig. 43 (oben) sprechen: die Chromatinkugeln sind hier an der dem Ziele zugewan- dten Seite abgerundet, an der abgewandten zugespitzt; der von ihnen bereits zurückgelegte Weg wird markirt durch feine Streifen, die vom Hinterende der Körnchen ausgehen ; vor ihnen ist nichts dergleichen zu erkennen. Wie die chromatische Substanz gewissermaßen das Centrum bil- det, zu dem sich der umhüllende Plasmahof nach allen Richtungen kreisförmig zu stellen strebt, so muss das Plasma, um im Bilde zu blei- ben, allmählich auch bei den nun in doppelter Zahl vorhandenen Attrak- tionscentren zur Form einer Doppelkugel sich umwandeln. Wie diese Doppelkugeln mit dem centrifugalen Marsch der Chromatinkörner so zu sagen aus einander herausgehen, so tritt zwischen ihnen eine Ein- schnürung des Plasmas ein, sobald die chromatischen Massen um mehr als um die Länge des Kugelhalbmessers sich von einander entfernt haben, eine völlige Trennung, sobald deren Entfernung mehr als der Kugeldurchmesser beträgt. Natürlich wird in Wirklichkeit eine der- artige Kugelform niemals vorhanden sein, da die mannigfaltigsten inneren und äußeren Umstände auf deren Gestalt modifieirend einwir- ken; doch kann man sie für eine schematische Betrachtung wohl in Verwendung nehmen. Da die Färbung nicht immer derartig gelingt, dass man die Proto- eyten und deren Jugendzustände von den durch Theilung aus ihnen hervorgegangenen Zellen unterscheiden kann, so wage ich über die Zahl derselben nichts Bestimmtes anzugeben. Ob deren 10 oder 100 sich neu bilden, ist ja aber auch von mehr untergeordneter Bedeutung und würde ich wohl vollständig zufrieden sein mit dem Urtheile, dass mir der Nachweis der spontanen Entstehung einer Anzahl von Proto- ' cyten gelungen sei. > 118 H. Henking, Ebenfalls könnte ich nur Vermuthungen darüber äußern, wie oft eine derartige Verdoppelung der jungen Kerne durch indirekte Theilung eintritt. Jedenfalls kann es nicht sehr oft geschehen; denn nach dem sechsten, bei manchen Eiern schon nach dem vierten Tage habe ich bisher niemals mehr an den Dotterzellen eine solche Theilung beob- achten können, wie sie bei den jüngeren Eiern die Regel bildet. Es wird diese Angabe aber um so glaubwürdiger erscheinen, wenn ich hervorhebe, dass ich von älteren Eiern eine viel größere Zahl unter- sucht habe, als von den betreffenden jüngeren, dass ferner ältere Eier sich bedeutend besser färben und schneiden lassen als jüngere und daher um so eher das erkennen lassen würden, was ich an den in ganz gleicher Weise behandelten jüngeren Stadien mit genügender Deut- lichkeit beobachtet habe. Aus den indirekten Theilungen resultirt schließlich ein Kern, wie ich ihn in einem ziemlich großen Exemplare aus einem Ei vom fünften Tage dargestellt habe (Fig. 65). Er ist scharf begrenzt, färbt sich mit Karmin und Hämatoxylin intensiv und lässt in seinem Inneren außer einigen hellen, vacuolenartigen Stellen keine weitere Struktur erkennen. Der umgebende Plasmahof ist auch viel deutlicher geworden und nimmt meist ebenfalls einen geringen Farbenton an. Färbt man mit Eosin- Hämatoxylin, so wird der Kern blau, das Plasma dagegen roth gefärbt (Fig. 50, 51, 52). Theilungen werden von solchen Kernen noch reichlich vorgenom- men, aber nur noch auf direktem Wege. Wie der ruhende Kern, ab- gesehen von den kleinen Vacuolen, von einer feineren Struktur nichts erkennen lässt, so bieten auch die Theilungsstadien keinerlei Anhalt dafür, dass irgend eine Sonderung und Umlagerung seiner Bestandtheile stattfände. Es wäre ja möglich, dass mit Hilfe von bisher noch nicht benutzten Reagentien sich Veränderungen der feineren Struktur nach- weisen ließen; jedenfalls ist einstweilen davon noch nichts bekannt. Auch Brocamann (13) betont bei der direkten Kerntheilung in der Embryonalhülle der Skorpione, dass keinerlei Veränderungen der Kern- struktur bemerkbar seien !. Ich will hier einschalten, dass die folgende Beschreibung meist nach Eiern angefertigt wurde, welche schon mehr oder weniger voll- ständig von der Blastodermschicht bedeckt waren. Die normale Gestalt eines ruhenden Kernes mag annähernd kugelig sein, wie Fig. 55 zeigt. Dieses Ei war durch Übergießen von kochender, 1/,0/,iger Chromsäure 1 BLOCHMANN (13, p. 482): »Das Kerngerüst zeigt bei den in Theilung befind- lichen Kernen genau dasselbe grob netzmaschige Aussehen, wie in den Kernen vor und nach der Theilung.« Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden, 1. 119 gehärtet und wurde von mir ohne nachfolgende Alkoholbehandlung in Ranvıer’s Pikrokarmin zerdrückt und sogleich untersucht. Es wäre möglich, dass der an einer Seite des Kernes bemerkbare, schwache Auswuchs (Fig 55«) ein fixirtes Pseudopodium wäre und dass der Kern also amöboide Bewegungen im lebenden Zustande ausführte. Darauf würde auch die öfter unregelmäßige Gestalt des Kernes hindeuten. Amöboide Bewegungen des Kernes hat Frommann (29) am lebenden Krebsblutkörperchen beobachtet (p. 288), Wırracziır (100, p. 566), vom ausgebildeten Ei der Aphiden, Branpr (18, p. 172) von reifen Eiern von Clothilla, von jungen Eianlagen der Schabe, von Holothuria, Ascaris nigrovenosa und Limnaeus (17, p. 590), ferner SELENKA (88, p. 8, 9) vom Eikern von Toxopneustes variegatus beschrieben. Als amöboid be- zeichnet die Zellen im Eidotter von Pieri crataegi und Porthesia chry- sorrhoea N. Boprerzky (15, p. 199) und auch V. GrABEr (32) spricht (p. 631) von »Amöboidzellen«, die er bei Lina, Pyrrhocoris, Schmetter- lingen u. A. schon vor der Anlage des Blastoderms gefunden hat, so wie auch noch nach vollzogener Bildung der Keimhaut bei allen mit richtiger Methode darauf hin untersuchten Insekten. Schließlich steht ja bis jetzt auch nichts im Wege, die im Folgenden noch näher zu be- sprechende direkte Theilung eine aufs äußerste getriebene amöboide Bewegung zu nennen. Schickt sich der Kern zur Theilung an, so geht er aus der runden Form in eine längliche über (Fig. 65) und beginnt dann, sich in der Mitte einzuschnüren und die Gestalt einer Hantel anzunehmen. Fig. 51 stellt eine solche Figur von großer Regelmäßigkeit vor, gewöhnlich hat dieselbe eine viel weniger symmetrische Gestalt. Fig. 51 lässt noch die Eigenthümlichkeit erkennen, dass der Verbindungsstiel der beiden Hantelkugeln wie hohl aussieht. Er hat eine doppelt kontourirte Begren- zungslinie, der Inhalt der Endanschwellungen ist nach diesem Hohl- raume zu scheinbar abgegrenzt. Mit Sicherheit kann ich mich darüber nicht aussprechen, da die Gebilde zu klein sind, so dass man selbst mit Hilfe einer Ölimmersion nicht ganz ins Klare kommt. — Sollte nun so die flüssigere Inhaltsmasse des Kernes schon centrifugal in die bei- den Endanschwellungen hinübergeströmt sein, so erfordert die völlige Resorption des Trennungsstückes doch noch längere Zeit. Während die Tochterkerne schon weit aus einander gerückt sind, ist immer noch ein verbindender Faden vorhanden, der wohl wie gekörnt aussieht (Fig. 49); der Faden wird zarter und zarter (Fig. 54) und verschwindet schließlich ganz. Es ist nun aber durchaus nicht nöthig, dass sofort nach der Tren- nung der Kerne auch eine Halbirung des Plasmahofes eintritt. Es ist 120 H. Henking, eben nicht zu vergessen, dass wir es hier im Ei durchaus nicht mit scharf abgegrenzten einzelnen Zellen zu thun haben, sondern genau genommen nur mit einem vielkernigen Synceytium. So ist es denn gar nicht selten, dass man in einer plasmatischen Ansammlung drei, vier (Fig. 37 dz), sechs (Fig. 56) oder auch noch mehr getrennte Kerne an- trifft. Auch pflegen sich die Kerne durchaus nicht immer in der Weise zu theilen, dass genau gleich große Portionen resultiren, sondern öfter hat das Ganze mehr den Anschein eines Knospungsvorganges: vom Kern schnüren sich kleinere Partien ab. Dann erhält man wohl solche Bil- der wie in Fig. 37 dz. Hier hat der Kern bereits drei Theilstücke abgegeben und seine Größe und gestreckte Gestalt lässt vermuthen, dass er sich noch einmal zerschnüren will. Beachtenswerth ist wohl noch das, dass die Theil- stücke, mögen sie nun durch Halbirung oder durch Knospung des Mutterkernes entstanden sein, gar nicht so sehr an Größe differiren. Die Theilung des Plasmahofes nimmt ihren Anfang in der Regel erst dann, wenn die neuen Kerne bereits gebildet sind, zuweilen jedoch sind ihre Anfänge bereits zu erkennen, während die Kernhälften durch einen Verbindungsfaden noch vereinigt sind. Ähnlich wie bei der Zell- plattenbildung im Pflanzenreich wird auch hier die Lage der Scheide- wand durch feine Körnchen bezeichnet, welche sich senkrecht zu der früheren Verbindungslinie der beiden Kerne aufstellen (Fig. 52, 53). Diese Körnchen mögen wohl die Richtung angeben, in welcher die Durchschnürung stattfinden wird, wie es Fig. 57 darstellt; denn der Gedanke ist natürlich abzuweisen, dass sie hier die Substanz bildeten, aus der eine Membran sich niederschlüge, wie es bei den Pflanzen ge- schieht. Unsere Zellen sind nackt und bleiben es auch nach der Thei- lung; durch pseudopodienartige Fortsätze stehen sie ohne Unterschied auch dort mit dem plasmatischen Netzwerke wieder in Verbindung, wo die Geschwisterzelle von ihnen gewichen war. Während unsere Kerne recht häufig in einer gemeinsamen Plasma- zone vereinigt liegen, findet man Trennungsstadien des Plasmas, wie ich sie im Vorhergehenden beschrieben habe, nur nach langem Suchen. Man ist daher entweder zu der Annahme gezwungen, dass zwar die Kerne in fortlaufender Theilung begriffen sind, das Plasma aber erst nach längerer Ruhepause zu einer sehr rasch verlaufenden Halbirung übergeht, oder man muss glauben, dass die bald eintretende Herbst- und Winterkälte hemmend auf die Bewegungen wenigstens des Plas- mas einwirke. | Untersuchungen über die Entwieklung der Phalangiden. I. {21 Anlage des Blastoderms. Ehe die indirekten Theilungen der Dotterzellen im Inneren des Eies beendet sind, wird auch mit dem Baue des künftigen Ektoderms begonnen. Auch hier muss ich betonen, dass ich in einem zwar nur kleinen, aber doch vielleicht nicht unwesentlichem Punkte von den bisherigen Bearbeitern der Insektenentwicklung abweiche. Man findet nämlich regelmäßig die Angabe, dass Dotterzellen an die Oberfläche des Eies emporwanderten und dort sich zu dem äußeren Blatte des Embryo zusammenfügten. Es bleibt dabei unerklärt, in welcher Weise die Dotterzellen die doch mehr oder weniger abweichende Gestalt der Oberflächenzellen annehmen. Wie ich hoffe, wird die Formumwand- lung der Zellen für unser Thier durch die folgenden Mittheilungen leichter verständlich werden. Ich habe niemals bemerkt, dass fertige Dotterzellen sich der ober- flächlichen Zellschicht eingefügt hätten, und glaube auch nicht recht, dass es hier vielleicht ausnahmsweise einmal vorkommen könnte. Der Grundstein für das äußere Blatt wird in der Weise gelegt, dass die ober- flächlichen Dotterzellen, wie sie in Theilung übergehen wollen, sich senkrecht oder etwas geneigt (Fig. 44) gegen die Eiperipherie stellen. Die ehromatische Äquatorialplatte (X,) wird in derselben Weise, wie im Inneren des Dotters halbirt und aus den neu entstandenen beiden Reihen von Chromatinkörnern (Ks) gehen zwei neue Kerne hervor, von denen der innere wieder zum Kern einer Dotterzelle wird, während der äußere mehr und mehr sich dem Eirande nähert und mit Hilfe eines kleinen Plasmahofes sich zu einer Blastodermzelle umbildet. Die innere Zelle wird zu einem Ebenbilde derjenigen Zelle, von der sie herstammt, die äußere nicht, sie schlägt aus der Art. Offenbar sind es lediglich die äußeren Einflüsse, welche ihr eine abweichende Gestalt geben, nicht irgend welche ihr inne wohnenden geheimnisvollen Bildungskräfte; denn ich zweifle nicht daran, könnte man die Theilungsfigur zeitig um 180% um sich selbst drehen, so würden die entstehenden neuen Zellen nicht nur die Plätze, sondern auch die Rollen getauscht haben. An den beiden Chromatinplatten der Tochterkerne ist noch keine Differenz nachzuweisen, sie tritt erst ein, wenn diese sich in die fertigen Kerne umbilden. Ich vermuthe, dass die künftige Blastodermzelle ihre von der Mutterzelle abweichende Form den Veränderungen in der Er- nährung und Athmung verdankt. Die Dotterzellen sind allseitig von der ernährenden Flüssigkeit umgeben, nur mit Ausnahme derjenigen Stellen ihrer Oberfläche, an denen sie die pseudopodienartigen Ausläufer ent- senden; die Dotterkugeln ergänzen durch ihre Zerseizung das Ver- 122 H. Henking, brauchte. Dagegen ist der Zutritt von Sauerstoff mehr erschwert; das Lebensgas muss erst eine mehr oder weniger dichte Schicht passiren, ehe es die Dotterzellen erreicht; zu diesen kommt nur so viel davon, als die Blastodermzellen oder das periphere plasmatische Netzwerk durchlässt. Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Blastodermzellen. Diese schwimmen gewissermaßen nur auf der sie ernährenden Sub- stanz, sie können demnach auch nur an der Unterseite Nahrungsbestand- theile aufnehmen. Ihre Oberseite grenzt dagegen unmittelbar an die Luft; denn von der jedenfalls für Luft durchlässigen Eischale können wir hier absehen. Es kann also die Blastodermzelle so viel Sauerstoff aufnehmen, als ihr beliebt; sie ist nicht von der größeren oder geringeren Sauerstoffbedürftigkeit über ihr liegender Plasmatheile ein- geschränkt. Meiner Meinung nach ist es demnach die verhältnismäßig vermin- derte Ernährungsgelegenheit und gleichzeitig die Zunahme von Sauer- stoff, welche die Abweichungen in der Form der Oberflächenzellen be- stimmen, aber nicht nur überhaupt das Vorhandensein jener beiden Bedingungen, sondern auch ihre vorwaltend einseitige Einwirkung, die eine von unten, die andere von oben die Zellen beeinflussend. Dass dieselben aber gerade die vorliegende und keine andere Gestalt an- nehmen, das ist natürlich durch eine dem Plasma unseres Thieres inne- wohnende Kraft verursacht, durch eine Bildungskraft, welche, zwar den äußeren Bedingungen gemäß, aber doch nach inneren Gesetzen die Zelle formt. Eine junge Blastodermzelle besitzt Anfangs noch eine unregel- mäßige Sternform (Fig. 37 bl). Der Kern ist als solcher kaum abge- grenzt und weiß ich nicht, ob man ihm hier schon eine eigene Membran zuschreiben darf. Er enthält eine Anzahl größerer und viele kleinere färbbare Chromatinkörnchen und an deren Verbreitung kann man die Ausdehnung des Kernes erkennen. Danach ist der Kern verhältnismäßig sehr groß und nimmt den größten Theil der Zelle ein. Wie die Zelle älter wird, schmiegt sie sich der Eioberfläche dichter an und erscheint dann schließlich im Querschnitt etwa spindelförmig, doch ist die der Eimitte zugewandte Seite gewöhnlich stärker gewölbt als die äußere (Fig. 60—63). Da die Flächenansicht eine ovale (Fig. 64) bis rundliche Figur (Fig. 61) zeigt, so kann man die Gesammtform der Zelle wohl der einer Linse vergleichen. Die Zelle ist bedeutend vacuo- lisirt, nur der Kern ist von einer dünnen Lage von Plasma eingehüllt, im Übrigen trennt letzteres nur noch in Form von Strängen und Bändern die Vacuolen. Durch plasmatische Verbindungsstränge stehen die Blasto- dermzellen einerseits unter einander, andererseits mit dem Geflecht der Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 123 Dotterzellenausläufer in syneytialer Verbindung. — Ob eine Vermeh- rung der so ursprünglich durch indirekte Theilung an die Oberfläche beförderten Zellen später auch durch direkte Theilung der Dotterzellen stattfindet, ist mir nicht ganz gewiss geworden, da ich überzeugende Bilder dieses Vorganges nie erhalten habe. Allerdings könnte Fig. 48 vielleicht so gedeutet werden. Die Dotterballen mit ihren Dotterzellen treten unmittelbar an das Blastoderm hinan, an der der Peripherie zu- gewandten Seite fehlen die Dotterkugeln und an ihrer Stelle befindet sich ein plasmatisches Netzwerk (p). Unmittelbar an dieses grenzen die stark vacuolisirten Blastodermzellen (bl), so dass der Gedanke nahe liegt, letztere seien aus ersteren entstanden und aus der Lücke der Dotterkugeln an die Oberfläche des Eies geschlüpft. Doch möchte ich den Vorgang nur als möglich bezeichnen, da mir keine als sicher hinzu- stellende Übergänge vorgekommen sind. Als ganz unzweifelhaft feststehend kann ich dagegen mittheilen, dass die Blastodermzellen sich durch Theilung vermehren und zwar in Richtung der Eiperipherie. Die Theilung geht vor sich unter Bildung der schönsten mitotischen Kernfiguren. Diese treten besonders zahlreich im Anfang der Blastodermbildung auf, am zahlreichsten finde ich sie an Präparaten, die von einem am 29. Oktober 1884 aufgefundenen und nach 6 Tagen, also am 4. November konservirtem Eihaufen herrühren. In Fig. 59 ist eine Blastodermzelle bei seitlicher Ansicht abgebildet. Der Kern ist im Ruhestadium; eine Membran ist an ihm nicht wahr- zunehmen; er enthält außer einer großen Menge kleiner rothgefärbter Körnchen, deren größte seiner Peripherie anliegen, noch zwei Nucleoli. Das Häufigere ist aber wohl, dass nur ein Nucleolus vorhanden ist. Der Kern ist nur von wenig Plasma umhüllt. Sehr viel trifft man es, dass die Vacuolen gewissermaßen in zwei Stockwerken in der Zelle ange- ordnet sind, getrennt durch eine plasmatische Scheidewand (Fig. 59, 62, 63 sch). Doch kommen natürlich auch Abweichungen hiervon vor (Fig. 60). Will eine Zelle sich theilen, so bemerkt man zunächst ein Ver- schwinden der feinen Granulirungen so wie des einen resp. der beiden Nucleoli. An deren Stelle sieht man in einer röthlichen Grundsubstanz dunkler gefärbte, ziemlich dieke, meist gebogene Fadenabschnitte ver- theilt (Fig. 60), welche zwar wegen der Kleinheit der ganzen Zelle nur undeutlich sind und sich nur eine kurze Strecke verfolgen lassen, aber doch wohl als Bestandtheile eines bereits fertigen resp. noch in der Bil- dung begriffenen Fadenknäuels anzusprechen sind. Ein weiteres Stadium liegt in Fig. 62 vor: die Chromatinsubstanz hat sich in deutliche Fäden gesammelt, sie sind intensiv gefärbt, während 124 | H. Henking, die Umgebung keine Farbe mehr angenommen hat. So schön die Fäden als solche auch zu erkennen sind, so sind sie doch zu klein und sind _ auch so verflochten, dass ich nicht habe erkennen können, ob sie zu Schleifen vereinigt sind, oder nicht. Nach Analogie mit anderen Zellen zweifle ich aber nicht daran. Da nun die peripheren Fadenstücke frei endigen, so werden die Schleifenwinkel central liegen und hätten wir demnach die Sternform der Mutterzelie vor uns. Weiter beginnen sich die Schleifen in zwei Theile zu sondern (Fig. 63); in dieser Figur hat die Metakinese noch nicht begonnen, sie tritt dagegen deutlich hervor in Fig. 64, wo sich die für die Tochter- kernmassen bestimmten Chromatintheile schon völlig von einander ge- trennt haben. Im Gegensatz zu den soeben besprochenen Figuren, welche die Blastodermzellen in Seitenansicht darboten, haben wir in Fig. 64 ein Flächenbild vor uns. Die chromatischen Fäden strahlen von zwei Polpunkten aus, ihre Schleifenform ist zwar auch hier nicht zu sehen, wohl aber mit größter Sicherheit aus dem Habitus der Figur zu erschließen. Die Chromatinfäden sind nicht gleich lang, sie erstrecken sich an den von den Polen abgewandten Flächen ungleich weit vor, nicht jedoch an der polaren Seite. Eine feine zwischen den beiden Chromatinfiguren bemerkbare Körnelung rührt wohl von den im Allge- meinen bei der hier angewandten Methode nicht sichtbaren achromati- schen Fäden her. Nun tritt die rücklaufende Metamorphose in den Tochterkernfiguren ein. Wie dieselben weiter aus einander rücken, wandelt sich die Stern- form in die Knäuelform der Tochterkerne zurück (Fig. 66). Die Knäuel- form ist kantig ausgebildet; sie hat ein ähnliches Aussehen wie der Mutterknäuel in Fig. 60, eine röthliche Grundfarbe mit dunkleren in ihrem Verlaufe nicht zu verfolgenden, verhältnismäßig derben Fäden. Eine deutliche direkte Verbindung zwischen diesen beiden Figuren ist nicht mehr wahrzunehmen. Fig. 66 zeigt auch, dass die Zellkörper selbst sich trennen wollen. Die Trennung wird bewerkstelligt durch eine Furche, welche in der Mitte zwischen beiden Kernfiguren die Zelle ringförmig eindrückt. Über der Furche lagert noch eine große Vacuole. Es scheint, als wenn diese, durch ihre Lage und Größe ein Hindernis für die Trennung bildend, aus der Zelle ausgeschaltet werden sollte; denn der sie einschließende Plasmastreifen ist, mit den übrigen Plasma- streifen verglichen, nur sehr zart. Überhaupt sind die Vacuolen Schuld daran, wenn der Kern und demgemäß auch die Kernfiguren nicht eine genau symmetrische Lage zu dem Zellleibe einnehmen (Fig. 59, 60, 62—64). Der Inhalt der Va- cuolen besteht wohl aus einer fettartigen Masse (worüber noch weiter De ee un Gm nn — 0 6% Le Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 125 unten), den Zersetzungsprodukten der Dotterkugeln, ja gelegentlich be- merkt man noch ein in Umwandlung begriffenes Dotterkügelchen in einer großen Vacuole der Blastodermzelle. Der Vacuoleninhalt ist dem- nach todt und setzt vermöge seiner verhältnismäßig ziemlich bedeu- tenden Masse den Bewegungen der Plasmastränge einen erheblichen passiven Widerstand entgegen. Doch ist bei der Theilung die Kraft des Plasmas groß genug, eine solche Vertheilung zu bewirken, dass die ent- stehenden Tochterzellen an Größe nicht erheblich von einander ab- weichen (Fig. 66). Ein Umstand ist noch beachtenswerth und, wie ich glaube, bei näherer Überlegung auch wohl zu verstehen. Ich meine die Thatsache, dass die Blastodermzellen ihr Dasein einer Theilung in radiärer Richtung verdanken, während sie selbst sich nur in peripherer Richtung ver- mehren. Die Stellung der die Blastodermzellen abgebenden Theilungs- figuren der Dotterzellen kann man im Allgemeinen als radiär bezeichnen, wobei wohl dem Athmungsbedürfnis, dem Verlangen nach Sauerstoff die richtende Kraft beizumessen ist. Man dürfte diese Kraft wohl als eine Anziehungskraft bezeichnen. Theoretisch würde demnach auch nichts im Wege stehen, wollte man vermuthen, dass z. B. aus beiden Tochterhälften in der Fig. 44 bei K, direkt Blastodermzellen würden; denn die Theilungsfigur ist von der radiären Lage abgewichen (wenn wir die in der Figur angegebene Stellung für natürlich und nicht durch die Konservirung hervorgerufen halten). Es trifft also der radiäre Zug auch die abgewandte Hälfte der Theilungsfigur und vermag sie an die Peripherie zu locken, ohne dass die zugewandte Hälfte sich hindernd in den Weg stellte. Ein solcher Vorgang ist sehr wohl möglich, nur habe ich ihn nicht beobachtet. Die Theilungsebene, die bei der radiären Stellung der Figur der Oberfläche parallel liegt, würde sich also um 90° gedreht haben und nun eine radiäre Richtung zeigen. Eine derartige radiäre Richtung der Thei- lungsebene haben stets die Blastodermzellen; ihre Theilungsfigur steht zu der ihrer Mutterzellen im rechten Winkel. So weit ich es bisher beob- achtet habe, theilen sich eben die Blastodermzellen nur in Richtung der Peripherie. Worin hat das seinen Grund? Warum geben diese Zellen nicht ebenfalls einmal nach der Richtung Dotterzellen ab, aus der sie selbst an die Oberfläche gestiegen sind? Die Möglichkeit, dass nach außen hin Zel- len abgesandt würden, können wir schon aus dem Grunde außer Acht las- ‚sen, weil die Mutterzelle schon die erreichbar äußerlichste Lage einnimmt. Weiter hinaus können die Derivate nicht gelangen, ohne dass ihr Zusam- menhang mit dem Embryo verloren ginge. Es kann demnach das äußerste Theilstück nur die Lage der Mutterzelle einnehmen resp. beibehalten, 1936 H. Henking, darüber hinaus giebt es nichts. Damit wären wir aber bei dem ande- ren Falle wieder angekommen, dass nämlich das innere Theilstück in der Richtung nach dem Centrum des Eies abgeschieden würde. Abgesehen davon, dass alsdann die Zelle sich in eine an Sauerstoff ärmere Region begeben würde, erkläre ich mir das Nichtvorkommen dieser Theilungsart so: eine sich theilende Zelle wird der Regel nach sich in der Weise theilen, dass die Tochterzellen einander, so wie auch der Mutterzelle ähnlich sind. Zwingende Gründe können hierin natür- lich Variationen hervorrufen, wie wir einen solchen z. B. schon bei der Anlage des Blastoderms kennen gelernt haben. Soll eine möglichst vollkommene Ähnlichkeit der Tochterzellen erreicht werden, so muss nicht nur der Inhalt der Mutterzelle halbirt werden, sondern auch die Lebensbedingungen müssen eine entsprechende Theilung erfahren. Sollen die Tochterzellen einander und der Mutterzelle gleichen und gleich bleiben, so muss dieselbe Anforderung an die äußeren Verhält- nisse gestellt werden. Wie wir oben sahen, wirken die äußeren Lebensbedingungen in der Weise auf die Blastodermzellen ein, dass die Ernährung von unten her, die Athmung von oben her stattfindet. Soll den Tochterzellen dieses Verhältnis in gleicher Weise überliefert werden, so kann das nur da- durch geschehen, dass die Theilungsebene eine radiale Richtung hat, d. h. dass die Theilung in der Richtung der Peripherie stattfindet. Das ist nun ja auch in der That hier der Fall. — Außerdem mag die oben schon gewürdigte Anziehungskraft des Sauerstoffes, oder das Streben nach den günstigsten Athmungsbedingungen mitwirken, die eben er- wähnte, in der Zelle liegende Tendenz zu bestärken und die Tochter- zellen an die Oberfläche des Eies zu fesseln. Wie so vielfach bei der Entwicklung der Arthropoden, wandern auch hier die sich bildenden Blastodermzelien besonders nach der einen Seite des Eies, theilen sie sich auch dort mit besonderer Lebhaftigkeit. — In Fig. 61 führe ich noch ein Stück des Blastoderms eines elf Wochen alten Eies vor, welches von mir am 25. Januar 1886 untersucht und ge- zeichnet wurde. Da man am frischen Präparat nicht viel sieht, so habe ich das Ei mit kochendem Wasser gehärtet, dann in Hamann’schem Kar- min zerdrückt und sofort untersucht. Es färben sich auf diese Weise die Kerne sowohl der Dotterzellen als auch der Blastodermzellen sofort sehr schön, das Blastoderm bleibt meist in Stücken in Zusammenhang und ein solches Stück ist in Fig. 61 abgebildet. Die Kerne treten deut- lich hervor; sie enthalten eine große Menge feiner gefärbter Granula- tionen und einen deutlichen Nucleolus. Die Zellkörper färben sich nur wenig, am wenigsten dort, wo sie an einander grenzen. Sonst habe ich | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 127 keine distinkte Zellgrenze bemerkt. Die Zellen enthalten eine beträcht- liche Anzahl größerer und kleinerer tropfenförmiger Vacuolen, von denen die größeren sich besonders gern kranzförmig um den Kern gruppiren (Fig. 61 v). Sie bestehen zweifelsohne aus Fett oder aus einer fettartigen Substanz; denn auf Schnitten, wo also die Eier mit Fett auflösenden Mitteln, wie Alkohol, Chloroform oder Terpentinöl be- handelt waren, ist von ihnen nichts mehr zu bemerken. Die auf sol- chen Schnittpräparaten vorhandenen Vacuolen mögen wohl meistens ihnen ihren Ursprung verdanken. Über den Dotter. Die frischen Eier, einfach zerdrückt und untersucht, zeigten fol- gendes Verhalten der Dotterelemente. Vorhanden war eine grobe An- zahl kleiner, homogener, stark lichtbrechender Dotterkügelchen von 0,00264-—0,00528 mm Größe (Fig. 58a). Ebenfalls in beträchtlicher Zahl waren größere Dotterkugeln von 0,03—0,04 mm Größe zu be- merken (Fig. 58 c—h), während Übergangsformen (Fig. 58 b) zwischen den kleinen und diesen großen Elementen nicht ganz so häufig waren. Die großen Kugeln waren für gewöhnlich nicht einfach homogen, ob- gleich auch solche vorhanden sind, sondern enthielten entweder einen (Fig. 58 c) oder mehrere (Fig. 58 d) gekörnte, zellkernartige Ballen von etwa 0,00956 mm Größe, oder homogene, rundliche, abgerundet eckige, oder halbmondförmige Klumpen von stärkerem Lichtbrechungsvermögen in größerer (Fig. 58 f) oder geringerer Zahl (Fig. 58 e) in ihrem sonst homogenen Inhalte, — oder es fand das Umgekehrte statt, die Dotter- kugel war durchweg fein gekörnelt und schloss nun eine helle, homo- gene Kugel excentrisch ein (Fig. 58 g), oder enthielt eine ziemlich große Anzahl nicht genau rundlicher, homogener Körperchen von etwa 0,00528 mm Größe (Fig. 58 h). Mit Hilfe besonders der letzgenannten ‚Inhaltsmassen lässt sich ein Rückschluss auf die Konsistenz des übrigen Inhaltes der Dotterkugel machen. Man bemerkt nämlich häufig, dass ‚die geformten Körper plötzlich in der Kugel zu kreisen beginnen und ‚in gemächlichem Zuge, parallel der Peripherie der Dotterkugel, dahin- gleiten. Auch die feinen Körnelungen nehmen an dieser Bewegung Theil. Hieraus folgt, dass der Inhalt der Dotterkugeln eine Flüssigkeit ist, welche nach außen von einer Membran begrenzt wird. Lässt man das zerquetschte Ei eintrocknen, so verschwinden die kleinen Dotterkügelchen völlig und lassen an ihrer Stelle eine feine, hauchartige Trübung des Objektträgers zurück, die Dotterelemente mit den stark lichtbrechenden Theilen im Inneren lassen diese, so wie ‚die zu einem Polygon zusammenschrumpfende Membran noch ziemlich 128 H. Henking, deutlich erkennen, die Kugeln mit kernartigem Binnenkörper verlieren ihre scharfe Umgrenzung, der Pseudokern verschwindet, an Stelle des Dotterelementes tritt dem Beobachter ein rundlicher, gekörnelter Fleck entgegen. Alle die oben genannten Erscheinungen treten besonders deutlich nach einigen Minuten hervor, wenn die Anfangs zähe, zusammen- schließende Eimasse sich mehr auszubreiten beginnt und die einzelnen Theile aus der Lage über einander mehr neben einander gebracht werden und schließlich ein Druck des Deckglases auf die größeren Kugeln stattfindet. Ein solcher, möglicherweise vorhanden gewesener Druck ist daher auch bei den oben mitgetheilten Größenangaben der Dotterelemente in Erwägung zu ziehen. — Dass die Dottermassen noch feucht liegen, bemerkt man an den Strömungen, welche wohl in Folge der Verdunstung in der Substanz eintreten. Dass die Dotterkugeln in einer festeren Wandung eingeschlossene Flüssigkeitsmassen sind, er- kennt man auch daran, dass sie beim Durchgleiten zwischen Luftblasen sich stark zusammendrücken unter entsprechender Verlängerung, um sich nach Passirung des Engpasses wieder zu einer Kugel resp. runden Scheibe umzuformen. Eine ganz ähnliche Mittheilung hat jüngst Pn. Owsıannıkow (72) über die Dotterkörperchen der Eier von Osmerus eperlanus gemacht (p. 13). Außer den genannten geformten Dotterelementen ist aber jeden- falls noch eine ungeformte paraplastische Substanz vorhanden, welche mitsammt dem Protoplasma jene reichliche, etwas zähe, wasserklare Flüssigkeit bildet, in der die Dotterkugeln suspendirt sind. Sie ist es wohl, welche zuerst der Verdunstung unterliegt und dabei jene Strö- mungen verursacht. Lässt man weiter eindunsten, so verschwinden zunächst die großen Dotterkörner, schließlich die kleinen Kugeln. — Wird ein frisches Ei in Freuming’s Chrom-Osmium-Essigsäure zerdrückt, so sind die Zellen und Zellkerne gut zu erkennen, die Dotterkugeln da- gegen schrumpfen und werden angegriffen. Bei Zusatz von Äther zu dem zerdrückten Ei wurden die Dotter- kügelchen immer blasser und blasser, indem offenbar ihr größter Be- standtheil gelöst wurde. Von den Zellen war nichts zu entdecken. Nach Eintrocknung blieb nur eine Anzahl von feinsten Körnchen zurück, so wie feine Krystallnädelchen, welche sich wohl drusenartig zusammenlegten, indem sie kreuzförmig von einem Punkte aus- strahlten. Ein Ei mit kochendem Wasser übergossen und dann in 1/,%, iger Kochsalzlösung zerdrückt, zeigt folgende Verhältnisse: die großen und kleinen Dotterkugeln sind stärker lichtbrechend und gefestigt. Im All- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 129 gemeinen sehen sie homogen aus, doch zeigen erstere auch häufig noch die Körnelungen im Inneren. Die Dottermassen hängen vielfach ballen- förmig zusammen, entsprechen je einer Zelle, welche sie umschließen. Die Zwischenräume zwischen den großen Dotterkugeln eines solchen Ballens werden von kleinen ausgefüllt. Das Plasma der Binnenzellen ist fein granulirt, der Kern stark lichtbrechend mit einem oder mehreren Kernkörperchen. Auch das Blastoderm ist als feinkörniges Häutchen sichtbar, zeigt die gröber gekörnten Kerne mit stark lichtbrechendem Kernkörperchen und ist dadurch noch besonders auffallend, dass es, wie schon oben gesagt, eine große Menge der kleinen Dotterkügelchen einschließt, welche meist in koncentrischer Lage den Kern der Zellen umgeben. Die Hitze des kochenden Wassers hat also in der Weise ein- gewirkt, dass das Plasma der Binnenzellen im Stande ist, die Dotter- ballen zusammenzuhalten, die bei Untersuchung des frischen Eies so- fort ihren Zusammenhang verloren. — Die Untersuchung von mit kochender Chromsäure getödteten Eiern ergiebt keine bemerkens- werthen Abweichungen hiervon. In welcher Weise wirkt 800/,iger Alkohol auf ein zerdrücktes, ge- kochtes Ei ein? Die großen Dotterkugeln scheinen nicht viel verändert, wohl aber die kleinen. Diese sind nicht mehr so stark lichtbrechend, zum Theil wohl ganz verschwunden. Sie beeinträchtigen besonders den Anblick des Blastoderms, welches nicht mehr so zierlich aussieht. Im Übrigen haben die protoplasmatischen Theile des Eies keine bemerkens- werthe Veränderung erfahren, sind vielleicht etwas deutlicher sichtbar. Dasselbe gilt von den Kernen. An Schnittpräparaten zeigt der Dotter in Folge der intensiven Ein- wirkung der mannigfaltigsten Reagentien abweichende Strukturen. Homogen erscheint er in den Eiern, die mit kochendem Wasser gehärtet, mit Karmin unter guter Ausziehung, oder mit Eosin-Hämatoxylin bei langer Einwirkung gefärbt und sonst wie gewöhnlich behandelt waren. Der Einfachheit halber habe ich die Dotterkugeln daher in den Zeich- nungen meist in dieser Gestalt vorgeführt. In anderen Fällen war viel- fach das Centrum der Kugel in einer Ausdehnung von durchschnittlich der Größe des Halbmessers durch Karmin, oder bei Benutzung eines Anilimfarbstoffes durch diesen, intensiv gefärbt, während die Randzone ungefärbt geblieben war. An Stelle des tingirten, kugeligen Gentrums kommen auch gefärbte Kugelausschnitte vor, welche dann durch helle Zwischenräume getrennt sind. Weiter findet man Dotterkugeln, bei denen das Centrum ziemlich grob gekörnelt, der Rand gleichförmig geblieben ist, oder schließlich solche, welehe nur noch eine schwache Umgrenzung besitzen, dafür Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 9 130 H, Henking, aber durch ihre ganze Masse eine feine Granulirung darbieten. Es ist das jedenfalls der Beginn der völligen Auflösung der Dotterkugeln; denn wie die Umrisse schwächer werden, wie die Granulirung mehr und mehr verschwindet, gehen sie allmählich in einen anderen Stoff über. Die Zersetzung beginnt, nach den Schnittbildern zu schließen, vom Rande her und braucht durchaus nicht gleich die ganze Masse der Kugel zu ergreifen. Sie äußert sich meist in der Weise, dass die An- fangs rundlichen Dottermassen sich zu Polygonen umgestalten und häufig auch flach konkave, scharfrandige Vertiefungen bekommen. Die Kugelabschnitte aus denselben gingen zunächst in eine feinkörnige Masse über, um alsdann ganz aufgelöst zu werden. Auf den Schnittpräparaten, welche mit Chrom-Osmium-Essigsäure behandelt waren, zeigten sich die Dotterkugeln auf der der Peripherie des Eies zugewandten Seite in höchst eigenthümlicher Weise ange- fressen. Ich habe dieses Verhalten auf den Fig. 22, 26—28 etc. wieder- zugeben versucht und wird man dort erkennen, dass ein Kugelabschnitt unter felsig zerklüfteter Ausnagung zerstört worden ist. — Ganz ähnlich sind die Dotterkugeln bei den mit Prrenyrss Flüssigkeit gehärteten Eiern angegriffen (Fig. 24, 30). Es ist mir unbekannt geblieben, worauf diese einseitige und regelmäßige Auflösung der Dottersubstanz beruhen mag. Was die Anordnung der Dotterelemente anbetrifft, so ist darüber zu sagen, dass sie in dem Uterusei in regelloser Weise ausgebreitet sind. Ich habe wenigstens nicht beobachten können, dass die Lage der großen und kleinen Dotterkugeln an irgend eine Bestimmung gebunden wäre. Nur der äußere Rand des Eies pflegt frei von ihnen zu sein, das plasmatische Netzwerk hält sie von der Oberfläche fern (vgl. Fig. 40). Die erste wahrnehmbare Verschiebung stellt sich mit dem Auf- treten der Protocyten ein. Vor ihnen müssen die Dottermassen zur Seite weichen. Sind dann mehrere Protocyten angelegt, so wuchert wohl das plasmatische Netzwerk von der Peripherie her etwas zwischen die Dottermassen hinein, aber eine Zerlegung derselben in Pyramiden oder dergleichen findet nicht statt. Eine durchgreifende Gruppirung der geformten, paraplastischen Substanz tritt dann ein, wenn die Dotterzellen ihre völlige Ausbildung erreicht haben. Dann bilden sie die Attraktionscentren und greifen ordnend in das Gewirre der Dotterkugeln hinein. Um die Dotterzellen als Mittelpunkte sammeln sich die Dotterkugeln zu jenen, hier meist höchst regelmäßigen Figuren, welche als Dotterballen von anderen Thieren schon länger bekannt sind. Die Dotterzelle ist auch hier zunächst erst von einem kleinen plas- matischen Netzwerke umgeben, dann folgt die Dotterschicht und zwar Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 131 meist in so symmetrischer Anordnung, dass der Ballen etwa die Gestalt einer Kugel besitzt. Diese Ballen haben eine Größe von 0,07—0,113 mm auf den Schnittpräparaten, das Häufigste ist ein Durch- messer von etwa 0,088 mm. Die großen Dotterkugeln liegen in einem gewöhnlich nur einfachen Kranze der Peripherie des Ballens innen an (Fig. 48 gd), dazwischen geschobene, kleinere Kugeln gruppiren sich meist zu so viel Lagen, dass sie die Dicke der größeren Körper er- reichen (Fig. 48 kd). Zwischen den Dotterstücken eines jeden Ballens bemerkt man vielfach einige Maschen des plasmatischen Netzwerkes, welche aber für gewöhnlich nur bis zu dem Umfange des Ballens sich erstrecken (Fig. 48 mn). Es ist somit ein jeder Ballen wohl individua- lisirt, doch tritt hier und da das plasmatische Netzwerk auch noch über den Umfang des Gebildes hervor (Fig. 48 gn), einen Zusammenhang des gesammten Eiinhaltes vermittelnd. Völlig selbständig sind demnach die Dotterballen nicht. | Eines ist sehr merkwürdig und mag zur Veranschaulichung der Individualität der Dotterballen dienen. Wie wir oben sahen, sind die einzelnen Dotterkugeln nachgiebige Gebilde, welche ihre Form leicht verändern können: sich selbst überlassen, werden sie meist kugelige Gestalt annehmen. Aus solchen Kugeln erweisen sich die Dotterballen zusammengesetzt in einem mit kochendem Wasser erhärteten und dann unter Zerdrücken in !/,°/,iger Kochsalzlösung untersuchten Eie. Anders auf Schnittpräparaten (Fig. 48). Die Schrumpfung, die das Ei gleich durch die Konservirung mit Alkohol erfuhr, ist nur der äußere Ausdruck für die Kontraktionen, welche besonders die Dotterballen im Einzelnen erfahren hatten. Die Dotterkugeln eines jeden Ballens sind in ihrer Gesammtheit auf einen engeren Raum zusammengepresst und haben dadurch an einander eine Abplattung erlitten. Andererseits ist aus diesem Verhalten zu erkennen, wie weit doch die Individualität der Dotterballen ausgebildet ist. Die Dotterkugeln sind nicht in der Rich- tung nach dem Mittelpunkte des Eies, sondern stets nach derjenigen Dotterzelle hin zusammengedrückt, zu der sie gehören. So kommt es denn, dass zwischen den Dotterballen sich noch mehr oder weniger große Zwischenräume befinden können. Fig. 35 zeigt das oberflächliche Bild eines in Dotterballen zer- klüfteten Eies. Die Ballen, an denen man bei scharfem Zusehen auch die Zusammensetzung aus Dotterkugeln erkennen kann, geben dem Ge- sammtei die Gestalt einer Maulbeere. Das Ei, nach welchem die Zeich- nung Fig. 35 entworfen wurde, ist zwei Monate alt, war von mir in Boraxkarmin gefärbt und in Bergamottöl aufgehellt. Man findet nun aber die Dotterballen nicht immer in der typischen 9%* 132 H. Henking, Ausgestaltung vor, die ich soeben besprochen habe. Vielfach sind die- selben durch Aufhäufung zahlreicherer Dotterkugeln einerseits ver- größert, andererseits aber auch unregelmäßiger gestaltet. Weiteren Anlass zu Abweichungen von der Norm bieten die Theilungen, welche die Dotterzellen vornehmen; denn mit dem Auseinanderweichen der neuen Zellen treten natürlich auch erhebliche Umlagerungen in dem Dottermantel auf. An anderen Eiern wiederum ist überhaupt von Dotterballen nichts zu sehen. Solchen ist aber meist gleich anzu- merken, dass sie unter dem bald Quellung, bald Schrumpfung verur- sachenden Einfluss der abwechselnd auf sie einwirkenden Reagentien, Färbungsflüssigkeiten etc. gelitten haben. Dadurch ist der Verband der einzelnen Bestandtheile der Dotterballen gelöst. Die im Vorhergehenden näher skizzirte Zerfällung des Dotters in einzelne Partien ist bei den Arthropoden weit verbreitet. So be- richtet N. Bogrerzky (16) von Oniscus murarius (p. 183): (Wenn sich das Blastoderm gebildet hat) »beginnt auch der früher überall gleiche Dotter an der Oberfläche in rundliche oder polygonale Felder, die so- genannten Dotterschollen oder Dotterballen zu zerfallen. Die gefärbten Schnittpräparate beweisen, dass jeder Dotterscholle eine besondere große Zelle entspricht, in welcher man einen runden Kern mit Kern- körperchen und das mit Dotterkörnchen gefüllte Protoplasma deutlich wahrnehmen kann.« — Schon früher hatte BosrErzkv ein ganz gleiches. Verhalten der »Darmdrüsenzellen« zum Nahrungsdotter bei Astacus flu- viatilis und bei Palaemon beschrieben. — W. Sırensky (81) theilt von Clubiona incomta mit, dass sich in der Mitte des Eies Dotterkugeln be- finden, welche an der Peripherie zu Rosetten mit feinkörnigem Plasma und Kern in der Mitte werden. Eine Dotterzerklüftung hat auch bereits G. Zanpaca (101, p. 64, 65) bei Phryganea grandis beobachtet, K. Hrıper (40) bei Hydrophilus piceusL. (p. 26); doch lässt Letzterer dieselbe erst verhältnismäßig spät eintreten, erst seit dem durch seine Fig. 25 vertretenen Stadium, auf dem bereits sämmtliche drei Blätter angelegt sind. Unzweifelhafte Dotterballen hatte auch bereits A. Kowauzvskı (54) bei Hydrophilus. gesehen und auf Taf. X, Fig. 27—39 eingezeichnet. Dass eine Klüftung des Dotters nach der Bildung des Blastoderms auch bei Lina vorkomme, hat V. GrABEr (32) festgestellt. — Weiter sind die Dotterballen noch von Lepidopteren bekannt: A. Kowazzvskt (54) hat sie bei Pterophorus. pentadactylus beobachtet (p. 54), wo sie bereits vor Schließung der Rinne von Amnion nnd Serosa zunächst in der Nähe der Embryonal- hüllen auftreten, und M. Bosrerzky (15) hat sie bei Pieris crataegi nach der Bildung des Blastoderms auftreten sehen (p. 203). — Schließlich m nn Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I, 133 erhellt aus den Fig. 27—40 bei A. Kowauzvskı (54), dass ähnliche Dotter- ballen auch im Kreise der Würmer gelegentlich vorkommen. Die ge- nannten Figuren beziehen sich auf die Entwicklungsgeschichte von Euaxes. Hier sind aber die ebenfalls mit einem Kern in der Mitte ver- sehenen Dotterballen durch eine totale Furchung der Eizelle ent- standen und bilden den »Darmdrüsenkeim« Kowazvskr's (54). Verschiedenheiten in der Entwicklung. Die Eier der einzelnen Eihaufen zeigen, wie nicht anders zu er- warten ist, Schwankungen in Bezug auf die Geschwindigkeit der Ent- wicklung. Während die einen schon auf einem ziemlich vorgerückten Stadium sich befinden, bleiben die anderen ein mehr oder weniger bedeutendes Stück hinter ihren rascheren Geschwistern zurück. Noch größer als zwischen den einzelnen Eiern desselben Haufens ist der Unterschied zwischen verschiedenen, aber gleichalterigen Ei- haufen: hier kommt zu der Differenz, welche bereits die Geschwister- eier unterscheidet, noch die viel bedeutendere hinzu, welche auf der Herkunft von verschiedenen Müttern beruht. So waren die Eier, die ich sofort nach der Ablage konservirte, vielfach bereits mit mehreren Kernanlagen ausgestattet, andere dagegen zeigten noch keine Spur einer kernartigen Verdichtung. In 26 Stunden nach der Auffindung konservirten Eiern waren erst etwa 6 Protocyten angelegt, also nicht mehr als in dem gleich nach der Ablage getödteten und in Fig. 21 dargestellten Eie. Dagegen besaßen einige Eier aus einem 48 Stunden nach der Auffindung konservirten Haufen bereits ein völlig geschlossenes Blastoderm, andere nur 5—8 jugendliche Pro- tocyten. Aus einem anderen, ebenfalls 48 Stunden alten Eihaufen ent- hielt ein Ei auch nur 5 Kernanlagen. Aus den vorstehenden Mittheilungen folgt: 1) Der Unterschied der Entwicklungsgeschwindigkeit gleichalteriger Eier beruht auf inneren Ursachen (die äußeren Bedingungen sind die gleichen). 2) Die Befruch- tung kann nicht erst bei der Eiablage stattfinden; denn eine derartige äußere Befruchtung pflegt doch sonst sofort den Eintritt der Weiter- entwicklung zu veranlassen. 3) Zwischen der (hier anzunehmenden) ovarialen Befruchtung und dem Eintritte der »Furchung« vergeht eine längere Zeit. Über Veränderungen des Zellkernes, sein Verschwinden und »freie Kern- und Zellbildung« bei den einzelnen Thierklassen. Von den Infusorien ist es schon lange bekannt, dass ihr Nucleus eine recht mannigfaltige Gestalt haben kann. Von der Form einer Kugel oder eines Eies, wie ihn nach Sreın (90) z. B. Balantidium duodeni (Bd.II, 134 H. Henking, Taf. XIV) und Nyctotherus ovalis (Bd. II, Taf. XV) besitzen, geht er über zu der eines Bandes (Vorticellinen) und tritt uns bei Spirostomeen ! und Stentoren?, zu einem Rosenkranz ausgestaltet, entgegen. Bei Plagiotoma Lumbriei Duj. lässt Stein (90) den Kern traubenförmig ge- bildet sein Bd. II, Taf. XVI). Denken wir uns den Rosenkranz in seine einzelnen Glieder zerfallen oder die Traube ihre Beeren verlieren, so haben wir die Vielkernigkeit eines Infusors vor uns, wofür als typisches Beispiel von jeher Opalina ranarum genannt wird. Auch eine große Zahl von Rhizopoden sind als vielkernig bekannt. Alle die genannten Ausbildungen erscheinen in einem bedeutungs- volleren Lichte, wenn wir die Entwicklungsgeschichte der Infusorien, wie sie besonders von Bürscauı (20) klar gestellt ist, in Betracht ziehen. Da zeigt es sich, dass der Kern während des Lebens eines Infusors einen Cyklus von Veränderungen durchmacht, dass er zwar eine be- stimmte Form für gewöhnlich besitzt, aber unter gewissen Umständen, hiervon abweichend, eine der anderen oben genannten Gestalten an- nimmt. | Eine derartige, die Gestalt des Nucleus verändernde Bedingung kann bereits durch das einfache Wachsthum, durch das Altern eines Thieres gegeben werden. So ist nach R. Herrwie (47, p. 13 und 27) der Kern der jungen Podophrya gemmipara einfach hufeisenförmig ge- staltet; wie das Thier durch reichliche Nahrungsaufnahme wächst, wird die Hufeisenform durch vielseitige Windungen modifieirt. »Zahlreiche seitliche Knospen wachsen aus dem Nucleus senkrecht zur Längsrich- tung desselben hervor. Indem dieselben sich dichotomisch verästeln, durchsetzen sie das ganze Körperparenchym in mannigfach gewunde- nem oder winklig geknicktem Verlauf.« Weiter gestalten sich dieKernver- ästelungen aus, wenn das Individuum über das ihm gesteckte Maß hin- auswächst und sich später ablösende Knospen treibt: in jede Knospe wächst ein Kernfortsatz hinein und bildet sich wieder zur Form eines. Hufeisens. Die letzte Veränderung ist demnach bereits auf ein zweites Agens, die Knospenbildung, zu setzen. Doch ist das nicht prineipiell von einem einfachen Wachsthum verschieden; denn bei Dendrosoma radians. trennen sich nach SıvıLLe Kent die Knospen und die hineingewachse- nen Stücke des Nucleus nicht los, das Ganze bleibt zu einer baum- förmigen Kolonie vereint (vgl. GrusEr, 35, p. 149). Als Drittes kommt hinzu die Konjugation und deren Folgen, und damit haben wir denjenigen Vorgang vor uns, welcher am mächtigsten in das Leben des Infusoriums eingreift und ganz besonders sich da- 1 Stein (90), Bd. II, Taf. I, II. 2 Daselbst, Taf. V. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 135 durch auszeichnet, dass er die Kerne der Thiere in auffälligster Weise umformt. Veränderungen erleidet dabei sowohl der Nucleus als auch der Nucleolus. Was für Differenzen sich bei beiden einstellen, ist hier gleichgültig. Es genügt die Gewissheit, dass beide als echte Kerne an- zusehen sind!. So zerfällt nach Bürscuui (20) der Nucleolus von Para- maecium putrinum in acht Kapseln, der Nucleus dagegen wächst zuerst in ein-Band aus und beginnt sich zu verzweigen. »Auf diese Weise erhalten wir Nucleusformen, die lebhaft an die verästelten Nuclei ge- wisser Acineten erinnern (p. 301 resp. 89). Schließlich zerreißt und zerfällt der Nucleus in kleine, annähernd gleich große Kügelchen, deren Zahl Hundert und mehr betragen kann.« Ob nun diese Theilstücke mit dem neuen durch Theilung aus dem Nucleolus hervorgegangenen Nucleus verschmelzen oder (was mir wahrscheinlicher dünkt) sich auf- lösen, ist unbekannt. Jedenfalls sind sie später verschwunden und das neue Thier besitzt nur einen Nucleus und einen Nucleolus. — Auch bei Cyrtostomum leucas Ehbg. wird der Nucleus nach der Konjugation . bandartig und zerfällt (p. 311 resp. 99), der rosenkranzförmige Kern von Condylostoma Vorticella Ehbg. zertheilt sich in seine einzelnen Glieder (p. 320 resp. 108), Bursaria truncatella erfährt eine Zersplitte- rung seines Nucleus (p. 321 resp. 109) und auch bei Vorticella campa- nula Ehbg. zerstäubt er in eine sehr große Zahl kleiner Bruchstücke (p- 341 resp. 129). Eine weitere Eigenthümlichkeit zeigt Stylonichia mytilus O.F. Mül- ler: der Nucleus zerfällt zunächst in dunkle Kugeln nach der Konju- gation. Untersucht man ein solches Thier, »so wird man etwa sechs bis acht Stunden nach aufgehobener Konjugation sämmtliche oder zunächst einen Theil der Kugeln außerhalb des Thieres mit Sicherheit auffinden« (p. 329 resp. 1147). Also Ausstoßung von Kernsubstanz: Unwillkürlich wird man dabei an die Richtungskörperchen der Eier von Metazoen erinnert. Möglicherweise ist das Schicksal des Nucleus von Euplotes Charon im Stande uns noch einen Schritt weiter zu führen. Der hufeisenför- mige Nucleus zerfällt während und nach der Konjugation zunächst in zwei Theile und das vordere von beiden weiterhin in mehrere dunkele Kugeln. »Die Bildung dieser Kugeln erfolgt etwa vier bis fünf Stunden nach aufgehobener Konjugation und meist schon am zweiten Tage nach der Lösung der Syzygie sind sie spurlos verschwunden.« Bürscnui (20) hält es zwar für unzweifelhaft, dass sie ebenfalls ausgestoßen werden, 1 BürscaLı (20) sagt aus diesem Grunde p. 359 resp. 447: »Ich schlage daher vor, die ehemaligen Nucleoli künftighin als primäre, die seitherigen Nuclei dage- gen als sekundäre Kerne zu bezeichnen.« 136 H. Henking, doch könnten sie ja auch, wenigstens zum Theil, einer Auflösung an- heimfallen. — Bei Colpidium colpoda und Glaucoma seintillans zerfällt der Nucleolus in mehrere Kapseln, von denen aber gegen Ende der Konjugation nur noch zwei vorhanden sind. Der Nucleus nimmt an Größe ab (also gehen Theile seiner Substanz in das Plasma über) und wird schließlich in toto ausgeworfen. Nach der Theilung besitzt jedes Thier nur einen Nucleolus. Über die Entstehung des Nucleus sagt Büörscaui (20, p- 314 resp. 102): »Ich war zu der Zeit, als ich diese Unter- suchungen anstellte, noch der Meinung, dass derselbe sich völlig neu bilde (!). Wahrscheinlich geht er jedoch auch hier durch Rückbildung einer Nucleoluskapsel wieder hervor.« So viel erhellt aiso aus den Untersuchungen über die Konjugation der Infusorien, dass eines bei den Kernen derselben sehr verbreitet ist, nämlich der Zerfall in eine größere oder geringere Zahl von Bruch- stücken. Die verschiedenen Gestalten sind nur starr gewordene Sta- dien, welche die Kerne auf dem Wege zu jenem Ziele durchmachen. Nicht ganz aufgeklärt ist das endliche Schicksal aller der einzelnen. Theilstücke. Protozoen und Metazoen haben bei der Kerntheilung das Auftreten karyokinetischer Figuren gemeinsam. Die Theilung thierischer Zellen ist wohl auch als einfache Folge des Größenwachsthums anzusehen; wie bei Protozoen, so kann man entschieden auch bei Metazoen die Theilung der Zellen unter die Rubrik der ungeschlechtlichen Fortpflan- zung bringen. Liegt das doch auch schon in der Nomenklatur ausge- sprochen, wo stets das Verhältnis der Mutter zur Tochter betont wird (Mutterzelle, Tochterzellen). Diese ungeschlechtliche Vermehrungsweise wird stets eingeleitet durch erhebliche Modifikationen des Kernes; die wenigen Fälle der direkten Kerntheilung können füglich außer Acht gelassen werden, da es noch nicht entschieden ist, ob der Kern nicht doch Veränderungen im Inneren erleidet, welche bisher nur noch nicht erkannt sind. Die Form der Metazoenkerne ist gewöhnlich rundlich oder oval, aber zuweilen werden auch hier die komplicirteren Gestalten der In- fusorienkerne rekapitulirt. Als typisches Beispiel für Verästelungen von Zellkernen gelten seit Mecker’s Untersuchungen die Serieterien oder Spinndrüsen der Raupen (Leynie!, p. 351), so»wie die MArricHt- schen Gefäße der Lepidopteren (Leyvie!, p. 465). Die Ähnlichkeit der Kerne derselben mit dem Kerne von Podophrya gemmipara hat bereits 1 Fr. Leydıs, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankfurt 41857. Sa de ee . Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 137 R. Herrwie (47, p. 44) bervorgehoben. Wenn auch an den letztgenann- ten Objekten die Theilung noch nicht beobachtet ist, so darf man doch wohl a priori annehmen, dass sie erfolgt unter Auftreten der gleichen karyokinetischen Figuren, wie sie bei den Kernen allgemein vorkommen. Auch im Inneren des Kernes existiren mancherlei Verschieden- heiten; bald ist er von einem dichten Netzwerk durchsetzt, bald mehr homogen; bald umschließt er einen, bald mehrere Nucleolen, ja, die Chromatinsubstanz kann einen langen geknäuelten Faden bilden, wel- cher in zwei nucleolusartige Anschwellungen endigt, wie es BaLptanı (3, p- 639) von den Speicheldrüsenzellen der Larve von Chironomus plumosus nachgewiesen hat. Aber auch hier dürfen wir wohl an- nehmen, dass diese Verschiedenheit den Vorgang der Theilung nicht wesentlich beeinflusst. Näher die Vorgänge bei der Theilung zu besprechen, ist hier nicht der Ort. Es genügt für den vorliegenden Zweck darauf hinzuweisen, dass auch hier ein Zerfall des Kernes stattfindet. Mit dem Schwinden der Membran hört die Selbständigkeit desselben auf; das Plasma kann nun den bisher von der Membran begrenzten Raum betreten, was ja schon aus der StrasgurGer’ schen Ansicht hervorgeht, dass die Fäden der achromatischen Spindel aus der Zellsubstanz in den Kern hineinwach- sen sollen. Es zerfällt der Inhalt des Kernes in chromatische und achro- matische Substanz, die letztere weiter in einzelne Meridiane, während das Chromatin sich in Körnchen zertheilt, wobei es gleichgültig ist, ob dieselben sich zu Körnern vereinigen oder, wie gewöhnlich, zu Fäden und Schleifen formirt sind (vgl. die Untersuchungen von BALBIanT, Pritzner, Fremming). Jedenfalls findet also ein Zertheilen des Kernes in eine große Anzahl einzelner Stücke statt. Eine äußere Grenze fehlt, es könnten also die einzelnen Theile sich beliebig in der Zellsubstanz ver- breiten. Dass sie es nicht thun, sondern meist gruppenweise zur Bil- dung neuer Kerne aus einander weichen, ist zwar eine Thatsache, welche aber die Möglichkeit der eben geäußerten Annahme nicht aus- schließt. Einen Fingerzeig dafür bilden die Untersuchungen von Arno und von W. A. Marrın (66) auf pathologischem Gebiete. Letzterer unter- suchte die Zellen eines rasch wuchernden Brustdrüsenkrebses und fand dort, abgesehen von der sonst allein vorhandenen Zweitheilung, auch Drei- und Viertheilungen, ja selbst Achttheilungen der Zellen (p. 64). Hieraus erhellt, dass die Chromatinsubstanz gelegentlich in eine größere Anzahl von Portionen aus einander weichen kann. Soll ich noch einmal kurz anführen, worauf es mir bei den voran- stehenden Betrachtungen besonders ankam, so war es darauf, den Nach- weis zu führen, dass trotz der großen Mannigfaltigkeit in der Form des 133 H. Henking, Kernes sowohl bei der Konjugation der Infusorien als auch bei der ein- fachen Zelltheilung ein Zerfallen des Kernes in einzelne Stücke statt- findet. Aber mit dem Zerbröckeln des Kernes haben wir noch nicht alle Stadien der Kernmetamorphose kennen gelernt. Wo sich aus den Bruch- stücken des alten Kernes direkt mehrere Tochterkerne aufbauen, haben wir es doch schon gewissermaßen mit einer abgekürzten Ent- wieklungsgeschichte zu thun: es wird hier ein Stadium übersprungen, welches an anderen Orten noch voll durchlaufen wird. Ich meine das- jenige Stadium, in dem die Bruchstücke des Kernes dem Auge völlig entschwinden. Die bisher betrachteten Fälle können sämmtlich mit der Bezeichnung cenogenetischer Processe versehen werden, während die folgenden Betrachtungen, in denen ein strikter Beweis für das Schwin- den der Kernelemente und für freie Kernbildung versucht werden soll, sich auf dem Boden exquisit palingenetischer Vorgänge bewegen. Kernlose Thierformen. Auf der niedrigsten Stufe des Thierreiches weilen die Moneren. Ihr wesentlichstes Kennzeichen besteht darin, dass sich in dem homo- genen Protoplasma niemals Kerne (Nuclei) differenziren (Harekzr, 37, p. 129). Zwar ist ihr Gebiet durch neuere Untersuchungen (F. E. Schuze, R. Herrwıg) mehr eingeengt, indem bei einer Anzahl früher zu ihnen gerechneter Formen der Nachweis von Kernen gelang; aber dennoch kann die Berechtigung der Gruppe als solcher nicht angezweifelt werden (ef. Bürscauı, 19, p. 108). So ist von Lieberkühnia schon durch Crarı- REDE und Lacumann (1858—1859) Kernlosigkeit behauptet worden und fand Bestätigung durch Cırnkowsky (1876). Auch A. Gruber (34, 1884) hat bei Lieberkühnia diffluens Grub. selbst mit Hilfe von Reagentien keinen Kern nachweisen können (p. 486). Ebenfalls ist A. Gruser bei Craterina mollis Grub., Gromia dubia Grub. und lagenoides Grub. so wie bei zwei anderen Gromien vergeblich bemüht gewesen, einen Kern zu sehen. Die eine Gromia spec. enthielt Kapseln, encystirte Stücke der Leibeswand, welche ebenfalls durchaus kernlos waren (p. #95). Die Protamoeba vorax Grub. behandelte Gruser (34) auf dem Objektträger mit Alkohol und Pikrokarmin »und obgleich sie sich gut und rasch färb- ten, war in keiner irgend eine Spur eines Kernes zu sehen, während alle die Infusorien, die durch Zufall mitgefärbt worden waren, deut- liche Kernfärbung zeigten« (p. 484). Mag demnach auch die Schar der kernlosen Thierformen noch so sehr durch neuere Untersuchungen redueirt werden, das permanente Fehlen des Kernes bei gewissen Thieren ist heute schon gesichert. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 139 Ob nicht bei manchen Rhizopoden der Kern nur zu bestimmten Zeiten auftritt, ist ebenfalls eine wohl aufzuwerfende Frage. Es würde durch sie ein Übergang von den kernlosen Formen zu dem Gros der Organismen gebildet werden, welche gewöhnlich einen Kern besitzen und ihn nur verlieren, wenn sie im Zustande des Eies ihre Entwicklung beginnen. Ä Verschwinden der Kerne in Zellen. I. Protozoa. Zunächst darf ich hier wohl noch einmal daran erinnern, dass mög- liceherweise schon bei den Infusorien eine Auflösung von Kernsubstanz stattfindet (vgl. oben p. 135, 136). Ist aber über diese Thatsache bei den Infusorien nichts Näheres bekannt, so wird sie dagegen vielfach behauptet von den Gregarinen. Zunächst möchte ich dasjenige hervorheben, was hieran ganz unzweifelhaft feststeht, und glaube ich es am besten mit den Worten Bürscnurs (19, 1882) zu thun:: » Allgemein sichergestellt er- scheint zunächst, dass kurze Zeit nach vollzogener Eneystirung (und dies bei beiden Arten dieses Vorganges), der Kern (resp. die beiden Kerne der Kopulanten) sehr undeutlich wird, sich schließlich dem beobachten- den Auge ganz entzieht, und nach Zerquetschen der Cysten in dem aus- gebreiteten Cysteninhalte nicht mehr aufgefunden wurde. Wesentliehe Umbildungen lassen sich nach der Encystirung schon an den noch vor- handenen Kernen zum Theil konstatiren, da dieselben bei Clepsidrina blattarum die Nucleoli ganz verloren haben « (p. 539). An einen völ- ligen Schwund des Kernes glaubt jedoch Bürscuri nicht! und ist der Ansicht, »dass sehr wahrscheinlich auch bei unserer Abtheilung die tiefer eindringende Forschung den Nachweis wird führen können, dass überhaupt keinem Lebensstadium der Kern gänzlich fehlt« (p. 523). Im Übrigen hebt er aber doch hervor (p. 523), dass »in neuerer Zeit die Ansicht ziemlich allgemeine Geltung erworben« habe, »dass die jugendlichsten Entwicklungsstadien meist kernlose Gytoden darstellen«. Als Vertreter dieser Ansicht führe ich nur an E. van BEneDen ? (10, 1871) und seine Untersuchungen über die Gregarina gigantea, ferner A. C. J. Schneider 3 (82, 1873): Beide betonen das Fehlen des Kernes ganz ausdrücklich. 1 Bürscar: (19) sagt p. 539: »Die Möglichkeit einer Fortexistenz der Kerne liegt um so näher, da es wenigstens bei einer Form bis jetzt geglückt ist, auf späteren Entwicklungsstufen der Cysten zahlreiche Kerne im Cysteninhalt aufzufinden.« BürschLı meint die Clepsidrina blattarum. 2 E. van BENEDEN (10, p. 348): Les psorospermies donnent naissance äa des glo- bules de plasson, depourvus de toutnoyau, de toute vacuole et de toute mem- brane; on peut les comparer aux Mon£res les plus simples... 3 A.C. J. SCHNEIDER (82, p. 529), Le fait que les spores du genre Gregarina n’ont 140 H. Henking, Der Umstand aber, dass bei Clepsidrina »kurz vor Eintritt der Sporulation« sich »eine große Anzahl kleiner Kerne nachweisen lässt und dass auch die Sporoblasten dieser Form einen deutlichen, kleinen Zellkern besitzen« (19, p. 543), dürfte nicht sehr gegen die Kernlosigkeit gleicher Stadien bei anderen Gregarinen sprechen. Denn woher kom- men diese vielen Zellkerne? Kann ihnen nicht ein kernloser Zustand vorangegangen sein? Schließlich ist ja auch bei den übrigen Gregarinen einmal wieder ein Kern vorhanden, und ist es ja möglich, dass er bei Clepsidrina blattarum nur schon wieder sehr zeitig sich einstellt. Aber nicht nur für die echten Gregarinen, auch für die Goc- cidien wird ein kernloser Zustand der Jugendstadien meist angenom- men. »In ziemlicher Übereinstimmung berichten die Untersucher, dass einige Zeit nach volizogener Encystirung der Kern verschwinde«, so kennzeichnet Bürscnri (19) den Stand der Frage (p. 561). Doch auch hier ist derselbe skeptisch und wohl besonders aus dem Grunde, weil »in den Entwicklungsprodukten des Cysteninhaltes, den sichelförmigen Keimen, Zellkerne nicht selten deutlich nachweisbar sind«. Im Übergange zu einem neuen und zwar dem wichtigsten Kapitel möchte ich, an das Letzte anknüpfend kurz die Frage der Skepsis in Erwägung ziehen. Gerade in den Punkten, um die es sich hier handelt, ist eine ziemlich starke Dosis von Zweifel wohl am Platze. Gehört eine Untersuchung über das Verschwinden und die Neubildung des Zell- kernes doch mit zu dem Schwierigsten, was die Naturwissenschaften bieten, stellt sie doch ganz erhebliche Anforderungen an die Sorgfalt und Ausdauer des Beobachters. Aber das allein genügt noch nicht. »Hier kann nur eine zweckmäßige Anwendung von Reagentien uns eine annähernde Bürgschaft geben, ob ein Kern vorhanden ist, oder fehlt«, so wird ein Jeder mit O. Herrwıc (44) sagen (p. 372). Von diesem Standpunkte aus betrachtet, werden allerdings sowohl die eben ge- nannten als auch die meisten nachfolgenden Mittheilungen für sich einer scharfen Kritik gegenüber nicht bestehen. In einem ganz anderen Lichte stehen sie aber da, wenn sie als Stütze für eine Untersuchung verwandt werden, welche, wenn auch nur für einen einzelnen Fall, einen möglichst exakten Beweis für das Verschwinden und Wiederauftauchen eines Kernelementes beibrächte. Ob und wie weit mir ein solcher Beweis in meinen vorstehend mitge- theilten Untersuchungen gelungen ist, das zu beurtheilen, überlasse ich, wie billig, den Lesern und zukünftigen Nachforschungen. ni nucleus ni organes polaires a deja etabli par STEIN, et son .exactitude est facile a contröler. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 141 Spätere Untersuchungen werden ja allerdings für oder wider die freie Kernbildung« sprechen können, einen alle Anforderungen be- friedigenden Beweis dafür werden auch sie nicht bringen; denn es handelt sich hier ja um etwas Negatives; es soll ja bewiesen werden, dass zu einer gewissen Zeit und an einem bestimmten Orte ein ge- wisser Gegenstand nicht vorhanden sei. Ungläubigen gegenüber wird ein solcher Beweis nie gelingen; denn gegen den Einwand, die Kon- servirung und Tinktion sei nicht entsprechend, oder es sei von Schnit- ten doch etwas abhanden gekommen etc. ete. wird Niemand ge- schützt sein. Zukünftige Untersuchungen können also im günstigen Falle die von mir vertretene Ansicht nur immer wahrscheinlicher machen. Dazu sind aber auch schon frühere Untersuchungen befähigt, und desshalb führe ich sie hier an. Die früheren Untersuchungen sollen mir, und meine Beobachtungen ihnen als Stütze dienen. Mit ihrer Hilfe hoffe ich, die von mir vertretene Ansicht so zu festigen, dass sie wie ein rocher de bronce den Angriffen der Kritik Stand hält. Eines will ich jedoch gleich im Voraus noch bemerken: so wenig wie die bisherigen Litteraturangaben sind auch die nachfolgenden Ci- tate durchaus nicht lückenlos. Ich hoffe, dass man mir das bei der großen Menge von embryonalen Arbeiten, hier bei einer Specialunter- suchung, wo der Litteraturbericht nicht die Hauptsache bilden kann, nachsehen wird. I. Metazoa. Verschwinden des Keimbläschens. Es ist gewiss eine bedeutungsvolle Erscheinung, dass ein Schwin- den des Kernes wie bei den Sporen gewisser Protozoen, so auch für die »Sporen« der Metazoen (sit venia verbo!), für die Eier, immer wieder und wieder behauptet wird. Ja, es hat schon eine Zeit gegeben, in der man von dem zeitweiligen, völligen Fehlen eines kernartigen Bestand- theiles im Ei vollständig überzeugt war. Das erhellt auch aus dem Artikel R. LeuekArr’s (59) über die »Zeugung«, in welchem er den Schwund des Keimbläschens in befruchteten resp. unbefruchteten, reifen Eiern lehrt (p. 921). Wie E. van BEneDen (7) (und auch O. Herrwic [44] p. 364) des Näheren aus einander setzt (p. 49), war es vorzüglich der Einfluss von JoH. Mürter, welcher auf Grund seiner Untersuchungen an der Ento- concha mirabilis das bisher gelehrte Dogma zu Fall brachte und da- gegen die Persistenz und einfache Theilung des Keimbläschens betonte. Diese Ansicht fand Unterstützung in den Arbeiten von Leypie (über 142 H. Henking, Rotiferen), von Mrrscanikorr (über Cecidomyien und Aphiden), PAsrn- STECHER (Trichinen), LeuckArr (Öxyuren), KErERSTEIN (Leptoplana), GEGEN- sur (Medusen, Siphonophoren, Pteropoden, Heteropoden, Sagitta), von HasckeL und Köruiker (Siphonophoren), so wie von E. vau BEnEDEN (über Distoma cygnoides)1. — Aber bald regten sich wieder laut die Stim- men, welche der früheren Auffassung zu ihrem Recht zu verhelfen suchten. Einen präcisen Ausdruck hat die Meinung von dem zeit- weiligen Fehlen eines Kernes im Ei in verschiedenen Schriften E. Hazeker’s aus den 70er Jahren gefunden. »Die Archimonerula, das erste Stadium der primordialen .Furchung, zeigt uns das befruchtete Ei, nach Verlust des Keimbläsehens und nach Verschmelzung der Sperma- zellen mit der Dottermasse, in jenem denkbar einfachsten Formzu- stande, welcher der phylogenetischen Stammform des Moneres voll- kommen entspricht«, so sagt HarckeıL (36) z. B. bei Besprechung der äqualen Furchung (p. 421). Und weiter heißt es bei ihm (p. 483): »Sollte, was möglich ist, dieser Rückschlag (der Zelle in die Cytode) nur bei einem Theile der Thiere vorkommen, bei einem anderen Theile derselben dagegen fehlen, so würde wohl der erstere Fall als palinge- netischer, der letztere als cenogenetischer Process zu deuten sein.« Ich kann nicht umhin, den eitirten beiden Sätzen Harcrer’s unbedingt zu- zustimmen. Eine neue Theorie von den Vorgängen im reifen Ei ist von O. HerT- wıc (44), wenn auch nicht aufgestellt, so doch weiter durchgeführt und eingehender begründet. Derselbe war in Folge seiner Untersuchungen an Seeigeleiern zu der Überzeugung gelangt, dass zwar das Keimbläs- chen schwinde, aber der Keimfleck bestehen bleibe und sich zum »Ei- kern« umbilde. Schon Dersts und C. E. v. Baer hatten entsprechende Angaben über das Seeigelei gemacht und auch Leyvıs glaubte bei Pisci- cola, Bıschorr beim Kaninchenei den frei gewordenen Keimfleck im Dotter zu bemerken, von dem dann die Kerne der Furchungskugeln abstammen sollten. Ich bemerke noch, dass Bıscuorr in späteren Ar- beiten diese Ansicht wieder ganz aufgiebt, nicht aber diejenige von der Auflösung des Keimbläschens?. Was diese Theorie anbetrifft, so werde ich weiter unten noch ein- mal darauf zurückkommen. Hervorheben will ich nur noch, dass O. Herrwıc ebenfalls zu der Ansicht gelangt ist, dass »gegen die Richtigkeit der Angabe, dass das Keimbläschen sich rückbildet, in den beschrie- benen Fällen wohl kein begründeter Zweifel erhoben werden « dürfte, 1 Citirt nach E. van BENEDEN (7, p. 49). 2 Die vorstehende Litteratur habe ich aus der Arbeit von O. Herrwis (44) ent- nommen, ohne auf die Originale zurückzugehen. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. | 143 »da ein so deutlich erkennbares und wohl charakterisirtes großes Ge- bilde einer aufmerksamen Forschung nicht entgehen kann« (p. 369). ©. Herrwie (k4) schließt mit den Worten: »Daher muss ich die An- nahmen Jener, welche das Keimbläschen in allen jenen Angaben für übersehen halten, als nicht berechtigte bezeichnen « (p. 370). Doch welches sind solche Angaben über das Schwinden der Kerne in Eiern? 1) Coelenterata. Über die Rückbildung des Keimbläschens bei Hydra hat N. Krrinengerg (50, 1872) ausführlich berichtet. Zwar hat in neuerer Zeit A. Korornerr! (53, 1883) im Gegensatz dazu die direkte Theilung des Keimbläschens behauptet, aber nicht so glaubhaft, dass dadurch die genauen Mittheilungen Kırınensere’s Einbuße erlitten. Letzterer sagt so (50, p. 42): Zu der Zeit ungefähr, wenn im Ei die Pseudozellenbildung beendigt ist, tritt eine rückläufige Metamorphose des Keimfleckes ein, er verliert seinen kreisförmigen Umfang und wird unregelmäßig eckig, seine Substanz erscheint wie geronnen, dann zer- fällt sie in kleine Stückchen, und diese werden, wie ich glaube an- nehmen zu dürfen, aufgelöst... (Das Keimbläschen rückt an die Ober- fläche.) Hier beginnt nun auch seine Rückbildung, die in völligen Schwund ausläuft. Der körnige Inhalt verflüssigt sich mehr und mehr, zugleich tritt ein Theil desselben durch die Membran aus, denn diese, die bisher prall gespannt war, sinkt zu einem meist eiförmigen Schlauch zusammen, dessen Wandung verdickt und stellenweise gefaltet ist. Die noch übrig gebliebene kompakte Innenmasse löst sich darauf in einzelne glänzende Körper auf.... Ich bin sehr geneigt... demgemäß den Schwund des Keimbläschens auf eine fettige Degeneration zurückzu- führen. Also zuerst Zerfall des Keimfleckes in einzelne Stücke — Auflösung derselben — Auflösung des Keimbläschens. Nach Merscunikorr (70, 187%) fehlt der Kern im reifen Eie von Polyxenia leucostyla Will, während nach der Befruchtung im Inneren des Eies ein kleiner Kern wahrzunehmen ist (p. 22, 23). Auch bei Si- phonophoren betont Merscunikorr (70) entgegen den Angaben von HAEcKEL und Gegengaur das Fehlen des Keimbläschens im reifen Eie. Nach der An- oder Abwesenheit richte sich das Gelingen der künstlichen Befruchtung (p. 65). Bei Eschscholtzia (p. 4) fand Kowausvskı (56, 1866), selbst nach ! A. KorornErF (53, p. 345): Kurz nachher (nachdem das Ei kugelig geworden) theilt sich das Keimbläschen, eine Erscheinung, die KLEINENBERG ganz übersehen hat, ich selbst wegen der Undurchsichtigkeit des Eies nur oberflächlich beobachtet habe, 144 H. Henking, Essigsäurezusatz, den Kern erst, als die Eizelle in 32 Kugeln zerfallen war. O. Herrwiıc (44, 1876) bestätigt diese Angabe, wies aber durch Anwendung von Osmiumsäure und Färbung mit Brarr’schem Karmin in der ersten Furchungskugel den Kern nach, welcher als »eine kleine homogene etwas dunkler roth gefärbte membranlose Kugel«»in einer An- häufung körnigen Protoplasmas lage. Jedenfalls unterscheiden sich also die jungen Kerne durch ihr abweichendes Verhalten gegen Essigsäure von den älteren Kernen, auch erinnert die Hrrrwie’sche Beschreibung sehr an meine Protocyten, so dass ich ein vorangehendes kernloses Sta- dium doch für wahrscheinlich halten möchte. Von Mitrocoma Annae schreibt O. Herrwıe (46, 1878), dass sich nach der Befruchtung der Spermakern an den Eikern anlegt. Beide sind vacuolenartig. »Plötzlich verschwinden unter dem Auge des Beobachters die (p. 183) beiden vacuoligen Gebilde, so dass jetzt das Ei anscheinend kernlos ist. Setzt man indessen Essigsäure an dem Rande des Deck- gläschens zu, so tritt mit aller nur wünschenswerthen Deutlichkeit eine faserige Spindel hervor, um deren Spitzen der Dotter eine strahlige An- ordnung besitzt.«c Darauf Theilung des Eies. — Räthselhaft bleibt hier, in welcher Weise die beiden vacuoligen Kerne sich so rasch in die eine Spindel umwandeln. Spindelbildung tritt ja Anfangs bei den Phalangideneiern auch auf und wäre es hier ja möglich, dass der Auf- lösung der Kerne sofort ein Anschießen der Spindel folgte. Das kern- lose Stadium braucht ja nur von momentaner Dauer zu sein. 2) Echinodermen. Bei Untersuchung des Eies von Toxopneustes lividus kam O. Herrwiıc (44, 1876) zu einem Resultat, welches er in folgen- dem Satze ausspricht (p. 358): »Seine (des Keimbläschens) Membran löst sich auf, sein Inhalt zerfällt und wird zuletzt vom Dotter wieder resor- birt, der Keimfleck aber scheint unverändert erhalten zu bleiben, in die Dottermasse selbst hinein zu gelangen und zum bleibenden Kern des reifen befruchtungsfähigen Eies zu werden.« Zu anderen Resultaten, wenigstens in Bezug auf den Keimfleck, kam For (28, 1877) bei seinen gleichzeitigen Untersuchungen über Echino- dermen. Von den Eiern von Asterias glacialis, so wie auch von Sphaer- echinus brevispinus und Toxopneustes lividus (p. 118) theilt er mit, dass gleichzeitig mit den Veränderungen am Keimbläschen auch am Keim- fleck sich besondere Vorgänge abspielten, indem er am lebenden Eie hlasser würde, die Form verändere und schließlich kaum noch zu er- kennen wäre. Bei Behandlung mit Essigsäure zeige er sich in einzelne Kügelchen zerfallen'!, welche sich in jeiner Gruppe an dem äußeren 1 H. For (28, p. 104), Traitee par les acides, elle a cependant d&ja la propriete | de se scinder en un certain nombre d’agglome£rations arrondies. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 145 Theile des Keimhläschens sammelten, dort, wo später der Amphiaster auftritt. Die ausführlichsten Mittheilungen verdanken wir E. van BENEDEN (7, 1876), welcher den von O. Herrwic (44) bei Toxopneustes erhaltenen Resultaten seine Beobachtungen an Asteracanthion rubens gegenüber stellt. Nach ihm verschwindet nicht nur das Keimbläschen, sondern auch der Keimfleck völlig dem Auge des Beobachters, wobei es ganz gleichgültig sein soll, ob das reife Ei befruchtet sei oder nicht. Die Be- fruchtung habe nur die Wirkung, das Eintreten des Vorganges zu be- schleunigen. Nach ihm kann man folgende sechs Stadien unterscheiden: 1) (p. 69). Die den Keimfleck umgebenden körnigen Massen (Pseudo- nucleolen) verschwinden mehr und mehr, schließlich bleibt nur der Keimfleck übrig. 2) DieKontouren des Keimbläschens und Keimfleckes werden blas- ser, die Vacuolen im Keimfleck vereinigen sich, letzterer bekommt eine himbeerförmige Gestalt. 3) (p- 70). Der Keimfleck zerfällt in ungleiche Stücke, eines der- selben ist größer als die anderen und schließt die Vacuole ein. Die Theilstücke breiten sich im Keimbläschen aus. 4) Die Theilstücke werden blasser und verschwinden schließlich, als letztes das die Vacuole einschließende. Das Keimbläschen ist nun ganz homogen. 5) (p. 71). Die Keimbläschenwand reißt ein, der Inhalt tritt zum Theil bruchsackartig nach dem Centrum des Eies zu hinaus, beides zu- sammen eine Doppelblase bildend. 6) Die Keimbläschenwand wird langsam aufgelöst, es bleibt nur ein unregelmäßiger heller Fleck zurück, der kleiner und kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. R. GrEEFF (33, 1876) hat sich am Ei von Asteracanthion rubens »in vollkommener Übereinstimmung mit den ausgezeichneten Beobachtun- gen E. van BEnEDEN’s überzeugt, dass nicht bloß das Keimbläschen, son- dern in der That auch der primitive Keimfleck dem Auge schließlich vollständig entschwindet« (p. 85). Derselbe giebt an, dass etwa fünf bis zehn Minuten nach Ablage des reifen unbefruchteten Eies in See- wasser Veränderungen zunächst des Keimfleckes eintreten, dieser wird granulös, die Granula verschmelzen zum Theil mit einander und brei- ten sieh im Keimbläschen aus, dann beginnt auch das Keimbläschen zu schrumpfen und schließlich verschwinden beide dem Auge (p. 87). E. SeLenka (88, 1878) untersuchte die Eier von Toxopneustes varie- gatus und theilt darüber mit, dass das Anfangs kugelige Keimbläschen - des frei im Eierschlauche liegenden Eies eine unregelmäßige Gestalt Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLV.Bd. 40 146 H. Henking, erhält, indem seine Membran sich einfaltet. »Sodann treten im Keim- fleck Vacuolen auf, die, wie mir schien, eine völlige Auflösung dessel- ben anbahnten« (p. 3). Doch hat es Verfasser wegen der mangelhaften Durehsichtigkeit des Dotters nicht klar gesehen und misstraut seiner Beobachtung in Folge der oben eitirten Angaben Herrwiıc’s. In seinem dritten Artikel (1878) berichtet O. Hrrrwıe (46) über seine Untersuchungen an Asteracanthion. Er sah, dass bei den in das Meer- wasser abgelegten Eiern das Keimbläschen zu schwinden beginnt, dass (nach Behandlung des Eies mit Reagentien) der Keimfleck einen Zapfen in das Plasma entsendet, von dem sich Körnchen ablösen und sich mit einer Sonnenfigur umgeben. Keimbläschen und Keimfleck verschwin- den dann schließlich ganz und an Stelle der Sonne tritt eine Spindel- figur, welche die Richtungskörper entstehen lässt. Mit dem aus dem Rest der Spindel entstehenden Kerne verschmilzt das eingedrungene Spermatozoon (p. 158 ff.). Aus den angeführten Untersuchungen geht mit Sicherheit hervor, A) dass das Keimbläschen sich auflöst, 2) dass der Keimfleck in Kügel- chen zerfällt, 3) dass an Stelle des verschwundenen Keimbläschens und Keimfleckes eine Spindelfigur tritt. — Sicher ist ferner nach van BEnE- DEN’S (7) genauen Angaben, die durch Grezrr (33) eine Bestätigung erhal- ten haben, dass bei der von ihnen untersuchten Art auch der Keimfleck zunächst völlig schwindet, und zwar eher als das Keimbläschen. Würmer. Von den Nematoden untersuchte L. Aurrsıch (1, 187%) Strongylus auricularis und Ascaris nigrovenosa. Er begann seine Beobachtungen mit einem sehr kurze Zeit nach der Befruchtung folgen- den Stadium. Er sagt p. 199: »Das Keimbläschen ist bereits spurlos verschwunden. Es sind durch keine Hilfsmittel irgend welche Reste desselben sichtbar zu machen.« Von Cucullanus elegans Zed. schreibt Bürscari (20, 1876), dass nach der Befruchtung des Eies sich um dasselbe zunächst eine Dotterhaut bilde und der Keimfleck verschwinde. »Statt dessen sah ich mehrfach ein aus sehr feinen Körnchen gebildetes Kreischen im Centrum des Keimbläschens und in seiner Umgebung eine Anzahl aus dunklen Körn- chen aufgebauter, feiner Stäbchen (p. 223). — Bei Tylenchus imperfec- tus Bütschli werden nach demselben Autor kurz nach dem Übertritt der Eier in den Uterus die Umrisse des Keimbläschens undeutlich und der Keimfleck verschwindet. — Die Eier von Anguillula rigida Schn. erleiden die Befruchtung auf dem Wege vom Ovarium zum Uterus. »Nach dem Eintritt des Eies in den Uterus, in dem sogleich die Bil- dung einer Schale beginnt, werden die Grenzen des Keimbläschens undeutlich« (p. 233). Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 147 Die obigen Angaben Bürscaur's (20) über die Eier von Cucullanus elegans werden durch eine Mittheilung von A. Scanziper (83, 1883) er- gänzt: die Eier, deren Keimbläschen rund und homogen, deren Keim- fleck aber schon geschwunden sei, träfen in den Tuben mit den Sper- matozoen zusammen. Dann sagt er: »das Keimbläschen wird amöboid und verschwindet zeitweise ganz (p. 10). — Von Ascaris megalocephala berichtet Schneider (83), dass das Anfangs ovale und mit deutlicher Membran versehene Keimbläschen weiterhin in der Eiröhre die Gestalt verändert, während die Membran viel dünner wird (p. 4). Vor der Bildung der beiden ersten Furchungszellen löst es sich alsdann in eine Anzahl von Bläschen auf (p. 268). Von der Sagitta Gegenbauri schreibt For (28, 1877), dass das Keimbläschen verschwinde !, dass aber in dem scheinbar gleichmäßigen Dotter mit Osmiumsäure noch eine Pünktchenreihe in einem corpus- cule compacte, A bords 6toil&s zu erkennen sei (p. 124). — O. Herrwiıs (46, 1878) sagt ebenfalls von Sagitta (p. 189): »Auch hier löst sich das Keimbläschen auf, nachdem es an die Oberfläche des Dotters emporge- stiegen ist und zwar noch innerhalb des Ovarium.« Es erfolgt Bildung der Richtungskörper, die Befruchtung tritt ein, Eikern und Spermakern legen sich an einander und nun sagt Herrwıc (46, p. 190): »Dann ver- schwinden beide Kerne... .« Über die Rotatorien erfahren wir durch Bürscuuı (20, 1876) Folgendes: »Noch vor der Ablage des Eies, oder bei Notommata vor der weiteren Entwicklung, verschwindet das Keimbläschen « (p. 247). Von den Hirudineen ist besonders Haemopis und Nephelis unter- sucht worden. Von dem ersteren Thiere behaupten Frry, RatukE und Rosın, dass das Keimbläschen und der Keimfleck völlig verschwinde. ©. Herrwie (25) hat dasselbe (1877) einer erneuten Untersuchung unter- zogen und ist dadurch zu einer anderen Ansicht gekommen. An man- ‚chen Eiern bemerkte derselbe kein Keimbläschen mehr, dagegen drei deutlich gefärbte Stücke mit hellem Hof. »An anderen Eiern waren auch diese Kernreste verschwunden, und an schlecht gelungenen Prä- paraten, an solchen, wo die Osmiumsäure nicht genügend erhärtet hatte oder die Karminfärbung zu hell oder zu dunkel ausgefallen war, schien es, als ob jetzt das Keimbläschen in allen seinen Theilen aufge- löst, mithin eine kernlose Dottermasse vorhanden sei. Indessen kann man sich an wohlgelungenen Karminosmiumpräparaten, so wie bei Be- handlung mit Essigsäure in der schon früher angegebenen Weise leicht vom Gegentheil überzeugen. Man sieht dann, dass in der Eizelle ein 1 For (28, p. 124): La vesicule germinative diminue de volume et finit par dis- ‘paraitre. 40* 148 H. Henking, spindelförmiges Gebilde sich befindet, das vermöge seiner zarten und eigenthümlichen Beschaffenheit sich leicht dem Auge des Beobachters entzieht. Dies ist das Stadium, welches von Frey, RATHkz, Rosın und Anderen mit großer Bestimmtheit als kernlos bezeichnet worden ist« (p. 11). Als ein früheres Stadium. bezeichnet er dasjenige, wo in der Mitte des Eies zwei helle Höfe mit je einem Strahlensystem zu bemer- ken sind und zwischen denselben »eine Anzahl dunkel geronnener, un- regelmäßig geformter Körperchen, welche ihre Konsistenz und ihrem Glanz nach zu urtheilen aus Kernsubstanz bestehen« (p. 13, Taf. II, Fig. 5). | Herrwıcg möge es mir nicht übel deuten, aber ich kann die Ver- muthung nicht zurückdrängen, dass das eine oder andere seiner »schlecht gelungenen Präparate« doch wohl nicht so schlecht gewesen ist, sondern vielmehr einen wirklich bestehenden kernlosen Zustand des Eies gezeigt hat. Ich bin zu der Annahme um so mehr geneigt, als auch Herrwic vor Auftreten der Spindelfigur (Taf. I, Fig. 3) die Chroma- tinkörnchen in unregelmäßiger Anordnung und ohne achromatische Spindel gesehen hat und zeichnet (Taf. II, Fig. 5), also ganz ähnlich wie bei Phalangiden. Ich füge noch hinzu, dass bei Nephelis vulgaris nach O. Herrrwıs (45) die Befruchtung bereits im Ovarium stattfindet, was auch Rosın und Leypie schon beobachtet hatten, während nach A. ScHNxEiDer (84, 1880) überhaupt bei allen Hirudineen die noch in den Follikeln der Ovarien eingeschlossenen Eier von den Spermatozoen aufgesucht wer- den (p. 256), ja, bei Aulastomum und Piseicola sogar ein Eindringen der Spermatozoen in die unreifen Eier zu beobachten ist (85, p. 426 und 83, p. 79). | Es dürfte demnach auch bei den Würmern nicht daran gezweifelt werden können, 1) dass der Keimfleck sich in Partikelchen zertheilt und schließlich ganz verschwindet, 2) dass das Keimbläschen ebenfalls zu Grunde geht. | Mollusken. W. Frrmmine (23, 24) untersuchte (1874 und 1875) die ersten Entwicklungserscheinungen am Muschelei und kam in Be- zug auf vorliegenden Punkt zu einem Resultat, welches er bei Zusam- menfassung seiner Hauptergebnisse als erste These so niederlegte: »Die Eizelle (Keim) von Anodonta macht vor ihrer ersten Theilung ein Sta- dium durch, in welchem sie kernlos ist« (p. 290). Nach Fremming’s Annahme sind solche Eier bereits vorher befruchtet. N. Boprerzey (14, 1877) giebt von den Gastropoden (Nassa mutabi- lis Lam.) an, dass der Kern im frisch gelegten Ei meist nicht aufzufinden gewesen sei, doch habe er einmal an einem Ei, welches schon Rich- men DE TEE 10: DEE SEE ET Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 149 tungskörper trug, einen homogenen Kern beobachtet (p. 97). C. Rası. (75, 1875) sagt bei Untersuchung der Ontogenie der Süßwasserpulmo- naten (p. 197): »Alle kompetenten Beobachter stimmen darin überein, dass das Keimbläschen bald nach der Befruchtung verschwinde und erst unmittelbar vor dem Beginn der Dotterfurchung wieder zum Vor- schein komme.« Nach H. For (26, 1875) ist das Ei der Pteropoden bei der Ablage des Keimbläschens beraubt und enthält außer dem Dotter nur eine fein punktirte Protoplasmamasse (p. 105). Dasselbe ist nach For (27, 4876) der Fall bei Heteropoden, speciell bei Firoloides. Auch hier war das junge Eierstocksei mit einem auffallend großen Keimbläs- chen ausgerüstet. Mit der Reifung des Eies schwindet zunächst der Keimfleck!, dann das Keimbläschen und zwar bereits beim Marsch durch den Uterus (p. 111). Verfasser bezeichnet es als einen erreur eomplete zu glauben, dass der Nucleus persistire und durch Theilung die ersten Furchungskerne hervorbrächte (p. 113). — Nun hat F. Brocn- mann (12, 1882) die Entwicklung der Neritina fluviatilis Müll. untersucht und giebt an (p. 132), am abgelegten Eie bestehe die erste Veränderung darin, dass das Keimbläschen Einbuchtungen bekomme. Dann ver- schwinde die Kernmembran völlig, der Keimfleck zerfalle in Bruch- stücke und diese ordnen sich zur Kernplatte. Brocumann bemerkt, dass er alle Übergänge gesehen habe. In Bezug auf die Gephalopoden hat E. Ray Lankester (77, 1875) ebenfalls beobachtet, dass das Keimbläschen in Ovarialeiern deutlich vorhanden ist, jedoch verschwindet, sobald das Ei, von seiner Ur- sprungsstelle sich ablösend, in den Oviduet gelangt? (p. 39). Über die Zeit der Befruchtung ist ihm nichts bekannt. Auch hier ergiebt sich aus den angeführten Beobachtungen, dass das Keimbläschen verschwindet, und zwar wahrscheinlich unter vor- herigem Verlust des Keimfleckes. Nach Brocumann’s Angaben scheint es vorzukommen, dass der kernlose Zustand des Eies nur von sehr ge- ringer Dauer resp. gleich Null geworden ist. Arthropoden. Von denDekapoden berichtet uns P. Mayzx (65, 1877) so: »Das frisch gelegte, noch weiche Ei, an welchem sich trotz Druckes mit dem Deckglase und durch die gewöhnlichen Reagentien kein kernähnliches Gebilde nachweisen lässt, zeigt nach Verlauf weniger ! H. For (27, p. A144): Le nucleole conserve les m&mes dimensions proportion- nelles que prec&demment comparees & celles du noyau, puis il devient indistinct et n’existe plus chez les ovules mürs; il parait s’etre dissous dans la substanze du nucleus. 2 E. Ray LAnkEsTeEr (77,P.39): The egg is now a homogeneous mass of granular elements with a small amount of intergranular plasma. | 150 H. Henking, Stunden, während deren auch die Erhärtung der Hüllen vor sich geht, einen deutlichen Kern« (p. 212). — Nach IsuıkawA (1885) verschwindet das Keimbläschen bei Atyephira compressa de Haan bereits im Ova- rium. Trotz hunderter von Schnitten hat derselbe es in solchen ge- reiften Eiern niemals auffinden können!. StunrMmann (96, 1886) untersuchte die Präparate Krnner’s von Peri- patus Edwarsii und theilt darüber mit (p. 189—193), dass bei den gereiften Ovarialeiern die Anfangs im Keimbläschen zerstreuten Chro- matinkörnchen sich zu Kugeln neben dem Keimfleck zusammenballen (seine Fig. 227 ist sehr ähnlich meiner Fig. 14). So zeigen sich die Eier auch noch zum Theil im Receptaculum ovorum. Weiter kommen dort solche vor, welche an Stelle des Keimbläschens eine ähnliche Spindel haben, wie ich sie bei Phalangiden fand. Über deren Genese ist nichts bekannt. Die Befruchtung findet nach A. Sepewick (87, 1885) bei Peri- patus capensis (p. 355) bereits im Ovarium statt. Nach Hraracote (1886) zeigt der Nucleus des gereiften Ovarialeies (ovarian ovum just before hatching) von Julus terrestris eine zarte viel- fach eingebuchtete Umgrenzung, während in den eben abgelegten Eiern an Stelle desselben ein Häufchen von Chromatinkörnern bemerkt wird. Nach Stuuımann (96, 1886) ist in älteren Eiern von Julus überhaupt kein Kern mehr vorhanden, eben so wenig wie in denen von Glomeris marginata (p. 184—-189). — Über die im Eileiter befindlichen Eier von Geophilus ferrugineus C. Koch und G. proximus C. Koch heißt es bei N. Sograrr (89, 1882): »Das ganze Ei ist mit Dotter gefüllt, das Keim- bläschen, so wie auch der Dotterkern sind nicht mehr zu sehen « (p. 583). »Das Keimbläschen nebst dem Keimfleck gehen allmählich zu Grunde« in den reifenden Eiern des Skorpions nach E. METSCHNIKOFF (68, p. 208, 1871). In dem abgelegten Ei von Pholeus opilionoides hat E. CLAPAREDE (22, 1862) niemals die geringste Spur des Keimbläschens entdecken können (p. 5) und von Philodromus limbatus theilt H. Lupwie (63, 1875) mit: »Das Keimbläschen, das, wie bei allen Spinneneiern, an den Eier- stockseiern in mächtiger Entwicklung, von deutlich doppelt kontourir- ter Membran umgeben, erkennbar war, ist an dem abgelegten Eie nicht mehr aufzufinden; wenigstens gelang es mir niemals, an abgelegten Eiern, so frühzeitig ich sie auch untersuchte, eine Spur davon zu ent- decken. Über die näheren Vorgänge bei seinem Hinschwinden habe ich keine Beobachtungen gemacht. « 1 CHiyomAtsU IsHıkAwA (24, p. 405): All that I can say is that the germinal ve- sicle disappears while the egg is still in the ovary. ? F. G. HEATHCOTE (39, p. 453): The nucleus is no longer a distinct vesicle, but its position is marked by the chromatin granules alone. There is no nucleolus. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 151 In älteren Eiern von Periplaneta orientalis, Gryllotalpa vulgaris und Locusta viridissima hat Stunmann (96, 1886) kein Keimbläschen gefunden (p. 134—137); eben so wenig bei Aphrophora spumaria (p. 178). Von Musca vomitoria schrieb bereits A. Weısmann (98, 1863): »Ein Keimbläschen ist in dem frisch gelegten Ei in der Regel nicht mehr vorhanden« (p. 164). Srunımann (96, 1886) bestätigt es (p. 151). Bei Zygaena filipendula löst sich nach Srunımann (96, 1886) der Keimfleck in Körnchen auf, dann schwindet der Kontour des Keim- bläschens und schließlich dieses selbst völlig (p. 144—1148). Schon Fr. Ste (91) hatte in den reifen Eiern der Käfer niemals ein Keimbläschen mehr wahrnehmen können. Von Oecanthus niveus schreibt H. Ayers (2, 1884), dass das Keim- bläschen in den Ovarialeiern spurlos verschwinde !. STUHLMANN (96, 1886) hat ebenfalls zahlreiche Käfer auf vorliegen- den Punkt hin untersucht (Carabus nemoralis und auratus, Pterostichus elatus, Dytiscus marginalis, Necrophorus vespillo, Geotrupes und Ceto- nia, Lina populi und Lycus aurora). Hier ist das Keimbläschen und der Keimfleck Anfangs sehr groß, dann tritt mit der Reifung des Eies viel- fach zunächst ein Schwinden des Keimfleckes ein. Bei Carabus auratus leitet sich dieser Vorgang damit ein, dass neben dem Keimfleck Chro- matinkügelchen auftreten, dann wird der Keimfleck kleiner und schließ- lich schwinden Keimfleck und Kügelchen (p. 120). Bei Dytiscus mar- ginalis vertheilt sich das Chromatin in feine Massen durch das Keim- bläschen, um weiterhin ganz zu verschwinden (p. 123). — Nachdem so das Chromatin aus dem Keimbläschen entschwunden ist, wird dieses faltig und ausgezackt und geht schließlich ganz dem Auge verloren. _»In größeren Eiern war es mir nicht möglich, auch nur eine Spur eines _ Keimbläschens oder Eikernes aufzufinden«, so sagt Stunımann (96, | | | | p- 120) vom Carabus nemoralis: Über die Umwandlung des Kernes in reifenden Eiern von Colym- betes fuscus L. hat neuerdings L. Wırı (99, 1886) ausführlich berichtet. Er stellt den Vorgang so dar, dass die peripherischen Kerntheile sich in , Eisuhstanz umwandeln, wodurch der Kern eine buchtenreiche Ober- , Häche bekommt. Gleichzeitig zerfallen die Chromatinstücke in immer ‚ kleinere Partikelchen. So soll der Kern immer kleiner werden, schließ- lich an die Oberfläche rücken, »sich auf derselben ein wenig ausbreiten und sich allmählich in feinkörniges Protoplasma umwandelnd als Kern schwinden — doch nicht ganz. Ein kleiner Theil der Kernmasse bliebe i H. Ayers (2, p. 235): In the ovarian egg after the disappearance of the germi- native vesicle no traces of nuclei are to be found. 152 H. Henking, nach Analogie meiner Befunde bei Dytiscus von der Metamorphose in Eiplasma verschont, indem sich in der Umgebung einiger Chromatin- granula ein Quantum hellen Kernsaftes ansammelt, welche beide Theile dann die Gestalt eines kleinen hellen Bläschens von runder Form an- nehmen« (p. 353). Hieran soll Spindelbildung eintreten, welche zur Ausstoßung der Richtungskörperchen hinführe. - Auch bei den Hymenopteren muss Srunrmann (96, 1886) bekennen: »Im reifen Ei war nie ein Keimbläschen oder Eikern zu finden« (p. 177). Trogus lutorius und Banchus fulvipes verlieren zuerst den Keimfleck, dann das Keimbläschen. Außer diesen beiden untersuchte Verf. noch Vespa germanica und media, Bombus terrestris, Anomalon eireumflexum, Ophion luteum und ventricosum. STUHLMANN (96) stützt sich bei seinen Deduktionen vielfach auf die angebliche Thatsache, dass bei Aphiden und Cecidomyia das Keim- hläschen nicht schwinde (p. 206). Ich möchte hiergegen doch den Ausspruch Bürscnzr's (20, 1876) anführen, welcher Aphiden untersucht hat; derselbe sagt (p. 249), dass man auf Pseudova trifft, »die keine Spur eines Kernes mehr erkennen lassen, und es unterliegt keiner Frage, dass derselbe auch hier verschwindet« (cf. auch Barrour [6] p. 72). E. Wırzaczir (100, 188%) spricht es ebenfalls nur als eine Ver- muthung aus, dass die Furchungskerne durch Theilung aus dem Keimbläschen entstanden seien (p. 567). Es dürfte demnach die An- gabe von E. MErscunikorr (69, 1863), welcher eine direkte Theilung des Keimbläschens annimmt, doch nicht so unzweifelhaft feststehen, zumal da sie auch die bei Weitem älteste von den dreien ist. Zum Schluss führe ich noch die Worte von A. ScuneiDer (83, 1883) an (p. 268): »Bei sämmtlichen Eiern der Insekten wird früher oder später das Keimbläschen unsichtbar. Dieser Vorgang besteht bekannt- lich in einer bis zum Unsichtbarwerden gehenden Vertheilung des Kernes und ist die Vorbereitung zur Bildung einer Kernspindel, wie ich dieselbe unter den Insekten auch bei Chironomus Grimmii gefun- den habe. Die Art, wie dieses Verschwinden stattfindet, habe ich bei Chironomus genau verfolgen können. Schon bald nach dem Auftreten des Eies löst sich der Kern in eine Anzahl Bläschen auf.« Also dürfte auch bei den Arthropoden an dem thatsächlichen Schwunde des Keimbläschens nicht gezweifelt werden können. Mehr- fache Beobachtungen sprechen bereits dafür, dass auch hier zunächst ein Zerfallen der chromatischen Bestandtheile des Kernes in feinere | Partikelchen stattfindet und dass weiter diese mitsammt dem Keim- bläschen sich dem Auge entziehen. SrunLmann (96) unterscheidet zwei Weisen für das Unsichtbarwerden des Keimbläschens: 1) durch amö- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 153 boides Zerfließen, 2) durch Veränderung seiner Struktur (p. 212). — Ich halte diese Unterscheidung für nicht zulässig: Durch amöboides Zerfließen kann das Keimbläschen nur dann unsichtbar werden, wenn zum wenigsten seine chromatischen Bestandtheile vorher ihre Struktur verändert haben. Man kann die beiden Vorgänge unmöglich in Oppo- sition bringen. L. Wırr (99) lässt vom Kern ein Bläschen mit einigen Chromatin- granulis übrig bleiben, welches nicht verloren geht. Es erinnert die Angabe an meine Protocyten und weckt den Gedanken, ob wir es hier nicht bereits mit einer Neubildung zu thun haben. Tunicaten. A. Kowausvski (55, 1866) untersuchte Phallusia mam- millata Cuv. und Ascidia intestinalis und theilt darüber mit: »Einen Kern konnte ich nur an den unreifen Eiern auffinden, an den reifen war er meist schon nicht mehr zu sehen« (p. 3). — Auch C. Kuprrer (57, 1870) hat in den gereiften Eiern der Ascidien keinen Kern beobachtet, denn er spricht beim Furchungsprocess von dem »Auftreten des ersten Kernes im ungetheilten Dotter« (p. 128). Nach SrtrasgurGer ist bei Phallusia mamillata »von dem ursprünglichen Kern im reifen Ei auch nicht die Spur mehr zu erkennen« (p. 189). Es scheint demnach also auch bei Tunicaten der Kern zeitweilig völlig zu verschwinden. Wirbelthiere. Vom Amphioxus berichtet B. Harscnzx (38, 1881): »An allen (eben abgelegten) Eiern war das Keimbläschen geschwunden und an dem nur wenig durchsichtigen lebenden Ei nichts von den Resten desselben wahrzunehmen« (p. 20). Dann trat Ausstoßung der Richtungskörperchen und Befruchtung ein. Die Untersuchungen an der Bachforelle führten J. O. OrLLAcHEr (74, 1872) dazu, zum Schluss eine Reihe von Sätzen aufzustellen, von denen ich hier den fünften anführen will, da aus ihm hervorleuchtet, dass das Keimbläschen gänzlich untergeht: 5) »Im Forelleneie geht der Ausstoßung des Keimbläschens die Eröffnung seiner Membran auf der Oberfläche des Keimes vorher und bleibt dieselbe, nachdem ihr Inhalt ausgestoßen, noch einige Zeit als auf dem Keime ausgebreitetes Schleier- chen zurück, um endlich auch zu verschwinden« (p. 25). — Auch War»- ner (97) hat das abgeleste Ei der Forelle kernlos gefunden. Von Rana temporaria schreibt O. Herrwıc (45, 1877, p. 41): »Bei Rana temporaria konnte ich schon an Eiern, die ich aus der Bauchhöhle entnahm, vom Keimbläschen keine Spur mehr nachweisen. Es gelang mir trotz vielfältiger Bemühungen nicht, Zwischenstadien aufzufinden, welche diesen Befund mit den zuletzt beschriebenen Bildern hätten verknüpfen und Aufschluss geben können über die Art und Weise, in 154 H. Henking, welcher der vollständige Untergang des Keimbläschens herbeigeführt wird.« Einen ähnlichen Befund lieferten ihm die Eier aus dem Ei- leiter von Rana esculenta. Als kräftige Stütze für die von mir vertretene Ansicht möchte ich hier (und mehr noch im folgenden Kapitel) A. Gorrre’s Entwieklungs- geschichte der Unke (1875) nennen. Nach Gorrte (30) enthält die dritte und letzte von ihm beobachtete Form von reifen Eierstockseiern keine Spur eines Keimbläschens mehr (p. 22). Derselbe betont, entgegen der Annahme früherer Forscher, ausdrücklich, dass auch die Keimflecke im . Ei verschwunden seien (p. 29) und sagt p. 26: »So kann ich denn die Betrachtung des reifen Eies mit dem Ergebnisse schließen, daß alle seine Veränderungen im Eierstocke und Eileiter nur die unmittelbare Fortsetzung und den Abschluss jenes schon im ersten Anfange der Ei- bildung eingeleiteten Processes bilden, dessen Bedeutung in der Zerstörnng der Zellenreste innerhalb des Ovarialfollikels und in der Herstellung eines Keimes beruht, welcher aus einer gleich- artigen undin keinem Theile organisirten Masse besteht.« — Abgesehen von der sonstigen Auffassung GortTte’s vom Wesen des Eies geht aus den angeführten Worten unzweifelhaft hervor, dass der- selbe das gereifte Ei für völlig kernlos hält. Wie ich die Worte auf- fassen muss, besagen sie im Grunde genommen nichts Anderes, als der oben (p. 142) ceitirte Ausspruch Harcer’s (36), in welchem das Moneren- stadium des Eies für eine gewisse Zeit angenommen wurde. G. Reın (78, 1883) hat zwar am Ei des Kaninchens das eigentliche Schwinden des Keimbläschens nicht bemerkt, aber doch einige Be- obachtungen gemacht, welche entschieden auf den Beginn des Schwun- des hindeuten. Es rückt nämlich bei der Reife das Ei zunächst an die Zona heran, neben dem Keimfleck erscheinen in einem Häufchen klei- nere Flecke. Der Keimfleck wird kleiner und ebenfalls die Körnchen, welche sich im Keimbläschen vertheilen (p. 245), und nun sagt Verf.: schließlich ist mir keine Spur mehr von Keimflecken zu finden ge- lungen« (p. 246). Weiter geht das Keimbläschen aus »einem bläschen- förmigen Zustande zu einem homogenen, protoplasmaähnlichen Klümp- chen« über, »der aktive, amöboide Bewegungen ausführen kann«. Aus der Volumabnahme des Keimbläschens schließt Verf. auf den Über- gang einiger Bestandtheile desselben in den Dotter (p. 249). Die Rei- fungserscheinungen zählt er so auf: 4) Corona radiata, 2) peripherische Lage des Keimbläschens, 3) Auflösung des Keimfleckes, 4) Schwund des Keimbläschens, 5) Auftreten eines Richtungskörperchens etc. — Schon vorher hatte En. van Benepen das Schwinden des Keimbläschens angegeben. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 155 Die angeführten Untersuchungen bestätigen also auch für die Wir- belthiere den unzweifelhaften völligen Schwund des Keimbläschens, sei es, dass dasselbe nur bis an die Peripherie des Eies hinan, sei es, dass dasselbe, unter Platzen, noch darüber hinaus rückt. Auch hier fehlt es nicht an Andeutungen, dass der Auflösung desselben zunächst ein Zer- fallen der ehromatischen Substanz in einzelne Körnchen und ein Ver- schwinden derselben vorangeht. Als Endresultat dieses Kapitels können wir demnach das Ergebnis aufstellen, dass bei sämmtlichen Thierklassen ein zeitweiliges Schwin- den des Keimbläschens beobachtet worden ist, welches vielleicht immer sich in der Weise in Scene setzt, dass zunächst eine Zerbröckelung der chromatischen Substanz stattfindet und dass sich alsdann das Gesammt- keimbläschen dem Auge entzieht. Freie Kern- und Zellbildung. Auftreten des Urkernes (Protokaryon) und damit der Protocyten. Wir hatten oben (p. 139) gesehen, dass in den Psorospermien der Gregarinen der Kern verschwunden war. Nach van BEnEDEN (10, 1871) tritt ein Urkern wieder auf als lichtbrechendes Körperchen von rundlicher Gestalt!. Verf. hielt dies Gebilde für den Nucleolus, um welchen sich als heller Hof der Nucleus einstellen sollte; doch glaube ich mit Bürsenzi (20, p. 408, Anm.) in dem sogenannten Nucleolus den jugendlichen Kern erblicken zu sollen, während der helle Ba einer besonderen Plasmazone zuzuschreiben sei. E. van BEneDen (9, 1876) hat auch bei den Dieyemiden die Be- obachtung gemacht, dass ein »germigene« ohne Betheiligung seines Kernes eine Anzahl von Keimen endogen hervorbringt. In dem Plasma sollen gleichzeitig drei, vier oder eine ‘größere Zahl rundlicher Kerne entstehen, die Anfangs klein und dunkel, mit ihrem Wachsthum heller werden und sich sogleich mit einem weniger stark granulirten Plasma- hofe umgeben. Goelenteraten. Wir hatten schon oben gesehen, dass bei Mitro- coma Annae nach O. Herrwıc (46, 1878) der Urkern zunächst als fasrige Spindel hervortritt (v. o. p. 14). Eehinodermen. Nach H. For (28, 1877) macht das verschwin- dende Keimbläschen bei Asterias glacialis, Sphaerechinus brevispinosus und Toxopneustes lividus einem Amphiaster Platz (p. 118) und auch ! E. van BENEDEN (40, p. 349): Mais bientöt on voit un noyau se developper a Vinterieur du corps du cytode. Certains el&ments chimiques, primitivement re- pandus dans la masse du plasson se separent pour former un corpuscule refringent de forme arrondie. 156 H. Henking, O. Herrwic (46, 1878) giebt an, dass an Stelle des verschwindenden Keimbläschens und Keimfleckes bei Asteracanthion eine Spindelfigur tritt (p. 158 ff.) Würmer. Bei Sagitta legten sich nach O. Herrwıe (46, 1878) Ei- kern und Spermakern an einander, verschwinden »und es bildet sich eine Doppelstrahlung aus, in welcher Essigsäure eine Spindel zum Vor- schein bringt« (p. 190). Vor dem Auftreten der ersten Kernspindel im befruchteten Ei von Cucullanus elegans liegt nach Bürscatr's (20) Vermuthung (1876) folgen- des Stadium: »Statt des Kernes zeigt sich hier nur eine undeutlich um- schriebene Stelle im Dottereentrum, in deren Inneren eine Anzahl dunkler, körniger Stäbchen unregelmäßig durch einander liegen« (p. 226). Auch A. ScHxeiper (83, 1883) hat bei demselben Thiere be- obachtet, dass in dem Ei einzelne punktförmige, stark lichtbrechende Körper auftreten, »welche später die Äquatorialplatte der Kernspindel bilden. Bald sind sie zu einem, bald mehreren Haufen vereint« (p. 10). Über O. Herrwıe’s (45, 1877) Beobachtung einer Spindelfigur im Ei von Haemopis und die der Spindel vorhergehenden Körnchen habe ich mich bereits oben (p. 148) ausgesprochen. Bei Aulastomum ver- wandelt sich nach A. Schneider (84, 4880) das Keimbläschen in einen Amphiaster (p. 256). Bei Triarthra hat Bürscari (20, 1876) die Neubildung eines Kernes gesehen, »der zuerst als eine sehr kleine, helle Stelle erschien, rasch zu einem scharf begrenzten, sehr hellen Bläschen heranwuchs, sodann plötzlich undeutlich wurde, worauf die Theilung begannk (p. 247). Mollusken. Nach dem Verschwinden des Kernes im Ei von Lacinularia socialis geht die Kernneubildnng nach W. Fremming (23, 1875) so vor sich: »Nach einiger Zeit zeigt sich ... in der Mitte des- selben eine matthelle Stelle, blass und undeutlich begrenzt. Sie streckt sich in die Länge, womit sie noch unkenntlicher wird und um sie her tritt eine radiäre Anordnung der Dotterkörner auf. ...... Bald nach der Trennung werden die Radien undeutlich und es tritt ..... anstatt der Strahlenfigur ein Kern auf, nicht plötzlich anschießend, sondern allmählich sich verdeutlichend« (p. 182—184). Von dem Ei der Nassa mutabilis Lam. giebt N. Bosrerzey (14, 1877) an, dass nach der Ablage eine Spindel mit polaren Strahlen in demselben auftrete, während F. Brocumann (12, 1882) an Neritina fluvia- tilis Müll. die Umordnung des in Bruchstücke zerfallenen Keimfleckes in die Kernplatte in allen Stadien beobachtet zu haben angiebt (p. 132). Es ist wirklich sehr Schade, dass Letzterer uns genauere Angaben über diesen wichtigen Vorgang vorenthalten hat. | | | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 157 Bei den Gephalopoden (Loligo und Octopus) entstehen die Urkerne als kleine, allmählich wachsende Punkte in der homogenen Eimasse nach E. Ray-Laneester (77, 1875). Derselbe nennt sie »autoplasts«. Arthropoden. Bei Dekapoden entsteht nach P. Mayer (65, 1877) in dem frisch gelegten Ei nach wenigen Stunden ein deutlicher Kern, der dann Theilungen einleitet. Stunımann (96, 1886) beschreibt an den Eiern aus dem Receptaculum ovorum von Peripatus Edwarsii Spindel- figuren, wie schon oben mitgetheilt. Die von F. G. Hraıracore (39, 1886) in jungen Eiern von Julus ter- restris beobachteten (p. 453) und z. B. in Fig. 3 und 16 abgebildeten Häufchen von Chromatinkörnern im Plasma dürften wohl nach Analogie mit Phalangium für Jugendstadien von Protocyten in Verwendung ge- nommen werden können. — Das jüngste von N. SoGrArFF (89, 1882) bei Geophilus ferrugineus C. Koch und G. proximus C. Koch untersuchte Furchungsstadium zeigte eine Spindelfigur, deren Chromatin in zwei Stäbehengruppen zertheilt war. Nach W. Sızensky (81, 1871) sammelt sich zwischen den Dotter- pyramiden von Theridium lineatum feinkörniges Plasma, in dem Kerne eingeschlossen sind. Verf. betrachtet sie als durch »freie Zellbildung« entstanden. — W. A. Locv (61, 1886) beobachtete den ersten Furchungs- kern bei Agelena naevia als einen großen, ovalen, feinkörnigen Körper in einem Plasmahofe, welcher nach ihm ohne Zweifel vom Keimbläs- chen abstammt und später Theilungen einleitet (p. 70). Der erste Furchungskern ist hier also jedenfalls verschieden vom Keimbläs- chen, durch Theilung kann er nicht aus demselben hervorgegangen sein, denn sonst wären deren zwei vorhanden, eine einfache Verände- rung des Keimbläschens kann auch nicht vorliegen, denn sonst würde Verf. wohl angegeben haben, worin sie bestehe; also werden wir es auch hier mit einer Neubildung zu thun haben. Von der Gryllotalpa schreibt A. Korornerr (52, 1885): »Dass die ersten Zellen direkt aus dem Keimbläschen entstehen, habe ich nicht beobachten können. Indessen bezweifle ich diese Möglichkeit nicht. Die ersten sich im Dotter durch Theilung bildenden Zellen sind nicht groß und bewegen sich amöbenartig. Der Zahl nach sind es vier oder fünf« (p..571). Bis nicht die Theilung beobachtet ist, möchte ich auch diese Bildung für meine Ansicht in Anspruch nehmen. Cf. auch die Angaben von E. Wırraczır (100, oben p. 152) über Aphiden. Bei Musca vomitoria lässt Srunımann (96) den ersten Furchungs- kern repräsentirt sein durch eine helle Stelle im oberen Ende des Eies. Chromatin konnte derselbe darin nicht nachweisen, glaubt aber doch an die Kernnatur des Gebildes. Wahrscheinlich ist dasselbe mit einer 158 H. Henking, jungen Kernanlage, dem Netzwerke, bei Phalangium zu homologisiren. — Weiter fand Stunımann bei demselben Thiere eine große Anzahl von Kernen mit Chromatingehalt in der oberflächlichen Dotterschicht besonders des vorderen Eipoles und glaubt, dass sie durch außer- ordentlich rasche Theilungen entstehen, fügt aber hinzu: außerordent- lich bemerkenswerth erscheint mir, dass ich hier trotz der rapiden Ver- mehrung niemals karyokinetische Figuren sah, auch nicht bei Behand- lung mit Fremming’scher Lösung und Safraninfärbung« (p. 156). SrtuaL- MANN glaubt daher direkte Zerschnürung annehmen zu müssen!, doch sind seine wenigen Abbildungen (Fig. 110 und 141) wenig überzeugend. Könnte hier nicht für die meisten der Kerne gerade bei der Schnellig- keit ihres Auftretens eine »freie Kernbildung« vorliegen ? Weiter fand Stunrmann bei drei nach seiner Ansicht unzweifelhaft parthenogenetischen Eiern von Sphinx ligustri in der unteren Schicht des Keimhautblastems eine große Anzahl dunkel gefärbter Kerne, welche nach ihm von einer ziemlich frühen Furchung des Eikernes herrühren müssen. »Er muss also schon bei allen Eiern se früh als solcher vorhanden sein und sich nur nicht nachweisen lassen« (p. 143). An Stelle derartiger Hypothesen ist es jedenfalls einfacher, auch hier eine »freie Kernbildung« anzunehmen. Tunicaten. Auf die Angabe Strasgurger’s (93, 1875), die Neu- pildung des Kernes bei Eiern von Phallusia mamillata aus einer An- schwellung der Hautschicht (p. 190) will ich weiter kein Gewicht legen, dagegen schrieb C. Kurrrer (57, 1870): »Das Auftreten des ersten Ker- nes im ungetheilten Dotter zeigt sich als eine erst ganz kleine, helle Lichtung, die rasch bis zu einer gewissen Grenze wächst, dann sich theilt«...... (p. 128). Wirbelthiere. Die sechste These J. Örzscner’s in seinen Bei- trägen zur Geschichte des Keimbläschens im Wirbelthiereie (71) lautet: 6) »Das Keimbläschen steht in keinem Wirbelthiereie in genetischer Beziehung zu den Kernen der ersten Furchungskugeln, vielmehr ent- stehen dieselben ganz unabhängig von ihm« (p. 25). Sehr ausführlich und genau hat A. Gozrtz (30, 1875) das Auf- treten der Urkerne bei der Unke beschrieben, und da ergeben sich sehr wesentliche Übereinstimmungen mit meinen Beobachtungen: In dem frisch gelegten, befruchteten Eie des Bombinator tritt zuerst der Dotterkern Gortrr’s auf, eine »helle Stelle, die histiologisch nicht näher begrenzt war«c. Dieser Dotterkern rückt »gegen die Dotterober- fläche, worauf in seinem Inneren sich ein zartes, rundes Körperchen 1 Vgl. Bemerkungen während der Korrektur (p. 166) Nr. 2. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 159 bildet — der erste Lebenskeim, welcher die weitere Entwicklung des Eies hervorruft« (p. 51). Nun verschwindet der Dotterkern all- mählich und der »Lebenskeim« zieht sich biskuitförmig aus einander »Aber der Inhalt der Lebenskeime verändert sich alsbald sehr wesent- lich: nach der zweiten Dottertheilung erkennt man bei stärkeren Ver- größerungen, dass in der scheinbar homogenen Keimsubstanz eine wechselnde Anzahl runder, heller Körperchen aufgetreten ist — die Kernkeimec« (p. 61). »Diese letzteren entstehen in der zarten Sub- stanz der Lebenskeime als etwas festere Protoplasmaklümpchen oder -körner, welche durch Karmin lebhafter gefärbt werden, als die übrige Masse und dadurch schon an den Unterschied eines Zellkernes vom Zellenleibe erinnern .... ; ich konnte sie erst nach der zweiten Dotter- theilung wahrnehmen, fand aber alsdann schon mehrere vor, welche im Lebenskeim zerstreut lagen und niemals sichere Anzeichen eines Wachsthums und einer Fortpflanzung bei ihrer auffallend raschen Ver- mehrung offenbarten. Desshalb wird mir die freie Bildung jedes ein- zelnen Kernkeimes wahrscheinlich« (p. 99). (Später) »tritt auch eine wesentliche Umwandlung der Kernkeimhaufen ein; sie verschmelzen zu soliden Körperchen, welche Anfangs einen unregelmäßigen Umriss haben und während einiger Zeit in ihrem Inneren eine netzförmige Zeichnung, die letzte Spur ihrer Zusammensetzung aus den einzelnen Kernkeimen bewahren, endlich aber scharf begrenzt, rund und ohne weitere Zeichnung fein granulirt, kurz — wirkliche Zellenkerne wer- den« (p. 63). Es leuchtet aus dieser Darstellung Gortre's ohne Weiteres ein, dass die Kernkeime nichts Anderes sind, als die von mir beobach- teten Chromatinkörnchen, dass wir in dem Lebenskeime die chro- matin-gesättigte, plasmatische Ansammlung wieder erkennen können, die als schwach gefärbter Hof an den mit heißem Wasser gehärteten Phalangideneiern hervortritt (cf. Fig. 36, 39—42), und dass wir schließ- lich dem Dotterkerne unser plasmatisches Netzwerk gleichsetzen dürf- ten. Die frühe Zerklüftung des Dotters beim Ei der Unke ist allerdings eine erhebliche Abweichung; doch beeinträchtigt sie nicht die wesent- liche Übereinstimmung, dass auch hier die Kerne durch Verschmelzung von Chromatinkörnchen sich Konsolidiren, und dass diese Chromatin- körnchen als eine freie Bildung »aus der formlosen, feinkörnigen oder punktirten Masse« (p. 62), dem Plasma entstehen. Ich habe die Über- einstimmung mit der GortrE'schen Beobachtung um so freudiger be- grüßt, als schon lange vor der Bekanntschaft mit derselben meine Untersuchungen mich zu dem gleichen Resultate geführt hatten. Pflanzen. Zum Schluss möchte ich kurz auf die Verhältnisse der 160 H. Henking, freien Zellbildung« bei Pflanzen hindeuten. In der ersten Auflage des Buches von E. Srrasgurger (93) »Über Zellbildung und Zelltheilung« (1875) theilt derselbe in Bezug auf die Eier von Ephedra altissima (eine Gnetacee), Ginkgo biloba und Picea vulgaris (Coniferen) so wie von Phaseolus multiflorus (eine Papilionacee) mit, dass nach der Befruch- tung der Zellkern schwinde, indem sich seine Masse in der Substanz des Eies vertheile.. Sobald der Eikern verschwunden ist, treten dann bei Ephedra »in dem äußerst feinmaschigen, als homogen bezeichneten Theile des Eies verdichtete Stellen auf, die gleichzeitig in Mehrzahl sichtbar werden« (p. 2). Bei Ginkgo werden mehr denn dreißig Kerne (p- 5), bei Picea deren vier (p. 21) gleichzeitig gebildet, bei Phaseolus wächst der neue, von einem hellen Hofe umgebene Kern aus einer punktförmigen Verdichtung allmählich heran (p. 7). Dagegen heißt es in der dritten, völlig umgearbeiteten Auflage (94, 1880) über Ephedra: Nach erfolgter Befruchtung theilt sich der »Keimkern« und seine Descendenten wandern aus einander in die bei- den Enden des Eies« und weiter »wie bei Ephedra sehen wir auch den Keimkern von Ginkgo biloba frei sich theilen« (p. 45) und auch bei Picea soll sich nun der Zellkern nach erfolgter Befruchtung erst in zwei, dann diese in vier Kerne sondern (p. 46). — Die Angabe über Phaseolus ändert er dahin ab, dass das als Kern beschriebene Gebilde als Kernkörperchen, der helle Hof als Kern aufzufassen sei (cf. oben Gregarinen p. 155). Dass diese Kerne später desorganisirt werden (p- 6, 28), interessirt hier weiter nicht. Schließlich sagt derselbe (94, p. 321): »Für freie Kernbildung im Pflanzenreiche wissen wir Beispiele nicht mehr anzuführen und ent- halten uns einer Besprechung der im Thierreiche noch gültigen Fälle, weil dieselben erst weiterhin sicher zu stellen sind.« Wodurch ist nun aber STrASBURGER zu diesem gewaltigen Um- schwunge in seiner Ansicht veranlasst worden? Die von ihm in der dritten Auflage angenommene Theilung des Keimkernes in die zahl- reichen Abkömmlinge hat derselbe nicht direkt beobachtet. In seinem Werke (92) über die Angiospermen und Gymnospermen (1879) sagt er, er schlösse aus der allmählichen Vermehrung der Zellkerne, »die sich gleichmäßig und frei im Plasma des Eies vertheilen«, auf eine Theilung des Keimkernes und seiner Nachkommen (p. 149). — Von Ephedra sagt er daselbst (p. 153), dass er früher eine Auflösung des Keimkernes annehmen zu müssen geglaubt habe; in Wirklichkeit theile sich jedoch dieser Kern. Seine Fig. 31 auf Taf. XVII, welche das Ei gleich nach der Befruchtung zeigt, enthält nur einen Kern, die Fig. 32 deren zwei. Ich habe mich vergeblich bemüht, in seinen Schriften einen aus- Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 161 führlicheren Beweis für die Richtigkeit seiner jetzigen Ansicht zu fin- den!; denn das von mir Angeführte genügt nach meiner Meinung nicht, die Falschheit seiner früheren Auffassung darzuthun. Beide Ansichten, die ältere und die jüngere, haben einstweilen noch gleichviel Berech- tigung. Die ältere gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn für das Thier- reich dieselben Vorgänge angenommen werden müssen, die sie für die Pflanzen voraussetzt. Denn nach dem biogenetischen Grundgesetze, und an dessen Richtigkeit kann füglich nicht gezweifelt werden, müssen wir zur Zeit der Befruchtung, wo das Leben des Individuums seinen Anfang nimmt, die größten Ähnlichkeiten zwischen Thier und Pflanze erwarten. Ich hege die Hoffnung, ja ich kann wohl sagen, die feste Über- zeugung, dass die ältere Auffassung Srrasgurger’s von der »freien Kern- bildung« in den Eiern der Pflanzen, sich in nicht zu langer Zeit als richtig erweisen wird. Fasse ich noch einmal kurz das im vorigen Kapitel Besprochene zusammen, so ergiebt sich, dass die entstehenden, oder sich schon wei- ter umbildenden Protocyten als sich mehr und mehr verdeutlichende Flecke im Ei (1), oder als Spindelfiguren (2), oder als Häufchen von Chromatinkörnern (wobei es zunächst gleichgültig ist, ob dieselben zur Bildung einer Spindelfigur übergehen oder nicht) (3), beobachtet sind. | Im ersten Falle sind die Eier entweder lebend oder nur wenig mit Reagentien behandelt untersucht worden. Der dritte Fall, das Auftreten ungeordneter Chromatinkörnchen, dürfte vielleicht als das Typische her- vorgehoben werden. Ist es doch durch die Beobachtung nachgewiesen, dass die Körnchen sich zu einer Spindel anzuordnen vermögen, womit ‚der zweite Fall sich eben nur als ein weiteres Stadium des dritten herausstellte. Als Resultat der bisherigen Forschungen kann man also den Satz ‚aufstellen, dass »die frei gebildeten Urkerne« aus dem kernlosen Plasma in der Weise entstehen, dass zunächst Chromatinkügelchen in | Erscheinung treten, rien aus dem plasmatischen Magma aus- ‚krystallisirend. Diese Kügelchen ordnen sich entweder zu einer regel- ‚mäßigen Spindelfigur oder verschmelzen direkt zu einem Protokaryon. ‚Den Einwurf, es könnte ja die erwähnte Spindel immer direkt aus dem Keimbläschen hervorgehen, glaube ich unter Hinweis auf meine Unter- ‚suchungen an Phalangium, so wie auf das vorletzte Kapitel (Über das ! Vgl. Bemerkungen während der Korrektur (p. 166) Nr. 3. \ Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. XLV. Ba. A | 1 162 H. Henking, Schwinden des Keimbläschens) als nicht berechtigt hinstellen zu dürfen. | In der schon mehrfach erwähnten Arbeit von Srunımann (96) war derselbe zu der Erkenntnis gelangt, dass »das Keimbläschen in den untersuchten Fällen spurlos aus dem Ei verschwindet« (p. 205). Er giebt an, dass es sich durch unsere jetzigen Reagentien nicht mehr nachweisen lässt (p. 205). Trotzdem sagt er in seinem Resume bei 6) »Das Ei ist eine Zeit lang scheinbar kernlos« (p. 212) [sie!]. Hiergegen kann ich nur einwenden, dass für mich ein Gegenstand, der seine charakteristischen, seine unterscheidenden Merkmale ver- loren hat, als solcher nicht mehr existir. Ein Kern, der für unser Auge nicht sichtbar ist, auch dann nicht, wenn wir die specifischen Kernreagentien in Anwendung gebracht haben, ist eben so wenig als vorhanden zu bezeichnen, wie eine bestimmte chemische Verbindung, wenn sie aufihr specifisches Reagens nicht ausfällt. So wird Ammo- niak (NH;,) am sichersten erkannt durch das Nessrer’sche Reagens. Tritt bei Zusatz desselben nicht die charakteristische Bräunung ein, so wird jeder Chemiker überzeugt sein, dass NH, in dem Augenblicke nicht vorhanden ist, ohne Rücksicht darauf, dass es vielleicht früher einmal sich nachweisen ließ. Dass N und ‚H nicht spurlos verschwun- den sind, ist ihm natürlich völlig klar, sie können z. B. mit HCl (Salz- säure) zu der neuen Verbindung NH,C] (Salmiak) zusammengetreten sein. Und obgleich der Chemiker weiß, dass aus dem Körper NH,Cl durch Fortnahme von HCl sich wieder der Anfangs vorhandene Körper NH, darstellen lässt, so wird er doch nicht sagen dürfen, NH, sei bei diesem Umwandlungsprocesse nur scheinbar verschwunden. Sagt er es dennoch, so rüttelt er an dem sicheren Boden, auf dem unsere Naturforschung beruht, denn dann ist schließlich Alles Schein, dann vergehen auch unsere Leiber nur scheinbar, wenn sie der Verwesung anheimgefallen sind, dann hat der Physiker kein Recht, von dem Schmelzen des Eises zu sprechen, denn das Schmelzwasser gefriert ja doch einmal wieder. | Wenn ich nun aber von dem völligen Schwunde des Kernes | spreche, so bezieht sich das nur auf die Substanz des Kernes als | solehe. Unter anderer Form und als auf unbekannte Weise verän- | derter chemischer Körper ist sie natürlich noch da!. Sie hat sich in der Zelle vertheilt (bei Phalangium wenigstens), wie, um einen trivialen | Vergleich zu ziehen, der Rauch einer Cigarre sich im Zimmer ver- | 1 Vgl. Bemerkungen während der Korrektur (p. 166) Nr. 4. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 163 breitet. Und wie aus NH;HCl durch Wegnahme von HCl der ganz andere Körper NH, wieder entsteht, so kann ‚auch in dem kernlosen Ei ein Kern wieder auftreten, wenn die sein Verschwinden bewirken- den Ursachen fortgeräumt sind. Was das für Ursachen sein mögen, darüber wage ich heute nicht einmal eine Vermuthung zu äußern. Ob ein Ei Richtungskörperchen abgiebt oder nicht, kommt für die hier vorliegende Frage gar nicht in Betracht; denn hier interessiren nur die Kernbestandtheile, welche dem Eie noch wirklich angehören. Das Dogma omnis nucleus e nucleo würde demnach keine Geltung mehr haben. Auffassung des kernlosen Eies und Beziehungen zur Befruchtung. Es ist kein Zweifel daran, dass kernlose Zellen niedriger stehen als solche, welche durch das Vorhandensein eines Kernes bereits eine weitergehende Differenzirung ihres Körpers dokumentiren. Demnach stehen die Moneren mit Recht am tiefsten im zoologischen Systeme. Hiervon ausgehend leuchtet auch ein, dass ein Organismus morpho- logisch niemals auf einer tieferen Stufe steht als dann, wenn er als Ei das Keimbläschen verloren hat. Sobald dieses verschwunden ist, be- ginnt der Organismus den thierischen Stammbaum zu erklettern bis zu dem Äste, von dem er entsprungen ist. Es scheint mir demnach in dem kernlosen Stadium des Eies ein fester Punkt gegeben zu sein, von dem an das Leben des Einzelindividuums gerechnet werden könnte. Eines ist noch von Wichtigkeit und auch Harcker (36) hat bereits darauf hingewiesen (p. 481), das ist das Verhältnis des Schwindens des Eikernes zur Befruchtung; denn es finden sich Angaben über das Schwinden des Keimbläschens sowohl vor, als nach der Befruchtung. Ich habe in der Litteraturübersicht darauf hingewiesen, wo es mir in den Werken entgegengetreten ist. Augenblicklich schon Schlüsse dar- aus zu ziehen, wäre voreilig. Doch möchte ich darauf aufmerksam ge- macht haben, da diese Beziehung vielleicht dazu berufen ist, uns noch einmal wichtige Aufschlüsse über die Entwicklung zu geben. Jeden- falls ist die Befruchtung erst etwas Sekundäres, das beweist die par- thenogenetische Fortpflanzung. Über das Verschwinden von Kernen bei der Theilung und in erwachsenen Zeilen. Schon oben (p. 136) hatte ich bei der Besprechung der Kern- und Zelltheilung darauf hingewiesen, dass dieselbe als eine parthenogene- tische Fortpflanzung aufgefasst werden könne. Wir dürften also auch 11* 164 H. Henking, hier ursprünglich ein zeitweiliges Schwinden der Kernbestandtheile annehmen. Ich möchte hier noch auf einige Angaben hindeuten, welche wohl als Stütze jener Meinung herangezogen zu werden verdienen. So lässt H. For (27, 1876) den wieder erschienenen Kern im Ei von Firoloides von Neuem verschwinden !, ehe er in eine Spindel über- geht. Dann sagt W. Fremming (23, 1875) über das Ei der Lacinularia socialis (p. 184): »Verfolgt man ein solches zweizelliges Ei durch meh- rere Stunden, so sieht man die Kerne wieder undeutlich werden, schwinden und an ihrer Stelle Radiensysteme auftauchen, welche quer gegen die Längsachse des Keimes aus einander rücken. In gleicher Weise, mit abwechselndem Auftreten und Schwinden von Kernen und Radienfiguren, verläuft die Furchung weiter.« Nach einer Mittheilung von $. Stricker (95, 1878) schwinden die Kerne auch in fertigen Zellen, in farblosen Blutkörperchen. Ich will einige seiner Sätze ohne weiteren Kommentar zum Schluss hier an- führen: »In den sehr beweglichen farblosen Blutkörperchen vom Frosche und Triton sind die Kerne keine konstanten Gebilde; sie kommen und schwinden und kommen wieder, wie die Wellen im Wasser« (p. 7). »Zuweilen schwinden alle Kerne, um bald darauf an einem anderen Orte, in anderer Zahl und anderer Gestalt zu erscheinen, und bald wieder wie Nebel zu zerfließen. — Kurz, es wird ganz deutlich, die Kerne sind keine konstanten Gebilde, sie entstehen und schwinden und bilden sich wieder in dem Zellleibe aus Bestandtheilen des Zell- leibes.« Nachtrag. Während des Druckes der vorliegenden Abhandlung erschien die Untersuchung von F. BLocumann: Über die Reifung der Eier bei Ameisen und Wespen (Heidelberg 1886). Wenn Brocnnmann auch als Haupt- resultat des letzten Theiles seines Aufsatzes das Ergebnis hinstellt, dass das Insektenei stets einen Kern enthalte, so macht mich das in meiner Ansicht durchaus nicht irre; denn eine Kernspindel kann nach meinen Beobachtungen auch dann auftreten, wenn der Kern vorher verschwunden ist. Dass der Kern direkt zur Spindel wird, ist nur eine Annahme des Verfassers. Andererseits bietet die Abhandlung verschiedenes Material, welches sich zu Gunsten meiner Auffassung verwerthen lässt. So lässt der Ei- 1 H. For (27, p. 444): Le nucleus qui a reparu dans l’etoile centrale disparait a nouveau pour faire place a deux centres d’attraction qui vont en s’Ecartant lun de l’autre dans une direction perpendiculaire a celle qu’a suivie l’etoile qui dunzz naissance au corpuscule excrete, | | | | Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 165 kern durch Knospung eine größere Anzahl von »Nebenkernen« aus sich hervorgehen und in demselben Maße, wie die Zahl und das Volumen ‘der Nebenkerne zunimmt, nimmt der Umfang des Hauptkernes ab« (p. 146). Demnach enthalten Haupt- und Nebenkerne doch wohl die- selben Bestandtheile. Was wird nun aus den Nebenkernen? Broca- mann beantwortet diese Frage so (p. 160): »In Eiern, wo das Chorion schon ganz deutlich ist, .... sind sie noch vorhanden, jedoch bemerkt man bei solchen öfter, dass ihre Kontouren unregelmäßig sind; ich be- trachte dies als ein Zeichen ihres beginnenden Unterganges, da in den reifen Eiern... . nichts mehr von ihnen aufzufinden war.« — Also hat doch auch Brocumann ein Verschwinden von Kernen und von Kern- substanz beobachtet. Wenn aber die Nebenkerne sich dem Blicke ent- ziehen können, dann ist es schon von vorn herein gar nicht so unmöglich, dass es der Hauptkern ebenfalls kann. Die Angaben Brocumann’s über die Entstehung der Nebenkerne führen zu der Vermuthung, dass in ihnen das Chromatin gewisser- maßen autochthon sich bilde. Verf. schreibt so (p. 144) von Campo- notus ligniperda Latr.: »Man bemerkt als erste Andeutung dieses Pro- cesses (der Knospung) kleine, helle, rundliche Gebilde, die dicht an der Oberfläche des Kernes anliegen ..... Ich neige jetzt zu der Ansicht, dass es von vorn herein kleine Vacuolen sind, da die Kernmembran sich meist etwas färbt, während ich an diesen Gebilden bei ihrem ersten Auftreten keine derartige Membran unterscheiden konnte. Bald tritt in diesen Vacuolen ein kleines, mit Pikrokarmin sich fär- bendes Körnchen auf.ce — Also Chromatin entstand da, wo vorher keines war. Auch darauf möchte ich aufmerksam machen, dass BLochmAann in der äußeren Plasmaschicht (wohlgemerkt innerhalb derselben) eine »Gruppe von stark sich färbenden Körnchen eingelagert« fand (Fig. 15, 46 Rbi), zu einer Zeit, wo schon mehrere neue Kerne sich im Ei ver- theilt haben. Er hält diese Gruppe für ein Äquivalent des Kernes eines Richtungsbläschens; doch könnten sie vielleicht auch einem neuen Kerne den Ursprung geben. | -Bemerkungen während der Korrektur. Nr. 1. W. Sörensen (Om et Par Punkter af Phalangidernes Anatomi in Ent. Tidskrift. 5 Ärg. p. 26 ff.) vermuthet ebenfalls von einem kleinen Muskel an der , "Öffnung des Receptaculum, dass er das Auspressen des Samens besorge. Leider war mir das Original nicht zugänglich, so dass ich nicht weiß, ob Sörensen den hier vorliegenden meint. Ja ich kann aus dem Zool. Jahresber. für 1884 (Abth. II, p- 76), dem ich hier folge, nicht einmal ersehen, ob Sörensen den Muskel bei Gony- ' leptes uncinatus oder bei den Opilioniden aufgefunden hat. — Zu p. 97. 166 H. Henking, Nr. 2. STURLMANN hat in der Zwischenzeit diese in der ersten Abhandlung aus- gesprochene Ansicht bereits fallen gelassen. Er vermuthet, dass es sich hier um Artefakte gehandelt hat (F. StuaLmann, Die Reifung des Arthropodeneies. in: Biolog. Centralblatt. Bd. VI. Nr. 43. September 4886. p. 401. S.-A.). — Zu p. 158. Nr. 3. Aus der Abhandlung von E. STrAsguURGErR: Neue Beobachtungen über Zellbildung und Zelltheilung (Botanische Zeitung 1879, Nr. 47) habe ich ebenfalls. keine Überzeugung von der Unmöglichkeit einer freien Kernbildung erhalten können. Denn der Verf. hat Alkoholmaterial untersucht und ist es gar nicht erwiesen, ob nicht kernlose Stadien den Theilungen der Embryosackkerne vorhergehen. Als günstigstes Objekt bezeichnet STRASBURGER Myosurus minimus. Hier soll nach der Befruchtung der Embryosackkern sich theilen (Fig. 1). Das Gleiche wurde bei Conı- feren und Gnetaceen beobachtet, bei Gnetum der erste Zelikern in Theilung ge- sehen (p. 274). Also sind hier die Verhältnisse ganz dieselben, wie sie von vielen Thieren (vgl. oben) mitgetheilt sind. Noch will ich hervorheben, dass die Th ilungeustinde junger Kerne von Picea vulgaris, wie sie STRASBURGER auf Taf. IV, Fig. 8 darstellt, eine ganz auffallende Ähnlichkeit mit den entsprechenden und von mir auf Taf. IX, Fig. 43, 44 abgebilde- ten Figuren bei Phalangiden aufweisen. — Zu p. 161. Nr. 4. Auch BrocHmann hat sich gegen STUHLMANN inzwischen in ähnlichem Sinne, wie ich, ausgesprochen. Er sagt nämlich: »Von einer Kontinuität des Kernes. kann man meiner Ansicht nach aber nur dann sprechen, wenn derselbe in einer gewissen charakteristischen Form nachzuweisen ist; denn dass seine Substanz nicht verloren geht, ist selbstverständlich « (F. BLocHMmann, Über die Reifung der Eier bei Ameisen und Wespen. in: Festschr. d. nat.-med. Ver. Heidelberg 1886. p. 169. S.-A.). — Zu p. 162. Litteraturverzeichnis. — . L. AUERBACH, Organologische Studien. Breslau 4874. 2. H. Ayers, On the development of Oecanthus niveus and its parasite, Teleas (Memoirs of the Boston Society of nat. hist. Vol. III. No. 8. Boston 1884). 3. E. G. BaıB1anı, Sur la structure du noyau des cellules salivaires chez les larves de Chironomus (Zool. Anzeiger Nr. 99 und 400. 4884). 4. M. Basıanı, Memoire sur le developpement des Araneides (Annales des scien- ces naturelles. Zoologie. Ser. V. T. 18. 4873). . —— Memoire sur le developpement des Phalangides (Annales des sciences naturelles. Zoologie. Ser. V. T. 46. 1872). 6. F. M. Barrour, Handbuch der vergleichenden Embryologie, übersetzt von B. VETTER. Jena 4880/4884. 7. 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Durchgehende Abkürzungen: bl, Blastodermzellen ; dh, Dotterhaut; dk, Dotterkern; do, Dotterkugeln; kbl, Keimbläschen; kf, Keimfleck ; pl, plasmatisches Netzwerk an der Eiperipherie. Tafel VII. Fig. 4. Schnitt durch ein junges Eierstocksei. Gehärtet mit FLEmmine’s Chrom- Osmium-Essigsäure, gefärbt mit GrREnAcHER's Boraxkarmin. Dotterkern (dk) biskuit- förmig. Vergr. circa 450. Fig. 2. Dessgleichen. Dotterkern (dk) getheilt. Vergr. circa 150. Fig. 3. Dessgleichen. w, wandständige Schicht der Keimbläschensubstanz; ne, Netzwerk im Inneren des Keimbläschens; vo, Vacuolen daselbst. Vergr. circa 400. Fig. 4. Frontalschnitt durch die Legeröhre, welche abgeschnitten wurde, nach- dem der © Opilio parietinus etwa die Hälfte der Eier abgelegt hatte. Konservirt Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. I. 171 mit Alkohol, gefärbt mit Hamann’s neutralem essigsauren Karmin. — Nur die rechte Hälfte der Legeröhre ist gezeichnet, die Eier gleiten nach außen an der Stelle und in der Richtung des Pfeiles. — rc, Receptaculum seminis; e, ampullenförmige Er- weiterung desselben, beide angefüllt mit den hier meist stäbchenförmig eingezeich- neten Spermatozoen (seitliche Ansicht derselben), a, Ausführungsgang des Recepta- culum seminis; m, Muskelquerschnitte; dr, Drüse, deren Sekret wohl zur Anfeuch- tung des Samens im Receptaculum, so wie zur Schlüpfrigmachung der Legeröhre bei der Begattung dient; g, deren Ausführungsgang ; i.ch, innere chitinöse Ausklei- dung der Legeröhrenspitze; i.ma, Matrix dieser Auskleidung; a.ch, äußere Chitin- ‚spangen ; a.ma, deren Matrix. Vergr. circa 300. Fig. 5. Stück eines reifen Ovarialeies (?), konservirt mit Alkohol. Das Keim- bläschen hat sich zu dem Netzwerke n aufgelöst, welches hier auch unweit der Eiperipherie (pl) liegt. Die Dotterkugeln sind in diesem Eie merkwürdig groß. Vergr. circa 600. Fig. 6. Eine Zotte von der Uteruswand zeigt die bei der Einstülpung gebil- dete centrale Achse (ax), ferner die oft papillenförmig vorspringenden Drüsen- zellen (pz), deren Kern (k) so wie das plasmatische Netzwerk (ne), ferner das hier in Tropfenform erstarrte Sekret (s), welches noch mit den einzelnen Drüsenzellen in Verbindung steht. Vergr. circa 380. Fig. 7. Schnitt durch ein junges Ovarialei, aus demselben Präparate wie Fig. 5 und 9, Das Keimbläschen (kbl) ist scharf begrenzt, mit als dunkle Linie erscheinen- der Membran versehen. h, halbmondförmiger Körper neben dem Keimfleck;; ne, Netzwerk im Keimbläschen; vo, Vacuolen daselbst. Vergr. circa 600, Fig. 8. Schnitt durch ein fast gereiftes Eierstocksei, konservirt mit Alkohel, gefärbt mit Boraxkarmin. Der Keimfleck ist verschwunden, zahlreiche Chromatin- kugeln liegen im Keimbläschen (kbl) vertheilt. Vergr. circa 100, Fig. 9. Stück eines fast gereiften Ovarialeies. Konservirt mit Alkohol. Aus demselben Präparate wie Fig.5 und 7. Das Keimbläschen ist unregelmäßig gezackt, seine Membran sehr zart geworden, geht an der einen Seite in das Netzwerk n über. Vergr, circa 600. Fig. 40. Querschnitt durch den noch mit wenig Eiern angefüllten Uterus (ut). -Konservirung mit Alkohol, Färbung mit Boraxkarmin. Im Uterus ist ein Ei (e) ge- schnitten, welches kein Keimbläschen mehr enthält. Die Uteruswandung ist zu langen Drüsenzellen tragenden Zotten (z) eingebuchtet (cf. Fig. 6). s, deren Sekret; el, Schnitte durch den Eileiter; /g, Querschnitt der Legeröhre; lu, deren Lumen. ‚Der Vergleich der Legeröhre (lg) und des Eies (e) im Uterus lässt ahnen, wie bedeu- tend die Ausdehnsamkeit der ersteren sein muss. ep, ventrale Körperdecke. Ver- größerung circa 60. Fig. 44. Keimbläschen aus dem Fig, 14 abgebildeten Eie. FLeunıng’s Chrom- Osmium-Essigsäure, Borax-Karmin. Wandung des Keimbläschens zart und un- regelmäßig. ch, ‚Chromatinkugeln; v, Vacuolen mit den vermeintlichen Sperma- tozoen im Inneren; k, Spermatozoon ohne Vacuole; sp, Spermatozoen außerhalb des Keimbläschens. Vergr. circa 600. Fig. 12. Spermatozoon aus dem Ductus ejaculatorius eines männlichen Opilio parietinus. p, dieselben von der Fläche und s, von der Seite gesehen. Vergr. genau dieselbe wie von Fig. AA. Fig. 43. Schnitt durch ein junges in Alkohol konservirtes Eierstocksei. Borax- karmin. Neben dem Keimfleck der gefärbte, aus Chromatinkörnchen bestehende ‚halbmondförmige Körper (h). Vergr. circa 448. 172 H. Henking, Fig. 44. Schnitt durch ein ziemlich weit gereiftes Eierstocksei. FLEnmmisg’s Chrom-Osmium-Essigsäure, Boraxkarmin. Gestalt des Keimbläschens (kbl) schon unregelmäßiger (cf. Fig. 44). Außer dem Keimfleck noch zahlreiche Chromatin- kugeln im Keimbläschen. Vergr. circa 400. Tafel VIII. Fig. 15. Erste Kernanlage in einem gleich nach der Ablage am 7. Oktober 1885 konservirten Eie von Opilio parietinus. FLemming’s Chrom-Osmium-Essigsäure (3/4 Stunde), Auswaschen, Alkohol, Färbung mit Hamann’s Karmin. Im plasmatischen Netzwerke zeigen sich die ersten Chromatinkörnchen. Schnitt 47 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 16. Aus demselben Ei wie Fig. 15. Eine andere Kernanlage. Chromatin- -körnchen sind deutlicher, Plasma in der Mitte dunkler. Schnitt 14 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 47. Ei von Opilio parietinus vom ersten Tage, gehärtet mit kochendem Wasser, konservirt in Alkohol. Der Eiinhalt hat sich stark kontrahirt, zwischen ihm und der Eischale sind zahlreiche Fetttropfen ausgeschieden. Vergr. circa 75. Fig. 48. Ei von Opilio parietinus vom zweiten Tage, Konservirung wie bei Fig. 17. Das Oolemm (i.h) und das vom Uterus abgeschiedene Paralemm (a.h) haben sich von einander abgehoben, zwischen beiden liegen einige Fetttröpfchen (f). Vergr. circa 75. Fig. 49. Kernanlage eines Eies aus demselben Eihaufen wie Fig. 15. Konser- virung wie bei Fig. 45 angegeben. Ein weiteres Stadium der Kernanlage, diese ist vacuolisirt, mit nucleoplasmatischen Fäden durchzogen und gegen das plasmatische Netzwerk abgegrenzt. Chromatinkörnchen sind vertheilt, einige liegen außerhalb der Kernfigur. Schnitt 42 des Eies. Vergr. eirca 600. Fig. 20. Aus demselben Eie wie Fig. 49, 34, 32. Junge Kernanlage, vielleicht noch etwas jünger als Fig. 15, im plasmatischen Netzwerke zeigen sich die ersten Chromatinkörnchen. Schnitt 24 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 21. Schema zu den Fig. 45, 16, 22, 26—23 zeigt die Vertheilung der sechs Kernanlagen im Ei. Der Zwischenraum zwischen je zwei Strichen veranschaulicht die Kantenansicht eines Schnittes, jeder kleine Doppelkreis die Stellung einer Kern- anlage. Die Signatur über jedem kleinen Doppelkreise (Fig. 46 etc.) bezieht sich auf die entsprechende Figur. Die Ziffern unter dem großen Kreise bezeichnen die (schraffirten) Schnitte, welche Kernanlagen enthalten. Fig. 22. Aus demselben Ei wie Fig. 45,,46, 26—28. Eine dritte Kernanlage. Chromatinkörnchen liegen in einer achromatischen Figur, dieselbe steht etwas schräg zur Schnittebene. Schnitt 27 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 23. Schema zu den Fig. 24 und 30, zeigt die Stellung dieser beiden ersten Kernanlagen im Ei. Sonstige Erklärung vgl. Fig. 21. Fig. 24. Schnitt durch ein sofort nach der Ablage mit Prrenyr's Flüssigkeit kon- servirtes Ei. Das plasmatische Netzwerk ist hier undeutlich, die Kernanlage wohl begrenzt, von Fäden durchzogen, auf welche: gefärbte a An sind. Schnitt 15 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 25. Schema zu den Fig. 49, 20, 34, 32, zeigt die Vertheilung dieser vier ersten Kernanlagen im Ei. Die übrige Boca vgl. Fig. 21. Fig. 26. Aus demselben Ei wie Fig. 45, 46, 22, 27, 28. Eine vierte Kernanlage. Spindelfigur, etwas schräg liegend. Schnitt 16 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 27. Aus demselben Ei wie:Fig. 15, 46, 22, 26, 28. Eine fünfte Kernanlage. nn Bd ehe Me rer ee ne ——. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 173 Chromatinsubstanz in Körnchen- und Fadengestalt. Schnitt 49 des Eies. Vergr, circa 600. Fig. 28. Aus demselben Ei wie die Fig. 15, 16, 22, 26, 27. Eine sechste Kern- anlage. Man sieht die Spindelfigur von der Polseite. Chromatinkörnchen bilden eine etwas unregelmäßige äquatoriale Platte. Schnitt 34 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 29. Frisches Ei von Opilio parietinus. Dasselbe ist undurchsichtig, die schwache Zeichnung auf der Oberfläche rührt von den durchscheinenden Dotter- kugeln her. Vergr. circa 75. Fig. 30. Schnitt aus demselben Ei wie Fig. 24. Es ist nur ein plasmatisches Netzwerk vorhanden. a.d, eine durch die Konservirungsmethode (cf. Fig. 24) ein- seitig angefressene Dotterkugel. Schnitt 30 des Eies. Vergr. circa 600. Fig. 34. Aus demselben Ei wie die Fig. 19, 20, 32. Kernanlage rundlich, mit einer Ausbuchtung, sonst wie Fig. 19. Dotterkugeln (do) zum Theil nicht homogen, zeigen im Inneren helle Stellen. Schnitt 47 des Eies. Vergr. circa 600, Fig. 32. Aus demselben Ei wie die Fig. 49, 20, 34. Kernanlage oval, wohl am weitesten unter den genannten vorgeschritten, sonst wie Fig. 49. Schnitt 48 des Eies. Vergr. circa 600. Tafel IX. Fig. 33. Aus einem Eie von Leiobunum hemisphaericum, am Tage der Ablage konservirt mit FLEmming’s Chrom-Osmium-Essigsäure (14 Stunde), Auswaschen, Alko- hol, Färbung mit Boraxkarmin. Fast gereifter Autoblast: Chromatinkörnchen liegen dicht neben einander in einem gegen das feinkörnige Plasma abgegrenzten Raume; Dotterkugeln (do) mit homogenem Centrum und gekörneltem Umfang. i.h, innere Eihülle (Oolemm); a.h, äußere Hülle (erhärtetes Uterussekret). Vergr. circa 600. Fig. 34. Kernanlage aus einem ebenfalls gleich nach der Ablage konservirtem Eie. Konservirung wie Fig. 15. Färbung mit Boraxkarmin. Zeigt eine prächtige achromatische Spindelfigur mit einer durchgehenden Äquatorialplatte von Chroma- tinkörnchen. Einige Chromatinkörnchen außerhalb der Figur im Plasma. Vergr. circa 900. Fig. 35. Zwei Monate altes Ei, Oberflächenansicht. Konservirt mit heißem ‘Wasser, gefärbt mit Boraxkarmin, aufgehellt in Bergamottöl. Der Dotter ist in Dotterschollen (d.s) zerklüftet, welche noch ihre Zusammensetzung aus einzelnen Dotterkugeln erkennen lassen; e.h, Eischale. Vergr. circa 70, Fig. 36. Schnitt aus einem gleich nach dem Auffinden konservirtem Eie (heißes Wasser, Boraxkarmin), zeigt eine ganz junge Kernanlage: Eine schwach röthliche Stelle mit einigen stärker gefärbten Pünktchen, Vergr. circa 600. Fig. 37. Schnitt aus einem Eie vom fünften Tage. dz, eine Dotterzelle, deren Plasma mit dem gemeinsamen plasmatischen Netzwerke in Verbindung steht. Die- selbe enthält einen größeren und drei kleinere Kerne. An der Peripherie liegen zwei Blastodermzellen (bl); auch deren Plasma steht mit dem gemeinsamen Netz- werke in Verbindung. Der Kern ist nicht scharf begrenzt, enthält größere und kleinere Chromatinkörnchen. Vergr. circa 600. Fig. 38. Kernanlage eines anderen Eies aus demselben Haufen wieFig.15und 19. Kernanlage etwa auf dem gleichen Stadium wie die Fig. 49, 34, 32. Vergr. ca. 600. Fig. 39. Schnitt durch ein mehrere Stunden altes Ei. Kochendes Wasser, Alko- hol. Zeigt ein plasmatisches Netzwerk und in einer größeren plasmatischen An- sammlung einen jugendlichen Autoblasten mit einigen stärker gefärbten chroma- tischen Pünktchen. Vergr. 600. 174 H. Henking, Fig. 40. Ganzer Schnitt durch ein mehrere Stunden altesEi, zeigt die in Fig. 39 in stärkerer Vergrößerung abgebildete Kernanlage an ihrer natürlichen Stelle. Die Dotterkugeln (do) sind von verschiedener Größe, sie werden außen umschlossen von dem plasmatischen Netzwerke pl. Das Ganze ist umgeben von der faltigen Ei- haut e.h. Vergr. circa 470. - Fig. 44. Schnitt aus einem Eie von demselben Eihaufen wie Fig. 39 und 40. Konservirung wie von Fig. 39. Kernanlage ein wenig älter als Fig. 39: Chromatin- körnchen in größerer Anzahl deutlich. Vergr. circa 600. Fig. 42. Schnitt durch ein mehrere Tage altes Ei. Konservirung mit heißem Wasser, dann Alkohol. Chromatinkörnchen in dem Plasmahofe deutlich, dicht neben einander, wohl kurz vor ihrer Vereinigung zum Autoblasten. Vergr. ca. 600. Fig. 43. Schnitt aus einem Ei vom vierten Tage (heißßes Wasser, Alkohol, Borax- karmin) zeigt unten eine schöne Dotterzelle, deren Kern in einzelne Chromatin- körnchen zerfallen ist (Knäuelform ?). Oben eine Zelltheilungsfigur: Zwei aus chro- matischen Körnchen bestehende Kernplatten, von deren einander zugewandten Seiten feine Fädchen ausgehen. Plasma bereits eingeschnürt. Vergr. circa 600. Fig. 44. Schnitt aus einem Ei vom gleichen Eihaufen (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Entstehung der Blastodermzellen;, K,, Zelle mit Chromatinkörnchen zu einer äquatorialen Platte angeordnet; Ks, Zelle, in der sich zwei Tochterkern- platten gesondert haben; h.ce, Häutchen, welches sich von dem peripheren Netz- werke abgehoben hat; e.h, Eischale. Vergr. circa 600. Fig. 45. Schnitt aus einem sogleich nach dem Auffinden konservirten Eie (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Erste Andeutung einer Kernanlage: Zwischen den Dotterkugeln zeigt sich ein weitmaschiges plasmatisches Netzwerk. Vergr. ca. 600. Fig. 46. Schnitt aus einem wenige Stunden alten Eie. Fertiger Autoblast, ziem- lich homogen, deutlich umgrenzt in einem schwach gefärbten Netzwerke. Veregr. circa 600. Fig. 47. Schnitt aus einem wenige Stunden alten Eie (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Kernanlage liegt peripher, grenzt an das plasmatische Netzwerk pl. Deutlich gefärbte Chromatinkörnchen umschließen einen helleren Raum. Vergr. circa 600. Fig. 48. Schnitt aus einem Eie von demselben Eihaufen wie Fig. 35. Das Innere des Eies ist in Dotterschollen (d.s) zerklüftet. Diese bestehen aus einer centralen Zelle (z), mit davon ausstrahlendem Plasmanetz (mn) und peripheren größeren (gd) und kleineren (kd) Dotterkugeln. gn, über die Dotterschollen hinaus sich-fortsetzen- des plasmatisches Netzwerk; ad, in Auflösung begriffene Dotterkugeln ; bl, Blasto- dermzellen, die sich hier von einander getrennt haben. Vergr. circa 180. Taiel X. Fig. 49. Dotterzelle aus einem zwei Monate alten Eie (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Kern in Theilung, Hälften noch durch einen körnigen Verbindungs- strang in Zusammenhang. Vergr. circa 600. Fig. 50. Dotterzelle aus einem Ei vom fünften Tage (heißes Wasser, Alkohol, Eosin-Hämatoxylin). Drei blau gefärbte Kerne im röthlichen Plasma, zwei dersel- ben noch mit einander verbunden. Eine doppelte Zellplatte beginnt die Zelle in drei zu zerspalten. Vergr. circa 600. ; Fig. 51. Dotterzelle aus einem acht Tage alten Eie (heißes Wasser, Alkohol, Eosin-Hämatoxylin). Kern blau, Plasma roth. Kern hantelförmig, Verbindungsstiel wie hohl. Vergr. circa 4400. Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. 1. 175 Fig. 52. Dotterzelle aus einem 36 Tage alten Eie (wie vorige). Kern bereits ge- theilt, Theilungsrichtung der Zelle durch Körnchenreihen gekennzeichnet. Vergr. circa 700. Fig. 53. Dotterzelle aus einem 25 Tage alten Eie (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Kern getheilt, zarte Zellplatte. Vergr. circa 700. Fig. 54. Kerne noch durch einen zarten Faden verbunden, sonst wie Fig. 53. Fig. 55. Dotterzelle aus einem 84 Tage alten Eie (konservirt mit kochender Chromsäure, untersucht in RAanvıer’s Pikrokarminlösung). Der roth gefärbte Kern enthält einige Vacuolen und einen stumpfen Fortsatz a. In den Maschen des plas- matischen Netzwerkes ein Fetttropfen fe. Vergr. circa 600. Fig. 56. Dotterzelle aus einem Ei vom 25. Tage (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Enthält sechs Kerne. Vergr. circa 600. Fig. 57. Dotterzelle aus einem zwei Monate alten Ei (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Der Kern hat sich bereits getheilt und auch die Zelle ist fast völlig durchgeschnürt. Vergr. circa 600. Fig. 58. Dotterbestandtheile aus einem frisch und ohne Zusatz zerdrückten 21/s Monate alten Eie. a, kleine homogene Dotterkügelchen; b, größere dito; c, homo- gene Dotterkugeln mit einem kernartigen Binnenkörper; d, dasselbe mit drei ge- körnelten Binnenkörpern: e, homogene Dotterkugel mit fünf homogenen Binnen- körpern; f, dasselbe mit vielen homogenen Binnenkörpern; g, gekörnelte Dotter- kugel mit einem homogenen Binnenkörper; h, dasselbe mit vielen oft spindelförmig gestalteten homogenen Binnenkörpern. Vergr. circa 320. Fig. 59, 60, 62, 63, 64, 66 aus acht Tage alten Eiern. (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Fig. 59. Kantenansicht einer Blastodermzelle. Kern im Ruhezustand, enthält zwei Nucleolen. sch, Scheidewand, welche eine untere von einer oberen Vacuo- jenreihe trennt. Vergr. circa 600. Fig. 60. Kantenansicht einer Blastodermzelle. Kern im Knäuelstadium. Vergr. circa 600. Fig. 61. Blastodermstück eines 81 Tage alten Eies von innen gesehen (konser- virt mit heißem Wasser, untersucht in Hamann’s Karmin). Der Kern ist oval mit einem Nucleolus, er ist ringförmig umgeben von größeren und kleineren Vacuo- len v. Vergr. circa 380. Fig. 62. Kantenansicht einer Blastodermzelle, Kern im Theilungsstadium der Muttersternform. sch, Scheidewand zwischen oberer und unterer Vacuole. Vergr. circa 600. Fig. 63. Wie Fig. 62. Kern geht zur Tochtersternform über. Fig. 64. Flächenansicht einer Blastodermzelle. Kern im Stadium der Tochter- sterne, diese sind durch feine Körnchenreihen verbunden. Vergr. circa 600. Fig. 65. Dotterzelle aus einem fünf Tage alten Eie (heißes Wasser, Alkohol, Boraxkarmin). Kern mit einigen Vacuolen versehen, in die Länge gestreckt. Vergr. circa 600. Fig. 66. Flächenansicht einer sich theilenden Blastodermzelle. Kerne in dem Stadium der Tochterknäuel, Zelle eingeschnürt. Die Vacuole v scheint ausge- schaltet zu werden. Vergr. circa 600. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. Von Dr. ©, Schultze, Prosektor der vergleichenden Anatomie in Würzburg. Erste Abhandlung. Mit Tafel XI—XIIl. Die ursprünglich gehegte Absicht, in einer zusammenhängenden Arbeit die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies zu veröffent- lichen, scheiterte einerseits an der viele Zeit erfordernden Untersuchung und an deren Schwierigkeit, die Jeder kennen dürfte, welcher Eier von Amphibien zu mikroskopischer Untersuchung verarbeitet hat, anderer- seits an der Nothwendigkeit, eine große Menge von Fragen zu be- rücksichtigen, welche durch die vielen neueren Arbeiten über thieri- sche Befruchtung angeregt sind.” Desshalb sollen die gewonnenen Resultate in einzelnen Mittheilungen publieirt werden, und so muss ich wegen der aus dieser Art der Veröffentlichung hervorgehenden Lücken- haftigkeit, welche hervortritt, um Entschuldigung bitten. Zu größtem Danke bin ich an dieser Stelle Herrn Geheimrath von KÖLLiker verpflichtet. Meine Arbeit wurde durch ihn auch in so fern wesentlich gefördert, als er mir die Eier des für den Histologen so überaus werthvollen Axolotls in reichlichster Menge zur Verfügung stellte. | Einen Theil der Beobachtungen durfte ich im anatomischen In- stitute zu Bonn anstellen, und ich ergreife auch hier die Gelegenheit, für die vielfache Belehrung, welche ich dort erfuhr, nochmals meinen herzlichen Dank auszusprechen. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 493 178 0. Schultze, Eintheilung. 1 2 3) Das reifende Ei. A) Das reife Ei in der Mutter. 5) Das reife abgelegte Ei. a) Das unbefruchtete Ei. b) Das befruchtete Ei. 6) Allgemeines. ) Allgemeines über den Eierstock und das unreife ! Ei. ) Untersuchungsmethode der reifenden und reifen Eier. 1. Allgemeines über den Eierstock und das unreife Ei. Unter Anderen haben WaLDEyer? und SpenGeL? Beschreibungen des Amphibieneierstocks gegeben, auf welche ich verweise. Über die Stützsubstanz des Ovariums sagen schon Prtvost und Dumas!: La membrane qui forme ces sacs se compose de deux feuillets du peritoine appliques l’un ä l’autre...... Entre ces feuillets se trou- vent places les oeufs. Auch SrpenseL® berichtet, dass der Hohlraum des Urodeleneier- stocks von einem einschichtigen Plattenepithel ausgekleidet sei. Dasselbe Epithel erwähnt offenbar Leypıs® bei Beschreibung des Eierstocks der einjährigen Rana arvalis, indem er sagt, dass die Eier eingebettet seien in Lymphräume, wie bei den Reptilien, welche von zarten epithelialen Zellen überkleidet seien. Eben so konnte Nussgaum ” durch Behandlung mit Argentum nitr. einen kontinuirlichen Belag von platten Zellen auf der inneren Ovarien- fläche nachweisen. Ergänzend hebe ich Folgendes hervor®: Die wesentliche ! Um die Eier mit einem Worte ihrem Alter nach bezeichnen und so Umschrei- bungen vermeiden zu können, nenne ich die kleinsten Eier unreif bis zu dem Sta- dium, in welchem mit dem Auftreten eines hellen und dunklen Feldes die Wanderung des Keimbläschens an die Peripherie beginnt. Dann nenne ich die Eier reifend, bis zu dem Augenblick, wo sie als reife Eier vom Stocke gelöst werden. Die Zeit des Reifens ist kurz im Vergleich mit der Zeit der Unreife. 2 WALDEYER, Eierstock und Ei. 3 SPENGEL, Das Urogenitalsystem der Amphibien. 4. Theil. % Prevost et Dumas, Deuxieme memoire sur la generation. Annales des sc. nat. T. II. p. 104 u. 402, 4824. 9 SPENGEL, l.c. p. 62. 6 Leypis, Die anuren Batrachier etc. p. 137. 7 NussgAuN, Zur Differenzirung des Geschlechts im Thierreich. Archiv f. mikr. Ayaler Bd. eV IE pr 38 3 Zugleich verweise ich in Bezug hierauf und auf Anderes, was hier zur Be- Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies, 1. 179 Stützsubstanz des bei den Anuren viel-, bei den Urodelen einkamme- rigen Eierstocks wird gebildet durch zwei aus platten Zellen geformte Membranen, von denen die äußere das Peritonealepithel darstellt. Die innere, das ist die den Hohlraum des Sackes begrenzende und die Eier überziehende Lage, will ich mir erlauben Innenepithel zu nennen. Zwischen ihm und dem Peritonealepithel liegen die Eier, und die fibril- läre Bindesubstanz tritt an Masse gegenüber den genannten Membranen ganz in den Hintergrund. In Fig. I ist das Innenepithel dargestellt, wie man es leicht von mit Argentum nitr. behandelten und in Alkohol konservirten reifenden Wintereiern der Rana fusca erhalten kann. Die Zellen sind platt, unregelmäßig polygonal und im Gegensatz zu den durch Argentum nitr. schwach gebräunten Zellkörpern erscheinen an solchen Präparaten die Kerne hell; meist, doch nicht immer, scharf begrenzt lagern sie häufig in der Zelle wandständig, so dass zwei oder auch drei Kerne nur durch die dunklen Zellgrenzen von einander ge- trennt sind. Bei der Ablösung bleiben gewöhnlich die Gefäße, welche das Ei als weite Kapillaren, wie im Ovarium der Teleosteer, umgeben, an dem Innenepithel haften. Das Follikelepithel erhält sich an solchen Präparaten wenig deutlich. Andere Bilder (s. Fig. 2) liefert bei gleicher Methode der Herstel- lung die Umhüllung der unreifen, für die nächste Brunst bestimmten Eier der Rana fusca im Juni. Löst man von der dem Sacke zuge- wandten Fläche dieser die Umhüllung ab, so findet man eine doppelte Epithellage, deren innere, den Hohlraum zunächst begrenzende, ich als Innenepithel deute. Die darunter gelegene, deren Zellen sich durch geringere Größe und regelmäßigere polygonale Begrenzung kund geben, muss wohl als Follikelepithel angesehen werden. Untersuchen wir endlich größere Stücke der Sackwandung, die in besagter Weise prä- parirt sind, von denen man die reifenden Eier abgezupft hat, so bleibt kein Zweifel darüber, dass das Innenepithel überall von den unreifen Eiern sich kontinuirlich auf die Theile der Wandung fortsetzt, welche keine Eier zwischen ihren beiden Blättern einschließen; hier scheinen die Zellen des Innenepithels meist kleiner zu sein, als ob sie durch die nach dem Hohlraum mit dem zunehmenden Wachsthum mehr und mehr vorspringenden Eier noch keine mechanische Ausdehnung er- fahren hätten. Einer solchen Stelle ist Fig. 3 entnommen. Die größeren Zellen geben die des Peritoneums, die kleineren darunter liegenden das Innenepithel wieder. An derartigen größeren von der Innenfläche betrachteten Lamellen schreibung kommt, auf die von mir gemachte vorläufige Mittheilung. Anatom. An- zeiger, herausgeg. von K. BARDELEBEN. Nr. 6. 4886. | 12* 150 0. Schultze, des Ovarialsackes nimmt man an kleinen unreifen Eiern nur eine ein- fache aus platten Zellen gebildete Hülle wahr, und auch an Schnitt- präparaten überzeugt man sich von der Anwesenheit nur einer einzigen plattzelligen Scheide des jungen Eies. Deutet man diese als Innen- epithel, d.h. als Theca, wo ist dann das Follikelepithel? — deutet man sie als Follikelepithel, so grenzt dieses direkt an den Hohlraum des Sackes, wie die Zellen des Discus ovigerus im Säugethiereierstock an die Höhle des Follikels, und wo ist die Theca? Diese Fragen kann ich jetzt nicht beantworten. — Die fibrilläre Bindesubstanz in der Follikel- wand ist außerordentlich spärlich, und bei den Anuren sind Fibrillen in der Umhüllung der großen und kleinen Eier nicht gleich nachzuweisen. Nur in Wasser oder Alkohol, nicht in Lackpräparaten, erkennt man an gut fixirten Eierstöcken ganz spärliche sich durchflechtende Fäserchen, die bei dem Abziehen des Innenepithels an diesem haften (vgl. Fig. 10). Etwas stärkere Entwicklung zeigen die Fasern bei den Urodelen. Will man das Follikelepithel des Amphibieneies demonstri- ren, so wählt man hierzu, so viel mir bekannt, gewöhnlich größere unreife Eier, d. h. solche, in welchen das Keimbläschen! von außen noch deutlich sichtbar oder doch die Pigment- und Dotteransammlung noch keine so große ist, dass das Keimbläschen nicht durchschimmert. Und in der That gelingt es ja hier auch leicht, besonders nach Wasser- zusatz, einen Zellenbelag, dessen Wasser einsaugende Zellen sich gegen den Dotter ausbauchen, mit deutlichen kreisrunden Kernen nachzu- weisen. Auch lässt sich das Vorhandensein zweier durch Wasser quellbarer Zellschichten erkennen, von denen die eine gegen den Dot- ter, die andere nach außen in das umgebende Medium hinein quillt. Letztere ist das Innenepithel. Die in den Eikörper quellenden mem- branhaltigen Zellen nennt man Follikelepithelzellen. Aus den Befunden jedoch, welche die Untersuchung des Follikelepithels reifender Eier ergiebt, wird man zweifelhaft, ob die nunmehr als Follikelepithel- zellen imponirenden Gebilde identisch sein können mit den an jungen Eiern membranhaltigen quellbaren Zellen. Wenn man nämlich ein reifendes Ei gegen Ende August vorsichtig in 0,5°/,iger Kochsalzlösung so präparirt, dass man den Dotter herauslässt und nach aufgelegtem gestütztem Deckglase mit gleicher Lösung auswäscht, dann treten unter der Follikelhaut eine Menge zarter blasser Zellen auf, die keine Mem- bran erkennen lassen und zierliche spitze Fortsätze haben. Durch 1 Wenn ich des Eies Kern nicht Eikern, sondern, wie meist noch üblich, Keim- bläschen nenne, so geschieht dies, weil ich mit der Thatsache rechne, dass der Name Eikern bei uns gewöhnlich statt der wohl vorzuziehenden Bezeichnung weib- licher Vorkern im Gebrauch ist. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I, 181 das Anastomosiren dieser Zellausläufer (s. Fig. 8) entstehen sanze Netze. Dasselbe kann man noch deutlicher an Wintereiern darstellen (s. Fig. 9). Hier enthalten Zellkörper und Fortsätze oft stark lichtbreehende Körnchen, die ganz den kleinsten Dotterkörnchen glei- chen, während der Zellkern homogen erscheint und wenige Nucleolen birgt. Kann man annehmen, dass diese an reifen Eiern membranlosen, sternförmigen Zellen dasselbe Follikelepithel repräsentiren, welches an jungen Eiern aus mit deutlichen Membranen versehenen, polygonalen Zellen gebildet zu sein scheint? Ich weiß es nicht, denn meine bisher unvollständigen Untersuchungen setzen mich nicht in Stand, die schwie- rige Frage zu entscheiden. Doch ich darf es nicht unterlassen, hier nur darauf hinzudeuten, dass Manches in meinen Beobachtungen an das erinnert, was Hıs! uns aus dem Eierstocke der Knochenfische mitge- theilt hat. Hıs fand, dass an jungen Eiern dieser Thierklasse als ein- ziger Repräsentant einer Follikelwandung eine einfache oder doppelte »Endothelscheide« vorhanden war und dass die einer Membrana granu- losa vergleichbare Zellschicht an jungen Eiern fehlend, an großen Eiern in Form von Leucocyten auftritt. Natürlich bin ich ganz unberech- tigt zu behaupten, dass bei den Amphibien das sogenannte Follikel- epithel aus Iymphoiden Zellen erstünde, und dass junge Follikel eines Epithels gänzlich entbehren. Auch sind mir die von vielen anderen Beobachtern der Knochenfische gemachten Angaben, welche denen von Hıs widersprechen, sehr wohl bekannt. Für die allererstenin der Larve von Rana fusca auftretenden Follikelepithelzellen ist deren Her- kunft von der jungen Eizelle durch Nusssaum? deutlich erwiesen. Andererseits muss ich die Angabe Prrücer's? in Erinnerung bringen, nach welcher an den jungen Follikeln der Rana fusca kein Epithel exi- stirt. Dass thatsächlich zwischen unreifen Eiern und deren Innenepi- thel Leukoeyten in größerer Menge vorkommen, davon habe ich mich kurz vor Abschluss dieser Arbeit an kleinen durchsichtigen Augusteiern überzeugt, aber nur in einigen ganz vereinzelten Fällen in dem einen untersuchten Eierstock. Hier bildeten die Zellen streckenweise zu- sammenhängende einschichtige Lagen. Um die Frage zu entscheiden, halte ich es für nöthig, von Juli bis September eine große Anzahl frisch eingefangener geschlechtsreifer Ranae fuscae zu untersuchen, was von mir nicht geschehen ist. ! w. Hıs, Untersuchungen über das Ei und die Eientwicklung bei Knochen- fischen. Leipzig 1873. 2 Nusspaum, 1.c. p.5fl. 3 PrLücer, Einige Beobachtungen zur Frage über die das Geschlecht bestim- menden Ursachen, Archiv f, die ges. Physiol. Bd. XXVI. p. 231. 182 0. Schultze, In vielen Fällen zeigt sich die Höhlung des Ovarialsackes nach dem Einlegen in Chromsäuremischungen ausgefüllt von einer weißen Masse, die auch den Boden der Schale, in der man die Fixi- rung vornimmt, mehr oder weniger in der Umgebung des Ovariums bedeckt. Öffnet man eine Kammer, so kann man die Masse oft klumpen- weise herausnehmen, und sie zeigt dann die Eindrücke der Eier. Offenbar handelt es sich hier um einen durch die Säurewirkung in der normal die Höhle ausfüllenden Flüssigkeit, die zum Theil in die um- gebende Säure diffundirt, erzeugten massigen Niederschlag. Mikro- skopisch erkennt man ein feinkörniges Gerinnsel, das mitunter kleine, stark lichtbrechende Körnchen enthält; es ist mit Karmin färbbar und ähnelt sehr dem im Keimbläschen durch die Säureeinwirkung ent- stehenden Gerinnsel. Hätte ich jemals Iymphoide Zellen darin gefun- den, so würde ich ohne Bedenken den Sack einen Lymphsack nennen. Das interessante, im unreifen Froschei von Cramer! entdeckte und von J. V. Carus? mit dem Namen Dotterkern belegte Gebilde ist be- kanntlich im reifenden Ei verschwunden. Über die Art und Weise, wie dies in die Erscheinung tritt, findet sich bei Carus folgende An- gabe®?: »Von der Peripherie dieses Körpers löst sich nun eben so wie beim Dotterkern des Spinneneies eine Körnerschicht nach der anderen los und mengt sich der Flüssigkeit bei.ce Ohne die Möglichkeit solcher Lösung leugnen zu können, habe ich doch den Vorgang unter beson- deren Erscheinungen beobachten können (s. Fig. £ a—d). In einem Falle, welchem die Zeichnungen entnommen sind und welcher einer jungen Rana fusca aus dem Mai entstammt, in deren Eier- stock die zu schildernden Eier die ansehnlichsten waren, begannen die Körnchen des Dotterkerns sich zuerst in dem der Peripherie des Eies zugewandten Theile zu lockern (s. Fig. 4 a). Darauf lösten sich von den Enden des ovalen Dotterkernes, der sich mehr von dem Keimbläschen entfernt hatte, Körnchen los. Diese verbreiteten sich in einer kencen- trischen dunklen Zone um das Keimbläschen. Die Membran des letz- teren erschien wellig und um dasselbe war eine helle körnchenfreie Zone entstanden (Fig. 4 b). Auf weiterem Stadium hatten sich in die betreffende dunkle Zone mehr und mehr Körnchen abgelöst (s. Fig. 4 c) und schließlich war die Stelle, wo der Dotterkern gelegen, kaum mehr in der Körnchenzone zu erkennen (s. Fig. 4 d). Dieselbe helle Innen- zone kann übrigens auch schon an Eiern sichtbar sein, welche noch i H. Craner, Bemerkungen über das Zellenieben in der Entwicklung des Froscheies. J. MüLLer’s Archiv. 1848. 2 J. V. Carus, Über die Entwicklung des Spinneneies. Diese Zeitschr. Bd. Il. S2l..c. p. 403. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I, 183 einen vollständigen Dotterkern beherbergen; ihr Auftreten ist also nicht an die Auflösung des Dotterkerns gebunden. Bei solchem Befunde ist es interessant, Worte zu lesen, aus denen hervorzugehen scheint, dass der Entdecker des Dotterkerns schon den gleichen Lösungsvorgang beobachtet hat!: »Wird das Ei etwas größer, dann erweicht die kleine Kugel und immer flüssiger werdend verbreiten sich die Massen in einem eleganten Halbmond in der Höhle des Dotterraumes und um das Keimbläschen.« Die besprochene helle, um den Kern ge- legene Zone kommt bekanntlich an vielen Wirbelthiereiern vor und ist meines Wissens an Säugethiereiern zuerst von PFLüsEr? beschrieben, welcher die innere helle Zone als inneren Dotter von der äußeren dunklen als äußeren Dotter unterschied. Hıs beschrieb Gleiches vom jungen Ei des Karpfens. Die Zone ist die bekannte »Nährplasmaschicht« von A. Brass. Von dem Dotterkern wohl zu unterscheiden sind zahlreiche nur in der Peripherie des Eikörpers dicht unter der Follikelwand sichtbar werdende Anhäufungen kleiner Körnchen, die wahrscheinlich die ersten Spuren der Dotterelemente sind und durch ihre Gruppirung den Gedanken an die Herkunft von Zellen erwecken können. Schon von €. Vosr? aus unreifem Ei von Alytes Taf. I, Fig. 1 abgebildet, be- schreibt auch GorrtrE* dieselben und stellt sie dar auf Taf. I, Fig. 9. Sie vermehren sich bei Bombinator, rücken dicht zusammen und bilden endlich eine ganz gleichmäßige Körnerschicht. Dieselben Körnchen- haufen hat Scaürz bei Triton cristatus beschrieben (s. Fig. 44 d) und Hıs hat ähnliche Gebilde im Ei der Salmoniden bekannt gemacht. In allen diesen Fällen treten Dotterelemente zuerst peripherisch in der Eizelle auf. Wırr$ leitet, indem er wohl zweifellos dieselben Körnchenhaufen im Auge hat, diese von Keimflecken ab, die aus dem Keimbläschen ausgewandert seien (!). Noch andere Körnchenansammlungen, welche durch ihren bräun- lichen oder grünen Farbenton auffallen, kann man in unreifen noch mit Dotterkern versehenen Eiern wahrnehmen. Sie liegen bald in ge- ringerer, bald in größerer Dichtigkeit nahe unter dem Innenepithel. 1 CRAMER, l. c. p. 24. 2 PFLÜGER, Über die Eierstöcke der Säugethiere u. des Menschen. 1863. p. 78 und 79. 3 C. Vogt, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Geburts- helferkröte. 4842. * GoETTE, Entwicklungsgeschichte der Unke. p. 17. 5 J. Schütz, Über den Dotterkern. Inaug.-Dissert. Bonn 1882. p. 12. 6 L. Wırr, Über die Entstehung des Dotters etc. Zool. Anzeiger 1884, Nr. 167, p- 273. . : 184 0. Schultze, Es steht seit langer Zeit fest, dass die Membran desKeim- bläschens der jungen Amphibieneier nicht immer, wie man dies an Wintereiern, deren Stoffwechsel ein geringerer ist, fast durchgehends beobachtet, glatt ist und einen kugelrunden Kern umgrenzt, dass sie vielmehr häufig wellig erscheint, indem sie deutliche Vorsprünge und Einbuchtungen aufweist. Schon C. Vocr! sagt auf Grund von Beobachtungen frischer Eier, dass sich eine eigenthümliche Form des Keimbläschens mit dem Wachsthum der Eier ausbilde: »statt nämlich seine runde Gestalt beizubehalten, erhält es eine zackige, aus- und einbiegende Begrenzung, welche im Allgemeinen kreisförmig, fast regelmäßige Aus- und Einsprünge, etwa wie eine Mauerzinne mit ab- gerundeten Winkeln darstellt«. Eben so konnte GorrtrE? feststellen, dass die wellige Begrenzung des Keimbläschens bei Bombinator ein normaler Befund sein könne, was sich auch hier aus der Untersuchung frischer Eier ergab. In der That gelingt es mit Bestimmtheit an ganz frischen Eiern so- wohl der Urodelen als der Anuren neben den kreisrund begrenzten Keimbläschen solche zu sehen, deren Membran vielfach eingebuchtet ist. Aber auch an Schnitt- und Dauerpräparaten geht daraus, dass man in demselben Eierstock Keimbläschen mit kreisförmiger Begren- zung und solche mit gebuchtetem Rande findet, hervor, dass man es hier nicht mit einem Kunstprodukt zu thun hat. In Fig. 5 ist ein junges Ei von Rana esc. (mittlerer Durchmesser 0,3 mm) aus dem Februar dargestellt, an welchem die Gestalt des Keimbläschens mit den stark entwickelten Vorsprüngen deutlich ist. Die Keimkörperchen? lagern häufig in den Zacken, wie dies von WırL beschrieben wird; in den Dotter ausgetretene Keimkörperchen habe ich hier nie beobachtet. Von der Peripherie des Eikörpers her scheint sich die Dottersubstanz ein- zulagern, was in der Zeichnung nur an einer Stelle ausgeführt ist. Auch in der peripheren Dotterschicht findet man an solchen Eiern radiäre Züge, von denen ich aber nicht angeben kann, ob sie die direkte Fortsetzung der Keimbläschenvorsprünge sind. Mit diesen Vorsprüngen vergleicht GesEngaur 5 ähnliche Bildungen am Keimbläschen des Kai- mans und des Cyprinus auratus. Das ganze Bild hier erinnert an die 1 GC. Vost, l.c.p.3 und 4. 2 'GOETTE, 1. C.Pp. 19. 3 Im Anschluss an E. van BENEDEN brauche ich statt »Keimflecke« den Ausdruck Keimkörperchen. 2 L. Wiir, 1. c. p. 273. 5 C, GEGENBAUR, Über den Bau und die Entwicklung der Wirbelthiereier mit partieller Dottertheilung. J. MüLer’s Archiv. 4864. p. 520 und 521. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 185 unten bei der Reifung des Eies zur Sprache kommenden Erscheinungen der normalen Keimbläschenschrumpfung. Sonach muss ich mit Brass die »Pseudopodien« als natürliches Vorkommnis hervorheben, und es treffen die Worte Herrwıg’s, dass diese Bildungen durch Schrumpfung in Folge der Einwirkung erhärtender Reagentien entstehen, nicht zu. In einer großen Zahl von unreifen Eiern begegnete ich einmal bei einem mit Chromosmiumessigsäure fixirten Wintereierstock der Rana fusca nadelförmigen mehr oder weniger geschlängelten Körpern, welche die Fig. 6 « und b illustriren. In fast jedem Ei lagen ein bis zwei solcher an beiden Enden in eine feine Spitze auslaufender homogener Körper. Safranin färbte sie wie die Keimkörperchen. Es gelang durch passenden Druck aus Glycerinpräparaten die Körper zu isoliren; die größte Breite betrug 3 u, die Länge bis 70 u. Ihre Aul- fälligkeit und Seltenheit lässt an abnorme, vielleicht parasitäre Bildun- gen denken. Auch das Vorhandensein von rothen Krystallnadeln (s. Fig. 7) in unreifen frischen Wintereiern von Rana fusca steht vereinzelt da. Wir fanden sie einmal gelegentlich des mikroskopischen Kurses. Der betreffende Eierstock zeigte bei der Nachuntersuchung noch in vielen anderen Eiern gleicher Größe dieselben Nadeln. Später fielen sie mir in einem zweiten Falle noch einmal auf. Vielleicht handelte es sich um Hämatoidinkrystalle. 2. Untersuchungsmethode der reifenden und der reifen Eier. Die Vortheile, welche die mannigfachen existirenden Methoden, Amphibieneier zu schneiden, bieten, weiß ich sehr wohl zu schätzen, und ich erlaube mir hier die Art und Weise, auf welche ich den jetzi- gen Anforderungen entsprechende, lückenlose Serien feiner Schnitte erhalten habe, den gebräuchlichen Methoden hinzuzufügen. Es wur- den die Eier mit oder besser ohne die aus dem Eileiter stammenden Hüllen, die bei den Urodelen ganz, bei Rana bis auf eine dünne innerste Hüllschicht (vgl. unten bei Hüllen) mit der Schere oder Nadeln entfernt werden, in die Fixirungsflüssigkeit gebracht. Als solche dienten mir hauptsächlich: 1) Chromosmiumessigsäure : Chromsäure 1°/, 25 Theile, Überosmium- säure 1°/, 10 Theile, Wasser 60 Theile, Essigsäure 2°/, 5 Theile, 2) Chromessigsäure: Chromsäure 4°%/, 25 Theile, Essigsäure 2%, 5 Theile, Wasser 70 Theile, beide nach Fırmming’s Angabe. In der einen oder der anderen von diesen vorzüglichen Mischungen bleiben die Eier bis 24 Stunden lang; dann wird die Säure abgegossen 156 0. Schultze, und durch Aqua dest. ersetzt, das nicht häufig genug gewechselt wer- den kann. Eventuell werden die Eihüllen dann noch mit Nadeln ab- präparirt, wobei die eiweißartige Flüssigkeit, welche die innere Kapsel der Urodeleneier erfüllt, als weißliches Wölkchen austritt. Jetzt eig- nen sich die Eier noch vorzüglich zum Oberflächenstudium. In Alkohol von 50°/, gebracht bleiben sie in diesem 24 Stunden, dann je 24 Stun- den in Alkohol von 70, 85 und 95°/,. Letzterer wird mehrmals abge- gossen und durch neuen ersetzt. Dann tritt Terpentin an seine Stelle (Bergamottöl und andere Öle scheinen hier keine Vorzüge zu haben), das die Eier je nach der Größe in 1—2 Stunden durchtränkt hat. Bisher wurden die Eier gar nicht aus der Schale herausgenommen; dies ist jetzt zum Zwecke der Einbettung in bereit stehendes bei 50° C. flüssiges Paraffin nöthig und muss, da die Eier natürlich sehr empfind- lich sind, vorsichtig, wohl am besten mit Hilfe eines kleiren chirurgi- schen scharfen Löffels geschehen. Nach !/;—1 Stunde sind bei bestän- diger Überwachung des Paraffins die Eier gerade genügend imbibirt. Will man sie nicht orientiren, so nimmt man sie mit dem vorher ange- wärmten Löffel aus dem Paraffin und setzt sie mit dem im Löffel befindlichen Paraffintropfen auf einen harten, der Mikrotomklammer angepassten Paraffinblock. Nach dem Erkalten wird das Ganze mit warmer Nadel bequem zugerichtet. So einfach diese Vorschrift er- scheint, da sie ja nichts Anderes ist, als die allgemeine Paraffinmethode, so kann doch nicht genug hervorgehoben werden, dass Alles auf die genaue Einhaltung der angegebenen Zeiten ankommt. Bleiben die Eier länger im Alkohol, Terpentin oder gar Paraffin, so ist das Spiel verloren, und man bringt es ohne Mühe zu steinharten, aus einander gesprengten, brüchigen, kurz ganz schlechten Eiern. Anderen- falls haben die Objekte ganz die Konsistenz des Paraffıns, schneiden sich ausgezeichnet, d. h. in lückenlose Schnittserien von !/,, mm Schnittdicke (250—300 Schnitte von einem Siredonei). Das ScHanz- sche Mikrotom ermöglicht bekanntlich die Ausführung des vom Grafen von SPEE so verdienstvoll eingebürgerten Bänderschneidens mit großer Schnelligkeit. Die Bandstücke wurden auf dem Objektträger mit schwa- cher Leimlösung fixirt und nach Verdunstung des Wassers tritt die all- gemeine Weiterbehandlung ein. Will man die Eier orientiren, so geben hierüber die von Born gemachten Angaben bekanntlich schöne und ge- naue Vorschriften. Durehfärbung in Boraxkarmin ist nach vielen Versuchen jetzt die Färbemethode, die mir Alles liefert, was ich wünschte. Die Farbe tritt im gegebenen Falle in obiger Angabe an Stelle des 50°/,- igen Alkohols, wirkt 24 Stunden und der salzsaure 70°/,ige Alkohol | | | u — : Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 187 enthält fünf Tropfen Acid. hydrochl. pur. auf 100 cem. Bei häufigem Wechseln des letzteren entfärben sich auch die Dotterkörner, und nur die chromatische Substanz bleibt intensiv roth. Die Chromosmiumessigsäure kann in angegebener Koncentration, wenn es sich um die Fixirung von central im Ei gelegenen Substanzen handelt, nicht mit Erfolg angewendet werden. 3. Das reifende Ei. Nach den Untersuchungen Nusssaun’s! ist im Oktober die Eibildung bei Rana fusca für die kommende Brunst abgeschlossen ; sonach kann man, wenn es sich darum handelt, dieZahlder vonRanafusca abgelegten Eier festzustellen, dieselben im Eierstock während des Winters zählen. Beifolgende kleine Tabelle findet in dem Gedanken | Linker Eierstock | Rechter Eierstock | Gesammt- Datum | Gewichtin | Zahlder Gewicht in Zahl der zahl ! Grammen Eier | Grammen Bier | der Eier | | | a 2 ne 350, | 20 73 X}. 3,6, | .:1068 33 | -933 | 2004 ra | 1,7. | 668 BIS U RES A610 Be 23,6. | 660 BERN GR 1326 N. algı) U. 678 aa, rast 9988 Ban) 118,712) |:111280 als (A lin 359 \ 1636 | | ihre Rechtfertigung, dass in dem so überaus dunklen Gebiete von dem Leben der Eizelle die möglichste Vertiefung in ein einzelnes, in großer _ Menge zur Verfügung stehendes Objekt zunächst am gerathensten er- scheinen dürfte. Sie betrifft die Eierstöcke von sieben in den Winter- monaten getödteten Ranae fuscae, die nach dem Wägen bezeichnet und zur Zählung der Eier in Spiritus gehärtet wurden. In fünf Fällen über- wog der rechte den linken, in zwei der linke den rechten Eierstock an Gewicht. Die Minimalzahl der in einer Brunst zur Ablage kommenden Eier beträgt hiernach 1326, die Maximalzahl 2565, woraus hervorgeht, dass ein Weibchen die doppelte Zahl Eier als ein anderes ablegen kann. ' Ob dies in der verschiedenen Ernährung gleichalteriger Thiere oder in verschiedenem Alter der Thiere oder sonst begründet ist, muss einst- weilen dahingestellt sein. Die Durchschnittszahl der in einer Brunst abgelegten Eier beträgt 1724. Lrverarr? giebt die Zahl der mit einem 1 NusssAaum, 1. c. p. 74. 2 LEUCKART, Zeugung,. in: Wacaer’s Handwörterb. d. Physiol, 1853. IV. p. 712. 188 0. Schultze, Mal vom »Frosch« gelaichten Eier auf 25003800 an, seine Durch- schnittszahl beläuft sich also auf 3150. Worauf die Differenz zwischen unseren Angaben beruht, muss weiteres Studium zeigen; die sieben von mir untersuchten Exemplare, welche überdies von einem Fund- ort stammen, gestatten keine Verallgemeinerung. Die Umhüllungen, welche das reifende Eierstocksei besitzt, sind zunächst, da wo es an die Höhlung angrenzt, das Innenepithel und außen das Peritonealepithel. Unter diesem folgen die oben besproche- nen »Granulosazellen«, zwischen letzteren und ersteren die Gefäße. Viele Aufmerksamkeit wurde der sogenannten Dotterhaut zugewandt, und ich kam zu dem Schlusse, dass das reifende Eierstocksei der Anu- ren sowohl, als der Urodelen nur von einer einzigen Membran umgeben ist, mit welcher bekleidet das Ei den Eierstock verlässt. Am besten überzeugt man sich, wenn es sich um frische Präparate handelt, von der Anwesenheit dieser Membran, wenn man das Ei aus dem Eierstock mit feiner Pincette herauszupft, in einem großen Tropfen Kochsalz- lösung auf dem Objektträger ansticht und dann hei gestütztem Deck- glas, nachdem man mehrmals ausgewaschen, untersucht. Hierbei müssen die Umhüllungen des Eies, wenn man dafür sorgt, dass der Dotteraustritt nur ein bestimmtes Maximum erreicht, am Rande in nahezu natürlicher Spannung bleiben. Fig. 14 ist nach solchem frischen Präparat von einem Ei der Rana fusca aus dem März gezeichnet. Die von dem Innenepithel geformte Membran ist mit einer ihrer Innen- fläche anhaftenden Kapillare etwas abgehoben ; man sieht die Kerne der Granulosazellen und die Dotterhaut, die nach außen und innen gleich scharf begrenzt erscheint. Zwischen Dotterhaut und Eikörper nimmt man in günstigen Fällen eine schmale Zone wahr, die eine sehr feine radiäre Streifung erkennen lässt, die aber keine besondere Membran, sondern nur die peripherste Dotterschicht ist. Bis jetzt konnte sie nur an Eiern der Rana fusca frisch beobachtet werden, bei Triton taen. auch an Juni-Eiern in Chromessigsäurepräparaten. Eine Membran ist sie nicht, vielmehr nur die äußerste körnchenfreie Dotter- schicht, und die Bedeutung der feinen Streifung, welehe nurbisan die Dotterhaut herangeht, ist mir unklar geblieben. Dieselben Verhältnisse bezüglich der Eihaut zeigen feine Durchschnitte durch größte reifende Juni-Eier von Triton taen. Ein solcher ist in Fig. 12 bei hom. Imm. 1/18 von Zrıss dargestellt. Das Ei hat nur eine verhält- nismäßig zarte Haut, die sich in Boraxkarmin an Chromessigsäureprä- paraten gut färbt. Die Zona ist nicht sichtbar. Auch Triton eristatus und Siredon pisciformis zeigen nur eine einzige dem Dotter aufgelagerte Membran an feinsten Querschnitten. Dieselbe erlaube ich mir als Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 189 Zellmembran, d. i. als »Dotterhaut« zu erklären, weil mir die Auffas- sung einer um eine Zelle gelegenen Membran als »Zellmembran« am einfachsten und sogar zwingend erscheint, so lange nicht ein Bildungs- modus erwiesen ist, welcher dazu berechtigt, die Membran anders auf- zufassen, als eine von der Zelle selbst erzeugte Bildung. Was die Zona angeht, so muss ich eine eingehende Besprechung vom vergleichenden Standpunkt und Abbildungen für jetzt verschieben, der Name »Zona radiata« dürfte immerhin gerechtfertigt sein. Die Abbildung und Besprechung der Dotterhaut erschien mir desshalb nöthig, weil ich trotzdem, dass allenthalben von der Dotter- haut des Amphibieneies in der Litteratur die Rede ist, doch nirgends eine deutliche Abbildung finden konnte. Ältere Autoren, z.B. C. Vosr!, unterschieden nicht zwischen Dotter- haut und den sonstigen Umhüllungen des Eies. LEucKART? hat zuerst deutlich die » dünne strukturlose Dotterhaut« genannt, welche weit zarter sei, als in den höheren Wirbelthierklassen. Auch unterscheidet er dieselbe von der »Epithelialschicht des zarthäu- tigen Drüsenfollikels«. Sie entsteht nach ihm, wie nach CrANER, erst ziemlich spät. Bei Pelobates fehlt nach van BamserE? an den reifen Eierstocks- eiern die Dotterhaut sogar ganz, und nur die »capsule ovarienne « be- kleidet das reife Ei. Nach Warpeyer? erscheint die Dotterhaut »bei ziemlich ausge- wachsenen Follikeln feinstreifig, und zwar in radiärer Richtung«. Wahrscheinlich hat Warvever die feinen radiären Streifen der äußer- sten Dotterzone gesehen; die Dotterhaut selbst ist immer homogen. Ferner glaubte WaALnryer daraus, dass die Dotterhaut sich stets »nach innen vom Follikelepithel« bilde, schließen zu können, dass dieselbe in gleicher Weise als »eine Cuticularformation« aufzufassen sei, » wie die Zona pellueida des Säugethiereies und die Dotterhaut des Vogel- eies«c. Dagegen bemerkt Lupwis®, Warpeyer’s Beobachtung, dass die Dotterhaut nicht scharf begrenzt sei gegen die äußerste feinkörnige Dotterlage, spräche mehr dafür, die Membran als Dotterhaut und nicht als Chorion zu erklären. SERYOEN.1.c.p. 2. 2 LEUCKART, 1. c. p. 795. 3 CH. van BANBERE, Recherches sur le developpement du pelobate brun. p. 40 ı und AA. 4 WALDEYER, 1. c. p. 75 und 76. 5 H. Lupwic, Über die Eibildung im Thierreiche. Eine von der philosophischen | Fakultät der Universität Würzbur $ gekrönte Preisschrift. 1874, 190 0, Schultze, Über die Häute des Urodeleneies handelt ausführlich van BAmBERE'S ! Untersuchung. Das Resultat ist das Vorhandensein von zwei das Ei umschließenden Membranen in dem Augenblick, in wel- chem das Ei den Eierstock verlassen will. vaw BamBEkE unterscheidet zunächst eine Dotterhaut, von welcher er angiebt, dass er sie an fri- schen Eiern ohne Hilfe eines Reagens von jedem Theil der Dotterober- fläche habe abheben können. Sie ist innig verbunden mit der äußer- sten Dotterschicht, hebt sich aber, wenn man mit schwachem Alkohol behandelte Eier in Wasser bringt, von dem Dotter ab. Die zweite Um- hüllung, welche sich schon in dem Augenblicke zeige, wo das Ei sich von dem Ovarium loslöst, sei zuerst fest auf die Dotterhaut gelagert; während der Furchung jedoch wird sie im Gegensatz zu dieser nicht in die Furchen einbezogen. Diese nennt van BamBEkE Chorion. In Bezug auf diese beiden schon die Eierstockseier umgebenden Hüllen muss ich wie oben hervorheben, dass das Ei der Urodelen, eben so wie das der Anuren, nur eine Membran hat, die Dotterhaut. Sie ist identisch mit der Haut, welche van Bamsere Chorion nennt. Aus der Beschreibung des geehrten belgischen Forschers geht nicht klar hervor, ob er die »membrane vitelline« an Eierstockseiern oder an ge- legten Eiern beobachtete. Es scheint das Letztere der Fall gewesen zu sein, und für die gelegten Eier kann ich das Vorkommen der »mem- brane vitelline« nicht in Abrede stellen. In den Worten: »L’oeuf, au moment de se detacher de l’ovaire, est deja entoure d’une deuxieme membrane« scheint mir aber das Vorhandensein von zwei Membranen des. Eierstockseies ausgesprochen zu sein. Der wohl ziemlich allgemein herrschenden Ansicht gemäß besteht der Dotter des reifenden Amphibieneies nicht, wie in anderen Thier- klassen, aus kugelrunden Elementen, sondern aus Plättchen oder Täfel- chen, denen man mitunter noch das Beiwort »krystallinisch« hinzugefügt hat; oder der Dotter enthält wenigstens solche Elemente neben den Dotterkugeln. C. Vogr ? brauchte zuerst den Ausdruck » Stearintäfelchen «. Dass es irrig sei, hier von Stearin zu reden, wies R. VircHow ? vor Zeiten nach, indem er ja zeigte, dass der Dotter wohl ein Eiweißkör- per sei. Unter Anwendung der verschiedensten Reagentien, und gerade 1 CH. van BANBEKE, Nouvelles recherches sur l’embryologie des Batraciens. p. 2f. 2 C. Vogt, 1.c.p. 3, 1842. 3 R. VırcHow, Über die Dotterplätichen bei Fischen und Amphibien. Diese Zeitschr. Bd. IV. 1853. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 191 derer, welche gegenwärtig unsere besten Fixirungsmittel darstellen dürften, habe ich mich bemüht im Dotter der Amphibieneier, so wie in Embryonen, Täfelchen und Plättechen wahrzunehmen, bin jedoch zu der Behauptung gezwungen, dass die Vorstellung von Dottertäfelchen als natürliches Vorkommnis im Amphibienei ein alter eingefleischter Irr- thum ist. Ob neuere Autoren, z. B. Born, indem sie von Dotterkörnern reden, dasselbe sagen wollen, kann ich nicht entscheiden; es dürfte aber wohl wahrscheinlich sein. Es ist gewiss wahr, dass in vielen Fällen die Dotterelemente mehr oder weniger schön oval oder fast quadratisch erscheinen. Wären aber diese Formen die Flächenansich- ten von Plättchen, so müsste man natürlicherweise auf zahlreichen feinsten Schnitten durch ein und dasselbe Ei auch einmal stäbchen- förmige Seitenansichten eines solchen »Plättchens« an irgend einer Stelle des Schnittes sehen, was mir in guten Präparaten nie vorgekommen ist. Auch gelingt solches nie, wenn man die Dotterelemente frisch mit oder ohne Zusatz indifferenter Flüssigkeiten untersucht. Vielmehr kann man sich dann klar überzeugen, dass die Körper mehr oder weniger deutlich kugel-, schlecht würfelförmig oder eiförmig sind. Eines der besten Ob- jekte in dieser Hinsicht geben die großen Dotterkugeln in dem reifenden Ei der Salamandra maculata ab. Die Chromosmiumessigsäure, in der oben angegebenen Koncentration angewandt, ist dann vollends geeignet, uns über die Form der Dotterbestandtheile Aufschluss zu geben. Sie fixirt gut die peripheren Eischichten, worüber unten bei der Besprechung der Polkörperbildung Zeugnis abgelegt wird. In die centralen Dotter- zonen gelangt das Fixirungsmittel jedoch in unzureichender:Koncentra- tion, und die Überosmiumsäure ist durch die peripheren Partien ganz verbraucht. An solchen Eiern erscheinen dann die Dotterelemente der Rindenzonen geradezu rundin allen Fällen, d. i. kugelförmig, wenn auch nicht immer exakt kreisrund; dies kann aber auch bei der häufig dichten Aneinanderlagerung und dem bei der Fixirung wohl unvermeidlichen Wasserverlust nicht verlangt werden. In den cen- tralen Theilen der Schnitte solcher Eier, da also, wo die nach dem Centrum des Eies vordringende Säure in ihrer Wirkung abgeschwächt ist, findet man die Dotterbestandtheile mehr oval, auch wohl fast würfel- förmig. Dann kann man zuweilen auch einen Zerfall der Dotterkugeln in wirkliche Plättehen wahrnehmen, wie es in Fig. 15 dargestellt ist. Da wo in solchen Eiern die Dotterkörner unter Zutritt der Überosmiumsäure nicht mehr gedunkelt erscheinen, gerade hier beginnen in solchen Fällen die nun meist eiförmigen Dotterkörner der Längsachse parallel kleine Risse zu bekommen, und dieser be- 192 0. Sehultze, sinnende künstliche Zerfall der Kugeln in Plättehen nimmt nach dem Centrum des Eies hin stetig zu. Nach alledem kann das normale Vorkommen von Dotterplättehen oder Täfelechen im Ei der Amphibien nicht angenommen werden, im Gegentheil muss behauptet werden, die normalen Dotterkugeln, welche, sobald sie aus ihrer natürlichen Lagerung entfernt werden, alle möglichen Übergangsformen von der Kugel- zur Ei- und zur Würfel- form zeigen, können künstlich in Täfelchen zerfallen. Bezüglich der Pigmentkörnchen bedarf es der Erwähnung, dass dieselben in den stark pigmentirten Eiern in geringer Menge durch den ganzen Eikörper hindurch sich finden. Bei den Anuren sind sie, wie die Elemente ja überhaupt, kleiner als bei den Urodelen. Die schon von K. E. von Baer! gemachte Angabe, dass die Tuben- eier der Batrachier des Keimbläschens entbehren, erweiterte New- PORT 2 in seinen ausgedehnten Forschungen in so fern, als er konstatirte, dass schon in den Eiern von Rana und Bufo kurz vor ihrem Austritt aus dem Ovarium das Keimbläschen nicht mehr aufzufinden war. Auch VAN BANBERE? und GoEtTE ? beobachteten das schon im Eierstocke vor sich gehende Verschwinden des Keimbläschens, ersterer bei Pelobates, letzterer bei Bombinator. O. Hrrrwıc® vermisste das Keimbläschen an Bauchhöhleneiern der Rana fusca. Die genannten Autoren stimmen darin überein, dass das an die Eiperipherie unter den schwarzen Pol verlagerte Keimbläschen in ste- tiger Zunahme schrumpft, und dass hierbei die Membran zahlreiche Buckel und Vorsprünge erzeugt. Nach Gorrtz tritt bei dieser Schrum- pfung aus dem Keimbläschen in dessen Umgehung Flüssigkeit aus, so dass der mehr und mehr schrumpfende Rest des Keimbläschensin einervonFlüssigkeiterfüllten Höhle ge- legen ist. Indem dann das Keimbläschen noch weiter zurückgebildet wird, bricht die dasselbe umgebende Flüssigkeit nach dem stärker pig- mentirten Felde durch und erzeugt so hier einen gelben Fleck. Diesem Befunde gegenüber halten van Bamgeke und ©. Herrwic den sich bei der Härtung der Eier um das Keimbläschen bildenden Hohlraum für ein Kunstprodukt. Herrwıs stützte diese seine Auffassung durch die That- 1 CARoLUS ERNESTUS A BAER de ovi mammalium et hominis genesi 1827. p. 28. 2 NewPorrt, On the impregnation of the ovum in the Amphibia. Phil. Transact. 41854. p. 477 und 178. 3 van BANBERE, Recherches sur le d&veloppement du pelobate brun. p. 10. * GOETTE, 1. c. p. 20 und 21. 5 O. Herrwıg, Beiträge zur Kenntnis der Bildung, Befruchtung u. Theilung des thierischen Eies. Morphol. Jahrk. Bd. II. p. 41, ann men un amamsnnuee mn mn m TEE EEE Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. 1. 193 sache, dass der Hohlraum sich dann nicht ausbilde, wenn man die Er- härtung der Eier in einem Gemisch von Wasser und Alkohol vornähme, dessen Koncentration man allmählich verstärke. Doch sagt auch Herrwic!, dass man aus der wellenförmigen Kontour des Keimbläschens schließen könne, dass dasselbe »gegen früher an Umfang durch Austritt von Kernsaft verloren hat«. Mit dem Wunsche, diese Frage zum Ende zu führen, behandelte ich zahlreiche Eier vieler Amphibien mit den angegebenen Säure- mischungen und gelangte zu der Überzeugung, dass thatsächlich in der Umgebung des schrumpfenden Keimbläschens im reifenden Ei eine Flüssigkeitsansammlung eintritt, und zwar derart, dass mit der regres- siven Metamorphose des Keimbläschens die Menge der dasselbe um- gebenden Flüssigkeit wächst. Je mehr die Reife des Eies sich nähert, um so größere Mengen einer feinkörnigen Masse findet man an gut konservirten Schnittpräparaten in der Umgebung des Keimbläschens. Hiervon kann man sich auch leidlich durch die Präparation der ge- härteten Eier unter der Lupe überzeugen. Je größer die Menge dieser nach außen gegen den Dotter scharf abgegrenzten Masse, um so stärker ist die Schrumpfung des Keimbläschens. Dass diese feinkörnige, bei stärkster Vergrößerung manchmal feinfaserige Substanz ein aus einer Flüssigkeit ausgefällter reichlicher Niederschlag und nicht in natura vorhanden ist, dafür sprechen die mannigfachsten Umstände. Abge- sehen davon, dass die Substanz ihrem Aussehen nach gleich an Ge- rinnsel erinnert und gleichartige Bilder in natürlichem Zustande kaum vorkommen dürften, glaube ich unten zeigen zu können, dass diese nämliche Masse sich innerhalb des fixirten Eies bis zu dem Augenblick verfolgen lässt, wo das flüssige Perivitellin ausgeschieden wird, wel- ches unter dem Einflusse von Reagentien sich in eine gleiche fein- körnige Masse zweifellos umwandelt. Da nun der in Rede stehende Niederschlag meistens, doch nicht immer, einen geringeren Raum einnimmt, als es die Flüssigkeit that, in welcher er erzeugt ist, so ist das Zustandekommen eines allerdings häufig vorhandenen Hohlraumes um das Keimbläschen erklärlich. Auch lässt sich wohl nicht in Abrede stellen, dass der Hohlraum zum Theil durch die Volumreduktion des Keimbläschens zu Stande kommt, welche sich bei der Fixirung nothwendigerweise ausbilden dürfte, da der Kernsaft innerhalb des Keimbläschens ebenfalls gerinnt. So muss ich bezüglich der Flüssigkeitsansammlung Goertz, mit Bezug auf den Hohl- raum, der als Kunstprodukt aufzufassen ist, van BausEkE und HEerrwie beistimmen. 1 0. Herrwig, l. c.p. 39. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Ba. 13 194 0. Schultze, Schließen wir gleich die Frage nach der Herkunft derFlüssig- keit an, so liegen wohl zwei Möglichkeiten vor. Entweder nimmt die Eizelle von außen die Flüssigkeit auf, und diese sammelt sich um das zugleich schrumpfende Keimbläschen an, oder die Flüssigkeit stammt aus dem Keimbläschen, ist ausgetretener Kernsaft, wie GoETTE angiebt. So wenig Anhaltspunkte ich für die erstere Auffassung finden kann, um so mehr ergeben sich gewiss für die letztere: 4) die Menge der Flüssigkeit wächst unter zunehmender Schrum- pfung des Keimbläschens; 2) sieist nach außen gegen den Eikörper scharf begrenzt, und dieser zeigt keine Veränderungen seiner Masse, was doch wohl, wenn die Flüssigkeit von außen hereinträte, der Fall sein müsste; 3) innerhalb des schrumpfenden Keimbläschens geht, wie wir unten sehen werden, eine Auflösung der Keimkörperchen vor sich, die zur Vermehrung des Kernsaftes führen dürfte. Das Keimbläschen schrumpft aber nichtsdestoweniger weiter; k) gegen Reagentien und Farbstoffe verhalten sich Kernsaft und die umgebende Flüssigkeit gleich. Demnach trage ich kein Bedenken anzunehmen, dass mit der Rei- fung des Eies das Keimbläschen sich in zwei Substanzen sondert, derart, dass dieMembran desselben zurückgebildet wird, und dass dabei Kernsaft in zunehmender Menge austritt, der sich um das Keimbläschen in einem gegen den Dotter abgegrenzten Raum ansammelt. Derselbe Raum wird ursprüng- lich ganz von dem noch unveränderten Keimbläschen ausgefüllt und ist selbstverständlich kein » Hohlraum «. Gehen wir näher auf das Verhalten der einzelnen Theile des Keim- bläschens im reifenden Ei ein. Die Membran bietet mannigfache, zum Theil schon erwähnte Eigenthümlichkeiten. In den Augusteiern der Rana fusca beginnt die dunklere Pigmentirung der einen Hälfte des Eies aufzutreten, und zu- gleich giebt das Keimbläschen seine centrale Lage auf. Bei vorsichtiger Präparation gelingt es, das Keimbläschen im frischen Zustande so zu sagen unversehrt zu untersuchen. Hat man ein Ei in indifferenter Flüssigkeit auf dem Objektträger isolirt, so tritt alsbald, wenn unter der Lupe mit der Nadel ein kleiner Riss in das dunkle Feld gemacht ist, das Keimbläschen aus. Man untersucht dann schnell ohne ein Deck- glas aufzulegen und erhält ein schönes Bild von der auf diesem frühen Stadium schon höckerigen Oberfläche. Die in den Furchen zwischen den Vorsprüngen angesammelten Dotterkörner bilden ein zierliches, dunkel erscheinendes Netz auf der Oberfläche des durchsichtigen: Keim- Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 195 bläschens. Sehr bald jedoch fließt die netzförmige Zeichnung aus ein- ander, indem das Untersuchungsmedium in das Keimbläschen eindringt und dieses aufbläht, wobei die Buckel der Außenfläche verstreichen. Schnitte solcher Eier geben uns Aufschluss über die schon eingetretene excentrische Lage des Keimbläschens, das, schon mit den Einbuchtun- gen versehen, noch überall von dem Dotter umgeben ist. Die Keim- bläschen älterer Eier aus dem Winter werden frisch in gleicher Weise, wie die der jüngeren Eier, untersucht; in Schnittpräparaten (s. Fig. 17 und 21) sieht man die oben geschilderte Sonderung der Substanzen. Die Beschaffenheit der Keimbläschenmembran, bei jüngeren und älteren Eiern schon von den verschiedensten Autoren erwähnt und ab- gebildet, ist hier in den Fig. 16, 18, 49, 20 und 21 zu erkennen. Die Vorsprünge erscheinen bald mehr flach, bald konisch und langspitzig, und ihre Form variirt auch je nach der Richtung des Schnittes. Manch- mal (s. Fig. 21) verlängern sie sich in feine Ausläufer, welche den ganzen Flüssigkeitsraum durchziehen und mit einer diesen Raum nach außen begrenzenden, bisweilen membranartigen Schicht zusammenhängen. Fig. 16 soll die Vorsprünge, die hier breit und stumpf sind, von der Fläche gesehen aus einem gehärteten Präparat darstellen. Der Inhalt des Keimbläschens besteht aus zwei Substanzen, aus Kernsaft und Keimkörperchen. Der frisch völlig homogen aus- sehende Kernsaft gerinnt feinkörnig und färbt sich dann mit Karmin und anderen Farbstoffen. In ihm eingebettet findet man die Keim- körperchen in unreifen Eiern bekanntlich der Innenfläche der Kern- wand anhaftend, doch auch im Inneren des Kernes und dann meist von größerer Feinheit. Dass sie sich durch Theilung vermehren, kann keinem Zweifel unterliegen, denn nicht nur sind dieselben in ganz jungen Eiern größer und weniger zahlreich als in etwas älteren noch durchsichtigen Eiern, sondern die größeren Keimkörperchen weisen durch Einschnürung und Zerklüftung auf eine Vermehrung durch Thei- lung hin. Auch kann man Gruppen kleinerer Keimkörperchen manch- mal so dicht zusammengelagert finden, wie Furchungskugeln auf weit vorgeschrittenem Stadium. Dieser Vorgang kann uns nicht wunderbar sein, da ein Zerfall von Nucleoölen vielfach erwiesen ist, von Nusssaun ! 2. B. auch im jungen Ei von Gadus lota, wo die Entstehung vieler kleiner Keimkörperchen durch Abtrennung von dem primären einzigen großen Keimkörperchen gezeigt wurde. Ob die Theilung eine solche: ist, deren Theilprodukte von Neuem wachsen, um, sich wieder theilend, neue Generationen zu erzeugen, kann ich zwar nicht entscheiden, doch ! Nussgaun, 1. c. p. 79. 13* 196 0. Schultze, kaum annehmen. Vielmehr möchte ich die Theilung auch bei diesen jungen Eiern für ein Lösungsphänomen halten, wie dies bei der Reifung des Eies thatsächlich eintritt. Die Keimkörperchen in den reifenden Eiern der Rana fusca kom- men frisch am besten in der Weise zur Untersuchung, dass man das ganz frisch isolirte Keimbläschen womöglich ohne Zusatz und ohne Deckglas bei starker Vergrößerung betrachtet. Bei schneller Manipu- lation ist man auf diese Weise sicher, normal aussehende Keimkörper- chen vor sich zu haben; sie lagern noch im Kernsaft. Immer sind eine große Menge im Centrum des Keimbläschens angehäuft, wie dies schon Herrwig ! als bezeichnend für die reifenden Eier angab. Im ganz frischen Zustande erscheinen diese unregelmäßig begrenzten, häufig gelappten — amöboide Bewegungen habe ich nicht direkt beobachtet —, einge- schnürten und gefurchten Keimkörperchen, deren größter Durchmesser bis zu 20 u geht, völlig homogen. Es muss diese Homogeneität der Keimkörperchen als der natürliche Zustand derselben angesprochen werden auf Grund von Untersuchungen an einer großen Menge ganz frischer Keimbläschen. Sehr häufig nimmt man jedoch auch das an den Keimkörperchen wahr, was man eine Vacuole zu nennen sich ge- wöhnt hat. Selbst in Schnittpräparaten, die mit den »besten« Fixirungs- mitteln gewonnen sind, finden sich in den größten und kleineren Keim- körperchen diese Vacuolen regelmäßig in wechselnder Menge. Trotzdem muss ich auf Grund der obigen Angaben die sogenannte Vacuolenbil- dung in den Keimkörperchen für einen unnatürlichen Zustand erklären, doch gilt dies natürlich nur für die hier in Betracht kommenden Am- phibien. Wie sehr bei langdauernder Einwirkung der 0,5°/,igen Kochsalzlösung die Vacuolenbildung zunimmt, kann man beobachten, wenn man im Verlauf von mehreren Stunden bei häufiger erneutem Zusatz von Flüssigkeit zu dem Präparat dieses in Zwischenräumen zeichnet. In Fig. 26 sind Keimkörperchen dargestellt, in welchen im Verlauf von sechs Stunden die Vacuolenbildung stetig zunahm, die kleineren verschmolzen zu größeren, bis schließlich in Fig. 26 e das Keimkörperchen wie ein von einer Membran umgebenes Bläschen er- schien. Solche Bilder hat wohl auch Vogr ? gesehen, wenn er die Keim- flecke der reifenden Eier, die er in Wasser untersuchte, als hohle, von einer sehr dünnen strukturlosen Membran gebildete Blasen schildert. Wir kommen zu der Anordnung der einzelnen Theile innerhalb des Keimbläschens, wie sie sich aus Dauerpräparaten ergiebt, wobei ich auf die Fig. 18, 19, 20, 22 und 23 verweise. ! 0. Herrwis, ]. c. p. 40 und Taf. IV, Fig. 13. 25G. Vogthliiczpa: Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. 1. 197 Zunächst fällt, abgesehen von den besprochenen Vorsprüngen der Membran, eine eigenthümliche Vertheilung der Keimkörperchen auf. Eine gewisse Menge derselben liegt peripherisch der Wand an, und speciell in den Vorsprüngen trifft man oft größere Mengen (Fig. 18), bald mehr vereinzelte (vgl. auch Fig. 16). Hier liegt also dieselbe Er- scheinung vor, welche auch an unreifen Eiern zur Beobachtung kommt. In dem Stadium der Fig. 18, welches als ein den in Fig. 49 und 20 wiedergegebenen vorhergehendes zu betrachten ist, hatten die peri- pheren Keimkörperchen genau dieselbe Tinktionsfähigkeit, wie die centralen. Später jedoch, wenn die Zahl der wandständigen Keim- körperchen in Abnahme ist (Fig. 19), färben sich dieselben im Gegen- satz zu. den inneren auffallend schwach. Die Mehrzahl der Keimkörper- chen ist in dem centralen Theil des Keimbläschens angehäuft, doch sind dieselben hier nicht gleichmäßig vertheilt, sondern sie lassen noch ein helles Centrum frei, erscheinen somit auf dem Durchschnitt in Form eines breiten Ringes angeordnet, dessen Mitte in Fig. 18 aus dem Juni- ovarium des Triton ceristatus von einer Unzahl kleinster Keimkörper- chen eingenommen wird; so offenbart sich auch hier das schon bei unreifen Keimbläschen wahrnehmbare Gesetz, dass die größten Keim- körperchen peripher, die kleinsten central liegen. Innerhalb der mittleren Anhäufung nun treffen wir auf die inter- essantesten Vorgänge. Das Centrum derselben wird, wie erwähnt, in Fig. 18 von einer großen Zahl kleinster Körperchen eingenommen. Von einem Kerngerüst ist in diesen Keimbläschen nichts wahrzunehmen. Auch die Chromessigsäure, die gewiss ein gutes Mittel zur Darstellung von Kernstrukturen bildet, versagt hier, wie alle anderen angewandten Mittel, so dass ich zu dem Schlusse berechtigt bin, welcher durch die Untersuchung frischer Keimbläschen nur gestützt wird, dass dem Keim- bläschen der reifenden Amphibieneier das Gerüst, welches wir sonst an ruhenden Kernen wahrnehmen, fehlt; es besteht das Keimbläschen nur aus Membran, Kernsaft und Keimkörperchen. Auch Herrwıs!, der in mittelgroßen Eiern von Rana fusca ein Kerngerüst sah, konnte ein Fadennetz in dem reifenden Ei des Frosches nicht nachweisen, möchte dies allerdings »auf Rechnung des Alkohols setzen, durch welchen eine mehr gleichmäßige Gerinnung des gesammten Inhaltes vom Keimbläs- chen herbeigeführt wird«. Mit der Thatsache, dass das in jüngeren Eiern vorhandene Kerngerüst in älteren fehlt, stimmen andere Beob- achter überein, so E. van BEneDEn?, welcher im Ei von Asteracanthion rubens bei dem central gelegenen Keimbläschen ein deutliches Gerüst 1 0. HERTWIG, 1. c.p. 40. 2 E. vav BENEDEN, Contributions A l’histoire de la vesicule germinative etc. 198 0. Sehultze, erkannte, das sich in dem später excentrisch liegenden Kern auf keine Weise mehr darstellen ließ. Die unmessbar feinen, die Mitte des centralen Haufens erfüllenden Körperchen, die ich, da man 4) häufig alle Übergänge findet von der Größe der stattlichen Keimkörperchen bis zu den kleinsten (s. Fig. 23), 2) auch die Auflösung der großen Keimkörperchen in viele kleine beobachtet und da 3) die kleinen Körperchen in dem Maße zunehmen, als die größe- ren abnehmen, für Zerfallprodukte der großen Keimkörperchen zu halten geneigt bin, findet man auf weiterem Stadium (s. Fig. 23) in gewundene Faden- stücke gruppirt. Man überzeugt sich, dass die Körnchen, die ich jetzt wohl Mikrosomen ! nennen darf, allmählich zur Erzeugung eines Fadenknäuels zusammentreten, der also nicht aus einem prä- formirten Kerngerüst entsteht, sondern sich direkt aus den winzigen Keimkörperchen herausbildet. Eine Unter- scheidung von Nucleohyaloplasma und Nucleomierosomata (STRASBUR- GER) wollte hier nicht gelingen. Aus den Anfangs getrennten Fadenstücken entwickelt sich weiter- hin ein im Verhältnis zur Größe des Kernes auffallend kleiner Faden- knäuel, der also umgeben ist von einer breiten Zone großer Keim- körperchen; diese haben mithin keinen Theil an der Bildung des Knäuels. Bei Rana fusca fand ich bis jetzt immer nur den feinfadigen Knäuel, und war, da ich bei Tritonen (Fig. 20) die Fäden in der ersten Zeit meiner Untersuchung dicker und spärlicher fand, zu der Annahme geneigt, dass in allen Stadien für Rana die feinen Fäden, für Triton die gröberen bezeichnend seien. Jedoch halte ich es nunmehr an der Hand der Fig. 22, die von Triton cristatus stammt und sehr feine Fadenschlingen zeigt, für sehr wahrscheinlich, dass auch hier, wie anderwärts, aus dem feinfadigen Knäuel ein grobfadiger lockerer her- vorgeht. Fig. 22 soll noch das Verhalten der Kernsubstanzen gegen Karmin illustriren. Der Kernsaft, in dessen nicht ausgedrückte fein- körnige Gerinnung häufig feine intensiver gefärbte Keimkörperchen eingelagert sind (vgl. auch Fig. 19, wo der Kernsaft homogen gehalten ist), färbt sich stark rosa, intensiv roth die Substanz der Keimkörper- chen, jedoch machen von dieser starken Färbung diejenigen kleineren 1 Es könnten allerdings auch die Mikrosomen sich im Kernsaft oder sonst ers; bilden; man muss dies im Einverständnis mit STRASBURGER Z. B. auch für möglich halten. Dann könnte es der Fall sein, dass die wichtigen Substanzen des Kernes vor der Theilung hier den flüssigen Aggregatzustand durchmachen. AR ER EEE un ae Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. 1. 199 Körperchen eine Ausnahme, welche zwischen die Fadenschlingen ein- gelagert sind. Diese färben sich auffallend wenig; ich glaube dies aber nicht in der Weise auslegen zu müssen, dass wegen der geringeren Färbbarkeit dieser Körperchen dieselben als chemisch verschieden zu betrachten seien von den großen Keimkörperchen. Die kleineren können auch, als solche die der Auflösung nahe stehen, weniger kompakt sein, als die größeren. In Fig. 20 findet sich ein Kern, in dessen Kernsaft sich eine Anzahl in dem ganzen Raum zwischen peripheren und centralen Keimkörper- chen vorhandener Bildungen zeigen, die wie verschwommene Flecken erscheinen und meist an ihrer Peripherie angehäufte kleine Körper- chen enthalten. Diese Gebilde färben sich intensiver, als der Kernsaft, und nicht so intensiv, wie die großen Körperchen; ich glaube nicht zu irren, wenn ich sie als Keimkörperchen deute, die aus einem festeren Zustand in flüssigen übergehen. Da die Erscheinung an in gleicher Weise behandelten Eiern bald auftritt, bald nicht zu erkennen ist, so kann ich nicht glauben, dass es sich um irgend ein unnatürliches Bild, etwa um eine ungleichmäßige Gerinnung des Kernsaftes handelt. Die Thatsache, dass neben dem aus der Kernsubstanz entstande- nen Fadenknäuel noch unversehrte Nucleolen — denn ich sehe keinen Grund die Keimkörperchen nicht auch als Nucleolen zu bezeichnen — neben den Fadenschlingen liegen, die sich fern von dem schon fertigen Knäuel auflösen, dürfte im Thierreich in gleich klarer Weise nicht be- kannt sein. In pflanzlichen Zellen hat Strassurger ! bei der Theilung der Kerne in dem protoplasmatischen Wandbeleg des Embryosacks von Fritillaria imperialis nachgewiesen, dass Nucleolen sich noch im aus- gebildeten Knäuelstadium direkt im Kernsaft auflösen, ohne dass ihre Substanz sichtbar in die Fadenfigur aufgenommen wird. Noch unmittelbar vor der Begattung trifft man das Keimbläschen in der geschilderten Beschaffenheit. Die Flüssigkeit, welche sich An- fangs stets an der der Eiperipherie zugewandten Fläche anzusammeln scheint, später aber das sich immer noch verkleinernde Keimbläschen allseitig umgiebt, ist noch gegen den Dotter scharf abgegrenzt. Sogar in Ovarien von Bufonen, die mit aufsitzendem Männchen gefangen wur- den, konnte das Keimbläschen und das umgebende Gerinnsel an er- härteten Objekten noch konstatirt werden. Häufig jedoch fand ich auch bei schon in der Begattung gefangenen Bufonen, dass die noch nicht vom Stocke getrennten Eier den Kern nicht in der sonst so deutlichen 1 STRASBURGER, Die Kontroversen der indirekten Kerntheilung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXIII. p. 254. 200 0. Schultze, Weise erkennen ließen, was mit der Beobachtung Nerwrorr's überein- stimmt. So liegt der Schluss nahe, dass — vorab bei Bufo vulgaris — das Keimbläschen und der es umgebende Kernsaft während der Begattung ihre Stelle verlassen und für das nur mit der Lupe be- waffnete Auge verschwinden. Es ist möglich, dass eine erhöhte Wärme- produktion während der Umarmung in dem Eierstock die im Vergleich gegen früher rapiden Veränderungen hervorruft. Die Membran des Kernes wird gelöst, denn man findet auf lückenlosen Serien keine Spur von ihr; der vorher vielleicht zähflüssigere Kernsaft würde sich ver- flüssigen und kann sich so im Dotter vertheilen. Auch die Keimkörper- chen werden ziemlich plötzlich gelöst, worüber das Nähere bei der Besprechung des reifen Eies. Nur derjenige minimale Theil des weiblichen Kernes, welcher vorher das Centrum des Kernes als winziger Knäuel einnahm, rückt hart unter die Oberfläche des Eies an die Stelle, wo die Pigmentrinde nunmehr verdünnt wird und als Fovea germinativa differenzirt ist. Die letzten Angaben bedürfen zum Theil noch weiterer Unter- suchungen, und ich bin weit entfernt davon, die Unvollständigkeit des Beohachteten zu verkennen; dieselbe ist größtentheils dadurch be- gründet, dass, wie schon O. Herrwie hervorhob, das »Verschwinden « des Keimbläschens sehr schnell vorübergehen muss. So kann ich mich für jetzt auch nicht gegen die Möglichkeit des Emporrückens des Kernes an die Oberfläche aussprechen, wie dasselbe von HerrwıG ! beschrieben und abgebildet ist. Herrwıc zeichnet das Keimbläschen von einem Ei der Rana fusca kurz vor seinem Übertritt in die Bauchhöhle scharf nach außen gegen den Dotter begrenzt in oberflächlicher Lage unter dem dunklen Pol des Eies, ohne dass sich der Austritt von Kernsaft aus dem Kern des Eies bemerkbar macht. Dieser kann hier schon im Dotter vertheilt gewesen sein. Für jetzt kann ich nur noch den Befund schildern, der sich bei zahlreichen Eierstockseiern von einer Bufo vulgaris ergeben hat, der das Männchen aufgesessen war (s. Fig. 24). Die Pigmentrinde ist an einer Stelle aufgelockert; in einer linsenförmigen pigmentarmen Stelle liegt ein im Verhältnis zur Größe des früheren Kernes außerordentlich kleines Gebilde, das im Ganzen roth gefärbt bei starker Vergrößerung deutlich einige Fäden und intensiv rothe Körnchen erkennen lässt. Es ist im Verhältnis zur Vergrößerung des Eies noch zu groß ausgefallen. Das Pigment verlängert sich in einen auf dem dünnen Schnitt nur schwach sichtbar gegen das Innere des Eies gerichteten Zapfen: eine 1 O0. Hertwig, l.c. Taf. IV, Fig. 7. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 2301 Andeutung der »figure claviforme« van Bamgeke’s!. van BamBERE wies be- kanntlich an reifen Eiern einen von der Eiperipherie nach innen gehen- den Pigmentstrang nach, der an seinem centralen Ende eine Anschwel- lung zeigte. Diese deutete er als die Stelle, an welcher das Keimbläs- chen vordem gelegen war, den Strang selbst aber als den Weg, auf welchem Keimbläschensubstanzen an die Oberfläche gelangten. Den ganzen pigmentirten Strang nannte der belgische Forscher figure clavi- forme. Vergebens habe ich in lückenlosen Serien solcher Eier die Reste der Kernmembran gesucht. Das kleine eiförmige Körperchen wird konstant an derselben Stelle gefunden; es ist die Stelle, in deren näch- ster Nähe das Keimbläschen so zu sagen verschwand. Auch jetzt schon darf angenommen werden, dass dieses Körperchen die sogenannte Richtungsspindel ist, d. h. der minimale bedeutungsvolle Rest des Keimbläschens. Wir werden sehen, dass dieses Körperchen bei den Urodelen viel stattlichere Entwicklung zeigt, und dass es hier die Pol- körper ausstößt. 4. Das reife Ei in der Mutter. Da die Kleinheit des Keimbläschenrestes, d. h. der Richtungsspin- del, bei den Anuren nicht gerade zum Studium verlockt und sich bald herausstellte, dass die Urodelen, wie sonst, so auch hier, angenehmere Objekte sind, beschränkte ich mich auf die letzteren. Von Siredon, dem histologischen Schatzkind, sind Tubeneier nicht wohl zu erhalten. Nur spärlich war bisher die Ausbeute, doch zeigt Fig. 27, in wel- cher zwei auf einander folgende Schnittstücke aus einem Tubenei des Triton taeniatus dargestellt sind, immerhin, dass hier um einen noch mit einer Membran bekleideten, wie es scheint nicht mustergültig fixirten Rest des Keimbläschens an zwei polaren Enden je eine Strahlen- figur vorhanden war. Das Ganze lag mehr central im Dotter und nicht so nahe unter der Dotterhaut, wie es nach den Befunden aus dem Eierstock der Bufo vulgaris zu erwarten stand. Dieses Stadium dürfte ein dem von Bufo in Fig. 24 abgebildeten vorhergehendes sein. Da- nach scheint es, als ob in dem Augenblick, wo das Ei der Tritonen den Eierstock verlässt, noch mehr Spuren von dem Keimbläschen in diesem vorhanden sind, als bei den Anuren. Bei weiteren Studien wird auch auf die Gegend der Tuba zu achten sein, der das Ei entnommen wird. — Der während des Reifens aus dem Kern ausgetretene Kernsaft resp. dessen Gerinnsel lässt sich in Tubeneiern noch deutlich nachweisen. 1 CH. van BAMBERE, Recherches sur l’embryologie desBatraciens. Bull. del’Acad. royale d. Belgique. t. LXT. | 202 0. Schultze, Gegen den Dotter ist der im Eikörper vertheilte Kernsaft nicht mehr, wie vordem, scharf abgegrenzt. Doch die Dotterkugeln sind in größerer Ausdehnung viel lockerer angeordnet, als vorher, und zwischen ihnen ist feinkörniges Gerinnsel aufgetreten, besonders im Bereich der dunk- len Eihälfte. Dies färbt sich mit Farbstoffen in derselben Weise, wie der vorher das schrumpfende Keimbläschen einschließende Kernsaft. Bei Betrachtung mit homogener Immersion finden sich in ihm oft sehr intensiv mit Karmin gefärbte, kleine kreisrunde Chromatinkörperchen, offenbar die Reste der nicht völlig gelösten Keimkörperchen. Anderer- seits erhält man Bilder, welche ich nur als noch in Lösung stehende srößere Keimkörperchen betrachten kann, die bei dem Schwunde der Kernmembran in den Dotter gelangt sind. Man erkennt zwischen den kleineren aufgelockerten Dotterkörnchen des dunklen Poles! ganz ähn- liche ziemlich scharf umschriebene Flecken von färbbarer Substanz, wie sie in Fig. 20 in dem Centrum des Keimbläschens sich fanden. Auch hier kann ich diese auffallenden Körper, die sich an eben so be- handelten Eierstockseiern im Eikörper nie darbieten, nur als in Auflösung begriffene Nucleolen deuten. Nicht immer ist der Kernsaft diffus zwischen den Dotterkörnern vertheilt, in manchen Fällen stößt man auch auf größere Mengen des Gerinnsels, die nach außen allmäh- lich sich mit dem Dotter vermischen. Neben diesen in den Eikörper übergegangenen Resten des Keim- bläschens enthalten nun aber die Tubeneier noch einen anderen Rest des Kernes; das ist derjenige Theil, welchen wir mit größter Wahr- scheinlichkeit als den kleinen umgewandelten Knäuel des Eierstockseies ansprechen können. Nunmehr tritt er in Form des Sternes oder der Kernplatte auf. Fig. 28 « und 5b entstammt zwei auf einander folgen- den Schnitten durch Tubeneier des Triton cristatus. Hart an der Peri- pherie des Eies liegt ein membranloses, eiförmiges Gebilde. Es besteht aus tingirtem Kernsaft und Chromatinfäden. Die Längsachse ist der Dotteroberfläche parallel gerichtet, eben so die nunmehr in Form einer Kernplatte angeordnete chromatische Substanz. Eine Spaltung der Fäden ist schon eingetreten; je ein peripheres Paar liegt in der Rich- tung der Tangente des Eies. In dem Centrum der Spindel haben aber, wie dies an mehreren Präparaten sichtbar war, die Fäden eine senk- recht zur Oberfläche verlaufende Richtung, ohne dass sie, wie es scheint, mit den peripheren Fäden zusammenhängen. Achromatische Fäden sind nicht fixirt, doch hoffe ich bei dem Gebrauch der Chrom- ! Die hellgrünen schönen Eier des Triton cristatus besitzen bekanntlich auch ein dunkles und ein helles Feld, doch ist der Unterschied in der Färbung nicht sehr augenfällig. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 203 essigsäure Fremuing’s auf bessere Resultate über die Struktur dieser wichtigen Körperchen. 5. Das reife abgelegte Ei. a) Das unbefruchtete Ei. Die Hüllen, welche die Eier in den Tuben erhalten, finden wei- _ ter unten bei der Frage von der Drehung des Froscheies ihre Be- sprechung. In erster Linie kommen die auf der Oberfläche wahr- nehmbaren Strukturen, dann die Schnittbilder in Betracht. Bekanntlich haben die frisch gelegten Eier der Anuren sowohl als der Urodelen auf dem dunklen Felde eine hellere Stelle, die von Prevost und Dumas zuerst gesehene sogenannte Cicatricula, welche von Baer ! Keimpunkt, mein Vater? Fovea germinativa genannt hat. Dieser helle Fleck ist bei den Eiern vieler Amphibien, z. B. bei Rana esculenta, Siredon pisciformis und Triton alpestris sehr ausgedehnt, indem er bis !/, der ganzen Eioberfläche einnehmen kann. Er wird also mit freiem Auge leicht erkannt. Anders verhalten sich jedoch die stark pigmentirten Eier, z.B. die der Rana fusca und des Bufo vulgaris, wo die Fovea germinativa nur mit Hilfe der Lupe als ein kleiner, ziem- lich scharf begrenzter Fleck erkennbar wird. Dasselbe ist nach _ van Bamsere bei Pelobates der Fall. Im Ei des Siredon findet sich dann innerhalb des hier so groben hellen Fleckes erst noch ein kleinerer. Er ist scharf umschrieben und reiner weiß als seine Umgebung. Seine Größe ist immer noch beträchtlicher, als die der kleinen Fovea bei Rana fusca. Bei den Axolotleiern liegt der schneeweiße Fleck, der schon von van BAuBERE ? abgebildet ist, meist in der Mitte der großen hellen Stelle, doch kann er auch ganz excentrisch auftreten. Ein win- zig kleiner schwarzer Punkt tritt bei Lupenbetrachtung in seiner Mitte auf, der sich auch in van Bamsere’s Abbildung findet. Schnitte lehren, dass dieses mit der Lupe sichtbare Pünktchen die Stelle der Ricehtungsspindel bezeichnet. Nach der Befruchtung verschwindet ‚es, wie auch schon van Bamgek£E erwähnte. — Präparirt man von unbe- fruchteten Siredoneiern, welche in Chromessigsäure fixirt und ausge- | | | 1 K.E. von Baer, Die Metamorphose des Eies der Batrachier etc. J. MüLter’s Archiv. 4834. p. 485. 2 Max ScuuLTzE, Observationes nonnullae de ovorum ranarum segmentatione. 'P- 14. 3 CH. vAn BANBEKE, Sur les trous vitellins etc. Bull. d. !’Acad. royale de Belgique. | XXX. 1870. Fig. 4. * In seinen Recherches etc. beschreibt van BAmBEkE genau die Einzelheiten der Fovea bei dem Axolotl. p. 42, Anmerkung. 204 0. Schultze, wässert sind, die Dotterhaut ab, so fällt manchmal ein kleiner weißer Körper von der Fovea ab, das ist ein Polkörper. Sind die in Chromosmiumessigsäure und Wasser gelegenen Eier in Alkohohl von 50°/, gebracht, dann erscheint plötzlich, meist schon nach wenigen Sekunden, ein Theil der vorher ganz dunklen Dotteroberfläche weiß. Die Ursache dieses Schauspiels, das besonders bei Konservirung von Furchungsstadien reizende Bilder gewährt, indem hier allenthal- ben die Furchen plötzlich weiß erscheinen, ist die Gerinnung des Peri- vitellins. Die Beobachtung unbefruchteter Eier von Rana fusca, die natür- lich, wie bei Siredon, nach möglichster Entfernung der Hüllen geschehen muss, ermöglicht bei starker Lupenvergrößerung nach mehrstündigem Liegen der Eier in Wasser ebenfalls das Erkennen eines kleinen weiben Pünktchens, das der Fovea meist aufliegt, anderenfalls seitwärts sicht- bar wird. Auch dies ist ein Polkörper; seiner außerordentlichen Klein- heit wegen bedient man sich zur ersten Erkennung am besten des Mikroskops mit schwachem Objektiv und untersucht bei auffallendem Sonnenlicht. Was lehren die Schnittbilder über die Beschaffenheit der Fovea? Schon von Baer! zweifelte nicht, dass sie »eine Spur von dem Hervordrängen und Schwinden des Keimbläschens« sei. Nach Gorrre? kommt sie dadurch zu Stande, dass die Flüssigkeit, welche vordem um das Keimbläschen angehäuft war, unter die pig- mentirte Oberfläche des Eies durchbricht. Herrwie? unterscheidet bei Rana esculenta einen gelben Fleck in den fast reifen Eierstockseiern, welcher durch das unter die Ober- fläche emporgestiegene Keimbläschen bedingt ist, von der Fovea. Diese deutet Herrwiıs® in anderer Weise auf Grund der Untersuchung von Schnittpräparaten befruchteter Eier von Rana fusca. Er fand nämlich, dass dem oberen Pol eine feinkörnige Substanzlage schleierförmig auf- gelagert war und betrachtete diese, die schon van Bamser£5 an Axolotl- eiern beschrieben hatte, als die Ursache der Fovea. Dass die oberflächliche Lage des Keimbläschens im Eierstock der Rana esculenta, wenn ich dieselbe auch bis jetzt nicht in der Weise beobachten konnte, wie Herrwıc dieselbe abbildet, schon den Grund I K.E.v. Baer, Entwicklungsgeschichte. 4837. p. 283. = GOETTE, 1. c. O. Herrwig, 1. c.p. 4. O. HERTWIG, 1. c. p. 46. VAN BANBEKE, Recherches sur l’embryologie des Batraciens. BSR Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 205 der Fovea abgiebt, davon habe ich mich an demselben Objekte über- zeugt. Das Keimbläschen verdrängt das Pigment seitwärts und schim- mert schon in fast reifen Ovarialeiern durch. Im Eileiterei, wo das Keimbläschen nicht mehr den Grund für den hellen Fleck bilden kann, da es bis auf für diese Frage unwesentliche Reste verschwunden ist, bleibt das Pigment verdrängt, mehr oder weniger diffus vertheilter Kernsaft und körniger Dotter füllt nun die Stelle aus, und die Fovea besteht fort. Ihr Zustandekommen ist sonach durch die seitwärts ver- drängten Pigmentkörnchen einfachst erklärt, und der Gorrte’schen Deu- tung stimme ich bei. Geringe Mengen von Pigmentkörnchen bleiben auch im Bereiche der Fovea liegen. In dem stark pigmentirten Ei der Rana fusca ist die Pigmentverlagerung eine geringere, oder vielmehr es ist so viel Pigment vorhanden, dass die eintretende Verlagerung bei Betrachtung der Oberfläche nur an einer ganz kleinen Stelle, da wo die Spindel liegt (s. u.), zur Anschauung kommt. Das in Alkohol und Säuren, wie der Kernsaft, weiß gerinnende Perivitellin besteht aus feinkörniger, mit Karmin färbbarer Substanz. Da es in jeder Beziehung dasselbe Verhalten und Aussehen zeigt, wie der aus dem Keimbläschen ausgetretene Kernsaft, so drängt sich die Foligerung auf, dass der bei der Reifung des Eies aus dem schrumpfen- den Keimbläschen eliminirte und um dieses angesammelte Saft, der sich an Eileitereiern manchmal (Triton cristatus) mit Chromatinkörnchen untermischt im Dotter zerstreut findet, als sogenanntes Perivitellin aus dem Ei austritt und zwischen Dotter und Dotterhaut abgelagert. wird. Allerdings wird bei diesem Vorgang eine Vermischung des Kernsaftes mit dem Zellsaft stattgefunden haben; die Hauptmasse des Perivitel- lins jedoch auf Rechnung des nach der Auflösung der Kernmembran in so großer Menge im Eikörper vorhandenen Kernsaftes zu setzen, scheint mir eine erlaubte Annahme. Das geronnene Perivitellin ist schon von vax BANBERE (S. 0.) auf den Eiern des Axolotls beschrieben und illustrirt. Auch deutete van Bın- BEKE gewiss richtig dasselbe als ausgestoßene Theile des Keimbläschens. Eben so hat Herrwıe, welcher das Perivitellin auf Taf. V, Fig. 3—6 abbildet, hervorgehoben: »Die schleierförmig ausgebreitete Substanz- lage gleicht nach ihrer Zusammensetzung in auffälliger Weise der kör- nigen Masse, in welche vor der Auflösung des Keimbläschens die Nucleoli eingebettet sind.« Dass diese Masse aber nicht den Grund für die Fovea abgeben kann, erhellt einmal daraus, dass diese schon im Eierstocksei vorhanden ist, wo das Perivitellin, das ist diese Masse, fehlt; ferner aber daraus, dass das am lebenden Ei durchsichtige Perivitellin nicht eine weiße Färbung des dunklen Poles bedingen kann. 206 Ä 0. Schultze, Das Perivitellingerinnsel ist hier in Fig. 37, wo es stückweise an der Dotterhaut haftet, und in Fig. 29 abgebildet. Die Polkörperbildung konnte an einer großen Anzahl der schönen Eier des Siredon auf Schnittserien beobachtet werden, wenn auch nicht in erschöpfendem Maße. Auch hier in der Hoffnung, baldigst mehr zu finden, wurde nur eine Auswahl unter den Präparaten ge- troffen (s. Fig. 30—38). Sie sind bei Zeıss’scher homogener Immersion 1/48 und dem Beleuchtungsapparat gezeichnet. Zunächst ist es auffallend, dass die Bilder, die also alle von Schnit- ten unbefruchteter, mit Chromosmiumessigsäure fixirter Eier stammen, so verschiedene Stadien der Polkörperbildung demonstriren. Zur Er- klärung dieser Thatsache kann ich jetzt nichts Bestimmtes anführen. Möglicherweise hat dieselbe ihren Grund darin, dass die Eier verschie- den lange Zeit nach der Ablage im Wasser gelegen haben, und dass vielleicht nach dem Laichen der Eier die Polkörperbildung auch ohne erfolgte Befruchtung in gewissen Grenzen fortschreitet. Leider wurde bisher wenig darauf geachtet, wie lange nach der Eiablage die Eier im Wasser verweilten. Dass einzelne dieser Eier doch befruchtet gewesen sein könnten, glaube ich nicht, denn an den Serien war von der, resp. den an befruchteten Eiern so auffälligen Pigmentstraßen nichts wahrzu- nehmen; eine dieser Straßen wird ja wohl zweifellos durch das ein- dringende Spermatozoon normalerweise erzeugt. In Fig. 29 ist ein ganzer Eidurchschnitt etwas schematisch darge- stellt mit der unter der Oberfläche inmitten der pigmentfreien Stelle liegenden kleinen »Richtungsspindel«, die einen Polkörper abgegeben hat, eine Abbildung, welche das Größenverhältnis der Spindel zu dem Ei verdeutlichen soll. Die Spindel und der Polkörper sind jedoch halb so groß zu denken. Ein Theil des hier feinkörnigen Perivitellins ist ausgestoßen. Fig. 30, 31 und 32 sind Spindelansichten aus Eiern, an welchen voneinem ausgestoßenen Polkörper nichtszu finden war. Die Knäuelform, die wir im Centrum der reifenden Eier gesehen, dürfte an die Peripherie des Eies gerückt sein. Sie ist in das Stadium ge- treten, das wir nach Betrachtung der Polansichten (vgl. Fig. 32) mit Fremmine als die für die thierischen Zellen typische Sternform be- zeichnen dürfen. Die chromatische Substanz besteht aus Fäden, die zu der Deutung verleiten, dass sie sich aus aufgereihten Körnern zu- sammensetzen, ohne dass man hier etwas Sicheres darüber aussagen kann. Die achromatischen Fäden geben, wenn auch gut sichtbar, kein scharfes Bild bezüglich ihres Verhältnisses zu den Chromatinfäden in Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 207 diesen, wie in den darauf folgenden Stadien. Richtig angewandte Rea- gentien dürften auch hier bessere Resultate geben. In vielen Fällen, und dies besonders deutlich in Fig. 31, ist die Spindel eingehüllt von Pigmentkörnchen. Es beweist dieses Schnitt- bild, dass der winzige schwarze Punkt, welcher an frischen Eiern im Centrum der Fovea erkennbar ist, auf zahlreiche Pigmentkörnchen zu- rückzuführen ist, die einen schwarzen Mantel wm die Spindel bilden. Diese kann also so zu sagen am lebenden unbefruchteten Ei sichtbar sein. Dann wird uns auch die von mir hierdurch bestätigte Angabe van Bamsere’s erklärlich sein, dass dieser schwarze Punkt nach der Befruchtung verschwindet, denn alsdann muss die Spindel central- wärts wandern, um sich, wie wir von O. Herrwiıc wissen, mit dem männlichen Vorkern zu kopuliren. In den Fig. 30 und 31 ist die Spindel mit ihrer Längsachse parallel zur Oberfläche des Eies gelagert, sie steht kurz ge- sagt tangentialund nicht radiär, wie man erwarten sollte. Andere Eier, bei welchen ebenfalls ein ausgestoßener Polkörper vermisst wurde, zeigen aber anders gestellte Spindeln, z. B. Fig. 33. Wenn auch nicht genau radiär, so ist doch die Spindellängsachse hier annähernd senkrecht gegen die Oberfläche gerichtet. Leider folgt nun eine Lücke in meinen Beobachtungen, da ich keine deutlichen Bilder über die Ausstoßung des ersten Polkörpers besitze. Eine ganze Anzahl von Serien zeigt vielmehr den einen Pol- körper schon ausgestoßen. In Fig. 34 liegt derselbe in einer Schnitt- ebene mit der schief gegen die Oberfläche stehenden Spindel, und letztere steht in dem Stadium der Sternform (die aber bei der Seiten- ansicht nicht zur Anschauung kommt). Der Polkörper liegt in einer Vertiefung der Oberfläche, die ich einstweilen durch Druck des Pol- körpers auf den nachgiebigeren Dotter erkläre, da die meist in den Zeichnungen nicht berücksichtigte Dotterhaut ein Ausweichen des Pol- körpers nach außen nicht gestattet, es sei denn, dass das Perivitellin in genügender Menge auch bei der Fixirung des Eies gerade an der betreffenden Stelle angesammelt ist. Dies scheint in Fig. 37 der Fall gewesen zu sein. Hier hat wohl der im Übrigen auffallend kleine erste Polkörper keine Delle in der Dotteroberfläche verursacht, weil die Doiterhaut durch Perivitellin abgehoben war. Was die Struktur des ersten Polkörpers betrifft, so be- steht er 1) aus chromatischer Substanz, die in verschiedenster Weise an- geordnet ist: in Form eines zusammenhängenden Stranges (Fig. 34), 208 0. Schultze, als Körner (Fig. 35), als schwach tingirbarer Stern (Fig. 36), als regel- los vertheilte Fadenstücke (Fig. 38 b); 2) aus Dotterbestandtheilen; diese sind unregelmäßig vertheilt oder in Gestalt zweier getrennter Ballen (Fig. 34), ferner in doppelter Stabform vorhanden (Fig. 36); 3) aus schwach tingirter, wohl geronnener Masse, in welcher wenige Pigmentkörnchen verstreut sind. Bisweilen scheint sich außen eine Art Membran, vielleicht nur eine dichter geronnene Schicht abzugrenzen. Der mittlere Durchmesser des Polkörpers beträgt 17 u. — Dass nach der Abtrennung des ersten Polkörpers noch ein zweiter eliminirt wird, geht aus den Fig. 37 und 38 hervor. In Fig. 37 bildet das Chro- matin zwei nach den Polen der Spindel aus einander ge- rückte Schleifenpaare, eine Kernform, die wir nach Fırmmin als einen hier allerdings wenig schönen Dyaster ansprechen können. Fig. 38 a und b stammen von einem Ei, der Polkörper lag mehrere Schnitte von der Spindel entfernt, die im Augenblick der Abtrennung eines zweiten Polkörpers genau radiär orientirt ist. — Das Durch- schnittsmaß der Spindel bei Siredon ist 32:25 u. Präparate, welche von unbefruchteten Eiern stammen und zwei ausgestoßene Polkörper zeigen, fehlen mir ganz; eben so wenig konnte ich durch Oberflächenbetrachtung des frischen Eies die Zweizahl der Polkörper bei Siredon feststellen. Aus dem geschilderten Verhalten geht mit Sicherheit hervor: Die kurz vor der Polkörperbildungtangential stehende Spin- delsteht während der Ablösung der Polkörperradiär; die Spindel dreht sich aus der tangentialen Stellung in die radiäre,undsoistes ermöglicht, dass die Theilungin einer auf der Längsachse der Spindel senkrecht stehenden Ebene erfolgen kann, entsprechend dem allgemeinsülti- gen karyokinetischen Gesetz. Es erübrigt noch die Beschreibung der Schnittbefunde unbefruch- teter gelegter Eier von Rana fusca. Ich habe es bald aufgegeben, feine Schnitte in großer Anzahl durch die Eier von Rana fusca anzufertigen, sobald ich von den geringen Dimensionen der Polkörper und der Spindel der Anuren überzeugt war und ich das Glück hatte, mit Sire- doneiern arbeiten zu können. In Fig. 39 erscheint in einem Schnitt durch die Fovea germinativa der Rana fusca die Pigmentrinde eine kurze Strecke unterbrochen und innerhalb der helleren Rindenschicht sieht man eine unheimlich kleine (Vergr. 350), senkrecht gegen die Ober- fläche gestellte Spindel. Vier Schnitte weiter fand sich noch im Bereich a Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 309 der Fovea der erste Polkörper (Fig. 40). Die Spindel ließ bei einer Größe von 17:12 « spärliche Spindelfasern und Kernplattenelemente erkennen. Der Polkörper misst 20 « in der Länge, 8 u in der Breite und besteht aus einer helleren Substanz, in welche eine dichtere dunkle eingebettet ist. Durch die Spannung der Dotterhaut war er in die Oberfläche des Dotters eingepresst und hat diese Lagerung beibe- halten. In anderen, gefärbten Präparaten enthielt der Polkörper chro- matische Substanz. bh) Das befruchtete Ei. Es kommen hier nur die Eier der Anuren, speciell das von Rana fusca zur Besprechung und vorwiegend das, was uns das lebende Ei lehrt. Auch ist es nicht möglich, von der Vereinigung des Eies mit dem Spermatozoon zu handeln. Bei Rana fusca lässt sich die Ausstoßung des zweiten Polkörpers am lebenden befruchteten Ei direkt beobachten. Zu dem Zwecke ist es nöthig die Eihüllen, die an dem aus dem Uterus! entnommenen Ei unmittelbar nach dessen Einlegen in Wasser noch wenig durchsichtig sind, sobald eine geringe Quellung eingetreten ist, zu entfernen. Hier- bei ist die Nachgiebigkeit des Dotters ein störendes Moment. Die Eier wurden einzeln befruchtet, von dem befruchteten Ei, sobald es eben möglich, schnell die zähe Gallerte mit Nadeln abgestreift und die Fovea unter starker Lupe permanent betrachtet. Das zur Untersuchung ver- wendete Wasser muss ganz rein sein, da sich ohnehin während der Beobachtung Fäserchen und Staubtheilchen aus der bewegten Luft auf das Ei festsetzen, die sehr unangenehm sind und die auch täuschen können. Meist liegt, wie an den unbefruchteten Eiern, ein weißes Pünktchen der Fovea fest auf, wo nicht, erscheint es sehr bald oder liegt schon in unmittelbarer Nähe der Fovea. Hat sich das Pünktchen neben die Fovea begeben, so blickt man anhaltend auf dieselbe. Schon sehr bald, längstens aber im Laufe der ersten halben Stunde, zeigt sich in der Fovea ein zweites weißes Körperchen. Auch dieses löst sich ab, und in der nun aufgetretenen noch geringen Menge von Perivitellin, ! So viel mir bekannt, werden die Eier zum Zwecke der Befruchtung immer durch den Kaiserschnitt gewonnen. Es gelingt auch die im Uterus liegenden Eier, wie bei den Fischen, auszudrücken, allerdings erfordert dies viel mehr Druck als dort und der After kann dabei etwas vorgetrieben werden. Die Thiere zeigten sich nach meinen Versuchen Anfangs etwas matt, erholten sich aber wieder recht gut. Als ich eins der Thiere einmal am folgenden Tage tödtete, sah ich, dass bis auf einige wenige Eier alle ausgedrückt worden waren. Der Versuch kann vielleicht einige Wichtigkeit haben, wenn man aus irgend einem Grunde das Leben des Thieres schonen will. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 14 210 | 0. Schultze, die sich im Bereich der Fovea ansammelt, schwimmen die beiden Körperchen, die fast regelmäßig genau gleich groß sind, umher. Nun nimmt das Perivitellin stetig zu. Es erfüllt dann den von Newrorr'! als »respiratory chamber« bezeichneten Raum zwischen Dotter und Dotter- haut. Die Polkörper schwimmen genau genommen nicht im Perivitel- lin, sind zwar frei beweglich in demselben, liegen aber bei ruhiger Lage des Eies auf dem Boden der »respiratory chamber«, d. h. auf dem Dotter (s. Fig. 42). Die Ansammlung des Perivitellins oberhalb des Dotters erklärt sich aus seiner größeren Leichtigkeit; die Polkörper sind schwerer als das Perivitellin, denn sie enthalten Dotter. Da die »re- spiratory chamber « die Form eines Kugelabschnittes hat, ist der Dotter abgeplattet. Auf dieser horizontalen Abplattung tritt später die erste Furche in Form einer zunächst gestreckten Linie auf, die mit den bekannten Falten geziert ist. Von dem Vorhandensein der Abplattung überzeugt man sich leicht bei seitlicher Betrachtung der Eier, eben so schien mir immer die Eiachse, d. h. die Verbindungslinie der Mittel- punkte von schwarzem und hellem Feld mit der Horizontalen einen Winkel von eirca 45° zu bilden. Rovwx? hat dies schon als Regel her- vorgehoben, von Born? wurde dann aber der Roux’sche Befund als Ausnahmefall erwähnt. Da mich dies auch in meiner Beobachtung stutzig macht, werde ich die Lage der Eiachse von Neuem prüfen. Da die Betrachtung der beiden Polkörper an einem lebenden, leicht zu erhaltenden Wirbelthierei gewiss Interesse beansprucht, so erlaube ich mir Folgendes zu empfehlen: Zwei Stunden nach der Befruchtung werden die gequollenen Hüllen von dem Ei entfernt, wobei die Dotter- haut und eine dieser fest aufgelagerte Schicht (s. u.) auf dem Ei haften bleiben. Dann wird die schwarze Dotterfläche im Bereiche des Flüs- sigkeitsraumes, welcher sich bald nach der Einstellung des Eies auf dem schwarzen Felde bildet, bei starker Lupenvergrößerung abgesucht. In den meisten Fällen wird man beide Polkörper innerhalb jenes Rau- mes dem Dotter aufgelagert finden, häufig auch noch die Spuren der Fovea erkennen (s. Fig. 42). Manchmal jedoch sucht man hier ver- gebens nach den Polkörpern und dies ist dann der Fall, wenn die Körperchen aufeinenanderen Theil der Dotteroberfläche verlagert sind. Dies kann bei der freien Beweglichkeit des Peri- vitellins zwischen Dotter und Dotterhaut, durch welche die Polkörper 1 NEWPORT, 1. c. p. 187. 2 Rovx, Über die Zeit der Bestimmung der Hauptrichtungen des Froschem- bryo. p. 49. 3 Born, Biologische Untersuchungen: Über den Einfluss der Schwere auf das Froschei. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIV. p. 476. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 311 mitgeschleppt werden, leicht erfolgen. Durch ein kleines Experiment überzeugt man sich von der Art und Weise, wie dann die Verlagerung zu Stande kommt. Angenommen, es liegt ein Ei vor mit seiner inner- sten Hülle, die ich der Kürze halber einen Augenblick als Dotterhaut bezeiehne. Ei, Perivitellin und Polkörper haben die normale Lage. Jetzt dreht man Ei und Dotterhaut schnell um 180° und fixirt die Dotterhaut in dieser Stellung. Natürlich sieht zunächst das weiße Feld nach oben und schnell steigt das Perivitellin, das durch die Drehung nach unten gelangt war, empor. Hierbei sucht es die Polkörper mit sich zu reißen. Doch sie folgen nicht vollends, sondern nur eine Strecke weit. Schon hat das Perivitellin, das bei seiner Bewegung immer den Dotter abplattet, sich wieder oben angesammelt, die schwereren Pol- körper werden aber seitlich zwischen Dotter und Dotterhaut einge- zwängt, sind nun nicht mehr frei beweglich und liegen an einer anderen Stelle der Dotteroberfläche als in natura, welche näher dem weißen Felde ist. Während des ganzen Vorganges hat aber auch schon der verlagerte Dotter seine Gleichgewichtslage wieder einzunehmen sich bemüht, doch langsam im Vergleich zu der schnelleren Bewegung des Perivitellins. Hierbei müssen die Polkörper nicht nothwendig wieder mit dem Perivitellin in Berührung kommen, dann bleiben sie fest zwischen Dotter und seiner Haut eingekeilt und imponiren als weiße in die Dottersubstanz eingefügte Knöpfe oder wie kleine Löcher in dem dunklen Dotter. Dann sind sie leichter zu beobachten, als wenn sie im Perivitellin schwimmen. Wenn man das ganze interessante und doch so einfache Schauspiel am lebenden Ei selbst gesehen, wird man sich eine bessere Vorstel- lung davon machen können. Bekanntlich hat Cu. van BamgekE! zuerst wichtige Bildungen auf der Oberfläche der befruchteten Amphibieneier bekannt gemacht, ‚ die er als »trous vitellins« bezeichnete. Sie bestehen bei den Urode- len in dunklen meist auf die stärker pigmentirte Dotterfläche be- sehränkten Punkten, die bald nach der Befruchtung auftreten. Die ' Untersuchung von Schnitten der betreffenden Eier offenbarte pigmen- ‚ tirte Zapfen, die von den Löchern ausgehend in das Eiinnere sich er- ‚strecken; über das nähere Verhalten und die Deutung, welche der ' geehrte Embryologe diesen Bildungen giebt, muss ich für jetzt auf die Arbeit verweisen. Das Thatsächliche dieser Beobachtungen kann ich, was das Ober- flächenstudium des lebenden Eies betrifft, völlig bestätigen. van Bam- BERE'S Untersuchungen erstrecken sich vornehmlich auf die Eier der I CH. van BANBEKE, Sur les trous vitellins etc. s. 0. A4* 312 0. Schultze, Urodelen, doch giebt er auch an, an dem Ei der Rana fusca gleiche Bildungen wahrgenommen zu haben. Hier seien die Löcher nur viel kleiner und nicht regelmäßig vorhanden. Da ich die »trous vitellins« der Urodelen, der Tritonen sowohl als des Siredon, häufig gesehen und viele Eier von Rana fusca von gleichem Gesichtspunkte aus untersuchte, so unterliegt es für mich keinem Zweifel, dass van BaAmBEkE, indem er von den kleinen »trous vitellins« der Rana fusca handelt, die Polkörper schon gesehen hat, ohne jedoch ihre Bedeutung als solche zu kennen. Es kommen andere Bildungen, als die Fovea und die Polkörper, welche bei der Deutung der trous . vitellins der Rana fusca in Anschlag kommen könnten, in den ersten Stunden nach der Befruchtung bei Rana fusca nicht vor. So denke ich mir, dass bei der Beobachtung der Eier der Rana fusca die zwischen Dotter und Dotterhaut fest liegenden Polkörper van BamBEkE veranlasst haben, diese für den trous vitellins der Urodelen gleichartige Gebilde anzusprechen. Dass die Polkörper bei Rana fusca viel kleiner sind, als die mit freiem Auge sichtbaren »trous vitellins« der Urodelen, stimmt auch mit van Bamsere’s Angaben überein. Über die trous vitel- lins von Rana esculenta und Pelobates fuscus, welche van BamBEkE er- wähnt, habe ich kein Urtheil. Weitere Studien müssen entscheiden, wie es sich mit der »Anzahl dunkler Punkte«, die auf dem braunen Felde der Rana esculenta von Remak schon erwähnt und abgebildet sind, verhält. Das in den Eileiter der Amphibien eintretende Ei ist nur von der strukturlosen Dotterhaut umgeben. Auf diese wird alsdann die soge- nannte Gallerthülle bei Rana aufgelagert, welche, um die vielbe- sprochene Frage der Drehung des Froscheies zu behandeln, einer eingehenderen Besprechung bedarf. Ich verweise hierbei auf die Fig. 42 und 4%. Zugleich bemerke ich, dass vox Baer, REmak und NEw- port den Bau der Hüllen schon im Wesentlichen beschrieben. Die Dotterhaut ist in Fig. 42 wegen der geringen Vergrößerung kaum kenntlich, wohl aber in Fig. 44. In Fig. 42 entspricht die 1—2 mm breit gezeichnete Schicht der Dotterhaut und der innersten Schicht der Gallerthülle, die fest mit der Dotterhaut verbunden ist. Diese innerste Hüllschicht lässt bei starker Vergrößerung (s. Fig. #4) eine der Oberfläche parallel laufende Streifung erkennen, welche von Herrwic Taf. IV, Fig. 14 abgebildet ist. Nach außen giebt sie feine Fäserchen ab. Diese durchsetzen den »mit Wasser erfüllten Raum «, welcher an den Eiern in der ersten Zeit der Quellung der Hüllen her- vortritt, nachher aber weniger gut zu sehen ist. Die feinen Fasern setzen sich, im Allgemeinen koncentrisch verlaufend, in die äußerste Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. 1. 213 Hüllschicht fort, welche in Fig. 42 dunkler gehalten ist. Die ganze Hülle besteht also aus drei Schichten, die in der ersten Zeit nach der Eiablage deutlich gesondert sind, die innerste verhältnismäßig sehr sehmale und feste Hüllschicht, die mittlere äußerst lockere Schicht (der »mit Wasser erfüllte Raum«) und die äußerste breite Schicht. Das sich zwischen den Fasern der mittleren Schicht Anfangs sehr schnell ansammelnde Wasser hat sich nachher gleichmäßig nach außen ver- theilt. In der äußersten Schicht bemerkt man an Präparaten, die mit ganz schwachem Alkohol konservirt sind, stark lichtbrechende Körnchen. Für die Drehfrage geht aus diesem Baue hervor, dass das Ei sich pur in seinen sämmtlichen Hüllen, die alle mit einander fest verbun- den sind, drehen, resp. dass die Drehung nur in der Dotterhaut er- folgen kann, wie von Baer! richtig angab. Durch die Untersuchungen von Roux und Born wissen wir, dass der Unterschied des Gewichts zwischen dem leichteren dunklen und dem schwereren hellen Eisegment, der durch die Vertheilung der Dottersubstanzen bedingt ist, auch schon im Eierstocksei besteht. Das von der Dotterhaut fest umschlossene Ei hat also das Bestreben sich so einzustellen, dass das dunkle Feld nach oben, das helle nach unten ge- richtet ist. Diese Einstellung kann aber erst dann eintreten, wenn die starke Reibung, welche der Dotter an der Innenfläche der Dotterhaut erfährt, gemindert wird; dass sie nicht schon im Ovarium erfolgt, das dürfte, abgesehen davon, dass die Eier in der Mutter befestigt sind, an der »lebendigen Kraft« der Eizelle selbst liegen, welche die An- ziehungskraft der Erde überwiegt, wie dies schon O. Herrwıc hervorhob. Da wir nun gesehen haben, dass das Perivitellin zwischen Dotter und Dotterhaut aus dem Ei ausgeschieden wird und hiermit jedenfalls eine, wenn auch geringe Volumverminderung des Dotters (»Kontrak- tion«) sich verbindet, so dürfte kein Zweifel mehr darüber herrschen, wie die Drehung bewerkstelligt wird. An befruchteten Eiern wird schon in der ersten Viertelstunde eine verhältnismäßig große Quanti- tät Perivitellin ausgeschieden, an unbefruchteten Eiern in längerer Zeitdauer nur eine geringe Menge. In beiden Fällen ist das Peri- vitellin gleichsam das Öl, das die Maschine schmiert; es ermöglicht, indem es austritt, dass die Schwerkraft bei dem Ei ihr Recht zur Gel- tung bringt. In Fig. 41 ist schematisch an einem Durchschnitt durch ein unbefruchtetes (a) und durch ein befruchtetes Ei (b) das Massenver- hältnis des Perivitellins verzeichnet. Der zwischen Ei und Dotterhaut frei gelassene Raum wird normal von Perivitellin erfüllt. I K. E. von Baer, Entwicklungsgeschichte der Thiere. 1837. p. 283. . 214 0. Schultze, Eine andere Erklärung des Drehungsvorganges ist von O. Hrrrwig!, welcher die Drehung richtig in der Dotterhaut sich vollziehen lässt, gegeben worden: Die Befruchtung bewirkt in dem Ei von Rana eine reichlichere Ansammlung von »Bildungsdotter«e am dunklen Pol, und hierdurch wird der Gewichtsunterschied zwischen dunklem und hel- lem Pol gesteigert. In Folge dessen dreht sich dann das befruchtete Ei energischer als das unbefruchtete. Die Möglichkeit einer reichlicheren Anhäufung von »Bildungs- dotter « in dem dunklen Eisegment will ich nicht leugnen, eben so nicht, dass sie den Gewichtsunterschied der beiden Eihälften und damit die Drehung steigern würde. Vorläufig ist eine derartige Anhäufung bei Rana nicht erwiesen; sie müsste, um die schnelle Drehung zu erklären, in der ersten Viertelstunde erfolgen. Bezüglich der Hüllen des Urodeleneies, welche im Eileiter gebil- det werden, schließe ich mich den Ausführungen van Banpere’s an. Ein Vergleich zwischen den Hüllen des Anureneies und denen des Eies der Urodelen lässt sich wohl nur in so fern anstellen, als die Grundsubstanz in beiden Fällen faserig und mehrfach geschichtet ist. Die Dichtigkeit und die Anordnung der Hüllschichten variirt bekannt- lich außerordentlich, und eine ausführliche Beschreibung derselben entspricht nicht meinem Zwecke. | Besondere Aufmerksamkeit dürfte die bei den Urodelen vorhan- dene Flüssigkeit verdienen, welche den Hohlraum der Innenkapsel »Capsule interne « van BANmBEKE) ausfüllt. Sie enthält zahlreiche, ver- schieden große, stark lichtbrechende Körnchen (»granulations brillantes« van BANBEKE), die ganz das Aussehen der kleinsten Dotterkörnchen dar- bieten. Die Flüssigkeit darf wohl als eine eiweißreiche bezeichnet werden. Es könnte von Wichtigkeit sein zu entscheiden, ob diese dotterähnliche Flüssigkeit von direkter Bedeutung für die Ernährung des Eies ist. Sie ist wohl eine Abscheidung aus den oberen Zellen des Bileiters und stammt nicht aus dem Ei selbst. Gegen letzteres spricht direkt die große Menge der Substanz und ferner das Vorhandensein von zahlreichen Körperchen in derselben, die, wenn auch wie gesagt dotterähnlich, doch schwerlich durch die Dotterhaut, an der man ver- geblich irgend welche größere Öffnungen sucht, ausgetreten sein können. Wenn sich die Vermuthung, dass die Flüssigkeit ein Sekret aus dem oberen Theil des Eileiters ist, bestätigen sollte und sie wirklich für die Ernährung des befruchteten Eies noch nachträglich verwerthet wird, so würde die Erscheinung, dass in der Klasse der Wirbelthiere Zellen 1 0. Herrwis, Welchen Einfluss übt die Schwerkraft auf die Theilung der Zellen? p. 16 und 17. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. 1. 219 des Generationsorgans, welche eine von der Keimdrüse entfernte Lage haben, Nährmaterial für das Ei abgeben, von vergleichend-anatomi- schem Standpunkt aus sehr interessant sein. Bisher haben mir Ver- suche mit einigen Siredoneiern gezeigt, dass solche, die bei Beginn der Furchung von den Hüllen befreit und damit außer Berührung mit der betreffenden Flüssigkeit gesetzt wurden, sich nicht weiter entwickel- ten, während die aus der Umhüllung isolirten Gastrulae die schönsten Embryonen liefern !. 6. Allgemeines. t) Dass bei der Reifung des Eies diejenigen Theile, welche nicht zur Bildung der Richtungsspindel verbraucht werden, eine Auflösung erfahren und in den Eikörper eintreten müssen, war bisher nicht zweifelhaft. Im Vorliegenden konnte auch gezeigt werden, dass die Theiledes Keimbläschens sich bei diesem Eintritt in die Eizellsubstanz und noch weiter direkt verfolgen lassen. Durch Gorrrz ? wurde schon festgestellt, dass die Bestandtheile des Keimbläschens bei der Reifung sich in umgebende Flüssigkeit und den Rest des Kernes sondern, und dass die erstere nachher in den Eikörper eintritt. Unsere übereinstimmenden Resultate gewinnen zusammenge- stellt mit den Beobachtungen anderer Forscher, deren Untersuchungs- objekte anderen Thierklassen entnommen sind, eine allgemeinere Be- deutung, welche kurz hervorzuheben in Rücksicht darauf gestattet sein möge, dass die der Befruchtung vorhergehende völlige Vermischung der weiblichen Kern- und Zellsubstanz bisher wenig betont wurde. Ohne die Beobachtungen aller Forscher aus der umfangreichen Litteratur hier anführen zu können, erwähne ich nur Folgendes: KLEINENBERG® sagt über die Reifungserscheinungen des Eies der Hydra viridis: »Der körnige Inhalt des Keimbläschens verflüssigt sich mehr und mehr, zugleich tritt ein Theil desselben durch die Membran aus, denn diese, die bisher prall gespannt war, sinkt zu einem meist eiförmigen Schlauch zusammen, dessen Wandung verdickt und stellen- weise gefaltet ist.« Im Jahre 1875 beschrieb E. van Benepen® die Reifung des Eier- ! Dies kann bei embryologischen Studien zur Verwerthung kommen, weil die Herausnahme der so zarten Embryonen der Urodelen aus den Hüllen, wenn sie einmal länglich geworden sind, mit mehr Gefahr für das Leben der Objekte ver- bunden ist, als zur Zeit der Gastrula oder der noch offenen Rückenrinne. — Dess- gleichen empfiehlt sich dies Verfahren zum Zwecke der Aufzucht, wo dann fließen- des Wasser bekanntlich vorzuziehen ist. : 2 GOETTE, 1. c. 3 KLEINENBERG, Hydra. p. 42. * E. van BENEDEN, La maturation, la f&condation, et les premieres phases du 216 0. Schultze, stockseies beim Kaninchen. Um das Keimbläschen des reifenden Eies sammelt sich eine homogene Masse an, welche zusammen mit dem ein- geschlossenen Keimbläschen die Form einer bikonvexen Linse hat (len- tille eicatrieulaire). Später vermischt sich der flüssige Inhalt des Keim- bläschens mit der außen lagernden Masse, wahrscheinlich in Folge des Durcehbruches der Membran des Kernes, die vorher sich überall dort, wo sie in Berührung mit jener homogenen Masse stand, verdünnt hatte (s’amineit). Allerdings spricht vaw BEnEDEN sich nicht bestimmt über die Herkunft jener Masse aus, doch legen die Verhältnisse bei Rana den Gedanken sehr nahe, dass auch jene Masse ausgetretener Kernsaft sein könne. Hierher gehören auch die von OzLLracHer ! am reifenden Hühnerei gemachten Beobachtungen. Schon früher (Srrıcker’s Laboratoriumsheft 4870) hatte OELLACHER im Hühnerei »einen fein granulirten Körper be- schrieben, der auf Medianschnitten eine trapezähnliche Figur bildet, die mit der größten, nach außen konvexen Seite der Dotterhaut anliegt und mit ihrer kleinsten, nach dem Eicentrum zu konkaven, auf einer quer-elliptischen Höhle sitzt, die außer wenigen Granulis keinerlei ge- formte Bestandtheile enthält«........ »Das Keimbläschen wird näm- lich von unten und außen her zusammengedrückt, wodurch es sich gegen die Dotterhaut abplattet und derselben mit einer immer größeren Partie seiner Oberfläche anliegt. Es bekommt dadurch im Durchschnitte eine annäherungsweise dreieckige Gestalt. Sehr bald tritt dann unter ihm eine kleine Höhle auf. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Höhle nicht leer, sondern mit Flüssigkeit erfüllt ist. So wie aber die Höhle auftritt, bekommt auch das Keimbläschen jenen Eindruck an der nach dem Eicentrum liegenden Seite, wodurch es eben jene auf dem Durchschnitte trapezähnliche Figur annimmt.« Im Weiteren glaubt OELLACHER dann den ganzen Vorgang durch Kontraktionen des Keims erklären zu können. Seine Angaben erlauben den einen Schluss, dass die Flüssigkeit unter dem Keimbläschen sich auf Kosten des Volumens dieses ansammelt; die wenigen Granuli können Theile des durch die Kon- servirung wie bei Rana in der Flüssigkeit erzeugten Niederschlages sein. Wichtig sind ferner die Vorgänge, welche sich bei der Reifung des Eies von Asteracanthion rubens nach E. van Benepen? abspielen; sie developpement embryonnaire des mammiferes d’apres des recherches faites chez le Lapin. 1 J. OELLACHER, Beiträge zur Geschichte des Keimbläschens im Wirbelthierei, Archiv f. mikr. Anat. Bd. VII. p. 17 und 48. 2 E. van BEnEDEN, Contributions a l'histoire de la vesicule ger minative et du premier noyau embryonnaire. Untersuchungen über die Reifung; und Befruchtung des Amphibieneies. I. 217 stimmen sehr mit den bei den Amphibien beobachteten Veränderungen des Keimbläschens überein. Die günstigen Verhältnisse ermöglichen es hier die Reifungserscheinungen am lebenden Ei direkt zu verfolgen. Das Kerngerüst, im unreifen Ei schön erkennbar, verschwindet im reifenden. Die in dasselbe eingebetteten Kernkörperchen (pseudo- nucleoles et nucleole) erfahren eine ‚successive Auflösung, indem zu- nächst die kleineren Pseudonucleolen verflüssigt werden. Weiter: »Le nucleole (tache germinative) se resout brusquement en un grand nombre de fragments, qui vont en divergeant se repandre dans toute l’etendue de la vesicule germinative«..... »Tous ces fragments nucl£eolaires augmentent un peu de volume et deviennent de moins en moins refringents.« Alsdann werden sie alle aufgelöst, auch die Membran des Kernes wird in den Lösungsvorgang hereingezogen, sie platzt (se de- chire ou tout au moins se troue) und der Kernsaft wird nach dem Cen- trum des Eies hin entleert in Form eines klaren Tropfens (ef. die Tafel). Dieser nimmt schnell auf Kosten des Keimbläschens an Größe zu, dessen Membran sich faltet. Schließlich liegt der Rest des Keimbläs- chens als ein gefalteter Sack excentrisch in dem ausgetretenen Kern- saft resp. der Nucleolenlösung. »Il ne reste plus alors de la vesicule germinative qu’une tache elaire dont les contours mal definis deviennent de plus en plus irreguliers. La tache devient de plus en plus petite; elle finit par disparaitre compl&tement.« Heute sind wir in Bezug auf letzteren Punkt auf Grund von O. Herrwie’s Untersuchungen anderer Ansicht. — Später vertheilt sich der Kernsaft in Dotter. 2)Derumdasinrückgängiger Metamorphosebegriffene Keimbläschen angehäufte Kernsaft ist von dem Dotter Anfangs scharf getrennt, ja sogar in einzelnen Fällen durch eine membranöse Schicht zeitweise an der Ver- mischungmit denEikörpersubstanzen gehindert. Alsdann verschwindet jedoch die scharfe Abgrenzung gegen die letzteren und der Kernsaft tritt in kurzer Zeit in den Ei- körper. Bald darauf wird das Perivitellin ausgeschieden. Wir wissen also, dass eine plötzliche Zunahme flüssiger Substanz innerhalb des Ei- körpers durch aufgenommenen Kernsaft bedingt ist. Sehr bald nach- her wird aber Flüssigkeit aus dem Eikörper eliminirt. Da erscheint es in der That am einfachsten diese auf Rechnung des vorher aufgenom- menen Kernsaftes zu setzen, um so mehr, da das Verhalten der Rea- gentien und Farbstoffe dem Kernsaft und dem Perivitellin gegenüber ein gleiches ist. Allerdings muss im Auge behalten werden, dass vor der Abgabe des Perivitellins eine Vermischung des Kernsaftes mit dem Zellsaft stattgefunden haben möchte. Wie dem auch sei, die Zelle giebi 318 0. Schultze, das Perivitellin von sich, und dieses bleibt in vornehmlichem Kontakt mit den späteren animalen Zellen. Hier kommen die Mittheilungen OrLrAcHer's! in Betracht, die sich auf den unbefruchteten Forellenkeim beziehen. Das von einer dicken Membran umgebene Keimbläschen des reifen Eies entleert seinen Inhalt direkt nach außen zwischen Keim- und Dotterhaut. Die Membran des Keimbläschens wird ausgestoßen und nach diesem Vorgang noch als schleierförmiger Körper auf dem Keime nachgewiesen. Es ist denkbar, dass die so starke Membran des Keimbläschens den Kernsaft länger zurückhält und dass dadurch letzterer erst verhältnis- mäßig spät, wenn der Kern vollends an der Peripherie angelangt ist, direkt nach außen entleert wird. 3) Ein Theilder chromatischen Substanz — jener zier- liche Knäuel des Eierstockseies höchst wahrscheinlich — rückt hart andie Oberfläche des Eies und giebt hier unterzweimaliger mitotischer Theilung je einen Polkör- per ab. Hierbei konnten Formen wahrgenommen werden, die wir nach Fremming’s Vorgang..als Mutter- und Tochtersterne bezeichnen. Es überrascht die anfänglich tangential stehende Richtungsspindel, doch ihre Stellung wird zum Zwecke der Polkörperbildung in eine radiäre umgeändert. So steht dann die Theilungsebene lothrecht auf der Spindellängsachse, und wir erkennen in der Formation der wichtigen Körperchen die echte Mitose. Denken wir über den Grund dieser unser Interesse fesselnden Er- scheinungen nach, so werden dieselben im Hinblick auf die von HeErr- wıcG? gemachten Auseinandersetzungen in gewissem, natürlich nur ge- ringem Grade aufgeklärt. Es gipfeln die Ideen Herrwıc's in den Sätzen, dass der Kern der Zelle stets »die Mitte seiner Wirkungssphäre einzu- nehmen« sucht und dass die (an den Kernen der ersten Zellen) »bei jeder Theilung auftretenden Krafteentra sich in der Richtung der größten Protoplasmaansammlungen der Zelle bilden«. Wir müssen hier etwas weiter ausholen. In dem unreifen Ei der Amphibien nimmt das Keimbläschen so lange eine centrale Lage ein, als die flüssigen Substanzen desselben in der Richtung aller Radien gleich gruppirt sind. Bald häufen sich deut- lich sichtbare Dotterkörnchen an, innerhalb derer an einer für uns nicht näher präeisirbaren, excentrischen Stelle die Dotterkörnchen zu größeren Dotterkörnern werden. Unter solehen Umständen erscheint das »Protoplasma« (»Bildungsdotter«) einseitig angehäuft: das Ei ist telolecithal geworden. 1 OELLACHER, |]. c. 2 O0. Herrwic, Welchen Einfluss etc. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Aınphibieneies. 1. 219 Das Keimbiäschen muss nun vermöge des Bestrebens, die »Mitte seiner Wirkungssphäre einzunehmen«, nach der Eiperipherie zu wan- dern beginnen, wie dies schon O. Herrrwısc aussprach. In dem nun teloleeithalen Ei fällt »die Mitte der Wirkungssphäre« nicht mit dem Centrum des Eies, sondern, da wir das »Protoplasma« hier als in Form eines Kugelabschnittes angeordnet auffassen können, mit dem Schwer- punkt des Kugelabschnittes, d. h. mit dem Mittelpunkt der Höhe des- selben zusammen!. Nun verkleinert die Dotterzunahme am vegeta- tiven Eipole immer mehr das Kugelsegment. So rückt das Keimbläs- chen in dem Schwerpunkt des Kugelsegmentes stets näher an die Peripherie. Bald finden wir — wahrscheinlich — den centralen Knäuel aus dem Kern des Eies in geringer Entfernung von der Dotterober- fläche, er ist umgewandelt in eine tangential stehende Spindel. Und wie erklären wir nunmehr am einfachsten diese Lagerung der Spindel? Sie muss nach dem Herrwig'schen Gesetz der Streckung des Kernes als die einzig mögliche erscheinen, dehnt sich doch der Kern gleichsam in die größten und beiderseits gleichen Mengen flüssiger Substanzen hin- ein, d. h. vielleicht in der Richtung des geringsten Widerstandes. Die der Kernspindel innewohnende Kraft vermag jedoch nicht eine solche Theilung durchzusetzen, welche sie anfänglich ihrer Stellung nach ge- willt zu sein scheint, und wie sie nachher durch die an Kraft reichere erste Furchungsspindel vollzogen wird. Doch die einmal begonnene Theilung will vollendet sein: Da spricht das keine Ausnahme duldende allgemeine Theilungsgesetz gleichsam das Machtwort, stellt die Spindel in den Radius des Eies und zwingt sie zur Theilung in der Äquatorial- ebene. Allein die Kollision der beiden Gesetze führt dazu, dass eins der neuen Individuen als nicht lebensfähiger Zellkrüppel in die Er- scheinung tritt, der wohl sammt den übrigen ausgestoßenen Kernsub- stanzen von dem hungrigen Embryo wieder resorbirt wird. Tangential zur Dotteroberfläche orientirte Richtungsspindeln fin- den sich schon mehrfach abgebildet, so bei Bürscuuı ? Taf. III, Fig. 12 von Cueullanus elegans. — Ferner hat O. Hrrrwıs? nach Studien an Eiern der verschiedensten Thiere tangential gelagerte Spindeln und hierher- gehörige Drehungen der Spindel genau beobachtet. Sehr an die Am- phibien erinnern die Abbildungen For’s auf Taf. II. In Fig. 8 nimmt ! Bei dem Vergleich wird von der verschwindend geringen Menge »Proto- plasma«, welche sich zwischen den dicht gelagerten Dotterkörnern des hellen Ei- segmentes befindet, im Interesse besserer Verständigung abgesehen. ? BürschLı, Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge in der Eizelle, die Zelltheilung und die Konjugation der Infusorien. 1876. 3 O0. Herrwic, Morph. Jahrb. Bd. IV. Text und Taf. VI und IX. 4 For, Recherches sur la fecondation et le commencement de l’'henogenie chez divers animaux. 220 | 0. Schultze, der »Amphiaster de rebut« eine tangentiale Lage ein, in Fig. 9 ist er schief gegen die Oberfläche gerichtet; die Fig. 40 u. 14 zeigen ihn wäh- rend der Bildung des ersten Polkörpers radiär eingestellt. Ich glaube auch hier eine zum Zweck der Polkörperausscheidung in der Weise wie bei Rana erfolgende Drehung der Spindelachse annehmen zu müssen. Noch mehr deuten die Abbildungen an. In Fig. 2 ist das erste Auf- treten der Richtungsspindel dargestellt, und diese liegt radiär im Ei, hat also eine Stellung, welche bei der Bildung der Polkörper inanderen Eiern von Anfang an die Regel ist z. B. in den Eiern von Nephelis nach den Untersuchungen von O. Herrwıc. Bald nachher aber, am klarsten in Fig. 8, fanden wir die Spindel in tangentialer Position (vgl. Siredon Fig. 30), dann zum Zweck der Bildung des ersten Polkörpers in schiefer (vgl. Siredon Fig. 33), endlich in radiärer. Es folgt die Eliminirung des ersten Polkörpers und darauf scheint wieder (Fig. 42) für eine kurze Zeit die Spindel sich schief zu stellen (vgl. Siredon Fig. 34), schließlich giebt die wieder senkrecht gerichtete Spindel den zweiten Polkörper ab (For, Fig. 43 u. 14, Siredon Fig. 38a). Unter solchen Verhältnissen möchte ich die Möglichkeit andeuten, dass auch hier die abwechselnde Einstellung der Spindel kurz gesagt aus dem Kampfe zwischen dem karyokinetischen Gesetz und dem Ge- setz der Kernstreckung hervorgeht. Spätere Untersuchungen dürften zeigen müssen, ob diese Auffassung sich verallgemeinern lässt und auf welchen Beziehungen der Lage der Spindelachse zu der Vertheilung des umgebenden Fluidums die Fälle beruhen, welche nach den bisherigen Forschungen einfacher verlaufen. Interessante Bewegungen der einer Richtungsspindel zu ver- gleichenden sogenannten »figure ypsiliforme« im Ei von Ascaris mega- locephala finden nach E. van Benepen’s ! ausführlicher Darstellung auch im Ei dieses Thieres statt, und es ergeben sich manche Vergleichungs- punkte mit unseren Auseinandersetzungen. Eine genaue Durchführung des Vergleiches ist aber nach Studium der van Benepen’schen Arbeit allein nicht möglich. Anfangs ist die Spindel schief gegen die Oberfläche gerichtet (Fig. 17 und 19, Taf. XV s.p. 217), dann tritt sie in die tangentiale Stellung ein (Taf. XV, Fig. 18, 21 u. 23 p. 217). Um die Parallele mit Asterias und Siredon durchführen zu können, müsste sich jetzt die tangentiale Stellung in die radiäre umändern, was jedoch nach van BEnEDEn’s Dar- stellung nicht erfolgt. Vielmehr muss man, wie mir scheint, aus seiner Schilderung entnehmen, dass die Spindel sich nun um ihre Längsachse 1 E. van BENEDEN, Recherches sur la maturation de l’oeuf, la fecondation.et la division cellulaire. 4883. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 3 und nicht um eine ihrer queren dreht. Denn, nachdem die tangentiale Spindelstellung erreicht ist, drehtsich die ganze figure ypsiliforme (siehe p- 223) so, dass der vertikale Schenkel derselben (»la tige du bilboquet«), welcher vorher in der Richtung des Halbmessers lag, nunmehr die Oberfläche erreicht und ihr parallel zu liegen kommt. Hierbei muss sich die Spindel nothwendigerweise um ihre Längsachse um 90° drehen. Nussgaum jedoch, welcher vor ! und nach? dem Erscheinen der van Beneoen’schen Arbeit die Polkörperbildung bei Ascaris megalocephala untersuchte, hebt van BEnEDEn gegenüber hervor, dass diesem »das Stadium entgangen ist, in dem die Anfangs an der Peripherie tangen- tial zum Eidotter gestellte Spindel (siehe van BENEDEN, Arch. de Biologie T. IV., Planche XV, Fig. 22) sich verkürzt und wieder in einen Radius, also senkrecht auf die Eihülle einstellt. Die unfärbbaren Spindelfasern bleiben von da bis fast zur völligen Abschnürung des Richtungskörpers als radial zum Ei gestellte Striche sichtbar, an deren Polen sich die färbbaren Elemente befinden. Damit ist denn bewiesen, dass auch bei den mit Säure behandelten Eiern von Ascaris megalocephala das erste Richtungskörperchen sich nach dem Schema der Mitose abspaltet, da die färbbaren Elemente aus dem Centrum der Spindel nach den Polen wandern und die Spindel der Quere nach halbirt wird«. Nach Nusssaum erfolgt also auch bei Ascaris megalocephala die für Siredon, für Asterias u.a. eigenthümlicheDrehung der tangentialen Spindelderart, dass die Spindel sichin denEiradiusein- stellt?. Indem wir also die Beobachtungen der beiden Forscher kombini- ren, kommen wir zu dem Resultat, dass auch die Polkörperbildung im Ei des Nematoden bezüglich der Drehungsvorgänge an der Spindel mit den besprochenen alle Analogien darbietet. Was die Deutung anlangt, welche E. van BENEDEN im Gegensatz zu Nusssaum der Ausscheidung der Polkörper giebt, so darf ich dieselbe auf Grund meiner eigenen Beobachtungen an Siredon, welche ich für meine Auffassung als maßgebend an dieser Stelle mir voranzustellen erlaube, auf Grund derer von Nusssaum und auf Grund derer von vielen Forschern nicht annehmen. Die Kollision zwischen den beiden oben besprochenen Gesetzen, welche bei der Polkörperbildung eintritt, führt 1 M. Nussgaum, Über die Veränderungen der Geschlechtsprodukte bis zur Ei- furchung; ein Beitrag zur Lehre von der Vererbung. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. XXI. 2 Derselbe, Über. die Theilbarkeit der lebendigen Materie. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXVI. ä 3 Aus den Abbildungen CArnorv’s über diesen Gegenstand geht dasselbe hervor. (La Cellule. Tome II.) 222 0. Schultze, im Ei der Ascaris megalocephala offenbar zu einem sehr interessan- ten und wechselnden Formenspiel. Das Resultat desselben muss immer der Sieg des karyokinetischen Gesetzes sein, welches in letzter In- stanz darauf hinausläuft, die in bestimmter uns verschlossener Weise gruppirten Eiweißmoleküle der chromatischen Substanzen in einer aus der Anordnung sich direkt ergebenden Ebene zu trennen. 4) Es sernoch ein Wort gestattet über die Bezeichnung »Pseudo- Karyokinese«, welche der hochverdiente Forscher van BENEDEN in Folge seiner Auffassung der Polkörperausscheidung bei Ascaris megalo- cephala für diesen Process wählt, welcher bei dem genannten Thiere nach van BEnEDEN bekanntlich zu einer Theilungder chromatischen Sub- stanzen in einer auf der sonst bei der Theilung allgemeingültigen Ebene lothrechten Richtung führt. Die Nomenklatur ist durch den Gedanken begründet, dass die bei der Polkörperbildung stattfindenden karyomi- totischen Erscheinungen auf unsere allgemeine Beurtheilung der Karyo- mitose ein falsches Licht werfen könnten. Da nun aber, wie ich glaube gezeigt zu haben, die hier in Rede stehende Mitose eher geeignet ist, durch interessante Nebenerschei- nungen auf die Karyokinese im Allgemeinen kein falsches, sondern ein schönes Licht zu werfen, so ist es mir fraglich, ob man diese Form der Karyokinese durch das Beiwort »Pseudo« charakterisiren darf. 5) Eine Zusammenstellung der bei den Wirbelthieren kon- statirten Fälle von Polkörpern ergiebt Folgendes: Bei den Säugern wurden die Polkörper durch Barry! und besonders durch Bıscnorr * am Ei des Hundes, Meerschweinchens, Rehes und Ka- ninchens zuerst genauer bekannt. Hensen® erkannte schon ausgetretene Polkörper im Eierstocksei des Meerschweinchens. E. van BEneDen ? verfolgte die Entstehung dieser Körper am Ei des Kaninchens. Beide Polkörper werden im Ovarium eliminirt, der erste (corps nucleolaire) entsteht im Wesentlichen aus dem Nucleolus des 1 M. Barry, Researches in Embryology. Third series. Philos. Trans of the Roy. soc. of London. 1840. 2 Tun. Bischorr, Entwicklung des Hundeeies. Braunschweig 1845. Derselbe, Entwicklung des Kanincheneies. 1842. Derselbe, Entwicklung des Meerschweinchens. 1852. Derselbe, Entwicklung des Rehes. 4854. 3 V. Hessen, Beobachtungen über die Befruchtung u. Entwicklung des Kanin- chens und Meerschweinchens. Zeitschr. f. Anat. und Entwickl. 1875. 4 E. van BENEDEN, l.c. 41880. Nach neueren Mittheilungen van BENEDEN’S ent- steht beim Kaninchen nur. der erste Polkörper im Ovarium. (Recherches sur la fecon- dation. 4883.) Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I. 223 u Keimbläschens, der zweite (corps nueleoplasmique) aus den Pseudo- nucleolen und dem Nucleoplasma. Derselbe Autor ! fand mit Ca. Jurın die Polkörper im Eierstocksei von verschiedenen Fledermäusen. Dass auch bei den Säugern die Polkörperbildung eine Karyokinese ist, hat Fremming? durch das Auffinden der Richtungsfiguren im Eier- stocksei des Kaninchens sehr wahrscheinlich gemacht; besondere Auf- merksamkeit verdient auch hier wie Fremmine hervorhebt, die schief zur Eioberfläche gelagerte Spindel, gleichfalls die stumpfwinkelige Knickung derselben mitBezug auf das von van Benepen bei Ascaris fest- gestellte Verhalten. Allerdings sind nach Fremnime die Eier, in welchen die Spindeln zur Beobachtung kamen, als abnorme zu betrachten. Über Polkörper bei Vögeln und Reptilien fehlen noch jegliche Angaben. Bei den Amphibien kommen zwei Polkörper vor. Im Ei von Rana fusca wird der eine der Regel nach vor der Befruchtung, der andere nach derselben ausgestoßen. Bei den Urodelen ist ein Polkör- per mit Sicherheit nachgewiesen, und die Umwandlung der Spindel zur Abgabe des zweiten unabhängig von der Befruchtung. Über dieKnochenfische lehren uns die schönen Untersuchun- gen Horrmann’s®, dass eine Polkörperbildung bei Scorpaena, Julis u. A. erfolgt. Wir haben Grund zu der Annahme, dass das Vorhandensein der durch geeignete Essigsäurewirkung nachgewiesenen Spindel auf einen den Amphibien analogen Bildungsmodus hinweist. Die Längs- achse der Spindel bildet mit der Oberfläche des Keimes einen Winkel von 45°. Die Polkörper werden am abgelegten Ei ausgestoßen; hier- bei verschließt der Polkörper die Mikropyle, welcher nach der Be- fruchtung abgegeben wird und verlegt weiteren Spermatozoen den Weg. Auch an unbefruchteten Eiern kam ein Polkörper zur Be- obachtung. Bei Petromyzon sah schon 1864 Aug. Mürrrr * den Austritt von einem oder zwei Polkörpern, wie ich BürscaLis »Studien« entnehme. Auch verglich er dieselben mit den Polkörpern der Wirbellosen und der Säugethiere. 1 E. van BENEDEN et Ca. JuLıs, Observations sur la maturation, la fecondation et la segmentation de l’oeuf chez les cheiropteres. 1880. 2 W. Frenming, Über die Bildung von Richtungsfiguren in Säugethiereiern beim Untergang Graar'scher Follikel. Archiv f. Anat. und Entw. 1885. 3 C. K. Horrmans, Zur Ontogenie der Knochenfische. 4881. 4 Aus. MÜLLER, Über die Befruchtungserscheinungen im Ei der Neunaugen. Die Arbeit war mir leider nicht zugänglich. £ 224 0. Schultze, Nach C. Kurprrer und B. BExecke ! wird bei Petromyzon Planeri ein Polkörper vor, ein zweiter nach der Befruchtung aus dem Eie entleert. HıtscHek ? fand einen Polkörper am Ei des Amphioxus kurz nach dem Austritt desselben aus der Kiemenhöhle. Würzburg, den 13. Oktober 1886. Erklärung der Abbildungen. Tafel XI, Fig. 4. Innenepithel der Eierstockskammer von Rana fusca, abgetrennt von reifendem Novemberei. Argentum nitricum, Alkohol. Fig. 2. Von der Umhüllung des unreifen größten Junieies der Rana fusca. Die srößeren Zellen stellen das Innenepithel, die kleineren das Follikelepithel (vgl. Text) dar. Behandlung wie bei Fig. A. Fig. 3. Die Wandung der Eierstockskammer,. da wo sie keine Eier einschließt. Die großen Zellen sind das Peritonealepithel, die kleineren das Innenepithel. No- vemberovarium der geschlechtsreifen Rana fusca. Behandlung wie vorher. Vergr. bei Fig. 1—3: 350. Fig. ka—d. Auflösung des Dotterkernes im Ei der jungen, noch nicht ge- sehlechtsreifen Rana fusca. KLEINENBERG’S Pikrin-Schwefelsäure. Scheinbare Quer- schnitte. Fig. 5. Unreifes Ei von Rana esculenta aus dem Februar. »Pseudopodien « des Kernes, helle Zone um denselben. Erste Anhäufung der Dotterkörnchen an der Peripherie des Eies (nur theilweise gezeichnet). Pikrin-Schwefelsäure. Boraxkar- min. Vergr. 250. Fig. 6a und b. Eigenthümliche nadelförmige Körper in jungen Eiern der ge- schlechtsreifen Rana fusca, Winter. Chromosmiumessigsäure, Glycerin. b, durch Druck aus dem Ei isolirt bei stärkerer Vergrößerung. Fig. 7. Rothe Krystallnadeln aus unreifem frischem Winterei der Rana fusca, frisch in 0,5%/giger Kochsalzlösung. Fig. 8. Netz der »Granulosazellen« aus reifendem Ei der Rana fusca, Ende Au- gust. Frisch in 0,50/giger Kochsalzlösung. Leitz, I, 7. Fig. 9. Netz der »Granulosazellen« des reifenden Eies der Rana fusca von Ende Oktober. Behandlung wie vorher. LEırz, I, 7; langer Tubus. Fig. 40. Umhüllung des reifenden Eies der Rana esculenta aus dem Juni, von der Innenfläche. Die Dotterhaut ist dunkel gehalten, unter ihr die von dem Innen- epithel geformte Membran, dieser aufgelagert das spärliche fibrilläre Bindegewebe. KLEINENBERG’S Pikrin-Schwefelsäure. 1 KuPFFER und BENECKE, Der Vorgang der Befruchtung am Ei der Neunaugen. Königsberg 1878, ? Hartschex, Studien über die Entwicklung des Amphioxus. Arbeiten aus dem zool. Inst. Wien. IV. Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. I, 225 Fig. 44. Umhüllung des reifenden Eies der Rana fusca aus dem März. Frisch in 0,50/yiger Kochsalzlösung. Von außen nach innen: Innenepithel mit Kapillare ab- gehoben, Kerne der Granulosazellen, Dotterhaut, nicht deutlich sichtbare Zona radiata. Vergr. 350. Fig. 12. Von einem Schnitt durch reifendes Juniei des Triton taeniatus. Von außen nach innen: Innenepithel, rechts zwischen zwei Kernen der Granulosazel- len Kapillare, dann Dotterhaut. Zona nicht sichtbar. Chromessigsäure, Boraxkar- min. Zeıss A/48, Oc. 2. Fig. 43. Schnitttheil von reifendem Siredonei, Mai, die zarte Dotterhaut bei 350facher Vergr. Innenepithel abgehoben. Chromessigsäure. Fig. A4. Dotterkugeln des reifenden Triton taeniatus-Eies bei 350facher Ver- größerung aus Chromosmiumessigsäure. Präparat von der Peripherie des Eies. Fig. 15. Zerfall der Dotterkugeln in Plättchen, stark vergrößert von demselben Schnitt wie Fig. 44 aus den centralen Partien des Eies. Fig. 46. Keimbläschenmembran von der Außenfläche; reifendes Ei der Rana fusca aus dem Februar. Vorsprünge, in denselben Keimkörperchen. Chromos- miumessigsäure, Glycerin. Fig. 47. Etwas schematisirter Schnitt durch ein mit Chromosmiumessigsäure fixirtes Ei von Rana fusca aus dem Februar. Sonderung des Keimbläschens in zwei Massen. Der ausgetretene Kernsaft lagert sich auf dem Schnitt halbmondför- mig um das geschrumpfte Keimbläschen. Tafel XII. Fig. 48. Keimbläschen des reifenden Eies von Triton cristatus, Juni. Vor- sprünge, Vertheilung der Keimkörperchen in verschiedenen Zonen. Der Kernsaft ist homogen gehalten. Ein Kerngerüst fehlt. Schnitt. Chromessigsäure. Boraxkar- min. Vergr. 350. Fig. 49. Keimbläschen des reifenden Eies von Rana fusca, Februar. In der Mitte ist der feinfadige Knäuel gebildet. Fig. 20. Keimbläschen des reifenden Eies von Triton cristatus. Dickfadiger Knäuel (die Theile desselben waren in neun Schnitten, der abgebildete enthielt die größte Masse). Auflösung der Nucleolen im Kernsaft. Fig. 21. Keimbläschen bei schwächerer Vergrößerung sammt der umgebenden Flüssigkeit. Diese nach außen durch eine besondere Schicht abgegrenzt, zu wel- cher feine Fäden von der Membran aus verlaufen. Fig. 22. Centraler Theil des Keimbläschens von Triton cristatus mit feinfadi- gem Knäuel des Mutterkerns. Die zwischen den Fäden gelegenen kleinen Keim- körperchen färben sich sehr schwach. Chromessigsäure, Boraxkarmin. Schnitt. Fig. 23. Bildung des centralen Knäuels im reifenden Ei des Siredon aus den Mikrosomen (?). Chromessigsäure, Boraxkarmin. Fig. 24. Winzige Richtungsspindel aus dem Eierstocksei der Bufo vulgaris nach Auflösung des Keimbläschens. Vergrößerung (des Eidurchmessers) 60. Die Spin- del muss nur etwa halb so groß gedacht werden. Fig. 25. In Zerfall begriffene Keimkörperchen aus reifendem Ei der Rana fusca. Frisch in 0,50/yiger Kochsalzlösung. Fig. 26. »Vacuolenbildung« in den Keimkörperchen von Rana fusca während sechsstündiger Einwirkung der 0,50%/yigen Kochsalzlösung. Fig. 27. Zwei auf einander folgende Schnittpräparate eines Tubeneies von Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 45 226 0. Schultze, Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. TI. Triton taeniatus, aus welchen das Vorhandensein des »Amphiaster« hervorgeht. Chromessigsäure, Boraxkarmin. April. Leırz, I, 7; langer Tubus. Fig. 28a und b. Zwei auf einander folgende Schnitte durch die »Richtungsspin- del« von Triton cristatus. Tubenei. Zeıss 4/48. Chromosmiumessigsäure. Tafel XII. Fig. 29. Schematisirter Schnitt durch ein unbefruchtetes Siredonei: in diesem die in der »Fovea germinativa« gelegene Richtungsspindel und der erste Polkörper, welche halb so groß im Verhältnis zur Vergrößerung des Eies zu denken sind. Im Bereich der Fovea das Perivitellingerinnsel. Chromosmiumessigsäure, Boraxkar- min. Vergr. 50. Fig. 30—38. Die Polkörperbildung bei Siredon pisciformis nach Schnittpräpa- raten. Chromosmiumessigsäure, Boraxkarmin. Zeıss 4/48, meist Oc. Il. Fig. 30 u.34. Tangential stehende Spindel inÄquatorialansicht. Phase: 4. Stern- form des Mutterkerns. Fig. 32. Gleiche Stellung und Phase der Spindel wie vorher in Polansicht. Fig. 33. Schief, fast radiär stehende Spindel; Spindelfasern. Fig. 34. Erster Polkörper und schief stehende Spindel. Phase: 2. Sternform des Mutterkerns in Äquatorialansicht. Fig. 35 und 36. Erste Polkörper. Fig. 37. Erster Polkörper ausgestoßen (auffallend klein). Schief orientirte Spin- del. Phase: 2. Sternform der Tochterkerne. Fig. 38a. Radiär stehende Spindel im Begriffe den zweiten Polkörper auszu- stoßen. Fig. 385b. Erster Polkörper desselben Eies aus benachbartem Schnitt. Fig. 39. Schnitt durch die Fovea germinativa der Rana fusca vom gelegten, un- befruchteten Ei. Leitz, 1, 7. ' Fig. 40. Erster Polkörper desselben Eies aus dem viertnächsten Schnitt. Fig. 41a und b. Schematische Durchschnitte des unbefruchteten, längere Zeit in Wasser gelegenen Eies (a) und des eine Stunde befruchteten Eies von Rana fusca (b), um die Menge des Perivitellins anzuzeigen. Diese wird bezeichnet durch den zwischen Dotter und Dotterhaut befindlichen Raum. Fig. 42. Ei von Rana fusca zwei Stunden nach der Befruchtung. Auf der Ab- plattung des Dotters, die bedingt ist durch das leichte, oben angesammelte Peri- vitellin, ruhen die beiden Polkörper rechts. Die Fovea etwas größer und blasser links. Die Eiachse bildet mit der horizontalen einen Winkel von circa 45°. Ver- größerung des Eidurchmessers 45. Fig. 43. Zwischen Dotterhaut und Dotter eingezwängter Polkörper (vgl. Fig. 40) bei mittlerer Vergrößerung von der Fläche gesehen. Fig. 44. Dotterhaut und innerste Hüllschicht des gelegten Eies von Rana fusca. Leitz, I, 7; langer Tubus. Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). Von Dr. Wilhelm Roux, a. o. Professor in Breslau. Mit Tafel XIV. (Aus dem anatomischen Institut zu Breslau.) In Knochenschliffen aus einem Rippenstück der Rhytina Stel- leri, welches ich durch Vermittlung des Herrn Prof. Hasse der Güte des Freiherrn E. von NorvensKkJöLn verdanke, fielen mir eigenthümliche, bisher noch nicht beschriebene Streifenbildungen auf, welche die Knochensubstanz der Havzrsischen Lamellensysteme auf große Strecken hin in verschiedenen Richtungen durchsetzen. Diese Streifen sind parallel kontourirt und bestehen aus weniger glänzender Substanz, als das umgebende Knochengewebe, und wenn, wie es häufig der Fall ist, die Streifen sich so stark aus der Schliffebene herausbiegen, dass ihr optischer Querschnitt eingestellt werden kann, so zeigt sich letzterer stetskreisrund. DieBildungen konnten somit nicht bloß als Spalten aufge- fasst werden, von denen sie sich auch durch den Mangel scharfer Ecken und sonstiger feinerer Merkmale augenfällig unterschieden. Nachdem durch Behandlung mit Chloroform der Kanadabalsam aus den Schliffen entfernt war, zeigten sich die Bildungen als mit Luft erfüllte runde Kanäle in der Knochensubstanz, deren genaueres Verhalten wir nun kennen lernen wollen. Allen bezüglichen Bildungen kommt eine Anzahl übereinstimmen- der besonderer Eigenschaften zu, welche die Zusammengehörigkeit der- selben bekunden und zum Theil zugleich dazu dienen können, sie von den sonstigen in der Knochensubstanz vorkommenden Kanalbildungen, von den Havzssischen Blutgefäßkanälen und den Ausläufern der Knochen- körperchen, trotz mancher übereinstimmender Eigenschaften zu unter- scheiden. 15 2238 Wilhelm Roux, Unsere Kanäle wechseln in der Weite zwischen 2 und 6 u (0,002 »ıs 0,006 mm); meist aber beträgt ihr Durchmesser 4 u. Die Havzrsi- schen Kanäle variiren zwischen 8—200 u Querdurchmesser und die mittlere Weite beträgt im kompakten Knochen der Rhytinarippe etwa 20—50 u. Sie sind somit viel weiter, während die Ausläufer der so- genannten »Knochenkörperchen«, d.h. derjenigen Hohlräume in der Knochensubstanz, innerhalb deren die Knochenzellen während des Lebens sich befanden, mit ihren zwischen 0,4—0,9 u schwankenden Durchmessern fünf- bis zehnmal enger sind. Charakteristischer aber als dieses Verhalten sind die Eigenthümlichkeiten im Verlaufe der Kanäle. Die Blutgefäßkanäle sind stets von koncentrischen Lamellen von Knochensubstanz, den Havzrsischen Lamellen umgeben, sofern der Kanal nicht eben erst durch Usur schon vorhandener Knochensubstanz entstanden ist und sich dann durch seine 20- und mehrmal größere Weite von unseren Kanälen unterscheidet. Diese letzteren dagegen durchbrechen die Havzrsischen Lamellensysteme in den verschiedensten Richtungen. Dasselbe thun indess auch die Ausläufer der Knochen- körperchen, wenn auch unter Vorherrschen der radiären Richtung; doch erstrecken sich diese Ausläufer stets nur bis zu benachbarten anderen Knochenkörperchen, oder, bei den direkt den Blutgefäß- kanälen benachbarten Knochenkörperchen, bis zu diesen hin; wäh- rend unsere Kanäle nicht bloß häufig alle Lamellen eines solchen koncentrischen Lamellensystems durchbrechen, sondern gelegentlich auch noch durch ein zweites (s. Fig. 4) und ein drittes System inner- halb eines einzigen Schliffes verfolgbar sind. Nicht selten kommt es: vor, dass Kanäle längs der Grenze zweier benachbarter Haıvzrsischer Lamellensysteme oder zwischen zwei Lamellen desselben Systemes verlaufen und daher das A Blutgefäß im Bogen umziehen (s. Fig. 2). Alle drei Arten von Kanälen gehen Verästelungen ein. Bei den beiderlei normalen Kanälen gilt jedoch im Allgemeinen die Regel, dass jeder der Äste dünner ist als der Stamm, weil sie dazu dienen, den Inhalt des Stammes auf größere, aus einander liegende Gebiete zu ver- theilen. Bei unseren Kanälen dagegen sind in der Regel die Äste eben so stark als der Stamm, wenn schon auch das andere Verhalten gele- gentlich vorkommt, oder der eine, alsdann gewöhnlich mehr die Rich- tung des Stammes fortsetzende Ast auch die Dicke des Stammes beibe- hält, während der seitlich abgehende Ast dünner ist. Unsere Kanäle behalten also, so oft sie sich auch verzweigen, zumeist die gleiche Dicke wie am Anfang; oder wenn einige Äste feiner waren, so gehen weiter peripher aus ihnen wieder Äste von der Stärke des ursprünglichen Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 229 Stammes hervor (s. Fig. 3), während man an den Blutgefäßen bei schwacher Vergrößerung sehr gut sieht, wie diese mit der weiteren Verzweigung immer feiner werden. Die Verästelungsstelle selber ist bei unseren Kanälen gewöhnlich nicht erweitert, manchmal sogar etwas eingeschnürt (s. Fig. 3); bei den Blutgefäßkanälen dagegen hebt sich der Ast stets mit dem von mir beschriebenen!, hydrodynamisch bedingten und gestalteten Ursprungskegel allmählich aus dem Stamme empor, wodurch letzterer selber an der Verzweigungsstelle auch eine ‚allmähliche Verbreiterung innerhalb der Verzweigungsebene erfährt. Ein weiterer sehr charakteristischer Unterschied besteht darin, dass jede der beiderlei normalen Arten von Kanälen sich mit ihren Zweigen viel- fach netzförmig unter einander verbinden, während unsere Kanäle, auch wenn sie so reichlich und dicht bei einander liegen, dass sie auf den ersten Blick ein dichtmaschiges Netzwerk zu bilden scheinen, doch bei genauerer Betrachtung mit stärkerer Vergrößerung fast immer deut- lich erkennen lassen, dass geschlossene Maschen vorhanden sind, dass die Kanäle immer bloß nach einer Seite hin, nämlich im Verlaufe der Rich- tung auf den Stamm hin zusammenmünden, welcher letztere eben hierdurch allein als solcher kenntlich wird, da ihm eine Überlegenheit in der Stärke abgeht. Es liegt also bloß ein dichtes Geäst eventuell zugleich auch ein Geflecht, nicht aber ein Netzwerk vor (s. Fig. A). Dem entsprechend sind bei den physiologischen Kanälen blinde Enden sehr selten, während sie an unseren Kanälen allenthalben aufgefunden werden können. Diese blinden Enden sind gewöhnlich einfach abge- rundet, manchmal aber ein wenig kolbenförmig erweitert, oder seltener ein wenig verjüngt. Der Ursprung der Stämme unserer Kanäle findet meist aus den größeren, manchmal auch aus feineren Blutgefäßkanälen statt, von wel- chen aus sie, wie erwähnt, die Knochensubstanz der benachbarten Havzrsischen Lamellensysteme in den verschiedensten Richtungen, An- fangs manchmal mit Vorherrschen der radiären Richtung, durchbrechen. Unmittelbar neben ‚dem Gefäßkanal finden sie sich gewöhnlich in größerer Zahl vor und bilden ein enges Geflecht (s. Fig. 1). Der größere Theil der Kanäle endigt jedoch schon nach kurzem Verlaufe blind und nur ‚ein kleinerer Theil setzt sich unter mannigfachen Verästelungen weiter fort. An manchen Stellen sind die Verästelungen nur spärlich vorhanden (Fig. 1), an anderen dagegen reichlicher (Fig. 3). Erwäh- nenswerth erscheint es noch, dass bei diesen Durchbrechungen der Knochensubstanz wenn überhaupt, jedenfalls nur äußerst selten, einige I W. Roux, Über die Verzweigung der Blutgefäße. Diss. inaug. Jen. Zeitschr. für Naturw. 4878 und 1879. 330 Wilhelm Roux, der doch so reichlich eingestreuten Knochenkörperchen eröffnet wer- den; meist dagegen gelingt es, an den Stellen solcher scheinbarer Kommunikationen der Kanäle mit den Knochenkörperchen unter An- wendung stärkerer Vergrößerung zu erkennen, dass der Kanal dicht ober- oder unterhalb des Knochenkörperchens vorbeiläuft, ohne mit letzterem zu kommunieiren. An den noch in Kanadabalsam liegenden Präparaten wurden einige Male deutliche quergestellte Scheidewände wahrgenommen, welche das Lumen des Kanales in getrennte Abtheilungen sonderten. Letzteres Verhalten war besonders deutlich, wenn auf der einen Seite von dem Septum der Kanal mit Luft erfüllt war. Der Lufteylinder endigte dann am Septum deutlich mit einem queren Kontour, während das andere im Verlaufe des Kanales gelegene freie Ende des Lufteylinders eine in Folge der Kapillarität entstehende abgerundete Grenze gegen die Flüssigkeitsschicht des Kanadabalsams darbot. Sehr häufig werden aber Scheidewände vorgetäuscht, wenn ein Kanal sich schroff umbiegt, oder einen Ast in die Tiefe sendet, oder wenn eine Knochenfaser oder ein Ausläufer eines Knochenkörperchens dicht über oder unter einem der Kanäle quer hinwegläuft. Letzteren Falles erkennt man dann bei 'genauerem Zusehen, dass eines oder beide Enden dieses Gebildes über den betreffenden Längskontour des Kanales hinaus sich erstrecken. Nach Entkalkung eines des Kanadabalsams beraubten Schliffes mit Sprocentiger Salzsäure traten die Scheidewände deutlicher hervor und konnten in manchen Kanälen in Abständen vom 15—-20 fachen des Quer- durchmessers der Kanäle, ja an einzelnen Stellen in noch geringeren Ent- fernungen von einander, wahrgenommen werden (s. Fig. 3). Ihre Dicke schwankt zwischen 0,4 und 0,6 «u. An manchen Stellen des Präpa- rates dagegen waren in den Kanälen Scheidewände nicht oder nur sehr spärlich auffindbar. Die Scheidewände bestehen aus glänzender Substanz und durchsetzen das Lumen theils in rein querer (Fig. ka), theils auch in etwas schiefer (Fig. 4 b und h) Richtung. Sie sind theils gerade, theils etwas gebogen (Fig. 4 c und g) und in Bezug auf ihre Dicke entweder allenthalben im freien Verlauf gleich dick, oder in der Mitte etwas verdickt. Manchmal ist bloß das Septum vorhanden (Fig. &c); in anderen Fällen steht es in Verbindung mit einer dünnen Schicht einer das Lumen des Kanales auskleidenden Substanz, welche denselben Glanz und leicht gelblichen Schimmer zeigt, wie die des Septum selber (Fig. 4 a, b, f). In einigen Fällen zeigt dieses eine oder zwei Durch- brechungen (Fig. 4 d u. e), oder es ist bloß ein ringförmiger Ansatz im Inneren des Kanales wahrnehmbar, der vielleicht als Rest eines: zer- störten Septums aufzufassen ist. Von besonderer Wichtigkeit ist das Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus), 231 Verhalten des äußeren Kontours der Kanäle neben den Schei- dewänden. Derselbe läuft nämlich daselbst nicht immer glatt und dem der anderen Seite parallel fort, sondern ist häufig von einer Seite oder von beiden Seiten her deutlich eingezogen, so dass also der Knochenkanal daselbst ein wenig verjüngt ist (Fig. 4 g, h). Nicht selten aber auch ist dicht vor dieser Verjüngung der Kanal auf einer oder auf beiden Seiten der Membran ein wenig erweitert (Fig. 4 f, :). Auch ist manchmal der auf der einen Seite des Septum gelegene Kanal enger als der auf der anderen Seite (f)-. Die Septumbildung ist also häufig zugleich verknüpft mit bestimmten Umformungen des Kanales selber an der betreffenden Stelle und die Anderung des Lumens kann sich dann auf einer Seite von dem Septum noch weiterhin forterhalten. Bei Behandlung der Präparate mit Jod und Schwefelsäure, so wie mit Chlorzinkjodlösung konnte trotz der vorausgegangenen Behandlung der Präparate mit schwacher Salzsäure eine blaue Färbung an der Substanz der Scheidewände und der manchmal vorhandenen sogleich zu beschreibenden Schläuche nicht wahrgenommen werden; und das- selbe negative Resultat ergab sich auch nach vorheriger Behandlung ‚des Objektes mit chlorsaurem Kali und Salpetersäure. Auch an nicht neben den Scheidewänden gelegenen Stellen der Kanäle konnte auf kleine Strecken hin eine die Knochenkanäle aus- kleidende besondere glänzende Wandungsschicht von 0,3—0,6 u deutlich wahrgenommen werden, die sich dann an ihrem Ende scharf gegen den bloß von der anliegenden Knochensubstanz gebildeten schmalen, gleichfalls aber doppelt kontourirt erscheinenden Abgren- zungskontour absetzte.e. An einigen Stellen gelang es sogar, diese Schläuche isolirt wahrzunehmen. In einigen Havzrsischen Kanälen waren nämlich die Blutgefäßwände noch wohlerhalten, hatten sich aber bei der Behandlung mit Salzsäure von der Wandung des knöcher- nen Kanales zurückgezogen. In dem dadurch zwischen beiden ent- standenen freien Raume sah ich einige Male die Schläuche frei aus ihren Knochenkanälchen heraus und nach dem Blutgefäß herüber tre- ten, wie dies Fig. 2 darstellt. Zugleich ist auf dieser Figur eine be- sondere relativ seltene Form unserer Kanäle abgebildet, die sich da- durch auszeichnet, dass der Kanal eng beginnt und in seinem Verlauf nach der Peripherie des Hıversischen Lamellensystemes sich keulen- artig erweitert. An den entkalkten Schnitten ist häufig in den Kanälen ein gelblich glänzender Inhalt von bröckeliger oder unregelmäßig gefalteter, häutiger Gestalt wahrnehmbar. Die Grenzkontouren der Knochenkanäle sind nicht glatt, sondern jeder der beiderseitigen Kon- touren macht fortwährend vielfache feine, denen des anderen nicht ent- ® 232 Wilhelm Roux, sprechende Biegungen, so dass unsere obige Angabe der gleichweiten Beschaffenheit und der daraus sich ergebenden parallelen Kontouri- rung der Kanäle nur in der Weise aufzufassen ist, dass trotz dieser fort- währenden feinen Schwankungen der Kanal auf große Strecken hin annähernd dieselbe Weite behält (Fig. 1). Die Verbreitung unserer Kanäle in dem ganzen Querschnitt der Rippe angehend, ist zu erwähnen, dass sie nur im inneren Theile des Knochens sich vorfinden, innerhalb einer Rindenzone von 2?—3 mm dagegen fehlen. Das damit allein als Ausbreitungsgebiet der Kanäle verbleibende Binnenfeld von eirca 30 gem Flächeninhalt ist aber in seiner Knochensubstanz in nichts erkennbar verschieden von der Rindenzone, sondern es ist wie diese durchaus aus kompakter, harter, un- verwitterter Knochensubstanz gebildet. (Über die auffallende That- sache, dass so langgestreckte Knochen im Inneren weder eine Mark- höhle, noch, abgesehen von den Enden der Rippe, auch nur schwam- mige Substanz haben, welches Verhalten die Veranlassung zu meiner Untersuchung dieser Knochen war, habe ich anderen Ortes Weiteres mit- getheilt!.) Die Vertheilung unserer Kanäle in diesem kompakten Binnen- felde ist eine unregelmäßige; sie schließt sich, wie erwähnt an die Havsrsischen Kanäle, aber mit Auslassung vieler derselben, an. Von ein- ander benachbarten der letzteren aus findet manchmal ein Übergreifen unserer Kanäle in die gegenseitigen Ursprungsgebiete statt, während andererseits auch nicht selten die kanalisirten Stellen durch mehrere gem große, unkanalisirte Felder von einander getrennt sind. Um die spärlichen größeren Blutgefäßkanäle von 30—60 u Durchmesser sind die Geflechte reichlicher entwickelt, am reichlichsten um den einzigen im Inneren sich findenden großen Kanal von 2,5 mm Durchmesser. Herr Professor Hassze, welchem ich die vorstehend geschilderten. Bildungen demonstrirte, entsann sich, ähnliche Bildungen an fossilen Wirbeln gesehen und auch auf einigen Abbildungen? seines Werkes über das natürliche System der Elasmobranchier andeutungsweise mit dargestellt zu haben. Er war zugleich so gütig, mir seine reiche Samm- lung von Schliffen fossiler Wirbel zur Durchsicht anzubieten und mir die nöthige Auskunft über die Herkunft der einzelnen Stücke zu er- theilen. Bei dieser Durchsicht fanden sich in vielen der Wirbel Bil- dungen mit wesentlich denselben Charakteren, als die vorstehend be- schriebenen, und zwar nicht bloß im Knochen-, sondern auch im Knorpelgewebe. Auch die Weite der Kanäle ist zum Theil ganz die- 1 Götting. gelehrte Anzeigen. 1886. p. 800. 2 C. Hasse, Das natürliche System der Elasmobranchier auf Grundlage des Baues und der Entwicklung der Wirbelsäule. Jena 1879. Taf. XVII, Fig. 25'u. 26. - Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 233 selbe, zum Theil schwankt sie um diese Größe als Mittelwerth. Da die Wirbel aus verschiedenen Formationen der Erdrinde stammen, so lasse ich zunächst eine Übersicht derjenigen Systeme und Abtheilungen folgen, in denen Wirbelmit solchen Kanälen gefunden wor- den sind, unter gleichzeitiger Angabe der betreffenden Thiergattung und des von den Kanälen durchsetzten Gewebes. Tertiärsystem. Plioeän: Mioeän: Oligoeän: Eoeän: Kreidesystem. Senon: Turon: 'Cenoman: Gault: Neocom: Jurasystem. Obere Abtheileg.: Crag, Antwerpen: Raja (Knorpel). Molasse von Pfullendorf: Squatina (Knorpel) ; Squatinorajidae (Knorpel); unbestimmte Teleostier (Fig. 6) und Saurier (Knochen). Molasse von Baltringen bei Biberach: unbe- stimmter Teleostier. Österweddingen: Squatina (Knorpel). Grobkalk von Dieckholz: Otodus (Knorpel). Königsberg i. Pr.: unbestimmter Selachier. Eisenerz von Kressenberg: Ganoide (in ver- kalktem Knorpel) und Otodus (Knorpel). Claiborne, Alabama: Otodus (Knorpel). Ellerbeck: Trygon und Rhinobatus (Knorpel). Ciply, Maastricht: Galeus, Raja, Astrape, Squa- tina, Otodus, Myliobatis (Knorpel), unbe- stimmter Teleostier (Knochen). Aachen: Squatina, Myliobatis (Knorpel). Orel, Russland: Oxyrhina (Knochen), Saurier (Knorpel). Pläner Kalk, Strehlen: Lamna (Fig. 10), Squa- tina, Rhinobatus (Knorpel). Pläner Kalk, Weißkohla: Otodus (Knorpel). Aptien, St. Dizier: Trygon (Knorpel). Unbestimmt: Kreide von Südindien: Ichthyo- saurus (im Knochen). Baden: Saurier (Knochen). Kimmeridge-Clay, Chotoverhill: Saurier(Kno- chen). Längerke, Hannover: Saurier (Knochen). ?: Streptospondylus (Knochen). 334 Wilhelm Roux, Mittlere Abtheilg.: Dives, Normandie: Teleosaurus (im Knorpel, wenige auch im Knochen) (Fig. 8 u. 1A). Untere Abtheilg.: — Triassystem. Keuper: Ilminster, Zone der Avicula contorta: Theco- dontosaurus (im Knochen und verkalkten Knorpel {Fig. 9]). Muschelkalk: Reifflinger Kalk: Ichthyosaurus (im Knochen und Knorpel) (Fig. 12). Vermisst dagegen wurden unsere Kanäle in den Wirbeln aus folgenden Fundstätten: Tertiärsystem. Plioeän: Mengebostel, Hannover. Mioeän: : Grüneberg, Baiern: Teleostier. Molasse von Marbelshofen, Allgäu: Pristis. Molasse von Baltringen: Pristis. Muschelsandstein, Würenlos: Carcharias, Ga- leocerdo. St. Medard, Gironde: Galeocerdo. Oligoeän: Thallergraben : Galeocerdo. Eoeän: London-Clay, Sheppey: unbestimmter Sela- chier, Otodus und unbestimmter Teleostier. London-Clay, Barton: unbest. Teleostier. Kreidesystem. Mittlere, von Jerusalem: Teleostier. Jurasystem. Obere Abtheilg.: Nusplingen: Squatina. Solenhofen: Gestracion, Seyllium, Polypterus. Eichstädt: Notidanus. Kimmeridge Linden: unbestimmter Teleostier. Kelheim, lithogr. Schiefer: Seyllium, Squatina, Cricosaurus. Mittlere Abtheilg.: Dives, Etage callovien: Myliobatis. Untere Abtheilg.: Lyme regis, England: Cestracion, Squaloraja, Plesiosaurus, Ichthyosaurus (weder im Knorpel noch im Knochen). Boll, Würtemberg: Ichthyosaurus. Altdorf, Franken: Teleosaurus, Ichthyosourus. Triassystem. Keuper: Lettenkohle, Molsdorf, Thüringen: Nothosau- | TuS. -Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 235 Lettenkohle, unbestimmt: Coccosteus oblon- guS. Laineck, Nothosaurus. Muschelkalk, oberer, von Saarlouis: Notho- saurus; unterer, Wellenkalk von Lauffen- berg: unbestimmter Teleostier. Buntsandstein, Commern : Nothosaurus. unbestimmt, Südafrika: Dieynodon. Dyassystem. KunovA, Böhmen: Saurier. Rakonitz, Böhmen: Phanerosaurus. Richelsdorf, Hessen: Proterosaurus. Carbonsystem. Plattenkohle, Nyrschau, Pilsen: Teleostier. Longton, Staffordshire:: Rhomboptychius. Gerluke, Schottland: Megalichthys. Es ist noch hinzuzufügen, dass auch in einer Rippe des Halitherium aus dem Oligocän von Flonheim in Rheinhessen, welche ich Behufs eines anderen Zweckes der Güte des Herrn Professor G. v. Kock in Darmstadt verdanke, solche Kanäle nicht aufgefunden werden konnten. Die ältesten Ablagerungen, in denen ich die beschriebenen Kanäle in Wirbeln aufgefunden habe, gehören also mit der Muschelkalk- und Keuperformation noch dem Anfange der Sekundärzeit an. Die Kanäle finden sich daselbst reichlich im Knochen und verkalkten Knorpel von Thecodontosaurus und im Knochen von Ichthyosaurus, während sie dicht daneben im reinen Knorpel von Ichthyosaurus nur äußerst spär- ‚ lich vorhanden sind. Erst in der Gaultformation habe ich die Kanäle auch im Knorpel (von Trygon) reichlich entwickelt angetroffen. In den ältesten, der Buntsandsteinformation zugehörigen Ablagerungen der Sekundärzeit jedoch, so wie in den jüngeren Formationen der Primär- zeit: des Dyas- und Carbonsystemes, waren die Kanäle nicht auffind- ‚ bar, obgleich zahlreiche Wirbel untersucht worden sind. Aufwärts von der Buntsandsteinformation fanden sie sich dagegen in allen Hauptforma- tionen der Sekundär- und Tertiärzeit, mit Ausnahme der Liasformation und mit der weiteren Einschränkung, dass mir aus den Cenoman- und den Neocomablagerungen kein Material zur Verfügung stand. Bezüglich der Fundstätte der Rhytinaknochen giebt Freiherr von NORDENSKJÖöLD Folgendes an!: »Die Rhytinaknochen liegen auf der 1 A. E. Freiherr von NoRDENSKJÖLD, Die Umsegelung Asiens und Europas auf ‚ der Vega. Leipzig 4882, Bd. II. p. 266. 236 Wilhelm Roux, Behringsinsel nicht am Wasserrande, sondern auf einer mit dichtem üppigem Gras bewachsenen Strandhöhe von 2—3 m Erhebung über dem Meere. Sie sind gewöhnlich von einer Schicht Erde und Kies von 30—50 em Dicke bedeckt.« Danach darf die Fundstätte vielleicht den recenten Anıagerungen zugezählt werden; noch mehr spricht dafür aber die Beschaffenheit des Knochens, welcher in Form und Qualität nicht bloß durchaus unversehrt, sondern auch in seinen Blutgefäßkanälen und sonstigen Hohlräumen nicht mit Mineralien erfüllt ist. Nach der Entkalkung mit Salzsäure zeigt sich die Struktur der organischen Grund- substanz des Knochens wie auch die gewebliche Struktur. mehrerer noch vorhandener Blutgefäße vollkommen wohl erhalten. Den negativen Befunden über den Mangel unserer Kanäle in den oben aufgeführten Ablagerungen kann natürlich bei der Beschränktheit des untersuchten Materiales eine wirklich ausschließende Bedeutung nicht beigelegt werden; dies um so weniger, als auch in solchen For- mationen, in denen die Kanäle bei einigen Wirbeln sich vorfanden, sie bei anderen Wirbeln derselben oder einer anderen Gattung fehlten. So waren sie z.B. in den Wirbeln vom Crag (Antwerpen) bei Raja reichlich vorhanden, während sie bei Squatina, Torpedo, Garcharias und Hemigaleus nicht aufgefunden werden konnten. Hierbei ist noch besonders zu erwähnen, dass in den Wirbeln die Kanäle meist von der Oberfläche, oder auch von der großen Höhle aus, welche nicht selten in der Mitte des Wirbels durch die Zerstörung der Chordazellen entstanden ist, eindringen. Im ersteren Falle musste es oft schon genügen, wenn nur durch nachträgliche äußere Einwirkungen die Rinde des Wirbels zerstört war, um früher vorhanden gewesene Kanäle zu vernichten. Die negativen Befunde an derartig beschädigten Wirbeln sind daher in obige Tabelle über das Fehlen der Kanäle nicht mit aufgenommen worden. In den wesentlichsten Charakteren stimmen, wie schon erwähnt, die in den fossilen Wirbeln gefundenen Kanäle überein mit denen der Rhytina, d.h. sie durchsetzen die Haversischen Lamellensysteme in den verschiedensten Richtungen, verästeln sich dabei zumeist unter Beibe- haltung ihrer anfänglichen Dicke, ohne sich netzförmig mit einander zu verbinden; sie endigen vielmehr mit ihren peripheren Enden blind und brechen weder in Knochenkörperchen noch in Knorpelzellräume durch; die Kontouren sind nicht glatt, sondern fein und unregelmäßig gewellt. Die Fig. 7—12 zeigen die leichter darstellbaren dieser | Eigenschaften. Auch Scheidewände von den oben erwähnten Charak- | teren wurden in einem Teleostierwirbel aus dem Miocän von Brunn Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 237° bei Wien in Kanälen von 6 u Dicke, so wie in einem Wirbel des Oligo-: cän von Königsberg i. Pr. (s. Fig. 6) aufgefunden. Die Dicke der Kanäle wechselt bei den verschiedenen Wirbeln innerhalb einer größeren Breite, nämlich zwischen 4 und 7 u, die Mehrzahl aber ist wieder wie bei Rhytina 3,5 —4 u dick. Es kommen Wirbel mit fast lauter feinen oder mit nur groben Kanälen vor; die Regel ist aber, dass feine und mittlere, oder mittlere und grobe Kanäle neben und unter einander sich finden. Außerdem kommen kürzere mehrfach ausgebuchtete Kanäle von 7—12 u Weite vor, welche ge- wöhnlich einen besonderen, weiter unten besprochenen Inhalt besitzen. Manche Kanäle verlaufen vorwiegend gestreckt unter sehr spär- licher Verästelung, andere verästeln sich reichlich; wieder andere winden, ja schlängeln sich zugleich stark, so besonders die feineren Kanäle von i—1,5 u, welche sich in dem Ichthyosauruswirbel aus dem Reifllinger Kalk (Triassystem) und in Wirbeln von Squatina aus ' der oberen (Senon-) Kreide von Ciply finden. Bei ihnen ist es daher unmöglich, die Kanäle auf größere Strecken im Präparate zu verfolgen ‚ und die sonst allgemeinen Eigenschaften, dass sie sich nicht netzförmig unter einander verbinden und auch bei weiterer Verzweigung ihre ‚ ursprüngliche Dicke bewahren, sicher festzustellen; es hat vielmehr an manchen Stellen den Anschein, als ob die mittelstarken Kanäle bei weiterer Verzweigung die feineren hervorgehen ließen. Nicht selten sind die seitlich abgehenden Äste nur kurz, wie eben erst beginnende Sprosse. Vielfach sind die Kanäle in einem Wirbel so reichlich entwickelt, dass sie die Knorpel- und Knochensubstanz (letztere nur in den Wir- beln von Ichthyosaurus und Teleosaurus) eines ganzen Wirbels oder wenigstens größerer Strecken desselben vollkommen kanalisirt haben, ‚ derart, dass von der eigentlichen Knorpel- oder Knochengrundsubstanz nur noch dünne, die Kanäle unter sich oder von den Knorpel- resp. ' Knochenzellhöhlen trennende Scheidewände sich vorfinden. Das Ge- webe hat alsdann seinen ursprünglichen Habitus hochgradig verändert, aber bei dieser Veränderung zugleich einen so einheitlichen neuen Charakter angenommen, dass es wohl von jedem Beobachter, der noch ‚nieht die Übergangsformen gesehen hat, für eine besondere Gewebe- ‚ formation, für ein besonderes Parenchym gehalten werden würde. | ‚Die pseudoparenchymatöse Natur desselben lässt sich dann nur an den Grenzbezirken des von der Kanalisation ergriffenen Theiles gegen etwa ‚noch vorhandenes unverändertes Gewebe erkennen, wo die Kanalisation ‚noch weniger dicht ist und daher die einzelnen Kanäle mit ihren blin- ‚den Enden in dem normalen Gewebe leicht als sekundäre Bildungen | i 238 Wilhelm Roux, erkannt werden können. Solchen Stellen wurden die Abbildungen 10, 44 und 42 entnommen; es ist indess dem Zeichner nicht vollkom- men gelungen, den specifischen Habitus dieser hochgradig veränderten Gewebe richtig darzustellen. Solche Pseudoparenchyme fanden sich: Mioeän: Molasse von Pfullendorf bei Squatino-Rajidae in einer Dicke der Kanäle von 2,4—3 u. Eoeän: Eisenerz von Kressenberg: Seylliolamnidae, 2,4 u. von Ellerbeck: Trygon 4,5 u. Senon: von Maastricht bei Raja und Astrape von 3 u. von Aachen, Ciply und Maastricht bei Squatina 5 u. Turon: Pläner Kalk von Weinböhla: Otodus, 3,3 u bloß stellenweise. von Strehlen: Lamna (Fig. 10). Oberer Jura: Linden, Kimmeridge-Clay: Myliobatis, in Ringzonen. Mittlerer Jura: Dives, Normandie: Teleosaurus (im Knochen, Fig. 41). Muschelkalk: Reifflinger Kalk: Ichthyosaurus, 1—3 u (im Kno- chen, Fig. 12). Die Wirbel von Astrape uud Raja aus dem Senon von Maastricht zeigten an allen Stellen des Querschliffes einen so gleichmäßigen Ha- bitus, dass ich Bedenken trug, sie in obige Tabelle mit aufzunehmen, obgleich dieser Habitus vollkommen dem der kanalisirten Partien in den Wirbeln der anderen Selachier aus derselben Ablagerung ent- spricht, und obgleich bei den jetzt lebenden Vertretern dieser Habitus- sich nicht vorfindet. Den Inhalt der in den Wirbeln gefundenen Kanäle angehend, ist zu erwähnen, dass sich häufig braune feine Körnchen von 0,1 —0,3 u Größe in ihnen, dessgleichen aber auch in den Knochen- und Knorpel- zellhöhlen und Blutgefäßkanälen finden. Manche Kanäle mittlerer Weite, von +—6 u Durchmesser, beson- ders aber die Endglieder der weiteren Kanäle (von 7—12 u) zeigen sich mit eigenartigen Bildungen von gemeinsamen Charakteren ausge- füllt, nämlich mit diskreten, gelblich glänzenden, einfach kontourirten Körnchen von im Allgemeinen rundlicher, dabei oft aber zugleich mehr- seitig abgeplatteter Gestalt und von einer zwischen 1,5 —6 u schwan- kenden, meist aber bloß 2 u betragenden Größe. In diesen Körnchen erblickt man einige stärker glänzende Theilchen, von denen sich öfters eines durch besondere Größe auszeichnet. In den feineren Kanälen liegen die Körnchen bloß in einer einfachen Reihe, während sie in den weiteren Kanälen zwei- bis dreifach oder drei- bis vierfach aufgereiht sind. In manchen Schläuchen sind sie alle fast genau gleich groß; dies Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 239 gilt besonders für einige Schläuche von etwa 7 u, dıe gleichmäßig mı einem Format von 1,5 « erfüllt sind. In anderen Schläuchen liegen große und kleine dicht bei einander. Durch ihre stets deutliche und auch wenn sie bis zu gegenseitiger Abplattung dicht bei einander lagern, noch vorhandene Sonderung von einander unterscheiden sich diese Körnchen von ähnlichen Bildungen gleicher Größe in manchen Knorpelzellhöhlen, die aber wie halb zusammengeflossene und dann er- starrte Tröpfehen aussehen. Durch ihre stets wohl abgerundeten Ecken und Kanten lassen sich unsere Körnchen bei abgeplatteter Gestalt auch von kleinen Krystallen oder Detritusbestandtheilen unterscheiden, die in den Blutgefäßkanälen und Zellhöhlen, — nicht aber in unseren Ka- nälen — vorkommen. Besonders weite, meist mit Ausbuchtungen versehene und sporenähnliche Bildungen enthaltende Kanäle fanden sich im: Mioeän: Molasse von Baltringen bei Biberach: unbestimmter Teleostier, Kanäle von 12 wu. Molasse von Pfullendorf: unbestimmter Amphibien- knochen, 10 u (Sporoide anscheinend mit Membran). Oligocän: Königsberg i. Pr.: unbestimmter Selachier, 7 u (Fig. 6), (Sporoide dessgl.). Senon: Orel: unbestimmter Saurier, im Knochen. Turon: Pläner Kalk: Rhinobatus, 7,5 u. Mittl. Jura: Dives, Normandie: Teleosaurus, 9 u. Sporenähnliche Bildungen wurden außerdem noch in Kanälen von gewöhnliehem Durchmesser gefunden: im Miocän, Oligocän, Eoeän, ‘ Senon, Turon, Gault und zwar bei verschiedenen Selachiern. In zwei Präparaten, bei einem unbestimmten Selachier und dessgl. - Amphibium, sind die Sporoide vollkommen rund, und ein doppelter Kontour scheint auf eine besondere Membran der Gebilde hinzudeuten; bei den optischen Phänomenen jedoch, die aus der sphärischen Gestalt dieser Bildungen hervorgehen und bei der Kleinheit der betreffenden ‚ Gebilde ist diese Deutung eine unsichere. Es ist zugleich von Bedeu- tung, dass die sporenähnlichen Bildungen sich in manchen Präparaten nur innerhalb unserer Kanäle vorfinden, während sie in anderen ‚Schliffen auch innerhalb der Knorpelzellhöhlen und Blutgefäßkanäle auffindbar sind. | Nachdem wir nun das Thatsächliche der von mir beobachteten ‚eigenartigen Bildungen kennen gelernt haben, haben wir die Frage ‚zu erörtern, was ihnen für eine Bedeutung zuzuerkennen ‚ist, eventuell welchen Ursachen sie ihre Entstehung ver- danken. 240 | Wilhelm Roux, Die nächste Frage, die wir uns zu diesem Zwecke vorzulegen haben, ist die, ob die Kanäle als normale Bildungen zu be- trachten sind. Man könnte denken, dass vielleicht die durch und durch kompakten Knochen der Rhytina in Folge dieser Beschaffenheit, so wie auch überhaupt die früheren Knochen und Knorpel in Folge ungünsti- ger übriger Organisation derselben besonderer Ernährungskanäle be- dürften, sei es zur leichteren Vertheilung der aus den Kapillaren aus- getretenen Nahrungsflüssigkeit oder zur Abfuhr der Lymphe. Gegen die Bedeutung unserer Kanäle als eines normalen Strukturverhältnisses mit einer bestimmten Funktion für die Erhaltung des betreffenden Ge- webes spricht aber entschieden die ungleiche Lokalisation derselben, ihr Fehlen innerhalb größerer Strecken eines Wirbels oder in ganzen Wirbeln, während sie in anderen Wirbeln derselben Species und der- selben oder jüngerer Ablagerungen reichlich vorhanden sind. Die Zeit der Entstehung der Kanäle angehend, so kann zunächst als sicher angenommen werden, dass sie nicht während der Bildung der betreffenden Gewebstheile, sondern erst nach derselben hervorgebracht worden sind. Denn da erstens unsere Kanäle von den Haversischen Kanälen des Knochens in großer Zahl ausgehen und nicht bloß die zugehörigen koncentrischen Lamellen durchsetzen, sondern zum Theil auch noch in die Reste früherer solcher Systeme eindringen (s. Fig. 1), so müssten, wenn diese Kanäle schon während der Bildung des Knochentheiles, in welchem sie liegen, entstanden wären, die blinden Enden in den Resten älterer Systeme die Anfänge der Kanäle darstellen, und diese verschiedenen Anfänge wären erst später mit der. Bildung des jüngeren Lamellensystemes weiter geführt worden, unter gleichzeitiger Anlage und Weiterbildung neuer Kanäle und unter nach- träglicher successiver Vereinigung dieser verschiedenen Kanäle zu ge- meinsamen Stämmen. Der Baum (s. Fig. 3 u. 7) würde somit von den Ästen aus konstruirt; und zwar würden die verschiedenen Theile der- selben Äste häufig von verschiedenen Bildungseinheiten, von verschie- denen Havzrsischen Lamellensystemen aus und doch in sich einheitlich hergestellt. Und noch komplieirter wäre die Bildung an den Stellen, wo unsere Kanäle von zwei benachbarten Havzrsischen Kanälen aus in die gegenseitigen Ursprungsgebiete übergreifen. Hier müssten durch dieselben Lamellen gleichzeitig Astsysteme nach entgegengesetzten Seiten angelegt und weiter gebildet werden. Es ist wohl nicht nöthig, noch des Weiteren auf diese Unwahrscheinlichkeiten einzugehen, son- dern wir dürfen als sicher annehmen, dass unsere Kanäle als se- kundäre, erst nachträglich in die schon gebildete Kno- chensubstanz eingearbeitete Bildungen aufzufassen sind. Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 341 Die weitere Frage, ob sie noch während des Lebens oder nach dem Tode des Individuums entstanden sind, wird in ihrer Beantwortung von dem Ergebnis der Untersuchung über die möglichen Ursachen der Bildungen, der wir uns nun zuwenden, abhängig sein. Da werden wir zunächst zu fragen haben, ob diese Kanäle durch die gestaltenden Kräfte und Mechanismen des betreffenden Organismus gebildet worden sein können, oder ob wir für ihre Entstehung auf äußere Einwirkungen rekurriren müssen? Der knochenbildende Wir- belthierorganismus producirt in der That zugleich Mechanismen, welche die gebildete Knochensubstanz nachträglich wieder zu zerstören ver- mögen. Dies geschieht durch Zellen von besonderer Größe, durch die von Körrıker entdeckten Osteoklasten, so wie vielleicht auch durch die Zellen des Knochengewebes selber, welchen wohl unter Umstän- den die Fähigkeit zukommt, die Bestandtheile der Knochensubstanz, die Kalksalze und die leimgebende Grundsubstanz wieder aufzu- lösen. In Folge der Größe und Gestalt dieser Zellen werden dabei Grübchen oder Höhlen von dem drei-, sechs- bis zehnfachen Durch- messer unserer Kanälchen gebildet, und wenn sie zur Bildung ganzer Kanäle sich vereinen, so fallen diese noch weiter aus. Aber nicht bloß ganzen Zellen, sondern auch schon einzelnen Zelltheilen wird diese Knochenzerstörungsfähigkeit zuerkannt; und die Zellen vermögen daher auch nachträglich feine Ausläufer in die harte Knochensubstanz unter Auflösung dieser letzteren hineinzusenden. Auf diese Weise entsteht ein Theil der Ausläufer der Knochenkörperchen, wenigstens in dem durch direkte Umwandlung von Knorpel gebildeten Knochen. Aber diese Kanälchen sind normaler Weise, wie schon oben angegeben, fünf- bis zehnmal feiner als unsere Kanäle und erstrecken sich von Zelle zu Zelle, während unsere Kanäle gerade die Zellhöhlen vermeiden und daher nicht als aus abnormer Erweiterung und Vereinigung vieler sol- cher Ausläufer der Knochenkörperchen hervorgegangene Bildungen ‚ aufgefasst werden können. Unsere Kanäle können also nicht durch die bekannten Gestaltungs- ' mechanismen des knochenbildenden Wirbelthierorganismus hervorge- bracht sein; es bliebe danach vielleicht die Annahme zu erwägen, dass ‚ denjenigen Individuen, in deren Knochen die Kanäle sich finden, ganz besondere Gestaltungsmechanismen eigen gewesen seien, eine An- nahme, die aber allen bisherigen biologischen, normalen wie pathologi- ‚ schen, Erfahrungen direkt widerspräche und damit unsere ganze Auf- fassung von der gemeinsamen Organisationsweise der nächstverwandten Thiere von Individuen derselben Species umstürzen würde. Danach bleiben für die ursächliche Ableitung unserer Kanäle Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 46 NR nur noch äußere Einwirkungen übrig und unter diesen sind ver- schiedene, welche ähnliche Bildungen hervorzubringen vermögen. Im Reiche desanorganischen Geschehens giebt es wenig Arten derartiger typischer Gestaltungen. Auf den ersten Blick ähnlich sind die in Mineralien durch Flüssigkeiten hervorgebrachten Korrosionska- näle und die Flüssigkeitseinschlüsse.. Diese bilden manchmal auf größere Strecken parallel kontourirte, gewunden oder gerade ver- laufende Kanäle, welche sich vielfach verästeln!. Aber im Ganzen be- trachtet lassen sie deutlich erkennen, dass sie wesentlich anderen Ge- staltungsgesetzen folgen, als unsere Kanäle. Sie zeigen nämlich im Verlaufe häufig spindelförmige oder buchtige Erweiterungen, sind an den Verästelungsstellen meist analog den Blutgefäßverzweigungen oder in noch höherem Maße erweitert und die Äste verbinden sich vielfach netzförmig unter einander. Letztere Eigenschaft ist das wesentlichste Unterscheidungsmerkmal und gestattet uns, diese Erklärungsmöglich- keit von der Hand zu weisen. Die Gestalt dieser Korrosionskanäle be- ruht außer auf den hydrodynamischen Strömungsgesetzen wesentlich auf Korrosionsprädispositionen, welche im ungleichen molekularen Auf- bau der betreffenden Mineralien gegeben sind. Wenn man unsere Knochenkanäle auf die gleiche Weise erklären oder von Flüssigkeits- einschlüssen ableiten wollte, würde also anzunehmen sein, dass schon bei der Bildung der Knochen längs des Verlaufes unserer Kanäle leich- ter lösliche Knochensubstanz abgelagert oder Flüssigkeit eingeschlossen worden sei, womit wir wieder auf die oben schon dargelegten Un- wahrscheinlichkeiten stoßen würden. Die anderen Zusammenhang trennenden und Hohlräume bewir- kenden anorganischen Kraftwirkungen, welche wir kennen, wie z.B. die des in den Boden eindringenden Blitzstrahles, sich entwickelnder Gase ete., sind noch weniger geeignet, Kanäle von so geringem und konstantem Durchmesser hervorzubringen. Eben so wenig können die synthetisch wirkenden Kräfte, wie die Kohäsion und Adhäsion, z.B. bei der Stalaktitenbildung in Verbindung mit der Schwerkraft, oder die Kräfte der Krystallisation, obschon sie ähnliche baumförmig ver- zweigte Bildungen herstellen, als Ursachen unserer Kanäle angesehen werden, denn letztere können nicht als Negativformen solcher positiven 242 | Wilhelm Roux, 1 Vgl. Sammlung von Mikrophotographien zur Veranschaulichung der mikro- skopischen Struktur von Mineralien und Gesteinen von E. Conen. Stuttgart 1883. Den höchsten Grad aufgefundener Ähnlichkeit bot Fig. 2 auf Taf. VII, die Ab- bildung von schlauchförmigen und mannigfach verästelten Flüssigkeitseinschlüs- sen in einer Olivinbombe vom Dreiser Weiher in der Eifel, bei 250facher Vergröße- rung, dar. Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus., 243 Bildungen aufgefasst werden, da nach unserer früheren Auseinander- setzung die Knochensubstanz als das primär Gebildete, die Kanäle als das Sekundäre anzusprechen sind und da derartige synthetische Bil- dungen, von denen überhaupt bloß die Stalaktiten manchmal eine nähere Ähnlichkeit aufweisen, nicht in feste Körper hinein erfolgen. So werden wir also auf Einwirkungen fremder organi- scher Gebilde auf unsere Knochen verwiesen. Zunächst das Thier- reich angehend, so kann die Ähnlichkeit mit den vielmal weiteren Gängen, welche die Vioa Nardo :(Cliona) in Steinen und Conchylien- schalen hervorbringt oder mit Wurmkanälen im Boden schon desshalb keine kausale Bedeutung erlangen, weil unsere Kanäle sich in ihren Querdurchmessern von zumeist 0,002—0,004 mm bloß innerhalb der Größe der einzelnen Elementarorganismen, der Zellen, bewegen. Diese Größe der Elementarorganismen macht es erklärlich, dass wir keine im Querdurchmesser aus mehreren Zellen zusammengesetzte Organismen, also keine echten Thiere, Pflanzenthiere und auch keine höheren Pflan- zen von so geringen Durchmessern kennen, obgleich die untere Grenze des Durchmessers mehrzelliger Thiere mit 0,008 mm der eben ausge- schlüpften Trichinenembryonen, und 0,042 mm der Filaria sanguinis allerdings nur wenig über der mittleren Dicke unserer Kanäle liegt. Da indess unsere Kanäle zumeist bloß halb, zum Theil bloß !/, so dick sind, als diese dünnsten Thiere, so wird es doch in gewissem Grade unwahr- scheinlich, dass es solche, uns aber bis jetzt unbekannt gebliebene, Organismen gebe; und außer dieser also neuen Annahme müsste das weitere Novum eingeführt werden, dass diese unbekannten Thiere noch die Fähigkeit der Knochenauflösung besessen hätten, von den typischen Verästelungen der Kanäle ganz zu schweigen. In Folge dieser außerordentlich geringen Dicke unserer Kanäle können auch die Bryozoen nicht als eventuelle Ursachen derselben auf- gefasst werden, obgleich die Kolonien dieser Thiere gleichfalls ver- zweigte, durch Scheidewände gegliederte Fäden bilden, von denen manche, wie mir Herr Professor Enters freundlicherweise mittheilte, gleichfalls in Hartgebilde einzudringen vermögen. So weit bis jetzt be- kannt, kommen Bryozoen nicht unter 0,03 mm Dicke vor, und bei ihrem komplieirten Bau, welcher auf dem Querdurchmesser mindestens sechs Zellen aufweist, ist es auch nicht anzunehmen, dass sie, bis zu dem Durchmesser einer einzigen Zelle, bis zu 0,004—0,001 mm ver- kleinert, existiren könnten. Danach bleiben noch die Protozoen und niederen Pflanzen zu wei- terer Berücksichtigung übrig. Protozoen, welchen die Fähigkeit zu- käme, die Kalksubstanz und die organische Knochengrundsubstanz 16* 244 Wilhelm Roux, aufzulösen, würden im Stande sein, eylindrische Kanäle von der Weite der unseren im Knochen hervorzurufen, sofern sie zugleich die Ge- wohnheit hätten, sich längere Zeit in derselben Richtung fortzubewegen. Die seitlichen Zweige müssten durch nachkriechende und dann seit- lich ablenkende Genossen bedingt sein, oder die ersten Kanalbildner müssten nach vorherigem Rückwärtskriechen diese neuen Wege ein- seschlagen haben. Da wir aus unseren gegenwärtigen Kenntnissen keine Gründe ent- nehmen können, die uns gestatteten, diese Annahmen als unmöglich oder auch nur als sehr unwahrscheinlich zurückzuweisen, so sind wir hiermit am Ende unserer apagogischen Ermittelung der möglichen Ur- sachen der geschilderten Knochen- resp. Knorpelkanäle angekommen. Etwas unseren Verhältnissen nur sehr entfernt Vergleichbares könnte man in den bloß 3—6 u dicken sogenannten Filamenten des Horn- schwammes: Hireinia variabilis, zu vermuthen geneigt sein, sofern man diese mit KÖLLIkeEr, F. Eır#arn Schtzze u. A. als parasitärer Natur und als zu den Protozoen gehörig auffasst. Aber sie sind unverästelt und liegen in ihrer ganzen Länge von 8 mm dicht zusammengeknäuelt. Eher indess könnte die Feinheit der in dem Wirbel des Ichthyosaurus aus dem Reifflinger Kalk, neben vier- bis sechsmal diekeren, vorkom- menden Kanäle von bloß 0,001 mm Durchmesser auf eine Entstehung durch Bakterien bezogen werden. Diese feinsten Kanäle sind zugleich so stark gewunden und so dicht bei einander, dass man keinen dersel- ben auf eine größere Strecke hin verfolgen kann, und dass es sich auch der sicheren Beurtheilung entzieht, ob sie verästelt sind oder nicht. Letzteren Falles würden sie leicht von Bakterien ableitbar sein, wobei als neu das stetige Vordringen nach derselben Seite einzuführen wäre. Denn die Fähiskeit der Auflösung des Knochens wird nach neueren Untersuchungen von Zahnärzten! einem wohl noch den Protisten zuge- hörigen Spaltpilze (Leptothrix buecalis) zuerkannt. Diese Autoren führen die Auflösung der Kalksubstanz des Schmelzes und des Zahnbeines bei der Caries der Zähne auf die, in Gegenwart von gährungsfähigen Substan- zen, säurebildende Wirkung des Leptothrix zurück. Dieser Spaltpilz dringt aber nicht selber Kanäle bildend in die harte Substanz ein, son- dern die Kalksubstanz wird bloß von außen her oder von den präfor- mirten Zahnbeinkanälen aus in diffuser Weise aufgelöst, wonach dann die entkalkte Substanz der durch andere Spaltpilze bedingten Fäulnis verfällt. ! Vgl. W.D. MıLıer, Gährunssvorgänge im menschlichen Munde und ihre Beziehung zur Caries der Zähne und zu anderen Krankheiten. Deutsche med. Wochenschr. 4884. Nr. 36. Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 245 Sind wir also bei den Protisten bereits an der Grenze der direkten Zurückweisung von Möglichkeiten angekommen, so kann uns nun aber die kausale Bedeutung mehrfacher Übereinstimmung den wahrscheinlichen Ursachen noch einen Schritt näher führen. Denn unsere Kanäle stimmen sowohl in ihrer Dicke wie in ihrer Gestalt und in der Verzweigung durchaus überein mit niederen pflanzlichen Gebil- den, welchen in ihrem Wachsthumsvermögen zugleich auch die für die Kanalbildung nöthige Fähigkeit der längeren Fortbewegung nach der- selben Seite hin zukommt, mit Algen und Pilzen. Von diesen sind aber die Algen noch in so fern morphologisch von unseren Kanälen mehr different, als sie keine dichten Geflechte bilden; außerdem bedürfen sie zu ihrer Existenz des Lichtes, denn sie bilden organische Substanz, sind jedoch nicht fähig, schon gebildete organische Substanz aufzulösen und zu verzehren. Die Pilze dagegen bilden mit ihren Mycelfäden dichte Geflechte ganz von dem Charakter der Geflechte unserer Kanäle. Und eben diese auffallende Ähnlichkeit war es, welche mich, nachdem ich schon an dem Knochen der Rhytina erkannt hatte, dass die Kanäle kein durch- gehendes Strukturverhältnis der ganzen Knochensubstanz darstellten, veranlasste, Pilze als Ursachen derselben zu vermuthen. Die Pilze haben ja gerade die Gewohnheit, mit ihren Mycelfäden (Hyphen) in organische Substanzen einzudringen und dieselben als Nahrung zu ver- wenden, so dass wir also bloß die besondere Fähigkeit der Auflösung gerade der kalkhaltigen Knochen- und der Knorpelgrundsubstanz als Novum einzuführen haben. Die Eintheilung der Pilze wird wesentlich nach der Beschaffenheit und dem sonstigen Verhalten der Fruchtkörper gemacht. Wenn wir daher die Pilze, welche wahrscheinlich unsere Kanäle hervorgebracht haben, genauer klassifieiren wollten, müssten wir diese letzteren ken- nen. Nun habe ich aber als in mehreren Wirbeln vorkommend theils weitere, ausgebuchtete, theils nicht besonders erweiterte Kanäle be- schrieben, welche mit eigenartigen rundlichen Gebilden erfüllt waren. Diese letzteren Gebilde haben die Größe und Form theils unreifer, theils reifer Sporen von Phycomyceten. Zugleich sind bei den dieser Pilzgruppe zugehörigen Saprolegnieen die Fruchtkörper schlauchförmige Gebilde, welche in dem Nahrungssubstrat selber lagern können. Dem- nach könnten die erwähnten Bildungen als Sporangien, ihr Inhalt als Sporen von einer Saprolegniee aufgefasst werden. Ob diese Auffassung zutreffend ist, ist indess an dem mir zur Verfügung stehenden Material nicht zu entscheiden. | Sehen wir daher von diesen Bildungen ab, so fehlt uns, wie dess- 346 Wilhelm Roux, gleichen auch in jenen Fällen, wo erstere überhaupt nicht beobachtet worden sind, z. B. in den Knochen der Rhytina, das wesentlichste Mo- ment für die genauere Bestimmung unserer Pilze. Man könnte an- nehmen, die Fruchtkörper hätten sich, wie dies bei den übrigen Pilzen geschieht, außerhalb des Substrates, an der freien Oberfläche ent- wickelt und seien desshalb nicht erhalten geblieben. Dies wird bei Rhytina wahrscheinlicher, weil sich in Folge der zumeist gleichbleiben- den Dicke der Fäden und der Anwesenheit zahlreicher Scheidewände in relativ kleinen Abständen eine Annäherung an die Verhältnisse der Ascomyceten ausspricht, während die Phycomyceten mit der weiteren peripheren Verzweigung immer feinere Fäden bilden und Scheide- wände bei ihnen bloß in den kurz vor der Bildung der en entstandenen Fäden auftreten. Die genauere systematische Bestimmung unserer knochen- und knorpelfressenden Pilze bleibt demnach eventuellen weiteren Unter- suchungen der Fachleute vorbehalten. Der in der Überschrift mitge- theilte Name Mycelites ossifragus schließt sich rein an den gegen- wärtig vorliegenden Thatbestand an, er präjudieirt daher in keiner Weise etwas über die Ergebnisse dieser hoffentlich zu gewärtigenden Untersuchungen und kann in dem wahrscheinlichen Falle, dass unsere Pilze in mehrere Gruppen gesondert werden, für eine derselben, am besten wohl für den gegenwärtig am genauesten charakterisirten, bis jetzt freilich bloß in der Rhytina gefundenen Pilz beibehalten werden. Da dieScheidewände in den Kanälen nach obiger Darlegung für die systematische Stellung unserer Pilze von Bedeutung sind, und da sie weiterhin auch gegen Denjenigen, welcher meiner bisherigen Beweisführung nicht zustimmt, als zwingendes Beweismaterial für den pflanzlichen resp. pilzlichen Ursprung der Kanäle verwerthbar sind, sofern unzweifelhaft dargethan worden ist, dass sie nicht anorganischer Natur sein können, so versuchte ich, charakteristische Unterschiede zwischen ihnen und künstlich erzeugten Scheidewänden aufzufinden. Dies schien mir um so wünschenswerther, als, wie oben angegeben, die Substanz der Scheidewände nicht (resp. nicht mehr) die specifischen Reaktionen der Pilzcellulose zu zeigen vermochte. Zu diesem Zwecke stellte ich in fein ausgezogenen gläsernen Kapillarröhrchen durch inter- mittirendes Eintauchen derselben in geeignete Flüssigkeitsmischungen künstlich alle möglichen Hauptformen solcher Häute dar und bildete sie in Fig. 5 ab. Einige derselben sind den in Fig. 4 wiedergegebenen Scheidewänden unserer Kanäle in hohem Maße ähnlich. So sind b, d und e der Fig. 5 ähnlich dem rein quergestellten ziemlich gleich dicken Septum Fig. 4 a. Die gebogenen Septa Fig. 4 g, h, i sind ähnlich dem Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 247 künstlichen Septum c. Der Übergang der Septumsubstanz in eine den Kanal auskleidende Wandschicht findet sich künstlich erzeugt in Fig. 5.h. Hätte die Wandung der Kapillarröhrchen an schräg gegenüber gele- genen Stellen Prädilektionen für Adhäsion dargeboten, indem daselbst kleine benetzbare Vorsprünge oder Körnchen gewesen wären, so wäre es wohl auch möglich gewesen, etwas schräg gestellte Septa zu erzeu- gen. Die allgemeine Möglichkeit, den Septis unserer Kanäle sehr ähn- liche Bildungen künstlich zu erzeugen, ist also nicht von der Hand zu weisen; ob aber die dazu nöthigen Bedingungen seiner Zeit in unseren Kanälen vorhanden gewesen sind, entzieht sich der Beurtheilung. Mit den Scheidewänden zeigt sich aber bei unseren Kanalbildungen gewöhnlich noch ein weiteres, gleichfalls den Pilzen zukommendes Merkmal verknüpft, welches schwerer künstlich zu erzeugen sein würde. Die Scheidewände finden sich, wie oben mitgetheilt, meist an Stellen, wo zugleich eine geringe ringförmige Einschnürung der äuße- ren Umgrenzung des Kanales vorhanden ist (Fig. 3 g, h, i), oder wo da- neben eine Ausbuchtung des Kanales existirt (Fig. 3 f, g), oder eine dauernde Änderung der Dicke desselben für eine größere Strecke statt- findet (Fig. 3 f, g, i), kurz, wo eine kleine Änderung auch des Lumens des Kanales vor sich geht. Selbst wenn unsere Kanäle von vorn herein solche Lumenänderungen gehabt hätten, so würde es doch kaum als möglich anzunehmen sein, dass die Flüssigkeitssepta zufällig so dirigirt worden seien, dass die künstlichen Septa zumeist an diesen Stellen haften blieben, obgleich durch die Einschnürung selber die Prädis- position dazu gegeben ist. Bei den Septis der Hyphen dagegen wieder- holt sich diese Kombination ziemlich regelmäßig, so dass hierin und in der Gestalt der Septa selber sehr gewichtige Übereinstimmungen sich bekunden. Setzen wir damit in Verbindung die Verästelung der Kanäle unter blinder Endigung derselben, also ohne oder fast ohne Netzbildung, aber mit häufig dichter Geflechtbildung, so finden wir in den Kanälen alle die Merkmale vereint, welche zusammen den formalen Charakter der Pilze bestimmen. Dazu kommt noch weiterhin, dass unsere Kanäle auch in der Weite mit der Dicke der Pilzfäden übereinstimmen, denn auch letztere schwanken zumeist zwischen 2 und 6 u Dicke und können, je nach dem Reichthum und der Natur der Nahrung, bei demselben Pflanzenindividuum um diese Mittelwerthe in noch weiteren Grenzen variiren. Bei den Kanälen der Rhytina aber vermehren sich diese Übereinstimmungen, wie oben erwähnt, noch um zwei Merkmale, welche sie enger mit den Ascomyceten verbinden: die im Allgemeinen 348 Wilhelm Roux, gleich weite Beschaffenheit der Kanäle auch bei längerem Verlauf und mehrfacher Verzweigung, so wie der Reichthum an Scheidewänden. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese stetig wiederkehrende Häufung mit denen der genannten Pflanzen übereinstimmender Merkmale durch andere als die gleichen Ursachen bedingt sei, muss als sehr gering be- zeichnet werden, jedenfalls aber als viel geringer, als z. B. die Wahr- scheinlichkeit, dass eine nicht mit Natrium identische Substanz den Absorptionstreifen D im Spektrum hervorbringt. Trotzdem zweifelt auf Grund der bloß zweifachen Übereinstimmung der Lage der beiden Theile dieses doppelten Absorptionsstreifens mit der Lage der beiden gelben Natriumlinien der Spektralanalytiker nicht an der Identität des in dieser Weise reagirenden Sonnenstoffes mit dem irdischen Natrium, wofür ihm allerdings die Verantwortung, so wie auch die eventuelle spätere Zurücknahme dieser Folgerung überlassen bleibt. Das Neue bei dieser ursächlichen Ableitung der beschriebenen Kanäle von Pilzen besteht, wie schon erwähnt, bloß darin, dass Pilze gerade in den Knochen und Knorpel hinein wachsen, während es längst bekannt ist, dass sie in das festeste Holz einzudringen vermögen. Dass pflanzliche Gebilde kalkhaltige Bildungen aufzulösen im Stande sind, zeigen einige Algen, wie Acetabularia und Laminaria, welche mit ihren Haftorganen in steinige Massen eindringen. Außerdem sind bereits vor längerer Zeit von WeoL! Kanäle, welche in den Schalen mancher Acephalen und Gasteropoden beobachtet wor- pen waren, als durch Algen hervorgebracht gedeutet worden, während A. Köruiker ? dieselben als pilzlicher Natur auffasst und diese Deutung auch auf theils von ihm und theils von früheren Autoren in dem Horn- skelett von Spongien, in den Hartgebilden von Foraminiferen, Kalk- korallen, Brachiopoden, Cirrhipeden (bei Balanus), Annelliden (bei Ser- puliden) und in Fischschuppen (von Beryx ornatus) beobachtete Kanäle ausdehnt. Bei dieser Diagnose stützt sich KöLuıker besonders auf Bil- dungen, welche er in einigen Objekten gleichzeitig mit den Kanälen vorfand und für Sporangien und keimende Sporen anspricht. Die ob- jektive Beschreibung, welche KöLLiker von seinen Befunden giebt, be- zieht sich indess genau genommen bloß auf die Hohlräume in den Skeletttheilen, während er jedoch stetig und von Anfang an von Pilz- fäden und Sporangien als objektiv wahrgenommenen Gegenständen ! Über die Bedeutung der in den Schalen von manchen Acephalen und Gastero- poden vorkommenden Kanäle. Sitzungsber. der Wien. Akad. Bd. XXXIII. p. 451. 1859. 2 Über das ausgebreitete Vorkommen von pflanzlichen Parasiten in den Hart- gebilden niederer Thiere. Diese Zeitschr. Bd. X. p. 245, 4860. Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 249 spricht. Es ist daher nicht sicher zu beurtheilen, ob er diese Bildungen wirklich in natura aufgefunden hat; und ob seine Deutungen durchweg richtig sind. Herr von KöLLiker würde mir gewiss aufs Neue und diesmal wohl nicht ohne Grund den Vorwurf misszubilligenden Theoretisirens machen, wollte ich auf die bloße Ähnlichkeit der von ihm abgebildeten Hohlräume mit den äußeren Kontouren von Hyphen, Sporangien und keimenden Sporen hin seinen Diagnosen ohne Weiteres zustimmen, um so mehr als in einem Theil der genannten Schalen zugleich noch andere, in ihrer Bedeutung gleichfalls nicht sicher bekannte, mehr oder weniger den schon erwähnten ähnliche Kanalbildungen vorkommen. Da Kör- LIKER im Gegensatz zu Wepı nie Scheidewände in den Kanälen wahr- zunehmen vermochte, so fasst er die Pilze als einzellige auf. In die Hornsubstanz der Spongien denkt er sich die Pilze bloß mechanisch eingedrungen, während er für das Eindringen in die Kalkschalen ihnen das Vermögen, kohlensauren Kalk aufzulösen, zuspricht; außerdem hebt er bereits die oben von mir gleichfalls festgestellte Thatsache her- vor, dass die bezüglichen Pilzbildungen vorwiegend in den Skelett- theilen von Seethieren sich finden, während er sie in Süßwasserthieren nur äußerst selten aufzufinden vermochte. Weiterhin fand neuerdings M. Duncan ! in jetzt lebenden Madre- poren einen der Achlya ähnlichen Pilz und H. N. Moser£ry? beobachtete ähnliche Pilze in Tiefseekorallen (in einem Flabellum aus 380 Faden Tiefe) und in einer Millepore des flachen Wassers. Das Mycel derselben schien einzellig zu sein. Bezüglich der Einlagerung der Pilze in die harte Substanz vermuthet Moseıry (nach gefälliger brieflicher Mitthei- lung), dass dieselbe derart erfolgt sei, dass innerhalb der weichen von den Pilzen durchsetzten Gewebe nachträglich Kalkablagerung stattfand. Wie weit Ähnliches von den von Körner beobachteten Kanälen gilt, muss zunächst dahingestellt bleiben. Wenn diese Vermuthung sich be- stätigen sollte, so würden diese Pilze mit den unseren, welche in die schon gebildete Knochensubstanz eingedrungen sind, also nicht zu parallelisiren sein; und von dem Pilz der Rhytina unterscheiden sie sich auch schon durch die Einzelligkeit des Mycels. Für die Eigenschaft unserer Pilze, in Knochen und Knorpel einzu- dringen, wäre bei dem reinen Spitzenwachsthum der Hyphen bloß er- forderlich, dass der Scheiteltheil resp. die Scheitelzelle jedes Hyphen- Stammes oder -Astes an dem peripheren Ende das Vermögen habe, die Knochen- resp. Knorpelsubstanz aufzulösen. Für die faktische Be- schränkung dieses Vermögens auf das freie Ende der Hyphen spricht 1 Proc. Royal. Soc. 4876. Vol. 474. p. 238 ff, ? The Voyage of H.M. S. Challenger. Zool. Vol. II. p. 30. 350 Wilhelm Roux, unabweisbar der thatsächliche Befund, dass die von mir gefundenen Kanäle zumeist in ihrem ganzen Verlaufe wesentlich gleich dick sind: Die Unebenheit der Kontouren der Kanäle würde sich aus den un- gleichen Widerständen der Knochengrundsubstanz erklären, die sich aus der lamellösen Schichtung und aus der durch Fibrillen und Kitt- substanz gebildeten Struktur derselben so wie vielleicht auch aus un- gleich dichter Kalkeinlagerung ergeben. Die Pilze scheinen sich übrigens in der Knochen- und Knorpelsubstanz sehr wohl befunden zu haben, da sie es verschmähen, sekundär wieder aus dem Knochen heraus in die luft- oder flüssigkeithaltigen Räume der Blutgefäßkanäle oder der Knochen- und Knorpelzellen hineinzuwuchern; denn so weit dies durch Beobachtung feststellbar ist, verbleiben sie, nachdem sie einmal von einem Blutgefäßkanal oder Markraum oder von der freien Ober- fläche aus in die gewebliche Stützsubstanz eingedrungen sind, bei ihrer weiteren Verzweigung stets innerhalb dieser Substanz. Freilich ist der Mechanismus dieser Beschränkung, eben so wie auch derjenige des Ausbleibens häufiger sekundärer Anbohrung der Wandung schon vor- handener Kanäle bei dem so dichten Geflechte derselben durchaus räthselhaft. Dies ist aber nicht bloß bei unseren hypothetischen Pilzen, sondern auch bei bekannten Pilzen, z. B. den Hypodermiern in gleicher Weise der Fall. Ferner bleibt es mir eben so wie KöLLıker ein Räthsel, was die Pflanzen mit den vielen Kalkverbindungen angefangen haben. Sie können dieselben wohl kaum in sich behalten haben; wenigstens würden sie sich dann von dem Wassergehalt aller ihrer Verwandten aufs wesentlichste unterscheiden. Außerdem aber würden wir dann diese Kalksalze in den Kanälen wohl wenigstens theilweise noch vor- gefunden haben, wie das Gleiche in den Knochen der Fall ist. Sicher also sind die Kalksalze aus der Tiefe der Knochen fortgeschafft, an die Oberfläche befördert worden. Die Pilze müssten demnach die Fähig- keit haben, längs ihrer Fäden auf im Verhältnis zu ihrer Dicke sehr großen Strecken von mehreren Millimetern die Kalkverbindungen in sich fortzubewegen, um sie an der Oberfläche der Knochen, resp. in den Havzasischen Kanälen an das Wasser abzugeben. Wenn wir nunmehr die oben unbeantwortet gelassene zeitliche Frage, ob die Kanäle während des Lebens oder nach dem Tode des Individuums entstanden sind, wieder aufnehmen wollen, so scheint bei der gewonnenen Auffassung von der Ursache das letztere Verhalten als das wahrscheinlichere. Es giebt ja viele in lebender Substanz sich ent- wickelnde, also parasitäre, Pilze und es sind auch von den Wirbel- thieren Mykosen, selbst eine, welche die Knochen zerstört, die Actino- mykose, bekannt. Trotzdem können wir ein Gleiches in unseren Fällen Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 251 ziemlich sicher von der Hand weisen. Denn es ist nicht wahrschein- lieh, dass das lebende Knochengewebe nicht im geringsten auf die Kontinuitätstrennungund auf die Anwesenheit einer fremd beschaffenen Substanz durch Auflösung der Knochensubstanz innerhalb der alterirten Zellterritorien seitens der zugehörigen Zellen oder seitens besonderer Osteoklasten reagiren sollte. Haben sich, wie also anzunehmen ist, die Pilze erst nach dem Tode des Individuums entwickelt, so ist weiterhin zu fragen, ob sie dies noch innerhalb der Säfte des Organismus, oder erst nach der Zerstörung der Weichtheile gethan haben. Wird Letzteres angenommen, so wäre alsdann darüber zu entscheiden, ob die Pilz- bildung im Meerwasser, oder im Süßwasser der Flussmündungen oder des Landbodens vor sich gegangen ist. Über diese Fragen ist zur Zeit kein bestimmtes Urtheil abzugeben. Man kann vielleicht vermuthen, dass die eigenen Säfte des Organismus nicht so lange vorgehalten haben, als Zeit erforderlich war, um die Knochensubstanz des ganzen Wirbels z. B. eines Ichthyosaurus durch und durch zu durchwachsen. Andererseits aber lässt sich daraus, dass wir die Pilzkanäle in allen den oben genannten marinen Ablagerungen gefunden haben, noch nicht folgern, dass alle die entsprechenden Knochen auch zur Zeit der Entstehung der Kanäle im Meerwasser gelegen haben. Dem ge- genüber muss es aber auch als unwahrscheinlich bezeichnet werden, dass alle diese größtentheils von Seethieren herrührenden Skelett- theile in Flüsse oder an das vom Regen befeuchtete Ufer gespült wor- den seien. So ergiebt sich also eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass es auch im Seewasser lebende und zugleich knochenfressende Pilze gebe oder gegeben habe, was mit Köruıker’s Befund überein- stimmt und weiterhin in so fern interessant ist, als außer der Achlya Duncan’s und Moseıey's bis jetzt nur noch ein der Gattung Chytridium zugehöriger Algenpilz (Fern. Conx) im Meerwasser aufgefunden worden ist. Diese geringe Zahl bekannter, im Seewasser lebender Pilze kann nicht Verwunderung erregen, da noch nicht sorgfältig nach solchen, für den Haushalt des Meeres nöthigen saprophytischen Pilzen gesucht worden ist. | Unseren Pilzen kommt weiterhin ein Interesse dadurch zu, dass sie schon in allen drei Systemen der Sekundärzeit auffindbar waren, während bisher Pilze aus so früher Zeit noch nicht bekannt waren, mit Ausnahme der in ihrer Natur als Pilzmycel zweifelhaften Rhizomorpha Sigillariae Lesguerevx’ aus der amerikanischen Steinkohle. In Knochen, welche aus dem nicht gewachsenen Boden der Stadt Breslau ausgegraben waren, so wie in verschimmelten Knochen der Anatomie konnte ich keine solchen Pilzkanäle und daher auch keine 232 Wilhelm Roux, sie bewirkenden frischen Pilze finden. Die äußeren Lebensbedingungen. der hypothetischen Pilze scheinen also besondere, vielleicht gerade marine, zu sein und sind ebenfalls erst noch zu ermitteln. In der vorstehenden Erörterung über die ursprüngliche Ableitung unserer Kanäle habe ich aus den dargelegten Gründen den Pilzen den Vorzug vor allen anderen denkbaren Ursachen gegeben; dies geschah außer auf Grund einer fünffachen Übereinstimmung noch desshalb, weil zufolge dieser mehrfachen Übereinstimmung zur vollkommenen Erklärung der Thatsachen nur wenige und zwar geringer als bei jeder anderen Ableitung erscheinende neue Annahmen nöthig waren. Ich verkenne aber nicht, dass diese geringste Werthigkeit unserer neuen Annahmen ein rein subjektives Werthurtheil enthält. Andere Autoren mögen der Ansicht sein, dass die Verkleinerung der Zellen unter die zur Zeit bekannten Größen, die Bildung besonders dünner Thiere aus solchen Zellen und die Erwerbung der Fähigkeit dieser Thiere in den Knochen einzudringen und ihn als Nahrung zu verwen- den, geringer werthige Neuheiten darstellten, als dass aus einer schon in feste Theile einzudringen und in ihnen zu leben gewohnten Orga- nismengruppe eine Abart derselben entstehe, welche in einem anderen festen Gebilde zu leben vermöge, ohne sonst zu einer morphologischen Änderung genöthigt zu sein. Oder aber andere Autoren mögen die letztere Veränderung für den Naturkräften schwerer fallend ansehen, als dass in manchen Individuen ganz neue sonst in der Species und Klasse nicht vorkommende Mechanismen erzeugt würden, welche unsere Kanäle hervorzubringen im Stande wären. In solchen über das positive Wissen hinausgehenden Urtheilen, welche der zu weiterer Kenntnis gelangten Nachwelt eben sowohl die speeifische Begabung eines Autors zum Forschen wie andererseits in seinem Mangel an Verständnis des Naturgeschehens seine Unfähigkeit zu solchem Thun am deutlichsten zu demonstriren vermögen, erlebt man ja gegenwärtig, auch von hoch angesehenen Männern gelegentlich das Überraschendste, dem Sinne des bereits Bekannten Widersprechendste, so dass ich auf die absonder- lichsten Andersdeutungen der von mir entdeckten Kanalbildungen ge- fasst bin. Jedenfalls aber ist mit dem Betreten und Überblicken des Gebietes der subjektiven Werthurtheile unsere, wie jede andere Frage, bis zu der Grenze fortgeführt, über welche hinaus eine weitere, nicht auf neuen Thatsachen beruhende Erörterung keinen Schritt weiter führt und daher besser unterbleibt. Die Thatsache des Vorkommens solcher bisher unbekannter, be- sonders charakterisirter Kanäle in Knochen und Knorpeln wird durch ‚Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossifragus). 253 die ihr untergelegte kausale Bedeutung nicht berührt; und wenn diese Kanäle in einem Skeletttheil reichlich ausgebildet sind, so werden sie ihm, wie erwähnt, nicht bloß einen fremden geweblichen Habitus ver- leihen, der den Untersucher leicht zu histologischen Irrthümern verführen kann, sondern sie werden auch die Widerstandsfähigkeit. des Skelett- theiles- gegen Druck, [und damit seine Erhaltungsfähigkeit in hohem Maße vermindern. Es werden dann schon relativ geringe Belastungen genügen, den Skeletttheil zu zertrümmern, so fern nicht rechtzeitig flüssige und danach erstarrende Mineralmassen eingedrungen sind und die Widerstandsfähigkeit wieder hergestellt haben. Wir haben also in den beschriebenen Kanalbildungen zugleich ein neues Moment kennen gelernt, welches die Urkunden der Stammesentwicklung zu vernichten befähigt und, nach dem reichlichen Vorkommen desselben zu schließen, auch ernstlich bemüht ist, welches aber seine Wirksamkeit gerade auf die sonst dauerfähigsten Theile der höheren Organismen erstreckt. Den Professoren und Docenten Herren RormEr und LEHMANN pa- läontologischerseits, so wie Fern. Coun, Eıpam und Frank Schwarz bo- tanischerseits bin ich bei der vorstehenden, mehrfach auf mir ferner liegende Gebiete übergreifenden Abhandlung für bereitwilligst er- theilte fachmännische Auskunft, so wie Herrn Professor Hasse für die Überlassung des Untersuchungsmateriales zu besonderem Danke ver- pflichtet. Breslau, August 1886. > Erklärung der Abbildungen. Tafel XIV. Fig. 4. Rhytina Stelleri, Rippenquerschliff. Vergr. 150. Fig. 2. Dessgleichen. Querschliff eines HAvErsischen Lamellensystemes. Mit Salzsäure entkalkt. Vergr. 450, Fig. 3. Dessgleichen. Mit Salzsäure entkalkt. Einige Kanäle isolirt gezeichnet. Vergr. 600, Fig. 4. Dessgleichen. Entkalkt. Scheidewände der Kanäle. Vergr. 800. Fig. 5. Künstliche Scheidewände in Kapillarröhrchen, Vergr. 20. Fig. 6. Isolirte (kieselsaure?) Ausgüsse aus dem Wirbel eines unbestimmten Selachiers von Königsberg i. Pr., Oligocän. Vergr. 800. Fig. 7. Kanäle in zahnbeinähnlichem Gewebe von Brunn bei Wien. Miocän. Vergr. 450. 254 Wilhelm Roux, Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Myc. ossitragus). Fig. 8. Schliff aus einem Wirbel von Teleosaurus. Dives, Normandie. Mittleres | Jurasystem. Vergr. 450. Fig. 9. Dessgleichen eines Wirbels von Thecodontosaurus. Zone der Avicula contorta. Keuper, Trias. Vergr. 400. Fig. 10. Dessgleichen eines Wirbels von Lamna. Pläner Kalk bei Strehlen. Turon. Vergr. 480. Fig. 44. Dessgleichen eines Wirbels von Teleosaurus. Dives, Normandie. Mitt- leres Jurasystem. Vergr. 500. Fig. 42. Dessgleichen eines Wirbels von Ichthyosaurus. Reifflinger Kalk. Muschelkalk, Trias. Vergr. 500. Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna | norddeutscher Seen. Von Dr. Otto Zacharias in Hirschberg i/Schl. (Mit Beiträgen von S. A. Poppe in Vegesack.) Mit Tafel XV. Die großen Binnenseen der skandinavischen und dänischen Halb- insel, so wie diejenigen der Schweiz und Oberitaliens sind schon seit längerer Zeit Gegenstand faunistischer Untersuchungen gewesen, und es genügt in dieser Beziehung die Namen LirLJEBorg, G. O. Sars, P. E. MüLLer, FoREL, Asper, Innor und Pavssı zu erwähnen, um daran zu er- innern, wie viel Fleiß, Geschick und geistige Kraft während der letzt- verflossenen 25 Jahre der Seendurchforschung in den genannten Län- dern gewidmet worden ist. Auch in Österreich (Böhmen) hat man es nicht unterlassen, aus- gedehnte Untersuchungen der nämlichen Art anzustellen, wie die bekannten Arbeiten von Anton Frıc und BonusLav Herricn beweisen. In Deutschland hingegen hat es bis jetzt an einer systematischen Durchforschung der zahlreichen großen Landseen gefehlt, obwohl die schönen Resultate, welche Weısmann, und früher bereits Leypıe bei ihren Forschungen im Bodensee erhalten haben, zur Fortsetzung solcher Studien hätten aufmuntern sollen. Dass dies nicht geschehen ist, scheint mit der notorischen Thatsache in Zusammenhang zu stehen, dass faunistische Exkursionen und größere Forschungsreisen im In- lande sich bisher nur einer geringen Beliebtheit in den Kreisen der deutschen Fachzoologen zu erfreuen hatten. Woher dies kommen mag, ist schwer zu sagen; aber die Thatsache selbst liegt so offenkun- dig vor, dass kein Geringerer als Leypıe sich in einer seiner neueren Publikationen! veranlasst gesehen hat, der Beschäftigung des Fauni- 1 Über Verbreitung der Thiere im Rhöngebirge und Mainthal, mit Hinblick auf Eifel- und Rheinthal. Verh. d. naturhist. Vereins der preuß. Rheinl. u. Westfalens. 1881. 296 Otto Zacharias, stikers eine Art von Ehrenrettung angedeihen zu lassen, die in folgen- der Darlegung ihren Ausdruck findet. »Solche Studien — sagt Leyvic — belohnen in mancherlei Weise. Sie regen zum Nachdenken über die Natur im Großen und Ganzen an und über das Einheitliche der Erscheinungen ; im Besonderen streifen die Nachforschungen über Aus- dehnung und Grenze des Verbreitungsbezirkes der Thiere gar nicht selten die ersten und letzten Fragen der Morphologie und Biologie. Unsere Vorstellungen bezüglich des Grundes thierischer Gestaltung müssen beeinflusst werden durch die Wahrnehmungen über Anpassung an einzelne Örtlichkeiten und die hiervon bedingte Abhängigkeit zu leben.« Danach fiele also dem Faunistiker, wenn er kein bloßer » coureur des bois et des champs« sein will, die interessante Aufgabe zu, die Lebensbedingungen der Thiere an Ort und Stelle zu studiren, um auf solche Weise darüber Erfahrungen zu sammeln: welche Abweichungen in seinem Bau ein und dasselbe animalische Wesen darbietet, wenn man es unter verschiedenen Verhältnissen der äußeren Umgebung be- obachtet. | Wie bei meinen früheren Exkursionen, so bin ich auch bei der diesjährigen bestrebt gewesen, die Thätigkeit des Faunistikers in dem von Lryvıs gekennzeichneten Sinne auszuüben, aber dieses Mal er- streckten sich meine Studien über ein viel umfassenderes Terrain, und demgemäß sind die Beobachtungen, welche ich gemacht habe, von größerem Belang und allgemeinerem Interesse. Ich hatte für den Sommer dieses Jahres (1886) den Plan gefasst, Forschungen über die pelagische und littorale Fauna norddeutscher Seen anzustellen, und die Ausführung meines Vorhabens wurde mir durch die Munificenz der königl. Akademie der Wissenschaften zu Ber- lin ermöglicht. Ich spreche der genannten Körperschaft für die er- haltene Subvention an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aus. Später wurde ich vom Direktor des westpreußischen Provinzialmu- seums, Herrn Dr. H. Conwentz, nach Danzig berufen, um in Anschluss an die Seendurchforschung in Holstein, Mecklenburg und Pommern, auch eine solche in Westpreußen vorzunehmen. Die Kosten dieser zweiten Exkursion trug der botanisch-zoologische Verein zu Danzig, der es zu seiner speciellen Aufgabe gemacht hat, die Pflanzen- und Thierwelt der Provinz Westpreußen nach allen Richtungen hin durch- forschen zu lassen. Während eines mehrmonatlichen Aufenthaltes in Norddeutschland untersuchte ich im Ganzen 42 große Wasserbecken, so dass ich nun im Stande bin, von der Seenfauna des bezeichneten Areals (welches 90 Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 357 deutsche Meilen in der Längsausdehnung umfasst) ein zutreffenderes Bild zu entwerfen, als dies bis jetzt auf Grund von da oder dort vorge- nommenen Einzeluntersuchungen möglich war. Wie bisher, so habe ich auch auf der diesjährigen Exkursion vorwiegend Turbellarien, Rotatorien, Hydrachniden und Entomostraken berück- sichtigt. I. Entomostraceen. A. Die pelagischen Formen. Bekanntlich stellen kleine Krebsthiere von niedriger Organisation das Hauptkontingent zu der beständig schwimmenden Fauna, welche die Mitte großer Landseen bewohnt. Sie sind fast stets in ungeheurer Anzahl vorhanden, und beim Fischen mit dem feinen Schwebnetz bil- den sie auf dem Grunde desselben schon nach wenigen Minuten eine fingerdicke Schicht. Diese pelagische Entomostrakengesellschaft be- steht in den norddeutschen Seen hauptsächlich aus zahlreichen Exem- plaren von Leptodora hyalina und Daphnella brachyura, mehreren Varietäten der Hyalodaphnia cucullata Sars, einer Species der Gattung Ceriodaphnia und diversen Bosminiden. Dazu kommen noch Copepoden, und zwar vorherrschend Gycelops simplex Pogg. und Diaptomus gracilis Sars. Die Vertheilung der Species im Wasser ist aber keineswegs eine gleichförmige. Sie scheinen sich vielmehr in Gruppen und Schwärmen zusammenzuhalten. Da, wo man die Leptodora zu Tausenden ins Netz bekommt, fängt man den Diaptomus nicht allzu zahlreich, und umge- kehrt verhält es sich an Stellen, wo es von Exemplaren dieses Cope- poden wimmelt. Dort wird man stets die Leptodora und andere Daph- niden in der Minderzahl antreffen. Bosminiden suchen mit Vorliebe die hell beleuchteten oberen Wasserschichten auf, und man fängt diese kleinen Kruster am massenhaftesten, wenn die Mittagssonne ihre glühendsten Strahlen auf den Seespiegel hernieder sendet. Zur Bestätigung der von Weısmann und auch von Forzr geäußerten Ansicht, dass die pelagischen Entomostraken »Dämmerungsthiere« seien, ergaben sich mir keine beweiskräftigen Belege. Dennoch zweifele ich keinen Augenblick daran, dass jenen beiden trefflichen Beobachtern ein Verhalten der fraglichen Krebschen bekannt gewor- den sein muss, welches wie ein Fliehen vor dem allzu grellen Sonnen- und Mondlicht ausgesehen hat. Meinen eigenen Erfahrungen zufolge kann die von Professor Weısmann hauptsächlich als lichtscheu hinge- stellte Leptodora eben so zahlreich am hellen Tage, wie in stockdunk- ler Nacht aus den Seen gefischt werden, und zwar aus den ganz ober- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 7 258 Otto Zacharias, flächlichen Wasserschichten derselben. Allerdings erinnere ich mich auch des Falles, dass im Einfelder See (nördlich bei Neumünster in Hol- stein) dieselbe Daphnide stets nur in einer Tiefe von 8—A0 Fuß unter der Oberfläche zu finden war, und nur in ganz vereinzelten Exempla- ren höher heraufstieg. Ich muss dies aber als eine lediglich lokale Er- scheinung bezeichnen, denn in den mecklenburgischen und west- preußischen Seen habe ich das nämliche Thierchen durchweg eben so zahlreich am hellen Mittag wie in der Abenddämmerung dem Wasser- spiegel nahe vorgefunden. Im Anschluss hieran möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich bei Polyphemus pediculus, einem fast ständigen Mitgliede der littora- len Fauna in den norddeutschen Seen, das Verhalten zum Licht experi- mentell festgestellt habe. Zu diesem Behufe brachte ich eine sehr große Anzahl von Exemplaren der genannten Daphnide in ein geräumiges Glasgefäß, und stellte dasselbe auf einen Tisch nahe ans Fenster. So- fort zog sich der ganze Polyphemusschwarm nach der Lichtseite des Glases hin, und verblieb dort in beständig wimmelnder Bewegung. Klebte man nun aber einen fingerbreiten Papierstreifen an die dem Fenster zugekehrte Vorderfläche des Behälters, so stob der Schwarm zu beiden Seiten des Streifens aus einander, und keins der Thierchen bezeugte Lust, sich in der verdunkelten Wasserschicht aufzuhalten. Hiermit ist die Lichtfreundlichkeit des Polyphemus positiv bewiesen. In Bezug auf Bosminiden habe ich dasselbe Experiment mit dem glei- chen Erfolge angestellt. Mit Exemplaren von Leptodora habe ich eben- falls einige Versuche gemacht; aber ich erhielt kein entscheidendes Resultat. Es schien mir vielmehr, dass diese Daphnide durch Beleuch- tungsunterschiede nicht beeinflusst wird, was übrigens auch zu dem Benehmen des Thierchens in seinen natürlichen Verhältnissen voll- kommen stimmt. Die oben (p. 257) aufgezählten Entomostrakenspecies sind gleich- sam als der Grundstock der in den norddeutschen Seen enthaltenen pelagischen Fauna anzusehen. Dies ist so zu verstehen, dass sie am häufigsten, und, ihrer Individuenzahl nach, am massenhaftesten vorzu- kommen pflegen, während andere Gattungen und Arten mehr auf die- sen und jenen See beschränkt zu sein scheinen. Wenn ich dieses Beobachtungsresultat ausspreche, so beziehe ich mich dabei auf meine Wahrnehmungen während der Sommermonate Juli und August. Die von mir in den verschiedenen Seen angetroffenen pelagi- schen Formen stelle ich übersichtlich in folgender Liste zusammen. Es sind im Ganzen 12 Species und 6 Varietäten. Daphnella brachyura Liev., Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 259. Daphnia pellucida P. E. Müller, Daphnia lacustris Sars, Ceriodaphnia pulchella Sars, Hyalodaphnia cucullata Sars, Hyalodaphnia eucullata Sars, var. apicata Kurz, Hyalodaphnia cucullata Sars, var. Kahlbergiensis Schdlr., Hyalodaphnia cucullata Sars, var. Gederströmii Schdlr., Hyalodaphnia eucullata Sars, var nov. procurva Poppe, Bosmina longirostris O. Fr. M., Bosmina coregoni Baird, Bosmina coregoni Baird, var. nov. humilis Lilljeborg, Bosmina gibbera Schdlr., Bosmina gibbera Schdlr., var. nov. Thersites Poppe, Bosmina bohemica Hellich, Bosmina longicornis Schdlr., Bosmina erassicornis Lilljeborg n. sp., Bythotrephes longimanus Leydig, Leptodora Kindtii Focke, Cyclops simplex Pogg., Heterocope appendiculata Sars, Temorella lacustris Poppe n. sp., Diaptomus gracilis Sars. Bei Bestimmung des gesammten Entomostrakenmaterials habe ich mich wieder der Mitarbeiterschaft des Herrn S. A. Poprz in Vegesack zu erfreuen gehabt. Der ausgebreiteten Specialkenntnis dieses bewähr- ten Kenners niederer Krustaceen habe ich insbesondere auch die schwierige Identifieirung der aufgefundenen Bosminiden zu verdanken. In zwei Fällen, welche dieselbe Krusterfamilie betreffen, hat Herr Pro- fessor W. LirLsesorc in Upsala die Güte gehabt, die Bestimmung vor- zunehmen. Die bezüglichen Diagnosen sind weiter unten mitgetheilt. Zunächst muss die vorstehende Liste mit einigen Bemerkungen begleitet werden. Ich habe in derselben nur die echten Seeformen, die Repräsentanten der Fauna eupelagica, aufgeführt, deren Tummelplatz die Mitte der großen Seen ist, und von denen höchstens einmal ein verirrtes Individuum in der Uferzone erscheint. Dagegen kommt es umgekehrt häufiger vor, dass der vom Lande herwehende Wind noto- rische Vertreter der littoralen Entomostrakenfauna in die pelagische Zone hinausführt, so dass die echten Seeformen mit Uferbewohnern untermischt erscheinen. Im Gegensatz zu den eupelagischen Kru- stern hat man diese eingewanderten oder verschlagenen Fremdlinge recht passend tychopelagische Formen genannt. Als eine solche Aue 260 Otto Zacharias, muss in erster Linie Sida erystallina O. Fr. M. betrachtet werden, obgleich dieselbe von ForerL!, Asper 2 und Pavssı® für eine pelagische Entomostracee erklärt worden ist. Schon der Umstand, dass sie im Besitz eines Haftapparats ist, stempelt die Sida zu einer Uferbewohne- rin. Sie kommt übrigens nach meinen Erfahrungen auch niemals sehr zahlreich im freien Wasser der Seen vor. Sehr vereinzelt trifft man außer Sida noch folgende Kruster pelagisch sich herumtreibend an: Geriodaphnia megopsSars, C.reticulataSars, Simocepha- lus vetulus ©. Fr.M., S. exspinosus Schdlr., Scapholeberis mucronata0.Fr.M., Chydorus sphaericus ©. Fr. M. und von den Copepoden GyclopstenuicornisCGlaus. Als den einzigen echt pelagischen Cyclops, der fast stets in der Gesellschaft des Diaptomus gracilis Sars zu bemerken ist, habe ich für die Seen Norddeutschlands den Gyclops simplex Pogg. zu erklären. Der Leser wird wahrnehmen, dass in der obigen Liste eine An- zahl bisher für distinkte Species erachteter Krebschen, als bloße Varie- täten der Hyalodaphnia cucullata Sars aufgeführt sind. Dies ist kein willkürlicher Eingriff in die Rechte des bisherigen Systems, sondern eine Maßnahme, zu der die Thatsachen selbst hinleiten. Bereist man, wie ich es im verflossenen Sommer gethan habe, ein sehr großes Ver- breitungsgebiet, und geht in einer bestimmten Richtung von See zu See fort, so macht man die wichtige Beobachtung, dass die vermitteln- den Zwischenformen eine viel größere Rolle in der Natur spielen, als derjenige, der daheim bleibt, zu glauben geneigt ist. Ich spreche hier speciell von den Entomostraken, aber ich habe auch Betreffs anderer Organismen Beobachtungen gemacht. Zwischen der Hyalodaphnia cu- cullata und den bisher sogenannten Species der Hyalodaphnia apicata, Kahlbergiensis und CGederströmii, lassen sich so viele Übergänge kon- statiren, dass die Thatsache bloßer Varietätenbildung hier ganz zweifel- los vorliegt. Dasselbe gilt von der durch eine sehr merkwürdige Kopf- forın ausgezeichneten Hyalodaphnia procurva, welche auf Taf. XV in Fig. I dargestellt ist. Auch diese muss, wie sich bei näherer Unter- suchung gezeigt hat, als eine Varietät von H. cucullata betrachtet wer- den. Ich entdeckte diese von Herrn Porz (im Anhangstheil) speciell beschriebene neue Daphnide im Müskendorfer See bei Konitz in West- preußen. Ich habe sie an keiner anderen Örtlichkeit wieder ange- troffen. Auch Herr Professor LirLsesore erinnert sich nicht, ein Exem- plar dieser Varietät von H. cucullata Sars jemals zu Gesicht bekommen ! Die pelagische Fauna der Süßwasserseen. Biol. Centralbl. Nr. 10. 1884. 2 Wenig bekannte Gesellschaften kleiner Thiere unserer Schweizerseen. 4880. ® Altra Serie di Ricerche e Studj sulla Fauna pelagica dei Laghi Italiani. 1883. Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 361 zu haben. In jenem See aber ist das Thierchen massenhaft zu finden. Was die Bosminiden anlangt, so scheinen sie durch zahlreichere Arten in den norddeutschen Seen vertreten, als in den großen Wasser- becken der Schweiz und Oberitaliens. Erstere hätten also, wie ich nach den Schriften von G. O. Sars urtheilen muss, in ihrem Bosminen- reichthum Ähnlichkeit mit den Seen Skandinaviens. Die am häufigsten vorkommende pelagische Bosminide ist B. coregoni Baird'!. Ihre Verbreitung erstreckt sich über das ganze von mir durchforschte Ge- biet. Eine bemerkenswerthe Varietät derselben, welche in der Liste als var. humilis Lilljeborg aufgeführt ist, wurde im Marchowiesee und im Klodnosee auf westpreußischem Gebiet aufgefunden. Diese Bosminavarietät ist Herrn Professor LirLsesorG aus schwedischen Seen bereits bekannt, auch in seinen Vorlesungen erwähnt, aber von ihm noch nicht beschrieben worden. Eben so steht es mit der Bosmina erassieornis, welche im Müskendorfer See bei Konitz und dann noch- mals jenseits der Weichsel im Labenzsee in verschiedenen Exemplaren von mir gesammelt wurde. Herr Porre sprach diese Species zunächst für völligneu an. Indessen hat Professor LirLsesore, nachdem ihm kon- servirte Exemplare zugesandt worden waren, erklärt, dass dieselben mit einer in den schwedischen Seen von ihm entdeckten, aber gleich- falls noch nicht edirten Species identisch seien. Herr Professor LirLsesorg hat die Freundlichkeit gehabt, die Dia- snosen der beiden in Rede stehenden Formen zum Zwecke der Publi- kation niederzuschreiben. Ich spreche ihm für diese Bemühung meinen verbindlichsten Dank aus, und mache von dem zur Verfügung gestellten Manuskripte nachstehend Gebrauch: Bosmina eoregoni Baird, var. humilis Lilljeborg. (Vgl. Fig. 2 auf Taf. XV.) Femina adulta. Testa, a latere visa, fere ovalis, longitudine altitudine majore, margine dorsuali aequaliter arcuato, fronte interdum eminulo, interdum aequo, angulo inferiore et posteriore acuminato, acumine brevi et non ad basim definito; plerumque perspieue in capite striata et praeterea reticulata. Antennae primi paris plus vel minus longae et arcuatae, interdum testae longitudinis aequales, interdum multo breviores, marginis’anterioris ineisuris 13—20. Oculus magnitu- dine variabili (Forma vernalis omnino antennis primi paris brevioribus ! Vgl. A. M. Norman and G. S. Brapy, A Monograph of the British Entomo- straca etc. in: Natural History Transactions of Northumberland and Durham. Vol. I. 4867. p. 8. pl. XXI, Fig. 3. 262 Otto Zacharias, et interdum oculo majore). Longitudo: 0,64—0,80 et altitudo 0,54— 0,64 mm. Mas eidem a P. E. Mürıer (Danmarks Cladocera, tab. II, Fig. 6—7) delineato similis, cauda tantummodo aliquantum tenuiore et angulo posteriore et inferiore magis acuminato. Longitudo: 0,52 et altitudo: 0,34 mm. Multis in lacubus Sueciae mediae et meridionalis frequens; mas in mensibus Octobris et Novembris. Bosmina erassicornis Lilljeborg. (Vgl. Fig. 3 auf Taf. XV.) Feminaadulta. Testa a latere visa, rotundato-ovata, postice humilior, margine dorsi et capitis aequaliter arcuato, altitudine maxima ante medium sita, fronte non eminulo et angulis posterioribus rotun- datis; semper perspicue reticulata et punctata et in capite striata; a dorso visa ventricosa. Antennae primi paris breves, parum quartam partem testae longitudinis superantes, basim versus incrassatae et apicem versus acuminatae et aliquantum retroflexae, fossieculo setarum fere ad finem supremae tertiae partis longitudinis earum posita et inci- suris marginis anterioris 6—A0 parum conspicuis. Seta flagelliformis ad lineam sejunetionis harum antennarum sita. Antennae secundi paris forma solita, breves et earum rami vix locum, ubi fossieulus setarum antennarum primi paris fixus est, excedentes. Oculus parvus. Cauda lata et truncata, pone anum aculeis binis utrinque. Ungues caudales mediocres, ad basin spinis eire. 6—7 armati. Longitudo 0,76—0,80 et altitudo 0,62—0,64 mm. Mas typum maris B. coregoni supra commemorati simulans et ei valde similis, antennis vero primi paris simili modo ac apud feminum basin versus incrassatis et praeterea brevioribus, vix dimidio testae longitudine aequalibus, quamvis iisdem feminae longiores sint. Testae anguli posteriores rotundati. Cauda simili modo formata et attenuata ac apud marem nominatum. Oculus eodem feminae major, testae vero seulptura eidem ejus testae similis. Longitudo 0,54 et altitudo 0,38 mm. Longitudo antennarum primi paris 0,26 mm. In Sueeiae tantum in provincia Scaniae in lacubusFingasjö, Kingsjö, Oppmannasjö et Köbelöfsjö frequens inventa; mas in mense Novembris. Ich fahre nun weiter in meinen Bemerkungen zu der obigen Liste fort. In derselben ist hinter der Bosmina gibbera SchdlIr. eine höchst auffällige Varietät verzeichnet, bei welcher die Auftreibung des Scha- lenrückens noch bei Weitem größer ist, als sie bei dem SchöpLer’schen Krebschen auftritt. Indessen ist das im Labenz- und kleinen Tuchomer- | | | j _ Ze - Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 363 see (Westpreußen) zuerst von mir aufgefundene Thier doch lediglich für eine Varietät zu erachten. Wir bezeichnen sie als B. gibbera Schdlr., n. var. Thersites Poppe. Den allgemeinen Habitus dieser Form ersehe man aus Fig. 4 der beigegebenen Tafel. Die detaillirte Beschreibung erfolgt im Specialbeitrage des Herrn Poprr. Die nämliche Varietät wurde von mir auch in der Havel und Spree nahe bei Berlin, und in Berlin selbst (an der Jannowitzbrücke) kon- statirt. Die B. bohemica Hell., welche im Schweriner- und im Müritz- see zahlreich lebt, ist mit B. longispina Leyd. nahe verwandt. Aber sie unterscheidet sich von dieser durch die Borstenzahl der Ruderantennen und durch die außerordentlich langen Schalenstacheln t. B. bohemica ist auch eine Bewohnerin der Havel- und Spreeseen bei Berlin und des Mälarsees in Schweden. Von hervorragendem Interesse ist es, dass in einigen norddeut- schen Seen auch jener Hauptvertreter der pelagischen Entomostraken- fauna zugegen ist, welcher von Leypıc zu Anfang der 60er Jahre zuerst im Bodensee entdeckt wurde; ich meine den Bythotrepheslongima- nus. Diese höchst auffällig gestaltete Cladocere kommt bekanntlich in den meisten größeren Seen der Schweiz und Oberitaliens vor; sie ist aber ebenfalls in Schweden und Norwegen zu finden, und Craus fischte sie 1876 auch zahlreich aus dem Gemundener See in Österreich. Meine diesjährige Exkursion hat Anlass dazu gegeben, sie auch im Müritzsee (Mecklenburg) und im Labenzsee (Westpreußen) als Mitglied der eupela- gischen Fauna nachzuweisen. Die betreffenden Exemplare wurden aber von mir keineswegs aus der Tiefe heraufgeholt, sondern ganz ober- flächlich schwimmend angetroffen. Im Labenzsee gelang es sogar, sie mit dem Handnetz zu erbeuten. Ich bin hiernach geneigt, mich der Meinung Pavzsr's anzuschließen, welcher, der Annahme von Lryvıs und Craus entgegen, die mittlere Tiefe der Seen, und keineswegs die unter- sten Wasserschichten für den Aufenthaltsort des Bythotrephes ansieht. Der italienische Forscher sagt: »Ormai & provatissimo che normal- mente vive a mezz’ aqua e trovasi sul fondo dei laghi o morto o nello stomaco dei pesci, che vengono a mangiarlo negli strati superiori 2.« Die schon mehrfach von mir betonte Ähnlichkeit zwischen der pelagischen Entomostrakenfauna der skandinavischen Halbinsel und derjenigen, welche in den großen diluvialen Seen Norddeutschlands zu finden ist, tritt recht deutlich auch in der Thatsache hervor, dass in letzteren Heterocope appendiculata Sars, diese für die norwegi- 1 Näheres ersehe man bei Herrica: Die Cladoceren Böhmens. Prag 1877. p. 61. 2 Altra Serie etc. 4883. p. 37. 264 Otto Zacharias, schen Seen so charakteristische Copepodenspecies "vorkommt. Ich fischte Exemplare derselben aus dem großen Plöner See, dem Schwe- riner und Müritzsee, so wie auch aus dem Schwarzen See bei Syttnagorra in Westpreußen. Die Anwesenheit dieser nordischeu Speeies bei uns ist hiermit zum ersten Male konstatirt. . Eine andere Species von Heterocope, nämlich H, robusta Sars, ist bereits aus dem Bodensee und einigen Seen der Schweiz bekannt. In dem von mir gesammelten Material hat Herr Porrr auch eine völlig neue Temorella entdeckt, welche unter dem Namen T. lacustris Poppe im Anhangstheil detaillirt beschrieben ist. Sie kommt im großen Plöner See und im Müritzsee vor. Es erübrigt mir noch, einige Worte über den Diaptomus gra- eilis Sars zu sagen. Dieser Copepode wurde von mir in allen Seen, die überhaupt eine pelagische Fauna besitzen, als Mitglied derselben nachgewiesen. Dagegen habe ich in der Mitte der Gewässer niemals den Diaptomus castor Jur. angetroffen, der von ForeL und Asper sowohl, als auch von Pavzsı den pelagischen Entomostraken zugezählt wird. Die schweizerischen und oberitalienischen Seen würden sich in Bezug auf dieses Krebschen sehr abweichend von den unserigen und auch von den skandinavischen Seen verhalten, wenn es sich bei weiterer Untersuchung als ein ganz sicheres Faktum herausstellen sollte, dass D. eastor neben D. gracilis im freien Wasser vorkommt. Aus den bezüglichen Abhandlungen von G. O. Sırs entnehme ich, dass die in der pelagischen Zone der norwegischen Seen auftretenden Diaptomus- arten D. gracilis und D. laticeps sind, während von D. castor gesagt wird, »dass er durch seinen beständigen Aufenthalt in nur kleinen Tümpeln eine Ausnahme von den übrigen Calaniden zu machen scheine«. Hiernach stimmen die skandinavischen und die norddeutschen Seen auch in Bezug auf die ständige Abwesenheit des Diaptomus castor in ihrer pelagischen Krusterfauna überein. Nach Kenntnisnahme der im Vorstehenden von mir berichteten Thatsachen, wird der Leser nicht umhin können, sich der Ansicht an- zuschließen, welche ich bereits in meinem Vortrage auf der diesjährigen Naturforscher-Versammlung zum Ausdruck gebracht habe!, nämlich dieser: dass die großen Seen Norddeutschlands in Betreff ihrer pelagischen Fauna eine vermittelnde Stellung zwi- schen den skandinavischen Seen einerseits und den hel- veto-italischen andererseits einnehmen, in so fern sie ! Vgl. Tageblatt der 59. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Berlin. 4886. Nr. 4, p.408 und 409. Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 2365 Vergleichspunkte und Unterschiede nach beiden Seiten hin erkennenlassen. B. Die littoralen Formen. Um das Bild der Entomostrakenfauna der norddeutschen Seen zu vervollständigen, gebe ich nachstehend ein Verzeichnis der in der Nähe des Ufers lebenden Formen. Da es sich hier meistentheils um sehr weitverbreitete und häufig vorkommende Kruster handelt, füge ich die Angabe der Fundstätte nur den selteneren Species bei. Die mit einem * bezeichneten Formen werden gelegentlich auch in der Mitte der Seen angetroffen; sie gehören somit zu den bereits oben erwähnten tychopelagischen Entomostraken. *Sida cristallina O. Fr. M., *Ceriodaphnia megops Sars, *Ceriodaphnia reticulata Sars, *Simocephalus vetulus O. Fr. M., *Simocephalus exspinosus Schdlr., *Scapholeberis mueronata O. Fr. M., Polyphemus pediculus de Geer (in der Uferzone fast sämmt- licher großen Seen), Bosmina cornuta Jur., Lathonura rectirostris O. Fr. M. (Altdammer See bei Stettin), Eurycercus lamellatus O. Fr. M., Camptocerecus Lilljeborgii Schdlr. (Altdammer See), Camptocereus rectirostris Schdlr., Acroperus leucocephalus Koch, Alonopsis elongata Sars, Alona affınis Leydig, Alona quadrangularis O. Fr. M., Alona rostrata Koch, Alona testudinaria Fischer (Radaunenseen in Westpreußen), Pleuroxus truneatus O. Fr. M., Pleuroxus aduncus Jur., Pleuroxus personatus Leyd. (Marchowiesee in Westpreußen), *Chydorus sphaericus O. Fr. M., Chydorus globosus Baird (Marchowiesee und Radaunenseen), Gyelops agilis Koch, Cyclops macrurus Sars, Cyelops signatus Koch, *Cyclops tenuicornis Claus, Cyclops strenuus Fischer, 266 Otto Zacharias, Cyelops viridis Jur., SE Canthocamptus trispinosus Brady (Altdammer See), Canthocamptus lucidulus Rehbere. Hierzu kommen noch die auf Fischen schmarotzenden Copepoden: Argulus foliaceus Jur. und Ergasilus sp., welche nicht selten auch frei- schwimmend am Ufer sowohl, wie auch weit draußen in der pelagi- schen Region auffindbar sind. Erwähnenswerth dünkt mich auch noch die Auffindung einer völ- ligrosarothen Varietät der Sida cristallina, welche mir im Espen- kruger See zum ersten Mal zu Gesicht kam. Ich habe sie später auch jenseits der Weichsel, im Labenzsee, wiedergefunden. Der Sitz des rothen Pigments war, wie man an zerdrückten Exemplaren wahrnehmen konnte, die Hypodermis des Panzers. Mit rosenrothen Flecken ver- sehene, also theilweise roth gefärbte Siden, sind auch schon von Weıs- MmAnN beobachtet worden !, aber eine durchaus rosenroth pigmentirte Sida findet sich in der mir zugänglichen Litteratur nicht angezeigt. Allem Anschein nach ist sie bisher noch nicht bekannt gewesen. Hiermit ist das Verzeichnis der von mir in den norddeutschen Seen gesammelten Entomostraken erschöpft; ich zweifele aber nicht daran, dass es erheblich vervollständigt werden kann, wenn Jemand den einzelnen Seen längere Zeit widmet, resp. dieselben zu einer an- deren Jahreszeit untersucht. II. Die Hydrachniden. In der centralen Zone der großen Seen habe ich niemals eine Wassermilbe angetroffen. Dieselben fanden sich stets nur in der Nähe des Ufers zwischen dem Schilf und anderen Wasserpflanzen vor; da- selbst aber meistentheils in großer Individuenzahl. Herr Fern. Könıke in Bremen, ein trefflicher Kenner dieser Thier- gruppe, hat sich wiederum der Mühe unterzogen, das von mir gesam- melte Material zu bestimmen. Ich fühle mich verpflichtet, ihm dafür auch an diesem Orte meinen Dank abzustatten. Nachstehend folgt zunächst das Verzeichnis der selteneren Spe- cies mit Angabe der Fundorte. LimnocharesholosericeusdeGeer, (Kellersee in Holstein), NesaeacoccineaBruzelius, (Müritzsee), ! Über die Schmuckfarben der Daphnoiden. Diese Zeitschr. 1878. Bd. XXX. (Suppl.) p. 130. Bere ee u Er ET mn nr Zn en — - Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 367 Acereuslatipes, Espenkruger See Drausensee Leknosee Seresener See Schweriner See, Atractides ovalis Könike, Karraschsee Amtssee bei Schlochau Müritzsee, Maricastrigata O. Fr. M., (Drausensee), Lebertiatau-insignitusLebert, Espenkruger See Wittstocker See in Westpreußen, Sorgensee | Müritzsee, Limnesia calcarea OÖ. Fr.M., Kleiner Tuchomer See Krugsee bei Karthaus Prockauer See | Röskauer See LimnesiafusceaKoch, (Altdammer See bei Stettin), Arrenurus pustulator O.Fr.M., (Karraschsee), Arrenurusaffinis Könike n. sp., (Karraschsee), Mideopsis depressa Neum,, Bordesholmer See in Holstein, Espenkruger See | großer und kleiner Brodnosee ! in Westpreußen. Weißer See bei Syttnagorra | In Betreff des neuen Arrenurus affınis aus dem Karraschsee ist zu bemerken, dass Herr Könıke denselben demnächst an anderer Stelle im Detail zu beschreiben gedenkt. ‚Von bekannteren und häufiger vorkommenden Species wurden folgende aufgefunden: | Eylais extendens O. Fr. M., Arrenurus globator O. Fr. M., Arrenurus trieuspidator O. Fr. M., | | in Westpreußen, h in Westpreußen, in Westpreußen, 268 | Otto Zacharias, Arrenurus crassipetiolatus Könike, Diplodontus despiciens O. Fr. M., Limnesia maculata O. Fr. M., Limnesia undulata O. Fr. M., Limnesia histrionica Herm., Nesaea luteola Koch, Nesaea nodata O. Fr. M., Nesaea rotunda Kramer, Nesaea variabilis Koch, Hygrobates longipalpis Herm., Atax crassipes O. Fr. M., Atax spinipes O. Fr. M., Hydrachna globosa de Geer, Hydrochoreutes ungulatus Koch, Axona versicolor O. Fr. M., Piona lutescens Herm., Hydrodroma rubra de Geer. Im Ganzen sind dies 31 Arten. Man kann demnach die Hydrach- nidenfauna der norddeutschen Seen immerhin als eine ziemlich reiche bezeichnen. III, Die Rotatorien. Von dieser Würmergruppe habe ich auf der diesjährigen Exkur- sion nur diejenigen Gattungen und Arten berücksichtigt, welche kon- stant als Mitglieder der pelagischen Thiergeseilschaft auftreten, und die ihre Zugehörigkeit zu derselben auch noch durch specielle Organi- sationsmerkmale bekunden, welche als die Folgen einer Anpassung an die fortwährend schwimmende Lebensweise in hell beleuchteten Wasserschichten betrachtet werden müssen. Zu diesen Merkmalen rechne ich in erster Linie die vollständig glasartige Durchsichtigkeit und den schützenden Farbenmangel mancher Arten, dann aber auch den Besitz von dornenartigen Cutieularfortsätzen, wie sie bei nicht wenigen Species der Gattung Anuraea entwickelt sind. Es scheint, dass diese Fortsätze, ähnlich wie der stielartig ausgezogene Schwanz- höcker des Bythotrephes, dazu dienen, das Schweben der zarten Thier- chen im Wasser zu erleichtern. In letzterer Hinsicht kommt den Anuräen auch ihre abgeflachte, blattähnliche Körperform zu statten. Es ist das Verdienst von O. E. Imnor in Zürich, zuerst auf die stän- dige Anwesenheit von Räderthieren innerhalb der pelagischen Zone großer Seen hingewiesen zu haben, Die Bekanntmachung der aufge- fundenen Species erfolgte in Nr. 147 des »Zoologischen Anzeigers« vom Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 269 Jahre 4883. Es waren Gonochilus volvox, Anuraea cochlearis Gosse, AnuraealongispinaKellicott und eine Species des Ge- nus Asplanchna, welche von Imnor — unter ausdrücklicher Anerken- nung ihrer nahen Verwandtschaft mit A. priodonta Gosse — als neu betrachtet, und mit dem Namen Asplanchna helvetica belegt wurde. Die ausführliche Beschreibung dieses letzteren Rotatoriums zeigt, dass es hauptsächlich die Kieferzangen sind, durch welche das- selbe sich von der Gossr’schen Species unterscheidet!. Bei Durchforschung der norddeutschen Seen habe ich die obigen vier Arten gleichfalls zahlreich beobachtet. In Bezug auf das häufige Vorkommen von Gonochilus volvox habe ich folgende Seen notirt: Espenkruger See, großer Miechucziner See, Sorgensee (bei Riesen- burg), Geserichsee (bei Deutsch-Eylau), Müskendorfer See, Amtssee (bei Schlochau) — sämmtlich in Westpreußen gelegen. Das Pigment der Augen war bei allen Thierchen schwarz, nicht roth, wie es bei dem in kleineren Teichen lebenden Conochilus angetroffen wird. Anuraea cochlearis Gosse ist in Gesellschaft von Anuraea stipitata Ehrenberg, A. squamula Ehrb. und A. aculeata Ehrb. in vielen großen Seen zu finden. Überhaupt gewinnt es den Anschein, als ob die Anuräen die numerisch zahlreichsten von allen übrigen Rotatorien seien. Anuraea longispinaKellicott (Fig. 5 auf Taf. XV) traf ich zuerst im Espenkruger See an. Später auch in den Radaunenseen, im Sorgensee, im Amtssee und sogar im Müggelsee bei Berlin. Es scheint ein sehr weit verbreitetes Rotatorium zu sein. Imnor hat es auch in mehreren österreichischen Süßwasserbecken gefunden, und Herr Porre theilt mir mit, dass er es aus dem Sager Meer, einem abgelegenen Landsee bei Oldenburg, kenne. Neuerdings ist es auch im Hafen von Stockholm nachgewiesen worden?. Ich habe es nicht für überflüssig gehalten, eine Abbildung von dieser höchst auffällig gestalteten Species zu geben. Das Thierchen ist nicht so allgemein bekannt, als man es — seines häufigen Vorkommens wegen — vermuthen sollte. In der Be- schreibung von Kerıricorr heißt es: »it has seven frontal and one terminal spine«. Dies ist aber nur in Pausch und Bogen genommen richtig, denn eigentlich »frontal« stehen nur die vier kürzeren Cuticu- larfortsätze, während der große vordere Hauptdorn, welcher noch länger als der hintere ist, vom Rücken her seinen Ursprung nimmt. Die beiden seitlichen, nach der Körperlängsachse zu gekrümmten Dornen gehen von der Stelle aus, wo sich die flach gewölbte Panzerfläche des 1 Vgl. diese Zeitschr., Bd. XL, 1884 und die dort vorfindliche Abbildung auf Taf, X. 2 Vgl. Zool. Anzeiger Nr. 235. 1886. p. 612 ff. 270 Otto Zacharias, Rückens mit der völlig ebenen Bauchseite des Thieres begegnet. Der eigentliche Körper unserer Form ist sehr klein (0,120—0,130 mm lang) und etwa 0,040 mm hoch. Von der Spitze des vorderen (längeren) Hauptdornes bis zum Ende des hinteren (etwas kürzeren) gemessen, ist die Anuraea longispina knapp ?/, mm lang. Im ersten Körperdrittel liegt der unpaare, roth pigmentirte Augenfleck \au). Das Ovarium hat eine ventrale Lage, und die stets nur mit einem einzigen Ei trächtigen Thiere tragen dasselbe in einer Hervorwölbung des Panzers auf der Bauchseite. Imnor’s Angabe, dass diese Anuraea eine im Querschnitt dreikantige Körperform besitze, kann ich für einige Fundorte (z.B. für den Espen- kruger See) bestätigen; indessen scheint mir die flach gewölbte Rücken- fläche häufiger vorzukommen, als die mit einem scharfen Kiel versehene. Was die Asplanchna helvetica Imhof anlangt, so ist dieselbe von mir in neun norddeutschen Seen gefunden worden, und zwar in folgenden; im Ukeleisee (Ostholstein), im Ratzeburger See (Mecklen- burg), im Espenkruger See, im Marchowiesee, im Klostersee bei Kart- haus in Westpreußen, im großen Miechucziner See, im Weißen See bei Chmelno, im Amtssee und im Geserichsee. In einigen Wasserbecken war dieses schöne Rotatorium, welches in Bezug auf glasartige Durch- sichtigkeit der Leptodora vollständig gleich kommt, in solcher Menge anzutreffen, dass man nur ein Glas Wasser vom Bote aus zu schöpfen brauchte, um viele Hunderte davon zu erbeuten. In der Nähe des Ufers findet man höchst selten ein Exemplar; das Thierchen ist in allen seinen Lebensfunktionen ganz und gar der pelagischen Zone der Seen angepasst. Die Asplanchna helvetica ist gewöhnlich von bauchig aufgetriebe- ner, flaschenähnlicher Gestalt und hat eine beträchtliche Größe. Indi- viduen von 0,6—0,7 mm gehören nicht zu den Seltenheiten. Die Eier: entwickeln sich im Inneren des Körpers, und die Jungen werden im vollkommen ausgebildeten Zustande geboren. Dieser Umstand ermög- lichte mir die Entdeckung des bisher unbekannten Männchens unserer Asplanchna, in so fern ich so glücklich war, Ende Juli (im Espen- kruger See) solche weibliche Exemplare anzutreffen, welche in ihrem Uterus völlig entwickelte männliche Thiere beherbergten. In der Samenblase der letzteren bewegten sich zahlreiche spindelförmige Ge- bilde, wahrscheinlich Spermatozoen. Die Größe des vollkommen aus- gebildeten und frei herumschwimmenden Männchens beträgt nur !/; von der des Weibchens. Eine detaillirte Beschreibung desselben habe ich anderwärts publieirt!. So viel ich weiß, ist von anderen 1 Schrift. der naturf. Gesellsch. zu Danzig. VI. Bd., 4. Heft. 1887. An diesem Orte findet der Leser auch ausführliche Listen über die Verbreitung der Entomo- straken in den westpreußischen Seen. Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutseher Seen. 971 Räderthierbeobachtern das Männchen von A. helvetica noch nicht ge- sehen worden. Wie schon Eingangs dieser Abhandlung hervorgehoben wurde, liefert die Durchforschung eines größeren Gebiets fortlaufend den Be- weis dafür, dass auch scheinbar wohl umschriebene Species gelegent- lich starken Abweichungen unterworfen sind. Ein Beispiel hierfür lieferte mir die Asplanchna helvetica aus dem Ukeleisee. Niemand wird behaupten wollen, dass das völlig hyaline und in seiner anatomi- schen Beschaffenheit so genau mit der typischen A. helvetica überein- stimmende Rotatorium aus diesem See, seiner völlig eylindrischen Körperform und des viel kleineren Räderorgans halber, für eine neue Species deklarirt zu werden verdiene. Und doch fühlt man sich im ersten Augenblick von der vorhandenen starken Variation in beiden Punkten frappirt. Wäre es nun nicht möglich, dass eine ähnliche Variabilität (innerhalb des Genus Asplanchna) sich auch auf die Kauzangen er- streckte, so dass in Folge veränderter Nahrungsverhältnisse, wie sie das Leben in der pelagischen Zone mit sich bringt, die fein bezähnelten und überhaupt schwächeren Kauzangen der A. priodonta sich in solche von gröberer Beschaffenheit, wie sie die A. helvetica besitzt, umwan- deln könnten? Ich möchte die Hypothese aufstellen, dass Asplanchna helvetica nureine miteinem verstärkten Kauapparat ver- sehene Varietät von A. priodonta Gosse darstellt, und dass sich bei letzterer die Verstärkung in Folge der Konkurrenz hervorge- bildet hat, welche die in die pelagische Region eingewanderten Exem- plare mit den dort lebenden Entomostraken (um die Nahrung) zu be- stehen hatten. Wer sich den Kauapparat von Asplanchna helvetica näher betrachtet, wird zugeben, dass er sich in allen seinen Theilen auf den der A. priodonta zurückführen lässt. Und, wie schon oben betont wurde, ist es ja hauptsächlich dieser Kauapparat, auf den sich die Speeiesunterscheidung Innor’s stützt. In Bezug auf andere Organe herrscht zwischen A. priodonta und A. helvetica die überraschendste Ähnlichkeit, und Imnor selbst hat diese Thatsache unumwunden aner- kannt!. Es wird nicht allzu schwierig sein, diese Frage zum Austrag zu bringen, sobald sich Jemand der Mühe unterzieht, beide in Rede stehende Species einer recht genauen Untersuchung zu würdigen. Freilich ist A. priodonta nicht überall zu finden, und dieser Umstand dürfte die Lösung der vorliegenden Streitfrage etwas verzögern. Außer den bereits genannten, sind es noch folgende Räderthiere, welche Innor für Bewohner des pelagischen Gebietes der Seen erklärt: 1 »Zool. Anzeiger« Nr. 147. 1883. p. 470.. ? »Zool. Anzeiger« Nr. 196. 1885. p. 325. 272 Otto Zacharias, Triarthra longiseta Ehrb., Polyarthra platyptera Ehrb., Synchaeta pectinata Ehrb., Monocerca cornuta Eyferth, Euchlanis spee. Von diesen fünf Species kenne ich aus den norddeutschen Seen nur Monocerca cornuta als pelagisches Rotatorium. Ich konstatirte seine Anwesenheit, aber nicht sehr zahlreich, im Einfelder See bei Neumünster in Holstein. Im Anschluss an diese Mittheilungen über Räderthiere möchte ich auch in kurzen Worten noch über die von mir aufgefundenen Gilio- flagellaten berichten. Die vorherrschende und in den meisten größeren Seen Norddeutschlands vorkommende Species dieser Protozoen ist Ceratium hirundinella Bergh. Ich fand Exemplare davon auch im Müggelsee bei Berlin. Dagegen ist mir Geratium furcaClap. und Lachm. nur aus dem Espenkruger See (Westpreußen) bekannt geworden. Die auf pelagischen Krustern vorkommende Vorticelline Epi- stylis lacustris Imhof konstatirte ich im Espenkruger See eben- falls; doch war sie in keinem der anderen Seen so häufig wie hier. Durch die Herren Dr. Asper und J. Hruschrr in Zürich ist in neue- ster Zeit darauf hingewiesen worden, dass anscheinend auch die Dino- bryen einen starken Antheil an der Zusammensetzung der pelagischen Fauna in manchen Seen haben. Für den Züricher See haben beide Forscher dies ganz zweifellos dargethan, und ich selbst bin in der Lage gewesen, mich von der enormen Menge dieser Flagellaten, welche in einer Wasserprobe aus dem Züricher See enthalten waren, zu über- zeugen. Neben diesen Heeren erscheinen dann allerdings die mitan- wesenden Cladoceren und Copepoden wie vereinzelt, und sie bilden »die Riesen unter den Legionen der zwerghaften Glieder der Dino- bryonwelt« — wie Asper in seinem darüber handelnden Aufsatze tref- fend sagt!. Von dem Vorhandensein einer derartigen Dinobryenfauna habe ich in den norddeutschen Seen absolut keine Spur wahrgenommen. Nach den Beobachtungen von Dr. W. WELTNeEr ? kommen aber Arten der Gattung Dinobryon allerdings auch in den Seen der Umgebung Berlins (z. B. im Tegel- und Müggelsee) vor, aber sie erscheinen dort keines- wegs so massenhaft wie im Züricher See und anderen schweizerischen Wasserbecken. Man kann bloß sagen, dass die Dinobryen in der 1 »Zool. Anzeiger« Nr. 228. 4886, 2 »Zool. Anzeiger« Nr. 236. 4886. Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen, 373 pelagischen Zone der genannten norddeutschen Seen nicht fehlen, ein Befund, der immerhin interessant genug ist, um ihn hier zu registriren. Dagegen möchte ich auf die geradezu enorme Algenvegetation hin- weisen, welche in vielen der von mir untersuchten Seen in Form einer sogenannten »Wasserblüthe « auftrat. Herr Professor Fern. Coun in Breslau hat die Güte gehabt, diese Alge zu bestimmen. Es ist Clathro- eystis aeruginosa Henfr. Sie fand sich, wie ich Anfangs Septem- ber d. J. sah, auch in den Havel- und Spreeseen vor, und erstreckte sich in ihrer Verbreitung bis in den Kunitzer See bei Liegnitz. Sie scheint durch Möven von See zu See transportirt zu werden. IV. Die Turbellarien. In Holstein sowohl wie in Mecklenburg und Westpreußen lebt in der Uferzone mancher Seen eine zu den Mesostomiden gehörige Tur- bellarie, welche sich bei näherer Untersuchung als mit Bothromeso- stomaEsseniiM. Braun identisch erwies. Der Autor hat diese in Größe, Farbe und äußerem Habitus sehr variabele Form in seinem Werke über die rhabdocölen Turbellarien Livlands! sehr eingehend beschrieben, so dass bei der Bestimmung der von mir aufgefundenen Exemplare keine besonderen Schwierigkeiten zu überwinden waren. Braun fand diese Art in verschiedenen Gewässern der Umgebung von Dorpat; sie scheint somit über den ganzen baltisch-uralischen Land- rücken verbreitet zu sein. In anatomischer Hinsicht sowohl, wie äußerlich, schließt sich die in Rede stehende Turbellarie an das Bothromesostoma personatum 0. Schmidt an. Eben so wie letzteres besitzt sie eine abgeplattete Bauch- seite, welche sich seitlich zu einem Flossensaum verbreitert, der vom vorderen bis zum hinteren Körperende sich erstreckt. Zwei ähnliche Säume gehen von den Seitenpartien des Rückens aus; diese dorsalen Flossen sind aber nicht immer zu sehen, weil sie durch besondere Muskeln gehoben und wieder gesenkt werden können. Mit außer- ordentlicher Deutlichkeit treten jedoch diese Organe an gehärteten Exemplaren hervor. Es zeigt sich dann, dass die dorsalen Flossen weder vorn noch hinten so weit reichen, wie die ventralen, sondern dass sie sich vor den resp. Körperenden vereinigen, und allmählich verstreichen. Die Farbe des in Norddeutschland vorkommenden Bothro- mesostoma Essenii ist bräunlichgelb. Treten aber die unter der Haut befindlichen Pigmentzellen in dichterer Verästelung auf, so wird das Kolorit dunkler. 1 Dorpat 1885. p. 68—75 u. Taf. III, Fig. 14—47. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV.Bad. 18 274 Otto Zacharias, Die Augen, welche dicht hinter dem Kopftheil liegen, sind eben- falls dunkelbraun. Wie man an Querschnitten sehen kann (vgl. Fig. 6 au), liegen sie ganz im Parenchym, und sind der unteren Körperseite mehr angenähert als der oberen. Jedes Auge besitzt eine bikonvexe große Linse, welche in Verbindung mit einer vielfach verästelten Pigment- zelle steht und von dieser becherartig umfasst wird. Auf gut gelunge- nen Schnitten ist an dieser Pigmentzelle auch noch der Kern wahrzu- nehmen. Betrachtet man die Sehorgane unseres Bothromesostoma auf Flächenschnitten, so sieht man, dass sie ganz dicht vor dem Gehirn- ganglion gelegen sind, also höchst wahrscheinlich von diesem mit feinen Nervenfasern versehen werden. Indessen habe ich eben so wenig wie Professor Braun solche Fasern mikroskopisch demonstriren können. Dagegen sah ich bei Anwendung der Ölimmersion (Laız !/s Zoll) mit größter Evidenz, dass die Substanz der Linsen von fibril- lärer Struktur ist. Charakteristisch für die ganze Untergattung der Bothromesostomi- den ist eine blindsackförmige Einstülpung des Integuments, welche sich auf der Bauchseite der Thiere, etwa in der Mitte zwischen Gehirn und Pharynx befindet. Schon an lebenden Exemplaren von Bothromeso- stoma Essenii kann man die Öffnung wahrnehmen, welche in jenen Blindsack hineinführt. Die Form und Beschaffenheit des letzteren ver- mag man aber nur auf Querschnitten genauer zu erkennen. Ich habe eine Ansicht des betreffenden Organs, dessen Bedeutung noch ziemlich dunkel ist, in Fig. 7 der beigegebenen Tafel abgebildet. Wie man sieht, ist dasselbe von zweizipfeliger Gestalt, und Braun hat es darum auch ganz passend mit der frühzeitigen Lungenanlage eines Hühnchens ver- glichen. Innerlich scheint es mit kurzen Cilien ausgekleidet zu sein. Von außen her aber, d. h. auf der dem Leibesparenchym zugekehrten Fläche, ist ihm eine in Karmin sich dunkelroth färbende Masse (M) auf- gelagert, deren histologische Natur schwer zu enträthseln ist. Auf sehr dünnen Schnitten zeigt dieselbe ein faseriges Gefüge, aber weiter ist nichts zu sehen; auch bei Anwendung der Ölimmersion nicht. In un- mittelbarer Nähe des Blindsackes sind immer zahlreiche Schleimdrüsen (sd) zu finden und möglicherweise stehen dieselben zu der verborgenen Funktion des Blindsackes in näherer Beziehung. In Hinblick auf das übrige anatomische Detail gestatte ich mir, auf die sehr ausführliche Abhandlung Professor M. Braun’s zu verweisen, und bemerke nur noch, dass alle Bothromesostomiden folliculäre Hoden besitzen, welche auf Quer- und Medianschnitten eine vorwie- gend dorsale Lagerung zeigen. In meiner Fig. 8 sieht man zwei der- artige Follikel bei h und }. | | | | | | Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 375 Was die Fortpflanzungsweise des Bothromesostoma Essenii anlangt, so ergiebt die unmittelbare Beobachtung einer größeren Anzahl von Exemplaren, dass bei dieser Species nicht bloß Sommer-, sondern auch Wintereier gebildet werden. Die letzteren kommen außerhalb des mütterlichen Körpers zur Entwicklung; die Sommereier hingegen ent- falten ihre Keimkraft schon innerhalb des Uterus der Mutterthiere, und man findet in den sackartig erweiterten Endabschnitten dieses Organs oft eine ganze Anzahl zum Ausschlüpfen bereiter und sich lebhaft be- wegender Embryonen. An denselben ist bereits der bauchständige Hautblindsack und auch die Anlage der Geschlechtsorgane wahrzu- ‘nehmen. Die Frage ist nun aber, auf welchem Wege diese jungen Thiere aus dem Leibe der Mutter herausbefördert werden. Es liegt hier eine Schwierigkeit vor, auf welche Braun mit folgenden Worten hindeutet: »Wie die Jungen geboren werden, habe ich nicht gesehen; dass dieselben — wie es unter dem Deckglas oft geschieht — an be- liebiger Stelle die Körperwandung der Mutter durchbohren, möchte ich ohne Weiteres nicht für normal halten, obgleich andererseits nicht ein- zusehen ist, wie sich die Jungen etwa den Weg bis zur Geschlechts- öffnung bahnen sollen, da der zweite (vordere) Abschnitt des Uterus konstant weichschalige Eier enthält und durch die letzteren ganz er- füllt ist!.« Nach vorn zu ist also der Uterus stets verstopft und nach hinten zu blind geschlossen: es scheint hiernach den Embryonen thatsächlich nichts weiter übrig zu bleiben, als die weit ausgedehnte und dünn ge- wordene Uteruswand zu sprengen, um sich dann weiter durch das Parenchym und den Hautmuskelschlauch der Mutter einen Weg ins Freie zu bahnen. Sollte aber die Natur einen so unschönen und ge- waltsamen Modus des Gebärens haben zur Regel werden lassen? Dies ist schwer zu glauben, und bei genauer Nachforschung haben sich mir auch Thatsachen ergeben, welche das Problem, wie die Jungen von B. Essenii geboren werden, in befriedigenderer Weise lösen. Die Hauptthatsache, die hier in Betracht kommt, ist das höchst eigenthümliche Verhalten des Darmepithels bei solchen Individuen von B. Essenii, welche geburtsreife Embryonen enthalten. Ich fand auf Quer- schnitten sowohl, wie auf Flächenschnitten, dass bei derartigen Indi- viduen die Darmzellen eine Neigung zur Isolirung zeigen, dass sie an manchen Stellen ihre epitheliale Anordnungsweise vollständig auf- geben und nur noch durch gegenseitige Adhäsion lose zusammenge- halten werden. An der betreffenden Stelle besitzt natürlich das Lumen I cp. 7% 18* 376 Otto Zacharias, des Darmes keine eigentliche Kontinuität mehr (vgl. Fig. 9 R), denn die es begrenzende Zellenmasse kann mit größter Leichtigkeit aus einander gedrängt werden. Diesen Weg schlagen nun, nach den Ansichten, welche ich auf Flächenschnitien erhalten habe, die Embryonen ein, um den mütterlichen Körper zu verlassen. Sie durchbrechen die äußerst dünn gewordene Uteruswand und gelangen, indem sie den Punkten des [geringsten Widerstandes folgen, ganz von selbst in die Darmhöh- lung, aus der sie dann, unter Benutzung des Pharynx als Ausgangs- pforte, ins umgebende Wasser gelangen können. In Fig. 9 habe ich einen Flächenschnitt dargestellt, welcher die beschriebenen Verhält- nisse aufs deutlichste zur Anschauung bringt. Bei R steht die Ruptur des Darmes durch die vorwärts kriechenden Embryonen in Aussicht. Auf der linken Seite des Thieres ist der Uterussack bereits eingerissen, während er rechts noch vollkommen intakt ist. In manchen Fällen scheint die Rückbildung des Darmes einen noch viel höheren Grad zu erreichen, als in Obigem geschildert worden ist. Ich habe Flächen- schnitte erhalten, auf denen überhaupt nichts mehr von Darmzellen zu sehen war; das frühere Darmlumen wurde dann bloß noch durch eine langgezogene Lücke im Parenchym repräsentirt. Die Epithelzellen selbst schienen vollständig zerflossen zu sein; als solche wenigstens waren sie gänzlich unkenntlich geworden. Nur die jüngeren Exem- ' plare von Bothromesostoma Essenii zeigten die Darmzellen in typischer Anordnung und einzeln erkennbar. Ein derartiges Verhalten des Darmsackes ist in der Familie der Mesostomiden bisher nicht beobachtet worden. Wohl aber hat Lupw. v. GrAFF bei mehreren Probosciden (Hyporhynchus, Gyrator) ein Aus- einanderweichen der Darmzellen und dadurch entstehende Kontinui- tätstrennungen am Verdauungsorgan nachgewiesen!. Es ist von diesem Forscher auch bereits betont worden, dass jene Erscheinungen in Be- ziehung zur Geschlechtsreife stehen, und dass die Beeinträchtigung des Darmes auf »die Entwicklung der enorm komplieirten und volumi- nösen Geschlechtsorgane« bei den betreffenden Species zurückzu- führen sei. Letzterer Grund dürfte zum Theil auch Gültigkeit für unser Bothromesostoma haben, denn bei demselben gelangen die beiden letzten Uterusdivertikel sehr oft zu ganz enormer Entfaltung. Indessen bleibt es trotz alledem vollkommen räthselhaft, wie sich unter Ver- werthung jenes eigenthümlichen Verhaltens der Darmzellen ein Modus des Gebärens hat herausbilden können, wie wir ihn für Bothromeso- stoma Essenii im hohen Grade wahrscheinlich gemacht, ja fast zur Ge- { Rhabdocöliden-Monographie. 4882. p. 94. Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 277 wissheit erhoben haben. Die vollkommen sichere Bestätigung meines auf Schnitten erhaltenen Befundes wird natürlich erst damit geliefert werden, dass es gelingt, ein Exemplar des Bothromesostoma beim Akte des Gebärens zu überraschen. Diejenige Turbellarie, welche ich nächst B. Essenii am häufigsten angetroffen habe, ist Castrada radiata Müller. Ich fand sie zahl- reich in der Uferzone folgender Wasserbecken : im Bordesholmer See, Müritzsee, Espenkruger See, Marchowiesee und Karraschsee. Es ist ein kleines, aber sehr lebhaft umherschwimmendes Thierchen, welches in den Sammelgläsern leicht zu entdecken ist. Seine Länge beträgt 4,5 mm. Auch Gyrator hermaphroditus Ehrb. war in den größeren Seen häufig zu konstatiren. Nicht minder zahlreich fand ich diese Pro- boscide aber auch in kleinen Tümpeln bei Neumünster in Holstein. Im Ganzen war die Ausbeute an Turbellarien mager zu nennen, denn von selteneren Species fand ich nur Mesostoma tetragonum O. Fr. M. im Kellersee (Ostholstein) und Bothromesostoma perso- natum O. Schmidt im großen Eutiner und im Ratzeburger See. Mesostoma viridatum Müll. und Vortex truncatus Ehrb. zeigten sich in allen größeren Wasseransammlungen in vielen Exemplaren. Hirschberg, Ende Oktober 1886. Erklärung der Abbildungen. Tafel XV, Fig. 1—9. Fig. 4. Hyalodaphnia cucullata Sars, nov. var. procurvaPoppe. Vergr. 52/4. Fig.2. Bosmina coregoni Baird, nov. var. humilis Lilljeborg. Vergr. 95/4. Fig. 3. Bosmina crassicornisLilljeborg. Vergr. 95/4, Fig. 4. BosminagibberaSchdlr., nov. var. Thersites Poppe. Vergr. 52/1. Fig. 5. Anuraea longispina Kellicott. au, Augenfleck; d, Darm mit Fetttröpfchen. Fig. 6. Querschnitt von BothromesostomaEsseniiM. Braun. au, an sd, Schleimdrüsen; pchz, Parenchymzellen; si, Stäbchen; sitz, Stäbchen- zellen Fig.7. Querschnitt durch den bauchständigen Hautblindsack von Bothromesostoma Essenii. bis, Eingangsöffnung; M, aufgelagerte, in Pikrokarmin sich dunkelroth färbende Masse; sd, Schleimdrüsen. Fig. 8. Querschnitt durch die Pharynxregion desB. Essenii. E, Embryonen; ut, Uterus; d, Darmsack; h, Hodenfollikel ; dst, Dotterstocksfollikel ; sd, Schleimdrüsen. Fig. 9. Flächenschnitt durch B. Essenii. d, Darm; AR, Rissstelle des Darmes (vgl. Text p. 276); ut, Uterus. a 278 Otto Zacharias, Beschreibung einiger neuer Entomostraken aus norddeutschen Seen. Specialbeiträge zu vorstehender Abhandlung von S. A. Poppe in Vegesack. Temorella lacustris nov. sp. (Taf. XV, Fig. 1, 4, 40—43.) Die Größe des Weibchens beträgt ohne die Furcalborsten 4,1 mm, seine größte Breite 0,35 mm. Der Cephalothorax besteht aus sechs Segmenten, von denen das erste das längste ist. Das letzte ist an den Seiten abgerundet und daselbst mit einer sehr feinen Borste versehen. Die Stirn läuft in zwei Stacheln aus. | Das Abdomen des © (Taf. XV, Fig. 10) besteht inclusive Furca aus vier Segmenten, von denen das zweite das kürzeste ist, während das erste und dritte fast gleich lang sind; letzteres ist etwas eingekerbt und ist, wie die Furca, auf der Rückenseite ohne jeden Dornenbe- satz. Die Furcalglieder sind am Innenrande mit feinen Haaren be- setzt; ihre Länge verhält sich zu der der drei vorhergehenden Abdo- minalsegmente wie 1:2, zu ihrer Breite wie 5:1. Etwas unterhalb des zweiten Drittels tragen sie am Außenrande eine Fiederborste von der Länge der Endborsten, die wie die letzteren am proximalen Ende etwas aufgetrieben ist. Die vorderen Antennendes © sind ähnlich wie die der be- kannten Arten der Gattung gestaltet, jedoch nur 23gliedrig, da hier das achte und neunte Glied vollständig verschmolzen sind. Das relative Verhältnis der Glieder wird durch folgende Zahlen ausgedrückt: | 116 USA EN | N | vI | vu Be X | xI Be an 16 | | | 7,5 |..4 |.4,5| ‚sonblgss XXI 13 XXIV 15 xXX 12 xV 10,5 XIV 40 xVI 11,5 XV XVII | XIX 11,5 13 13 XXI |XXI a5 | A Die hinteren Antennen, die Mandibeln, Maxillen, die oberen und unteren Kieferfüße so wie die vier Paar Schwimmfüße bieten keine specifischen Merkmale dar. Das fünfte Fußpaar des © (Taf. XV, Fig. 11) besteht aus einem gemeinsamen Basale und jederseits einem dreigliedrigen Aste. Das Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 379 erste Glied desselben ist am Außenrande mit einer Borste versehen, das zweite länger gestreckte trägt daselbst zwei Dornen und ist an der Innenseite in einen langen dornartigen Fortsatz ausgezogen, der nach der Spitze hin mit sehr feinen Dornen besetzt ist. Das ovale, nach dem Innenrande hin etwas aufgetriebene, kleine Endglied trägt am Ende eine lange Borste und am Außenrande einen Dorn. _ Die Größe des Männchens beträgt ohne Furealborsten 1,16 mm, seine größte Breite 0,2 mm. Sein Abdomen (Taf. XV, Fig. 12) besteht inclusive Furca aus sechs Segmenten, von denen das vierte das kürzeste ist. .Die Furca ist fast so lang wie die drei letzten Abdominalsegmente zusammengenommen, ihre Glieder sind am Innenrande mit Haaren be- setzt und wie das vorhergehende Abdominalsegment auf der Rückenseite unbehaart, am Außenrande, etwas unterhalb des zweiten Drittels, mit einer langen Fiederborste besetzt. Diese ist, wie die Endborsten, an ihrem proximalen Ende nicht aufgetrieben. Die Länge der Furcalglie- der verhält sich zu der der vorhergehenden Abdominalsegmente wie t:41/,, zu ihrer Breite wie 8:1. Die rechte vordere Greifantenne des 9 besteht aus 20 Glie- dern. Die ersten sieben Glieder sind breit und gedrungen, die folgen- den fünf bedeutend schmaler. Vom 13. bis zum 19. Gliede ist die An- tenne stark aufgetrieben; zwischen dem 18. und 19. Gliede befindet sich das Gelenk. Die Glieder 8 bis 12 tragen je einen Dorn, von denen der am 12. befindliche nur wenig größer ist als die am 8. und 9., während die am 10. und I1. am kleinsten sind. Die linke männliche Antenne unterscheidet sich auch bei dieser Art von den weiblichen dadurch, dass die Glieder 8 bis 12 verschmälert sind. | Das fünfte Fußpaar des g! (Taf. XV, Fig. 13) ähnelt am meisten dem von Temorella Clausii Hoek, unterscheidet sich jedoch von dem- selben dadurch, dass der rechte Ast nicht vier-, sondern dreigliedrig ist. Die vorliegende Art, die von Herrn Dr. O. ZıcHartas im Plöner See in Holstein so wie im Müritzsee in Mecklenburg im Juli dieses Jahres leider nur in geringer Zahl gesammelt wurde, ist sehr hyalin und zeich- net sieh vor den nächst verwandten Arten: Temorella Clausii Hoek, T. affinis Poppe und T. hirundo Giesbr. besonders durch den in der Furca ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus aus: während die Breite der Furcalglieder beim © sich zur Länge wie 1:5 verhält, ist das Ver- hältnis beim g' wie 1:8. Bei Temorella Clausii sind die Verhältnisse Q 1:3,5, Q' 1:4,5 bei T. affinis Q und 9 1:7, bei T. hirundo: © 1:12, 911:13. Durch die Gestalt der Furealglieder in beiden Ge- schlechtern so wie der fünften Fußpaare unterscheidet sich T. lacustris deutlich von den erwähnten Arten. 280 Otto Zacharias, Hyalodaphnia cucullata Sars, var. nov. procurva mihi. (Taf. XV, Fig. 1.) Der Körper ist sehr durchsichtig und zwischen Kopf und Thorax mit einer deutlichen Impression versehen. Der Kopf, etwas schmaler als die Schale, ist pyramidenförmig gestaltet und sichelförmig ven- tralwärts gekrümmt. Sein Dorsalrand ist in Folge dessen gleich- mäßig konvex, der Ventralrand hingegen nach der Spitze hin stark konkav. Die Spitze ragt bei den mit stark gekrümmten Helmen ver- sehenen Individuen über den Ventralrand hinaus. Die Stirn springt etwas hervor, der Schnabel ist kurz und abgerundet, die Tastantennen ragen nur mit den Riechstäbchen hinter demselben hervor. Das kleine Auge ist von der Schnabelspitze circa 0,1 mm, von der Helmspitze eirca 0,4 mm entfernt. Die Schale ist oval und endigt hinten in einen 0, mm langen, bedornten, nach aufwärts gebogenen Stachel. Die Schale ist zart gegittert, was bei der Durchsichtigkeit. des Thieres schwer wahr- zunehmen ist; ihr Dorsalrand wie auch ihre Ventralränder sind in der unteren Hälfte schwach bedornt. Das Postabdomen trägt jederseits der Afterspalte acht bis neun nach den Schwanzkrallen hin an Größe ab- nehmende Zähne. Länge incl. Stachel 4,6 mm, ohne denselben 4,15 mm, Höhe 0,4 mm, Höhe des Kopfes 0,5 mm, Stachel 0,4 mm. Diese durch ihre auffallende Kopfbildung leicht kenntliche Varietät der Hyalodaphnia cucullata Sars wurde von Herrn Dr. O. ZAcHARIAs im Müskendorfer See bei Konitz in Westpreußen entdeckt. Es fanden sich Übergänge zu der Varietät Kahlbergiensis Schödler, die an den ge- nannten Fundorten ebenfalls vorkommt, mit weniger gebogenem Kopf. Männchen habe ich nicht beobachtet. Bosmina gibbera Schödler, var. nov. Thersites mihi. (Taf. XV, Fig. 4.) Die Schale ist sehr hoch und läuft nach oben in einen über den Hinterrand hinaus sich erstreckenden Höcker aus, so dass ihre größte Höhe hinter dem Hinterrande liegt. Der Stirnrand springt in der Augengegend nur wenig vor. Zwischen Thorax und Abdomen ist eine Impression vorhanden, von der an der Oberrand mit nur geringer Krümmung in den Höcker übergeht. Der hintere Theil des Rückens ist in der Mitte, je nach der stärkeren oder schwächeren Rückwärtskrüm- mung desselben, mehr oder weniger nach vorn eingebogen und geht in einem stumpfen Winkel in den Hinterrand über. Dieser verläuft schräg nach vorn und geht im stumpfen Winkel in den ziemlich gera- Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddeutscher Seen. 281 den vorn mit Borsten besetzten Unterrand über. Die Schale ist sehr durchsichtig, so dass die Reticulation nur selten und dann nur an der Spitze des Höckers oder am Unterrande wahrzunehmen ist. Die Tast- antennen sind bedeutend länger als der Körper, wenig gekrümmt und nach hinten gerichtet. Ihr Flagellum ist am Vorderrande mit 24—34 deutlichen Einkerbungen versehen. Die Ruderantennen sind kurz und ihre Äste ragen nur wenig über das Rostrum hinaus. Ihr viergliedriger Ast ist mit vier, der dreigliedrige mit fünf Ruderborsten versehen. Das Postabdomen ist ähnlich dem von Bosmina gibbera gestaltet, am Ende gerade abgestumpft und am Dorsalrand gekerbt. Die Schwanzkrallen tragen an ihrer Basis sieben nach der Krallenspitze hin an Größe zu- nehmende Dornen. Länge 0,4 mm. Höhe (d.h. der Abstand des Unter- randes von einer durch die Oberkante des Höckers gezogenen Parallele) 0,58 mm. Antenne 0,7 mm. Diese von Herrn Dr. O. Zacuarıs im Labenz-, Tuchomer- und Müggelsee, so wie in der Havel und Spree entdeckte Varietät der Bos- mina gibbera Schödler unterscheidet sich von letzterer durch den stärker ausgebildeten und weiter nach hinten gekrümmten Höcker und die längeren Tastantennen. Nach gütiger Mittheilung des Herrn Pro- fessor Dr. W. Lırısesorg in Upsala findet sich diese Varietät auch in mehreren Seen des südlichen Schwedens (Provinz Schonen) und zeich- nen sich die daher stammenden Exemplare durch einen noch weiter nach hinten gekrümmten Höcker aus. Vegesack, im Oktober 1886. Erklärung der Abbildungen. Tafel XV, Fig. 1, 4, 10—13. | Fig. A. Hyalodaphnia cucullata Sars, nov. var. procurvaPoppe. Vergr. 52/1. Fig. 4. Bosmina gibbera Schdlr., nov. var. Thersites Poppe. Vergr. 52/4. Fig, 10. Temorella lacustris Poppe n. sp. Abdomen des Q. Vergr. 20/4, Fig. 44. Temorella lacustris Poppe. Fünfter Fuß des @. Vergr, 320/1. Fig. 12. Temorella lacustris Poppe. Abdomen des 3. Vergr. 230/1. Fig. 13. Temorella lacustris Poppe. Fünfter Fuß des 5. Vergr. 320/1. Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. Von Dr. H. Strahl in Marburg. Mit Tafel XVI und 10 Holzschnitten. Das Verhalten des Entoblast bei der Bildung des Dottersackes des Vogelembryo ist von H. Vırcnow (25) beim Hühnchen untersucht und beschrieben. Er kommt an der Hand seiner Beobachtungen zu dem Resultat, dass in der späteren Zeit der Entwicklung das Epithel des Dottersackes aus einer einfachen Lage von entoblastischen Zellen be- steht. KÖöLLıker (8) hat in einer neueren Mittheilung, auf welche ich weiter unten zurückkommen werde, unter Anderem den Satz aufge- stellt: »Der Keimwulst des Entoblasten ..... wandelt sich später ganz. und gar in eine einschichtige Lage, das Dottersackepithel, um.« Die entsprechenden Entwicklungsvorgänge bei den Reptilien sind bis jetzt einer genaueren mikroskopischen Untersuchung nicht unter- zogen; in dem Folgenden sollen die Resultate einer solchen mitgetheilt werden, da die in Rede stehenden Verhältnisse von denen des Vogel- embryo nicht unwesentlich abweichen. Hieran soll sich die Darstellung von dem Verhalten der Zellen anschließen, die frei innerhalb des Dottersackes vorkommen und von der Mehrzahl der Autoren als parablastische bezeichnet werden. Die auf die letztere Frage sich beziehende umfangreiche Litteratur ist neuer- dings mehrfach besprochen (vgl. z. B. Hıs [4], Wapeyer [22], HAcEcKEL (3), Rückerr [16]. Es kann daher meine Absicht nicht sein, hier eine wiederholte Zusammenstellung derselben zu geben, sondern soll sie nur in so weit eitirt werden, als sie entweder neuesten Datums ist, oder sich mit denselben Objekten beschäftigt, die unten behandelt werden. Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 383 I. Die Dottersackswand. Geht man in der Betrachtung der Dottersackswand aus von einem Zustand, in welchem der Embryo (von Lac. vivipara) so weit entwickelt ist, dass sein Gefäßsystem sammt dem Randsinus vollständig angelegt ist, so zeigt bei diesem der Keimwulst! ein ganz ähnliches Verhalten wie beim Vogelembryo (Fig. 9a). Den oberen Rand bildet eine ein- schichtige, dünne Ektoblastlage, an welche sich nach außen von dem Randgefäß ein weitmaschiges Netzwerk großer Zellen anschließt; die Kerne liegen vielfach in den Maschen desselben, während die Zellen selbst mehr oder minder mit Dotterkugeln gefüllt sind, und solche zwischen sich schließen. Man findet die Dotterkugeln in allen mög- lichen Größen vor. Nach unten gegen den Dotter selbst besitzt der Keimwulst nicht immer eine so scharfe Grenze wie in der Figur. In den meisten Fällen finden sich an dem äußersten unteren Rande desselben eine Anzahl sehr dicht an einander gelegener Zellen vor. Der ganze Keimwulst macht in seiner allgemeinen Anordnung den Eindruck eines ähnlichen Netz- oder Maschenwerkes, wie dies z. B. W. Woır (24) für den Hühnerembryo abgebildet hat. In dem unterhalb des Keimwulstes liegenden Dotter findet man an geeigneten Präparaten freie (para- blastische) Zellen (s. u. Fig. 6), wie dieselben in einer früheren Mit- theilung von mir beschrieben sind: eigenthümliche rundliche mit sroßen Dotterkugeln angefüllte Klumpen, in denen man stellenweise deutlich Kern und Kernkörperchen erkennt. Da wo sich an den Keimwulst das Randgefäß anschließt, tritt immer eine scharf nach unten abgegrenzte Entoblastlage auf. Die ein- zelnen Entoblastzellen besitzen ebenfalls meist einen Inhalt von Dotter- kugeln, wie Korımann dies bereits beschrieben hat. Wie die Zellen weiter außen vom Randsinus sich verhalten, zeigt Fig. 9 bei schwacher Vergrößerung. Es ist dies der Durchschnitt durch ein ganzes Ei und erkennt man, dass der Dotter bereits vollständig von Zellen umwachsen ist. Man kann an diesen Zellen eine äußere ektoblastische und eine innere entoblastische Lage unterscheiden. Die ektoblastische bildet eine kontinuirliche dünne Schicht mit kleinen, sehr platten Kernen, die entoblastische dagegen besteht aus weniger regelmäßig angeordneten Zellen; während man an dem eigentlichen Keimwulst, so weit er unter- halb des äußeren Randes des Gefäßhofes oder dicht neben diesem liegt, ! Um eine möglichst einheitliche Terminologie schaffen zu helfen, schließe ich mich in der Bezeichnung an die von KöLLıker in seinem Lehrbuch gewählte an und gebrauche den Namen Keimwulst für das, was ich früher Keimwall nannte. 284 H. Strahl, eine Grenze der Zellenschicht gegen den Dotter erkennt, findet man weiter außen eine solche nicht vor. Fig. 9 5b zeigt ein Stück der Dotter- sackswand von der dem Embryo gegenüber gelegenen Seite des Dotter- sackes. Die unteren Zellen bilden hier kein eigentliches Epithellager, sondern man findet die Kerne derselben in ein Gerüstwerk von Proto- plasma eingelagert, welches selbst zum Theil Dotterkugeln einschließt, zum Theil an den Durchschnitten Hohlräume erkennen lässt, in denen vielleicht gleichfalls Dotterkugeln gelegen haben; eine solche Grenze gegen den Dotter, wie man dieselbe unterhalb des Keimwulstes im Bereiche des Gefäßhofes und dicht neben diesem findet, ist hier nicht wahrzunehmen. Auch von der Vogelkeimscheibe berichtet Rauser (15, p- 16), wie zeitweilig die untere Grenze des Keimwulstes sich ver- wischt. Im Übrigen sind die Entoblastzellen demgemäß den von Rückerr (16) beschriebenen Parablastzellen (Merocyten) der Selachier nicht unähnlich, in so fern eine eigentliche Epithellage fehlt, die Zellen in ihren Verästelungen viel eher amöboiden gleichen. Fig. 10 zeigt den Durchschnitt durch ein älteres Ei; die Allantois, die einen großen Hohlraum besitzt und die gesammte Blastodermhöhle ausfüllt, hat etwa die Hälfte des Dottersackes umwachsen. Dieselbe endet an ihrem äußersten Rande in einem Keil von kleinen dichtgestellten Zellen, welche, eben so wie die ganze Innenwand der Allantois im Bereiche des Dottersackes der Wand des letzteren so fest anliegt, dass eine Grenze zwischen beiden auf dem vorliegenden Durchschnitt nicht zu erkennen ist. An einzelnen Stellen findet man auch in dieser Zeit schon Zellen- brücken in der Allantois vor, welche den früher von mir beschriebenen Septen der Allantois entsprechen. Diese dienen zum Übertritt von Gefäßen von der unteren Allantoislamelle zur oberen, da die größeren Gefäßstämme ziemlich direkt von der unteren an die obere Fläche tre- ten, ohne um den Außenrand der Allantois herumzugehen. Der Dotter- sack zeigt auf dem Durchschnitt eine Form, welche er von nun an be- hält, nämlich die eines an dem vorliegenden Exemplar etwas in die Länge gezogenen Halbkreises, der nach unten vorgewölbt, nach oben mit einer etwas konkav gebogenen oder geraden Linie abgeschlossen ist. Diese beiden, die untere gebogene und die obere gerade Wand zeigen ein verschiedenes Verhalten, in so fern die obere immer dünner bleibt und nach unten gegen den Dotter abgegrenzt erscheint, während die untere viel stärker ist und eine scharfe Grenze gegen den Dotter zeitweilig nicht erkennen lässt. Fig. 10 a zeigt den Durchschnitt durch den freien Außenrand der Allantois bei etwas stärkerer Vergrößerung. Man erkennt, dass der- selbe der Dottersackswand so fest anliegt, dass es z. B. nicht möglich Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 385 ist zu bestimmen, ob der größte der Gefäßdurchschnitte der Allantois oder der Dottersackswand angehört; ob übrigens eine Verklebung oder wirkliche Verwachsung dieses vordersten Allantoisendes mit der Dotter- sackswand zu Stande kommt, lässt sich an den Durchschnitten nicht entscheiden, doch ist das erstere mit Rücksicht auf spätere Stadien wahrscheinlicher. Die Entoblastlage des Dottersackes lässt auch hier keine epitheliale Anordnung zu einer geschlossenen Lamelle erkennen; die Anordnung der Zellen ist eine ähnliche, wie sie oben vom Keim- wulst beschrieben, man erkennt keine Grenze nach unten. In Fig. 41 sind Dottersack und Allantoisränder eines Embryo im Durchschnitt abgebildet, bei welchem die Allantois nunmehr den Dottersack ganz umwachsen hat. Auch hier besitzt der halbkreisför- mige Durchschnitt des Dottersackes eine obere niedrige und eine untere diekere Wand. Der Unterschied der letzteren in der Dicke seiner einzelnen Abschnitte gegen das vorige Stadium ergiebt sich aus einem Vergleich der Fig. 9 und 10. Die Anordnung der Entoblastzellen ist die gleiche wie im vorigen Stadium, nur ist die Lage derselben an der dem Embryo abgewandten Seite eine viel dickere, das Gerüstwerk, welches dieselben bilden, ragt viel tiefer in den Dotter hinein. Fig. 14 a ist die Abbildung des Durchschnittes durch ein Stückchen einer solchen Dottersackswand. Man erkennt die von dem mittleren Keimblatt gebildete einschich- tige äußere Zellenlage des Dottersackes und unterhalb derselben ein feines Gerüstwerk mit nicht gerade zahlreichen Kernen; innerhalb des Gerüstes die Dotterpartikel und Vacuolen!. Auch hier wäre also noch ein dem Keimwulst ähnliches Verhalten der Entoblastzellen, nur fehlt auch hier eine scharfe Grenze gegen den Dotter und zeigt die Wand eine sehr erhebliche Stärke. Auch in den nun folgenden Stadien weicht der Dottersack von dem des Hühnerembryo in seinem Verhalten ab. Es ist nicht der schlaffe Sack, wie man ihn beim Vogelembryo findet, und wie ihn Rıruke (14) auch für die Natter beschreibt, sondern bei steter ziemlich schnell vor sich gehender Verkleinerung behält derselbe stets seine ursprüngliche pralle, glatte Wand bei und zeigt nie einen eigentlich dünnflüssigen Inhalt. Im Gegentheil bekommt man aus Durchschnitten durch ältere Dottersäcke vielmehr den Eindruck, als ob der frei in dem Dottersack liegende Dotter so gut wie ganz schwinde und als ob der gesammte ! Es wäre immerhin möglich, dass die Kerne zahlreicher sind, als in der Figur angegeben. Sie färben sich nicht immer gut, und entziehen sich dann leicht der Beobachtung. 386 | H. Strahl, Dotter, wenn nicht in Zellen selbst, wie mir das wahrscheinlicher zu sein scheint, so doch wenigstens in einem mit den Zellen der Wand zusammenhängenden Maschenwerk von Protoplasma belegen wäre. Dabei erhält man für die späteren Entwicklungszustände Bilder, welche erkennen lassen, dass sich die Entoblastzellen auch der unteren Wand noch zu einer Art von Epithelmembran ordnen. Fig. 12, 13, 1% sind Durchschnitte durch drei Dottersäcke älterer Entwicklungsstadien bei gleicher Vergrößerung wie Fig. 9, 10, 41. Es geht aus denselben die allmähliche Verkleinerung des Dottersackes hervor, der aber dabei immer noch die verschiedene Anordnung seiner oberen und unteren Wand erkennen lässt. Es ist wenigstens wahrscheinlich, dass bereits in dem in Fig. 12 abgebildeten Dottersack so gut wie gar keine Dotterkugeln mehr frei im Dottersack liegen, sondern fast Alles, was im Dotter noch vorhan- den ist, liegt in den Zellen der dicken unteren Dottersackswand. Es nimmt sich dieselbe im Ganzen etwa so aus, wie der freie Rand der Fig. A1 a. Es ziehen sich zwischen den Dotterkugeln in ziemlich regel- mäßigen Abständen die Septa hin, wie sie in dieser Figur von dem Rande in die Tiefe gehen und quere oder schräge Vereinigungsstränge theilen ziemlich gleich große Unterabtheilungen ab. Das Einzige, was man als den Hohlraum des Dottersackes auffassen kann, ist der in der Figur abgebildete schmale Spalt. Dass man es hier nicht mit einem Kunstprodukt zu thun hat, ergiebt ein Vergleich der ganzen Entwick- lungsreihe. Die Annahme, es läge bereits jetzt fast der gesammte Dotter in Zellen, wird auch noch durch das Verhalten des Dottersackes am reifen Embryo unterstützt. Ein der Fig. 14 entsprechender Durchschnitt ist in Fig. 15 bei stärkerer Vergrößerung abgebildet. Wenn auch hier die Masse des noch vorhandenen Dotters sehr abgenommen hat, so ist dieselbe doch noch so bedeutend, dass der Dottersack im frischen Zustand als kleiner orangegelber Klumpen erscheint. Es ist nun aber die Menge des Dot- ters nicht mehr so groß, um nicht die Zellen mit ihren Kernen in voller Deutlichkeit hervortreten zu lassen. Die Zellen erscheinen als große, zum Theil wie polygonale Gebilde und sind mit Dotterkugeln aller möglichen Größe gefüllt. In einem solchen Stadium kann man auch von einer epithelialen Anordnung des gesammten Entoblast reden. Es erscheinen die Entoblastzellen der dieken unteren Wand um bindege- webige Septa angeordnet, welche Gefäße in die Tiefe führen. Das Lumen des Dottersackes tritt klar und deutlich hervor, innerhalb des- selben liegen kleine parablastische (s. u.) Zellen. Ein ganz mit dem eben geschilderten übereinstimmendes Verhalten Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 387 zeigen die gleichfalls untersuchten abgeworfenen Dottersäcke eben aus- geschlüpfter Eidechschen. In Fig. 16 gebe ich noch die Abbildung von eigenthümlichen zottenartigen Vorsprüngen, wie ich dieselben in einzelnen Fällen an der oberen Dottersackswand vorgefunden habe. Dieselben haben eine sefäßführende Leiste in der Mitte, welche rings von großen Entoblast- zellen mit ebenfalls großen Kernen überkleidet ist. Einzelne der Zot- ten tragen ein auch zwei rundliche Gefäßdurchschnitte in ihrem Grunde. Es ergiebt eine Übersicht über die oben geschilderten Entwick- lungsvorgänge, dass sich der Dottersack in manchen Beziehungen beim Reptil anders verhält als beim Vogel. Bei ersterem kommt eigentlich kein Entwicklungszustand vor, in welchem der Dottersack eine in allen ihren Theilen gleichmäßig dicke, aus zwei einfachen Zellenlagen be- stehende Blase darstellt, wenn man nicht etwa den letzten in Fig. 15 abgebildeten Entwicklungszustand so auffassen wollte und sich denkt, dass die dicke untere Dottersackswand z. B. aus ähnlichen an einander gelagerten Zotten bestände, wie die in Fig. 16 dargestellten. Es scheint die Art und Weise der Ausbreitung des Entoblast hier eine specifische zu sein. Derselbe breitet sich nicht als eigentliche Epithelmembran weiter nach außen, sondern seine Zellen liegen zu- nächst in mehr zwangloser Anordnung um den Dotter herum. Es bleibt dabei eine dem Keimwulst der früheren Zeit ähnlichere Vertheilung derselben erhalten, so dass man eigentlich sagen kann, es bleibe der nach außen vorgeschobene Keimwulst hier so lange erhalten, als noch freier Dotter in dem Dottersack gelegen ist. Das eigenthümliche Ver- halten des Entoblast erklärt auch eine besonders auffallende Erschei- nung, die man zeitweilig an den Dottersacksgefäßen wahrnimmt. Ich habe in einer früheren Mittheilung die auch von Rarnke (1%) für die Natter erwähnten scheinbar frei im Dottersack belegenen Ge- fäße beschrieben. Nach Bildern, wie ein solches in Fig. 14 a wieder- gegeben ist, möchte ich annehmen, dass die Gefäße sich mit den ver- zweigten und verästelten Entoblastzellen in die Tiefe begeben und einen, wenn auch nicht überall vollständigen Überzug von solchen tragen. Wenn der Dottersack sich mit dem zunehmenden Verbrauch seines Inhaltes dann verkleinert, fügen sich einmal die Entoblastzellen fester an einander und dadurch bekommen dann andererseits auch die Ge- ‚ fäbe wieder einen vollständigeren Überzug von Zellen, so dass man solche freien Gefäße in Stadien, wie sie Fig. 42 und 13 zeigen, nicht mehr findet. | 288 H. Strahl, II. Die parablastischen Zellen. Von den verschiedensten Autoren (siehe z. B. Hıs [4], Kuprrer |13], WaLDEYER [22], Gasser [1], Rückert [16], Sarasın [17]), sind als Parablast und parablastische Zellen theils verschiedene Dinge bezeichnet, theils zwar die gleichen Objekte beschrieben, aber in Herkunft und Schick- sal auf das abweichendste beurtheilt. Bei Reptilienembryonen hat Kurrrer zuerst das für andere Thier- gruppen bekannte Vorkommen von Zellen innerhalb einer Rindenschicht des Dotters beschrieben. Er nennt sie hier parablastische und ihre Gesammtheit (nebst einer Schicht von Bildungsdotter) den Parablast. Es sollen im Folgenden im Anschluss an Kuprr£r demgemäß eben- falls die Zellen als parablastische bezeichnet werden, die nach Ausbil- dung der drei Keimblätter unterhalb des Entoblast belegen sind (vgl. z. B. Fig. 4). Das erste Auftreten von diesen parablastischen Zellen kann man bereits an Keimen beobachten, die noch in der Furchung begriffen sind. Fig. 2 stellt den Durchschnitt durch die Mitte eines Keimes dar, wel- cher bei Lupenvergrößerung noch einen Kranz von Segmenten an seinem Rand erkennen ließ; an diese schlossen sich nach innen eine Reihe von erkennbaren Furchungskugeln an, während in der Mitte des Keimes die Furchungskugeln bereits so klein waren, dass dieselben mit Lupenvergrößerung nicht als solche kenntlich waren. An dem Durchschnitt durch den Keim sieht man nun, dass dieser von dem Dotter durch einen schmalen Zwischenraum getrennt wird; die Zellen desselben Keimes werden je weiter nach unten um so größer, und sind in den tieferen Schichten lockerer an einander gelagert als weiter oben, so dass man die einzelnen runden Zellen hier gut er- kennt. In den tieferen Lagen nehmen die Kerne der Zellen Farbstoffe (Karmin und Anilinfarbstoffe) entschieden schlechter an, als in den weiter oben gelegenen; eben so färben sich die nach dem Rande des Keimes zu belegenen weniger, als die der Mitte. Die Zellen sind mit Dotterkörnchen mehr oder minder gefüllt. Die den Keim vom Dotter trennende Spalte reicht nach den Seiten nicht bis zum Rande des Keimes, sondern es liegt hier in der Gegend des sich eben bildenden Keimwulstes der Keim dem Dotter fest auf. Unterhalb des Spaltes liegen nun in dem Dotter die Kerne der para- blastischen Zellen, in der Figur als eine Reihe dunkler Punkte darge- stell. Es hat den Anschein, als ob innerhalb einer nach oben gut begrenzten Dotterschicht eine Reihe freier Kerne belegen wäre. Die Kerne gleichen in Form und im Verhalten gegen Farbstoffe durchaus Die Dottersackswand und der Parablast der Eidachse. 289 denen der tiefen Lagen des Keimes; an geeigneten Stellen gewinnt man aber außerdem die Überzeugung, dass dieselben nur scheinbar frei im Dotter liegen; wenn nämlich durch den Schnitt oder bei dem Aufkleben des Schnittes das Gefüge des Dotters etwas gelockert ist, dann bemerkt man, dass die kleinen Dotterpartikelchen in dem Um- kreis von Kernen, die gerade an solchen Stellen liegen, fest zusammen- halten: es gleichen solche Stellen dann völlig den als solchen kennt- lichen Zellen der tieferen Lagen des Keimes; eine Andeutung dieses Ver- haltens ist in Fig. 3 wiedergegeben. Dieselbe stellt ein Stückchen des Durchschnittes bei stärkerer Vergrößerung dar; man erkennt das ver- schiedene Aussehen der oberen dichter gefügten Zellen des Keimes gegenüber den tieferen; diese sind größer, rund und locker an einander gelagert. Dann folgt nach unten der Dotter mit vier Kernen. Die beiden rechts gelegenen zeigen je einen dunklen Hof, der an Form, Größe und äußerem Aussehen mit den dicht darüber gelegenen Zellen des Keimes übereinstimmt, nur keine scharfe Abgrenzung nach außen erkennen lässt. Man wird wohl nicht fehl gehen, wenn man annimmt, dass es sich hier um, eine Reihe von Zellen handelt, die sich von den höher gelegenen durch: ihr festeres Gefüge unterscheidet; die Lücken zwischen denselben,, wenn solche vorhanden sind, werden durch Dotter ausgefüllt und nackı unten schließen dieselben eben so unmittelbar an den Dotter an, wira der ganze Keim in seinen Seitentheilen. € Man wird demgemäß auch nicht sagen, dass der sich furchende; Keim sich vom Dotter abhebt, sondern vielmehr, dass innerhalb des-.: selben, abgesehen von den Randbezirken, eine horizontale Trennung eingetreten ist; durch dieselbe werden — wie sich aus den anschließen- den Entwicklungsstadien entnehmen lässt — von einander geschieden: ein oberer Theil, aus welchem sich weiterhin die drei Keimblätter entwickeln und ein unterer, der also unter dem Entoblast der Em- bryonalanlage und nach Bildung eines geschlossenen Dottersackes innerhalb des Dottersackes belegen ist !. 1 Man könnte wohl auch sagen, dass es sich bei allen von den Autoren als Parablastzellen beschriebenen Zellen um Entoblastzellen handelt. Es lässt sich-ein solcher Standpunkt ja rechtfertigen, wenn man, vom späteren Entwicklungszustand ausgehend, Alles als Entoblast bezeichnet, was dotterwärts vom mittleren Keim- blatt liegt. Der Entoblast wäre dann hier mehrschichtig, seine tieferen Lagen wären von den oberen durch einen Spalt getrennt, anders angeordnet und geformt als diese und finden sich auch nach Schluss des Darmrohres noch unter dem Em- bryo vor. Die tiefere Lage der Entoblastzellen wäre außerdem durch ihre frühe Trennung vom Keim vor der oberen gekennzeichnet, d.h. sie besitzt dann eben diejenigen Eigenschaften, welche den oben als parablastischen Zellen beschriebe- nen als Besonderheit zukommen. Sachlich lässt sich gegen eine solche Auffassung Zeitschrift f. wissensch,. Zoologie. XLV. Bd. 19 290 H. Strahl, Für die Annahme, dass es sich bei der Lage von parablastischen Zellen um eine tiefe Schicht des sich furchenden Keimes handelt, spricht ein Vergleich mit einem früheren Stadium. Fig. 4 stellt den Durchschnitt durch die Mitte eines Keimes dar, der sich in einem früheren Stadium der Furchung befindet und ist bei gleicher Ver- größerung gezeichnet, wie Fig. 2. Man erkannte an dem Keim makroskopisch einen Haufen von Furchungskugeln in der Mitte, der von einem Rande von Segmenten umgeben war. Die Durchschnitte lassen ebenfalls ganz getrennte Kugeln in der Mitte und große nach unten nicht scharf begrenzte Segmente am Rand erkennen. Der Keim geht nach unten ganz allmählich in den gelben Dotter über, indem immer größere Körnchen und Kügelchen sich an kleinere anschließen, bis deutlich als solche kenntliche Dotter- Bügelchen folgen, die weiter nach unten in immer größere übergehen. S was, was ich als weißen Dotter bezeichnen könnte, finde ich nicht. Nach den Seiten ist die Grenze des Keimes gegen den gelben Dotter ziemlich scharf. Die Kerne der tieferen Lagen färben sich schlechter als die höher gelegenen. | Ein Vergleich von Fig. 1 mit Fig. 2 ergiebt nun, dass bei ersterer leutlich als solche kenntliche Furchungskugeln in einer Tiefe unter lem oberen Rand des Keimes liegen, in der sich bei letzterer die para- lastischen Zellen vorfinden. Es lässt sich dies Verhalten mit dem Zir- sel feststellen. Die einfachste Ableitung des vorgeschritteneren Sta- Jiums von dem früheren ist demnach wohl die oben gewählte, dass nämlich innerhalb des sich furchenden Keimes unter gleichzeitiger Vermehrung und Verkleinerung der einzelnen Elemente eine horizon- tale Trennung in zwei Schichten vor sich geht, die aber zunächst noch nicht auf den Randbezirk des Keimes übergreift. Ein gleiches Verhalten, wie während der Furchung, zeigen die parablastischen Zellen während der nächstfolgenden Entwicklungs- stadien. Fig. 4 stellt bei gleicher Vergrößerung wie Fig. I und 2 den Querschnitt einer Keimscheibe noch ohne Urwirbel dicht hinter dem Canalis neurentericus dar. Unter dem Keim liegt der Dotter mit den parablastischen Zellen. Die Kerne derselben hatten sich bei diesem Keim sehr deutlich gefärbt und liegen an einzelnen Stellen zu mehre- ren über einander. Dass in allen diesen frühen Entwicklungsstadien eine Abweichung irgend welcher Art in der Vermehrung der para- blastischen Zellen gegenüber denen des Keimes (im engeren Sinne) sich nichts einwenden, es bliebe sich gleich ob wir sagen tiefe Entoblastlage oder Para- blast; ich ziehe es lediglich aus praktischen Gründen vor, den Autoren in der Be- zeichnung »parablastische Zellen« zu folgen. TS ee en En u Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 391 bemerkbar mache, z. B. eine Art Knospung, wie sie GoETTE (2) annimmt {vgl. auch Sarasın [17]), habe ich nicht gefunden. Ein von dem eben Geschilderten abweichendes Aussehen bieten die parablastischen Zellen in mittleren Entwicklungsstadien. Hier findet man unter dem Entoblast große Klumpen von Dotterkugeln. Dieselben sind von einem feinen Kontour umgeben und an einzelnen der Klumpen erkennt man inmitten der Dotterkugeln einen Zellkern (Fig. 6 A). Die Anordnung der Zellen giebt Fig. 5 bei schwächerer Vergröße- rung wieder. Es wird in diesen Entwicklungsstadien der Embryo mit den anschließenden Häuten vom Dotter durch eine Lage wasserheller Flüssigkeit getrennt, die bei der Behandlung mit Säure gerinnt und auf den Durchschnitten als ziemlich breite Schicht feinkörniger Balken und Fasern erscheint. Diese Schicht trennt die parablastischen Zellen, deren sieben in der Figur angegeben sind, von dem Entoblast. Die parablastischen Zellen liegen in dem unteren Rand der geronnenen Masse oder in dem oberen des Dotters. Von den sieben in der Figur angegebenen Zellen lassen drei einen Kern erkennen. Bei den vier anderen ist ein solcher im Schnitt nicht mitgetroffen. Weiter nach außen nehmen die eben so beschaffenen parablasti- schen Zellen an Zahl erheblich zu, doch wird unterhalb des Keim- wulstes ihre Abgrenzung gegen diesen schwierig, da hier auch die Schicht der geronnenen Flüssigkeit aufhört!. Die in Fig. 6 dargestellte Form der Parablastzellen wurde auch in frischem Zustand in gleicher Weise beobachtet. Es macht hier nur er- hebliche Schwierigkeiten, sich von dem Vorhandensein eines Zellkernes zu überzeugen. Es kommen aber auch an den Schnittpräparaten vielfach Haufen von Dotterkugeln vor, die von einem Kontour umgeben sind und völlig der in Fig. 6 dargestellten Zelle gleichen, nur findet man keinen Kern. Die nächstliegende Vermuthung ist aber doch, dass ein solcher auch hier vorhanden ist und nur die Darstellung desselben noch mit Schwie- rigkeiten zu kämpfen hat?. ! Die eben beschriebenen Bilder, nach denen die Parablastzellen von dem Entoblast durch eine Flüssigkeitsschicht auch räumlich geschieden sind, lassen es doch gerechtfertigt erscheinen, wenn man die so durch ihre Lage gegenüber dem Entoblast genügend charakterisirten Zellen auch mit einem besonderen Namen be- zeichnet und nicht als tiefe Lage des Entoblast auffasst. ? An den Durchschnitten der Serie, welcher Fig. 5 entnommen ist, finde ich auch noch eine zweite kleinere Sorte von Zellen vor, die frei unter dem Entoblast liegen. Dieselben sind ganz rund oder leicht oval (Fig. 6 B) ebenfalls von einem feinen Kontour nach außen umgrenzt, ich bemerke aber in keiner derselben einen 19* 292 H. Strahl, In einzelnen erhärteten Dottersäcken habe ich auch vergeblich nach sicheren parablastischen Zellen gesucht, vermag aber diesen Um- stand vorläufig nur auf die Behandlung der Embryonen zu beziehen. Im Allgemeinen kann man auf das Vorkommen von Formen, wie sie Fig. 6 zeigt, in allen mittleren Entwicklungsstadien rechnen. Bis dahin lässt sich also das Verhalten und Vorkommen von freien Zellen im Dottersack leicht und sicher feststellen. Die älteren Entwicklungs- stadien bieten für die weitere Verfolgung derselben in so fern erheb- liche Schwierigkeiten, als die Abgrenzung der Zellen gegen den Ento- blast nicht leicht ist. Wenn ich nun zusammenstelle, was mir an Beobachtungsmaterial für diese Stadien vorliegt, so wäre das etwa Folgendes: 1) Es kommen durch einen Kontour zusammengehaltene Klumpen von Dotterkugeln in gleicher Weise wie oben beschrieben in allen weiteren Stadien — aber mehr oder minder zahlreich — vor. Die- selben liegen theils zwischen den Strängen von Gefäßen und Ento- blastzellen, welche die untere dicke Dottersackswand zusammensetzen, theils an deren freiem Rand (vgl. Fig. 12). Es hat aber bis jetzt nicht recht gelingen wollen, sichere Zellkerne in denselben nachzuweisen. 2) Sehr deutlich liegen in den letzten Entwicklungsstadien (vgl. Fig. 15) freie Zellen innerhalb des Dottersackes (dieselben finde ich in gleicher Weise auch z. B. in den Durchschnitten wie Fig. 13, sie sind aber hier nicht eingezeichnet). In allen Exemplaren ganz reifer oder eben abgeworfener Dottersäcke von Lac. vivipara finde ich solche zum Theil in sehr erheblicher Anzahl vor, während in einzelnen seltenen Fällen auch die großen Kugeln noch angetroffen werden. Die Zellen sind klein, mit deutlichem Kern, haben aber keinen Inhalt von als sol- chen kenntlichen Dotterkugeln mehr. Sie liegen unregelmäßig ver- streut im Dottersack, bald einzeln, bald mehr in Haufen zusammen. Sie machen den Eindruck wie Iymphoide Zellen. Wenn man nun weiterhin erwägt, was das Schicksal der in Fig. 5 und 6 abgebildeten parablastischen Zellen in der späteren Zeit der Entwicklung sein könnte, so wäre möglich: 1) dass die Zellen noch während der Entwicklung zu Grunde gingen. Dafür habe ich aber keinen Anhaltspunkt in den Präparaten finden können. Inhalt von als solchem kenntlichen Dotter, nur feine Körnchen. DieKerne sind auch meist kleiner, als in den oben beschriebenen Zellen. Ich habe daran gedacht, dass es sich um ähnliche Zellen handelt, wie die in Fig. 6 A abgebildeten, die nur ihren Inhalt abgegeben haben, habe mich aber vergeblich bemüht, Übergangsformen zu finden, die an Größe z. B. in der Mitte zwischen beiden ständen und einen Inhalt | von nur wenigen Dotterkugeln zeigten, — | | | | | | Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 393 %) Dass die Zellen bei der späteren festeren Anordnung der bis dahin locker gebauten Dottersackswand mit in dies festere Gefüge ein- bezogen, also ganz in den Entoblast aufgenommen werden. Dann müssten die freien Zellen in Fig. 15 abgelöste Entoblastzellen sein. 3) Dass dieselben Zellen, wie sie in Fig. 5 dargestellt sind, sich auch weiterhin erhalten. Sie könnten sich dann zeitweilig oder in ein- zelnen Exemplaren (Fig. 42) bei der Verkleinerung des Dottersackes so fest an die Wand anlegen, dass man sie als solche nicht erkennt, wäh- rend bei anderen Exemplaren sie wieder deutlich hervortreten können; erst in späteren Stadien würden sie wieder deutlich (Fig. 15). Dann wären die freien Zellen in letzterer Figur die früher mit Dotter ge- füllten parablastischen Zellen nur in leerem Zustand. Ein principieller Unterschied in den Eigenschaften der Zellen würde für die beiden letzten Fälle in so fern nicht vorhanden sein, als auch die Entoblastzellen der letzten Entwicklungsstadien den Inhalt von Dotter, den sie in der früheren Zeit besaßen, nicht mehr haben; es handelt sich in beiden um Zellen, die Dotter aufgenommen und wie- der abgegeben haben und würde nur unentschieden die Frage blei- ben, ob die ursprünglich durch ihre Lage und ihr charakteristisches Aussehen den Entoblastzellen gegenüber gekennzeichneten parablasti- schen Zellen auf die ganze Dauer der Entwicklung ihre Selbständigkeit wahren, oder ob sie zuletzt in den Entoblast aufgehen. Stellt man also die Beobachtungen über das Verhalten der para- blastischen Zellen in allen den verschiedenen Entwicklungsstadien zu- sammen, so würde sich Folgendes ergeben. Während der Furchung tritt bei Lacerta eine quere Theilung des Keimes ein, die denselben in eine obere für die Bildung der Keim- blätter bestimmte Abtheilung von Zellen und in eine tiefere zerlegt, welch letztere — die Parablastzellen — nach unten gegen den Nah- rungsdotter nicht scharf abgegrenzt erscheint. Diese tiefere Lage bleibt als solche kenntlich und erhalten wäh- rend der Embryo sich anlegt. (Ob dabei noch einzelne der Parablastzellen für den Aufbau des Eintoblast verwandt werden, ist nach meinen Präparaten möglich, aber nicht bestimmt nachzuweisen!. Jedenfalls finden sich noch Parablast- zellen vor, wenn der Dottersack schon so gut wie ganz ausgebildet ist. ! Es kommen, wie vielfach anderweit beschrieben, auch Zellen scheinbar frei zwischen dem unteren Rand des Keimes und dem oberen des Parablast vor. Das können aber gerade so gut tiefe Zellen des Keimes sein, die sich aus ihrem Verband isolirt haben, als wie Parablastzellen, die sich nach oben schieben, um sich an den Keim anzulegen. 294 H. Strahl, Die Annahme einer Entstehung der Zellen durch freie Zellbildung im Dotter oder eine Vermehrung derselben durch eine solche ist bei dem Nachweis der Entstehung während der Furchung wohl entbehrlich.) In etwas weiter vorgeschrittenen Entwicklungsstadien (Fig. 5 u. 6)) verhalten sich die Zellen, die man alsdann im Dotter findet, in so fern anders, als die Lage derselben unterhalb der Keimscheibe keine kon- tinuirliche ist, und eine große Zahl derselben statt kleiner Körnchen von Dotter nunmehr große Dotterkugeln einschließen. Die nächstliegende Annahme für die Deutung dieser Erscheinung; ist demnach wohl, dass der ursprüngliche Inhalt der Zellen in irgend einer Form als Material für den Aufbau des Embryo verwendet ist und dass statt dessen neue Dotterelemente in die Zellen aufgenommen sind. Es ist möglich, dass auf diese Weise die Flüssigkeitsschicht unterhalb des Embryo entstanden ist, dass sie ein Produkt der Thätigkeit der parablastischen Zellen ist. Die parablastischen Zellen der späteren Entwicklungszeit unter- scheiden sich dann von den in Fig. 5 und 6 abgebildeten dadurch, dass. sie ihren Inhalt an Dotterkugeln entweder ganz oder nahezu vollständig, wieder in veränderter Form abgegeben haben und besteht dieser Unterschied auf alle Fälle, sei es nun, dass die Zellen sich in die Reihen der Entoblastzellen einfügen, oder dass sie, wie es das Wahrschein- lichere, auch jetzt noch durch ihre gesonderte Lage den Entoblastzellen gegenüber kenntlich bleiben. Die Aufgabe der Parablastzellen wäre hiernach eine Verarbeitung von Dottermaterial für den Embryo in ähnlicher Weise, wie das im Übrigen die Entoblastzellen in ihrer überwiegenden Mehrzahl besorgen und wie es für diese letzteren von den Autoren schon vielfach be- schrieben ist. Ein Gleiches hat Rückerr (16) aus der Beobachtung der parablasti- schen Zellen der Selachier feststellen können. Rückerr hat in einer größeren Abhandlung sich über die para- blastischen Zellen der Selachier ausgesprochen. Er lässt dieselben als Produkte der Furchung entstehen, nimmt aber an, dass sie nur einem Theil der Furchungszellen entsprechen und nennt sie desshalb Mero- . cyten gegenüber den als Holocyten bezeichneten vollständigen Fur- chungselementen. Die von den Merocyten abgeleiteten Embryonalzellen sollen sich am Aufbau sämmtlicher Keimblätter betheiligen können. Eine Übereinstimmung mit der oben für die Reptilien beschriebe- nen Entstehung der Parablastzellen würde also in so fern vorhanden sein, als bei beiden Gruppen die fraglichen Zellen aus Furchungsele- menten abzuleiten sind. Nur würde es sich bei den Reptilien um Ele- Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 295 pe] mente handeln, die sich im Wesen von Furchungselementen in nichts unterscheiden. Der Vortrag von Rückerr ist einen Tag früher gehalten als der meinige (21), in dem ich meine Beobachtungen kurz mittheilte, das Übereinstimmende in unseren Resultaten also unabhängig gewonnen. Sırasın (17, p. #9) führt die »freien Kerne« im Dotter des Repti- lieneies nur zum Theil auf die Furchungskerne in ihrem Ursprung zu- rück, während er andererseits es für äußerst wahrscheinlich hält, dass »im Randwulst und in der unter den abgeschnürten Zellen liegenden feinkörnigen Masse neue Kerne sich koncentriren «. Die Beweisgründe Sarasın's für einen solchen Vorgang — die außerordentliche Größe einzelner Kerne, die ich allerdings bestätigen kann, deren Aussehen und Lage — scheinen aber doch für eine solche Annahme nicht auszureichen. WEnckeBAcH (23), von dem wohl die letzten Untersuchungen über die freien Kerne im Dotter der Knochenfische herrühren, kommt be- züglich der Herkunft derselben zu dem Resultat, dass dieselben immer aus dem Blastoderm stammen; einen Antheil an dem Aufbau des Em- bryo lässt er ihnen aber nicht zukommen, sondern vermuthet mit C. K. Horrmann, dass die Kerne Dotterelemente in einen zur Resorption geeigneten Zustand bringen. Genauer eingehen muss ich an dieser Stelle auf die hierher ge- hörigen Abhandlungen von Korımann, da dieselben zum großen Theil die ganz gleichen Objekte behandeln, die mir bei meinen Untersuchun- gen als Grundlage gedient haben. Korımann (9, 10, 41, 42) hat in diesen Arbeiten eine neue Auffas- sung über die Bedeutung des Keimwulstes (Randwulst, Korımann) nie- dergelegt, welche im Wesentlichen darauf beruht, dass zwischen Ekto- blast und Entoblast des Keimwulstes eine besondere Lage von Zellen vorhanden sei, welche er Randkeim (Akroblast) nennt, und welche nach ihm die Anlage des Blutes liefern soll. Er schließt sich dadurch mit neuen Gründen einer Anzahl anderer Autoren an, welche ebenfalls eine vom: Mesoblast gesonderte Anlage des Blutes und der Bindesubstanzen annehmen. Korımann beschreibt auch frei zwischen dem Ektoblast und Ento- blast liegende sternförmige Zellen, die er Poreuten nennt und die nach ihm Akroblastzellen sein sollen, die auf der Wanderung von der Peri- pherie nach der Mitte sind. Eine Einwanderung zelliger Elemente, die dem sich furchenden Keim nicht entstammten oder eine freie Ent- stehung neuer Zellen nimmt Koiımann nicht an. 296 H. Strahl, Etwa gleichzeitig mit der oben erwähnten Abhandlung KoLımann’s erschien ein Aufsatz v. Körriker’s, der denselben Gegenstand behan- delt; v. KörLiker (6) kommt jedoch entsprechend seiner früheren Auf- fassung zu anderen Resultaten als Korımann. Nach ihm ist bis jetzt der Nachweis nicht erbracht, dass Blut und Bindesubstanz eine von dem Mesoblast unabhängige Anlage habe; dieselben entstünden in den peripheren Abtheilungen des Mesoblast und nur aus diesem. Er führt zur Unterstützung seiner Ansicht auch die von mir früher veröffent- lichten Beobachtungen über die Entwicklung des Gefäßsystems der Eidechse als besonders beweiskräftig an. In einer Reihe kleinerer Mit- theilungen hat sich dann eine Diskussion zwischen Korımann und KöL- Lıker angeschlossen. Keiner der beiden Autoren glaubt von seiner Ansicht abgehen zu können, und Korımann, von welchem die letzte Mittheilung über den in Rede stehenden Vorgang vorliegt, hat in dieser ebenfalls auf meine Beobachtung genauere Rücksicht genommen. Er schließt sich denselben aber nicht an, sondern, wenn er auch über den Ort der ersten Blutbildung in der Eidechsenkeimscheibe meine Beob- achtungen bestätigt, so weicht er doch in Bezug auf die Darstellung der Entstehung des Blutes von der meinigen ab und glaubt außerdem, dass die von mir gewählte Terminologie nicht mit der für die Vogel- keimscheibe üblichen in Einklang stände. Das Letztere kann ich jedoch nicht finden, sondern ich glaube gerade meine Terminologie der der früheren Autoren möglichst angeschlossen zu haben. Wenn ich in ein- zelnen Punkten abweichen musste, so geschah es, weil eben Unter- schiede in den Entwicklungsvorgängen zwischen Vogel und Reptil that- sächlich vorhanden sind. Es handelt sich dabei um die Auffassung von Area pellucida und opaca und um den Keimwulst. Ich habe für die Bezeichnungen dieser Theile die Nomenclatur von v. KöÖLLIKER und von Kuprrer zu Grunde gelegt. KÖLLIKER giebt in seinem Grundriss der Entwicklungsgeschichte (2. Aufl.) für den Vogelkeim an, dass man in der Fläche zwei Zonen unterscheiden kann (p. 28), die der helle und der dunkle Fruchthof heihen. Der letztere, die Area opaca, wird bedingt durch eine Ver- dickung des Entoderms, die v. Körziker Keimwulst nennt (p. 29). Die so beschaffene Keimscheibe verändert sich nun, indem an dem dunklen Fruchthof zwei Hauptzonen unterscheidbar werden. »Die innere ist dunkler und schmal und bezeichnet denjenigen Theil der Area opaca, in welchem nun drei Keimblätter enthalten sind. Dain dem mittleren dieser Keimblätter, dem Mesoderm, später die ersten Blutgefäße sich entwickeln, so kann dieser Theil der Area opaca jetzt schon der Gefäßhof, Area vasculosa, heißen, während der weiter nach Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 997 außen gelegene viel breitere Theil mit von Baer den Namen Dotterhof, Area vitellina, führen mag. An diesem sind jedoch ebenfalls noch eine dünne Randzone und ein dickerer undurchsichtiger innerer Abschnitt zu unterscheiden, die wir als Innenzone und Außenzone des Dotter- hofes bezeichnen wollen « (p. 30). Aus dem Vorstehenden geht also hervor: einmal, dass für v. KöLLIKER Area opaca und Keimwulst ursprünglich zwei sich dem Wesen nach deckende Bezeichnungen sind (Area opaca ist der Ausdruck für das Flächenbild, Keimwulst für den Durchschnitt), und zweitens, dass aus dem innersten Theil der Area opaca eine Area vasculosa wird, wenn, oder dadurch dass der von dem Centrum nach der Peripherie sich aus- breitende Mesoblast den Bereich der ursprünglichen Area opaca er- reicht. Weiterhin folgt daraus, dass der Rand des nach der Peripherie wachsenden Mesoblast sich rascher vorschiebt als der ebenfalls nach außen rückende innere Rand der Area opaca. Vergleicht man hiermit die Verhältnisse bei Lacerta agilis, so findet man auch hier einen verdickten Rand des Keimes, der in der Fläche am abgehobenen Keim dunkel erscheint und der ein helleres Feld umschließt. Diesen Entwicklungszustand beschreiben schon KupFrer und BENECckKE und nennen den Rand Area opaca, den umschlos- senen Hof Area pellucida. Ich kann mich also auf diese Autoren berufen, wenn ich den verdickten Rand des Keimes, den sie als Area opaca bezeichnen, Keimwall (Keimwulst, Randwulst) genannt habe, da nach Körzıker Keimwulst und Area opaca sich dem Wesen nach zu- nächst decken. Ich befinde mich dabei wohl auch in Übereinstimmung mit Korı- Mann, denn dieser sagt selbst (11, p. 520): »Der Keimhautrand ist ohne Ausnahme verdickt. Darum eben heißt er Randwulst.« KoLLmann nimmt nun an, wie oben erwähnt, dass aus den Zellen des Randwulstes oder Randkeimes das embryonale Blut hervorgehe und verlangt (l. c. p. 521) den Beweis, dass dem nicht so sei. Diesen Be- weis glaube ich für die Reptilienembryonen liefern zu können. Es würde behufs dessen festzustellen sein: 1) Wo sich der Keimwulst der ersten Zeit in späteren Entwick-- lunssstadien (z. B. Korımann 9, Fig. 2) wiederfindet. 2) Wie sich der Mesoblast in seiner Ausbreitung zum Keimwulst verhält. 3) Wie sich die ersten Gefäßanlagen in ihren Lagebeziehungen zum Mesoblast und zum Keimwulst verhalten. ad 1 lässt sich zunächst für den Keimwulst nachweisen, dass ' derselbe in der ersten Zeit von dem Auftreten der Keimblätter an etwa 298 H. Strahl, bis zu der Zeit, aus welcher Koıımanv’s (9) Embryo (Fig. 2) genommen ist, mit seinem Innenrand nur sehr wenig nach außen vorrückt. Zugleich damit lässt sich nachweisen, dass das, was KoLLmasn in erster Entwicklungszeit als Randwulst bezeichnet, später da zu suchen ist, wo er seine Area vitellina flava hin verlegt. SHE: EEE TSIEZL STILE = Ich gebe zur Erläuterung dieses Verhaltens drei Querschnitte mitten durch drei Eidechsenkeimscheiben inclusive Keimwulst (Rand- wulst, Korımann). Von jeder ist nur eine Hälfte abgebildet. Von diesen ist Fig. a der Durchschnitt durch einen runden Keim von Lacerta agilis, an welchem nach abgelaufener Furchung eben die | Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 399 beiden primären Keimblätter in der Ausbildung begriffen sind und der noch keine Spur einer Gefäßanlage zeigt, Fig. b von einem Keim mit eben durchgebrochenem Canalis neurentericus (nach vorn von diesem) und Fig. e von einem Embryo mit etwa vier Urwirbeln (diese letztere Figur ist nach der ihr am nächsten kommenden Fig. 14 (9) von KoLLmann in fünf Abschnitte getheilt, von denen entsprechen: 4\ axialer Anlage, en embryonalis, 3) Area vasculosa, k) Area vitellina alba, 5) Area vitellina flava. Ein Vergleich der drei Figuren ergiebt, dass der Keimwulst nur sehr wenig nach außen gerückt ist. Man muss dabei für die Messung den inneren Rand des Keimwulstes verwenden, denn in dem Stadium Fig. e reicht der Außenrand bereits weiter als in der Figur angegeben werden konnte. Wenn man also an Fig. e die Stelle aufsuchen sollte, an der früher der Keimwulst sich befunden hat, so würde diese in den Bereich der Area vitellina alba Korımannv’s (4) fallen, nicht aber weiter innen in den Bereich der Area vasculosa (3). Um nun ferner zu zeigen, dass die Area vitellina flava und der frühere Randwulst ein und dasselbe Gebilde sind, braucht man nur die Durchschnitte durch dieselben mit stärkeren Vergrößerungen zu vergleichen. Die Präparate Korımann’s müssen diese Verhältnisse nicht deutlich haben erkennen lassen, wie auch mir dies mit weniger gut ge- färbten Präparaten bisweilen gegangen ist, denn ich kann mir sonst nicht erklären, warum er in seiner Fig. 14 (9) den Durchschnitt durch die Area vitellina flava ohne Zellenwulst zeichnet. In meinen Fig. bu. e sollen die Ringe im Keimwulst die Kerne der Zellen andeuten und gebe ich zum weiteren Vergleich zwei stärker vergrößerte Durchschnitte durch den Keimwulst «a und e (Fig. 7 und 8). Man erkennt, dass es sich in 1 In der Fig. b findet man in der Mitte eine bereits früher von mir beschrie- bene, nicht selten, aber wie es scheint nicht konstant, vorkommende Entoblast- verdickung. Ich gebe, um Einwürfen nach dieser Richtung vorzubeugen, absicht- lich einen Durchschnitt, der dieselbe enthält, um zu zeigen, dass dieselbe mit dem Keimwulst nicht in Zusammenhang steht, weil sie 4) räumlich von demselben getrennt ist, 2) an einer Stelle nach innen.von dem Keimwulst bei a liegt. Es liegt übrigens, um dem später Auseinanderzusetzenden vorzugreifen, auch diese Entoblastverdickung nicht an einer Stelle, an der sich die ersten Ge- fäßanlagen finden. Welche Bedeutung sie hat, ob sie mit der Ausbreitung des Entoblast in Zusammenhang steht, kann ich nicht angeben. 300 H, Strahl, beiden Fällen um mehrschichtig angeordnete Zellen handelt. In Fig. 7 ist noch keine Ektoblastlage abgegrenzt und zeigen die großen polygo- nalen Zellen sehr scharfe Grenzen, weil noch keine größeren Dotter- kugeln eingelagert sind; in Fig. 8 ist eine abgegrenzte Ektoblastlage vorhanden und sind die Entoblastzellen vollgepfropft mit Dotterpar- tikeln, welche stellenweise die Grenzen ganz verdecken. In beiden Fäl- len handelt es sich aber sicher um einen Wulst von Zellen, der den Rand des Keimes bildet!. Wenn sich nun Keimwulst und Area vitellina flava in der Struktur nicht und in der Lage kaum unterscheiden, dann vermag ich auch nicht einzusehen, warum ich für dasselbe Gebilde in der späteren Zeit der Entwicklung den Namen Area vitellina flava gebrauchen soll, welches ich in der früheren Keimwulst genannt habe. Zudem kann ich da, wo Korımann in Fig. 14 (9) den Randwulst- entoblast hin zeichnet, wirklich einen Wulst nicht erkennen, sondern finde nur, dass KoLımann dort die Zellen etwas höher zeichnet, als weiter innen. ad 2. Was mich bewogen hat in der Wahl meiner Terminologie von der für den Vogelembryo üblichen abzuweichen, das ist die Ver- schiedenheit im Verhalten des sich ausbreitenden Mesoblast zu dem Keimwulst. Während nämlich beim Vogelembryo der Rand des nach außen sich ausbreitenden Mesoblast schon frühzeitig schneller vor- rückt, als der innere Rand der Area opaca, findet man bei der Ei- dechse, dass die Ausbreitung des Mesoblast eine viel langsamere ist. Ich habe auch diese Lageverhältnisse durch zwei den drei obigen Figuren beigefügte (c und d) anschaulich zu machen versucht. Diesel- ben zeigen die Ausbreitung des Mesoblast zur Zeit der Bildung der ersten Gefäßanlagen und ein Vergleich der Fig. c, d, e ergiebt, dass auch die Spaltung des Mesoblast bereits beginnt, lange ehe der Außen- rand des Mesoblast den Innenrand des Keimwulstes erreicht hat. Die verdickten Stellen im Mesoblast sind Gefäßanlagen. Die Flächenbilder, welche KoLımann zur Erläuterung der Höfe bei 1 Es ist mir demnach, wie diese Figuren zeigen, auch nicht gelungen, mich durch die Beobachtung von dem Vorhandensein einer besonders charakterisirten mittleren Zellenlage zu überzeugen, die ich als Akroblast bezeichnen könnte. Ich finde in der frühesten Zeit im Keimwulst nur eine mehrschichtige Zellenlage (Fig. 7), dann weiterhin Ektoblast und Entoblast (Fig. 8) und erst nach Ausbreitung des Mesoblast bis zum Keimwulst eine dritte Schicht. Der wesentliche Unterschied im Aussehen des Keimwulstes der frühen Zeit gegenüber der späteren beruht auf dem Verhalten der Kerne; diese werden späterhin mit der Einlagerung der größeren Dotterkugeln wandständig, während sie früher mehr in der Mitte der Zellen liegen (vgl. auch Rauser [45]). . Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 301 Vogel und Eidechse gegeben hat, gleichen sich ja ungemein. Dass aber und welch’ erhebliche Verschiedenheiten vorhanden sind, ergiebt sich, wenn man Durchschnitte zu Hilfe nimmt. Ich füge zu der Fig. e eine solche e,, welche den Durchschnitt durch die Mitte eines Hühnerem- bryo von acht Urwirbeln wiedergiebt. Der Schnitt ist des Vergleiches halber bei derselben Vergrößerung wie e gezeichnet und es ergiebt sich, dass: 1) der Außenrand der Area vasculosa sich anders verhält, indem unter demselben beim Vogel sich Keimwulst vorfindet, und dass 2) die Area vitellina alba (Korzmans) bei der Eidechse aus zwei einschichtigen Zellenlagen, Ektoblast und Entoblast besteht. Eine gleiche Zone innen vom Keimwulst finde ich beim Vogel- embryo überhaupt nicht. Auf den Durchschnitten vermag ich auch für den Vogelembryo einen Unterschied in der Struktur von Area vitellina alba und flava nicht zu sehen, während ein solcher beim Reptil deutlich vorhanden ist. Bei anderer Gelegenheit habe ich darauf hingewiesen, dass in der Ausbreitung des Mesoblast im Embryonalkörper sich die amnioten Wir- belthiere in so fern unterscheiden, als der Mesoblast um so langsamer nach vorn sich ausbreitet je tiefer die Thiergruppe steht. Möglicherweise lässt sich das Gleiche für die Ausbreitung des Mesoblast nach der Peripherie nachweisen; jedenfalls trifft dasselbe für die Reptilien und Vögel zu. Um auch für die Säugethiere dasselbe fest- stellen zu können fehlt leider der Vergleichspunkt, den der Keimwulst bietet! Es kommen zwar beim Kaninchenembryo in den peripheren Theilen der Keimscheibe auch höhere Entoblastzellen vor, als in der Mitte, ob man die Lage dieser aber als Keimwulst bezeichnen soll, erscheint fraglich, da die Lage nur einschichtig ist!. ad 3. Ein weiterer Unterschied zwischen der Darstellung von Korrvann und meinen Objekten betrifft die Frage nach der Ausbreitung des Mesoblast im Verhältnis zu den Gefäßanlagen. Korrmann giebt an, dass sich die Gefäßanlagen ohne Zusammen- 1 Was im Übrigen das Wesen der ersten Anlage der Blutgefäße betrifft, so will ich über dieselben meinen nach dieser Richtung hin gemachten früheren Mittheilungen hier nur zufügen, dass auch mir von Reptilien Bilder vorliegen, welche verdickte Stellen im Entoblast zur Zeit der ersten Gefäßbildung zeigen, und dass ähnliche Bilder auch an Durchschnitten von Säugethierembryonen (Kaninchen) vorkommen, Über die Deutung derselben will ich an anderer Stelle berichten. Dieselbe ist auch für die vorliegende Frage ohne Bedeutung, da es sich hier um die Entscheidung handelt, an welcher Stelle resp. ob die Gefäße im Bereiche des Keimwulstes entstehen oder nicht. 302 H. Strahl, hang mit dem Mesoblast des Embryonalkörpers entwickelten, dass die- selben änfänglich räumlich von demselben getrennt seien und erst später mit ihm in Zusammenhang traten. Von der Richtigkeit dieser Anschauung kann ich mich an meinen Präparaten nicht überzeugen, sondern finde ich die ersten Gefäßan- lagen stets in dem Bereiche des durch den Mesoblast gebildeten Ge- fäßhofes. Um diese Frage zu erledigen, will ich in der Darstellung von einem Stadium ausgehen, welches mit dem von Korımann Fig. 2 (9) abgebil- deten übereinstimmt. Ich gebe zunächst ein Flächenbild h, welches nach einer Umriss- figur kopirt ist, die ich von dem Embryo mit der Lupe und vermittels Camera angefertigt habe; sodann zwei Figuren von einem Durchschnitt desselben Embryo etwa an der mit dem Pfeil angedeuteten Stelle. Die eine (f) ist bei gleicher Vergrößerung wie Fig. a—e, die andere (9) mit der Lupe bei gleicher Vergrößerung wie das Flächenbild ge- zeichnet. An Fig. f habe ich nun die Abtheilungen in gleicher Weise be- zeichnet wie bei e; also 5 für den Keimwulst, 4 für die nur aus Ekto- blast und Entoblast bestehende Zone, 5 für den Mesoblast und Gefäße enthaltenden Abschnitt, 7 und 2 für den Rest, den ich auf dem Durch- schnitt, was auch für den vorliegenden Zweck nicht erforderlich, gegen 5 nicht abgrenzen will!. Dieselben Höfe habe ich nun erst in Fig. g eingetragen und von da aus auf Fig. h. Ein Vergleich ergiebt, dass bis zu dem Rand des mit ö bezeichneten Hofes (KorLLmann’s und meine Area vasculosa) ein mit dem Embryonalkörper zusammenhängender Mesoblast vorhanden ist. Die Fig. A entspricht nun ziemlich genau dem früher (20 Fig. 4) von mir abgebildeten Embryo, der Hof 5 dem dort gezeichneten Gefäßhof2. Vergleicht man nun diese Fig. 4 mit den an gleicher Stelle abge- bildeten Fig. 3, 2, I und Nr. 18, Fig. 6, so findet man bei allen diesen den gleichen um den Embryo gelegenen Hof. Es ist nun Fig. 6 (18) einem Stadium entnommen, in welchem eben die ersten Gefäßanlagen am Rande des Hofes kenntlich werden und es wird also die Frage sein, ob sich auch hier in demselben bereits Mesoblast vorfindet. 1 Der Embryo ist etwas weiter entwickelt, als der von Fig. e. Der ganz gespal- tene Mesoblast reicht mit seinen Gefäßanlagen etwas weiter nach außen. Die Ge- fäße erreichen erst jetzt den Bezirk des Keimwulstes von Fig. a. Im Bezirk 4 zwi- schen Ektoblast und Entoblast einige einzelne Zellen (KoLLmAann’s Poreuten). 2 In diesen Fig. 4 und 5 ist der Keimwulst nach außen zu scharf abgeschnitten; derselbe muss ganz allmählich und weiter nach außen ablaufen. | | | | | Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 303 Zum Beweise, dass dies der Fall, gebe ich ebenfalls eine Umriss- zeichnung eines Embryo von L. viridis, die in dieser Beziehung völlig mit L. agilis übereinstimmt und bezeichne in dieser (Fig. k) die Höfe wie bei h mit 5, 4, 9. Einen Durchschnitt dieses Embryo bei gleicher Lupenvergrößerung stellt Fig. i dar; derselbe gehört etwa an die mit dem Pfeil bezeichnete Stelle des Embryo und sind an ihm die Zahlen an entsprechender Stelle Fig. h und g. wieder eingetragen. Ich kann wohl auf eine Abbildung bei stärkerer Vergrößerung verzichten, es ergiebt sich aus der vorliegenden zur Ge- nüge, dass in dem Bereich des Hofes 5 (Gefäßhof), in dem die ersten Gefäbanlagen auftreten, ein mit dem Embryonalkörper zusammen- hängender Mesoblast bereits vorhanden ist, dass die im Flächenbild hervortretende Verdunkelung des Hofes 5 eben gerade auf der An- wesenheit des Mesoblast beruht !. ! Wenn sich in dem Rande des Mesoblast die ersten Gefäßanlagen als Ver- dickungen gebildet haben, dann kommt allerdings ein Entwicklungsvorgang hinzu, der in der Richtung von der Peripherie zum Centrum abläuft, das ist die weitere Ausbildung des Gefäßsystems. Bei dieser findet allerdings ein Vorschreiten in ge- nannter Richtung statt, das, was aber hier nach innen wächst, sind die tieferen Abtheilungen des Mesoblast, keineswegs die Zellen des Keimwulstes. Bei diesen vermag ich nur eine Ausbreitung im entgegengesetzten Sinne festzustellen. 304 H. Strahl, Das von mir beschriebene Verhalten des Mesoblast am Kopfende des Eidechsenembryo, das Korımann bestätigt, ist für die in Rede stehende Frage ebenfalls nicht entscheidend. Es beweist nur, wie ich selbst früher beschrieben habe, dass an dieser Stelle von der Seite her ein Gefäß nicht in den Embryonalkörper einwachsen kann. Auch die Bilder von Kuprrer, welche KoLLmann zur Unterstützung seiner Auffassung eitirt, sprechen nicht für dieselbe. So genau die Figuren auch die Ausbreitung des Mesoblast angeben, so beweisen Fig. k und.i. dieselben doch nichts für die Bildung von Gefäßen unabhängig vom Mesoblast, denn in der Entwicklungszeit, welcher die Figuren Kuprrer’s entnommen sind, existiren auch noch keine Gefäßanlagen, und wenn die Gefäßanlagen kommen, dann reicht der Mesoblast weiter nach außen als in den von Kurrrer abgebildeten Entwicklungsstadien. Was die Frage nach den von Korznann beschriebenen Wanderzellen anlangt, so hat bereits v. Köruıker dieselben für Mesoblastzellen erklärt und wird es in der That schwer sein, aus dem Durchschnittsbild allein zu entscheiden, ob die betreffenden Zellen auf der Wanderung von der Peripherie zum Centrum begriffen sind; einen Beweis hierfür hat Korı- MANN nieht erbracht und wird man mit mindestens gleichem Recht an- Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 305 nehmen können, dass diese Zellen von dem Centrum nach der Peri- pherie hin wandern !. Es ergiebt sich somit für die Reptilien aus dem vorstehend Mit- getheilten, dass eine Theilnahme des Randwulstes an der Bildung des Blutes nicht nachzuweisen, sondern im Gegentheil auszuschließen ist; eben so wenig lässt sich eine’ von dem Mesoblast räumlich getrennte Zone für die Anlage der Blutgefäße nachweisen. Es stimmen die oben angeführten Beobachtungen nach dieser Richtung durchaus zu den von v. Köruker für den Vogel und das Säugethier aufgestellten Sätzen: mit Hinweis auf diese kann ich selbst auf die Aufstellung solcher hier wohl verzichten. Marburg, Ende Oktober 1886. Verzeichnis der citirten Litteratur. 1. GAssEr, Der Parablast und der Keimwall der Vogelkeimscheibe. Marburger Sitzungsber. 43. Juni und 28. Nov. 1883. 2. GOETTE, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Wirbelthiere. Arch. f. mikr. Anat. Bd. X. p. 145. 3. HAECKEL, Ursprung und Entwicklung der thierischen Gewebe. Jenaische Zeit- schrift. Bd. XVIII. p. 206. 4, Hıs, Die Lehre vom Bindesubstanzkeim (Parablast). Archiv f. Anat. u. Physiol. 1882. Anat. Abth. p. 62. 5. A. v. KÖLLIKER, Grundriss der Entwicklungsgeschichte. 2. Aufl. Leipzig 1884. 6. Die embryonalen Keimblätter und die Gewebe. Diese Zeitschr. Bd. XL. p. 179. 7. —— Nachtrag. Ebenda. p. 356. 8. J. Korımann’s Akroblast. Ebenda. Bd. XLI. p. 155. 9. KoLLmAnn, Der Randwulst und der Ursprung der Stützsubstanz. Archiv f. Anat, und Physiol. 4884. Anat. Abth. p. 341. 40. —— Ein Nachwort. Ebenda. p. 464. | ie — Über gemeinsame Entwicklungsbahnen der Wirbelthiere. Diese Zeitschr. Bd. XLI. p. 547. 12. —— Gemeinsame Entwicklungsbahnen der Wirbelthiere. Archiv für Anat. u. Physiol. 1885. Anat. Abth. p. 279. 1 Zellen, die die Eigenschaften der Poreuten KoLLMAXN’s haben, d.h, frei zwi- schen Ektoblast und Entoblast außen vom Mesoblast des Gefäßhofes liegen, kom- men auch bei Kaninchenembryonen jüngerer Entwicklungsstadien vor, und da liegt außen kein Randwulst, von dem sie sich loslösen und nach innen wandern könnten. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 20 306 H. Strahl, 43. KuPFFER, Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbelthiere. Archiv f. Anat. u. Physiol. 1882. Anat. Abth. p. A. | 44, RATHKE, Entwicklung der Natter. Königsberg 1839. 45. RAUBER, Über die Stellung des Hühnchens im Entwicklungsplan. Leipzig 1876. 46. RÜückERT, Zur Keimblattbildung bei Selachiern. München 1885. AT. SARASIN, Reifung und Furchung des Reptilieneies. Diss. Wiesbaden 4883. 18. Strauı, Beiträge zur Entwicklung von Lac. agilis. Archiv für Anat. u. Physiol. 1882. Anat. Abth. p. 242. 419. —— Über die Anlage des Gefäßsystems in der Keimscheibe von Lac. agilis. Marburger Sitzungsber. November 1883. 20. —— Über Entwicklungsvorgänge am Vorderende des Embryo von Lac. agilis. Archiv f. Anat. u. Physiol. 4884. Anat. Abth. p. 41. SUR Der Parablast der Eidechse. Marburger Sitzungsber. 44. März 1885. 22. WALDEYER, Archiblast und Parablast. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXI. p. A. 23. WENCKEBACH, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXVIIl. p. 225. 24. W. WoLrr, Über die Keimblätter des Huhnes. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXI. p- #5. 25. H.Vır cuow, Über das Epithel des Dottersackes. Diss. Berlin 1875. Erklärung der Abbildungen. Für alle Figuren gemeinsame Bezeichnung: P.Z, parablastische Zellen; D, gelber Dotter; S.H, seröse Hülle; Ect, Ektoblast; Ent, Entoblast; R.S, Randsinus; D.S, Dottersack; All, Allantois; Amn, Amnion; Gf, Blutgefäß. Tafel XVI. Fig. A. Durchschnitt durch einen Keim von Lacerta agilis während der Furchung. Frühes Stadium. Vergr. Leitz A, Oc. I. Fig. 2. Durchschnitt durch einen Keim vom Ende der Furchung. Trennung desselben in eine obere Lage zur Bildung der Keimblätter und eine tiefere, den Parablast. Gleiche Vergr. Fig. 3. Durchschnitt durch ein Stück aus der Mitte desselben Keimes. Vergr. Leitz Obj. 5, Oc. L. Fig. 4. Querschnitt durch einen Embryo von Lacerta agilis mit eben durch- brechendem Canalis neurentericus, hinter der Eingangsöffnung zu diesem; die Keimscheibe mit der oberen Dotterschicht geschnitten, in dieser die Kerne der parablastischen Zellen. Vergr. wie Fig. 1. Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. 307 Fig. 5. Querschnitt durch einen Embryo von Lacerta agilis mit anhaftendem Dotter. Die Lage S.H soll aus zwei Zellschichten bestehen. Zwischen Keimscheibe und Dotter die durch Streifen angegebenen Gerinnsel. Der Embryo ist ein wenig älter als der in Nr. 20 Fig. 5 abgebildete. Gleiche Veregr. Fig. 6. A, einzelne parablastische Zellen stärker vergrößert. B, kleinere eben- falls frei im Dotter vorkommende Zellenart ohne nachweislichen Inhalt von Dotter. Vergr. Leıtz Obj. VII, Oc. I. Fig. 7 und 8. Durchschnitte durch den Keimwulst aus einem Stadium, in dem die Keimblätter in Bildung sind (Fig. 7), und einem wie Fig. 4. Vergr. wie Fig. 3. Fig. 9. Durchschnitt durch ein ganzes Ei von Lacerta vivipara. Vergr.etwa 9/1. Fig. 9a. Durchschnitt durch den Keimwulst desselben Eies im Bereich des Randsinus. Vergr. Leitz Obj. IH, Oc. I. Fig. 9b. Durchschnitt durch die Dottersackswand weiter außen als Fig. 9a. Keine Grenze des Entoblast nach unten. Gleiche Vergr. Fig. 40. Durchschnitt durch ein älteres Ei bei gleicher Vergr. wie Fig. 9. Fig. 10a. Dottersackswand desselben Eies an dem freien Rand der Allantois. Fig. 44. Durchschnitt durch den Dottersack und die freien Ränder der Allan- tois von einem Ei, bei welchem die Allantois den Dottersack ganz umwachsen hat. Vergr. wie Fig. 9. Fig. 41a. Stückchen der Wand desselben Dottersackes bei stärkerer Vergr, Protoplasmatisches Netzwerk mit Kernen und eingelagerten Dotterkugeln. In der Tiefe ein größerer Gefäßquerschnitt. Vergr. Leırz Obj. III, Oc. I. Fig. 12—14, Drei Dottersäcke älterer Entwicklungsstadien. Vergr. wie Fig. 9. Fig. 45. Dottersack unmittelbar vor dem Ausschlüpfen. Innerhalb desselben leere parablastische Zellen. Die Zellen der Wand zum Theil noch mit Dotterkugeln gefüllt. Fig. 46. Zotten der Dottersackswand mit Blutgefäßen in der Kuppe. 205 Zur Kenntnis der Drüsen im Fufse von Tethys fimbriata L. Von Dr. Joseph Heinrich List. Mit Tafel XVII. Gelegentlich des Studiums der Bihdesuhstahz bei Mollusken unter- süchtle ich auch den Fuß von Tethys fimbriata L.! genauer. Meine Auf- merksamkeit wurde vor Allem auf die großen, an tingirten Schnitten schon mit freiem Auge sichtbaren einzelligen Schleimdrüsen gerichtet, und eine nähere Untersuchung lehrte gar bald, dass außer den Schleim secernirenden Apparaten der Fuß von Tethys eine Reihe anderer interessanter Organe beherberge, deren nähere Kenntnis mir sehr wünschenswerth schien. Vorliegende Arbeit stützt sich auf die Untersuchung des Fußes zweier Exemplare, von denen ich das eine bei einem Aufenthalte im Frühjahre 1884 in der zoologischen Station zu Triest in 90°/,igem Alko- hol konservirte, während das andere zum Theil in !/,°/,iger Chromsäure, zum Theil in Freumıng’s Gemisch ?2 gehärtet worden war. Da das Untersuchungsmaterial zum Theil auch für andere Zwecke benutzt worden, bevor nachfolgende Untersuchung begonnen wurde, musste von einer eingehenden morphologischen Bearbeitung des Fußes Abstand genommen werden. Eben desshalb konnte ich auch nicht konstatiren, ob die bei den Gastropoden sonst so allgemein verbreitete Fußdrüse [man vergleiche besonders J. Carrıtre (15) und Barroıs (18)], 1 Nach R. Bercn (8) ist Tethys fimbriata (fimbria) identisch mit T. leporina L. Da aber in der Triester Station sämmtliche Exemplare als T. fimbriata bestimmt, werden, so behalte ich diesen Namen hier bei. 2 W.Fremuing, Mittheilungen zur Färbetechnik. Zeitschrift f. wissensch. Mikro- skopie und für mikroskopische Technik. Bd. 1. 1884. p. 349. (10/gige Chromsäure: 45 Maßth., 20/yige Osmiumsäure: 4 Maßth., Eisessig: 4 Maßth.) Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 309 die P. B. Sarasın (17) auch bei einem Opisthobranchier (Chromodoris Villafranca) fand, auch Tethys zukommt. Untersuchungsmethoden. Die gehärteten Objekte! wurden mit Alaunkarmin tingirt und so- dann nach der gewöhnlichen Methode in Paraffin eingeschlossen. Ein Theil wurde jedoch auch in Celloidin eingebettet, und wurden erst die Schnitte tingirt. Weiserr'sches Bismarckbraun und die an einem an- deren Orte? beschriebene Doppelfärbung mit dem verdünnten RenxAut- schen Hämatoxylin-Glycerin und Eosin lieferten Treffliches, sowohl zum Studium der Bindesubstanz als auch der Drüsen. Besonders empfehlen möchte ich aber die Doppelfärbungsmethode, die ich zur Beobachtung der Vertheilung der Muskeln und der Verbindung dieser mit der Binde- substanz benutzte. Zur Form des Fußes. Eine genauere Beschreibung des Fußes von Tethys findet sich erst bei R. Bercu (8). Seine Worte lauten: »Der Fuß ist sehr groß, vorn und an den Seiten den Hals und den Körper weit überragend; er ist vorn gerundet, übrigens fast dieselbe Breite bis an das letzte Sechstel bewahrend, von hier ab: gegen hinten allmählich zugespitzt und sich eine kleine Strecke über das Ende des Rückens hinaus verlängernd; die Dieke des Fußes ist aber nicht bedeutend und beträgt selbst an seinem Grunde, an der Übergangsstelle in die Seite, kaum 3,5 mm. Wie von Maorı® abgebildet, zeigte sich bei den von mir untersuchten Individuen nur in der hinteren Hälfte der Sohle eine Spur von dem langen, von Drrıe Curse (1) erwähnten weißlichen Streifen, welcher an den der Pleurophyllidien erinnert.« Meine Beobachtungen an den beiden Exemplaren ergaben Folgendes. Der Umriss des Fußes er- scheint längsoval, ohne am hinteren Ende eine merkliche Zuspitzung zu zeigen. Ein merklicher Unterschied ergiebt sich nur zwischen kleineren (jüngeren?) und größeren Individuen. An dem ersteren zeigte der Fuß bis zum Rande eine bedeutendere Dicke, während die- selbe bei dem größeren Exemplare gegen den Rand hin rasch abnahm. ! Ich bemerke hier, dass in den mit !/30/giger Chromsäure und dem FLEMMING- schen Gemisch gehärteten Objekten in den Schnitten im Epithel sowohl, als auch in den Drüsen Schrumpfungserscheinungen zu beobachten waren, trotzdem das an- dere Gewebe vorzüglich erhalten war. | ? Zur Färbetechnik. Zeitschr. für wiss. Mikroskopie und für mikroskopische Technik. Bd. II. p. 145f. 1885. 3 Macrı, Atti della reale Ace. delle scienz. Napoli. II, 2. 1825. 310 Joseph Heinrich List, Der Fuß zeigt an seiner Oberseite, besonders an dem Übergange in die Seiten des Thieres schräg gerichtete, von hinten nach vorn ver- laufende helle Streifen, die gegen die Mitte und den Rand des Fußes hin sich in einzelne Flecke auflösen und am Rande selbst gänzlich verschwinden. Der Grund dieser Streifen ist in der Anhäufung von verschiedenartig gestalteten, oft ästigen Pigmentzellen an der Ober- seite des Fußes zu suchen, die im durchfallenden Lichte dunkelbraun erscheinendes Pigment führen. Eine genauere Besichtigung lehrt übri- gens, dass die ganze Oberseite des Fußes mit kleinen weißen Pünkt- chen bestreut erscheint, die sich nur als Ansammlungen der be- sprochenen Pigmentzellen ergeben. Übrigens trat der Unterschied in der Führung von Pigmentzellen an den beiden untersuchten Individuen bedeutend hervor. Während der Fuß des kleineren Exemplares auf der Oberseite eine außerordentliche Menge von Pigmentzellen, die bis zum Rande an Schnitten nachgewiesen werden konnten, führte, waren dieselben am größeren Exemplare viel spärlicher vertreten. Auf der Unterseite des Fußes konnte bei beiden Individuen nicht eine einzige Pigmentzelle beobachtet werden. Der gehärtete Fuß zeigte an der Oberseite, besonders in der Nähe des Randes, kleine Faltungen, welche der bedeckenden Haut ein chagrinirtes Aussehen verliehen, während die Unterseite fast vollkommen glatt erschien. Von der Bindesubstanz. Ohne mich hier in ein Referat über die reichhaltige Litteratur der Bindesubstanz bei Mollusken, über die ich an einem anderen Orte hoffe ausführlich zurückzukommen, einzulassen, möchte ich betonen, dass diejenige des Fußes ausgesprochen spongiös (M. Scaurtze, W. Fren- Ming) ist. Ich behalte diesen trefflichen Ausdruck hier bei, weil er mir zur Charakterisirung des Gewebes außerordentlich geeignet erscheint. Betrachtet man einen Querschnitt durch den Fuß, so fällt einem eine obere und untere Muskellage auf, welche gegen den Rand all- mählich konvergirend hinziehen. Diese Muskellagen trennen annähernd den Fuß in drei Partien, eine obere, mittlere und untere, denen eine verschiedene Anordnung der Bindesubstanz entspricht. Während die- selbe im oberen und unteren Theile dicht gedrängte Maschen, und in Folge dessen ein viel festeres Gefüge zeigt, sind im mittleren Theile große Lakunen anzutreffen, wie man sie in der oberen und unteren Partie gar nie oder nur höchst selten beobachten kann. Die Form der die Bindesubstanz bildenden Zellen ist äußerst mannigfach (Fig. 6 c—e, Fig. 12 a—c). Die Maschen werden zum Theil von spindeligen ein- und mehrkernigen, zum Theil von mit mehreren Fortsätzen versehenen | Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 311 Zellen gebildet. Die Zellsubstanz dieser Zellen erscheint schwach gra- nulirt und ist an mit Alaunkarmin tingirten Schnitten nur sehr schwach gefärbt; an manchen konnte allerdings eine Anordnung der Zellsub- stanz in der Weise beobachtet werden, dass ein Theil derselben ein Maschenwerk bildete, während die Maschen von einer homogenen Masse erfüllt zu sein schienen. In den Maschen der Bindesubstanz liegend finden sich nun eigen- thümliche Zellen, von denen eine Form (Fig. 6 c—e) nur im oberen Fußtheile beobachtet werden konnte. Diese Zellen (Plasmazellen der Autoren) erreichten oft einen Durchmesser von 46 u und haben gewöhnlich kugelige oder auch mehr ellipsoidähnliche Form. Sie führen einen mehr sphärischen oder ellipsoidähnlichen Nucleus, wel- cher einen deutlichen Nucleolus beherbergt. Was den feineren Bau dieser Zellen betrifft, so ist Folgendes zu erwähnen. Sie sind von einer deutlichen Membran umgeben, die wohl nur als eine besondere Diffe- renzirung der Zellsubstanz selbst aufzufassen ist. Im Inneren führen sie eine grob granulirte Masse, welche in den kleineren Zellen meistens die ganze Zelle erfüllt, während in den größeren Formen dieselbe sich mehr auf den Umfang der Zelle beschränkt, und der mittlere Theil derselben von einer homogenen Substanz erfüllt scheint. Besonders in jenen Formen, welche mehr an die Oberfläche gerückt sind, kann man häufig an einem Theile der Zellenperipherie eine größere Ansammlung der granulirten Substanz finden, welche sich gegen den anderen Zellen- theil mit einer konkaven Fläche abgrenzt. Diese Masse erscheint an Schnitten halbmondförmig und manchmal fast homogen; in ihr liegt dann auch der an die Peripherie gerückte Nucleus (Fig. 6 c). Die Sub- stanz nimmt Farbstoffe (Alaunkarmin, Bismarckbraun, salpetersaures Rosanilin) auf und grenzt sich gegen die homogene nicht chromophile Masse an tingirten Präparaten deutlich ab. Den feineren Bau des Nucleus studirte ich an mit Fremnine’schem Gemische behandelten, in Celloidin eingeschlossenen und mit salpeter- saurem Rosanilin (0,0004°/,iges) tingirten Schnitten. Der Kern, wel- cher in den tiefer gelegenen Zellen gewöhnlich mehr im Centrum zu liegen kommt, während er in den größeren und mehr der Oberfläche genäherten Formen häufig an der Peripherie liegend zu sehen ist, er- ‚ scheint im optischen Querschnitte von einer Membran umgeben, welche Chromatinpartikeln enthält, die in kleinen Abständen von einander folgen, so dass die Membran wie durchlöchert aussieht (Fig. 6 e). Im Inneren selbst sind zahlreiche Chromatinpartikeln zu beobachten. Diese Zellen, die ich nur im oberen Fußtheile beobachten konnte, sind gegen den Rand zu zahlreicher und auch in den tieferen Schichten 312 Joseph Heinrich List, anzutreffen. Über ihre Beziehung zu den einzelligen großen Schleim- drüsen wird weiter unten berichtet werden. Eine andere Form von Bindesubstanzzellen, die ich sowohl im oberen, mittleren und unteren Theile beobachten konnte, zeichnet sich dadurch aus, dass sie bei sehr verschiedener Form und Größe einen eigenthümlich angeordneten Zellinhalt zeigen. Ein Theil der Zellsub- stanz (Fig. 12 c) ist nämlich in Form eines Maschenwerkes angeordnet und führt zahlreiche Chromatinpartikeln von verschiedener Größe. In dieser Substanz liegen auch ein oder mehrere Kerne. Sie schließt ver- schieden große, häufig sphärisch gestaltete Räume (v) ein, welche von einer homogenen Substanz ausgefüllt erscheinen. Die erstere Substanz erscheint an aus dem Fremmine’schen Gemisch stammenden Präparaten stärker lichtbrechend. Diese Mittheilungen mögen genügen, um die Bindesubstanz im Fuße von Tethys zu charakterisiren. Muskulatur. Bezüglich der Muskulatur, die im Fuße von Tethys außerordentlich entwickelt erscheint, erwähne ich nur, dass sowohl Muskelbündel als auch einzelne Muskelfasern gewissermaßen zur Stütze der Bindesubstanz verwendet werden. Die einzelnen Muskelfasern erscheinen als lang- gestreckte, an den Enden sich verjüngende Hohlgebilde!, welche im Inneren eine granulirte Substanz und einen ellipsoidähnlichen Kern führen. Namentlich an Querschnitten von in Fremming’s Gemische ge- härteten Objekten lässt sich das besprochene Verhältnis schön beob- achten. Die Enden der Muskelfaser theilen sich in mehrere Zweige und setzen sich mit Bindesubstanzfasern (Zellausläufern) in Verbin- dung. | Epidermis. Der Fuß ist auf seiner Oberseite mit einem einschichtigen aus kubischen Zellen gebildeten Epithel bedeckt (Fig. 1), welches am Rande allmählich höher wird und kurz nach Übergang desselben auf die Unterseite in das dieselbe deckende Flimmereylinderepithel über- geht (Fig. 2). Die Epidermis sitzt sowohl auf der Ober- wie Unterseite der Bindesubstanz auf, die daselbst eine äußerst dichte Lage bildet und an Schnitten oft wie ein Grenzsaum erscheint, wie Leyvic (410) auch von Landgastropoden angiebt. l Dies wäre ein ähnlicher Bau, wie ihn Leypic zuerst für die Muskelfasern bei Paludina vivipara beschrieb. Diese Zeitschr. Bd. II. 1850, Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 313 Die Zellsubstanz der kubischen Zellen der die Oberseite des Fußes deckenden Epidermis erscheint fein granulär (Fig. 3), und in einzelnen Zellen gelingt es auch kleine, im durchfallenden Lichte dunkelbraun erscheinende Pigmentkörner, die zweifelsohne von den im oberen Theile des Fußes vorfindlichen Pigmentzellen herrühren, zu beobach- ten (P, Fig. 3). Die Zellen besitzen einen deutlichen Cutieularsaum, der an Schnitten von den Zellen häufig abgelöst erscheint und er- reichen durchschnittlich eine Höhe von 7 u. Die Kerne erscheinen sphäriseh oder ellipsoidähnlich, erreichen einen Durchmesser von 5 bis 6 « und liegen im unteren, der Bindesubstanzlage zugekehrten Zell- theile. Das Flimmereylinderepithel der Unterseite des Fußes (Fig. 4, 5) setzt sich aus durchschnittlich 22 u hohen und 3—5 u Querdurch- messer zeigenden Zellen zusammen, während die Flimmerhaare, welche einem Guticularsaume aufsitzen, der nur als Fortsetzung des die Zellen der Oberseite deckenden Saumes zu betrachten ist, etwa 7 u Länge erreichen. An einigen Schnitten konnte ich bemerken, dass beim Übergange des kubischen bez. cylindrischen Epithels in das Flimmereylinderepithel, die Flimmerhaare bedeutend kürzer erschie- nen, um erst allmählich weiter einwärts ihre volle Länge zu erreichen. Die Zellsubstanz der Zellen erscheint ebenfalls fein granulirt. Die Kerne sind ellipsoidähnlich, und ihre Längsachse fällt in die Richtung der Längsachse der Zelle. Das die Unterseite deckende Flimmer- eylinderepithel führt auch Becherzellen, die allerdings sehr spärlich vertreten sind und einem auf Schnitten seltener begegnen. Drüsen. Da sich Ober- und Unterseite des Fußes (Fußsohle) bezüglich des Vorkommens von Drüsen sehr verschieden verhält, so will ich im Nach- folgenden zuerst diejenigen auf der Oberseite und dann diejenigen der Unterseite behandeln. Die Drüsen auf der Oberseite des Fußes (Fig. A). Auf der Oberseite kommen folgende Drüsen vor: 1) Einzellige Schleimdrüsen (Fig. 6 a, b; Fig. 7 a—c). 2) Einzellige Drüsen mit eigenthümlich geformtem, fettartigem Inhalte (Phosphorescenzorgane?) (Fig. 8 a—h). 3) Einzellige Drüsen mit eigenthümlichem, zum Theil oft la- mellös angeordnetem Inhalte (Fig. 9 a—f). 4) Einzellige Drüsen mit grob granulirtem Inhalte (Fig. 10 a, b). Die. auf der Oberseite des Fußes vorfindlichen Schleimdrüsen 314 Joseph Heinrich List, scheiden sich in zwei Formen, von denen sich die eine durch ihre auf- fallende Größe charakterisirt (Fig. 6«, b), während die andere nur geringe Größe erreicht und durchaus das Aussehen von in das Binde- gewebe gerückten Becherzellen darbietet (Fig. 7 a—c). Die erste Form von Schleimdrüsen zeigt in der Regel einen flaschenförmigen Umriss. Sie sind begrenzt von einer deutlichen Mem- bran und führen als Zellsubstanz zwei differente Massen, die analog angeordnet sind wie bei den Becherzellen ! (man vgl. 19). Eine in Form eines Maschenwerkes angeordnete Filarmasse und eine zwischen den Maschen liegende, homogen erscheinende Interfilarmasse. Die erstere Substanz verhält sich verschiedenen Farbstoffen gegenüber chromophil, während die letztere Tinktionsmittel weit weniger begierig aufnimmt. An vielen geöffneten Schleimdrüsen, deren Hals zwischen die Epithel- zellen hindurch ragt, um die Oberfläche zu erreichen, kann man über dem Stoma einen Sekretpfropf liegen sehen (Fig. 1, 60). Es ist mir wahrscheinlich, dass sich hier derselbe Sekretionsprocess abspielt, wie ich denselben für die Becherzellen (19) beschrieben. An manchen Zellen kann man beobachten, dass die Stränge der Filarmasse gegen 1 Auch SocHAczEwER (13) sah in den Drüsenzellen von Landpulmonaten bereits ein deutliches Gerüst. Er sagt: »Mit Hämatoxylin gefärbt wurden Balken sichtbar, die sich zu einem Netz zusammenspannen und den Kern allseitig umgeben. Diese Netzfäden bilden ein vollkommenes Maschenwerk, in welchem große und kleine Körner sich befinden, doch konnte ich nicht erkennen, ob das Netz ein kontinuir- liches ist, oder ob die Fäden einzeln oder in doppelter oder dreifacher Verbindung in der Drüsenflüssigkeit liegen. Das Bild als ein Artefakt anzusehen, liegt kein Grund vor, und die Annahme, dass die Fäden der optische Ausdruck von Membran- zerknitterungen seien, wird dadurch widerlegt, dass die Falten der sehr dünnen Membran neben diesen Fäden deutlich als solche erkannt werden. Außerdem sieht man diese Fäden bei hoher wie tiefer Einstellung die ganze Zellenmasse er- füllen.« Nach W. Freunmine (7) erscheint der Inhalt der Schleimdrüsen zum Theil bald als eine feinkörnige, bald als homogene Masse, die öfter besonders an Osmium- präparaten, mechanisch — durch Druck — in zahllose kleine Sechsecke abgefurcht erscheint. Sollte FLemnming vielleicht die Maschen der Filarmasse, die an Osmium- präparaten deutlich hervortreten, beobachtet haben ? In einer neueren Arbeit (20) zeichnet Drost von der Außenseite des Sipho von Cardium eine Schleimdrüse ab (Taf. X, Fig. 13 99, 1. c.), die derselbe für eine mehr- zellige Drüse hält. Im Texte findet sich folgender Passus: »Nach innen endigen die Schläuche (Ausführungsgänge dieser Drüse) auf einem feinmaschigen Netz, das ganz den Eindruck von einem durchschnittenen Knäuel dieser Schläuche macht.« Meiner Ansicht nach ist die bezeichnete Drüse eine einzellige Schleimdrüse, und die gewundenen Ausführungsgänge, die auf dem feinmaschigen Netz endigen, sind nichts Anderes, als die Stränge der Filarmasse, die nach der Tinktion scharf hervortreten, und die im halsartigen Theile mehr gestreckt sind, im unteren Theile der Zelle aber Maschenform besitzen (man vgl. [19] Taf. XXIX, Fig. d). Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tetlhıys fimbriata L. 315 das Stoma zu konvergiren, und dass die Verbindungsmaschen gerissen sind, welche man dann im Sekrete, wenn auch in sehr undeutlicher Form, nachzuweisen im Stande ist. Die Interfilarmasse erscheint häufig im unteren Theile der Zelle dunkler gefärbt, ein Verhalten, welches sehr an die Becherzellen erinnert. Der Nucleus dieser großen Schleim- drüsen, die oft eine Länge von 178 u und einen Querdurchmesser von 97 u erreichen, liegt wohl in der Regel am Grunde der Membran dieser dicht an, zeigt etwas abgeplattete Form und lässt im Inneren Spuren eines Gerüstwerkes erkennen (Fig. 6a, n). | Was die Vertheilung dieser Drüsen auf der Oberseite anlangt, so ist zu bemerken, dass ihre Zahl gegen den Übergang des Fußes in die Seiten des Thieres abnimmt, während sie gegen den Rand hin zu- nimmt. Auf der Unterseite des Fußes konnte ich nicht eine einzige solche einzellige Schleimdrüse beobachten. Über die Entwicklung dieser Drüsen bei Landgastropoden liegen mehrfache Angaben vor. So sind dieselben nach M. Scuurtze, bez. Marcnt (5) in der Haut von Limax nur vergrößerte Becherzellen; nach Bor (6) sind die einzelligen Schleimdrüsen in der Haut von Mollusken nur vergrößerte und in das Bindegewebe gerückte Becherzellen; W. Freumine (7) hingegen betrachtet sie als durch Metamorphose aus Bindesubstanzzellen hervorgegangene und demnach nicht als epitheliale Elemente. Nach Leynie (10) sind die Schleimdrüsen in der Haut der Landgastropoden ebenfalls vergrößerte und nach einwärts gewachsene Epithelzellen, eine Ansicht, welcher auch Brocunmann (16) beitritt, wäh- rend sich Sımrorz (14) der Freuming’schen Anschauung im Allgemeinen anschließt. Meine an Schnitten gemachten Beobachtungen stimmen zu Gunsten FLEmMIng’s 1, Wenn man nämlich die früher besprochenen Bindesubstanzzellen ? (Fig. 6 c—e) genauer betrachtet, so findet man einen Unterschied zwi- schen den tiefer und höher gelegenen Zellen darin, dass die Zellsubstanz in den letzteren sich mehr differenzirt, während dieselbe in den erste- ren gleichartig die ganze Zelle erfüllt. Die höher liegenden Zellen 1 In einer späteren Arbeit (12) p. 847 Anmerkung, glaubt allerdings FLeuning, dass mehr Wahrscheinlichkeit vorhanden sei, dass die flaschenförmigen großen Schleimdrüsen aus der Haut der Schnecken epithelialer Natur seien. 2 Ich glaube es nicht unterlassen zu sollen, hier ganz bestimmt auszusprechen, dass die in Rede stehenden Gebilde nicht etwa Ganglienzellen sind. Erstens wüsste ich keinen Grund anzugeben für das bloße Vorkommen auf der Oberseite des Fußes, zweitens für das allmähliche Größerwerden derselben und das Empor- rücken gegen die Oberfläche. Endlich verhalten sich Ganglienzellen gegen die an- ‚gewendeten Härtungs- und Tinktionsmittel ganz charakteristisch, 316 Joseph Heinrich List, erreichen eine bedeutendere Größe, der Kern rückt an die Wand der Membran und plattet sich etwas ab. Man kann dann emporgerückte Zellen finden, welche bereits ein deutlich ausgebildetes Maschenwerk der Filarmasse zeigen (man vgl. [19] Taf. XXIX, Fig. ia). Die nun aus der Bindesubstanzzelle hervorgegangene geschlossene Drüsenzelle braucht nur einen rüsselartigen Fortsatz gegen das Epithel vorzusen- den, um die Oberfläche zu erreichen und nach Auftritt eines Stomas das Sekret auf dieselbe zu entleeren. Der rüsselartige Fortsatz, wel- cher der secernirenden Drüsenzelle die Flaschenform verleiht, dringt stets zwischen den Epithelzellen hindurch !. Die zweite Form von einzelligen Schleimdrüsen (Fig. 7 a—c) er- innert durchaus an Becherzellen, wenn gleich sie, wie ich glaube, nicht als epitheliale Elemente aufzufassen sind, da ich auch unter dem Epithel liegende geschlossene Formen fand. Es scheint mir nicht plau- sibel, dass sich Epithelzellen in Becherzellen umwandeln, um sodann in die Tiefe zu rücken. Diese kleinen Drüsen führen am Grunde, der Membran dicht anliegend, einen oft abgeplatteten Kern, während der Inhalt an mit Alaunkarmin tingirten Objekten nicht deutlich differen- zirt war. Geschlossene Formen hatten einen Durchmesser von Al u. Diese Drüschen gruppiren sich besonders um die Ausführungsgänge der übrigen einzelligen Drüsen. Die dritte Art von Drüsen, denen wir eine größere Aufmerksam- keit schenken wollen, charakterisirt sich durch ihren eigenthümlichen, an Osmiumsäurepräparaten dunkel bis schwarz erscheinenden Inbalt (Fig. 8 a—h). Diese einzelligen Drüsen, die in ganz erstaunlicher Menge nicht nur über den ganzen Fuß, sondern auch über den übrigen Körper ver- breitet sind, erscheinen in der mittleren Schicht des oberen Fußtheiles als rundliche mit einer deutlichen Membran versehene Gebilde (Fig. 8 h), welche einen deutlichen oft abgeplatteten Kern entweder am Grunde oder häufiger an der Seite liegend führen, und deren Inhalt in der Weise differenzirt erscheint, dass ein Theil der Zellsubstanz als rund- licher Klumpen in der Mitte oder mehr zur Seite der Zelle zu liegen kommt, während der übrige Theil der Zelle homogen erscheint, und man nur in der Nähe des Kernes eine manchmal mehr granulirt, manchmal mehr homogen aussehende dunkler gefärbte (an aus dem Fremming’schen Gemisch stammenden Präparaten) Substanz beobachten kann. An manchen geschlossenen Zellen kann man bemerken, dass ! In wie weit der Befund, dass bindegewebige, also mesodermale Ge- bildezu epithelialen Elementen werden, für die Auffassung der Bindesubstanz selbst von Wichtigkeit ist, hoffe ich später zu zeigen. Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 317 der geschwärzte Inhaltstheil Einschnürungen verschiedener Art (Fig. 8 e) und mehr ellipsoidähnliche Form zeigt. An den höher hinaufgerückten (der Oberfläche genäherten) Formen (Fig. 8a, b), kann man beobachten, dass die Zellmembran, welche eine bedeutende Dicke (0,7 u) zeigt, sich gegen die Oberfläche zuspitzt, und dass auch der geschwärzte In- haltstheil eine entsprechende Zuspitzung zeigt. An solchen Zellen konnte ich hier und da bemerken, dass ein Theil der Zellsubstanz als dunkler gefärbte, fast homogen erscheinende Masse die ganze innere Oberfläche der Membran auskleidet (Fig. 8a). An anderen Formen kann man an der halsartigen Fortsetzung der Zelle eine Öffnung sehen (Fig. 8 c, d), aus welcher der geschwärzte Inhaltstheil, sehr häufig mit einer Spitze versehen, hervorragt. Da sich also die Zellen nach außen öffnen, so sind sie entschieden als drüsige Organe aufzufassen. Der Hals der Zellen mündet zwischen den Epithelzellen auf die Oberfläche. Während an mit dem Fremmmg’schen Gemische behandelten Objekten der besprochene Inhaltstheil der meisten Zellen ! fast homogen er- scheint, zeigt sich derselbe an Alkoholpräparaten als eigenthümliche, klumpige mit zahlreichen Rippen versehene Masse (Fig. 8 f), die Tink- tionsmittel, wie Alaunkarmin oder Bismarckbraun in geringer Menge aufnimmt. Hier und da kann man neben dem größeren Klumpen noch kleinere sehen, welche den Anschein haben, als seien sie von dem srößeren losgelöste Theile. Die an der Membran in der Nähe des Kernes liegende Substanz erscheint an solchen Präparaten grob granu- lirt. Mitunter kann man aber, wenn auch seltener, Formen begegnen (Fig. 8 g), in welchen ein Theil des Zellinhaltes in Form kleiner, oft wetzsteinartiger Klümpchen, die an Osmiumpräparaten dunkel und homogen erscheinen, angeordnet ist. Diese Zellen erinnern sehr an die von Lryvie (10) aus der Haut verschiedener Limacinen beschriebenen und für Schleimdrüsen gedeuteten Zellen?. Ich halte diese Zellen im Fuße von Tethys zur dritten Art von Drüsen gehörig, indem der klum- pige Inhaltstheil einfach in eine Masse von Klümpchen sich aufgelöst hat. Diese Ansicht wurde noch bestärkt an Alkoholpräparaten, in welchen man außer den kleinen wetzsteinartigen Körperchen, noch größere Klumpen beobachten konnte. Die Größe dieser Drüsen schwankt innerhalb bedeutender Grenzen. So hatten die kleinsten ! Ein Unterschied der Zellen ergiebt sich an den im Freunıng’schen Gemische gehärteten Objekten darin, dass in den fast an die Oberfläche gerückten und ver- größerten Drüsen der Inhalt homogen und ganz schwärzlich erscheint, während in den kleineren tiefer liegenden der klumpige Inhalt ebenfalls verschiedene rippen- artige Erhöhungen besitzt. ? Leypie bildet 1. ec. solche mit »Spitzweckchen« gefüllte Zellen von verschie- denen Limacinen ab. 318 Joseph Heinrich List, geschlossenen Formen einen Querdurchmesser von 10 u, während die größten Formen eine Länge von 70 u erreichten. Was die Verbreitung dieser Drüsen im Fuße betrifft, so ist zu be- merken, dass sie auf der Oberseite desselben viel häufiger sind als auf der Unterseite. Um den Unterschied in der Vertheilung derselben auf beiden Seiten zu konstatiren, zählte ich die auf dasselbe Gesichtsfeld entfallende Menge auf der Ober- und Unterseite. Es ergaben sich als Maximum auf der Oberseite 65, auf der Unterseite 34, als Minimum auf der Oberseite 16, auf der Unterseite 6 Zellen (Obj. III, Oe. I, Skıserr). Es entspricht dies etwa einem Verhältnisse von 2:1, d.h. auf der Ober- seite findet sich annähernd die doppelte Menge dieser einzelligen Drüsen!. Über die Anordnung derselben auf der Oberseite des Fußes ist nicht viel zu berichten. Sie stehen ziemlich unregelmäßig auf der- selben bis zum Rande vertheilt, und finden sich in der Regel dort, wo eine geöffnete Zelle liegt, auch ein oder mehrere geschlossene Formen. An manchen geöffneten Drüsen ragt das Sekret als Spitze aus dem Stoma über die Oberfläche hervor, an anderen findet man die Spitze bereits abgebrochen. Über die Bedeutung dieser Drüsen kann ich nur Vermuthungen aufstellen. Sie erinnern der Anordnung ihres Inhaltes nach sehr an die von Leyvie (10) aus der Haut von Helix thymorum (l. c. Taf. XIV, Fig. 30) abgebildeten, als Schleimdrüse, deren Sekret einem aufgerollten Byssusfaden ähnelt, aufgefassten Drüse. An meinen Objekten konnte ich aber an dem Inhaltstheile keine fädige Struktur beobachten. Der Inhaltstheil erschien, wie bereits erwähnt, vollkom- men homogen, nur hier und da an der Peripherie hellere Stellen zeigend, die wie kleine Ausbuchtungen erschienen (Fig. 8 b). Dass der Inhalts- theil fettartiger Natur ist, scheint, nach dem Verhalten der Osmium- säure gegenüber, zweifellos?. An Präparaten aus Alkohol, die in ver- ! Dies Verhältnis gilt nur für die bereits die Oberfläche erreichenden Formen, die durch ihren geschwärzten Inhaltstheil an Flächenpräparaten deutlich hervor- treten. Betrachtet man die auch in den tieferen Schichten vorkommenden Zellen, deren Inhalt gelblichbraun gefärbt erscheint, so stellt sich das Verhältnis noch mehr zu Gunsten der Oberseite. Ich notirte auf der Oberseite als Maximum 52, als Mini- mum 27 Zellen, auf der Unterseite als Maximum 42, als Minimum 3 Zellen (Obj. V, Oc. I, SEIBERT); das giebt die Verhältniszahlen 4 und 9, und nimmt man daraus das arithmetische Mittel, so ergiebt sich, dass auf der Oberseite des Fußes ungefähr sechsmal so viel Drüsen sich befinden als auf der Fußsohle. Dies Verhältnis ıehrt zugleich, dass auf der Oberseite des Fußes weit mehr Drüsenzellen verbraucht werden als auf der Unterseite, indem die überwiegende Mehrzahl der Zellen ge- schlossen in der Tiefe liegt. 2 Dass der Inhalt der Drüsen beim Größerwerden und beim Hinaufrücken an die Oberfläche sich chemisch verändert, kann man an Präparaten aus dem FLEM- Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 319 dünntem Glycerin untersucht wurden, erschien der Inhaltstheil als stark lichtbreehende geriefte Masse, die in zahlreichen Zellen in kleine, eben so lichtbrechende Körperchen zerfallen war. Vielleicht dienen diese Zellen als phosphorescirende Or- gane, wie sie Panczrı (9) auch bei Anneliden nachgewiesen. Nach Gruse (3), diesem trefflichen Beobachter, zeichnet sich Tethys durch starke Phosphorescenz aus. Nach Punczrı führen die einzelligen, als Leuchtorgane dienenden Drüsen bei Anneliden ebenfalls einen fett- artigen Inhalt. Es wäre nun wohl nicht undenkbar, dass die in Rede stehenden Gebilde, die nicht allein auf den Fuß beschränkt sind, die Leuchtorgane bei Tethys darstellen. Ob diese meine Ansicht rich- tig ist, kann erst die Untersuchung an lebenden Objekten entscheiden. Eine vierte Form einzelliger Drüsen charakterisirt sich dadurch, dass der Inhalt zum Theil in eigenthümlich lamellöser Form angeordnet ist (Fig. 9 a—f). An Querschnitten durch den Fuß, in welchen die- selben im Längsschnitte erscheinen, zeigt sich ein Theil des Inhaltes als eine mehr homogene oder auch fein granulirte Masse, während die übrige Zellsubstanz in Fäden, die theilweise koncentrisch, zum Theil auch wirr (knäuelartig) durch einander gehen, angeordnet ist. An Oberflächenschnitten aber überzeugt man sich (Fig. 9 f), dass die im Längsschnitte als Fäden erscheinende Masse Lamellen sind, die zum Theil koncentrische Anordnung zeigen. Ob dieselbe schon in der lebenden Zelle existirt, oder ob sie durch die Härtungsmittel verur- sacht ist, kann ich nicht entscheiden. Häufig gelingt es, sowohl an aus Alkohol als auch aus dem Fıenning’schen Gemische stammenden Prä- paraten in der homogenen Masse eingebettet rundlich begrenzte, dunkler gefärbte, homogene Körper verschiedener Größe zu beobach- ten (man vgl. Fig. 9e). Dieselben (namentlich die größeren) erscheinen häufig von ein oder mehreren Lamellen umgeben. An manchen solcher Zellen gewann der Inhalt ein merkwürdiges Aussehen dadurch, dass zahlreiche solcher sphärischer Körper oft annähernd von gleicher Größe, jeder von einer oder mehreren Lamellen umgeben war. Bei flüchtigem Zusehen erschien der ganze Inhalt wie in Zellen abgefurcht, indem die Lamellen, die oft polygonalen Umriss zeigten, die Zellgrenzen, die dunklen Inhaltskörper aber die Kerne vortäuschten. Jede Zelle enthält einen am Grunde, der Membran entweder anliegenden oder etwas von derselben entfernten Nucleus, welcher verschiedenartige, häufig sphä- ause'schen Gemisch sehr schön beobachten. In den meisten an die Oberfläche ' gerückten Zellen kann man bemerken, dass der Inhaltstheil dunkelbraun bis tief schwarz gefärbt ist, während in: den tiefer gelegenen mehr sphärischen Formen ; derselbe die bekannte Osmiumbräunung zeigt. | | | 320 Joseph Heinrich List, rische, ellipsoidähnliche oder mehr abgeplattete Form zeigt und im Inneren deutliche Granula bez. Chromatinbalken erkennen lässt. Die Zellen, die von einer deutlichen Membran umgeben sind, zeigen ge- wöhnlich ellipsoidähnliche, nach oben häufig sich verjüngende Formen. Viele Zellen zeigen in Folge der Verjüngung einen halsartigen Fortsatz, der ihnen ein flaschenförmiges Aussehen verleiht und sind am oberen Theile des Halses mit einem Stoma versehen, welches zwischen den Epithelzellen liegend auf die Oberfläche mündet. In Folge dessen wird man diese Zellen als einzellige Drüsen betrachten müssen. An solchen mit einer Öffnung versehenen Zellen kann man auch eine Verschieden- heit in der Anordnung der Lamellen bemerken, indem diese gegen das Stoma zu konvergiren (Fig. 9 a, b). Was die Größe der Zellen betrifft, so schwankt dieselbe ziemlich bedeutend. Die größten geöffneten Formen hatten einen Längsdurchmesser von 82 u. Welche Bedeutung diese einzelligen Drüsen, die nur auf der Ober- seite des Fußes zu treffen sind, haben, kann ich nicht entscheiden. Schleimdrüsen sind sie wohl nicht, denn diese verhalten sich Farb- stoffen gegenüber äußerst charakteristisch. Vielleicht sind sie Byssus- organe, deren Inhalt aber durch die Härtungsmittel die beschriebene eigenthümliche Veränderung erfahren hat. Was ihre Verbreitung be- trifft, so ist zu erwähnen, dass sie überall dort, und zwar in mehrfacher Anzahl zu treffen sind, wo Schleimdrüsen vorkommen. Eine fünfte Art eigenthümlicher einzelliger Organe ist ebenfalls: auf der Oberseite des Fußes zu treffen (Fig. 10 a, b). Dieselben haben kugelige oder mehr birnförmige Gestalt, sind von einer deutlichen Membran umgeben und enthalten am Grunde oder etwas zur Seite derselben dicht anliegend einen kleinen etwas abgeplatteten Kern, der an tingirten Objekten äußerst intensiv gefärbt erscheint. Diese Zellen erscheinen mit einer grob granulirten Masse erfüllt, die Tinktionsmittel begierig aufnimmt. Manche Zellen verjüngen sich nach oben und scheinen mit einer Öffnung am halsartigen Fortsatze zwischen den Epi- thelzellen auf die Oberfläche zu münden. E Dies beweist, dass wir es mit einzelligen drüsigen Organen zu thun haben. Was die Größe dieser Drüsen betrifft, so hatten die läng- sten einen Durchmesser von 51 u, während der Querdurchmesser von | kugeligen geschlossenen Formen 40 u betrug. Diese Drüsen sind auf der Ober- und Unterseite des Fußes vertreten, sind aber in sehr spär- licher Anzahl, und zwar in größerer Menge auf der Oberseite anzu- treffen. An Querschnitten konnte ich ein bis zwei höchstens drei solcher Zellen auf der Oberseite auffinden. Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 391 Über die Bedeutung dieser einzelligen Drüsen wage ich kein Ur- theil abzugeben. Die Drüsen auf der Unterseite des Fußes (Fig. 2). Auf der Unterseite des Fußes kommen außer den Becherzellen folgende Drüsen vor. Die kleinen Schleimdrüschen (Fig. 7 a—c), aber in sehr spärlicher Anzahl. Die vermuthlich als Leuchtorgane dienenden einzelligen Drüsen (Fig. 8 a«—h), aber in bedeutend geringerer Menge als auf der Ober- seite. Endlich die mit granulirtem Inhalte versehenen Drüsen (Fig. 10 a,b), aber nur vereinzelt. Außer diesen auch auf der Oberseite in bedeutenderer Anzahl vorkommenden einzelligen Drüsen kommen auf der Fußunterseite noch speeifische Gebilde vor, welche an die von Lrvvic (10) aus der Haut zahlreicher Landgastropoden beschriebenen mehrkernigen Farb- und Kalkdrüsen erinnern (Fig. 11 a—g). Betrachtet man an einem sehr dünnen Querschnitte! durch den Fuß diese Gebilde, so erscheinen dieselben als sehr verschieden ge- staltete, oft in die Länge gezogene und mit verschiedenen Anschwel- lungen versehene, manchmal Sack- oder Beutelform (Fig. 11 c, e) be- sitzende Organe. Sehr häufig kann man langgestreckten spindeligen Formen begegnen (Fig. 41 f, g). Diese Gebilde sind von keiner Mem- bran umgeben, und die Zellsubstanz erscheint im Großen und Ganzen als eine fein granulirte Masse, die allerdings an manchen Stellen der Zelle wie ein feines Maschenwerk angeordnet erscheint, um zwischen den Masehen eine homogen aussehende gegen verschiedene Farbstoffe sich indifferent verhaltende Masse einzuschließen. Ich habe diese Zellen oben als mehrkernige bezeichnet. Die Kerne, die in sehr ver- schiedener Anzahl von zwei bis siebzehn in einer Zelle zu beobachten sind, zeigen sphärische oder ellipsoidähnliche Form und haben Durch- messer, die von 2—7 u schwanken. Sie besitzen deutliche Chromatin- bälkchen, die an mit Alaunkarmin tingirten Präparaten besonders deutlich hervortraten, und die am aus dem 90%,igen Alkohol stammen- den Objekte von der Kernmembran gegen das Centrum zurückgezogen erschienen, so dass ein heller Hof um die Chromatinbälkchen zu sehen war. Um die Kerne, die besonders in den Ausbuchtungen zu liegen ! Diese Drüsen waren an dem in 900/yigem Alkohol konservirten Exemplare vortrefflich erhalten, und bewährte sich beim feineren Studium derselben beson- ders Tinktion mit Alaunkarmin, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 94 322 Josepli Heinrich List, ‚kommen, kann man meistens eine stärkere Tinktion der sie umgeben- den Zellsubstanz beobachten, die oft so deutlich ausgeprägt ist, dass sich die dunkler tingirte Zellsubstanz zweier benachbarter Zellen durch helle Säume von einander abgrenzen (Fig. A! a). In verschiedenen Zellen gelang es mir zu beobachten, dass die Zellsubstanz um manche Kerne in Stränge radienartig sich auszog, um mit der übrigen Zellsub- stanz in Verbindung zu treten. Zwischen den Strängen fand sich eine anscheinend homogene nicht tingirte Masse. Nach oben zu verjüngen sich die Zellen und enden mit einem oder mehreren dünnen oft nur 1,2 u Querdurchmesser besitzenden Fortsätzen zwischen den Flimmer- cylinderepithelzellen sich hindurchziehend auf der Oberfläche. Daraus ergiebt sich, dass wir diese Zellen als drüsige Organe aufzufassen haben. Zuweilen theilt sich der Körper der Drüse in zwei oder mehr Äste, und mündet sodann jeder mit einem eigenen Gange auf der Ober- fläche (Fig. 11 a). Was die Größe dieser Drüsen anlangt, so schwankt dieselbe innerhalb bedeutender Grenzen; die größten sackartigen For- men, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, besaßen eine Länge von 86 u. Die Zahl derselben nimmt gegen den Rand des Fußes zu, um beim Übergange des Flimmereylinderepithels in das Cylinder- bez. kubische Epithel aufzuhören; gegen die Mitte der Fußsohle werden sie allmählich spärlicher, um sodann gänzlich zu verschwinden, ein Ver- halten, welches Levvic (10) auch in der Fußscheibe von Limax margi- natus Drap. fand. Schon Leyvıe (10) wies nach, dass die Farb- oder Kalkdrüsen in Verbindung mit Bindegewebszellen stünden. Dies Verhältnis ist bei Tethys sehr leicht zu beobachten (Fig. 11 d). Die Drüse zieht sich nach unten (bez. nach oben) fadenförmig aus und steht mit diesem faden- förmigen Fortsatze in Verbindung mit der Bindesubstanzzelle. Ich konnte sogar Fälle beobachten, in denen eine Bindesubstanzzelle mit zwei Drüsenzellen in Verbindung stand. Die Drüsen selbst betrachte ich als einzellig und mehrkernig, und nicht wie Lewiıe (10) als mehrzellig, »indem die Drüse buchtig sich ausbreitet und jede Auswei- tung abermals einen Zellenbezirk vorstellt«. Der Hauptgrund, warum ich die Drüsen als einzellig betrachte, liegt darin, dass dieselben nichts Anderes als an die Oberfläche gerückte und weiter ent- wickelte Bindesubstanzzellen sind. Man betrachte nur an die Oberfläche gerückte Drüsen (Fig. 11 f) mit in der Tiefe liegenden Binde- substanzzellen (Fig. 12 «a, 5), und die Zusammengehörigkeit springt sofort in die Augen. Es tritt einfach ein Kernvermehrungsprocess ein, die Zellen nehmen an Größe zu, und aus der Bindesubstanzzelle ist die einzellige Drüse geworden. Dass später Differenzirungen in der Zellsubstanz der Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 3933 Drüsenzelle zu beobachten sind, hat für die Deutung keinen Einfluss. Ich glaube desshalb, dass auch die in der Haut der Landgastropoden so häufig vorkommenden Farb- und Kalkdrüsen, die ähnliche Formen darbieten, nichts weiter sind als einzellige mehrkernige Drüsen, die nicht etwa aus einer Anzahl von Bindesubstanzzellen hervorgegangen - sind, wie Lewvie (10) glaubt, sondern die nur weiter entwickelte und im Kontakt mit anderien Bindesubstanzzellen geblie- bene Bindesubstanzzellen sind. Über die Bedeutung dieser für die Fußsohle von Tethys charak- teristischen Drüsen kann ich kein Urtheil abgeben, da weder Pigment noch Kalkkonkremente in ihnen enthalten sind, die für die Farb- und Kalkdrüsen der Landgastropoden so eigenthümlich sind. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, dass die den Fuß von Tethys deekende »schleimige« Masse von sehr verschiedenen Organen geliefert wird, und desshalb eine sehr verschiedene Zusammensetzung besitzt, welche sowohl für die Ober- wie Unterseite charakteristisch ist. Graz, im November 1886. Nachschrift. Nachdem vorliegende Arbeit bereits einige Zeit vollkommen druck- fertig war, erhielt ich durch die Freundlichkeit des Verfassers »Die Ent- wicklung des Geschlechtsapparates der stylommatophoren Pulmonaten nebst Bemerkungen über die Anatomie und Entwicklung einiger an- derer Organsysteme«!zugesendet. In Übereinstimmung mit einzelligen, Schleim bereitenden Drüsen bei Wirbelthieren wird aus den am Aus- führungsgange der Fußdrüse massenhaft vorkommenden Drüsenzellen ein sich mit Alaunkarmin deutlich färbendes Gerüstwerk beschrieben, innerhalb dessen Maschen sich eben so tingirende Körner befinden. An Schleim secernirenden einzelligen Drüsen konnte ich, so weit meine Erfahrungen reichen, bisher nur Gerüstwerk (Filarmasse) und homogen erscheinende, sich schwächer färbende Interfilarmasse beobachten. Vielleicht fallen diese Drüsen mit den von mir sub 3 von der Oberseite des Fußes beschriebenen (vgl. oben p. 318) und als Byssusorgane (?) gedeuteten Gebilde zusammen. Sehr erfreulich für mich ist Brocx’s Schluss, dem zufolge die Drüsenzellen sich aus den Elementen der Bindesubstanz (Plasmazellen der Autoren) Laune, wenn gleich ein strikter Beweis nicht erbracht wird. 1 J. Brock, Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1886. p. 333 f. 21* 324 Nr. 46. Nr. 17. Nr. 18. Nr. 49. NT. 20. Joseph Heinrich List, Litteraturverzeichnis. . 1828. DELLE CHIaJE, Memorie sulla storia e notomia degli animali senz& vertebre del regno di Napoli. Napoli. . 1857. C. SEMPER, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Pulmonaten. Diese Zeitschr. Bd. VII. . 1864. E. GrUBE, Ein Ausflug nach Triest und dem Quarnero. Berlin. . 4867. H. A. MEyEr u. C. Mösgıus, Fauna der Kieler Bucht. Bd. I. Die Opistho- branchier. Leipzig. . 4867. Max SCHULTZE, Über secernirende Zellen in der Haut von Limax. Archiv für mikr. Anat. Bd. Il. . 1869. F. BoLL, Beiträge zur vergleichenden Histiologie des Molluskentypus. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. V. Supplement. 41870. W. FLEMMING, Untersuchungen über Sinnesepithelien der Mollusken. Archiv für mikr. Anat. Bd. VI. . 1875. R. BErGH, Malacologische Untersuchungen. (Aus C. SEMPER, Reisen im Archipel der Philippinen. Th. II. Bd. II, Heft 9. [Tethys, Melibe]) Wies- baden. . 1875. P. Pıncerı, La luce e gli organi luminosi di alcuni anellidi. Napoli. 41876. F. Leypıs, Die Hautdecke und Schale der Gastropoden, nebst einer Übersicht der einheimischen Limacinen. Archiv f. Naturgesch. Jahrg, 42. 1876. H. Sınroru, Über die Sinneswerkzeuge unserer einheimischen Weich- thiere. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 1877. W. FLenming, Über Bindesubstanz und Gefäßwandung im Schwell- gewebe der Muscheln. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XIII. . 1884. D. SocHACZEWER, Das Riechorgan der Landpulmonaten. Diese Zeit- schrift. Bd. XXXV. . A882. J. CARRIERE, Die Drüsen im Fuße der Lamellihranchiaten. Arb. aus dem zool.-zoot. Institute in Würzburg. Bd. V. . 1882. Derselbe, Die Fußdrüsen der Prosobranchier und das Wassergefäß- system der Lamellibranchier und Gastropoden. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXI. 1883. F. BLocHhmAann, Über die Drüsen des Mantelrandes bei Aplysien und verwandten Formen. Diese Zeitschr. Bd. XXXVM. 4883. P. B. Sarasın, Über drei Sinnesorgane und die Fußdrüse einiger Gastropoden. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institute in Würzburg. Bd. VI. 1885. Tu. Barroıs, Les glands du pied et les pores aquiferes chez les La- mellibranches. Lille. 1886. J. H. List, Über Becherzellen. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXVIL. 1886. K. Drost, Über das Nervensystem und die Sinnesepithelien der Herz- | muschel (Cardium edule L.) nebst einigen Mittheilungen über den histo- logischen Bau ihres Mantels und ihrer Siphonen. Morphol. Jahrb. Bd. XH. | p- 163 f. Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. 3235 Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Abbildungen beziehen sich auf den Fuß von Tethys fimbriata = leporina L. DurcehgehendeBezeichnuns: Basz, Bindesubstanzzellen; Bz, Becherzelle; Dr, Drüsen; Ep, Epithel; qm, Muskeln; n, Nucleus; n', Nucleolus; P, Pigment. Tafel XVII, Fig. 4. Aus einem Querschnitte durch den Fuß von Tethys fimbriata = lepo- rina L. von dem oberen Theile desselben. Härtung in 900/yigem Alkohol, Tink- tion mit Alaunkarmin (Betrefis der Bezeichnung vergleiche man die übrigen Figu- ren). 200/4. Fig. 2. Aus einem Querschnitte durch den Fuß von Tethys fimbriata L. von dem unteren Theile desselben. Härtung in 900%yigem Alkohol, Tinktion mit Alaun- karmin. 200/4. Fig. 3. Flächenansicht des Epitheles von der oberen Fläche des Fußes. Här- tung in 900/yigem Alkohol, Tinktion mit Alaunkarmin. 600/1. Fig. 4. Flimmerepithelzellen von der unteren Fläche des Fußes. Aus einem Querschnitte. Härtung und Tinktion wie oben. 600/1. Fig. 5. Flächenansicht des Flimmerepitheles von der unteren Fußfläche. Här- tung in 1/3%/yiger Chromsäure, Tinktion mit Alaunkarmin. 600/A. Fig. 6, b, einzellige Schleimdrüsen aus der oberen Seite des Fußes, c,d, e, Bindesubstanzzellen. Die Abbildungen a bis d stammen von in 900%/yigem Alkohol gehärteten Objekten. Einschluss in Celloidin und Tinktion mit WeEıcErT’schem Bismarckbraun ; e wurde nach einem in FLeuning’schem Gemische (vgl. den Text) gehärteten, in Celloidin eingebetteten, und mit salpetersaurem Rosanilin (0,0004%/)) tingirten Objekte gezeichnet. 400/1. Fig. 7a—c. Einzellige Schleimdrüsen aus der oberen Seite des Fußes; a, b, geschlossen, c, geöffnet. Härtung in 900/yigem Alkohol, Tinktion mit Alaunkarmin. 400/1. Fig. Sa—h. Einzellige Drüsen mit fettartigem Inhalte (phosphorescirende Or- gane?). Fig. a bis e und 9 und h nach einem mit FLemming’schem Gemische behan- delten Objekte, Fig. fnach einem in 900/yigem Alkohol gehärteten, in Celloidin ein- gebetteten und mit Bismarckbraun gefärbten Objekte. 400/1. Fig. 9a—f. Einzellige Drüsen aus der oberen Seite des Fußes mit eigenthüm- lichem, zum Theil lamellös angeordneten Inhalte (Byssusorgane?). Fig. aund fnach einem mit 900%/yigem Alkohol gehärteten und mit Alaunkarmin tingirten Objekte; 326 Joseph Heinrich List, Zur Kenntnis der Drüsen im Fuße von Tethys fimbriata L. Fig. f, Querschnitt durch eine Drüse aus einem Oberflächenschnitte, Fig. b—e, nach einem mit dem Frenmine’schen Gemische gehärteten Objekte. 400/A. . Fig. 40a, b. Einzellige Drüsen. Aus einem mit 900/yigem Alkohol gehärteten und mit Alaunkarmin tingirten Objekte. 400/14. Fig. 11a—g. Mehrkernige Drüsen von der Unterseite des Fußes (man vgl. Fig. 2). Aus einem Querschnitte eines mit 900/yjigem Alkohol gehärteten und mit Alaunkarmin tingirten Objekte. 600/A. Fig. 120—.c. Bindesubstanzzellen. Fig. a und b von der Unterseite, ce von der Oberseite des Fußes. Fig. a und b aus dem Querschnitte eines mit 900/yigem Alko- hol und mit Alaunkarmin tingirten Objekte, c aus dem Querschnitte eines mit dem FLENMIng’schen Gemische gehärteten, in Celloidin eingebetteten und mit salpeter- saurem Rosanilin (0,00040/,) tingirten Objekte. ) I Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. Von Dr. Eugen Korschelt, Privatdocent und Assistent am zoologischen Institut zu Freiburg i. Br. Mit Tafel XVII, XIX und 4 Holzschnitten. l. Eine abweichende Bildungsweise des Chitins bei Ent- stehung der „Eistrahlen‘‘ von Ranatra linearis. In einer früheren Arbeit! habe ich die eigenartige Bildung des Chitins der sog. Eistrahlen von Nepa cinerea eingehend geschildert. Das , Ei von Nepa ist an seinem oberen Pol mit sieben fadenförmigen An- hängen versehen, eben den Eistrahlen, welche dazu dienen, dem in weiche Pflanzenstengel versenkten Ei von außen Luft zuzuführen. Zu diesem Zwecke sind sie an ihrer Spitze sowohl, wie im Innern porös. Die poröse Substanz der Strahlen steht mit einer ebenfalls luftdurch- lässigen Schicht der Eischale in Verbindung, so dass das Ei in Folge dessen stets von einer Luftschicht umgeben ist. Die Veränderung der Luftzusammensetzung, wie sie sich durch den Verbrauch an Sauerstoff von Seiten des Eies ergiebt, dürfte dann allmählich durch neue Luft- zufuhr vermittels der frei nach außen vorragenden Eistrahlen wieder ; Kompensirt werden. Die Bildungsweise der Eistrahlen von Nepa ist nun nicht die ge- | wöhnliche, wie sie dem Chitin in den allermeisten Fällen zukommt; die Strahlen entstehen nicht als euticulare Ausscheidungsprodukte der ‚ Epithelzellen, sondern werden im Innern eigenthümlich umgewandel- ter Zellen gebildet. Da die Vorgänge, welche sich hierbei abspielen, ! Zur Bildung der Eihüllen, Mikropylen und Chorionanhänge bei den Insekten. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Bd. LI. 328 Eugen Korschelt, höchst eigenartiger Natur sind, war es mir von Werth, ähnlich sich verhaltende Objekte zu untersuchen, um womöglich die bei Nepa beob- achteten eigenartigen Vorgänge bestätigen zu können. Als ein solches ähnliches Objekt fasste ich schon während der Untersuchung an Nepa die verwandte Form Ranatra linearis ins Auge; leider konnte ich aber weder in der Umgebung von Leipzig, wo sich Ranatra früher sehr häufig vorfand, noch in ver- schiedenen anderen Gegenden, die ich nach ihr durchsuchte, Ranatra auffinden, bis ich im ver- . flossenen Frühjahr endlich eine Anzahl von Exemplaren in den Altwassern des Rheins bei Alt-Breisach fing. Die Eier von Ranatra linearis haben mit denen von Nepa gemeinsam, dass sie wie diese mit Strahlen versehen sind. Doch sind bei Ra- natra nicht sieben Eistrahlen, wie bei Nepa, sondern immer nur zwei vorhanden. Der nebenstehende einfache Holzschnitt giebt die Form des Eies von Ranatra wieder. Ein Ver- gleich mit der früher gegebenen Abbildung des Eies von Nepa (l. c. Taf. III, Fig. 61 B) zeigt, dass das Ei von Ranatra weit schlanker gebaut und dass seine Strahlen länger sind. Die Gestalt des Eies brauche ich nicht weiter zu beschrei- ben, sie wird durch den Holzschnitt I genügend erläutert. Am oberen Pole erscheint das Ei scharf abgestutzt und an dieser Stelle setzen sich die Strahlen mit breiter Basis an das Ei an. Die durch etwas erhabene Leisten hervorge- Fig. I. Ei von Ranatra linea- brachte Felderung, welche man am oberen Ei- ris. St, Eistrahlen. x ee ie pol auf der Eischale bemerkt, geht auf die Strahlen über und lässt sich auf ihnen eine Strecke weit nach oben verfolgen. Fig. 2 (Taf. XVII), welche die Basis eines Strahles darstellt, lässt dieses Verhalten deutlich erkennen. Auf die Bedeutung desselben werden wir später noch zurückzukommen haben. Der innere Bau des Eistrahles gleicht demjenigen des Strahles von Nepa. Die Fig. 3 stellt seinen oberen Theil im optischen Schnitt dar. Man erkennt auf der Zeichnung, dass der obere Abschnitt des Strahles völlig porös ist und doch lässt sich auch an diesem Theile eine äußere Lage von einer inneren unterscheiden. Die äußere Lage ist verhältnis- Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 329 ‚ mäßig dünn und verbreitert sich nur nach oben etwas, da, wo der Strahl ‚ an seinem Ende ein wenig kolbenförmig anschwillt (vgl. Fig. 3 P.Sch). Diese äußere Schicht wird von feinen, radiär verlaufenden Poren- gängen durchsetzt, während das gesammte Innere des Strahles von einer porösen, schwammigen Masse erfüllt ist (Fig. 3 und 22 Schw. Sch). - Äußerlich setzt sich der völlig poröse Abschnitt des Strahles nicht wie bei Nepa von dem übrigen Verlauf ab. Da, wo die äußere poröse ‘ Schicht aufhört, beginnt wie bei Nepa eine homogene Schicht, die sich im Verlauf des Strahles nach unten fortsetzt und hier die innere schwammige Masse des Strahles nach außen begrenzt (Fig. 3 u. 19 h.Sch, so wie Fig. 20,22 u.26). Ein Unterschied von Nepa macht sich aber auch hier bemerkbar, indem die homogene Schicht nicht einfach ist, sondern sich aus einer diekeren inneren und einer dünneren äußeren homo- ‚ genen Lage zusammensetzt (Fig. 3, unten). Es hängt dies, wie wir später sehen werden, jedenfalls damit zusammen, dass hier nicht der Strahl in seiner ganzen Masse von den eigens dazu vorhandenen Doppelzellen gebildet wird, sondern dass vielmehr die oberste Schicht von den gewöhnlichen Epithelzellen abgeschieden wird. Ein Verhalten, welches ich bei Nepa seiner Zeit nicht direkt nachweisen konnte. Die den ganzen Strahl erfüllende schwammige Masse geht an dessen Grunde in eine ganz ähnliche Substanz über, welche als dünne Schicht die Innenwand der Eischale auskleidet. Die Fig. 22 stellt dieses Verhalten nach einem Längsschnitt dar. Man sieht im oberen Theil der Figur noch ein kurzes Stück des Strahles getroffen, der zu beiden Seiten von der homogenen Chitinlage (h.Sch) begrenzt wird und aus- gefüllt ist mit der porösen Chitinmasse (Schw.Sch). Beide Schichten des Eistrahles, die schwammige wie die homogene, setzen sich nun in entsprechende Schichten des Chorions fort (Schw.Sch und h.Sch am Chorion). Während die homogene Schicht des Chorions auf der Fig. 22 nur im Schnitt zu sehen ist, sieht man die poröse oder schwammige Schicht (Schww.Sch) zum Theil von der Fläche. Im unteren Theil der ‚ Figur, wo sie der homogenen Chorionschicht dicht anliegt, ist sie eben- falls nur im Längsschnitt vorhanden, weiter nach oben aber hat sie sich von der oberen Lage des Chorions abgehoben und theilweise um- geschlagen, wodurch dieser obere Theil der Schwammschicht in der Fig. 22 da, wo der Strahl in die Eischale übergeht, als ein weiteres Feld erscheint. An der rechten Seite des Längsschnittes (der Fig. 22) gehen dann die homogene und poröse Schicht über in die entsprechen- den Schichten des daneben liegenden zweiten Strahles, um sich sodann noch weiter nach rechts auf der anderen Seite des Eies wieder in die beiden Lagen des Chorions fortzusetzen. Der Raumersparnis wegen 330 Eugen Korschelt, habe ich nur den kleineren Theil des Schnittes abgebildet, der aber mit Zuhilfenahme dieser Erklärung schon für sich verständlich sein dürfte. Die poröse Schicht des Strahles sowohl wie der Eischale behalten ihr Färbungsvermögen länger als die darüber liegenden Chitinschichten. Sie färben sich noch schwach rosa, während die homogene Lage schon lange keinen Farbstoff mehr aufnimmt. Es kommt dies wohl allein daher, dass die einzelnen Theilchen der porösen Schicht für die Farb- stoffe leichter zugänglich sind, indem die ganze Schicht von der Farb- flüssigkeit durchtränkt wird, denn Anfangs bei der Bildung des Strah- les, wenn die später porös werdende Masse noch kompakt ist, nimmt sie ebenfalls keine Färbung an. An dem ähnlich gebauten CGhorion von Nepa und Notonecta be- schrieb ich eine dünne Cuticula-ähnliche Lage, welche die untere Lage der Eischale (das Endochorion Leuckarr’s!) nach innen begrenzt. Diese innere Cuticula ist an der Eischale von Ranatra nicht zu bemerken, obwohl dieselbe im Übrigen der von Nepa und Notonecta sehr ähnlich beschaffen ist. Die schwammig-poröse Schicht bildet hier allein die innere Begrenzung der Eischale. — Das Endochorion von Ranatra zeich- net sich nicht durch eine so selbständige Beschaffenheit aus wie das von Nepa. Es. besitzt keine besondere erhabene Zeichnung an seiner Oberfläche, wie es bei diesen der Fall ist, sondern liegt der oberen Schicht der Eischale, dem sog. Exochorion, dicht an. Letzteres wird wie bei Nepa von zahlreichen Porenkanälen durchsetzt (Fig. 22 h.Sch), welche oftmals auf besonderen Erhöhungen nach außen münden, ein Verhalten, welches wir ebenfalls schon von Nepa kennen lernten, und welches wie die übrigen Verhältnisse schon durch Leuckarr ? von Nepa beschrieben wurde. In diesen Porenkanälen findet man auf Präparaten zahlreiche Luftbläschen, der beste Beweis, dass die Porenkanäle des Chorions die Funktion der Luftzufuhr für das Ei zu erfüllen haben. — Solche kleine Luftbläschen finden sich in großer Menge auch in der porösen Masse des Endochorions. Dasselbe ist also ebenfalls von Luft erfüllt, die sich bei der Präparation in Flüssigkeiten zu kleinen Bläs- chen zusammengezogen hat. Das Endochorion dient also zusammen mit den Porenkanälen des Exochorions dem Ei als pneumatischer 1 „Über die Mikropyle und den feineren Bau der Schalenhaut bei Insekten- eiern.« MÜLLERS Archiv. 1855. 2 Zur näheren Orientirung über diese und andere interessanten Einrichtungen an den Insekteneiern verweise ich auf die oben eitirte Arbeit LEuckArT's, welche uns bis ins kleinste Detail mit den oftmals höchst überraschenden Anpassungser- scheinungen der Eier bekannt macht. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier, 331 Raum. Wir werden sogleich sehen, welche große Bedeutung diese Einrichtung für das Ei von Ranatra hat. Wie bei Nepa ist auch bei Ranatra das Chorion von einer Lage er- habener Leisten bedeckt, die hier eine bedeutende Stärke erreichen können. Sie werden zuletzt von den Epithelzellen abgeschieden, was sich aueh schon daraus erkennen lässt, dass sie sich noch intensiv fär- ben, wenn die dicke Schicht des Exochorion bereits keine Farbe mehr annimmt. In der Fig. 22 ist diese oberste Lage der Eischale dunkel gehalten (L.Sch). Man sieht, wie sich diese Lage Anfangs noch leicht von dem übrigen Exochorion ablöst. Aus der Fig. 22 erkennt man auch, was ich schon früher erwähnte, dass sich die durch die Leisten hervorgebrachte polygonale Felderung von dem oberen Eipol auf die dort ansitzenden Strahlen fortsetzt (L.Sch oben in der Figur; vgl. auch Fig 2). Um die geschilderten, für ein Ei recht kompliecirten Einrichtungen zu verstehen, ist es nöthig, die Bedingungen ins Auge zu fassen, unter welchen die Entwicklung der Eier von Ranatra vor sich geht. Das Thier versenkt seine Eier bei der Ablage in fleischige Blattstiele von Wasserpflanzen, und zwar werden dazu solche Blattstiele gewählt, die bereits abgestorben sind und auf dem Wasser schwimmen. In solchen fleischigen Pflanzentheilen findet man die Eier gruppen- oder reihen- weise angeordnet (Fig. 4). Die Eier selbst sind nicht sichtbar, da sie ganz in dem Gewebe des Blattstieles verborgen sind; nur die Eistrah- len ragen über die Oberfläche des letzteren hervor. Ein solcher mit Eiern von Ranatra besetzter Theil eines Pflanzenstengels macht den Eindruck, als wenn er mit Pilzen überwachsen sei. Er kann desshalb dem suchenden Auge sehr leicht entgehen. — Das in Fig. 4 dargestellte Stück lässt die Eier so deutlich erkennen, weil es sehr lange im Wasser gelegen hat und ganz macerirt ist. Ich wählte es zur Darstellung, um die Lage der Eier im Gewebe zeigen zu können. — Die Eier stehen desshaib mit ihrem oberen Pol aus dem Gewebe des Blattes hervor, weil die jungen Thiere bereits ausgeschlüpft sind!. Beim Ausschlüpfen wird das Ei immer ein wenig mit hervorgezogen. Die mit Eiern besetzten Stengeltheile, welche ich auffand, schwam- ı men so auf dem Wasser, dass die Eistrahlen nach oben gerichtet waren ‚ und also in die Luft ragten. Das Pflanzengewebe selbst war wie ein | Schwamm ganz von Wasser durchtränkt. Eine andere Kommunikation ‚ des Eies mit der Luft als durch die Eistrahlen war also unmöglich. ! Das Ausschlüpfen geschieht in der Weise, dass sich die Eischale an ihrem oberen Pole in Form einer länglich ovalen Klappe öffnet, die an ihrer Basis mit der Eischale verbunden bleibt, 332 Eugen Korschelt, Die ganze Einrichtung der Eistrahlen deutet nun darauf hin, dass sie. die Funktion haben, dem sich entwickelnden Ei Luft zuzuführen. Wie wir gesehen haben, sind sie an ihrem oberen Ende völlig porös (vel. Fig. 3). Ihr unterer größerer Abschnitt ist nun zwar von einer un- durchlässigen Chitinlage umgeben, da aber das ganze Innere pneu- matisch ist, so kann die am oberen porösen Abschnitt eingedrungene Luft bis zum Grunde der Strahlen vordringen. Hier aber stehen sie, wie ich oben beschrieb (Fig. 22), mit dem ebenfalls pneumatischen Endochorion in direkter Verbindung, so dass die Luft weiter in das letztere so wie in die Porenkanäle des Exochorions vordringen kann. Auf diese Weise ist also das Ei von einer Luftschicht umgeben, welche sich bei Verbrauch von Sauerstoff von oben her wieder erneuern kann, auch wenn das Ei von dem wasserdurchtränkten Gewebe ‘des Blatt- stieles eng umschlossen ist. Ahgelegte Eier von Nepa habe ich niemals aufgefunden, doch ist bei der im Ganzen mit den Eiern von Ranatra übereinstimmenden Bau- art kein Zweifel, dass sie sich unter ganz denselben Bedingungen ent- wickeln müssen wie diese. Das bestätigen ja auch die Angaben der älteren Autoren über die Art der Eiablage bei Nepa, z. B. die von Reaumur, Kırsy und SPENcE, so wie diejenige von LeuckArr!, welcher des Näheren über die Bedeutung des pneumatischen Apparates von Nepa handelt, wie ich bereits früher ausführte. In meiner früheren Arbeit sprach ich die Vermuthung aus, dass die Eistrahlen (von Nepa) die über das ganze Chorion verbreiteten Poren- kanäle so zu sagen in ihrer Funktion unterstützten, indem sie wie diese dem Ei Luft zuführten. Ich kannte damals, wie gesagt, die Bedingun- gen, unter welchen sich die Eier entwickeln, noch nicht so genau, sonst hätte ich schon gelegentlich der Untersuchung von Nepa die Bemer- kung machen müssen, dass sich die Porenkanäle des Exochorions viel- mehr von innen her mit Luft erfüllen, und zwar mit der Luft, welche ihnen von den Eistrahlen durch das Endochorion hindurch zugeführt wird. — Würden die Eier in frische Pflanzentheile abgelegt, so könnten auch die Poren des Exochorions funktioniren, indem dieselben dann theilweise direkt mit inneren Lufträumen der Pflanze in Kommunika- tion kämen. Bei dem mit Wasser durchtränkten Gewebe der Pflanzen- theile, welche die Eier enthalten, ist aber eine solche Funktion der Poren des Chorions unmöglich geworden. — LeruckArr glaubt, dass die Poren des Exochorions »weniger mit dem umgebenden Wasser, als vielmehr mit den Pflanzensäften in Wechselwirkung stehen «. Er scheint ta.a.0.p. 161. ei Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 333 sich den Vorgang also auf die Weise zu denken, dass hier vielleicht ein direkter Austausch: von Sauerstoff und Kohlensäure zwischen dem Ei und der Pflanze stattfindet. Es würde dies dann gelten, wenn die Eier in lebende Pflanzentheile versenkt würden, worauf ich schon oben hin- wies, nur dass ich an Lufträume des pflanzlichen Gewebes dachte. Levekarr spricht überhaupt von einem Gasaustausch (auch durch die Strahlen) mit dem umgebenden Wasser, er nimmt also an, dass die Eier ganz in das Wasser untergetaucht sind !. Nachdem wir die Bauart der Eischale und ihrer Anhänge kennen gelernt haben, wenden wir uns zur Entstehungsweise derselben. Das Chorion entsteht nach der gewöhnlichen Bildungsweise des Chitins als euticulares Abscheidungsprodukt an der inneren Oberfläche der Epithelzellen des Eifollikels. Seine einzelnen Schichten werden nach einander abgeschieden, mit den einzelnen Modifikationen, wie sie durch die verschiedenartige Struktur der einzelnen Schichten veran- lasst wird. Ich gehe darauf nicht näher ein, da ich diese Bildung des Chitins schon von anderen, ähnlich gestalteten Formen des Chorions an anderer Stelle? eingehend geschildert habe. Währenddieeigentliche Eischale also nach dem typi- schen Bildungsmodus des Ghitins, nämlich als euticulares Absonderungsprodukt von Epithelzellen seinen Ursprung nimmt, entstehen die Eistrahlenaufeine davon ganz ab- weichende Weise. Sie bildensich ähnlich wiebeiNepaim Inneren eigenthümlich modificirter Epithelzellen. Es ist ! Herr Dr. Haase war so freundlich, mich nachträglich auf eine von ihm über die Eier von Ranatra in der Zeitschrift für Entomologie (herausgegeben vom Verein für schlesische Insektenkunde zu Breslau, 4884, N. F., 9. Heft) mitgetheilte Notiz aufmerksam zu machen. Dr. Hıaısz fand danach die Eier »durch die Blätter eines Potamogeton gesteckt«. Von den Eistrahlen glaubt er, dass sie ähnlich wie die bei- den aus einander weichenden Fortsätze an den Eiern der Scatophaga stercoraria dazu dienen, das Ei vor dem zu tiefen Einsinken und dem Ersticken zu bewahren, »So werden auch die Ranatra-Eier durch ihre Ausläufer stets über und im Wasser aufrecht gehalten, stets hinreichend von Feuchtigkeit umspült und zugleich vor dem Eindringen letzterer durch die Mikropyle bewahrt.« Wir haben gesehen, dass den Eistrahlen sogar ganz direkt die Funktion zukommt, dem Ei Luft zuzuführen. Bezüglich des Ablegens der Eier macht Haase noch die Bemerkung, dass sie »vermöge der langen Legeröhre des Weibchens in wahrscheinlich schon vorher gebohrte Öffnungen hineingeschoben werden«. Ich selbst habe das Ablegen der Eier nicht beobachtet; ob dies durch Herrn Haase geschehen, geht aus seiner Mit- theilung nicht hervor, 2 »Die Bildung des Chorions bei einigen Wasserwanzen.« Zool. Anzeiger 1884. Nr. 176, p. 500. — »Über die Bildung des Chorions, der Mikropylen und Chorionan- hänge bei den Insekteneiern.« Nova Acta Leop.-Carol. Bd. LI. 334 Eugen Korschelt, also eine Art intracellulärer Chitinbildung, die wir hier vor unshaben. Der Vorgang dabei ist folgender: An der oberen Seitenwand der jüngeren Eikammern entsteht in Folge reger Zellvermehrung eine Verdickung des Epithelialgewebes, welche Anfangs aus gleichartigen Zellen besteht, wie das übrige Epi- thel der Eikammerwandung. Dieses letztere setzt sich in diesem Sta- dium der jungen Eier aus Zellen zusammen, deren Kerne nicht, wie dies später der Fall ist, regelmäßig neben einander angeordnet sind und eine dünne Lage bilden, sondern sie liegen über und neben ein- ander, so dass eine dicke Zellenlage zu Stande kommt, die mehr- schichtig erscheint (Fig. 5—8 Ep). Dies gilt zumal für die Seitenwand der Eikammern, während die Scheidewand, welche je zwei Eikammern trennt, durch eine viel schwächere Zellenlage gebildet wird. In ihr erreichen auch die Zellkerne eine weit geringere Größe als in dem Epithel der Seitenwand, wie dies aus den Fig. 5—8 (Sch) zu ersehen ist. Eine distinkte Abgrenzung der Zellgrenzen gegen einander, wie sie in älteren Stadien der Eibildung eintritt (vel. Fig. 22 Ep), findet auf dieser Stufe noch nicht statt. Die Epithelzellen liegen regellos durch ‚einander und es ist nur eine Art feiner Faserzüge vorhanden, welche den Eindruck von Zellgrenzen machen (Fig. 6—8 Ep). — Was die Struktur der Epithelkerne (k) anbelangt, welche im Hinblick auf ihre spätere Umwandlung für uns von Wichtigkeit ist, so besteht dieselbe aus kleinen unregelmäßig im Kern vertheilten Chromatinpartikeln und einem größeren, central gelegenen Kernkörper, welcher sich ebenfalls stark färbt (Fig. 5—8 Äh). Dadurch, dass sich die soeben geschilderten Zellen an dem oberen Theil der Seitenwand stärker vermehren als an der übrigen Eikammer- wandung, entsteht, wie erwähnt, eine wulstartige Verdickung der letz- teren. Dieselbe ist schon in der dritten bis vierten Eikammer (von oben her gerechnet) zu bemerken. Ich zähle dabei erst diejenigen Kammern der Eiröhre, die von der Endkammer (Fig. I En) wirklich abgesetzt und völlig selbständig geworden sind, d. h. bei denen die junge Eianlage die Breite der ganzen Eiröhre einnimmt (Fig. 1 7, 2, 3ete.). Aus der etwas schematisirten Fig. I sind diese Verhältnisse ungefähr ersichtlich. Es folgen auf die Nährzellen der Endkammer (En) die Keimzellen (Xz) und darauf die jungen Eianlagen, die sich nach unten allmählich vergrößern. In den jüngsten Eikammern, an welchen die seitliche Verdickung sichtbar ist, besteht sie noch aus gleichartigen Zellen, schon in den nächstfolgenden Eikammern aber beginnt sich eine Anzahl in ihr liegen- der Kerne zu vergrößern. Fig. 5, ein kleiner Theil des Längsschnittes Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 335 einer Eiröhre, stellt den Beginn dieses Vorganges in der vierten Ei- kammer dar. Man sieht inmitten der Epithelkerne von der gewöhn- ‚lichen Größe (k) einige etwas größere Kerne liegen (X), deren Struktur sich bereits verändert hat, in so fern als sie nicht mehr einen deutlichen Kernkörper aufweisen, sondern nur von zahlreichen kleinen Chromatin- partikeln erfüllt sind. — Es ist dies das jüngste Stadium in Bezug auf die Vergrößerung der Kerne, welches ich auffinden konnte. Der vor- _ hergehende und der nächstfolgende Schnitt der Serie zeigten keine großen Kerne mehr, sondern nur solche von der Größe derjenigen (k), welche die vergrößerten Kerne (A) in Fig. 5 umgeben. Es waren also in diesem Stadium erst ganz wenige Kerne in der Größenzunahme be- griffen und diese sind ja ebenfalls erst um ein Geringes gewachsen, wie die Fig. 5 erkennen lässt. Etwas weiter fortgeschritten ist der Vorgang in dem Stadium, welches die Fig. 7 darstellt. Hier sieht man die besonders ausgezeich- neten Kerne (X) schon um ein Erkleckliches größer geworden als die übrigen Epithelkerne. Der größte, welcher in diesem Theil der Ei- kammerwandung vorhanden war, ist in der Fig. 7 mit gezeichnet, es ist der am weitesten nach links liegende (X). Er übertrifft die in seiner Umgebung liegenden gewöhnlichen Epithelkerne (%k) bereits mehrmals an Größe. Ein größerer Kern war in sämmtlichen auf einander folgen- den Schnitten der Serie nicht vorhanden. — Weiter nach rechts liegen ähnliche, aber kleinere Kerne, und solche finden sich auch auf den vorhergehenden und den folgenden Schnitten. Man sieht also, dass sich hier bereits eine weit größere Anzahl von Kernen vergrößert hat, als in dem zuvor geschilderten Stadium. Damit hat auch zugleich die wulstige Verdickung der Eikammerwandung an Umfang zugenommen. Noch mehr vergrößert als die Kerne der Fig. 7 haben sich die- ‚jenigen, welche wir in den Fig. 6 und 8 dargestellt sehen. Diese bei- den Figuren zeigen Theile von Längsschnitten der fünften Eikammer aus derselben Eiröhre, welcher auch der Schnitt der Fig. 5 entstammte. Die in den Fig. 6 und 8 dargestellte Eikammer folgt also auf diejenige der Fig. 5. Das Wachsthum der großen Kerne ist hier weiter vorge- schritten als in der anderen Eiröhre, welcher der Schnitt von Fig. 7 entstammt. Es scheint demnach die Vergrößerung der Kerne in den verschiedenen Eiröhren nicht ganz regelmäßig, d. h. nicht immer zu ganz derselben Zeit zu erfolgen. In dem Stadium der Fig. 6 und 8 ist bereits eine sehr große Anzahl von Kernen von dem beschleunigten Wachsthum ergriffen worden. Die vergrößerten Kerne (X), welche die übrigen Epithelkerne mehr oder ‚weniger an Umfang übertreffen, lassen sich durch 13 Schnitte der 336 Eugen Korschelt, Serie hindurch verfolgen. Die beiden recht charakteristischen Schnitte der Fig. 6 und 8 sind um vier Stellen in der Serie von einander ent- fernt. — Die sich vergrößernden Kerne (Fig. 6, 7 und 8 K) zeigen ver- schiedene Gestalt, theils sind sie kugelförmig (Fig. 7), theils mehr oval oder sogar in die Länge gestreckt (Fig. 6 und 8). Ihre Struktur ist noch ungefähr dieselbe wie auf dem Stadium der Fig. 5. Der centrale Kern- körper ist verschwunden und sie enthalten dafür eine Menge kleinerer Chromatinpartikel. Um die größeren Kerne grenzen sich zuweilen ziemlich distinkte Plasmahöfe ab, so dass sie wie von einem Zellleib umgeben zu sein scheinen. Es tritt dies besonders bei dem größten Kern der Fig. 6 deutlich hervor. Mit der Vergrößerung der Kerne geht zugleich eine Vermehrung der Zellen Hand in Hand, wodurch die Verdickung der Eikammerwand mehr und mehr an Umfang zunimmt. Es lässt sich dies an den Fig. 5 bis 8 deutlich erkennen. In der Fig. 5 ist sie noch weniger bedeutend und grenzt sich kaum von dem Epithel der beiden anstoßenden Ei- kammern ab. In den Fig. 6—8 hingegen ist die Verdickung, innerhalb deren später die Bildung der Strahlen stattfindet, schon bedeutend von der übrigen Eikammerwand unterschieden. Auf den Zeichnungen tritt das nur desshalb weniger hervor, weil immer nur die betreffende wichtige Stelle der Eikammerwand gezeichnet und die übrige, weit schmälere Wandung, die sich nach oben und unten anschließen würde, weggelassen worden ist. Weiterhin wird die Verdickung immer stärker und geht schließlich in einen umfangreichen Gewebshöcker über, wie wir dies später sehen werden. Ungefähr in dem Größenstadium, wie es der größte Kern in der Fig. 6 darstellt, oder doch bald nach diesem Stadium, beginnt sich ein anderer Vorgang bemerkbar zu machen, wie ich ihn ähnlich schon von Nepa beschrieb. Von den vielen Kernen nämlich, welche den gewöhn- lichen Umfang der Epithelkerne überschritten haben, zeichnen sich vier dadurch ganz besonders aus, dass sie zu je zwei sehr nahe gegen einander rücken und sich schließlich fest an einander anlegen. Die Fig. 9 zeigt den Anfang dieses Vorganges. Zwei der Kerne (X), welche ungefähr den Umfang des großen Kernes (XÄ) in Fig. 6 besitzen, liegen bereits ziemlich dicht an einander, berühren sich aber noch nicht. Solche Bilder, in denen die Kerne in dieser Weise oder auch noch etwas weiter von einander entfernt liegen, findet man vielfach auf. In der Umgebung der beiden besonders ausgezeichneten Kerne (A) ist oft- mals ein von Kernen freier protoplasmatischer Raum zu bemerken, der sich in einzelnen Fällen, wie z. B. in Fig. 9, sogar ganz distinkt gegen die weitere Umgebung abgrenzen kann. Schon durch dieses Verhalten Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 337 sind die vier, zu zwei Paaren vereinigten Kerne vor den übrigen ziem- lich auffällig ausgezeichnet, auch wenn sie diese noch nicht viel an Größe übertreffen. Weiterhin freilich fallen sie schon in Folge ihres ungeheuer großen Umfanges in die Augen. Fortan sind es nämlich die erwähnten vier Kerne, welche ganz besonders stark wachsen und alle übrigen Kerne weit hinter sich lassen. Die Fig. 10 und I1 zeigen weitere Stadien der großen Kerne bei derselben Vergrößerung. Die Kerne sind außerordentlich gewachsen und liegen so dicht an einander gedrängt, dass eine Grenze zwischen beiden oftmals nicht mehr deutlich zu bemerken ist. — Der Schnitt der Fig. 11 entstammt der neunten Kammer der Eiröhre. In der darauf- folgenden Eikammer derselben Röhre bot sich ein ganz ähnliches Bild dar, nur waren die vier Kerne hier schon etwas größer geworden. Dasselbe gilt von der nächstfolgenden Eikammer, aus welcher die Fig. 10 ein Paar der vier großen Kerne im Längsschnitt darstellt. Auch noch einige Kammern weiter nach unten zeigen die großen Kerne das- selbe Verhalten. Sie besitzen dort ungefähr dieselbe Größe wie in der Fig. 10 und liegen noch immer dicht an einander. Nur hat sich in der Umgebung jedes Paares nunmehr ein ganz distinkter Plasmahof gegen die Umgebung abgegrenzt, was in dieser Eiröhre erst nicht in so deut- licher Weise der Fall war, wie die Fig. 10 und 11 erkennen lassen. Das Innere der großen Kerne hat gegen früher eine etwas andere Struktur angenommen, indem das Chromatin nicht mehr in Form kleiner Körnchen ziemlich gleichmäßig im ganzen Kern vertheilt ist (wie in Fig. 6—8 K), sondern sich vielmehr in unregelmäßigen größe- ren und kleineren Körnern innerhalb des Kernes findet (Fig. 10 u. 11 X). In der Umgebung der großen Kerne hat sich nunmehr eine auch äußerlich an der Eiröhre bemerkbare Veränderung vollzogen, indem die Anfangs nur wenig umfangreiche, wulstartige Verdickung der Eikammerwandung in einen zellenreiohen Gewebshöcker übergegan- | gen ist, der sich nach außen vorbuchtet. Er ist zum Theil zusammen- ‚gesetzt aus Zellen, welche die gewöhnliche Größe der Epithelzellen ‚haben und es liegen in ihm diejenigen Kerne, welche die Kerne der Epithelzellen an Größe übertreffen, aber an Größe noch weit hinter den vier besonders ausgezeichneten Kernen zurückbleiben. Es sind ‚dies die Kerne, welche durch stärkeres Wachsthum aus den Kernen ‚des Epithels hervorgingen, wie ich dies oben beschrieb und von denen ‚nur vier dann ein weiteres Größenwachsthum durchmachten. Bei Nepa bezeichnete ich den Gewebshöcker, welcher der Ei- ‚kammer oben aufsitzt und welcher sich allmählich immer mehr in die ‚Länge streckt, als Aufsatz der Eikammer. Wenn man die Fig. 1, einen | Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, XLV. Bd. 2 333 Eugen Korschelt, Längsschnitt der ganzen Eiröhre von Ranatra (im Jugendstadium), be- trachtet, so erkennt man, wie der Aufsatz bei auf einander folgenden Eikammern immer an abwechselnden Seiten der Eiröhre liegt. Es ver- hält sich dies zwar nicht ganz regelmäßig so, aber doch in der über- wiegenden Mehrzahl der Fälle. Fixirt man die Eiröhre auf die Weise, dass die Verdickung einer Eikammerwandung auf der rechten Seite liegt, so sieht man die der folgenden Kammer auf der linken Seite, die nächstfolgende wieder auf der rechten u.s. f. Da sich die Aufsätze mit der Zeit bedeutend verlängern und schließlich die Eikammer selbst an Länge übertreffen, so muss diese Einrichtung als besonders praktisch erscheinen. Die Aufsätze auf einander folgender Eikammern legen sich dann immer an entgegengesetzten Seiten an die vorhergehende Ei- kammer an und die dadurch hervorgebrachte Verdickung der Eiröhre erfolgt in Folge dessen in möglichst gleichmäßiger Weise. Die Form des Eikammeraufsatzes ist bei Ranatra eine etwas andere, als wir sie früher von Nepa kennen lernten. Während er sich bei Nepa als ein solider Gewebshöcker von konischer Form darstellt, welcher der Eikammer oben aufsitzt, wölbt sich bei Ranatra so zu sagen noch eine Höhlung in ihn hinein, wie dies die unteren Eikammern der Fig. I erkennen lassen. Das dadurch hervorgebrachte Aussehen der Eiröhre ist ein ganz anderes als bei Nepa (vgl. die Abbildung der Eiröhre von Nepa, l. e. Taf. IN, Fig. 65). — Die Höhlung wird sich dann im Verlauf des Wachsthums der Eikammer weiter ausbuchten und es wird dieser Abschnitt zum oberen Pol der Eikammer, an den sich dann erst der Aufsatz anschließt. — An der Fig. I erkennt man, dass die Verbindung der Eikammern mit einander nur noch durch einen dünnen Strang ver- mittelt wird. Später werden diese Verbindungsstücke im Vergleich zu der Größe der wachsenden Eikammern noch viel schwächer, bis man sie schließlich gar nicht mehr aufzufinden vermag. Es scheint sich die Verbindung der einzelnen Eikammern schon zu lösen, bevor noch die Reifung des Eies selbst erfolst ist. Legt man in dem Stadium, welches ich zuletzt von den großen Kernen beschrieb, einen Querschnitt durch den Aufsatz der Eikammer, so bemerkt man auf diesem die vier großen Kerne zu zwei Paaren an- seordnet und umgeben von einem mehr oder weniger distinkt abge- grenzten Protoplasmahof. Im Umkreis liegen dann die übrigen kleine- ren Kerne des Aufsatzes. Die Fig. 12 und 14 stellen zwar schon spätere Stadien dar, geben aber immerhin einen Begriff von diesen Verhält- nissen. — Das histologische Gebilde, welches die beiden großen Kerne enthält und welches mehr oder weniger scharfgegen seine Umgebung abgegrenztist, bezeichnete Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 339 ich bei Nepa als Doppelzelle, aus dem Grunde, weil es dureh Zusammentreten zweier Zellen entstandenist. Diese sog. Doppelzelle, welcher ich diese Bezeichnung beilegte, um dadurch zu zeigen, dass es sich nicht um eine wirkliche und echte homogene Zelle handelt, charakterisirt sich bei Ranatra nicht so früh und in so auffälliger Weise als ein abgeschlossenes Ganze, wie das bei Nepa der Fall war. Dort grenzen sich die Doppelzellen scharf gegen die Umge- bung ab, sie scheinen sogar eine besondere Membran zu erhalten. Auf Schnitten, besonders von späteren Stadien, sieht man oft, wie der ganze Schnitt in seine einzelnen Theile zerfällt und dann erhält man die sieben dort vorhandenen Doppelzellen einzeln (vgl. 1. ec. Taf. II, Fig. 81). Jede von ihnen ist ein festes Ganze geworden und zerfällt niemals, wie man vielleicht vermuthen solite, in die beiden Theile, aus denen sie sich ursprünglich zusammensetzte. — Ein solches Verhalten bemerkte ich nun bei Ranatra nicht. Zwar liegen auch hier die beiden sroßen Kerne in einem umschriebenen Plasmahof (vgl. Fig. 10—19), aber dessen Abgrenzung gegen die Umgebung ist doch nicht eine so scharfe wie bei Nepa. Beim Zerfallen von Schnitten bleiben die Doppelzellen in Zusammenhang mit Theilen ihrer Umgebung, sie zeigen sich nicht isolirt. Allerdings mag dies auch am ganzen Bau des Auf- satzes liegen. Die beiden Doppelzellen sind dicht umgeben von den kleinen Zellen, während die sieben Doppelzellen von Nepa alle übrigen Zeilen verdrängen und dicht an einander liegend einen großen Theil des Aufsatzes allein erfüllen. Es fehlt das bei Ranatra vorhandene ver- bindende Gewebe zwischen ihnen und sie fallen desshalb leicht aus einander. Übrigens haben die Doppelzellen die nämliche Funktion wie die von Nepa, wie ich gleich hier bemerken will, und charakterisiren sich durch dieselbe wie jene als einheitliche Elemente. Den ersten Ursprung der Doppelzellen, nämlich die Vergrößerung und das Zusammentreten der Kerne, hatte ich bei Nepa weniger genau verfolgen können, wesshalb ich bei Ranatra gerade auf diesen Vorgang näher eingegangen bin. Durch meine obige Schilderung ist derselbe ganz klar gelegt. Die wenigen Stadien, welche ich bei Nepa in den Fig. 66—68 (l. e. Taf. IN) dargestellt habe, beweisen immerhin, dass der Vorgang dort ein ganz ähnlicher sein muss. Es vergrößern sich ebenfalls eine Anzahl von Epithelkernen, die sich dann zu je zwei zu- 'sammenlegen. Indem sich um je ein Paar von Kernen ein besonderer Plasmahof abgrenzt, wird die »Doppelzelle« gebildet. Es ist mir gelegentlich der Untersuchung von Nepa nicht aufge- ‚fallen, dass sich dort mehr Kerne vergrößert hätten, als die Anzahl der ‚ Kerne der späteren Doppelzellen betrug. Bei Ranatra dagegen sahen | 99* 340 Eugen korschelt, wir, dass dies der Fall war. — Dieses Verhalten von Ranatra scheint mir auf eine gemeinsame Entstehungsweise des sonderbaren Vorganges der Strahlenbildung bei Ranatra und bei Nepa hinzuweisen. Ich denke | mir dies folgendermaßen. Als die Art der Eiablage es bedingte, dass die Eier noch eine be- sondere Einrichtung erhielten, um ungestört ihre Entwicklung durch- machen zu können, entstand am oberen Ende der Eikammer eine Ge- webswucherung, welche in sich die Eistrahlen entstehen ließ. Letztere bestanden wohl in ihrer ersten Entstehung ähnlich wie in ihrer indi- viduellen Entwicklung nur aus niedrigen Höckern, die sich im Laufe der Phylogenie erhöhten und verlängerten, bis sie die Ausbildung der jetzigen Eistrahlen erreichten. — Um diese Strahlen entstehen zu lassen, war es nöthig, dass sich eine Anzahl der Kerne des Eikammer- aufsatzes vergrößerte, und zwar waren je zwei Kerne zur Bildung eines Strahles, bezügl. einer Doppelzelle nöthig. Bei Nepa mit den sieben resp. acht Eistrahlen ! müssen sich mindestens 14 resp. 16 Kerne vergrößern, um den sieben resp. acht Doppelzellen den Ursprung zu geben, welche späterhin die Strahlen bilden. Bei Ranatra sind nur vier Kerne nöthig, da nur zwei Doppelzellen vorhanden sind. Die Thatsache aber, dass sich bei Ranatra eine weit größere Anzahl von Kernen vergrößert, als zur Bildung der Doppelzellen erforderlich ist, dürfte auf eine Rückbildung hinweisen, die hier stattgefunden hat. Auch hier wurden Anfangs mehr als vier Doppelzellen und also auch mehr Strahlen gebildet. Im Laufe der Phylogenie wurde ein Theil der- selben rückgebildet, es entstanden nur noch zwei Doppelzellen, ent- sprechend den beiden Strahlen, doch blieb in den übrigen Kernen, welche früher die Doppelzellen bilden halfen, die Tendenz stärkeren Wachsthums erhalten und wir sehen sie sich desshalb Anfangs ver- größern wie die eigentlichen Kerne der Doppelzellen. Das Verhalten von Nepa erscheint demnach als das ursprünglichere und Ranatra dürfte von einer Form abstammen, welche ebenfalls mehr als zwei Eistrahlen besessen hat. Nach diesen Betrachtungen wenden wir uns zurück zur eigent- lichen Bildung der Strahlen. Wir sahen zuletzt, wie sich die beiden großen Kerne der späteren Doppelzelle fest an einander legen (Fig. 10 und !1). In diesem Stadium betrachtete ich bei Nepa die höchst eigen- thümliche Erscheinung, dass von der Berührungsstelle beider Kerne sonderbare Wucherungen von stachelförmiger oder lappiger Form sich ins Innere der Kerne erstrecken, die dann später wieder verschwinden ! Das Ei von Nepa besitzt zuweilen acht Eistrahlen. 1. c. p. 235 [55]. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 341 (vgl. 1. e. Taf. III, Fig. 69—74). Ich musste diese Erscheinung so deu- ten, dass sie der Ausdruck eines Stoffaustausches zwischen den beiden Kernen ist, welcher möglicherweise den Zweck hat, den beiden Kernen das Funktioniren in dem einheitlichen histologischen Gebilde der Doppelzelle zu ermöglichen. Eine andere Erklärung vermochte ich für diese sonderbare Erscheinung nicht zu geben. Freilich wird diese Ansicht durch das Verhalten von Ranatra keineswegs unterstützt. Bei Ranatra nämlich konnte ich diese Erscheinung nicht auffinden. Die beiden Kerne legen sich einfach an einander an und rücken später wieder aus einander, wie das auch bei Nepa der Fall ist, aber ohne dass man in ihrem Inneren irgend welchen Vorgang bemerkte, welcher an das Verhalten von Nepa erinnerte. Immerhin aber beweist das Aneinanderlegen beider Kerne, dass auch hier bei Ranatra eine Be- rührung derselben stattfinden muss, bevor sie sich in der Doppelzelle als zu einem gemeinsamen Ganzen gehörend, dokumentiren. Vielleicht findet auch hier noch während der Berührung irgend welche Wechsel- wirkung zwischen den beiden Kernen statt, nur dass sich dieselbe nicht dem Auge besonders bemerkbar macht. In der Fig. 12 sieht man den Querschnitt eines Eikammeraufsatzes ‚ mit den zwei Paaren von großen Kernen, welche hier nicht mehr dicht an einander liegen, sondern bereits wieder ein wenig von einander ı weggerückt sind. Der freie Raum, welcher dann zwischen je zwei ‚ Kernen entsteht und welcher sich noch mehr erweitert, ist derjenige, in welchem späterhin die Bildung des Chitins der Strahlen stattfindet, ganz So, wie dies bei Nepa der Fall ist. Bevor die Chitinbildung aber beginnt, macht sich eine andere Erscheinung bemerkbar, die jedenfalls ‚ mit ihr in engem Zusammenhang steht. Die beiden Kerne der Doppel- zelle, welche nun schon weiter aus einander gerückt sind, senden ‚ feinere und stärkere Fortsätze aus, welche vor Allem gegen den freien Raum zwischen ihnen hin gerichtet sind (vgl. Fig. 13—19 X). In Fig. 12 ‚ erkennt man bereits, wie die Gestalt der großen Kerne eine minder regelmäßige ist als z. B. in den Fig. 10 und 11. Späterhin wird die- selbe noch viel unregelmäßiger, sie erscheint verzerrt, wie in den Fig. 14—16, bis dann die pseudopodienartigen Fortsätze ausgesendet werden, welche dem Kern ein rhizopodoides Ansehen verleihen (Fig. 13 ‚und 17—19 K). Die Fortsätze, so wie die Grenzen der Kerne selbst sind oft wenig deutlich, d. h. sie verschwimmen so zu sagen in dem um- ‚gebenden Plasma, wie dies aus den einzelnen Figuren und zumal aus den Fig. 18 und 19 hervorgeht. Ich habe in den Fig. 13—19 eine ganze ‚Anzahl von Doppelzellen mit rhizopodoiden Kernen in Quer- und Längsschnitten dargestellt, von denen im Einzelnen kaum etwas zu 342 Eugen Korscheit, pn sagen ist, da sich die Bilder selbst erläutern. Die Form der Kerne und ihrer Fortsätze ist eben in den einzelnen Fällen ziemlich verschieden, je nach dem Lebensstadium, auf welchem die Doppelzelle bei der Ab- tödtung betroffen wurde. Kompakte Kernkörper, wie wir sie in diesem Stadium der Kerne bei Nepa trafen (l. c. Taf. IH, IV u. V AA), sind bei Ranatra nicht vorhan- den. Das Chromatin findet sich hier noch immer in Form größerer und kleinerer Brocken im Kern vertheilt. Bezüglich der Fig. 13—46 muss ich noch hervorheben, dass man oftmals den Eindruck erhält, als blieben die beiden Kerne der Doppel- zelle immer mit einander verbunden. Mehr oder weniger breite Brücken scheinen sich zwischen ihnen zu erhalten, ähnlich wie in der links oben gelegenen Doppelzelle der Fig. 14. Oft sieht man nur eine umfangreiche Kernmasse in der Doppelzelle liegen (noch voluminöser als die der Fig. 16, links), und dies macht ganz den Eindruck, als ob beide Kerne zu einer Masse zusammengeschmolzen wären. Verfolgt man dann die Serie der Längsschnitte weiter, so sieht man einen zweiten Kern oder Kerntheil auftreten, welcher sich an den ersten eng anlagert oder gar mit ihm verbunden scheint. Es ist nun schwer zu kontrelliren, ob die beiden Kerne wirklich zusammenhängen oder nur mit einem Ende eng an einander liegen, zumal da die Kerne Fortsätze aussenden, welche sich in dem umgebenden Plasma verlieren. Fig. 13 zeigt den Theil eines Querschnittes, auf welchem die bei- den Kerne der einen Doppelzelle im Ganzen scharf von einander ge- trennt sind, und so verhält es sich auf einer ganzen Anzahl von Schnit- ten dieser Serie. Weiterhin aber reichen die Fortsätze beider Kerne so nahe an einander, dass man nicht mehr unterscheiden kann, ob die beiderseitigen Fortsätze in einander übergehen. Sodann folgt ein Schnitt, nämlich der der Fig. 14 (links oben), auf welchem beide Kerne wirklich zusammenzuhängen scheinen. Mit Entschiedenheit freilich ist es auch hier nicht festzustellen. Im nächsten Schnitt der Serie erschei- nen beide Kerne wieder deutlich von einander abgegrenzt. — Solche zweifelhafte Bilder, in denen die Kerne mit einander verbunden scheinen, findet man oft und bei der vielfachen Verzweigung der Kerne ist es schwer, sich darüber zu entscheiden, ob sie isolirt oder mit einander vereinigt sind. Die gleiche Schwierigkeit trat mir auch schon gelegentlich der Untersuchung von Nepa entgegen. In anderen Fällen, wie z. B. den durch die Fig. 15 und 16 reprä- sentirten, schienen die beiden Kerne der Doppelzellen scharf von ein- ander getrennt zu sein. Die Anordnung der beiden großen Kerne ist so, dass sie ihrer Hauptmasse nach neben einander liegen, wie es ja - | | | | | | | Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 343 auch sein muss, wenn der Strahl später gleichsam als Achse zwischen ihnen hindurch geht. So kommt es, dass auf Längsschnitten zuerst der eine Kern einer Doppelzelle als voluminöse Masse erscheint, der beinahe die ganze Doppelzelle zu erfüllen scheint (Fig. 16, links, X). Auf den folgenden Schnitten verkleinert sich diese Masse allmählich und es tritt schließlich ein Theil des zweiten Kernes derselben Doppel- zelle auf. Nunmehr nimmt der erstere an Umfang ab, während der letztere auf den folgenden Schnitten immer größer wird, bis schlieb- lich der erste verschwunden und nur noch der zweite Kern als volu- minöse Masse vorhanden ist. — Die Fig. 15 und 16 zeigen verschiedene dieser Stadien in den beiden Doppelzellen. Einmal nur die umfang- reiche Masse des einen Kernes (Fig. 15 und 16, links, X), sodann die beiden Kerne in ungefähr gleicher Größe (Fig. 16, rechts) und endlich den oberen Kern kleiner, den unteren größer geworden (Fig. 15, rechts). Wenn man die Form der Kerne aus den Längsschnitten dieser Serie konstruiren wollte, so würde man zwei etwas ausgehöhlte Kug>l- abschnitte erhalten, die mit ihrer Schnittebene so gegen einander ge- stellt sind, dass die letztere gegen die Achse der Eiröhre etwas nach außen geneigt ist. Ein wie bedeutendes Wachsthum die Doppelzellen durchmachen, bevor noch die Bildung des Chitins in ihnen beginnt, beweisen die bei der gleichen Vergrößerung ausgeführten Fig. 12, 13 und 14. Zugleich nimmt auch der Aufsatz der Eikammer, in welchem die Doppelzellen liegen, außerordentlich an Umfang zu, wie man an den beiden Quer- schnitten des Aufsatzes Fig. 12 und 1% erkennt. Mit den Doppelzellen haben auch die übrigen Zellen und Kerne des Aufsatzes an Größe zu- ‚genommen. Diese Kerne behalten bis zuletzt einen oder mehrere große, sich intensiv färbende Kernkörper (vgl. Fig. 11-—-26 X). — Wenn die ‚Doppelzellen ein solches Aussehen erreicht haben, wie in Fig. 17 u. 18, ‚so bewahren sie dasselbe fortan und wachsen nur noch bedeutend, ‚ehe die Ausscheidung von Chitin ihren Anfang nimmt. Man findet in ‚ein und derselben Eiröhre in den auf einander folgenden Eikammern solche Doppelzellen von ganz gleichem Aussehen, aber von sehr ver- ‚schiedener Größe. Die Fig. 17 und 18 zeigen zwei typische, gegen ihre ‚Umgebung ziemlich scharf abgegrenzte Doppelzellen, welche noch nicht \hre definitive Größe, in welcher die Abscheidung des Chitins beginnt, „reicht haben, während die größeren und sehr distinkt begrenzten Joppelzellen de Fig. 19 unmittelbar vor diesem Process stehen. Die Bildung des Chitins der Eistrahlen erfolgt nun ‚nnerhalb der Doppelzellen zwischen den beiden Kernen, ls zwar auf die Weise, dass sich das dort befindliche | li 344 Eugen Korschelt, Zellplasma direkt in die chitinöse Substanz umwandelt. Dieser Vorgang giebt sich dadurch zu erkennen, dass das zwischen den beiden großen Kernen gelegene Plasma bei der Färbung mit Pikro- karmin allmählich eine mehr gelbliche Farbe annimmt, während das übrige Plasma sich roth färbt, und zwar geht diese Gelbfärbung aus vom Gentrum des zwischen den beiden Kernen befindlichen freien Raumes, um sich dann nach den Seiten hin zu verbreiten. Sie kommt einfach dadurch zu Stande, dass die rothe Farbe von dem sich zu Chitin umwan- delnden Zellplasma nicht mehr aufgenommen wird. Man findet auf Quer- und Längsschnitten die gelbliche Masse des Protoplasmas in einer Form, welche derjenigen des späteren Strahles bereits ganz entspricht. Dieser ist also in der Doppelzelle gewissermaßen schon vorgebildet, noch aber lässt sich nicht unterscheiden, ob die Substanz Zellplasma oder Chitinanlage ist. Erst später treten in ihr kleine stark licht- brechende Körnchen auf, die erste Andeutung wirklichen Chitins. Diese Körnchen und Blättchen >» dann direkt über in die innere poröse Masse des Strahles. Die Bildung des Strahles erfolgt zuerst an seiner Basis. Die Doppel- zellen liegen ja Anfangs der Innenwand der Eikammer dicht an (vgl. Fig. 17 und Fig. i Dz), so dass der im Entstehen begriffene Strahl mit dem ebenfalls zu dieser Zeit sich bildenden Chorion leicht verkit- tet werden kann. Ich habe diesen Vorgang schon bei Nepa beschrie- ben und eine darauf bezügliche Abbildung gegeben (l. ce. Fig. 80, Taf. IV), so dass ich hier nicht wieder darauf eingehen will. Wie dort wird auch bei Ranatra der Strahl erst so weit gebildet, wie sich die Doppelzelle von der Basis des Aufsatzes nach oben erstreckt. Damit aber würde bei Weitem noch nicht die ganze Länge des Strahles, son- dern es würde vielmehr erst ein ganz geringer Theil desselben gebil- det sein. Um nun auch den oberen Abschnitt des Strahles entstehen zu lassen, macht sich wiederum derselbe Vorgang geltend wie bei Nepa. Es treten Epithelzellen, Zellen des Aufsatzes von den Seiten her unter die Doppelzellen und drängen diese dadurch ganz allmählich in die Höhe. Dieser Vorgang muss mit einer regen Vermehrung der Zellen verbunden sein. Auch darüber habe ich gelegentlich der Betrachtung von Nepa gehandelt und da sich diese Vorgänge bei Nepa und Ranatra decken, gehe ich hier ebenfalls nicht weiter darauf ein. Während des Emporrückens machen die Doppelzellen noch ein bedeutendes Wachsthum durch, sie vergrößern sich fort und fort, so dass dadurch und durch die Zellvermehrung am Grunde der Aufsatz IH an Umfang und besonders an Länge ganz enorm zunimmt (vgl. | die Fig. 1, 15—17, 20 und den Holzschnitt [Fig. I]). Der neben-| | Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 345 stehende Holzschnitt (Fig. II) zeigt eine Eikammer mit Aufsatz, in wel- cher das Ei seine Reifung bereits erreicht hat, Eischale und Strahlen fertig gebildet sind. Man sieht, dass der Aufsatz an Länge diejenige der Eikammer übertrifft. Er ist naturgemäß viel schlanker als der Aufsatz der Eikammer von Nepa, da dieser ja sieben Strahlen, er aber nur zwei, umschließt. Die Länge des Aufsatzes beträgt bei Ranatra an 4,5 mm. Die Doppelzellen erreichen, wie ich gleich hier erwähnen will, eine Länge von 1,3 mm, sie werden also über doppelt so lang als bei Nepa, wo die längsten nur 0,6 mm maßen. Die Bildung des oberen Abschnittes der Strahlen erfolgt in derselben Weise wie diejenige am Grunde. Beim Emporrücken der Doppelzellen muss sich deren allmählich verbrauchtes, centrales Plasma jedenfalls immer wieder ersetzen und seine Umwandlung in Chitin nimmt ihren stetigen Fortgang. Das Empor- rücken geschieht natürlich ganz langsam und stetig, so dass sich der Ansatz der neugebildeten Chitintheile an die alten und der völlige Aufbau des Strahles ganz allmählich vollzieht. Die Fig. 20 stellt den Längsschnitt eines Eikam- meraufsatzes dar, in welchem die Doppelzellen (Dz) schon ziemlich weit in die Höhe gerückt sind. Dar- unter liegt ein ziemlich zellenreiches Gewebe mit Kernen (Ak) von der gewöhnlichen Beschaffenheit der Epithelkerne. Dieses Gewebe umgiebt den unteren Theil der Strahlen (St). Die letzteren sind in der Bil- dung begriffen. Während ihr unterer Abschnitt schon weit in der Ausbildung vorgeschritten ist, heben sich die Strahlen in ihrem oberen Theil noch wenig von dem umgebenden Plasma ab. Ich habe dies, so gut es sich rie.1. Eikamner(A) mit einer Farbe darstellen ließ, dadurch angedeutet, witEikammeraufsatz dass ich den gelben Ton, welcher das Chitin anzeigt, re a el er nach oben hin abschwächte. In Wirklichkeit ist das die Strahlenspitzen umgebende Plasma der Doppelzellen ebenfalls gelb- lich gefärbt und geht nach den Seiten hin allmählich über in die rothe Farbe des übrigen Plasmas der Doppelzelle, so dass eine strenge Ab- grenzung des in der Bildung begriffenen Eistrahles von dem Zellplasma kaum vorhanden ist. Ähnliches bemerkt man in den Fig. 23—25. Dieselben zeigen (etwas schräg geführte) Querschnitte von der Spitze eines Strahles ($7) während seiner Entstehung. Die Schnitte sind ein und derselben Serie 346 Eugen Korschelt, entnommen. Fig. 23 stellt den am weitesten nach unten gelegenen Schnitt dar. Auch auf diesem Schnitt ist die Bildung des Strahles noch nicht beendigt, wie es auf den Schnitten der Fall ist, die in derselben Serie weiter nach unten folgen. Der Strahl ist in Fig. 23 noch nicht in seiner ganzen Dicke fertig. Eine scharfe Grenze zwischen eigent- lichem Chitin und Zellplasma ist noch nicht vorhanden; beide gehen an der Peripherie des sich bildenden Strahles noch in einander über. Den- noch charakterisirt sich der Kern des Strahles schon als echt chitinös. Er besteht aus kleinen, stark lichtbrechenden Körnchen, Plättehen und täbchen. Am Rande dieses »Kernes« ragen die Plättchen in das um- gebende gelblich gefärbte Plasma hinein und der Strahl, so weit er sich schon als solcher erkennen lässt, erscheint in Folge dessen wie ausgefressen. Diese Plättchen gehen direkt über in die das Innere der Strahlen bildende pneumatische Masse und indem sich diese aus lauter solchen kleinen Theilchen zusammensetzt, erhält sie ihre poröse Be- schaffenheit. Der Schnitt der Fig. 24 liegt weiter nach oben. Auf ihm ist die Bildung des Strahles weniger weit vorgeschritten als in der vorigen Figur und seine Abgrenzung gegen das umgebende Plasma ist eine weniger deutliche. Auch in diesen Figuren habe ich das fertige Chitin, so wie das Plasma, so weit es sich durch seine auffallend gelbliche Färbung auszeichnet, gelb gehalten. Freilich lassen sich die Übergänge der Töne durch die Anwendung nur dieser einen Farbe nicht recht deutlich wiedergeben. Immerhin aber wird man einen Begriff von den einschlägigen Verhältnissen erhalten. — Wirkliches Chitin, das sich als solches durch seine stärkere Lichtbrechung zu erkennen gab, ist in der Doppelzelle (Fig. 24) nur noch wenig enthalten. Die Grenze dieses inneren Chitin-»Kernes« verschwimmt mehr gegen die um- gebende Masse, in welcher übrigens auch bereits einzelne Chitinkörn- chen auftreten. Es ist dies in der Figur besonders an der rechten Seite der Doppelzelle zu bemerken, da wo die mit St bezeichnete Linie hinweist. Auf den nächsten Schnitten der Serie schwindet das deutliche Chitin ganz und man bemerkt nur noch eine schwach gelb- lich gefärbte Masse zwischen den Kernen, die sich durch ihre hellere Färbung, so wie durch ihre etwas körnige Struktur vor dem Plasma der Doppelzelle auszeichnet. In der Fig. 25 ist die in der Umwandlung begriffene Plasmamasse schwach gelb gehalten. Aus dieser Masse würde später ein Theil des Strahles hervorgegangen sein. Auf die geschilderte Weise bildet sich also der Strahl seiner Haupt- masse nach in der ganzen Erstreckung von der Basis bis zur Spitze und es ist das ganze Verhalten ähnlich dem früher von Nepa geschil- | Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 347 derten. An dem unteren Abschnitt des Strahles kommt aber eine be- . sondere Modifikation in der Bildung hinzu, welche ich von Nepa nicht beschrieben habe. Wir sahen Eingangs, dass der Strahl aus einem oberen völlig porösen und aus einem unteren Abschnitt besteht, wel- eher nur innerlich porös, äußerlich aber mit einer homogenen, Cuticula- ‚ ähnlichen Lage bekleidet ist (vgl. oben p. 329 und Fig. 3, 21 und 22 schw.Sch und h.Sch). Dieseäußerehomogene Lage desStrah- 'lesnunwirdbeiRanatranichtimInnerenderDoppelzellen gebildet, sondern sie wird vielmehr erst nachträglich vondenZellen des umgebenden Aufsatzgewebes inForm einer GCuticula abgeschieden. Als einfachen Beweis dafür führe ich an, dass man den unteren Abschnitt des Strahles, wenn er bereits die Doppelzelle verlassen hat, d.h. wenn die letztere, an ihm in die Höhe gleitend, nach oben gerückt ist, oftmals noch unfertig vorfindet. Die Fig. 20 mit ihren beiden noch verhältnismäßig jungen Strahlen stelli ein solches Bild dar. Die Strahlen bestehen hier nur aus poröser Masse; es fehlt ihnen die homogene, cuticulare Umhüllung des unteren Abschnittes, wie sie der fertige Strahl (Fig. 3) aufweist. Da die Doppel- zellen, wie gesagt, bereits weiter in die Höhe gerückt sind, so kann diese Umhüllung also nicht von ihnen, sondern allein von den nachdrängen- den kleineren Zellen geliefert werden, welche den halb fertigen Strahl nunmehr umgeben. Diese Bildung der homogenen Schicht kann aber nicht anders als in Form einer Cuticula vor sich gehen, welche von den umgebenden Zellen auf die Peripherie der halbfertigen Strahlen abgeschieden wird. Die Abscheidung erfolgt jedenfalls in zwei ver- schiedenen Perioden, da man die homogene Umhüllung des Strahles aus zwei deutlich unterscheidbaren Schichten zusammengesetzt findet (vgl. Fig. 3). Die Bildung der homogenen Schicht von seiten der Zellen des Auf- satzes scheint an den einzelnen Abschnitten des Strahles in verschie- dener Schnelligkeit zu erfolgen. Am unteren Abschnitt z. B. geht sie erst ziemlich spät vor sich. Wir sehen, dass in Fig. 20 die Doppelzellen schon weit nach oben gerückt sind und doch hat unter ihnen die Ab- scheidung der homogenen Schicht noch nicht begonnen. Es mag dies wohl daran liegen, dass hier, wo der Aufsatz noch weniger umfangreich ist, eine lebhafte Zellvermehrung stattfindet. Außerdem lagern sich | die Zellen noch vielfach gegen einander um, indem sie von der Seite ‚ her unter die Doppelzellen treten und diese in die Höhe drängen, wo- durch neuer Platz für andere Zellen gewonnen wird. Desshalb dürfte hier die Abscheidung des Chitins erst dann ihren Anfang nehmen, wenn die Zellen eine gewisse stabile Lage angenommen haben. 348 Eugen Korschelt, Sind die Doppelzellen schon sehr weit nach oben gedrängt, so be- steht der Aufsatz aus einer sehr reichlichen Menge von Zellen, die be- reits älteren Datums und in ihrer Lage völlig konsolidirt sind. Sie sind desshalb jedenfalls ohne Weiteres befähigt, die Funktion der Chitin- abscheidung auszuführen. So sehen wir, dass am oberen Abschnitt des Strahles die Bildung der homogenen Schicht schon sehr bald erfolgt, nachdem die betreffende Partie des Strahles die Doppelzelle verlassen hat. Fig. 21 stellt z. B. ein Stück von einem weiter nach oben ge- legenen Theil eines in Bildung begriffenen Strahles dar. Dieser Strahl liegt nur zum Theil noch in der Doppelzelle und zwar mit der Spitze, so wie mit seiner linksseitigen oberen Partie. Dort verhält er sich denn auch ganz ähnlich wie die Strahlen in Fig. 20 mit ihrem oberen Theil, d.h. die Masse des Strahles ist noch unfertig und grenzt sich kaum deutlich gegen ihre Umgebung ab. Dort jedoch, wo der Strahl nicht mehr innerhalb der Doppelzelle (Dz) liegt, sondern umgeben ist von dem kleinzelligen Gewebe (%), ist er vollkommen ausgebildet und bereits von der homogenen Lage (h.Sch) bekleidet. Demnach muss also in diesem oberen Abschnitt die Abscheidung der homogenen Schicht des Strahles sehr rasch erfolgen und bald, nachdem der betreffende Theil des Strahles von der Doppelzelle befreit ist. In der Fig. 26 erblicken wir ein Gegenstück zu dem soeben ge- schilderten Verhalten. Sie stellt einen Querschnitt durch den oberen Theil des Aufsatzes dar. Die beiden Strahlen (Si) sind schon sehr weit in ihrer Ausbildung fortgeschritten. Die beiden Doppelzellen (Dz) sind nur an ihrem unteren Ende getroffen, wo sie den Strahl nicht mehr umschließen, sondern ihm nur noch an einer Seite anliegen. An der Stelle, wo dies der Fall ist, finden wir die Bildung des Strahles nicht vollendet. Es fehlt an dieser Stelle die homogene Lage, welche die übrige Peripherie des Strahles bereits umschließt. Ich glaube, das so deuten zu dürfen, dass ganz wie in Fig. 21 der Strahl da noch nicht seine definitive Ausbildung zu erlangen vermochte, wo er von der Doppelzelle umschlossen war, und dass dieselbe erst dann erfolgen konnte, wenn die Doppelzelle weiter nach oben rückte, indem erst jetzt auch an der vorher von der Doppelzelle umschlossenen Stelle die Ausscheidung einer Cuticula von seiten der dort liegenden Zellen des Aufsatzes vor sich ging. Auch hier scheinen beide Vorgänge sehr rasch auf einander zu folgen. — Dergleichen Bilder, welche das geschilderte Verhalten bestätigen, habe ich auf Querschnitten sowohl, wie auf Längs- schnitten vielfach aufgefunden. Man könnte bei dem Querschnitt der Fig. 26 vielleicht daran denken, dass derselbe nur etwas schräg geführt sei und von dem Theil Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 349 des Strahles herrühre, wo der untere homogen bekleidete in den oberen völlig porösen Abschnitt übergeht, so dass zum größeren Theil der ersiere zum kleineren Theil der letztere getroffen wäre. Dem ist aber nicht so, denn Querschnitte des fertigen porösen oberen Abschnittes lassen sich durch den regelmäßigen Bau ihrer Außenschicht (vgl. Fig. 3) sofort erkennen; sie sind sehr charakteristisch. — Bei dem in Fig. 21 abgebildeten Längsschnitt ist übrigens gar kein Zweifel möglich, dass sich die Sache so verhält, wie ich sie darstellte. Was übrigens den erwähnten völlig porösen obersten Abschnitt des Strahles betrifft, so wird dieser ganz allein von der Doppelzelle gebildet und es muss in dieser Bildung zu bestimmter Zeit eine gewisse Modifikation eintreten, indem ja auch der obere Theil des Strahles eine besonders differenzirte Außenschicht aufweist (vgl. Fig. 3). Die Länge dieses porösen Abschnittes beträgt ungefähr 2,3 mm, und da die Doppelzellen nur eine Länge von circa 1,3 mm erreichen, so liegt am Ende der Strahlenbildung auch ein Theil des porösen Abschnittes außer- halb der Doppelzelle. Da aber der betreffende Theil in seinem Aus- sehen keinerlei Abweichung von dem obersten Theil zeigt, welcher letztere bis zur Ausstoßung des Eies in der Doppelzelle verbleibt, so ist daraus zu entnehmen, dass der obere poröse Abschnitt des Strahles allein durch die Thätigkeit der Doppelzelle zu Stande kommt. Wie ähnlich die Bildung der homogenen Hülle des Strahles der gewöhnlichen eutieularen Bildungsweise des Chorions ist, wird da- durch bezeugt, dass der Strahl an seinem Grunde von einer polygona- len Felderung bedeckt ist (vel. Fig. 2), wie sie sich auch auf der Ei- schale von Ranatra findet und wie sie bei sehr vielen Insekteneiern als Ausdruck der zelligen Struktur des Epithels zu Stande kommt, welches die Eischale abscheidet. Es zeigt sich also auch darin, dass die obere homogene Schicht des Strahles nicht von den Doppelzellen, sondern von den umgebenden Zellen des Aufsatzes abgesondert wird. Es ver- einigt sich demnach bei der Bildung der Eistrahlen von Ranatra die seltene Form einer Art intracellulärer Chitin- bildung mit der gewöhnlichen typischen Form der euti- cularen Abscheidung des Chitins zur Herstellung eines einheitlichen Gebildes, eben desEistrahles. Ich bemerkte schon oben, dass ich früher bei Gelegenheit der Untersuchung von Nepa diese doppelte Art der Chitinbildung an den ‚ Strahlen nicht aufgefunden hatte. Nachdem ich aber die völlig über- zeugenden Bilder dieses Vorganges bei Ranatra gesehen, durchmusterte | ich die Präparate von Nepa aufs Neue und es schien mir demnach | auch bei Nepa der Vorgang derselbe zu sein, d. h. auch dort schien 350 Eugen Korschelt, der poröse Kern der Strahlen von den Doppelzellen, seine homogene Außenlage dagegen von den umgebenden kleinen Zellen abgeschieden zu werden. So klar wie bei Ranatra lag der ganze Vorgang freilich nicht vor Augen; es ist eben oftmals Glückssache, gerade die richtigen Sta- dien aufzufinden. Übrigens ist es ja mehr als wahrscheinlich, dass so ganz ähnlich gestaltete Gebilde wie die Eistrahlen von Nepa und Ranatra auch auf entsprechende Weise ihren Ursprung nehmen. Eines eigenthümlichen Verhaltens muss ich hier noch Erwähnung thun, welches ich auf einer Reihe von Querschnitten des Eikammer- aufsatzes bemerkte. Ein solcher Schnitt ist in Fig. 27 dargestellt. Das Chitin des Strahles ist in eigenthümlicher Weise vertheilt, etwa so, dass es den Eindruck macht, als ob von der Seite her ein Druck auf den Auf- satz ausgeübt worden und die Chitinmasse in Folge dessen in der darge- stellten Weise aus einander geflossen sei. Dann müsste man annehmen, und ich wies bereits früher darauf hin!, wie verschiedene Thatsachen dafür sprechen, dass das Chitin während seiner Entstehung eine zäh- flüssige oder doch eine völlig plastische Masse darstelle. — Es würden also in ciesem Falle durch den Druck, welcher vielleicht gelegentlich der Präparation der Eiröhre auf den Aufsatz und die Doppelzelle aus- geübt wurde, in der Masse der letzteren Spalten entstanden sein, in welche vom Centrum (dem Strahl) aus, die Masse des Chitins hinein- drang. Einen solchen Eindruck bringt das Bild hervor, welches übri- gens beide Doppelzellen des Aufsatzes in gleicher Weise zeigen. Die Doppelzellen selbst lassen in dem beobachteten Falle eben so wenig wie der Aufsatz selbst eine in die Augen fallende Verletzung erkennen, sondern sind sogar sehr gut erhalten, wie dies auch aus der Fig. 27 her- vorgeht. — Ist die Masse des Chitins wirklich flüssiger Natur, so braucht es einer solchen sichtbaren Verletzung nicht, sondern es kann eine Ver- schiebung der weichen Masse des Chitins gegen diejenige der Zell- substanz in Folge eines von außen her geübten Druckes gewiss sehr leicht stattfinden. Einen Beweis dafür, dass das Chitin auch dann noch eine plastische Masse darstellt, wenn die Bildung des Chorions sehr weit fortgeschrit- ten, ja beendigt ist, liefert die Thatsache, welche durch den neben- stehenden Holzschnitt (Fig. II) illustrirt werden soll. Derselbe stellt eine Eikammer von Ranatra mit völlig ausgebildetem Ei dar. Die Bil- dung der Strahlen ist beendet, denn die poröse Außenschicht ihres oberen Endes ist bereits vorhanden. 1 Die Bildung des Cherions, der Mikropylen und Chorionanhänge. |. c. p. 238 [58]. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 351 Der ganze Aufsatz erscheint verbogen, wie von oben her zu- sammengedrückt, eine Verstümmelung, die er jedenfalls bei der Präpa- ration oder dem nachfolgenden Konserviren erlitten hat. — Eine ähn- liche Verunstaltung fand ich bei einer anderen Eikammer. Der Aufsatz war dort an seinem oberen Ende knieförmig gebogen, so dass die in ihm gelegenen Strahlen einen spitzen Winkel bildeten, ohne doch im geringsten verletzt zu sein, ganz wie in dem erstgenannten Falle, wo sie ebenfalls völlig unverletzt den Biegungen des Aufsatzes folgen. Das geschilderte Verhalten der Strahlen beweist, dass sie in diesem Stadium noch völlig biegsam sind, also aus einer plastischen Masse bestehen müssen. Auch in dem Falle, wo sie zum spitzen Winkel umgebogen waren, er- scheinen sie durchaus nicht gebrochen. Bei der gewöhnlichen Beschaffenheit des Chitins wäre eine solche Biegung unmöglich. An eine natürliche Missbildung der Strah- len zu denken liegt vollkommen fern, da die langgestreckte Gestaltund die Lagenveränderung der Doppelzellen, so wie der ganze Bau des Auf- satzes eine solche unmöglich machen dürften. Auch bemerkte man in dem zweitgenannten Falle, in welchem der Aufsatz knieförmig ge- knickt erschien, eine Verletzung seines Gewe- bes an der Spitze. Es war dies wahrscheinlich der Angriffspunkt für die mechanische Kraft, welche die Biegung verursachte. Bei der Betrachtung der mit der Chitinbil- dung verbundenen Vorgänge habe ich bisher das Verhalten der beiden Kerne der Doppel- zelle unberücksichtigt gelassen. Icherwähnte _ | Tr nur vorher kurz, dass die Kerne, nach- RE NE TR demsievoneimander weggerückt sind, Ranatralinearis. Der Aufsatz fe: x d = = (A) mitsammt den in ihm ent- einere und stärkere Fortsätze aussen- y„ultenen Strahlen ist verbo- den und dadurch ein rhizopodoides gen. Gezeicknet mit SEIBERT ‚ Aussehen erhalten. Sämmtliche auf der 1,00. Taf. XVII wiedergegebene Abbildungen der Doppelzellen von Fig. 13 bis 27 erläutern dieses Verhalten der Kerne. In den allermeisten Fällen nun sind diese Fortsätze gegen den zwischen beiden Kernen ‚ befindlichen Raum hin gerichtet. Nur ganz selten beobachtete ich, dass auch an der von dem mittleren Raum abgewendeten Seite der Kerne solche Fortsätze auftreten. Die Fig. 19 stellt einen dieser wenigen 352 Eugen Korschelt, Fälle dar. Für gewöhnlich aber sind die Fortsätze, wie gesagt, gegen den freien Raum zwischen den Kernen zu gerichtet, während die ab- gewendete -Seite der Kerne ganzrandig erscheint. Das nämliche Ver- halten beobachtete ich schon früher bei Nepa (vgl. die dort gegebenen Figuren auf Taf. IV und V) und deutete es so, dass in dieser Gestal- tungsweise der Kerne wohl die Antheilnahme zum Ausdruck kommt, welche sie an der Thätigkeit der Doppelzelle selbst haben. Daraus, dass die Fortsätze der Kerne gerade gegen den Orthin ge- richtetsind, wo die Ghitinbildung stattfindet, so wie dar- aus, dass sieso lange erhalten bleiben, bis die Abschei- dung des Chitins beendigt ist, glaubte ich schließen zu dürfen, dass die Kerne bei der Bildung des Chitins von seiten der Zelle einen ganz direkten Einfluss auf die letztere ausüben. Das Ausstrecken der Fortsätze hat jedenfalls die Bedeutung, eine Oberflächenvergrößerung der Kerne zu erzielen, durch welche dann naturgemäß die Kontaktwirkung zwischen Kern- und Zellsubstanz er- höht wird. | Wenn sich das so verhielte, und ich weiß eine andere Erklärung für das eigenthümliche Verhalten der Kerne nicht zu geben, so hätten wir bei derBildung desChitins der Eistrahlen von Nepa und Ranatra denFalleiner ganz direkten Einwirkung der Kerne aufdie Thätigkeit der Zelle. Es dürfte dieses Verhalten wohl geeignet sein, ein neues Licht auf die Bedeutung des Kernes für die Zelle zu werfen, worauf auch gelegentlich eines Vortrags über diesen Gegenstand! besonders aufmerksam gemacht wurde. In einer Arbeit über die Entstehung der verschiedenen Zellenele- mente des Insektenovariums (diese Zeitschr., Bd. XLII, p. 585) wies ich auf ein ähnliches Verhalten hin, wie es in den Nährzellen verschiedener Insekten (Hymenopteren und Lepidopteren) zum Ausdruck kommt. In diesen Zellen verbreitet sich der Kern durch den ganzen Bereich der Zelle, indem er sich vielfach verzweigt und verästelt. Die Fig. 47, 48 und 50 der soeben citirten Arbeit, die nur leider durch die Litho- graphie ungenügend wiedergegeben sind, wie die meisten anderen auch ?, zeigen Nährzellkerne von Bombus und Vanessa. Diese Kerne ı Tageblatt der 59. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte. p. 435. 2 Ich möchte mir hier die Bemerkung erlauben, dass die Tafeln zu der be- treffenden Arbeit den ersten Versuch einer Freiburger Anstalt in dieser Richtung darstellen, der zwar in Bezug auf die Steine gut gelungen war, sich aber im Über- druck nicht recht bewährte. Desshalb erreicht die lithographische Wiedergabe die Originale keineswegs, ja es ist Vieles in den Tafeln ganz weggeblieben, was auf dem Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 353 erstrecken sich, wie man sieht, durch die ganze Zelle. Ich sprach die Vermuthung aus, dass die Verästelung der Kerne den Zweck einer Oberflächenvergößerung und einer dadurch erzielten größeren Kon- taktwirkung mit der Substanz der Zelle hat. Die Bedeutung dieser Er- scheinung scheint mir auch hier darin zu liegen, dass der Zellkern einen Einfluss auf die Thätigkeit der Zelle auszuüben hat. Diese Thätigkeit besteht auch bei den Nährzellen in einer Abscheidung von Substanz. Es wird durch die Nährzellen die von den darunter liegenden Eizellen aufzunehmende Nährsubstanz abgeschieden. Wenn auch die von Nähr- und Doppelzellen abge- sehiedene Substanz sehr verschiedener Naturist, so lässt sich doch die Ähnlichkeit zwischen beiden Vorgängen kaum verkennen und ich glaubte sie desshalb schon damals in Parallele setzen zu dürfen [(l. ec. p. 585). Beibeiden Arten von Zellen, bei den Nährzellen der Hautflügler und Schmetterlinge, wie bei den Doppelzellen vonNepaund Ranatra erstreckt sich der Kern inForm amöboider Fort- sätze durch die Zelle und da in beiden Fällen eine Ab- scheidung von Substanz durch die Zelle stattfindet, so ist es sehr wahrscheinlich, dass der Kern-in dieser Weise seine Oberfläche vergrößert, um die Kontaktwirkung zwischen Kern- und Zellsubstanz zu vermehren und da- durch einen bedeutenderen Einfluss auf die (secernirende) Thätigkeit der Zelle auszuüben. Bilder wie diejenigen der Fig. 17, 18, 20, 233—26, bei welchen die Fortsätze der Kerne in ganz auffälliger Weise gegen den Bildungs- herd der Strahlen inmitten der Doppelzelle hin gerichtet sind, lassen sich doch kaum auf andere Weise deuten, als dass die Kerne auf irgend welche Weise bei der Abscheidung des Chitins betheiligt sein müssen. Und da die Fortsätze meist nicht selbst bis an den eigentlichen Ort der Chitinbildung hinanreichen, so muss man annehmen, dass sich diese Be- Stein vorhanden war. Die Tafeln waren übrigens auf meinen besonderen Wunsch dieser Anstalt überwiesen worden. — Ich muss um Entschuldigung bitten, wenn zuweilen Verhältnisse, die im Text erwähnt und beschrieben sind, in den Tafeln nicht in derselben Weise zum Ausdruck kommen. Als Beispiel führe ich die Fig. 64 (Taf. XXI) an. Die kleinen Kerne (k) sollen dort alle das Aussehen, wie die unter- sten oder wie die in Fig. 66 haben, sie erscheinen aber, ich weiß nicht aus wel- chem Grunde, im oberen Theil der Figur als bloße schwarze Flecke (k). In Fig. 71 fehlt der Ton ganz, in Fig. 74 ist der Übergang von den Kernen der einen zu der der anderen Art gar nicht ausgeprägt u. s.f. Es ist nicht möglich, auf die verschiedenen Übelstände der Figuren einzugehen, die zu meinem großen Leid- wesen sehr oft das besonders Charakteristische nicht zum Ausdruck bringen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV, Bd. 23 394 Eugen Korschelt, theiligung auf einen indirekten Einfluss beehnänEg welchen die Kerne auf das Zellplasma ausüben. Bei einigen Strahlen allerdings, deren Bildung ihrem Aussehen nach bereits bis an die äußerste Spitze vollendet schien, die aber noch innerhalb der Doppelzellen lagen, fand ich die großen Kerne so dicht an dem Strahl anliegend, dass es den Eindruck machte, als ob die stark gefärbten Fortsätze der Kerne in die Porenkanäle des Strahlen- endes eindrängen. Es war dies nicht genau zu entscheiden, jedenfalls aber trat hier sogar der Kern in sehr nahe Berührung mit dem Strahl selbst. Die Ursache dieser Erscheinung ist vielleicht darin zu suchen, dass die Abscheidung des Chitins am Ende der Strahlenbildung rascher vor sich geht. Das von dem Chorion fest umschlossene Ei hat ja seine Reife schon längst erreicht und verweilt nur wegen der Fertigstellung der Eistrahlen noch im Ovarium. Um die letztere zu beschleunigen, wird möglicherweise die Thätigkeit der chitinsecernirenden Doppel- zelle eine energischere und die Betheiligung der Kerne dabei eine intensivere, wesshalb die letzteren dem Bildungsherd der Strahlen näher rücken, um ihren Einfluss auf die Thätigkeit der Zelle auf diese Weise zu verstärken. — Natürlich kann die soeben ausgesprochene Ansicht nur den Werth einer bloßen Vermuthung haben, da ja die Betheiligung der Kerne selbst an der Thätigkeit der Doppelzelle nur auf einer solchen beruht. Immerhin aber scheint sie dem ganzen Verhalten der Kerne nach recht viel Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Der ganze Vorgang bei der Bildung der Eistrahlen von Ranatra, wie wir ihn im Vorstehenden kennen lernten, erfolgt nach demselben Typus wie bei Nepa, wenn sich auch im Einzelnen Abweichungen finden. Die Hauptmasse des Chitins der Eistrahlen entsteht bei Ranatra ebenfalls nicht nach der gewöhnlichenBildungss- weise des Chitinsin Form einer euticularenAbsonderung, sondern sie wird im Inneren eigenthümlich modificirter Epithelzellen, der»Doppelzellen«, gebildet. Dazu kommt dann eigenthümlicherweise noch, dass ein Theil der Ei- strahlen wirklich nach dem gewöhnlichen (cuticularen) Bildungsmodus des Chitins entsteht, indem die homogene Außenhülle des unteren (größeren) Abschnittes der Strah- len von den Zellen des umgebenden Gewebes in Form einer Guticula auf den bereits fertigen Theil der Strahlen abgeschieden wird. Ich wies schon gelegentlich der Betrachtung der Strahlenbildung Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 355 von Nepa darauf hin!, dass man den Vorgang der Chitinbildung viel- leicht so auffassen könne, als ob die Abscheidung der chitinösen Sub-- stanz auf der Grenze zwischen den beiden ursprünglichen Zellen statt- finde, welche zur Bildung einer » Doppelzelle« zusammengetreten sind, so dass also auf diese Weise der cuticulare Charakter der Chitinbildung gewahrt sei. Dieser Einwurf, den man mir machen könnte, lässt sich aber kaum aufrecht erhalten, wenn man sieht, wie die Doppelzellen als solehe schon längst konsolidirt sind, bevor noch die Bildung des Chitins ihren Anfang nimmt (vgl. z. B. die Doppelzellen in Fig. 17—19 |Taf. XVIII] von Ranatra und Fig. 70, 73 und 74 [Taf. II. 1. e.] von Nepa!). Sie erscheinen in vielen Fällen ganz fest begrenzt und stellen dann so zu sagen nur eine Zelle mit zwei Kernen dar. — Dünnere Querschnitte des Aufsatzes (zumal von Nepa, bei welcher Form ja die sieben Doppel- zellen vorhanden sind) zerfallen sehr leicht und man bekommt dann die Doppelzellen einzeln. Dagegen trennen sich diese nicht, wie man vielleicht vermuthen sollte, in die beiden Hälften, aus denen sie sich ursprünglich zusammensetzten. Sie sind eben ein abgeschlossenes Ganze geworden. Außerdem ist ja auch die Entstehung des Chitins selbst, d. h. seine eigentliche Abscheidung von seiten der Zelle eine von der gewöhnlichen Bildung des Chitins ganz ab- weichende. Die erste Anlage des Chitins (der Eischale) besteht für gewöhnlich in der Abscheidung eines dünnen glashellen Häutchens an der Oberfläche einer Zellschicht. Bei der Bildung der Eistrahlen von Ranatra und Nepa wandeltsicheinTheildesZellplasmas selbst ganz allmäh- lieh zu der chitinösen Substanzum, indem es einanderes Färbungs- und Liehtbrechungsvermögen, so wie eine feinkörnige Beschaffenheit annimmt. | Schon nach der Untersuchung der einschlägigen Verhältnisse bei 'Nepa hielt ich Umschau, ob und wo sich im Thierreich eine ähnliche ‘Art der Chitinbildung fände. Es fiel mir dabei die von Turızere ? be- 'schriebene Entstehung des Hummerpanzers in die Augen, bei welcher möglicherweise) ebenfalls eine direkte Umwandlung von Zellplasma ın Chitinsubstanz stattfindet. Turısers glaubt nämlich, dass sich die ‚inter dem Panzer liegenden Epithelzellen mit einem Theil ihrer Masse lirekt zu Chitin umwandeln. Das Chitin sowohl, wie das Plasma der ellen zeigt eine faserige Struktur und Tuvıısers nimmt an, dass die Die Bildung des Chorions, der Mikropylen etc, p. 244 [64]. 2 TycHo TULLBERG, »Studien über den Bau und das Wachsthum des Hummer- ‚ 'anzers und der Molluskenschalen«. Stockholm 4882, | 93* ii 356 Eugen Korschelt, Fasern der Zellen in die entsprechenden Fasern des Chitins übergehen, obwohl er eine direkte Verbindung zwischen beiden nicht nachzu- weisen vermochte. Wenn sich dies so verhielte, wie TuLısere glaubt, so würde hier ebenfalls wie bei der Bildung der Eistrahlen von Rana- tra und Nepa eine direkte Umwandlung von Zellsubstanz in Chitin stattfinden. Aber dieser Process geht an der Oberfläche der Zelle vor sich, wie dies bei der gewöhnlichen (cuticularen) Abscheidung des Chitins der Fall ist und er dürfte desshalb von diesem typischen Bil- dungsmodus ohne Weiteres abzuleiten sein. Am meisten erinnert die Bildungsweise der Eistrahlen von Rana- tra und Nepa an diejenige der Chitinröhrchen von Tracheenendigungen und feinsten Drüsengängen, worauf ich schon früher aufmerksam machte!. Dieselben entstehen bekanntlich im Inneren von Zellen. Allerdings wird bei ihrer Bildung zuerst ein Hohlraum, ein feiner Kanal im Inneren der Zelle hergestellt, der sich sodann erst mit Chitin in Form einer dünnen Cuticula auskleidet. Indem sich also die chiti- nöse Substanz auch hier an der gegen einen freien Raum gerichteten Fläche der Zelle abscheidet, würde auch dieser Vorgang dem cutieula- ren Bildungsmodus des Chitins ähneln. Nur dass er im Inneren einer Zelle vor sich geht, giebt ihm eine gewisse Übereinstimmung mit dem oben geschilderten Vorgang bei Ranatra und Nepa. Jedenfalls aber wandelt sich auch in diesem Falle nicht wie bei den genannten beiden Formen ein kompakter Theil des Zellplasmas zu einem soliden Chitin- körper um. Wir sehen also, dass dieser Fall intracellulärer Chitin- bildung eben so wenig ein Analogon zu der abweichenden Form der Chitinbildung von Ranatra und Nepa liefert. Zu alledem kommen die höchst eigenthümlichen Vorgänge, von welchen die Bildung des Chitins in unseren abweichenden Fällen be- gleitet ist, nämlich die enorme Vergrößerung einer Anzahl Epithel- zellen, welche in ganz sonderbarer Weise zu einer Art von Riesen- doppelzellen verschmelzen, so wie das höchst merkwürdige Verhalten der rhizopodoid gestalteten Kerne der betreffenden Zellen, das auf eine direkte Betheiligung der Kerne an der Thätigkeit der Zelle hinweist, Vorgänge, wie sie meines Wissens in ähnlicher Weise noch nicht beob- achtet worden sind. Alles dies stempelt die Bildung des Chi- ! Die Bildung des Chorions, der Mikropylen etc. 1. c. p.242 [62]. Man vgl. auch in Bezug auf diesen Gegenstand die dort eitirten Schriften Leypıe’s: Anatomisches und Histologisches über die Larve der Corethra plumicornis. Zur Anatomie der Insek- ten. Archiv für Anat. und Physiol. 4859. Untersuchungen zur Anatomie und Histo- logie der Thiere. Bonn 1883, so wie Weısuann, Die nachembryonale Entwicklung der Musciden. in: diese Zeitschr. Bd. XIV. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 357 tins der Eistrahlen von Ranatra und Nepa zu einem Vor- gang, welcher von der gewöhnlichen Bildungsweise des Chitins durchaus abweicht und in Folge der Eigenartig- keit seines Verlaufesalie Aufmerksamkeit verdient. Bereits in meiner früheren, mehrmals eitirten Arbeit über die Bildung des Chorions und der Chorionanhänge wies ich darauf hin, wie bewundernswerth die Anpassungsfähigkeit ist, welche eine so kompli- eirte Vorrichtung wie den pneumatischen Apparat der Eier von Ranatra und Nepa allmählich entstehen ließ, um so mehr, als hier ganz beson- dere Einrichtungen geschaffen werden mussten, um sein Zustande- kommen zu ermöglichen. I. Der Austritt der Eier aus dem Ovarium und das Schicksal des leeren Eifollikels. — Das Verhältnis der Eiröhre (des eibildenden Organs) zum Leitungsapparat. Die Frage, wie sich der Austritt der reifen Insekteneier aus der Eiröhre vollzieht und welchem Schicksal sodann die sie vorher beher- bergende Eikammer unterworfen ist, muss sich jedem Beobachter des Insektenovariums unwillkürlich aufdrängen, da die Verbindung der Ei- röhre mit dem Eileiter eine ganz eigenthümliche ist. Sucht man sich über diese Frage in den einschlägigen Arbeiten zu orientiren, so er- giebt sich, dass eine rechte Klarheit aus denselben nicht zu erlangen ist. Die Angaben der Autoren über diesen Punkt, so wie über die Ab- srenzung der Eiröhre von dem Eileiter und damit die Auffassungen von dem Umfang des eigentlichen Ovariums der Insekten sind ganz verschiedener Natur. Wenn die betreffenden Fragen nun zwar auch von keiner größeren Wichtigkeit sind, so haben sie doch immerhin einige Bedeutung für die Auffassung des Insektenovariums, und da ich gelegentlich meiner ‚ Untersuchungen verschiedenes Material zu ihrer Beantwortung gesam- ‚melt habe, so möchte ich dasselbe an dieser Stelle niederlegen. Zuvor ‚aber ist es nöthig, einen Blick auf die von einander abweichenden ‚Meinungen früherer Autoren zu werfen. | Beginnen wir mit der in diesen Fragen noch immer zu eedhien- ‚den Auffassung eines der älteren Forscher auf dem einschlägigen Ge- ‚biet der Insektenanatomie und Histologie, nämlich mit der Auffassung 393 Eugen Korschelt, Sıein’st, so lautet dieselbe dahin, dass auf der Grenze zwischen Eiröhre und Eileiter durch Ringmuskeln eine Art von Sphincter; gebildet wird, welcher die Eiröhre nach unten abschließt. Derselbe erweitert sich nur, wenn ein Druck von oben her ausgeübt wird und er lässt dann das unterste Ei aus der Eiröhre in den Eierkelch austreten. Von den Epithelzellen, welche nicht zur Bildung des Chorions verwendet wer- den?, sagt Stein, dass sie absterben und in eine krümelige, orange- farbene oder hochrothe Masse verwandelt werden, welche durch die folgende Eianlage in den stielartigen Theil der Eiröhre hineingedrängt werden. So kommt der Körper zu Stande, welchen Stein als » Corpus luteum« bezeichnet. — Wird das Epithel der letzten Eikammer auf- gelöst, wie es Stein schildert, so ist damit die Wandung der Eiröhre überhaupt zerstört und ihre Verbindung mit dem Eileiter aufgehoben, ein Vorgang, über welchen sich Stein nicht weiter auslässt. Leuckarrt? glaubt, dass ein Herabrücken der Eier in der Eiröhre nicht stattfindet. Die Eikeime entfernen sich nur dadurch von ihrer Bildungsstätte, dass sich das obere Ende der Eiröhre in Folge der Bil- dung neuer Eikeime immer mehr herabschiebt. Nach seinen Beobach- tungen an Melophagus glaubt Leuckarr, dass das Austreten der Eier aus der Eiröhre nur durch Zerreißen der Eikammerwand möglich ist. Während nämlich die Eier Anfangs unmittelbar an einander stoßen, zieht sich später die Verbindungsstelle zu einem dünnen Strang aus, dessen Lumen so eng ist, dass das Ei beim Austreten aus dem Oviduet die dünne Eiröhrenwand außerordentlich ausdehnen und dabei zer- reißen wird. Die Überreste einer solehen geborstenen Eikammer sah Leuckart der Verbindungsstelle anhängen. Eine Schwierigkeit würde sich in diesem Falle wieder durch die Frage einstellen, wie dann das Ei beim Austritt aus der Eiröhre die eingeschnürte Stelle zwischen Ei- leiter und Eiröhre passiren soll, um in den Eileiter zu gelangen. Lanpoıs* macht die Angabe, dass die Eier immer in der Eikam- mer, in welcher sie einmal liegen, ihre völlige Entwieklung durch- machen und nicht etwa in das demnächst unten liegende Fach wandern, 1 Steıs, Vergl. Anatomie und Physiologie der Insekten. I. Monographie. Die weiblichen Geschlechtsorgane der Käfer p. 43, 52 ff. 2 Stein lässt das Chorion bekanntlich durch Verschmelzung und Chitinisirung der Epithelzellen entstehen. 3 Fortpflanzung u. Entwicklung der Pupiparen (Melophagus ovinus). Abhandl. der Naturf. Gesellschaft in Halle. Bd. IV, 4 Untersuchungen über die auf den Menschen schmarotzenden Pediculinen. III. Pediculus vestimenti. Diese Zeitschr. Bd. XV. 4865. p. 50. — Anatomie des Hundeflohes mit Berücksichtigung verwandter Arten und Geschlechter. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Bd. XXXIIl. 1867. p. 36. | | | | | Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 359 um sieh dort weiter auszubilden. Da somit die unten leer gewordenen Eificher verkümmern, so wird die Eischnur stets kürzer. Laxpoıs stimmt also in seiner Ansicht mit Leuckarr überein. Nach Weısmann! bleibt das Epithel beim Austritt der Eier in der Kammer zurück, welche letztere zu einem sackartigen Schlauche zu- sammengefallen ist. Die Angabe bezieht sich auf Musca vomitoria. Leypıg? weist nach, dass das Epithel und die Tunica propria der Eiröhre in die entsprechenden Gebilde des Eileiters übergehen und dass sich Jon. Mürzer geirrt hat, wenn er die Eiröhre mit ihrem Grunde frei im Inneren der Peritonealhülle schweben lässt. Eben so hat sich aber auch Srem getäuscht, wenn er diesen Übergang zu sehen glaubte, denn seine Epithelialhaut des Eileiters ist nicht die Fortsetzung der Tunica propria der Eiröhre, sondern sie stellt eine cuticulare Ausscheidung auf der Innenfläche des Epithels dar und entspricht demnach vielmehr dem von den Epithelzellen der Eiröhre als Guticula ausgeschiedenen Chorion. Die Abgrenzung der Eiröhre gegen den Eileiter ist nach Leyvie eine sehr scharfe. Er fand bei verschiedenen Insekten, z. B. bei Necro- phorus, Timarcha, Harpyia eine nach innen vorspringende ringförmige Klappe, welcher eine Einkerbung an der Außenwand entspricht. Wenn Leypıe diesen Fund auch nicht direkt verallgemeinert, so ist es nach seiner Darstellung doch sehr wahrscheinlich, dass eine solche Abgren- zung von Eiröhre und Eileiter bei allen Insekten vorhanden ist. — Bei den Schmetterlingen sieht Lrynpis die langen mit Eiern gefüllten Schnüre nur zum geringsten Theil als Eiröhren an. Nur ihr oberer Theil ist die eigentliche Eiröhre, ihr größerer unterer Abschnitt ent- spricht dem Eileiter. — Leyvıs scheint anzunehmen, dass auch die eingeschnürten Stellen der Eiröhre ein Lumen besitzen, und dass durch Erweiterung desselben der Austritt der Eier erfolgt. Es müsste also danach ein Fortrücken der Eier innerhalb der Eiröhre stattfinden, oder wie Lupwis es ausdrückt?, es würde die Eiröhre zugleich als ei- ‚ bereitendes und eileitendes Organ fungiren. Lupwie selbst betrachtet ‚ die Eiröhre übrigens nur als eibereitendes Organ, wie wir sogleich sehen werden. Durch y. Sırsorp sind die Beziehungen des Eileiters zur Eiröhre \ bei Polistes gallica genauer studirt worden. Den Vorgang des Weiter- ! Die nachembryonale Entwicklung der Musciden. Diese Zeitschr. Bd. XIV, ‚1864. p. 296. | 1 2 Der Eierstock und die Samentasche der Insekten. Nova Acta Acad. Leop.- |: Caro!. Bd. XXXII. 4867. 3 Eibildung im Thierreiche. p. 135. ' \ | rt * Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig 4371. p. 64f. 360 Eugen Korschelt, rückens der Eier in der Eiröhre fasst v. SırsoLn so auf, dass der Zellen- - inhalt der Eiröhre nicht innerhalb der Tunica propria nach unten rückt, sondern diese selbst sammt ihrem zelligen Inhalt gleitet inner- halb der Peritonealhülle weiter. Der Übertritt des untersten reifen Eies in den Eileiter erfolgt dann in der Weise, dass sich die betreffende Eikammer von der übrigen Eiröhre abschnürt und aus der Peritoneal- hülle der letzteren in den Eileiter übergeführt wird. Dieses Verhalten erscheint v. Sırsorp schon desshalb als das natürlichste und einfachste, 'weil sich ja nach seiner Auffassung das Epithel der Eikammer direkt ‚zur Eischale umwandelt, so dass, wenn das Ei seine Reife erreicht hat, nur die Tunica propria der Eikammer zurückbleibt. Beim Eintritt in den Eileiter ist das Ei von der Tunica propria noch eng umschlossen. Diese letztere verändert sich aber bald, indem sie aufquillt und sich in eine klebrige Substanz verwandelt, welche das Chorion des Eies be- deckt. Damit würde also, wie v. Sıesorp sagt, die Unriehtigkeit der bisher allgemein angenommenen Anschauung erwiesen sein, nach welcher die Eier aus den oberen Kammern nach und nach dureh die einzelnen Kammern hindurch bis unten vorrücken sollen. Er weist dabei auf die Eiröhren mit mehrfachen Nährkammern hin, bei denen die Eier auf ihrem Wege nach unten die Nährkammern durchsetzen müssten, ein Vorgang, der niemals beobachtet worden ist. Es rücken also die Eier mitsammt ihrer Umgebung nach unten, und die unterste Kammer schnürt sich bei der Reife auf die angegebene Weise von der Röhre ab. Demnach würde die alte Ansicht von Jon. Mürzer! aufrecht zu erhalten sein, nach welcher nur die Peritonealhülle der Eiröhre kontinuirlich auf dem Eileiter aufsitzt, die Eiröhre aber mit ihrer Basis frei im Inneren derselben schwebt. Wenigstens muss dies, wie ich hinzusetzen möchte, von solchen Eiröhren gelten, an denen bereits die Ablösung eines Eies stattgefunden hat. Nach geschehener Abschnürung der untersten Eikammer muss die Eiröhre ganz selbstverständlicher- weise, wenn auch vielleicht nur eine Zeit lang, mit ihrer Basis frei im Inneren der Peritonealhülle schweben. Den Befunden v. Sıesorv’s schließt sich Lupwıc größtentheils an, welcher in seinem Buche über die Eibildung im Thierreich diesen Ver- hältnissen eine eingehende Betrachtung widmet?. Zwar ergaben die entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen, welche Lupwie angestellt hat, dass Eiröhre und Eileiter Anfangs in steter Kontinuität stehen, ! Über die Entwicklung der Eier im Eierstock bei den Gespensterheuschrecken. Nova Acta Acad. Leop.-Garol. Bd. XII. 2 Würzburg 1874 und in Verhandl. der Würzburger Medicin. und Physikal. Gesellschaft. N. F. Bd. VII. p. 434 ff. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 361 späterhin tritt aber zwischen ihnen eine Einschnürung auf, welche sie durch eine Wand gegen einander abtrennt, ganz ähnlich wie auch die einzelnen Eikammern durch Einschnürungen von einander getrennt sind (vgl. Lupwıg’s Fig. 23—25, Taf. I). Diese Einschnürung zwischen Eileiter und Eiröhre muss beim Austritt des ersten Eies offenbar eine Auflösung erfahren und eben so muss die Einschnürung zwischen der ersten und zweiten Eikammer zu einer vollständigen Abschnürung werden. »Alsdann fällt das Ei in das offene Lumen des Eileiters.« Lupwıc glaubt also eben so wenig wie v. SırsoLp, dass das Ei aus einer Kammer in die andere eintrete, und er kann desshalb nicht, wie man dies früher gethan, die Eiröhre zugleich als eibereitendes und ei- leitendes Organ ansehen. Das Ei tritt nicht in Folge einer Erweiterung der eingeschnürten Stelle zwischen Eiröhre und Eileiter in den letzte- ren ein, sondern schnürt sich mitsammt der Eikammerwandung von der Eiröhre ab. — In diesem Punkte nun muss sich eine Differenz Lupwig’s von v. SırsoLp’s ergeben, indem Lupwıs das Chorion nicht für ein direk- tes Umwandlungsprodukt, sondern vielmehr für ein Absonderungspro- dukt der Epithelzellen hält, was es auch wirklich ist!. Daraus geht hervor, dass Lupwig nicht nur die Tunica propria, sondern auch das Epithel der abgelösten Eikammer sich zu der schleimigen Masse auf- lösen lässt, welche so oft die Eischale der Insekteneier bedeckt. Die Ansichten der zuletzt eitirten Autoren, nach welchen die ganze Eikammer sich von der Eiröhre ablösen soll, werden zwar von A. Branpr? nicht direkt in Abrede gestellt, doch befürwortet dieser Autor wieder die schon früher von Leyvie vertretene Auffassung, dass das Ei in Folge einer Erweiterung der eingeschnürten Eiröhre in den Eileiter über- irete. Diese starke Einschnürung der Eiröhre ist es vor Allem, wie Branpr glaubt, welche die früheren Forscher zu der Vorstellung ver- leitet hat, dass ein Hindurchtreten der Eier durch diesen Abschnitt der Eiröhre nicht thunlich sei. »Doch wer sollte,« sagt Branpr, »a priori die Geburt eines Kindes durch den Uterinkanal des Weibes für wahrscheinlich, ja für überhaupt möglich halten? Wenn hier die ' Dehnbarkeit fast Unmögliches leistet, warum sollen wir Ähnliches nicht auch für die Tunica propria der Insekteneier, selbst wenn sie zur Schnur zusammengeschrumpft ist, zulassen? Die beträchtliche Dehn- barkeit und Elastieität dieser Hülle ist ja bekannt.« — Branpr bringt ‚ sodann einige Beobachtungen von verschiedenen Insekten (von Perla, Gryllus und Lepisma) bei, welche zeigen, dass bei diesen Thieren die ' Siehe die Bildung des Chorions, der Mikropylen und Chorionanhänge bei den ‚Insekten. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Bd. LI. * Das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig 1878. p. 30 ff. 362 Eugen Korschelt, Tunica propria auch nach der Ausstoßung der Eier noch intakt und nur faltig zusammengeschnurtt ist. Aus Branpr's Darstellungen geht hervor, dass er die Tunica propria als den konstanten Theil der Eiröhre betrachtet, welcher bei den Vor- gängen der allmählichen Eireifung und Ausstoßung derselben immer erhalten bleibt, während der Inhalt dieser elastischen Haut sehr varia- bel ist. Nur den Theil, welchen wir als Eileiter ansprechen, lässt Branpt mit einer »regelrechten epithelialen Auskleidung« versehen sein und desshalb als »Ausführungsgang der keimerzeugenden Ei- röhrenspitze« gelten. »Im Übrigen ist die eigentliche Eiröhre eine bloße eingeschobene, sekundäre Verlängerung der Eiröhre, bedingt durch eine Stauung von heranreifenden Eianlagen. Demgemäß besitzt sie auch kein konstantes, an die Tunica propria geheftetes eigenes Epi- thel; denn die epithelialen Zellen innerhalb derselben gehören den Ei- resp. Dotterbildungselementen an und rücken mit denselben ab- wärts.«e — Während also v. SızsoLD glaubte, dass die Tunica propria mitsammt ihrem Inhalt nach unten rücke und zuletzt abgeschnürt werde, lässt Branpt nur ihren Inhalt weiter rücken und aus ihrem Inneren ausgestoßen werden. Die Epithelzellen bilden sich dabei zum Corpus luteum um oder degeneriren, indem sie ihre Lage beibehalten ere..psam): Anders als die soeben besprochene Ansicht Branpr's lautet die von TIcHOMIROFF, welcher die einschlägigen Verhältnisse beim Seiden- spinner untersuchte!. TicHomiRrorr betrachtet nicht nur das blinde Ende der Eiröhre, sondern das ganze Rohr bis zum Anfang des Eilei- ters als Ovarium. Das reife Ei wandert nicht aus einer Kammer in die andere, sondern es schiebt sich mit seiner Kammer abwärts, eine An- sicht, die wir ja auch schon bei früheren Autoren antrafen. Zuletzt durchbricht das Ei seine Wandung und gelangt, nur noch von Chorion und Dotterhaut bekleidet, in den Eileiter, wo sich die Reste der Ei- kammer als gelber Pfropf anhäufen. Die Tunica propria bleibt nach Tıcnomirorr's Beobachtungen, entgegengesetzt der Darstellung BranDr's, nicht erhalten, sondern wird zerstört, und zwar helfen bei ihrer Zer- störung die Epithelzellen mit, indem sie dieselbe geradezu durch- bohren. Auch Barrour spricht sich bei Abhandlung der Entstehungsge- schichte der Geschlechtsprodukte über die uns hier interessirende 1 Die Entwicklungsgeschichte des Seidenspinners (Bombyx mori) im Ei. in: Arbeiten aus dem Zool. Laboratorium von Moskau. Bd.I. 1882. Auszug im Zool. Jahresbericht der Zool. Station Neapel von 1882. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 363 Frage aus!. Er glaubt, dass das Epithel in der Umgebung jedes Eies ein vollständiges Follikel bilde, und dass in Folge dessen das in der Um- gebung jedes Eies befindliche Epithel mit dem Ei in der Eiröhre her- unterwandere. Ausdrücklich hebt er aber hervor, dass diese seine Ansicht noch keineswegs klar aus den Beobachtungen der Forscher hervorgehe. Als Gründe für seine Ansicht führt Barrour unter Anderem die Entstehung der Epithelzellen aus einer oberflächlichen Schicht der »Keimstätte«, so wie die Thatsache an, dass das Epithel zwischen die einzelnen Eier hineinwächst. Während uns der zweite Grund auch heute noch sehr plausibel erscheint, dürfte der erstere ohne Weiteres hinfällig sein. Es brauchen nicht gerade die tiefer gelegenen Zellen der Endkammer zu sein, welche die Eier, und die oberflächlichen, welche die Epithelzellen liefern, sondern beiderlei Elemente können eben so, wie die dritte Zellenart, die Nährzellen, unregelmäßig ver- mischt in der Endkammer unter einander liegen, so wie ich dies in einer früheren Arbeit eingehend dargestellt habe?. Erst später tritt die Anordnung der Zellen in Form eines Follikels ein. In seiner Entwicklungsgeschichte von Oecanthus niveus macht Avsrs3 folgende kurze Angabe über das Schicksal des Eikammerepi- ihels: »Finally, after the chorion is secreted and the egg has passed into the oviduct, the remains of the follicular epithelium, together with the tunica propria, form a contracted mass, — the corpus luteum, — which disappears befor the next egg markes its way into the oviduct.« Aus diesen Worten geht hervor, dass bei Oecanthus das Ei aus der Eikammer ausgestoßen wird und vorläufig allein in den Eileiter über- tritt, während die zurückbleibende Eikammer das Corpus luteum bildet. Von dem aus dem »Corpus luteum« stammenden Epithel giebt Avers eine Abbildung, welche dasselbe noch in ziemlich gutem Erhaltungs- zustand zeigt; nur die Kerne erscheinen bedeutend verkleinert. Wir werden ähnliche Erscheinungen an verwandten Formen zu beobachten haben. Erwähnen möchte ich hier nur noch die Bemerkung STUHLMAnN's #, dahin lautend, dass sich bei Sphinx ligustri das Follikelepithel vom 1 Barrour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Übers. von B, VETTER, ne 2 KorscHELT, Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellen- ' elemente des Insektenovariums. Diese Zeitschr. Bd. XLII. 3 Howarn Ayers, On the development of Oecanthus niveus and its parasite, Teleas. Memoirs of the Boston Society of Natural History. Vol. II. 488%. p. 231. 4 F. StuaLmasn, Die Reifung des Arthropodeneies. Nach Beobachtungen an In- sekten, Myriapoden, Spinnen und Peripatus. Berichte der Naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Bd. I. 4886. p. 43. 364 Eugen Korschelt, Chorion ablöst und seine Reste sich als Corpora lutea zwischen den Eiern im Eiergang finden, bis sie resorbirt werden. Wenn die Reste der Eikammer zwischen je zwei Eiern vorhanden sind, so dürfte das so zu erklären sein, dass auch hier, ähnlich wie es Ayers angiebt, das Ei aus der Eikammer ausgestoßen wird. Die Reste der Eikammer werden dann von dem nachfolgenden Ei weiter nach unten geschoben. Diese Auffassung stimmt ja auch mit der Darstellung TıcHomirorr's überein. Man könnte übrigens, da bei den Schmetterlingen Nährkam- mern vorhanden sind, daran denken, dass die Corpora lutea von sol- chen herrührten. Das ist aber gerade in diesem Falle nicht möglich, da die Nährkammern schon vor der Ausbildung des Chorions bereits fast vollständig resorbirt sind, wie ich an anderer Stelle gezeigt habe!. Aus den eitirten Angaben der verschiedenen Autoren lässt sich eine allgemeine Anschauung über unsern Gegenstand nicht gewinnen. Während die einen annehmen, dass das Ei bloß aus der Eikammer aus- gestoßen wird, diese aber mit ihrem Epithel und der Tunica unverletzt bleibt, vielleicht gar als Hülle für das folgende Ei dient, lassen die anderen im strikten Gegensatz dazu das Ei mitsammt seiner Umhül- lung, also der Eikammer, von der übrigen Eiröhre abgeschnürt wer- den. Die Eikammer, d. h. das Epithel mit der Tunica lösen sich auf und bilden den schleimigen Überzug des Eies. Noch andere nehmen einen mehr vermittelnden Standpunkt ein, indem nach ihnen zwar das Ei aus der Kammer ausgestoßen, diese selbst aber sodann auf- gelöst wird und das Corpus luteum bildet. Bei den Anhängern dieser letzteren Ansicht ist es nun wieder fraglich, ob die ganze Eikam- mer, d. h. die Tunica propria und das Epithel, oder nur das letz- tere zu Grunde geht und die Tunica erhalten bleibt. Im ersteren Falle, so wie in demjenigen, wo eine direkte Abschnürung der ganzen Ei- kammer stattfinden soli, müsste damit natürlich auch die Verbindung zwischen Eiröhre und Eileiter völlig gelöst sein. Wie sich dies ver- hält, und ob sich, bezüglich in welcher Weise sich die Verbindung zwischen der abgelösten Eiröhre und dem Eileiter wieder herstellt, darüber haben die genannten Autoren keine Mittheilung gemacht. — In den folgenden Beobachtungen an einer Anzahl von Insekten wird sich Gelegenheit bieten, einige Beiträge zu diesen Fragen zu liefern und wir werden zugleich weit von einander abweichende Angaben der genannten Forscher .bestätigt sehen. Die betreffenden Vorgänge sind eben bei den einzelnen Insekten ganz verschiedener Natur 1 Die Bildung des Chorions etc. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Taf. V, Fig. 98 bis 404. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 365 und daraus erklären sich die abweichenden Resultate der einzelnen Beobachter. Schon in einer früheren Mittheilung! wies ich darauf hin, wie man erst über den inneren Bau der Insektenovarien ins Klare kommen müsse, um den Übertritt der Eier aus der Eiröhre in den Leitungsappa- rat in der richtigen Weise aufzufassen. In der Eiröhre finden sich zwischen den Eianlagen quergestellte Scheidewände, welche die ein- zelnen Eier von einander trennen. Solche Scheidewände (Sch) erkennt man z. B. in den Fig. 4 und 17 (Taf. XVII) und Fig. 31, 32, 35, 43 und 52 (Taf. XIX). Sie bestehen zum Theil aus regelmäßig angeordneten Epithelzellen, wie dies zumal bei jüngeren Eikammern der Fall ist; zum Theil aber setzen sie sich aus einem Gewebe zusammen, welches durch Wucherung der Epithelzellen entstand, und welches einen binde- gewebsartigen Charakter besitzt. Seine Zellen erscheinen oft langge- streckt und sind von faseriger Beschaffenheit. Welchen bedeutenden Umfang die Scheidewände erreichen können, zeigt ein in Fig. 52 dar- gestellter Längsschnitt der Eiröhre von Rhizotrogus. Abgesehen von der mechanischen Bedeutung, welche die Scheide- wände für den festen Zusammenhalt der Eiröhre haben, liegt ihre wei- tere Bedeutung in der Abscheidung des Chorions an den Polen des Eies, denn wie sollte diese bei dem Fehlen des je zwei Eier trennen- den Gewebes vor sich gehen? Es muss also auch an den beiden Polen des Eies eine Zellenschicht für die Abscheidung des Chorions vorhan- den sein. Das Chorion lässt übrigens vielfach seine Entstehung von diesen oft unregelmäßig angeordneten Zellen her dadurch erkennen, dass die Zeichnung auf seiner Oberfläche in der Gegend der beiden Pole eine unregelmäßigere ist, als an der übrigen Außenfläche der Ei- schale. Am meisten gilt das für den oberen Pol des Eies, weil hier in den Fällen, in welchen die Eikammer mit einer Nährkammer verbun- den ist, der Schluss des Follikels und damit die Beendigung der Cho- rionausscheidung erst sehr spät eintritt, indem sich Epithelzellen von | den Seiten her einschieben. Wie zwischen den einzelnen Eiern der Eiröhre ist eine solehe ‚ zellige Scheidewand auch am unteren Pole des letzten Eies der Eiröhre vorhanden. Bei ihm kann ja die Chorionbildung ebenfalls auf keine | andere Weise stattfinden. Damit entsteht aber zugleich ein hermeti- ‚ scher Abschluss der Eiröhre gegen den Eileiter, und es ist ohne Weite- res ersichtlich, dass diese trennende Scheidewand auf irgend eine | Weise entfernt werden muss, um das Ei aus der Eiröhre in den Eileiter ! Über die Bildung des Chorions und der Mikropylen bei den Insekteneiern. \ Zool. Anz. 4884, Nr. 472 und 473. | Y | 366 Eugen Korschelt, übertreten zu lassen. Diese Zellwucherungen am Grunde der Eiröhre erreichen in vielen Fällen einen ganz besonders großen Umfang, wie die Fig. 29 und 30 (Taf. XVII), so wie Fig. 54 (Taf. XIX) erkennen lassen. Sie sind bei den verschiedenen Insekten von sehr verschie- dener Gestaltung. Der Theil der Eiröhre von da ab, wo sich die soeben besprochene Scheidewand befindet, nach unten gerechnet, zeichnet sich von dem oberen Abschnitt der Eiröhre durch seine andersartige histologische Struktur aus (siehe die Fig. 29, 30 [Taf. XVIII] und Fig. 32, 40, A1, 43, 49, 50 und 54 [Taf. XIX). Während an dem oberen Abschnitt der Ei- röhre die Muskulatur nur verhältnismäßig schwach entwickelt ist, wird sie nach unten hin bedeutend stärker. Es charakterisirt sich dieser untere Abschnitt, der von Stein als Stiel der Eiröhre bezeichnet wurde, bereits als eileitender Apparat, im Gegensatz zu dem oberen eibilden- den Theil der Eiröhre. Der Stiel der Eiröhre ist von sehr verschiedener Gestaltung und Bauart, je nach Form und Gestalt der Eiröhre selbst. Zuweilen ist er sehr lang und dünn, wie dies z. B. bei Schmetterlingen der Fall sein kann. In der Abbildung des Eierstockes von Sphinx ligustri (Taf. XIX, Fig. 46) gehört der größte Theil des dargestellten Stückes der Eiröhren dem sog. Stiel der Eiröhre an, dessen Quer- und Längsmuskulatur in den beiden etwas stärker vergrößerten Fig. 45 und 47 deutlich zu erkennen ist. Sie hat die Funktion, die Eier weiter zu befördern, und sie schließlich in den bei den Schmetterlingen wenig umfang- welchem sich die vier Eiröhren ver- einigen (Fig. 46). Der nebenstehende Holzschnitt (Fig. IV) zeigt den Stiel der Eiröhre in viel weniger bedeutender Ausbildung. Er ist hier kurz, aber verhältnismäßig brei- Maut: ERRERE ter. Die Stiele der Eiröhren münden, sehematisirterDarstellung. REirihnn, WIE Man sieht, in den Eierkeleh, wel- St, der sog. Stiel der Eiröhre; X, Eir- cher als Sammelort für die eben abge- alles legten Eier dient, bis sie in den Eileiter (L) gelangen. In der Fig. 36 (Taf. XIX) sieht man den Eierkelch erfüllt von einer Anzahl reifer Eier. — In manchen Fällen sitzt die eigentliche Eiröhre dem Eierkelch sehr dicht an und es ist nur ein ganz kurzes Stück vorhanden, welches sie von ihm trennt. Sehr interessant ist das Verhalten junger Eiröhren, bei denen der Eiröhrenstiel sehr lang, bei der Feuerwanze (Pyrrhocoris apt.) z. B. reichen Eierkelch hinabzudrücken, in Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 367 länger als die eigentliche Eiröhre sein kann. Er ist in diesem Falle ' außerordentlich dünn und rechtfertigt desshalb hier besonders seinen Namen. Späterhin verkürzt er sieh dann und bei Individuen mit ziem- lich reifen Eiern ist er verhältnismäßig kurz und breit. Es geht diese Umbildung offenbar Hand in Hand mit der Weiterausbildung der Ge- schlechtsorgane überhaupt. Ich habe die Umwandlung selbst nicht . verfolgt. Sie muss dadurch vor sich gehen, dass sich das Lumen des ' jungen Eiröhrenstieles allmählich erweitert und er sich dabei zugleich verkürzt. Möglicherweise wird auch ein Theil davon mit in die eigent- liche Eiröhre einbezogen. Wenn man eine alte Eiröhre mit ausgebilde- ten, fertigen Eiern und eine jugendliche, langgestielte Eiröhre vor sich sieht, scheint es außerordentlich schwierig, beide auf einander zu be- ziehen. Ich musste dem sog. Stiel der Eiröhre eine kurze Betrachtung widmen, weil es der Theil der Leitungsorgane ist, in welchen die Eier zunächst nach ihrem Austritt aus dem eigentlichen Ovarium (der Ei- ‚röhre) gelangen. In Folge dessen steht er, wie wir sogleich sehen ‘ werden, in nächster Beziehung zu den Vorgängen, welche wir hier zu ; betrachten haben. \, | Der Austritt der Eier aus dem Ovarium und das unmittelbar da- mit verbundene Schicksal des Epithels gestaltet sich verschieden je nach den Formverhältnissen der betreffenden Ovarien. Bekanntlich ' liegen die Eier in den Insektenovarien perlschnurartig hinter einander ‚angeordnet. Die Einschnürung, welche sich zwischen den einzelnen ‚Eiern befindet, kann mehr oder weniger tief einschneiden. Die oben \ besprochene Scheidewand, welche je zwei Eier trennt, ist im letzteren ‚ Falle ziemlich breit; sie stelit eine mehr oder weniger voluminöse Ge- webswucherung dar. Die Ovarialeier sitzen mit breiter Basis an ein- ‚ander. im ersteren Falle hingegen wird die Scheidewand immer ‚schmäler. Indem die Eier aus einander weichen, streckt sie sich in die ‚Länge und repräsentirt schließlich nur noch einen dünnen Strang, der ‚je zwei Eikammern mit einander verbindet. Ein solches Verhältnis ‚treffen wir unter Anderem an bei den Fliegen, Wanzen (Fig. 1, Taf. XVII, ‚Fig. 42, 48 und 49 [V], Taf. XIX) und Schmetterlingen (Fig. 44—47 |V], ‚Taf. XIX). | Betrachten wir zunächst den Austritt der Eier und das Schicksal ‚des Follikelepithels bei einer Form, die eine festere Verbindung der ‚Eikammern unter einander aufweist. Eine solche Form ist | Decticus bicolor. | Die Fig. 34 A und B (Taf. XIX) stellen einige Eiröhren von Deectieus ‚dar. In A sitzen die Röhren dem Eierkelch auf, der sich fest an die | 1 368 Eugen Korschelt, Wand eines in ihm enthaltenen reifen Eies angelegt hat. Bei der mit- telsten dieser drei Röhren ist die unterste Eikammer entleert. Das Epithel ist aber noch in ihr enthalten und zwar ziemlich unverletzt. Es kann demnach in diesem Falle der Austritt des Eies aus der Kam- mer nur dadurch bewirkt worden sein, dass das Ei die unterste Scheidewand, welche es vom Leitungsapparat trennte, durchbrach und in diesen eintrat. Dabei wird außer der Verletzung des abschließen- den Gewebes auch eine bedeutende Erweiterung der eingeschnürten Stelle stattzufinden haben, durch welche das Ei hindurchtreten muss. Die Fig. 34 lässt die Richtigkeit der Annahme bei dem Umfang der dort dargestellten Eier ohne Weiteres erkennen. Wie ich schon früher erwähnte, war die Annahme der außer- ordentlich großen Erweiterungsfähigkeit der Eiröhre beim Austritt der Eier mit ein Hauptgrund, welcher einige der früheren Autoren dazu bewegte eine totale Auflösung dieses Theiles der Eiröhre anzunehmen. Dazu bemerkte schon A. Branpr !, dass dieser Vorgang kaum merk- würdiger sei, als das Hindurchtreten des menschlichen Kindes durch den Uterusmund bei der Geburt. — Durch meine Beobachtungen an Decticus (und anderen Insekten) wird es jedenfal.s ganz zweifel- los gemacht, dass eine solche Ausdehnung der einge- schnürten Stelle wirklich stattfindet, allerdings verbunden mit einer theilweisen Auflösung des dort befindlichen Gewebes, wie sie aber anders bei dem ganzen Bau der Eiröhre nicht möglich ist. Jedenfalls wird aber dabei die Verbindung zwischen den eileitenden Theilen und dem eigentlichen Ovarium nicht gelöst. Bei der großen Menge von Eiern, welche bei den Heuschrecken zu gleicher Zeit reifen und nach einander zum Austritt gelangen, ist es sehr leicht, Eikammern mit soeben abgelegten Eiern aufzufinden. Ich traf sogar einige Mal solche Eier an, die nur noch zur Hälfte in der Ei- kammer steckten. Eine dieser Eikammern habe ich in Fig. 34 B abge- bildet. Die unterste, halbleere Eikammer erscheint ein wenig geknickt, weil sich die Eiröhre nach der Seite geneigt hat. Die Einschnürung hat sich bedeutend erweitert und umgiebt gerade die weiteste Peri- pherie des Eies. — Eine nähere histologische Untersuchung ließen solche Präparate leider nicht zu, einmal weil sie, jedenfalls in Folge der großen Spannung, sehr leicht verletzbar sind, und sodann, weil die äußerst dicke Eischale der Behandlung mit dem Mikrotom zu großen Widerstand entgegensetzt, als dass sich bei dem geringen Material ein Erfolg erreichen ließe. 1 Das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig 1378. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 369 Die entleerte Eikammer stellt einen langen, etwas faltigen Schlauch dar, der aber an Umfang viel weniger bedeutend ist, als es die gefüllte Eikammer vorher gewesen. Dass er äußerlich unverletzt ist, beweisen Bilder wie die in Fig. 34 A dargestellte Eikammer. Die Abnahme im Umfang der Eikammer wird sehr schön illustrirt durch das Verhalten des Epithels. Während dieses in einer das reife Ei umgebenden Kammerwandung das Aussehen besitzt, wie es die Fig. 37 A zeigt, erscheint es in solchen Eikammern, welche ihrer Größe ee die Eier ganz vor Kurzem entlassen haben mussten, wie in Fig. 37 B. Die Kerne sowohl wie die Zwischenräume zwischen ihnen erscheinen bedeutend kleiner als in Fig. 37 A. Dieses Verhalten lässt sich sehr natürlich dadurch erklären, dass die vorher gewaltig aus- gedehnte Wandung der Eikammer nach dem Austritt des Eies sich zusammenzieht, da die durch den Inhalt hervorgebrachte Spannung nachgelassen hat. Auch die Kerne haben sich auf einen geringeren Umfang redueirt und in Folge dessen haben sich auch die Chromatin- partikel in ihrem Inneren enger zusammengedrängt, wesshalb die Kerne dunkler gefärbt erscheinen. — Die Wand einer solchen leeren Eikammer ist bedeutend dicker als vorher. Es bleibt uns nunmehr das Schicksal des Eikammerepithels zu betrachten übrig. Dasselbe wird durch die Fig. 31—35 (Taf. XIX) illustrirt. Legt man Schnitte durch entleerte Eikammern, so sieht man, wie auf einem gewissen Stadium das Lumen derselben fast ganz von einer ‚ unregelmäßigen Zellenmasse verdrängt worden ist. Einen solchen Schnitt stellt z. B. die Fig. 31 dar, und zwar ist dieser Schnitt nicht etwa tangential, sondern in der Mittellinie der Kammer geführt. Ob diese Zellenmasse nur dem Zerfall des Epithels der unterdessen immer mehr verkürzten und verengerten Eikammer ihren Ursprung verdankt, oder ob noch nach Ablage des Eies eine Zellwucherung in der ver- ‚ lassenen Eikammer stattfindet, lasse ich dahingestellt. In letzterem ‚ Falle würde dieser Vorgang Übereinstimmung mit der Bildung des Corpus luteum der Wirbelthiere zeigen und es würde dann die von ‚ Sein! vorgeschlagene Bezeichnung der Eikammerreste nicht so ohne Weiteres von der Hand zu weisen sein, wie dies von seiten WALDEYER’S ? geschieht. Die leere Eikammer verkürzt sich in der Folge immer mehr, wie die Fig. 32 zeigt. Zellen und Kerne zerfallen allmählich und bilden = 1222.0.p, 32. ? Eierstock und Ei. Leipzig 1870. p. 90. Zeitschrift £, wissensch. Zoologie. XLV. Ba. 94 870 Eugen Korschelt, eine ganz unregelmäßige Masse, die zuletzt keinerlei zellige Struktur mehr erkennen lässt. »Die Epithelzellen verwandeln sich in eine krümelige, orangenfarbige oder hochrothe Masse, in der noch immer Reste der ursprünglichen Zellen oder ihrer Kerne zu erkennen sind«, wie es schon Steix (p. 52) ganz richtig ausdrückt. Er glaubte aller- dings, dass sich vorher der größte Theil der Epithelzellen direkt zum Chorion umgewandelt habe, was ja nicht der Fall ist. Fig. 33 giebt einen Querschnitt durch eine in solchem Stadium befindliche Eikammer wieder. Man erkennt noch einige, zumal die am unteren Rande gelegenen Kerne als solche. Die anderen aber, und zwar die meisten haben sich bereits in dunkel gefärbte, stark licht- brechende Körner verwandelt (Fig. 33) oder sind in größere und kleinere Partikel zerfallen, um sich schließlich ganz aufzulösen. — Die Masse dieses sog. Corpus luteum, in welcher sich Hohlräume bilden, wie die Fig. 33 erkennen lässt, scheint allmählich resorbirt zu werden. | Mit der Verkürzung der entleerten Eikammer geht Hand in Hand das Herabrücken des nächstoberen Follikels innerhalb der Peritoneal- hülle. In Fig. 31 sehen wir dasselbe noch in Verbindung mit der unte- ren entleerten Eikammer; in Fig. 32 ist die Strecke zwischen ihm und dem leitenden Apparat, hier dem sog. Eiröhrenstiel, bereits erheblich verkürzt, in Fig. 35 aber die Verbindung zwischen der nunmehr letz- ten Eikammer bereits hergestellt. Die noch vorhandenen Reste der entleerten Eikammer sind in den Eiröhrenstiel hinabgedrängt worden, wo man sie noch als unregelmäßige Masse vorfindet (Fig. 35). — Damit ist der alte Zustand der Eiröhre wieder hergestellt. Sie grenzt mit ihrem unteren abgeschlossenen Pol an den Leitungsapparat, und wenn das in Fig. 35 dargestellte noch junge Ei seine Reife erreicht haben wird, muss es die Epithelschicht durchbrechen, um in den Eileiter zu gelangen. Es wird sich dann mit der nächsten entleerten Eikammer derselbe Vorgang wiederholen, wie er in Vorstehendem geschildert wurde. Es ist in diesem Falle erwiesen, dass beim Austritt des Eies das Epithel unverletzt in der Kammer zurückbleibt, und dass sehr wahr- scheinlicherweise auch keine direkte Abtrennung der Eiröhre vom Ei- röhrenstiel eintritt. Indem das Nachrücken des vorhergehenden Eies mit der Aufiösung der entleerten Eikammer Hand in Hand geht, bleibt je die Kontinuität von Eiröhre und Eileiter beständig gewahrt. Ganz ähnliche Verhältnisse finden sich bei einigen anderen darauf hin untersuchten Orthopteren, z. B. bei Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 371 Locusta viridissima. Der in Fig. 36 dargestellte Eierstock dieses Thieres weist zwei Ei- röhren mit entleerten Eikammern auf (L.K). Die Eier mussten durch die eingeschnürte Stelle und durch den, wie man sieht, ziemlich engen Eiröhrenstiel hindurchtreten, um in den Eierkelch (Al) zu gelangen. Das Epithel ist völlig unverletzt und stellt einen langgestreckten Schlauch dar. — In Bezug auf das Epithel, welches die reifen Eier umgiebt, so wie dasjenige der entleerten Eikammern wiederholen sich dieselben Verhältnisse wie bei Decticus. Auch hier schrumpft das Epithel nach dem Austritt der Eier außerordentlich zusammen, wie ein Vergleich der Fig. 38 A und B erkennen lässt. Bei Gomphocerus fand ich ebenfalls entleerte Eikammern von der Form eines Schlauches. Sie besaßen eine ganz ähnliche Beschaffenheit wie die von Decticus und Locusta, wesshalb ich auf ihre Beschreibung nicht eingehe. Besonders erwähnen möchte ich dagegen Periplaneta orientalis. Die Fig. 30 (Taf. XVII) stellt den Theil einer Eiröhre von Peri- planeta dar, wo sie in den eileitenden Abschnitt (St) übergeht. Zwi- schen dem jungen Ei (Ei) und dem Eiröhrenstiel (St) erblickt man eine aus unregelmäßigen Bestandtheilen gebildete Masse, die Überreste ‚, einer entleerten Eikammer. Die Verhältnisse gestalten sich hier etwas anders als bei Decticus, indem die Kerne zu viel umfangreicheren Körpern zusammenfließen, obwohl die Fig. 30 (Taf. XVII) und Fig. 35 (Taf. XIX) immerhin schon gewisse Ähnlichkeiten auch in dieser Be- ziehung aufweisen. Ein Blick auf die Fig. 30 lässt sofort erkennen, dass die organische Verbindung zwischen den eibildenden und dem eileitenden Apparat in diesem Falle gelöst ist. Ein eigentliches verbindendes Gewebe ist ‚ nicht mehr vorhanden, denn die degenerirte Zellenmasse ist als solches ‚ unmöglich anzusehen. Am längsten scheint übrigens die Tunica propria ‚ der Eikammer erhalten zu bleiben. Bei Periplaneta möchte ich noch auf ein Verhältnis aufmerksam ‚ machen, welches der oben eitirten Angabe von Leypıc entspricht, nach ‚der die Eiröhren scharf vom Leitungsapparat abgegrenzt sein sollen. ‚Es ist zwar hier keine »nach innen vorspringende ringförmige Klappe« ‚ vorhanden, dahingegen sehen wir am unteren Ende der entleerten Ei- ‚kammer door dem hier vorhandenen Epithel einen Ringwulst (Fig. 30 | W) die Eiröhre umgeben. Er wird von einer ziemlich umfangreichen Muskulatur gebildet, die nach oben hin allmählich verstreicht. Es 24* | dürfte dieser Apparat zweifelsohne die Bedeutung eines Sphincters haben, welcher die Eiröhre für gewöhnlich verschließen hilft, sich aber bei dem Austritt eines Eies bedeutend auszudehnen vermag und das Ei dann hindurchtreten lässt. Es scheint, als ob dieser Theil immer erhalten bliebe, während sich das Epithel der darüber liegenden Ei- kammer zersetzt. Die vorhergehende Eianlage rückt dann nach und das Epithel (Fig. 30 Ep), welches die untere Scheidewand bildet, ver- bindet sich jedenfalls mit der den Eiröhrenstiel nach oben abschließen- den Epithelwucherung (Zp‘). Es kann dies natürlich erst dann eintreten, wenn das zwischenliegende »Corpus luteum « resorbirt worden ist. Damit ist auch hier die Verbindung von Eibildungs- und Leitungs- apparat wieder hergestellt. Das letzte Ei (Fig. 30 Ei) wird, wenn es seine Reife erreicht hat, die abschließende Epithelschicht (Ep’) durch- brechen, zugleich erweitert sich der Sphincter und das Ei tritt in den »Eiröhrenstiel« (St) ein, die leere Eikammer hinter sich zurücklassend. Da ich hier gerade auf den Abschluss zwischen der Eiröhre und den Leitungswegen zu sprechen kam, möchte ich noch einen Blick auf das Verhalten anderer Insekten in dieser Beziehung werfen. Es ist dasselbe ein ganz verschiedenes, wie schon aus den Abbildungen der Taf. XVII und XIX hervorgeht. Eine solche muskulöse Vorrichtung, wie wir sie von Periplaneta kennen lernten, braucht durchaus nicht vorhanden zu sein. Sehr oft geht das Epithel der letzten Eikammer ganz stetig über in das des »Eiröhrenstieles« (Fig. 31 und 35) und dieser zeichnet sich nur dadurch aus, dass seine Muskulatur etwas stärker entwickelt ist. In manchen Fällen bildet sich, ähnlich wie wir es schon bei Periplaneta (Fig. 30, Taf. XVII) sahen, am Grunde des letz- ten Eies eine voluminöse Zellenwucherung. So verhält es sich auch bei 312 Eugen Korschelt, Carabus auratus. Fig. 29 (Taf. XVII) zeigt diese zellenreiche Epithelwucherung, welche wie ein Pfropf dem letzten Ei ansitzt und den oberen Theil des hohlen Eiröhrenstieles verschließt. Von dem letzteren (St) erkennt man das gefaltete, zottenbildende Epithel (Zp) und nach außen die Musku- latur. Das Gewebe des Epithelpfropfes selbst macht den Eindruck von Bindegewebe. Seine Zellen sind faserartig in die Länge gestreckt und unregelmäßig durch einander gewirrt. Im Gewebe selbst finden sich srößere und kleinere Lücken, die oft mit granulirter, sich stark färben- der Masse erfüllt sind. Es ist möglich, dass dies Überreste des » Corpus luteum« sind, wenigstens scheint darauf das Verhalten von Periplaneta® hinzuweisen (vgl. Fig. 30). Wenn sich das Ei herabschiebt, beide Epi- thellagen (Ep und Ep’) sich nähern und schließlich verwachsen, wobei Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 373 zugleich eine Wucherung des Epithels eintritt (Fig. 29), so werden leicht Reste des Corpus luteum in das Gewebe eingeschlossen werden können. Dieselben werden dann später resorbirt. Aus der Abbildung (Fig. 29) ist ersichtlich, dass das Ei von Cara- bus eine sehr dicke Gewebsschicht durchbrechen muss, um in den Leitungsapparat zu gelangen. Wenig verständlich erscheint es, warum erst ein so voluminöses Gewebe gebildet werden musste, welches dann doch wieder vernichtet wird. Möglich, dass hier eine solche dicke Scheidewand für den Halt des Eies erforderlich ist, vielleicht war auch in diesem Falle die Verbindung zwischen Eiröhre und Eiröhren- stiel mit geringeren Mitteln, d. h. einen weniger großen Aufwand an Zellenmaterial nicht wieder herzustellen. Ein sonderbares Verhalten in Bezug auf den Abschluss der Eiröhre zeigt auch Rhizotrogus solstitialis. Zuweilen findet man die betreffende Stelle so gestaltet, wie es die Fig. 28 (Taf. XVII) verdeutlicht. Eine Epithelwucherung (Ep) sitzt in Form eines niedrigen Kegels dem unteren Pol der letzten Eikammer auf und ragt in das Lumen des Eiröhrenstieles (St) hinein. Das Epithel der Eikammer ist scharf von diesem Gewebe getrennt. In dem Ge- webskonus selbst tritt noch eine Lücke auf, so dass es beinahe den Eindruck macht, als stellte das Ganze den Überrest einer entleerten Eikammer dar, wäre nicht das Epithel dafür noch zu gut erhalten. Rhizotrogus bietet ein Beispiel dafür, dass der Abschluss der Ei- röhre nach unten selbst bei ein und derselben Form ein ganz ver- schiedener sein kann. Die Fig. 28 (Taf. XVIII) zeigt wenig genug Ähn- lichkeit mit Fig. 54 (Taf. XIX) und doch stammen beide von Rhizotrogus her, offenbar aber von verschiedenen Entwicklungsstadien des weib- lichen Geschlechtsapparates. In Fig. 54 sieht man die unterste Ei- kammer ziemlich weit in den Eiröhrenstiel (St) hineinragen, welcher letztere an seiner Muskulatur kenntlich ist. An das Follikelepithel ‚ schließt sich allerdings auch hier eine bindegewebsartige Zellenmasse - an, dieselbe ist aber von ganz anderer Gestaltung als in Fig. 28. Sie ist auch eng umgeben von dem Gewebe des Eiröhrenstieles. Der letz- - tere ist sehr muskulös. Mir scheint, dass das zuletzt beschriebene Stadium das weiter vor- geschrittene in der Entwicklung ist. Durch die Weiterausbildung der , Eier, vielleicht auch durch den Austritt von solehen und durch die Wiedervereinigung von Eiröhre und Eiröhrenstiel ist der letztere ein wenig in das Bereich der Eiröhre einbezogen worden und der Unter- 374 Eugen Korschelt, schied zwischen beiden Organen ist nicht mehr so hervortretend. Von Überresten früher entleerter Eikammern war allerdings in diesem Falle nichts mehr zu bemerken, doch hat dies nichts zu sagen, da dieselben in vielen Fällen sehr rasch resorbirt werden, wie wir bei anderen In- sekten noch sehen werden. Eiröhren mit entleerten Eifächern von verschiedener Größe fand ich vielfach bei Dytiscus marginalis. Diese Eikammern besaßen, wie gesagt, einen sehr verschiedenen Umfang, je nachdem die Eier schon seit längerer oder kürzerer Zeit aus ihnen entlassen worden waren. Im letzteren Falle stellten sie einen langen Schlauch dar. In Folge des Nachrückens der vorher- gehenden Eier verkürzt sich derselbe allmählich und wird offenbar mit der Zeit resorbirt. — Dytiscus zeigt in Bezug auf dieses Verhalten große Ähnlichkeit mit dem schon vorher beschriebenen Dectieus. Es füllen nämlich die Epithelzellen hier auch beinahe das ganze Lumen des leeren Follikels aus, wenn das letztere an Umfang schon bedeutend abgenommen hat. Fig. 40 zeigt zu oberst den schräg geführten Schnitt einer ent- leerten und schon weit zurückgebildeten Eikammer. Die Wand ist bedeutend verdickt, das Lumen ziemlich geschwunden. Zwischen den noch gut erhaltenen Kernen des Epithels treten solche auf, die sich be- reits zu einer stark lichtbrechenden und intensiv färbbaren Substanz umgehildet haben. Nach unten sieht man die Eikammer übergehen in den Stiel der Eiröhre (St), der wieder durch den Muskelbelag charakterisirt ist. In seinem Anfangstheil liegen bereits weiter zurückgebildete Reste von Zellen und Zellkernen. In Fig. 44 ist die Degeneration der Eikammer noch viel weiter fortgeschritten. Es sind nur noch wenige Kerne gut erhalten, die meisten sind zerfallen und aufgelöst. Die größte Masse des Eifollikels ist resorbirt worden und es ist nur noch der geringe Überrest (L.K) vorhanden, welcher zwischen der letzten Eianlage (Ei) und dem Lumen des Eiröhrenstieles (St) liegt. So weit ist das junge Ei bereits von oben nachgerückt. Bei Dytiscus reicht das zottenbildende Epithel sehr weit im Ei- röhrenstiel hinauf und hilft mit dessen Abschluss nach oben bilden, indem es sich in Form einer Kuppel wölbt (Fig. 40 und 41). Ein Theil davon wird desshalb bei dem Austritt des Eies wahrscheinlicherweise ebenfalls zerstört. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 379 Das Epithel soeben entleerter Eikammern untersuchte ich bei einer verwandten Form, nämlich bei Carabus nemoralis. Augenscheinlich sind auch hier die Verhältnisse ganz ähnliche wie bei Dytiscus, Decticus, Locusta ete. Die vorher stark ausgedehnten Zellen schrumpfen bedeutend zusammen, wenn die Spannung nach dem Austritt des Eies nachlässt. Ein Blick auf das einer gefüllten (Fig. 39 A) und einer leeren Eikammer (Fig. 39 B) entnommene Epithel bestätigt diese Angabe zur Evidenz. Bisher sahen wir die Resorption der entleerten Eikammer immer ziemlich langsam vor sich gehen. Der Process verläuft aber nicht immer in derselben Weise. Er vollzieht sich in weit kürzerer Zeit, z. B. bei Aromia moschata. Das Follikelepithel von Aromia bildet eine sehr dünne Lage auf dem reifen Ei. Dadurch lässt sich erklären, dass es nach dem Austritt des letzteren sehr rasch seinen Zusammenhang verliert. Bei dem Aus- treten des Eies bleibt die Eikammer als faltiger Schlauch zurück, der gegen die frühere Länge bedeutend verkürzt erscheint. Die Epithel- zellen finden sich in diesem Schlauch Anfangs noch ziemlich regel- mäßig angeordnet, sehr bald aber lösen sie sich aus ihrem Zusammen- hang und häufen sich zu unregelmäßigen Ballen in der immer noch verhältnismäßig umfangreichen Eikammer an, wie dies die Vertheilung der dunkel gefärbten Kerne in der Fig. 43 (Z.K) erkennen lässt. Größere pfropfartige Anhäufungen von Kernen finden sich am oberen und unteren Ende der Eikammer. — Die Wand der letzteren wird in diesem Stadium, in dem das Epithel bereits ganz zerfallen ist, noch immer von der Tunica propria gebildet. Die Verbindung der eigent- lichen Eiröhre mit dem Eiröhrenstiel ist also noch nicht gelöst, doch dürfte diese Lösung späterhin geschehen. Der Zusammenhalt von Eiröhre und Leitungsapparat wird auch hier durch die Peritonealhülle (Pt) vermittelt, deren Wand allerdings sehr dünn ist. In ihr schiebt sich die nächste Eianlage (Ei) herab, um dann schließlich wieder die Verbindung mit dem Eiröhrenstiel (St) zu erreichen. Noch viel rascher als bei Aromia zerfällt die Epithelschicht bei Leptura rubro-testacea. Bei Leptura ist die das reife Ei bedeckende Epithellage noch schwächer als bei der vorher betrachteten Form. Auch im gefärbten 376 Eugen Korschelt, Zustande erscheint sie völlig durchsichtig und ihre stark abgeplatteten Kerne liegen weit aus einander. | Das austretende Ei durchbricht die Epithelschicht am Grunde der Kammer. Deren Epithellage scheint aber nicht fähig, wie bei den an- deren vorher betrachteten Insekten den Zusammenhang ihrer Zellen zu wahren, sondern sie zerfällt sofort nach dem Austritt des Eies. Es scheint hier das Epithel von dem reifenden Ei über das entsprechende Maß ausgedehnt worden zu sein, als dass es im Stande wäre, sich in regelmäßiger Weise wieder zusammenzuziehen. Die durch die Ab- scheidung der Eischale erschöpfte, weil sehr schwache Epithelschicht geht unmittelbar nach dem Austritt des Eies zu Grunde. Die Tunica propria des Epithels dagegen bleibt viel länger erhalten. Man findet sie als durchsichtigen gefalteten Schlauch innerhalb der Peritoneal- hülle liegen. Sie zieht sich mehr zusammen als die letztere, so dass sie bald von geringerem Umfang und daher trotz ihrer Durchsichtigkeit leicht zu erkennen ist. In ihr zerstreut liegen die Reste der von ihr abgelösten Epithelzellen und die stark gefärbten Kerne derselben. Die Tunica propria ist noch zu erkennen, wenn die Resorption der Zellenüberreste schon sehr weit vorgeschritten und der Raum der ent- leerten Eikammer in Folge des Herabrückens der nächsten Eikammer schon erheblich verkleinert ist. Trotzdem muss man wohl eine Auflö- sung auch für die Tunica propria annehmen, denn es ist weder wahr- scheinlich, dass sie sich in so ganz außerordentlichem Maße zusammen- zuziehen vermag, wie es der Fall sein müsste, wenn die Verbindung zwischen Eiröhren und Eiröhrenstiel nie gelöst würde, noch kann man glauben, dass sich das Epithel innerhalb der Tunica propria bewegt und mit dem von ihm umschlossenen Inhalt (Eiern oder Nährzellen) nach unten rückt. Wir nehmen also an, dass auch hier die Verbindung der Eiröhre mit dem Leitungsapparat für eine Zeit völlig gelöst wird und, dass nur die Peritonealhülle den Zusammenhalt beider vermittelt. Bei Leptura konnte ich die einzelnen Stadien der Resorption des verlassenen Follikels sehr gut verfolgen. Seine Masse nimmt mit dem Herabrücken des nächsten Eies stetig ab. Der untere Pol der vorher- gehenden Eikammer, welcher in Folge des Abreißens der leeren Kam- mer erst ganz unregelmäßig gestaltet war, rundet sich ab. Bevor der Follikel sich aber dem oberen Ende des Eiröhrenstieles ganz genähert hat, erscheint seine Begrenzung wieder unregelmäßiger. Die Zellen beginnen zu wuchern, es bildet sich ein neues Gewebe zwischen Ei- röhre und Eiröhrenstiel und die Verbindung mit dem Leitungsapparat ist wieder hergestellt. Die noch vorhandenen geringen Überreste des » u 4 en U A a u ee Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 377 »Corpus luteum« werden zum Theil resorbirt, zum Theil liegen sie noch am oberen Ende des Eiröhrenstieles. Von der Tunica propria des entleerten Follikels konnte ich bei. diesem Vorgang nichts mehr bemerken, allerdings beobachtete ich denselben nur an ganzen Präparaten. Die Objekte sind in Folge der dünnen Epithellage so zart, dass sie durch die verschiedenen Opera- tionen - der Schnittmethode zu leicht zerstört und verändert werden, als dass dadurch ein sicherer Befund über den Verbleib der Tunica propria zu erhalten wäre. An die Betrachtung von Aromia und Leptura möchte ich die eines Hymenopters anschließen, nämlich die von Sirex spectrum. Die Eikammer von Spectrum ist schmal, da das reife Ei eine lang- gestreckte Form hat. Wie gewöhnlich durchbohrt auch hier das aus- tretende Ei mit seinem unteren Pol die trennende Scheidewand und tritt in den Eiröhrenstiel ein. Das vorher sehr schwache Epithel zieht sich nach dem Austritt zusammen und bildet nunmehr eine ziemlich starke Lage. Seine Resorption scheint rasch vor sich zu gehen, denn in leeren Eikammern, die noch ziemlich umfangreich waren, fand ich es bereits sehr undeutlich geworden. Allerdings scheint das Nach- wachsen der jüngeren Eier bei Sirex sehr langsam vor sich zu gehen, so dass vielleicht nur desshalb der Umfang der leeren Eikammer weni- ger rasch abnimmt. Den Übergang der Eiröhre in den Eiröhrenstiel fand ich wohl er- halten. Es findet also auch hier eine Ausdehnung der eingeschnürten Stelle beim Übertritt des Eies statt. Bei sämmtlichen bisher betrachteten Formen saßen die reifenden Eier mit verhältnismäßig breiter Basis einander an. In Folge dieses Verhaltens war es möglich, dass eine Erweiterung der eingeschnürten Stelle stattfinden und ein Austreten der reifen Eier auf diese Weise vor sich gehen konnte. Dies ist jedoch völlig unmöglich geworden bei denjenigen Formen, bei welchen die Einschnürung zwischen den ein- zelnen Eiern so weit gegangen ist, dass die Eiröhre an der betreffenden Stelle nur noch einen dünnen Faden darstellt. Beispiele dafür sehen wir in den Fig. 42, 44—49 (Taf. XIX) und Fig. 1 (Taf. XVII) für Dip- teren, Hemipteren und Lepidopteren gegeben. Wenn man den je zwei Eier verbindenden dünnen Strang (V) bei Musca (Fig. 42), Naucoris (Fig. 48) oder Sphinx (Fig. 47) betrachtet, so scheint es ohne Weiteres klar, dass durch ihn ein Austritt der Eier nicht stattfinden kann. Es 378 Eugen Korschelt, wird uns bei Betrachtung einer solchen Eiröhre vielmehr wahrschein- lich, dass der dünne Strang reißt und das Ei mitsammt dem Follikel in der nunmehr als Leitungsapparat dienenden Peritonealhülle weiter befördert wird (vgl. z. B. die Fig. 47). Es verhält sich dies jedoch nicht ganz so, sondern es ist auch hier das Charakteristische des Vorganges gewahrt, wie wir sogleich aus der Betrachtung einiger weiterer Formen erkennen werden. Musca vomitoria. Der Austritt der Eier vollzieht sich auf die Weise, wie dies Weıs- MANN schon früher angegeben hat!. Das reife Ei durchbricht die am Grunde der Kammer befindliche Scheidewand und das übrige Epithel bleibt in regelmäßiger Anordnung zurück, einen faltigen Schlauch bil- dend (Fig. 42 L.K). Der Verbindungsstrang (V) der letzten mit der nächst oberen Eikammer bleibt vorläufig unverletzt. — Die Rückbil- dung der Eikammer erfolgt in der Weise, dass der Anfangs noch weite Schlauch zusammenfällt und sich immer mehr verkürzt. Die ziemlich schwache Epithellage verliert allmählich ihre regelmäßige Gestaltung, die Zellen zerfallen und ihre Substanz wird sehr rasch resorbirt. Dem entsprechend verkürzt sich die leere Eikammer, die folgende rückt nach und tritt schließlich in Verbindung mit dem Leitungsapparat, wo- mit dann nach der Reifung dieser Eianlage derselbe Process von Neuem beginnen kann. Dieser Vorgang ist ganz der nämliche, wie wir ihn früher auch von anderen Formen, z. B. den beiden zuletzt betrachteten Käfern, kennen lernten. Der Verbindungsstrang (V) ist hierbei von keiner Bedeutung mehr; er wird resorbirt wie die Masse der Eikammer und die Ver- schmelzung mit dem Leitungsapparat erfolgt mit breiter Fläche. Es ist somit hier weiter kein bedeutender Unterschied von den Formen vor- handen, deren Eianlagen mit breiter Basis einander ansitzen, obgleich ja die Eiröhre zu einem dünnen Verbindungsstrang eingeschnürt wird. Anders verhält sich dies bei verschiedenen Schmetterlingen, die ich untersuchte, z. B. bei Sphinx ligustri. Die Eiröhre ist zwischen den einzelnen Eianlagen ganz außer- ordentlich eingeschnürt und repräsentirt nur noch einen ganz dünnen Faden (Fig. 47 V). Derselbe besteht aus einem kleinkernigen Epithelial- gewebe, ähnlich wie dies in Fig. 44 (V) von Vanessa urticae dar- 1 Die nachembryonale Entwicklung der Musciden. Diese Zeitschr. Bd. XIV. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 379 gestellt ist. Es ist dieses ein noch jüngeres Stadium der Eianlage. Bei ihrer späteren Vergrößerung werden die Verbindungsstücke noch dünner, bis sie zuletzt ganz durchreißen. Die Überreste sieht man dann dem unteren und oberen Pol der beiden an einander stoßenden Eikammern anhängen. So verhält es sich wenigstens in vielen Fällen bei Sphinx ligustri. Man findet die noch vom Follikelepithel umge- benen reifen Eier im unteren Theil der Eiröhre isolirt innerhalb der Peritonealhülle liegen. Allerdings scheint dieses Verhalten nicht die Regel zu bilden, denn in anderen Fällen kann selbst die entleerte Ei- kammer noch durch das Verbindungsstück mit dem vorhergehenden Follikel zusammenhängen (Fig. 47 V). Wie findet nun hier die Ausstoßung der Eier aus dem Ovarium statt? Bei der Gestaltungsweise der Eiröhre scheint die Annahme früherer Autoren, dass mit dem Ei zugleich auch der Follikel ausge- stoßen würde, sehr plausibel. Es würde einfach das Verbindungsstück (V, Fig. 46 und 47) reißen, wenn es überhaupt noch vorhanden ist, und das Ei sammt dem umgebenden Follikel würde sodann aus der Eiröhre in den Leitungsapparat übertreten. So verhält es sich aber in Wirk- lichkeit nicht. Sei es nun, dass das Verbindungsstück schon vorher zerrissen, oder dass es noch vorhanden ist, immer tritt das Ei aus dem Follikel aus, bevor es in den Leitungsapparat übergeht. Die Fig. 45 zeigt ein reifes Ei, welches soeben aus der Eikammer ausgetreten ist. Diese erscheint am Grunde zerrissen und nur hier noch weit ausgedehnt, während der obere Theil bereits zusammenge- fallen ist. An ihm sitzt oben noch das fadenförmige Verbindungsstück (V) an. Es scheint dieses Verhalten sehr sonderbar, zumal in dem Falle, in welchem das Verbindungsstück des letzten Follikels mit dem vor- hergehenden bereits zerrissen ist. Man sieht nicht ein, welche Kraft den Follikel selbst in seiner Lage zurückhält, während sie das Ei zum Austreten aus dem Follikel nöthigt. Man kann nur annehmen, dass trotz des allmählichen Herabrückens der Eianlagen zwischen Follikel- wand und Peritonealhülle doch eine, wenn auch nur schwache, orga- nische Verbindung vorhanden ist, welche gerade genügt, die Eikammer in ihrer Lage festzuhalten, wenn das reife Ei die Wandung am Grunde durchbricht und auf diese Weise den Follikel verlässt. Ist dies ge- schehen, so fällt die entleerte Eikammer von selbst zusammen und die nur schwache Verbindung mit der Peritonealhülle wird jedenfalls sehr bald gelöst, indem der Follikel der Degeneration anheimfällt. Wir sehen also auch bei dieser sehr abweichenden Gestaltungs- weise der Eiröhre den Austritt der Eier nach demselben Typus vor 330 Eugen Korschelt, sich gehen, wie wir ihn auch von den anderen Insekten kennen lern- ten. Das Ei tritt am Grunde der Eikammer aus und das Epithel bleibt zurück. Allerdings ist hier der Unterschied vorhanden, dass die Ver- bindung zwischen der Eiröhre und dem Leitungsapparat nicht erst im, Laufe der Zeit gelöst wird, sondern sie wird durch Zerreißen des Ver- bindungsstückes zweier Eikammern ohne Weiteres aufgehoben. Ei- röhre und Eileiter sind dadurch getrennt und werden im weiteren Verlauf ihrer Funktionirung nicht wieder vereinigt, also auch hierin ein Unterschied von den früher betrachteten Formen. Bei diesen sahen wir ja nach der Entleerung und Resorption der letzten Kammer einer Eiröhre eine allmähliche Verschmelzung der nächstfolgenden Eikam- mer mit dem »Stiel« der Eiröhre eintreten, so dass dadurch die Kon- tinuität zwischen Ovarium und Leitungsapparat wieder hergestellt wurde. Man sollte meinen, dass im untersten Theil der Eiröhre, da, wo der Austritt der Eier aus der eigentlichen Eiröhre bereits stattgefunden hat, zwischen je zwei ausgetretenen Eiern eine entleerte Eikammer läge. Sonderbarerweise verhält sich dies oftmals anders, indem man zwischen je zwei reifen Eiern mehr als eine entleerte Eikammer auf- findet. In den Abbildungen von Sphinx ligustri (Fig. 46 und 47 L.K) sieht man z. B. auf das letzte vom Follikel umgebene Ei der Röhre in verschiedenen Fällen zwei entleerte Eikammern folgen. Das »Corpus luteum« ist zuweilen so umfangreich, wie z. B. in der zweiten Ei- röhre der Fig. 46 (von links), dass man darauf schließen kann, es sei durch Zusammentreten mehrerer entleerter Eikammern entstanden. — Dieses Verhalten lässt sich nicht anders auffassen, als dass das aus- tretende Ei an der nächst unteren bereits entleerten Eikammer vor- beigleitet. Der Vorgang ist aus der Fig. 47 deutlich zu erkennen. Das Verbindungsstück (V) zwischen den einzelnen Eikammern und selbst das mit dem einen bereits entleerten Follikel (ZL.K) ist dort noch erhalten. Dadurch wird der Zusammenhang zwischen den Eikammern leichter bewahrt werden, und wenn das letzte in der Figur gezeichnete Ei aus seinem Follikel austritt, so wird es vielleicht an der bereits ent- leerten Eikammer (Z.K) vorübergleiten. Viel wahrscheinlicher ist es freilich, dass es dieses vor sich her schieben würde. Die Thatsache aber, dass sich zwei oder mehrere leere Kammern zwischen zwei aus- getretenen Eiern finden, bezeugt, dass der Vorgang in der geschil- derten Weise verlaufen kann. Zuweilen scheint die Peritonealhülle einer Eikammer nicht zugleich mit der letzteren zusammenzufallen, sondern sie bleibt vielmehr aufgetrieben, so wie in dem unteren Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 381 Fach der Fig. 47. Dann ist noch mehr Raum vorhanden, um das reife Ei vorbeipassiren zu lassen. In dem Fall der Fig. 46 (und auch der Fig. 47), in welchem zwei entleerte Eikammern (ZL.X) so nahe an einander liegen, ist es sehr wahrscheinlich, dass das reife Ei zugleich an beiden vorübertritt, so dass dann drei »Corpora lutea« direkt auf einander folgen. Sie dürften sich dann wohl später an einander schieben und zu einer gemeinsamen Masse degenerirender Zellen verschmelzen. Man findet immer viel weniger entleerte Eikammern im unteren Theil der Eiröhre auf als reife, d. h. ausgestoßene Eier vorhanden sind. Das spricht ebenfalls dafür, dass sich immer mehrere von ihnen ver- einigen. Sie werden wohl schließlich von den herabrückenden Eiern weiter geschoben und gelangen zuletzt mit diesen in den Eileiter. Indem sie weiterhin noch mehr zusammenfallen, werden sie immer weniger umfangreich, als dies z. B. noch in der Fig. 47 der Fall ist. Trochilium apiforme. Der Austritt der Eier vollzieht sich in ganz der nämlichen Weise, wie ich ihn von Sphinx ligustri schilderte. Zwischen den einzelnen ausgetretenen Eiern, die sich gewöhnlich in größerer Anzahl im unteren Abschnitt der Eiröhre oder vielmehr im »Eiröhrenstiel« vorfinden, war -ein »Corpus luteum« in den von mir beobachteten Fällen nicht vor- handen. In einer Eiröhre fand ich fünf ausgetretene, also vom Follikel ‚befreite Eier, die nur von der Peritonealhülle umgeben waren. Letz- tere ist nicht stark, so dass das ganze Präparat völlig durchsichtig ist. Zwischen den fünf Eiern sind keinerlei Reste der entleerten Eikammern vorhanden. Dagegen liegt oberhalb von ihnen ein Konvolut gefalteter Gewebsmasse, welches augenscheinlich aus Epithelzellen besteht. Daran reihen sich nach oben die noch vom Follikel bedeckten, also noch in der eigentlichen Eiröhre liegenden Eier. Der Zusammenhang ist allerdings auch hier schon gelöst, indem die eingeschnürten Stellen der Eiröhre, die Verbindungsstücke der einzelnen Follikel bei den unteren Eiern der Röhre bereits zerstört, während sie etwas weiter oben noch vorhanden sind. | Da sich zwischen den ausgetretenen Eiern »Corpora lutea« nicht finden, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass sich der Vorgang bei Trochilium in derselben Weise vollzieht wie bei Sphinx ligustri. Die austretenden Eier sind bei der entleerten Kammer des vorhergehenden Kies vorübergeglitten und die leeren Kammern sämmtlicher fünf Eier der oben beschriebenen Röhre haben sich zu einem gemeinsamen » Corpus luteum « vereinigt. 382 Eugen Korschelt, Ganz ähnliche Verhältnisse wie bei den beiden zuvor betrachteten Schmetterlingen finden sich bei einem Halbflügler, Naucoris cimicoides. Mehrmals fand ich in den Eiröhren zwei ausgetretene Eier hinter ein- ander liegend. An gefärbten Präparaten sind dieselben sofort dadurch kenntlich, dass sie weiß erscheinen, während die noch vom Epithel bedeckten reifen Eier dunkelroth gefärbt sind. Zwischen den beiden ausgetretenen Eiern war nun eben so wenig wie bei Sphinx ligustri und Trochilium eine entileerte Eikammer vorhanden. Auch lag wei- ter unten im Eileiter eine Anzahl von Eiern, zwischen denen man ebenfalls keinerlei Reste einer Eikammer bemerken konnte. Demnach scheinen auch hier die reifen Eier an den schon früher entleerten Fol- likeln vorbeizutreten und mehrere der letzteren sich zu einem größeren »Corpus luteum« zu vereinigen. Entleerte Eikammern fand ich vielfach auf (Fig. 48 L.K). Sie be- standen aus größeren oder kleineren Ballen, die in ihrem ganzen Aus- sehen den zusammengefallenen, gefalteten Epithelschlauch verriethen. In einzelnen Fällen erschienen sie mehr langgestreckt und zwar dann, wenn das Ei vor noch nicht langer Zeit aus ihnen ausgetreten. In anderen Fällen waren sie viel weniger umfangreich, kürzer geworden und mehr zusammengeballt, in noch höherem Grade, als dies z. B. bei der entleerten Eikammer (Z.K) der Fig. 48 der Fall ist. Das lange dünne Verbindungsstück (Fig. 48 V) zwischen den ein- zelnen Follikeln scheint bei Naucoris erst zu zerreißen, nachdem das Ei ausgetreten ist. Ich fand es immer bis zuletzt erhalten (Fig. 48 V). Immerhin wird durch den Austritt der Eier, der auch hier am Grunde der Eikammer stattfindet, der Zusammenhang zwischen Eiröhre und Leitungsapparat früher oder später völlig unterbrochen. Nepa cinerea. Die uns hier interessirenden Vorgänge lassen sich bei Nepa be- sonders gut studiren, weil das für die Bildung der komplicirt gestalte- ten Eischale ! nöthige Zellenmaterial sehr voluminös ist und desshalb nach Beendigung der Eibildung noch ein sehr zellenreiches Gewebe zurückbleibt, welches nicht so rasch zu verschwinden vermag. Die Eiröhre von Nepa gleicht der von Ranatra (Fig. 1, Taf. XVIH). Die Eikammern, welche einander erst mit breiter Basis ansitzen, schnüren sich bald immer mehr von einander ab, es bildet sich das 1 Die Bildung der Eihüllen etc. Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Bd. LI. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 333 dünne, zuletzt fadenförmige Verbindunssstück (Fig. 1, Taf. XVII und Fig. 49 Taf. XIX, V), welches endlich reißt, so dass die einzelnen Fol- likel der Eiröhre isolirt sind und ihr Zusammenhang mit dem Leitungs- apparat gelöst ist. Der Austritt der Eier findet auch hier, wie in allen vorher be- trachteten Fällen am Grunde der Eikammer statt. Ich beobachtete, dass solche Eier, welche völlig reif sind, was man an der Ausbildung aer Eistrahlen! leicht erkennen kann, mit ihrem Follikel sehr weit nach unten gerückt waren, so dass die Basis des letzteren an das obere Ende des muskulösen Eiröhrenstieles grenzte. Der Eiröhrenstiel scheint sonderbarerweise nicht nach oben offen, sondern vielmehr mit einem kuppelförmigen Abschluss versehen zu sein, so wie dies die Fig. 49 (St) erkennen lässt. Soll das Ei nun in den Eiröhrenstiel eintreten, so wird dieser Abschluss natürlich durchbrochen werden müssen, und das dürfte auch mit keiner großen Schwierigkeit verbunden sein, da seine Wandung eine sehr dünne ist. Übrigens habe ich diese Beob- achtungen nur an ganzen Präparaten, nicht an Schnitten gemacht, so dass die Abwesenheit einer Öffnung in diesem oberen Theil des Ei- röhrenstieles schließlich nicht mit absoluter Sicherheit zu konstatiren war, obgleich der Augenschein durchaus dafür sprach. Während der Eiröhrenstiel in seinem unteren Verlauf mit einem Muskelnetz versehen ist, besteht die ihm aufsitzende und den oberen Abschluss bildende Kuppel nur aus einem zarten Epithel (Fig. 49). In Fig. 49 ist die letzte Eikammer noch eine Strecke von der Kuppel ent- fernt. Das noch vorhandene, aber zerrissene Verbindungsstück (V) spricht dafür, dass aus der betreffenden Eiröhre bereits ein Ei ent- lassen worden ist. Da der Leitungsapparat trotzdem gegen das Ova- rium geschlossen erscheint, so muss sich dieser Verschluss später von Neuem gebildet haben. Eine Spur der entleerten Eikammer ist nicht mehr vorhanden. Die Eier, welche zum Austritt aus der Kammer bereit sind, liegen, wie erwähnt, dem oberen Ende des Eiröhrenstieles dicht an. Das noch vorhandene Verbindungsstück schlägt sich um und schmiegt sich der Wandung an. Das austretende Ei wird nunmehr sofort nach einander die Eikammerwandung, so wie die Kuppel des Eiröhrenstieles durch- brechen. Es scheint, als wenn der Follikel dabei eine kurze Strecke in den Eiröhrenstiel hineinglitte, und zwar so weit, dass er mit seiner Basis dort gelegen ist, wo die Muskulatur des Stieles beginnt. In 1 Die Eier von Nepa sind mit sieben langen fadenförmigen Anhängen, den sog. Eistrahlen versehen, ähnlich wie die von Ranatra, welche allerdings nur zwei »Ei- strahlen « besitzen (vgl. den Holzschnitt Fig. I p. 328). 384 Eugen Korschelt, dieser Weise fand ich die entleerten Eikammern stets dem Eiröhren- stiel aufsitzend (Fig. 50 L.X). Ob bei dem Hindurchtreten der Eier vielleicht die ganze zarte Kuppel zerstört wird, und nunmehr nur die leere Kammer den Eiröhrenstiel nach oben abschließt, oder ob die letztere wirklich in ihn hineingleitet, ist schwer zu entscheiden, da die Wand der Kuppel sehr dünn, und wenn sie ausgedehnt der leeren Kammer anliegt, kaum gesondert für sich zu erkennen ist. — Jeden- falls erhält man an Präparaten den Eindruck, als wenn die Wand der entleerten Eikammer direkt in die des Eiröhrenstieles überginge. Dann müsste eine Verwachsung zwischen beiden stattgefunden haben, der Inhalt der Eikammer würde dann allmählich resorbirt und es würde aus ihr schließlich der kuppelförmige Verschluss des Eiröhrenstieles hervorgehen. — Andererseits wäre es auch möglich, dass sich die Kuppel aus ihren noch vorhandenen Resten regenerirte, und dass die Resorption der Eikammer zum Theil innerhalb des Eiröhrenstieles er- folgte. — Ganz sicher ist, dass die entleerte Kammer am Anfang des Eiröhrenstieles sitzen bleibt und dass ihre Resorption an dieser Stelle wirklich vor sich geht, denn zwischen den im Eiröhrenstiel oder im Eileiter hinter einander liegenden Eiern sind keinerlei Reste der Ei- kammern vorhanden. Die Rückbildung der Eikammer erfolgt sehr rasch. Beim Austritt des Eies sind die Epithel- so wie die großen Doppelzellen noch voll- kommen gut erhalten. Sofort aber fällt die Eikammer zusammen und auch ihr Aufsatz schrumpft bedeutend (Fig. 50 L.K). Bald sind die einzelnen Zellen nicht mehr zu erkennen. Immer kleiner wird das Ganze, bis es nur noch als wenig umfangreicher Pfropf dem Eiröhren- stiel aufsitzt und schließlich ganz verschwindet. — In Fig. 50 ist die umgebende Peritonealhülle (Pi) weggelassen. Wie die Fig. 49 zeigt, vermittelt sie zu bestimmter Zeit allein die Verbindung zwischen der Eiröhre und dem Leitungsapparat. Ranatra linearis. Der Austritt der Eier erfolgt in derselben Weise wie bei Nepa. Die Eikammer wird am Grunde durchbrochen; die Strahlen ziehen | sich wie die Finger aus dem Handschuh aus dem umgebenden Gewebe I des Aufsatzes heraus. Das letztere ist gut erhalten, bald aber verschie- | ben sich die Zellen; die Eikammer selbst erscheint faltig. Der Umfang Ir. der entleerten Eikammer verringert sich in Bälde zusehends. Ihre Lage " ist dieselbe wie bei Nepa, am Anfang des muskulösen Eiröhrenstieles. | Auch hier lässt sich wie dort nicht entscheiden, ob die Kammer eine | Strecke in den Stiel hineingeglitten ist und von dem aufgetriebenen Über eınige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 385 oberen Theile desselben umgeben wird, oder ob sie dem Eiröhrenstiel direkt aufsitzt. Jedoch macht es bei Ranatra mehr den Eindruck, als ob das Erstere der Fall sei. Ich glaubte die dünne Epithellage der Kuppel am unteren Theil des Corpus luteum noch in dessen Umgebung erkennen zu können. Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist nunmehr, dass der Austritt der Eier aus der Eiröhre zwar immer nach demselben Typus stattfindet, dass sich aber in Be- zug auf das Verhalten der Eikammer nach erfolgter Ab- gabe der Eier bei den einzelnen Insekten mannigfache Verschiedenheiten herausstellen, welche auf die Gestal- tung der Eiröhre selbst und auf die Beschaffenheit ihres Epithels zurückzuführen sind. In allen Fällen wird die Eikammer am Grunde durch- brochen, da hier stets eine zellige Scheidewand vorhan- den ist, welche den Austritt der Eier aus dem Ovarium (der eigentlichen Eiröhre) in den Leitungsapparat ver- hindert. Die Verletzung, welche die Eiröhre dabei er- leidet, ist eine mehr oder wenigertiefgreifende Zuwei- len findet zugleich mit dem Durchbruch eine Ausdehnung der eingeschnürten Stelle am Grunde der Eiröhre statt und dasEi tritt aus der letzterenin den Leitungsapparat über, ohne dass der Zusammenhang zwischen Eiröhre und Eileiter gelöst würde. Eine Unterbrechung beider muss dann freilich noch durch die Auflösung der zurückgebliebenen, entleerten Eikammer herbeigeführt werden. In manchen Fällen wird sie aller- dings kaum bemerkbar, indem die Auflösung ganz allmählich vor sich geht und von dem Herabrücken der nächstfolgenden Eikammer be- gleitet ist, welche letztere sich dann mit dem Eiröhrenstiel wieder fest verbindet. In anderen Fällen dagegen und zumalda, wo das Eikammerepithel eine sehr dünne Lage bildet, ist der Aus- tritt der Eier von einemZerfall desEpithels und damit zu- gleich von der Zerstörung der ganzen Kammer begleitet, von der nur die Tunica propria zurückbleibt. Die letztere wird dann späterhin wohl ebenfalls aufgelöst. Wir sehenhier den Zusammenhang voneibildenden und eileitenden Organen plötzlich unterbrochen. Noch gewaltsamer geschieht diese Unterbrechung bei solchen Eiröhren, bei denen die Einschnürung zwischen den einzelnen Eikammern so weit -\ fortgeschritten ist, dass sie nur noch ein dünnes faden- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 25 3L6 Eugen Korschelt, förmiges Verbindungsstück darstellt. Von einem Hin- durchtreten der Eier durch diesen, übrigens solid ge- wordenen Theil der Eiröhre kann nicht mehr die Rede seinundso durchbrichtdasreife Ei dieBasis der Kammer anirgend einer Stelle, um in den Leitungsapparat zu ge- langen. Indem das eingeschnürte Verbindungsstück oft schon vorher abreißt, ist die Eiröhre vom Leitungsapparat abgetrennt und der Zusammenhang beider wird nurnoch durch die umgebende Peritonealhülle vermittelt. Die ent- leerte Eikammer fällt zusammen und findet sich als isolirter Ballen zelliger Substanz in der Peritonealhülle, bis sie resorbirt wird. Es bietetsich uns hier die interessante Erscheinung, dass das eigentliche Ovarium, welches ja durch die Ei- röhre repräsentirt wird, in Folge eines normalen Aktes der Zerstörung sich von dem übrigen Geschlechtsapparat ablöst und nur noch durch das Peritoneum mitihm in Zu- sammenhang gehalten wird. Indem nun in bestimmten Fällen eine Wiedervereinigung des abgelösten Ovariums mit dem Leitungsapparat eintritt, wiederholt sich die Ablösung und Wiedervereinigungder getrennten Theile periodisch. Durch unsere Beobachtung sehen wir, zum Theil wenigstens, die Ansicht derjenigen Forscher bestätigt, welche annahmen, dass sich die Eiröhre an ihrem Grunde erweitere, um die reifen Eier austreten zu lassen. Der Meinung, nach welcher die Eiröhre dabei zugleich als ei- jeitender Apparat dienen sollte, indem die Eier innerhalb des Epithels von einer Kammer in die andere treten sollten, brauche ich hierbei wohl kaum Erwähnung zu thun; sie gehört einem überwundenen Standpunkt an. Eine Erweiterung kann in solchen Fällen nicht mehr | stattfinden, in denen die Einschnürung eine zu enge geworden ist, ob- gleich dies einige Autoren für möglich zu halten scheinen. Doch tritt U im genannten Fall auch keine Abschnürung der gesammten Eikammer ein, wie andere Forscher glauben, sondern auch hier tritt das Ei aus | der Kammer aus, indem es diese hinter sich zurücklässt. Es können | also die Reste des Eikammerepithels und der Tunica propria nicht in | der Weise, wie einige der oben genannten Autoren vermuthen, den schleimigen Überzug der Insekteneier liefern, sondern dieser dürfte vielmehr von den Leitungswegen oder ihren Anhangsgebilden ausge- | schieden werden. Die entleerte Eikammer bleibt zurück und wird erst | allmählich aufgelöst. | Das Herabrücken der Eier in der Eiröhre geschieht zugleich mit | Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 337 dem umgebenden Epithel und seiner Tunica propria. Wenn ein reifes Ei ausgestoßen und seine Kammer aufgelöst worden ist, so nimmt die nächstfolgende Eikammer seine Stelle ein und es rücken in gleicher Weise die übrigen Eikammern der Röhre allmählich nach. Nicht innerhalb der Tunica propria, wie dies vermuthet worden ist, findet das Herabrücken der zelligen Elemente statt, während diese selbst den konstanten, unveränderlichen Theil der Eiröhre darstellt. Bei Eiröhren mit tief eingeschnürten Verbindungsstücken ist dieses Herabrücken von Eiern, Epithel- und Nährzellen innerhalb der Tunica propria als völlig unmöglich ohne Weiteres zu erkennen, doch auch bei den Eiröhren erscheint es ganz unwahrscheinlich, bei welchen die Einschnürung eine weniger tiefe ist. Die Scheidewände zwischen den Eianlagen werden dort meist von einem faserigen, bindegewebsartigen Epithelialgewebe gebildet, welches oft so bedeutenden Umfang erreicht, dass man kaum an ein Fortrücken dieser ganzen Gewebsmasse innerhalb der elasti- schen und zarten Tunica propria glauben kann. Was das Verhältnis der Eiröhre zum Leitungsapparat betrifft, so ist die Grenze zwischen eibildenden und eileitenden Organen nicht so schwer zu bestimmen, wie dies einige Autoren behaupten. So weit Eierin der Eiröhre entstehen und zu weiterer Ausbildung gelangen, ist daseigentliche Ovarium zu rechnen. Die Eier nehmen bekanntlich ihren Ursprung in der Endkammer oder dem Keim- fach, umgeben sich dann mit einem Follikelepithel und lagern sich hinter einander in der Eiröhre an. Damit sind die Eikammern oder Eifollikel entstanden. In ihnen machen die Eier ihre fernere Aushil- ‚dung durch. Ihr Dotterleib vergrößert sich und das Chorion wird gebildet. Da nun die Eier bis zuletzt von demselben Follikel um- schlossen bleiben, und von diesem entlassen werden, wenn ihre Aus- bildung vollendet ist, so lässt sich danach die Erstreckung des eigent- lichen Ovariums ohne Weiteres bestimmen. Bis dahin, wo die Eianlagen noch vom Follikelepithel umgeben sind, reicht die eigentliche Eiröhre, das Ovarium. Daran schließt sich nach unten direkt der Leitungsapparat an, wenn diese Verbindung nicht gerade durch Resorption einer entleerten Eikammer oder durch Abreißen einer solchen bei der Eiablage unterbrochen worden ist. Äußerlich unterscheidet sich das Ovarium von den Leitungs- wegen meist dadurch, dass seine Hülle weniger muskulös ist. Auch kann sich in Form einer Einschnürung, einer Falte oder hervorragen- den Wulstung eine direkte Abgrenzung der eigentlichen Eiröhre von dem Eiröhrenstiel bilden. Dieser letztere stellt den Anfang des Lei- tungsapparates dar. Er verbindet jede Eiröhre mit dem Eierkelch, 252 383 Eugen Korschelt, aus welchem der Eileiter die Eier weiter führt (vgl. den Holzschnitt Fig. IV, p. 366). Il. Abnorme Vorgänge bei Entstehung der Insekteneier. Zuweilen findet man die untere Eikammer einer Eiröhre von ganz eigenthümlicher Beschaffenheit. Ihre Wand ist bedeutend verstärkt, allem Anschein nach durch Wucherung der Epithelzellen. Die be- treffenden Eikammern machen zuerst den Eindruck von entleerten und in Rückbildung begriffenen Follikeln, wie ich sie z. B. von Decticus oben beschrieb. Bei näherem Zusehen bemerkt man jedoch, dass man es mit einer Eikammer zu thun hat, welche die Eianlage, wenn auch in verändertem Zustande, noch enthält. Ein solches Verhalten fand ich unter Anderem bei Reduvius personatus. Die untersten Eifollikel einiger Eiröhren besaßen eine dicke mehrschichtige Epithelwandung, deren Zellen ganz unregelmäßig an- geordnet waren. Sie zeigten außerdem den Charakter der Degenera- tion. Die Epithelkerne färbten sich ungewöhnlich stark, das Zellplasma besaß eine faserige Struktur. Zwischen den Zellen traten Lücken auf. — Die Dottermasse, welche das wenig umfangreiche Lumen der Eikammer erfüllte, zeigte nicht die gewöhnliche Beschaffenheit des Dotters, sondern erschien blasig und schaumig, besonders da, wo sie an das Epithel angrenzte. — Von normalem Erhaltungszustand war nur das zellige Gewebe, welches diese Eikammer mit dem vorher- gehenden Follikel und dem Eiröhrenstiel verbindet. Die ganze Beschaffenheit der Follikel lässt keinen Zweifel dar- über, dass die betreffenden Eier in Rückbildung begriffen waren. Es ist ein pathologischer Zustand, welcher die Eier befallen hat. Seine | Ursache lässt sich nicht erkennen, zumal schon desshalb nicht, weil | die übrigen Eianlagen derselben Eiröhren ausgezeichnet erhalten, in | völlig normalem Zustand waren. Dessgleichen fanden sich Eifollikel von der nämlichen Größe wie die pathologisch veränderten in den anderen Eiröhren desselben Ovariums. Eine ganz ähnliche Erscheinung, wie wir sie soeben bei Reduvius beobachteten, bemerkte ich bei ) Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 389 Bombus lapidarius,. Die Wände größerer Eikammern von ‚Bombus sind für gewöhnlich schwach, nur von einer einschichtigen Epithellage gebildet. Die Wandung wird dicker bei solchen Eikammern, die im Zustand der Degeneration befindlich. Ganz peripher findet man in ihnen eine Schicht regelmäßig angeordneter Kerne, nach innen zu dagegen sind dieselben unregelmäßig gelagert. Sie färben sich stark und dasselbe thun auch die Dotterkörner, so dass beide kaum von einander zu unterscheiden sind. Auf den ersten Blick lässt sich ein so beschaffenes Eifollikel als degenerirt erkennen, da es ein von normalem Verhalten völlig ver- schiedenes Aussehen darbietet. Auch bei Bombus waren in dem betreffenden Ovarium noch nor- male Eianlagen von gleichem Umfang vorhanden; eben so fanden sich in den Eiröhren mit abnorm ausgebildeten Follikeln Eianlagen von geringerem Umfang durchaus normal entwickelt, wie auch ihre Nähr- kammern eine völlig normale Beschaffenheit zeigten. Ob nun die übrigen Follikel der betreffenden Eiröhren späterhin ebenfalls einer Degeneration anheimfallen, oder ob sie zu normaler Ausbildung ge- langen, ist schwer zu sagen. Im letzteren Falle wäre anzunehmen, dass der unterste degenerirte Follikel allmählich resorbirt wird, in ähnlicher Weise vielleicht, wie wir die Resorption der entleerten Ei- kammern vor sich gehen sahen. Sodann würde der nächstfolgende Fol- likel in der gewöhnlichen Weise entleert werden können. Degenerationserscheinungen sind auch sonst von den Eiröhren der Insekten bekannt; so kommen sie z. B. in der Endkammer vor, wo sie in einer fettartigen Metamorphose der Zellkerne bestehen. ScHNEIDER ! hält diese Erscheinungen für Vorgänge, wie sie mit dem Altern der Thiere verbunden sind, also für Rückbildungen der gesammten Zellen- masse des Ovariums, da sie an der Ursprungsstelle der verschiedenen Zellenelemente auftreten. Ähnliche Vorgänge beobachtete auch ich in der Endkammer ver- schiedener Insekten. Es ist sehr wohl möglich, dass sie die ihnen von SCHNEIDER beigelegte Bedeutung haben. Es können ja so wie so in den meisten Fällen nicht alle Zellen der Endkammer verbraucht werden, und so müssen sie schließlich mit dem Altern des Thieres eine solche Umbildung erleiden. Die in der unteren Eikammer beobachteten Degenerationsvor- ! A. ScHnEIDER, Entwicklungsgeschichte der Geschlechtsorgane der Insekten. Zoologische Beiträge. Breslau 1885, 390 Eugen Korschelt, gänge dürften dagegen nicht eine solche normale Veränderung darstel- len, sondern sie sind jedenfalls pathologischer Natur, wie ich oben bereits darzuthun versuchte. Ihre Ursache zu ergründen, dürfte vor- läufig nicht im Bereich der Möglichkeit liegen. IV. Eine Oberflächenvergröfserung durch Bildung von Falten an der Innenseite des Follikelepithels von Rhizotrogus solstitialis. | Eine ganz eigenthümliche Erscheinung bemerkte ich an jüngeren und älteren Eianlagen von Rhizotrogus solstitialis. Ich fand die Innen- wand des Epithels gefaltet, so wie dies die Fig. 51—54 F (Taf. XIX) erkennen lassen. Diese Falten bestehen aus einer Einstülpung der ein- schichtigen Epithellage (Ep) ins Innere des Eies. Sie können sich zu- weilen bis beinahe in die Mitte des Eies erstrecken (Fig. 51 F). Ihre Form ist verschieden. Entweder haben sie mehr die Gestalt von schmalen, ins Innere des Eies vorragenden Zapfen, oder sie stellen breite, flächenhafte Einstülpungen dar. Die ersteren würden auf dem Querschnitt ein allseitig begrenztes, ungefähr kreisförmiges und wenig umfangreiches Lumen aufweisen, während dasselbe bei den letzteren die Form eines schmalen zwischen zwei Flächen eingeschlossenen Spal- tes hat. Je nachdem die Falten nun diese oder jene Form haben, ihr Lumen | enger oder weiter ist, kommt eine sehr verschiedenartige Gestaltung der Oberfläche des Eies zu Stande. Es finden sich in der Form der Fal- ten mannigfache Übergänge, solche die tiefer, andere die weniger tief ' einschneiden, sich dafür aber weiter über die Oberfläche verbreiten. Über das Zustandekommen der Falten geben uns solche Bilder ! Auskunft, wie wir eines in Fig. 52 dargestellt sehen. Die mittlere der drei Eikammern, die noch sehr klein und wenig ausgebildet ist, zeigt 1° am Grunde eine geringe Einstülpung des Epithels, deren Entstehung # durch bloße Faltung der Epithellage man sich sehr gut denken kann. | Findet man an jungen Eikammern Falten, so zeigen sie immer dieses | Verhalten. Im Allgemeinen sind aber die Falten in jüngeren Eikam- | mern überhaupt selten, sie scheinen sich für gewöhnlich erst in älte- ren Eikammern zu bilden. | Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 391 Solche Falten, wie sie die Fig. 53 enthält, bilden eine Überleitung zu den langgestreckten Falten der Fig. 51 und 54 (F). Die Zahl der vorhandenen Falten überschreitet meiner Beobach- tung nach niemals drei, sobald sie tiefer einschneiden. Sind sie da- gegen weniger tief oder eigentlich nur vertiefte Furchen der Ober- fläche, so kann eine größere Anzahl gleichzeitig auftreten. Querschnitte des Eies nehmen dann ein ganz bizarres Aussehen an. Besonders gilt das von mehr oberflächlichen Schnitten, durch welche mehrere Falten zu gleicher Zeit getroffen werden. Der Verlauf der Wandung erscheint auf dem Schnitt mannigfach verschlungen und macht zuerst leicht den Eindruck, als ob der Schnitt zerstört und verschoben wäre. Der Er- haltungszustand ist aber ein sehr guter und die durch die Epithelwand gebildeten Kurven laufen immer in sich zurück. Zuweilen treten die Falten nur an einem Theil, z. B. am unteren Pol des Eies auf; man findet dann nur einen Theil der Schnitte gefaltet, die anderen zeigen dagegen die regelmäßig kreisförmige Gestalt der Eiquerschnitte. Unwillkürlich setzt man die gefaltete Follikelwand in Beziehung zum Eileiter, dessen Innenwand ja ähnliche Falten und Zotten bildet und der Gedanke liegt nicht fern, dass die Tendenz der Faltenbildung auch der morphologisch und entwicklungsgeschichtlich gleichwerthigen Wand der Eiröhre eigen ist. Sie kommt aber nur noch zuweilen zum Ausdruck. In den meisten Fällen sind die Falten nicht vorhanden, d. h. die Eier scheinen’ sich in der Mehrzahl ohne diese Einrichtung zu entwickeln. Stellen wir die Frage nach der Bedeutung der Faltenbildung, so dürfte die zunächstliegende Antwort lauten, dass der ganze Vorgang abnormer Natur ist. Gegen diese Annahme spricht aber die Thatsache des sehr häufigen Auftretens der Falten an Eiern von den verschieden- sten Ausbildungsstufen und von histologisch völlig normaler Beschaffen- heit. Ich beobachtete die Falten an Exemplaren, die ich vor Jahren in Leipzig gefangen, und deren Ovarien ich damals geschnitten hatte, so wie an solchen, die ich vergangenen Sommer in Freiburg fing. — Die allem Anschein nach durchaus normale Beschaffenheit der Eier, der vorzügliche Erhaltungszustand des Epithels, das Verhalten der Dottersubstanz und das Vorhandensein des Keimbläschens in seiner für das Stadium der betreffenden Eier typischen Ausbildung giebt uns durchaus keinen Anlass, das Auftreten der Epithelfalten als eine patho- logische Veränderung der Eifollikel anzusehen. Von Kunstprodukten, etwa durch Verletzung der Eikammern beim Präpariren der Ovarien, kann erst recht nicht die Rede sein. Die zahlreich beobachteten Eifollikel waren völlig unverletzt. Es zeigen 392 Eugen Korschelt, dies auch schon die Abbildungen der betreffenden Abschnitte des Fol- likels. Solehe Querschnitte mit ein oder mehreren Falten wie der in Fig. 51 dargestellte, findet man sehr häufig, bei älteren Eianlagen mit größeren, bei jüngeren mit kleineren Falten. Erklären wir die Faltenbildung für einen normalen, wenn auch nicht regelmäßig stattfindenden Vorgang, wie wir es wohl thun müssen, so können wir ihm keine andere Bedeutung zuschreiben, als die einer Oberflächenvergrößerung zu besserer Ernährung des Eies von Seiten des Epithels. Dafür scheint mir auch die Beschaffenheit des Dotters in der Umgebung der Falten zu sprechen. Er färbt sich stärker und ist von mehr feinkörniger Beschaffenheit, als der übrige Dotter des Eies (Fig. 51, 53 und 54), ganz so wie die Dotierzone an der Peripherie des Eies, welche dem Epithel anliegt. Ich führte dieses Verhalten der peripheren feinkörnigen Dotterzone schon früher auf die Ernährung des Eies von Seiten des Epithels zurück, indem ich die Vermuthung auf- stellte, dass die betreffende feinkörnige Form der Dottersubstanz die- jenige sei, in welcher diese vom Epithel ausgeschieden wird. Die ge- färbte Zone im Umkreis der Falte ist oftmals ganz besonders breit, breiter als die periphere Zone. Dies würde ebenfalls für die oben ausgesprochene Vermuthung sprechen. Mit dem Wachsthum des Eies werden wohl die Falten zurückge- bildet, vielleicht werden auch ihre Reste vom Dotter resorbirt. Jeden- falls fand ich sie an älteren Eiern, bei welchen die Ausbildung des Chorions zu beginnen hat, nicht vor. Mit der Bildung des Chorions (als cuticulares Absonderungsprodukt der Epithelzellen) würde sich auch die Persistenz der Falten nicht vereinigen lassen. Die beschriebene Erscheinung besitzt außerordentlich große Ähn- lichkeit mit dem entsprechenden Vorgang, wie er von den CGephalo- poden bekannt ist. Bei Cephalopoden (z. B. bei Sepia und Loligo) bildet die zellige Eikapsel zahlreiche Falten, welche tief ins Innere des Eies hineinreichen. Diese Falten besitzen nach der Darstellung Ray LAnkester’s! eine ganz frappante Ähnlichkeit mit denen, wie wir sie bei Rhizotrogus fanden. Dies lehrt z. B. die von LAnk£sTEr gegebene Fig. 10 (Taf. XI), so wie Fig. 23 (Taf. XI). Ein Unterschied besteht darin, dass an der »Eikapsel« der Gephalopoden immer eine größere Anzahl von Falten auftreten, bei Rhizotrogus hingegen immer nur wenige, so viel ich beobachtet habe. Zwischen der inneren Kapselwand, welche die Falten bildet, und der äußeren treten nach Lankzster Blutgefäße auf, welche die ernährende Funktion des Epithels zu bestätigen scheinen. i Developmental History of the Mollusca. Philos. Transactions of the Royal Society. Vol. 465. London 4376. Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 393 Dessgleichen thut dies der von LAnkester beobachtete Vorgang der Ablösung einzelner Zellen der Epithelfalten und ihre Auflösung im Dotter. Wie die Epithelfalten der Cephalopodeneier dürften sehr wahrscheinlicherweise auch die von Rhizotrogus als eine Vorrichtung zur besseren Ernährung des Eies zu deuten sein, eine Erscheinung übrigens, die meines Wissens ganz vereinzelt in der Lehre von der Eibildung dasteht, und die um so merkwürdiger ist, als sie in der Ei- bildung der übrigen Insekten bis jetzt kein Analogon findet. Freiburg i. Br., December 1886. Erklärung der Abbildungen. Die Figuren sind theils nach frischen, theils nach konservirten Objekten und Schnitten mit dem Zeichenapparat entworfen. Die gelbe Färbung in den Figuren der Taf. XVIII deutet immer Chitintheile an. Bedeutung der Buchstaben, diefüralleFiguren gelten: D, Dotter; Dz, Doppelzelle; K, Kerne der Doppelzellen ; k, Kerne des Epithels; Pt, Peritonealzelle; St, Eistrahlen (in Fig. 1—27); St, Eiröhrenstiel (in allen folgenden Figuren); V, Verbindungsstück je zweier Eier (eingeschnürte Stelle der Eiröhre). Tafel XVII. Fig. ı—27. Ranatralinearis. Fig. 4. Längsschnitt einer Eiröhre von Ranatra. Etwas schematisirt. Die Doppelzellen (Dz)in den größeren Eikammern gut sichtbar. Ihrerhizopodoiden Kerne sind dunkel gehalten. A, der konische »Aufsatz« der Eikammern, in welchem die Doppelzellen (Dz) liegen; Enf, Endfaden; En, Endkammer; Kbl, Keimbläschen ; Kz, Keimzellen; V, der verbindende Zellenstrang (eingeschnürte Stelle der Eiröhre) zwischen je zwei Eikammern. Vergr. 30fach. Fig. 2. Oberer Theil der Eischale, von welchem der eine Strahl (St) abgeht. Das Chorion zeigt eine polygonale Felderung, welche auf die Eistrahlen übergeht. Vergr. 54fach. Fig. 3. Oberer Theil eines Eistrahles von Ranatra. Derselbe ist erfüllt von einer porös schwammigen Masse (Schw.Sch) und oben von einer porösen (P.Sch), unten aber von einer homogenen, cuticulaähnlichen Außenschicht umgeben (h.Sch). Vergr. 54fach. Fig. 4. Eier von Ranatra in einem vom Wasser etwas macerirten, abgebroche- 394 Eugen Korschelt, nen Blattstengel steckend. Die Strahlen ragen nach außen hervor. An dem frei- gelegten vorderen Theil erkennt man die Lage der Eier. Aus den betreffenden Eiern waren die Embryonen schon entlassen, wesshalb sie etwas mehr als ge- wöhnlich nach außen vorschauen. Natürliche Größe. Fig. 5—8. Theil von Längsschnitten der Eikammerwandung, welche die Ent- stehung der »Doppelzellen« illustriren. Man sieht, wie einige der Epithelkerne sich vergrößern (Fig. 5 und 7 K) und so bedeutend wachsen, dass sie die übrigen Epi- thelkerne (k) bald bedeutend an Umfang übertreffen (Fig. 6—8 K). D, Dotter des Eies; Ep,Epithel der Eikammerwand; Kbl, Keimbläschen; Sch, epitheliale Scheide- wand je zweier Eier. Vergr. 360fach. | Fig. 9—11. Theile von Längsschnitten, welche zeigen, wie sich je zwei der nunmehr noch mehr vergrößerten Kerne (K) sich an einander legen. In der Um- gebung je zweier solcher großen Kerne differenzirt sich ein gemeinsamer Plasma- hof und es ist dadurch die mit zwei Kernen versehene Doppelzelle entstanden. Die Schnitte von Fig. 10 und 44 sind etwas tangential geführt, wesshalb eine so große Anzahl von Epithelkernen (k) sichtbar ist. Es sind dies die peripherisch gelegenen Kerne des Follikels. Vergr. 360fach. Fig. 12. Ein Querschnitt durch den Eikammeraufsatz. Er zeigt die vier großen Kerne (K) der beiden im Entstehen begriffenen Doppelzellen. Die großen Kerne beginnen bereits wieder aus einander zu rücken. %k, Epithelkerne; D, Dotter. Ver- größerung 200fach. Fig. 13. Theil eines Querschnittes durch den Eikammeraufsatz. Die Kerne (K} der Doppelzellen (Dz) beginnen pseudopodienähnliche Fortsätze auszusenden. Vergr. 200fach. Fig. 44. Querschnitt des Aufsatzes in einem ähnlichen Stadium wie Fig. 13. Die Epithelkerne (k) haben ihr Aussehen in so fern verändert, als ihr stark sich fäarbender Kernkörper umfangreicher geworden ist. Dasselbe ist der Fail in den folgenden Fig. 15 und 46, Längsschnitten des Aufsatzes, welche die großen Kerne (X) in verschiedenen Lagen zeigen. D, Dotter. Fig. 14—146 Vergr. 200fach. Fig. 47. Längsschnitt eines Theiles der Eiröhre. Es sind eine ältere und zwei jüngere Eikammern getroffen, von denen die erstere die eigenthümliche Form des Aufsatzes mit einer Doppelzelle (Dz) erkennen lässt. D, Eidotter; Ep, Follikelepi- j thel; Sch, zellige Scheidewand je zweier Follikel. Vergr. 90fach. | Fig. 18. Doppelzelle mit gut abgegrenztem Protoplasmaleib. Die großen Kerne (K) rhizopodoid gestaltet. k, die umgebenden Kerne des Epithels. Vergr. 300fach. Fig. 49. Querschnitt des Eikammeraufsatzes, welcher die beiden Doppelzellen (Dz) in ähnlichem Stadium zeigt, wie die vorhergehenden Figuren. Vergr. 446fach. Fig. 20. Längsschnitt eines Aufsatzes, in dem die bereits zum Theil ausgebil- deten (hier gelb gehaltenen) Eistrahlen (St) liegen. Mit ihrem oberen Ende befin- den sich die Strahlen innerhalb der Doppelzellen (Dz) und zwischen je zwei großen Kernen (K). D, Eidotter. Vergr. 72fach. Fig. 24. Theil eines Längsschnittes in ähnlichem Stadium der Chitinbildumg wie auf der vorigen Figur. Nur ist die Ausbildung des Strahles weiter vorgeschrit- ten, wie man an dem Vorhandensein der homogenen Außenschicht (h.Sch) erkennt. Am oberen Theil fehlt die homogene Schicht noch und die innere schwammige Masse (schw.Sch) ist erst zum Theil gebildet. Vergr. 72fach, Fig. 22. Theil eines Längsschnittes vom oberen Pol des Follikels. Nach innen von der epithelialen Wandung (Ep) des letzteren erkennt man die verschiedenen Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 395 Schichten der Eischale; die obere zuletzt entstandene und desshalb dunkel gefärbte Leistenschicht (L.Sch), darauf folgend eine dicke und von Porenkanälen durch- setzte, im Übrigen aber homogene Lage (h.Sch) und schließlich die innere schwam- mig poröse Schicht (schw.Sch) des Chorions. Die letztere ist zum Theil umgeklappt. Man sieht sie desshalb nur unten im Profil, oben aber schaut man auf ihre Fläche. — Die Figur zeigt, wie die einzelnen Schichten des Chorions in die entsprechenden Schichten des Strahles nach oben übergehen. Der Strahl selbst ist nur an seiner Ursprungsstelle gezeichnet. Vergr. 200fach. Fig. 23—25. Etwas schräg geführte Querschnitte der Doppelzellen, welche die Bildung des Chitins der Strahlen (St) verdeutlichen sollen. Die letztere findet zwi- schen den Kernen der Doppelzellen statt. Sie beginnt in Fig. 25, ist weiter vorge- schritten in Fig. 24 und ziemlich vollendet in Fig. 23. Die großen Kerne besitzen auch hier noch Pseudopodien, die besonders gegen den Herd der Chitinbildung - gerichtet sind. Die Schnitte sind durch das obere Ende eines noch in der Ent- stehung begriffenen Strahles geführt. Vergr. 162fach. Fig. 26. Querschnitt eines Aufsatzes mit ziemlich fertigen Strahlen (St). Die Strahlen erscheinen da völlig ausgebildet, wo sie von gewöhnlichen Epithelzellen umgeben sind, da letztere die homogene Außenschicht abzuscheiden haben. Da, wo die Doppelzellen den Strahlen noch anliegen, ist ihre Ausbildung noch nicht vollendet. Es fehlt dort die homogene Lage. Vergr. A46fach. Fig. 27. Querschnitt des Aufsatzes. Ein dem Anschein nach abnormes Stadium. Das Chitin der Strahlen erscheint eigenthümlich aus einander geflossen. Vergr. 446fach. | Fig. 28. Rhizotrogus solstitialis. Theil eines Längsschnittes von der Übergangsstelle der Eiröhre in den Eiröhrenstiel (St). Ep, konische Wucherung des Epithels am unteren Pol der untersten Eikammer (Ei). Vergr. 54lach. Fig. 29. Carabus auratus. Längsschnitt von der Übergangsstelle der Ei- röhre in den Eiröhrenstiel. Zwischen der untersten Eikammer (Ei) und dem Ei- röhrenstiel (St) befindet sich eine höchst umfangreiche Wucherung des Epithel- gewebes (Ep), den Verschluss zwischen Eiröhre und Leitungsapparat bildend. Ep’, Epithel des letzteren; Pt, Peritgnealhülle. Vergr. 90fach. Fig. 30. Periplaneta orientalis. Längsschnitt vom unteren Theil einer Eiröhre. Ei, das letzte Ei der Eiröhre mit seinem Epithel. Darauf folgend eine mehrschichtige Wucherung des letzteren und eine entleerte Eikammer (ZL.K), deren zellige Wandung bereits zerfallen und nur noch in ihren stark färbbaren Über- resten vorhanden ist. Auf sie folgt abermals eine zellenreiche Epithelwucherung (Ep’), die den Zugang zum Leitungsapparat verschließt. In ihrer Umgebung ein rinsförmiger, muskulöser Wulst (W), der als Sphincter zu deuten sein dürfte. St, der sogenannte Stiel der Eiröhre mit seinem Epithel. Vergr. 90fach. Tafel XIX. Fig. 33—35. Decticusbicolor, Fig. 31. Längsschnitt einer entleerten Eikammer (L.K). Das Lumen der Kam- mer von Zellenmasse ziemlich ausgefüllt, die nach oben übergeht in das Epithel der vorhergehenden Eikammer (Ei), nach unten in das des Eiröhrenstieles (S$2). Fig. 32. Eine entleerte Eikammer (Z.K) im weiteren Stadium der Rückbildung. ‚Daran schließt sich nach oben die letzte gefüllte Eikammer, nach unten der musku- löse Eiröhrenstiel (St) an, dessen Epithel (Ep) zum Theil von der Fläche gezeich- net ist. Vergr. 54fach. 396 Eugen Korschelt, Fig. 33. Querschnitt einer noch weiter rückgebildeten entleerten Eikammer, in welcher die Epithelzellen bereits ziemlich zerfallen sind. Vergr. AA6fach. Fig. 34 A und B. Eiröhren von Decticus mit entleerten Eikammern (L.K), von denen eine das Ei erst zur Hälfte entlassen hat (Fig. 34 B, L.K). Fig. 35. Längsschnitt. Unteres Ende einer Eiröhre mit reifendem Ei(E;) und mit den Resten einer entleerten Eikammer im Eiröhrenstiel (St). Vergr. A46fach. Fig. 36. Eierstock von Locusta viridissima mit einigen entleerten Eikam- mern (L.K). Kl, Eierkelch; Z, Eileiter. ‘Fig. 37. Decticusbicolor. A, Epithel einer Eikammer, welche ein reifes Ei enthält; B, Epithel einer vor Kurzem entleerten Eikammer, die sich bedeutend zusammengezogen hat. Vergr. beider Figuren 462fach. Fig. 38. Locusta viridissima. Wie in voriger Figur, A, das Epithel einer vollen, B. dasjenige einer entleerten Eikammer. Vergr. 162fach. Fig. 39A und B, Carabusnemoralis. A,Epithel einer vollen, B, einer ent- leerten Eikammer. Vergr. 200fach. Fig. 40 und 44. Dytiscus marginalis. Fig. 40. Entleerte Eikammer (L.K) mit dicker Epithelwandung und Übergang in den muskulösen Eiröhrenstiel (St), dessen Epithelfalten sehr hoch hinauf reichen (Fig. 44). Vergr. 90fach. Fig. 41. Entleerte Eikammer (L.K) in weiterem Stadium der Rückbildung. Ei, vorhergehende Eikammer; St, Eiröhrenstiel. Vergr. 90fach. Fig. 42. Musca vomitoria. Eiröhre mit vor Kurzem entleerter Eikammer (L.K), die einen faltigen Schlauch darstellt. V, Verbindungsstrang (eingeschnürte Stelle der Eiröhre) zwischen je zwei Eikammern. Vergr. 54fach. Fig. 433. Aromia moschata. Entleerte Eikammer, deren Epithel zerfallen ist. Seine Kerne sind noch erhalten und finden sich besonders am oberen und unteren Pol der Kammer in dichten Anhäufungen. Ei, vorhergehende Eikammer; St, muskulöser Eiröhrenstiel; Pt, Peritonealhülle. Vergr. 54fach. Fig. 44. Vanessa urticae. Längsschnitt einer Eikammer mit oberem und unterem Verbindungsstrang (V). Der Inhalt ist nicht gezeichnet. Ein Theil der oberen Wand ist herumgeklappt, so dass er von der Fläche zu sehen ist. Auffällig sind dabei die langgestreckten, schon früher von mir beschriebenen Epithelzellen!. Vergr. 72fach. Fig. 45. Sphinx ligustri. Entleerte Eikammer mit noch anhängendem Ver- bindungsstück (V). Das entlassene und in den Eiröhrenstiel übertretende Ei. Pt, mit Muskulatur belegte Peritonealhülle der Eiröhre. Fig. 46. Sphinx ligustri. Unterer Abschnitt eines der beiden Eierstöcke, dessen vier Eiröhren sich in dem hier wenig entwickelten Eierkelch vereinigen. Die Eiröhren enthalten oben reife, noch vom Follikel umgebene Eier; sodann ent- leerte Eikammern (L.K). Ausgetretene Eier finden sich in den Eiröhrenstielen. Zwei Eier liegen im Eileiter (L). Vergr. circa 2!/afach. Fig. 47. Sphinx ligustri. Theil einer Eiröhre aus dem unteren Abschnitt. Zwei Eikammern (Ei) mit reifen Eiern und dem Verbindungsstück (V). Weiter unten zwei entleerte und zusammengefallene Eikammern (L.K). Das Ganze ist um- geben von der Peritonealhülle und Muskulatur (Pi), von denen sich der Eiröhren- stiel hier nicht besonders auszeichnet. Fig. 48. Naucoris cimicoides. Unterer Theil der Eiröhre. Ei, ein Eifol- 1 Nova Acta Acad. Leop.-Carol. Bd. LI. | ae an a En Zu Ze Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. 397 likel mit reifendem Ei; V, Verbindungsstrang zwischen zwei Follikeln, von denen das untere (L.K) entleert und zusammengefallen ist; E?’, ein reifes Ei im Eiröhren- stiel (S2). Fig. 49 und 50. Nepacciinerea. Fig. 49. Theil vom unteren Abschnitt der Eiröhre. Ei, Eifollikel mit einem reifen Ei und unterem Verbindungsstück (V), welches aber bei der Abgabe des letzten Eies zerrissen ist; Pt, Peritonealhülle; Si, Stiel der Eiröhre, der nach oben kuppelförmig abgeschlossen ist. Fig. 50. Entleerte Eikammer (L.K), welche dem muskulösen Eiröhrenstiel (St) aufsitzt. In ihr die Überreste der die Strahlen bildenden Doppelzellen noch zu er- kennen. Vergr. 54fach. Fig. 54—54. Rhizotrogus solstitialis. Fig. 51. Querschnitt einer Eikammer, umgeben von der Peritonealhülle (Pi). Das Epithel (Ep) bildet eine Falte (F), die bis ziemlich in die Mitte des jungen Eies reicht. Vergr. 54fach. Fig. 52. Theil eines Längsschnittes der Eiröhre. Es sind zwei jüngere und eine ältere Eikammer getroffen. Zwischen ihnen ist die dicke, zum Theil aus langge- streckten, modificirten Epithelzellen gebildete Scheidewand (Sch) bemerkenswerth. In der zweiten der beiden Eikammern eine kleine von der Epithelwand (Ep) gebil- dete Falte. D, Eidotter; Pt, Peritonealhülle. Vergr. 54fach. Fig. 53. Theil eines Längsschnittes einer älteren Eikammer, umgeben von Peritonealhülle und Muskulatur (Pt). Das Epithel (Ep) bildet drei Falten, die ins Innere der Kammer hineinragen. Der Dotter ist in der Umgebung der Falten so wie am Rande, wo er an das Epithel angrenzt, etwas stärker gefärbt und feinkörniger als in seiner übrigen Masse. Dasselbe bemerkt man an den Fig. 51 und 54. Vergr. 72fach. Fig. 54. Längsschnitt vom unteren Theil der Eiröhre. Übergang in den Ei- röhrenstiel (St), umgeben von Peritonealhülle und Muskulatur (Pi). Zellenreiche, bindegewebsartige Wucherung des Epithels (Ep’) am Grunde der Eikammer, wel- ches diese vom Eiröhrenstiel abschließt. Die zottenähnlichen Falten des letzteren reichen sehr weit hinauf und verstärken ihrerseits den Abschluss. Das Epithel bil- det am unteren Pol zwei Falten, von denen die eine besonders lang ist und weit ins Innere des Eies reicht. Vergr. 54fach. Nachwort zu meinem Artikel „Über den feineren Bau des Knochengewebes“ '. Von A. Kölliker. Ich habe ein unliebes Versehen gut zu machen, indem ich bei Schilderung der perforirenden oder Vorxmanv’schen Kanäle der Knochen des neuesten Autors, G. Pommer, nicht gedachte, der in seinen vorzüg- lichen »Untersuchungen über Osteomalacie und Rachitis, nebst Bei- } trägen zur Kenntnis der Knochenresorption und -Apposition und der | durchbohrenden Gefäße. Leipzig 1885«, wie schon der Titel besagt, | auf p. 44—76 auch die Vorkmann’schen Kanäle in extenso abhandelt. } Auf die ausführlichen und offenbar sorgfältigen Schilderungen des | Inhaltes dieser Kanäle durch Pommer will ich hier nicht weiter ein- | gehen, wohl aber möchte ich bemerken, dass dieser Autor, eben so ! wie v. VoLKMANN und v. Esxer, diese Kanäle durch Resorption schon ge- | bildeter Knochensubstanz entstehen lässt, eine Ansicht, die ich, wie | man weiß, für die fraglichen Kanäle normaler Knochen nicht theile | und zu der mich auch die Ausführungen von Pommzr nicht bekehren. " Kanäle (s. Pommer, p. 45 ff.), die für Entstehung der Kanäle durch Re- sorption angeführt werden könnte, habe ich noch nicht gesehen und! was Pommer sonst gegen Schwausr’s und meine Ansicht anführt (p. 49), die wir die Vorkmann’schen Kanäle wie die gewöhnlichen Gefäßkanäle) der Knochen entstehen lassen, hat meiner Meinung nach auch keine) j Beweiskraft. Alle Gefäßkanäle der Knochen sind ursprünglich ohne) bildet, so müssen lamellenlose Kanäle Lamellensysteme durchbrechen.) Eben so wenig ist es auffallend, wenn Vorkmann’sche Kanäle Grund- | 1 Diese Zeitschr. Bd. XLIV, p. 644. 4, Kölliker, Nachwort zu: Über den feineren Bau des Knochengewebes. 599 lamellen, ohne Störung der Anordnung der Lamellen, einfach durch- setzen. Dasselbe geschieht ja auch mit den Snarprv'schen Fasern und hat einfach zur Voraussetzung, dass gleichzeitig mit den periostalen oder vom Marke ausgehenden Knochenablagerungen auch Gefäße in die neu sich bildende Knochensubstanz sich erstrecken, die, im Falle sie keine reichere Umhüllung von Bindegewebe oder Mark haben, zur Entstehung enger und engster perforirender Kanäle Veranlassung geben. Würzburg, 16. Januar 1887. Bemerkung zu: Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. Theil I. (Dieser Band, 1. Heft, p. 86 ff.) Von Dr. H. Henking. Auf Taf. IX sind nach Angabe des Lithographen in einer Anzahl von Tafelabzügen einige Details nicht deutlich zum Ausdruck gekom- men. Bei der Wichtigkeit derselben glaube ich hiermit darauf auf- merksam machen zu sollen. | In Fig. 40 ist der rothe Überdruck der Kernanlage ausgeblieben. Sie befindet sich halb links unten, etwa in der Mitte zwischen Mittel- punkt und Peripherie des inneren Kreises. In Fig. 43 sollten bei der oberen Kernfigur von den einander zu- gewandten Seiten der Chromatinkörnchen zarte (grau gezeichnete) Fädchen ausstrahlen, welche nicht völlig zur Berührung kamen, son- dern sich in einer in der Mitte der Figur befindlichen zart gekörnelten Zone verloren. Es bezieht sich hierauf die Beschreibung auf p. 117. Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System’. Von Dr. W. Reinhard, Privatdocent in Charkow. Mit Tafel XX—XXII und zwei Holzschnitten. Seitdem die Bestimmung des Verwandtschaftsgrades zwischen ein- zelnen Gruppen des Thierreichs einer der vielen Zwecke der zoologi- schen Untersuchungen geworden ist, erhielten diejenigen das meiste Interesse, deren Stellung im System sich zur Zeit als unbestimmbar erwiesen hatte. Wie der historische Abriss der betreffenden Litteratur weiterhin zeigt, wurden die Echinoderes zu den verschiedenartigsten Gruppen " gezählt und mit ihnen verglichen. — Nach Möglichkeit ihren anatomi- schen Bau, dessen Kenntnis viele Lücken besaß, zu erforschen und auf Grund der so erweiterten Erfahrungen genauer ihre Stellung im System zu bestimmen, — das war der Zweck meiner Untersuchungen. Meine Beobachtungen jedoch sind nicht erschöpfend; es fehlt ihnen vor Allem die Erforschung der Entwicklung dieser interessanten Ge- schöpfe. Die Hoffnung, im Laufe der Zeit diese Lücke auszufüllen, war der Grund, wesshalb ich diese meine Arbeit, welche schon längst völ- lig beendet ist, nicht früher drucken ließ. Ungeachtet aller darauf ' gerichteten sorgfältigen Bemühungen konnte ich bis jetzt nicht die, in der Entwicklung begriffenen, Eierchen der Echinoderes auffinden; so ‚ entschloss ich mich denn, der Hoffnung Raum gebend, künftig ihre ‚ Entwicklung zu verfolgen, jetzt die Beschreibung des anatomischen 4 Baues und derjenigen neuen Formen herauszugeben, die es mir ge- | lungen ist, in der Umgebung Odessas aufzufinden. 1 Arbeiten der Gesellschaft der Naturforscher in Charkow. 1885. Bd. XIX, Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 26 402 W, Reinhard, Was die Stellung der genannten Thiere im System anbetrifft, so hielt ich es für möglich, schon jetzt, allein auf Grund besonderer ana- tomischer Umstände, einige Folgerungen zu ziehen. Professor Kowau£vskı, der sie mehrmals in der Umgegend Odessas fand, lenkte meine Aufmerksamkeit auf diese interessanten Geschöpfe hin. Ihm schulde ich auch den Hinweis auf den Ort ihrer Auffindung, wesshalb ich es für eine angenehme Pflicht halte, ihm hier meinen auf- richtigen Dank auszusprechen. Litterarische Übersicht. Im Jahre 1841 entdeckte F. Dusarnın! kleine gegliederte Thiere, welche er Echinoderes benannte, um gewissermaßen damit ihre Ähn- lichkeit mit den Echinorhynchen zu bezeichnen. Er beschreibt ihre allgemeine Gestalt, die Zahl der Segmente, den Verdauungskanal und erwähnt auch Augenflecken. Dusarnın hat mehrere Mal diese Thiere beobachtet, hat sie mehr als ein Jahr lang in Gefäßen gehalten, aber stets fand er sie ohne Ge- schlechtsorgane. »Hätte ich sie innerhalb mehr als eines Jahres, immer in ein und derselben Form, nicht beobachtet,« sagt er, »so würde ich sie für Larven halten.« »Wie unvollkommen auch meine Beobachtun- gen sein mögen,« bemerkt er weiter, »so glaube ich doch, dass sie, nach zehnjährigem vergeblichen Bemühen etwas Neues. hinzuzufügen, genügend sind, um hier den Typus der Thiere zu zeigen, welche sich von Acanthocephala, Rotatoria, Copepoda und Sipunculida unterschei- den und trotzdem in mancher Hinsicht einem jeden von ihnen gleichen. Es sind einigermaßen Copepoda ohne Extremitäten, mit dem Munde von Sipunculus, dem Halse von Echinorhynehus und einem muskulösen Ösophagus ähnlich demjenigen der Systolides, Tardigrada und Nema- todes.« Am Ende seines Aufsatzes über Ichthydina?2 macht Max ScHuLTzE die Voraussetzung, dass die von Dusarnın Echinoderes genannten Thiere vielleicht zu eben derselben Gruppe gehören. LeuckArT? in seinem Bericht über die Leistungen in der Naturgeschichte niederer Thiere ist nicht dieser Meinung. Dieses Thier, sagt er, sei ihm schon seit dem Jahre 1846 bekannt, als er es auf Helgoland beobachtete. Es ist nicht mit Wimpern bedeckt und hat einen dichten Chitinpanzer. Es ! Observations zoologiques par FELıx Dusarnın. Annales des sciences naturelles. 15. Th. 3 ser. 1854. ? Max SchuLtze, Über Chaetonotus und Ichthydium. Mürzer’s Archiv 1853. 3 R. LEuckArt, Bericht über die Leistungen in der Naturgeschichte niederer Thiere. 1848—4853. Müuter’s Archiv. p. 355. 1854. _ Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 403 scheint ihm viel wahrscheinlicher, dass die Echinoderes Larven zwei- flügeliger Insekten sind. Enıers! sagt in seiner bekannten Arbeit über Borstenwürmer, dass nach seiner Meinung die Echinoderes am nächsten den Nematoden stehen. Nach einem Zwischenraum von mehr als zehn Jahren erschienen die bekannten Untersuchungen von CLAPAREDE?, in welchen auch Beob- achtungen über die uns interessirenden Thiere mitgetheilt sind. Außer der von Dusardın beschriebenen und von ihm Echinoderes Dujardinii benannten Art fand er in St. Vaast la Houge noch eine andere — Echi- noderes monocerceus. Er beschreibt in Kürze das Rüsselchen, den Ver- dauungskanal, die Augenflecken, welche seiner Ansicht nach sich auf iänglichen Nervenganglien befinden. Außerdem beschreibt er noch »Nervenknoten« und Samendrüsen. Wie Dusarnın hält Crararede die Echinoderes für ausgewachsene Thiere aus dem Grunde, weil bei Beobachtungen im Laufe einer langen Zeit er keine Veränderungen an ihnen bemerken konnte. Er meint, dass ihre Entwicklung zu einer anderen Zeit vor sich gehe, als in der, während welcher er seine Beobachtungen anstellte. Was die Stellung der Echinoderes im System anbetrifft, so zählt CLararkpe sie zu den Würmern, obgleich er am Ende seiner Beschreibung zum zweiten Mal hinzufügt, dass er bei ihnen keine Spur von einer Wimperbewegung weder auf der Oberfläche des Körpers noch im Verdauungskanal be- merkt habe, — eine sehr seltene Erscheinung bei Würmern. Die Ein- theilung des äußeren Skeletts erinnert an die Arthropoden, obgleich die Thiere keine gegliederten Extremitäten haben. Zu den Anneliden stehen sie in gar keiner Beziehung, da ihre Borsten nur einfache Aus- wüchse der Cuticula bilden. Der Schlund ist das einzige Organ, das an die Platoden erinnert. Hinsichtlich der Rüsselbewegung sind sie den Rotatorien ähnlich; aber außer den Wimpern fehlen ihnen noch die Absonderungsorgane dieser letzteren. Die Abwesenheit der Wim- pern und die Gliederung des Körpers unterscheidet sie von den Ichthy- dina. Mit den Echinorhynchen haben sie nur die äußere Ähnlichkeit des Rüssels gemein. Daraus zieht Crarırtpe den Schluss, dass die Echinoderes einen vereinzelt dastehenden Typus zwischen den Wür- mern bilden, welcher ein verbindendes Glied zwischen ihnen und den Arthropoden ausmacht. Ich habe schon erwähnt, dass CLArArkpe eine neue Art dieses Thieres — Echinoderes monocereus — beschrieben hat, 1 E. Enzers, Die Borstenwürmer. p. 7. 1864. ? CLAPAREDE, Beobachtungen über Anatomie u. Entwicklungsgeschichte wirbel- loser Thiere. 4863. p. 90. 26* 404 W. Reinhard, obgleich er hinzufügt, dass die von ihm beobachteten Unterschiede vielleicht nur geschlechtliche Eigenthümlichkeiten sind. Ein Jahr später, in dem Artikel »über einige wenig bekannte nie- dere Thierformen !«, macht Professor MErTscaniIkorr einige Mittheilungen über Echinoderes Dujardinii und Echinoderes monocercus, welche er auf Helgoland beobachtete. . Was den inneren Bau der genannten Thiere anbetriflt, so beob- achtete er bei ihnen der Länge nach durch den ganzen Körper gehende Muskeln. Die von CLArArkpe als Samendrüsen genannten Organe haben nichts mit den Vermehrungsorganen gemein. Bei der Dürftigkeit unseres Wissens in Betreff des Baues der Echinoderes ist es schwer, irgend etwas hinsichtlich ihrer Stellung im System zu sagen. METSCHNIKOFF hält es für wahrscheinlich, dass die Echinoderes Larvenformen eines noch unbekannten Thieres sind. »Auch so viel ist gewiss, dass Echinoderes keine bemerkenswerthe Verwandtschaft mit den Ichthydinen zeigt, wie es M. Scaurtze glaubt, und noch weniger mit den Nematoden, denen Enrzrs dasselbe annähern möchte.« Im Jahre 1869 erschienen die bekannten » Untersuchungen« von GREEFF ?, in denen mit einer zu jener Zeit erreichbaren Vollständig- keit der anatomische Bau der uns beschäftigenden Thiere beschrieben war. Außerdem giebt Grerrr hier die Beschreibung einiger neuer Arten. Er war der Erste, der den Bau des vorderen Theiles des Verdauungs- kanales genauer erforschte und beschrieb. GREEFF ist ebenfalls der erste Versuch zuzuschreiben, die Art und Weise der Bewegungen der Echinoderes zu erklären und die Muskula- tur ihres Körpers zu beschreiben. Er entdeckte auch zuerst die Fort- pflanzungsorgane. Was die Stellung der Echinoderes im System anbetrifft, so meint GREEFF, sie haben wegen der scharf ausgeprägten Gliederung ihres Körpers, des Vorhandenseins von Borsten, hauptsächlich der furcal- artigen, Ähnlichkeit mit den frei lebenden Copepoda. Diese Ähnlich- keit jedoch ist nur eine äußere, weil sie keine Anhänge, die ihnen zur | Bewegung dienen, haben, womit sie sich von den übrigen Arthropoden | unterscheiden. Nichtsdestoweniger meint Grerrr, dass die auf dem | Kopf stehenden Häkchen, und besonders die zweigliedrigen Borsten des Schlundkopfes, wie Extremitäten von Arthropoden angesehen wer- 1 ErLıas METSCHNIKOFF, Über einige wenig bekannte niedere Thierformen. Diese | Zeitschr. Bd. XV. 1865. ? RICHARD GREEFF, Untersuchungen über einige merkwürdige Thiergruppen des | Arthropoden- und Wurmtypus. Archiv für Naturgeschichte. Bd. XXXV., 1869, Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 405 ‘ den können, nicht nur wegen ihrer Form, sondern auch wegen ihrer _ Verrichtung, denn im Zustande der Thätigkeit erscheinen sie aus- gestreckt, folglich als äußerliche Anhänge. Sie können nicht mit den Kiefern und den Pharyngealanhängen der Anneliden verglichen wer- den. Die Eigenthümlichkeit dieser Gruppe bildet nach seiner Meinung auch die Heteronomie der Körperabschnitte, welche sie den Arthro- ‚ poden nähert. Zunächst unterscheidet sich das Kopfsegment von den ‚ anderen; das dritte und vierte Segment sind nicht abgetheilt, die übri- gen endlich unterscheiden sich, indem sie in Tergal- und Sternalplatten ‚ zerfallen. Diese zwei Gruppen von Segmenten betrachtet Grerrr als vorderen und hinteren Theil des Körpers. Den Kopf und den »Hals« vereinigt er wieder zu einer Gruppe, aber die zwei folgenden Segmente betrachtet er als Brusttheil. | In der deutlichen Segmentation des Panzers der Rotatorien, und der Ähnlichkeit des Vordertheiles des Körpers mit dem entsprechen- den Theil bei den Echinoderes, sieht er einigermaßen einen äußeren - Zusammenhang zwischen diesen beiden Thiergruppen. Wenn man dem inneren Bau Aufmerksamkeit schenkt, so erhält man, seiner Meinung nach, neue Beweise der Annäherung der Echino- “ deres an die Nematoden und ihrer Entfernung von den Rotatorien. , Diese Beweise bestehen in der Ähnlichkeit des Verdauungskanales und ‘der Embryonenbildung bei den Echinoderes und den Nematoden. GREEFF meint, dass weder die Entwicklungsstadien, noch die völlig ent- " wickelten Thiere, irgend einen Anhaltspunkt für eine Verbindung mit den Anneliden geben. Auf solche Weise denkt er, dass man die nächsten Verwandten ‚der Echinoderes unter den Nematoden zu suchen habe. Eine Verwandt- ‚ schaft mit den Rotatorien bestehe nur hinsichtlich der äußeren Kenn- zeichen. Im folgenden Jahre erschien die zweite Arbeit Metscnnikorr's über Echinoderes!. Er beobachtete drei Arten dieser Thiere: Echinoderes monocereus Clap., Echinoderes Dujardinii Clap., und eine neue Art, die er Echinoderes brevispinosa benennt. Bei den letzten zwei Arten ent- deckte er Männchen und Weibchen und meint, dass dem Äußeren nach | beide Geschlechter einander ähnlich sehen. MErtscunikorr beweist, dass | GREEFF die Samendrüsen für Eierstöcke gehalten hat, und die Samen- | körper für Keime, welche denen der Nematoden ähnlich seien. Außer- dem beschreibt er die Samenkörper der Echinoderes Dujardinii und ‚ der Echinoderes brevispinosa. Die Entwicklung dieser Thiere gelang es 1 E. METScHNIKoFrF,, Bulletin de l!’Acad&mie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. 4870. Bemerkungen über Echinoderes. | | | | 406 W, Reinhard, METSCHNIKOFF nicht zu beobachten. Er sagt, er habe nur kleine, durch- sichtige, unentwickelte Echinoderes gesehen, welche in den Hauptum- rissen den entwickelten ähnlich sind. Diese Thatsache widerlegt nach Merschnikorr's Meinung die früher von ihm ausgesprochene Ansicht, dass Echinoderes monocercus eine unentwickelte Form anderer Echi- noderes seien. ‘ Im Jahre 1875 veröffentlichte PAsEnstecHer ! die Beschreibung einer neuen Art Echinoderes, welche von ihm schon im Jahre 1870 bei Porto-Pi, unweit Palma di Mallorka aufgefunden worden war. Es ge- lang ihm nur drei Exemplare dieser Thiere zu finden, welche er als zu einer und derselben Gattung gehörig, aber in verschiedenen Lebens- altern stehend ansieht. Den Process der Häutung hat PAGENSTECHER nicht beobachtet. Das erste Exemplar nur von 0,2 mm Größe (ohne Schwanzborste) hatte nur eine einfache Endborste und zehn mit Borsten versehene Segmente. Die Borsten standen paarweise nur auf der Bauchseite. Das zweite Exemplar von 0,17 mm Größe hatte außer den paarweise stehenden Bauchborsten noch Rückenborsten, die ebenfalls paarweise standen. Es hatte 41 mit Borsten versehene Segmente, und auf dem Endsegment zwei lange Borsten. Ungeachtet des Unterschie- , des zwischen ihnen meint PAGENSTECHER doch, dass die letzte Form aus der ersten mittels Häutung entsteht, und desshalb ist sie kleiner, ob- gleich sie eine entwickeltere Form ist. Das dritte Exemplar, dessen Größe er nicht angiebt, hatte ein deutlich wahrnehmbares elftes Seg- ment; außer den großen Rückenborsten hat es auch Bauchborsten, welche paarweise auf den vorderen Segmenten stehen. Das Zerfallen der Segmente in drei Theile fängt vom dritten Segment an. Die Be- deckungen des Echinoderes sind sehr zart, und nur die scharfen hin- teren Enden erscheinen etwas gelb. PAGENSTECHER meint, dass man bei diesen Thieren Alles, was vor dem ersten mit Borsten versehenen Seg- ment liegt, für den Kopf halten soll. Augenscheinlich hält PAGEnsTECHER für das Halssegment nicht nur das besondere, vordere, enge Segment, wie es GREEFF thut, sondern auch den hinteren Rüsseltheil, denn er sagt, der Hals sei durch einen Kranz von 28 Stacheln abgegrenzt. Vor den Häkchen liegen zwei rothe Augen. Der Mund ist von sechs bis acht Häkchen umgeben und geht konus- artig hinein. Um die Chitinröhre des Ösophagus sah PAGENSTECHER eine Schicht Epithelium, und dann eine Schicht Muskeln. Hinsichtlich der Stellung im System scheint ihm der Vergleich mit den Nematoden nicht zu passen. Er ist eher geneigt, sie zwischen 1 PAGENSTECHER, Echinoderes Sieboldii. Diese Zeitschr. Bd. XXV. Suppl. 1875. | 1 - Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 407 Anneliden und Arthropoden einzureihen, obgleich die Eigenthümlichkeit der Anneliden — Segmentalorgane — bei ihnen nicht existirt. Das äußere Skelett dient den Muskeln als Stütze, eben so wie bei den Arthropoden. Er sieht einige Verbindung zwischen den Echinoderes und den Rotatorien, welche sich in der Ähnlichkeit des Kopfsegmentes der ersteren mit dem Räderorgan der zweiten äußert. Im Jahre 1876 versucht Bürscari! auf Grund schon vorhandener Beweise hinsichtlich des Baues der Echinoderes noch genauer ihre Stellung im System zu bestimmen. Der Vergleich mit verschiedenen Thiergruppen führt ihn zur Annahme, dass die Echinoderes mit den Gastrotricha zu einer Gruppe Nematorhyncha vereinigt werden müssen, den Nematoden nahe stehend, und die, gleich wie die Arthropoda, von diesen letzteren sich abtrennten. Die Anneliden bilden nach seiner Meinung einen ganz besonderen Zweig. Im Jahre 1884 konnte ich zwei Sommermonate in der Umgegend Odessas verleben, wobei ich Gelegenheit hatte, die hier befindlichen Echinoderes zu beobachten. Die Resultate meiner Beobachtungen wur- den im Zoologischen Anzeiger jenes Jahres gedruckt?. Außer den Echi- noderes Dujardinii fand und beschrieb ich fünf neue Arten. Was den anatomischen Bau anbetrifft, so erwähnte ich in dieser Arbeit eine Körperwand, Längs- und Rückenbauchmuskeln, eben so auch einige Muskeln, die zur Bewegung des Rüssels und des Ösophagus dienen. Dann fand ich auch die Drüsen des Ösophagus und die Segmental- organe, in welchen ich Wimperbewegung beobachtete. Ich bestätigte ebenfalls die Beobachtungen METScHNIKOFFSs, nach welchen GREEFF fälschlicherweise die Samendrüsen für Eierstöcke der Echinoderes ge- halten hat. Ich erwähnte, dass ich mehrmals die Eierstöcke, die Samen- drüsen und ebenfalls die entwickelten Samenkörper beobachtet habe. Im Juni und Juli des Jahres 1883 hatte ich die Möglichkeit die oben erwähnten Beobachtungen zu vervollständigen. Die gewonnenen Resultate wurden in einer Sitzung der zoologischen Sektion der VI. Zusammenkunft russischer Naturforscher in Odessa? mitgetheilt. Ich beschrieb hier ausführlicher den Rüssel der Echinoderes und die ihn in Bewegung setzenden Muskeln, eben so die den Ösophagus bewegen- 1 BürscaLı, Untersuchungen über die freilebenden Nematoden und die Gat- tung Chaetonotus. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 4876. 2 W. ReınHArD, Über Echinoderes und Desmoscolex der Umgegend von Odessa. Zoologischer Anzeiger. 4884. Nr. 97. 3 W. Reın#Arp, Zum Bau der Echinoderes. Protokolle der VII. Versammlung russischer Naturforscher und Ärzte. Sitzung der zool. Sektion den 22. August 1883. Odessa. 408 W, Reinhard, den Muskeln. Ich beobachtete äußere Geschlechtsanhänge bei den Männchen der Echinoderes ponticus Reinh. und Echinoderes dentatus Reinh., verfolgte auch die Entwicklung der Samenkörper, und wies darauf hin, dass der Kern des Spermatoblastes, indem er sich ver- längert, den Centraltheil des Samenkörpers bildet. Hier erwähne ich auch die Lage der Nervenganglien der Echinoderes. Allgemeine Form und Bedeckungen des Körpers. Die Echinoderen haben eine gestreckte Form und sind mit einem mehr oder weniger hellen Chitinpanzer bedeckt, auf welchem größten- theils die Segmentation ziemlich deutlich ausgeprägt ist. Gewöhnlich bezeichnet man als erstes Segment oder Kopf dasjenige, welches mit Stacheln besetzt ist. Dusarnın hat es solcher Weise benannt. Übrigens nennt es CLararkoe Rüssel, GreerF Kopf, Pacenstecuer ebenfalls Kopf, und unterscheidet in ihm zwei Theile — einen Hals- und Kopftheil, oder einen Rüssel. Mir scheint, es ist völlig unbegründet, einen Körpertheil Kopf zu benennen, der nur zeitweise, wenn das Thier eine Bewegung macht, sich herausstreckt, sonst aber im ruhigen Zustande in der Leibeshöhle zurückgezogen bleibt, und unzweifelhaft eine Fort- setzung des Darmkanales ist. Dieses sogenannte Kopfsegment enthält nicht, wie wir noch weiter sehen werden, ein centrales Nervensystem und ist nicht mit Anhängen versehen, die solch eine Benennung recht- fertigen. | Das Vorhandensein von Pigmentflecken will auch nichts sagen, desshalb halte ich diesen Körpertheil für einen ausstülpbaren Rüssel, der zur Fortbewegung dient; die Stacheln, die ihn bedecken, haben vielleicht auch irgend eine Bedeutung, nämlich für das Zermalmen der Nahrung. Was die Gesammtzahl der Segmente am Körper dieser Thiere be- trifft, so herrscht darüber einige Meinungsverschiedenheit. In dem historischen Überblick der Abhandlungen über Echinoderes habe ich schon erwähnt, dass Dusarnın zehn Segmente aufzählt, ohne Kopf- und Schwanzplatte; im Ganzen also zwölf. Crarıripe findet zwölf Seg- mente, den Rüssel nicht mitgerechnet. Alle von Grerrr beschriebenen Arten haben, den Kopf mitgerechnet, zwölf Segmente, mit Ausnahme des Echinoderes monocercus, der nur elf hat, während CLArArkDE diesem letzteren auch zwölf Segmente zuschreibt. Nach PAGENSTECHER hat der von ihm beschriebene Echinoderes Sieboldi zwölf Segmente (Kopf und Hals für ein Segment gerechnet). Ich bin zur Annahme geneigt, dass die Gesammtzahl der Segmente bei allen Echinoderes gleich ist, wenigstens ist es bei denjenigen der Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 409 Fall, wo sie genau gezählt werden können. Bei allen von mir unter- suchten Arten, die ziemlich dieke Körperdecken und deutlich erkenn- bare Segmente haben, sind elf Glieder vorhanden. Ich ziehe dabei den Rüssel und das sogenannte Halssegment, welches man nicht immer an- trifft, nicht in Betracht; dagegen zähle ich das Analsegment hinzu, wel- chem die »Furcalborsten« anhängen, und welches nicht alle Autoren gesehen haben, weil es oft vollständig ins vorhergehende Segment ein- gezogen und dann leicht zu übersehen ist. Auf solche Weise hat der Echinoderes dentatus elf Segmente (Fig. 4 mit eingezogenem Anal- segment und Fig. 14 mit ausgestrecktem Analsegment). Eben so viele Segmente finde ich bei Echinoderes ponticus, Echinoderes spinosus, Echinoderes pellueidus und Echinoderes dubius. Bei Echinoderes Metschnikoffii sind die Grenzen der letzten Segmente bei der außer- ordentlichen Zartheit ihrer Bedeckung nicht bemerkbar. Indessen nach der Breite der vorhergehenden Segmente und den seitlichen Anhängen zu urtheilen, denke ich, dass auch hier elfsind. Bei Echinoderes Kowa- levskii sind die letzten Segmente gleichfalls nicht deutlich von einander abgesetzt, bei Echinoderes acercus und parvulus ist es fast unmöglich sie zu zählen. Aber auch in diesem Falle finde ich, wenn ich die von der Bedeckung gebildeten Auftreibungen, Auswüchse, Stacheln etc. in Be- tracht ziehe, dieselbe Zahl der Segmente. Desshalb nehme ich an, dass Dusarvın, indem er nur zwölf Segmente aufzählt, das Analsegment nicht für ein besonderes Segment hält, eben so wie GREEFF, während Crara- REDE und PAGENSTECHER wahrscheinlich das Analsegment gesehen und für ein Segment gehalten haben. Meinungsverschiedenheit zwischen den genannten Gelehrten herrscht auch darüber, von welchem Segment ab die Zertheilung des Skelettes in drei Platten anfängt. Wir haben schon gesehen, dass nach Dusarvın die Zertheilung vom dritten Segment beginnt, nach CLAPAREDE vom zweiten, nach GREEFF vom vierten!, während PAGENSTECHER, bei der von ihm beschriebenen Art, die Zertheilung vom dritten Segment an beobachtete. Für das »Halssegment« hält er einen Theil des »Kopfes« — bis zum Kranze von 28 Häkchen. Dagegen nennt GrEErFF »Halsseg- ment« den Theil, der nach dem Rüssel folgt. Die darauf befindlichen Verdiekungen dienen seiner Meinung nach dazu, diesem Theil eine ge- wisse Starrheit und Spannung zu geben. Wenn dieses Segment wirklich, wie er es annimmt, ein ungetheiltes ist, so finde ich es sonderbar, dass es beim Einziehen des Rüssels eine ganz kuppelartige Form annehmen kann, ohne sich dabei in Falten zu legen. Eine von mir beschriebene I GREEFF sagt, dass auch Dusarpın vom vierten Segment an eine Segmentirung gesehen; ich finde bei ihm keine solche Bemerkung. 410 W., Reinhard, Art — Echinoderes spinosus — kann ebenfalls diesen Theil auf solche Weise einziehen, wie es GreErF beschrieben hat; jedoch hier besteht er aus einzelnen dreieckigen Platten, die mit ihrer breiten Seite dem nächstfolgenden Segment anliegen (Fig. 43, 48, 50). Bei Echino- deres pontieus besteht dieser Theil der Bedeckung auf der Rücken- seite aus vier fast viereckigen Platten, von denen die beiden mittleren etwas größer sind als die seitlichen. Längs dieser Platten bemerkt man kleine Längsstreifen (Fig. 20). Auf der Bauchseite finde ich auch vier Platten. Die zwei größeren mittleren haben eine gestreckte Form, während die seitlichen dreieckig sind. Eben solche Anhänge findet man auch bei Echinoderes dentatus. Bei den übrigen, von mir beschrie- benen Arten, finde ich durchaus nicht solche Anhänge. Bei Echi- noderes pellueidus und Echinoderes dubius sind ebenfalls keine An- hänge, und bei eingezogenem Rüssel bemerkt man auf dem ersten Segment Längsstriche, hervorgebracht durch die sich in Falten legende dünne Chitinhaut dieses Segmentes (Fig. 61, 75, 77). Ich halte den- jenigen Theil, welchen Grerrr Hals nennt, nicht für ein selbständiges Segment, sondern nur für einen Anhang des ersten Segmentes, wel- ches, wie wir gesehen, oft ganz fehlt; erst vom folgenden ab fange ich an die Segmente zu zählen. Das erste, nach Greerr’s Rechnung das zweite, Segment findet man nicht immer als ein ungetheiltes, wie es dieser Gelehrte meinte. Bei einigen von mir beschriebenen Arten (Echinoderes dentatus und Echinoderes ponticus) zerfällt es in Theile, und zwar nicht in drei, wie die übrigen Segmente, sondern in vier. Die Rückenplatte ist auch hier die größte und biegt sich etwas zur | Bauchseite hin ab. Ihre Ränder verdicken sich, hauptsächlich der vor- dere. Drei Bauchplatten haben eine dreieckige Form mit abgeschnit- tenen Spitzen. Die inneren und unteren Ränder dieser Platten sind | bei Echinoderes dentatus etwas verdickt und bilden eine kleine Kante (Fig. 2). Vom unteren Rande dieser Platten geht eine dünne ver- bindende Platte zum folgenden Segment. Bei Echinoderes ponticus haben die Bauchplatten des ersten Segmentes eben solch eine Form; indessen fehlt hier der untere ungetheilte verbindende Theil. Jede der Platten legt sich leicht auf das folgende Segment; ihre unteren Theile sind durch einen Querreifen getrennt, und der dann folgende freie Raum mit längslaufenden, parallelen Strichelungen bedeckt. Parallel mit dem Querreifen, quer durch alle Platten zieht sich eine | Reihe Punkte (Fig. 23). Der untere und obere Rand der Rückenplatte | ist ebenfalls mit einer Reihe Punkte begrenzt (Fig. 20). Echinoderes pellucidus (Fig. 59, 70) und Echinoderes spinosus (Fig. 43, 48, 50) haben ein ungetheiltes erstes Segment. Bei den übrigen, von mir beschriebenen Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 411 Ecehinoderes komnte ich keine Gliederung der Bauchplatten entdecken. Alle folgenden Segmente, mit Ausnahme der beiden letzten, sind bei den obengenannten Echinoderes einander ähnlich. Ihre Bauchfläche ist in zwei Platten getheilt, während die Rückenfläche aus einer ganzen besteht. Auf diese Weise hat jedes Segment drei Platten. Dieselbe Zahl nehmen auch alle anderen Gelehrten, die über Echinoderes ge- schrieben haben, für alle Segmente, mit Ausnahme der ungetheilten, an. Nach Merscunikorr sind die Rückenplatten der Echinoderes Dujardinii, angefangen vom dritten Segment, ebenfalls gegliedert. GREEFF jedoch meint, dass diese Gliederung sich bloß auf den verdickten Vorderrand dieser Platten beschränke. Eine vollständige Gliederung der Rücken- platten habe auch ich bei Echinoderes Dujardinii nicht bemerkt. Die Bauchplatten weisen an bestimmten Stellen Verdickungen auf, welche die verschiedenen Arten genau charakterisiren. So er- scheint beim Echinoderes dentatus der Vorderrand jeder Bauchplatte mehr als zur Hälfte verdickt. Diese Verdickungen beginnen mit ab- gerundeten Rändern, umfassen die innere vordere Ecke jeder Platte, und indem sie sich längs der inneren Seite weiter ziehen, werden sie immer schmäler, bis sie sich endlich ganz verlieren (Fig. 1, 2, 6, 14). Echinoderes ponticus hat längs dem ganzen Vorderrande, und theil- weise auch längs dem äußeren Rande, verdickte Bauchplatten. Die Verdiekungen der inneren Ränder sind denjenigen bei den Echino- deres dentatus ähnlich. Jede der Rückenplatten hat auch wulstige Ränder wie bei Echi- noderes dentatus und Echinoderes pontieus (Fig. 3, 31). Die Verdickung der vorderen Plattenränder ist bei Echinoderes spinosus weniger ausgeprägt (Fig. 44); bei den übrigen Arten kann man sie gar nicht unterscheiden. Der Mitteltheil jeder Bauchplatte des vorletzten Segmentes ist bei Echinoderes dentatus etwas einge- kerbt (Fig. 14). Weniger ist diese Einkerbung bei Echinoderes ponti- eus zu bemerken (Fig. 24, 21). Die Rückenplatte dieses Segmentes ist bei Echinoderes dentatus mit zwei Einkerbungen versehen, wodurch ihr mittlerer, abgerundeter Theil etwas hervortritt. Das letzte, das Anal- oder Geschlechtssegment (man kann es desshalb so nennen, weil es den After und die äußerlichen Geschlechtsorgane enthält), ist bei Echinoderes dentatus hinten abgerundet; es besteht aus zwei Platten, doch ist die untere, wenigstens in einiger Ausdehnung, eingeschnitten. Bei Echinoderes pontieus hat es dieselbe Gestalt und besteht aus zwei Platten. An dem neunten und zehnten Segment des Echinoderes dentatus befinden sich ovale Chitinwülste nicht weit vom inneren Rande der 412 W, Reinhard, Bauchplatten, fast inmitten der Längslinie jeder. Bei Echinoderes ponticus finde ich nur ein paar solcher Wülste. Die anderen von mir beschriebenen Arten der Echinoderes haben gar keine. Ähnliche Ver- dickungen sind von GREEFF bei Echinoderes Dujardinii beschrieben worden. Die Bedeckungen der Echinoderes sind gewöhnlich mit verschie- denartigen Anhängen, als Stacheln, Borsten versehen, deren Verthei- lung, wie wir es bei der systematischen Beschreibung sehen werden, genaue Gattungskennzeichen giebt. Ähnliche kurze Stacheln findet man auf der Rückenfläche aller Segmente, mit Ausnahme des vorletz- ten und letzten beim Echinoderes dentatus. Lange Stacheln haben auch Echinoderes spinosus und Echinoderes dubius. Eine oder zwei findet man bei Echinoderes pellucidus, zwei bei Echinoderes par- vulus und acercus, eine bei Echinoderes Metschnikoffii. Die Borsten können auch auf der Grenze zwischen Rücken- und Bauchplatten eini- ger Segmente vertheilt sein (Echinoderes spinosus, Fig. 43, 45 und andere, Echinoderes Kowalevskiüi, Fig. 56, 58, 54, 52), oder in der Mitte einiger Bauchsegmente, wie bei Echinoderes dentatus (Fig. 2), Echinoderes pontieus (Fig. 22) und Echinoderes spinosus (Fig. 43, 50). Bei Echinoderes Kowalevskii finden sich Anhänge besonderer Art inmitten der Bauchfläche einiger Segmente (Fig. 56). Das neunte und zehnte Segment sind zuweilen mit spitz zulaufenden Rändern versehen, wie bei Echinoderes Metschnikoffii (Fig. 88, 89, 90, 92) und den ihm verwandten Echinoderes acercus (Fig. 96, 97). Weniger ausgebildet sind sie bei Echinoderes pellueidus (Fig. 48), Echinoderes dubius (Fig. 76) und Echinoderes parvulus. Das letzte Segment trägt außer den äußeren geschlechtlichen Anhängen eine oder zwei meistentheils lange Borsten. Echinoderes dentatus, Echinoderes pontieus, Echino- deres pellueidus haben zwei — Echinoderes dubius und parvulus sind mit kleinen, unentwickelten Analborsten versehen, wogegen Echino- deres Metschnikoffii und Echinoderes acercus gar keine haben. Wir werden weiter sehen, dass diese und auch einige andere Borsten äußerliche Kennzeichen des Unterschiedes zwischen Männchen und Weibchen bilden; Echinoderes spinosus hat eine lange Analborste, eben so wie Echinoderes Kowalevskii. Die letzte Art hat noch eine zweite, höher stehende Borste, welche aber viel kürzer ist. Hinsicht- lich der gegenseitigen Verbindung der Segmente sagt Dusarpın, dass jedes vorhergehende Segment ins nächstfolgende eingreift (emboite). Nach GrErrr sind sie skelettartig in einander gefügt. Auf Fig. 52 sind die Bedeckungen der Echinoderes Dujardinii auf solche Weise abge- bildet, dass jedes höher gelegene Segment an den Seiten mit seinen Ce Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 413 dornenartig ausgestreckten Rändern ins folgende hineingreift. Fig. 53, dieselbe Form von der Bauchseite abbildend, stellt das Ineinander- greifen der Segmente ganz undeutlich dar. Echinoderes dentatus hat diese Stacheln nicht; hier umfasst, wie bei Echinoderes ponticus und spinosus jedes vorhergehende Segment das nächstfolgende. Bei Echi- noderes Dujardinii finde ich sie ebenfalls nicht. Es war die erste Art, die mir im schwarzen Meere vorkam. In der Hoffnung, von ihr noch mehrere Stücke zu finden, opferte ich mein gefundenes Exemplar einer genauen Besichtigung der relativen Stellung der Segmente. Leider aber fand ich später kein einziges Exemplar mehr, und desshalb besitze ich in Bezug auf diese Art nur einige ungenügende Beobachtungen. Auch bei Echinoderes Dujardinii bedeckt die Platte des vorhergehenden Segmentes auf eine gewisse Strecke die Platte des folgenden. Die von GreErF abgebildeten seitlichen Borsten entsprechen einem optischen Längsdurchschnitt der Ränder der Rückenplatten, deren Fortsetzung auf der Rückenfläche GreE£FFr nicht gesehen und in seinen Zeichnungen nicht abgebildet hat. Aus den oben angeführten Untersuchungen CLAPAREDE’S wissen wir, dass er die Segmente der Echinoderes Dujardinii mit einem Ringe von Borsten umgeben sein lässt, von denen jede aus einem freien Ende und dem, dem Panzer zunächstliegenden Theile besteht. Nach METscHnIKoFF'S Beobachtungen sind es nicht Borsten, sondern »verdickte Reifen«; nach GREEFF ist es weder das eine noch das andere. In der That habe ich mich bei Benutzung einer starken Vergrößerung überzeugt, dass die Plattenränder mit parallelen Reifen oder Erhöhungen, aus vielen Reihen Punkten bestehend, bedeckt sind. Solch einem, aus feinen Reifen bestehenden Gürtel, folgt ein anderer, der aus noch feineren Strichelungen besteht. Beide Reihen dieser Reifen gehören nicht den Platten der jedes Mal nach hinten liegenden Segmente an, wie es GREEFF meint, sondern den hinteren Theilen der Platten des jedes Mal vor- deren Segmentes, die das folgende Segment umfassen. Die zweite Reihe Reifen wurde ohne Zweifel von CLArAripe für freie Borstentheile gehalten. ‚ Die Rückenplatten der Echinoderen sind viel größer und gewölbt, während die Bauchplatten an ihrer Vereinigungsstelle, längs der Mittel- linie des Körpers, einigermaßen eine Vertiefung bilden, wie es auf dem Querdurchschnitt des Panzers sichtbar ist (Fig. 30). Bei Echino- deres dentatus senkt sich die Rückenplatte nur ein wenig nach der Bauchseite hin; ihre Ränder (besonders die vorderen) sind an jedem Segment verdickt (Fig. 1, 2, 6, 7, 14). Dasselbe finde ich auch bei Echinoderes ponticus (Fig. 23, 22, 24, 21); dagegen greifen bei Echino- 414 W. Reinhard, deres spinosus die Rückenplatten theilweise auch auf die Bauchfläche hinab, ähnlich wie es CLararkpe bei Echinoderes Dujardinii beschrie- ben hat (Fig. 43, 50). Was den Bau der Körperwand anbetrifft, so finde ich darüber bei keinem Autor, der bisher über Echinoderes geschrieben hat, irgend eine Andeutung. Auch ist nirgend wo davon eine Abbildung gegeben. Auf dem optischen Längsdurchschnitt hat die Körperwand das Aus- sehen von einem körnigen Streifen, der eine blasige Auftreibung in jedem Segment bildet. Diese körnige Matrix zeigt auf gefärbten Prä- paraten zerstreute Kerne, Grenzen einzelner Zellen sind nicht erkenn- bar. Die Körperwand ist bei mir auf vielen Zeichnungen abgebildet: bei Echinoderes dentatus (Fig. 6, 40), Echinoderes ponticus (Fig. 24, 27, 29, 32, 37), Echinoderes pellueidus (Fig. 64, 69), Echinoderes parvulus (Fig. 83), Echinoderes Metschnikoffii (Fig. 90, 91), Echinoderes acercus (Fig. 96, 97). Die Körperwand steht in Verbindung mit sehr kleinen unbeweglichen Börstchen, welche die Bedeckungen durchbohren, und sich mit ihren bereits erwähnten Erhöhungen vereinigen (Fig. 29, 32, 64, 73, 97). Diese Börstchen bilden augenscheinlich Querreifen, denn wenn wir die Thierchen von der Seite betrachten, gewahren wir sie derartig auf der Rückenfläche (Fig. 37). Zwei von GREEFF beschriebene Arten sind mit einer Menge Börstchen bedeckt. Wahrscheinlich ent- sprechen sie denen, die ich bei den von mir gefundenen Arten beob- achtete. Bei Echinoderes Dujardinii konnte ich mich allerdings nicht vom Vorhandensein solcher Borsten überzeugen; aber Grerrr'’s Mitthei- lung, und die Anwesenheit der Borsten bei den von mir beschriebe- nen Arten in Betracht ziehend, meine ich doch, dass die mit der zelligen Körperwand in Verbindung stehenden unbeweglichen Borsten allen Echinoderes eigen sind. In der Körperwand sind Gruppen von sehr kleinen drängeinebeiich Pigmentkügelchen zerstreut. Diese unregelmäßig geformten Gruppen sind in der Regel so vertheilt, dass je eine auf jeder Bauchplatte deren E hinterem Ende genähert liegt; zuweilen trifft man aber sogar drei sol- I cher Pigmenthäufchen auf einer Platte. Danach besteht keine strenge | Regelmäßigkeit in der Vertheilung dieser Gebilde bei ein und dem- selben Individuum, noch weniger bei verschiedenartigen. — Das Pig- | ment trifft man auch auf der Rückenfläche, wo es ebenfalls unregel- | mäßig vertheilt ist. Bei Echinoderes dentatus kommt es in großer Menge | vor. Die Pigmentkügelchen der Echinoderes ponticus sind mehr gelb- | licher Farbe. i GREEFF Spricht, wie wir gesehen haben, ebenfalls von »körnigen ir Pigmentkugeln oder Zellen«, welche mit einer gewissen Regelmäßig- | Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 415 keit auf der Rücken- und Bauchfläche der Echinoderen vertheilt sind. Er verwirft die Annahme Crarartpr’s, der sie für Theile des Nerven- systems hält, und sagt, dass durch Kompression in der Mitte dieser Kugeln eine rundliche scharf umgrenzte Stelle hervortritt, die den An- schein einer kleinen Öffnung im Panzer hat. Er sagt weiter, dass sie vielleicht als Respirationsöffnungen gedeutet werden könnten. Indessen hat er hierfür keine weiteren Anhaltspunkte gefunden, und hält diese Gebilde für Pigmentanhäufungen. Wir werden weiter sehen, dass diese Gestaltungen ihrer Lage nach vollständig der Befestigungsstelle der vom Rücken zum Bauch gehenden Muskeln entsprechen. Es ist natürlich, dass um diese Befestigungsstelle herum sich eine Pigmentanhäufung bilden konnte. GRre£rF’s »Pigmentkugeln« bestanden, wie ich annehme, nur aus Pigmentkörnern oder aus Pigmentanhäufungen um die Befesti- gungsstelle irgend welcher, zur Rüsselbewegung dienenden Muskeln. Auf solche Weise erklärt sich die Bedeutung dieser Gestaltungen sehr einfach. Öffnungen, die für Respirationsöffnungen gehalten werden konnten, habe ich niemals beobachtet. Für eine streifenartige Pigment- anhäufung, die sich von der Befestigungsstelle eines Rückenbauch- muskels zur anderen zieht, halte ich auch den Streifen, den GLAPAREDE als einen Theil des Nervensystems bezeichnet, als »einen rothen Verbindungsfaden zwischen dem linken und rechten vermeintlichen Nervenknoten eines und desselben Segmentes«. In den anderen Seg- menten gelang es ihm nicht, ähnliche Kommissuren zu finden, was natürlich nicht zu verwundern ist. Verdauungsorgane. Die Verdauungsorgane, besonders ihr vorderer Theil, die Faltungen des Rüssels, sind nicht vollständig genug beschrieben. Hinsichtlich des Vordertheiles bemerkt Dusarnın nur, dass der Ösophagus sich bis zur Höhe des einstülpbaren Theiles der Verdauungsorgane zieht; an seiner Spitze ist er mit einem Kranze von Zähnchen umgeben, welche die Lage des Mundes andeuten. Eben so wenig sagt CLararkpe über diesen Theil. Nach seiner Meinung führt er in den geräumigen Rüsselraum, dem der muskulöse Schlund folgt, — so bezeichnet er den Theil, den Dusarpın Ösophagus nannte. Von Zähnchen, die diesen Theil vorn um- rahmen, erwähnt er nichts, sondern sagt nur, dass den engen Schlund- raum eine Cuticula auskleidet, die am Vorderende zahnähnlich erwei- tert ist. Die ausführlichste Beschreibung der Verdauungsorgane giebt uns Grrerr. Der Mund liegt, nach seiner Meinung, auf dem Scheitel des Kopfes, und bildet eine ziemlich weite, rundliche Öffnung zum Durchtritt des tonnenförmigen Schlundkopfes, der gleich hinter dem 416 W. Reinhard, Munde liegt, und an seiner Spitze sechs bis acht zweigliedrige Zähn- chen trägt. Hinter dem Schlundkopfe folgt der Ösophagus, an dessen Vorderende, wie GrEEFF so auch Dusarpın, kleine Zähnchen sehen. PAGENSTECHER zeichnet auf Fig. 2 auch einen ausgestreckten Rüssel, an dessen Ende sich mehrere Borsten befinden, er denkt, dass sie den GREEFF'Schen zweigliedrigen Borsten entsprechen, obgleich er diese Zweigliederung nicht sah. Ich bin nicht ganz mit GrEEFF, hinsichtlich der Benennung der einzelnen Theile, einverstanden. Ich bin der An- sicht, dass die Körperwand des ersten Segmentes eine Einstülpung (Fig. 6, 69, 96) bildet, die man als Rüsselscheide betrachten darf, die ich dann aber, sammt der zweiten Einstülpung als Rüssel auffasse, weil nicht nur diese letztere Einstülpung, sondern auch die erstere, beim Herausstrecken des Rüssels, ausgestülpt werden kann. Die zweite Einstülpung haben wahrscheinlich weder GrEEFF noch andere Gelehrte unterschieden. Die innere Oberfläche der ersten Einstülpung ist mit langen Stacheln bedeckt, die bei ausgestrecktem Rüssel sich nach hin- ten richten, und so viel ich unterscheiden konnte, nicht weniger als vier unregelmäbige Reihen bilden (Fig. 63), indem die Stacheln jeder Reihe nicht gleich hoch stehen. Vier Reihen unterscheidet auch GREEFF; Dusarpın giebt ihre Zahl gar nicht an, CLAPArkDE sagt nur, dass sie viele unregelmäßige Reihen bilden. Pıcenstecaer findet, dass bei der von ihm beschriebenen Art die Stacheln (ungefähr 20) etwas anders ver- theilt waren, als GrEEFF es beschreibt. Auf Fig. 2 bildet er sie in regel- mäßigen Reihen stehend ab, was kaum anzunehmen ist. — Die vor- deren Stacheln (bei ausgestrecktem Rüssel) sind sehr lang, während die, die folgenden Reihen bildenden, allmählich kleiner werden, wie ich es bei allen meinen Echinoderen beobachtete (Fig. 53, 63, 68). Ich glaube daher, dass die Zeichnungen von ÜLAPAREDE, GREEFF, PAGEN- STECHER und Dusardın, die die Stacheln gleich groß darstellen, nicht ganz richtig sind. Alle Stacheln besitzen eine breite Basis und spitzen sich gegen ihr Ende allmählich zu. Die Stacheln der ersten (resp. vor- deren) Reihe tragen an der Außenseite ihres breiten Theiles kleine Adventivstacheln, welche wiederum mit einem kleinen Zähnchen be- waffnet sind (Fig. 9). Alle Stacheln der letzten (resp. hinteren) Reihe haben quergeriefte Enden, wenigstens bei Echinoderes Kowalevskii, Echinoderes pellucidus und Echinoderes parvulus (Fig. 63, 53). Bei eingezogenem Rüssel sind alle seine Stacheln nach vorn ge- wendet, wobei diejenigen Stacheln, welche bei ausgestrecktem Rüssel vorn standen, jetzt nach hinten zu stehen kommen. Derjenige Rüssel- theil, der der Befestigungsstelle der großen Stacheln folgt, bildet (bei eingezogenem Rüssel) eine Ausstülpung nach vorn, dessen abgerundeter Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 417 Theil ebenfalls mit Stacheln besetzt ist; letztere — nur kleiner — stehen in einem einfachen Kranze herum (Fig. 5, 8, 25, 27, 28, 68, 60, 53, 56). Alle diese Stacheln spitzen sich, wie es aus den angeführten Figuren ersichtlich ist, allmählich gegen das Ende hin zu. Ihre Zahl beträgt bei Echinoderes pelluceidus und Echinoderes ponticus neun. Dieser Rüssel- theil entspricht jenem Theil, der von GrEEFF »Schlund« genannt wird, und welcher nach ihm wie ein Rüssel aus- und einstülpbar ist. Auf allen Figuren bildet er diesen Theil nur halb ausgestreckt ab, und dess- halb kann man sich keine genaue Vorstellung von seiner Vereinigung mit dem Rüssel (nach GREEFF »Kopf«) und von seiner Lage im einge- zogenen Zustande machen; der Beschreibung sind nur die oben ange- führten Bemerkungen beigefügt. Die ganze innere Fläche des Rüssels ist von einer Cuticula bedeckt, welche fest der angrenzenden Matrix anliegt. In demselben, eben von mir erwähnten Rüsseltheil, hebt sich die Cuticula an der Spitze etwas ab und bildet eine blasige Wölbung, wie man es genau bei Echinoderes dentatus (Fig. 5), Echinoderes pellu- eidus (Fig. 60) und Echinoderes ponticus (Fig. 27) sieht. Alle diese Figuren stellen optische Längsdurchschnitte dieses Rüsseltheiles dar. Es ist natürlich begreiflich, dass die Stacheln, die diesen Rüsseltheil bedecken, sich unmittelbar an die Cuticula anheften. Betrachtet man die Oberfläche der Cuticuladecke an derjenigen Stelle, wo die erwähn- ten neun Stacheln stehen, so ist leicht zu bemerken, dass sie ganz mit Längsreifen oder Strichen bedeckt ist, wie ich es bei Echinoderes ponti- eus (Fig. 28) und bei Echinoderes dentatus (Fig. 8) abgebildet habe. — Doch der Rüssel endigt noch nicht mit diesem Theil, er bildet eine zweite Einstülpung nach innen, die sich an den Anfang des oberen Chitintheiles des Ösophagus schließt. Dieser Rüsseltheil ist eben so wie der vorhergehende an der inneren Oberfläche mit einer Fortsetzung der Cuticula bedeckt, und vorn mit noch kleineren Stacheln besetzt. Der basale Theil dieser Stacheln ist ebenfalls verbreitert (Fig. 27,28, 25, 5, 60). Auch dieser Theil des Rüssels kann sich in gewissem Grade ausstülpen, wie ich es auf Fig. 28 und 60 abgebildet habe. Von dieser zweiten Einstülpung des Rüssels existirt bei GrEEFF und anderen Auto- ren keine Beschreibung. Ich finde also, dass der Rüssel zwei Einstül- pungen macht: Die erste geht nach innen, und ist mit großen Stacheln besetzt (man kann sie, wie oben angegeben wurde, auch als Rüssel- scheide betrachten); jetzt stülpt sich der Rüssel nach außen, wird mit neun kleineren Stacheln bekränzt und macht dann die zweite Einstül- pung, die sich an die Mundröhre anschließt. Im Vordertheile der letz- teren Einstülpung finde ich ebenfalls Stacheln von noch geringerer Größe. Als »Mundc« bezeichne ich die Öffnung der Chitinröhre, welche Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLV. Bd. a 418 W. Reinhard, sich an den oberen Theil des Ösophagus anschließt; diese Röhre nenne ich Mundröhre. Sie hat sehr dicke Wände, wie es aus obiger Figur, wo sie im optischen Längsdurchschnitt dargestelit wurde, ersichtlich ist. Bei Echinoderes pellucidus hat der untere Theil dieser Röhre eine Verdickung. — Der Mundröhre folgt der Ösophagus, ein Theil des Darmkanales, welcher, weil sehr auffallend, auch genau erforscht wor- den ist. Er besitzt eine Tonnenform, und ist von außen mit einer Schicht starker Quermuskeln bedeckt. Unter ihr liegt das Epithel, dessen Kerne nur bei sehr starker Vergrößerung sichtbar sind; die Grenzen der Zellen sind nicht sichtbar. Dieses Epithel hat auf der inneren Oberfläche eine Cuticula, die im optischen Längsdurchschnitt sehr sichtbar ist (Fig. 25, 26, 51). Dusarnın unterscheidet im Ösopha- gus nur einen Membran- und einen Muskeltheil. Der erste schien ihm aus Längsfalten zu bestehen, was die anderen Autoren nicht gesehen haben. Ich habe ebenfalls in der Wand des Ösophagus keine Längsfal- ten bemerkt. Das, was er Membrantheil nennt, entspricht wahrschein- lich der Cuticula. Diese letztere und die Muskelschicht sah auch CLAPAREDE. GREEFF erwähnt die Cuticula des Ösophagus nicht, nur PAGENSTECHER allein beschreibt alle drei von mir angeführten Schichten. Je nach dem Grade des Einziehens des Ösophagus und der Segmente kann der erstere einen Raum von 2, 21/5, 3 bis 3'/; Segmente einnehmen (Fig. 1, 19,88, 90). Der Magen hat eine sackähnliche Form; gewöhnlich verengert er sich allmählich gegen das Ende, in einigen Fällen setzt sich sein hin- terer Theil, wie es Greerr bemerkt, ziemlich scharf ab (Fig. 11), doch konnte ich keinen Schließmuskel, dessen Vorhandensein GREEFF an dieser Stelle vermuthet, finden. Grerrr denkt, dass der Darmkanal sich auf der Bauchseite des Körpers öffnet; das ist aber nicht richtig; der Darm öffnet sich am Hinterende des Analsegmentes. So liegt seine Afteröffnung der Mundöffnung gegenüber in der Längsachse des Kör- pers. Nicht einer der genannten Gelehrten berührt die Frage von der Verbindung des Ösophagus mit dem Magen. Dieser letztere bildet keine geradlinige Fortsetzung des ersteren, sondern vereinigt sich mit ihm unter einem Winkel solcher Art, dass der Ösophagus von der Rückenseite sich etwas auf den Magen stützt. PAGENSTECHER sagt, dass der Magen sechs Paar Seitenleisten bildet, welche den Körperseg- menten entsprechen. Bei Echinoderes borealis zeichnet auch GREEFF vier Paar Seitenleisten, ohne ihrer im Text zu erwähnen. Das Bild dieser Leisten entsteht durch Aussackungen der Magenwandung, welche starke Füllungszustände des Magens begleiten; man kann daher von einer besonderen Leistenbildung nicht reden, noch weniger von einer j | j Kinorhyneha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 419 dadurch bedingten Gliederung des Darmes. Das erwähnte Bild erhält man von Echinoderen, welche viel gefressen haben, und es ist das- selbe von der geringeren oder größeren Überfüllung des Magens ab- hängig. Dessen gleichmäßiger Ausdehnung treten die dorso-ventralen Muskeln entgegen. Während diese in ihrem Verlaufe am Darme dessen Ausdehnung beschränken, baucht sich zwischen je zwei solcher Muskeln der sich füllende Magen aus, und so entsteht das Bild der »Leisten«. Nach der Behandlung mit Reagentien oder Färbemitteln kommen in der Magenwand unregelmäßige, vieleckige Zellen mit körnigem Kerne zum Vorschein. Der Magen hat eine braune Farbe, welche, wie GREEFF bemerkt, von den Zellen herrührt, die mit braunröthlichen Körnern an- gefüllt sind, und auf den Namen Leberzellen Anspruch machen können. Bei der Schilderung des Darmkanales muss ich einige Organe erwähnen, die ich hier bei den Echinoderen gefunden habe, nämlich die Speichel- oder Giftdrüsen. Ich fand vier solcher Drüsen; sie haben eine sackähnliche Form, in der Mitte breiter und gegen das vordere und hintere Ende hin schmäler werdend (Fig. 12, 41, 25, 26, 65); zwei liegen auf der Bauch-, die beiden anderen auf der Rückenfläche, der Lage der Retraktoren des Ösophagus entsprechend. Sie bis zur Stelle, wo sie münden, zu verfolgen, ist sehr schwierig. Mir scheint, sie öffnen sich in den Raum der zweiten Rüsselstrecke, an der Stelle, wo der Rüssel sich an den Ösophagus schließt. Dieses schließe ich daraus, dass es mir gelungen ist, den Ernäh- rungskanal mit zwei Drüsen zu isoliren, deren Vorderenden gerade an der Stelle lagen, wo die zweite Rüsselstrecke sich an den Ösophagus schloss. Diese Drüsen blieben mit dem Ösophagus in Verbindung, wahrscheinlich weil der Rest dieser Biegung sie zurückhielt. Man kann auch annehmen, dass die Drüsen zwischen der oberen Chitin- röhre und dem Muskeltheil des Ösophagus in den Darm münden, jedoch scheint diese Annahme weniger wahrscheinlich. Auf gefärbten Präpa- raten sind in der Drüsenwand Kerne mit Kernkörperchen zu sehen (Fig. 12, 44). Muskulatur. Über die Muskulatur des Leibes, so wie über die zur Bewegung des Rüssels und des Darmkanals dienenden Muskeln besitzen wir nur sehr knappe und dabei unrichtige Beobachtungen. Dusarvın und CrAPArkDe erwähnen nichts von einer Muskulatur. Nur Grerrr spricht von Muskeln. Er meint, dass das Einstülpen des »Kopfes« und des »Halses« mit Hilfe zweier Muskeln geschehe, die einerseits an den hin- teren Theil des Ösophagus, andererseits an die Leibeswand befestigt 27% 420 W, Reinhard, sind- Wir werden weiter sehen, dass gerade an dieser Stelle keine Muskeln sind, und dass für die Bewegung des Rüssels und des Ösopha- gus eine sehr komplieirte Muskulatur existirt. Das Ausstülpen des »Kopfes« wird nach Greerr’s Meinung durch einen mehr oder minder allseitigen, auf den vorderen Körpertheil gerichteten Druck bewirkt. Dieser Druck rührt von einer, unter dem Chitinpanzer liegenden Musku- latur von kürzeren oder längeren Bändern her, die theils in schräger Richtung innerhalb eines Segmentes verlaufen, theils in der Längs- richtung mehrere Segmente überspringen. Doch auch diese Darstel- lung muss ich als falsch bezeichnen. Nach Grerrr's Zeichnungen kann man sich schwer vorstellen, wie die Befestigung der Muskeln geschieht, folglich ist es auch schwierig die Thätigkeit dieser schrägen Muskeln zu erklären. Diejenigen Muskeln, die er die geraden nennt, sind auf der Zeichnung ebenfalls in schräger Richtung abgebildet. — Eben so unbestimmt sind auch die letzten Angaben PAGEnsTEcHer’s, welche zu- dem mit Gre£rr's Beschreibungen nicht übereinstimmen. Nach PıcEn- STECHER’S Meinung befindet sich in jedem Segment eine Muskelmasse, die »vom vorhergehenden zum nachfolgenden Segment, von außen und vorn nach innen und hinten« sich zieht. »Vorn ist sie mehr blasenartig gewölbt, und es scheint, dass sie mehr in Beziehung zu den Bauch- borsten als zu den Segmenten steht.« Die beigefügte Abbildung klärt die Sache auch nicht auf. Wenn wir diese Beschreibung meiner Figur (Fig. 29) und einigen anderen vergleichen, auf denen die Leibeswand im optischen Längsdurchschnitt abgebildet ist, so vermuthet man un- willkürlich, ob nicht PAGEnsSTEcHErR diese für Muskeln gehalten, und die von der Leibeswand in jedem Segment gebildete Erweiterung, welche, wie ich gezeigt, mit den Börstchen zusammenfällt, für blasenartige Auftreibungen dieser Muskeln angenommen hat. Der Bewegung der Segmente folgt nach PAGENSTECHER auch die des Kopfes, zu dem sich Längsmuskeln von den borstentragenden Seg- menten ziehen. Wie wir bereits gesehen, erklärt PAGEnstecHer das Hervortreiben des Rüssels einfach mit der Bemerkung, dass »die großen Maschenräume im Mundkegel die Schwellbarkeit im Vortreiben er- klären«. Die Retraktoren erscheinen als Stränge, »sie werden aber wohl einen ganzen Muskelmantel darstellen «. Bei der Schwierigkeit, die Echinoderen genau zu untersuchen, habe ich lange Zeit gebraucht, bis es mir gelang die Zahl der Muskeln, ihre Richtung und ihre Ursprünge und Ansatzpunkte zu bestimmen, und danach ihre Wirkung mir zu erklären. Dabei muss man zur ge- wöhnlichen Untersuchungsmethode greifen, nämlich die Thiere all- mählich gelinde pressen, indem man sie gleichzeitig bald auf die eine, Kinorhyneha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 421 bald auf die andere Seite dreht. Bei dieser Manipulation ist es beson- ders erfolgreich, wenn man das Thier an den Seiten so zusammen- drückt, dass die Verbindungsstelle der Rücken- und Bauchplatten in die Mitte zu liegen kommt (wie es auf Fig. 33 abgebildet ist). Dieses gelingt jedoch erst nur nach vielen erfolglosen Versuchen. Aber ist ein solcher einmal geglückt, so kann man sich eine genaue Vorstellung von der Lage der Muskeln machen, die zur Bewegung des Rüssels und des Ösophagus dienen, indem man das Thier von allen Seiten betrachtet. Natürlich muss man für solche Versuche Thiere mit möglichst durch- sichtigen Bedeckungen wählen und solche, die nicht mit Diatomeen bedeckt sind, welche oft jede Beobachtung verhindern. Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass unter der Leibeswand der Echinoderen sich einzelne, bandartige, durchsichtige Längsmuskeln hin- ziehen, die sich nicht nur durch ein Segment, sondern durch den ganzen Körper erstrecken. Man kann sie besonders gut sehen, wenn man das Thier von der Bauchseite betrachtet, in der Nähe der Seitenwand des Leibes, wo man diese Muskeln verhältnismäßig leicht verfolgen kann. Im mittleren Körpertheil kann man sie wegen der dunklen Masse des Darmkanals, wie auch wegen der Vereinigung der Bauchpanzerplatten nicht bemerken. Indessen ist es auch in den Seitenwänden ziemlich schwierig die Grenzen jedes einzelnen Muskelbandes in seinem Laufe zu verfolgen (wie es auf Fig. 6, 29, 32, 69 zu sehen ist). Wenn wir das Thier von der Seite betrachten, so gewahren wir ebenfalls auf dem optischen Längsdurchschnitt der Rückenwand bandartige, sich der Länge nach durch den Körper ziehende Längsmuskeln, wie es auf Fig. 37 zu sehen ist. Richtet man das Mikroskop etwas höher, so gewahren wir ein zweites, etwas höher gelegenes Muskelband. Indem man das Thier nun wälzt, kann man es in verschiedenen Durchschnitten sehen, und überzeugt sich, dass überall Muskeln vorhanden sind. — Bei einer allgemeinen Kontraktion dieser Muskeln wird eine Verkürzung des Körpers in der Richtung der Längsachse vorkommen; eine Muskelkon- traktion der einen oder der anderen Körperseite wird eine Bewegung des Körpers in entsprechender Richtung hervorrufen. — Außer den Längsmuskeln giebt es noch vom Rücken zum Bauch gehende (Museuli dorsoventrales). Erst nach lang andauernden Beobachtungen konnte ich mich von ihrer Richtung überzeugen. Es sind verhältnismäßig dicke Muskeln, die zu beiden Seiten des Körpers von der Rücken- zur Bauchfläche ziehen, und ungefähr in der Mitte eines jeden Segmentes sich befestigen. Ob es einheitliche Muskeln, oder ob sie aus einigen gemeinsam verlaufenden Bändern bestehen, davon konnte ich mich nicht überzeugen. Beim Querdurchschnitt, der auf Fig. 30 abgebildet 422 W, Reinhard, ist, habe ich mich genau von ihrer Richtung überzeugt. Der auf der linken Seite der Zeichnung abgebildete Muskel war theilweise abge- rissen, jedoch kann man hier seine Richtung gut sehen. Diese Muskeln zertheilen das Segment in drei Theile; im mittleren befindet sich der Darmkanal, und in den seitlichen die Vermehrungsorgane. Ich habe bereits erwähnt, dass eben diese Muskeln, indem sie an gewissen Stellen den gefüllten Darmkanal zusammendrücken, den in Zwischen- räumen hervorragenden Strecken das Ansehen von Leisten geben. Um die Zeichnungen möglichst zu vereinfachen, habe ich die Rückenbauch- muskeln nur auf einigen abgebildet (wir gewahren sie also auf Fig. 29, 30, 34, 4, 7, 2k, 69, 91, 93). — Die Befestigungsstellen der Rücken- bauchmuskeln erscheinen, wie wir bereits gesehen, im optischen Quer- durchschnitt abgerundet (Fig. 4, 7, 34, 24, 67,69). In ihrer Nähe können Pigmentkörner liegen, welche ihnen dann ein besonderes Aussehen geben. Danach zweifle ich nicht, dass CrArırtpe gerade diese Be- festigungsstellen der Muskeln für Theile des Nervensystems gehalten hat, GreErF dagegen, der sie nicht mit dem Nervensystem in Verbin- dung brachte, sie für Pigmentkugeln oder Zellen hielt. Es erklärt sich aus diesem Verhalten die Regelmäßigkeit, welche er für die Vertheilung derselben angab. Schreiten wir jetzt zur Beschreibung derjenigen Muskeln weiter, die den Rüssel und den Ösophagus in Bewegung versetzen. Zur Bewegung des Rüssels dienen erstens kurze Muskeln, deren Vorderenden an den vorderen Theil der äußeren Rüsseleinstülpung (Rüsselscheide) befestigt sind, während ihre Hinterenden an die Leibes- wand, oberhalb der Rückenbauchmuskeln des ersten Segmentes, sich anheften (Fig. 7). Diese Muskeln beobachtete ich bei Echinoderes dentatus. Ganz eben solche, und auch in solcher Richtung verlaufende Muskeln, fand ich auch bei Echinoderes ponticus. Das sind Musculi dilatatores vaginae proboseidis. Es ist schwer zu bestimmen, ob sich nur zwei dieser Muskeln zu jeder Seite befinden oder mehr. Hinter diesen Muskeln fand ich bei Echinoderes pellucidus, Echinoderes ponticus, Echinoderes parvulus und Echinoderes Metschnikoffii einen Muskel zu jeder Seite, dessen hintere Enden sich an den Rüssel im zweiten Segment anschließen (zuweilen fast an der Grenze des ersten, was natürlich vom Grade der Rüsseleinziehung abhängt), während die Vorderenden an die Rückenseite des ersten Segmentes befestigt sind (Fig. 69, 83, 94). Diese Muskeln benenne ich Musculi exten- sores proboseidis anteriores. — Außer den oben erwähnten dienen noch zwei Muskeln zur Bewegung des Rüssels (je einer an jeder Seite); ihre Vorderenden sind an die Wand des dritten Segmentes befestigt. _ Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 423 Ähnlich den vorhergehenden verlaufen sie in etwas schräger Rich- tung und befestigen sich mit den hinteren Enden an den Rüssel im vierten Segment. Ich beobachtete sie bei Echinoderes pellueidus (Fig. 66). Dieselben Muskeln glaube ich auch bei Echinoderes ponticus beobachtet zu haben (Fig. 33), wo sie ebenfalls mit ihren Vorderenden sich ans dritte Segment befestigen. Mir schien es einmal, dass ich zwei solcher Muskeln zu jeder Seite sah, und solch eine Anmerkung findet sich auf meinem Brouillonzeichenheft. Jedoch ist es sehr möglich, dass ich in diesem Falle einen an der gegenüber liegenden Seite sich be- findlichen durchscheinenden Muskel für einen zweiten hielt. Diese Muskeln benenne ich Musculi extensores proboscidis posteriores. — Zum Einziehen des Rüssels dienen vier breite auf der Rückenseite, und vier eben solche auf der Bauchseite befindliche Muskeln. Unter den Rückenmuskeln befestigen sich die vorderen — Musculi retraetores dorsales proboseidis anteriores — mit ihren hinteren Enden ans fünfte Segment (Fig. 33 h) und schließen sich, schräg durchgehend, mit den Vorderenden an den Rüssel im vierten Segment. Musculi retractores dorsales proboscidis posteriores sind mit den hinteren Enden ans sechste Segment befestigt, und in derselben Richtung weiter gehend, endigen sie am Rüssel (Rüsselscheide) ebenfalls im vierten Segment. Museuli retractores ventrales proboscidis anteriores sind mit den Hinterenden im vierten Segment befestigt, ihre Vorderenden vereini- gen sich mit dem Rüssel (Rüsselscheide) ebenfalls im vierten Segment (natürlich wird es davon abhängen, wie weit der Rüssel eingezogen ist; dieser Umstand gilt auch für die anderen Muskeln). Musculi retrac- tores ventrales proboscidis posteriores sind mit den Hinterenden im fünften Segment und mit den Vorderenden am Rüssel (Rüsselscheide), im vierten Segment, befestigt. Außerdem finde ich noch auf der Bauch- seite vier längere und schmälere Muskeln. — Hinzu kommen Museuli retractores proboscidis longi, von denen die äußeren an die Leibeswand im sechsten, und mit den Vorderenden an den Rüssel (Rüsselscheide) im vierten Segment befestigt sind ; die mittleren (inneren) befestigen sich mit ihren Vorderenden, eben so wie die äußeren, an den Rüssel im vierten Segment, während ihre Hinterenden sich an die Leibeswand des fünf- ten Segmentes anschließen. Danach dienen zum Ausstrecken des Rüs- sels sechs Muskeln: zwei dilatatores, zwei vordere extensores und zwei hintere extensores. Zu seinem Einziehen dienen zwölf Muskeln: vier breite Rückenmuskeln, vier eben solche Bauchmuskeln und noch vier lange Bauchmuskeln. Der Ösophagus hat zusammen mit der zweiten Rüsselstrecke besondere Extensoren und Retractoren. Museuli exten- Sores oesophagi sind rund um sein Hinterende befestigt; ich habe nicht 424 W. Reinhard, genau ihre Zahl festgestellt. Die gegenüber liegenden Enden dieser Muskeln befestigen sich in der ersten Rüsselbiegung an der Stelle, wo der Rüssel in den Theil übergeht, der nach vorn gerichtet ist und mit neun Stacheln endigt (Fig. 25, 26, 65, 36, 7%, 54). Museculi retractores oesophagi sind vier vorhanden, zwei verlaufen an der Rückenfläche (dorsales), zwei (ventrales) befinden sich auf der Bauchseite des Thieres. Ihre Vorderenden setzen sich an den Anfang der zweiten Rüsselbiegung Fig. 1. Fig. II. Fig.I. Schematischer Längsschnitt parallel der Rückenfläche durch die vorderen Segmente, Rüssel undÖsophagus von Echinoderes. Fig. II. Schematischer medianer Längsschnitt senkrecht zur Rücken- fläche durch dieselbe Körperstrecke. 1,2, 3, 4, 5, Segmente; a, M. dilatatores vaginae proboscidis; b, M. extensores proboscidis anteriores; c, M. extensores proboseidis posteriores; d, M. dorsoventrales; e, Ösophagus; f, zweite Rüsseleinstül- pung; g, Rüsselscheide = äußere Rüsseleinstülpung; h, blasige Wölbung der Cuticula; ©, äußere große Stacheln der Rüsselscheide; k, innere Stacheln; /, kleine Stacheln der zweiten Rüsseleinstülpung; m, Drüsen; n, M. retractores dorsales probosc. anteriores; 0, M, retractores dorsales probosc. poste- riores; p, M. retractores ventrales probosc. anteriores; r, M. retractores ventrales probosc. posteriores; s, M. retractores probosec. longi; £, M. extensores oesophagi; v, M. retractores oesophagi dorsales; v, M. retractores oesophagi ventrales. an der Stelle, wo sie den Vordertheil des Ösophagus umfasst, unter die Drüsen, die Hinterenden an die Rücken- und Bauchfläche des sechsten Segmentes (Fig. 33 f, 41, 25, 26, 12, 65). Also haben die Echi- noderen zum Einziehen des Rüssels zwölf, aber zum Einziehen des Ösophagus vier Muskeln. Den Process der Rüsselausstreckung stelle ich mir folgenderweise vor: zuerst beginnen die Museculi dilatatores proboseidis ihre Thätig- keit, indem sie die Öffnung erweitern, durch welche sich der Rüssel Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 495 hervorstrecken soll. Dann beginnen die Musculi extensores probosei- dis anteriores und posteriores sich zusammenzuziehen, wodurch der Rüssel sich weiter schiebt, und folglich sich theilweise hervorstreckt. Das gänzliche Hervorstrecken der ersten Biegung geschieht in Folge der allmählichen Kontraktion der Rückenbauchmuskeln, vorschreitend vom hinteren Theil des Körpers zum vorderen. Da derjenige Rüssel- ‚ theil, der mit neun Stacheln versehen ist, derartig innerhalb der ersten Biegung liegt, dass seine Stacheln nach vorn gerichtet sind, so muss er natürlich beim Ausdehnen des Rüssels ebenfalls allmählich vorrücken, und wenn die erste Rüsselbiegung vollständig hervorgetreten ist, sich derartig ausnehmen, wie es bei Echinoderes dentatus auf Fig. 5, bei Echinoderes pellueidus auf Fig. 68, bei Echinoderes Kowalevskii auf Fig. 53, 56 abgebildet ist. Dann kann die Kontraktion der Museculi extensores oesophagi erfolgen, welche das Hervortreten des Ösophagus und die Ausdehnung der zweiten (inneren) Rüsselbiegung bewirken. Die verschiedenen Grade dieser Ausdehnung habe ich auf Fig. 27, 28 und auf Fig. 60, 68 abgebildet. | Ich habe bereits davon gesprochen, dass der Ösophagus mit starken Quermuskeln versehen ist; davon aber, ob es Muskeln im Magen und ' im hinteren Theil des Darmkanales giebt, konnte ich mich nicht über- zeugen. Einmal beim Andrücken des Thieres gewahrte ich drei Fäden zwischen dem Ösophagus und dem Magen, aber es gelang mir nicht, mich zu vergewissern, ob es Längsmuskeln oder Nervenfäden waren. Alle Muskeln der Echinoderes sind glatt und haben das Aussehen von Bändern; quer gestreifte habe ich nicht beobachtet. In den Re- traktormuskeln des Ösophagus habe ich einen ovalen Kern mit Kern- körperchen gesehen; auch in den Muskeln des Ösophagus war ein soleher vorhanden. Fortpflanzungsorgane. Obgleich Dusarnın, der diese Thiere entdeckt, die Möglichkeit hatte, sie lange Zeit hindurch zu beobachten, gelang es ihm doch nicht, wie wir es aus dem vorhergehenden historischen Abriss der Litteratur gesehen haben, bei ihnen Vermehrungsorgane aufzufinden. ÜLAPAREDE meinte diese Organe entdeckt zu haben; er bildete sie auf Fig. 12 | seiner Taf. XVI ab. Sie bestehen, nach seiner Meinung, aus einem Drüsentheil, einer Samenblase von rundlicher Form, und einem Aus- ' führungskanal. Greerr zieht aber den Schluss, dass diese Samenblase und ihr Ausführungskanal nichts Anderes als gewisse Verdickungen des Panzers sind, die bei Echinoderes Dujardinii stets bemerkt wor- den sind. In diesem Punkte muss ich mit Grerrr übereinstimmen. In 426 W. Reinhard, der That befinden sich bei einigen Echinoderen, wie wir es aus der Beschreibung der äußeren Hüllen ersehen haben, auf den Bauchplat- ten des zehnten, zuweilen auch auf denen des neunten Segmentes, ovale Chitinverdickungen, welche von Crarıripe für Samenblasen, und die Fortsetzung dieser rundlichen Verdicekungen, bei Echinoderes Dujar- dinii auf Taf. I, Fig. 1 von Greerr abgebildet, für einen Ausführungs- kanal gehalten werden konnten. Jedoch der obere Theil, den CrArı- REDE den Drüsentheil nennt, bildet nach meiner Ansicht wirklich das vordere Ende der unentwickelten Geschlechtsdrüse, wodurch auch der Umstand erklärt wird, dass er in ihr keine Geschlechtsprodukte ent- decken konnte. Dieser obere Theil der unentwickelten Geschlechtsdrüse, den ich oft Gelegenheit hatte zu beobachten, sieht gerade so aus wie Crararkpe ihn abgebildet hat. Die Drüsen sind dann sehr kurz und ihre Lage entspricht genau seinen Zeichnungen. GREEFF sagt, dass nach langen Versuchen es ihm endlich gelungen sei, wirkliche Eierstöcke zu finden, die mit Eierchen und Embryonen angefüllt waren. Diese Ova- rien sind paarige Schläuche, die sich zu beiden Seiten des hinteren Körperendes öffnen. Eine Segmentation der Eier und eine völlige Entwicklung der Embryonen konnte er nicht beobachten, und desshalb äußert er die Vermuthung, dass die letzteren, wenn sie völlig ausge- bildet sind, den mütterlichen Organismus verlassen. Männliche Ge- schlechtsorgane und Samenkörper sah er nicht. Trotzdem meint GREEFF, . dass er das Recht hat »mit einiger Wahrscheinlichkeit« zu äußern, dass die Echinoderes getrennten Geschlechts sind, da es ihm nicht gelang, in den mit Eierchen und Embryonen angefüllten Individuen Samendrüsen zu finden. — Die späteren Beobachtungen METScHNIKOFF’S zeigten, dass GREEFF irre geführt worden ist, dass er die Samendrüsen für Ovarien gehalten hat, und dass seine Embryonen nichts Anderes als Samenkörper sind. PAGENSTECHER Spricht in seiner Beschreibung über Echinoderes Sieboldii nicht von den Fortpflanzungsorganen dieser Thiere. Wir. finden bei ihm nur folgenden Satz: »Ich habe die Notiz gemacht, wahr- scheinlich für das größte Exemplar, voll von Eiern, ohne weitere An- gaben.«e Aus Mangel an genaueren Angaben und Zeichnungen kann man nicht urtheilen, ob er in diesem Falle Eierchen oder Samenkörper gesehen hat. Ich habe auch schon erwähnt, dass METSCHNIKOFF in Seiner zweiten Arbeit über Echinoderes mit Bestimmtheit sagt, dass er bei ihnen sowohl Samendrüsen als auch Ovarien gefunden habe. In meiner Arbeit über Echinoderes und Desmoscolex der Umgegend Odessas be- stätigte ich vollständig Mrrscunikorrs Beobachtungen, nach welchen das, was GrEErFF für Ovarien hielt, sich als Samendrüsen dieser Thiere Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 427 erwies. Ich sagte hinsichtlich der von GrEEFF beschriebenen Embryo- nen, dass die letzteren nicht den Samenkörpern entsprechen, und dass es schwer zu bestimmen ist, was in diesem Falle der genannte Ge- lehrte beobachtete. In der That werden wir weiter sehen, dass man bei den wirklichen Samenkörpern weder hervortretende »Lippen« noch einen Kanal erkennen kann, welchen Grerrr für den Darmkanal hielt. Ich gewahrte auch nicht ein einziges Mal Börstchen, welche er auf dem hinteren, einmal sogar (eine) auf dem Vorderende abgebildet hat. Jedoch muss ich hinzufügen, dass verschiedenartige Echinoderes nicht durchaus gleiche Samenkörper zu haben brauchen, was man sehr oft bei anderen Thieren bemerkt, und dass die Beobachtung vom Vor- handensein des Längskanales und der »Lippen« von dem genannten Gelehrten wohl nur unter dem Einfluss der Meinung gemacht worden ist, dass er wirklich Embryonen vor sich gehabt habe. Ich habe mehrmals Gelegenheit gehabt, sowohl in geschlechtlicher Beziehung unentwickelte, wie auch völlig entwickelte Weibchen und Männchen zu beobachten, und auf solche Weise die Frage über das getrennte Geschlecht dieser Thiere zu bestätigen. Ich konnte auch, wenigstens bei einigen Arten Echinoderes, auf äußere unterscheidende Kennzeichen zwischen Männchen und Weibchen hinweisen. Die Samendrüsen und Ovarien bilden cylinderförmige, fast überall gleich- mäßig dicke Säcke, deren Vorderenden entweder gerundet oder ver- schmälert sind. Diese Säcke liegen je einer an jeder Seite der Körper- wand der Thiere, sie sind, wie schon bemerkt, durch die Rücken- ‚ bauchmuskeln vom Darmkanal getrennt. Sie endigen im Hintertheil des Körpers, im letzten elften Segment. — Die Samendrüsen liegen auf der Bauchseite, und nicht, wie GrEEFF angegeben hat, an den Seiten der Thiere; ihre Vorderenden fand ich im zweiten, vierten und fünften Segment (Fig. 14, 42, 24). — Die Ovarien reichen, je nach der Ent- wicklung der enthaltenen Eierchen, bis ins vierte oder fünfte Segment, zuweilen aber nur bis ins sechste und achte. — In den Ovarien finde ich in der körnigen Masse des Protoplasma, welche ihren vorderen Theil anfüllt, belle Zellchen in verschiedenem Differenzgrade — Eier mit deutlich erkennbaren Kernen. Zwischen den Eierchen findet man in der körnigen Masse außerdem runde gelbe Körperchen (Fig. 18, 35). 1 Weiter nach hinten trifft man größere Eier, deren Protoplasma ist '' körnig, aber noch hellfarbig genug, um in ihnen einen hellen runden Kern mit einem Kernkörperchen zu erkennen. Später erscheinen in dem Protoplasma des Eies viele dunkle Körnerchen, und der Kern ist dann nur als ein heller Raum sichtbar (Fig. 16). Durch Zerreißen der Ovarien konnte ich einzelne Eierchen von einander sondern und mich 423 W. Reinhard, überzeugen, dass sie dann schon eine deutlich erkennbare Hülle hatten, welche sich an dem auf Fig. 16 abgebildeten Ei von einer Seite abge- hoben hat. Diese Hülle bildet sich sogar früher, da das obere Ei, auf Fig. 15 im Eierstocke abgebildet, schon eine Hülle hatte, wie es sich beim Isoliren unter leichtem Druck erwies. Weiter vergrößert sich die Zahl der dunkeln Körner so sehr, dass man die Kerne nicht mehr er- kennen kann. Auf Fig. 34 ist ein Eierstock abgebildet, in dessen Mitteltheil wir drei Eierchen, ganz mit dunkeln Körperchen angefüllt finden. Sie nehmen den Querschnitt des Eierstockes ganz ein, und die Grenzen zwischen ihnen sind nicht deutlich erkennbar, etwas weiter- hin liegen noch zwei Eierchen mit hellerem Protoplasma. Ein ähnliches Aussehen hatte auch der andere Eierstock desselben Thieres (von mir nicht abgebildet); bei ihm fand sich fast in der Mitte des Eierstockes eine dunkle, körnige Masse, wahrscheinlich zu drei einzelnen Eierchen gehörig. Eierstöcke von solchem Aussehen beobachtete ich oft, jedoch ist es mir nicht ein einziges Mal gelungen, die Eierstöcke in einer spä- teren Entwicklungsphase zu beobachten. Ich habe auch Furchung der Eier nicht gesehen. Wahrscheinlich legen die Thiere ihre Eierchen in den Schlamm des Meerbodens. Bei der sorgfältigen Untersuchung dieses Schlammes mit dem Mikroskop, um die Echinoderen aufzu- suchen, und speciell um spätere Entwicklungsphasen ihrer Eierchen zu finden, gelang es mir nicht diese letzte aufzutreiben. Einst hielt ich in Charkow, wohin ich sie aus Odessa gebracht, ein ganzes Jahr hin- durch Echinoderes mit durchgewaschenem Schlamm in Krystallisations- schüsseln. In der Hoffnung, endlich meinen Zweck zu erreichen, beob- achtete ich sie von Zeit zu Zeit, allein bis jetzt habe ich noch kein Resultat erzielt. Als ich mich noch in Odessa beschäftigte, versuchte ich sie einzeln, oder einige Weibchen und Männchen mit ausgebildeten Samenkörpern zusammen in Uhrgläschen zu halten, aber auch dieses Verfahren führte zu nichts. Schon GrErFF hat darauf hingewiesen, dass solche Versuche mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Da in kleinen Gefäßen das Wasser schnell verdunstet und die Thiere darin sterben, so wechselte ich, um doch nach Möglichkeit die Thiere am Leben zu erhalten, das Wasser vorsichtig mittels Pipetten, und legte die Uhr- gläschen auf Algen in eine große Krystallisationsschale mit Wasser, welche ich von oben noch mit einer Glasplatte zudeckte. Aber auch so gelang es mir bis jetzt nicht, die Entwicklung zu beobachten. Die Samendrüsen enthalten inmitten eines körnigen Protoplasma eine Menge kleiner Zellchen. Diese Zellchen nehmen drei viertel der ganzen Drüse ein, nur der vierte hintere Theil derselben ist mit ent- wickelten Samenkörpern angefüllt. | | | | _Kinorhyneha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 429 Seit längerer Zeit ist es bekannt, dass ungleich gestaltete Samen- körper verschiedener Thiere durch den Besitz eines besonderen centra- len Fadens ausgezeichnet sind. So beschreibt Fernınann Corn! schon im Jahre 1863 inmitten der bandartigen Samenkörper des Conochilus vol- vox, einen besonderen dünnen Faden, der, der Länge nach durchgehend, an einem Ende eine kopfartige Anschwellung bildet. Nach SchwEIGGER- SeıpeL?2 sind die Samenkörper nicht homogen, sondern bestehen aus einigen Theilen, die sich von einander in Form und chemischen Be- sonderheiten unterscheiden, als einen Kopf, Mitteltheil und Schwanz. Beim Schaf, Schwein und Meerschwein ist der Mitteltheil des Samen- körpers noch von außen mit einem besonderen Theil umgeben, den er für eine Verdickung der Randschicht hält. Eben solch einen Mitteltheil sah er auch an den Samenfäden der Fringilliden. Von ihrer Entstehung sagt SCHWEIGGER-SEIDEL nichts; er sagt nur, dass das Köpfchen, der mitt- lere Zwischentheil und der Schwanz besondere Bildungen seien. Das Köpfchen bestehe aus einem Kern, der Mitteltheil aus einem veränder- ten Bestandtheil der Zelle, und der Schwanz entspreche einer Wimper. Nach einigen Zeichnungen ıı VaLErtes? zu urtheilen, dringt der soge- nannte »Nebenkörper« bei Stenobothrus dorsalis und Forficula auricula- ria in einer gewissen Entwicklungsphase des Samenkörpers bis in den Schwanz. Jedoch betrachtet 14 VaLettE den Nebenkörper als eine Ab- art des Protoplasma, als eine Verdichtung, die den Samenfaden mit dem Kopf vereint. Auch Emer * findet, dass der Samenkörper aus einem Centralfaden besteht, der im Kopf beginnt und sich durch den Mittel- theil bis in den Schwanz zieht. A. v. Bruns zeichnet zwar in seiner Arbeit vom Jahre 1876 einen centralen Faden, spricht aber im Text nicht von ihm. So viel mir be- kannt ist, war ich der Erste, der den Beweis erbrachte, dass der Cen- traltheil des Samenkörpers sich aus einem Kern der Samenzelle bilde. 1 FERDINAND Conan, Bemerkungen über Räderthiere. Diese Zeitschr. Bd. XII. 1863. p. 206. »Höchst auffallend war mir aber, dass dieser bandförmige Samen- körper in seinem Inneren noch einen besonderen feinen Faden erkennen ließ, der gleich einer Mittelrippe in seiner ganzen Länge verläuft, an einem Ende aber eine kopfartige Aufschwellung zeigt« (Fig. 20 c, d). 2 SCHWEIGGER-SEIDEL, Über die Samenkörperchen und ihre Entwicklung. Arch. für mikr. Anat. Bd. I. 1865. 3 LA VALETTE ST. GEORGE, Über die Genese der Samenkörper. Arch. für mikr. Anat. Bd. X. 1874. * Siehe das Citat bei A. v. Brusn, Arch. für mikr. Anat. 1883. 4. Heft. 5 A. v. Bruns, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Samenkörper. Arch. für mikr,. Anat. Bd. XII. 1876. 430 W, Reinhard, In meiner Arbeit über Süßwasser-Bryozoen (1882)! sage ich Folgendes wörtlich über die Samenkörper der Aleyonella: »Indem ich die Samen- körper bei sehr starker Vergrößerung betrachtete, bemerkte ich, dass sie nicht vibrionenartige Körper ohne Verdickung seien, sondern im Gegentheil einen bestimmten Bau und am Ende einen Kopf haben. Der Samenkörper besteht eben aus einem centralen stark lichtbrechenden (Taf. VI, Fig. 3), und einem äußeren, helleren Theil. Sein Vorderende, das ungefähr drei und ein halb Mal kürzer ist als der übrige Theil, ist vom letzten Theil durch einen Querreifen getrennt, der ebenfalls sehr glänzend ist. Jch konnte mich nicht überzeugen, ob dieser Querreifen wirklich eine Scheidewand oder nur eine ringförmige Verdickung bil- det. Fig. 4 (Taf. VI) stellt einen Samenfaden dar, der sich aus der Zelle, in der sich noch der Kern mit einem Kernkörperchen erhalten, ausge- zogen hat. Der Faden ist etwas verdorben und sein unterer Theil vereinigt sich mit dem oberen nur durch einen sehr feinen Querreifen. Diese Abbildung zeigt jedoch, dass der Samenfaden sich nicht aus der Verlängerung der Zellenhaut und nicht aus dem Kern, wie es ALLMANnN meint, sondern aus dem Protoplasma der Zelle bilden sollte. Auf (Taf. VI) Fig. 5 sehen wir bereits völlig ausgebildet den oberen Theil des Fadens, den Centraltheil und den Kopf, aber der Kern ist schon ver- schwunden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er den Centraltheil, aber vielleicht auch den ganzen oberen Theil des Fadens bildete.« Ich habe hier ebenfalls alle die Veränderungen bezeichnet, denen der Samen- faden, bis er ins Ei eintritt, unterliegt. Im Zoologischen Anzeiger für 1883 veröffentlichte M. v. Brunn eine vorläufige Anzeige über die dop- pelte Form der Samenkörper bei Paludina vivipara?. In den wurm- förmigen Samenkörpern dieses Thieres findet er auch einen Central- faden, der nach seiner Meinung sich aus einer Wimperverschmelzung der Samenzelle gebildet hat. Diese Wimpern »scheinen«, wie er sagt, »aus dem Kern zu entspringen«. Weiter spricht er, dass der Kern der Samenzelle die Hauptmasse des Kopfes und des Mitteltheiles des‘ Samenkörpers bilde. Diese Bemerkungen haben, wie erwähnt, Bezug auf die wurm- förmigen Samenkörper, die nicht zur Befruchtung des Eies dienen und sich sehr von denjenigen unterscheiden, die diesem Zwecke ent- sprechen. 1 W. REıyHARrpD, Umriss des Baues und der Entwicklung der Süßwasserbryo- zoen. (Mit 7 Tafeln.) 4882. Arbeiten der Charkower Naturforschergesellschaft. xy. 2 Max v. Brunn, Untersuchungen über die doppelte Form der Samenkörper bei Paludina vivipara. Zool. Anz. Nr. 132. 1883. 7. Februar. i Kinorhyncha (Eehinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 431 Bei der VII. Zusammenkunft russischer Naturforscher und Ärzte las ich in der Sitzung des 22. August 1883 meinen Bericht über »den Bau der Echinoderen«! vor. Ich sagte darin: Die Samenkörper bilden sich aus den Spermatoblasten, wobei der Kern derselben, indem er sich allmählich verlängert, zusammen mit der Formveränderung der Spermatoblasten, den centralen Theil des Samenkörpers bildet. Es ist ‚ unzweifelhaft, dass der von Leypıe? in den Samenkörpern des Gam- marus pulex (Taf. VII, Fig. 9) abgebildete centrale Faden als ein ver- längerter Kern erscheint. Es wäre auch interessant, in dieser Hinsicht, den sogenannten Randfaden zu erforschen, welchen er in anderen Samenkörpern abbildet. In seiner späteren Arbeit (vom Jahre 1883) beschreibt A. v. Brunn in den Samenfäden der Mäuse, Vögel etc. einen Centralfaden. Er meint, dass derselbe sich aus dem Protoplasma in der Zelle bilde, obgleich er sich mit dem Kopf vereinigt, so hält er ihn doch nicht für einen Aus- wuchs des letzteren, da beide von einander scharf abgegrenzt sind’. A. v. Brunn kennt meine oben angeführten Arbeiten nicht. Morırz Nuss- Baum * zeichnet in den Samenkörpern der Helix auch einen centralen ‚ Faden, aber von seinem Ursprung sagt er nichts; davon spricht nur Max v. Brunn® in seiner Arbeit über die Doppelform der Samenkörper ' bei Paludina vivipara. Die Entwicklung der fadenförmigen Samen- körper dieses Thieres geschieht seiner Meinung nach auf solche Weise, '“ dass auf dem Kern der Samenzelle Erhöhungen in Form von vier " Punkten erscheinen, die dann zu Strichen verschmelzen. Noch früher erscheint der Faden. v. Brunn glaubt, die Erhöhungen bilden einen Auswuchs, der Faden aber eine Fortsetzung des inneren Kerntheiles, “ welcher, indem er sich mit dem Auswuchs seines äußeren Theiles “ deckt, den Mitteltheil des Fadens bildet. Indem der Kern allmählich größer wächst, zieht er auch das Protoplasma der Zelle mit sich, welche ihn von außen wie mit einer Hülle umgiebt. 1 W. REınHARD, »Zum Bau der Echinoderes«, Protokoll der 3. Sitzung der zoo- ‚ logischen und anthropologischen Sektion den 22. August 1883, Odessa. Protokolle 4 der VII. Zusammenkunft russischer Naturforscher und Arzte. ? Franz Levvig, Untersuchungen zur Anatomie u. Histologie der Thiere. Bonn 4883, 3 A. v. Brunn, Beiträge zur Kenntnis der Samenkörper und ihrer Entwicklung bei Säugethieren und Vögeln. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXIII. 4. Heft. 1883. Oktbr. * Morırz Nusssaum, Über die Veränderungen der Geschlechtsprodukte bis zur Eifurchung. Ein Beitrag zur Lehre der Vererbung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXI, 2. Heft. 1884. Februar. 5 Max v. Bruns, Untersuchungen über die doppelte Form der Samenkörper. Arch, f. mikr. Anat. 41884, 432 W, Reinhard, Der chromatische Bestandtheil befindet sich im Kopf des Samen- körpers. Jedoch kann Max v. Brunn nicht mit voller Gewissheit sagen, ob die oben angeführten Erhöhungen vom Kern abgetrennt und von ein- ander isolirt sind oder nicht. Er meint, dass solch eine Trennung nicht existirt und hält es für wahrscheinlich, dass die ringförmige Erhöhung vom Kern gebildet ist. Wenn darüber ein Zweifel obwalten kann, so kann das auch in Betreff der Entstehung des Centralfadens geschehen, welcher sich sehr schnell bildet, desshalb kann man auch nicht sagen, dass er in diesem Falle durchaus aus dem Centraltheil des Kernes entstehe. Mit diesem Ausspruch will ich M. v. Brunn’s Forschungen nicht als un- richtig hinstellen; im Gegentheil, ich meine, dass der Centraltheil des Samenfadens auch in diesem Falle aus dem Kern der Samenzelle ent- springt, und sehe nur in v. Brunn’s Beobachtungen eine Bestätigung der früher von mir gemachten Angaben. Ich will nur sagen, dass in diesem Falle, bei dem viel komplicirteren Bau des Samenkörpers, diese Frage bedeutend schwerer zu erörtern ist, als wenn die Samenkörper ein- facher gebildet sind, wie hier bei Echinoderes. Leider finde ich bei Max v. Brunn auch keinen Hinweis auf meine Arbeit. | Die Samenkörper der Echinoderen bilden sich auf sehr einfache Weise aus dem Spermatoblasten durch allmähliche Formveränderung und Ausdehnung desselben. Zuerst nimmt der Spermatoblast dabei eine birnenähnliche Form an, dann dehnt sich sein verlängertes Ende immer mehr und mehr bis zu einem Faden aus, und nur, so zu sagen, ein Überbleibsel der Zelle bildet an ‘einer Seite seine Verdiekung in Form eines Kopfes (Fig. 38, 47). Zuweilen theilt sich diese runde Ver- diekung durch eine Einschnürung vom übrigen Theil, der in der Mitte etwas abgeplattet erscheint, ab; solche Formen sind auf Fig. 17 abge- bildet. Seitdem die Arbeiten von LA VaALETTE ST. GEORGE erschienen | sind, nimmt man an, dass die Mutterzelle des Samenkörpers sich in denselben auf solche Weise verwandle, dass ihr Protoplasma den | Schwanz bilde, während der Kern sich in den Kopf verwandle. Auf Grund oben angeführter Beobachtungen glaube ich, dass man solch | eine Entwicklungsart nicht als allgemeine Regel annehmen kann. Es wäre sehr wünschenswerth, wollte man die früher erlangten Resultate aufs Neue in Betracht ziehen. Wie dem auch sein mag, so besitzen wir, so viel ich weiß, noch keine Andeutung darüber, was für eine Rolle ' der Kern des Spermatoblast bei der Entwicklung der Samenkörper, | ohne Kopf, spielt. Darauf hin glaube ich folgende Beobachtungen als nicht uninteressant anführen zu dürfen. Im Spermatoblast ist es leicht, | mittels Färbung den Kern bloßzulegen (Fig. 38). Bei der beschriebenen | Verwandlung des Spermatoblastes in den Samenkörper verändert sich _ Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 433 der runde Kern ebenfalls, er zieht sich etwas aus, wobei noch von einer Seite die Verdickung sichtbar ist. Bei Verlängerung des Spermato- blastes zieht sich auch der Kern immer mehr und mehr aus, indem er den Centraltheil des Samenfadens in Form eines sehr dünnen Streifens, welcher stark mit Hämatoxylin gefärbt wird, einnimmt. Die völlig aus- gebildeten Samenkörper haben bei den von mir beschriebenen Echi- noderes eine fadenförmige Gestalt. Wenn man die Samendrüse aufreißt und sie mit Hämatoxylin färbt, kann man alle auf Fig. 17 abgebildeten und wechselnden Entwicklungsphasen sehen. Bei der Bildung des Samenfadens schreibt Max v. Brunn die Haupt- rolle dem Kern zu, indem der letztere sich ausdehnt, zieht er das ihn umgebende Protoplasma mit sich. Solcher Meinung ist er nicht nur hinsichtlich der fadenförmigen, sondern auch hinsichtlich der wurm- förmigen Samenkörper der Paludina vivipara. In diesen beobachtet er auch einen centralen oder Achsentheil, welcher hier aus einem Bündel Fäden besteht. Jeder Faden dieses Bündels ist mit einer Protoplasma- hülle bedeckt, welche sich ganz eben so wie um den Centraltheil der fadenförmigen Samenkörper bildet. Ich finde, dass in den Samenkör- pern der Aleyonella fungosa und der Echinoderen der ausgedehnte Kern (Centralfaden, Achse) so dünn im Vergleich mit der umgebenden Proto- plasmaschicht ist, dass man ihm keine aktive Rolle bei Verlängerung der Samenkörper zuschreiben kann. Desshalb denke ich, dass mit dem Ausdehnen des Protoplasma des Spermatoblastes der Kern ebenfalls sich ausdehnt und in das letztere hineinwächst. Bei einer Prüfung der ersten Entwicklungsphasen der Samenkörper der Echinoderen ge- winne ich die Vorstellung, dass der Formveränderung des Kernes eine wesentlichere Formveränderung des Protoplasma des Spermatoblasts vorhergeht. Da in den Samenkörpern der Echinoderen der Centralfa- den mit gleicher Intensivität in seiner ganzen Ausdehnung gefärbt wird, se nehme ich an, dass der chromatische Bestandtheil hier gleichmäßig vertheilt ist. Ich sprach bereits davon, dass die Männchen, wenigstens bei Echi- noderes ponticus und Echinoderes dentatus, die ich genauer erforscht habe, mit besonderen Anhängen auf dem letzten Analsegment und der Bauchseite versehen sind. Soleher Anhänge giebt es zu zwei von jeder Seite (Fig. 14, 19, 24). Sie sind inwendig hohl, an der Basis breiter, gegen das Ende hin schmäler. Mir scheint, dass diese Anhänge aus zwei Theilen bestehen, dem größeren Basal- und einem kleineren dün- neren Endtheil. Bei Echinoderes dentatus sind sie oben mit beson- deren kleinen Platten, mit ausgefransten Rändern, bedeckt (und zwar je eine an jeder Seite). Da diese Anhänge hohl sind, sich nach Willkür Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Ba. 28 434 W. Reinhard, des Thieres bewegen können, an der Stelle liegen, wo die Ausführungs- kanäle der Samendrüsen münden, und stets bei den Männchen zu finden sind, während die Weibchen keine haben, so habe ich den Schluss gezogen, dass sie die äußeren Geschlechtsorgane der Thiere bilden, oder jedenfalls solche Organe darstellen, die eine bestimmte Rolle bei der Befruchtung spielen. Sie sind nicht leicht zu erkennen, weil sie am letzten Segment sich befinden, welches man oft übersieht, da es sich ganz ins vorhergehende Segment einziehen kann; dann sind diese Organe von den Bauchplatten des zehnten Segmentes verdeckt und sehr wenig bemerkbar. Auf Fig. 44 habe ich sie freiliegend nach vorn gebogen und auf dem ausgestreckten Analsegment befindlich abge- bildet. Auf Fig. 24 sieht man sie durch die Bauchplatten des zehnten Segments scheinend, und auf Fig. 19 theilweise ausgestreckt. CıapırkpE bemerkt, indem er Echinoderes monocercus als neue Art beschreibt, dass die von ihm angeführten Unterschiede zwischen eser Art und Echinoderes Dujardinii vielleicht nur geschlechtliche Unterschiede sind, und dass desshalb diese Art dann einzuziehen sei. Durch eigene Beobachtungen habe ich mich überzeugt, dass die ge- schlechtlichen Unterschiede dieser Thiere nicht so groß sind, und dass die Echinoderes mit einfachen Borsten wirklich selbständige Arten bilden. — PAGENSTECHER stellt in seiner erwähnten Arbeit ebenfalls die Frage: existiren wirklich ausgewachsene Exemplare mit einfachen Bor- sten, oder sind die einfache Borsten tragenden Thiere nur junge (un- entwickelte) Formen, und endlich haben alle unentwickelten Thiere einfache Borsten? Meine Forschungen beantworten diese Fragen ge- nau. Arten mit einfachen Borsten (entwickelte) existiren wirklich, weil ich Männchen des Echinoderes spinosus, der zu den eine einfache Borste tragenden gehört, mit ausgebildeten Fortpflanzungsorganen ge- funden habe. Ich fand auch viele, ganz entwickelte und noch unaus- gebildete Formen anderer Echinoderes und kann sagen, dass die un- | entwickelten Formen anderer Arten nicht zu den einfache Borsten tragenden gehören. Junge Exemplare mit unentwickelten Geschlechts- | organen haben dieselben Eigenthümlichkeiten wie die ausgewachsenen. Ihre Häutung habe ich nie beobachtet. Wenn mir auch Bedeckungen der Echinoderes ohne Organe vorkommen, so betrachte ich sie als Hül- len zufällig umgekommener Thiere, denn wenn sie ein Rest der Häu- tung wären, so würde man in ihnen eine Öffnung wahrnehmen, durch welche die Thiere herausgekrochen sind. Darauf hin halte ich Pısen- STECHER’S Meinung für irrig, nach welcher die von ihm beschriebene Art ein erwachsenes Exemplar darstellt, welches, nach zweimaliger Häu- tung, aus einem Thier mit einer einfachen Borste entstanden sei. | | | ‚Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 435 Absonderungsorgane. Keinem der vorhergenannten Forscher ist es gelungen, Absonde- rungsorgane zu finden, deren Kenntnis schon desshalb wichtig erschei- nen muss, da dieselbe eine entscheidende oder wenigstens wichtige ‚Bedeutung für die Bestimmung der Stellung im System der uns be- - schäftigenden Thiere hat. | | In dieser Hinsicht habe ich mehr Erfolg als Andere gehabt. Mir gelang es diese Organe zu finden, und als ich sie einmal gesehen, so wurde es mir leicht, sie bei verschiedenen Arten aufzufinden und mich zu überzeugen, dass sie überall gleich gebildet sind und eine gleiche Lage haben. Ihre Form ist birnähnlich; das vordere breitere Ende hat augenscheinlich keine Öffnung zur Verbindung mit dem Körperraum; das hintere Ende geht sich allmählich verschmälernd in den Aus- führungskanal über. Der breitere Theil der Segmentalorgane liegt im achten Segment; der Ausführungskanal richtet sich erst nach unten ins , neunte Segment, in welchem er sich nach außen biegt, und unter den Bauchrückenmuskeln desselben Segments weiter gehend, öffnet er sich an den Seitentheilen des Leibes auf der Rückenfläche (Fig. 31, 4, 89, 97, 67, 76). Die innere Fläche der Segmentalorgane ist mit einem Wimperepithelium bedeckt, dessen Wimperbewegung ich viele Mal sehr deutlich, sowohl im breiteren Theil als auch im Ausführungskanal sah. Ich betone den ebengenannten Ausspruch hauptsächlich darum, weil meiner Ansicht nach diese Thatsache besonders wichtig bei eini- gen Schlussfolgerungen ist, die ich am Ende meiner Arbeit ziehen werde. Die Bewegung der Wimpern ist nach außen gerichtet. Inner- halb der Segmentalorgane habe ich zuweilen kleine rundliche Körner von verschiedener Größe gesehen, welche eine grünlich-gelbe Farbe haben (Fig. 30). Nervensystem. ÜLAPAREDE hat zuerst zwei weiße längliche Gebilde zu beiden Seiten des Ösophagus und theilweise des Rüssels beschrieben, »die möglicherweise als Hirnganglien zu deuten sind«. Auf ihrem Vorder- ende befinden sich die Augen. Zum Nervensystem gehörig betrachtet er auch diejenigen röthlichen granulösen Körper, von denen ich schon ' mehrmals gesprochen habe. Welch eine Bedeutung diese Körper haben, zeigte ich schon früher. GrEEFF, der mit CLArarkpz nicht hin- sichtlich der Bedeutung dieser »Pigmentkugeln« übereinstimmt, hält ‚für ein Nervensystem die von Crararkpe beschriebenen Bildungen, welche nach seiner Meinung wie zwei weiße bandartige Organe, zu 28* 436 W. Reinhard, beiden Seiten des Ösophagus gelegen, aussehen. Er glaubt weiter, dass sie im Vordertheil hufeisenartig vereinigt sind. Ich meine, dass beide Gelehrte in diesem Falle im Irrthum sind und unter dem Namen Nervensystem ganz andere Organe beschrieben haben. Ich bin sogar zu glauben geneigt, dass beide Gelehrte in diesem Falle nicht ein und dasselbe beschrieben haben; zu solcher Ansicht musste ich kommen, als ich sorgfältig ihre Zeichnungen mit den meinigen verglich. Ich meine, dass die von CrArarknE beschriebenen »Nervenganglien« in Wirklichkeit einige Retraktormuskeln sind, während die von GREEFF beschriebenen Ganglien eher einem Paar der von mir entdeckten Drü- sen entsprechen. Dass eine Vereinigung dieser Organe in ihrem Vor- dertheil stattfindet, davon ist gar keine Rede. Nachdem ich meinerseits sorgfältig verschiedene Echinoderen er- kennen gelernt, und aufmerksam ihre einzelnen Theile erforscht hatte, kam ich zur Ansicht, dass man für Nervenganglien nur vier Erhöhungen halten kann, die ich am Beginn des Ösophagus auf seiner Rückenseite fand. Diese Ganglien habe ich auf Fig. 36 und 40 abgebildet (auf der letzten befinden sich Ösophagus und Magen, in Folge Druckes in un- natürlicher Lage) weiter auf Fig. 13, 97, 7%, 51, 62. Mittels Färbung, entdeckte ich Kerne, die ich nur da aufgezeichnet habe, wo sie ganz deutlich sichtbar waren. Grenzen von Zellen sah ich nicht. Ich kann auch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Echinoderes Nervenfäden haben oder nicht. Was die Pigmentflecken anbetrifft, so wurden sie schon von Dusarpın beobachtet. Crararkne bringt sie auf den Nervenganglien an und meint, dass sie durch den Rüssel scheinen, wesshalb sie auch, bei mehr oder weniger eingezogenem Rüssel, an verschiedenen Stellen sichtbar sind. Solcher Meinung ist auch Grerrr, jedoch findet er bei einigen Echinoderen mehrere Pigmentflecken — von zwei bis acht. Wenn diese Flecken wirklich auf den von Grerrr beschriebenen, zu beiden Seiten des Ösophagus gelegenen und folglich mit ihm sich be- wegenden »Nervenganglien« liegen würden, so könnten sie niemals bei eingezogenem Rüssel die Stelle einnehmen, an der sie von GREEFF auf seinen meisten Zeichnungen abgebildet sind, wie z. B. auf Fig. I, 7 19, 20, 21, 26, 28, wo sie viel höher als der Ösophagus und folglich | auch als die vorausgesetzten Nervenganglien liegen. Daher ist es un- zweifelhaft, dass diese Pigmentflecken auf dem Rüssel, aber nicht auf den Ganglien liegen, welche es an dieser Stelle, was am wichtigsten ist, | gar nicht giebt. Eine Pigmentanhäufung habe ich auch an verschie- denen Stellen bei den von mir erforschten Echinoderen gesehen, aber |” nicht in solcher Weise, dass ich sie für sogenannte Augen haltem | - Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 437 könnte. So haben denn alle von mir gefundenen Arten keine echten Pigmentflecken (Augen). Von Arten, welche die früheren Gelehrten beschrieben, kam mir nur Echinoderes Dujardinii zu Gesicht. Das war eine der ersten Arten, die ich sah. Noch nicht genügend mit ihnen be- kannt, widmete ich den Pigmentflecken damals nicht gehörige Auf- merksamkeit, da diese von wichtigeren Organen in Anspruch genom- men war, und ich hoffte die Thiere in Zukunft noch zu finden. Leider aber war es das einzige Exemplar Echinoderes Dujardinii, wel- ches ich gesehen habe. Unter den Anmerkungen, die ich tiber seinen Panzerbau gemacht, finde ich auch eine über Vorhandensein von Pig- mentflecken bei ihm. Vorkommen. Echinoderes trifft man, wie schon GRrEEFF sagt, ausschließlich auf ‚dem Meeresboden, und auch ich sah nicht ein einziges Mal, dass sie in den Gefäßen, worin sie längere Zeit hindurch lebten, auf die Ober- fläche des Wassers gekommen sind. In der Umgegend von Odessa fand ich sie hauptsächlich an solchen Stellen, wo der Boden schlammig war. Dieser Schlamm, durch ein dichtes Mürzer’sches Netz gewaschen, hinter- lässt einen feinen Sand, der zuweilen eine Menge Echinoderes enthält. Schalen von Weichthieren finden sich selten an diesen Stellen. Näher zum Ufer, wo es viele Schalen von Weichthieren giebt, fand ich sie nur selten. GREEFF sagt, dass die Mehrzahl der Thiere der Strandfauna an- gehört, die bei der Ebbe längere oder kürzere Zeit vom Wasser ent- blößt bleibt. In der Umgegend von Odessa, bei der »kleinen Fontäne «, fand ich sie dagegen nur in einer Tiefe von sieben bis acht Faden. Näher zum Ufer hin findet man sie seltener und endlich verschwinden sie ganz. Weiter im offenen Meere, in der Nähe der »großen Fontaine «, fand ich sie bei geringerer Tiefe. Es ist sehr möglich, dass in der nächsten Umgebung von Odessa sich Süßwasserströmungen befinden (aus dem Dniepr), wie es die Fischer behaupten. Dieses würde den Umstand erklären, dass man Echinoderes hier weiter vom Ufer findet, als in den Umgebungen der »großen Fontaine«. GRrEEFF hält die Thiere für Kosmopoliten; in der That sind sie sehr verbreitet. Dusarnın fand sie in Saint Malo, CrAPArkpe in St. Vaast la Hogue, LeuckArt und METScHNI- | Korr bei Helgoland, GrErFF fand sie im atlantischen Ocean bei den kanarischen Inseln, und PaAgenstecher bei Porto Pi unweit Palma de Mallorka. GREEFF sagt, dass sie sich hauptsächlich von »Algen und Diatomeen« nähren. Hinsichtlich der letzten Annahme erlaube ich mir einen Zwei- fel. Ich fand nie in ihrem Darmkanal Panzer von Diatomeen, dagegen 438 W, Reinhard, fand ich auf ihrer Außenseite (bei denjenigen, die ich bei mir in Ge- fäßen hielt) zuweilen eine Menge von Diatomeen, die meinen Beob- achtungen sehr hinderlich waren. Zusammen mit den Echinoderes findet man oft Desmoscolex und — hauptsächlich in der Nähe der großen Fontaine — Protohydra. Systematische Beschreibung neuer Arten Echinoderes. Bis jetzt sind neun Arten Echinoderes beschrieben worden. Dusar- pIn beschrieb eine, CLAPAREDE eine, GREEFF vier Arten. PAGENSTECHER beschreibt eine neue Art, Echinoderes Sieboldii, und außerdem zwei andere, deren unterscheidende Merkmale er für Eigenthümlichkeiten bestimmter Lebensalter hält. Unter ihnen bildet diejenige Form, die eine Analborste trägt, unzweifelhaft eine neue Art, welche ich Echinoderes Pagenstecherii benenne. Die andere, wahrscheinlich auch neue Art, deren Kennzeichen PıAsenstecHer leider nur in allgemeinen Umrissen angiebt, benenne ich Echinoderes incertus Pag. (R.). — Echi- noderes brevispinosa ist von METSCHNIKOFF nicht so genau beschrieben, dass man sie von anderen Arten unterscheiden könnte. Sie unter- scheidet sich, nach METscHnIKorrs Worten, durch Anwesenheit von kürzen Rückenborsten. — Ich habe neun neue Arten aufgefunden. Alle bisher beschriebenen Echinoderes können nach Zahl der Anal- borsten in Bicerca, Monocerca und Acerca eingetheilt werden. Diese Eintheilung kann natürlich nur so lange gelten, bis die Erforschung der neuen Arten wichtigere anatomische Gründe zu ihrer Gruppirung giebt. Zu Monocerca werden gehören: Echinoderes spinosus Reinh., Echinoderes Kowalevskii Reinh., Echinoderes lanuginosa Greeff, Echi- noderes monocercus Clap., Echinoderes Pagenstecherii (R.) Pag. Zu Bi- cerca: Echinoderes dentatus Reinh., Echinoderes ponticus Reinh., Echi- noderes pellucidus Reinh., Echinoderes setigera Greeff, Echinoderes bo- realis Greeff, Echinoderes Dujardinii Duj., Echinoderes canariensis Greeff, Echinoderes Sieboldii Pag., Echinoderes incertus Pag. (R.). Hierher ge-. hören auch Echinoderes dubius Reinh. und Echinoderes parvulus Reinh., welche durch Vorhandensein von sehr kleinen Analborsten einen Über- gang zu den Acerca bilden. Zu den echten Acerca müssen Echinoderes Metschnikoffii Reinh. und Echinoderes acercus Reinh. gezählt werden. Bicerca. Echinoderes dentatus Reinhard. Größe des Weibchens: 4) Länge vom scharfen Rande des zehnten Segmentes 0,51 mm, Breite der Mitte 0,12 mm, Länge der Analborsten 0,07 mm. - Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 439 2) Länge 0,57 mm, Breite 0,132 mm, Länge der Analborsten 0,07 mm. 3) Länge 0,27 mm, Breite 0,07 mm, Länge der Analborsten 0,08 mm. Männchen. EIf Segmente. Rückenplatten viel größer als die Bauchplatten, gewölbt und leicht zur Bauchseite abgebogen. Die ge- bogenen Ränder etwas verdickt, besonders am Vordertheil. Die Vorder- ränder der Rückenplatten verdickt. Die Bauchplatten nehmen die ganze Bauchseite in allen Segmenten ein. Das erste Segment trägt auf der Rückenseite einen Anhang in Form von vier Platten. Vier Anhangs- platten befinden sich an diesem Segment auf der Bauchseite, wie bei den Echinoderes ponticus. Alle Rückenplatten mit Ausnahme der Plat- ten des Anal- und zehnten Segments, tragen unweit des unteren Randes in der Mitte einen nicht großen, aber starken Zahn (Fig. 3). Der Bauch- theil des ersten Segments zerfällt in drei dreieckige Platten, deren Vorderrand abgeschnitten ist; ihre hinteren Enden und diejenigen Seiten, mit denen sie anliegen, sind etwas verdickt. Vom hinteren Theile dieser Platten geht eine selbständige verbindende Platte zum zweiten Segment. Diese letztere ist sehr dünn. Alle folgenden Seg- mente, mit Ausnahme der beiden letzten, sind einander ähnlich. Ihre Bauchseite besteht aus zwei Platten, deren Vorderränder bis zur Hälfte ihrer Länge verdickt sind. Diese Verdickungen, mit gerundeten Enden beginnend, umfassen die inneren Ecken jeder Platte, und sich längs ihrer inneren Seite herunterziehend, verfeinern sie sich allmählich und verschwinden. In den unteren Segmenten nehmen diese Verdickun- gen nicht den Rand der Platten ein, sondern beginnen in ihrer Mitte (Fig. 14). Die Hinterenden der Bauchplatten des zehnten Segments sind in der Mitte etwas ausgezackt. Das Hinterende der Rückenplatte desselben Segments ist mit zwei Einschnitten versehen, aber der Zwi- schentheil ist abgerundet. Das Hinterende des letzten Segments ist abgerundet. Seine Bauchplatte ist wenigstens theilweise in zwei Theile gespalten. Am letzten Segment befinden sich vier Genitalanhänge, zu zwei an jeder Seite. Diese Anhänge sind hohl, an der Basis breiter und endigen mit einem scharf zulaufenden und leicht gebogenen Theile. Die Analborsten des Männchens sind auf dem Analsegment von ziem- licher Größe. Das neunte und zehnte Segment sind mit ovalen chiti- nigen Verdickungen versehen. Die Verdickungen am vorletzten Seg- ment haben eine nierenähnliche Form; sie befinden sich in der Nähe des inneren Randes der Bauchplatten und liegen auf den schon er- wähnten Querverdickungen (Fig. 14). Das zweite Segment trägt in- mitten jeder Bauchplatte eine dicke Borste, die am unteren Rande der Querverdickung sich befindet (Fig. 2). Die langen Stacheln, mit denen der Rüssel versehen, verdicken sich allmählich zu ihrem Anfang hin; 440 W. Reinhard, diese Erweiterung ist besonders an der Basis der Stacheln groß, und auf ihr befindet sich an der Rückenseite ein kleiner, nadelförmiger Anhang, der an seinem Ursprung wiederum ein zweites, kleines An- hängsel trägt (Fig. 9). Die Hüllen sind wenig durchsichtig und dick. In der Leibeswand sind Gruppen von sehr kleinen orangefarbenen Pigmentkörnchen zerstreut; diese Gruppen sind von unregelmäßiger Form und befinden sich zu je einer, zuweilen zu drei auf jeder Bauch- platte. Eben so unregelmäßig vertheilt sind eine Menge Pigmentkörner- chen auf der Rückenseite; besonders viele sind im Rüssel. Weibchen: Das Weibchen ist im Allgemeinen dem Männchen ähnlich; unterscheidende Zeichen sind: Das Fehlen der äußeren Geni- talanhänge, bedeutend geringere Größe der Analborsten und Fehlen der Borsten auf den Bauchplatten des zweiten Segmentes. Diese Art trifft man ziemlich oft und sie gehört zu den größeren Formen. Ihre Hüllen sind weniger durchsichtig als bei den anderen Arten. Echinoderes ponticus Reinhard. Größe des Weibchens: 1) Länge bis zum Ende des zehnten Segmentes 0,64 mm, Breite 0,13 mm. 2) Länge 0,38 mm, Breite 0,11 mm, Länge der Analborsten 0,04 mm. 3) Länge 0,49 mm, Breite 0,12 mm, Länge der Analborsten 0,05 mm. 4) Länge 0,42 mm, Breite 0,14 mm, Länge der Analborsten 0,04 mm. Größe des Männchens: 1) Länge bis zum hervorragenden Rande des zehnten Segmentes 0,421 mm, Breite 0,4 mm, Länge der Analborsten 0,16 mm. 2) Länge 0,39 mm, Breite 0,11 mm, Länge der Analborsten 0,15 mm. Männchen. EIfSegmente. Die Rückenplatten gewölbt und leicht der Bauchseite zugekehrt. Ihre Ränder, besonders im vorderen Theil, _ verdickt. Die Bauchplatten nehmen die ganze Bauchseite in allen Seg- menten ein. Die Rückenplatten der Segmente sind nicht gezackt. Das erste Segment ist auf der Bauchseite mit Anhängen, in Form von vier Platten, versehen, von denen die beiden mittleren größer sind und wie Rechtecke aussehen, die beiden seitlichen sind von dreieckiger Form. Die Rückenplatten dieses Segmentes haben auch vier plattenförmige Anhänge, längs welchen parallele Strichelungen sich ziehen. Die Bauch- seite des ersten Segmentes zerfällt in drei dreieckige Platten, deren Vordertheil abgeschnitten ist. Jede dieser Platten besteht aus zwei Theilen, der untere Theil, ungefähr !/, oder !/, der Länge der Platte . Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 441 ausmachend, ist durch einen Querstrich getrennt, über und parallel welchem eine Reihe Punkte sich zieht. Längs dem hinteren Theil jeder Platte ziehen sich parallele Striche (Fig. 23). Der Vorderrand der Rückenplatte dieses Segmentes ist mit vier kleinen Ausschnitten ver- sehen, den vier erwähnten Anhangsplatten entsprechend. Längs densel- ben zieht sich eine Reihe Punkte. Eben solch eine Reihe Punkte bemerkt man auch längs dem Rande dieses Segmentes (Fig. 20). Alle übrigen Segmente, mit Ausnahme des letzten und vorletzten sind einander ähnlich. Ihre Bauchtheile bestehen aus zwei Platten, deren Vorder- ränder in ihrer ganzen Weite verdickt sind. Diese Verdickungen um- geben die innere Ecke jeder Platte, und ziehen sich längs ihrer inneren Seite nach unten, sich allmählich verschmälernd. Die Vorderränder jeder Rückenplatte sind mit einem wulstigen Rand umgeben. Die Hinterenden der Bauchplatten des zehnten Segmentes sind beim Männ- chen wenig bemerkbar ausgezackt, beim Weibchen sind sie eben. Am wulstigen Vorderrande dieser Platten, näher zu ihrem inneren Rande, befindet sich an jeder Seite eine chitinige Verdickung von nierenähn- licher oder rundlicher Form (Fig. 21, 24). Das Hinterende des Anal- segmentes ist abgerundet. Seine Bauch- und Rückentheile sind ganz und zerfallen nicht in Platten. Dieses Segment ist mit vier Genitalan- hängen versehen, je zwei an jeder Seite. Sie sind hohl, an der Basis breit, gegen das Ende hin schmäler und dort jeder mit einer Ver- schärfung versehen. Auf diesem Segment befinden sich ebenfalls Anal- borsten. Die (Anal-)Borsten des Männchens sind viel länger als die Borsten des Weibchens. Das zweite Segment trägt auf jeder Bauch- platte eine dicke Borste, welche hinter dem Wulste des Vorderrandes steht. Jede von diesen Platten ist durch eine Querreihe Punkte zur Hälfte getheilt, die fast in der Mitte durchgehen. Von diesen Punkten sich nach unten ziehend, bemerkt man eine Reihe paralleler Streifchen. Die Bedeckungen dieser Art sind ebenfalls undurchsichtig, obgleich etwas klarer als bei den vorhergehenden. Weibchen. Das Weibchen ist im Allgemeinen ganz dem Männ- chen ähnlich, und unterscheidet sich von ihm durch das Fehlen von röhrenförmigen Genitalanhängen, durch viel kürzere Analborsten und außerdem dadurch, dass es keine Borsten auf den Bauchplatten des ersten Segmentes hat. Echinoderes ponticus nähert sich mehr als andere den Echino- deres dentatus. Unterscheidende Kennzeichen beider Arten bestehen darin, dass die Rückenplatten der ersteren nicht gezähnt, die Bauch- platten des ersten Segmentes in zwei Hälften durch einen Querstrich und eine Reihe Punkte getheilt sind; alle Bauchplatten längs des ganzen 442 W. Reinhard, Vorderrandes verdickt, und endlich nur die Bauchplatten des zehnten Segmentes mit gerundeten chitinigen Wülsten versehen sind. Echinoderes pellucidus Reinhard. Größe des entwickelten Männchens: 1) Länge 0,36 mm, Breite 0,12 mm, Länge der Analborsten 0,07 mm. 2)!Länge 0,28 mm, Breite 0,09 mm. - Echinoderes pellucidus hat vergleichsweise sehr durchsichtige Bedeckungen, die auch elf Segmente bilden (das Analsegment mitge- rechnet). Das erste Segment ist ungetheilt? auf der Bauchseite, auf dem Rücken bildet es Längsfalten und Streifen (Fig. 61). Obgleich die Segmente deutlich von einander geschieden sind, kann man doch hier wegen der Feinheit und Durchsichtigkeit der Bedeckungen die Umfassung vorhergehender Segmente, wenn man sich so ausdrücken darf, nicht unterscheiden (wie es bei Echinoderes dentatus und ponti- cus der Fall ist). Die übrigen Segmente zerfallen auf der Bauchseite in zwei Platten, aber der Streifen, der sie von einander trennt, ist kaum bemerkbar. Das Analsegment trägt zwei lange Borsten (Fig. 59, 64, 67, 68 u.a.). Das zehnte Segment bildet auf den Seiten kleine zahnartige Vorsprünge (Fig. 64, 67). Diese Art hat zwei Dornen auf der Rückenseite, ein großer befindet sich am Hinterende des neunten Segmentes, ein an- derer, sehr kleiner, am achten Segment (Fig. 59, 71). Sehr kleine Bor- sten, die mit der Leibeswand konvergiren, fand ich auch bei dieser Art. Echinoderes dubius Reinhard. Größe: 4) Länge 0,36 mm, Breite 0,13 mm. 2) Länge 0,44 mm, Breite 0,13 mm. Ich war lange im Zweifel, ob diese Art eine selbständige sei. Daher auch ihr Name, unter welchem ihre Eigenthümlichkeiten verzeichnet wurden. Indessen nach sorgfältiger Vergleichung meiner Zeichnungen beschloss ich, sie von den ihr ähnlichen Formen zu trennen. Echino- deres dubius gehört zu den Formen »Bicerca«, welche einen Übergang zu den »Acerca« bilden, da seine Analanhänge sehr klein sind, und er in dieser Hinsicht sich dem Echinoderes parvulus nähert. Jedoch unter- scheidet sich der letztere von dem ersteren außer durch andere Be- 1 Leider ist es mir unbekannt geblieben, ob das Exemplar, dessen Größe unter Nr. 2 angegeben ist, ein Weibchen oder ein Männchen war. 2 Ich rechne hier eine andere Anzahl Segmente, als in meiner Arbeit, in Nr. 97 des Zool. Anz. gedruckt, wo ich den Rüssel für ein apartes Segment zählte, und wo bei Echinoderes pellucidus das Analsegment nicht in Betracht gezogen wurde. Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 443 sonderheiten, noch durch seine viel geringere Größe. Die Gesammtzahl der Segmente ist elf. Die Bekleidungen sind klar, farblos. Auch auf der Bauchseite einiger Segmente konnte ich eine Zertheilung in zwei Plat- ten wahrnehmen, aber das erste Segment (Fig. 75 und 77) scheint mir ungetheilt zu sein, und eine Platteneintheilung wie bei Echinoderes pontieus und dentatus sah ich nicht. Das Vorderende des ersten Seg- mentes unterscheidet sich auch in seiner Form von dem entsprechen- den Theil bei Echinoderes dentatus, während dessen die genannte Art Stacheln auf der Rückenfläche der Segmente mit ihm gemein hat. Ich finde dieselben hier auf den ersten neun Segmenten (Fig. 73, 78 und 79). Die den Echinoderes dentatus charakterisirenden Verdiekungen auf den Bauchplatten fand ich hier nicht. Die hinteren Seitenränder des neunten und zehnten Segmentes bilden zahnförmige Auswüchse (Fig. 76, 80, 81). Das Analsegment ist mit kurzen, spitzigen Borsten versehen, an deren Schaft, von der Außenseite, sich ein kleines Zähn- chen befindet (Fig. 76, 80, 81). Echinoderes parvulus Reinhard. Größe: Länge 0,14 mm, Breite 0,04 mm. Das ist die durchsichtigste und kleinste unter den von mir ge- fundenen Echinoderes-Arten. Ihre Bedeckung ist so klar, dass die Zahl der Segmente schwer zu bestimmen ist. Deutlicher sind gewöhn- lich die ersten Segmente zu sehen; die Grenzen der anderen sieht man nicht überall. Die Zahl der Segmente kann man indessen nach den Erhöhungen auf der Rückenseite bestimmen (Fig. 85). Das neunte und zehnte Segment haben auf der Rückenseite einen Stachel. Bei einigen konnte ich indessen keinen Stachel auf dem neunten Segment wahr- nehmen (Fig. 85, 87). Außerdem sind die Seitentheile des neunten und zehnten Segmentes mit kleinen Zähnchen versehen (Fig. 85, 87), aber das elfte Analsegment trägt an jeder Seite einen sehr kleinen Spross, an dessen Seite wiederum ein kleines, kaum bemerkbares Zähnchen sitzt. Die genannten Sprosse können für gering entwickelte Analborsten gehalten werden. Durch die Durchsichtigkeit erinnert diese Art an Echinoderes pellucidus, unterscheidet sich aber von ihm durch weniger deutliche Segmentirung; sie ist viel kleiner als die vorhergehende, und ist mit gering entwickelten Analborsten versehen. Außerdem befinden sich Stacheln bei Echinoderes pellueidus auf dem achten und neunten Segment, bei Echinoderes parvulus, wie gesagt, auf dem neunten und zehnten. Die Eintheilung der Segmente auf der Bauchseite in zwei Platten konnte ich hier nicht unterscheiden. 444 W, Reinhard, Monocerca. Echinoderes spinosus Reinhard. Größe des Männchens: Länge 0,86 mm, Breite 0,22 mm. Auch diese Art hat elf Segmente. Weil das Analsegment eine Borste trägt, die an Länge die anderen überragt, muss diese Art zu den Monocerca gezählt werden. . Das erste Segment ist ungetheilt, vorn mit dreieckigen Platten versehen (Fig. 43, 48, 50), den Anhängen ent- sprechend, die von mir bei Echinoderes dentatus und Echinoderes ponticus beschrieben wurden. Alle übrigen Segmente zerfallen, vom zweiten beginnend, in eine Rücken- und zwei Bauchplatten. Die Bauchseite ist verhältnismäßig schmal. Ihre Platten sind auf solche Weise vereinigt, dass sie eine Rinne bilden. Die Bauchplatten des zweiten Segmentes haben (jede) in der Mitte eine lange Borste, die bis zum Anfang des fünften Segmentes reicht. Diese Anhänge entsprechen denjenigen, die ich stets bei den Männchen des Echinoderes dentatus und Echinoderes ponticus auf derselben Stelle fand. Diese Borsten sind bei den Männchen der beiden zuletzt genannten Arten nur etwas kürzer. Auf der Grenze zwischen Rücken- und Bauchplatten, im Vor- dertheil des dritten Segmentes, befindet sich eine kleine Borste (Fig. 50). Solche Borsten finde ich zu jeder Seite an der Grenze zwi- schen Rücken- und Bauchplatten des fünften Segmentes. Größere Borsten finde ich an entsprechender Stelle des neunten und zehnten Segmentes (Fig. 43, 44, 45, 46, 48). Alle Segmente, vom ersten an, haben auf der Rückenseite ziemlich große Stacheln. Besonders lang sind die Stacheln der mittleren Segmente (Fig. 48). Die Rückenborste oder Stachel des zehnten Segmentes hat ein gerieftes Ende (Fig. 46). Zwei eben solche geriefte Borsten sind zu beiden Seiten dieses Seg- mentes. Das elfte (Anal-)Segment trägt sechs Borsten. Eine, wie gesagt, überragt an Länge bedeutend die übrigen. An ihrer Seite befinden | sich kleine konusartige Erhöhungen (Fig. 45). An der Rückenseite dieser Borste liegt eine andere, bedeutend kleinere (Fig. 43, 45), und zu ihren beiden Seiten befinden sich noch zu zwei solcher Borsten; zwei von ihnen liegen vor der großen Analborste, und die beiden an- deren hinter ihr (Fig. 45, 46)1. Das Aufliegen der Platten der Vorder- segmente auf die Platten der folgenden, deren Vorderränder verdickt sind, ist hier deutlich erkennbar (Fig. 44, 48). Diese Art erinnert an ! In meiner, im Zool. Anz. Nr. 97, gedruckten Beschreibung der Borstenver- theilung bei Echinoderes spinosus hat sich ein Fehler eingeschlichen. Außerdem ist dort auch eine andere Anzahl von Segmenten angegeben. Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 445 Echinoderes monocercus Qlap., aber unterscheidet sich von ihm da- durch, dass ihre Segmente in Bauch- und Rückenplatten zerfallen, während bei Echinoderes monocercus Clap. die Segmente ungetheilte geschlossene Ringe bilden (s. GrEEFF, p. 21). Außerdem bildet die Zahl und Vertheilung der Borsten ebenfalls Eigenthümlichkeiten!. Echinoderes Kowalevskii Reinhard. Größe: Länge 0,12 mm, Länge der oberen Borste 0,05 mm, Länge der Analborste 0,06 mm. Dieser Echinoderes gehört zu den kleinen Arten und hat sehr charakteristische Kennzeichen. Seine Bekleidungen sind klar, so dass es schwer ist, die Zahl der Segmente genau zu bestimmen, acht Segmente sind deutlich (Fig. 56); das neunte, wie es auf Fig. 56 zu sehen ist, ist zweimal so groß wie die vorhergehenden und besteht wahrscheinlich aus zwei, zwischen welchen ich nur keine Grenzlinie bemerken konnte. Auf solche Weise nehme ich auch hier die gewöhnliche Segmentzahl — elf'— an. Die Panzereintheilung in Rücken- und Bauchplatten kann man nicht unterscheiden. Auf dem zweiten, dritten, vierten, fünften, sechsten, siebenten und achten Segment finde ich in der Mitte kamm- ähnliche Anhänge. Ob diese Anhänge besondere Platten, oder nur Panzerverdickungen vorstellen, konnte ich nicht bestimmen, jedoch bin ich bereit eher das erste anzunehmen, da auf dem folgenden Segment sich schon eine deutlich bemerkbare zweihörnige Platte befindet (Fig. 56). Dieser Echinoderes trägt auf der Rückenseite drei lange Borsten, von welchen eine auf dem vierten, die andere auf dem sechsten und die dritte auf dem achten Segment sich befindet (Fig. 54). Die Seitentheile des Leibes haben zu jeder Seite drei Borsten, ein Paar liegt auf dem fünften, das andere auf dem achten Segment. Die letzten sind sehr lang und reichen bis zum elften Segment. Das dritte Paar befindet sich am Hinterende des zehnten Segmentes. Hinter den letzten Bor- sten zieht sich ein Strich, der das zehnte Segment vom elften abtheilt, welches die längste Analborste trägt (Fig. 52, 57, 58). Danach muss man auch diese Art Echinoderes zu den Monocerca zählen. Auf der Rückenseite, höher als die Analborste, befindet sich noch eine ziemlich 1 Es ist mir zweifellos, dass GrEEFF, indem er bei Echinoderes monocercus auf Fig. 10 elf Segmente zählte und abbildete, die Anhängeplatten mitgerechnet, das Analsegment außer Acht gelassen hat. Eigentlich zeichnet GrEEFF auf Fig. 10 bei Echinoderes monocercus eben so viele Segmente, wie bei anderen Echinoderes, hält aber wahrscheinlich für das erste das sogenannte »Halssegment«, während bei anderen Arten der Rüssel als erstes Segment betrachtet wird. 446 W. Reinhard, lange Borste, die jedoch kürzer als die vorhergehende ist. Sie gehört augenscheinlich zum zehnten Segment (Fig. 52, 57, 58). Die kleinen Borsten, deren Verbindung mit der Körperwand ich auch bei anderen Echinoderes beobachtete, befinden sich hier auch (Fig. 55). Acercea. Echinoderes Metschnikoffii Reinhard. Größe: 1) Länge 0,23 mm, Breite 0,07 mm. 2) Länge 0,2 mm, Breite 0,07 mm. Diese Art hat auch durchsichtige Bedeckungen, gewährt aber hin- sichtlich der Bestimmung der Gesammtzahl der Segmente einige Schwie- rigkeit. Die acht Vordersegmente kann man indessen ziemlich deut- lich erkennen (Fig. 90). Die übrigen drei Segmente kann man nach der Lage der scharfen Austritte, die von den beiden ersten gebildet. werden, unterscheiden. Die Zertheilung des Panzers in Rücken- und Bauchplatten kann man nicht unterscheiden. Dieser Echinoderes ge- hört zu Acerca, da er keine langen beweglichen Analborsten hat, mit denen andere Arten versehen sind. Die hinteren Seitenränder des neunten Segmentes sind wie scharfe Sprosse ausgedehnt. Die hinteren Seitenränder des zehnten Segmentes bilden auch sich zuspitzende, aber längere Fortsetzungen als die vorhergehenden, sie sind etwas nach innen gebogen (Fig. 88, 89, 90, 92). Auf der Rückenseite des neunten Segmentes befindet sich ein sehr großer Stachel, dessen Ende sogar etwas über den Spross des zehnten Segmentes hinausragt (Fig. 90, 92, 95). Das Analsegment hat, wie gesagt, keine Anhänge. Ich fand diese Art in der Nähe der großen Fontaine (in Odessa). Echinoderes acercus Reinhard. Größe: Länge 0,23 mm, Breite 0,07 mm. Unter diesem Namen sind bei mir die Abbildungen von dieser Art verzeichnet. Ich hielt sie zuerst für Echinoderes Metschnikoflii, der sie sehr nahe steht, aber da die Vertheilung der Stacheln als cha- rakteristisches Zeichen bei den Echinoderes gilt, und dieselbe auch Unterschiede bildet, so fand ich es für besser, sie bis zur genaueren Erforschung unter einem besonderen Namen zu beschreiben. Sie ist mit Echinoderes Metschnikoffii fast gleich groß. Die Bedeckungen sind klar und ihre Eintheilung in Rücken- und Bauchplatten ist nicht be- merkbar. Die Zahl der Segmente kann nach den hervorragenden Run- dungen der Mitteltheile der Segmente und nach den in einen Spross ausgedehnten Rändern (bei einigen Segmenten) bestimmt werden. Ihre Zahl ist elf. Der Unterschied von der vorhergehenden Art besteht darin, dass hier die hinteren Seitenränder des achten Segmentes aus- gedehnt sind, und spitz zulaufende Verlängerungen haben. Ähnliche Verlängerungen von soleher Größe bilden auch die hinteren Seiten- ‚ ränder des zehnten Segmentes. Auf dem letzten sind sie viel kleiner ‚als bei Echinoderes Metschnikoffii. Auf der Rückenseite befinden sich ‘ drei Stacheln. Der größte, am Anfang sehr breit, liegt augenscheinlich ' auf dem neunten Segment, der andere, kleinere, von dreieckiger Form, ‚ auf dem achten, und endlich der kleinste auf dem sechsten Segment Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 447 Ich fand diese Art ebenfalls in der Nähe der kleinen Fontaine. Tabelle zur Bestimmung der bis jetzt beschriebenen Arten der Echinoderes!. Analsegment trägt zwei große Borsten (Bicerca)......... 1 — Analsegment trägt eine große Borste, oder eine überragt an Größe bedeutend die übrigen (Monocerca). ......... 9 Analserment ohne; Borsten (Äcerca). ......2..2..-. 2.200 12 Fe Mitistarkientwickelten Analborsten. ».........+ ... „u. 0... 2 — Analborsten sind sehr wenig entwickelt... ...2...... h 2. Erstes Segment ungetheilt, auf der Rückenseite des achten und neunten Segmentes ein Stachel. Echinoderes pellucidus Reinh. " — Erstes Segment in eine Rücken- und drei Bauchplatten getheilt 3 Be Zwei erste Segmente ungetheilt.. ..... .» . „22... 22... 5 3. Vorderrand der Bauchplatten verdickt in der ganzen Ausdeh- DRRere Bohlen), Mi. Echinoderes ponticus Reinh. ‚ — Die Verdickungen beginnen in der Mitte der Platten | Echinoderes dentatus Reinh. 4. Neuntes und zehntes Segment mit Stacheln | Echinoderes parvulus Reinh. | — Die ersten neun Segmente haben nur einen Stachel | Echinoderes dubius Reinh. ' 5. Jedes Segment mit einigen Reihen Härchen bedeckt, die auf Er- | höhungen sitzen... ...... Echinoderes setigera Greefl. 1 Echinoderes brevispinosus Metschnikoff ist nicht in der Tabelle verzeichnet, weil seine Kennzeichen nur in allgemeinen Umrissen angegeben sind. Große Schwie- rigkeiten für die Aufnahme in die Tabelle bereiteten auch die Arten, die PAGEn- STECHER beschreibt, weil diese Beschreibung äußerst unvollkommen ist. 448 W, Reinhard, 6. Außer zwei großen Analborsten noch zwei kleine... ..... 7 —,Nur zwei große,Analborsteny: .m.r. Lois. 2a He 8 7. Kleine Borsten liegen näher zur Bauchseite als die großen | Analborstenes1.: uhr 3 Echinoderes Sieboldii Pag. — Kleine Borsten liegen an der äußeren Seite der großen Anal- horsten lila. note ral erh Echinoderes Dujardinii Du]. 8. Borsten an den Seiten der Bauchplatten auf dem ersten, vierten bis siebenten Segment. . Echinoderes canariensis Greefl. — Borsten an den Seiten der Bauchplatten auf dem sechsten bis neunten Segment... ... Echinoderes borealis Greefi. — Mit paarigen Borsten auf der Bauchseite der elf Segmente Echinoderes incertus Pag. (R.). 9. Außer der Analborste befindet sich eine lange Borste, auf der Rückenseite höher als die erste gelegen Echinoderes Kowalevskii Reinh. — Außer der Anal- giebt es noch einige kleinere Borsten...... . . 10 — Nur eine Analborste . Echinoderes Pagenstecherii Pag. (R.). 10. Die Bauchseite der Segmente ist in zwei Platten eingetheilt Echinoderes spinosus Reinh. — Die Bauchseite der Segmente ist nicht in zwei Platten einge- theilt...... .. 02 Mealsrsrins Dir: 3058 BEER. 14 41. Der ganze Körper ist mit äußerst feinen langen Härchen be- deckt.:..1..02: ea up Echinoderes lanuginosa Greefl. — Solche Härchen sind nicht vorhanden Echinoderes monocerecus Ülap. 412. Auf der Rückenseite einen Stachel Echinoderes Metschnikoffii Reinh. — Aufder Rückenseite drei Stacheln. Echinoderes acereus Reinh. Stellung der Echinoderes im System. Wir haben bereits aus dem historischen Umriss der Litteratur über | Echinoderes gesehen, wie unbestimmt die Stellung der Thiere im System ist, die ihnen von verschiedenen Gelehrten angewiesen wird. DusarDin, der zuerst diese Thiere beschrieb, begnügt sich nur damit, dass er sie | mit verschiedenen Gruppen vergleicht, und indem er Ähnlichkeit zwi- schen ihnen und den Echinoderes sieht, findet er in den letzteren doch bedeutende Eigenthümlichkeiten. Max ScHuLtze ist bereit, sie in eine | Gruppe mit Ichthydium zu stellen. In letzter Zeit vereinigt sie auch BürscaLi mit den Gastrotricha in eine Gruppe Nematorhyncha, welche nach seiner Meinung von den Nematoda abstammt. Harscuek verbindet sie gleichfalls mit den Ichthydina zu einer Gruppe Cephalotricha. LeuckARr | | _ Kinorhyneha (Eehinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 449 hielt Echinoderes für Insektenlarven. CLarar&pe, auf ihren Unterschied mit den Räderthieren, Ringwürmern, Ichthydina und Plattwürmern hinweisend, hält sie für eine besondere, Würmer und Gliederthiere verbindende Gruppe. GREEFF, der ihnen jede Verwandtschaft,mit den Anneliden abspricht, und auf Eigenthümlichkeiten, die sie mit den Arthropoden gemein haben, hinweist, findet, dass man die nächsten Verwandten der Echinoderes unter den Nematoden zu suchen habe. Erters war auch bereit sie zu den Nematoden zu zählen. PAGENSTECHER dagegen verneint eine Ähnlichkeit der Echinoderes mit den Nematoda und stellt sie zwischen die Anneliden und Arthropoden. METSCHNIKOFF endlich spricht sich gegen ihre Verwandtschaft mit den Ichthydina und Nematoda aus. Da einige der oben angeführten Gelehrten, und be- sonders GREEFF, auf gemeinsame Ähnlichkeiten zwischen Echinoderes und Arthropoda hinweisen, so bleiben wir zuerst auch bei dieser Frage stehen und betrachten, wie weit die von GRrEEFF beschriebenen Eigen- thümlichkeiten sie den letzteren nahe bringen. Obgleich Greerrr selbst findet, dass Echinoderes keine zur Bewe- gung dienenden Anhänge haben, wodurch sie sich von den Arthropo- den unterscheiden würden, so betrachtet er doch die Chitinborsten, und besonders die zusammengesetzten, als solche, die den Extremitäten der Arthropoda entsprechen, aus dem Grunde, weil sie im aktiven Zustande als äußerliche Anhänge erscheinen. Solch ein Grund scheint mir sehr schwach zu sein. Die Warzen, die den Rüssel einiger Phyllo- docidae bedecken, die Rüsselhäkchen der Acanthocephala, die Rüssel- stacheln der Nemertinen wird Keiner desshalb mit den Gliedmaßen der Arthropoden vergleichen. Diese Stacheln bilden bei den Echino- deres einfache Auswüchse der chitinigen Hülle, die den Rüssel be- ‚ kleidet, und nichts mit den gegliederten Anhängen gemein habend ‚ entsprechen sie völlig den Borsten und Stacheln der äußeren Beklei- ‚ dungen. Die Gliederung einiger dieser Borsten wird durch Pacen- ' STECHER'S und meine Beobachtungen, wie ich bereits Gelegenheit hatte ' zu bemerken, verneint. Doch wenn diese oder irgend welche anderen ‚ Borsten wirklich als gegliedert erscheinen würden, so würde es doch durchaus nicht die Ähnlichkeit zwischen Echinoderes und Arthropoda vergrößern, da die charakteristische Eigenthümlichkeit der Anneliden - verschiedenartigst geformte Borsten sind, und diese bei vielen Arten aus zwei oder mehr Theilen bestehen. Für ein anderes Kennzeichen, das diese Thiere den Arthropoda nähern soll, hält Grerrr die Heteronomie der Segmente. Nach seiner Meinung zerfällt der Körper der Echinoderes in einen Vorder- und einen Hinterleib. Im vorderen Theil unterscheidet er den Kopf mit Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 39 450 W, Reinhard, dem »Hals«, und dann zwei ungetheilte Segmente, die dem Kopf und dem hinteren Körpertheil bei ihren Bewegungen als Stütze dienen, und die er das Bruststück benennt. Ich habe schon davon gesprochen, dass ich bei den Echinoderes keinen besonderen Kopf finde. Ihren Rüssel für den Kopf zu halten, bin ich eben so wenig geneigt, wie den Rüssel der Anneliden als ein Kopfsegment anzusehen. Der Mund liegt am Boden dieses Rüssels, das Nervencentrum befindet sich nicht in diesem letzten. Er hat keine Anhänge, mit welchen gewöhnlich das Kopfseg- ment versehen ist. Die Lage der Pigmentflecken beweist noch nichts. Das Fehlen eines besonderen Kopfes bildet die Eigenthümlichkeit der Echinoderes, wodurch sie sich streng von den Arthropoda und auch den Anneliden unterscheiden. Das Halssegment kann man nicht als ein ungetheiltes ansehen; wahrscheinlich besteht es bei Echinode- res Dujardinii aus einzelnen Theilen. Bei Echinoderes ponticus und dentatus befinden sich die ihn bildenden Theile auf der Rücken- und Bauchseite. Ich halte diesen Theil nicht für ein Segment, sondern für | einen Anhang des ersten Segmentes. — Das erste und zweite Segment | (nach Grerrr das dritte und vierte) sind ungetheilt, doch dieser Um- | stand giebt noch nicht das Recht, sie für einen Brusttheil zu halten, um | so mehr, da bei Echinoderes pontieus und dentatus, wie wir gesehen, | das erste Segment getheilt ist, während die folgenden, außer dem | Analsegment, einander ähnlich sind. Im Gegentheil kann man bei | Echinoderes acereus, Echinoderes Metschnikoffii, Echinoderes Kowa- | levskii und Echinoderes parvulus die Theilung in Bauch- und Rücken- | platten nicht unterscheiden. Bei Echinoderes monocercus ist auch | keine Theilung in Bauchplatten. Echinoderes lanuginosa besteht aus | ungetheilten Ringeln, während bei Echinoderes pellueidus, Echinode- res spinosus und Echinoderes dubius nur das erste Segment ungetheilt ist. Bei solch einem verschiedenartigen Bau der Segmente kann man | kaum die oben angeführte Grerrr'sche Eintheilung gelten lassen. Auf | diesem Vergleich der äußeren Eigenthümlichkeiten beruht die An- | näherung der Echinoderes zu den Arthropoda — die Annahme, Echi- | noderes für eine Übergangsgruppe von Würmern zu Arthropoda zu | halten. Solch ein Vergleich spricht, wie wir gesehen, nur dagegen. | Wenn die Heteronomie der Körperabschnitte bei Echinoderes auch bis zu einem gewissen Grade stattfindet, so ist sie doch hier nicht deut- | licher ausgeprägt als bei den Anneliden. Was den Bau der inneren | Organe anbetrifft, so ist er in so hohem Grade verschieden von dem- | jenigen der Arthropoda, dass es, meiner Ansicht nach, unmöglich ist, | sie als Zwischengruppe der oben angeführten Thiere zu betrachten. F Ich begnüge mich in dieser Hinsicht nur mit dem Hinweis auf die von | - Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 451 mir gefundenen Wimpern, die bei den Arthropoden nie vorkommen, und auch auf die Bauart. der Segmentalorgane. Wenn nach Eigenthümlichkeiten des Baues die Echinoderes zu den Würmern gerechnet werden sollen, so wollen wir jetzt sehen, zu welcher Gruppe dieser letzteren sie gezählt werden können, oder wenigstens, welche ihnen nahe steht. Wir haben gesehen, dass einige Gelehrte sie mit Ichthydina zu vereinigen bereit sind. Den ausführlich- sten Vergleich dieser Gruppen finden wir bei Bürscnrı in seiner höchst interessanten Arbeit über freilebende Nematoden und Chaetonotus !. Einen wichtigen charakteristischen Unterschied zwischen Gastro- tricha und Echinoderes bildet das Zerfallen der letzteren in Segmente, während es bei den ersteren nicht der Fall ist. Wie durchsichtig die Bekleidungen der Echinoderes auch sein mögen, immer kann man die Segmentirung sehen, und bis jetzt kennen wir keine Art, die in dieser Hinsicht eine Ausnahme machen würde. BürscaLı nennt die Segmente der Echinoderes Pseudosegmente; wir werden weiter sehen, dass es nicht ganz richtig ist. BürscnLı nimmt an, dass der Vordertheil des Mundraumes bei CGhaetonotus sich aus- ziehen kann, und sieht in ihm einen rudimentären Echinoderesrüssel. Nach Lupwıe’s? Beobachtungen umgiebt ein schmaler Mundring die Ver- tiefung, auf dessen Boden der Mund liegt. Eben dieser Mundring kann sich etwas aus- und einziehen. Dafür existiren keine besonderen Muskeln, und diese Bewegungen geschehen passiv in Folge des Zu- sammenziehens des Ösophagus. Welchen Grund also haben wir zur Vergleichung dieses in Bezug auf Größe wie Bedeutung unwesentlichen Theiles des Chaetonotus mit einem rudimentären Rüssel der Echino- deres? Bietet auch nur eine Form der Gastrotricha eine stärkere Ent- wicklung dieses Theiles, hat irgend eine Echinoderes einen rudimen- tären Rüssel? Derartige Beispiele sind unbekannt. Wenn ich einen Echinoderesrüssel mit anderen ähnlichen Bildungen vergleichen müsste, so würde ich ihn eher mit dem Rüssel einiger Anneliden vergleichen. Bei Phyllodoce lamelligera ist der Rüssel sogar mit besonderen Warzen versehen, die dichte Auswüchse seiner Wand bilden; bei Eulalia virens nimmt der Rüssel ein Drittel der Leibeslänge ein, dasselbe ist auch bei Eulalia volueris der Fall?. Aber auch dieser Vergleich wäre nur ein oberflächlicher. Der Echinoderesrüssel hat einen ganz eigenthümlichen I BürscaLıi, Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaetonotus. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 2 Hus. Lupwig, Über die Ordnung Gastrotricha Metschn. Diese Zeitschrift. Bd. XXV1. 3 Euters, Die Borstenwürmer. IE 452 W, Reinhard, Bau und eine besondere Bewaffnung; er wird durch eine sehr kompli- eirte Muskulatur in Bewegung versetzt und dient außerdem hier als ausschließliches Bewegungsorgan. BürscnLı sagt, dass man den ganzen Rüssel für einen stark entwickelten Mundraum halten soll, dessen Wand das zweite Segment (nach Grerrr’s Rechnung) bildet, welches mit chitinigen Längsstreifen bedeckt ist, der gereiften Wand des Mund- raumes des Chaetonotus entsprechend. Dieses ist mir nicht ganz klar. Erstens ist der Rüssel der Echinoderes sehr groß und nimmt nicht allein das zweite Segment ein; weiter existiren meiner Ansicht nach im zweiten Segment keine chitinigen Streifen. Hier befinden sich nur besondere dreieckige Platten (Echinoderes spinosus) oder Platten an- derer Form (Echinoderes ponticus), welche ich durchaus nicht für ein besonderes Segment, sondern für Anhänge des ersten Segmentes halte. Auf solche Weise bilden sie durchaus nicht Wände des Mundraumes. Bürsenzi findet im Bau der Verdauungsorgane eine große Ähnlich- keit zwischen den beiden uns beschäftigenden Gruppen. Indessen ist diese Ähnlichkeit nicht vorhanden. Nach Lunwig’s Beobachtungen über Ichthydium (Chaetonotus) larus, liegt der Mund- auf der Bauchseite, was bei Echinoderes nicht der Fall ist. Nach Bürsenti liegt der Anus auf der Rückenseite, während Lunwis fest behauptet, dass der Anus des Chaetonotus larus nicht am Ende des Leibes, aber etwas weiter nach vorn und auf der Bauchseite des Leibes sich öffnet. Wie dem auch sein mag, weder in dem einen noch in dem anderen Falle würde seine Lage derjenigen beim Echinoderes entsprechen, wo er sich am Ende des Analsegments befindet. Der Magen bei Chaetonotus bil- det eine direkte Verlängerung des Ösophagus, während bei den Echi- noderes diese beiden Theile unter einem Winkel vereinigt sind und der Ösophagus von der Rückenseite etwas auf dem Magen aufliegt. Bürsenrı findet, dass das Nervensystem des Ghaetonotus nach GRrEEFF’S Beschreibung dem der Echinoderes ähnlich ist, »ein Umstand «, fügt er hinzu, »der meine Deutung dieses Organes wesentlich befestigt«. Lupwie hält bei Ghaetonotus larus eine Erhöhung in der Mitte der Rückenseite des Ösophagus für das Nervencentrum, obgleich er selbst darin nicht sicher ist. Bei Ichthydium podura hält er für Nervenzellen diejenigen, die der inneren Oberfläche der Leibeswand in ihrem Vordertheil zunächst liegen. Eben solche Zellen sah er auch bei Ichthydium larus. Folglich kann man die Frage über die Lage der Nervenganglien bei Chaetonotus noch nicht für ganz gelöst betrachten. Ich zeigte schon früher, dass das, was GrREEFF und GLAPaARkDE für Nervenganglien bei Echinoderes hielten, in keiner Beziehung zum Nervensystem steht. Ihre Lage ist hier eine an- dere, als die, welche BürscaLı und Lupwic für Chaetonotus nachgewiesen | i Kinorhyncha (Eehinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 453 haben. — Bürsenui gelang es »sogenannte Wassergefäße« bei Chaetonotus zu finden — es sind in einen Knäuel gefügte paarige Kanäle. Weder Öffnungen noch Wimpern sah er in ihnen. Jeder dieser Kanäle verlängert sich in einen geraden Stamm, der sich nach vorn richtet, und wie er vermuthet, sich wahrscheinlich auf der Bauchseite öffnet. Weder das Aussehen dieser Organe noch die Lage der Ausführungsöffnung, wenn es wirklich eine solche ist, wie es BürscenLı denkt, entsprechen dem, was _ wir bei Echinoderes haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Or- gane des Chaetonotus der sogenannten Kopfniere entsprechen werden, den ursprünglichen Absonderungsorganen, ähnlich den exkretorischen Organen der Rotatoria. — Über den Bau der Fortpflanzungsorgane des Chaetonotus herrschen auch verschiedene Meinungen. Nach Bürsenri sind die Ovarien paarig, Ausführungskanäle sah er nicht, wenn man nicht dafür, wie er sagt, eine Verlängerung der Eierstöcke halten will, ' die sich zum Hintertheil des Darmkanales zieht. Nach Lunwie bildet der Eierstock des CGhaetonotus larus eine Menge Zellen, die theils auf dem Darmkanal, theils zu seinen beiden Seiten liegen. Folglich ist der Eierstock nicht paarig; außerdem ist er mit keiner Hülle bedeckt. Der Ausführungskanal ist konusförmig und auf der Rückenseite gelegen. ‚ Wenn die letzten Beobachtungen richtig sind, so bestehen in ihnen ' wiederum wichtige Unterschiede zwischen Echinoderes und Chaetono- \ tus. Dieser Unterschied wird noch größer, wenn wir uns erinnern, dass Max Scnurrze bei Chaetonotus maximus Eierstöcke und Samendrüsen in ‚ein und demselben Individuum fand, während alle Echinoderes getrenn- ten Geschlechts sind. Bei Individuen, in welchen der Eierstock unent- wickelt ist, findet Lupwic ein kleines Organ, das er für eine Samendrüse ' hält, und welches quer durch den Körper vor dem Anus auf der Bauch- seite gelegen ist. Nach Bürscuuı befinden sich zu beiden Seiten des ' Darmkanales oder in der Nähe der Eierstöcke Körperchen, welche man für Spermatozoiden halten kann, obgleich er deutliche Spermatozoiden nicht gesehen hat. Lupwıs und Bürsenri finden ferner, dass bei Chaeto- notus die Eierchen immer einzeln reif werden. Bei Eechinoderes fand ich zwei bis drei Eierchen auf gleicher Entwicklungsstufe. Während beide oben genannten Gelehrten angeben, dass die entwickelten Eier bei Chaetonotus vorn liegen, befinden sich bei Echinoderes im Vorder- theil des Eierstockes die weniger entwickelten Eier. Sehr charakte- ‚ ristisch erscheinen bei Gastrotricha die Wimpern, die die Bauchfläche dieser Thiere bedecken, bei Echinoderes kommen Wimpern auf der Körperdecke nicht vor, nur in den Segmentalorganen fand ich sie. Wäh- rend diese Wimpern dem Chaetonotus zur Bewegung dienen, besitzt ' Eehinoderes, wie ich schon mehrere Mal erwähnt, ein ganz besonderes 454 W, Reinhard, Bewegungsorgan. Nach Lunwie’s Beobachtungen haben Gastrotricha am Körperende einzellige Drüsen, deren Ausführungsöffnungen auf der Furca liegen. Letztere, die Zinken einer Gabel darstellend, besteht aus je zwei Gliedern, einem basalen, breiten, welches das verschmälerte hintere Körperende bildet, und einem Endgliede. Eben solche Drüsen auf dem Furcalende wurden von LeypıG und GRENACHER bei den Rotife- ren gefunden; bei Echinoderes ist nichts dergleichen vorhanden. — Die Muskulatur der Gastrotricha ist noch wenig erkannt, Bürscaui findet bei Ghaetonotus sternförmige kontraktile Zellen, durch deren Zusammen- ziehen die Bewegung der hinteren Anhänge erfolgt; ähnliche Zellen fand ich bei Echinoderes nicht. Weiter beobachtete er bei ihnen Längsmus- keln. Außer den letzteren charakterisiren die Echinoderes noch Rücken- bauchmuskeln, welche, wie wir gesehen, jedes Segment durchziehen, und bei den Gastrotricha nicht vorhanden sind. Zum Schluss muss man bemerken, dass alle Echinoderes ausschließlich Meeresthiere sind. Die oben genannten Vergleiche genügen meiner Meinung nach voll- ständig, um zur Annahme zu gelangen, dass eine Vereinigung zweier solcher Gruppen, wie Echinoderes und Gastrotricha, sehr falsch wäre. Sehen wir jetzt, was der Bau der Nematoda und Eehinoderes Ge- meinsames hat, und wodurch die Ableitung der letzteren von den ersteren gerechtfertigt wird. Wir sahen, dass BürschLı Gr£ErF’s Mei- nung, hinsichtlich der Ähnlichkeit der Nematoda mit Echinoderes, be- stätigte. Aber die Annahme des letzteren gründet sich hauptsächlich auf die falsche Ansicht, dass die Samenkörper Entwicklungsstadien der Echinoderes seien. Für einen der wichtigsten Unterschiede zwischen den letzteren und den Nematoda halte ich die Segmentirung ihres Körpers. Weiter bildet das Fehlen der Wimpern bei den Nematoda einen sehr wichtigen Unterschied. Diesen Umstand bemerkte auch Bürscaui. Die Nematoda mit Annelides vergleichend sagt er: » Einmal ist es eine auffallende Erscheinung, dass bei keinem Nematoden je- mals eine Spur von Wimpern gefunden wurde, weder am ausgebilde- ten Thier, noch auf irgend einer Stufe der Entwicklung, so dass wir es demnach hier ohne Zweifel mit einer durchaus typischen alten Eigenthümlichkeit zu thun haben.« Ein anderes Mal weist er auf solch ein wichtiges Anzeichen, wie Vorhandensein von Wimpern hin, indem er vom Unterschiede zwischen Anneliden und Arthropoden spricht. Eine besonders wichtige Bedeutung legt BürsenLı bei Bestim- mung des Verwandtschaftsgrades zwischen Gastrotricha, Nematoda und Echinoderes der Spaltung des Schwanzendes der ersteren und auch einiger Nematoden bei, welche Spaltung er mit den Anhängen der Echinoderes vergleicht. Doch nicht alle Gastrotricha haben solch eine Kinorhyncha (Eehinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 455 Spaltung, sie existirt bei Gephalidium Metschn. und Dasydites Gosse nicht. Bei den Männchen von Gordius ist die Spaltung des Schwanztheiles ziemlich deutlich ausgeprägt, bei den Weibchen kommt sie gar nicht vor, wie bei Gordius aquaticus, oder sie ist in sehr geringem Grade bemerkbar und erscheint wie ein kleiner Ausschnitt — wie bei Gordius subbifureus. Endlich endigt bei Gordius trieuspidatus Meissner der hintere Körpertheil mit drei stumpfen Enden !. Mir scheint, dass bei Gordiaceae die genannte Eigenthümlichkeit für ein geschlechtliches Kennzeichen gehalten werden kann, und schon ‘der Umstand, dass sie nur den Männchen eigen ist, spricht gegen Bürsentr's Meinung, nach der sie einer der vielen Gründe zur Bestim- mung des Verwandtschaftsgrades der genannten Gruppen bildet. In letzter Zeit hat man die Gordiiden aus der Ordnung der Nematoden ausgeschieden. Professor VEnovskvY2, dem wir die neuesten gründlichen Untersuchungen über die Gordiiden verdanken, betrachtet dieselben als degenerirte Annulaten, die eine selbständige Ordnung Nemato- morpha bilden sollen. Bei anderen Nematoden erscheint die verschie- dene Form des Schwanztheiles auch als geschlechtliche Eigenthüm- lichkeit, wodurch sich die Männchen von den Weibchen unterschei- den’. Aber zu welchem Schluss wir auch gelangen mögen, auf Grund oben angeführter Kennzeichen können sie durchaus keine Beziehung zu den Echinoderes haben, da die Anhänge der letzten, wie ich ge- zeigt, nicht mit der Spaltung des hinteren Leibesendes bei Gastro- tricha, oder bei Männchen der Gordiaceae verglichen werden können. Die Anhänge der Echinoderes sind chitinige Auswüchse, einfache Anal- borsten, die sich von anderen Borsten oder Stacheln, die den Körper dieser Thiere bedecken, nicht unterscheiden. Wir sahen, dass bei Echinoderes Dujardinii, Echinoderes monocereus und Echinoderes spi- nosus auf dem Analsegment kleine Borsten verschiedener Größe sich befinden, und dass nur einige Echinoderes zwei Borsten hatten. Das hintere Leibesende der Formen Acerca kann auf den ersten Blick ge- spalten erscheinen, aber auch hier sind die hervorragenden Theile Stacheln, Auswüchse der Seitentheile des Panzers, dazu nicht dem Anal-, sondern dem zehnten Segment angehörig. Eben solche Aus- wüchse befinden sich, wie wir gesehen, auch auf den Seitentheilen des neunten Segmentes, wo sie nur weniger entwickelt sind. 1 G. Meıssner, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Gordiaceen. Diese Zeitschr. Bd. VII. 2 F. VEspovsky, Zur Morphologie der Gordiiden. Diese Zeitschr. Bd. XLIM. 3 pe Man, Die frei in der reinen Erde und im süßen Wasser lebenden Nema- toden. 4884. p. 7 und 43. 456 W, Reinhard, Das centrale Nervensystem nimmt nach Bürscauı bei beiden Grup- pen eine gleiche Stelle ein. Jedoch wurde diese Meinung vom genann- ten Gelehrten auf Grund der Beobachtungen GR&EFFS und ÜCLAPAREDE’S ausgesprochen, welche, wie ich früher gezeigt, in dieser Hinsicht irr- thümlich sind. — Keinen kleineren Unterschied finde ich ebenfalls in den Absonderungsorganen, welche bei den Nematoda, wie bekannt, am vor- deren Leibesende mit einer Gesammtöffnung sich erschließen. Außerdem haben Echinoderes keine die Nematoda charakterisirenden Seitenlinien, und ihre Muskulatur bildet auch namhafte Unterschiede mit der Muskula- tur der letzteren. — Die weiblichen Fortpflanzungsorgane der Nematoda, obgleich größtentheils paarig wie bei den Echinoderes, unterscheiden sich durch besonderen Bau und öffnen sich in der Mitte der Körper- länge. Ihre Lage ist außerdem eine andere; Bürsenuı bemüht sich allerdings, den letzteren Umstand durch die längliche Körperform der Nematoden zu erklären. Ihre Samendrüsen sind nur in Ausnahme- fällen paarig und münden in eine Kloake. Bei Gordius, wo die weib- lichen Vermehrungsorgane auch am Leibesende liegen, öffnen sie sich wie die männlichen in die Kloake. Bezüglich der Verdauungsorgane bemerkt man eine Abweichung in der Verbindung des Ösophagus mit dem Magen, und in der Lage des Anus, welcher bei den Nema- toda, wie bekannt, sich auf der Bauchseite, aber nicht auf dem Ende des Leibes befindet. Wenn wir auch auf der Oberfläche des Körpers einiger Nematoden Auswüchse, Zähnchen, ähnlich denen der Echino- deres finden, wenn auch der Rüssel der Gordiuslarven etwas an den Rüssel der uns beschäftigenden Thiere erinnert, so meine ich doch, dass diese Anzeichen, bei dem großen Unterschiede in anderer Be- ziehung, zu wenig wichtig sind, um einen Grund für ihre Vereinigung mit den Nematoda in eine Gruppe, oder für ihre Ableitung von den letzteren auszumachen. Unterschiede im Bau der Echinoderes und Rotatoria sind ebenfalls in solehem Grade vorhanden, dass ich mich hier gegen ihre Vereinigung in eine Gruppe erklären muss. In seinem bekannten Handbuche der Zoologie ! rechnet Graus Echinoderes als besondere Gruppe zur Klasse Rotatoria. Zu derselben Klasse und auch als besondere Gruppe zählt er die Gastrotricha. Aber während die letzteren wirklich einiges Ge- meinsame im Bau mit den Rotatorien haben, kann man solches von den ersteren nicht sagen. In der That ist man der Meinung, dass die Seg- mentation der Räderthiere ausschließlich eine äußere ist, obgleich, nach Ecexstein, auch ihre Muskulatur in gewissem Grade sich nach der | ! C. Craus, Traite de zoologie. Traduite de l’allemand sur la quatrieme edition par Moguın-Tanndon. 1883. Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 457 Körpersegmentirung richtet. Der Mund liegt bei ihnen auf der Bauch- seite, ähnlich wie bei Gastrotricha, und nur bei festsitzenden Formen liegt er auf dem Vorderende des Leibes; der Anus liegt auf der Rücken- seite, welcher Umstand, wenn Bürscurı's Beobachtungen über Chaeto- notus richtig sind, sie den letzteren nähert und zugleich einen wichti- gen Unterschied mit Echinoderes bildet. Das radähnliche Organ der Rotatoria bildet, bei allen Abweichungen, die es besitzt, vom vollständigen Fehlen bei Balatro elavus und Apsilus lentiformis bis zu seiner größten Entwicklung, keine solchen Eigenschaften, die gestatten würden, es mit dem Rüssel der Echinoderes zu vergleichen. Außerdem stellt das radähnliche Organ eine äußere Bildung dar, und erscheint, wie die Beobachtungen von Sarznsky ! über Brachionus urceolaris und von ZacHartas? über Rotifer vulgaris gezeigt haben, in Form von kleinen Wülsten rund um die Mundvertiefung. Im vorderen Leibesende der Gastrotricha kann man, meiner Meinung nach, eher ein anfängliches Radorgan sehen. — Die die Echinoderes charakterisirenden, vom Rücken zum Bauch gehenden Muskeln, fehlen den Rotatorien, dafür haben die letzteren ringförmige Muskeln, welche wiederum bei den ersteren nicht zu finden sind. Alle Muskeln der Echinoderes sind glatt, während sie bei Rotatoria quer gestreift sind. Als Hauptnervenknoten betrachtet Eckstein bei den Räderthieren eine Nervenmasse, die sich im Vordertheil des Thieres, vor oder über dem Kauapparat, befindet; da- nach liegt sie näher dem Vorderende als die Nervenganglien der Echi- noderes, deren es vier giebt. Außer dieser Hauptnervenmasse haben die Rotatoria auch noch andere solche im vorderen und hinteren Körpertheil, was bei Echinoderes nicht der Fall ist. Einen Unterschied bildet auch der Darmkanal der Rotatoria, sowohl mit den an ihm zu unterscheidenden Strecken, wie mit seinem Kauapparat und seinen Wimpern. — Einen noch größeren Unterschied bilden die Absonde- rungsorgane, welche nach Fraıonr’s?® Untersuchungen bei den Rota- toria zu den ursprünglichen und der Kopfniere entsprechenden ge- hören. Zwei Längskanäle dieser Organe ziehen sich, stellenweise ver- zweigt, bis in den vorderen Körpertheil, und haben an verschiedenen Stellen tonnenähnliche Erweiterungen. Nach Graus und Leyvic findet ı man in den Seitenkanälen dieser Organe Wimperplatten. Ähnliche 1 W. Sıuensky, Beiträge zur Entwicklung von Brachionus urceolarius. Diese Zeitschr. Bd. XXI. ? ZACHARIAS, Über Fortpflanzung und Entwicklung von Rotifer vulgaris. Diese Zeitschr. Bd. XLI. % J. Fraipont, Recherches sur l’appareil excreteur des Trematodes et des Ce- stodes. I et 1I Archives de Biologie. 1880 et 1881. 458 W, Reinhard, Platten befinden sich an den Spitzen der Absonderungsorgane der Gestodes und Trematodes. Die Kanäle der Absonderungsorgane mün- den in eine kontraktile Blase. Eine ähnliche Blase kommt, wie wir gesehen, bei Echinoderes nicht vor. Außerdem ist auch das charakte- ristisch bei den Räderthieren, dass diese Blase sich in die Kloake öffnet. — Echinoderes haben keine Drüsen, die ein Sekret absondern, das zur Befestigung dient. Drüsen, den genannten der Räderthiere entsprechend, findet man dagegen wohl bei den Gastrotricha. Der Dimorphismus der Rotatoria ist in einem viel höheren Grade ausgeprägt als bei Echino- deres. Die Fortpflanzungsorgane sind bei letzteren paarig, bei den ersteren nicht, und außerdem münden die Samendrüsen zusammen mit den Absonderungsorganen. Die Ovarien öffnen sich (nach Eckstein) in die Kloake, die bei Echinoderes nicht vorkommt!. Harscner ? in seinen Forschungen über die Entwicklung der Anne- liden bemüht sich einen allgemeinen Ursprung aller Bilaterien, mit Aus- nahme der Echinodermata, von der hypothetischen Form Trochozoon her- zuleiten. Von solchem Ursprung leitet er auch die Gruppe Gastrotricha ab, welche er mit Echinoderes zusammen in eine Klasse Gephalotricha vereinigt. Bei dieser letzteren Auffassung brauche ich nicht mehr zu verweilen, da ich bereits gezeigt habe, dass eine solche Vereini- gung unnatürlich ist. Wenn die gesammte Abstammung der Anneli- den, Mollusca, Rotatoria (obgleich in Betreff ihrer sich einige Schwie- rigkeiten finden) von den bei ihnen vorhandenen Larvenzuständen erfolgt, welche wahrscheinlich zu einen Typus Trochophora vereinigt werden können, so kann man dasselbe von anderen Gruppen, wie Eehinoderes und Nematodes nicht sagen. Da die Larvenform Trocho- phora sehr wenig Organe zum Vergleich bietet, so müssen wir, indem wir die Organisation irgend welcher Gruppe auf die Organisation der ersten zurückführen, den Vergleich aller Eigenthümlichkeiten ihres Baues mit dem Bau der genannten Gruppe im Auge haben, wenn wir uns nicht auf Vermuthungen allein stützen wollen. Nun besitzen. die Nematoda eine der charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Trochophora, nämlich Wimperkränze, nicht. Harscnrk sagt selbst, dass man nicht mit Bestimmtheit die Entstehung derjenigen Formen, die während der Entwicklung keine Wimperkränze zeigen, von Trocho- zoon herleiten kann, aber die nahe Verwandtschaft mit den letzteren sei aus der Ähnlichkeit des Baues und der Lage der Organe ersichtlich. 1 K. Eckstkın, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. 3. Heft. 1883. ? BERTHOLD HATSCHER, Studien über die Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten aus dem zoologischen Institute der Universität Wien. 3. Heft. 1878. un > Pag ge gr Age Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 459 Er selbst wies auf einige wesentliche Eigenthümlichkeiten der Nema- toden hin, durch welche sie sich vom Trochozoon unterscheiden, den- noch lässt er sie aus dem letzten entstehen, sich nur auf die Ähnlich- keit in der Lage der Organe stützend. Als Beweis dafür giebt HATscHek Schemata von Querdurchschnitten der Nematoden und Rotatorien. Diese Ähnlichkeit ist durch die willkürliche Lage der Muskeln und Ab- _ sonderungsorgane in dem Schema der Rotatorien vergrößert. Eine Ähn- lichkeit in der Lage der Organe zwischen Trochozoon und irgend einer anderen Gruppe könnte auch selbst in dem Falle bestehen, wenn diese Gruppe nicht direkt aus Trochozoon, sondern aus irgend einer ande- ren, aus ihm hervorgegangenen entstehen würde. Wenn ich daher die von HarscHek angeführten Beweise für die Entstehung der Nematoden aus Trochozoon für ungenügend halte, so scheint mir die unmittelbare Ableitung der Echinoderen von den ersteren noch unwahrscheinlicher. Zunächst wissen wir gar nichts von der Entwicklung dieser Thiere, und desshalb müssen wir jetzt, wenn wir nicht ausschließlich auf Ver- muthungen fußen wollen, nur bei den anatomischen Verhältnissen stehen bleiben. Bei Echinoderes ist keine Spur von Wimperkränzen vorhanden, die Lage des Mundes und Anus ist eine andere als bei Trochophora, eben so auch die Lage der Nervenganglien. Außerdem besitzen sie einige Eigenthümlichkeiten, von denen wir gleich sprechen werden und welche auch gegen eine solche Annahme zeugen. Wenn wir demnach, auf Grund der angeführten Vergleiche, uns gegen die Vereinigung der Echinoderes mit irgend einer oben genannten oder aus ihr hervorgegangenen Gruppe erklärt haben, wenn das gänzliche Fehlen irgend welcher Eigenthümlichkeiten der Trochophora gegen ihre direkte Abstammung vom Trochozoon spricht, so finde ich anderer- seits in ihnen unzweifelhafte Ähnlichkeit mit einer von den Gruppen, mit der man sie am wenigsten verglichen hat, nämlich mit den Anneli- den. Ich kann mich mit Harscaekx nicht einverstanden erklären, welcher sagt, dass die Gliederung der Echinoderes, ähnlich wie die der Rota- toria, nur durch Einkerbung des Panzers und entsprechende Gruppirung der Muskeln ausgeprägt wird, und dass die Gliederung der Rotatoria und Echinoderes nur eine äußerliche, und ihre Entstehung auf die Be- wegungsvorrichtung zurückzuführen ist. Die Vorwärtsbewegung der Echinoderes geschieht mit Hilfe des Rüssels; andere Bewegungen sind bei ihnen sehr schwach, desshalb halte ich es für unmöglich, wenig- stens in diesem Falle, die Segmentation für eine Bewegungsvorrichtung zu halten. Überhaupt, klären wir denn etwas auf, indem wir sagen, dass die Segmentation in solehem Falle durch eine Bewegungsvorrich- tung hervorgerufen worden ist. Ich meine, dass die Segmentation der 460 W. Reinhard, Echinoderes nicht selbständig erschienen, sondern eine vererbte Eigen- thümlichkeit ist. Wir sehen, dass nicht nur ihre äußere Bedeckung in Segmente zerfällt, sondern, dass die ganze Leibeswand dieser Theilung entspricht, indem sie in jedem Segment eine Verdickung bildet, die von der Verdickung des folgenden Segmentes durch eine Absehnürung getrennt ist. Die Segmentation kann in größerem oder geringerem Grade auch bei den Anneliden ausgeprägt sein, und im letzteren Falle wird sie gewöhnlich durch regelmäßige Vertheilung der Anhänge an- gedeutet. Doch die letzteren können auch fehlen, wie zum Beispiel bei Lumbrieinen. Endlich ist bei den einfachsten Anneliden, wie bei Polygordius, die äußere Gliederung gar nicht ausgeprägt. Das Zerfallen der inneren Organe in Segmente gewahrt man nicht immer. So sieht der Verdauungskanal in dem einfachsten Falle wie eine Röhre aus. Der Bauchtheil des Nervensystems bei Polygordius erscheint, wie be- kannt, in einfachster Art und zerfällt noch nicht in Ganglien. Was mir als besonders wichtige Eigenthümlichkeit bei den Echi- noderes erscheint, das ist das Vorkommen der Borsten, die den Panzer durchbohren und in Verbindung mit der Leibeswand stehen. Sie ent- sprechen folglich ganz den Borsten der Anneliden. Diese Borsten bil- den, wie wir bei den von mir beschriebenen Arten gesehen, eine Querreihe inmitten eines jeden Segmentes. Bei Echinoderes setigera Greeff stehen diese Borsten in mehreren Reihen, aber ganz regelmäßig, den Körpersegmenten entsprechend, außerdem sitzt jede Borste hier auf einem besonderen Hügel. Echinoderes lanuginosa ist ganz mit Borsten bedeckt. Ob auch hier irgend welche Regelmäßigkeit in der Borstenvertheilung besteht, kann ich nicht sagen, da es mir nicht mög- lich war, diese Art selbst zu beobachten. Obgleich im Allgemeinen ringförmige Muskeln die Anneliden charakterisiren, finden sich bei Polygordius, wie die Forschungen ULsanın’s! gezeigt haben, unter der Hypodermis ausschließlich Längsmuskeln. Außerdem giebt es aller- dings noch schräge Muskeln, welche von der Bauchfläche zu der seit- lichen Leibeswand ziehen. Ihre Richtung entspricht also theilweise den Rückenbauchmuskeln der Echinoderes. Die Segmentirung bei den letzteren prägt sich deutlich in der Vertheilung dieser Muskeln aus. Die äußere Heteronomie der Segmente ist bei Echinoderes fast in eben solchem Grade ausgeprägt wie bei den Änneliden. So unter- scheiden sich bei den letzteren der Kopf, und oft auch das folgende erste Segment von den übrigen. Bei Phyllodoce vittata unterscheiden I Protokolle der VII. Zusammenkunft von Naturforschern und Ärzten in War- schau, und eben so Referat des Professor Hoyer in dieser Zeitschr. Bd. XXVIIL. 1877. Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 461 sich die beiden ersten Segmente (die dem Kopf folgenden) durch ihre Anhänge von den übrigen, bei Eulalia virens aber die drei ersten Seg- mente. Ähnlich wie die ersten, unterscheidet sich auch das letzte Segment von den mittleren. Dasselbe kann man in Betreff der Echi- noderes sagen. Die Absonderungsorgane der letzteren gleichen un- zweifelhaft denjenigen der Anneliden. Man kann sie nicht als der ursprünglichen Niere homolog ansehen, dagegen spricht ihr Aussehen, ihre Lage, und das, was sich Gemeinsames im Bau der Echinoderes und Anneliden findet. Hırschex zeigte !, dass bei den Trochophora der Anne- liden sich zuerst die sogenannte Kopfniere bildet, von der der Längs- kanal sich weiter entwickelt, sich mit den sich abermals bildenden Trichtern vereinigend. Später zerfällt der Exkretionsapparat der Anne- liden in Theile, die den Segmenten entsprechen. Entwickeln sich die Absonderungsorgane der Echinoderes auf demselben Wege, oder gehen sie einen kürzeren, einfacheren Entwicklungsgang, das werden die Untersuchungen über die Entwicklung der uns beschäftigenden Thiere zeigen. Abweichungen in der Zahl der Segmentalorgane sind bei den Anneliden nicht selten, und darum ist es nicht zu verwundern, wenn ihre Zahl bei Echinoderes sich bis zum Minimum verkleinert hat. Fraıont, der den Bau der Absonderungsorgane bei vielen Trema- toden und Cestoden ? erforscht hat, gelangte zur Ansicht, dass diese Or- gane bei ihnen nach ein und demselben Typus gebaut sind. Nachdem Trıry bei Cercaria macrocerca Wimpertönnchen fand, und Bürscaui die- selben bei Cercaria armata beschrieb, gelang es Fraıront ihr Vorhanden- sein bei einer großen Anzahl ausgewachsener Trematoden und Cestoden festzustellen. Nach seinen Beobachtungen sind diese Tönnchen am Vor- derende mit einer Zelle verschlossen. In ihrer Wand befinden sich seit- liche Öffnungen, aber im Inneren bewegt sich eine Wimper (une flamme vibratile), die ans Vorderende des Tönnchens befestigt ist. Der innere Raum des Tönnchens steht in Verbindung mit den ihn umgebenden Lymphräumen. Ähnliche Organe findet er bei Turbellaria und Roti- fera. Sowohl bei den letzteren als auch bei den ersteren befinden Sich außer großen auch kleine in Verbindung mit den Wimpertönnchen stehende Gefäße. Es ist interessant, dass Eckstein, der später die Wimpertönnchen der Rotifera beschrieben hat, zeigte?, dass sie ganz gleich mit den früher beschriebenen Organen der Cestoden und Trema- toden gebaut sind. Der Unterschied ist hier nur der, dass sie sich in ‚ den Körperraum öffnen. Zacuarıs, der später als Eekstrin die Wimpertönnchen der Räderthiere beobachtet hat, gelangte bei dersel- ben Art, nämlich Rotifer vulgaris, zu dem Schluss, dass sie eine ee. ZU]. le: 462 W. Reinhard, eylinderförmige Gestalt haben, und sich am Vorderende erschließen. Die Wimper ist an seinem Boden befestigt und ragt etwas über seine Öffnung hinaus. Bei Brachionus fand er dagegen die Wimpertönn- chen in ihrem Bau der Beschreibung Ecksteiy’s ähnlich. Die Verschie- denheit in den Beobachtungen erklärt er durch den Einfluss, den die sich schnell bewegende Wimper auf den Beobachter ausübt. Es ist Schade, dass weder Eckstein noch ZacHarnas fixirte Rotatorien zu unter- suchen versucht haben. Die Absonderungsorgane der Gestoden und Trematoden sind nach Fraıonrs Meinung nur der ursprünglichen Kopfniere der Anneliden homolog, aber nicht ihren Segmentalorganen, obgleich diese letzteren aus der ursprünglichen Niere entstehen. Ähn- liche Organe waren, nach seiner Meinung, auch dem Trochozoon eigen. Wenn bei Rotatoria (die Richtigkeit von Eckstein’s Beobachtungen zu- gegeben), Cestoden und Trematoden die Enden der Absonderungsorgane wie Wimpertönnchen aussehen, so muss man glauben, dass dies gerade die ursprüngliche Form dieser Enden war, welche auch dem Trocho- zoon eigenthümlich sein musste, und dass die Wimpertönnchen, die wir bei der Trochophora der Anneliden vorfinden, sich später gebildet haben. Es ist möglich, dass man auch zu jetziger Zeit eine Trochophora bei einigen Anneliden finden wird, bei denen die Enden der ursprünglichen Niere eine ähnliche Form haben werden. In Bezug darauf ist der Um- stand nicht uninteressant, dass die Endigungen der Absonderungsorgane bei den Echinoderen eine Mittelform bilden zwischen den Endigungen derselben bei den Anneliden (in den Segmentalorganen) einerseits, den Cestoden, Trematoden und Rotatorien (in der ursprünglichen Niere) an- dererseits. Sie sind, wie ich gezeigt, am Vorderende verschlossen. Es ist aber sehr möglich, dass an der Seite des breiteren Theiles eine Öffnung sich befindet, welche von mir vielleicht nicht bemerkt wurde (ich ge- brauchte bei Erforschung dieser Organe keine sehr starke Vergrößerung) und dann wird die Ähnlichkeit mit den Wimpertönnchen noch größer. Andererseits sind diese Organe paarig, ihre Ausführungskanäle sind kurz; sie liegen so wie die Segmentalorgane der Anneliden, ihre breiteren Theile liegen in dem einen Segment, während ihr Ausführungskanal sich zum folgenden, hinteren Segment zieht, und dort eine Wendung nach außen machend, sich auf der Oberfläche des Körpers öffnet. Ihre innere Oberfläche ist mit Wimpern bedeckt, wie auch die der Seg- mentalorgane, und eine »flamme vibratile « ist hier nicht vorhanden. Wenn wir so sehen, dass Echinoderen und Anneliden einige sehr wichtige gemeinsame Grundzüge im Bau haben, so existiren zwischen beiden Gruppen doch mehrere Grundunterschiede. Sie bestehen in der charakteristischen Vereinigung der Panzerplatten zwischen den Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 463 einzelnen Segmenten, im Fehlen des deutlichen Kopfes und in den Be- sonderheiten der Muskulatur. Die Echinoderen haben keine die Anneli- den charakterisirenden Anhänge, Fußhöcker, Cirren, Kiemen; Wimpern finden sich bei ihnen nur in den Absonderungsorganen. Sie haben keine Dissepimente!, keinen Bauchnervenstrang. Nicht weniger wichtige Unterschiede bieten die Vermehrungsorgane, das Fehlen des Blutum- laufsystems, die Verdauungsorgane und endlich die Art und Weise der Bewegung mit Hilfe des die Echinoderen charakterisirenden Rüssels. Ich halte es daher für unmöglich, die Echinoderen als eine besondere Abtheilung der Anneliden zu betrachten, und meine, dass sie eine be- sondere Klasse bilden sollten, der ich, wegen der charakteristischen Bewegungsart, den Namen Kinorhyncha zu geben vorschlage. Die oben angeführten allgemeinen Grundzüge im Bau dieser Thiere kann ich mir nur durch ihre Entstehung von solchen Protoanneliden erklären, deren Körper in Segmente zerfiel, die schon Borsten und Segmentalorgane mit Enden ursprünglicher Form hatten, ähnlich den Enden bei den Gestoden und Trematoden. Eine Veränderung dieser Enden und die Ver- minderung der Zahl der Organe halte ich für Erscheinungen spätester Zeit. Im anderen Falle müsste man zulassen, dass die oben genannten wesentlichen Eigenthümlichkeiten der Anneliden von den Echinoderen selbständig angenommen worden seien, was mir sehr zweifelhaft er- _ scheint. Es ist selbstverständlich, dass die Entwicklungsgeschichte dieser Thiere uns in beträchtlichem Grade diese Frage aufhellen wird, indem sie uns die Bildungsart der Segmente und die Entwicklung der Absonderungsorgane erklärt. Die von mir hier ausgesprochene Ansicht, hinsichtlich der Entstehung der Echinoderen, ist bis jetzt nur auf ana- tomische Forschungen begründet. Die Erforschung der Entwicklungs- geschichte dieser Thiere wird diese meine Ansicht bestätigen oder ver- werfen. Indem ich diesen Ausspruch thue, erinnere ich mich unwill- kürlich der Worte Enzrrs’, die er in seiner bekannten, von mir schon eitirten Arbeit über Principe, die bei Klassifikation der Würmer ange- wendet werden müssen, im Jahre 1868 ausgesprochen hat, und welche auch in gegenwärtiger Zeit noch Bedeutung haben: »Unter den jetzigen Verhältnissen ist es nicht das allgemeine Urtheil der Zoologen, welches hier entscheidet, sondern das individuelle jedes Einzelnen, welches mit wachsender Detailkenntnis sich modifieiren und reformiren lassen MUSS.« CGharkow, im Februar 1887. 1 Wenn die Bauchrückenmuskeln nicht als solche betrachtet werden sollen. 464 W. Reinhard, Erklärung der Abbildungen \. Tafel XX. Echinoderes dentatus (Fig. 1—18). Fig. 1. Echinoderes von der Bauchseite. Weibchen. a, Ovarien; b, Ösophagus; c, Magen. Fig. 2. Zwei Vordersegmente von Echinoderes dentatus (Männchen). Fig. 3. Vorletztes und letztes Analsegment. Fig. 4. Segmente, Absonderungsorgane enthaltend a; db, Muscul. dorso-ven- trales; c, Darmkanal; d, Vermehrungsorgane. Fig. 5. Ausgezogener Rüssel. a, große Stacheln; b, kleine Stacheln, auf dem Theil des Rüssels sitzend, welcher nach vorn gerichtet ist; ce, zweite Rüsselstrecke mit innen erkennbaren Stacheln; d, oberer chitiniger Theil des Ösophagus (Mund- röhre). Fig. 6. Einige Vordersegmente von der Bauchseite. a, Leibeswand; b, nes muskeln; c, Rüsseleinstülpung. Fig. 7. Vordersegment von der Bauchseite. a, Längsmuskeln ; b, Muscul. dorso- ventrales; c, Muscul. dilatatores proboscidis sup. Fig. 8. Theil der ersten Rüsselstrecke, nach vorn gerichtet, mit auf ihm sitzen- den Borsten. Fig. 9. Einer der großen Stacheln des Rüssels, Fig. 40. Eines der Segmente von der Bauchseite, von der Oberfläche. In ws Körperwand sieht man zerstreute Kerne. Fig. 44. Darmkanal. a, Ösophagus; b, Magen. Fig. 42. Eine der vier Drüsen. Fig. 43. Nervenknoten. a, Musc. extens. oesoph. Fig. 44. Körperende von der Bauchseite. Analsegment ausgestreckt; zu seinen beiden Seiten sieht man die äußerlichen ee a; b, chitinige Ver- dickungen der vorhergehenden Segmente. Fig. 45. Theil des Eierstockes. a, Eierchen; b, gelbe Körperchen. Fig. 16. Einzelnes abgelöstes Eichen. Seine Hülle hat sich an einer Seite etwas abgelöst. Fig. 47. Verschiedene Entwicklungsphasen der Samenkörper. In einigen sieht man den sich ausstreckenden Kern, der den Achsenfaden des Samenkörpers bildet. Fig. 18. Oberer Theil des Eierstockes. Echinoderes ponticus (Fig. 19—42). Fig. 49. Echinoderes ponticus von der Bauchseite. Männchen. Fig. 20. Erstes Segment von der Rückenseite. Fig. 24. Hinteres Körperende des Weibchens von der Bauchseite. Fig. 22. Zweites Segment des Männchens von der Bauchseite. Fig. 23. Erstes Segment von der Bauchseite. i Alle Figuren wurden mit einer Camera lucida nach Mırne EnwArps und- | Doykre gezeichnet. phagi. Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im System. 465 Fig. 24. Drei letzte Segmente des Männchens von der Bauchseite. a, Analseg- ment; 5, äußere Geschlechtsorgane; c, Leibeswand; d, Samendrüsen, mit Samen- körpern angefüllt; e, Rückenbauchmuskeln; f, chitinige Verdickungen. Fig. 25. Theil der Rüsselbiegung, die nach vorn gerichtet ist, mit kleinen Stacheln; inwendig sieht man die Stacheln der zweiten Biegung. a, die obere Chi- tinröhre des Ösophagus (Mundröhre); b, Ösophagus; c, die ihn auskleidende Hülle; d, chitinige Hülle; e, Musc. extensores oesophagi; f, eine der Drüsen des Ösopha- gus; g, einer der Muse. retractores oesophagi. Fig. 26. a, chitinige Röhre des Ösophagus; b, Muskelschicht des Ösophagus ; - e, die Haut, die den Ösophagus auskleidet; d, chitinige Haut des Ösophagus; e, einer der Muskeln Extensores oesophagi ; f, Drüsen des Ösophagus; g, Musc. retractores ‚ -oesophagi; h, Stacheln der zweiten Rüsselstrecke. Fig. 27. Optischer Durchschnitt der nach vorn gerichteten Rüsselstrecke. N e, Stacheln dieses Theiles; b, zweite Rüsselstrecke mit ihren Stacheln; c, Zellen- wand; d, chitinige Hülle; e, oberer Chitintheil des Ösophagus. Fig. 28. Derselbe Theil des Rüssels von der Oberfläche. a, Stacheln desjenigen Theiles des Rüssels, welcher nach vorn gerichtet ist; db, Stacheln der zweiten Rüs- selstrecke;; c, chitiniger Theil des Ösophagus. Fig. 29. Einige Segmente von der Bauchseite. a, Leibeswand mit kleinen Bor- sten; b, Längsmuskeln; c, Musc. dorso-ventrales. Fig. 30. Querdurchschnitt eines der Segmente. a, Musc. dorso-ventrales; b, Vermehrungsorgane. Fig. 34. Segmente, die Absonderungsorgane enthaltend. a, Absonderungsor- ' gane; b, Rückenbauchmuskeln; c, Darmkanal; d, Vermehrungsorgane. Fig. 32. Einige der vorderen Segmente von der Bauchseite. a, Leibeswand mit Borsten ; b, Längsmuskeln; c, Darmkanal. ‚Fig. 33. Einige Segmente des Echinoderes ponticus in der Seitenlage ge- drückt. a, Bauchseite;; b, Rückenseite; c, Rüssel; d, Ösophagus; e, Magen; f, Musc. retractores oesophagi; g, Drüsen des Ösophagus; h, Musc. retractores proboseidis dorsales anteriores; i, Muse. retractores dorsales proboscidis posteriores; k, Muse. retractores ventrales proboscidis anteriores; /, Muse. retractores proboscidis ven- trales posteriores; m, Musc. retractores proboscidis longi, äußere; n, Musc. retrac- , tores proboseidis longi, innere. Fig. 34. Eierstock. Fig. 35. Oberer Theil des Eierstockes. Fig. 36. a, Nervenganglien; b, Ösophagus; c, Magen; d, Extensor des Öso- phagus. | | Fig. 37. Theil einiger Segmente im optischen Längsdurchschnitt. Rückenseite. ! a, Leibeswand; b, Längsmuskel. 'Fig. 38. a, Spermatoblasten; d, Samenkörper in verschiedenen Entwicklungs- , phasen. Fig. 39. Eines der Absonderungsorgane. Fig. 40. a, Ösophagus; b; eins der Ganglien; c, Magen; d, Muskeln ? Fig. 44. a, Ösophagus; b, Drüsen des Ösophagus; c, Musc. retractores oeso- Fig. 42. Samendrüsen, mit Spermatoblasten und Samenkörpern angefüllt. a, | äußerliche Geschlechtsorgane. Echinoderes spinosus (Fig. 43—51). Fig. 43. Echinoderes spinosus von der Bauchseite. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 30 A66 W. Reinhard, . 44. Theil einiger Segmente von der Bauchseite. 45. Hinteres Leibesende von der Bauchseite. 46. Hinteres Leibesende von der Seite. . 47. Nicht ganz entwickelte Samenkörper. >! E2 > eis ’ am m > er le) Tafel XXI. Fig. 48. Echinoderes spinosus von der Seite. Fig. 49. Hinteres Leibesende von der Seite. a, Darmkanal; b, Samendrüsen. Fig. 50. Vorderes Leibesende von der Bauchseite. Fig. 54. Vordertheil des Darmkanales. a, Muskelschicht des Ösophagus; b, in- nere Hülle; e, chitinige Hülle; d, Nervenganglien; e, Musc. extensores oesophagi. Echinoderes Kowalevskii (Fig. 52—58). Fig. 52. Echinoderes Kowalevskii von der Seite. a, Rüssel; 5b, Ösophagus; e, Magen. Fig. 53. Ausgestreckter Rüssel. Fig. 54. Echinoderes Kowalevskii von der Seite. Fig. 55. Umriss des Seitentheiles. 1 Fig. 56. Echinoderes Kowalevskii mit ausgestrecktem Rüssel von der Bauch- seite. - 2 Fig. 57. Hinteres Leibesende von der Seite. Ä E Fig. 58. Hinteres Leibesende von der Seite. 2 Echinoderes pellucidus (Fig. 59— 72). Fig. 59. Echinoderes pellueidus von der Rückenseite. Fig. 60. Ausgestreckter Rüssel. a, große Rüsselstacheln ; d, kleine Stacheln der ersten Rüsselstrecke; c, zweite Rüsselstrecke; d, ihre Stacheln; e, Chitinröhre des Ösophagus; f, Ösophagus. Fig. 61. Erstes Segment. Fig. 62. a, hinterer Theil des Ösophagus; b, Nervenganglien. Fig. 63. Theilweise ausgestreckter Rüssel. Fig. 64. Hinteres Leibesende. a, Leibeswand; b, Vermehrungsorgane; c, Öso- phagus; d, Magen. Fig. 65. Einige Segmente des Echinoderes pellucidus von der Rückenseite. a, Rüssel; b, vordere Rückenretraktoren des Rüssels (Muse. retractores proboseidis dorsales anteriores); c, Musc. retractores proboscidis dorsales posteriores; d, Drüsen des Ösophagus; e, Musc. retractores oesophagi; f, Musc. extensores oesophagi; 9, Ösophagus; h, Magen. Fig. 66. a, Rüssel ; b, Chitinröhre des Ösophagus; c, Musc. extensores probosei- dis posteriores. Fig. 67. Echinoderes pellueidus von der Seite. a, Magen; 5, Rückenbauch- muskeln; ce, eines der Absonderungsorgane. Fig. 68. Echinoderes pellucidus mit ausgestrecktem Rüssel. a, große Stacheln; b, kleine Stacheln der ersten Rüsselstrecke ; c, Ösophagus. i Fig. 69. Theil einiger Vordersegmente von der Bauchseite. a, Rüssel; b, Öso- phagus; c, eine der Geschlechtsdrüsen;; d, Längsmuskeln; e, Leibeswand; f, Musc. dorso-ventrales; g, Musc. extensores proboscidis anterior. Fig. 70. Vordersegmente des Leibes von der Bauchseite. Fig. 74. Hinteres Leibesende von der Seite. Fig. 72. Hinteres Leibesende mit eingezogenem Analsegment. a, Anus; b, Ver- mehrungsorgane; c, Leibeswand. > Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Ban und ihre Stellung im System. 467 Echinoderes dubius (Fig. 73—81). Fig. 73. Echinoderes dubius von der Seite. a, Leibeswand; 5, Rüssel; ce, Öso- phagus; d, Magen. Fig. 74. a, Rüssel; b, Chitinröhre des Ösophagus; c, Ösophagus; d, Muse. ex- tensores oesophagi; e, Nervenganglien. Fig. 75. Erstes Segment von der Bauchseite. Fig. 76. Hinterende des Körpers. a, Magen, b, Absonderungsorgane. Fig. 77. Erstes Segment von der Rückenseite. Fig. 78. Umriss der Rückenseite der Vordersegmente. Fig. 79. Umriss der Rückenseite der Hintersegmente. rn Se aerende des Teibes, Fig. S1.J Echinoderes parvulus (Fig. 82—87). Fig. 82. Echinoderes parvulus. a, Rüssel; b, Ösophagus; c, Magen. Fig. 83. Vorderende des Leibes. a, Leibeswand; b, Rüssel : ce, Muse. extensores proboscidis anterior. Fig. 84. Hinterende des Körpers der Echinoderes parvulus von der Seite. Tafel XXII, Fig. 85. Echinoderes parvulus von der Seite, mit ausgestrecktem Rüssel. a, Ösophagus; b, Magen. Fig. 86. Hinterende des Leibes. Fig. 87. Hinterende des Leibes von der Seite. Echinoderes Metschnikoffii (Fig. 38—95). Fig. 88. Echinoderes Metschnikoffii von der Bauchseite. a, Körperwand; b, Rüssel; c, Ösophagus;; d, Magen. Fig. 89. Hinterende des Leibes. a, Darmkanal; b, Anus; c, Absonderungsor- gane. Fig. 90. Echinoderes Metschnikoffii von der Rückenseite. a, Rüssel; b, Ösopha- gus; c, Magen; d, Leibeswand. Fig. 94. Theil des ersten Segmentes. a, Rüssel; b, Musc. extensores probosci- dis anterior; ce, Rückenbauchmuskel; d, Körperwand; e, Chitinröhre des Öso- phagus. Fig. 92. Hinterende des Körpers von der Rückenseite. Fig. 93. a, Darmkanal; b, Absonderungsorgane; c, Rückenbauchmuskeln. Fig. 94. Vorderende des Leibes. Fig. 95. Echinoderes Metschnikoffii von der Seite. Echinoderesacercus (Fig. 96—97). Fig. 96. Echinoderes acercus von der Bauchseite. a, Leibeswand; b, Rüssel; c, Ösophagus ; d, Magen; e, Musc. extenseres oesophagi. Fig. 97. Hinterende des Leibes von der Rückenseite. a, Ösophagus; 5b, Körper- wand; ce, Magen; d, Nervenganglien;; e, eines der Absonderungsorgane; f, Rücken- bauchmuskel. 30* Zwei neue Goelenteraten. Von Dr. A. Korotneff aus Moskau. Mit Tafel XXI und 4 Holzschnitten. Polyparium ambulans. Mit Fig. 4—417 und Holzschnitt 1—4. Unter den eigentlich sonderbaren Thierformen sind zwei verschie- dene Typen zu unterscheiden: der eine Typus scheint eigenthümlich und interessant, als eine Übergangsform zwischen zwei verschiedenen Thierklassen zu sein, solch eine Form ist die von mir beschriebene Ctenoplana Kowalevskii; der andere Typus fesselt in einer ganz ande- ren Hinsicht die Aufmerksamkeit des Beobachters; es ist eine aberrante Form, die sich aus verschiedenen Ursachen von den Vorfahren abge- trennt und eine exklusive Stellung im Thierreiche eingenommen hat. Wenn dabei die Zwischenglieder verschwunden sind, so bleibt dem Naturforscher nur übrig, diese Form zu beschreiben, kaum kann er darauf rechnen, ihr eine sichere taxonomische Stellung zu geben. Solch ein exklusives, aberrantes Wesen ist das Polyparıum ambulans, dessen - Beschreibung ich auf den folgenden Blättern gebe. In einer vorläufigen Mittheilung ! habe ich schon erwähnt, dass ich während meiner Reise nach Malaysien die Meerstraße zwischen der großen Insel Billiton und der westlich benachbarten kleineren Insel Mendanao besuchte. Dieser Ort wurde mir besonders von meinem ge- lehrten Freund, Dr. Srurrer in Batavia, empfohlen, und das mit größ- tem Rechte. Wenn überhaupt die Umgebung der Insel östlich zwischen Billiton und den benachbarten Inseln (Pulu Soukun und Pulu besar) und dann südlich im Golfe bei Dindang nichts Außerordentliches be- sitzt, und desswegen nicht besonders empfehlenswerth zu sein scheint, t Zool. Anz. Nr. 223. 4886. Zwei neue Coelenteraten. 469 so muss man gerade das Gegentheil von den Mendanaostraße sagen. Dank der Liehenswürdigkeit des Residenten von Billiton, Herrn Zyır, bekam ich für eine zweiwöchentliche Benutzung einen großen Kreuzer mit einer malayischen Equipage von sieben Mann. Während dieser Zeit dredgte ich fortwährend, und nie habe ich so viel verschiedene For- men, besonders Echiniden und Holothurien, gesehen; auch Ascidien und Korallen kamen viel vor, und unter den letzteren fand ich das in Rede stehende Thier — das Polyparıum ambulans. Als ich einmal die mit der Dredge kommende Beute untersuchte, fand ich einen kasta- niengroßen, schleimigen, gelbliehgrauen Klumpen, der aus spiraligen Windungen bestand und von kleinen Höckern besetzt war. Als ich diesen Körper in einem Glase isolirte, sah ich bald, dass die Windungen des Kanales sich lösten und der Klumpen sich zu einem bandförmigen, ziemlich dicken Körper ausbreitete, die Höcker bekamen danach kleine mundförmige Öffnungen, und der ganze Körper dehnte sich zu meinem größten Erstaunen aus und fing an langsam auf dem Boden des Behäl- ters zu kriechen. Als ich das Thier, oder besser gesagt die Kolonie, mit dem höcker- tragenden Rücken nach unten und der kriechenden Sohle nach oben umkehrte, fand ich zu meinem Erstaunen, dass die ganze Sohle mit kleinen Saugnäpfen bedeckt war; so zeigle es sich, dass die Bewe- gung, das Kriechen der Kolonie, durch die Thätigkeit der Saugnäpfe entsteht. Bei einer genauen Beobachtung des Wesens kam ich zu folgenden Resultaten: es ist ein bandförmiger Körper (Fig. 1), der eine Länge von 7 cm auf eine Breite von ungefähr 25 mm und vielleicht 8 mm Dicke hat; das vordere und hintere Ende sind einander ganz ähnlich und eher zugespitzt als abgerundet. Die lateralen Ränder (Fig. 2 und 3) der Kolonie sind verschieden in der Art, dass der eine (Fig. 3) stark ausgeprägt und gesäumt ist, und desswegen eine recht sichtbare Grenze zwischen dem Rücken und der Sohle bildet, der an- dere (Fig. 2) dagegen gar keinen Saum besitzt: hier ist der Rücken rund und walzenförmig und geht unmittelbar in die Sohle über. So- wohl diesem letzteren walzenförmigen Rande, als auch dem Rücken der Kolonie entlang, sitzen schornsteinähnliche konische, wie wir wei- ter sehen werden, Mundkegel, die ziemlich spärlich vertheilt sind, aber nach dem gesäumten Rande hin mehr und mehr zusammengedrängt werden, um endlich eine wahre Palissade längs diesem Rande zu bil- den (Fig. 3). In der Querrichtung gezählt ist die Zahl der Mundkegel vier bis sechs; der Längsrichtung nach findet man keine Reihenvertheilung der- selben; sie sitzen hier ohne besondere Regelmäßigkeit. Die Breite jedes 470 A. Korotnefl, Kegels ist an der Basis 4 mm, die Höhe variirt nach dem Zustande, in wel- chem die Mundkegel sich befinden; zusammengeschrumpft haben sie nicht mehr als I mm, ausgezogen messen sie aber das Doppelte. Am Apicalpole jedes Mundkegels ist eine Öffnung vorhanden. Was aber am merkwürdigsten ist, das ist ihre Tentakellosigkeit: weder der Rand der Öffnung selbst, noch ihre Umgebung trägt Tentakel oder solche Bil- dungen, welche den Tentakeln homolog sein könnten. Die untere Fläche, mit welcher die Kolonie verschiedenen Gegen- ständen aufsitzt (Fig. 1), ist, wie gesagt, von Saugnäpfen bedeckt, und außerdem von zwei tiefen, der ganzen Kolonie entlang laufenden Fur- chen durchzogen in der Weise, dass man ein mittleres Feld und zwei laterale Streifen unterscheiden kann: das mittlere Feld ist doppelt so breit als die lateralen Streifen; von den letzteren ist der eine, an dessen Rand der Saum verläuft, bandartig, der andere aber, ohne Saum, ist walzenartig und geht direkt in die Rückenfläche über (Fig. 3). Das mittlere Feld besitzt in der Querrichtung drei bis vier Reihen von Saugnäpfen, die lateralen Streifen deren nur zwei. Die Stellung der Saugnäpfe scheint keine regelmäßige zu sein, wiewohl dieselben an einzelnen Stellen der Sohle in Längsreihen angeordnet erscheinen; vielleicht ist das nach dem Tode des Thieres beobachtete Bild durch Kontraktionsvorgänge veranlasst. Der Zwischenraum zwischen den Saugnäpfen (Fig. 4 und 5) ist nicht ganz eben, sondern besitzt Quer- falten, die bei der lebenden Kolonie kaum ausgeprägt sind, nach der Einwirkung von Alkohol aber ziemlich stark hervortreten. Was die einzelnen Saugnäpfe betrifft, so bildet jeder einen 8 mm breiten Knopf, der eine abgeflachte ziemlich eingekerbte Oberfläche besitzt. Die Größe der Saugnäpfe ist verschieden und zeigt eine starke Variation. Die innere Struktur des Polyparium ist nicht weniger absonder- _ lich als das Äußere. Die beste Methode, mit der inneren Organi- sation sich bekannt zu machen, besteht darin, mit Querschnitten ein Stück aus der ganzen Kolonie auszuschneiden und dieses in vertikale, der Längsachse parallele Schnitte zu zerlegen; anders gerichtete Schnitte sind nicht besonders instruktiv und kaum zu orientiren. Einen in der beschriebenen Art geführten Schnitt zeigt Fig. 6. An diesem Schnitt bemerkt man, dass die obere freie Fläche der Kolonie mit kolbenförmigen Mundkegeln (MK) besetzt ist; diese sind, wie ge- sagt, ganz tentakellos und haben keine Septen; sie sind hohl, haben eine nach außen führende Mundöffnung (M.o) und eine andere innere Öffnung (M’o’), die in das Innere des Körpers der Kolonie führt. Der Binnenraum ist ziemlich komplieirt und enthält verschiedene Wände, Zwei neue Goelenteraten. 471 deren Analogie mit den gewöhnlichen Korallensepten, dem ersten An- blieke nach, sehr zweifelhaft ist. Der Körper des Polypariums besitzt eine geräumige Höhle, die durch die erwähnten Scheidewände in gleich große Abtheilungen zerlegt ist. Diese Scheidewände stehen quer zu der Längsachse des Körpers und sind auf einem vertikalen Längs- schnitte als Leisten (Fig. 6 und 7) abgebildet. An diesen Abbildungen sieht man, wie die Scheidewände (Septen) paarweise vereinigt sind. Jedes Paar bildet einen besonderen Abschnitt, der ein Binnenfach (Fig. 7 b.f) einschließt und von dem benachbarten durch ein Zwischen- fach (z./) geschieden ist. Nach dieser Beschreibung stellt also der Kör- per des Polypariums eine Konglomeration von auf einander folgenden Abschnitten oder Segmenten dar, die aber nicht als Metamere bezeich- net werden können. Denn jedes Metamer ist eine bestimmte Einheit, die einen besonderen Theil des Körpers bildet, nur eine einzige Scheidewand besitzt und seines Gleichen sich unmittelbar anschmiegt. Beim Polyparium ist jedes Segment aus zwei Scheidewänden gebildet und wird von dem benachbarten Segmente durch ein Zwischenfach geschieden. Die Scheidewände stehen (Fig. 6 und 7) in einem besonderen Ver- hältnis zu den Mundkegeln einerseits, und zu den Saugnäpfen der Sohle andererseits: nämlich das Binnenfach (Fig. 7 b.f) mündet vermittels der Mundöffnungen nach außen, nach unten aber befinden sich, den Mundkegeln entsprechend, die Saugnäpfe, welche so vertheilt sind, dass jeder Mundkegel einen korrespondirenden Saugnapf besitzt. Da- nach können wir vielleicht jeden Mundkegel sammt seinem Saugnapf als ein einfaches Individuum ansehen, das sich aber nicht genügend individualisirt hat. Ich muss noch hervorheben, dass jeder Saugnapf eine selbständige topfförmige Höhle besitzt; diese steht in einer direk- ten Verbindung mit dem Lumen des Thieres und korrespondirt nach ihrer Lage mit der Höhle eines Mundkegels. Ehe ich zur Histologie des Polypariums übergehe, schicke ich vor- aus, dass in dieser Hinsicht das Wesen völlig mit den Actinien über- einstimmt; nicht nur die Schichtenfolge, sondern sogar der feinere Bau der Gewebe ist in beiden Fällen ganz ähnlich, und wer einmal einen Schnitt aus einer Actinienwandung gesehen hat, wird gleich eine solche im Polyparium erkennen. Nach dem Actinientypus sind hier Ektoderm, Entoderm und eine gallertige Zwischenschicht zu finden; daneben aber haben wir zwei verschiedene Gestaltungen: die eine in der Struktur der ganzen oberen Wandung, die andere in der Fußscheibe. Wir fangen unsere Beschreibung mit der oberen Wandung an und haben hier zwei verschiedene Theile zu unterscheiden: die kleinen Mundkegel 472 A, Korotnefl, und die obere Fläche (zwischen den Mundkegeln), die wir als Mund- _ scheibe bezeichnen werden. Diese zwei Theile sind nur nach dem Grade der Entwicklung ihrer Schichten verschieden: so ist die Muskel- schicht in den Mundkegeln ganz unbedeutend entwickelt, zwischen diesen aber ist sie sehr bedeutend. Um näher die Struktur zu erken- nen, werden wir einen Schnitt der oberen Wandung studiren. Dieser Schnitt ist der Längsachse parallel und senkrecht zu den Septen ge- führt. Das Ektoderm (Fig. 10 und 1) ist in drei abgesonderte Schichten zerlegbar; die äußere, welche dabei die ansehnlichste ist, setzt sich aus sehr langen, feinen, ganz fadenförmigen epithelialen Elementen zusammen; hier sind die Kerne in zwei Anhäufungen vertheilt: die eine, obere, liegt den Nematocysten dicht an, die untere liegt viel tiefer und nimmt gerade die Mitte der Höhe ein (em.z). Als Basis dieser äußeren Schicht dient ein dünnes Stratum einer feinfibrillären Sub- stanz, in welcher vereinzelte Kerne zerstreut sind. Endlich ganz am Grunde ist noch eine Muskelfaserschicht zu finden; diese erscheint auf einem Querschnitte als eine Anhäufung von glänzenden Körperchen. Erwähnte drei Schichten sind wie bei den Actinien als Epithel, Nerven und Muskelschicht zu bezeichnen. Die äußere Epithelschicht beherbergt ganz verschiedene Elemente: es sind hier Stütz-, Sinnes-, Nessel- und endlich Drüsenzellen,; wegen der ganz außerordentlichen Feinheit der Elemente und der Verwick- lung der fadenförmigen Verlängerungen ihrer inneren Theile ist es schwer, die Stützzellen von den Sinneszellen zu unterscheiden: es ist mir gelungen nur Sinneszellen gut zu sehen. Dies sind fadenförmig ausgezogene Elemente (s.z), deren Kerne in dem ersten Drittel der Zelle liegen und auf dem Schnitte die Anhäufung bilden, welche dem unteren Ende der Nematocysten direkt anliegt. In der Umgebung des Kernes sammelt sich das Protoplasma stärker an, und dadurch hat die Sinneszelle eine Verdickung, die sich im Inneren nach der Peripherie zu in einen feinen Fortsatz verlängert; der Fortsatz scheint dabei nicht plasmatisch, sondern fibrillär und sogar homogen zu sein. Von dem ein- zigen mir zur Verfügung stehenden, dabei in Alkohol gehärteten Exem- plar des Polyparium gelang es mir selten gute Zerzupfungspräparate zu bekommen; trotzdem konnte ich mich überzeugen, dass es sich hier gerade wie bei der Actinie verhält, nämlich die Sinnesfibrille (Fig. 17 s.f) geht direkt oder nach einer Theilung in die Nervenschicht über, mit deren Fibrillen sie sich gänzlich assimilirt. Sinneshärchen auf dem Ektodermelemente konnte ich nicht beobachten. Wie gewöhnlich prävaliren aber andere Elemente im Ektoderm — Zwei neue Coelenteraten. 473 die Nesselzellen; da aber diese von dem gemeinen Typus sich kaum unterscheiden, so habe ich nicht viel über diese Bildung zu sprechen, erwähne nur, dass jede Nesselzelle von einer dünnen Protoplasmaschicht umgeben und am Grunde jeder Zelle ein stark lichtbrechender Kern zu finden ist. Nach abwärts von dem Nematocysten geht eine Fibrille ab, die sich durch die ganze Ektodermschicht hindurch drängt und ver- mittels einer Verdickung oder Scheibe einer Muskelfibrille aufsitzt (Fig. 1). Die erwähnte obere Anhäufung von Kernen gehört bestimmten Zellen an, seien es Sinnes-, Drüsen- oder Nesselzellen; die untere aber nimmt an keinen specifischen Zellen einen Antheil, sie gehört beson- deren Elementen, die zwischen Sinnes-, Stütz- oder Nesselfibrillen ein- gekeilt sind. Diese Zellen haben keinen derartigen Zusammenhang mit den ihnen anliegenden Fibrillen, wie wir es zum Beispiel für die Sinneszellen gesehen haben: sie liegen hier vielmehr nur locker an und durchdringen die Fibrillenschicht mit ihren Ausläufern. Nach ab- wärts scheinen diese Zellen in einer intimen Kommunikation mit der Nervenschicht zu stehen. Trotzdem können wir kaum annehmen, dass wir es in ihnen mit Nervenzellen zu thun haben, es sind vielmehr ein- fache embryonale Zellen, die zur Vervollständigung der Epithelschicht dienen (Fig. 14 und 15 em.z). Kaum kann ich Vieles über die Nervenschicht sagen, und kein so ausgeführtes Bild geben, wie jenes, welches für die Actinien von den Gebrüdern Herrwıe geschildert ist. Meine Angaben beschränken sich auf die Bestätigung, dass die Struktur hier dieselbe wie dort ist. Die Nervenschicht tritt an Schnitten mit einer besonderen Klarheit hervor, sie erscheint theils feinkörnig, theils fein fibrillär,; ob diese Schicht aus den basalen Enden verschiedener Epithelialzellen gebildet ist, oder ob an ihr auch selbständige Fasern Theil nehmen, ist kaum zu entscheiden. Wenn einerseits die Nervenschicht in Verbindung mit den Epithelial- zellen steht, so giebt sie andererseits feine Fibrillen zu der unterliegen- den Muskelschicht ab. Wegen der Parallelisirung mit den Actinien muss ich erwähnen, dass die Nervenschicht beim Polyparium überall verbreitet ist und wie in den Mundkegeln, sowohl auch in der Mund- scheibe vorkommt, wie es unter den Actinien von dem Cerianthus be- schrieben ist. Die Muskelschicht folgt unmittelbar der Nervenschicht und besteht aus langen und sehr dünnen, glatten Fasern, die ganz homogen er- scheinen und keine Kerne oder Zellen tragen; wie gewöhnlich liegen diese Fasern in besonderen Vertiefungen der Stützlamelle und sind unzertheilt und wie angekleht, wie gewöhnlich an besonderen blätter- 474 A. Korotnefl, artigen Fortsätzen derselben. Die Richtung der Ektodermmuskelfasern ist eine der Längsachse parallele und an den Mundkegeln eine vertikale. Wo die letzteren in die Mundscheibe übergehen, erhalten die Fasern die erwähnte Richtung. Diese Beschreibung von dem Bau einer Wandstrecke des Poly- pariums beweist uns unbestreitbar, dass wir es in ihm mit einer Actinie zu thun haben; in beiden Fällen finden wir Anknüpfungspunkte, um eine Gemeinsamkeit mit den übrigen CGoelenteraten, oder besser gesagt, den Hydroiden und Siphonophoren festzustellen. Meines Wissens ist dieser Versuch bislang nicht gemacht, und wir sind darüber ganz im Dunkeln. In meiner früheren Arbeit über Histologie der Siphonophoren'! be- mühte ich mich zu zeigen, dass Gnidoblasten, Sinnes- und Nervenzellen nicht nur veränderte Epithelialzellen sind, sondern dass diese, wenn es um solche Thiere sich handelt (wie zum Beispiel die Siphonophoren), bei denen ein Epithelialmuskelsystem ‚vorkommt, eine unmittelbare genetische Beziehung zu den Muskelfibrillen selbst haben, und dess- wegen als veränderte Muskelzellen anzusehen sind. Danach bekommt eine embryonale Zelle, nachdem sie eine oder mehrere Muskelfibrillen abgesondert hat, eine ganz andere specifische Funktion, verwandelt sich in Waffen, Drüsen oder Sinneselemente. Hält man an diesem Prineip fest, so wird es fraglich, in welcher Art die Actinienstruktur auf diesen Typus zurückzuführen ist. Bei den Siphonophoren, nämlich bei der Forskalia, sehen wir, dass eine Nerven-, oder eher eine Ner- venmuskelzelle sich kaum von den Epithelien lostrennt, und diesen unmittelbar anliegt; bei den Actinien soll dieser Process weiter ge- gangen sein: hier sind die Nervenzellen tief niedergesunken und haben eine ganz besondere Schicht gebildet; diese aber steht in einer un- mittelbaren Beziehung zu den sich ihr anschmiegenden Muskelfibrillen. Eine genetische Beziehung der Muskel- und Nervenschicht zu einander ist beim Polyparium ambulans einigermaßen darin zu sehen, dass die Muskelschicht keine Zellkerne besitzt. Die glatte, nicht varicöse Form der Muskelfibrillen lässt glauben, dass die Kerne der Muskelzellen sich nicht den Muskelfibrillen assimilirt haben, sondern anders wo zu suchen sind; desswegen finde ich nichts Unmögliches in der Vermu- thung, dass die Zellen der Nervenschicht nicht als wahre Nerven, son- dern als Nervenmuskelzellen aufgefasst werden müssen, oder anders, als metamorphosirte Muskelzellen anzusehen sind. Wenn wir uns jetzt daran erinnern, dass bei den Siphonophoren die Beziehung der Cnidoblasten zu den Muskelfibrillen eine sehr intime ! KoROTNEFF, Histologie der Siphonophoren. Mittheilungen aus d. Zool. Station zu Neapel. Bd. V. | Zwei neue Coelenteraten. 475 ist, und dass wir dabei eine ganze Reihe von progressiven Umbildungen finden, so wird uns die extreme Form einer solehen Umbildung, die bei den Actinien zu beohachten ist, genügend klar sein. Die erste Stufe ist jene, auf welcher der Cnidoblast dicht der Fibrille anliegt, seine eigentliche Muskelzelle bildet und desswegen mitsammt der Fibrille nicht anders als eine echte Muskelform bezeichnet werden darf. Weiter- hin werden wir finden, dass der Cnidoblast selbst in keiner Weise als ein integrirender Theil der Muskelfaser anzusehen ist, weil er von der Fibrille selbst ziemlich abgelegen bleibt (Tentakel der Physo- phora) und vermittels feiner Fäden mit der Fibrille in Kommunikation steht. Wenn diese Anschauung noch einer Anerkennung bedarf, so müssen wir der Verbindung zwischen dem Cnidoblast beim Polyparium ambulans und einer Muskelfihrille eine besondere Beachtung schenken; nach meiner Meinung beweist sie unumstößlich, dass der Cnidoblast beim Polyparium eine echte Muskelzelle ist, die bei der Umbildung des Ektoderms die primitive Stätte ganz verlassen und eine peri- pherische Lage bekommen hat (Fig. 15). In solcher Weise werden wir anerkennen, dass derselbe Weg der Umbildungen der Muskelzelle für alle anderen Elemente des Actinienkörpers existirt; Nerven-, Sinnes-, Drüsenzellen und Cnidoblasten sind also als metamorphosirte Epithe- lialmuskeln anzusehen und desswegen können wir annehmen, dass der erste Schritt bei der Umbildung einer embryonalen Zelle die Absonde- rung einer Muskelfibrille ist; damit scheint die Zelle selbst ihre Kräfte nicht erschöpft zu haben, um Weiteres leisten zu können und sich für eine specifische Funktion vorzubereiten; so entstehen die mehrere Mal schon beschriebenen, — von Gebrüder Herrwıc für die Actinien und von mir für Hydra und Siphonophoren — histologischen Doppelbildun- gen, wie Epithelialmuskel-, Nervenmuskel-!, Sinnesmuskel- und Drüsenmuskelzellen. Selbstverständlich ist, dass dieser histologische Weg der längere zu sein scheint, und dass er oft sehr verkürzt werden kann, dass eine embryonale Zelle, bevor sie der ersten Bedingung des Organismus — Lokomotionsbedürfnis — entspricht, unmittelbar ver- schiedene specifische Eigenschaften bekommt und sich direkt in eine Nerven-, Sinnes- und Drüsenzelle verwandelt, die Zwischenstufe des Myoblastes überschreitend. Die Stützlamelle ist ein elastisches Häutchen (Fig. 10 und 114 st.]), das am Seitenrande bedeutend dicker ist als in der oberen Decke des ! Die Epithelialmuskelzellen bei Hydra kann ich, zumal nach der Entdeckung besonderer Nervenzellen bei den Hydroiden, im Sinne von KLEInEnBere als echte Neuromuskelzellen nicht anerkennen. Dem ungeachtet bleibt die sinnreiche Neuro- muskeltheorie bestehen. 476 A. Korotneff, Polypariums und viel dieker als in den Mundkegeln; überall aber besteht sie aus feinen filzförmigen Fasern, die in eine homogene Zwi- schensubstanz eingebettet sind. Zwischen den Fasern liegen zahl- reiche, kleine spindelförmige Zellen, die in Ausläufer übergehen; das Protoplasma der Zellen ist ziemlich grobkörnig. Das Entoderm des Polyparium ist von mir leider sehr ungenügend erkannt und desswegen kann ich so delikate Fragen, wie zum Beispiel nach den Nervenzellen oder Nervenfibrillen kaum berühren. Fast überall (Fig. 10 und 16) ist das Entoderm einschichtig, und besteht aus ausgezogenen Zellen, die an der Oberfläche Reste von Geißeln zeigen. Im Grunde der Entodermzellen liegen feine Muskelfibrillen, die alle eine bestimmte Längsrichtung, also parallel der Längsachse der Kolo- nie haben; diese Muskeln bilden nie Gruppen, sondern sind in einer zarten Schicht vertheilt. Die Beziehung der Zellkörper zu den Fibrillen selbst beweist, dass wir es mit Entodermmuskelzellen zu thun haben. Zwischen diesen Zellen kommen auch einfache Drüsen vor (Fig. 16 Dr). Ich möchte noch erwähnen, dass das ganze Entoderm von runden, gel- ben, parasitischen Zellen (pr) erfüllt ist; diese häufen sich gewöhnlich so massenhaft an, dass die Zellkerne von ihnen ganz verdeckt werden. In den Drüsenzellen scheinen diese parasitischen Zellen nicht vorzu- kommen. Von der unteren Fläche des Fußes von Polyparium war schon erwähnt, dass diese von kleinen Saugnäpfen (Fig. 6, 7 und 9) bedeckt ist, und dass die Saugnäpfe reihenweise sitzen und den Mundkegeln der oberen Fläche sehr genau entsprechen. Die Struktur der ganzen Ektodermschicht, sei es zwischen oder an den Saugnäpfen selbst, ist überall ganz gleichförmig und unterscheidet sich nur nach seiner Dicke: am dicksten sind die Ränder der Saugnäpfe, dann die Mitte, die von den Rändern durch eine Furche abgesetzt ist. Die histologische Be- schaffenheit dieses Ektoderms ist von dem des Seitenrandes oder der oberen Fläche des Polypariums ganz und gar verschieden. Aus der Mitte eines Saugnapfes genommen bietet ein Schnitt folgende Eigen- thümlichkeiten (Fig. 12): drei Schichten sind an ihm zu unterscheiden, oberflächlich findet sich eine feinkörnige Drüsenschicht, in der Mitte eine dichte Kernschicht, und am Grunde, direkt der Stützlamelle auf- liegend, eine bedeutende feinfibrilläre Faserschicht. Wie im Ektoderm des -Mauerblattes, ist das ganze Ektoderm des Fußes von der Ober- fläche bis in die Tiefe von denselben Elementen durchzogen. Fast die ganze Masse besteht aus ausgezogenen Drüsenzellen, an denen man einen becherförmigen Theil, in deren Grunde (Fig. 15 Dr) ein Zellkern liegt, und einen fibrillären Theil, der bis an die Stützlamelle reicht, Zwei nene Öoelenteraten. 4717 unterscheidet. Diese Drüsen scheiden gewiss die muköse Substanz aus, welche sich als Klümpchen an der freien Oberfläche ansammelt. Zwischen den Drüsen kommen viele Sinneszellen vor, die ganz jenen des Mauerblattes ähnlich sind (Fig. 12 und 16 s.z). Sonderbar scheint die Thatsache, dass die Sinneszellen unmittelbar an der Stütz- lamelle endigen und danach keine weitere Leitung übernehmen kön- ' nen, wenn man nicht annehmen will, dass die empfangenen Eindrücke auf die Stützlamelle selbst, die vielleicht kontraktionsfähig ist, oder noch eher auf die Zellen derselben übertragen werden können. Am zahlreichsten kommen die Sinneszellen an den Saugnäpfen vor, und werden besonders in der inneren Auftreibung derselben bemerkbar. Diese Einrichtung spricht dafür, dass das Polyparium beim Kriechen die Oberfläche der Gegenstände betastet, um danach einen bestimmten Weg auszusuchen. — Die Kerne, die so massenhaft zwischen den Ektodermzellen vorkommen, gehören hauptsächlich nicht den fibril- lären Elementen, sondern kleinen embryonalen Zellen (em.z) an, die sehr zahlreich sind und in diesem Falle, wo keine besondere Nerven- schicht vorkommt, auch die Funktion der Nervenzellen übernehmen können. Außer den Drüsen- und Sinneszellen kommen möglicherweise die sogenannten Stützzellen vor; ich konnte sie aber von den übrigen Elementen nicht unterscheiden. Nach dieser Beschreibung sind die Saugnäpfe des Polyparium allerdings primitiv gebaut, in so fern sie keine eigene Muskulatur besitzen, müssen aber doch als erste Stufe eines Anheftungsapparates, und nicht als nur aufgetriebene Punkte der Wandung angesehen werden. Wenn die Saugnäpfe des Fußes keine unmittelbare Beziehung zu Muskeln haben, so schließt das die Möglichkeit einer indirekten Beziehung nicht aus: es kommen, wie wir bald sehen werden, besondere Muskeln im Inneren des Körpers vor, die nur dazu dienen, die Saugnäpfe von der Anheftungsfläche abzu- reißen. — Die Stützlamelle des Fußes zeichnet sich durch ihre be- deutende Entwicklung aus. Das Entoderm besitzt besondere zottenförmige Auswüchse, die in das Innere des Thieres hineinragen. Das Innere, oder anders das Lu- men, hat hier eine, wie schon gesagt, Kolbenform, welche den ganzen Saugnapf einnimmt (Fig. 6 Mg) und den Namen eines Magens verdient; das Vorkommen der Entodermzotten beweist, dass die Assimilirung hier wirklich thätiger stattfindet als anders wo. Wir wenden uns zur Betrachtung der feineren Struktur der Sep- ) ten und haben dabei die Vertheilung der Muskelfasern zu untersuchen. Als Gerüst jeder Scheidewand dient beim Polyparium die Stützlamelle, die von Muskeln auf verschiedenen Stufen der Entwicklung bekleidet 478 A. Korotneff, ist. Die Flächen einer jeden Scheidewand sind mit Muskeln ungleich versehen, je nachdem die einzelne Fläche einem Zwischen- oder Binnen- fache zugewendet ist. Die Zwischenfachfläche ist von vertikalen Fasern, die Binnenfachfläche dagegen von transversalen Fasern bekleidet. Die vertikalen Muskeln sind die schwächsten, sie bilden auf einem flächenhaft ausgebreiteten Septum eine ununterbrochene Schicht von Fasern, die an der Mundscheibe, wo sich die Septen inseriren, begin- nen und von da aus nach unten ziehen, um sich in der Fußscheibe zu verlieren. Die transversalen Muskeln sind im Gegentheil die stärksten und bilden starke Faserbündel, die sich innerlich von einer Seite des Polypariumkörpers bis zur anderen hinziehen. Fig. 6 zeigt, wie stark die transversalen Muskeln ausgebildet sind; dicht hinter der Mundöff- nung bilden sie ein starkes Polster (l.F), das weit in das Binnenfach hineinragt und hier mit dem Polster der gegenüber stehenden Seite fast zusammenstößt. Das Polster hört jedoch in der Mitte eines Septum auf, indem es sich von dem nun dünner werdenden Septum durch eine Einschnürung scharf absetzt. — Die untere Hälfte jedes Septum ist von einem einschichtigen Stratum transversaler Fasern bekleidet, dieses Stratum tapeziert die innere Fläche der sogenannten Magenkavität aus, die, wie gesagt, ins Innere jedes Saugnapfes eindringt. Die ganze Muskel- fläche ist von einem einschichtigen Entoderm bekleidet (Fig. 16), das am Grunde die in ein gemeinsames Plasma eingebetteten stark ent- wickelten Muskelfasern enthält. Bei der Beurtheilung der Eigenthümlichkeiten dieses Baues- zeigt sich, dass die größte Abweichung desselben von dem Polypentypus in der völligen Abwesenheit stark entwickelter vertikaler Muskelbündel- »Fahnen« im Polyparium besteht. Wenn wir aber erwägen, dass die Muskeln eine Beziehung einerseits zu den Tentakeln haben, und ande- rerseits für die Einziehung der ganzen Mundscheibe ins Innere des Actinienkörpers dienen, so wird es uns ganz und gar verständlich sein, dass solehe Fahnen dem Polyparium als überflüssig fehlen, denn Ten- takeln sind nicht vorhanden, und die Mundscheibe kann bei der be- deutenden Anzahl von kleinen Mundöffnungen nicht eingezogen wer- den. Dem ungeachtet giebt es doch einen Anknüpfungspunkt, um hier eine Analogie aufzustellen; es sind nämlich die in eine dünne Faser- schicht vertheilten vertikalen Muskeln, welche die Zwischenfächer aus- kleiden, den eigentlichen »Fahnen« homolog. Dann finden wir beim Polyparium ein in Bezug auf den Polypen umgekehrtes Bild; die verti- kalen Fasern, die bei den Polypen die stärksten sind, sind beim Poly- parium am schwächsten entwickelt, und umgekehrt sind die transver- | Zwei neue Öoelenteraten. 479 salen Fasern die stärksten beim Polyparium und können desswegen als » transversale Fahnen« bezeichnet werden. Um etwas Ähnliches bei den Polypen zu finden, müssen wir auf die von Horrırn ! gemachten Angaben zurückgreifen. Dieser Gelehrte hat zuerst einen Parietobasilarmuskel bei den Actinien beschrieben; dieser Muskel besteht aus Fasern, die vom Mauerblatte zur Fußscheibe gehen, um diese einziehen zu können; dieser Muskel erscheint als ein dickes Polster, welches quer über die Schicht der transversalen Mus- keln hinläuft. Die Gebrüder Herrwıc fassen dieses Polster als eine Faltenbildung der Septenbasis auf, welche durch die Massenzunahme der hier gelegenen Muskeln veranlasst wurde. Am stärksten ist der Parietobasilarmuskel bei der Tealia crassicornis entwickelt und bei dieser Form können wir, nach den Abbildungen der Herrwis’schen Untersuchung?, mit gutem Rechte annehmen, dass die Muskelfasern der einen Septumbasis in das gegenüber liegende Septum sich hinziehen. Auf alle Fälle werden wir annehmen können, dass beim Zusammen- trefien der gegenüber liegenden Septen die Muskelpolster in einander übergehen und eine den »transversalen Fahnen« analoge Bildung ent- stehen lassen. Es bleibt mir noch ein wichtiger Punkt zu entscheiden, der die Beziehung der Septen und eben so der Muskeln zu einander betrifft. Wir haben schon gesehen, dass in dem Polyparium je ein Zwischenfach mit einem Binnenfach alternirend auf einander folgt: das Binnenfach entspricht einem Gastralraume, das Zwischenfach dem Orte, wo sich neue Septen bilden. Diese alternirende Stellung bleibt nicht ohne Be- ziehung zu dem Muskelsystem. Schon Horıırn hat die Meinung ausge- sprochen, dass die Längsmuskeln, welche auf Querschnitten als dicke Wülste sofort zu erkennen sind, einander zugewandt und im Binnen- fach eingeschlossen sind: die Quermuskeln dagegen nur dem Zwischen- fach angehören. Wenn wir das Polyparium von diesem Standpunkte aus ansehen, so werden wir gerade das Umgekehrte antreffen; bei dieser Form gehören die Längsmuskeln (vertikale Muskeln) dem Zwi- schenfach an, während die Quermuskeln (stransversale Fahnen«) nur im Binnenfache vorkommen. Um diese Erscheinung zu erklären, sind wir genöthigt das von HorLırn aufgestellte Prineip einer strengen Analyse zu unterwerfen. 1 H. HorrArp, Monographie anatomique du genre Actinia de Lınıt, considere comme type du groupe general des Polypes zoanthaires. Annales des Sciences. Nat. Zool. 3 Ser. T. XV. p. 257. ®2 Osc. und Rıcn. Herrwie, Die Actinien. Anat. und histol. untersucht. Jena 1879. 480 A. Korotnefl, Rörreken und Scuneiper ! haben schon betont, dass zwei Paare von Septen im Körper der Actinie eine wahre Ausnahmestellung haben: das sind die sogenannten Richtungssepten, welche für die Orientirung eine besondere Bedeutung haben. Diese Septen liegen einander gegen- über und haben eine besondere Beziehung zur Lage der Mundöffnung und des Schlundrohres, die Mundöffnung besitzt nämlich zwei Mund- winkel, von denen aus zwei tiefe Furchen auf der Innenseite des Schlundrohres verlaufen; die Insertion der Richtungssepten entspricht den Mundwinkeln und den Furchen des Schlundrohres (Fig. I). Das Verhalten der Muskulatur an den Rich- tungssepten ist von dem der gewöhnlichen Septen ver- schieden: hier sind die transversalen Muskeln zu- gewandt, die longitudinalen abgewandt. Bei den Rich- tungssepten steht es danach gerade so, wie in den Bin- nenfächern des Polyparium, was gewiss nicht ohne Be- deutung ist und eine Homo- PR a logisirung verlangt. Leider Fig. I. Querschnitt durch eine junge Adamsia diaphan.. giebt uns die Embryologie ınWw, ar longitudinale hierfür keine Anknüpfungs- punkte, weil die Studien von KowaLevskv? und Lacaze-Duruiers? über diesen Gegenstand diese Frage nicht völlig erschöpfen und einander widersprechen; wir müssen desswegen diese Frage ganz aprioristisch behandeln. Höchst wahr- scheinlich sind die Richtungssepten der Actinie die ersten, die sich anlegen, es werden wahrscheinlich Archisepten sein; dieses Postulat wird einigermaßen dadurch bestätigt, dass die Richtungssepten ohne Zweifel den vier Längsmuskeln der Sceyphistoma entsprechen. Bei i SCHNEIDER und RÖTTEKEN, Über den Bau der Actinien und Korallen. Sitzungs- berichte der oberhessischen Gesellschaft. März 4874. 2 A. KowALEvsky, Untersuchungen über die Entwicklung der Coelenteraten. Mit 8 Tafeln. Nachrichten der kaiserl, Geseilsch. der Freunde der Natur, Anthr. u. Ethnogr. Moskau 4873. (Russisch.) 3 H. pe LacAzE -Dutniers, Developpement des Coralliaires. Arch. de Zool. experim. et gener. T. I. 4872. N \ a 4 I h i Zwei neue Öoelenteraten. | 451 dem Seyphistoma, das wir aus verschiedenen Gründen als eine ein- fachste, primitivste Actinie ansehen müssen, stehen die erwähnten Längsmuskeln so, wie das für die Richtungssepten beschrieben ist, in enger Beziehung zu der Mundöffnung. Das Alles will sagen, dass die Anordnung der Muskeln an den Richtungssepten, in denen die arche- typische Form zu sehen ist, für Begründung verschiedener Homologien maßgebend ist. In dieser Weise ist nun die Beziehung der Muskeln zu den Septen beim Polyparium nicht anormal, sondern im Gegentheil ganz typisch. Ich möchte noch erwähnen, dass, wenn das von Horzırn aufgestellte Prineip im Allgemeinen, nicht in Einzelheiten, für die Actinien an- wendbar ist, es doch seine Bedeutung außerhalb dieser Gruppe ver- liert: so sehen wir an einem Querschnitte eines Aleyo- niums, wie die Gebrüder HerrwiG gezeigt haben (siehe Fig. II), dass es im Umfange des Schnittes einen Punkt giebt, von dem aus gesehen alle Septen vier auf der rech- ten und vier auf der linken Seite stehende abgewandte Muskeln besitzen und einen zweiten gegenüber stehen- den Punkt, von dem aus ge- sehen sie umgekehrt zuge- wandte Fahnen besitzen; an- ders gesagt, nur an einem Fig. I. Querschnitt durch einen Polypen von Alcyonium. Bar :ider Richtungssepten DER an ION > der Gebrüder finden wir die Längsmuskeln, wie es nach dem Prineip von Hoırarp sein müsste, zugewandt, alle anderen sind abgewandt. Also bildet auch in Bezug hierauf Polyparium keine besondere Ausnahme. Trotz dem Allen ist es nöthig zu zeigen, wesswegen wohl die Um- bildung, die wir beim Polyparium in der Stärke der Muskeln finden, vorgenommen ist. Diese Frage kann nach einem mechanischen Prin- cip entschieden werden. Wir haben gesehen, dass die transversalen Fahnen (g.m) stark ins Innere der Gastralhöhle hineinragen, mit ihren Fasern auf die Seitenwand (m.b) übergehen und in dieser Weise einen Bogen darstellen, dessen Fixationspunkte seitlich an der Seitenwand zu suchen sind. Bei der Bewegung, beim Kriechen des Polypariums, sind Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bad. 31 482 A, Korotneft, die transversalen Fasern am thätigsten, und wenn sie sich zusammen- ziehen, so müssen sie, wie am gespannten Bogen, das Lumen des Binnenfaches (Fig. Ill) verbreitern. Wenn wir uns vorstellen könnten, dass die erwähnten transversalen Fahnen nicht ins Innere des Binnen- faches, sondern in das Zwischenfach hineinragten, so würde bei ihrer Kontraktion das Binnenfach (a) geschlossen. Bedenken wir aber, dass die Ernährung des Thieres mit der Bewegung unbedingt zusammen- hängen muss; das Thier, oder die Kolonie, kriecht nur, um sich die Nah- rung zu verschaffen, und desswegen muss bei der Bewegung die Mund- öffnung breit offen stehen, damit die gefundene Nahrung unmittelbar in den Magen kommt. Danach Yan wird es klar, dass das Vorkom- men der transversalen Fahnen im Binnenfache und der vertikalen Muskulatur im Zwischenfache nicht nur eine natürliche typische ist, sondern auch völlig der Zweckmäßigkeit entspricht. Dass die Septen des Poly- pariums homolog den Actinien- septen sind, kann endlich durch die Entstehung der neuen Septen —. hewiesen werden. Diese kommen en Se ER m in versehiedenen Stufen der Ent- ; :st.l, Stü ; q.m, transversale Fahnen; I.m, longitudinale Muskeln. wicklung in den Zwischenfächern vor; sie entstehen immer paar- weise und jedes Paar besteht aus zwei gleich großen Septen; wenn diese ganz klein sind, scheinen sie nur aus einer Stützlamelle zu be- stehen, die zu beiden Seiten von einer Muskelschicht bedeckt ist; erst nachdem die Septen in die Höhe gewachsen sind und die Hälfte des vertikalen Durchmessers der Kolonie überschritten haben, fängt der freie Rand an (Fig. 6 s’) sich zu verdicken — einen Wulst zu bilden —; dies ist der Anfang der Entstehung einer transversalen Fahne. Schritt für Schritt mit dem Auswachsen der Septen geht die Entwicklung des Fahnenwulstes, und nachdem die Septen die Mundfläche berührt haben, erfolgt deren Verwachsung mit der letzteren und die Ent- stehung des Mundkegels, welcher endlich eine Mundöffnung bekommt. Die Entwicklung der Saugnäpfe geht indessen gleichfalls vor sich: wenn die Septen noch ganz klein sind, bemerkt man schon eine ring- föormige, kaum sichtbare Falte, die sich mehr und mehr erhebt und deutlich die Form eines Knopfes bekommt (Fig. 4 und 5). Danach ist I 77 AN il / \ ıB \ IN) Its | | LOIIITISIE LOS souu=-ronseschnankueena sausuremencnen | HIN in III I # I) | "el AkN II N ft N KIN) Il) I | JUN M; I N) AN If! ll] N IN] Ni > ai kessnoscnr oem Zwei neue Coelenteraten. 483 es klar, dass das Wachsthum in der Länge des Polypariums durch eine Einschiebung neuer Glieder, die oben eine Mundöffnung und unten Saugnäpfe tragen, entsteht. Ich muss hier noch erwähnen, dass in den Septen besondere Öffnun- gen vorkommen, welche eine Kommunikation zwischen den Interseptal- räumen gestatten; es sind dies die von den Actinien beschriebenen so- genannten inneren Septalstomata. Diese Stomata sind oval und haben wulstförmige Lippen, welche die Öffnung geschlossen halten, was aüf die Anwesenheit einer eirkulären Muskulatur hindeutet (Fig. 8). Mesenterialfilamente und Geschlechtsorgane kamen an den Septen von Polyparium nicht vor; die ersten fehlen gänzlich, die zweiten aber entwickeln sich wohl nicht zu der Zeit, als ich das Thier fand, also nicht im Monat September. Es kann aber kaum einem Zweifel unter- liegen, dass wir es mit einem geschlechtsreifen Organismus zu thun haben. In dieser Hinsicht stimmt das Thier ganz mit den Actinien überein, bei denen die Geschlechtsreife auch nur zu bestimmten Perio- den vorkommt. Wir haben also im Körper des Polypariums zwei Systeme von Muskeln: äußere und innere. Die ersten bilden zwei verschiedene Gruppen: 1) Quermuskeln, die dem Ektoderm angehören und von den Mundkegeln aus direkt in die Mundscheibe übergehen, 2) longitudinale Muskeln, die dem Entoderm angehören und längs des ganzen Körpers sich hinziehen. Die inneren Muskeln zerfallen auch in zwei gesonderte Gruppen, welche beide in den Septen selbst vorkommen; es sind 1) transversale Querfahnen und 2) vertikale Muskeln. Alle diese Systeme von Muskeln dienen demselben Zwecke: sie besorgen die Be- wegung des Thieres. Am wichtigsten sind dabei die Querfahnen, sie verkürzen den Querdurchmesser des Polypariums, indem sie die late- ralen Theile des Körpers einander nähern; mit der Verkürzung der Querfahnen streckt sich der Körper aus, was einigermaßen von einer Längsausziehung der longitudinalen Muskeln begleitet wird. Die schwä- cheren vertikalen Muskeln der Septen spielen eine untergeordnetere Rolle, eine viel leichtere Arbeit vollbringend: sie dienen dazu, die Saugwarzen vom Boden abzureißen, das ist der erste Akt in der Be- wegung des Polypariums. Bei weiterer Untersuchung der Bewegungs- vorgänge dieses Geschöpfes finden wir Folgendes: das Freiwerden, Abreißen der Saugwarzen geschieht gewiss nicht gleichzeitig der ganzen ‚Länge des Thieres nach, sondern nur an einem bestimmten Theil der ) Kolonie: ob es eine Querreihe von Saugwarzen ist, und also ein Zwi- 'schenfach sammt einem Querfach einnimmt, oder eine bedeutendere Anzahl von solchen Abschnitten kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, 31* 454 A. Korotnefl, obschon ich geneigt bin zu denken, dass es eben nur ein Abschnitt ist, der dabei in Bewegung kommt. Nach der Verkürzung der transversa- len Fahnen und dem Ausziehen der Längsmuskeln werden die vom Boden abgetrennten Saugwarzen weiter geschoben, was gewiss succes-. sive der ganzen Länge des Thieres nach geschieht. Diese Art der Be wegung kann nicht ein Gleiten, das wir bei vielen Actinien beobachten, genannt werden, sondern ein wahres Gehen, da die Saugwarzen als Füße anzusehen sind und bei der Bewegung eine wellenförmige Weiter- schiebung verursachen; da aber die Saugwarzen längs der ganzen Fuß- scheibe zerstreut sind, und in bedeutender Anzahl vorkommen, kann das Gehen in einzelne Akte zerlegt sein. Die wahre taxonomische Stellung für das Polyparium ambulans zu finden ist nicht leicht. Der erste Eindruck, den diese Form bietet, ist etwas ganz Eigenthümliches, etwas, das kaum an eine andere Coelente- ratenform erinnert. Bei einer Zusammenfassung der verschiedenen Merkmale des Polypariums werden wir folgende vier Punkte besonders beachten: A) Abwesenheit der Tentakeln, 2) Vorkommen verschiedener Mundkegel, die in eine gemeinschaftliche Höhle führen, ohne .dabei ein Schlundrohr zu besitzen, 3) scheinbare Abwesenheit von radialen Sep- ten und 4) Vorkommen der ganz eigenthümlichen Scheidewände, die den Körper des Polypariums in Segmente theilen. Um die Verwandtschaft unserer Form mit anderen Polypen zu zei- gen, müssen wir alle diese Besonderheiten der Struktur auf die ge- meinen Merkmale des Polypentypus zurückführen und gleichzeitig sie als bestimmte Resultate einer Veränderung, die aus Noth entstanden sind, ansehen. Wir fangen mit den Tentakeln an; wo müssten diese vorkommen? Gewiss entweder an jeder Mundöffnung, oder am Rande der ganzen Kolonie. Eine Maeandrine erlaubt uns diese Frage zu ent- scheiden; bei dieser Form sehen wir einzelne Polypen, oder besser ge- sagt Mundkegel, wie die des Polypariums, bandartig an der Oberfläche eines kugelförmigen Polypenstockes vertheilt; dabei sind die Mund- kegel in einer Reihe gerade in der Mitte jedes Bandes angebracht. In dieser Weise erinnert jedes Band an ein Polyparium mit dem Unter- schiede, dass die Mundkegel in einer größeren Anzahl bei dem letzten vorkommen. Am wichtigsten ist aber die Vertheilung der Tentakeln bei Maeandrina; diese umgeben nicht jede Mundöffnung, sondern stehen längs dem Rande jedes Bandes. Denken wir uns, dass bei einer ge- wöhnlichen Actinie durch Theilung der Mundöffnungen eine Mehrzahl der letzteren entstanden ist, so werden wir eine bandartige maeandrina- ähnliche Form bekommen, bei welcher die Tentakeln auch am Rande Zwei neue Ooelenteraten. 485 entspringen. Beim Polyparium müssten wir danach Tentakeln am Rande suchen und von hier als verschwunden ansehen; solches Ver- schwinden ist einigermaßen durch eine veränderte Lebensweise zu erklären. Da eine Maeandrine ein festsitzendes Wesen ist, so steht es hinsichtlich der Nahrung in viel weniger vortheilhaften Bedingungen als das Polyparium ambulans, das verhältnismäßig schnell seinen Ort verlassen kann; desswegen sind die Tentakeln der Maeandrina viel nöthiger, als dem Polyparium, obschon die letzten ziemlich rudimentär aussehen. Was die Mundöffnung anbetrifft, so kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass ihre Anzahl nicht auf eine Individualisirung hindeutet, sondern vielmehr auf eine Theilung: die Abwesenheit von Sehlundröhren an jeder Öff- nung verstärkt einigermaßen diese Vermuthung. Eine der- artige vollständige Reduktion der Tentakeln und bedeutende Vermehrung der Mundöffnun- gen hat nicht nur Einfluss auf den äußeren Habitus des Thie- res, sondern greift in die innere Organisation ein. In erster Linie sind hier die Septa zu erwähnen: sie müssen unter solchen Verhältnissen gewiss einer gründlichen Veränderung unterliegen. Dass die Septen des Polyparium homolog den Septen einer einfachen Actinie sein müssen, haben wir schon sehr plausibel gefunden, demungeachtet bleibt ihre abweichende Form ein nicht un- bedeutendes Hindernis. Wenn wir uns das Schlundrohr eines Polypen verschwunden denken, so wird gewiss die Sache mit den Septen ganz anders stehen: sie müssen frei im Inneren der Magenhöhle stehen; ferner können wir annehmen, dass einerseits wegen der Vertheilung der pri- ı mären Mundöffnung in eine Anzahl von sekundären, und andererseits wegen einer außerordentlichen Verlängerung der Kolonie, die radiäre Anordnung der Septen verschwunden, und daher die beim Polyparium ‘ vorhandene als eine regelmäßige anzusehen ist. — Das freie Leben ist dabei auch nicht ohne Einfluss geblieben: für die Leistung der Aufgabe, bestimmte Bewegungen auszuführen, ist der parietobasilare Muskel in den transversalen (transversale Fahne) verändert, dabei mussten korre- Fig. IV. Querschnitt durch Cerianthus. m, Muskeln des Mauerblattes, 486 A. Korotneff, spondirende Septen der gegenüber liegenden Seiten zusammentreffen und sieh in scheidewandähnliche Bildungen verwandeln. In dieser Weise ist der radiäre Typus eines Polypen leicht auf einen bilateralen überzuführen. Um diese Metamorphose sich verständlich zu machen, ist. es am besten den Querschnitt eines Cerianthus vor Augen zu haben. Wenn wir hier die Mundöffnung uns getheilt vorstellen, so werden unbedingt die gegenüber liegenden Septen, die am Grunde der inne- ren Magenhöhle sich bis zum Berühren nähern, gänzlich zusammen- wachsen !. Tubularia parasitica. Mit Fig. 18—22. An demselben Orte, an welchem ich das sonderbare Polyparium ambulans gefunden habe, brachte mir die Dredge aus einer Tiefe von 20 m einst eine gewöhnliche Gorgonie, die einen einstämmigen, ver- zweigten Büschel vorstellte. Groß war mein Erstaunen, als ich am Ende fast eines jeden Zweiges einen Tubulariakopf bemerkte; diese Köpfe ragten aus einem rothen Zweige hervor, ohne sich zusammen- ziehen zu können. Bei näherer Prüfung der Verhältnisse sah ich, dass jeder Gorgonienzweig, der eine Tubularia besaß, wie abgeschnitten und mit einer Öffnung versehen war (Fig. 18), aus welcher der Stiel einer Tubularia sich herausstreckte; dabei ist noch zu erwähnen, dass jeder Gorgonienzweig etwas abweichend in jener Strecke aussah, welche den Tubulariakopf trug: er war etwas dünner, bekam einen leichteren nicht ziegelrothen, sondern orangefarbenen Ton, besaß endlich keine Höcker, welche Ausdrücke der Gorgoniapolypen sind, und war leise am Ende gekrümmt. Im Allgemeinen konnte ich zwei Varietäten leicht unterscheiden: entweder waren es die Hauptzweige, die nach einer dichotomischen Verzweigung Tubularien enthielten (Fig. 20), oder diese Eigenthümlichkeit war besonderen Gorgonienabzweigungen eigen (Fig. 21). Die letzte Varietät war dem Stocke wie angeklebt und sah ganz fremd, parasitisch aus. Die Polypen, welche sonst längs des Stockes sehr dicht, fast ohne Zwischenräume saßen, waren hier sehr spär- lich vertheilt; die Farbe war lichtroth. Mehrere Zweige der Gorgonia, welche ich an verschiedenen Stellen abbrach, haben mir immer ge- zeigt, dass die Achse von einem Tubulariazweige eingenommen war, wie es in der Fig. 22 dargestellt ist; hier sehen wir im Inneren des ! Die Vergleichung eines Cerianthus mit dem Polyparium ist aber um so zu- lässiger, als, wie gezeigt, histologisch diese Formen einander sehr ähnlich zu sein scheinen, dadurch zum Beispiel, dass das Mauerblatt in beiden Fällen Muskel- und Nervenschicht besitzt. Zwei neue Ooelenteraten. 487 Gorgonienstranges den Stiel einer Tubularia eingebettet. Daher können wir mit Recht vermuthen, dass die Tubulariakolonie gleichmäßig mit der Gorgoniakolonie verbreitet ist, oder anders, dass sie ein einstäm- miges Büschel, welches von einer Gorgoniaschicht umkleidet ist, vor- stellt. Eine solche büschelartige Form und Verzweigung würde für unsere Tubularia ganz charakteristisch sein. Die Erscheinung eines solchen Parasitismus oder vielleicht, besser gesagt, der Symbyose einer Gorgonia und Tubularia schien mir so außerordentlich zu sein, dass ich Anfangs dachte, dass ich hier kaum eine Gorgonia vor mir habe, sondern, dass das Ganze einen unbekann- ten Hydroidenstock vorstelle, und um in der Sache sicher zu sein, machte ich durch einen mit Salpetersäure entkalkten Zweig Quer- schnitte, von denen ich einen in der Fig. 19 abgebildet habe. An diesem Schnitte finden wir, dass die Hauptmasse von einem Gorgoniazweige eingenommen ist; drei Gorgoniapolypen sind dabei quergeschnitten; eine hornige, chitinöse Achse besteht hier nicht, an ihrer Stelle kommt eine Höhlung vor, in deren Mitte der Stiel einer Tubularia (Fig. 19 7 vorhanden ist. Der eingebettete Stiel hat den gewöhnlichen Tubularia- typus: es sind hier die weichen Theile und ein Perisark (pe) zu unter- scheiden; das Perisark ist wie gewöhnlich chitinös. Der Kopf der Tubularia selbst hat die gewöhnliche Bildung, kaum irgend etwas Eigenthümliches; er ist von dem Stiele scharf abgesetzt und trägt, wie gewöhnlich, zwei Arten von Tentakeln: große, welche rund um die Äquatorialfläche eingepflanzt sind und kleine, die büschel- ‚ artig die Mundöffnung umgeben. Sexualprodukte sind, wie immer, _ traubenförmig und sitzen im Inneren der äußeren Tentakeln dem Kopfe der Tubularia an; es sind keine Medusen, sondern Actinulae tragende Bläschen. An der Fig. 18 sind diese nicht abgebildet, da sie an den ' Spirituspräparaten, die ich untersuchte, sehr zusammengeschrumpft und deformirt waren. Nun erhebt sich die Frage, in welcher Art die in Rede stehen- den zwei Wesen sich so innig verflochten haben, und wer etwa hier als Parasit anzusehen ist: die Tubularia oder die Gorgonia, und ob die ' Tubularia sich im Inneren der Gorgonia fixirt, oder die Gorgonia eine schon entwickelte Tubulariakolonie umwachsen hat. Um diese Frage zu entscheiden, müssen wir bedenken, dass einer- " seits eine hohle Gorgonie, die keine hornige Achse besitzt, gar nicht selten ist — der Mangel der Achse kann sogar eine Specieseigenthüm- ' liehkeit sein —, und dass andererseits eine einstämmige Tubularie, die ‘ einen verzweigten Büschel bildet, eine wahre Ausnahme ist. Wenn wir uns daher die Frage vorlegen, von welcher Seite hier eine Anpas- 488 A. Korotnefi, sung vorgegangen ist: ob von Seiten der Gorgonia oder der Tubularia, so können wir ohne Zweifel sagen, dass es die Tubularia ist, die durch Anpassung eine ganz ungewöhnliche, der Gorgonia entsprechende, Form bekommen hat: so ist die Gorgonia die Grundform, der Wirth und die Tubularia ein Parasit. — Dann aber erlaubt die Thatsache, dass in der Gorgoniakolonie zwei Variationen der Zweige vorkommen, uns auch einige ziemlich plausible Vermuthungen aufzustellen. Nämlich wäre der ganze Gorgonienstock gleichmäßig einförmig, so dürften wir uns vor- stellen, dass die Tubularia die Grundform sei, die in einem bestimmten Alter (vielleicht als die Kolonie noch ganz klein war) von einer Gorgo- nia, oder besser gesagt, von einem Gorgoniaembryo überfallen wurde; dass dieser Embryo sich dabei auf der Tubularia fixirt und einen Poly- pen gebildet habe, der geknospet, sich ausgebreitet und als Kruste den Wirth mit einem rothen Mantel umkleidet habe. Mit dem Wachsthum der Tubularia wäre auch die Gorgonia gewachsen. Dann aber müssten wir einen ganz gleiehförmigen Gorgoniamantel entstanden finden, und in keiner Weise könnten wir einen Gorgoniabüschel bekommen, an welchem die wie an einem gewöhnlichen Stamme neu entstandenen Zweige (Fig. 21) ganz anders aussehen als der alte Stamm selbst. Dar- aus ergiebt sich, dass hier ein anderer Vorgang gespielt haben muss. Und dann entsteht die Vermuthung, dass im Leben der Gorgonia zwei verschiedene Perioden waren: die erste, als die Gorgonia ganz regel- mäßig wuchs, und die andere, als sie orangefarbene Zweige zu treiben anfıng. Ich glaube, dass in einer Zeit zwischen diesen beiden Perioden eine Tubularia oder wieder ein oder mehrere Embryonen einer solchen eine Gorgonia überfielen. Von diesem Momente an begann die Gorgonia orangefarbene, kränkliche Zweige zu bilden. Die Sache geschieht mög- licherweise so: ein Tubularienembryo fixirt sich entweder am Ende (f) oder an der Seite (s) eines Zweiges. Im ersten Falle bohrt er sich durch den Mantel (vielleicht, was nicht selten vorkommt, vermittels einer aus- geschiedenen Säure) und dringt bis in die innere Achsenhöhle; dann fängt er an auszuwachsen, indem er den Stiel bildet und den tentakel- tragenden Kopf entwickelt; dabei ragt er mehr und mehr aus der ent- standenen Öffnung, und wird endlich von den Rändern derselben um- wachsen, der neugebildete Parasitenmantel hat eine schwächere Färbung und entwickelt viel weniger Polypide. Da ich aber gesehen habe, dass in den Verästelungen der Gorgonia die Tubularia sich auch verästelt, müssen wir vermuthen, dass der Stiel einer Tubularia in der (orgonia, nach unten wachsend, auch an den betreffenden Stellen seitliche Auswüchse treibt, oder dass die Stiele zweier selbständig aus Embryonen entstandenen Tubularien nach innen wachsend sich treffen Fer - . Zwei neue Coelenteraten. 489 und verwachsen, und so einen gemeinsamen Büschel bilden. — Im zweiten Falle, wenn der neue Zweig seitlich am alten Stocke sitzt, kann die Fixirung des Embryo einfach geschehen, ohne dass eine Durch- bohrung des rothen Gorgoniamantels erfolgt. Dann würde eine Um- wachsung der Tubularia von der Gorgonia aus die Vereinigung beider herbeiführen. Villafranca, den 9. Februar 1887. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIII. Fig. —17. Polyparium ambulans. bf, Binnenfach; pz, parasitische Zellen, Dr, Drüsen; Om, Quermuskeln ; e.m, entodermale Muskeln; S, ausgebildete Septen ; em.z, embryonale Zellen; s’, junge Septen;; Lm, Längsmuskeln; sf, Fibrillen der Sinneszellen ; Mg, Magen; st.l, Stützlamelle ; Mk, Mundkegel; st.z, Stützzellen ; M’o', innere Mundöffnung;; st'’z', Zellen der Stützlamelle; Mw, Magenwülste; sz, Sinneszellen ; N, Nematocysten ; i.F, transversale Fahnen ; Nv, Nervenschicht ; Zf, Zwischenfach. Fig. 4. Polyparium ambulans, 2!/, mal vergrößert; die obere Fläche von Mund- kegeln, die untere von Saugnäpfen bedeckt. Fig. 2 und 3. Die zwei lateralen Ränder des Thieres, der eine (Fig. 3) walzen- förmig, der andere (Fig. 3) stumpf abgesetzt. Fig. 4 und 5. Untere Fläche des Thieres mit Saugnäpfen und Falten bedeckt; die letzte Abbildung nach einem in Alkohol konservirten Exemplare gemacht. Fig. 6. Ein Längsschnitt des Polyparium, in dem wir oben Mundkegel und unten Saugnäpfe finden ; Kleine und große Septen. Transversale Fahnen (t.F) stark “ entwickelt. Fig. 7. Derselbe Längsschnitt weniger vergrößert vorgestellt. Die Binnenfächer (B.f) mit den Zwischenfächern (Z.f) auf einander folgend. Fig. 8. Ein Septalstoma. Fig. 9. Ein Saugnapf, an dem man aufgetriebene Ränder und eine knopfartige Erhebung im Inneren findet. Fig. 40. Querschnitt der Wand eines Mundkegels, an em wir alle einer Actinie charakteristischen Schichten: Muskeln, Nerven, fibrilläre Nematocystenschicht etc. vorfinden. Fig. 44. Querschnitt der Mundscheibe, die zwischen den Mundkegeln sich aus- breitet. Die Schichtenfolge ist dieselbe wie in der vorigen Abbildung. 490 A. Korotneff; Zwei neue Ooelenteraten. Fig. 12. Querschnitt der Fußscheibe bei einem Saugnapf, Drüsen (Dr) und Kör- nerschicht. Fig. 43. Die Magenwülste von parasitischen Zellen erfüllt. Fig. 44. Zerzupfungspräparat aus der Mundscheibe, in dem wir Nematocysten, Sinneszellen, Nerven und Muskelschicht unterscheiden. Zu beachten die Verhält- nisse, die unter den Muskeln (m) und den von Nematocysten auslaufenden Fibrillen existiren. Fig. 45. Zerzupfungspräparat der Fußscheibe, an dem man Drüsen und Sinnes- zellen unterscheidet. Fig. 46. Entoderm von parasitischen Zellen erfüllt. Fig, 47. Verschiedene Elemente des Ektoderms, Fig. 18—22, Tubulariaparasitica. 9, Gorgonia; P, Polyp; T, Tubularia; cl, Kalkkörperchen ; pc, Perisark der Tubularia. Fig. 18. Zweig einer Gorgonia mit dem heraussehenden Kopf einer Tubularia. Fig. 19. Querschnitt eines Gorgoniazweiges mit dem im Inneren sich befinden- den Stiel der Tubularia. Fig. 20. Erste Varietät des Tubularia tragenden Zweiges. Fig. 24. Zweite Varietät des Tubularia tragenden Zweiges. Fig. 22. Eine abgebrochene Stelle eines Gorgoniazweiges mit dem eingebet- teten Stiele einer Tubularia. a re ee et FD Ze | | | | | j | Zur Auffassung des Polyparium ambulans (Korotneff). Von E. Ehlers in Göttingen. Das im voranstehenden Aufsatze von Herrn Dr. A. Kororxerr be- schriebene Polyparıium ambulans dürfte meines Erachtens eine ändere Deutung zulassen, als dasselbe hier erhalten hat. Es kann ja misslich erscheinen und beanstandet werden, dass ich über eine zweifelhafte Thierform ohne eigene Anschauung und nur auf Grund der Unter- suchung eines anderen Forschers eine Anschauung mir auszusprechen erlaube; wenn ich dasselbe doch im Einverständnis mit Herrn Koror- NEFF thue, so bestimmt mich dazu der Wunsch, die Aufmerksamkeit nicht nur auf diese interessante Polypenform, sondern auf das Auftre- ten gewisser Thierformen überhaupt zu lenken, die vielleicht eine Ge- meinsamkeit besitzen. Aus der Beschreibung, welche Herr Korornerr vom Polyparium ambulans, besonders von dessen histologischem Bau gegeben hat, geht unzweifelhaft hervor, dass bei allen Eigenthümlichkeiten desselben das Thier zu den Anthozoen zu stellen ist. KoROTNEFF erwartet von einer besseren Kenntnis der Gattung Maeandrina Aufschlüsse über das Polyparium zu erhalten; in seinem Sinne würde eine genauere Unter- suchung der merkwürdigen Ricordea florida (Duch. et Mich.)! viel- leicht noch mehr zum Verständnis beitragen, denn wie sich die Maeandrinen zu den Garyophyllien, so verhält sich nach ihren Be- schreibern die Ricordea florida zu den Actinien überhaupt. Beide Gat- tungen, die skeletterzeugende wie die nur fleischige, haben das Ge- meinsame, dass sie aus einfachen Personen zu Stöcken mit unvollstän- diger Trennung der mehrfachen Personen sich entwickeln. Hier schließt sich Korornerr’s Auffassung von Polyparium ambulans 1 DucuassAing et MicHELoTTI, M&moire sur les coralliaires des Antilles.. Memo- ' rie della r. Accademia delle Scienze di Torino, Ser, II. T, XIX. Torino 1861 Rap. 347. 492 - E. Ehlers, an, in so fern er auch in diesem Thiere eine unvollständige Stockbil- dung sieht. Hier hebt meine abweichende Auffassung an, in so fern ich das Polyparium für eine Person halte. Maeandrina und Ricordea sind Thiere mit mehrfachen Mundöff- nungen, aber neben diesen mit gemeinsamen Tentakelkränzen, eine Erscheinung, für welche wir ja jetzt auch unter den Acalephen analoge Vorkommnisse kennen; und es ist ganz gerechtfertigt, auf eine Mund- öffnung in dem unvollkommenen Stocke eine Person zu beziehen. So fasst auch Korornerr das Polyparium als ein Wesen mit vielfachen Mundöffnungen und dem entsprechend als einen unvollkommen geson- derten Stock. Wir bleiben bei seiner Auffassung stehen, wenn wir diesem Wesen neben dem Besitz vielfacher Mundöffnungen Tentakeln absprechen. Damit steht das Thier im Kreise der Verwandten, und auch der Maeandrina gegenüber, ganz vereinzelt. Meiner Ansicht nach ist das Polyparium ein tentakeltragendes aber mundloses Einzelthier. Diese abweichende Anschauung beruht darauf, dass ich die Auffassung Korornerr's nicht zu theilen vermag, in den auf der Spitze geöffneten Kegeln, welche auf der Oberfläche des Polypa- rium stehen, Mundkegel mit Mundöffnungen zu sehen. Wohl weiß ich, dass bei anthozoen Polypenstöcken in polymorphischer Gestaltung ten- takellose Personen auftreten, die fast zu einfachen Poren herabsinken können; allein eine solche Auffassung auf die genannten Erhebungen der Oberfläche des Polyparium zu übertragen scheint mir nicht zuläs- sig gegenüber der Stellung, welche diese Gebilde zu den im Gastral- raume des Polyparium durch Septen getrennten Binnenräumen ein- nehmen. Ich betrachte diese Kegel vielmehr als Tentakel, welche an der Spitze je eine große Öffnung tragen, und spreche dem Polyparium Mundöffnung, Magenrohr und centralen Gastralraum ab. Doch soll dieser Mangel einer Mundöffnung nur im morphologischen Sinne aus- gedrückt sein, da ich keine Veranlassung habe, in Abrede zu stellen, dass möglicherweise die Öffnungen auf der Spitze der Tentakel bei diesem Thiere Einlassöffnungen, Mundöffnungen sein können. Kennen wir doch seit den Untersuchungen R. Herrwıg’s! in den verschiedenen Gruppen der Malacodermata, bei den Hexactinien und bei den Parac- tinien, eine gleichförmige Reduktion der Tentakel, so dass diese Ge- bilde bei den Liponemiden (Polystomidium und Polysiphonium), den Sieyoniden (Sieyouis) und den Polyopiden (Polyopis) in solcher Weise umgestaltet und auf der Spitze weit geöffnet sind, dass sie ganz an die »Mundkegel« des Polyparium ambulans erinnern; und ist doch i Rıcuarp HeErTwig, Report on the Actinaria. Report on the scientific results of the voyage of H.M. S. Challenger. Zoology. Vol. VI. 1882, p. 63, 97. 104, Zur Auffassung des Polyparinm ambulans (Korotneff). 493 R. Herrwıs auch durchaus geneigt, eine Nahrungsaufnahme durch diese weiten endständigen Öffnungen an den Tentakeln eintreten zu lassen. Sind aber diese »Mundkegel« des Polyparıum ambulans Tentakel, so wird deren Stellung zu dem durch Septen gekammerten Binnen- raume des Thieres, zu den »Binnenfächern« sich als den normalen Ver- _ hältnissen einer Actinide entsprechend erweisen lassen, sobald wir die Deutung des Polyparium als einer mundlosen Actinide zulassen und im Besonderen ausführen. Dann aber entsteht die Doppelfrage, an welche Stelle des Polypa- rium etwa der in Wegfall gekommene Mund und die an ihn an- schließenden Theile zu versetzen, und auf welche Vorgänge etwa eine solehe Lipostomie, wie das Verhältnis in Hinblick auf analoge Vor- kommnisse bei den Spongien bezeichnet werden könnte, zurückzu- führen sei. Nun könnte man die Annahme machen, eine solche Mundlosigkeit sei in der allerfrühesten Zeit des Larvenlebens erfolgt, so dass ohne die Bildung eines Mundrohres und damit zusammenfallenden centralen Gastralraumes die zuerst gebildeten Septen einander entgegen und dann verwachsen, auf solche Weise aber eine an Zahl stets zunehmende Reihe von quer durchkammernden Scheidewänden entstanden sei; den Ort für den nicht zur Bildung gelangten Mund würde eine solche Auf- 'fassung wohl auf die obere Fläche und in die Medianlinie des band- ' förmigen Körpers verlegen. Gegen eine solche Annahme spricht nun aber eine Bildung in der Körperform des Polyparium, die vielmehr auf eine andere Deutung ‘und andere Vorgänge hinweist. Das ist die von Kororns#rr allerdings ‚ beschriebene, aber in ihrer Besonderheit nicht weiter gewürdigte Ge- ‚staltung des Polyparıum. Denn wenn die quere, durch Polypensepten erzeugte Kammerung des bandförmigen Leibes als eine höchst ab- weichende Bildung erscheint, so wird dieselbe um so auffälliger noch dadurch, dass die beiden langen Seitenränder des Polyparium so un- gleich gestaltet sind, dass dieselben nicht wohl auf den gleichförmigen Umfang einer in die Länge gestreckten Actinie oder Koralle zurückge- führt werden können. Und diese Unterschiede zwischen einem abge- rundeten und einem gesäumten Längsrande setzen sich auf die obere, die »Mundkegel« tragende Fläche in so weit fort, als dieselben neben dem zuletzt genannten Rande dicht gedrängt palissadenartig, neben dem ersten aber vereinzelt stehen. Diese Asymmetrie des Polyparium ‚giebt meines Erachtens einen Fingerzeig für die Ableitung dieser eigen- ‚artigen Thierform. Ich stelle mir danach vor, es sei dieser mundlose Polyp dadurch 494 E. Ehlers, entstanden, dass eine typisch gestaltete Actinide mit centralem Munde und vollem Tentakelkranze zu irgend einer Zeit in noch weiter zu er- örternder Weise eine Theilung erfahren habe, durch welche am Seiten- umfange der Mundöffnung ein Stück des Polypenkörpers abgetrennt wurde; vielleicht fand der Vorgang an einer solchen Form statt, in welcher zwischen den beiden Richtungsfächern ein langer spaltförmiger Mund stand, und dann zwar parallel zu dessen Längsdurchmesser. Er- folgte nun nach einem derartigen Trennungsvorgange eine Verwachsung der Ränder der Bruchfläche, so ergab das die Form eines Polypen ohne centralen Gastralraum, mit einem von Septen quer gekammerten Binnenraum, und zugleich mit zwei ungleichen Randstrecken, von welchen die eine ursprünglich adoral war, die andere dagegen aboral und ein Abschnitt des anfänglichen Mauerblattes. Vermuthlich wäre derjenige Rand des Polyparium, an welchem die Tentakel, »Mund- 'kegel«, dicht gedrängt stehen, der letztgenannten Strecke gleich zu setzen. Neben den seit DaryeıL! bekannten Vorgängen, dass von dem Körper einer Actinie Theilstücke sich ablösen und zu jungen Actinien auswachsen, kennen wir bei Polypen mit und ohne Harttheile spon- tane Theilungsvorgänge und solche, die durch äußere Eingriffe herbei- geführt werden, und haben Anlass zu der Meinung, dass spontane Ablö- sungen durch äußere Eingriffe herbeigeführt oder beschleunigt werden. Den spontanen, in drei Stunden ablaufenden Theilungsvorgang einer Anthea cereus hat Brenner? beschrieben; dieser Vorgang steht etwas an- ders da, als diejenigen, in welchen der meist unvollkommenen Theilung die Anlage neuer Organe, wie einer Mundöffnung, voraufgeht. LacAzE- Durniers? bekam Garyophyllien, welche beim Einsammeln der Länge nach gespalten waren, und erhielt sie in diesem Zustande zwei Monate am Leben; die eigenthümlichsten Theilungsvorgänge von Korallen hat Semper * aus der Gattung Diaseris beschrieben und meint, dass hier der Zerfall der gelappten Formen durch äußere Eingriffe begünstigt werden möchte. Ob in den beiden ersten Fällen die spontan entstandenen oder künstlich erzeugten Theilstücke zu regeneriren im Stande sind, weiß 1 J.G. DıLyELL, Rare and remarkable animals of Scotland. Vol, II. 4848. p. 232. 2 BEnnET, On a mode of fissiparous reproduction observed in Anthea cereus. Proceedings of the natural history society of Dublin. Vol. IV. 4864. p. 208—212. 3 LacAzE-DuTHıERrs, Observations sur la deglutition et la vitalit& des Caryo- phyllies de Smith et Balanophyllie royale. Archives de Zoologie experimentale. T. VI. 1877. p. 382. 4 C. Semper, Über Generationswechsel bei Steinkorallen. Diese Zeitschrift. Bd. XXI. 1872. p. 269. — —. Zur Auffassung des Polyparium ambulans (Korotnefl). 495 ich nicht anzugeben; die von Benner beobachteten, aus spontaner Thei- lung hervorgegangenen Stücke schienen ihre Wundflächen vollständig geschlossen zu haben; ob eine Verheilung derselben erfolgte, ist durch anatomische Untersuchung nicht festgestellt; Experimente, welche ich in dieser Richtung früher an Actinien in Aquarien angestellt habe, waren ergebnislos. Dass wie in dem von Lacaze-Duruiers beschrie- benen Falle getheilte Polypen lange am Leben bleiben, fällt mit der ja hinlänglich bekannten Lebenszähigkeit vieler dieser Thiere zusammen. Näher an den uns interessirenden Fall des Polyparıium ambulans rücken die von Semper ! mitgetheilten Beobachtungen, zumal die an einer Fungia, wie sie auf Taf. XXI, Fig. 4 von ihm abgebildet ist. Hier ist durch von außen wirkende Gewalt das Theilstück einer Fungia aus der Verbindung mit der Gesammtheit abgetrennt und ausgelöst, ein Theil- stück mit quer stehenden Septen, wohl zu vergleichen dem Polypa- rıium ambulans mit queren Scheidewänden. An den Rändern dieses Bruchstückes regenerirt sich mit Bildung neuer Mundöffnungen das lebenszähe Thier. Solchen Vorkommnissen gegenüber würde das Theilstück eines Polypen ohne Mundöffnung wohl um so eher »mundlos« bleiben und die Bruchstelle durch Narbenbildung schließen können, wenn die an ihm erhaltenen weit geöffneten Tentakeln eine Nahrungsaufnahme er- ‚ möglichen; ja eine solche Form würde unter gewissen, gleich näher zu erwähnenden Verhältnissen, bei ausgiebiger Ernährung in einen Wachsthumsvorgang eintreten, wie er von Korornerr für das Polypa- ‚ riam ambulans angenommen wird, und dann die Bandform mehr und ‚ mehr ausgestalten. Was aber wäre als Ausgangsform anzusehen, von welchem das | Polyparium ambulans abstammen könnte? Harttheile bildende Polypen dürfen dabei, trotz Lacaze-Durnmrs’? Erfahrungen über das von einem ‚ Garyophyllienstock sich ablösende actinienartige Lebewesen, wohl außer ) Betracht bleiben. Solche Bildungen, wie die auf dem Fußblatte stehen- - den Saugnäpfe, welche die Bewegung ausführen, oder die transversa- len Muskelfahnen sind meines Wissens von keiner malacodermen Form ' bekannt. Anzunehmen, dass diese Bildungen sich im Polyparium ambu- lans unter den besonderen Lebensverhältnissen desselben entwickelt hätten, ist ein bequemes Mittel den Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, welche zur Zeit vielleicht nur durch unsere unzulänglichen A| Kenntnisse der Actinienformen uns erwachsen. Dagegen geben die von mir als weit geöffnete Tentakel gedeuteten la.a.0. 2 a.a.0.p. 382. 496 | Eu Rhlers, Mundkegel einen wohl zu verwendenden Hinweis auf die von R. Herr- wis beschriebenen Sieyoniden, Liponemiden und Polyopiden. Und nun erweisen sich alle diese Thiere, ohne nähere Verwandtschaft zu ein- ander zu besitzen, als Bewohner der Tiefsee. Sollten die » Mundkegel« des Polyparium ambulans etwa darauf hinweisen, dass der Ausgangs- punkt für die Entwicklung desselben in einer Actinienform der Tiefsee zu suchen sei? Dann aber lässt sich die vorhin schon gestreifte Frage nicht ab- weisen, ob das Polyparium ambulans als ein in regelmäßiger Ent- wicklung entstandenes Thier zu betrachten, oder ob es zu solchen, zur Zeit allerdings nur unvollkommen bekannten Thieren zu stellen sei, welche unter dem Einflusse äußerer Verhältnisse in eine außerhalb der Regelmäßigkeit liegende Bahn gebracht sind und in dieser sich weiter entwickelt haben. Paranomal! entwickelte Thiere möchte ich solche nennen, gegenüber den regelmäßig, eunomal entwickelten. Oder anders ausgedrückt, ist das Polyparıum ambulans eine phylogenetisch entwickelte und irgend einmal durch geschlechtliche Vorgänge sich fortpflanzende Art, oder haben wir in ihm eine durch Einwirkung äußerer Verhältnisse in jedem Einzelfalle vom Typischen abweichende Form vor uns, welche entweder als solche jedes Mal ausstirbt oder vielleicht durch ungeschlechtliche Fortpflanzung gleichartige Wesen zu erzeugen vermag. Diesen letzten Fall möchte ich an den Schluss dieser spekulativen Betrachtungen heranziehen, und deute danach das Polyparium ambu- lans als ein durch äußere Eingriffe, mag das etwa der Biss eines Fisches oder das Abkneipen durch eine Krebsschere sein, von einer vielleicht der Tiefsee angehörenden Actinienform abgespaltenes Theilstück, wel- ches vom ursprünglichen Standort in Flachwasser verschlagen ist, hier im thierreichen Meere ausgiebiges Ernährungsmaterial vorfindet und daraus mit den Mundkegeln so reichlich für seine Ernährung aufnehmen kann, dass es nicht nur die anfängliche Bruchstelle zur Vernarbung und Ausheilung bringt, sondern zu der Bandform mehr und mehr aus- wächst. Dabei mögen die Besonderheiten der transversalen Muskulatur | und des Bewegungsapparates von der uns unbekannten Ausgangsform mit übernommen sein. Für die auf dem Fußblatt vorhandene Dreithei- lung habe ich keine Deutung. Eine solche Auslegung schließt sich, wie man sieht, in gewisser Weise an jene Auffassung an, welche Güntser? von den Leptocephali- den gegeben hat. Zufällige, aber immer wieder auftretende Ereignisse I napa-vouos, 0. ? GÜNTHER, An Introduction to the Study of Fishes. Edinburg 1880. p. 181. Zur Auffassung des Polyparium ambulans (Korotneff‘). 497 entführen Eier oder junge Brut von Fischen, welche im Küstenwasser laichen, in pelagische Gebiete oder Strömungen, und hier erfolgt unter ungewöhnlichen Existenzbedingungen die Entwicklung dieser eigen- thümlichen Fischformen, welche durch den Besitz einer Gallertmasse um die Wirbelsäule von den übrigen Fischen wohl eben so weit ab- weichen, als Polyparium ambulans von normal gestalteten Malacoder- men. Die paranomal sich entwickelnden Leptocephaliden sind als solche zur Fortpflanzung unfähig; nur die stete Wiederkehr gleicher Verhält- nisse ruft diese Wesen ins Leben. Vielleicht sind in ähnlicher Weise auch jene Thiere zu deuten, welche in neuerer Zeit ausschließlich als Insassen von Aquarien be- kannt geworden. Ich erinnere an Trichoplax adhaerens (Fr. E. Sch.) t; vielleicht kann auch der eigenthümliche CGtenodrilus monostylos (Gr. Zppl.)? hier angezogen werden. Sind auch das paranomal entwickelte Thiere, so weichen sie von den Helmichthyiden durch den Besitz der Fortpflanzungsfähigkeit ab; aber sie sind allerdings, so weit bis jetzt bekannt, nur zu ungeschlechtlicher Fortpflanzung befähigt; der Aus- gangspunkt des Trichoplax ist ja völlig unbekannt, für Ctenodrilus monostylos liegt er nahe. Auch an die Protohydra Leuckarti (R. Gr.) könnte man denken und annehmen, dass diese, von der wir nur un- geschlechtliche Fortpflanzung kennen, an ihrem Fundorte, den Austern- parks Ostendes, sich unter Verhältnissen, die denen eines Aquariums nahe kommen, zu ihrer Eigenart ausbildete, wenn nicht durch Reın- marp> das Vorkommen dieses Thieres auch im schwarzen Meere, allein ohne Bezeichnung der besonderen Umstände, erwähnt wäre. Ich ziehe diese Thiere auch desshalb mit heran, weil nach seiner Organisation auch das Polyparıum ambulans die Annahme einer ungeschlechtlichen Fortpflanzung gestatten würde, Geschlechtsprodukte aber trotz der an- sehnlichen Körpergröße in ihm nicht gefunden sind. Nach alle dem komme ich also zu der Deutung, dass Polyparium ambulans ein mundloses Einzelthier sei, welches, vielleicht durch äußere Eingriffe, von einer einmündigen, mit weit geöffneten rück- gebildeten Tentakeln versehenen Actinie abgelöst ist, und knüpfe dar- an die fernere Vermuthung, dass dieses Thier in paranomaler Ent- wieklung unter den Verhältnissen des Lebens im Flachwasser zu der 1 Fr. Eırn. Schurze, Trichoplax adhaerens. Zool. Anz. Jahrg. VI. Nr. 132. 1883. p. 92. 2 Max GrAr ZEPPELIN, Über den Bau und die Theilungsvorgänge des Ctenodrilos monostylos n. sp. Diese Zeitschr. Bd. XXXIX. p. 615. 3 W. REınHARD, Über Echinoderes und Desmoscolex der Umgegend von Odessa. Zool, Anz. Jahrg. IV. Nr. 97. 4881. p. 592. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV.Bd. 39 498 E. Ehlers, Zur Auffassung des Polyparium ambulans (Korotneff). Bandform ausgewachsen und als solches zu ungeschlechtlicher Fort- pflanzung, etwa durch Theilung, befähigt sein möge. Dies Gebäude von Spekulationen fällt vielleicht zusammen, so- bald das Thier, welches dazu Veranlassung gegeben hat, genauer als zur Zeit durch weitere Untersuchungen, welche unter anderen auch die Endfächer des Körpers zu prüfen haben werden, bekannt sein wird. Mein Zweck ist erreicht, wenn die Aufmerksamkeit der Forscher durch diese Blätter nicht nur auf dieses von Korornerr gefundene Thier, son- dern auch auf die näher zu prüfenden Vorgänge dessen, was ich als paranomale Entwicklung bezeichne, hingelenkt wird. Göttingen, im Februar 1887. Giebt es Orthoneuren® von Dr. H. von Ihering. Mit Tafel XXIV und 3 Holzschnitten. Als ich vor etwa zehn Jahren meine Monographie über das Nerven- system der Mollusken ! veröffentlichte, war es nicht meine Absicht, damit eine größere Reihe möglichst genauer Einzeluntersuchungen zu liefern, sondern vielmehr die, durch Ausdehnung der Untersuchung auf eine große Menge der verschiedensten Gattungen einen Überblick zu gewinnen über die Homologien der Centralorgane des Nervensystems und zugleich durch Berücksichtigung der gesammten einschlägigen Litteratur ein zeitweilig abschließendes Werk zu schaffen, das den ferneren Untersuchungen als Basis zu dienen vermöchte. Vieles von den wesentlicheren Ergebnissen, wie meine Deutung des Gephalopo- den-Nervensystems, die Existenz und das Verhalten der drei Schlund- kommissuren bei den Nudibranchien, die Begründung der Amphineuren, die Strickleitersysteme zwischen den primären Pedalnerven der Zeugo- branchien u. a. mehr ist vielfach bestätigt und mehr oder minder all- gemein angenommen worden. In anderen Punkten ist meine Darstellung auf wesentlichen Wider- spruch gestoßen. Ich konnte das auch aus vielen Gründen nicht anders erwarten. Schon die oben erwähnte Ausdehnung der Untersuchung über ein so großes Gebiet schloss jene Genauigkeit im Einzelnen aus, wie sie derjenige sich zur Aufgabe machen muss, welcher an einer enger begrenzten Gruppe oder wenigen Arten Specialstudien anstellt. Dazu kam der Umstand, dass ich Anfangs, durch günstige Erfahrungen an Nudibranchien verleitet, gern an frischen Thieren arbeitete, wäh- rend doch wohl gut konservirte in weitaus den meisten Fällen zweck- ! H.v. Inerıng, Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken. Leipzig 1876. Ba 500 H. von Ihering, mäßiger sind. Endlich stand mir oft nur unzureichendes Material zur Verfügung, so dass eine abschließende Untersuchung unmöglich war. So ist es klar, dass sehr vielfach Ergänzungen oder Berichtigungen zu meiner Darstellung unausbleiblich waren. Zum Theil gab ich solche selbst schon bald nachher in einer Abhandlung über das Nervensystem der Amphineuren und Arthrocochliden, weitere folgten in Spenger's ! Abhandlung über das Geruchsorgan der Mollusken und in einigen Ab- handlungen des Grafen B. v. Harzer ?, welche mir zwar durch Güte des Herrn Verfassers zugesagt, aber bis jetzt nicht zugekommen sind, so dass ich nur aus dem zoologischen Jahresberichte über die wesentlicheren Resultate unterrichtet bin. Die letztgenannten beiden Forscher nun haben sich durch ver- kehrte Deutung ergänzender Beobachtungen zu einer völlig verfehlten Anschauung verleiten lassen, zu derjenigen, dass es überhaupt keine Orthoneuren gebe. Ich hatte den Nachweis zu führen ge- sucht, dass die Visceralkommissur bei den Cochliden 3 oder Prosobran- chien sehr wesentliche Unterschiede aufweise, welche so wichtig seien, dass sie auch zur systematischen Scheidung der bisher nur nach der Radula in einigermaßen natürliche Untergruppen zerlegten Klasse die- nen könnten. Bei der einen ist die Visceralkommissur ein einfacher unter dem Vorderdarm hinziehender Bogen mit oder ohne Einlagerung von Ganglien. Die rechts entspringenden Nerven gehen in die rechte, die links entstehenden in die linke Körperhälfte. Eine Ausnahme da- von macht nur der Kiemennerv, welcher stets rechts entspringt, aber oft wegen Verschiebung der Kieme in die linke Seite der Athemhöhle sich nach links wendet. Die mit solcher Visceralkommissur versehenen Schnecken nannte ich Orthoneuren. Im Gegensatze dazu nannte ich Chiastoneuren jene, bei welchen die rechts entspringende Hälfte der Visceralkommissur über die Eingeweidemasse nach links hin verscho- ben ist, und dieselbe somit eine Achterfigur bildet, wobei ein in der nach links verschobenen Hälfte eingelagertes Supraintestinalganglion Nerven nach links, dagegen ein in der nach rechts verschobenen Hälfte einge- lagertes Subintestinalganglion Nerven nach rechts entsendet. Wenn man diese Nerven durchschneidet und die verdrehte Visceralkommis- sur in natürlicher Weise als einfache Schlinge anordnet, so bemerkt 1 J. W. SpEnGEL, Die Geruchsorgane und das Nervensystem der Mollusken. Diese Zeitschr. Bd. XXXV. 4884. p. 333—383. 2 B. v. Harrer, Zur Kenntnis der Muriciden. Denkschr. der k. Akademie der Wissensch. zu Wien. Bd. XLV. 1882. 2. Abth. p. 87—106 und Untersuchungen über marine Rhipidoglossen. I. Morphol. Jahrb. Bd. IX. 1883. p. 1—98. 3 Arthrocochliden mihi olim. Giebt es Orthoneuren ? 501 man, dass sie auf dem Boden der Leibeshöhle liegt, also unter dem Darme. Sie bildet mit ihrer Fortsetzung zum Cerebralganglion mithin einen echten Schlundring, wie der pedale und der buccale. Dadurch nun, dass bei den Orthoneuren der Kiemennerv nach links hin zieht, entsteht der Anschein, als ob auch hier eine Drehung der Visceralkommissur stattgefunden hätte, zumal auch nach Spenekr’s und Harrer’s Befund das Kiemenganglion mit dem Genitalnerven oder einem in dasselbe eingelagerten Ganglion in Verbindung steht. Hier- durch aber haben beide Forscher sich verleiten lassen, diese Anasto- mose als eine gedrehte Visceralkommissur zu deuten. Ich habe diese gedrehte Visceralkommissur, wie ich im Folgenden zeige, auch bei der einzigen Orthoneure wieder gefunden, die mir gegenwärtig zur ge- nauen Nachprüfung zur Verfügung steht, bei Ampullaria, allein dabei konstatirt, dass selbe sich dorsal vom Darme schließt. Es handelt sich also nicht um eine Visceralkommissur, welche stets unter- halb des Darmes die beiden Kommissuralganglien (Pleuralganglien ! Spenger’s) verbindet, sondern um eine einfache Anastomose, wie deren so viele im peripherischen Nervensystem vorkommen, und welche ich im Folgenden als Ansa visceralis bezeichnen will. Auch ohne diese Verwechslung von visceraler Ansa und Kommis- sur hätten Sprenger und Harrer davor bewahrt bleiben müssen die von mir präcisirten Differenzen zwischen Orthoneuren und Chiastoneuren zu verkennen, denn wenn sie die Ansa für eine Visceralkommissur hielten, so hätten sie damit für die Orthoneuren zwei Visceralkommis- suren konstatirt, eine gerade und eine gedrehte, während die Chiasto- neuren lediglich die gedrehte besitzen. Zwar meint HaLLer im Gegen- satze zu meiner und Spenser’s Darstellung, dass die gerade oder Ortho-Visceralkommissur von Gassidaria nur eine scheinbare sei, indem die rechte Hälfte derselben sich dem Abdominalganglion nur anlege, doch bin ich überzeugt, dass bei genauerer Nachprüfung diese Angabe sich nicht bestätigen wird. Neuerdings ersah ich aus einer interessanten Studie, welche Pro- 1 SpENGEL meint für das Kommissuralganglion eine neue Bezeichnung einführen zu müssen, weil die bestehenden sich keines » allgemeinen Beifalles« zu erfreuen gehabt hätten, führt aber später meine Bezeichnung als synonym an. Natürlich hat meine Bezeichnung den Vorrang, denn es liegt kein Grund vor in zoologisch-mor- phologischen Arbeiten die Prioritätsregeln ohne Noth bei Seite zu schieben, welche in der Zoologie anerkannt sind. Die willkürliche Umänderung bestehender Namen geht von den Verfassern der neueren Lehrbücher über menschliche Anatomie aus, welche ohne Grund Namen, die Hunderte, fast Tausende von Jahren in der ganzen gebildeten Welt jedem Arzt verständlich waren, bei Seite schoben, Lassen wir in der Zoologie solchen Missbrauch nicht auch einreißen, 502 H. von Ihering, fessor BürsenLi! die Güte hatte mir zu übersenden, dass derselbe die Unhaltbarkeit der Orthoneuren auf Grund der Darstellung der genann- ten Gelehrten für ausgemacht hält. Bürsenzı bemerkte hierin über Ampvullaria (p. 220): es seien »genauere Feststellungen über ihr Nerven- system recht wünschenswerth. Die Darstellung, welche Inerıns von demselben giebt, ist ohne Zweifel unvollständig, da die eigentliche Visceralkommissur gar nicht verfolgt wurde«. An der Unvollständig- keit meiner früheren Darstellung hegte ich, da mir nur ein einziges schlecht konservirtes Exemplar zur Verfügung gestanden hatte, eben so wenig Zweifel, als an der Grundlosigkeit der weiteren Annahme, da meine bezügliche Zeichnung die echte ungedrehte Visceralkommissur aufs deutlichste angab. Da aber Ampullaria hier nicht selten ist, so folgte ich doch mit Vergnüngen dem Winke Bürscaur's, zumal mir an diesen großen und in genügender Menge beschaflbaren Schnecken es leicht möglich sein musste, volle Sicherheit zu gewinnen. Herr Pro- fessor BürscuLı wird sich aus der folgenden Schilderung überzeugen, dass das, was er mit Spenge und Haırer als »die eigentliche Visceral- kommissur« deutet, gar keine Visceralkommissur ist, sondern eine dor- sal vom Darm geschlossene Ansa. Darüber aber, dass eine solche mit der stets ventral vom Darm gelegenen Visceralkommissur nicht zu ver- wechseln ist, weiß ich mich mit Bürscaui einer Meinung. Er hat (p. 205) mit vollem Recht gegen Spenger’s Versuch protestirt, die über dem After zusammenhängenden primären Pallialnerven von Chiton mit der Viseeralkommissur der Cochliden zu vergleichen, die ja ventral vom Darme liegt. Zum Verständnisse des Folgenden seien einige orientirende Be- merkungen über Ampullaria canaliculata vorausgeschickt, und sei da- bei auf unsere Fig. I verwiesen. In derselben ist das Thier dargestellt mit völlig geöffneter Lunge. Diese entsteht durch Auseinandertreten der Wandung des dorsalen Theiles der Kiemenhöhle, der hier, wie bei vielen anderen verwandten Schnecken, außen schwarz pigmentirt ist. Die Lunge besitzt ein reiches Netz von Blutgefäßen, und in ihrer linken Hälfte ist das große trichterförmig nach innen eingestülpte Pneumo- stom sichtbar. Schneidet man die Decke der Kiemenhöhle in der Medianlinie auf, so gewahrt man an der rechten Hälfte derselben die große Kieme, deren dreieckige Blätter mit ihrer Basis an der Decke der Kiemenhöhle festsitzen, wogegen die Spitze frei in die Höhle hinein- hängt. Über dem rechten Fühler bemerkt man schon am uneröffneten 1 0. BürscnLı, Bemerkungen über die wahrscheinliche Herleitung der Asym- metrie der Gastropoden, spec. der Asymmetrie im Nervensystem der Prosobran- chiaten. Morphol. Jahrb. Bd. XII. 4886 p. 202—221. Giebt es Orthoneuren ? 503 Thier die etwas hervorragende Spitze der Kieme. Diese ist groß und mächtig entwickelt, wogegen vermuthlich bei nur wenigen Arten die Lunge so klein sein dürfte wie bei unserer Species. Bei Ampullaria ovata wenigstens fand ich die Athemhöhle sehr viel größer und, wenn ich meine Notizen recht deute, die (rechte) Kieme rudimentär. Im linken Theile der Kiemenhöhle liegt, und zwar gleichfalls noch an der Decke der Kiemenhöhle, das zweifiederige Organ, welches ich früher als rudimentäre Kieme bezeichnete, Sprenger als Geruchsorgan deutete. Ob letztere Deutung richtig ist, kann wohl nur das Experi- ment lehren. Spenser’s Meinung, dasselbe liege immer dicht an der Kieme, damit deren Athemwasser über das Geruchsorgan hinstreiche, trifft hier nicht zu, doch stellt Ampullaria allerdings nur eine Ausnahme von dem gewöhnlichen Verhalten dar. Ich habe dieses Organ außer bei Ampullaria auch bei einer Anzahl anderer Arthrocochliden unter- sucht und muss Spenser darin beistimmen, dass dasselbe unbedingt ein Sinnesorgan sein muss, wegen der großen mächtigen Nervenstämme, die es überall erhält. Dagegen ist Sreneer’s Annahme, dass das von Lacaze-Duruiers entdeckte, durch eine blindsackartige Einstülpung des Epithels gebildete Sinnesorgan der Limnaeen mit diesem kiemenartigen Organe der Arthrocochliden, das ich Pseudobranchie nennen werde, homolog sei, eine durch nichts bewiesene Voraussetzung. Im Gegen- satze zu dem Lacaze’schen Organe ist die Pseudobranchie stets durch eine dieke Leiste gebildet, ein Septum, welchem seitlich links wie rechts zahlreiche Fiederblättchen ansitzen. Ein solches Organ kennt man bisher nur von den Azygobranchien, denn Spenser’s Versuch, »ein im Leben durch braunes Pigment ausgezeichnetes ovales Knötchen « bei den Zeugobranchien als Homologon der Pseudobranchie vorzuführen, ist eine Ansicht, welche durch nichts erwiesen wird. Dem gegenüber muss doch wohl meine Hypothese, dass die Pseudobranchie mit einer der Kiemen der Zeugobranchien homolog sei, mit der sie in der Zu- sammensetzung aus Septum und Fiederblättchen übereinstimmt, weit eher diskutirbar erscheinen. Ich stellte mir das Verhältnis so vor, dass aus den mit paarigen zweifiederigen Kiemen versehenen Zeugobran- chien die Verhältnisse der Azygobranchien in der Weise hervorge- gangen seien, dass die eine (linke) Kieme rudimentär geworden, dabei aber zweifiederig geblieben sei, die andere aber, die ursprünglich rechte, nach links hin translocirt sei, wobei sich das Septum der Decke der Kiemenhöhle anlegte, so dass die Kieme einfiederig wurde. Letztere Auffassung hat auch Spenerr acceptirt, wogegen er der Pseudobranchie jede Beziehung zu Kiemen abspricht. Dass ich mit Spenerı die Pseudo- branchie jetzt als Sinnesorgan ansehe, hob ich schon hervor, allein das 504 H. von Ihering, schließt nieht im mindesten meine Ansicht aus, wonach sich diese Pseudobranchie aus einer zweifiederigen Kieme, und zwar der linken, durch stärkere Entwicklung des Innervationsapparates und Redueirung der Athemgefäße entwickelt habe. Sehen wir uns die Kiemenhöhle von Haliotis an, so treffen wir darin drei kiemenähnliche Organe, eine aus parallelen in die Kiemen- höhle gerichteten Querfalten bestehende Schleimdrüse und zwei zwei- fiederige Kiemen. Bei der Mehrzahl der Azygobranchien findet man dieselbe Schleimdrüse wieder und außerdem zwei kiemenartige Or- gane, eine echte aber einfiederige Kieme und eine zweifiederige Pseudo- branchie, die lediglich auf eine zweifiederige Kieme zurückgeführt werden kann, sobald man eben die Verhältnisse der Paar- und Unpaar- kiemer vergleichen will. Es spricht jedenfalls für meine Auffassung, dass die in diesem Falle von rechts nach links translocirte einfiederige Kieme bei den Orthoneuren stets vom rechten Kommissuralganglion innervirt wird. Bei Ampullaria aber liegt diese Kieme geradezu nach rechts, so dass auch ihre Innervirung von rechts her nur natürlich er- scheint. Eine Schleimdrüse fehlt bei Ampullaria. Da man bei anderen Gattungen diese Kieme ganz links neben der Pseudobranchie antrifft, während der Kiemennerv nach wie vor von rechts kommt, so darf diese von mir angenommene Transloeirung der Kieme nach links als un- zweifelhafte Thatsache gelten. Übergangsformen zwischen Paar- und Unpaarkiemern sind bis jetzt nicht sicher bekannt, und ist diese Frage überhaupt, so lange nicht sehr ausgedehnte Untersuchungen vorliegen, wobei besonders auch die Neritiden und Trochiden in zahlreichen, den verschiedensten Gattungen und Arten angehörigen Vertretern unter- sucht werden müssen, noch als unvollkommen offene zu betrachten. Bei einigen von mir untersuchten Trochiden traf ich nur eine Kieme an, welche zweifiederig ist und links liegt. Die rechte fehlt voll- kommen, wenigstens vermag ich Harrer’s Ansicht nicht zu theilen, dass einige netzartige Falten nach rechts vom Rectum gelegen als Reste dieser Kieme zu deuten seien. Diese Kieme entspricht sicher der lin- ken Kieme von Fissurella. Den Anhalt hierzu bietet der Bau der Kiemenblätter. In Fig. 4 bildete ich ein solches von Trochus ab. An der dem Reetum abgewandten oder äußeren Seite hat jedes Blatt am freien Rande einen stärkeren Gefäßstamm, so wie einen starken Nerven und diesen Randstreifen werde ich im Folgenden Limbus nennen. Die übrige Fläche des Blattes trägt feine Querlamellen. Der freie Rand des Limbus trägt unten nahe der Basis eine kleine knopfförmige Anschwel- lung mit einer Öffnung resp. Grube, welche ich im Folgenden als Stigma bezeichne. Ob diese etwa eine zur Wasseraufnahme dienende Giebt es Orthoneuren? 505 Einrichtung darstellt oder ein Sinnesorgan ist, kann erst die speecielle Untersuchung lehren. Eine Reihe eben soleher Öffnungen besitzt die Kieme von Fissurella, wo sie jedoch kleiner, und die Nerven minder stark entwickelt sind. Die Lage dieser Stigmenreihe an der Kiemen- insertion ermöglicht es sicher zu entscheiden, dass diese Kieme nicht transloeirt, sondern die primäre linke ist. Weitere Untersuchungen werden zu zeigen haben, ob solche Stigmen etwa auch an der Pseudo- branchie existiren. An der einfiederigen Kieme liegt der Limbus, sowohl bei Ampul- laria (ef. Fig. 3) wie bei Rachiglossen und Toxoglossen ete. stets an der dem Rectum abgewandten resp. der Pseudobranchie zugekehrten Seite ‘des Kiemenblattes. Welche Kieme diese transloeirte repräsentirt, lässt sich danach nicht mit Sicherheit sagen. Meiner Meinung nach muss jedoch diese Transloeirung so vor sich gegangen sein, dass das an seinem Ende frei suspendirte Rectum an den ventralen Rand des Kiemenseptum befestigt blieb, also unter der rechten Kieme sich ver- schob. Eine Translocirung über der Kieme scheint mir durch den Zu- sammenhang der Kieme mit dem Herzen oberhalb des Reetum ausge- schlossen. So wurde es dann auch ganz begreiflich, dass der Limbus gegen die Pseudobranchie zu liegen kommt, weil von der ursprünglich horizontal gelegenen zweifiederigen Kieme nur die dorsale Hälfte er- halten bleibt, die ventrale gegen die Decke der Kiemenhöhle zu liegen kommt und rückgebildet wird. Jedenfalls aber können erst sorgfältige Beobachtungen über den Bau der Kiemen und Pseudobranchien, so wie des von Sprenger als Geruchsorgan gedeuteten Gebildes an der Basis der Trochidenkieme diese Fragen einer sicheren Lösung zuführen. Bei der Besprechung der Kiemenhöhle von Ampullaria muss ich hier noch eines anderen Gebildes Erwähnung thun. Es ist das eine solide Leiste, welche rechts auf dem Boden der Kiemenhöhle nach innen von dem Rectum verläuft und nahe am rechten Fühler ver- streichend endet. Diese Leiste, die ich Epitaenia nennen will, ver- hält sich bei den beiden Geschlechtern in völlig übereinstimmender Weise. Es wird von Bedeutung sein, für die Systematik die Verbrei- tung dieses Gebildes zu verfolgen, dessen morphologisches Verständnis zur Zeit noch unmöglich ist. Ich kenne dasselbe von verschiedenen Arten der Gattung Strombus und von Aporrhais pes pelecani. Bei letz- terer Gattung konnte ich das Verhalten der Epitaenia bei beiden Ge- schlechtern verfolgen. Bei dem weiblichen Thiere tritt dieselbe vorn auf den Fuß über, so dass sie da also, wenigstens eine Strecke weit, die Bezeichnung eines Epipodium verdient. Beim Männchen dagegen endet sie am Penis, der geradezu als abgelöstes Vorderende resp. als 506 H. von Ihering, vordere Fortsetzung der Epitaenia erscheint. Über den Ursprung des Penis ist bisher nichts bekannt. Hier bietet sich uns der Anlass, den- selben als ein aus der Epitaenia hervorgegangenes resp. zu dem Epipo- dium in Beziehung stehendes Gebilde zu erfassen. In welcher Verbrei- tung er das auch bei anderen verwandten Gattungen ist, wird durch weitere Beobachtungen festzustellen sein. Der Penis von Ampullaria gehört einem ganz anderen Typus an. Ich komme darauf weiterhin zurück. Die Epitaenia fand ich auch bei Turitella, in einer Andeutung scheint sie auch bei Vermetus sich zu finden. Bei Cerithium fehlt sie, aber bei Paludina scheint sie zu existiren. In Bezug auf das Nervensystem (ef. Fig. 2) ist nur Folgendes zu bemerken. Die Cerebralganglien sind durch eine ziemlich lange Kom- missur unter einander verbunden. Ein starker Nerv tritt aus demsel- ben in den Fühler, ein anderer zum Auge, weitere an die Haut von Kopf und Nacken. Die beiden Pedalganglien sind unter einander durch eine ziemlich lange dicke Kommissur verbunden. Dieselbe setzt sich aus zwei parallelen Hälften zusammen, von denen die vordere in die Cerebropedalkommissur tritt, die andere in das Kommissuralganglion. Das letztere ist mit dem Pedalganglion verschmolzen. Eine am Hinter- rande des Kommissuralganglion entspringende einfache kräftige Visce- ralkommissur zieht unter dem Ösophagus in schwachem Bogen von einer Seite zur anderen. Das rechte Kommissuralganglion giebt außer zahlreichen kleinen Ästen zur seitlichen Körperwand einen starken Stamm ab, der sich nach rechts und außen wendet und nach Anschwellung in ein kleines Ganglion zwei Äste abgiebt, von denen der hintere zur Decke der Kiemenhöhle geht, dabei unter dem Reetum hinlaufend, indess der vor- dere vor dem After bis zur Kieme hinläuft, in die er Zweige abgiebt. Das linke Kommissuralganglion giebt außer kleineren Ästen vorn einen starken Nerven zum Sipho ab und setzt sich hinten und außen in einen sehr starken Stamm fort, welcher zunächst einen sehr starken Nerven zur Pseudobranchie abgiebt und dann zu einem Ganglion anschwillt. Aus letzterem geht zunächst ein starker Nerv hervor, welcher zum Mantel geht und mit seinen Endausläufern die Lunge innervirt. Er steht durch eine Anastomose mit dem Pseudobranchiennerven in Ver- bindung und zwar mit dem über dieses Organ hinaus verlängerten Ende jenes Nerven, welcher übrigens nicht ausschließlich für die Pseudobranchie bestimmt ist, sondern vorher einen Mantelnerven ab- giebt. Die Verlängerung des linken Mantelganglions nach hinten giebt einige Äste ans Perikardium ab und schwillt dann in ein Ganglion an, Giebt es Orthoneuren ? 507 welches dem Perikardium anliegt und zu ihm Äste abgiebt. In eben dieses Perikardialganglion tritt auch ein starker Visceralnerv ein, wel- cher am Hinterende des rechten Kommissuralganglion entspringt und hinten einige Nerven in die Eiweißdrüse resp. zum Genitalapparat ab- giebt. Die Verlängerung desselben über das Perikardialganglion hin- aus geht zur Niere. Das Perikardialganglion mit den beiden zu ihm tretenden Visceralnerven liegt über dem Darme. Es kann sich mithin in der Anastomose dieser beiden Visceralnerven nicht um eine Visce- ralkommissur handeln, sondern nur um eine Anastomose im peripheri- schen Nervensystem, welche ich Ansa visceralis nenne. Hierhin gehört jedenfalls auch die von Sreneer bei Cassidaria nachgewiesene Ansa. Ob diese Visceralansa! überall bei Orthoneuren vorhanden ist, und ob sie stets über dem Darme sich schließt, bleibt ferneren Studien zur Aufklärung überlassen. Jedenfalls aber würde man eine solche Ansa auch dann nicht als Visceralkommissur in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie sich ventral schlösse und gleichzeitig mit einer echten unge- drehten Visceralkommissur existirie, denn weder bei Orthoneuren noch bei Chiastoneuren sind irgend wo zwei echte koexistirende Visce- ralkommissuren nachgewiesen worden. An derartigen Ansae fehlt es auch sonst nicht im peripherischen Nervensystem. Eine solche liegt auch bei Ampullaria vor in der Ver- bindung zwischen Lungen- und Pseudobranchiennerv (Ansa pseudo- branchio-pulmonalis). Bei der Mehrzahl der Orthoneuren existirt diese Anastomose nicht zwischen Nerven der linken Seite wie hier, sondern zwischen solchen der rechten und linken Seite, indem, wie z. B. bei Cassidaria, von dem aus dem rechten Kommissuralganglion ent- springenden Branchialganglion ein Verbindungsnerv zu dem links vom Kommissuralganglion entspringenden Siphonerven tritt (Ansa pseudo- branchio-siphonalis). SpenGet legt großen Werth darauf, dass die Pseudobranchie überall in gleicher Weise innervirt sei, woraus er nicht nur Schlussfolgerungen für die Homologie zieht, sondern auch einen Beweisgrund ableitet für seine Meinung, dass die linke Kieme der Zeugobranchien oder die ein- zige der Azygobranchien die ursprünglich rechte sei. SPENGEL versichert ausdrücklich, dass die Pseudobranchie von Cassidaria nur vom Bran- chialganglion resp. also vom rechten Kommissuralganglion innervirt 1 Bei Cerithium vulgatum, von dem ich noch einige Exemplare zur Nachprü- fung besaß, scheint mir diese Ansa auch zu bestehen. Es gelang mir aber nicht ein völlig gelungenes Präparat herzustellen, doch sah ich wenigstens so viel, dass diese Ansa nur dorsal vom Darm in ihrem hintersten Abschnitte gelegen sein kann. Cf. hierüber Fig. 6. 508 H. von Ihering, werde. Wie vorsichtig die weitgehenden, aber nur auf eine äußerst ge- ringe empirische Grundlage ausgedehnten allgemeinen Folgerungen SpenGEL’s aufzunehmen sind, geht aus dem Umstande hervor, dass die Pseudobranchie bei Gassidaria vom rechten Kommissuralganglion inner- virt wird, bei einer anderen tänioglossen Orthoneure aber, bei Ampul- laria, vom linken. Trotzdem besteht, wie ich oben nachwies, die voll- kommene Homologie der genannten Organe bei beiden Gattungen. Für die Pseudobranchie wird sie durch Lage und Bau, für die Kieme durch die übereinstimmende Orientirung, namentlich des Limbus, erwiesen. Ich habe im Gegensatze zu dieser zu hohen Werthschätzung der Innerva- tion schon in meiner Monographie (p. 29) darauf hingewiesen, dass sich das Innervationsgebiet eines Nerven auf Kosten eines anderen ver- schieben kann. Nur wo für die Untersuchung durch Ausdehnung über eine große Reihe von verwandten Gattungen eine feste Basis geschaffen ist, wird man auch beurtheilen können, wie weit etwa Abänderungen in der Innervation stattfanden, und wie weit diese bei Beurtheilung der Homologien zu berücksichtigen sind. Bevor ich nun zum Schlusse noch näher auf das Verhältnis von ÖOrthoneuren und Chiastoneuren eingehe, muss ich noch Einiges zur Erläuterung der systematischen Stellung von Ampullaria hinzufügen. Während diese Gattung in Bezug auf Mundwerkzeuge, Kieme, Nerven- system ete. außer einigen durch die weit nach rechts gerückte Lage der Kieme bedingten Modifikationen, sich nicht wesentlich von den ver- wandten Gattungen und Familien unterscheidet, steht das anders hin- sichtlich des Geschlechtsapparates, der namentlich bei dem Männchen ganz eigenthümlich ist. Der Hoden liegt wie gewöhnlich in der Spitze des gewundenen Eingeweidesackes, neben der Leber. Er ist nur Hoden, von Eiern fand ich keine Andeutung in ihm. Der im unteren Theile mächtige Samengang läuft dem Mastdarme parallel bis zur Basis des Penis. Dieser nun befindet sich nicht an der rechten Körperseite in der Grenzgegend zwischen Leib und Fuß, sondern am freien Rande der Kiemenhöhle an der Seite der Kieme. Er ist ein bei jüngeren Thieren kleines, bei alten enorm entwickeltes solides etwas abgeflachtes Organ mit einer Samenrinne auf einer seiner beiden breiten Flächen. Auf der der Samenrinne entgegengesetzten Fläche sieht man ganz an der Basis eine runde Öffnung, die in eine Anhangsdrüse führt. Zwischen Penis und Rectum liegt ein an der Basis des Penis resp. der von außen nicht sichtbaren Mündung des Samenleiters sich öffnender starker Sack, in welchem ein an der festgewachsenen Basis kräftiger, gegen die Spitze hin fadenförmiger solider Anhang sich befindet, den ich nur als Flagellum auffassen resp. bezeichnen kann. Bisweilen sieht man seine Giebt es Orthoneuren ? 509 feine Spitze in der Penisrinne liegen. Den feineren Bau desselben habe ich nicht untersucht, glaube aber eine genaue Untersuchung dieser Schnecke, von der ich leicht Untersuchungsmaterial beschaffen könnte, als recht dankbar empfehlen zu können. Auch der weibliche Genitalapparat bietet eine merkwürdige Be- sonderheit. Es fehlt nämlich an der Stelle, an welcher beim männlichen Thiere der Hoden liegt, die Geschlechtsdrüse. Ich bin nicht sicher, ob ich dieselbe gesehen habe, glaube sie aber in einer in die Eiweißdrüse eingelagerten Drüse mit weißlichem Follikelinhalte zu erkennen. Diese ist mit einer anderen derben lebhaft gelb gefärbten, durch Septen in zahlreiche Fächer getrennten Drüse zusammen in eine sehr derbe Membran eingeschlossen. Beide bilden zusammen eine ovale in die rosaroth gefärbte Eiweißdrüse eingelagerte Masse. Die riesige Eiweiß- drüse ragt mit ihrer vorderen Hälfte in die Kiemenhöhle hinein, und hat an der dem Rectum zugewandten Spitze einen weiten Ausfuhr- kanal, dessen zarte Decke den Inhalt durchschimmern lässt. Die Vagina mündet mit ziemlich kleiner Öffnung und an gewöhnlicher Stelle neben dem After. Es ist mir bis jetzt nichts Ähnliches von anderen Cochliden be- kannt geworden, namentlich in Bezug auf den Begattungsapparat. Bei Strombus gibberulus traf ich rechts am Mantelrande einen tentakel- förmigen Fortsatz vor dem After, der vielleicht hierher zu zählen ist. An demselben Thiere endete die Epitaenia vorn auf dem Fuße. Mit Rücksicht auf letztere Leiste verdient Crepidula eine nähere Unter- suchung, wo sich vom Mantel her über den Nacken zwei solche Haut- leisten hinziehen, von denen vielleicht die rechte sich als Epitaenia er- hält. Jedenfalls ist diese, weil sie großentheils innerhalb der Kiemen- höhle liegt, nicht einfach mit Epipodialleisten zu verwechseln. Ein llomologon des Penis findet sich an gleicher Stelle bei dem weiblichen Thiere von Ampullaria als eine niedere Querfalte. Es wird für die Systematik von großem Werthe sein die Morphologie des Geschlechts- apparates weiter zu verfolgen. Ein ganz anderer Typus liegt beispiels- weise bei Paludina vor, wo eine zum Fühler ziehende Epitaenia vorhan- den zu sein scheint, und der Penis mit dem rechten Fühler verschmolzen ist. Bei den Rhachiglossen, Toxoglossen und vielen Taenioglossen ist der Penis ein von einem Kanale durchbohrter solider Anhang an der rechten Körperseite. Der Kanal entsteht aber, wie ich fand, dadurch, dass eine Samenrinne des Penis sich in der Tiefe schließt. Bei zahl- reichen Taenioglossen kommt es nicht zur Kanalbildung und bleibt die Samenrinne auf dem Penis zeitlebens offen. Wieder bei anderen For- men von Taenioglossen (CGerithium, Turritella, Vermetus, Gapulus hun- 510 H. von Ihering, saricus) fehlt jede Spur eines Penis, in noch früheren Stadien sind Vas deferens so wie auch Uterus noch offene Rinnen. Es mündet also ursprünglich die Genitalöffnung hinten im Grunde der Kiemenhöhle und der neben dem Mastdarm sich hinziehende Abschnitt ist Anfangs eine Rinne, mit weiten oft etwas gekräuselten Rändern. So verhält sich z. B. der noch offene Uterus von Vermetus (ef. Fig. 7) wie auch das Vas deferens. Auch bei Cerithium und Turritella sind Uterus und Vas deferens noch offen, indem die Rinnenränder noch nicht unter einan- der verwachsen sind. Diese letzteren beiden Gattungen stehen auch darin einander nahe, dass sie neben einfachen Samenfäden auch solche mit einem Büschel langer beweglicher Fäden besitzen, wie ich sie in gleicher Form bei anderen Gattungen nicht antraf. In Fig. 7 gebe ich den offenen Uterus von Vermetus gigas, in Fig. 8 jenen von Tritonium corrugatum. Man erkennt an letzterem deutlich, dass er durch Ver- wachsung beider Ränder der Rinne sich schon geschlossen hat bis auf die noch schlitzförmige Mündung. Das Vas deferens dagegen ist noch offen, eben so natürlich die Penisrinne. Genau eben so fand ich die Ver- hältnisse bei CGassis sulcosa und Cassidaria, wo auch die männliche Lei- tungsrinne offen, dagegen der Uterus schon vollkommen geschlossen ist. Sicher wird wohl auch da die ältere Rinnenstufe embryologisch wiederholt werden. Bei den Trochiden bestehen wie bez. der Kiemen so auch betr. des Genitalapparates große Verschiedenheiten, welche genauere Untersuchung erheischen. In vielen Fällen scheinen mir die Rinnen neben dem Mastdarme zu fehlen, aber bei Trochus magus L. schließt sich an die hinten in der Kiemenhöhle gelegene Genitalöffnung eine von anscheinend drüsigen Faltenrändern begrenzte Genitalrinne an. Neben der Genitalöffnung liegt die weite Nierenpore. Einen langen Ureter, den Harzer für Trochiden angiebt, habe ich bei den von mir untersuchten Arten nicht beobachtet, und sind hierüber weitere Unter- suchungen erforderlich. Wie ich zeigte, ist ursprünglich bei den Zeugo- branchien die Entleerung der Genitalprodukte durch die Niere erfolgt, ganz wie für die Muscheln es von mir nachgewiesen wurde, und wie bei diesen muss dann die Trennung beider Öffnungen erfolgt sein und liegen Nieren- und Genitalpore neben einander im Hinterende der Kiemenhöhle. Die innerhalb der Kiemenhöhle neben dem Mastdarm verlaufenden Leitungswege des Genitalappa- rates aber sind erst innerhalb der Azygobranchien er- worbene Neubildungen, Anfangs als Rinne, später als geschlossener Kanal auftretend, wobei das weibliche Ge- schlecht die höhere Stufe durch Verwachsung der Rinnen- ränder eher erreicht als das männliche. Giebt es Orthoneuren ? 511 Diese Ausbildung des Genitalapparates giebt in Verbindung mit jener des Rüssels und des Sipho vortreflliche Anhaltspunkte zur Beurtheilung der Entwicklungsreihen innerhalb der Azygobranchien. Es ist aber nöthig, dass das Beobachtungsmaterial ein sehr viel reiche- res werde als es dies zur Zeit ist. Aus dem bisher Bemerkten ergiebt sich, dass jene allgemeine Über- einstimmung des visceralen Nervensystemes, welche im Gegensatze _ zu meiner Darstellung wahrscheinlich zu machen gesucht wurde, | thatsächlich nicht existirt. Man hat die Ansa visceralis für eine Visce- ralkommissur gedeutet und die wirkliche Visceralkommissur der Ortho- neuren übersehen resp. geleugnet. Dass Fälle vorkommen können, in denen durch sekundäre Anastomosen die Deutung schwierig werden kann, habe ich selbst zuerst am Nervensystem von Turritella nachge- wiesen. In solchen Fällen wird nur die Vergleichung mit den bei den nächstverwandten Formen bestehenden Verhältnissen Klarheit liefern können. Außerdem ist überall da, wo die Ansa visceralis sich dorsal vom Darme schließt, eine Verwechslung mit der echten Visceralkom- missur ausgeschlossen. So wird man dann im Wesentlichen doch immer leicht entscheiden können, ob eine orthoneure oder eine chiastoneure Visceralkommissur vorliegt. Man vergleiche mit Bezug hierauf Fig. 5 u. 6, in welchen die Visceralkommissur blau, die Ansa visceralis schwarz gehalten ist. Mit diesen Versuchen überall bei »Prosobranchiern« eine gedrehte Visceralkommissur nachzuweisen, fallen meines Erachtens auch die von SpenseL und BürscnLı gemachten Versuche, die Drehung der Visceralkommissur durch eine Verschiebung der Kiemen zu erklä- ren, wodurch die ursprünglich hinten gelegenen Kiemen nebst dem After nach vorn, und die ursprüngliche rechte Kieme zur linken ge- worden sei und umgekehrt die linke zur rechten. Im Gegensatze dazu war! und ist es meine Meinung, dass die Verdrehung der Visceralkom- missur durch Verlagerung der Eingeweide zu Stande gekommen und durch sekundär aus ihr entspringende Nerven fixirt worden sei, resp. indem das Verbreitungsgebiet des bei Fissurella costaria noch nicht auf die linke Seite gerückten Supraintestinalganglion sich mehr und mehr nach links hin ausdehnte. Die Kiemen sind wahrscheinlich nicht von hinten nach vorn verschoben, sondern an Ort und Stelle entstanden. Übrigens muss man bekennen, dass es sich hierbei lediglich um mehr oder minder wahrscheinliche Vermuthungen handelt. So bestechend die Spenger-Bürsenti'sche Hypothese sich ausnimmt, so kann sie doch als lediglich auf die Verhältnisse der Chiastoneuren zugeschnitten nicht 1 Ci. H. von Inerıng, Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems. 1. c. p. 175 1 bis 176. 12 H. von Ihering, befriedigen. Ich verweile aber nicht weiter bei diesen Fragen, die nicht spruchreif sind, so lange nicht die vergleichende Morphologie der Pseudobranchie aufgeklärt und die Frage entschieden ist, ob die Kieme der Trochiden zu der Pseudobranchie oder zu der Kieme der Ortho- neuren in Beziehung zu bringen ist, wie denn auch noch weitere ein- gehendere Untersuchungen an zahlreichen Vertretern der Fissurelliden und Patelliden nöthig sind. Die im Vorausgehenden mitgetheilten Resultate nöthigen mich in Verbindung mit vielerlei in Bezug auf mein System der Mollusken ge- machten kritischen oder ergänzenden Bemerkungen, dasselbe vom gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse aus einer Prüfung zu unter- ziehen. Als natürliche Klassen der »Mollusken« werden ziemlich allge- mein anerkannt: die Pteropoden, Gephalopoden, Solenoconchen, Ace- phalen und Amphineuren. Die Differenzen beziehen sich einerseits auf die Gruppirung und verwandtschaftliche Beziehung dieser Klassen zu einander, andererseits auf die Gastropoden, welche nach meiner Darstellung eine vollkommen unnatürliche in zwei verschiedene Klas- sen zerfallende Gruppe darstellen. Was zunächst den ersteren Punkt betrifft, so vereinigte ich 18761 einen Theil der Gastropoden, die aus Pulmonaten und Opisthobranchien gebildeten Ichnopoden mit den Pteropoden und Cephalopoden zu einem Phylum der Platycochliden. Dieses hat vor den weiteren Untersuchun- gen nicht Stich gehalten, ich selbst habe in Verbindung mit Brock und GroBBEN dazu beigetragen, dass die systematische Stellung der Gepha- lopoden gegenwärtig völlig anders sich darstellt als früher, wo man dieselbe in nähere Beziehung zu den Pteropoden bringen zu sollen glaubte. Ich verweise hierüber auf meine beiden Abhandlungen über die Verwandtschaftsbeziehungen der CGephalopoden? und über die Aptychen? als Beweismittel für die Dibranchiatennatur der Ammoni- ten. Meine Ansicht, dass Ammoniten und Goniatiten Dibranchiaten ge- wesen sein müssten, weil die Aptychen sich nur den Nackenknorpeln der Dibranchiaten vergleichen ließen, ist unterdessen durch Branco? als richtig erwiesen worden auf Grund von Studien über das bei Ammoniten und Nautiliden sich ganz verschieden verhaltende Em- | bryonalende der Schale. 1 Versuch eines natürlichen Systemes der Mollusken. Jahrb. der deutschen Malakolog. Gesellsch. III. Jahrg. 1876. p. 97”—A48, so wie mein Buch über das Nervensystem. 2 Diese Zeitschr. Bd. XXXV. p. 1—22. | 3 Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Jahrg. 4881. Bd. I. p. 44—92, 4 W,Branco, Über die Verwandtschaftsverhältnisse der fossilen Cephalopoden. Zeitschr. d. deutschen geolog. Gesellsch. 1880. p. 596. Giebt es Orthoneuren ? 513 Nachdem durch die Arbeiten über die Nieren der Cephalopoden von BoBRETZKY und Viezrivs, und über den Geschlechtsapparat dersel- ben durch Brock! die ursprüngliche Duplieität der Nieren und der Eileiter erwiesen worden, konnte nicht mehr daran gedacht werden die Cephalopoden in nähere Beziehung zu den Pteropoden zu bringen, bei denen diese Organe einfach sind und sich den Verhältnissen der Ichnopoden anschließen. So wies ich denn darauf hin, dass die Cepha- lopoden in näherer Beziehung stehen zu den Muscheln, Dentalien und Cochliden, bei welchen allen die Duplieität von Nieren und Geschlechts- organen die Regel ist, wenigstens bei den phylogenetisch tiefer stehen- den Gattungen. Diese Auffassung wurde von GrosBEN?2 vollkommen bestätigt und weitergeführt, indem er nachwies, dass keine dieser drei Klassen so nahe Beziehungen zu den Cephalopoden aufzuweisen habe als die Dentalien oder Scaphopoden, wesshalb er die Überzeugung aus- spricht, »dass die Dentalien geradezu als Reste von Stammformen resp. als die Stammformen der Cephalopoden zu betrachten sind«. Ohne Letzteres direkt annehmen zu können, glaube ich doch, dass in der Hauptsache Grossrw das Rechte getroffen hat, wie ich auch da, wo er meinen Ansichten entgegentritt, in den meisten Punkten ihm beipflichte. Bedauert habe ich nur, dass er von der alten Loven - LeuckArr'schen Vergleichung des Pteropodenkörpers mit jenem der Cephalopoden sich nicht hat frei machen können, und trotzdem er die Stellung der Gephalo- poden eben so beurtheilt wie ich, deren Arme mit den Cephaloconen der Pteropoden homologisirt. Hier liegt aber nichts vor, als eine äußer- liche täuschende Ähnlichkeit, welche im atavistischen Sinne zu deuten die innere Organisation verbietet. Wenn, um dies zu beweisen, die vergleichende Anatomie des Exkretions- und des Genitalapparates noch nicht genügend wäre, so würde auch die Beschaffenheit des Nerven- systems darauf hinweisen. Ich konnte früher nachweisen, dass die Gym- nosomen hinsichtlich des Nervensystems die einfacheren Verhältnisse aufweisen, aus denen sich durch sekundäre Verschmelzung der unteren Ganglien und die auch embryologisch noch wiederholte Verlängerung der Gerebralkommissur das Verhalten der Thecosomen ableitet. Bei dieser vergleichenden Betrachtung der Variationen innerhalb der Ptero- poden wird es klar, dass ihrem Nervensystem nicht nur die cerebralen, & 1 Brock, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. Diese Zeitschr. Bd. XXXII. 4879. p. A—146, Studien über die Verwandtschaftsverhältnisse der dibranchiaten Cephalopoden. Erlangen 1879 und Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden. Morphol. Jahrb. Bd. VI. 1880. p. 185 ff. ?2 C. GrosBEN, Morphol. Studien über den Harn- und Geschlechtsapparat der Cephalopoden. Arb. a. d. zool. Institut zu Wien. Tom V. 1884. p. 179— 232. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLY. Bd. 33 514 H. von Ihering, visceralen und pedalen Ganglien zukommen nebst den betreffenden Kommissuren, sondern dass auch die Visceropedalkommissur resp. das Visceropedalconneetiv nicht fehlt. Auch dies ist ein »Gasteropoden«- Charakter der Pteropoden, während bei Muscheln, Dentalien und Gephalopoden! dieses Visceropedalconnectiv stets fehlt. Es ist dieses Moment, wie ich schon in meinem Nervensystembuche betonte, ganz besonders beachtenswerth und ich würde demselben noch mehr Werth beigelegt haben, wenn ich nicht damals noch an die Verwandtschaft von Gephalopoden und Pteropoden geglaubt hätte. Unklar ist in dieser Beziehung nur das Verhalten der niedersten Cochliden, namentlich der Zeugobranchien. Bei den Amphineuren resp. Chiton fehlt das Viscero- pedalconneetiv. Meiner jetzigen Meinung nach ist die Subpharyngeal- kommissur von Chiton der Cerebrovisceralkommissur von Fissurella homolog. Letztere ist bei Fissurella maxima noch nicht wie bei den anderen Arten mit der pedalen Kommissur verschmolzen. Leider ist die Untersuchung dieser Art unvollkommen geblieben, wie überhaupt die wichtigsten Gattungen noch nicht untersucht sind. Von den Patelli- den kennt man nicht das Nervensystem der Acmaeiden, die, weil sie noch die bei Patella geschwundene eine Kieme besitzen, vermuthlich phylo- genetisch tiefer stehen, eben so wie Emarginula, also die Fissurella vorausgehende Stufe noch nicht hinlänglich untersucht und von Pleuro- tomaniden noch gar nichts anatomisch bekannt ist, so ungemein wich- tig gerade von dieser Familie anatomische Studien auch sein müssten. So wird denn auch die Frage: ob alle Zeugobranchien bereits das Viscero- pedalconnectiv besitzen, erst später zu beantworten sein. Vor der Hand fehlen gerade für die wichtigsten Gattungen die einschlägigen Beobach- tungen. : Andererseits weisen uns eine Menge von Umständen darauf hin, dass die Zeugobranchien den eines Visceropedaleonnectives entbehren- den Klassen nahe stehen. Bei diesen allen nämlich trifft man paarige Exkretionsorgane, paarige Genitalorgane, welche ursprünglich durch die Niere ihre Produkte entleeren. Bei den Muscheln sind es gerade die phylogenetisch älteren Gattungen, welche noch keinen Sipho be- sitzen und geologisch die ältesten Vertreter darstellen, bei welchen die Geschlechtsprodukte durch das Bosanus'sche Organ entleert werden. Bei den Solenoconchen ist nur das rechte Genitalorgan noch vorhanden und es öffnet sich in die rechte Niere. Ganz eben so trafich das Ver- hältnis bei Fissurella. Selbst für die Gephalopoden, für welche mir ! Um sich hierüber Klarheit zu verschaffen, muss man sich an die zum Aus- 7 gangspunkte dienenden einfacheren Verhältnisse des Nautilus halten, worüber man mein Nervensystembuch p. 262 vergleiche. Giebt es Orthoneuren? 515 dieses Verhältnis nicht wahrscheinlich dünkte, glaubt Grossen nach- weisen zu können, dass eine ursprüngliche Beziehung der ausleitenden Theile des Genitalapparates zur Niere bestanden haben müsse. Ein weiteres wesentliches Moment ist die bei den Muscheln wie bei den niedersten Cochliden bestehende Durchbohrung des Herzens durch den Mastdarm; auch Krystallstiel des Darmes und »Wassergefäßporen « scheinen zum Theil homologe Gebilde von Cochliden und Muscheln zu sein. Ich weise auch darauf hin, dass bei den Acephalen, deren Kie- men nur durch die von mir mitgetheilte Homologisirung! verständlich werden, neben den echten ihnen eigenen Kiemen auch in einer Fami- lie (Mytilaceen) besondere Epipodialkiemen? bestehen, deren Verhält- nis zu jenen der Chitoniden und Patellen noch näher zu prüfen ist. So erscheinen uns gegenwärtig die Acephalen, Dentalien und CGephalopoden als eine Gruppe näher unter sich verwandter Mollusken, deren Nervensystem des visceropedalen Connectives entbehrt und deren Nieren und Geschlechtsorgane ursprünglich paarig waren mit Ausführung der Geschlechtsprodukte durch die Niere. Damit aber ist der Kern meiner Behauptung eines polyphyletischen Ursprunges der Mollusken zur Geltung gebracht, denn eben diesen Mollusken mit ur- sprünglicher Duplicität des Urogenitalapparates schließen sich ja die Cochliden auf das innigste an, wogegen die Pteropoden, so viel man bisher weiß, in Niere und Genitalapparat ganz dem bei den Iehnopo- den bestehenden Verhalten sich anschließen. Bei den Ichnopoden aber (= Opisthobranchia et Pulmonata aut.) weist nie und nirgends irgend ein Moment darauf hin, dass jemals eine Paarigkeit von Niere und Geschlechtsapparat bestanden, nie giebt es eine des Ausfuhrganges entbehrende Geschlechtsdrüse, niemals existirt irgend welche Be- ziehung zwischen Niere und Genitalapparat. So führt auch diese Be- trachtungsweise zu demselben Resultate wie die vergleichende Unter- suchung des Nervensystems, dem nämlich, dass unter dem Namen der Gastropoden zwei ganz verschiedene Gruppen von Mollusken zusammengefasst werden. Es ist nie meine Art gewesen überzeugenden Gegenbeweisen gegenüber eigensinnig an einer einmal ausgesprochenen Ansicht fest- zuhalten. Wenn ich gleichwohl in meiner Überzeugung, dass die Gastropoden eine vollkommen unnatürliche Gruppe darstellen, immer mehr bestärkt werde, so sollte das zum mindesten Diejenigen, welche über diese Thiere viel weniger umfassende eigene Erfahrungen gewonnen haben, davon abhalten, ohne gründliche Prüfung diese Ansicht zu ver- ! Zur Morphologie der Niere der Mollusken. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 4877. p. 610. 2 Bemerkungen über Neomenia. Morphol. Jahrb. Bd. IV. 4878. p. 155. 33r 516 H. von Ihering, werfen, nur weil Radula und Perikardialpore der Niere auf eine natür- liche Gruppe hinweisen sollen. Wer freilich an der Typenlehre ab- sichtlich oder unbewusst hängen bleibend, die einzelnen Organismen zusammenhangslos betrachtet und jedwede Ähnlichkeit auf Ver- wandtschaft bezieht, mit dem kann und werde ich nicht disku- tiren. Für ihn ist Lunge Lunge und Penis Penis, während doch in Wahrheit die heterogensten Begriffe in diesem wie so vielen ähnlichen Fällen unter derselben Bezeichnung zusammengefasst werden. Die Übereinstimmung im Baue genügt nicht, um die volle Homologie zu erweisen. Wirklich homologe Organe! sollen nicht nur in Bau und Lagerung, sondern vor Allem in ihrer phylogenetischen Herkunft über- einstimmen, während die Funktion irrelevant ist. Der Laie glaubt oft ähnlich lautende Worte verschiedener Sprachen auf einander beziehen zu dürfen, bei denen der Linguist den Ursprung von ganz verschie- denen Wurzeln darthut. So wie in diesem Falle die Kenntnis der Laut- verschiebungen, des historischen Entwicklungsganges der Sprache und ihrer Gesetze Grundbedingung ist, so kann auch der Morphologe nicht zu gesicherten Schlüssen kommen, wenn er nicht die Wandlungen im Auge behält, die innerhalb einer natürlichen Gruppe ein Organ er- leidet. Wer so die Entwicklungsreihen nach den verschiedenen Organ- systemen verfolgt, kann sich nie der Überzeugung verschließen, dass innerhalb der Ichnopoden. die sog. Pulmonaten die höchst modifieirten Formen sind und auf Tectibranchien und Nudibranchien zurückzu- führen sind, während innerhalb der »Prosobranchien« die Zeugobran- chien das primitive Verhalten konservirt haben. Nach den Ichnopoden führt keinerlei Brücke von den Cochliden, nie hat noch Jemand da irgend welche nähere Verwandtschaft oder gar Übergangsformen nach- weisen können. Wohl giebt es auch unter den Cochliden einzelne Zwitter, wie Valvata und nach Bereu’s Entdeckung einige Marseniaden, allein dieselben gehören nach ihrer ganzen sonstigen Konstitution den Cochliden zu, von denen sie ja auch nie getrennt wurden. Wenn man daher an der Einheit der Gastropodenklasse festhalten will, so muss man sich darüber klar sein, dass die verbindenden Mittelglieder nur bei den Urformen der Ichnopoden und Cochliden vermuthet werden könnten. Je mehr wir uns aber den Zeugobranchien einerseits, den Nudibran- chien etc. andererseits nähern, um so mehr verschwinden die schein- baren Ähnlichkeiten. Da kommen wir zu den Fissurelliden ete., welche an Stelle eines Pedalganglion noch die durch ein Strickleitersystem ! Also homogenetische, wie ich sie im Gegensatze zu den homöogenetischen nannte, Cf. H. vos IHERING, Nervensystem der Mollusken, 1. c, p. 10. Giebt es Orthoneuren ? 517 verbundenen primären Pedalnerven der Amphineuren besitzen, wäh- rend das Pedalganglion der Nudibranchien als Differenzirung einer ein- heitlichen Ganglienmasse sich absondert. Und während bei jenen die Duplieität von Kiemen, Nieren und Geschechtsapparat zur Regel wird, existirt nie ähnliches bei Ichnopoden. Stets haben wir es da mit einer einfachen Niere zu thun. Wenn Bzrcu meinem Vergleiche derselben mit dem Wassergefäßsysteme der Plattwürmer entgegentritt, so führt er dafür keinen Grund an. Für mich genügt es, dass der Exkretions- apparat der Nudibranchien eine reich verästelte tubulöse Drüse dar- stellt, deren Lage zwischen Hautmuskelschlauch und Eingeweiden im Wesentlichen jener der Turbellarien ete. entspricht. Eine weitgehende Identität ist bei der erheblichen Organisationsdifferenz nicht zu er- warten. Fig. A. Geschlechtsapparat von Aplysia sp. (monauler Typus). zw, Zwitterdrüsengang; E, Eiweiß- drüse; Sp, Spermatocyste; Rs, Receptaculum seminis; od, Oviduct; v, Vagina; vd, Vas deferens; fl, Flimmerrinne; p, Penis. Endlich ist auch niemals bei Ichnopoden irgend eine Beziehung der Geschlechtsorgane zur Niere vorhanden. Stets ist eine Zwitter- drüse vorhanden mit einem bald mehr bald minder komplieirten Lei- tungsapparate. Den einfachsten Fall desselben hat Umbrella bewahrt. Der Leitungsapparat ist einfach, nur eine Rinne weist dem Samen einen besonderen Weg an. Bei Aplysia (ef. Fig. A) ist auch das Lumen im Querschnitt noch einfach, aber zwei hohe Falten grenzen die Samen- rinne ab. Bei Gadinia und den Limnaeen ist dieses Vas deferens schon vom Uterus abgelöst, bei letzteren hat sich wahrscheinlich auch aus der Flimmerrinne ein Theil des Vas deferens abgeschnürt. Auch die Nudi- 518 H. von Ihering, branchien zeigen diese Zweitheilung des Leitungsweges (cf. Fig. B) mit Ausnahme der Doriden, bei welchen der weibliche Leitungsweg eine nochmalige Spaltung erlitten hat, in einen zur Begattung und einen zur Fig. B. Geschlechtsapparat von Janus cristatus (diauler Typus). zw, Zwitterdrüsengang; R.s, Recept. seminis; p, Penis; vd, Vas deferens; Z, Eiweißdrüse ; od. Oviduct; v, Vagina; Sp, Sper- matocyste, Eileitung dienenden Abschnitt, welche gegen den Zwitterdrüsen- gang hin vereinigt sind, aber ge- trennt ausmünden. Je nachdem ein, zwei oder drei solche Lei- tungsbahnen vorhanden sind, kann man diese SchneckeninMonaula, Diaula und Triaula eintheilen. Zu den letzteren gehören außer den Dorididen, den Crypto- branchiaten wie den Phanerobran- chiaten Beren’s, noch die Doriop- siden und die Phyllidien. Diese letzteren beiden Familien fasst BercHu mit Recht in eine kleine Untergruppe, die Porostomata zu- sammen. Berc#'s Versuch, nach der Leber die Nudibranchien ein- zutheilen, erscheint mir nicht gelungen, weil er die Tritoniaden nicht von den ganz verschiedenen Doriden und Phyllidien ete. scheidet. Und TEE: ELCH, TG) GT ST Fig. (. Geschlechtsapparat von Archidoris tuberculata (triauler Typus). Bezeichnung wie in Fig. B. doch giebt es schwerlich natürlichere Gruppen innerhalb der Nudi- branchien als diese aus den Anthobranchiern und den Phyllidiaden gebildeten Triaula mihi. Mir ist weder aus eigener Erfahrung noch aus der Litteratur bekannt, dass irgend eine der hierhin von mir ge- Giebt es Orthoneuren? 519 zogenen Gattungen einen abweichend gebauten Genitalapparat hätte, wobei regelmäßig statt eines Receptaculum seminis deren zwei da sind. Eine andere Eigenthümlichkeit dieser Unterordnung ist die An- wesenheit einer bisweilen doppelten thymusartigen Blutdrüse in der Nähe des Centralnervensystems. Einen in drei Leitungswege gespal- tenen Genitalapparat besitzt außer den Triaulen kein anderes Mollusk. Vermuthlich werden sich diese Spaltungsvorgänge auch embryologisch zum Theil noch nachweisen lassen. Bei den Heliciden freilich ist davon embryologisch nichts mehr nachweisbar. Brock! wies nach, dass der Penis von der Genitalöffnung her dem Uterus entgegenwächst. Dies ist sicher schon eine cenogenetische Erscheinung, denn ein Penis, welcher mit dem Hoden ohne alle Verbindung ist, repräsentirt keine phyloge- netische Stufe. Eine eben so natürliche Unterordnung, wie die Triaula, stellen offenbar die Sacoglossen dar. Der Umstand, dass Beren und ich dieselbe fast gleichzeitig aufstellten, spricht sicher für ihre Nothwendigkeit. Weitere Gruppen, wie die beiden eben geschilderten, lassen sich bis- her noch nicht ausscheiden resp. zusammenfassen. Ich glaube, dass man unter die Nudibranchien, wenn man den Namen nach veränder- tem Inhalte beibehalten will, auch die Pleurobranchiden und Umbrella aufzunehmen hat, wodurch sich die unnatürliche Gruppe der Tecti- branchien auf eine natürliche der Steganobranchien ? redueiren würde, welche außer durch Schale, Kiemenhöhle und Kieme durch einen von der Genitalöffnung weit entfernten Penis und eine zu demselben hin- leitende Flimmerrinne scharf und sicher charakterisirt würden. An sie schließen sich wahrscheinlich unmittelbar die von mir als Branchiopneusten zusammengefassten Auriculaceen und Limnaeen an. Meine Ansicht, wonach die Lunge der Heliceen aus dem erweiterten Endabschnitte der Niere hervorgegangen, habe ich in letzterer Zeit mindestens wahrscheinlich gemacht, durch den Nachweis, dass der Ureter der Heliciden etc. eine erst innerhalb der Nephropneusten er- worbene Bildung darstellt, deren Entstehungsweise sich genau ver- folgen lässt. Als eine unnatürliche Gruppe hingegen muss ich mit Brren die aus Tethys und Rhodope, wesentlich nur mit Rücksicht auf das Nerven- system von mir zusammengestellten Protocochliden anerkennen. Auf diese viel besprochene Angelegenheit muss ich hier näher eingehen. 1 J. Brock, Über die Entwicklung der Geschlechtsorgane der Pulmonaten. Nachrichten von der k. Gesellsch. der Wissenschaften in Göttingen, 1884, p. 499 bis 504. 2 Ich fasse mithin diese Gruppe jetzt enger begrenzt auf als früher. 920 H. von Ihering, Bercu! hat wiederholt sich dahin ausgesprochen, dass, wenn ich die Tethyden als die ursprünglichsten und einfachsten Formen ansehe, das wesentlich nur abhänge »von Inerıne’s irrthümlicher Auffassung des Centralnervensystems der Tethys, welches er als eine nicht oder kaum gegliederte Protoganglienmasse ansah«. Auch Dierrr ? betont, dass man seichte Furchen auf der Oberfläche (nicht als tiefe Randeinschnitte, wie BerGH es zeichnete) bemerken könne, die er als Grenzen der ein- zelnen Ganglien in Anspruch nimmt — ob mit Recht, lasse ich dahin- gestellt, denn eine dieser Furchen läuft, wie auch DierL einräumt, un- zweifelhaft in dem pedalen Abschnitte. Übrigens bezogen sich meine Untersuchungen auf frische Exemplare, während nach DirrL erst an konservirten Thieren diese Furchen deutlicher hervortreten. Dierı zeichnet übrigens eine dieser Furchen asymmetrisch, d. h. nur rechts (Fig. 43) und auch mir sind seitliche Asymmetrien aufgefallen. Ich habe später in Neapel das Nervensystem von Tethys abermals angesehen, aber an frischen Präparaten und trotz Zeichnung mit der Camera lucida durchaus keine so scharfe Abgrenzung der pedalen Ganglien sehen können, wie sie Bersn 1. c. Taf. XLV, Fig. 19 abbildete. Viel richtiger ist die Abbildung Dierr’s, zu der ich nur zu bemerken habe, dass die von ihm gezeichneten Furchen am frisch untersuchten Thiere ohne Voreingenommenheit kaum wahrnehmbar sind. DirrL selbst zeichnet in Fig. 42 eine vordere große unpaare Ganglienzelle, eben so in Fig. k4, und auch mir war es beim besten Willen nicht möglich, eine vollkom- mene Symmetrie der Ganglienkugel zu konstatiren. Ein sicher unbe- ‘ fangener älterer Beobachter, Leypıc®, nannte das Gehirn von Tethys »geradezu eine traubige Masse«. Eine mediane Furche sah ich an dieser traubigen Masse nicht, doch giebt auch Dirrı zu, dass sie erst deutlich zu bemerken ist, wenn »das Gehirn etwas nach beiden Seiten aus ein- ander gezerrt wird« Ob diese, wie bemerkt, zum Theil sicher nicht zur Ganglienabgrenzung dienenden Furchen wirklich die Bedeutung haben, welche man ihnen zuschreiben möchte, wird sich erst beur- theilen lassen, wenn die aus den so begrenzten Regionen entspringenden Nerven genau verfolgt sind. Meine bezüglichen Zeichnungen erwecken mir hierüber Zweifel. Selbst Berecu in seiner erwähnten Figur bildet einzelne unpaare Ganglienzellen ab, welche genau da liegen, wo seine 1 Cf. namentlich R. BercHu, Über die Gattung Rhodope. Zool. Anzeiger. 1882. Nr, 423. 2 M. J. Dıett, Untersuchungen über die Organisation des Gehirns wirbelloser Thiere. I. Sitzungsber. d. k. Akad. der Wissensch. Wien. Bd. LXXVIU. 4. Abth. ASTB8. 3 F. Levvıs, Lehrbuch der Histologie. Frankfurt a/M. 4857, p. 482. Giebt es Orthoneuren ? 521 Theorie der deutlichen Furehenbegrenzung die Medianfurche erheischte. Wäre diese Ganglienmasse so scharf geschieden, wie Bereu meinte, so würde es keine asymmetrisch resp. median gelegenen Ganglienkugeln geben, wie sie Brrcn weder in Abrede stellen kann noch auch von an- deren »Aeolidiaden« je kennen gelernt haben wird. Vorausgesetzt nun aber auch, jene von Dirrr gezeichneten Furchen seien kein Produkt der Reagentieneinwirkung, und entsprächen genau den Ganglien der anderen Nudibranchien, was würde denn damit an meinen Argumentationen im mindesten geändert? Ich behauptete, dass die Scheidung der Protoganglienmasse in einzelne Abschnitte bei Tethys fehle resp. minder deutlich sei als bei den übrigen Aeolidiaden. Das ist ja doch unzweifelhaft richtig. Selbst Dırrı, der sich auf Bere#’s Seite stellte, räumte dies ein, indem er bemerkte: »Das Gentralnerven- system zeigt einen hohen Grad von Centralisation, die einzelnen Gangliensind ineine einzige dem Schlunde aufliegende Masse zusammengedrängt.« Anderes habe auch ich nicht behaup- tet! Ob die Furchen der Oberfläche nun deutlicher oder nicht sind, das ändert doch daran nichts, dass weder Melibe noch die Aeolidiaden eine gleich einfache Protoganglienmasse haben wie Tethys; nur bei Doriden kommt einigermaßen Ähnliches vor, doch ist meistens dann die Protokommissur schon in drei Stränge gespalten, während bei Tethys die einfache ungetheilte Protokommissur existirt. Den besten Beweis für die geringe Gliederung der Protoganglienmasse von Tethys liefert die Existenz unpaarer medianer Ganglienzellen. Anlässlich der eben erwähnten Kommissuren habe ich übrigens zu meinem Buche nachzutragen, dass deren häufig nicht drei, sondern vier sind, indem zwei subcerebrale Kommissuren existiren: eine zwischen den pedalen und eine zwischen den visceralen Ganglien. Die letztere verschmilzt aber so häufig mit der Visceralkommissur, dass man sie selten zu konstatiren Gelegenheit hat. Ich verweise hierüber. auf meine Abhandlung über die Polyceraden des Mittelmeeres !. Über die Deutung dieses einfachen Baues des Nervensystems, wie der Mundmasse von Tethys, bestehen Differenzen zwischen BersH und mir. Im Gegensatze zu mir betrachtet Bercn diese Verhältnisse nicht als ursprüngliche, sondern sieht in den Tethyden »aberrante degradirte Aeolidiaden«. Da BersH irgend welchen Beweis für diese seine An- nahme nicht vorbringen kann, könnte ich die Frage auf sich beruhen lassen, doch möchte ich kurz darauf hinweisen, wesshalb sie mir grund- los zu sein scheint. Nach Bere soll Tethys Kiefer, Radula ete. verloren 1 Malacozoologische Blätter. Neue Folge. Bd. Vill. 1886. p. 18 fl. und Taf. Il, Fig. 6. 522 H. von Ihering, haben, degradirt sein, es ist aber absolut nicht einzusehen, was den Verlust so wichtiger Organe bedingt haben sollte. Wir kennen in den Porostomata also Doriopsen und Phyllidien, Nacktschnecken, welche sicher nur durch Verlust von Radula etc. zu ihrer jetzigen unbewaffne- ten Mundmasse kamen, allein diese Thiere leben von Schwämmen und anderen koloniebildenden weichen Seethieren, deren zarte Masse sie aufsaugen. Hier handelt es sich um Anpassung. Tethys aber ist ein eminent räuberisches frei lebendes Thier, so dass nicht einzusehen ist, wesshalb sie so nützliche Organe sollte verloren haben. Eben so wenig versteht man, warum die Schlundkommissuren in eine einzige zu- sammengeschmolzen seien, das Gentralnervensystem zu einer nur noch andeutungsweise gegliederten Masse koncentrirt und das Auge sessil geworden sein soll. Bei allen höheren Ichnopoden und einem Theile der Nudibranchien liegt das Auge in der Haut resp. dicht unter ihr an der Fühlerbasis. Bei Tethys wie auch noch bei vielen anderen Nudi- branchien aber ist das Auge der Ganglienmasse dorsal aufgelagert. Meines Erachtens ist das eine von den Würmern überkommene Ein- richtung, indem zumal bei Plattwürmern die Sinnesorgane dem Gan- glion dorsal aufliegen. Eben dadurch wurde ich auch veranlasst, Tethys mit Rhodope zusammenzustellen. Das Nervensystem der letz- teren besteht nach v. Grarr ! aus einem über dem Ösophagus gelegenen Ganglion, dem die Augen und hinter diesen die Otocysten aufliegen, und welches um den Schlund herum einen Schlundring hat. Genau eben so ist das Nervensystem von Tethys beschaffen, wo auch die Otoeysten hinter den Augen liegen. Das Auge ist, wenigstens bei einer großen Menge von Würmern, ein dem Hirnganglion aufliegender Pigmentfleck. Mit der höheren Organisirung des Auges rückt dieses vom Hirne ab, erhält einen Optieus. Bei Tethys kann man aber den kurzen innerhalb der Neurilemmscheide zu dem Auge ziehenden Faserstrang kaum als Nervus opticus bezeichnen. Meines Erachtens liegt in dieser Beziehung der Sinnesorgane zum Ganglion ein Beweis für die Abstammung der Nudibranchien von Plattwürmern, denn für ein Thier mit kräftiger, oft sogar durch Kalkspikeln verstärkter Haut ist die Lage des Auges auf dem Nervensysteme sicher keine praktische. Man kann sich immerhin leicht vorstellen, dass die Protoganglienmasse aus einer Anzahl von verschmolzenen Ganglien hervorgegangen sei, aber es ist nicht einzu- sehen, wesshalb dann auch die Sinnesorgane wieder zu der niederen Stufe der Lagerung auf dem Ganglion sollten zurückgekehrt sein. Als ein Beleg für die Berechtigung dieser Auffassung lässt sich die l L. v. GRAFF, Über Rhodope Veranii Köll. Morphol, Jahrb. Bd. Vill. 1882, p- 73—83 und Taf, II. Giebt es Orthoneuren ? 325 Gattung Rhodope vorführen, die von KöLLıkrr, v. Grarr und mir als Nudi- branchie aufgefasst, von BereH als Turbellarie gedeutet wurde. Nach den neueren Mittheilungen von v. GrAFF wird es allerdings, und darin hat Beren Recht, klar, dass diese sonderbare Nacktschnecke sich nicht direkt den Ichnopoden einreihen lässt, welche sämmtlich ein Herz mit Perikardium und entwickeltem Gefäßsystem besitzen, allein darum sind doch die vielen zu den Nudibranchien hinführenden Momente nicht zu verkennen. Jedenfalls ist es bezeichnend, dass dieses Thier von den Einen zu den Turbellarien, von Anderen zu den Nudibranchien gestellt wird, zwischen denen es eben eine vermittelnde Zwischen- stellung einnimmt. Sie spielt hier diejenige Rolle, welche für die Ableitung der Cochliden und Chitonen den übrigen der Radula ent- behrenden Amphineuren zukommt. Gewiss wird uns die Zukunft mit weiteren zwischen Turbellarien und Nacktschnecken vermitteln- den Formen bekannt machen. Vielleicht wird man die von mir vorge- schlagene Bezeichnung der Protocochliden nach Entfernung der Tethy- den für die Rhodope beibehalten können. Für die Systematik der Ichnopoden ergeben sich aus den anato- mischen Differenzen die Grundzüge für eine wenigstens in der Haupt- sache natürliche Eintheilung. Um zu einer solchen zu gelangen, ist es vor Allem nöthig, die verschiedenen als Tectibranchien zusammenge- fassten Elemente zu trennen, vor Allem also die Pleurobranchiden zu entfernen, deren seitliche freiliegende Kieme bei gänzlichem Mangel einer Kiemenhöhle nicht ohne Weiteres mit jener der übrigen Formen vergleichbar ist, für welche ich meinen Namen der Steganobranchia bei- behalte. Diese in der jetzigen Begrenzung nicht in der früheren, stellt offenbar eine ganz natürliche sehr gut charakterisirte Ordnung dar, indem sie lediglich aus Schalen tragenden Formen besteht mit Kiemen- höhle und Kieme und mit Flimmerrinne zwischen Geschlechtsöffnung und dem weit von dieser entfernten Penis. Bei dieser Begrenzung wird es nöthig, auch die Lophocereiden unter die Steganobranchien auf- zunehmen, obwohl sie lediglich unter Berücksichtigung der Mundwerk- zeuge auch bei den Sacoglossen bleiben könnten, wohin sie von mir und BereH bisher gezogen wurden. Wenn man bedenkt, dass sowohl durch den Besitz der Schale wie durch den von Kiemenhöhle und Kieme diese Gattungen einen ganz aberranten Typus innerhalb der Sacoglossen darstellten, so wird man schon so nur wenig gegen diese Änderung einzuwenden haben, doch kommt noch hinzu, dass ich bei Lobiger Philippii Krohn eine kurze Flimmerrinne beobachtete, welche den hinter dem rechten Auge gelegenen Penis mit der Genitalöffnung verbindet. Auch in dieser Hinsicht passen also die Lophocereiden zu 524 II. von Ihering, den Steganobranchien, während die Pleurobranchiden keine Flimmer- rinne besitzen und wegen verschiedenen Verhaltens von Schale und Genitalapparat in die zwei Familien der Pleurobranchidae und Umbrel- lidae zerfallen, die ich als Pleurobranchia bezeichne und als eine zwi- schen Nudibranchien und Tectibranchien vermittelnde kleine Gruppe ansehe, von der aber nur Umbrella als Vorläufer der letzteren des monaulen Geschlechtsapparates wegen gelten kann. Auf diese Weise haben wir einerseits aus den Tectibranchien eine natürliche Gruppe herausgeschält, die Steganobranchien, während an- dererseits die Phanerobranchien, Triaulen und Sacoglossen eine größere natürliche Gruppe bilden, für welche der Namen der Nudibranchia bleiben kann. Alle diese Nacktschnecken sind schalenlos, haben keine Mantelhöhle und keine unpaare Federkieme, sondern bei ihnen allen erfolgt die Athmung durch die Haut oder durch faltenförmige oder ver- ästelte frei liegende Anhänge derselben. Eine vermittelnde Stellung zwischen beiden nehmen die Pleurobranchia ein. Einzelne Gattungen, wie namentlich die doch wohl mit Ancylus den Branchiopneusten zu- zurechnende Gattung Siphonaria, bedürfen noch genauerer Prüfung. Im Übrigen wird kaum zu leugnen sein, dass diese systematische An- ordnung im Wesentlichen die natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen, wie sie uns durch die anatomischen Untersuchungen bekannt geworden sind, zum Ausdrucke bringt. Viel weniger eingehend als über die Ichnopoden sind leider unsere Kenntnisse von der Anatomie der zahlreichen Gattungen der Cochliden. Und doch liefern die Schale und Kieme, Radula und Nervensystem, so wie auch der Geschlechtsapparat so werthvolle Hilfsmittel für die Systematik, dass wir ohne Zweifel auch da einst zur sicheren Zusam- menfassung der natürlichen kleineren und größeren Gruppen gelangen werden. Zwar kennen wir auch da eine Reihe natürlicher Unterord- nungen, wie Zeugobranchia, Rhachiglossa und Toxoglossa, allein für die richtige Gruppirung der Rhipidoglossen, vor Allem aber der Taenio- glossen, fehlen noch fast vollständig die grundlegenden Untersuchungen. Hier öffnet sich der anatomischen Forschung, in so weit dieselbe auch der zoologischen Erkenntnis zu Hilfe zu kommen bestrebt ist, ein eben so reiches und dankbares als bisher unbegreiflich vernachlässigtes Ge- biet. Dass dabei auch das Nervensystem die eingehendste Berücksich- tigung zu finden hat, wird Niemand eher anerkennen als ich, der ich die Dürftigkeit des Materiales, welches mir seiner Zeit nach dieser Richtung zu Gebote stand, schmerzlich empfand. So sicher ich daher auch bin, dass meine bezüglichen Mittheilungen vielfach der Ergänzung bedürfen, so sicher darf ich nach der hier veröffentlichten Nachunter- Giebt es Orthoneuren ? 525 suchung auch sein, dass die Behauptung: »es giebt keine Orthoneuren « einen wissenschaftlichen Fortschritt nicht darstellt. Wie sich auch im Einzelnen Vieles verändern mag, so viel scheint mir erwiesen, dass so bedeutende Unterschiede, wie sie etwa zwei äußerlich so ähnliche Gattungen, wie Paludina und Ampullaria im Nervensysteme aufweisen, auch für die systematische Anordnung der Familien jeder Zeit volle Be- rücksichtigung erheischt. Hinsichtlich der Heteropoden scheint die von mir vorgenommene Einreihung derselben unter die Cochliden nicht auf Widerspruch zu stoßen. Das Nervensystem derselben bedarf mit Rücksicht auf die Unterscheidung von Ansa und Commissura visceralis einer erneuten gründlicheren Untersuchung. Meine Behauptung, dass aus zoologisch- biologischen Gründen Bellerophon nie zu den Heteropoden könne ge- hört haben, fand von zwei Seiten Bestätigung!. Hiernach erhalten wir folgendes System der Mollusken, welches, im Wesentlichen mit dem früher von mir veröffentlichten identisch, die rein hypothetischen Anschauungen bei Seite lassend, wie mir scheint, der beste Ausdruck unserer heutigen gesammten Kenntnisse von der Organisation und den Verwandtschaftsverhältnissen der Mol- lusken ist. Typus Molluska Cuv. 1. Klasse Amphineura v. Ih, 2. Klasse Acephala Cuv. 8. Klasse Cephalopoda Cuv. 4. Klasse Solenoconchae Lac.-Duth. 5. Klasse Cochlides v. Ih. 1.OrdnungChiastoneura v. Ih. 2. Ordnung Orthoneurav.Ih. 3. Ordnung HeteropodaLam. 6. Klasse Protocochlides v. Ih. (Rhodopidae). 7. Klasse Pteropoda Cuv. 8. Klasse Ichnopoda v. Ih. 1. Ordnung Nudibranchia Cuv. 1. Unterordnung Phanerobranchia v. Ih. (inkl. Tethys). 2. Unterordnung Triaula v. Ih. (Doriden + Phyllidien). 3. Unterordnung Sacoglossa v. Ih. | 2.OrdnungPleurobranchia v. Ih. 1 Cf. DE Konınck, Notice sur la famille des Bellerophontidae. Annal. de la Soc. geol. de Belgique. IX. p. 72. 4882 und Zırreı, Handbuch der Palaeontologie, Bd.I. 2. Abth. 1882. p. 149 ff. 526 H. v. Ihering, 3. Ordnung Steganobranchia v. Ih. 4. Ordnung Branchiopneusta v. Ih. 5. Ordnung Nephropneusta v. Ih. Als fremdartig in diesem Systeme erscheinen nur die besser zu den Würmern zu stellenden Amphineuren und Rhodope. Allein letz- tere muss gleichfalls zu den Mollusken gezogen werden, wenn man Neomenia und Chaetoderma zu ihnen stellt. Wenn diese Fragen un- bedingt noch als offene anerkannt werden müssen, so scheint mir es keinerlei Zweifel zu unterliegen, dass eine Klasse der Gastropo- den nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, weil die Cochliden durch die Zeugobranchien viel nähere Beziehungen zu den Solenocon- chae, Amphineura etc. erkennen lassen als zu den Ichnopoden, die eine sehr natürliche in sich abgeschlossene Gruppe bilden, welche keinerlei nähere Beziehungen oder gar Übergangsglieder zu den Cochliden auf- zuweisen hat. Es ist in der That eine wunderbare Erscheinung, wie zähe Vor- urtheile gerade bei den Mollusken sich jedem Fortschritte entgegen- stellen. So wird in den Lehrbüchern, z. B. in dem mit besonderem Fleiße ausgearbeiteten von Lupwie!, noch die Ordnung der Pulmonata beibehalten, trotzdem ich deren Unhaltbarkeit nachgewiesen. Sieht man die Begründung derselben an, so ist als einziges stichhaltiges Moment die Lungenathmung angeführt. So werden alle gegen eine solche unnatürliche Gruppirung redenden anatomischen Momente igno- rirt, zu Gunsten eines physiologischen Gesichtspunktes. Eben so wird die Gruppe der Pulmonata operculata noch beibehalten, in welcher sich Taenioglossen und Rhipidoglossen, Chiastoneuren und Orthoneuren fried- lich in ein und derselben Familie vereinigen müssen. Es ist jedenfalls inkonsequent, dass man dann nicht auch noch die anderen luftathmenden »Prosobranchia« mit dieser bunten Gesellschaft vereint, also Cremnocon- chus von den Littoriniden, Ampullaria u. A. Mit demselben Recht, wie man die Luftathmer als solche im Systeme zusammenpfercht, könnte man auch eierlegende und lebendig gebärende Fische, Reptilien etc. je nach diesem Fortpflanzungsmodus trennen oder vereinen, oder die Gruppe der Eingeweidewürmer aufrecht erhalten und die Parasiten dann in verschiedene Ordnungen vertheilen, je nachdem sie in Lunge, Darm, Blut ete. wohnen. Überall sonst nennt man derartige Klassifikationen nach physiologischen Momenten absurd, nur bei den Mollusken will man sie aufrecht erhalten, um ja nicht über Cuvıer und Mırne EnwaArDS ! Levnıs, Synopsis der Thierkunde. 3. Auflage von H. Lupwıc. Bd. I. 1883, p. 872 ff, Giebt es Orthoneuren ? Ban hinauszukommen! So habe ich z. B. auf das schlagendste nachge- wiesen, dass außer den Prosobranchia noch viele andere Schnecken prosobranch sind, namentlich auch ein Theil der sog. Opistho- branchia, bei anderen, wie bei Siphonaria, opisthobranche und proso- branche Arten in derselben Gattung vorkommen ete. und trotzdem schleppt man diesen Ballast nach wie vor durch Abhandlungen und Lehrbücher, als ob die hervorgehobenen Thatsachen nicht existirten. Ich glaube, dass das eben mitgetheilte System, frei von allen phylogenetischen Hypothesen, lediglich der Ausdruck der Summe von Kenntnissen ist, welche wir zur Zeit hinsichtlich der Mollusken und ihrer Morphologie besitzen. Ich habe die schwächeren Partien, wie namentlich die Systematik der Cochliden, selbst hervorgehoben, glaube aber andererseits, dass es an der Zeit wäre die gänzlich unhaltbaren Opisthobranchien und Pulmonaten aufzugeben, um endlich eine natür- liche Gruppirung der bisher als »Gastropoden« vereinigten Schnecken anzubahnen. Dass innerhalb der Ichnopoden die sog. Pulmonaten so wie zum Theil die Steganobranchien die höchstentwickelten Glieder sind, dass bei den Cochliden die phylogenetisch ältesten Formen die Zeugobranchien sind, und dass diese nicht zu den Ichnopoden, sondern zu den Amphineuren, Scaphopoden etc. nähere Beziehungen erkennen lassen, das sind Ergebnisse meiner langjährigen Molluskenstudien, in denen mich sowohl die Litteratur über die Verwandtschaftsbeziehungen der Cephalopoden (Brock, GROBBEN) als eigene ausgedehnte, größtentheils unpublicirte Erfahrungen im letzten Decennium so wesentlich bestärkt haben, dass ich mit Bestimmtheit von der Zukunft eine gerechtere Würdigung meiner auf Systematik und Verwandtschaftsbeziehungen der Gastropoden bezüglichen Ergebnisse erwarten darf, als sie mir bis- her zu Theil geworden. Rio Grande do Sul, 2. Januar 1887. Nachschrift. Im Begriffe das Manuskript dieser Abhandlung abzusenden, erhalte ich die wichtige Arbeit von J. Brock: »Die Entwicklung des Geschlechts- apparates der stylommatophoren Pulmonaten«, diese Zeitschr., Bd. XLIV, 1886, p. 333—395, Taf. XXII—XXV, welche mich zu einigen ergänzen- den Bemerkungen bestimmt. Brock hat die Entwicklung des Ge- Schlechtsapparates von Limax untersucht und dabei von anderen hier nicht in Betracht kommenden Beobachtungen abgesehen, auch die merkwürdige Entdeckung gemacht, dass sich außer Eileiter und Vas 528 H, von Ihering, deferens noch ein dritter Leitungsweg durch Spaltung des primären Genitalganges eine Strecke weit entwickelt, welcher später wieder verschwindet, und welchen Brock als sekundären männlichen Ge- schlechtsgang deutet. Das Vas deferens dagegen entwickelt sich vom Penis aus als Blindsack desselben und verschmilzt erst später mit dem Ovispermodukt. Es entsteht also das Vas deferens durch Knospung vom Penis aus, wogegen der primäre Geschlechtsgang sich in zwei sekundäre spaltet, von denen Brock den einen als männlichen, den anderen als weiblichen deutet. Hierin nun irrt ohne Zweifel Brock, und würde er sicher davor bewahrt geblieben sein, wenn meine Dar- stellung der vergleichenden Anatomie des Genitalapparates der Ichno- poden, wie ich sie an dieser Stelle mittheilte, früher veröffentlicht worden wäre. Es ergiebt sich, dass die Spaltung des bei vielen Stegano- branchien und Umbrella noch erhaltenen primären Genitalganges, bei den übrigen Opisthobranchien theils zur Bildung von zwei, theils zur Bildung von drei Leitungsbahnen führt. Wenn nun Brock bei den Limaciden uns embryologisch einen triaulen Genitalapparat vorführt, so drängt sich ja ohne Weiteres der Vergleich mit dem triaulen Geni- talapparat von Nudibranchien auf! Es ergiebt sich dann aber auch, dass die von Brock als »männlicher sekundärer Gang« gedeutete Lei- tungsbahn eine weibliche ist. Irgend ein zwingender Grund lag ja ohnehin für Brocr’s Deutung nicht vor, im Gegentheile wies Brock den Ursprung des Vas deferens vom Penis aus nach, und es ist nicht abzu- sehen, warum zwei männliche Leitungswege neben einander bestehen sollten, während auf die Koexistenz zweier weiblicher Leitungsbahnen bei den Dorididen etc. von mir hingewiesen wurde. Während wir aber bisher den triaulen Genitalapparat auf die be- zeichneten Nudibranchien beschränkt wähnten, erfahren wir jetzt durch Brock, dass auch die Limaciden resp. wohl alle Nephropneusten ein solches triaules Stadium des Geschlechtsapparates vorübergehend auf- weisen. Ich kann hierin nur einen Hinweis auf Abstammung von triaulen Opisthobranchien sehen. Ich habe früher schon geltend ge- macht, dass einige Pulmonaten resp. Nephropneusten opisthobranch sind, und dass gerade diese Formen es sind, deren Fühler noch nicht die so charakteristische Einstülpbarkeit der »Stylommatophoren« auf- weisen. Ferner zeigte ich, dass diese Formen noch keinen Ureter be- sitzen, der erst innerhalb der Ordnung erworben ist, wie ich auch darauf aufmerksam machte, dass die vergleichende Anatomie des Spindelmuskels uns auf ursprüngliche Paarigkeit desselben auch bei den Nephropneusten hinweist. In dieser Hinsicht darf man von der Onto- genie von Arion mehr Aufschluss erwarten als von jener der Gattung Griebt es Orthoneuren ? 529 Limax, welche durch den einfachen Spindelmuskel als nackt gewor- dene Vitrinide erwiesen wird. Mit Bezug hierauf wird es auch kaum als zutreffend gelten können, wenn Brock von den bei einer Limaxart gemachten Erfahrungen aus, welche einen nahe an oder auf die Penis- basis gerückten Ursprung des Receptaculum seminis erwiesen, das Receptaculum als Theil des männlichen Leitungsweges in Anspruch nehmen möchte. Dasselbe gehört aber, wie die vergleichende Anato- mie lehrt, und sicher in Zukunft auch die vergleichende Embryologie bestätigen wird, dem weiblichen Leitungswege an. Es dient stets zur Aufnahme der Samenpatrone resp. des bei der Begattung übertragenen Samen, der seinerseits dann aufwärts zu wandern hat bis zur Vesicula seminalis, in deren Nähe die Befruchtung erfolgt. Als eine gleichfalls unwesentliche und allgemeiner Verbreitung entbehrende Einrichtung bei einigen Limaxarten (Agriolimax) sehe ich die bisweilen zu beobachtende rudimentäre Entwicklung des männ- lichen Genitalapparates an. Im Gegensatze zu Brock gilt mir es als ausgemacht, dass der Hermaphroditismus der Ichnopoden kein erwor- bener, sondern ein ursprünglicher ererbter ist. Es giebt keine anderen als zwitterige Ichnopoden, bei den sämmtlichen Opisthobranchien, den phylogenetisch älteren Formen der Klasse, ist derselbe stets in Zwitter- drüse und übrigem Genitalapparat so deutlich ausgesprochen, dass nicht der mindeste Anhalt sich für die Hypothese bieten könnte, diesen Hermaphroditismus als einen sekundären, erworbenen anzusehen. Auch darin kann ich Brock nicht beipflichten, wenn er (p. 369) den Penis von Limax, wenigstens auf früherer embryologischer Stufe, jenem der Prosobranchier vergleichen möchte. Der Penis von Limax, wie von den Nudibranchien auch, ist nur der modifieirte Endabschnitt des Vas deferens, also eines im Inneren des Körpers entstehenden Eingewei- des, dessen mesodermalen Ursprung Brock nachwies. Dagegen ist der Penis der CGochliden ein Hautlappen, zum größten Theil jedenfalls dem Ektoderm entstammend, über dessen Ableitung etc. ich im Voraus- gehenden Näheres mitgetheilt. Ganz verschieden vom Penis der Nudi- branchien ist jener der Steganobranchien, welcher mit der Geschlechis- öffnung nur durch eine lange flimmernde Furche verbunden ist. Eine Gelegenheit, die Einheit der Gastropoden zu retten, bietet der Ge- schlechtsapparat durchaus nicht, und vergleichend-anatomisch bleibt in Zukunft unbedingt nichts Anderes übrig als die Verhältnisse der Cochliden und der Ichnopoden gesondert zu behandeln. Sehr zu bedauern ist es, dass sich Brocr’s Unteruchungen nur auf Limax erstrecken und wir über Limnaeus noch nichts Näheres wissen. Die Ausfüllung dieser Lücke ist eines der dringendsten Postulate für Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 34 990 H. von Ihering, den Fortschritt in der Morphologie der Mollusken. Wenn bei den Lim- naeiden nichts von einem triaulen Spaltungsprocesse existiren sollte, so würde das ein Moment mehr sein für die von mir geforderte. Auflösung der »Pulmonaten«. Brock ist der Meinung, dass der Penis und das Vas deferens von Limnaeus nur durch Lageverschiebung weit nach vorn gerückt sei. Im Gegensatze dazu habe ich schon seit Langem die Ansicht ausgesprochen, dass das Vas deferens der Limnaeen und Auriculiden aus einer Samenrinne hervorgegangen sei, wie ich das für Vaginulus wahrscheinlich machen konnte. Da andere Gründe auf nahe Beziehungen zwischen Auriculaceen und Steganobranchien hinweisen, so vermuthete ich, dass das Vas deferens ersterer aus der Samenrinne letzterer durch Abschnürung hervorgegangen, und dass dieser Bildungs- modus auch embryologisch wohl noch bei den Auriculaceen, vielleicht auch noch den Limnaeen zum Ausdruck gelange !. Möchten bald ein- gehende Untersuchungen zeigen, welche dieser beiden Vermuthungen der Wahrheit entspricht. Je nachdem dieselben ausfallen, wird sich der Geschlechtsapparat der Limnaeen als weitere Entwicklungsstufe eines diaulen (Brock) oder monaulen (v. Inerıng) Genitalapparates er- weisen. In jedem Falle aber wird der Anknüpfungspunkt bei den Opisthobranchien zu suchen sein, da die übrigen Organisationsverhält- nisse nicht gestatten die Limnaeen direkt von Nephropneusten abzu- leiten. Dieses erkennt auch Brock an, wogegen er meint, dass gegen meine Ansicht, dass beide Abtheilungen der Pulmonaten von Opistho- branchien unabhängig sich abzweigten, die Homologie des Penis? spreche. Diese Ansicht kann ich nach meinen sehr ausgedehnten Er- fahrungen über den Genitalapparat der Nudibranchien ete. nicht theilen, während allerdings bezüglich der Prosobranchier, wie Brock selbst anerkennt (p. 367), die Verhältnisse anders liegen. Es macht sich eben in Broc’s Diskussion überall störend geltend, dass er noch an der Idee der »typischen Gastropoden « festhält, während doch die Verhält- nisse der Gochliden und der Ichnopoden so total verschieden sind, dass man bei der vergleichenden Diskussion sich jeweils nur innerhalb der begrenzten Ordnung der CGochliden oder der Ichnopoden halten sollte, um festen Boden unter den Füßen zu behalten. Wie immer die Zu- kunft das Verhältnis beider erweisen mag, so ist es doch sicher, dass 1 H. v. Iaerıng,, Über die systematische Stellung von Peronia. Erlangen 1877. p- 30. 2 Ob eine solche besteht, ist eine ungelöste Frage, da weder die Verhältnisse von Peronia — Vaginulus — Arion aufgeklärt sind, noch die Entwicklung des Penis und Vas deferens von Limnaeen und Auriculaceen bisher sicher verfolgt ist. Der männliche Geschlechtsappara' von Peronia weist ja auf die Steganobranchien hin. Giebt es Orthoneuren ? 531 wir weiter und rascher zum Ziele kommen, wenn wir uns nur an die sicher und wohl umgrenzten Gruppen halten, als wenn wir uns einen »typischen Gastropoden« aus den heterogensten Gruppen zusammen- konstruiren. Wenn meine Deutung von Brocx’s sekundären männlichem Ge- schlechtsgange richtig ist, so fallen seine Homologisirungen in Betreff des Vas deferens und Penis hinweg. Es liegt in der That, so fern man nur Lage und Bau betrachtet, nicht der mindeste Grund vor, den Penis und das Vas deferens der Nephropneusten nicht jenem der Nudibran- chien homolog zu erachten, während für die Deutung der gleichen Theile bei den Branchiopneusten erst entscheidende Untersuchungen, zumal embryologische abzuwarten sind. Bei Nephropneusten wie Nudi- - branchien ist der Penis nur das modifieirte, theilweise durch Invagina- tion zu einer Glans ausgebildete distale Ende des männlichen Leitungs- apparates. Bestehen somit noch wesentliche Differenzen in der Deutung zwischen Brock und mir, und bedarf hier noch Vieles der Aufklärung, so glaube ich doch annehmen zu dürfen, dass durch unsere beidersei- tigen Beobachtungen und Folgerungen die Richtung gewiesen ist, in welcher weitere Studien sich zu bewegen haben, durch welche wir hoffen dürfen einst zu einem vollen Verständnisse der vergleichenden Morphologie des Geschlechtsapparates der Ichnopoden zu gelangen. Rio Grande do Sul, 18. Januar 1887. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIV. Fig. 1. Thier von Ampullaria canaliculata mil freigelegtem Boden der Lunge. Über dem rechten Fühler das Ende der Kieme. Fig. 2. Nervensystem von Ampullaria canaliculata. Bu, Buccalganglion ,; Ce, Cerebralganglion; Pe, Pedalganglion,;, Co, Kommissuralganglion ; vi.co, Visceral- kommissur; A.vi, Ansa visceralis. Fig. 3. Kiemenblatt von Ampullaria canaliculata. l!, Limbus. Fig. 4. Kiemenblatt von Trochus sp. !, Limbus; st, Stigma. Fig. 5. Nervensystem von Cyelostoma elegans. Hier wie in Fig. 6 ist die Visce- ralkommissur blau gehalten. Ce, Co, Pe, wie in Fig. 2; ps, Pseudobranchie; Sp, Supraintestinalganglion; Sb, Subintestinalganglion ; Ab, Abdominalganglion. Fig. 6. Nervensystem von Cerithium vulgatum. Buchstaben wie in Fig. 5. Br, Branchialganglion; K, Kieme. Fig. 7. Rectum (R) und Ende der Samenrinne (Sr) von Vermetus gigas. a, Anus. Fig. 8. Rectum und Uterus (Ut) von Tritonium corrugatum. G, schlitzförmige Geschlechtsöffnung. 34* [20 Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. Von Dr. J. Brock in Göttingen. Mit Tafel XXV. Plotosus Lacep. ist ein Genus der formenreichen Familie der Silu- Ei; roiden, welches zwar arm an Arten und auf das indo-pacifische Faunen- gebiet beschränkt ist, innerhalb desselben aber sich eben so sehr durch Häufigkeit des Vorkommens wie durch weite Verbreitung auszeichnet. Die etwa 15 beschriebenen Arten werden von GÜNTHER in drei zusam- mengezogen, nämlich Pl. anguillaris (Bloch) Lacep., Pl. canius Buch. und Pl. limbatus C. V., während einige der früher hierher gerechneten Arten zu dem Range von besonderen Genera Gopidoglanis Gnthr. und Gnidoglanis Gnthr. erhoben worden sind. Pl. anguillaris, welchen Bresker den gemeinsten altweltlichen Siluroiden nennt, findet sich über das ganze indo-pacifische Gebiet von Zanzibar bis Polynesien überall häufig an schlammigen Küsten oder in dem Brakwasser der "\i Flussmündungen, der größere P. canius ist auf das Gebiet von Britisch Indien und den Indischen Archipel beschränkt, P. limbatus endlich soll nur der vorderindischen Halbinsel eigenthümlich sein. Wie die Synanceia verrucosa der Korallenriffe, der Trachinus draco der euro- © päischen Küsten u. A., werden alle Arten von Plotosus von den Fischern wegen der mit ihren Flossenstacheln verursachten Wunden auf das äußerste gefürchtet; nach dem übereinstimmenden Zeugnis vieler zu- verlässiger Reisender hat man danach starke phlegmonöse Entzündun- gen mit länger anhaltenden Lähmungen des verletzten Gliedes, in ein- zelnen Fällen sogar Gangrän und Tod eintreten sehen. Neben dieser wenig anmuthenden Eigenschaft ist Plotosus aber noch durch den Besitz einer morphologischen Eigenthümlichkeit aus- gezeichnet, welche meines Wissens bisher bei Knochenfischen ihres Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. 533 Gleichen nicht hat. Es ist das jenes baumförmig verästelte drüsige Gebilde, welches der äußeren Haut unmittelbar hinter dem After und der Urogenitalpapille ansitzt. Es fällt sofort in die Augen, wenn man den Fisch von der Bauchseite her betrachtet, und es ist daher nicht weiter wunderbar, dass es schon seit geraumer Zeit bekannt und von einer ganzen Reihe von Beobachtern, freilich ohne dass der eine von den Wahrnehmungen des anderen etwas wusste, beschrieben und ab- gebildet worden ist. Der Erste!, bei dem ich eine Bemerkung über das fragliche Organ finde, ist der ehrwürdige Vater der wissenschaftlichen Ichthyologie, M. E. Brocn. Derselbe sagt von seinem Platystacus (Plotosus) anguilla- ris?: »Hinter dem After sehe ich eine kegelförmige Warze oder den Legedarm, und hinter diesem einen doppelten Hautansatz, welcher sich in viele gefranste Enden zertheilt, und vielleicht wie bei den Nadelfischen zur Aufnahme der Eier dient. « Sehr unklar sind die Angaben Lacrrtpe'’s , der jetzt der Zeit nach folgt. Nähme er nicht ausdrücklich auf die BLocn’sche Beobachtung Be- zug, so könnte man zweifeln, was er überhaupt meint. Vielleicht hat ihm nur ein stark macerirtes Exemplar zur Beschreibung vorgelegen. Anscheinend ohne die Beobachtungen Brocws, auf welche bei RürpeLı ! auch nur kurz hingewiesen wird, zu kennen, gab sodann VALEN- CIENNES in dem großen, in Gemeinschaft mit Guvier unternommenen Fischwerke die genaueste und ausführlichste Beschreibung unseres Organs, welche in der Litteratur überhaupt bis jetzt existirt®. Sie schildern das Organ als zweilappig gestielt und in einer Einsenkung der Bauchhaut liegend; der Stiel setzt sich in eine Röhre fort, die sich an den letzten Rückenwirbel heftet. Über die Funktion enthalten sie sich jeder Vermuthung, verfehlen aber nicht hervorzuheben, dass ein unmittelbarer Zusammenhang mit den Harn- und Geschlechtsorganen 1 Bei Gelegenheit der nachfolgenden Litteraturübersicht dürfte die Bemerkung nicht überflüssig sein, dass mir mehrere wichtige, auf das indo-pacifische Gebiet bezügliche faunistische Arbeiten, so die über die Fische von Zanzibar von GÜNTHER- Prayraır und über die Fischfauna von Britisch Indien von HanıLron BuchAanan und von Day unzugänglich geblieben sind. 2 M. E. Brocn, Naturgeschichte der ausländischen Fische. Thl. 8. Berlin 1794. p. 99. 3 LAckpepE, Histoire naturelle des poissons. A Paris !’an XI. p. 131. 4 E. Rürpert, Neue Wirbelthiere zu der Fauna von Abyssinien gehörig. Frank- furt a. M. 1835—1840. Fische p. 76. > Cuvier et VALENCIENNES, Histoire naturelle des poissons. T.XV. AParis4840, p. 4A, 47, 534 J. Brock, nicht besteht. Im Auszug finden sich diese Angaben im Regne anımal | illustre wieder. Die jetzt folgenden Erwähnungen unseres Organs bringen nach die- ser Beschreibung nichts Neues mehr, beschränken sich vielmehr nur auf flüchtige Bemerkungen. Ich habe solche gefunden bei Lesson !, Rıcnarn- son ?, Gantor 3 und Berker . Die einzigen unter den vielen Abbildun- sen von Plotosusarten, welche etwas von dem in Rede stehenden Organ zeigen, die in dem großen Bıerker’schen Atlas’, müssen wenigstens mit Bezug auf diesen speeiellen Punkt als ziemlich roh bezeichnet wer- den. In neuerer Zeit hat sich dann noch Kner® näher mit den frag- lichen Gebilden beschäftigt. Seine ausführliche Beschreibung ist zu loben, bringt aber, da sie sich auf die gröber anatomischen Verhältnisse beschränkt, gegen die Histoire des poissons kaum etwas Neues, was der Verfasser übrigens nicht verfehlt selbst hervorzuheben. Unter der Ausbeute meiner indischen Reise fanden sich vier noch sehr jugendliche Exemplare von Plotosus anguillaris. Diese allein haben der nachfolgenden Darstellung zur Grundlage gedient, und es ist bei dieser Beschränktheit des Materials leicht möglich, dass es mir nicht in allen Punkten geglückt ist, das Typische vom Individuellen zu son- dern. Es muss für diesen Fall die Nachsicht des Lesers in Anspruch genommen werden. Betrachtet man einen Plotosus von der Bauchseite, so fällt zunächst etwas hinter den Bauchflossen ein mäßig hoher, vorn abgestumpfter Kegel in die Augen, auf dessen oberen Fläche sich eine von wulstigen, in koncentrische Falten gelegten Rändern umgebene Öffnung befindet (Fig. I a). Es ist das der After. Hinter dem After bemerken wir eine viel kleinere schlanker verjüngte Papille, welche nach hinten umge- legt erscheint (Fig. 4 p.ug), die allen Siluroiden zukommende Papilla urogenitalis, das gemeinsame Mündungsfeld der Harn- und Ge- ! Lesson, Voyage S. M. corvette Coquille. Zoolog. Tom Il. A. Partie. Paris 1830. p. 132. | 2 RıcnArDson and GrAY, Voyage of the Erebus and Terror. Zoology. Part I. London A844. p. 34. 3 GANToR, Catalogue of Malayan fishes. Journ. asiat. soc. Bengal. Vol. 18. P.II. 1849. p. 1246. 4 P. BLEEKER, Nalezingen op de ichthyologische Fauna van Bengalen en Hin- dostan. Verhandel. van het Bataviaasch. genootsch. kunst. wetensch. Deel XXV. 1853. p. 126. — Atlas ichthyologique des Indes Neerlandaises. P. II. Amsterdam 1862. p. 97. 5 Atl. ichthyol. Pl. XCVM. Fig. 2. 6 R. Kner, Ichthyologische Beiträge. Sitzungsber. Wien. Akad. math.-naturw. Klasse. Bd. XVII. 1855. p. 151—154. Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. 535 schlechtsorgane. Unmittelbar dahinter breitet sich das drüsige An- hangsorgan (Fig. 1 app) aus, das uns hier näher beschäftigen soll '. Dasselbe präsentirt sich unter der Gestalt etwa eines flachen Kuchens, von unregelmäßig kreisförmigem, bisweilen nahezu vierecki- gem Umriss, doch überwiegt bald der Querdurchmesser den Längsdurch- messer, bald — und das scheint mir das Häufigere zu sein — findet das Umgekehrte statt. Um eine Vorstellung von seinen Dimensionen zu ge- ben, will ich erwähnen, dass z. B. bei einem 10 cm langen Individuum der Querdurchmesser eirca 3, der Längsdurchmesser circa 4 mm betrus. Eine sehr verschieden deutlich ausgesprochene Längsfurche theilt das Organ in zwei demgemäß verschieden scharf begrenzte symmetrische Längshälften, welche nach hinten bisweilen in zwei stumpf konische Zip- fel ausgezogen sind. Die Papilla urogenitalis legt sich in die Längsfurche hinein und hilft so den Eindruck der Zweitheiligkeit noch verstärken. Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint das ganze Organ aus zarten drüsigen Läppehen zusammengesetzt. Ich wüsste im ganzen Thierreich nichts, womit ich es seinem äußeren Habitus nach so tref- fend vergleichen könnte, als mit den Venenanhängen oder dem soge- nannten Pankreas der dibranchiaten Gephalopoden. Bei näherem Eingehen zeigt sich nun, dass das Organ aus den wiederholten Verästelungen eines kurzen dicken Kammes hervorgeht, einem Baume mit kurzem Stamm und weit ausgebreiteten, weit ver- ästelten Zweigen zu vergleichen. Dieser Stamm, welcher der Rück- seite der Papilla urogenitalis unmittelbar aufsitzt, liegt im Mittelpunkt einer kleinen flachen Einsenkung, in welche das ganze Organ so ein- gebettet ist, dass es mit seiner Oberfläche nur wenig über die Bauch- gegend des Fisches vorspringt (vgl. Fig. 2). Die Basis des Stiels umgiebt ein besonders hinten gut ausgesprochener kragenförmiger Wulst, der 1 Wie Dr. Güntuer die Güte hatte, mir brieflich mitzutheilen, fehlt das Organ allen Arten der nahe verwandten Gattungen Copidoglanis und Cnidoglanis mit Aus- nahme von Copidoglanis albilabris (C. V.) Gnthr. (Plotosus albilabris C. V.). Die Frage, ob das Organ zur Genusdiagnose mit verwendet werden solle oder nicht, er- klärt Dr, GüntHer für eine schwer zu entscheidende. Ich wäre geneigt, in bejahen- dem Sinne zu antworten, trotz der unbekannten Funktion des Organs, da dasselbe morphologisch wenigstens ein Unicum in der ganzen Klasse der Fische, ja unter den Vertebraten überhaupt darstellt, da es ferner, wenn auch vielleicht funktionell mit den Geschlechtsorganen verknüpft, doch sicher schon längst vor der Ge- schlechtsreife da ist, wie meine Exemplare lehren, und endlich die unterscheidenden generischen Merkmale von Plotosus, Copido- und Cnidoglanis von weit geringerer Bedeutung erscheinen. Erkennt man dem Vorhandensein oder Fehlen des dendri- ‚tischen Organs bei der Begrenzung des Genuscharakters Bedeutung zu, so würde, ‚wie Dr. GüntHEr meint, Copidoglanis albilabris C. V. am besten wieder mit Plotosus ‚zu vereinigen sein, 936 | d. Brock, aus einer Hautduplikatur hervorgeht. Doch scheint die Entwicklung. | { dieser Duplikatur großen Schwankungen zu unterliegen, da ich sie an „weien meiner Exemplare kaum in Spuren nachweisen kann. Der gemeinschaftliche Stamm des ganzen Organs (Fig. 3 fun) ist, wie gesagt, nur kurz; er spaltet sich bald in zwei Zweige, deren wei- tere Verästelungen so angeordnet sind, dass die medianen, einander zugekehrten Flächen der Stiele keine Verzweigungen tragen, sondern frei bleiben (vgl. Fig. 3). Auf diese Weise kommt die Längsfurche zu Stande, welche das ganze Organ in zwei Hälften sondert. Die weiteren Verästelungen sind nicht sehr zahlreich, dabei häufig, aber durchaus nicht immer dichotomisch, die letzten Enden sind zarte keulenförmige, seitlich stark zusammengedrückte durchscheinend blattartige Läppchen, welche überall an der Oberfläche sich dicht an einander legen und dem Organ seinen äußeren Habitus verleihen. Nach dem übereinstimmenden Zeugnis von VALENCIENNES (l. c. p. 417) und Kne (l. e. p. 153) setzt sich der Stiel des Organs in einen sehnigen Strang fort (sorte de tendon«), »der sich an die untere Apophyse (also Hämapophyse nach der modernen Nomenklatur) des letzten Bauchwir- bels inserirt, unterhalb des knöchernen Ringes, durch welchen die Aorta zieht«. Ich finde bei näherem Zusehen, dass der sehnige Strang (Fig. 2 /un) sich bald in zwei Schenkel theilt, von denen der hintere stärkere sich an die Hämapophyse eines Wirbels (Fig. 2 v”) ansetzt, der alle Charaktere eines echten Gaudalwirbels trägt (geschlossene untere Bogen, wohl ausgebildete Hämapophyse) und wohl als echter Gaudal- wirbel bezeichnet werden kann, während der in der Reihenfolge nach vorn auf ihn folgende (Fig. 2 v’), an dessen unteren Bogen (denn von einer eigentlichen Hämapophyse kann man nicht mehr reden) sich der vor- dere schwächere Schenkel ansetzt, mit seinem Vordermann zusammen Übergangswirbel zwischen echten Caudal- und Abdominalwirbeln bil- den, wie sie bei Fischen so häufig vorkommen. VALENCIENNES rechnet diese beiden Wirbel, wie aus seiner Beschreibung des Skeletts des Pl. limbatus hervorgeht (l. ec. p. 424), noch zu den Abdominalwirbeln. Die Kner’sche Angabe, dass das dendritische Organ beiden Ge- schleehtern zukommt, kann ich leider nicht direkt bestätigen, obwohl ich sie für richtig halte — hat doch bisher noch Niemand ein Exemplar von Plotosus ohne den Anhang beschrieben. Aber bei meinen Exem- plaren vereitelten schlechte Erhaltung der Baucheingeweide und zu große Jugendlichkeit fast durchweg eine sichere Bestimmung des Ge- schlechts; das einzige was davon eine Ausnahme machte, erwies sich als Weibchen. Bei einem Exemplar von Plotosus canıus der Göttinger Sammlung Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. 537 war das Organ noch mehr in die Augen fallend, was wohl damit zu- sammenhängen mag, dass das Organ in eine weit schwächere Depres- sion der Bauchwand eingelagert war und somit mehr über die Körper- oberfläche vorsprang. Auch die Papilla urogenitalis ist schwächer entwickelt. Die bei P. anguillaris angebahnte Zweitheilung des ganzen Organs ist ganz durchgeführt, indem auch der dort noch gemeinschaft- liche Stiel hier bis auf die Wurzel gespalten ist. Die Drüsenläppchen sind entsprechend dem Habitus des ganzen Organs mehr verlängert und ihre Verästelungen machen mehr den Eindruck des Fingerförmigen. Somit stimmt mein Befund im Wesentlichen mit den Angaben früherer Beobachter überein. Die mikroskopische Untersuchung ergiebt manches recht Bemer- kenswerthe. Die Durchsichtigkeit der einzelnen Drüsenläppchen be- ruht auf einer sehr augenfälligen Verdünnung ihres bindegewebigen Stromas. Das ganze Organ wird vom Stiel bis in seine feinsten Ver- zweigungen von ungeheuer entwickelten Bluträumen eingenommen, die zum Theil noch mit geronnenem Blute dicht gefüllt sind (Fig. 3 s). Diese Bluträume sind begrenzt von mächtigen Balken (Fig. 3 m), welche überwiegend in der Längsrichtung der einzelnen Zotten angeordnet sind, so dass die Bluträume polygonale langgezogene Maschen bilden, welche unter einander in offener Verbindung stehen. Sehr häufig ver- läuft ein stärkerer Balken in der Achse einer Zotte, von welchem dann fächerartig nach den Seiten sekundäre Bälkchen ausstrahlen. Jeden- falls bleiben die Bluträume, welche einen Querdurchmesser von 0,1 mm erreichen können, immer so groß, dass auf einem Längs- oder Quer- schnitt selten mehr als zwei bis drei neben einander zu sehen sind. Das Material, aus dem die Balken sich aufbauen, sind ausschließlich glatte Muskelfasern (vielleicht in spärlicher bindegewebiger Grund- lage), welehe überwiegend der Längsachse der Balken parallel ange- ordnet sind. Alle Bluträume sind ausgekleidet von einem schönen ein- schichtigen polygonalen Pflasterepithel mit großen runden Kernen. Kenner der Wirbelthierhistologie werden schon während der Beschreibung bemerkt haben, dass wir hier ein typisches caver- nöses Gewebe vor uns haben. Das ist aber in zweierlei Beziehung merkwürdig. Erstens nämlich, weil diese Gewebsform meines Wissens bisher bei Knochenfischen, ja bei niederen Vertebraten überhaupt noch niehtnachgewiesen ist!, dann aber, weil wir ! »Erektiles« Gewebe soll angeblich in dem penisähnlichen Organ, welches wie vielen Blenniiden, so auch Clinus (Blennius) superciliosus (L.) C. V. zukommt, sich finden (Cuvier et DUvERNOY, Lecons d’anat. comp. 9. ed. T. XI. Paris 1846. p. 303). An der Stelle jedoch, auf welche sich Duvernoy beruft, nämlich in der Histoire des 538 J. Brock, mit ziemlicher Bestimmtheit nach Analogie annehmen können, dass ein Organ, in dem wir cavernöses Gewebe in überwiegender Menge vertreten finden, auch erektilsein muss. Für Letzteres haben wir keine direkte, auf Beobachtung gestützte Beweise, aber die unabhängig von einander abgegebene Versicherung mehrerer Autoren !, dass das Organ im Leben »lebhaft karmoisinroth« ist, kann nur auf eine unge- wöhnliche Blutfülle desselben, wie wir sie für erektile Organe voraus- setzen müssen, bezogen werden. Mit Bezug auf die näheren Kreislaufsverhältnisse muss eine Unter- suchung, welche sich nicht auf Injektionspräparate stützen kann, nothgedrungen Vieles dunkel lassen. So viel ist sicher, dass die wei- ten Bluträume, welche fast das ganze Organ einnehmen, analog den Verhältnissen bei den höheren Vertebraten dem venösen Abschnitte des Kreislaufs angehören. Gehen wir von dem innerhalb der Bauch- höhle verlaufenden Stiel des Organs aus, so finden wir in ihm — neben- bei bemerkt besteht er ganz aus lockerem Bindegewebe — eine sehr große Vene von eirca 0,1 mm Durchmesser, zusammen mit zwei bis drei kleineren Arterien von eirea 0,03 mm. Den Ursprung dieser Ge- fäße habe ich nicht verfolgt, doch dürfte man mit der Annahme nicht fehl gehen, dass sie direkt aus der Bauchaorta resp. den Gardinalvenen stammen. Während die Vene durch die direkte Erweiterung und Thei- lung in die cavernösen Bluträume des dendritischen Organs (wie es“ Kner passend nennt) übergeht, steigen die Arterien resp. die aus deren Theilungen hervorgegangenen kleineren arteriellen Verzweigungen innerhalb der muskulösen Scheidewände direkt in den Zotten des Or- gans in die Höhe und sind hier oft nahe bis zur Spitze nachweisbar. Verfolgt man weiter die Hohlräume des cavernösen Gewebes in die Zotten hinein, so sieht man dieselben nur durch allmähliche Verschmä- lerung in gewöhnliche kleine Venen übergehen. Wie an der Spitze der Zotten diese kleinen Venen mit den oben erwähnten kleinen Arterien zu- sammenhängen, kann ohne Injektionspräparate nicht mit Sicherheit fest- gestellt werden; da man indessen die gleich zu erwähnenden Drüsen- krypten sehr häufig von zierlichen Gapillarnetzen umsponnen sieht, so ist es fast gewiss, dass der Übergang kein direkter ist, sondern dass zwischen beide ein Capillarkreislauf sich einschiebt. Das erektile Organ von Plotosus stimmt daher mit denen der Säuger darin überein, dass die erweiterungsfähigen Bluträume venöse poiss. T. XI. A Paris 1836. p. 363, spricht Cuvırr nur von einem starken Muskel, den er in diesem penisähnlichen Organ gefunden hat und den er (wie es scheint ganz willkürlich) mit dem Bulbocavernosus der Säugethiere vergleicht. I E. Rüpper, 1. c. — Cantor, 1. c. p-. 1248, 4249, Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. 539 sind, es unterscheidet sich aber in dem wichtigen Punkte, dass letztere hier wirklich in den Verlauf von Venen eingeschaltet sind, wo sie physiologische venöse Aneurysmen darstellen, während in den caver- nösen Organen der Säuger die Capillaren sich direkt in die cavernösen Bluträume ergießen, letztere also zwar schon venöser Natur sind, aber doch die wahren Venen erst aus sich hervorgehen lassen. Die äußere Begrenzung des ganzen Organs wird durch eine auf . das äußerste verdünnte Bindegewebsschicht, eine Art von »Basement- membran«, die der Cutis gleichzustellen ist, gebildet. Darauf folgt ein Epithelüberzug, dessen nähere Verhältnisse ebenfalls nicht ohne Inter- esse sind. Das Epithel (Fig. 4) erscheint nämlich unter dem Bilde einer gewöhnlichen mehrschichtigen Wirbelthierepidermis, in welcher aber die unterste Zelllage des Marrisnr'schen Netzes (Fig. 4 ep) sich in eine kontinuirliche Schicht von Drüsenzellen (Fig. 4 dz) umgewandelt hat. Wenigstens fasse ich als Drüsenzellen, wenn auch noch nicht in Funk- tion getretene, jene hohen prismatischen Gylinderzellen mit dem etwa mittelständigen runden oder ovalen Kern und dem gleichmäßig trüben Protoplasma auf, das auch in einem so ausschließlichen Kernfärbe- mittel, wie GrenacHer’s Alaunkarmin, eine leicht violette Färbung an- nimmt. Die Anordnung dieser Zellschicht ist keine geradlinige, viel- mehr werden durch Einfaltungen gegen die Cutis, die in ziemlich regelmäßigen Abständen auftreten, seichte Krypten gebildet (Fig. 4 Ip). Die darüber lagernde Epidermis, die sonst das ganze Gebilde in der normalen Mächtigkeit einer Fischepidermis überzieht, senkt sich auch in die Drüsenkrypten ein, innerhalb welcher sie sich aber regelmäßig bis auf eine einzige Zelllage zu verdünnen pflegt. In der ununterbrochenen Epidermisdecke, welche die Drüsenzel- len überzieht, scheint ein unüberwindliches Hindernis für den Weg des Sekretes nach außen und also auch eine große Schwierigkeit für die versuchte Deutung der untersten Zellschicht als drüsig gegeben. Wir erinnern aber daran, dass sämmtliche untersuchten Thiere noch sehr jung und jedenfalls noch weit von der Geschlechtsreife entfernt waren, dass das fragliche Organ aber, so dunkel auch seine Funktion bleiben muss, physiologisch doch höchst wahrscheinlich mit der Ge- schleehtsthätigkeit.in irgend welchem Zusammenhange stehen dürfte. Es wird also erst mit Eintritt der Geschlechtsreife in Funktion treten, welche ihm dadurch ermöglicht wird, dass die die Drüsenzellen deckende Epidermisschicht einer Abstoßung unterliegt, und man kann in der Verdünnung der Epidermis in den Krypten ganz ungezwungen den ersten Schritt dazu erblieken. Ältere Individuen einer -Plotosus- species in genügend guter Konservation, um die Richtigkeit des Gesag- 540 J. Brock, ten daran direkt zu prüfen, standen mir leider nicht zu Gebote; sind aber die vorstehend entwickelten Anschauungen im Wesentlichen rich- tig, so ist klar, dass hier ein eben so neuer alsmerkwürdiger Typus von Hautdrüsen bei Fischen vorläge. Über die Funktion dieses räthselhaften Organs kann ich mich, trotz der erweiterten Kenntnis seines Baues, eben so wie BrocHn und VALEN- CIENNES nur in Vermuthungen äußern. Dass es zur Geschlechtsfunktion in irgend einer Beziehung stehen muss, macht seine Lage höchst wahr- scheinlich, das ist aber auch Alles, was mit einiger Sicherheit vertreten werden kann. Brocn vermuthet, dass sie zur Befestigung der Eier, also einer Brutpflege dienen, und in der That sollen bei der merkwürdigen indo-paeifischen Lophobranchiergattung Solenostoma die Eier an faden- ähnlichen Gebilden befestigt sein, die von den Wänden der Bruttasche ausgehen. Dieser Auffassung steht aber entgegen, dass die Anhänge beiden Geschlechtern zukommen und die Ausübung der Brutpflege durch beide Geschlechter, mit Ausnahme eines einzigen Falles, bei Fischen nicht bekannt ist. Dann ist aber auch zu bedenken, dass Plo- tosus anguillaris ein äußerst gemeiner Fisch ist, welcher nach BL£eker (l. e. p. 99) zeitweise zu Tausenden auf dem Fischmarkt von Batavia erscheint und es ist daher schwer anzunehmen, dass eine solche Brut- pflege, wenn sie bestände, bis jetzt hätte unbemerkt bleiben können. Es ist vielleicht noch am wahrscheinlichsten, dass die Anhänge be- stimmt sind den Geschlechtsprodukten bei ihrem Austritt aus dem Porus genitalis ein Sekret beizumischen, obgleich damit ihre Erektili- tät ganz unerklärt bliebe. Auch der Umstand, dass bei sämmtlichen Verwandten ähnliche Gebilde vollkommen fehlen, trägt nicht dazu bei, die Dunkelheit, welche über der Funktion dieses Organs schwebt, zu lüften. Es wird das voraussichtlich nur durch Beobachtungen am lebenden Thiere zu ermöglichen sein. Göttingen, im März 1887. Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Kuochenfischen. Hal Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV, Fig. 4. Ein junges Thbier von Plotosus anguillaris (Bloch) Lacep., von der Bauchseite, untere Bauchgegend. Lupenvergrößerung. p.abd, Bauchflossen ; p.a, Afterflosse ; a, Afterpapille ; p.ug, Urogenitalpapille ; app, Anhangsorgane des Urogenitalapparates. Fig. 2. Plotosus anguillaris (Bloch) Lacep. Ein junges Exemplar, die Bauch- wand in der Unterbauchgegend von der linken Seite her geöffnet. Lupenvergröße- zung. - | v', letzter Bauchwirbel (resp. Übergangswirbel, vgl. Text p. 536) ; v’’, erster Schwanzwirbel ; v'’’, zweiter Schwanzwirbel; ao.abd, Bauchaorta ; r, Rectum; a, After; og, linkes Geschlechtsorgan (vermulhlich Ovarıum) ; p.g9, Papilla urogenitalis, dahinter die durch Wegnahme ihrer linken Seitenwand geöffnete Einsenkung der Bauchwand, in welcher das baumförmig verästelte app, Anhangsorgan liegt; der Stiel desselben setzt sich in die Bauchhöhle in einem fun, strangförmigen Gebilde fort, das sich an die letzte Rippe heftet; n.l, Nervus lateralis (welcher hier sehr tief, unmittelbar an der Wirbel- säule liegt. Fig. 3. Ein Frontalschnitt durch das Anhangsorgan, schwach vergrößert (WınkeL, Obj. 3, Oc. 1). f.abd, die Einsenkung der Bauchhaut, in welcher es liegt; abd, Bauchwand ; fun, der gemeinschaftliche kurze Stiel, der sich bald in zwei Hauptlappen spaltet; kp, Krypten des Epithels; s, große Bluträume, begrenzt von m, muskulösen Scheidewänden (cavernöses Gewebe); die Bluträume zum Theil mit Blutgerinnseln dicht erfüllt. Fig. 4. Ein kleiner Abschnitt des Drüsenepithels vom vorigen Präparate, stark vergrößert (Wınk&eL, Wasserimm. A, Oc. I). ep, die Epidermis, darunter dz, die Schicht der Drüsenzellen ; bdw, das (sehr schwach entwickelte) submucöse Bindegewebe; m, Balken aus glatter Muskulatur, schon zum cavernösen Gewebe der Zotte gehörig; kp, eine Drüsenkrypte, deren Mündung getroffen ist; kp’, eine nur angeschnittene Drüsenkrypte., Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der | Musciden. Von Prof. A. Kowalevsky in Odessa. I. Theil. Mit Tafel XXVI—XXX. Die äußeren Erscheinungen, welche man bei der Verpuppung der Musciden beobachtet, wurden schon von Professor A. WEISMAnN ge- nau beschrieben, und ich brauche dieselben hier nicht zu wiederholen ; eine geschichtliche Darstellung über die später erschienenen Arbeiten habe ich in meiner »Vorläufigen Mittheilung !« schon gegeben und halte mich desshalb für berechtigt, unmittelbar zur Beschreibung meiner Beobachtungen überzugehen. Nimmt man eine sich zur Verpuppung vorbereitende Larve, so findet man in derselben einige Veränderungen, welche äuberlich be- sonders darin zu bestehen scheinen, dass die Larve ganz weiß wird, zu fressen aufhört, und der entleerte Darmkanal, besonders der Mittel- darm und der Saugmagen sich stark verkürzen und verkleinern; dabei gehen aber auch weiter eingreifende Umbildungen vor, auf welche wir später, bei der Beschreibung der Metamorphose des Darmkanals, näher zurückkommen werden. — Zwischen den jetzt, in Folge der Entleerung des Darmkanals, ziemlich lose liegenden Organen befindet sich ein reich entwickeltes Blutplasma, in welchem sehr viele Butkörperchen (resp. Leukocyten, Phagocyten) schwimmen. Diese große Zahl der Blut- körperchen wurde schon von Weısmann ? gesehen, aber nicht näher ! A. KowaLevsky, Beiträge zur nachembryonalen Entwicklung der Musciden. Zool. Anzeiger. 1885. Nr. 488. p. 98—99. 2 A. WEısmann, Die nachembryonale Entwicklung d. Musciden. Diese Zeitschr. Bd. XIV. p. 264, | Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden, I. 543 beachtet; was aus denselben wird, giebt Weismann nicht an, und sagt nur: »Was die Blutkörperchen betrifft, so habe ich sie schon vor Bil- dung der Körnchenkugeln im Blute nicht mehr auffinden können.« Vıarzangs! spricht schon viel mehr von den Blutkörperchen der Larve und der Puppe selbst. Ihr histologischer Bau bei der Larve, die Anwesenheit des Kernes, wird schon ausdrücklich von ihm hervorge- hoben. — Über den Zustand der Blutkörperchen bei der Puppe spricht sich VıaLLangs sehr unbestimmt aus, er sagt, »pour connaitre avec certi- tude ce que deviennent les globules du sang de la larve quand l’insecte devient nymphe, il convient d’etudier une pupe du premier jour«, aber ın dieser Weise kann man sehr wenig machen, weil am ersten Tage nach der Verpuppung die meisten Blutkörperchen noch ganz so aus- sehen wie bei der Larve; später erst tritt die Veränderung auf. ViAaL- LAnEs schließt mit der Bemerkung: »Les cellules du sang de la larve sont analogues aux leucocytes des Vertebres«, und weiter »On les re- trouve sous cette forme chez la nymphe«. Das ist nur in so weit recht, wenn man unter nymphe den ersten Tag nach der Verwandlung meint, später ist die Sache durchaus anders. — VIaLLangs spricht ferner von besonderen Zerfallzuständen der Blutkörperchen, bildet auch die- selben ab (Taf. X, Fig. 9 a, b, c), aber diese Angaben sind gar nicht beweisend; man findet allerdings auf den Schnitten verschiedene Körn- chen, aber dass es in Zerfall begriffene Blutkörperchen sind, wird durch nichts bewiesen. Über den Zustand der Blutkörperchen in einer weiter entwickelten Puppe sagt Vıarzanes nichts Bestimmtes. | Meine eigenen Beobachtungen stimmen nicht ganz mit den Anga- ben von Weısmann und Viarzangs; was die sehr zahlreichen Blutkörper- chen der Larve betrifft, so finde ich solche in gleicher Zahl auch bei der jüngeren Puppe, wobei die Blutkörperchen noch ihre Form und ihr Aussehen beibehalten; sobald aber Körnchenkugeln aufzutreten begin- nen, vermindert sich dem entsprechend die Zahl der Blutkörperchen ; doch findet man freie Blutkörperchen noch ziemlich lange bei der Puppe, fast während der ganzen Puppenperiode. — Allerdings nimmt mit dem sogenannten Zerfall der Organe die Zahl der typischen Blut- körperchen ab, aber das hängt nicht davon ab, dass dieselben zerfallen, sondern davon, dass die Blutkörperchen sich umgestalten und durch Aufnahme der verschiedenen Bestandtheile der Larvenorgane ihr ur- sprüngliches Aussehen verlieren; sie erleiden dabei eine solche Umge- staltung, dass es eines genaueren Studiums bedarf, um ihren Zusam- *H. Viarcangs, Histologie et Developpement des Insectes. Annales d. Sciences Naturelles. Zoologie. 6me Serie. Vol. XIV. p. 134—135 et suiv. 544 A. kowalevsky, menhang mit den im Blute der Puppe neu auftretenden Elementen resp. den »Körnchenkugeln« zu beweisen. Alle Autoren stimmen darin überein, dass das Auftreten der Körn- chenkugeln mit dem Zerfall der Larvenorgane und Gewebe beginnt, wie aber dieser Zerfall vor sich geht, ist von keinem Autor genauer angegeben ; man kann überhaupt sagen, dass die Beschreibung überall sehr unbestimmt und verworren ist, und das liegt einfach darin, dass man für die Beurtheilung dieser Vorgänge keinen bestimmten Aus- gangspunkt hatte. — Mit dem Auftreten der Phagocytentheorie von E. Merscunikorr ! wurde der Schlüssel gegeben. — In seinen so reichhal- tigen Untersuchungen über die intracellulare Verdauung hat Merscunt- KOFF ? die Rolle, welche die Phagocyten bei der Metamorphose der Echi- nodermen spielen, genau beschrieben und dasselbe auch für die Insekten gewissermaßen vorausgesagt. So viel ist sicher, dass die meisten Lar- venorgane, welche dem Zerfall unterliegen, von den Blutkörperchen resp. Phagocyten zerstört und verspeist werden, dass diese Verspeisung an den Muskeln und der Haut des Kopfes beginnt, und allmählich nach hinten vorschreitet. — Anfangs werden jene Theile aufgefressen, welche den Austritt der Imaginalscheiben des Kopfes und Thorax verhindern; sind dann die Thorax- und Kopfanhänge hervorgetreten, so kommt die Reihe an die Abdominalringe. Ich spreche dabei nicht vom Darmkanal, welcher seine selbständige Geschichte, wie der Zerstörung so auch des Aufbaues hat. Bei der Beschreibung der Processe des Zerfalls der Gewebe resp. der Bildung der Körnchenkugeln brauche ich nicht näher auf die Litte- ratur dieses Gegenstandes einzugehen und habe mich nur an die Dar- stellung der von mir beobachteten Erscheinungen zu halten. Untersucht man eine jüngst gebildete Puppe, aus der ersten oder zweiten Stunde nach der Verwandlung, so findet man die meisten inne- ren Organe noch ungefähr in derselben Form und Lage, wie sie in der Larve lagen. Zur Erläuterung führe ich einen Querschnitt (Fig. 1) aus dem vorderen Ende der jungen Puppe an, aus der Gegend, wo das supraösophageale Ganglion getroffen ist. Um den Ösophagus (oe) sieht man das centrale Nervensystem liegen, in welchem die über dem Ösophagus liegende Kommissur sehr fein ist. Aus dem Bauchstrange (bs) sieht man rechts und links mehrere Nerven austreten. Zu beiden Seiten liegen die Augenscheiben (aus), noch dicht an das Nervensystem gepresst. Weiter nach außen die Querschnitte I Biologisches Centralblatt. 1883. Nr. 18. p. 560. 2 Untersuchungen über die intracellulare Verdauung bei wirbellosen Thieren, Arbeiten aus dem zool. Institut zu Wien. 1883. Bd. V. p. 150. Br ne Men NER? IE : SB Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. 1. 545 der beiden Speicheldrüsen (sp). Zu beiden Seiten und nach oben die verschiedenen Imaginalscheiben noch in ihren Blasen eingeschlossen. Zwischen diesen verschiedenen Theilen liegt der Fettkörper (fk), dessen Zellen noch in derselben Form von Strängen wie bei der Larve liegen. — Fast unmittelbar über dem Gehirn liegt der schon bedeutend zusammengefallene Saugmagen der Larve, dessen Wandungen jetzt kaum noch als vollständig anzusehen sind. Dieselben bestehen im Inneren aus mit großen Kernen versehenen Zellen, welche außen von einer dicken Schicht von Blutkörperchen resp. Phagocyten umgeben sind; viele von den Phagoeyten haben schon einzelne Zellen der Magen- wandung aufgenommen und sich zu den sogenannten »Körnchen- kugeln« umgewandelt. — Außen ist der Körper von einer feinen Outi- eula umgeben, unter welcher man eine Schicht von Hypodermiszellen sieht. Unter diesen liegen dann die Gruppen von Muskeln noch in derselben Lage und Art wie bei der Larve; oben, zwischen den ober- sten äußersten Muskeln, sieht man zwei Gruppen von kleinen Zel- len (z). Zwischen allen diesen Organen findet man das Blutplasma, wel- ches eine große Zahl von Blutkörperchen enthält, von denen die meisten sich direkt an die verschiedenen Theile des Larvenkörpers drängen, besonders zahlreich an die Muskeln und die Haut. — Um diese Ver- hältnisse besser zu zeigen, habe ich die Blutkörperchen mit rother Tinte gezeichnet, so dass dieselben recht scharf von anderen Geweben ab- stechen. Die Zahl der Blutkörperchen, welche man auf den Präparaten sieht, ist bedeutend größer als auf der Zeichnung. Sie sind besonders angehäuft an der unteren Fläche der Hypodermiszellen und an der Muskulatur; auch an den Fettzellen sind sie zahlreich; im freien Plasma findet man dieselben in geringerer Zahl; sie scheinen mehr an den ver- schiedenen Organen und Geweben zu haften. Die Blutkörperchen resp. Leukocyten sehen jetzt noch so aus, wie sie auch bei den Larven aussahen; es sind einfache Zellen mit einem großen Kern und mehr oder weniger stark lichtbrechenden Kernchen;; das Plasma um die Kerne ist viel dichter als an der Peri- | | 8 pherie, wo dasselbe heller ist. — Auf den konservirten Präparaten sehen die Leukocyten etwas anders aus (Fig. 11); erstens sind dieselben viel kleiner, wahrscheinlich kontrahirt, und dann besteht ihr ganzer Inhalt aus sehr kleinen runden Körperchen, die den Leukocyten ein ganz charakteristisches Aussehen ertheilen. Nimmt man eine Puppe von einigen Stunden nach der Verwand- | lung, so findet man schon eine große Umänderung in der Lage der Or- " gane; die Imaginalscheiben erscheinen jetzt bedeutend nach vorn Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, XLV, Bd. 35 548 A, Kowalevsky, verschoben, so dass ein Querschnitt, welcher fast durch dieselbe Ebene in Beziehung auf das Nervensystem geht wie der Querschnitt von Fig. I und den ich in Fig. 2 abbilde, nur sehr wenige Imaginalscheiben trifft, nämlich den hinteren Theil der rechten Blase, in welchem die Kopf- scheiben eingeschlossen sind. Die allgemeine Lagerung der Organe ist sonst dieselbe wie vorher, nur sehen wir auf der rechten Seite eine Reihe der Drüsenzellen (dr), welche in jedem Segmente der Larve auf- treten; die Querschnitte der verschiedenen Tracheen und des Fett- körpers haben für uns kein besonderes Interesse. — Besondere Auf- merksamkeit verdient aber der beginnende Zerfall der Muskeln. — Während auf der Fig. I alle Muskeln ein normales Aussehen hatten, sehen wir auf der Fig. 2 einzelne Muskelbündel, welche, obgleich noch ihre allgemeinen Kontouren bewahrend, doch wie zerbröckelt erschei- nen. Das sind besonders die Muskeln a, d, c,f und eunde’. Schon bei der so geringen Vergrößerung, mit welcher dieser Querschnitt abge- bildet ist, sieht man das anormale Aussehen der Muskelbündel, wel- ches davon abhängt, dass in dieselben Leukocyten resp. Blutkörper- chen eingedrungen sind. — Obgleich die meisten Muskeln der Puppe Blutkörperchen vorn auf ihrer Oberfläche besitzen, sieht man an den oben bezeichneten Muskeln Blutkörperchen auch im Inneren der- selben. Um genauer zu studiren, was in diesen Muskeln vorgeht und in welcher Beziehung dieselben zu den Blutkörperchen stehen, wollen wir einzelne von diesen Muskeln bei stärkerer Vergrößerung unter- suchen. Auf der Fig. 3 ist der Muskel a desselben Querschnittes abge- bildet; derselbe besitzt noch eine sehr deutliche Querstreifung und vier ganz normal aussehende Kerne (Ak); auf der unteren Fläche des Muskels, so wie auch auf der nach innen (links) gerichteten Ecke sind zehn Blutkörperchen zerstreut, welche noch nicht in näherer Beziehung zur Muskelsubstanz stehen; das Blutkörperchen (b) dagegen sieht etwas abweichend aus, namentlich enthält dies Blutkörperchen ein rundes Bläschen — Vacuole —, in welchem ein stark gefärbter runder Körper liegt. Dieses Blutkörperchen liegt an der Stelle, wo man einen Kern des Muskels voraussetzen konnte, und welcher wahrscheinlich auch wirklich dort war, weil wir ihn jetzt im Blutkörperchen treffen. Dass dieser in der Vacuole liegende Körper aber wirklich ein aufgenomme- ner Kern ist, werden wir später beweisen, da auf den weiter fortge- schrittenen Stadien des Zerfalls wir mehrfach Kerne in den sich bil- denden oder auch gebildeten Körnchenkugeln finden werden. Auf der Fig. 4 führe ich bei stärkerer Vergrößerung den Muskel € Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I, 547 der Fig. 2, auf welchem man die ersten Spuren des beginnenden Zer- falls beobachtet. Die Figur zeigt uns die Zellen der äußeren Haut, resp. Hypoder- mis, welche als große, sehr abgeflachte Epithelzellen erscheinen, unter denen man das Blutplasma mit den ziemlich dicht gedrängten Blut- körperchen (ph) sieht. Auf jede Epithelzelle sind mehrere Blutkörper- chen zu reehnen, wenn nicht alle an die Haut angeheftet sind, sondern überhaupt im Raume zwischen Epithel und Muskel liegen. Außer den Blutkörperchen finde ich unter der Haut noch andere Zellen (wwz), die kleiner als dieselben sind, kein so reiches Protoplasma enthalten, und überhaupt ein ganz anderes Ansehen haben; ich werde dieselben einstweilen »Wanderzellen« nennen. Was jetzt den Muskel selbst betrifft, so ist er von oben von einer diehten Schicht von zusammengedrängten Blutkörperchen bedeckt, welche schon in den Muskel selbst Fortsätze schicken und einige Theil- stücke desselben schon abgeschnürt haben. Das sind die Theile 7 und 2, welche schon vollständig getrennt sind, obgleich sie aus dem allge- meinen Zusammenhange des Muskels noch nicht ausgetreten sind. Das Theilstück 5 ist nur von der rechten Seite vom Muskel durch einen feinen Riss abgesplittert, hängt aber noch mit demselben zusammen; im Übrigen ist der Muskel noch vollständig, wenn wir von dessen Kernen absehen, von denen der eine (a) von Blutkörperchen schon um- ringt ist, und seine normale körnige Struktur einzubüßen beginnt. Das Sarkolemma (s) des Muskels ist etwas abgehoben und zwei Blutkörper- chen liegen schon zwischen ihm und der Muskelsubstanz, zwei andere stoßen an das Sarkolemma selbst an. Das Sarkolemma leistet überhaupt den Leukocyten kaum einen Widerstand, sie durchdringen dasselbe als ob es gar nicht vorhanden wäre, nur in seltenen Fällen, wie auf der Fig. 4, sah ich unter dem ab- gehobenen Sarkolemma einige Blutkörperchen liegen, meistens ist das- selbe wahrscheinlich von den durchtretenden Phagocyten einfach durchlöchert und später werden die übrig gebliebenen letzten Reste von diesen auch aufgenommen. Auf der Fig. 5 führe ich einen mehr zersetzten Muskel desselben Schnittes, nämlich den Muskel f der Fig. 2, vor. Die von den Blut- körperchen eindringenden Fortsätze haben den ganzen Muskel in kleinere Partien resp. Sarkolyten getheilt und selbst ins Innere des Muskels sind zwei Blutkörperchen eingedrungen. Der ganze Muskel ist also in größere, eckige Stücke zertheilt, auf welchen die Blutkörper- chen noch wie kleine Höckerchen aufsitzen. — Die Querstreifung des Muskels ist in seinen einzelnen Sarkolyten noch ganz vollständig er- 35* 548 A, Kowalevsky, halten, und auch der allgemeine Kontour des Muskels ist noch ziemlich vollständig. In einigen Phagoeyten neben den Muskelstücken sieht man auch die aufgenommenen Kerne (k), welche, wenn sie eine Zeit lang im Phagocyt gewesen sind, auf den mit Karmin gefärbten Präparaten die Form von stark roth gefärbten Körpern haben, welche im Inneren einer Vacuole liegen. Auf der Fig. 6 habe ich dann einen Muskel (den Muskel d der Fig. 2) dargestellt, welcher schon ziemlich zerstückelt ist, und bei dem die einzelnen Muskeltheilstücke ihre allgemeine Lage zu verlassen beginnen, so dass der Muskel in kleinere Stücke, echte Sarkolyten, zerfällt; zumal auf der rechten Seite der Figur ist dies Verhältnis be- sonders deutlich. Der Leukocyt (a) umgiebt ein Muskelplättchen, wel- ches durch einen bedeutenden Zwischenraum schon von der anderen Muskelportion getrennt ist, und bildet mit demselben ein gemeinsames Ganzes; dasselbe kann man von den Blutkörperchen b und ce sagen; jedes von diesen hat ein verhältnismäßig großes Stück der Muskelsub- stanz mit seinem Leibe umgeben. Die Querstreifung der Muskelstück- chen ist auch jetzt noch sehr deutlich, wie auf dem normalen, nicht zerstückelten Muskel. Auch die Phagocyten e, d und f haben bestimmte Territorien der Muskelsubstanz umfasst. Die Blutkörperchen g und h scheinen beide zusammen ein gemein- schaftliches Stück der Muskelsubstanz zu umgeben, doch kann man auf dem Querschnitt nicht mit Bestimmtheit sagen, ob nicht vielleicht ein zum Phagocyt g gehörendes Stück der Muskelsubstanz in einer ande- ren Fläche liegt. Der Phagocyt i scheint außer dem Stück Muskelsubstanz auch noch dessen Kern aufgenommen zu haben; der Kern liegt in Form eines sich stark roth färbenden Körpers in einer Vacuole. — Dieser ganze Muskel liegt dicht unter der Hypodermis von zwei Zellen derselben bedeckt; unter der Hypodermis findet man noch zwei Leukoeyten ziemlich flach ausgebreitet. — Von Sarkolemma habe ich auf diesem Muskel gar nichts sehen können, es war wahrscheinlich vollständig aufgelöst von der großen Zahl der Leukoeyten, welche dieselbe allerseits durchdringen mussten, um ins Innere des Muskels zu gelangen. Man sieht nur die Reste der drei Kerne, alle schon bedeutend zersetzt. In einer Larve von 9 Stunden nach der Verwandlung findet man eine große Zahl von Körnchenkugeln, die ganz frei liegen und von der Zerstörung der meisten vorderen und oberflächlichen Muskeln der ersten Segmente abstammen. Zwei solche Körnchenkugeln sind auf der Fig. 8 bei stärkerer Vergrößerung gezeichnet; in der Körnchen- Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. I. 549 kugel (a) sieht man eine bedeutende Zahl von kleinen Muskelstück- chen, welche schon ziemlich abgerundet sind und eine stärker licht- brechende Umrandung erhalten haben; auf den anderen größeren Stückchen sieht man noch sehr deutlich die Querstreifung der Muskeln; die Körnchenkugel (b) unterscheidet sich von dem eben Beschriebenen dadurch, dass sie eine helle Vacuole enthält, in welcher ein homogener, stark lichtbrechender rother Körper liegt; das ist ein Rest des aufge- nommenen Kernes irgend eines Muskels. — Einzelne kleinere Stück- chen der aufgenommenen Muskeln haben bereits die Querstreifung ver- loren, und sehen wie kleine Fettkörperchen aus, die Auflösung ist an denselben schon viel weiter fortgeschritten als an den größeren Plätt- chen, welche im Gegensatz dazu eine noch sehr deutliche Querstreifung zeigen. Dass der stark roth gefärbte Körper ein aufgenommener Kern ist, beweist die Fig. 7 von einer A0stündigen Puppe, an welcher diese Aufnahme von Kernen seitens der Phagocyten besonders deutlich zu sehen war. Die Fig. 7 stellt uns einen schon zum Theil zerlegten Muskel dar, auf welchem man noch die Muskelkerne ganz gut erkennen kann, und die daneben liegenden Phagocyten auf den verschiedenen Stadien der Aufnahme der Kerne. Der Kern a sieht noch ganz so aus wie die Kerne der benachbar- ten noch nicht angegriffenen Muskeln, aber er ist schon von den Proto- plasmafortsätzen des Leukocyt b umgeben. — Der Kern c ist von zwei Seiten umfasst, einerseits liegt ein Leukocyt, der schon ganz unter das Sarkolemma eingedrungen ist, etwas höher liegt ein anderer, der nur zum Theil das Sarkolemma durchdrang, zum Theil noch draußen liegt; der Kern c scheint eher von dem unteren umgeben zu sein; er ist schon stärker angegriffen als der Kern a, er hat eine schärfere Umran- dung bekommen und sein Inhalt scheint mehr homogen zu sein. Der Kern d ist noch viel stärker angegriffen, er hat seine längliche Form aufgegeben und ist rund und fast ganz homogen geworden, er färbt sich viel stärker ins Rothe als die anderen Kerne und besitzt einen hellen Hof in der Art einer Vaeuole, nur ist aber bis jetzt diese Vacuole sehr klein, später, wie wir auf der Fig. 8 schon sahen, bildet sich um den aufgenommenen Kern ein breites helles Bläschen, in dessen Inne- rem ein ganz homogener rother Körper liegt. — Jedenfalls zeigen uns die drei hier angeführten Kerne, wie dieselben aufgenommen und zum Theil angegriffen werden. Daraus sehen wir, dass von einer Vermehrung der Kerne bei den aus den Muskeln sich bildenden Körn- chenkugeln keine Rede sein kann. Die Kerne werden in derselben 950 A. Kowalevsky, Weise von den Phagocyten aufgenommen, wie jedes andere abge- schwächte Gewebe. Die Fig. 12, 43 und 14 zeigen uns Schnitte durch eine 9 Stunden alte Puppe, die sich im Anfang Mai, also bei einer mäßigen Tempera- tur, entwickelte. In der Fig. 12 haben wir einen horizontalen Längs- sehnitt durch den Vorderkörper aus der oberen Region abgebildet. Unter den Nummern 7, 2 und 5 sind die ersten abdominalen Segmente dargestellt, weiter nach vorn liegen die Theile, welche den Kopf und Thorax bilden sollen; von der Rückenseite her, ganz vorn, sehen wir die Anlage des Stigma mit dem ausgetretenen Theil der Larventracheen, und zwischen denselben, in Form eines Uhrschälchens, einen Schnitt durch einen Theil der Larvenhaut noch mit den großen charakteristi- schen Kernen der Larvenhypodermis. Nach rechts und links von dem Stigma sind die schon frei gewordenen Theile des Prothorax (pt) zu sehen, und weiter nach hinten die Metathorakalscheiben mit den Flügel- anlagen, von welchen die rechts liegende schon nach außen frei, während die linksseitige noch in der Imaginalblase eingeschlossen ist. — Im Inneren sehen wir die verschiedenen Theile der Kopfblasen und die oberen Theile des Hakenapparates. — Unter den Imaginal- anlagen des Prothorax und in der inneren Wand der Kopfblasen sind Anhäufungen der Mesodermzellen (ms) zu finden. Die meisten Larvenorgane in den vorderen Theilen sind schon zer- stört und zu Körnchenkugeln umgewandelt; nur in den abdominalen Segmenten findet man noch vollständige, nicht angegriffene Muskeln. Aus einer Puppe desselben Stadium, nämlich 9 Stunden alt, gebe ich noch zwei Querschnitte, einen aus der vorderen Partie, wo die Imaginalscheiben der beiden vorderen Beine liegen, und einen weiter nach hinten gelegenen, aus der Gegend der Schlundkommissuren. Auf der Fig. 13 finden wir die Larvenhaut noch fast überall be- stehen, und nur die seitlichen Theile der Prothorakalscheiben (pr) scheinen nach außen schon geöffnet zu sein. Etwas weiter oben sieht man einige imaginale Theile (im), die ich nicht gut zu deuten weiß, noch weiter nach oben liegt aber nur die Larvenhypodermis (hy); in der Mitte liegt der vordere Theil des Hakenapparates und zu beiden Seiten die Tracheen. — Die meisten Muskeln sind nicht nur zerstört, sondern bereits in wahre Körnchenkugeln umgewandelt, nur verhält- nismäßig wenige haben noch ihre allgemeinen Umrisse bewahrt, ob- gleich dieselben von den Phagocyten schon durchsetzt sind. — Die meisten anderen Muskeln sind in Phagocyten aufgenommen, doch kann man fast überall an den einzelnen, bereits in Phagocyten liegenden. Stückchen noch sehr deutlich die Querstreifung sehen. In den Theilen | Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. 1. 551 hf ist sehr deutlich zu erkennen, dass auch einige Hypodermiskerne von den Phagocyten aufgenommen sind. -— Mit einem Worte, wir sehen hier eine vollständige Zerstörung der meisten Larvenorgane und\das Hervorwachsen der imaginalen Theile. Ein Querschnitt derselben Puppe durch etwas weiter nach hinten gelegene Theile (Fig. 14) giebt uns ein etwas anderes Bild. In der Mitte liegt diejenige Strecke des Nervensystems, an wel- cher die Kommissuren aus dem Bauchmark austreten und den Ösopha- gus umgeben. Alle Muskeln (ms) der inneren Schicht sind noch ganz vollständig erhalten; die Muskeln der äußeren Schicht, oder genauer die der Hypodermis näher liegenden, sind alle zerstört; man sieht noch die allgemeinen Kontouren, welche jedem Muskel entsprechen, aber die Muskelsubstanz ist in Sarkolyten zerlegt und ins Innere der Phagocy- ten aufgenommen. Auch die beiden Muskeln, die unmittelbar an die Speicheldrüsen anstoßen, sind in derselben Weise zerstört, wie die oberflächliche Muskulatur. — An einzelnen Stellen haben sich die Phago- eyten mit der aufgenommenen Muskelsubstanz aus der ursprünglichen Begrenzung getrennt und liegen frei im Körper. Auf den einzelnen Stückehen der Muskelsubstanz sieht man noch ganz deutlich die Quer- streifung. In jedem so zersetzten Muskel findet man einige stark ge- färbte Körper, welche bei stärkerer Vergrößerung als in Vacuolen ein- geschlossene, meist ganz homogen rothe Kügelchen erscheinen. Diese rothen Körper sind nichts Anderes als die diesen Muskeln entsprechen- den Kerne, welche in den Phagocyten gewöhnlich in einer Vacuole liegen und sich sehr stark färben. Die Zahl dieser Körper entspricht auch ungefähr der Anzahl der Kerne, welche man überhaupt in jedem Schnitt des Muskels trifft. Gehen wir zu den noch weiter nach hinten gelegenen Querschnit- ten aus derselben Puppe, so finden wir die Verhältnisse noch so, wie bei der jüngst gebildeten Puppe, also alle Larvenorgane vollständig er- halten; das beweist uns, dass die Zerstörung des Larvengewebes von vorn nach hinten fortschreitet, und zwar mit denjenigen Muskeln be- ginnt, welche zunächst der Hypodermis liegen. Aus einer Puppe, die 10 Stunden alt war, habe ich einige Phago- eyten bei viel stärkerer Vergrößerung abgebildet, um die immer stärker werdende Abrundung der aufgenommenen eckigen Muskelstücke zu zeigen. In den Phagocyten Fig. 9 b und c sieht man die aufgenommenen Kerne, wobei in dem einen (c), in einer sehr großen Vacuole, zwei runde rothe Körper liegen, die wahrscheinlich auch zwei Kernen entsprechen, während in dem anderen der Rest nur eines Kernes zu sehen ist. 552 A. Kowalevsky, Auf der Fig. 10 sind zwei Phagocyten aus dem Vorderkörper einer 32 Stunden alten Puppe abgebildet; die hier im Inneren sich findenden Theile erscheinen uns in Form von kleinen stark lichtbrechenden Kör- perchen, welche im Plasma des Phagocyten zerstreut sind. Da diese Phagoeyten hier die vorwiegenden sind, und man nur wenige mit Muskelplättchen sieht, so ist man wohl im Rechte anzunehmen, dass dies solche Phagoeyten sind, welche die großen mit Querstreifen ver- sehenen Muskelstückchen schon verdaut haben, und darf in den kleinen Körperchen, die noch erhalten sind, die Reste der aufgenommenen Muskeln sehen. Was die Stunden der Reifung der verschiedenen Puppen betrifft, so geben dieselben nicht immer genau das entsprechende Stadium. Bei den Puppen aus der gleichen Verwandlungsstunde ist die Zer- setzung der Organe sehr verschieden; außer der Temperatur spielen dabei verschiedene Umstände eine große Rolle. — Es kommt vor, dass die Larven, welche schon zu fressen aufgehört haben, in der Verpup- pung gestört werden, das hält die zerstörenden Processe nicht voll- ständig auf, und eine in solcher Weise sich verwandelnde Larve wird einen weiteren Fortschritt in der Zerstörung ihrer Organe zeigen, als eine, welche sich ganz normal entwickelt. Als ich diesen Aufsatz schon geschrieben hatte, erhielt ich hier, in Odessa, das erste Heft des XXIX. Bandes vom Archiv für mikroskopi- sche Anatomie, mit dem Aufsatze von D. Barrurtz, »Die Rückbildung des Froschlarvenschwanzes und die sog. Sarkoplasten«. Die hier von BarrurtH auf der Taf. II an der Stelle, welche mit sp bezeichnet ist, abgebildeten Sarkoplasten entsprechen so vollständig meinem Präpa- rat der 9stündigen Puppe, besonders der Muskeln, die ich mit e—e’ bezeichnete, dass ich kaum zweifeln kann, dass es sich hier um eine und dieselbe Erscheinung handelt, d. h. dass es von in die Muskeln eingedrungenen Phagocyten zerbröckelte Muskelsubstanz ist. Die Fig. 8 seines Aufsatzes stellt mir ferner ein Bild dar, das ich sehr oft bei der Zersetzung der Larvenmuskeln der Fliege gesehen habe, nur waren bei meinen Beobachtungen die einzelnen Muskelstückchen nicht so abge- rundet, sondern eckiger. — BARrFURTR sagt, »die Zellen oder zellenarti- gen Körper, an denen oder in denen sie liegen, traten in meinen Prä- paraten nicht hervor«. In den Fig. 5 und 6, auf welchen ich die Phago- eyten mit aufgenommenen Muskelstücken resp. Sarkolyten abbilde, sieht man sehr deutlich dieselben im Inneren der Leukoeyten liegen. BARFURTH sagt (p. 48) ganz in Übereinstimmung mit meinen Beobach- tungen, dass »die Sarkolyten nicht in einer bestimmten Richtung, Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 553 sondern wirr durch einander innerhalb des Sarkolemmaschlauches liegen«. Die von mir angeführten Fig. 6 und 7 zeigen, dass die ersten Spalten, welche wir im Muskel beobachten, im direkten Zusammenhang mit den schon unter das Sarkolemma eingedrungenen Phagocyten stehen; dass ferner, sobald dieselben weiter durch die gebildeten Spalten ins Innere des Muskels eindringen, derselbe in einzelne Terri- torien zerlegt wird. — Spaltung der Muskelsubstanz in solche Stücke, die man mit Sarkoplasten oder Sarkolyten vergleichen könnte, habe ich ohne Phagocyteneinwirkung nicht gesehen. BARFURTH meint, dass »aus Form und Lagerung der Sarkolyten man schließen müsse, dass es Gerinnungsprodukte der quergestreiften Substanz sind« und weiter, »da die Muskelfaser des Frosches durch einen größeren Gehalt an Kernen in der kontraktilen Substanz selber ausgezeichnet ist, so wird man auch in oder an den Sarkolyten häufig die noch mehr oder weniger gut erhaltenen Kerne finden, und sie dess- halb für Zellen oder zellenartige Gebilde zu halten geneigt sein«. Wie ich schon in den Abbildungen und der Beschreibung ange- führt habe, und wie wir es noch schöner und deutlicher bei der Ver- speisung der Kerne der Hypodermis und der Speicheldrüsenzellen sehen werden, werden die Kerne der durch- Phagocyten zersetzten Muskeln von den Phagocyten aufgenommen. Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass es auch bei den Froschlarven so sei; es wäre wirklich sonderbar vorauszusetzen, dass in den von den Phagocyten zerstörtem und zersplittertem Muskel nun die Kerne sich vermehrten. Die größere Zahl der Kerne, die man in dem zerfallenden Muskel findet, gehört den Kernen der Phagocyten an, wie es z. B. die Fig. 6 zeigt; es waren auf dem Schnitte drei Muskelkerne, und die Phagocyten haben hier mehr als. 20 Kerne eingeführt, und dabei sieht man mit der größten Deutlichkeit, dass die Muskelkerne in die drei rothen Körper umgewandelt sind. Die Metamorphose der Fliegenlarven ist ein sehr geeignetes Ob- jekt, um zu beweisen, dass der Zerfall der Muskeln wirklich von Leuko- resp. Phagoeyten herbeigeführt wird. Schon nachdem die Larve aufgehört hat zu fressen, tritt die Arbeit der Phagocyten an dem Saug- magen und dessen Muskeln ein; einige Stunden nach der Verwand- lung, namentlich in einer 5- bis 6stündigen Puppe, werden die vor- deren Muskeln bedeutend angegriffen, in der 7. und 8. Stunde sind fast sämmtliche Muskeln des ersten Segmentes zersetzt, und in der 9. und 40. beginnt das Austreten der Extremitäten; in einer I9stündigen Puppe sind nicht nur die Muskeln der vier vorderen Larvensegmente zu Körnchenkugein umgewandelt, sondern auch die oberflächlichen 554 A. Kowalervsky, Muskeln der nächstfolgenden. — In der 24. Stunde sind die Muskeln der vorderen Segmente nicht nur zersplittert, sondern viele schon ganz aufgelöst. In seiner Zusammenfassung (p. 57) kommt Barrurrk zum Schlusse, »dass alle degenerativen Vorgänge erst beginnen, wenn die Gewebe und ihre Elemente abgestorben oder dem Absterben nahe sind«. Dass die dem Zerfall entgegengehenden Muskeln der Muscidenlarven abge- storben seien, kann nicht behauptet werden; die andere Ausdrucks- weise Birrurrn’s, dass sie „dem Absterben nahe sind«, ist eher zuläs- sig, da ja in der That nach einigen Stunden diese Muskeln zerstört werden. — Nach ihrem Bau, der Beziehung zu dem Farbstoffe, dem Aussehen selbst bei sehr starken Vergrößerungen des Mikroskopes, er- scheinen die Muskeln, welche schon von den Phagocyten angegriffen werden (Fig. 3), ganz so, wie die Muskeln bei der reifen Larve oder die neben ihnen liegenden noch nicht angegriffenen Muskeln. — Es muss allerdings eine Ursache vorhanden sein, warum die Larvenmuskeln nach der Verpuppung angegriffen werden, und diese Ursache ist wahr- scheinlich in der Abschwächung der nicht mehr funktionirenden Or- gane zu suchen. — Die Muskeln kontrahiren sich nicht mehr, werden also in Folge ihrer physiologischen Unthätigkeit abgeschwächt und nun von den Phagocyten angegriffen. Zweitens ist noch ein Punkt zu besprechen, nämlich die aktive Verdauung seitens der Phagocyten. Wir haben gesehen, dass in einem Zeitraum von einigen Stunden die Muskeln nicht nur in kleine Stück- chen zerlegt, sondern diese Stückchen auch aufgelöst werden. Es muss doch eine energische Wirkung irgend welches Fermentes da sein, das verhältnismäßig bedeutende Massen von Muskeln auflöst. Wäre dieses Ferment oder dieses Lösungsmittel in dem Plasma, der Blut- resp. Leibeshöhlenflüssigkeit enthalten, so müsste es auch die daneben lie- genden, doch wohl auch viel zarteren embryonalen Zellen der Ima- ginalscheiben oder deren Mesodermzellen angreifen; und doch sehen wir gar nichts Ähnliches. Die Imaginalorgane mit ihren embryonalen, wohl zarten Geweben werden verschont und die daneben liegenden Muskeln und Hypodermiszellen werden angegriffen; wenn man dabei annimmt, dass die zur Auflösung kommenden Elemente in den Phago- eyten liegen, und die anderen, wenn auch dicht daneben, so doch außerhalb derselben, so sind diese Processe verständlich. Was in den Phagoeyt aufgenommen ist, wird zersetzt und verdaut, was frei im Blut oder der Leibeshöhlenflüssigkeit liegt, bleibt bestehen. — Wenn wir anstatt der Phagocyten hier irgend welche parasitische Amöben uns dächten, und nach der Erscheinung, welche wir bei der Verpuppung Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 553 beobachten, urtheilten, so würden wir uns die Vorgänge nicht anders erklären, als dass wir sagten, dass die eingenisteten parasitischen Amöben einige Organe aufnehmen und auffiressen und diese Organe damit selbstverständlich zersetzen, während andere Organe, die von den Parasiten nicht aufgenommen würden, desshalb bestehen blieben und dann sich auch weiter entwickelten. — Nun ist der Process im Körper der Muscidenpuppe gerade ein solcher, als ob da parasitische Amöben wirthschafteten, nur mit dem Unterschiede, dass diese Amöben das Verdaute der Leibesflüssigkeit oder den sich entwickelnden Organen übergeben. Eine ganz andere Frage ist die, warum die Phagocyten die sich entwickelnden, zarteren Gewebe nicht angreifen, sondern nur die ab- geschwächten. — Diese Erscheinung kann man nur durch eine Beob- achtung erklären, welche von E. Merscanikorr beschrieben ist. Namentlich in seinem Aufsatz über die Beziehung der Phagocyten zu Milzbrandbacillen ! beschreibt Merscanikorr, dass er ein Kaninchen an einem Ohr mit virulenten Milzbrandbacillen, an dem anderen Ohr mit der Pasteur’schen Vaceine impfte. — »Der Unterschied konnte be- reits am anderen Morgen, und sogar makroskopisch, bemerkt werden: während sich an dem Ohr, welches mit dem Virus geimpft ward, keine merkliche Anschwellung bildete, zeigte das andere Ohr eine solche in einem mehr oder weniger starken Grade. Beim Einstich in das erstere bekam ich einen blutigen Tropfen, in welchem außer einer Menge rother Blutkörperchen noch viele Leukocyten waren, von denen nur einige wenige Bakteridien enthielten, außerdem war eine beträchtliche Quantität freier Bacillen vorhanden. Aus dem an- deren Ohre floss nach dem Einstich ein trüber Tropfen Eiter, in wel- chem nur wenige freie Bakteridien, sondern fast ausschließlich in Leukocyten eingeschlossen waren.« Also in einem und demselben Kaninchen nehmen die Leuko- resp. Phagocyten dieses Thieres lebende Milzbrandbaeillen auf, wenn die- selben abgeschwächt sind (Vaccine), oder nehmen dieselbe nicht auf, wenn dieselben virulent sind. — In einem und dem anderen Falle sind aber die Bacillen lebend. Eine ganz ähnliche Erscheinung beobachten wir bei der Puppe der Fliege, die Leuko- resp. Phagocyten verhalten sich zu dem ganzen Komplexe der Organe und Systeme der Puppe so, wie die Leukocyten des Kaninchen zu der Vaccine und zu den virulenten Milzbrandbaeillen, d. h. die nicht mehr aktiven Larvengewebe werden wie die abge- ! Archiv für pathologische Anatomie. Bd. XCVII. p. 512—543. 556 A. Kowalersky, schwächten Bacillen aufgenommen und verdaut, die sich neu aus den Anlagen entwickelnden Gewebe werden dagegen wie die virulenten Baeillen nicht aufgenommen. In beiden Fällen sind aber das eine Mal die verschiedenen Baecillen (vaceine und virulente), das andere Mal die larvalen und imaginalen Gewebe als vollständig lebendig anzusehen, nur sind die einen abgeschwächt, die anderen nicht. Was unter dem Worte abgeschwächt zu verstehen sei, ist eigent- lich eine andere Frage. MerscHnıkorr nimmt an, dass die virulenten Milzbrandbaeillen etwas absondern, was dieselben den Leukocyten gegenüber unangreifbar macht, und dass die Vaccine diese Fähigkeit, dies »Etwas« abzusondern, in gewissem Maße verloren hat, und dess- halb von den Leukocyten angegriffen resp. verdaut wird. Dass die lebenden und sich überhaupt entwickelnden Gewebe oder Organe auch so »Etwas« ausscheiden, was sie für die Phagocyten unangreifbar macht, ist vielleicht möglich. Es wurden doch letzthin auch im lebenden Or- ganismus verschiedene giftige Substanzen — Leukomaine — gefunden, welche von den lebenden und funktionirenden Zellen gebildet werden. Diese Substanzen abzusondern, sind die abgeschwächten Organe nicht im Stande und solche Organe werden auch angegriffen. Darin mag der Unterschied liegen in dem Kampfe der Theile im Organismus. Die weiteren Versuche MErscunikorr's lehren uns, dass die Phago- cyten der ungeimpften Thiere, welche virulente Bacillen (Milzbrand) nicht verdauen können, durch die Verdauung der auf die verschiedenen Stufen abgeschwächten Bacillen die Eigenschaft erwerben, auch viru- lente zu verdauen; sie können also eine wichtige Eigenschaft sehr bald erwerben, und diese Eigenschaft wird selbst, wie die Versuche von Professor CıenkovskyY! gezeigt haben, oftmals erblich. — So könnten auch verschiedene Insekten ein ungleiches Vermögen ausgebildet haben, verschieden abgeschwächte Gewebe zu verdauen. Nahrungskanal. Die äußeren Veränderungen, welche der Darmkanal bei der Meta- morphose erleidet, wurden schon von Weismann in allgemeinen Zügen geschildert. Entleerung des Inhaltes des Saugmagens und Darmes, be- deutende Verkürzung des Mitteldarmes sind die einleitenden Vorgänge. Ich möchte nur hervorheben, dass die Verkürzung besonders im Mittel- darme ausgesprochen ist, welcher aus einem langen Rohre zu dem kurzen spindelförmigen stark ausgebuchteten Mitteldarm der Puppe wird. — Der Hinter- und Vorderdarm erleiden keine bedeutende Ver- 1 Cıenkovsky, Bericht über die Impfung mit Antrax im großen Maßstabe (Russisch. 4887. p. 43). Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. I. 557 kürzungen, sondern werden aufgelöst und durch ganz neu sich bildende Theile ersetzt. Die Metamorphose des Darmtractus der Musciden wurde nach WEISMAnN nur von einem Forscher — Prof. Gaxin! — eingehender be- schrieben und in seinem Wesen genau aufgefasst. Ganiw war der Erste, welcher die eigentlichen Theile, aus denen der Darm der Imago ge- bildet wird, aufgefunden hat. Ich stimme mit ihm fast in allen wesent- lichen Punkten überein. Nur in einem Punkte kann ich Ganxin nicht beipflichten, wenn er sagt, dass die Anlagen des Imagodarmkanals zu der Zeit auftreten, in welcher die Larve sich zur Verpuppung vorbereitet; ich finde diesel- ben viel früher, fast bis zu den allerjüngsten Larven, die ich darauf untersuchte; schon in der Larve des ersten Tages finde ich die imagi- nalen Anlagen des Vorder- und Mitteldarmes. Um die allgemeine Lagerung dieser imaginalen Theile zu kenn- zeichnen, nehmen wir den Verdauungstractus einer Larve, wie er von Weısmann abgebildet ist, und bezeichnen mit rother Tinte die Imaginal- anlagen. Dieselben bestehen für den Vorderdarm aus einem Imagi- nalringe (vdımr), welcher im vorderen Theile des Proventriculus liegt. — Der Hinterdarm hat zwei Anlagen, den Hinterdarm- imaginalring (hdr), welcher unmittelbar hinter der Mündung der Marpisarsschen Gefäße liegt, und welcher den ganzen Theil des Hinter- darmes liefert, und die Anlagen der Rectaltaschen resp. des Rectum, welche von den Imaginalscheiben des letzten Körpersegments abstam- men. — Die Imaginalzellen (imz) des Mitteldarms sind in den Wandungen des Mitteldarms der Larve zerstreut. Außerdem finden wir in den Darmwandungen des Mitteldarms der Larve noch zerstreute Zellen (imzm), welche die Muscularis des Imagodarmes liefern, und welche wir Imaginalzellen der Darmmuscularis nennen können. Aus diesen Anlagen entsteht der ganze Darmtraetus der Imago, die übrigen Theile des Larvendarmtractus werden theils von den Blutkörperchen aufgenommen und gelöst, theils fallen sie in das Lumen des Imago- darmes hinein. Die genauere Beschreibung dieser Imaginalanlagen beginne ich mit der Darstellung des Vorderdarmimaginalringes. Um seine Lagerung zu verstehen, müssen wir etwas genauer den Bau des Proventrieulus beschreiben, da die Beschreibung desselben von Weısman ? nicht mit dem übereinstimmt, was ich aus meinen Präparaten 1 M. Gasis, Zur postembryonalen Entwicklung der Musciden. Warschau 1876. p. 47, 2 l.c. p. 186. Diese Zeitschr. Bd. XII. 558 A, Kowalevsky, ersehe. Die Beschreibung von Ganın passt dagegen wohl zu meinen Er- fahrungen, er beobachtet aber diesen Imaginalring nur bei den ganz ausgewachsenen Larven und seine Abbildung (Fig. 37) ist so gemacht, dass sie mir wenig verständlich scheint. In einer ziemlich jungen Larve von 2,2 mm Länge tritt der Öso- phagus in Form eines engen Rohres (Fig. 22 oe) in den hinteren er- weiterten Theil über und mündet (md) in den Mitteldarm ein, hier aber schlagen seine Ränder um, erheben sich nach vorn und bilden eine Falte, welche nach vorn, bis zu c, sich erhebt; hier wenden sich seine Wandungen wieder nach hinten und bilden die äußere Wandung «a aus, welche dann unmittelbar in den Mitteldarm übergeht. So ist gleichsam durch eine Invagination des Ösophagus ein doppelwandiger Trichter gebildet, welcher nach hinten in den Mitteldarm übergeht, und in den sich der Ösophagus hineinerstreckt. In diesen Trichter schiebt sich zwi- schen den Ösophagus und das innere Blatt der Invaginationsfalte 5 eine Anzahl der Mesodermzellen (ms). — Die vorderen Zellen dieses Falten- hlattes d, namentlich die Zellen b’, haben schon jetzt ein zarteres und helleres Aussehen als die etwas weiter nach hinten liegenden Zellen, wenn auch im Allgemeinen der Unterschied noch unbedeutend ist. Von einer 5 mm langen Larve habe ich den Übergang des äußeren Falten- blattes a in das innere b bei viel stärkerer Vergrößerung dargestellt (Fig. 23), und hier sehen wir vier Zellen (vimr), die etwas anders aus- sehen als die dahinter liegenden; sie sind etwas kleiner und folgen nicht dem allgemeinen Wachsthume aller übrigen Zellen. Aus einer Larve von 40 mm Länge habe ich wieder einen Längs- schnitt des ganzen Proventriculus abgebildet, der aus denselben Thei- len besteht wie der auf der Fig. 22 abgebildete; doch sind die ein- zelnen Theile etwas anders gelagert. Die Ausmündung des Ösophagus- rohrs liegt jetzt im Proventrieulus selbst, ist also gewissermaßen etwas nach vorn verschoben; bei vd sehen wir in seiner Wand eine Ver- diekung der Zellen; was unser besonderes Interesse verdient, ist die Koncentrirung der Zellen (vim) in einem kleinen Raume in der vorder- sten Strecke des inneren Faltenblattes d. — Die Zellen vimr der Larve von 5 mm Länge sind im Wachsthum so von anderen Zellen überholt, dass sie bei der Larve von 10 mm als eine Gruppe von embryonalen Zellen erscheinen. Untersuchen wir die Wandungen dieser Ösophagusfalte bei stär- kerer Vergrößerung (Fig. 25), so ergiebt sich, dass das äußere Falten- blatt aus einer Lage von großen eylindrischen Zellen besteht, welche sich stark mit Karmin färben. Sie unterscheiden sich bedeutend von den Zellen des eigentlichen Ösophagus und haben eine ganz eigen- nnd m 2 an Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 559 thümliche Struktur. Das innere Faltenblatt wird dagegen von sehr großen, sehr schwach sich färbenden Zellen gebildet. »Diese Schicht,« sagt Weısmann !, »welche man versucht sein könnte als Knorpelgewebe der Insekten zu bezeichnen, besteht auch während der Larvenzeit aus einer Lage großer Zellen.« In das Lumen (!) zwischen den beiden Faltenblättern d@ und d tritt Nahrung nicht hinein, und dieser ganze Apparat scheint nur dazu be- stimmt zu sein, um das Eindringen von größeren Stückchen Nahrung in den Mitteldarm zu verhindern. Die knorpelig festen Zellen des inneren Faltenblattes b verkleinern durch ihren Druck das Lumen des von ihnen umschlossenen Ösophagusrohres zu einem ganz feinen, kapil- laren Röhrchen, durch welches nur völlig zerriebene und fast verflüs- sigte Nahrung durchtreten kann. An der Stelle, wo das äußere Faltenblatt « in das innere 5 über- geht, sieht man eine Gruppe von kleinen Zellen, welche sehr scharf von den großen Zellen abstechen. Ich zähle auf dem Schnitte sechs solcher kleinen Zellen, welche alle zusammengenommen fast die Hälfte des Raumes einnehmen von einer der großen Zellen des inneren Falten- blattes db. Diese kleinen Zellen bilden hier einen zusammenhängenden Ring, dessen Querschnitte wir auf der Fig. 24 sehen. — Diesen Ring nenne ich den imaginalen Vorderdarmring. Aus seinen Zellen entsteht, wie wir später sehen werden, der ganze Vorderdarm der Imago, sammt seinen Anhängen resp. Saugmagen. Der Hinterdarm der Puppe resp. Imago bildet sich aus einem ähn- lichen Zellringe wie der Vorderdarm, und aus einer Gruppe von Zellen, welche das Rectum und die Rectaltasche bilden. Wann diese beiden Theile auftreten, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, bei einer 10 mm langen Larve fand ich bereits den Hinterdarmring; ob er bei noch jüngeren Thieren schon besteht, darüber konnte ich mir Gewiss- heit nicht verschaffen; es bedarf dazu einer eigenen Untersuchung, welche ich vielleicht zum Schlusse des zweiten Theiles meiner Ab- handlung noch liefern werde. — Die Gruppe der imaginalen Zellen, welche das Rectum und die Rectaltasche bilden, entsteht aus den ab- dominalen Imaginalscheiben der Hypodermis, ist also schon in den 40 mm langen Larven zu finden, früher konnte ich hier keine kleinen Zellen unterscheiden. Der Hinterdarmring oder die Hinterdarmfalte, wie ich diesen Zell- ring früher nannte, liegt hinter der Einmündung der Ausführungsgänge der Mırpisarschen Gefäße, also ganz im Gebiete des Hinterdarmes und Sr eiPp. 487. 560 A, Kowalevsky, besteht aus einer einfachen Falte (Fig. 39), welche sich ziemlich tief zwischen die nebenliegenden Zellen einsenkt. Die Wandungen dieser Falte bestehen aus kleinen, eylindrischen, embryonalen Zellen, und setzen sich sehr scharf von den daneben liegenden Zellen des Darmes ab. — In diesem Zustande, nur sehr wenig sich vergrößernd, verbleibt die Falte bis zur Verpuppung, und noch eine gewisse Zeit in der Puppe; die Zerstörung des Hinterdarmes der Larve und die Bildung des Hinter- darmes der Puppe resp. Imago gehören zu den späteren Vorgängen des Puppenzustandes. Am Mitteldarme der Larve sieht man keine solchen Ringe oder Falten, welche nach der Zerstörung des Larvendarmes den Mitteldarm der Imago liefern könnten, aber man findet dafür viele in der Darm- wandung zerstreute Elemente (Fig. 14 imz), die zu demselben Ziele führen. Die Anwesenheit dieser Elemente wurde zuerst von Ganm ! angegeben und ganz richtig gedeutet. Er hat solche Zellen auch bei anderen Insekten gefunden. In der neuesten Zeit wurden entsprechende Zellen auch von Dr. J. FrenzeL? sehr genau beschrieben und von aus- gezeichneten Abbildungen begleitet. Ich habe von denselben bereits in meiner vorläufigen Mittheilung gesprochen. Diese nun jetzt im Allgemeinen beschriebenen Elemente bilden die Anlagen, aus denen der Darmtractus der Puppe resp. Imago sich ausbildet. Die Angaben von Weısmann über die Vorgänge des Zerfalls und des neuen Aufbaues des Darmkanals haben jetzt keine Bedeutung mehr, und wir können dieselben bei Seite lassen. — Der einzige For- scher, der diesen Punkt genauer berücksichtigt hat, ist Professor Ganmn, obgleich auch seine Beschreibung nicht weit genug in die Einzelheiten des Vorganges eingeht, und gar nicht das Verschwinden des Saugmagens behandelt. Gehen wir jetzt zur Beschreibung der Umgestaltungen, welche der Darmkanal während der Puppenperiode erleidet, so werden wir mit dem Mitteldarme, als dem centralen Theile, beginnen, und erst danach den Vorder- und Hinterdarm besprechen. Mitteldarm. Macht man Querschnitte durch den Mitteldarm einer jungen Larve, vom zweiten oder dritten Tage, so sieht ınan, dass schon jetzt unter den großen Saugzellen (sz) des Mitteldarmes Gruppen von kleinen Zellen liegen (imz). Auf der Fig. 15 ist ein Stück des Querschnittes 11.C.p. 49, 2 Jou. FrEenzEeL, Einiges über den Mitteldarm der Insekten. Archiv für mikr, Anat. Bd. XXVI. p. 229. Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 561 des Mitteldarmes einer jungen Larve dargestellt; unter den großen Zellen des Mitteldarmes finden wir zwei Gruppen von kleinen Zellen. Diese kleinen Zellen (imz) sind sehr scharf, wie von den Saugzellen des Mitteldarmes so auch von der Museularis abgesetzt. Auf dem Quer- schnitte des ganzen Rohres trifft man solche Gruppen in verschiedener Zahl, es kommen bis zu vier oder fünf vor; man trifft aber auch Quer- schnitte, auf denen man diesen Zellen gar nicht begegnet und über- haupt sind diese Zellen in um so geringerer Zahl vorhanden, je jüngere Larven man zur Untersuchung nimmt. Diese Zellen stoßen nie an das Lumen des Darmkanales, sondern liegen zwischen der Basis einiger an einander grenzender Darmepithelien, welche dabei zum Theil abge- hoben erscheinen. Jede Gruppe besteht aus drei Kernen, welche von genügendem Protoplasma umgeben sind, in welchem scharf bezeich- nete Zellgrenzen nicht hervortreten;; das mag aber von der Präparation abhängen. Bei reiferen Larven vermehren sich diese Zellen immer mehr und die einzelnen Gruppen bestehen dann aus einer größeren Zahl von Zellen. Auf der Fig. 16 bilde ich einen Querschnitt durch den vorderen Theil des Mitteldarmes einer ganz reifen Larve ab, die schon zu fressen aufgehört hat und sich zur Verpuppung vorbereitet. — Der ganze Mitteldarm hat sich bedeutend verkürzt. Die Saugzellen haben jetzt ein ganz anderes Aussehen als bei der jüngeren Larve (Fig. 15), ihr Plasma ist ganz einförmig geworden und besitzt nicht diese großen Vacuolen, welche sich in den entsprechenden Zellen der Fig. 15 zeigen; die großen und sich stärker mit Karmin färbenden Kerne dieser Zellen liegen jetzt nicht am Grunde der Zellen, sondern nähern sich mehr dem Lumen des Darmes, welches jetzt bedeutend verengt ist; die wichtigste Erscheinung aber ist das bedeutende Auswachsen der imaginalen Zel- len (imz) der Darmwandung, welche jetzt fast echte Imaginalscheibchen bilden. Wir sehen auf dem Querschnitte drei solche Scheiben, welche jede aus drei bis fünf Zellen bestehen, und über der Scheibe a finden wir noch eine Schicht von kleinen Zellen b, welche das innere Epithel des Darmes etwas vorstülpen. Die äußere Schicht des Darmes wird von der Muscularis gebildet, und man sieht hier die zusammengezogenen und desshalb auch be- deutend verdickten Längsmuskeln als längliche Körperchen hervortre- ten (ms), welche man leicht mit Kernen verwechseln kann, döch erkennt man bei etwas stärkeren Vergrößerungen, dass es keine Kerne, sondern zusammengezogene Muskelfasern sind. Man findet auch einzelne Kerne (k), aber dieselben haben ein ganz anderes Aussehen. In den Muskel- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 36 562 A. Kowalevsky, fasern bemerkt man eine gewisse Streifung oder Schichtung; mit der Muscularis verschmelzen oder verlieren sich in derselben einzelne Tracheen, die sich zum Darmkanal begeben. — Gehen wir noch einen Schritt weiter und nehmen einen Querschnitt (Fig. 17) des Mitteldarmes einer unlängst verwandelten Larve, so finden wir ein sehr verschie- denes Bild. Die inneren Epithelzellen haben hier ihre überwiegende Rolle verloren, sie beginnen zusammenzufallen, man unterscheidet kaum. noch die Grenzen der Zellen, sondern nur die dichtgedrängten und sich immer tief färbenden Kerne; diese Schicht kann jetzt schon als abgefallenes oder abgestreiftes inneres Epithel angesehen werden. Diese Zellen aber liegen nicht frei im Darmlumen, sondern sind von einer neuen Schicht von kleineren, länglichen Zellen umgeben. Die Zellen dieser Schicht scheinen nichts Gemeinsames mit den Saugzellen des Darmes zu haben, vielmehr von denselben Zellen abzustammen, welche die Imaginalscheiben des Mitteldarmes bilden. Schon auf der Fig. 16 haben wir einige Zellen (b) gesehen, welche sich von der äuße- ren Schicht der Imaginalscheiben absondern, und in nähere Beziehung zu dem abgestreiften Epithel treten; sei es übrigens wie es wolle, jedenfalls sieht man, dass die inneren Zellen von einer. Schicht (ag) länglicher, man möchte sagen neugebildeter Zellen umgeben sind. Diese Zellenschicht (ag) bildet einen ganz geschlossenen Ring um die inneren Zellen. Die Imaginalzellen des Mitteldarmes bilden jetzt echte Scheiben (ims), welche nach außen von den beschriebenen Schichten liegen, und noch weit von einander entfernt sind. Diese Scheiben be- stehen aus einer großen Zahl von Kernen, die dicht an einander ge- drängt sind; nur bei starker Vergrößerung sieht man die kleine Schicht von Plasma um die einzelnen Kerne und auch die Grenzen der Zellen. Nach außen von diesen Scheiben findet sich die jetzt noch mehr verdickte Schicht der Muscularis, in welcher man mehr Kerne antrifft als auf dem früheren Stadium. Das hängt wahrscheinlich davon ab, dass jetzt die Längsmuskeln noch mehr kontrahirt sind und also auch die Kerne der Muskelzellen öfters auf den Schnitten gedrängter liegen. Eine solche Muskelzelle mit Kern ist auf der Fig. 17a abgebildet; man sieht den sehr deutlichen Kern (k), das ganz farblose und körnchen- freie, helle Plasma, und den Querschnitt der Längsmuskelfasern (m). Auf diesem Schnitt (Fig. 17) sieht man ferner einige Kerne, die ich früher für Kerne der inneren oder eirkulären Schicht des Darmes hielt, die aber eine andere Rolle zu spielen haben; es sind die Kerne m und m’, von denen sechs auf der Figur zu sehen sind. Diese Kerne sind sehr leicht von den Querschnitten der Muskelfasern und den Muskel- zellenkernen zu unterscheiden und liegen entweder dicht gedrängt an Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 563 der äußeren Seite der Imaginalscheiben, oder auch vereinzelt wie die Kerne m’m’, welche aber doch an die Linie ! sich anlegen, wo die Darm- drüsenschicht sich bilden wird. Nehmen wir jetzt eine Puppe vom Ende des ersten, oder vom An- fange des zweiten Tages, und untersuchen deren Mitteldarm auf Quer- schnitten (Fig. 18), so finden wir einen erheblichen Unterschied. — Die Imaginalscheiben des Darmkanals haben sich bedeutend entwickelt und die meisten beginnen schon an den Grenzen mit einander zu ver- schmelzen, so dass eine zusammenhängende Schicht entsteht. Nach innen von diesen Scheiben liegt die Schicht von in die Länge ausge- zogenen kleinen Zellen, welche die nach innen liegenden Epithel- zellen des Larvendarmes ganz umgeben. Die innere Schicht ist aus diesen Zellen gebildet, oder genauer gesagt, aus Kernen, welche in einem feinkörnigen Stroma liegen. Es ist aber auch zu erwähnen, dass man zwischen diesen großen Kernen (k) eine gewisse Anzahl von kleinen Kernen (%‘) findet, deren Abstammung ich mir nicht erklären kann. Das Lumen des Darmes ist noch recht groß und erfüllt von einer koa- gulirenden Flüssigkeit, welche in der Mitte einen sternförmigen Körper bildet. Nach außen von den Imaginalscheiben sehen wir auch hier die Zellen m in mehreren Gruppen liegen. — Diese Zellen färben sich durch Karmin und Hämatoxylin ganz wie die Zellen der Imaginalschei- ben, besonders ist es deutlich bei Hämatoxylinfärbung, wobei die Zellen m und die Imaginalscheibenzellen ganz blau erscheinen, wäh- rend alle anderen, sowohl die nach außen, wie die nach innen liegen- den einen Stich ins Rothe zeigen. Diese Zellen sehen wie ein neues embryonales Gewebe aus, und es scheint mir, dass es die Muskelzellen der sich bildenden Mitteldarmmuseularis sind; jedenfalls sind es Zellen, die in nächster Beziehung zu den sich ausbildenden Imaginalscheiben stehen und eigentlich dasselbe vorstellen, wie die aus dem »Mesoderm« bei den thorakalen Imaginalscheiben. Auf der Fig. i9 bilde ich ein Stück des Mitteldarmes einer reiferen Puppe ab, an dem die Imaginalscheiben sich schon begegnet haben und das vollständig geschlossene innere Epithel entstanden ist, sonst sind die Beziehungen der einzelnen Theile dem gleich, was wir auf der Fig. 18 gesehen haben; nur finden wir hier eine große Zahl von Blut- körperchen resp. Phagocyten, welche die äußere Oberfläche des Darmes umgeben. Die Blutkörperchen sind ganz leer, d. h. sie sehen so aus, wie man dieselben im Blute der Larve und der Puppe gleich nach der Verwandlung beobachtet. Die zusammengezogene Muscularis (mu) ist von bedeutender Dicke, aber noch nicht angegriffen. Auf der Fig. 20 36* 64 A, Kowalevsky, sehen wir ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium; das Epithel (ep) des Imagodarmes ist schon vollständig fertig, anstatt der dieken Museu- larisschicht finden wir jetzt die Phagocyten resp. Körnchenkugeln voll- gestopft von verschiedenen Bruchstücken und selbst in Zerfall begrif- fenen Kernen; die ganze Muscularisschicht sammt den verschiedenen Geweben, die da waren, ist von den Phagocyten aufgenommen und liegt in derselben. In einzelnen von diesen Phagocyten (a) sieht man noch die Kerne der aufgenommenen Muskelzellen; man erkennt die- selben sehr leicht, weil sie noch die Fähigkeit, sich stark zu färben, bewahrt haben. — Nach außen von dem Epithel findet man nur diese Körnchenkugel und vereinzelt die Zellen (imzm), welche wir schon früher beobachtet haben, und als imaginale Darmmuskelzellen gedeutet haben. Nehmen wir jetzt den Darm einer Puppe vom Anfange des dritten Tages, wenn er schon schwache Kontraktionen auszuführen beginnt (Fig. 21), so finden wir, dass dessen Wandungen aus einem schönen, wie embryonal erscheinenden Epithel bestehen, welches nach außen von weit abstehenden Längsmuskelfasern (lm) umgeben ist; die Quer- schnitte dieser Muskeln sind sehr deutlich zu sehen, und an einigen Stellen trifft man auch die zu denselben gehörenden Kerne (km). Viel seltener findet man auch die Ringsmuskeln (rm), welche immer mit Kernen versehen sind, die unter die Längsmuskeln sich eindrängen. Von der alten Muscularis oder den Körnchenkugeln (wie auf der Fig. 20) ist jetzt gar nichts zu sehen; die mit den Museularisresten®vollgefüllten Körnchenkugeln haben sich zerstreut und der Mitteldarm resp. die den- selben aufbauenden Gewebe und Schnitte sind gebildet. Nach innen vom Epithel liegt eine dicke Schicht von gallertarti- ger Substanz, die unter der Wirkung der Reagentien koagulirt und selbst zerreißt; in solehen Zustand scheinen die inneren Enden der Epithelzellen unmittelbar überzugehen. Unter dieser Schicht kommt jetzt das, was man gewöhnlich den »gelben Körper« nannte, was aber gar nichts Anderes ist als die zusammengefallenen Zellen des Mittel- darmepithels der Larve; die eigentlichen Epithelzellen nehmen das Innere ein und sind umringt von einer Schicht ringförmig gelagerter kleinerer Zellen. Das Lumen (!) des Larvendarmes ist noch nicht voll- ständig geschwunden, und man findet dasselbe in Form von strahlen- förmigen Spalten. Der Mitteldarm der Puppe in diesem Zustande bildet einen sehr kurzen und dicken, tonnenförmigen Körper, der vollgefüllt von einer xlaren Flüssigkeit ist, in dessen Innerem ein länglicher gelber Körper liegt. Mit Beginn des dritten Tages fängt dieser Mitteldarm an sich Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. T. 565 zu kontrahiren, und führt immerwährend Kontraktionen aus, welche über seine Länge von hinten nach vorn verlaufen. Diese Kontraktionen tragen wahrscheinlich bedeutend zur Auflösung der Zellkörper des gelben Körpers bei, so wie auch zur allgemeinen Cirkulation der Flüs- sigkeiten im Larvenkörper, in welchem das Herz jetzt schon langsamer sich kontrahirt und wo außerdem die jetzt so vollgeladenen Blutkörper- chen resp. Körnchenkugeln nicht so leicht zu bewegen sind. Die wei- teren Veränderungen bestehen in einer Verkleinerung des gelben Kör- pers, ferner in einer Verlängerung des Darmes, besonders an dessen hinterem Ende, wo er sich auszuziehen resp. auszuwachsen beginnt, bis in den späteren Stadien der Puppenentwicklung, vielleicht vom 8. Tage an, der Darm sich zu krümmen beginnt und endlich viele Windungen bildet, so dass die aus der Puppe austretende Fliege bereits einen stark gewundenen Mitteldarm besitzt. Eine ganz ähnliche Bildung des Mitteldarmes wurde von mir bei Culex, Chironomus und Corethra beobachtet; von den Schmetterlingen bei Hyponomeuta; findet sich nach den Angaben von J. FrexzeL! bei den Bienen, nach Ganın bei den Käfern, und ist wahrscheinlich allen Insek- ten mit vollständiger Metamorphose eigen. Vorderdarm. Die erste Anlage des Vorderdarmes haben wir in dem Vorder- darmimaginalringe gefunden, wo er in einer 10 mm langen Larve schon vollständig angelegt ist. Wir haben auch gesehen, dass bei der unlängst aus dem Eie geschlüpften Larve diese imaginalen Zellen den anderen Zellen des Proventriculus sehr ähnlich, und dass dieselben nur in ihrem Wachsthume stehen gebliebene Zellen sind. Es ist mir nicht gelungen, die ersten Veränderungen festzustellen, von welchen das erste Auswachsen des Imaginalringes begleitet ist; vermuthen musste man, dass die in das Lumen des Proventriculus hängende Falte (Fig. 24 b.md.vd) sich nach vorn ausgezogen und damit verstreicht, was mit der Kontinuität des Ösophagus sehr übereinstimmte. Es scheint auch wirklich so vorzugehen, denn wenn man die Fig. 26 vergleicht, so sieht man über dem Imaginalringe (vdimr) eine ganze Reihe von großen saftigen Zellen, welche gewöhnlich im Ösophagus nicht existiren, und welche wohl von der verstrichenen Falte abstam- men Könnten. Der Vorderdarmimaginalring hat gleich nach der Verwandlung sehr dieke Wandungen (Fig. 26 vdimr), welche hinten durch die Ver- 1. c. p. 256— 437, 366 | A. Kowalevsky, mittelung von einer Reihe ziemlich kleiner Zellen (Fig. 27 b) in einander übergehen. Das Lumen ist nach hinten vollständig geschlossen. Auf der Fig. 26 sehen wir diesen Ring bei schwächerer, auf Fig. 27 bei stärkerer Vergrößerung. Die kleinen, sehr in die Länge ausgezogenen Zellen bilden einen hohen Vorsprung ins Innere des Darmes hinein. Die Zellen sind sehr lang und besitzen je einen Kern; da aber die Zellen sehr gedrängt sind, so scheint es, als ob die Kerne in mehreren Reihen liegen; nach hinten setzten sich diese Zellen in größere Zellen fort (b), welche sehr deutlich als Cylinderzellen (b’) hervortreten; diese gehen dann wieder in eine Schicht von sehr unbestimmt abgegrenzten Zellen über, von denen man deutlich nur die Kerne sieht. Die letzteren Zel- len bilden gewissermaßen einen Pfropfen, welcher den Vorderdarm nach hinten verschließt. Von diesen Zellen geht eine gallertartige Sub- stanz aus, welche mit einer ähnlichen Substanz, die das Vorderdarm- lumen ausfüllt, zusammenschmilzt. — Die Zellen des Imaginalringes setzen sich nach vorn in kleine Zellen (vz) fort, welche sich auf den großen Zellen des Larvenvorderdarmes ausbreiten. | Der ganze Imaginalring ist nach vorn sehr scharf abgesetzt. Außer- halb des Imaginalringes bestehen die übrigen Wandungen des Vorder- darmes aus denselben Zellen, aus welchen sie bei der Larve bestanden, nur ist der Vorderdarm überhaupt sehr verkürzt und die Zellen springen bedeutend vor. Die Muskelschicht ist schon stark abgehoben und man sieht die einzelnen Muskeln (m) mit deren Kernen wie isolirt liegen. — Verfolgt man den Ösophagus (oe) weiter nach vorn, wie man es auf der Fig. 28 kann, so sieht man, dass er unter dem Gehirn durchzieht, und dann in einen weiten Raum (o) endigt, in welchen auch der jetzt sehr stark zusammengefallene Saugmagen (sg) mündet. — Weiter nach vorn, gegen die Mundöffnung hin, finden wir den jetzt abgeworfenen Haken- apparat (ha), der sich von den weichen Theilen, auf welchen er be- festigt war, abhebt. | Der zusammengefallene Saugmagen ist von einer dichten Schicht von Körnchenkugeln und Blutkörperchen umgeben, wie es auch auf dem entsprechenden Querschnitte dieses Stadiums schon gezeigt wurde (Fig. I). Ziemlich dicht über dem Ösophagus zieht sich das Rückenge- fäB oder das vordere Ende des Herzens (rg) hin. Nach unten, unter dem Darme, findet man den Längsschnitt der Speicheldrüse (sp); über- all ist eine große Zahl von Leukoeyten zerstreut. Auf den Längsschnitten von der Puppe des ersten Tages, kann man alle Stadien des Zusammenfallens und der völligen Auflösung des Saug- magens sehr schön beobachten. Die Sackform geht allmählich mehr und mehr verloren, und von dem weiten und großen Saugmagen der Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 567 Larve bleibt nur eine verdickte Wandung, welche von einer Anhäu- fung von Körnchenkugeln umgeben ist. Die Fig. 28 und 29 stellen uns zwei dieser Zustände dar. Auf dem letzten bleibt von dem Saugmagen nur ein Haufen von Körnchenkugeln (sgr) übrig, welcher noch eine Zeit lang an dieser Stelle verharrt; später aber zerstreuen sich auch die Körnchenkugeln und es bleibt keine Spur mehr des vorher hier vor- handenen so großen Saugmagens. — Was den eigentlichen Ösophagus betrifft, so finden wir, wenn wir die beiden Fig. 28 und 29 vergleichen, dass derselbe sehr verkürzt ist, wogegen der Vorderdarmring sich be- deutend ausgezogen hat. Dieser besteht nun aus einer hinteren etwas verdiekten, und einer vorderen mit feineren Wandungen versehenen Abtheilung; weiter nach vorn geht diese Abtheilung in ein Rohr über, welches noch aus großen Larvenzellen aufgebaut ist; dies Rohr zieht durch den Schlundring und öffnet sich in einen sehr weiten Raum (0), welcher von oben von einem flachen Vorsprung bedeckt ist, auf dem der Hakenapparat saß; der letztere ist jetzt abgestreift und liegt frei. Der Vorsprung, auf welchem der Hakenapparat lag, scheidet die Höhle des Vorderdarmes von der darüber liegenden Höhle der Kopfblasen. Auf derselben Fig. 29 sehen wir einen Zellenstrang (zs), den wir schon auch früher auf den Querschnitten beobachtet, der aber hier viel deutlicher hervortritt. Er liegt über dem Gehirn und steht im Zu- sammenhange mit dem vorderen Ende des Rückengefäßes resp. des Herzens. — Der Vorder- und der Mitteldarm sind auf ihrer ganzen Länge von einer großen Zahl von Körnchenkugeln umgeben. Bei spg findet man einen Schnitt des vorderen Theiles des Speichel- drüsenganges, dessen Wandungen aus kleinen Zellen bestehen. — Die meisten Muskeln des Vorderkörpers sind schon in Körnchenkugeln um- gewandelt und nur verhältnismäßig wenige haben noch die Muskel- struktur bewahrt. Die Fig. 30 giebt uns einen entsprechenden Längsschnitt aus einer etwas mehr entwickelten Puppe, welche sich nur wenig von der so- eben beschriebenen unterscheidet; man sieht nur den Ösophagus noch mehr verkürzt, den Hakenapparat ganz abgeworfen und hervorgedrängt, die Kopfblase mehr differenzirt und die wenigen Reste der Muskeln, die früher noch zu sehen waren, jetzt fast vollständig in Körnchen- kugeln umgewandelt, Im Speicheldrüsengange findet man zwei stark lichtbrechende Körper, welche wahrscheinlich den Rest des Speichel- drüsensekretes darstellen. Die Fig. 31 stellt den gleichen Schnitt aus einer viel weiter vor- geschrittenen Puppe dar, bei welcher die Extremitäten schon gebildet sind, und die Kopfblase zum Austritt fertig ist. Im Ganzen finden wir 563 A. Kowalevsky, dieselben Verhältnisse wie bei den früheren Stadien, nur mit dem Unterschiede, dass der Ösophagus noch mehr verkürzt, vom Haken- apparat gar nichts mehr zu sehen ist, und der Vorsprung, welcher die Vorderdarmhöhle von der Kopfblase scheidet, mehr differenzirt er- scheint und eine Einstülpung (e) besitzt, welche für uns in der Be- ziehung wichtig ist, als dieselbe später nach dem Austritt der Kopf- blase zur Orientirung hilft. — Diese Einstülpung ist von sehr deutlich ausgebildeten Muskeln mit vielen einzelligen Körpern (Drüsen?) ver- sehen, welche diesen Theil besonders charakterisiren. Die Kopfblase ist ausgebildet und ihre Wandung in viele Faltungen gelegt. Das vordere Ende des Rückengefäßes ist sehr leicht bis zum Zellenstrang (zs) zu verfolgen, wo es an zwei Stellen angeheftet zu sein scheint, erstens nach oben, an den Zellenstrang oder den Ring von WeEISsMANnN, zweitens nach unten an ein besonderes fibrilläres Gewebe (fd), welches den Rückentheil des sich ausbildenden Vorderdarmes bedeckt. Es scheint, als ob das Lumen des Herzens in dies fibrilläre Gewebe sich öffnet, und dass von hier schon ein Gefäß hervortritt, welches bis an den Theil der Kopfblase zu verfolgen ist, an welchem eine bedeutende Trachee sich findet und eine höckerartige Hervorhebung der Kopfblase hervortritt. Auf der Fig. 32 habe ich den nächsten Nachbarschnitt bei etwas stärkerer Vergrößerung abgebildet, auf welchem man den Zellenstrang (zs) im Längsschnitt besser sieht, so wie auch das fibrilläre Gewebe (/b) und die Fortsetzung des Rückengefäßes bis zum Vorsprung der Kopfblase, wo einige Blut- und Körnchenkugeln liegen. Mir scheint, dass wir es hier mit einer speciellen Bildung zu thun haben, welche in nächster Beziehung zu der Ausstülpung der Kopfblase steht. Der Speicheldrüsengang (Fig. 31 spg) liegt hier nicht so isolirt wie auf den anderen Präparaten, sondern ein Theil der Speicheldrüse hängt mit ihm auch auf diesem Schnitte zusammen; das ist aber eine ganz individuelle Erscheinung und hängt von der jeweiligen Lagerung der Speicheldrüsen ab; in dieser Beziehung werden wir noch viel bedeu- tendere Verschiedenheiten auf den nächsten Stadien antreffen. Im Speicheldrüsengange finden wir, auf diesem Präparate, ein knäuelartig zusammengerolltes Stück des Sekretes, welches uns dient, um am nächsten Schnitte die Mündung des Ausführungsganges zu be- stimmen. Wir sehen nämlich auf dem dritten Schnitte, von dem auf der Fig. 32 dargestellten gezählt (Fig. 33), den Kanal, in welchem das Sekret liegt, in die Einstülpung spgm münden und, wie wir später sehen werden, scheint an dieser Stelle die Öffnung der Speicheldrüsen der Imago zu liegen. — Dies wird besonders durch die später zu Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 569 beschreibenden Fälle bewiesen, wo die Speicheldrüsen sich sehr lange erhalten, Fälle, welche schon von WeEısmann erwähnt sind. Ich habe hier noch einen kleinen Zellenstrang (x) zu erwähnen, welchen ich auf einem Präparate zwischen dem Speicheldrüsengange und der Höhle des Vorderdarmes finde; dieser Strang scheint ganz un- abhängig von dem Drüsengange zu sein; seine Beziehungen sind von mir nicht näher untersucht worden. Jetzt kommt eine wichtige Veränderung in der äußeren Form des Vorderkörpers der Larve, welche in dem Austritt der Kopfblase resp. der Bildung des Imagokopfes besteht. Die Kopfblase, welche wir bis jetzt im Inneren sahen (Fig. 31), wird vorgestülpt und die äußere Mundöffnung, welche ganz am Vorder- ende. sich öffnete, rückt damit auf die Bauchseite und wird zu einem engen Spalt. Die Fig. 3% zeigt uns den Längsschnitt aus einer Puppe gleich nach einer solchen Verwandlung, die Einkerbung e der Fig. 31 deutet uns auch die Veränderung der Lagerung anderer Organe. Die Höhle des Vorderdarmes o bleibt noch immer sehr weit und nimmt noch einen bedeutenden Theil des ganzen Umfanges des Kopfes ein. Die Vorderdarmhöhle ist noch immer von der Mitteldarmhöhle ge- trennt, in welcher wir den gelben Körper resp. die zusammengefallenen Zellen des Larvendarmepithels finden. Sonderbar erscheint es, dass, während alle Körperhöhlen so strot- zend von Körnchenkugeln und Fettkörpern erfüllt sind, wir jetzt nur sehr wenige (ich zählte auf dem Schnitte nur drei) Körnchenkugeln finden. — Ich erkläre mir diese Erscheinung damit, dass die Ausstül- pung der bis jetzt im Inneren gelegenen Kopfblasen durch Blutdruck herbeigeführt ist und da das Blut jetzt nur aus Plasma und im Blut- strome fast nicht eirkulirenden Körnchenkugeln besteht, so wird die kaum gebildete Höhle nur mit Plasma gefüllt. Auf dem nächstfolgenden Sta- dium, wenn die Höhle o zusammenfällt, werden wir eine bedeutende Ansammiung der geformten Theile im Kopfe finden (Fig. 35). — Wie viel von den jetzt fertigen Wandungen des Vorderdarmes von dem Imaginalringe desselben und von den anderen imaginalen Anlagen der Puppe stammt, kann ich nicht mit Gewissheit sagen; jedenfalls stammt derjenige Theil des Ösophagus, welcher jenseits der Höhle o liegt, sicher- lich von den Imaginalscheiben. Die Fig. 35 stammt aus einer Puppe, in welcher der ganze Ösophagus fast schon seine definitive Form an- genommen hat. Er stellt jetzt ein langes, dünnes und ausgezogenes Rohr dar, welches seine frühere weite Höhle verloren hat und welches bis zur Mitte der Kopfblase ziemlich senkrecht geht, hier eine starke Kniekung bildet, um sich weiter horizontal direkt nach hinten, gegen 570 | A. Kowalevsky, den Mitteldarm zu richten. — Der Ösophagus hat noch keine Verbin- dung mit dem Mitteldarm, und die beiden Röhren legen sich mit ihren blinden Enden an einander. Der Theil, welcher an den Mitteldarm stößt, bildet eine schwache Ausstülpung nach unten, welche die erste Anlage des sich hier bildenden Saugmagens der Fliege ist. Auf der oberen Wand dieses Theiles liegt das schon erwähnte fibrilläre Ge- webe. Auf derselben Figur sehen wir den Speicheldrüsengang (spg), der hier fast frei nach außen in den äußersten Theil der Mundöffnung mündet; es ist hier nur ein Stück des Ganges dargestellt, auf dem näch- sten Nachbarschnitte sieht man dessen äußere Öffnung. Nicht selten erhält man solche Schnitte, in denen der Zusammen- hang des Ausführungsganges mit den Speicheldrüsen noch besteht, das giebt sehr genaue Anhaltspunkte, um die einzelnen Theile des Rüsseis der Imago mit den entsprechenden Theilen der Puppe resp. Larve zu vergleichen. — So können wir also den Punkt der Mündung des Speicheldrüsenganges bei der Puppe spgm Fig. 3i mit dem ent- sprechenden Punkte der Imago Fig. 35 vergleichen; weiter giebt die Anhäufung der Körnchenkugeln bei e durch die Vermittelung des Sta- diums Fig. 34 uns die Möglichkeit, diese Stelle der Puppe mit der ent- sprechenden Stelle e der Larve Fig. 31 zu vergleichen, und so die ein- zelnen Theile zu parallelisiren. Im Allgemeinen zeigt uns noch dies Stadium, dass nach der Bildung des Kopfes resp. dem Austritt der Kopfblase eine große Zahl von Fett- körperchen nach vorn gedrängt wird und jetzt die einzelnen Organe. umgiebt, welche auf den früheren Stadien frei von dieser Nachbarschaft waren. | Die weitere Ausbildung des Vorderdarmes besteht jetzt nur im einfachen Wachsthum der schon angedeuteten Anlagen, welche beson- ders das Wachsthum des Saugmagens, der Speicheldrüsen und des Schöpfrüssels betreffen. Hinterdarm. Die erste Anlage des vorderen Theiles des Hinterdarmes der Imago habe ich schon in sehr jungen Larven gefunden, und sie bestand in einer tiefen Falte, welche man zwischen den Zellen des Hinterdarmes fand. Nicht weit von der Stelle, wo die beiden gemeinschaftlichen Ausführungsgänge der Marricarschen Gefäße in den Darm einmünden, sieht man auf dem Längsschnitte Fig. 39 hAdr jederseits eine tiefe Ein- senkung, welche aus kleinen Zellen besteht. Diese Einsenkungen sind die Längsschnitte einer ringförmigen Falte, welche am Anfange des Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden, 1. 571 Hinterdarmes liegt. — Die Zellen dieser Falte oder dieses Ringes sind bestimmt, das innere Epithel fast des ganzen Hinterdarmes zu liefern. Die Ausbildung des Hinterdarmes wie überhaupt aller Theile, die im Abdomen liegen, geht etwas langsamer und viel später als die Vor- gänge im Vorderkörper von statten. In den ersten Stunden nach der Verwandlung, wenn das Epithel des Mitteldarmes abgeworfen wird, sieht man noch keine Veränderung an der Hinterdarmfalte, sie bleibt noch in derselben Form und Lage wie bei der reifen Larve oder so, wie es auf der Fig. 39 dargestellt ist. Erst mit dem Abfallen des Epithels, welches vor der Falte liegt, beginnt das Wachsthum der Falte, besonders nach vorn, wobei deren vorderen Ränder die Einmündungssteile der Marricurschen Gefäße umgeben; dann biegen sie sich nach innen, wachsen zusammen und grenzen so den Hinterdarm mit den in denselben einmündenden MAL- pısatschen Gefäßen von dem Mitteldarm ab. Die hinteren Ränder der Falte wachsen nach hinten, und da die- selben hier an die großen Zellen des Hinterdarmepithels angrenzen, so bleibt hier die Falte offen, d. h. deren Wandungen gehen in die zer- fallenden Wandungen des Larvenhinterdarmes über. Auf verschie- denen Präparaten sieht dieser Theil des Hinterdarmes sehr verschieden aus, am häufigsten traf ich denselben so, wie es auf der Fig. 42 darge- stellt ist. Die großen Zellen des Hinterdarmepithels scheinen ganz des- agregirt zu sein, viele haben ihre Lage in der Epithelialbekleidung ver- lassen und bilden einen unregelmäßigen Strang von Zellen mit großen Kernen, zwischen denen man schon die eingedrungenen Phagocyten sieht. Die ganze äußere Wand des Stranges ist dicht von Körnchen- kugeln umgeben. Wenn man Längsschnitte von entsprechenden Strecken untersucht, sieht man die Windungen des aufgeknäuelten sehr langen Hinterdarmes der Larve jetzt meistens zu in einander übergehende Stränge umge- wandelt, welche dicht von Körnchenkugeln umgeben sind. In diesen Strängen unterscheidet man anfänglich die einzelnen Epithelzellen mit deren großen Kernen, ungefähr so, wie wir es auf der Fig. 42 sehen; bald aber findet man anstatt der Zellenstränge nur Stränge, die allein aus Körnchenkugeln bestehen (wie auf Fig. 48), und endlich fangen auch diese an, sich zu zerstreuen, so dass man am vierten und fünften Tage, nachdem die Kopfblase schon vollständig gebildet ist, von dem Hinterdarme der Larve gar nichts mehr sieht, als unbedeutende Reste um die jetzt zum Rohre auswachsende Hinterdarmfalte. Die Fig. 42 und 43 wurden nach Präparaten gemacht, welche aus dem aus der Puppe herauspräparirten Hinterdarm dargestellt waren; 572 A. Kowaleysky, nimmt man aber ganze Puppenleiber und zerlegt dieselben in Längs- schnitte, so erscheinen die Verhältnisse etwas anders, man findet nicht eine solche Abrundung des Hinterdarmes, wie man sie auf der Fig. 43 wahrnimmt, sondern zwischen den inneren Rändern der Falte steht immer ein Spalt, welcher dieselben trennt. Auf den Fig. 44, 45, 46 und 47 habe ich Längsschnitte einer jungen Puppe dargestellt, auf denen vielleicht schon der ganze Hinterdarm angelegt ist. Auf der Fig. 24 sehen wir zwei Einstülpungen am hin- teren Ende des Abdomens, von denen die untere die ersten Anlagen des Genitalapparates (ag) darstellt, die obere aber den äußersten hin- teren Theil des Hinterdarmes resp. die Rectaltasche (ri), in welcher man schon sehr deutlich die zwei kleinen Rectalpapillen (rp) sieht. Auf dem nächsten Längsschnitt (Fig. 45), welcher in derselben Richtung geführt ist, finden wir wie den centralen, so auch den äuße- ren Theil des Hinterdarmes. Der centrale stellt einen dreieckigen Körper dar, welcher mit dem vorderen Theil an den Mitteldarm an- stößt und hier die Mündungen der Marpicurschen Gefäße aufnimmt, mit seinem hinteren Ende aber in die Trümmer des Hinterdarmrohres der Larve sich fortsetzt. Der periphere Abschnitt resp. die Rectaltasche zeigt noch keine äußere Mündung, ist aber an seinem vorderen resp. centralen Ende weit ausgezogen, und auch von vielen Körnchenkugeln umgeben; man sieht die beiden inwendigen zugespitzten Enden des Darmrohres sich gegen einander richten. Auf dem nächsten Schnitte (Fig. 46) finden wir, dass der Zusam- menhang der Rectaltasche mit der Haut verschwunden ist, während der centrale Abschnitt des Hinterdarmes (ch) viel weiter nach hinten, zum Rectum ausgezogen ist, in welchem man noch eine Rectalpapille sieht. Einer der folgenden Schnitte (Fig. 47) zeigt ein noch mehr ausge- zogenes Rohr; die dasselbe umgebenden Körnchenkugeln reichen fast bis an die Rectaltasche. | Der Längsschnitt des Darmes von diesem Schnitte ist auf der Fig. 48 bei stärkerer Vergrößerung dargestellt, und man sieht sehr deutlich, dass die kleinen Zellen, welche die Wandung des sich bil- denden Hinterdarmes darstellen, nach hinten in größere (gz) Zellen übergehen, welche noch weiter nach hinten in die Wandungen eines Lumens (Z) sich fortsetzen, welche zum Theil aus freien Kernen, zum Theil aus Körnchenkugeln bestehen. Ich vermuthe, dass dieser Spalt das Lumen des Larvenhinterdarmes ist, und die denselben umgeben- den Kerne und Körnchenkugeln die Reste der Hinterdarmwandung sind. Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwickiung der Musciden, 1. 573 In derselben Weise endet auch der centrale Abschnitt der Rectal- tasche; auch er ist nieht blind geschlossen, sondern setzt sich in die Wandungen des zerfallenden Larvenhinterdarmes fort. Auch seine jungen und kleinen Zellen gehen zu ähnlichen Zellentrümmern wie der hintere Abschnitt des oberen Theiles des Hinterdarmes; es scheint, als ob auch hier die Höhle der Hinterdarmtasche sich in die Reste des Larvenhinterdarmes fortsetze. Auf Längsschnitten, welche ich in größerer Zahl aus entsprechen- den Stadien herstellte, konnte ich nie einen unmittelbaren Übergang dieser beiden Anlagen des Hinterdarmes konstatiren; allein sobaid nur eine kleine Biegung in den Kommunikationstheilen besteht, wird man den Zusammenhang dieser Strecken auf den Längsschnitten nicht sehen. — Dagegen habe ich in der Serie der Querschnitte vom hin- teren Ende des Mitteldarmes bis zu der Hinterdarmtasche keinen Schnitt getroffen, an welchem ich entweder die schon gebildeten Theile des Hinterdarmes oder die Reste des ganz zusammengefallenen Larven- hinterdarmes nicht gefunden hätte. Das lässt mich annehmen, dass der lange Hinterdarm der Larve zur Zeit, wenn seine Elemente von den Phagocyten verspeist werden, sich immer mehr und mehr verkürzt, alle seine Windungen verliert, und endlich zu einem fast geraden Rohre wird, einem Rohr aber, dessen Wandungen nur aus Trümmern bestehen; es deuten aber diese Trümmer den hier unlängst vorhandenen Hinterdarm an, und geben auch die Richtung an für die einander entgegenwachsenden Enden des imaginalen Hinterdarmes. Wir finden hier einen ganz ähnlichen Process als denjenigen, wel- chen wir bei der Zerstörung des Saugmagens der Larve schon gesehen haben. — Der enorme Saugmagen der Larve fällt bei der Verpuppung stark zusammen und wird durch eine kleine Ausstülpung (Fig. 28 sg) dargestellt. Die Wandungen sind schon verkleinert, nicht nur in Folge der Zusammenziehung, sondern auch durch die Arbeit der Phagocyten, welche schon viele Elemente des Saugmagens aufgenommen haben und auch jetzt noch massenhaft den Saugmagen umgeben; auf der nächsten Fig. 29 finden wir nur die Reste des Saugmagens (sgr), obgleich die Umgrenzung des Saugmagens von unten nach innen besteht und weiter bestehen bleibt, in Folge der neu hinzuwachsenden Zellen sowohl von Seiten des Vorderdarmimaginalringes wie auch der Imaginalscheiben der Oberhaut, welche zur Bildung des Rüssels beitragen. Ganz dasselbe, was wir am Vorderdarme sahen, geht auch am Hinterdarme vor sich, nur finden wir hier nicht eine einfache große Ausstülpung, wie der Saugmagen, sondern ein sehr in die Länge aus- 574 A. Kowalersky, gezogenes Rohr; im Übrigen sind die Vorgänge die gleichen; wie der Saugmagen nicht so verspeist oder abgerissen wird, dass an seiner Stelle ein Loch bliebe, welches von der Leibeshöhle nach außen resp. in den ösophagealen Raum führte, aber allmählich verschlossen würde, so wird auch die Wandung des Hinterdarmes nicht in solcher Weise fortgenommen, dass das Lumen des Hinterdarmes mit der Leibeshöhle in Verbindung träte. — Das kommt nie vor; im Gegentheil, bei dem sich immer mehr verkürzenden Hinterdarm der Larve bleibt das Lu- men desselben, wenn auch stark zusammengepresst, doch noch zum Theil, wenn auch schließlich nur in Form eines Spaltes, bestehen, und wird endlich von den entgegenwachsenden Wandungen des neuen Hinterdarmrohres und der Rectaltasche umgeben und aufgenommen. Diese Bildung beweist uns weiter, dass die Rectaltasche nicht eine einfache, blinde Einstülpung des Hinterkörpers ist, sondern von An- fang an auch einen Ring darstellt, welcher in der nächsten Nähe des Larvenhinterdarmes bestand, bei dem Untergange des letzteren auszu- wachsen beginnt, zu einer Tasche sich ausbreitet, und hier zuerst die Rectalpapille bildet und dann weiter in der Richtung der Hinterdarm- reste wächst. Das Zusammenwachsen der beiden Anlagen des Hinterdarmes ge- schieht also nicht durch Zusammenlegen und spätere Verschmelzung zweier blinder Säcke, wie z. B. des Vorder- oder Hinterdarmes mit dem Mitteldarm, sondern in Folge der Begegnung der beiden sich immer mehr ausdehnenden Zellenringe, welche das Lumen des alten Rohres umfassen. — Was die Bildung der Rectaltasche betrifft, so erscheint dieselbe als eine Einwachsung der imaginalen Scheibe des letzten Körpersegmentes. — Man sieht nämlich am hinteren Segmente, wo das Rectum der Larve mündet, zu beiden Seiten des Larvenafters die großen Imaginalscheiben (Fig. 54 $&) des letzien Segmentes des Abdomens, welche in einer fast allgemeinen Verdickung der hintersten Theile be- stehen. Diese Imaginalscheiben entsprechen den ähnlichen abdomina- len Scheiben der anderen Segmente des Abdomens, und umgeben fast vollständig den After. Wenn nun die Bildung der imaginalen Reectal- tasche beginnt, so erwächst aus diesen Scheiben jederseits eine Gruppe von Zellen, welche den After umgiebt und ins Innere des Rohres zu wachsen beginnt, dem zerfallenden Reetum der Larve folgend. Es er- scheint also auch hier ein Ring aus imaginalen Zellen, welche auf dem Längsschnitte Fig. 40 rt und ims dargestellt sind. Auf einem etwas höher geführten Schnitte derselben Puppe sieht man die äußere Öffnung nicht mehr, aber die Reetaltasche mit deren hinteren und seitlichen Wandungen ist deutlich zu sehen, man sieht Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden, I. 575 auch die unmittelbare Fortsetzung der Rectaltaschenwandung in die großen Zellen des Larvenhinterdarmes. — In der jetzt kaum angelegten Tasche kann man schon die erste Anlage der Rectalpapillen rp sehen, welche, was ihre Abstammung betrifft, als Bildungen der abdominalen Imaginalscheiben anzusehen sind, und daher aus diesem Grunde in die Kategorie der Organe gehören, die in näherer Beziehung mit der Außen- welt stehen; also sind dieselben vielleicht, wie es schon Leyvıc ver- muthete, mit den Kiementracheen im Mastdarme der Libellenlarven zu vergleichen; dieser Vergleich erscheint mir um so passender, als am hinteren abdominalen Segmente keine Stigmata sich bilden, welche auf allen anderen abdominalen Segmenten entstehen. Die nähere Besprechung dieser Frage werde ich auf die Zeit der Beschreibung der Stigmata und der Tracheenbildung des Abdomen verschieben. - Was die anderen Insekten betrifft, so hat schon Ganın das Ab- streifen des Mitteldarmepithels bei Myrmica, Lithocolletis, Tenebrio und der Biene beobachtet, das letzte wurde auch von Frenzeı bestätigt. Ich habe denselben Process bei Culex, Corethra, Chironomus und Hypo- nomeuta beobachtet, und er ist also wahrscheinlich ganz allgemein bei den Insekten verbreitet. Die beiden imaginalen Ringe des Vorder- und des Hinterdarmes habe ich auch sehr deutlich bei Hyponomeuta gesehen und dieselben sind von Ganin für Lithocolletis und Tenebrio beobachtet; also ist die Umgestaltung des ganzen Darmtractus während des Puppenzu- standes bei Repräsentanten verschiedener Insektenordnungen ein und dieselbe; es bestehen nur Unterschiede, welche die Details betreffen. Bei Hyponomeuta padellaLin. bildet sich das neue Epithel noch viel früher als bei den Fliegen. Sobald nur die Larve zu fressen aufgehört hat, wird das alte Epithel abgeworfen, und bei der zur Ver- puppung reifen Larve, welche ihr Gespinst zu spinnen beginnt, ist sehon das imaginale Epithel des Mitteldarmes ganz fertig, und wird durch ziemlich lange cylindrische Zellen dargestellt; zu derselben Zeit wird auch hier der Darm von den Phagoeyten dicht umgeben und die Larvenmuscularis von denselben aufgenommen. Die Speicheldrüsen. Die Zusammensetzung der Speicheldrüsen der Larve ist seit Weıs- MANN genügend bekannt, nur hat er ein Versehen gemacht, das bis jetzt von keinem seiner Nachfolger korrigirt wurde, er hat nämlich die Anwesenheit des Imaginalringes der Speicheldrüsen nicht be- merkt. 576 A, Kowalevsky, Wenn man die Speicheldrüsen einer ausgewachsenen Larve in toto oder auf Längsschnitten untersucht, so sieht man an der Stelle, wo die eigentlichen Speicheldrüsen in den Ausführungsgang übergehen, _ einen kolbenförmig aufgetriebenen Theil (Fig. 14 imrd), welcher aus kleinen Zellen besteht (Fig. 49 im und 38 imrd). Hier sind die Zellen sehr klein, stark gepresst, und ihre Kerne scheinen in mehreren Schich- ten zu liegen; weiterhin läuft der aus gewöhnlichen Zellen gebildete Ausführungsgang. Dieser kolbenförmig aufgetriebene Theil ist der eigentliche Imaginalring der Speicheldrüsen, welcher den Ringen des Hinter- und Vorderdarmes entspricht. Sobald dieser Ring entdeckt war, konnte man nach der Analogie fast voraussagen, was mit den Speicheldrüsen vor sich gehen müsse: die Zellen der Larvendrüsen würden von den Körnchenkugeln aufgenommen und später aufgelöst werden; die neuen Drüsen der Imago sich aus den Imaginalringen der Speicheldrüsen bilden. Und das ist in der That der Fall. Viarranes! hat ziemlich genau die Vorgänge an den zerfallenden Speicheldrüsen der Larve beschrieben und noch genauer abgebildet; er sah, dass in dem Plasma der großen Speicheldrüsenzellen neue Zel- len auftreten, dass die Zahl dieser Zellen sich immer vermehrt, dass anstatt der früheren großen Zellen jetzt kleinere erscheinen, und die- selben im Körper sich ausbreiten; er ist nur im Unrecht, wenn er den Austritt der Kerne für einen immer auftretenden Vorgang annimmt; selbst auf seiner Fig. 3, Taf. X sieht man einen Kern, ohne auszutreten, zusammenfallen, und das ist auch die gewöhnliche Erscheinung. Da Vıarıanes die Abstammung der im Plasma auftretenden Zellen nicht kannte, so nahm er einfach an, dass dieselben sich dort an Ort und Stelle bilden; das ist ein schon so oft begangener Fehler. Ganın ? sagt einfach, dass die Speicheldrüsen zerfallen und einer fettartigen Degeneration unterliegen; von den Speicheldrüsen der Imago sagt er, dass dieselben unzweifelhaft Neubildungen sind; ihre Bildung und Beziehung zu den Speicheldrüsen der Larve konnte Ganiv nicht aufklären. Was nun meine eigenen Beobachtungen anbetrifft, so konnte ich die Veränderungen an den Speicheldrüsen nur dann genauer studiren, wenn ich dieselben zur rechten Zeit aus der durch heißes Wasser ge- tödteten Puppe herauspräparirte und weiter bearbeitete. — Wenn die Kopfblase ausgetreten ist, und der Kopf sich auszubilden beginnt, hebt die Zerstörung der Speicheldrüsen der Larve an; die ersten Spuren der Zerstörung habe ich am hinteren Ende der Speicheldrüsen gesehen und auf der Fig. 50 von einem Längsschnitt abgebildet. I7].2C.p. Non. 2.2. C.P,160. 2: ja Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. sel Man sieht auf der Abbildung, wie in die Zelle « ein Phagoeyt (ph), weleher im Inneren noch unverdaute Reste von anderen Zellen ent- hält, einzudringen versucht; ein etwas zugespitzter Theil desselben steekt schon in der Zelle, der größte Theil ist aber noch frei. Zwischen die Zellen b und c sind zwei Phagocyten eingedrungen, von denen der eine schon sehr tief liegt, der andere noch ganz an der Oberfläche. — In die Zelle c dringt fast unmittelbar über dem Kern noch ein Phago- eyt ein. Die Kerne der Speicheldrüsenzellen, in welche die Phagocyten einzudringen beginnen, haben noch denselben Bau wie die Kerne der funktionirenden Speicheldrüsen, wenigstens bestehen sie auf den Schnitten aus Körnchen, welche ganz normal an der Peripherie des Kernes ausgebreitet sind. Die Fig. 51 stellt uns den Querschnitt einer Drüse auf einem bedeutend weiter vorgeschrittenen Stadium dar; in der Zelle « sehen wir keinen Phagocyten; in der Grenzschicht zwischen den Zellen b und c sind deren vier eingenistet; in der Zelle c finden wir wieder zwei, welche schon tief in der Zellsubstanz liegen, dicht unter dem Kern. — Alle diese Phagocyten enthalten eine bedeutende Zahl von Fetttröpfehen, welche wahrscheinlich von der aufgenomme- nen Zellsubstanz der Speicheldrüsenzellen abstammen. In die Zelle d sind sieben Phagocyten eingedrungen, und einige von denselben sind auch schon bedeutend größer geworden und ent- halten, wie d’, viele Fetttröpfehen. Der Kern der Drüsenzelle, so wie auch dessen Körnchen, hat noch ein fast normales Aussehen. Die Zelle e zeigt nichts Besonderes, in der Zelle f aber sehen wir eine schon bedeutend weit fortgeschrittene Auflösung, es sind acht Phagoeyten in ihr, der Kern scheint bereits deren Einfluss zu erfahren und besteht aus einer ganz hellen äußeren Schicht und einem centra- len Haufen stark zusammengedrängter Körnchen; die drei nächstliegen- den Phagoeyten berühren die Oberfläche des Kernes, ob aber dieselben irgend weichen Einfluss auf den Zustand des Kernes ausüben, ist hier nicht zu sehen; es ist sehr möglich, dass diejenigen Phagocyten, welche auf den Kern eigentlich einwirken, nicht getroffen sind, dass dieselben auf den Nachbarschnitten geblieben sind; jedenfalls sehen wir hier eine Veränderung in dem Zustande des Kernes, welche mit den hier einge- drungenen Phagoeyten in Zusammenhang steht. Die Zelle g giebt uns in Beziehung auf den Kern etwas mehr Auf- klärung; der Kern % besteht aus einer klaren äußeren Zone und sehr wenigen im Centrum liegenden Körnchen; in dem Phagocyten 9’, wel- cher ganz dicht an den Kern anstößt, finden sich drei Körnchen, welche, ihrem Aussehen nach, ganz den Körnchen entsprechen, welche den Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 37 578 A. Kowalevsky, Kern gewöhnlich ausfüllen; ich glaube daher, dass die drei Körnchen des Phagocyt g aus dem Kerne k aufgenommen sind, und das erklärt auch, warum der zusammengefallene Kern jetzt so wenig Körnchen besitzt. Es versteht sich von selbst, dass nicht allein der Phagocyt g’ die Körn- chen aufgenommen hat, auch viele andere Phagocyten haben dabei mitgewirkt, nur sind dieselben nicht auf diesem Querschnitt getroffen. In der Zelle Ah finden sich nur zwei Phagocyten und der Kern ist auf dem nächsten Schnitte; in der Zelle a ist kein Phagoeyt, wenigstens auf dem Schnitte, getroffen. Einen noch viel weiter fortgeschrittenen Zustand der Zersetzung bringt uns der Querschnitt aus einer etwas älteren Puppe (Fig. 52), wo eine Reihe von Speicheldrüsenzellen von den Phagocyten fast voll- ständig aufgenommen ist, und deren Stelle in den Reihen gewisser- maßen ersetzt. — Wir werden auch hier eine Zelle nach der anderen beschreiben, um die Einzelheiten: der Verhältnisse genauer zu wür- digen. Ein allgemeiner Blick auf diesen Querschnitt zeigt im Vergleich mit dem Querschnitte Fig. 51, dass auch hier die eine Hälfte der Drüse weniger zersetzt ist als die andere; das ist die obere Hälfte, welche etwas länger widersteht, was ich damit erklären möchte, dass die Drüsen nach oben ziemlich dicht an das Nervensystem und den Darm gedrückt sind und hier in einem weniger regen Blutstrom liegen als mit der unteren Fläche, welche von keinem anlagernden Organ ge- schützt ist. Die Zelle a hat im Inneren noch keine Phagocyten, und nur an deren Grenze mit der benachbarten Zelle b sind einige eingedrungen; in der Zelle 5 sind schon einige zu finden, und besonders eine b’ liegt von außen her dicht auf dem Kerne; die Zelle € ist von vielen Phago- eyten erfüllt, die schon mehr oder weniger tief eingedrungen sind: die Zelle d zeigt die gleichen Erscheinungen; in der Zelle e sind schon einige andere Verhältnisse zu sehen, erstens ist deren Parenchym fast vollständig von den Phagocyten aufgesaugt und man sieht an einigen Stellen, dass selbst ganze Stücke desselben in den Phagocyten liegen; so sieht man in den Phagocyten e’ und e” kleinere Stückchen der Substanz, welche ganz dieselben Verhältnisse zu Farbstoffen und dasselbe Brechungsvermögen zeigen wie die eigentliche Substanz der Speicheldrüsenzellen; es scheint, dass diese Stücke einfach in die Phagoeyten aufgenommen wurden, und noch keine Veränderungen er- litten haben. Es scheint mir überhaupt, dass die Substanz der Zelle von den eingetretenen Phagocyten als etwas Flüssiges einfach einge- saugt wird, und dass nur ausnahmsweise ganze Stücke derselben, wie Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. 1. 579 von dem Phagocyten e, diesen einverleibt werden. Das Letztere, kann geschehen, wenn schon das Meiste der Zellsubstanz zerstört oder zer- bröckelt ist. Was den Kern dieser Zelle e betrifft, so scheint er bedeu- tend verkleinert zu sein, und besteht aus einer Gruppe stark zusam- mengedrängter Körnchen, welche von zwei Phagocyten gewissermaßen umgeben sind; man sieht, dass die beiden Phagocyten e? und e? den- selben von beiden Seiten umfassen; in welchen derselben er schließlich gelangen wird, ist noch nicht vorauszusehen; die beiden bezeichneten Phagocyten scheinen zu seiner Auflösung beizutragen. Zwischen den Zellen e und f ist schon schwer eine genauere Grenze zu ziehen; die Phagocyten dieser beiden Nachbarzellen haben dieselbe schon fast vollständig zerstört, nur nach innen hin zeigen die zuge- spitzten Enden Strecken, an denen die Grenzlinie zu suchen ist; die ganze Zelle f ist fast vollständig zerfressen, und man sieht auf dersel- ben die interessanten Beziehungen der Phagocyten zu den Kernen. Die heiden Phagoeyten f’ und f" sind daran, den Kern zu verspeisen, dabei haben sie denselben von der äußeren Seite her aufgelöst und ziehen dessen Körnchen in sich hinein; ein Theil der Körnchen ist schon in den Phagocyten f’, ein anderer Theil in den Phagocyten f” eingetreten; der Kern wird also auch hier von den zwei Phagocyten aufgenommen, obgleich in anderer Weise als bei der Zelle e, wo die Körnchen zu einem Haufen zusammengepresst wurden. Die Zelle g ist in fast demselben Zustande wie die Zelle /, nur scheinen zur Zerstörung des Kernes drei Zellen beizutragen, übrigens ganz in derselben Weise; auch hier sieht man in den Phagocyten Stück- chen der noch nicht veränderten Zellsubstanz. Die Zelle } hatte nur einige Phagoeyten und der Kern war nicht zu sehen. Wenn man etwas weiter vorgeschrittene Stadien untersucht, so sieht man, dass die ganze Zellsubstanz von den Phagoeyten aufgenom- men ist, dass nur noch einzelne Kerne bestehen und dieselben in der Weise, wie es VIALLANES zeichnet, nach innen oder nach außen aus der Zelle hervorragen; etwas später bleibt auch von den Kernen nichts übrig als die sich tief roth färbenden Körper in den Phagocyten, die VIALLANES »corpuscules roses« nennt. — Während die unteren Zellen der Speicheldrüse aufgelöst werden, setzt sich dieser Vorgang auf die oberen Zellen fort, und die beiden Speicheldrüsen verwandeln sich so in noch zusammenhängende Streifen von vollgefressenen Phagocyten, . welche aber bald aus einander fallen und sich zerstreuen. — Am zwei- ten Tage nach dem Austritte der Kopfblase sieht man nichts von den Speicheldrüsen der Larve, dagegen die neuen, welche aus dem Ima- ginalringe sich gebildet haben. — Die Auflösung der Speicheldrüsen. Sl 580. A. Kowalevsky, durch die Phagocyten scheint im Laufe von 10 bis 24 Stunden, mög- lieherweise noch schneller sich zu vollziehen. Man muss ziemlich genau aufachten, um die Zeit des Zerfalls der Speicheldrüsen zu treffen; gewöhnlich sind dieselben entweder bereits verdaut oder noch ganz erhalten. Einige Stunden nach dem Austritte der Kopfblase ist die rechte Zeit, um die ersten Spuren der beginnen- den Auflösung der Speicheldrüsen zu suchen. — Verspätet man sich um einige Stunden, so wird man meistens nichts mehr von den Speichel- drüsen finden. Es geschieht aber auch, dass in den Larven die Speicheldrüsen sich ziemlich lange erhalten, und selbst bis zu den letzten Tagen der Puppenzeit bestehen bleiben. Werısmann hat sogar in einem Falle beob- achtet, dass dieselben noch in der Fliege sich erhalten hatten. Der Zerfall oder die rückschreitende Metamorphose der Spinn- drüsen bei den Lepidopteren war schon längst von F. E. Hrım! unter- sucht, und er bezeichnet dieselbe als einen »vollständigen Zerfall«, obgleich seine Fig. 57 und 58 eine andere Erklärung zulassen, da die- selben anstatt der einfachen Drüsenzelle mehrere Zellen von sicherlich anderem Charakter zeigen. Es ist also sehr möglich, dass auch hier ein ähnlicher Zerlegungsprocess seitens der Phagocyten vor sich geht, wie ich ihn für die Museiden beschrieben habe. — Meinerseits habe ich diese Frage nur theilweise bei den Hyponomeutapuppen geprüft, und fand auch hier im Inneren der Spinndrüsenzellen Zellen einge- drungen, die unzweifelhaft Phagoeyten waren, welche bei den Hypo- nomeuta sehr klein sind. Zerfall der Larvenhypodermis und Bildung der imaginalen Hypodermis des Abdomens. Die Haut des Kopfes und der Brust entsteht bekanntlich aus dem Ektoderm der Imaginalscheiben, was aber die Hypodermis des Abdo- mens der Imago betrifft, so musste für dieselbe eine andere Abstam- mung angenommen werden, so lange an den Abdominalringen keine eigentlichen Imaginalscheiben bekannt waren. — WEIsMann meinte, dass die Hypodermis der Larve einfach in die Hypodermis der Imago sich umwandle und nur eine neue Eintheilung gebildet werde. Ganin? war der Erste, der die Neubildung des Ektoderms der Imago bemerkt hat, obgleich er diese Erscheinung etwas unbestimmt deutet. Er sagt: »Weısmann hat ganz richtig beobachtet, dass das Exo- ı F.E, Heıy, Über die Spinndrüsen der Lepidopteren. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. p- 463, 2 Te DL 32, Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. T. 581 derm der acht Abdominalsegmente der Larve nicht zerstört wird, ob- gleich er im Unrecht ist, wenn er behauptet, dass das Larvenexoderm unmittelbar in die Imago übergeht.« — Weiter sagt Gann, dass. die erste Bildung des Exoderms der Imago bald nach der Verpuppung be- sinnt, am Ende des zweiten oder am Anfange des dritten Tages; ich finde dagegen, dass auch hier wie bei der Bildung des Darmkanales die Imaginalanlagen schon während der ersten Tage des Larvenlebens vor- handen sind, wie ich es später eingehender besprechen werde. ViL- LAnES! beschreibt zwei Arten der Zerstörung der Larvenhypodermis; er nimmt nämlich für die ersten vier Larvensegmente, welche dem Kopf und Thorax der Imago entsprechen, einfach an, dass »’hypoderme larvaire de quatre premiers segments, r&pondant & la tete et au thorax de limago, se desseche et tombe«, also austrocknet und abfällt. — Für die Hypodermis der Abdominalsegmente nimmt VrarzAanzs? eine andere Art des Unterganges an und zwar eine »disparition par degeneres- cence«. — Was die Entstehung der neuen resp. imaginalen Hypodermis betrifft, so ist dieser Process nur von ViarLangs deutlich verstanden und beschrieben, er war der Erste, der die Hypodermisverdickungen der Abdominalsegmente der Larve als wahre »disques imaginaux.« resp. Imaginalscheiben des Abdomens deutete, und aus denselben die ganze Hypodermis des Abdomens der Imago ableitete; ich stimme mit ihm in dieser Beziehung vollständig überein, nur weiche ich in dem Punkte von ihm ab, dass er aus den Zellen dieser Scheiben auch die Mesodermzellen ableitet, was ich nicht anerkennen kann, und dass ich die Bildung dieser Scheiben auf viel frühere Stadien zurückführe, als es von VıaL- LANES geschah. Was meine eigenen Beobachtungen betrifft, so finde ich, dass die Zellen der Larvenhypodermis überall von den Blutkörperchen resp. Phagoeyten aufgenommen und aufgelöst werden und zweitens, dass die imaginale Hypodermis überall von Imaginalscheiben abstammt; auf dem Kopfe und Thorax von den schon seit Weısmann bekannten Kopf- und Thoraximaginalscheiben, auf dem Abdomen aus den von VIALLANES beschriebenen abdominalen Imaginalscheiben. Das erste Auftreten der abdominalen Scheiben bei den allerjüng- sten Larven habe ich bis jetzt nicht feststellen können. Bei Larven von 2—5 mm Länge konnte ich dieselben nicht finden. Bei den Larven von 40 mm Länge waren aber dieselben schon schön ausgebildet und be- stehen hier aus einer größeren Zahl von Zellen. — Auf der Fig. 53 zeichne ich das fünfte Segment einer Larve von 10 mm Länge, welche rl erep. 109% Ze. 02222, 582 A, Kowalevsky, eine Imaginalscheibe aus 14 Zellen (in die Länge gerechnet) besitzt. Auf den nach hinten folgenden Segmenten waren diese Scheiben klei- ner, aber doch waren dieselben schon auf allen acht Segmenten zu finden. Auf den vordersten drei Segmenten konnte ich dagegen keine Scheiben finden, und das lässt sich leicht. verstehen, wenn man an- nimmt, was VıaLLanes und ich schon ausgesprochen haben, dass auf diesen Segmenten die Imaginalscheiben noch früher gebildet werden, nämlich schon bevor die Larve das Ei verlässt. Sie bilden sich hier wohl ungefähr einen Tag früher, da die 10 mm langen Larven schon am zweiten Tage anzutreffen sind. Und das hat nichts Befremdendes, da überhaupt die Processe an den vorderen Segmenten immer schnel- ler vor sich gehen. Die vier Paar Kopfanhänge werden während der embryonalen Entwicklung angelegt und am Ende der embryonalen Ent- wicklung sind dieselben so verschmolzen, dass man sie nicht von ein- ander abgrenzen kann. — Dasselbe vollzieht sich auch mit den Imagi- nalscheiben der Thorakalsegmente, sie gelangen einen Tag früher unter die Hypodermis als die anderen gebildet werden. Das ist der Unterschied. Auf der Fig. 54 führe ich einen Längsschnitt einer Puppe aus der ersten Stunde nach der Verwandlung vor, um die allgemeine Lagerung der abdominalen Imaginalscheiben zu zeigen. Es sind deren jederseits sieben Paar in einer Reihe, ein anderes Paar, das achte, liegt viel tiefer, da es aber, für jedes Segment, jederseits zwei giebt, so sehen wir auf der Fig. 54 nur die obere oder untere Reihe von diesen Scheiben; ferner habe ich auch diese acht Paare von Scheiben nicht auf einem Längsschnitt finden können, auf einem Schnitte fanden sich nur die fünf mittleren, also die des zweiten, dritten, vierten, fünften und sechs- ten Segmentes; die übrigen waren auf den nächsten Schnitten zu suchen. — Die Scheiben des achten Paares umgeben den After und liefern das Epithel der Rectaltasche (Fig. 40 und 41) und auch die Rec- talpapillen. Auf der Fig. 55 haben wir eine von diesen Scheiben bei viel stärkerer Vergrößerung ausgeführt; wir sehen, wie die Zellen der Imaginalscheiben noch immer klein bleiben im Verhältnis zu den großen Hypodermiszellen der Larve. Die Fig. 56 zeigt einen Querschnitt der Hypodermis einer Puppe vom Beginne des zweiten Tages aus einem der vorderen Segmente des Abdomens; die unter der Hypodermis gelegenen Muskeln sind schon alle aufgelöst, es sind nur die Körnchenkugeln, und auch diese nur ziemlich vereinzelt, vorhanden. Die Imaginalscheibe (ims) selbst besteht aus einer großen Zahl von Zellen, mit sehr kleinen Kernen und liegt in der gleichen Höhe mit der Hypodermis der Larvenhaut, Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. I. 583 welche aus großen Zellen mit deutlichen und großen Kernen besteht. — Auf dem Querschnitte sehe ich nicht deutlich die Grenzen der Larven- hypodermiszellen, nimmt man aber die Haut der Larve aus diesem Stadium, und betrachtet das Präparat von der Fläche, so sind die Gren- zen der großen Hypodermiszellen mit der größten Deutlichkeit zu sehen. — Unter der Hypodermis bemerkt man auch kleine Zellen (wz), die bestimmt nicht zu den Leukocyten gehören, und die ich unter dem indifferenten Namen der Wanderzellen anführe; wir haben diese schon auf der Fig. 4 in der gleichen Lage gesehen. Bei der Puppe des dritten (?) Tages, wenn die Körperanhänge und Füße schon gebildet sind, die Kopfblase aber noch nicht ausgetreten ist, sieht die Imaginalscheibe (Fig. 57) etwas anders aus; dieselbe ist bedeutend mehr ausgewachsen, etwas nach unten vorgewölbt, und beginnt auf der Oberfläche sich über die hier noch liegenden großen Zellen der Larvenhypodermis auszubreiten; was diese letzteren Zellen selbst betrifft, so haben dieselben nicht dieselbe regelmäßige Lage und Form wie auf der Fig. 56, sondern stellen eine Substanzschicht mit un- regelmäßig gestellten und an manchen Stellen fehlenden Kernen dar. Um den Bau und die Beziehung dieser Larvenhypodermis darzustellen, habe ich dieselbe von verschiedenen Stellen derselben Puppe abge- bildet, resp. von anderen Querschnitten. Die Fig. 58 stellt ein Stück der Hypodermis, nicht weit von der Imaginalscheibe dar; die Hypodermisschicht ist sehr unregelmäßig und gewissermaßen wie zernagt, an einigen Stellen haben die Körnchen- kugeln resp. die Phagocyten dieselbe fast ganz zerstört, an anderen ist dieselbe noch sehr breit; die Lagerung der Kerne ist auch sehr ver- schiedenartig; der Kern «a ist etwas nach unten gerückt; der Kern b ist von drei benachbarten Phagocyten ganz umgeben; der Kern c ist gegen. die Oberfläche hin verdrängt; der Kern d scheint aus der Hypodermis- schicht ganz herauszutreten und ragt sehr weit in die Leibeshöhle hin- ein; der Kern e erscheint, als ob er aufgelöst wäre, und besteht aus einem hellen, schwach umschriebenen Hof und sehr wenigen Körn- chen; die Kerne f und g bewahren noch mehr ihre normale Lage, ob- gleich die Phagocyten, besonders unter dem Kern f, ihnen dicht an- liegen. Die Fig. 59 ist nach einer anderen Stelle desselben Querschnittes gezeichnet; der Kern a ist vollständig von dem Phagocyt aufgenommen und zum Theil geschrumpft; der Kern b besteht aus zwei Hälften, die eine Hälfte b’, welehe noch in der Schicht der Hypodermis liegt, ist ganz hell, aber enthält noch einige Körnchen, die andere Hälfte b” ist kleiner und besteht ausschließlich aus dicht zusammengedrängten 584 A. Kowalevsky, Körnchen. — Im Phagocyten c sehen wir keinen Kern, sondern ein Stück Substanz, welches ganz so aussieht wie das Plasma der Hypo- dermiszellen. — Diese Figur erklärt uns zum Theil, wie die Kerne in die Phagocyten aufgenommen werden; wir sehen einen, den Kern a, einfach im Phagocyten liegen, also von ihm umringt und aufgenommen, der Kern b aber wird gewissermaßen ausgesaugt, fast in der Weise, wie es die Vampyrella mit den von ihr auszusaugenden Spirogyrazellen macht. Der Kern ist an einer Stelle von dem Phagoecyten aufgelöst und alle seine Körnchen sind dann entweder ausgesaugt, oder alle von selbst ausgetreten, als ob dieselben im Inneren des Kernes unter größe- rem Druck ständen als im Inneren des Phagocyten. Die Fig. 60 stellt uns eine andere Stelle desselben Querschnittes dar, in welchem einer der Kerne a schon ganz im Inneren des Phago- eyten liegt; im Phagocyten b, welcher bedeutend tiefer, gewissermaßen schon in der zweiten Schicht liegt, finden wir einen Hypodermiskern, der schon zum Theil verdaut ist; er liegt in einer größeren Vacuole, seine Körnchen sind stark zusammengepresst und beginnen schon mit einander zu verschmelzen; auf weiteren Stadien der Zersetzung des Kernes erhält man solche Körnchenkugeln, wie ich dieselben auf den Fig. 8 und 9 abgebildet habe, und welche eine Körnchenkugel mit dem halbverdauten Kern darstellen. Die hier angeführten Figuren zeigen uns in allgemeinen Zügen, wie die Larvenhypodermis mit ihren Kernen aufgenommen und aufgelöst wird; jetzt bleibt uns zu besprechen, wie unter der Imaginalscheibe das Mesoderm der Scheibe gebildet wird. Auf der Fig. 61 bilde ich eine Imaginalscheibe einer älteren Puppe ab, an welcher man unter der Scheibe eine Anhäufung von Mesoderm- zellen sieht. Ganin ! und VıarLLangs? nahmen einfach an, dass die Zellen, welche die Imaginalscheibe bilden, sich in zwei Schichten spalten, eine obere, welche die eigentliche Hypodermis, und eine untere, welche das Meso- derm des Abdomens der Imago bilde. Ich habe dieser Frage viel Aufmerksamkeit geschenkt, kann aber die Beobachtungen der beiden genannten Forscher nicht bestätigen. Dieses Mesoderm (Fig. 61 mz) entsteht immer ganz unabhängig von den Zellen der Scheibe und von seiner ersten Erscheinung an ist es scharf von derselben geschieden; ich war Anfangs geneigt, eine Entstehung desselben von den Kernen der Körnchenkugeln anzunehmen, aber die Zellen mz haben einen ganz anderen Habitus und erinnern an echte u 0 2.16: 94222. nt u a IT a Te m ee 5 — Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 585 embryonale Zellen; so bleibt mir nichts übrig als dasselbe von den kleinen Wanderzellen abzuleiten, welche ich öfters unter der Hypoder- mis beobachtete (Fig. 4 und 56 wz); diese Zellen sammeln als Wan- derzellen und vermehren sich wohl hier an den Punkten des schnellen Wachsthums der Haut; in der Art kann die kleine Anhäufung entstehen und später sich weiter entwickeln. Auf demselben Präparat habe ich das beste Bild vom Aussaugen des Kernes gesehen und dasselbe in Fig. 62 gezeichnet. Der Phagoeyt ist im Begriff den Kern aufzunehmen; hier sieht man mit der größten Deutlichkeit die Kontouren des Kernes k, und in dessen Innerem nur einzelne Körnchen; alle übrigen sind ausgetreten und liegen in einem dichten Haufen schon im Phagocyten. Die weitere Ausbildung der Imaginalscheibe besteht darin, dass dieselbe sich in die Breite auszudehnen beginnt, und da zu derselben Zeit auch die Mesodermzellen schon sich stärker angehäuft haben, so folgen sie dem Ektoderm nach, obgleich immer etwas hinter demselben zurückbleibend. Die Fig. 63 stellt uns eine derartig ausgewachsene Scheibe vor. Wenn wir aber die weitere Ausbreitung der neuen Hypodermis- zellen nach der Peripherie hin verfolgen, so sehen wir, dass dieselben an der Grenze die großen Zellen der Larvenhypodermis überwachsen und also gewissermaßen überdecken. Die Fig. 64 giebt uns solch ein Bild, und wir finden hier die noch ziemlich regelmäßigen, großen Zellen schon überdeckt von den kleinen imaginalen Zellen. — Da diese kleinen Zellen schneller wachsen, als die alten großen von den Phagocyten auf- genommen werden, so geschieht es auch, dass dieselben sich eher be- gegnen und zusammentreten, als die Larvenhypodermiszellen vollstän- dig zerstört sind. Ich bin also in dieser Beziehung im Widerspruch mit VIALLANES, welcher meint, dass die Larvenhypodermis früher zu Grunde gehe als die neue sich gebildet habe, er meint, dass es ein Stadium gebe, in welchem »la mince cuticule sert seule A limiter la cavit& du corps '«; das ist bestimmt nicht der Fall, im Gegentheil, wenn die neue Hypo- dermis schon vollständig geschlossen ist, findet man noch einzelne Zellen der Larvenhypodermis fortbestehen, und die Kerne derselben sind noch lange unter der imaginalen Hypodermis in versehiedenen Zu- ständen der Verdauung in den Phagoceyten zu finden. Die Entstehung des Mesoderms unter den abdominalen Imaginal- scheiben könnte auch von den Körnchenkugeln abgeleitet werden, wie Iarcsp 22. 586 A. Kowalevsky,; es Weismann und für einige Muskeln auch VlaLLanes annimmt. — Ich habe auch diesen Punkt genauer geprüft, konnte aber nie Übergangs- stadien zwischen den Körnchenkugeln und diesen Zellen finden und _ musste daher diese Möglichkeit abweisen. Bei Durehmusterung einer großen Zahl von horizontalen Längsschnitten habe ich aber Anhäufungen von Mesodermzellen fast in jedem abdominalen Segmente gefunden. — Diese Anhäufungen traf ich aber immer ziemlich spät, gewöhnlich erst zu der Zeit der Ansammlung der Mesodermzellen unter den Imaginal- scheiben, dann aber auch ziemlich deutlich. — Das Auffinden dieser Anhäufungen, welche jedem Segmente entsprachen, lässt mich voraus- setzen, dass im Körper der Larve auch imaginale Anlagen des Meso- derms bestehen, welche aber so zart und indifferent sind, dass wir mit unseren groben Methoden der Untersuchung dieselben nicht auffinden können. — Dabei erinnere ich an die Analogie mit den Mückenlarven. Bekanntlich hat Weısmann bei der ganz jungen Corethralarve die An- lagen der Thorakalmuskeln gefunden; unzweifelhaft bestehen solche Anlagen auch bei den Larven anderer Mücken, Culex, Chironomus, und ich habe dieselben fleißig auf den Querschnitten gesucht. Ich konnte dieselben aber erst entdecken, als sie schon zu größeren Zellanhäufun- gen gruppirt waren; auf den ersten Stadien dagegen konnte ich diesel- ben, auch wenn ich sie in der durchsichtigen lebenden Corethralarve sah, auf Schnitten nicht finden. — Dieser Umstand lässt mich denken, dass auch bei der Fliegenlarve es sich wie bei Corethralarven verhält, dass nämlich mesodermale Anlagen auch hier existiren, aber dass man dieselben nur dann bemerkt, wenn sie in Zellanhäufungen sichtbarer werden, während wir sie auf den ersten Stadien ihres Auftretens nicht konstatiren können. — Wäre das der Fall, so würden wir auch für das Mesoderm der Imago mesodermale Imaginalscheiben anzunehmen haben. Dass solche Zellen aber wirklich vorhanden sind, beweisen die Untersuchungen von Weısmann über Corethra. Der zweite Theil meiner Untersuchung wird die Zerstörung des Fettkörpers, die Umwandlung, welche das Herz und das dasselbe um- gebende Gewebe erfährt, und die Ausbildung der Imago aus den ima- ginalen Anlagen behandeln. Schlussfolgerungen. Obgleich von meiner Untersuchung hier nur der erste Theil vor- liegt, darf ich doch bereits aus den hierin gewonnenen Resultaten einige Schlussfolgerungen machen. Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 587 Im Allgemeinen finden wir also in der Larve, und zwar meistens schon in der soeben aus dem Ei ausgekrochenen Larve eine Anzahl von Anlagen solcher Organe, welche für das Larvenleben nicht bestimmt sind; diese imaginalen Organe befinden sich nicht im vollständigen Ruhezustand, sondern entwickeln sich nur bedeutend langsamer als diejenigen Organe, welche im Larvenleben funktioniren. — Außer den schon längst bekannten Imaginalscheiben, welche besonders genau zu- letzt von Küncker v’HercuLass ! beschrieben worden, finden wir für den Darmkanal besondere imaginale Ringe und Zellen, und für die Organe des imaginalen Mesoderms besondere Zellen und Zellengruppen, welche die Muskeln der Imago neu bilden. — Ektoderm, Mesoderm und Ento- derm haben ihre eigenen Imaginalanlagen, welche während des Lar- venlebens sich sehr langsam entwickeln und nur nach der Metamor- phose der Larve die Überhand im Wachsthum gewinnen. Nur nach der Metamorphose resp. Verpuppung beginnen die imaginalen Organ- anlagen sehr stark zu wachsen, während das Wachsthum der Larven- organe beendet ist; die Larvenhaut und -Muskeln büßen ihre Thätigkeit ein und erweisen sich wie jedes inaktiv bleibende Organ als ge- schwächt. Diese abgeschwächten Gewebe und Organe, die zudem nutzlos und störend für die sich ausbildenden Imagokörper sind, wer- den von den Phagocyten angegriffen und zerstört. — Besonders deut- lich haben wir den Angriff der Muskeln, der Drüsen und der Haut resp. Hypodermiszellen beobachtet. Dabei kann hier nicht die Rede davon sein, dass wir es mit todten oder abgestorbenen Organen zu thun hätten. — Die Muskeln bewahren das Aussehen, wie es die Larven hatten, die Zellen der Hypodermis sind absolut von derselben Struk- tur wie die der Larve. — Das Auffressen der Kerne, dessen Inhalt in der Weise aus dem Kern tritt, wie der Inhalt der Spirogyrazelle bei dem Angriff von Seiten der Vampyrella, beweist uns, dass wir es hier mit ganz lebenden Kernen zu thun haben. Da aber die ganze Erscheinung besonders an gefärbten Präparaten und Schnitten untersucht wurde, so ist zu erwähnen, dass die Ge- webe und Organe, welche von den Phagocyten aufgenommen werden, ganz so sich zu den Farben verhalten, wie es die funktionirenden Or- gane der reifen Larve thun. — Wären diese Gewebe todt, so würde das Aussehen ein anderes sein. | Das Faktum, dass die Phagoeyten die sich neu bildenden Organe und Gewebe nicht angreifen, sondern sich auf die ihre Funktion ein- stellenden Organe stürzen, beweist uns, dass das sich entwickelnde 1 J. KünckeL p’HercuLaıs, Recherches sur l’organisation et developpement des Volucelles. Paris 1875. p. 142. 588 | A. Kowalevsky, und aktiv lebende Organ überhaupt von den Phagocyten nicht ange- griffen wird; dass eine gewisse funktionelle Schwäche existiren muss, welche den Angriff auf das Organ von Seiten der Phagocyten ermög- licht. — Wenn danach die Abschwächung der Muskeln und Hautzellen durch den Mangel der physiologischen Thätigkeit leicht. verständlich ist, so ist es schwieriger das Angreifen der Fettzellen zu erklären; hier scheint mir eine Annahme möglich, dass nämlich die Fettzellen ihre Assimilationsfähigkeit bei der Metamorphose einbüßen, desshalb in die Kategorie der abgeschwächten Organe eintreten, und dass in Folge dessen nun auch sie von den Phagocyten angegriffen werden. — Dass die nun nutzlos gewordenen Organe nicht einfach abgeworfen, sondern verspeist, verdaut und in flüssigem Zustande den sich entwickelnden Organen überliefert werden, erfordert schon die einfache Ökonomie des Organismus. Alle Larven, die diese abgeschwächten Organe nicht ausnutzen könnten, würden vielmehr Fettkörper und überhaupt Re- servestoffe erfordern als diejenigen, die ihre Muskel- und Larvenhaut in der Weise verbrauchen, als ob es ein aufgespeicherter Nahrungsstoff wäre; die Ökonomie des Organismus müsste schon diese Art des Ver- brauches der Larventheile als eine höchst nützliche herausbilden. Odessa, im März 1887. Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 589 Erklärung der Abbildungen. Tafel XXVI. Fig. 1. Querschnitt durch eine Puppe aus der ersten Stunde nach der Verpup- pung, in der Höhe des Gehirns und Saugmagens. oe, Ösophagus; sp, Speichel- drüsen; sg, Saugmagen; nıs, Muskeln; bs, Bauchstrang; aus, Augenscheiben. Mit rother Farbe sind die Leuko- resp. Phagocyten angegeben. Vergr. 1:20, Fig.2. Querschnitt durch eine Puppe aus der sechsten Stunde nach der Ver- puppung, oe, Ösophagus; sp, Speicheldrüsen ; bs, Bauchstrang des Nervensytems; rg, Rückengefäß;; ms, die normalen, noch nicht angegriffenen Muskeln; ms’, die von Phagocyten angegriffenen Muskeln; e, e’, die zwei Muskeln, welche neben den Speicheldrüsen liegen und auch von Phagocyten angegriffen sind ; dr, Drüsenzellen ; a, dund c, verschiedene Muskeln, welche auf.den folgenden Figuren bei stärkerer Vergrößerung dargestellt sind. Vergr. 4:20. Fig. 3, Der Muskel a der Fig. 2 bei stärkerer Vergrößerung. k una k, Kerne des Muskels, die noch ganz frei liegen; k’ und k’, solche, welche von den Phago- eyten bedeckt sind; 5, ein Muskelkern, der schon in den Phagocyt aufgenommen, und in eine Vacuole eingeschlossen ist, Vergr, 4: 270. Fig. 4. Der Muskel c der Fig. 2 bei stärkerer Vergrößerung sammt den daneben liegenden Epithelzellen der Hypodermis. hy, Hypodermiszellen;, wz, darunter liegende Wanderzellen; ph, Phagocyten; k, Muskelkerne; 7, 2, 3, drei Muskelstück- chen, die von benachbarten Phagocyten abgesplittert werden; s, Sarkolemma; K’, schon in den Phagocyten aufgenommener und etwas veränderter Muskelkern, Ver- größerung 1:270. Fig. 5. Der Muskel f der Fig. 2 bei stärkerer Vergrößerung. k, im Phagocyten eingeschlossene und in einer.Vacuole liegende Muskelkerne. In die Muskeln selbst sind zwei Phagocyten eingedrungen. Vergr. 4 :270. Fig, 6. Der Muskel d der Fig. 2, Um den Muskel und in demselben sind meh- rere Phagocyten zerstreut. %k, die aufgenommenen Kerne; der Muskel ist in viele Sarkolyten zerlegt. Vergr. 4: 370. Fig. 7. s, Sarkolemma; a, ein fast normal aussehender Kern; c, ein Kern, der schon schärfere Kontouren erhalten hat; e, ein unter das Sarkolemma ein- dringender Phagocyt; d, ein schon rund gewordener, und von einer Vacuole um- gebener Kern, vollständig in einem Phagocyt liegend. Von einer 40 Stunden alten Puppe. Vergr. 1: 370. Fig. 8. Zwei Phagocyten resp, Körnchenkugeln aus dem vorderen Theil des Körpers der Puppe, neun Stunden nach der Verwandlung. a, ein Phagocyt voll von Muskelstücken, an denen man noch sehr deutlich die Querstreifung sieht; db, ein Phagocyt, welcher außer den Muskelstücken noch einen aufgenommenen und in eine Vacuole eingeschlossenen Muskelkern (k) enthält. Vergr. A : 680. Fig. 9. Phagocyten resp. Körnchenkugeln .mit schon weiter fortgeschrittener Verdauung der aufgenommenen Muskelplättchen, aus dem vorderen Theile der zehn Stunden alten Puppe; b, ein Phagocyt, welcher einen in eine weite Vacuole 590 A. Kowaleysky, eingeschlossenen Kern enthält; c, ein Phagocyt mit zwei Kernen in einer Vacuole; k'k’, Kerne der Phagocyten. Vergr. 4: 680. Fig. 40. Phagocyten von einer 32 Stunden alten Puppe aus dem vorderen Theile des Körpers. Die aufgenommenen Theile sind schon fast ganz verdaut und es blei- ben nur kleine Fettkörperchen. Vergr. 4 :680. Fig. 44. Blutkörperchen resp. Phagocyten aus einer reifen Larve von lebenden abgebildet. Vergr. A : 680. Fig. 44’ von einer Puppe aus der ersten Stunde von einem Präparate. Vergr. 41:680. Fig. 12. Horizontaler Längsschnitt aus der vorderen Hälfte der neun Stunden alten Puppe. si, das vordere Stigma; fl, Flügel; ir, Tracheenstämme; ha, Haken- apparat; kb, Kopfblasen; ims, abdominale Imaginalscheiben; 7,2, 3, Segmente des Abdomens. Vergr. 1:20. Fig. 43. Querschnitt durch den vorderen Theil der neun Stunden alten Puppe. Die meisten Muskeln sind schon in Körnchenkugeln umgewandelt. hy, sehr fein ge- wordene Hypodermiszellen; hf, Kerne der Hypodermiszellen; welche von den Phagocyten aufgenommen sind; f, querdurchschnittene Falte der Hypodermis; tr, Tracheen; tri, tracheale Imaginalzellen ; im, Imaginaltheile aus kleinen imaginalen Hypodermiszellen bestehend. Vergr. 1:38. Fig. 44. Ein Querschnitt durch dieselbe Puppe, mehr nach hinten gelegen. ms, noch ganz normale Muskeln ; ms’, von den Phagocyten schon zersetzte Muskeln, mit rothen Körpern, welche die mit Vacuolen umgebenen und in die Phagocyten auf- genommenen Muskelkerne darstellen; rg, Rückengefäß; kg, einzelne Körnchen- kugeln oder schon zerstreute Phagocyten mit aufgenommenen Muskelstückchen. Vergr. 4:51. Tafel XXVII, Fig. 44’. Verdauungstractus einer Larve von 4 cm Länge nach WEISMAnN. S, Saugmagen; pr, Proventrieulus; ch, Chylusmagen resp. Mitteldarm; bl, Blind- schläuche an seinem vorderen Ende; ma, MarrıcHr'sche Gefäße; ht, Hinterdarm; sp, Speicheldrüsen und fk, dieselben verbindende Fettzellen. Mit rother Tinte sind die Imaginalanlagen des Darmes angegeben. vdimr, Vorderdarmimaginalring; imz, Imaginalzellen des Mitteldarmepithels; imzm, Imaginalzellen der Mitteldarmmus- cularis; hdr, Hinterdarmring; ims, hintere abdominale Imaginalscheibe; imrd, Imaginalringe der Speicheldrüsen. Fig. 45. Ein Stück des Mitteldarmes der Larve. sz, Saugzellen des Mitteldar- mes resp. dessen Epithelzellen ; imz, imaginale Zellen desMitteldarmes. Vergr.1: 270. Fig. 46. Querschnitt durch den Mitteldarm der Larve, welche aufgehört hat zu fressen. sz, inneres Epithel (Saugzellen) ; imz, Imaginalzellen des Mitteldarmes; a, ° äußere und b, innere Imaginalzellen ; ms, Querschnitte der Längsmuskeln; k, deren Kerne; ir, Tracheen. Vergr. 4 :432. Fig. 47. Querschnitt durch den Mitteldarm einer Puppe von der ersten Stunde nach der Verwandlung. ims, Imaginalscheiben des Mitteldarmes ; m und m’, Imagi- nalzellen der Muskeln des Mitteldarmes; sz, innere Zellen des Larvenmitteldar- mes; ag, äußere Zellen des gelben Körpers; tr, Tracheen. Vergr. 4:432. Fig. 17a. Die Larvenmuskelzelle a bei stärkerer a k, Kern dersel- ben; m, Muskelfaser. Vergr. 1: 680. Fig. 48. Querschnitt durch den Mitteldarm einer etwas älteren Panel Die Imaginalscheiben beginnen sich zu begegnen und es entsteht ein kontinuirliches Epi- TEE 2 En a AA a a and La ae Dias a. Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I. 591 thel des Imagomitteldarmes; alle Bezeichnungen wie auf der Fig. 47; X, kleine Kerne zwischen den großen Kernen der Larvenzellen. Vergr. 41:432. Fig. 49. Ein Stück des Querschnittes des Mitteldarmes einer Puppe vom zwei- ten Tage. ep, Epithel des imaginalen Mitteldarmes;; in, innere und äus, äußere Kerne des gelben Körpers; mu, Larvendarmmuscularis sammt anderen Geweben; imz, imaginale Muskelzellen; ph, noch letzte Phagocyten, die den Darm dicht umgeben. Vergr. 4:680. | Fig. 20. Ein Stück des Mitteldarmes einer etwas reiferen Puppe; die äußeren Wandungen sind von einer großen Zahl Phagocyten (ph) umgeben, die die Gewebe der Larvenmuscularis aufgenommen haben; a, ein Phagocyt mit aufgenommenem Kern der Muskeizelle (?), einzelne Muskelstückchen zeigen noch die Querstreifung. Vergr. 1:680. Fig. 34, Querschnitt des Mitteldarmes einer Puppe vom Anfange des dritten Tages, welcher schon schwache Kontraktionen zu machen beginnt. ep, Epithel des Mitteldarmes; g, Gallertsubstanz , /m, Längsmuskeln; rm, Ringmuskeln; gl, gelber Körper aus den großen inneren und kleinen äußeren Zellen bestehend; /, noch exi- stirendes Lumen des Larvendarmes. Fig. 22. Proventriculus einer 2,2 mm langen Larve. oe, Ösophagus;, md, Mün- dung desselben in den Mitteldarm; a, äußere, db, innere Wand (resp. Faltenblatt) des Proventriculus; mz, Mesodermzellen zwischen dem Ösophagus und dem inne- ren Faltenblatte ; b’, obere Zellen der inneren Wand b, welche etwas heller erschei- nen. Vergr. 4: 270. Fig. 23. Oberer Theil der Falte ab einer Larve von 5 mm Länge‘; mit a und b sind dieselben Wandungen bezeichnet wie auf der Fig. 22. Am Übergange dieser Faltenblätter in einander sieht man vier kleinere und blassere Zellen vim. Vergr. 4:370. Fig. 24. Proventriculus einer 40 mm langen Larve. vim, Zellen des Imaginal- ringes des Vorderdarmes; vd, Verdickung der Zellen des inneren Ösophagealrohres ; l, Lumen; andere Bezeichnungen wie auf der Fig. 22. Vergr. 4 :470. Fig. 25. Aus einer etwas größeren Larve. vimr, Imaginalringzellen des Vorder- darmes; m, eine konstante Verdickung der Muscularis. Vergr. 4: 370. Tafel XXVIII. Fig. 26. vdimr, Vorderdarmimaginalring; bl, Blindschlauch aus dem vorderen Ende des Mitteldarmes; m, Längsmuskeln. Vergr. 1:38. Fig. 27. Der Vorderdarmimaginalring, stärker vergrößert. Db, Zellen, welche das Lumen des Vorderdarmes nach hinten absperren. Vergr. 1:470. Fig. 28. Längsschnitt durch den vorderen Theil der Larve, welche schon auf- gehört hat zu fressen. sg, Saugmagen; oe, Ösophagus; ha, Hakenapparat; rg, Rückengefäß; vdr, Vorderdarmring; sp, Speicheldrüsen;; bs, Bauchstrang; g, Ge- hirn ; sg, Saugmagen, von den Phagocyten dicht umgeben. Vergr. 1:20. Fig. 29. kb, Kopfblase;; spg, Speicheldrüsengang; spd, Speicheldrüse; sgr, Saug- magenrest; vdr, Vorderdarmring; bs, Bauchstrang ; zs, Zellenstrang, oder Ring von 'WEISMANN, an welchem das Rückengefäß sich befestigt. Vergr. 4:28. Fig. 30. Ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium. Der Vorderdarmring vdr ist etwas länger geworden, aber der ganze Ösophagus viel kürzer. Alle Bezeichnun- gen wie auf der Fig. 29. Vergr. 4:28. Fig. 31. Eine Puppe vom zweiten Tage; die Extremitäten vollständig ausgetre- fen. fb, fibrilläres Gewebe; zs, Zellstrang; rg, Rückengefäß; e, eine kleine Einstül- 592 A. Kowalevsky, pung des imaginalen Gewebes, in dessen Umgebung man nicht zerlegte Muskeln findet; spg, Speicheldrüsengang; spgm, äußere Öffnung des Die dihrigen Bezeichnungen wie auf der Fig. 29. Vergr. 1:28, Fig. 32. Ein Theil des Zellenstranges zs und des fibrillären Gewebes fb bei stär- kerer Vergrößerung. vrg, Fortsetzung des Rückengefäßes nach vorn; g, dessen Endigung. Von einem Nachbarschnitte desjenigen, welcher in Fig. 31 abgebildet ist. Vergr. 1 :432, Fig. 33. Aus einem noch etwas mehr seitlich von dem in Fig. 34 gezeichneten abgelegenen Schnitte, um die Mündung des Speicheldrüsenganges zu zeigen. imrd, imaginaler Speicheldrüsenring. Vergr. 4 :432. Fig. 34. Ein Längsschnitt des vorderen Theiles einer Puppe, deren Kopfblase kaum ausgestülpt ist; der Punkt e entspricht der Einstülpung e in Fig. 29 u. 34 ; das Lumen o der entsprechenden Höhle, in welche der Ösophagus mündet. Die übri- gen Bezeichnungen sind dieselben wie auf der Fig. 29; im vorderen Theil der Kopf- blase sehr wenig Körnchenkugeln, meist reines Blutplasma. Vergr. 1:20. Fig. 35. Ein Längsschnitt durch eine etwas weiter entwickelte Puppe. e, die Stelle der früheren Einstülpung; eph, Anhäufung der Phagocyten, welche die hier existirenden Muskeln aufgenommen haben; spg, Speicheldrüsengang und spgm, Speicheldrüsenmündung; sg, Bildung des Saugmagens der Imago; md, Mitteldarm; gk, gelber Körper; rg, Rückengefäß. Vergr. 1:28. Fig. 36 und 37. Zwei Zellen des Fettkörpers mit eingedrungenen Phagocyten ph. Vergr. 4::270. Fig. 38. Vorderer und unterer Theil des Kopfes, gleich nach der Ausstülpung der Kopfblase. spd, Speicheldrüsen der Larve; imrd, Imaginalring der Speichel- drüsen; e, Einstülpung, welche einer ähnlichen Bildung auf der Fig. 34 entspricht. Vergr.4:430. Tafel XXIX, Fig. 39. Längsschnitt durch den Anfang des Hinterdarmes einer jungen Larve von A0 mm Länge. Mg, allgemeiner Ausführungsgang der MaArricuar’schen Gefäße der einen Hälfte des Körpers; e, Epithel des Darmtractus ; m, Längsmuskeln dessel- ben; hdr,.vorderer Hinterdarmring. Vergr. 1:470. Fig. 40. Bildung der Rectaltasche auf dem etwas schiefen Längsschnitte sich als eine Einwachsung darstellend; ims, imaginale Scheibe des letzten Segmentes; rt, eigentliche Rectaltasche. Vergr. 4:38. Fig. 44. Von derselben Puppe ein etwas höher gehender Schnitt; die äußere Öffnung ist nicht getroffen, aber man sieht den Übergang der imaginalen Wandun- gen der Rectaltaschert in die großen Zellen des Hinterdarmepithels der Larve; rp, die erste Anlage der Rectalpapillen. Vergr. A : 38. Fig. 42. Mitteldarmepithel md schon vollständig gebildet, kg, Körnchenkugeln ; vdhr, vorderer Hinterdarmring schon vollständig von oben geschlossen, nach unten in die großen Zellen des Hinterdarmepithels übergehend. Vergr. 4 :132. Fig. 43. md, Mitteldarm; amg, Ausführungsgang der Marrıcar'schen Gefäße; mg, Marpıearsche Gefäße; kg, Körnchenkugeln. Vergr. 1:132, Die Fig. 44, 45, 46, 47 stellen Längsschnitte des Abdomens einer und derselben Puppe dar, um die Verbindung des vorderen und hinteren Theiles des imaginalen Hinterdarmes zu zeigen. Fig. 44. Abdomen der Puppe vom Ende des dritten Tages; am hinteren Ende Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. 1. 593 sehen wir die Rectaltasche rt mit den Rectalpapillen rp; ag, äußere Mündung der Geschlechtsorgane. Fig. 45. Nebenschnitt. rt, Rectaltasche nach oben ausgezogen; vorderer Theil des Hinterdarmes vdhr stark nach unten ausgezogen; die Öffnung der Rectaltasche nach außen ist nicht mehr sichtbar. Fig. 46 und 47. Nächste Schnitte. Die Bezeichnung ist dieselbe. Fig. 48. Hinterdarmrohr von der Fig. 46 bei stärkerer Vergrößerung. hd, ima- ginales Hinterdarmrohr; gz, große Zellen des Larvenhinterdarmes; L, Lumen des Larvenhinterdarmes;, ph, Phagocyten resp. Körnchenkugeln aus dem Larvenhinter- darm gebildet. Vergr. 1:132. Fig. 49. Speicheldrüsen aus einer Puppe des zweiten Tages. dz, Drüsenzellen der Larve; ph, einige eingedrungene Phagocyten; im, Imaginalring der Speichel- drüsen. Vergr. 1:270. Fig. 50. Hinteres Ende der Speicheldrüsen, im Anfange des Zerfalls derselben. a, Drüsenzelle, in welche der Phagocyt ph einzudringen beginnt; c, Zelle, in welche schon zwei Phagocyten eingedrungen sind. Vergr. 1:210. Fig. 54. In der oberen Hälfte sind die Zellen viel weniger angegriffen als in der unteren. k, Kern der Drüsenzelle g; der Phagocyt g’ hat einige Körnchen aus dem Kerne aufgenommen. Vergr. 4::210. Fig. 52. Querschnitt durch eine Speicheldrüse, dessen Zellen schon bedeutend von den Phagocyten durchfressen sind. Beschreibung im Text. Vergr. 1 :240. Fig. 53. Ein Theil des Segmentes der Larve von 40 mm Länge, um die abdo- minalen Imaginalscheiben zu zeigen. cut, Cuticula; hy, Hypodermiszellen mit deren Kernen; ein Längsmuskel ms mit deren Kernen; g, die Querstreifung desselben ; ims, die junge abdominale Imaginalscheibe des fünften Segmentes. Vergr. 4 :170. Fig. 54. Ein Längsschnitt einer Puppe aus der ersten Stunde nach der Ver- wandlung; jederseits sieht man die acht abdominalen Imaginalscheiben ims ; die letzte achte liegt dicht unter und zu den Seiten des Afters, ist also in der Lage, wie der Schnitt geführt ist, nicht sichtbar und ist von einem anderen Präparat genom- men. Fig. 55. Eine dieser abdominalen Imaginalscheiben bei stärkerer Vergrößerung. cut, Cuticula; hy, Hypodermiszellen; ims, Imaginalscheibe. Vergr. 4 :470. Tafel XXX. Fig. 56. Ein Längsschnitt durch eine abdominale Imaginalscheibe einer Larve vom zweiten Tage. hy, Hypodermiszellen der Larve; ims, Imaginalscheibe; kg, Körnchenkugeln resp. Phagocyten; wz, Wanderzellen. Vergr. 1::430. Fig. 57. Eine abdominale Imaginalscheibe der Puppe des dritten Tages; die Ränder der Imaginalscheibe beginnen sich über der Hypodermis der Larve auszu- breiten ; hy, Hypodermis; %, Kerne der Hypodermiszellen; a, ein Phagocyt, welcher zwei Hypodermiskerne enthält; d, ein Phagocyt mit einem Hypodermiskern; c, ein Stück der Hypodermis mit Kernen von der allgemeinen Hypodermisschicht durch Phagocyten abgetrennt. Vergr. 4: 270. Fig. 58. Ein Stück der Hypodermis desselben Querschnittes, von welchem die Fig. 57 gezeichnet ist, seitlich von der Imaginalscheibe. hy, Hypodermis. Beschrei- bung im Text. Vergr. 1:600. | Fig. 59. Aus demselben Schnitt von einer anderen Stelle. «a, ein Kern in den Phagocyten vollständig aufgenommen; der Kern in der Hypodermis b’ wird von dem Phagocyt b gewissermaßen ausgesaugt und ein Theil desselben b’ ist schon in Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Ba. 38 594 A. Kowalevsky, Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen AmINIE der Museiden, I. den Phagocyt übergetreten; im Phagocyten c sieht man ein Stück der Hypodermis- substanz. Vergr. A: 625. Fig. 60. Eine andere Stelle desselben Querschnittes. Fig. 64. Eine abdominale Imaginalscheibe von einer weiter ren Puppe; unter der Scheibe, im Centrum, erscheint ein Haufen Mesodermzellen mz; a’, ein Phagocyt. Vergr. 4 :170. Fig. 62. Der Phagocyt a’ der Fig. 61 bei stärkerer Vergrößerung. *k, Hypoder- miskern zum größten Theil vom Phagocyt ausgesaugt. Vergr. 4: 680. Fig. 63. Eine schon stark ausgebildete urlsa ee, welche sich weit aus- breitet. Vergr. 1:220. Fig. 64. Aus demselben Querschnitt, von welchem die Imaginalscheibe in Fig. 63 abgebildet ist, nur etwas weiter nach vorn, wo die Larvenhypodermis noch besteht. — Man sieht die imaginale Hypodermis sich auf den großen Zellen der Larvenhypodermis ausbreiten. Vergr. 4: 625. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. Theil. Morphologische Ergebnisse. Von Dr. Joseph Heinrich List, Docenten an der Universität Graz. Mit Tafel XXXI—XXXII und 9 Holzschnitten. Nachfolgende Arbeit verdankt ihre Entstehung einem Frühjahrs- aufenthalte 1884 in der k. k. zoologischen Station in Triest. Trotzdem dieselbe in den Hauptzügen fertig gestellt war, konnte ich mich nicht zur Publikation entschließen, weil ich hoffte, meinen Fachgenossen mit Hilfe der modernen Schnitttechnik ein vollendet Ganzes vorlegen zu können. Allein Arbeiten auf einem anderen Gebiete traten hindernd in den Weg, und als ich nach 2!/, Jahren wieder Muße hatte, war das konservirte Material zum größten Theil so spröde geworden, dass an eine Bearbeitung nicht zu denken war. Ich lege nun hier den ersten Theil, die morphologischen Ergeb- nisse enthaltend, vor, in der Hoffnung, dass sich manches Interessante vorfinden wird. Veranlassung zur Veröffentlichung gaben besonders die neueren Arbeiten über den Periblast von Acassız - WHıTman und WENCKEBACH. Im zweiten Theile der Arbeit soll die Entwicklung der einzelnen Organe und namentlich die Anlage der Keimblätter ausführlich zur Sprache kommen. Darin soll auch die Litteratur, die hier nur einseitig benutzt werden konnte, eingehend berücksichtigt werden. Die Familie der Labriden ist in der Adria ziemlich häufig vertre- ten. Ich konnte die Eier von Crenilabrus tinca, Cr. pavo, Cr. quinque- maculatus, Cr. rostratus und Cr. ocellatus untersuchen. Die Eier wurden sämmtlich künstlich befruchtet, indem das Sperma der reifen Männchen in die die Eier enthaltenden Aquarien gedrückt wurde. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 39 96 Joseph Heinrich List, Aus Nachfolgendem wird die große Übereinstimmung der Labri- denentwicklung mit der des Ostseeherings, wie sie durch Kuprrer’s schöne Untersuchung bekannt geworden, hervorgehen. ich habe im Texte an verschiedenen Stellen auf die große Übereinstimmung hinge- wiesen. Dem Inspektor der Station, Herrn Dr. Ev. GRAEFFE, sei für die be- reitwillige und liebenswürdige Unterstützung an dieser Stelle mein Dank abgestattet. I. Das reife Ei vor der Befruchtung. Der Durchmesser des reifen, eben ausgestreiften Eies von Crenila- brus tinca beträgt etwa 0,9mm. Die Eier von Cr. pavo sind etwas größer. Das frische eben ins Wasser gestreifte Ei erscheint hellgelb, fast durch- scheinend, und der Inhalt liegt fast an der Zona pellucida, so dass nur ein sehr enger, spaltförmiger Raum zwischen beiden bemerkt werden kann (Taf. XXXI, Fig. 1). Die Zona pellucida ist glashell und zeigt eine interessante Struktur. Von der Oberfläche, bei hoher Einstellung betrachtet, sieht man dunkle, bei starker Vergrößerung regelmäßig sechsseitig begrenzte Felder, zwischen welchen helle Linien als Kon- touren dieser Felder liegen (Fig. Ib). Bei tiefer Einstellung erscheint das Bild umgekehrt (Fig. Ib). An Schnit- SM ten (Fig. Ic) kann man sich nun über- zeugen, dass die etwa 5,7 u dicke Zona pellucida aus zwei Lagen besteht, wo- Fig.I. a, Mikropyleinder Aufsicht; 5, äußere von die eine (äußere) aus sechsseitigen Felderung der Zona pellucida vom Ei des regelmäßigen Prismen gebildet wird, Crenilabrus tinca; c, Schnitt durch die 2 z & £ Zona- 0600/14; 5, 6,.Obi. VE.De} Uwon die wabenartig an einander gefügt SEIBERT. sind, und von denen jedes außen von einer etwas eingesenkten Fläche be- grenzt ist, so zwar, dass die Grenzen dieser Flächen rippenartig her- vorragen und bei hoch gestelltem Tubus eben licht erscheinen. Die innere Lage erscheint mehr homogen und zeigt nur schwache, zur Oberfläche parallele, Schichtung. Die Prismenlage ist etwa 2,2 u dick, während 3,5 « auf die innere Schicht entfallen !. Der Mikropylenkanal i HoFFMAnN (26) zeichnet zwar auf Taf. III, Fig. 5 die Mikropyle und die Zona pellucida von Crenilabrus pavo. Die Mikropyle und die Zona sieht aber nicht so aus, wie eine genauere Beobachtung ergiebt. Im Texte (p. 48, 1. c.) bemerkt er, dass die Eihaut von Crenilabrus pavo aus zwei Schichten bestehe, wovon die äußere von zahlreichen Porenkanälchen durchbohrt sein soll, ähnlich wie beim NE PET 5 Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 597 (Fig. Ia) liegt im Centrum einer im Umrisse kreisförmig erscheinenden, 21,5 u Durchmesser zeigenden, muldenförmigen, scharf begrenzten Ver- tiefung, welche auf einer nabelförmigen Verdickung (Fig. Ila) der Zona pellueida zu stehen kommt. Er m besitzt einen Durch- = | messer von2,8 u und erscheint wie ein kreisrundes Loch in derEihaut!. AnQuer- schnitten durch die ) Mikropyle (Fig. Ila) bemerkt man, dass Fig. II. a, optischer Durchschnitt durch die Mikropyle des Eies von sich die muldenför- Crenilabrus tinca mit dem Richtungskörperchen. Obj. V, Oc. I; Db, ab- - i gestoßenes Richtungskörperchen. Obj. V, Oc.1I; c, Spermatozoon von mige Vertiefung nach Crenilabrus pavo. Obj. VI, Oc.I; d, Austritt des Richtungskörper- 3 1 “n_ chens aus der Mikropyle des Eies von Crenilabrus pavo, 30 Minuten er En trichterför nach dem Eindringen des Spermatozoon. Obj. V, Oc. 1; e, das abge- mıg verJüngt, um sich stoßene Richtungskörperchen. Obj. V, Oc. I. in den Mikropylen- kanal fortzusetzen. Solche Ansichten der Mikropyle lehren auch, dass die nabelförmige Verdickung fast nur die innere homogene Lage der Eihaut betrifft. Der Dotter, welcher selbst dann noch, wenn das Ei ins Wasser gelangt ist, der Zona fast anliegt, erscheint gelblich gefärbt und aus einer homogenen, zähflüssigen Masse bestehend, die an konservirten Eiern fein granuläres Aussehen zeigt. Auf der Oberfläche des gesammten Ei- inhaltes, kann man zahlreiche, annähernd gleiche Größe zeigende, helle, stark lichtbrechende, Körperchen beobachten, die wohl nichts Anderes als Feittröpfchen sind. An dem reifen, eben ins Wasser gestreiften Ei von Crenilabrus tinca kann man nur sehr undeutlich eine Sonderung von Keimsubstanz und Dotter beobachten. Besser gelingt dies an den viel durchsichtige- ren Eiern von Crenilabrus pavo. An solchen kann man bemerken, dass die Keimsubstanz als hellere Lage peripher um den Dotter vertheilt ist, Zuiderseeheringe. Ein einfacher Schnitt aber genügt, um zu zeigen, dass die so- genannten Porenkanälchen nichts Anderes sind als die Prismen der äußeren Schicht der Zona (man vgl. Fig. Ic). Übrigens zeichnet sich die Zona des Eies von Crenila- brus pavo dadurch aus, dass die innere Lage bedeutender die Prismenlage überwiegt, als am Ei von Crenilabrus tinca, ! Horrmans (l. c.) giebt als Maß für das Lumen der Mikropyle bei C.griseus 2 u an. 39* 598 Joseph Heinrich List, und zwar in der Regel so, dass die Hauptmasse derselben der Mikro- pyle gegenüber hügelartig prominirt. Übrigens konnte ich an manchen frischen Eiern auch eine mehr gleichmäßigere Vertheilung der Keim- substanz um den Dotter beobachten. Sieht man sich nun Schnitte durch ein reifes, unbefruchtetes, eben ins Wasser gestreiftes Ei an (Fig. III), so bemerkt man, dass der gesammte Dotter eingehüllt ist von einer fein granulirten Sub- stanz (Ks), die auf dem der Mi- kropyle zugekehrten Pole (Keim- pole) hügelartig prominirt und auf einer muldenförmigen Aus- buchtung des Dotters zu liegen kommt, so, dass dieser Theil der Keimsubstanz auf Schnitten bi- konvex erscheint!. Auf dem entgegengesetzten Pole (Dotter- = pole) findet sich ebenfalls auf Fig. II. Schnitt durch ein unbefruchtetes, reifes BE einer Einbuchtung des Dotters vo Ernten Harz st, Oi Zum zelila; An, ogend eine größere Ansamm- lung von Keimsubstanz, die aber hier nicht hügelartig prominirt wie am Keimpole. Auf der übrigen Dotteroberfläche ist dieselbe gleichmäßig vertheilt und umgiebt rinden- artig den Dotter. Das Crenilabrusei zeigt also, was die Anordnung der Keimsubstanz auf dem Dotter betrifft, große Übereinstimmung mit dem durch Kuprrer’s Untersuchungen bekannt gewordenen Ei des Herings. Die Keimsubstanz (Protoplasma, Bildungsdotter der Autoren) erscheint an konservirten Eiern als eine fein granulirte Masse, die im Inneren auch Vacuolen erkennen lässt. Wahrscheinlich sind dieselben mit Fett erfüllt, das bei der Einbettung gelöst wurde. Die gesammte Substanz ist außen von einer verdichteten, stark glänzenden, Grenz- schicht umgeben, die membranartig dieselbe einhüllt. Ein Keimbläs- chen konnte ich an meinen Schnitten nicht finden. Auch der Dotter 1 Nach Horrmann (26) besteht der Inhalt des geschlechtsreifen Eies von Creni- labrus pavo aus dem nicht vollständig klaren Nahrungsdotter, welcher eine zähflüs- sige Substanz darstellt, in welcher spärliche kleine Dotterkügelchen suspendirt sind, und dem Keim oder dem Protoplasma. Letzteres deckt den Nahrungsdotter kappen- förmig, erreicht der Mikropyle gegenüber seine größte Höhe und wird, allmählich abnehmend, am Äquator zu einer sehr dünnen Schicht reducirt, welche sich über die ganze übrig bleibende Partie des Nahrungsdotters hin fortsetzt. Im Keime können einzelne zerstreute Dotterkügelchen bemerkt werden. Zur Entwieklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 599 zeigt an Schnitten Vacuolen (V), die nahe der Oberfläche liegen und verschiedene Größe zeigen. Janosıx (28) macht zwar Mittheilungen über das Ei von Labriden {Crenilabrus rostratus und Cr. pavo), erwähnt aber nichts über das Aussehen derselben im unbefruchteten Zustande. Das Erste, was man nach ihm nach der Befruchtung beobachten kann, ist das Aus- treten des Protoplasmas oder desBildungsdottersausdem Eiinhalte. Daraus muss ich wohl schließen, dass Janosır die Keim- substanz an lebenden Eiern nicht beobachtet und sich auch Schnitte durch unbefruchtete Eier nicht angesehen hat, indem er glaubt, die Keimsubstanz sei im übrigen Eiinhalte vertheilt. Ich bemerke ausdrücklich, dass man im Labridenei keine Spur von sogenannten Keimfortsätzen (WALDeEyer) im Dotter bemerken kann, sondern die gesammte Keimsubstanz findet sich auf der Peripherie des Dotters vertheilt und ist scharf von demselben getrennt. II. Das reife Einach der Befruchtung. 1. Die ersten Erscheinungen unmittelbar nach der Befruchtung. Über die Vorgänge unmittelbar nach der Befruchtung bei Creni- labrus pavo berichtet Horrmann (26) folgendermaßen. »Schon wenige Minuten nach der Befruchtung fängt die Bildung eines Eiraumes, d. i. eines Raumes zwischen Eiinhalt und Zona an, zu- erst in der Gegend des Äquator, um so nach oben und unten sich aus- zudehnen. Nur dort, wo der Keim der inneren Mündung des Mikro- pylenkanals anliegt, lässt er sich während der ersten Stunde nach der Befruchtung nicht nachweisen. Nach acht Minuten hat der Eiraum jederseits des Äquator einen Diameter von 0,020 mm, nach 15 Minuten einen von 0,03—0,032 mm erreicht. Gleichzeitig mit der Bildung eines Eiraumes fängt die Koncentration des Keimes an. Nach 20 Minuten be- merkt man, dass durch den Mikropylenkanal etwas nach außen hervor- zuquellen beginnt, welches nur das sich abschnürende Richtungskör- perchen sein kann. Nach einer halben Stunde bemerkt man im Keime zwei kleine blasse, homogene Kernchen, das eine unmittelbar unter- halb der inneren Mündung der Mikropyle, das andere etwas mehr seit- wärts und tiefer gelegen. Obgleich der Ursprung dieser zwei Kern- chen nicht direkt nachzuweisen ist, so ist es aus alledem, was wir bei Scorpaena beschrieben haben, wohl kaum zweifelhaft, dass das eine, unmittelbar der inneren Mündung der Mikropyle gegenüber liegende Kernchen, der Spermakern, das andere, tiefer gelegene, der Eikern ist. 600 Joseph Heinrich List, Um beide gruppiren sich die Protoplasmakörnchen in Sonnenfiguren. Wie bei Julis und Scorpaena bewegen sich die beiden Kerne auf einander zu und nach 35—40 Minuten begegnen sie einander. Auf ihrem Wanderungswege nehmen sie allmählich an Größe zu. Während diese Erscheinungen sich an den Kernen abspielen, kontrahirt sich der Keim immer mehr und mehr am Mikropylenpol und nimmt wie bei Julis und Scorpaena die Gestalt einer bikonvexen Linse an, welche besonders nach dem Dotter zu stark konvex ist. Nach 45 Minuten ver- schmelzen die Kerne mit einander, und der so entstandene einfache Kern hat eine rundlich-ovale Form, mit einem longitudinalen Durch- messer von 0,019—0,002 mm. Derselbe liegt auch hier in der Ei- resp. Keimachse. Kaum aber ist die Verschmelzung eingetreten, so ver- schwinden sie scheinbar wiederum für das Auge des Beobachters. Da- bei gehen dann eigenthümliche Erscheinungen im Keime selbst vor sich. Bei der Konjugation nämlich von Eikern und Spermakern ist es, als ob plötzlich die stark konvexe Ausdehnung der Basis des Keimes verschwände, und an ihrer Stelle treten nun zahlreiche, kleinere und größere Dotterkügelchen auf; einzelne dieser Dotterkügelchen sieht man mit einander verschmelzen, allmählich größer werden und später wieder platzen, andere lösen sich in eine Anzahl kleinere auf, dabei ist der Keim immer in gewaltigen amöboiden Bewegungen und nimmt, wie bei Scorpaena, mehr und mehr die Gestalt einer plan-konvexen Linse an. Die in Rede stehenden Dotterkügelchen sind in fortwährenden Ortsbewegungen und sammeln sich immer mehr und mehr zwischen Keim und Dotter, kurz, es kommt hier zur Bildung eines, wenn auch noch nicht stark ausgeprägten ‚Disque huileux“, den wir bei Julis und Scorpaena noch nicht antrafen. Erst, wenn die Furchung anfängt, bildet sich der Eiraum auch am Mikropylenpol aus.« Über die Vorgänge unmittelbar nach der Befruchtung, wie man sie an Eiern von Crenilabrus tinca beobachten kann, theile ich Folgendes mit. Um das Eindringen des Spermatozoon in die Mikropyle zu beob- achten, führte ich die Befruchtung unter dem Deckglase aus, und zwar mit den Eiern von Crenilabrus tinca und Crenilabrus pavo. Die Spermatozoen von Crenilabrus pavo, die eine Länge von 18 u besitzen, wovon 4 u auf den kolbigen Kopf (Fig. Il c) und 14 u auf den Schwanz kommen, umschwärmen in Menge die Zona pellueida, und konnte ich auch genau das Eindringen eines Spermatozoon in das Ei beobachten. In dem Augenblicke, als das Spermatozoon durch den Mikropylenkanal geschlüpft ist, wird der innere Theil desselben durch eine schwach lichtbrechende Masse verstopft, und ist damit das Ein- dringen anderer Spermatozoen unmöglich gemacht. Sieben Minuten 3 { e 3 : Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 601 nach dem Eintritte des Spermatozoon in das Ei konnte ich am trichter- föormigen Eingange der Mikropyle das Richtungskörperchen (Fig. Il«) hervorragen sehen, welches als stark lichtbrechende, verschiedenartig kolbige Gestalt zeigende Masse (vgl. Fig. IIa, d, d, e)30 Minuten (unter dem Deckglase!) nach dem Eindringen des Spermatozoon abgestoßen wurde. Die erste Erscheinung, die man nach Eintritt des Spermatozoon ins Ei und nach Abstoßung des Richtungskörperchens beobachten kann, besteht in der Kontraktion desEiinhaltes (Taf. XXXI, Fig. 2). Bereits 45 Minuten nach der Befruchtung kann man einen deutlichen, hellen Raum zwischen Zona und dem sich von derselben getrennten Eiinhalte bemerken, der von einer farblosen Flüssigkeit, die vielleicht zum Theil in Folge der Kontraktion der Dottermasse sich aus derselben abgeschie- den hat, erfüllt ist!. Die Kontraktion des Eiinhaltes und die Bildung eines Eiraumes ist aber durchaus nicht allein von der Befruchtung abhängig, wie L£err- BOULLET (36) und KuPprrer (34) für die Forelle bez. Gasterosteus behaup- ten. Kurze Zeit nach dem Ablegen der Eier in das Wasser kontrahirt sich der Eiinhalt auch ohne Befruchtung, und findet ebenfalls die Ausbil- dung eines Eiraumes statt. Ich stehe hier auf der Seite jener Autoren |Ransom (39), van BaMmBERE (9), HoFFManN (26), v. Kowaewskt (31)], die behaupten, dass Wasser allein zur Bildung eines Eiraumes genüge, und dass die Kontraktion des Eiinhaltes von der Befruchtung unab- hängig sei ?. 1 C. KuprFEr (34) bemerkt, dass Wasser in das Ei eindringe, und dass dabei ein der Quantität nach nicht bestimmbarer Theil des Dotters in Lösung übergeht. Auch Horruann (26) lässt den Raum zwischen Eisubstanz und Zona pellueida nicht von reinem Seewasser allein, sondern auch von kleinen Mengen einer eiweißartigen Substanz erfüllt sein, die bei Anwendung von Säuren gerinnt. Ich habe diesbezüg- lich leider keine Versuche anstellen können, um Näheres mittheilen zu können, An Schnitten durch konservirte Eier sieht man aber stets den Eiraum von einer fein granulirten Substanz erfüllt, die mit dem Dotter große Ahnlichkeit besitzt. 2 Auch C. Vogt (44) bemerkt für Salmonideneier, dass, wenn sie ins Wasser kommen, der Dotter sich von der Eihaut zurückzieht. HorrMmAnn (26, p. 87) glaubt, dass nur Eier, die einen bestimmten Grad von Reife erlangt haben, in unbesamtem Wasser einen Eiraum, mit einer gleichzeitigen Koncentration des Keimes am Keim- pole entstehen lassen. Im heurigen Frühjahre habe ich in der zoologischen Station zu Triest eine Reihe von Versuchen unternommen, um diese Frage zu entscheiden. Ich fand bei sämmtiichen untersuchten Labrideneiern die Bildung des Eiraumes von der Befruchtung unabhängig, Während aber der Eiraum bei eingetretener Befruchtung sehr rasch sein Maximum erreicht hat, erreicht die Kontraktion bei unbefruchteten Eiern erst nach mehreren Stunden den Höhepunkt. Eben so ist die Temperatur für die raschere Kontraktion bestimmend. Bei höherer Temperatur er- folgt die Ausbildung des Eiraumes rascher als bei niederer. Eben so erfolgt eine Koncentration der Keimsubstanz, 602 Joseph Heinrich List, Nach Eintritt der Kontraktion des Eiinhaltes, die eine bestimmte Grenze erreicht, kann man weitere Differenzirungen beobachten. Die Fetttröpfehen, welche im unbefruchteten Ei zahlreich auf der Ober- fläche zu sehen waren, liegen nur mehr in spärlicher Anzahl auf der Keimsubstanz ', und ist der Dotter ebenfalls etwas dunkler gelb und weniger durchscheinend geworden (Taf. XXXI, Fig. 2). Bereits 41/, Stunde nach der Befruchtung kann man größere Veränderungen in der Weise beobachten, dass die Trennung von Keimsubstanz und Dotter vor sich geht, so zwar, dass die gesammte erstere Substanz auf dem Keim- pole sich sammelt, und die übrige Dotteroberfläche nur mehr von einer äußerst dünnen, membranartigen Schicht von Keimsubstanz überzogen wird?. Mehr als !/, des Eiinhaltes erscheint nun als Keimsubstanz, fast 2/, als Nahrungsdotter. Bevor ich übrigens noch weitere Erscheinungen beobachtete, konnte ich bemerken, dass der kontrahirte Eiinhalt mehr ellipsoidähn- lich als kugelig war. Nach Koncentration der Keimsubstanz, die ungefähr 11/, Stunde nach der Befruchtung vollendet ist, bemerkt man das Auftreten der ersten Furche (Taf. XXXI, Fig. 3). Dieselbe ging nicht durch das Cen- trum, sondern lag etwas excentrisch. Fast gleichzeitig mit dieser Hauptfurche konnte ich das Auf- treten der zweiten Furche beobachten, die äquatorial lag, und zwar senkrecht zur ersten. Diese Beobachtung beim Labridenei stimmt also mit der auch von Kurrrer (34) vom Heringsei beschriebenen. Trotz der Mühe, die ich mir gab, konnte ich das Auftreten der Kernspindeln, die Horrmann (vgl. unten die Anmerkung) gesehen haben will, in der Keim- substanz bei Crenilabrus tinca eben so wenig wie bei Crenilabrus pavo am lebenden Objekte beobachten?. In der ersten Furche, die i Eine ähnliche Erscheinung beobachtete C. KuprreEr (34) auch am Heringsei. »Nachdem die Bildung des Eiraumes begonnen hat, zwischen Eihaut und Dotter- oberfläche ein Spatium entstanden ist, das die Änderungen an der Oberfläche schärfer zu verfolgen gestattet, gewahrt man alsErstes ein Verschwin- denderobenerwähntenstarklichtbrechenden Dotterkörner.« 2 Der von OELLACHER (37) gemachte Vergleich des Eies der Knochenfische mit einer Fettzelle würde namentlich in diesem Stadium ganz trefflich für das Labri- denei passen. 3 Nach Horrmann (26) vollzieht sich die Furchung bei Crenilabrus pavo folgen- dermaßen : »Nachdem Spermakern und Eikern mit einander verschmolzen sind, scheint ebenfalls eine neue Spindel gebildet zu werden, deren longitudinale Achse in der Eiachseliegt, obwohl dies nicht mit vollkommener Sicherheit zu sagen ist. Nach 11/ Stunde hat der Keim sich in zwei Stücke getheilt. Die Hauptfurche schneidet hier ebenfalls nicht bis zum Nahrungsdotter durch, sondern hört schon EEE ERU ZEDR Bu bh a nn 0 u nun Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 603 Anfangs nicht sehr tief in die Keimsubstanz ragte, konnte ich eine Reihe größerer, glänzender, stark lichtbrechender Körperchen be- merken, die ich dem Aussehen nach für größere Fetttröpfehen halte. Indem die Hauptfurche tiefer in die Keimsubstanz dringt, trennt sich auch letztere durch die erwähnte Äquatorialfurche, die ich nur auf einer Seite zuerst auftreten sah!, deutlich vom Dotter ab, so dass man in der Profilansicht (Fig. 5) an dem nun so differenzirten Eiinhalte einen oberen hellen, fast farblos erscheinenden Theil (Keimscheibe, Blasto- derm der Autoren) und einen durch eine Einschnürung deutlich ge- trennten unteren gelblichen Theil (Nahrungsdotter) unterscheiden kann. Die am oberen Theile des Dotters auf diesem aufsitzende Keimsubstanz differenzirt sich nun nach Auftritt der Haupt- und Äquatorialfurche derart, dass sich zwei halbkugelig prominirende (Fig. 5), in der Darauf- sicht fast kreisförmig begrenzt erscheinende Furchungskugeln bilden (Fig. 4). Auf der Oberfläche derselben kann man zahlreiche größere Fetttröpfehen bemerken (Fig. 5). Die Äquatorialfurche schneidet zwei Stunden nach der Befruchtung (Fig. 5) bereits so tief in die Keimsub- stanz ein, dass man am lebenden Ei deutlich die Abschnürung derselben vom Dotter beobachten kann. DerDotter hatindessen eine etwa ellipsoidähnliche Gestalt angenom- men, mit der Abänderung, dass die obere, die Furchungskugeln tragende, Fläche bedeutend weniger konvex erscheint, als die untere (man vgl. etwas oberhalb des »disque huileux« auf. Auch hier hängen die beiden ersten Theilstücke des Archiblast an ihrer Basis noch mit dem Parablast zusammen. In jedem der beiden ersten Theilstücke des Archiblast bemerkt man schon einen prächtigen, vollkommen wasserklaren Kern, der einen Durchmesser von 0,024—0,022 mm hat. Hier ließ sich am frischen Objekt besonders schön nach- weisen, wie ein solcher Kern erst aus einem Konglomerat von zahlreichen, kleinen, wasserklaren Kügelchen besteht, die allmählich mit einander verschmelzen und so den eben erwähnten Kern bilden. Kaum aber ist die Verschmelzung beendigt, so ist der Kern scheinbar wieder vollkommen verschwunden, natürlich scheinbar, denn nach Zufügung von Essigsäure ergiebt sich, dass der so scheinbar verschmol- zene Kern in die Spindelform übergegangen ist. Sobald die Viertheilung einge- treten ist, liegen die Kugeln des Archiblast vollständig frei, indem sie sich jetzt auch an ihrer Basis von dem Parablast getrennt haben, sie liegen dann auf dem sehr schönen ».disque huileux«, Die vier Kerne der vier ersten Furchungskugeln wiederholen dann dieselben Erscheinungen, wie für die Kerne der beiden ersten Theilstücke des Archiblast angegeben ist. Nach drei Stunden hat der Archiblast sich in 46 Stücke getheilt. Die Furchung schreitet in bekannter Weise und eben- falls sehr schnell fort. — Um welche Zeit die Furchung des Archiblast bei Crenila- brus beendigt ist, kann ich nicht mit Bestimmtheit angeben, indessen glaube ich die Zeit nicht zu hoch anzuschlagen, wenn ich sage, dass der Archiblast um die 45. bis 46. Stunde abgefurcht ist.« 1 Fig. 3, Taf. XXXI ist nach diesem Stadium gezeichnet worden. 604 Joseph Heinrich List, die Profilansicht Fig. 5). Der Dotter und die Keimsubstanz erscheinen also senkrecht zur Hauptfurche gestreckt, gerade entgegengesetzt der Beschreibung von Hıs (23) beim Salmen. Die beiden Furchungs- segmente, die nun annähernd halbkugelige Form besitzen, sind durch die Hauptfurche deutlich abgegrenzt und zeigen daselbst eine tiefe Ein- schnürung, die besonders in der Ansicht von oben (Fig. #) deutlich zu sehen und bereits zwei Stunden nach der Befruchtung zu konstatiren ist. Zwei Stunden fünf Minuten nach der Befruchtung tritt gleichzeitig Spaltung der beiden Furchungskugeln ein, so dass jede in zwei Seg- mente zerfällt (Fig. 6). Diese dritte Furchungsebene, die senkrecht auf die erste zu stehen kommt und dieselbe kreuzt, fällt in den beiden Furchungskugelpaaren durchaus nicht zusammen, sondern die Furchen alterniren etwas!. Kurze Zeit nach Auftritt der dritten Furchungsebene? beobachtet man ein Breiterwerden der vier Furchungssegmente (Fig. 7). Mit der Verbreiterung der Furchungskugeln bemerkt man auch eine Zunahme der Länge der kleinen Achse des Dotterellipsoides auf Kosten der Längsachse. Man kann deutlich beobachten, dass die Form des Nahrungsdotters abhängig ist von derjeweili- gen Richtung der größten Wachsthumsenergiein der Keim- substanz. Nachdem sich die Furchungssegmente verbreitert haben (21/,Stunde nach der Befruchtung), treten jederseits von der Hauptfurche zwei Furchen auf, welche durchaus nicht immer, ja in der Regel, mit der Hauptfurche gleichgerichtet sind (Fig. 8). Es resultiren daraus acht Furchungssegmente, die in der Richtung der Hauptachse gestreckt er- scheinen. Kurze Zeit hierauf (drei Stunden zehn Minuten nach der Be- fruchtung) tritt jederseits von der dritten Furche, annähernd mit der- selben gleichgerichtet eine Furche auf, welche jede der vier zu den Seiten der dritten Furchungsebene liegenden Furchungssegmente in acht Theile spaltet (Fig. 9). In diesem sechzehnzähligen Furchungs- stadium kann man bemerken, dass der Dotter bereits kugelförmige Gestalt angenommen hat. Betrachtet man die Furchungsseg- mente genauer, so ergiebt sich die Thatsache, dass die Streckung, bez. das stärkere Wachsthum derselben stets in dieRichtung der betreffenden Furchungsebene zulie- gen kommt. | 1 Ich bemerke dies hier ausdrücklich, da ich in keinem der von mir unter- suchten, in diesem Stadium befindlichen Eier ein Zusammenfallen der beiden Fur- chen in eine Ebene beobachten konnte, 2 An vielen Eiern kann man übrigens beobachten, dass Äquatorial- und dritte Furche gleichzeitig auftreten. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 605 Die weiteren Furchungsstadien übergehend, bemerke ich, dass sechs Stunden nach der Befruchtung die Keimsubstanz, aus polyedrischen Zellen bestehend, in Form eines Hügels, der etwas abgeflacht erscheint, auf dem nun vollständig kugelig gewordenen Dotter aufliegt (Fig. 10). Schon um diese Zeit kann man bemerken, dass die äußere Fläche des Keimhügels, den ich nunmehr als Blastodisk! bezeichne, von einer einzigen Schicht abgeplatteter Zellen begrenzt wird. Schnitte bestätigen dies vollkommen. Eben so kann man zu dieser Zeit um den Rand des Blastodisks auf dem Dotter eine Koncentration kleiner Partikelchen, die wohl nur Fetttröpfehen sind, bemerken. Solche Tröpfchen sind außer auf dem Dotter auch auf den Zellen des Blastodisks zu beobachten. Von oben gesehen (Fig. 41) zeigt derselbe fast kreisrunden Umriss, an- nähernd koncentrisch mit dem ebenfalls kreisrunden Umrisse des Dot- ters. An einzelnen Stellen kann man über den Rand ragende Zellen sehen. Acht Stunden nach der Befruchtung (Fig. 12) hat der Blastodisk bereits Halbkugelform angenommen, mit seinem Rande noch etwa 45° vom Äquator abstehend. Eine wesentliche Differenzirung desselben ergiebt sich aber darin, dass er nun in eine sehr flache muldenförmige Ver- tiefung des Dotters zu liegen kommt, so dass der Blastodisk jetzt die Form einer bikonvexen Linse, deren freie Oberfläche aber sehr be- deutend konvexer ist als die am Dotter liegende, angenommen hat (Fig. V). An Schnitten (Fig. V) kann man um diese Zeit bemerken, dass fast die gesammte Keimsubstanz in Furchungselemente zerfallen ist. Nur rechts und links am Rande des Blastodisks, unterhalb desselben liegend, findet man eine fein granulirte Substanz (JSch), die dem Aussehen nach ganz mit der Substanz der Furchungszellen übereinstimmt, und die ich auch für noch ungefurchte Keimsub- stanz betrachte. Es entspricht diese Schicht offenbar der couche intermediäre van Bamsere’s (9), der intermediären Schicht von KowALEwskts (31), welchen Ausdruck ich hier beibehalte. An den Seiten geht diese intermediäre Schicht über in die gewissermaßen als Dottermembran dienende dünne Lage von Keimsubstanz, während sie sich auf der oberen schwach muldenförmigen Vertiefung des Dotters beiderseits nach einwärts zieht (Fig. V), ohne aber in der Mitte zusam- menzutreffen. Die bikonvexe Form des Blastodisks, die zuerst von OELLACHER (37) i Ich halte diese von Acassız und WHITMAN (3) gebrauchte Bezeichnung für ganz zweckmäßig, wenngleich sie auch für die späteren Stadien nicht zutreffend ist. Man könnte übrigens für die verschiedenen Formen, die die Keimsubstanz annimmt, verschiedene Bezeichnungen einführen, was aber nur Verwirrung stiften würde. 606 Joseph Heinrich List, und dann auch von Kırın (30) beschrieben worden, bleibt aber, wie wir später sehen werden, nur kurze Zeit bestehen. Die schon früher erwähnte Koncentration von Fetttröpfchen um den Blastodisk- rand schreitet fort (Fig. 12), so dass auf der übrigen Dotteroberfläche dieselben nur mehr spärlich, aber von etwasgrößererForm, zu beobachten sind. | Ich komme jetzt \ ya, zur Besprechung ei- nes äußerst interes- santen Vorganges. 7 Stunden 45 Minuten nach der Be- fruchtung!, um die Zeit, wann der Bla- stodisk noch mehr als | 30° vom Aquator des Fig. IV. Ei von Crenilabrus pavo, 71/4 Stunde nach der Befruchtung. Dotters . entfernt i JSch, intermediäre Schicht (ungefurchte Keimsubstanz); Pk, Peri- j st, blastkerne. 80/1. | bemerkt man, dass in derum denBlasto- diskrand sichtbaren Lage der intermediären Schicht (Fig. IV JSch) Kerne (Pk) auftreten, die sich in annähernd koncentrischen Reihen um den Blastodiskrand gruppiren (Fig. 13 PblA)2. _ .. WW 4 | IR-- 1 an anna. Ph 1 Nachfolgende Schilderung basirt auf Beobachtungen, die ich vor drei Jahren an den Eiern von Crenilabrus tinca machen konnte. Ich habe dieselben bei einem Aufenthalte in der zoologischen Station in Triest im heurigen Frühjahre sowohl an den Ei®rn von Crenilabrus tinca als auch an den Eiern von Crenilabrus pavo kon- trolliren können. Die Zeit, wann die ersten Kerne in der um den Blastodiskrand sichtbaren Lage der intermediären Schicht zu beobachten sind, scheint nicht kon- stant zu sein. So konnte ich seiner Zeit die Kerne bei Crenilabrus tinca erst zehn Stunden nach der Befruchtung auftreten sehen. 2 HorFFMANN (26) giebt Folgendes für Crenilabrus pavo an: »Erst sechs Stunden nach der Befruchtung war ich hier im Stande, die freien Kerne des Parablast mit vollkommener Deutlichkeit zu sehen, sie waren dann schon sehr zahlreich, in steter Theilung begriffen, und alle wieder in demselben Stadium von Ruhe von Thätigkeit. Obgleich ich nun bei Crenilabrus den Ursprung dieser freien Kerne des Parablast wohl nicht direkt angeben kann, so ist es wohl kaum zweifelhaft, dass sie hier aufähnliche Weise wie bei Scorpaena und Julis entstehen (durch Theilung aus dem ursprüng- lichen Parablastkerne). Dass sie aber bei diesen Eiern viel später sichtbar werden als bei Julis und Scorpaena, ist wohl dem Umstande zuzuschreiben, dass es hier zur Bildung eines ‚disque huileux‘ kommt, der bekanntlich bei Julis und Scorpaena fehlt.« Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 607 Diese Reihen sind in der Weise angeordnet, dass mit jedem Kerne einer Reihe ein Zwischenraum der nächstfolgenden korrespondirt. Die einzelnen Kerne in jeder Reihe stehen von einander getrennt, und zwar in nicht ganz gleichen Abständen. An meinem Objekte konnte ich nicht mehr als etwa drei oder vier solcher Kernreihen beobachten. Bevor ich auf die nähere Erörterung dieser Kerne eingehe, sollen die Angaben früherer Forscher, die sich auf ähnliche Vorgänge be- ziehen, besprochen werden. (. Kuprrer (32) war wohl der Erste!, der diesbezüglich seine Beobachtungen genau präcisirte. Am Ei von Gastero- steus aculeatus und Spinachia bemerkte derselbe zu der Zeit, als der Keimhügel halbkugelig prominirt, um den Rand desselben Kerne auf- treten, die in ganz regelmäßiger Weise angeordnet waren. Es waren wasserklare, runde Bläschen, ohne irgend welche Körnchen im Inneren, die in koncentrischen Kreislinien, auf das Gentrum des Keimhügels be- zogen, sich gruppirten. Der Abstand der einzelnen Kerne in den Reihen war kein gleicher und betrug etwa das Dreifache des Durchmessers der Bläschen selbst; um so viel standen die Reihen auch von einander ab. Die Stellung der Kerne in den Reihen war eine derartige, dass sie für je zwei benachbarte Zellen alternirten. Mehr als fünf Reihen konnte Kuprrer nicht beobachten, denn dann begann die Ausbreitung des Keim- hügels, und es wälzte sich die Zellenmasse über diese Bildung hinweg. Bevor aber dies eintrat, konnte Kuprrer eine weitere Differenzirung konstatiren. Er sah nämlich zwischen den bläschenförmigen Kernen zarte Kontouren auftreten, die an einander schließende, polygonale Felder umgrenzten, deren Mittelpunkte die Kerne einnahmen. Es bil- dete sich so eine Lage eines regelmäßigen, aus hexagonalen Zellen be- stehenden Plattenepithels. Dass diese Bildung etwa als die ersten sich ausbreitenden Zellen des Keimhügels anzusehen seien, wie man vermuthen könnte, wider- spricht nach Kuprrer die Genese und dann Differenzen in Größe und Aussehen dieser Zellen und derjenigen des Keimhügels. Die Kerne sind größer als in den Zellen des letzteren. In Folge dessen nimmt Kuprrer für dieseiben eine Art freier Zellenbildung an. Ferner scheint demselben Forscher zweifellos zu sein, dass diese Bildung nicht auf die Zone beschränkt bleibt, in der sie erblickt wurde, sondern er glaubt, dass sie sich über die ganze Oberfläche des Eies ausbreiten muss. Ob dies Blatt zum Darmdrüsenblatt wird, lässt KuprrEr 1 Ich kann hier füglich von den Angaben LerepouLLer's (35) absehen. Man vergleiche auch (49). Derselbe bezeichnete die unterhalb des Keimes gelegene, an der Furchung nicht theilnehmende Schicht als membrane sousjacente und bezeichnete dieselbe bei der Forelle (36) geradezu als feuillet muqueux. 608 Joseph Heinrich List, dahingestellt; dass dasselbe nur eine vorübergehende Bildung sei, scheint ihm unwahrscheinlich. van BamBERE (9) beschreibt bei Leueisceus rutilus eine unter dem Keimhügel auf dem Dotter liegende Schicht, von eigenthümlichem Aus- sehen, die er als couche intermediaire bezeichnet. Dieselbe zeigt eine dünne Mitte und einen verdiekten Rand, der im Durchschnitt drei- eckig erscheint. Rand und Mitte sind kontinuirlich. Die Mitte entsteht wahrscheinlich erst später, indem der zunächst allein vorhandene Rand sich unterhalb des Keimes ausbreitet. Die Schicht unterscheidet sich sowohl vom Keime als auch vom Dotter, es ist ein Protoplasma mit zahlreichen gröberen Körnchen. Der Rand enthält Kerne, und das die Kerne umgebende Protoplasma grenzt sich zu einzelnen Zellen ab. Dieselben ordnen sich nicht regelmäßig, scheinen zahlreicher zunächst dem Dotter zu sein, und finden sich die freien Kerne mehr im peri- pheren Theil des Randes, während die Zellen zunächst in der Nähe des Keimes erscheinen. Die Kerne und Zellen färben sich durch Kar- min und Hämatoxylin lebhafter als diejenigen des Keimes. In der dünneren Mitte der Schicht sind Kerne wie im dickeren Rande zu fin- den. Später werden dortselbst die Kerne noch zahlreicher, und schei- nen sich die Zellen zu theilen. Was die Frage nach der Herkunft dieser Schicht betrifft, so könnte dieselbe von dem Keime selbst herstammen, eine Auffassung, die VAN BAMBERE (8) zuerst selbst theilte, die aber jetzt sehr wenig Wahr- scheinlichkeit besäße. Oder man könnte annehmen, dass sich das Plasson nach Auftritt des ersten Eikerns in zwei Partien sondere, wo- von die eine den Keim, die andere die couche intermediaire bildete, oder aber, sie könnte sich auch aus dem Rindenprotoplasma bilden. In seiner größeren Arbeit, »Die Entwicklung des Heringsim Ei«(34), kommt Kurrrer später wieder ausführlich auf diese Bildungen zu sprechen. Er sagt: »Nachdem die Furchung des Keimes bereits weit vorgeschritten ist, etwa um die zehnte Stunde nach der Befruchtung, beginnt in dem Rindenprotoplasma ein Zellbildungspro- cess, dernach dem Modus der »freien Zellenbildung« ver- läuft und sich bis zu dem Zeitpunkte, an welchem die Umwachsung des Dotters durch den Keim ihren Anfang nimmt, d. h. bis etwa zur 46. Stunde, über den größeren Theil des Dotters erstreckt, den Äquator des Eies zum Gegenpol hin überschreitet. Man sieht um diese letzt- erwähnte Zeit ein gleichmäßiges Pflaster an einander schließender Zellen den Dotter unmittelbar bedecken. Zunächst dem Rande des Keimes sind diese Zellen dicker, zum Theil auch in mehrfacher Lage Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 609 über einander liegend, weiterhin zum Äquator werden dieselben ganz platt. Es umgiebt also ein Wall dieser Zellenschicht den Keim.« Kuprrer fand aber das Heringsei nicht so günstig wie das Gasterost- oder Spinachiaei wegen der Beschaffenheit des Dotters. Die Entstehung der Zellen schildert nun dieser Forscher folgender- maßen: » Der Entstehung dieser Zellen geht eine Ansammlung des Rinden- protoplasma auf der dem Keimpol zugewandten Hälfte des Dotters voraus, und namentlich gegen den Rand des Keimes selbst verstärkt sich die Masse zu einer wallartig mächtigeren Lage, die sich weiter unter die Basis des Keimes, wiederum verdünnt, fortsetzt. Von diesem Zeitpunkte an hört das Fluktuiren dieser Schicht überhaupt auf, dieselbe wird nunmehr auf der dem Gegenpol zugekehrten Dotterhälfte auf ein so dünnes Häutchen reducirt, dass der Nachweis derselben dort nicht mehr möglich ist. In dem Walle des Rindenprotoplasma, dem Rande des Keimes zu- nächst, ist das Erscheinen der ersten Kerne minder deutlich als einige Zeit später näher zum Äquator hin. Im Wesentlichen sieht man das- selbe, wie es oben von Spinachia geschildert ist: Über dem Grunde der stark lichtbrechenden Massen des Dotters erscheinen glashelle, kugelige, kleine Flecke in ziemlich gleichen Abständen von einander, aber allerdings nicht so regelmäßig geordnet, wie bei dem Gaste- rostei. Hat man die ersten erblickt und achtet nun kontinuirlich auf das Erscheinen der nächsten an den Stellen entsprechenden Abstan- des, so gelingt es zu ermitteln, dass diese Portionen klaren Pro- toplasmas aus punktförmigen Anfängen hervorgehen und zu einer Größe von 5—6 u heranwachsen. Man sieht sie dem- nach in der Nähe des Keimes größer, weiterhin kleiner; aber das Bild ändert sich bald; um diese klaren, kugeligen Kerne, so darf ich diesel- ben nach ihrer Entstehung, wie nach ihren weiteren Schicksalen nennen, gruppirt sich das Protoplasma in der Weise, dass zunächst jedem Kern fein granulirte Masse anschießt, weiterhin gröbere Gra- nula sich darum ordnen; es bilden sich Zellen, deren Grenzen erst nur durch die gröberen Körnchen, danach durch lineäre Kontouren sich markiren; es tritt eine regelrechte Zellenmosaik auf. Kaum ist das _ Letztere erfolgt, so beginnt auch bereits Theilung dieser Zellen. Man sieht Kerne anscheinend verschwinden, danach doppelte auftreten, die kleiner sind als der Mutterkern war, die Zellen selbst sich vermehren und verkleinern und nunmehr sind die kleineren Kerne in der Nähe des Keimes, die größeren gegen den Äquator hin gelagert. — Die Theilung der Zellen kann ich nur in ihrem Effekt konstatiren, die 610 Joseph Heinrich List, feineren Verhältnisse, die sich hierbei abspielen, dagegen nicht sehen. Ich will nur bemerken, dass ich biskuitförmige Einschnürung dieser Zellen nie erblickt habe. Schwierig ist die Entscheidung, in wie viel Lagen die Zellen des Rindenprotoplasmas auftreten. In der dickeren Partie, rings um den Keimrand und unterhalb desselben, sicher in doppelter Lage, vielleicht auch zu dreien, weiterhin erst einfach, indessen sah ich unter dieser einfachen Lage nicht selten noch Kerne entstehen, die vielleicht in die obere Lage hinaufrücken, möglicherweise aber auch an der Ursprungs- stätte verbleiben. So entsteht also aus dem Rindenprotoplasma ein den Dotter un- mittelbar bekleidendes, aus platten Zellen zusammengesetztes Blatt, das späterhin von den Elementen des Keimes überlagert wird.« Nach Kuprrer geht nun aus diesem tiefen Blatte das Entoderm hervor. Kınsstey und Conn (29) beobachteten zur Zeit der Ausbildung der tieferen Zelllagen des Blastodisks an den Eiern von Ctenolabrus freie Kerne um den Blastodiskrand auf dem Dotter, die aber durchaus nicht regelmäßig angeordnet waren. Diese freien Kerne lagen nicht allein auf der Dotteroberfläche, sondern auch in der intermediären Lage (intermediary layer), welch letztere der intermediären Schicht v. Kow4- LEWSKTS entspricht. Bei Gtenolabrus coeruleus konnte das Auftreten von Zellgrenzen um diese Kerne genau beobachtet werden. Die Zellen bil- deten sich zuerst um die dem Blastodisk am nächsten liegenden Kerne. Der ganze Vorgang dauerte über eine halbe Stunde. Den Verfassern ist es wahrscheinlich, dass ein Theil dieser Zellen auf den Boden der Furchungshöhle rückt und daselbst entweder an der Hypoblast- oder Mesoblastbildung Antheil nimmt. Eben so soll die intermediäre Lage den ventralen Theil des Darmes bilden. Acassız und Wanıman (3)! konnten ebenfalls an den Eiern von Ctenolabrus das Auftreten von Kernen in der intermediären Schicht, die sie von den Kernen der Randzellen des Blastodisks ableiten, be- merken. Nach G. Brook (12) entsteht der Periblast bei Trachinus unabhängig vom Blastodisk, und zwar durch die Koncentration der die Dotterkugel überziehenden dünnen protoplasmatischen Lage um den Blastodisk. Wenn die Epidermislage des Ektoderms gebildet ist, erstreckt sich der Periblast noch nicht ganz unter den Blastodisk. Ob die Kerne des Periblastes durch freie Zellbildung entstehen, konnte Brook nicht nach- 1 Das Original war mir leider unzugänglich. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 611 weisen; aber ganz gewiss stammen sie nicht vom Blastodiskrande. Bei Trachinus und Motella wird der Periblastring allmählich mehr granu- lär, bevor Zellen erscheinen, die Granula bilden Gruppen, und freie Zellenbildung tritt ein. Die Periblastlage zieht sich nun unter den Keimhügel hinein und bildet daselbst eine ununterbrochene Lage. Die Zellen sammeln sich dann mehr am Periblastrande an, um dann später wieder in mehr gleichmäßiger Lage um den Blastodisk vertheilt zu sein. Nach Broox geht nun der Hypoblast aus den Randzellen des Peri- hlastes hervor. v. Kowazwskt (31) schließt sich nach seinen Beobachtungen an Goldfischeiern eben so wie K. F. WenckzsacH (46) nach seinen Beob- achtungen an den durchsichtigen Eiern von Belone acus in Betreff der Herkunft.der Kerne in der intermediären Schicht Acassız-Wnırt- MAN an. Übergehend zu meinen Beobachtungen kann ich Folgendes mit- theilen !. Um die oben angegebene Zeit kann man um den Blastodiskrand (man vel. Fig. IV) einen zwei bis drei Furchungszellen breiten Saum ungefurchter Keimsubstanz (intermediäre Schicht, v. KowaLzwskr) beob- achten. In dieser kann man nun helle bläschenförmige Kerne auftreten sehen, die, wie eine genauere Beobachtung lehrt, von den Kernen der Randzellen des Blastodisks stammen. Kernfiguren konnte ich nicht auftreten sehen, wohl aber konnte ich die Abschnürung der in die intermediäre Schicht rückenden Kerne von denjenigen der Randzellen des Blastodisks mit vollster Deutlichkeit beobachten. Die abgeschnürten Kerne liegen Anfangs in einer Reihe in der Nähe des Blastodiskrandes von einander durch annähernd gleiche Zwischenräume, die etwa das Drei- bis Vierfache des Kerndurchmessers betragen, entfernt. Die Kerne vergrößern sich rasch und übertreffen dann an Größe diejenigen der Furchungszellen. Bald treten auch außer- halb der ersten Reihe Kerne auf, die etwas weiter entfernt mit den zuerst abgeschnürten Kernen alterniren und so eine zweite, zur ersten koncentrische Reihe bilden. So kann eine dritte und vierte Reihe beob- ! In einer kleinen Mittheilung, »Zur Herkunft des Periblastes bei Knochen- fischen (Labriden).« Biol. Centralbl. Bd. VII. Nr. 3. 1887, hielt ich die jetzt auf Grund neuer eingehender Beobachtungen für Kerne gedeuteten Gebilde für vom Blastodiskrande abgeschnürte Zellen. Daich damals die Beobachtung Abends bei künstlicher Beleuchtung machte, dürfte ich wohl einer Täuschung mich hingege- ben haben. Die nachfolgende Schilderung basirt auf Beobachtungen an Eiern von Crenilabrus tinca und pavo. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Ba. 40 612 Joseph Heinrich List, achtet werden, ohne dass gerade die Reihen regelmäßig angeordnet, und die Zwischenräume konstant wären. Die Kerne der zweiten Reihe können noch von den Kernen der Randzel- len des Blastodisks abgeschnürt werden, häufiger jedoch stam- men die der übrigen Reihen von den Ker- nen der vorausgehen- den Reihen ab, indem sich dieselben rasch theilen, ein Vorgang, den ja auch Asassız und Wanıman Schon Fig. V. Schnitt durch ein Ei von Crenilabrus pavo, 7!/, Stunde nach beobachten konnten. der Befruchtung. Härtung in einem Gemisch von Pikrinschwefel- ö säure und Chromsäure, Tinktion mit Alaunkarmin. JSch, intermediäre Eine Abgrenzung i Schicht; Pk, Periblastkerne; D, Dotter. 8011. der Kerne von einan- = der durch das Auftreten von deutlichen Zellgrenzen konnte ich nicht beobachten, obwohl ich hier und da zwischen den Kernen verlaufende Linien sah, welche andie Beobachtungen von Kına- SLEY-ConN (29) u. WENORE- BacH (46) erinnerten. E An Schnitten durch ein solches Stadium (Fig. V) kann man die sphäri- schen Kerne in der inter- mediären Schicht einge- bettet liegen sehen. 1 Wie lange die Ab- schnürungderKernenach außen vor sich geht, kann ich nicht bestimmen, da Fig. VI. Schnitt durch ein Ei von Crenilabrus tinca, 18 Stunden der sich ausbreitende nach der Befruchtung. Gehärtet in 0,50%/iger Osmiumsäure. 80/1. 3 i we Bd, Blastolielc; A6ch, intermediäre SchichtslD, Doiter. Blastodisk bald die Bil- Periblastkerne waren hier nicht zu sehen. dun gen verde ekt 1 Die intermediäre Schicht? geht zweifelsohne auch, wenn vielleicht ! Das heuer konservirte Material konnte ich noch nicht bearbeiten, und soll 3 desshalb die weitere Ausführung im zweiten Theile dieser Arbeit erfolgen. er 2 Ich glaube, es ist zweckmäßig, den Ausdruck intermediäre Schicht so Zur Entwicklungsgeschichte der Rnochenfische (Labriden). I. 613 auch nur zum Theil, in den Furchungsprocess ein. Es findet also eine Art Nachfurchung statt. Als Beweis für diese Ansicht dienen mir Schnitte von 18 | Stunden nach der Befruchtung konser- virten Eiern (Fig. V]). An solchen Schnitten kann man nur mehr rechts und links am Blastodisk- rande eine ganz ge- ringe, im Schnitte dreiseitig erschei- nende Masse von Keimsubstanz, die sich kaum ein paar a Furchungszellen wei- Fig. VII. Schnitt durch ein Ei von Crenilabrus tinca, 18 Stunden nach ter einwärts zieht, der Befruchtung. Aus einer anderen Entwicklungsreihe. JSch, inter- mediäre Schicht; Pk, Periblastkerne; D, Dotter. Gehärtet in bemerken (JSch). 0,50/piger Osmiumsäure. 80/1. Dass sich am Blastodiskrande auch nach einwärts Kerne in die intermediäre Schicht abschnüren, konnte ich an Schnittpräparaten ebenfalls beobachten (Fig. VID. Die Keimsubstanz ist in sehr dünner Lage rechts und links unter dem Blasto- diskrande zu sehen (JSch). Unterhalb der Furchungszellen kann man aber deutliche Kerne (Pk) beobachten. Wahrschein- lich gehen auch hier die abge- schnürten Kerne lebhafte Thei- lungen ein. Die weiteren Ver- änderungen der nunmehr als Periblast zu bezeichnenden Schicht bin ich vorläufig nicht Fig. VIII. Schnitt durch ein Ei von Crenilabrus tinca. im Stande anzugeben. 32 Stunden nach der Befruchtung. ?, Periblast. Här- . tungin Alkohol.absol., Tinktion mit Alaunkarmin. 80/1. An Schnitten aber von 32 Stunden nach der Befruchtung konservirten Eiern, an welchen der lange beizubehalten, als noch keine Kerne in derselben sichtbar sind. Sobald aber Kerne in derselben auftreten, wird man diese kernführende Schicht mit Acassız und Wuırman als Periblast bezeichnen können, was im Nachfolgenden auch ge- schehen soll, 2 > OSTEN R a en 40* 614 Joseph Heinrich List, Blastodiskrand beiderseits den Äquator erreichte, konnte ich unter den Furchungszellen eine dünne, deutlich differenzirte, sich von dem einen Rande zum anderen ziehende Lage von Keimsubstanz bemerken, die nach Tinktion (Alaunkarmin) scharf hervortrat und sich von den übri- gen Zellen des Blastodisks deutlich abhob (man vgl. Fig. VI ). Diese Schicht hatte deutliche, ellipsoidähnliche Nuclei, die vom Rande gegen den Keimpol zu etwas an Größe zuzunehmen schienen, und die auch größer als die Kerne der Blastodiskzellen waren. Ich glaube, obgleich ich es auf Schnitten bisher successive nicht verfolgen konnte, dass diese einfache, Kerne führende Keimsubstanzlage, in der ich eine deutliche Abgrenzung in Zellen nicht zu beobachten im Stande war, aus der beschriebenen intermediären Schicht hervorgeht, indem sich die- selbe unterhalb des Blastodisks allseitig gegen den Keimpol zieht und bei gleichzeitiger Vermehrung der Kerne, die gleichfalls radialwärts von allen Seiten gegen den Keimpol sich ausbreiten, eine zusammen- hängende, dünne Lage bildet. Diese ganze, vom Blastodisk bedeckte, unmittelbar auf dem Dotter liegende Schicht differenzirt sich so deutlich von den übrigen Blastodiskzellen, dass man sich wohl schwer der Ansicht Horrmann’s (26), der neuere Autoren, wie von KowALkwsKI und WENckEBACH zustimmen, anschließen kann, der zufolge diese inter- mediäre Schicht (von KowaLewskı, couche intermediaire, van BANBERE) keine Beziehung zur Bildung des Embryo habe, sondern lediglich nur als provisorisches, für die Ernährung desselben dienendes Organ zu betrachten sei. Nach WenckzsAcH sollen übrigens die Kerne dieser Schicht einer allmählichen Degeneration anheimfallen. Acassız und Wuıtman, und in Übereinstimmung mit diesen Autoren WEncKEBACH, bezeichnen die in Rede stehende Keimsubstanzlage als Periblast. Ich verwende ebenfalls diese Bezeichnung für die be- schriebene, Kerne führende intermediäre Schicht, muss aber betonen, dass der Periblast sich wahrscheinlich, wenigstens zum Theil, mit den von Hıs und Anderen als Parablast bei Knochenfischen beschriebe- nen Bildungen deckt, worauf mir auch die Bemerkung von Hıs (23) ge- legentlich der Besprechung der Kurrrer’schen Beobachtung am Gaste- rosteusei zu deuten scheint. Was nun die Bedeutung des Periblastes bei den Labriden betrifft, so muss ich mich vorläufig noch jeder Deutung enthalten. Der Ansicht HorFmann’s, Von KowALkwskr’s und WenckzracHs kann ich mich wohl nicht anschließen, trotzdem ich jetzt noch kein Beweismaterial vorlegen kann. Aber es scheint mir doch sehr wenig plausibel, dass eine so deutlich differenzirte Schicht, deren Kerne aus den Zellen des Blasto- er Fame Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 615 diskrandes stammen, einer Degeneration bez. Umwandlung in Nähr- material! anheimfällt! Ich muss hier auf eine Arbeit C. Weır’s (45) zurückgreifen, der bei Forelleneiern das Absehnüren von Zellen vom Blastodisk beobachtete. Aus diesem Befund schließt derselbe, dass alle Zellen, die sieh am Aufbau des Embryo betheiligen, Abkömmlinge der Fur- chungselemente sind. Dieser Ausspruch Weır’s, womit sich der- selbe auf den von Reıcnerr und Rrmax vertheidigten Standpunkt stellt, erscheint mir um so bedeutungsvoller, weil derselbe von einem Ob- jekte ausging, das gerade später (Hıs ete.) zur Bildung ganz entgegen- gesetzter Ansichten verwendet wurde. Es ist eine Thatsache, die ich sowohl am lebenden Objekte als auch an Schnitten beobachten konnte, dass sich Furchungszellen vom Blastodiskrande loslösen und auf den Dotter zu liegen kommen. Ob nun dieser Vorgang ein normaler ist, kann ich nicht entscheiden. In wie weit die neueren Beobachtungen Acassız’ und WHITMmaAn’s, von KowALEwskr's, WENCKEBACH’S und von mir über den Periblast der Parablastlehre für die von diesen Autoren untersuchten Knochen- fische ungünstig sind, ist vorläufig noch nicht abzusehen. Schon oben habe ich von einer Koncentration von Fetttröpfchen um den Blastodiskrand gesprochen. Man kann dieselben zwischen den Kernen des Periblastes (Fig. 13) beobachten, und zwar bemerkt man, dass sie unmittelbar am Blastodiskrande am häufigsten sind. Die Anhäufung von Fett ist hier von großer Wichtigkeit, da daselbst das stärkste Wachsthum vor sich geht, und Anhäufung von Reservematerial, denn als solches wird man die Fetttröpfehen wohl betrachten müssen, hier sehr nothwendig erscheint. Diese Ansammlung von Fett um den Rand des Blastodisks erwäh- nen bereits Vogt (44) bei Coregonus und Leresouizer (35) beim Hechte. Auch Kurrrer (32) machte diese Beobachtung bei Gasterosteus und Spinachia. Er sagt (l. c.): »Ein Umstand ist bei jenen Fischen (Spi- nachia, Syngnathus und Gasterosteus) konstant zu beobachten, der auf eine direkte Antheilnahme des Fettes im Dotter an dem Furchungspro- cess hindeutet. Dieses Fett bildet einen Haufen von Tropfen verschie- dener Größe, die bei Syngnathus die Keimscheibe unten und seitlich umgeben. Bei Gasterosteus und Spinachia flottiren die Tropfen lose an einander haftend ziemlich frei im Dotter und nehmen desshalb stets den höchsten Punkt ein. Ein Theil des Fettes bleibt aber, wie man 1 HorrmAnx und mit ihm WenckzrAch sprechen dem Periblast allerdings nur einen indirekten Einfluss für die Ernährung des Embryo zu, indem derselbe zur Verflüssigung der Dotterelemente dienen soll. 616 Joseph Heinrich List, auch das Ei drehen mag, stets an der Unterfläche der Keimscheibe haf- ten und zertheilt sich da staubartig in äußerst feine Partikeln, die man von unten her in die Substanz der Keimscheibe eindringen sieht. Da bildet es eine den unteren Theil der Scheibe einnehmende Wolke, die bei der Furchung gleichmäßig zerlegt wird, so dass jeder Furchungs- kugel ein Antheil zufällt. Sehr schön ist es bei Gasterosteus und Spi- nachia zu sehen, an denen bei acht vorhandenen Furchungskugeln diese sämmtlich noch in einfacher Lage neben einander geordnet sind; jede Kugel zeigt dann einen dunkleren feinpunktirten Fleck in ihrer unteren Hälfte, von diesem Fett gebildet.« 23 Stunden nach der Befruchtung ist der Blastodisk bereits über den Äquator des Eies gezogen (man vgl. Fig. 17). Dass aber die Aus- breitung desselben über den Dotter durchaus nicht in allen Eiern zur selben Zeit erfolgt, konnte ich an einer anderen Entwicklungsreihe be- obachten. Hier stand der Blastodiskrand nach 32 Stunden noch etwa 12° vom Äquator entfernt, hatte sich aber schon etwas abgeflacht (Fig. 14). 38 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 15) hatte der Blasto- diskrand schon um etwa 25° den Äquator überschritten, und saß der Blastodisk selbst in Form einer überall gleich dicken Haube auf dem Dotter. Die denselben zusammensetzenden polyedrischen Fur- chungszellen konnte man deutlich beobachten. In diesen Stadien wird die Form des Dotters vom Blastodisk selbst wesentlich beeinflusst (man vgl. Fig. 14 und 15). Der Dotter, der in den früheren Stadien noch annähernd Kugelform hatte, wird ellipsoidähnlich und zwar so, dass die Längsachse durch den Keimpol geht. Sitzt der Blastodisk in Form einer flachen Haube auf dem Dotter (Fig. 14), so zeigt derselbe an dem ganzen vom Blastodisk bedeckten Theile eine Verjüngung, welche sich durch eine schwache Einschnürung am Blastodiskrande von dem übrigen Dotter abgrenzt. Der Blastodisk übt also auf seiner ganzen inneren Fläche noch einen kräftigen Druck auf den eingeschlos- senen Dottertheil aus, der aber am Rande am stärksten ist. Nähert sich aber der Blastodiskrand bei seiner Ausbreitung über den Dotter dem Äquator des Eies, so bemerkt man eine deutliche Streckung des Dotters in der Längsachse mit einer sanften Verjüngung um die Mitte desselben, entsprechend dem Blastodiskrande (Fig. 15). Der Dotter hat jetzt die Form eines Rotationsellipsoides mit der erwähnten sanften, um die Mitte ziehenden Einschnürung. Untersucht man Schnitte von den in Fig. 12 und 13 dargestellten Stadien, so bemerkt man in denselben, dass die Durchfurchung bis auf den Grund vorgeschritten ist, und dass die Furchungszellen auf den Dotter zu liegen kommen. Den Druck, den die Zellen des Blasto- Zur Entwieklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 617 disks auf den Dotter ausüben, kann man an sehr feinen Schnitten beob- achten, in welchen die obere seicht muldenförmige Ausbuchtung des Dotters (Fig. 12 entsprechend), die den Formen der untersten Blasto- diskzellen entsprechenden Vertiefungen zeigt. Ich habe schon bemerkt, dass man an Schnitten aus solchen Stadien an beiden Rändern des . Dotters unterhalb der Furchungszellen eine dreieckige Lage fein gra- nulirter Substanz (Fig. VI), die sich nicht weit unterhalb des Blasto- disks erstreckte, beobachten kann, die der intermediären Schicht von Kowarzwskrs (34), dembourrelet pe&ripherique de la couche interme&diaire van BAmBERESS (9) entspricht. Dem ganzen Aussehen ‚nach ist dieselbe aber für noch ungefurchte, den Periblast bil- dende Keimsubstanz zu halten, die in manchen Schnitten sogar in Furchungszellen zerfallen zu sein schien!. Die Zellen des Blastodisks zeigen sämmtlich polygonalen Umriss und fast gleiche Größe. | Eine Furchungshöhle, wie dieselbe von zahlreichen Forschern bei Knochenfischen beschrieben wurde, konnte ich in diesem Stadium nicht beobachten, und stimme darin mit Horrmann (26) überein, obwohl Janosık (28) eine solche bei Labriden gesehen haben will. Die Elemente des Blastodisks liegen dem Dotter dicht auf. Die äußerste Lage der Furchungszellen ist abgeplattet und erstreckt sich bis zum Blastodisk- rande. Diese Deckschicht, Hıs (23), membrane enveloppante, van BAmBEkE (9), Hornblatt der Autoren, ist also in diesem Stadium schon deutlich ausgebildet. An Schnitten, die von 32 Stunden nach der Befruchtung konser- virten Eiern stammten, und in welchen der Blastodiskrand noch nicht ganz den Äquator des Dotters erreicht hatte, konnte ich beobachten, dass sich diese einzellige Deckschicht am Blastodiskrande einstülpte und unmittelbar aufdiePeriblastlagezuliegen kam (Fig. VI). Diese Lage abgeplatteter Zellen, die eine Strecke weit auf dem Peri- blast aufsaß, ging dann gegen die Mitte desselben in weniger abge- plattete Zellen über. Auf dieser eingestülpten Zellenlage konnte ich mehrere Zellenschiehten liegend beobachten, die sich von den unmittel- bar unter der Deckschicht liegenden Blastodiskzellen etwas differenzir- ten. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass daraus, wenn auch viel- leicht nur zum Theil, der Mesoblast hervorgeht. Über all Dieses hoffe ich später ausführlich berichten zu können. 1 Gm. van BAnBERE (9) konnte an seiner couche intermediaire eben so wie v. KowALEwskI keine Spur einer Furchung beobachten. Es ist mir nicht unwahr- scheinlich, dass diese Abgrenzung, die man hier und da an Osmiumpräparaten verfolgen kann, durch das Härtungsmittel hervorgerufen wurde. 618 | Joseph Heinrich List, Kehren wir nach dieser Abschweifung wieder zum Blastodisk zu- rück. 32 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 14) liegt der Blastodisk in Form einer ganz durchsichtigen, nicht ganz halbkugeligen, sondern etwas abgeplatteten Haube auf dem verjüngten Dottertheile. In diesem Stadium konnte ich an dem sehr durchsichtigen Blastodisk zwischen demselben und dem Dotter anscheinend einen Spalt (Sp) beobachten, der dann als Keimhöhle zu bezeichnen wäre, wie auch Janosık (28) für Labriden angiebt. Die Ausbreitung des Blastodisks über den Dotter geht nun sehr rasch vor sich, so dass nach 38 Stunden derselbe bereits über den Äquator des Dotters sich erstreckt (Fig. 15). Die Furchungs- zellen sind deutlich zu bemerken, und liegt der Blastodisk in überall gleich dicker Lage auf dem ellipsoidischen Dotter, der nun rings um den Blastodiskrand eine sanfte Verjüngung zeigt. In der Daraufsicht erscheint in diesem Stadium der Blastodisk fast kreisrund und koncen- trisch zum Dotter (Fig. 16). 2. Die Anlage des Embryo. Bei etwas wärmerer Temperatur des Wassers! schreitet aber die Differenzirung des Blastodisks viel rascher vorwärts. So konnte ich in einer anderen Entwicklungsreihe schon 23'/, Stunden nach der Be- fruchtung, nachdem der Blastodisk bereits über den Äquator gezogen war, die erste Anlage des Embryo, den Embryonalwulst2, sehen (Ew Fig. 17). Der Blastodisk erscheint um diese Zeit in sehr dünner Lage auf dem oberen Dottertheile und bildet nur am Rande eine Verdickung. Die Zugerscheinungen sind daselbst sehr bedeutende, denn man kann am Blastodiskrande eine tiefe Einschnürung des Dotters beobachten. In der Profilansicht bemerkt man nun eine vom Blastodiskrande bis zum oberen Dotterpole reichende Anschwellung des Blastodisks (Zw Fig. 17), die nicht etwa durch stärkeres Wachsthum des letzteren auf jener Seite zu Stande gekommen, sondern die nur als eine Koncentration der Furchungselemente aufzufassen ist. Hierbei muss eine aus- gedehnte Zellenverschiebung des Blastodisks eintreten, bei wel- chem Vorgange selbst, wie man sich an Schnitten überzeugen kann, Dehnungen der einzelnen Furchungszellen stattfinden. 1 Das Wasser in meinen Aquarien hatte 14—14,50 R. 2 Ich bezeichne diese erste Anlage des Embryo nicht als Schwanzknospe (OEL- LACHER), Embryonalschild (Kuprrer), Randknospe (Hıs), da nachweislich die ganze wulstförmige Verdickung des Blastodisks fast gleichzeitig auftritt, und nicht wie bei anderen Knochenfischen vom Blastodiskrande allein aus beginnt. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 619 Sieht man sich den Embryonalwulst von unten an (Fig. 19), so kann man in einem etwas weiter vorgeschrittenen Stadium bemerken, dass derselbe vorn verbreitert ist, nach hinten aber gegen den Blasto- diskrand zu sich verschmälert. Weiter kann man beobachten, dass der Embryonalwulst in einer Vertiefung des Dotters sitzt, gegen welche derselbe kielförmig vorragt (X Fig. 19), wie ja auch Kurrrzr (32) für Gasterosteus und Gobius eingehend beschrieben hat. Ich erwähne, dass das Auftreten des Embryonalwulstes in allen beobachteten Eiern erst dann erfolgte, wann der Blastodisk bereits den Äquator erreicht, oder ihn schon überschritten hat, während nach Kurrrer’s Angabe beim Gasterostei dieselbe bereits erfolgt, bevor die halbe Dotterkugel vom Blastodisk überzogen ist. Es scheinen also bei den verschiedenen Knochenfischen kleine Schwankungen, in Betreff der Zeit des Auftretens des Embryonalwulstes, stattzufinden, wie ich auch selbst an verschie- denen Entwicklungsreihen von Crenilabrus tinca und Crenilabrus pavo beobachten konnte!. Kurrrer (32) beobachtete beim Gasterostei vor Anlage des Embryo- nalwulstes ungefähr zur Zeit, als der Blastodiskrand 45° vom Keimpole absteht, einen Unterschied zwischen den Zellen des Randes und denen der mittleren Region des Blastodisks. Die letzteren flachen sich ab, werden durchsichtig, fügen sich nach Art eines Pflasterepithels in poly- gonal umgrenzten Kontouren an einander, während die Randzellen rund, locker über einander geschichtet bleiben, und, wenn auch nicht Anfangs, so doch später einen geringeren Durchmesser haben. Sehr hald grenzt sich so eine Randzone gegen ein helleres Mittelfeld deutlich ab, es erhält der Blastodisk einen Saum, den Kurrrer Keimsaum (bourrelet blastodermique, L£rEBouLLer) nannte. Derselbe tritt nach Kurprrer nicht allein durch die Gestalt und Besonderheit seiner Zellen hervor, sondern durch eine merkliche, Anfangs ringsum gleiche Wul- stung. Auch der Process der Nachfurchung hört, sobald die Scheidung in Keimsaum und Mittelfeld erfolgt ist, an den abgeplatteten Zellen des letzteren auf, während am Keimsaume die Theilung noch lange anhält. Vom Keimsaume geht nun die Embryonalanlage aus: An einer Stelle beginnt der Saum sich zungenförmig gegen den Pol vorzuschieben, in das helle Mittelfeld hinein, und dieser Fortsatz wächst bis zum Pol vor. Diese Koncentration der Zellen des Blastodisks bezeichnet Kuprrer als Embryonalschild (bandelette embryonnaire, LerEBOULLET). 1 So bemerkte KuprrEer (32) schon bei Gobius niger und minutus eine wesentliche Abweichung vom Gasterostei. Bei den ersteren konnte der Keim- saum erst am Schlusse der Umwachsung des Dotters durch den Blastodisk beob- achtet werden. 620 Joseph Heinrich List, Ich habe diese Beobachtung Kurrrer’s hier ausführlicher wieder- gegeben, da ich an dem so durchsichtigen Labridenei keine Spur einer Sonderung der Zellen des Blastodisks in Keimsaum und helles Mittel- feld beobachten konnte. An den frühesten Stadien (man vgl. Fig. 17 und 20), die ich beob- achtete, konnte ich zwar eine Verdickung des Blastodiskrandes durch- gehends bemerken, aber die Ausbildung des Embryonalwulstes erfolgte nicht ausschließlich vom Blastodiskrande gegen den Pol hin, sondern trat, so viel ich gesehen, fast gleichzeitig in meridionaler Richtung vom Blastodiskrande his gegen den oberen Dotterpol reichend, auf. Es scheinen demnach bei den verschiedenen Knochenfischen wesentliche Differenzen in der Anlage des Embryonalwulstes zu be- stehen. Selbstverständlich wird man diese Eigenthümlichkeiten nur an den vollkommen durchsichtigen pelagischen Eiern konstatiren kön- nen, und es wäre jedenfalls interessant, eine Reihe von Knochenfisch- eiern diesbezüglich zu untersuchen. An etwas vorgeschrittenen Stadien der Anlage des Embryonal- wulstes (25 Stunden nach der Befruchtung, Fig. 18) kann man an demselben eine weitere Differenzirung bemerken. Von dem fast gleich- förmigen Mittel- und Hintertheile hebt sich durch eine seichte Ein- buchtung ein vorderer verdickter Theil, die Kopfanlage, ab, die nach vorn allmählich in den Blastodisk abfällt. An diesen Stadien kann man in der Profilansicht auch bemerken, dass der früher erwähnte Kiel des Embryonalwulstes, welcher im vorderen Theile am schwächsten, im mittleren Rumpftheile aber am stärksten ist, auch am Hintertheile des Wulstes vorhanden ist. Eine Verdickung des Embryonalwulstes an diesem Theile konnte ich um diese Zeit noch nicht beobachten. Die Ausbreitung des Blastodisks über den unteren Dottertheil schreitet nun rasch vorwärts, so dass nach 32 Stunden bereits das Blastotrema (Dotterloch) nicht mehr zu sehen ist, und der ganze Dotter vom Blastodisk eingehüllt erscheint. Die Kopfanlage des Embryonalwulstes liegt am oberen Dotterpole und überschreitet denselben auch nicht, genau so wie auch KuprrEr angegeben. Mit der Ausbreitung des Blastodisks gegen den unteren Dotterpol schreitet die Ausdehnung des Embryonalwulstes meridional mit und kann man um diese Zeit auch beobachten, dass der Hintertheil desselben den Blastodiskrand etwas überragt (Fig. 18). Betrachtet man den Embryonalwulst von unten, so, dass man denselben auch im opti- schen Querschnitte sehen kann (Fig. 19), so fällt einem die äußere flach gewölbte Form desselben auf, während die untere auf dem Dotter Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 621 liegende Fläche etwas stärker gewölbt erscheint. An den Seiten fällt der Embryonalwulst allmählich gegen den Blastodisk ab. So rückt nun der Hintertheil des Embryonalwulstes mit dem Blastodiskrande gegen den unteren Dotterpol, und wenn derselbe den letzteren erreicht hat, so erscheint das Blastotrema nur mehr als kleines von den wulstigen Rändern des Blastodiskrandes umgebenes Loch. Nach kurzer Zeit verschwindet dasselbe, und wird die Stelle des ge- schwundenen Blastotrema durch die hügelartige Vorragung des Blasto- disks bezeichnet (D/ Fig. 21). Die Schließung des Blastotrema erfolgt etwa 30 Stunden nach der Befruchtung. Um diese Zeit kann man eine Anschwellung des Schwanztheiles des Embryonalwulstes beobachten, die namentlich in der Profilansicht deutlich wahrzunehmen ist (Fig. 21). Die Lage des Blastotrema ist bei den einzelnen Knochenfischen durchaus nicht dieselbe. So fand Kurrrer dieselbe beim Gasterostei etwa im unteren Dotterpole !. OELLAcHER (37 b) giebt an, dass das Dotter- loch sich an jener Stelle der Peripherie des Keimes befinde, von wel- cher der Embryo herauswächst, und die ihren Ort nicht verändert hat. Da nach Hıs (23) der Lachsembryo nach Umwachsung des Dotters nur etwa 90° auf der Dotterkugel einnimmt, liegt das Blastotrema ebenfalls in bedeutender Entfernung vom unteren Dotterpole. Beim Hering hin- gegen liegt das Blastotrema wieder in der Nähe des unteren Dotter- poles (34). Aber selbst bei ein und derselben Fischspecies kann man geringe Variationen in der Lage desselben beobachten. Bei Crenilabrus tinca und pavo fand ich dasselbe stets etwas vom unteren Dotterpole entfernt. Was nun die Ausbreitung des Blastodisks über den Dotter betrifft, so ist man heute noch durchaus nicht einig darüber, ob dieselbe gleichmäßig vor sich gehe oder nicht. Während nach Kurrrer beim Stichling (32) und beim Hering (3%) die Umwachsung vom Anbeginn bis nach Überschreitung des Äquators in aliseitig gleichmäßiger Weise vor sich geht, bleibt nach OrLracuer’s (37b) Beobachtungen an der Forelle der eine verdickte Theil der Keim- _ haut (Schwanzknospe) unverändert, fixirt, während der übrige Theil vorrückt. Auch nach Hıs (23, 24) geht die Ausbreitung des außerem- hryonalen Keimhautrandes rascher vor sich, und er weist nochmals be- sonders auf die Ungleichmäßigkeit im Flächenwachsthum des Blasto- disks hin (24). Nach meinen Beobachtungen an verschiedenen Labrideneiern kann 1 €. Vocr (44) bemerkt im Texte nichts über die Lage des »trou vitellaire«, zeichnet aber dasselbe von Coregonus palaea, und zwar außerhalb des Dotterpoles, dem Aquator genähert. 622 Joseph Heinrich List, ich Folgendes mittheilen. Die Ausbreitung des Blastodisks geht ganz gleichmäßig vor sich, bis innerhalb des Blastodiskrandes nur mehr ein ganz geringer Theil des Dotters sichtbar ist. Die Endknospe (Kuprrer) des Embryonalwulstes überragt um diese Zeit etwas den Blastodisk- rand. Nun findet auf dieser Seite ein stärkeres Vorrücken desselben statt, und die Folge davon ist, dass das Blastotrema, das nur wie ein Nadelstich erscheint, den unteren Dotterpol überschreitet und etwas entfernt von demselben zu liegen kommt. Die Endknospe nimmt zu dieser Zeit etwa den unteren Dotterpol ein. Die Ausdehnung des Em- bryo schreitet nun weiter vorwärts, die Endknospe überschreitet den unteren Dotterpol, so dass nach 621/, Stunden (Fig. 24) derselbe schon bedeutend überschritten erscheint. Die Stelle, an welcher der Schluss des Blastotrema erfolgte, kann man noch um diese Zeit deutlich wahr- nehmen, da der den Dotter überziehende Blastodisk daselbst etwas ver- diekt ist und hügelartig prominirt. Das Vorschreiten der Endknospe meridianwärts der Kopfanlage entgegen erfolgt ungefähr so lange, bis Kopfanlage und Endknospe noch mehr als 60° von einander abstehen (Fig. 27), was etwa 10% Stunden nach der Befruchtung der Fall ist. Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass die Embryonalanlage durchaus nicht von zwei Seiten des Blastodiskrandes allein erfolgt, wie dies Hıs (24) nach seinen Untersuchungen am Lachse behauptete. Ich befinde mich diesbezüglich in Übereinstimmung mit Kurrrer (3%), der durch seine Beobachtungen am Herinssei eine Zellenbewegung innerhalb des Randwulstes annimmt, die gegen die Stelle der Em- bryonalanlage gerichtet ist und derselben das Material liefert. Nur kann ich mich nach meinen Befunden an Labriden nicht der Ansicht anschließen, dass die gesammte Embryonalanlage aus dem Blastodisk- rande hervorgeht, sondern, dass auch aus den übrigen Theilen des Blastodisks, ziemlich gleichzeitig, in Folge von Zellenverschiebung, der Embryonalwulst sich bildet, wie ich das schon oben besprochen habe. Aus diesen Beobachtungen kann man nur die auf dem Gebiete der Knochenfischentwicklung schon so oft zur Wahrheit gewordene Lehre empfangen, man möge sich durch die Befunde an einer Species nicht hinreißen lassen, Generalisirungen aufzustellen, denn die Variationen innerhalb der einzelnen Species sind schon manchen noch so kühn und geistreich aufgestellten Normen verhängnisvoll geworden. Wenden wir uns nun zu einer Skizzirung der weiteren Vorgänge innerhalb der Zona pellucida. Der von Kurrrer (32) sogenannte Embryonalsaum erscheint 50 Stunden nach der Befruchtung (Es Fig. 23), zur Zeit, als die Ghorda dorsalis deutlich ausgebildet, und die Segmentirung des Embryo (Auf- Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 623 treten der Urwirbel) vorgeschritten ist, zu beiden Seiten desselben als eine verdickte, wulstartige Bildung, deren Zusammensetzung aus mehr rundlichen Zellen man bei schwacher Vergrößerung beobachten kann. 80 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 26) ist derselbe nur mehr in der mittleren Rumpflage als geringe Zellenanhäufung zu beobachten. Be- trachtet man dies Stadium in der Profilansicht (Fig. 30), so bemerkt man, dass die Zellen des Embryonalsaumes beim Übergange in die Dotter- sackhaut nach oben zu spitz ausgezogen sind (Es) und wie Höckerchen daselbst erscheinen. Um diese Zeit konnte ich in der den Dotter um- gebenden Haut!, welch ersterer ellipsoidische Gestalt mit der durch den Embryo bedingten Verjüngung zeigt, und dessen Längsachse senkrecht zur Medianebene desselben steht, rundlich begrenzte, stark licht- brechende Gebilde (Z) von verschiedener Größe, deren sonst homogener Inhalt mehrere grobe Granula enthält, auftreten sehen. Dem Aussehen nach halte ich sie wohl für Zellen. Die Zahl dieser eigenthümlichen Gebilde redueirt sich bei fortschreitender Entwicklung, so dass 103 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 31) nur mehr eine geringe Anzahl auf den beiden von der Dottersackhaut überdeckten Seiten des Dotters zu sehen ist. An manchen Objekten schien es, als ob die größeren in kleinere zerfallen wären (Fig. 32). 152 Stunden nach der Befruchtung konnten nur mehr wenige auf der dem Kopfe des Embryo zunächst liegenden Dottersackpartie beobachtet werden (Fig. 33). Über die Be- deutung dieser Elemente kann ich kein endgültiges Urtheil abgeben. Wahrscheinlich stehen sie in Zusammenhang mit dem Auftritt des Pig- mentes, worüber weiter unten berichtet werden wird. Die Länge des Embryo nimmt nun rasch zu. Während das Schwanzende desselben 104 Stunden nach der Befruchtung noch etwa 60° vom Vorderende des Kopfes absteht, hat es 130 Stunden p. f. das- selbe bereits erreicht (Fig. 28). 202 Stunden p. f., zur Zeit, als der Embryo bereits lebhafte Bewegungen innerhalb der Zona pellueida aus- führt, hat das Schwanzende schon um 40° den Vordertheil des Kopfes überschritten. Kurze Zeit hierauf (227 Stunden p. I.) verlässt das junge Fischlein bereits die Eihülle. Besieht man um die Zeit, als der Embryo sich bereits bewegt, den Dotter, so bemerkt man (in der Profilansicht des Embryo), dass der- selbe auf der oberen, den Kopftheil tragenden Seite, abgeplattet er- scheint (Fig. 31, 33, 36). An Vorderansichten ergiebt sich (Fig. 35, 37), dass der Dotter, welcher wieder mehr kugelig geworden ist, auf der be- ! Ich konnte leider nicht genau entscheiden, ob diese Gebilde zwischen mitt- lerem und unterem Keimblatte, wie KurrrEr (32) für die Pigment bildenden Zellen angiebt, zu liegen kommen. 624 Joseph Heinrich List, sprochenen Seite eine starke Einbuchtung zeigt. Ist der Embryo aus- geschlüpft, zeigt der Dotter annähernd die Form eines an der Spitze abgerundeten Kegels, dessen Basis an dem Kopftheile liegt, und dessen Längsachse mit derjenigen des Embryo parallel verläuft (Fig. 38, 39). Das Volum des Dotters nimmt an dem jungen, frei gewordenen, Labri- den rasch ab, wobei die stumpfkegelige Form desselben in die spitz- kegelige übergeht. An Embryonen von Crenilabrus pavo, die ich einige Tage nach dem Freiwerden untersuchte, hatte der Dotter nur mehr ein im Verhältnis zur Größe des Embryo geringes Volumen. Die Länge des Dotterkegels betrug etwa die Hälfte derjenigen des Darmes und über- traf um das Dreifache die Basis. An eben ausgeschlüpften Embryonen kann man die bekannte Kopf- beuge sehr schön beobachten (Fig. 38). Erst mit zunehmender Ver- kleinerung des Dotters und Hand in Hand mit der Entwicklung des Herzens hebt sich der Vordertheil des Embryo vom Dotter ab. Was das Ausschlüpfen des Embryo aus der Eihülle betrifft, so hängt die- selbe, bez. die raschere oder mehr verzögerte Entwicklung desselben bekanntlich wesentlich von der Temperatur ab. Die Aquarien, in denen die befruchteten Eier gezogen wurden, befanden sich im Souterrain der zoologischen Station, und hatte das Wasser daselbst konstant eine Temperatur von 11° R. Die ersten Embryonen von Crenilabrus tinca durchbrachen 2261/, Stunden nach der Befruchtung die Zona pellucida. Sie besaßen eine Länge von 2,5 mm. Die ersten Embryonen von Crenilabrus pavo schlüpften 248 Stunden p. f. aus. Die ersten Bewegungen des Embryo von Crenilabrus tinca konnte ich 78 Stunden nach der Befruchtung, nachdem die Herzanlage be- reits deutlich zu sehen war, konstatiren; sie erschienen als schwache Zuckungen. 3 Die Ausbildung des Embryo. Bildung der Augenblasen. Zu der Zeit, als das Blastotrema nur mehr als ein kleines, etwa nadelstichgroßes Loch erscheint (30 Stunden nach der Befruchtung), kann man das Auftreten der Augenblasen (A) bemerken (Fig. 21). Die Embryonalanlage zeigt in diesem Stadium in der Profilansicht einen vorderen verdickten Theil, das Vorderhirn, das sich durch eine sanfte Einsenkung vom Hintertheile abhebt. Rechts und links sieht man ellip- tisch begrenzte Hervorstülpungen, die Augenblasen. Betrachtet man dieselben von oben (Fig. 22), so sieht man, dass dieselben aus dem Vorderhirn selbst hervorgegangen sind. Sie erscheinen nur als ein- A ah ia Zur Entwicklungsgesehichte der Knochenfische (Labriden). I. 625 geschnürte Theile desselben, sind auf der inneren Seite mehr plan, auf der äußeren sehr konvex. Das Vorderhirn konvergirt nach vorn etwa kegelförmig und überragt etwas die beiden Augenblasen. Nach hinten zu setzt sich dasselbe durch eine Verjüngung vom übrigen Em- bryonaltheile ab. Eine weitere Differenzirung kann man vor der Hand nicht bemerken. Etwas Anderes ist aber um diese Zeit, besonders in der Ansicht von oben, sehr schön zu beobachten, nämlich der Em- bryonalsaum (Es). Während nämlich am Achsentheil des Embryo die Verschmelzung der Zellen bereits so weit vorgeschritten ist, dass man dieselben fast nicht mehr beobachten kann, findet man, denselben ge- wissermaßen einrahmend, eine Lage aus deutlichen, locker an einander gefügten Zellen bestehend (Z£s), die sich auch von der Dottersack- haut deutlich abgrenzen. Der Embryonalsaum, eine sehr passende Bezeichnung, ist längs des sich ausbildenden Embryo zu beobachten. Die Augenblasen, die im ersten Stadium ihrer Entstehung ellipti- schen Umriss zeigen, ändern in der Folge, aber nur vorübergehend, etwas ihre Form. So konnte ich zur Zeit, als bereits fünf Urwirbel sichtbar waren (Fig. 24), eine Verjüngung derselben nach vorn zu be- merken, die selbst beim Auftritt der Analblase (80 Stunden nach der Befruchtung) noch zu sehen war (Fig. 25). Es scheinen also um diese Zeit noch wesentliche Dehnungen im Vordertheile des Embryo vor sich zu gehen. Später erscheinen die Augenblasen wieder elliptisch be- grenzt. KuPFFEr spricht von einer Abschnürung der Augen, wobei die- selben nur durch einen schmalen Stiel mit dem Hirn verbunden blei- ben. Einen solchen Augenstiel, wie ihn derselbe Forscher von Gobius beschreibt, konnte ich nicht beobachten. | Das Auftreten der Linse leitet sich ein durch einen von unten in den Augenblasen auftretenden Spalt (Fig. 28, 29, 30), der sich mul- denförmig erweitert. Bevor aber dieser Spalt noch bemerkt werden kann, beobachtet man bereits eine kreisförmige Verdickung im Horn- blatte des Embryo (Fig. 27), etwa 10% Stunden nach der Befruchtung !. Zwischen der gebildeten Linse und der etwa halbkugeligen Vertiefung kann man, namentlich in späteren Stadien, einen spaltartigen Raum bemerken. Etwa 182 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 35) zeigt die Linse von oben betrachtet elliptischen Umriss und erscheint vom äuße- ren Blatte (Hornblatte) deutlich abgegrenzt. Das erste Auftreten des Pigmentes auf den Augenblasen konnte ich in der Weise beobachten, dass zur Zeit, als auch auf der Dotter- sackhaut und auf der übrigen Oberfläche des Embryo die ersten Pig- ! Die ersten Anzeichen der Linsenbildung konnte ich übrigens schon 70 Stun- den nach der Befruchtung konstatiren. 626 Joseph Heinrich List, mentzellen zu sehen sind (182 Stunden nach der Befruchtung, Fig. 35), bräunliche, schimmernde, plättehenartige Körperchen auf der Oberfläche sichtbar werden. Bei Grenilabrus pavo hingegen treten auf den Augen- blasen prachtvoll blau, in verschiedenen Nuancen schillernde, neben gelben, Plättchen auf. Die Linse wird später fast kugelig (Fig. 32, 37) und ragt nur mit einem kleinen Segmente aus der Höhlung der Augen- blase heraus. Um diese Zeit hat sie sich vollkommen vom Hornblatte abgetrennt, und man kann in der Daraufsicht deutlich eine doppelt kontourirte Lamelle, das erwähnte Hornblatt, darüber hinwegziehen sehen (Fig. 37). Auftreten der Gehörblasen. 49 Stunden nach der Befruchtung, zur Zeit, als bereits die Anlage des Herzens sichtbar ist, sind bereits die Gehörblasen aufgetreten, die an der Grenze des ersten Drittels des Embryo zu beiden Seiten dessel- ben liegen. Sie entstehen bekanntlich aus Einstülpungen des Ekto- derms, die sich später abschnüren, und erscheinen dann als ellip- soidische Bläschen, deren Wand aus einer einschichtigen Lage von eylindrischen Zellen besteht, deren Kontouren bei sehr schwacher Ver- srößerung bereits bemerkt werden können. In der Blase sind zwei Otolithen zu beobachten, welche in der Längsachse derselben, dem vor- deren und hinteren Ende der Blase genähert, liegen. Mit der Verlänge- rung und weiteren Ausbildung des Embryo kommt die Blase weiter nach vorn zu stehen, so dass sie um die 80. Stunde bereits am Ende des ersten Viertels desselben liegt (Gh Fig. 30). Sie vergrößert sich etwas, wobei die sie bildende Wand sich verdünnt. Eben so nehmen auch die Otolithen an Größe zu. 208 Stunden nach der Befruchtung, zur Zeit, als der Embryo schon lebhafte Bewegungen innerhalb der Zona pellueida ausführt, liegen die Gehörblasen hinter den Augen, denselben sehr genähert (Fig. 37). Sie stehen etwa um ihre eigene Länge von denselben ab und liegen mit ihrer inneren Fläche um das- selbe von der Medianebene des Embryo entfernt, wie die innere Wand der Augenblasen. Mit der Vergrößerung der Blase gehen Differenzirungen im Inne- ren derselben Hand in Hand. Schon am 11. Tage kann man Wuche- rungen innerhalb derselben auftreten sehen, und am 14. Tage nach der Befruchtung, zur Zeit, als der Embryo (Crenilabrus pavo) bereits die Eihülle verlassen, konnte ich in der Blase die Anlage des Labyrinthes und zweier Bogengänge mit voller Deutlichkeit bemerken. Die Blase selbst macht dann auch verschiedene Formgestaltungen durch, auf die hier näher einzugehen mir nicht möglich ist. a Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 627 Centralnervensystem. Die Anlage desselben! ist morphologisch bereits zur Zeit bemerk- bar, wann der Endtheil des Embryonalwulstes noch etwa 30° vom Dotterpole absteht. In der Profilansicht erscheint sie als eine Ver- diekung, die sich durch eine seichte Furche vom übrigen Rumpftheile abgrenzt. Erst zur Zeit des Auftrittes der Augenblasen differenzirt sich dieser Gehirnabschnitt deutlicher (Fig. 21). Betrachtet man in diesem Stadium denselben von oben (Fig. 22), so erscheint derselbe nach vorn konisch verjüngt und nur um ein sehr kurzes Stück die Augenblasen überragend, nach hinten aber, nach einer Anschwellung, durch eine sanfte Verjüngung vom übrigen Rumpftheile abgegrenzt. 130 Stunden p. f. kann man die Differenzirung in Vorder-, Mittel-, Hinter- und Nachhirn (man vgl. Vh, Mh, Hh, Nh Fig. 28) deutlich be- merken. Das Vorderhirn setzt sich durch eine seichte Einbuchtung von dem bedeutend überwiegenden Mittelhirn ab, welches um diese Zeit eine in der Aufsicht rhombisch erscheinende Höhlung zeigt. Das Hinter- hirn, welches als differenzirtes Stück des Mittelhirnes erscheint, ist durch die Fossa rhomboidalis, die in der Profilansicht deutlich zu beob- achten ist, von dem Nachhirne, das allmählich in die Rumpfanlage übergeht, getrennt. An Profilansichten bemerkt man die Überbrückung der Furche durch das Hornblatt des Embryo. Betrachtet man dies Sta- dium in der Ansicht von oben (Fig. 29), so bemerkt man die erwähnte rhomboidale Grube im Vordertheile des Mittelhirnes und die bedeutend entwickelte Fossa rhomboidalis zwischen Hinter- und Nachhirn. Erst in späteren Stadien (man vgl. Fig. 30 und 36) differenzirt sich das Hinterhirn durch eine in der Profilansicht deutliche Furche vom Mittel- hirne. Beobachtet man um diese Zeit (Fig. 32) den Kopftheil des Em- bryo von oben, so sieht man, dass sich Vorder- und Mittelhirn ähnlich wie Hinter- und Nachhirn verhalten. In der Medianebene des Embryo verläuft die Medullarfurche, welche sich an der Grenze des Vorder- und Mittelhirnes zur erwähnten rhomboidalen Grube, zwischen Hinter- und Nachhirn zur Fossa rhomboidalis erweitert. Hinterhirn und Mittel- hirn sind durch eine starke Einschnürung beiderseits von einander deutlich abgegrenzt. Im weiteren Verlaufe der erwähnten Entwicklung (Fig. 37) diffe- renziren sich die vier Hirntheile nach Auftritt der medianen Furche, die vom Hornblatte überbrückt wird, deutlich bilateral symmetrisch. ! Der hier als Centralnervensystem bezeichnete Theil enthält Vorder-, Mittel- undZwischenhirn, wie die spätere Differenzirung ergiebt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 4A Dw 623 Joseph Heinrich List, Die Gehörblasen liegen um diese Zeit an den vorderen Seiten des Nach- hirnes. Das Auftreten der Rückenfurche erfolgt bei den Labriden ähn- lich, wie dies Kuprrer (32) für eine Reihe von Fischen beschrieb. Auch konnte ich beobachten, dass sich das Hornblatt zuerst am Vorderhirn und dann nach hinten vorschreitend sich auch von der Medullarfurche abhebt, um dieselbe als dünnes Häutchen zu überbrücken, genau so wie Kurrrer dies angiebt. Nach Kurrrer (32) zeigen sich die Riechgruben bei Gasterosteus und Spinachia als konvexe Verdickungen der Innenfläche des Horn- hlattes zu beiden Seiten des als kurzer Schnabel die Augen nach vorn überragenden Hirnendes. | Bei den Labriden konnte ich die Riechgruben verhältnismäßig früh auftreten sehen. Zur Zeit, als sich das Hornblatt vom Vorderhirn etwas losgelöst und die Linsenbildung bereits begonnen hat, also etwa 130 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 28), kann man beiderseits vor den Augenblasen Einbuchtungen (Ag) bemerken, die Riechgruben. Sie erscheinen als schwache Höhlungen zwischen dem Vordertheile der Augenblasen und dem Vorderhirn (man vgl. Fig. 29) und nehmen mit fortschreitender Entwicklung rasch an Größe zu. Sie grenzen sich hierbei auch deutlicher vom Vorderhirne ab. Ghorda und Urwirbel. Wie oben erwähnt, konnte ich die ersten Urwirbel bereits 32 Stun- den p. f. (bei Grenilabrus tinca), und zwar ihrer drei bemerken. Sie waren im mittleren Theile des Embryo zuerst zu sehen, und ihre Aus- bildung schritt gegen das Ende desselben fort, so dass die Segmen- tirung 78 Stunden nach der Befruchtung fast bis an das Schwanzende vorgerückt war (Fig. 25), nur den etwas angeschwollenen Theil da- selbst frei lassend. Erst viel später treten Urwirbel auch im vorderen Embryonaltheile auf. | Eine deutliche Anlage der Chorda konnte ich erst 130 Stunden nach der Befruchtung beobachten (Ch Fig. 28). Der Schwanztheil des Embryo hatte sich um diese Zeit bereits von der Dottersackhaut ge- trennt. Die Chorda erschien als ein axialer Strang, in der Profilan- sicht fast bis zu den Augenblasen reichend und bis gegen das Schwanz- ende nachweisbar, dem Dotter bedeutend näher als der Oberseite des Embryo selbst. Erst 158 Stunden p. f. konnte ich die ersten Zellen in dem Strange mit Deutlichkeit beobachten. An Eiern von Crenilabrus pavo (Fig. 26) konnte ich 80 Stunden p. f. von der Rückenseite die Chorda bemerken. Sie erschien den Ur- Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 629 wirbeln entsprechend segmentirt, jedes Segment rechts und links eine Konkavität zeigend. Von dieser Seite betrachtet erschien die ganze Chorda in zur Längsachse senkrecht stehenden, zu einander parallelen Streifen getheilt. In der Profilansicht (Fig. 30) ergab sich aber die Zu- sammensetzung derselben aus zartwandigen, zum Theil polygonalen Zellen. Ich knüpfe hier die Beschreibung Kuprrer’s (34) über die Differen- zirung der Chorda beim Heringe an, weil ich bei den Labriden Vor- gänge beobachten konnte, die mit den von dem genannten Forscher Geschilderten einige Ähnlichkeit besitzen. Kurprrer sagt Folgendes: »Ursprünglich besteht sie (Chorda dorsalis) aus rundlich polygonalen Zellen, von denen drei bis vier auf den Querschnitt kommen, aber sehr bald schon und noch im Laufe des dritten Tages platten sich diese Zellen in der Richtung der Achse in zunehmendem Maße ab und sind nun geldrollenartig an einander gereiht. Der Strang der Chorda er- scheint dann fein quergestreift, als ob dieselbe aus einer einfachen Reihe dünner Scheiben bestünde. Die Untersuchung bei starker Ver- erößerung lehrt aber, dass die einzelnen Zellen nicht regelmäßige Scheiben sind, sondern meist nach einer Seite hin keilförmig zugeschärft sich zeigen. Der Durchmesser der einzelnen Zelle ist etwas geringer, als der der ganzen Chorda, und indem nun diese scheibenförmigen Keile alternirend nach der einen und anderen Seite ihre Schneide kehren, setzen sie den cylindrischen Strang als geschichtete Säule zu- sammen. Man darf dabei nicht an ein ganz regelmäßiges Alterniren und an durchgängig gleichartige Form der Zellen denken, einige sind auch leicht bikonvex, andere bikonkav, aber im Allgemeinen entspricht diese Darstellung den thatsächlichen Verhältnissen. Am vierten Tage tritt in dieser geschichteten Säule eine bemerkenswerthe Neubildung auf, zu- nächst in der Mitte derselben erscheinend und stetig gegen beide En- den vorrückend. Es erscheinen in punktförmigen Anfängen und langsam sich vergrößernd Querreihen von stark lichtbrechenden Körnchen. Diese Reihen von Körnchen treten in Abständen auf, die beträchtlich den Dickendurchmesser einer scheibenförmigen Zelle übertreffen, aber ge- ringer sind, als die Ausdehnung eines Urwirbels beträgt, so dass auf einer bestimmten Strecke sich mehr dieser Körnchenreihen als Urwirbel finden. Die Körnchen einer Reihe konfluiren unter einander und stellen stark lichtbrechende Scheiben dar, die in annähernd gleichen Abstän- den die Zellensäule der Chorda unterbrechen. Aber dabei bleibt es nicht. Diese Scheiben verdicken sich in der Achsenrichtung, werden bikonvex, ellipsoidisch, die benachbarten berühren sich mit ihren Scheiteln und weiter wachsend werden aus den Ellipsoiden eylindrische AA* 630 Joseph Heinrich List, Stücke. Ist der Process vollendet, so besteht die Chorda aus einer ein- fachen Reihe mit ihren Endflächen regelmäßig an einander gefügter hyaliner Segmente. Von der Mitte der Chorda an, gegen beide Enden hin, hat man am vierten und am Anfange des fünften Tages alle verschiedenen Sta- dien des Processes in successiver Aufeinanderfolge vor Augen. Jedes eylindrische Segment hat eine dünne Membran für sich, wodurch es von den benachbarten geschieden wird, über die ganze Säule aber er- streckt sich noch eine homogene Scheide, an welcher ich durchaus keine Kerne entdecken kann. Die einzelnen hyalinen eylindri- schen Segmente enthalten je einen kugeligen Kern, der stets excentrisch gelegen ist und ein Kernkörperchen zeigt, das amöboide Bewegungen wahrnehmen lässt, bald sternför- mig in Fäden ausstrahlt, bald rund erscheint.« Bei den Labriden konnte ich schon sehr früh eigenthümliche Diffe- renzirungen der Chorda bemerken, die mit den von Kuprrer geschil- derten Vorgängen große Ähnlichkeit zeigen. Schon etwa 50 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 23) konnte ich bei Dorsalansichten der Chorda bei Crenilabrus pavo dieselbe in zur Längsachse senkrechten, parallelen Streifen, die in einem etwas späteren Stadium (Fig. 26) noch deutlicher zu beobachten sind, getheilt sehen, die den Anschein geben, als ob die Chorda aus zu ihrer Längsachse senkrecht stehenden Lamel- len bestünde. Betrachtet man aber Embryonen in der Profilansicht (Fig. 30), so kann man beobachten, dass besonders in der mittleren Gezend des Embryo die Chorda aus einer anscheinend homogenen Masse besteht, in welcher vacuolenartig hellere, in der Profilansicht ovale, in zwei oder drei alternirenden Reihen stehende, Gebilde einge- schlossen waren, die dem Ganzen ein einem hyalinen Knorpel nicht unähnliches Aussehen verliehen. Im vorderen und hinteren Theile des Embryo bestand die Chorda aus den erwähnten zartwandigen polygo- nalen Zellen. In späteren Stadien, etwa 152 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 33), hatte die Chorda in ihrer gesammten Länge den eben besprochenen Bau. Dies scheint aber nur ein Übergangsstadium zu sein, denn in der späteren Entwicklung konnte ich die Chorda nur aus polygona- len großen in zwei oder drei Reihen über einander liegenden Zellen bestehend beobachten, ein Verhältnis, welches besonders an den aus- geschlüpften außerordentlich durchsichtigen Embryonen von Crenila- brus pavo deutlich zu sehen ist (Fig. 39). Wie sich die Chorda später differenzirt, konnte ich nicht weiter verfolgen. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 631 Die Chordascheide ist bereits sehr früh bemerkbar. 152 Stun- den nach der Befruchtung erscheint dieselbe als eine die Chordazellen umgebende, stark lichtbrechende, diekwandige Röhre, in welcher ich, eben so wie KUPFFER, keine Kerne beobachten konnte (man vgl. Fig. 40, 41, 43, 4%). Die Anlage des Herzens. 49 Stunden nach der Befruchtung konnte ich bei Crenilabrus tinca die Anlage des Herzbeutels als eine blasenartige unterhalb der Gehör- hlase auf dem Dotter liegende Erweiterung beobachten. Die Bildung des Herzens innerhalb des Perikards konnte ich leider nicht genau ver- folgen. Das Herz selbst erschien als ein nach vorn (gegen die Schädel- anlage) offener Sack, dessen Pulsationen bereits 95 Stunden p. f. zu beobachten waren. Ich zählte 50 Kontraktionen in der Minute. Auch Blutkörperchen waren um diese Zeit bereits im Inneren nachweisbar. An später untersuchten Embryonen (man vgl. Fig. 35) Konnte ich in der Vorderansicht deutlich die linksseitige Lage des Herzens (A) beobachten. An ausgeschlüpften Embryonen von Crenilabrus pavo (248 Stun- den nach der Befruchtung) sah ich bereits deutlich die Anlage des Bulbus arteriosus, der sich durch eine Einschnürung vom Ventrikel ab- grenzte (Fig. 39). Der Bulbus arteriosus bildet sich immer weiter aus und ist bereits am 14. Tage als eine blasenartige Anschwellung, die sich durch eine starke Verjüngung vom Ventrikel trennt, und die sich nach vorn in die Aorta ascendens fortsetzt, zu sehen. KuPFFER (32) giebt an, dass die Bildung des Herzens beim Stichling durch eine Wucherung derZellen deroberenPerikardwand sich vollziehe und nach vollzogener Trennung in den Perikardialraum sinke. Dieser Anschauung könnte man vielleicht theilweise beipflichten, wenngleich derselben die neuesten Beobachtungen WEncKEBACH'S (46) durchaus nicht günstig sind. An ausgeschlüpften Embryonen bemerkt man (Fig. 39), dass die hintere Perikardialwand (Pı«) mit eigenthüm- lichen in den Perikardraum reichenden spitzen Höckerchen versehen ist. Wenn man nun die Wand des Herzens betrachtet, so fällt einem sofort auf, dass sich dieselbe durch eine Abtrennung von der Peri- kardialwand gebildet haben könnte, und ich wäre desshalb nicht ab- geneigt anzunehmen, dass nicht nur die obere Perikardwand, wie dies Kuprrer bereits nachgewiesen, sondern auch die hintere durch Wuche- rung die Wand des Herzens bildet, wenngleich ich über die Herkunft der Perikardzellen selbst nichts aussagen kann. Ferner kann man an solchen Embryonen sehen, dass die Ventrikel- 632 Joseph Heinrich List, wand durch eine Lamelle, welche mit dem Hornblatte in elle steht, wie gestützt erscheint. Was das Blutgefäßsystem betrifft, so erwähne ich hier nur, dass man 14 Tage nach der Befruchtung an den Embryonen von Creni- labrus pavo eine Aorta abdominalis und eine Vena cava, in welchen sich spärliche, ovale und senkrecht zur Gefäßwand stehende Blut- körperchen bewegen, unterscheiden kann. Bildung des Pigmentes. Zur Zeit, als die ersten Pulsationen des Herzens konstatirt werden können, treten in der Dottersackhaut die ersten Pigmentzellen auf. Grenilabrus tinca ist bei Weitem nicht ein so treffliches Objekt wie Crenilabrus pavo, und basirt die nachfolgende Schilderung wohl haupt- sächlich auf Beobachtungen an letzterer Labridenspecies. Nach Auserr (%) entstehen die Pigmentzellen am Hechtembryo un- gefähr zur Zeit der Herzbildung aus kleinen runden, stark lichtbrechen- den, kernähnlichen Körperchen, und sind diese selbst in der Substanz der Bauchplatten gelagert. Nach Kurrrer (32), der in der Hauptsache mit Auserrt (4) übereinstimmt, entstehen die Pigmentzellen aus den von letzterem Forscher beschriebenen, zwischen mittleren und dritten Blatte liegenden Körperchen. Dieselben sind Anfangs gleichmäßig rund, dann fangen die einen an kleine Spitzen zu treiben, platten sich dabei etwas ab, werden allmählich sternförmig, verlieren den Glanz, lassen ihre Kerne dann hervortreten und entwickeln noch vor dem Aus- schlüpfen Pigment. Über die Herkunft dieser das Pigment bildenden Körperchen giebt KuprrEer von Spinachia und Gasterosteus eine interessante Schilderung. »Von den länglichen Zellen des Keimsaumes geht eine Vegetation aus, die durch unvollständige Theilung reihenweis geordnete Glieder vor- schiebt, ein Knospungsprocess, durch den, wie bei Algen und Pilzen, aus einer Zelle einfache, oder selbst verästelte Reihen entstehen. Hat das Gebilde eine gewisse Länge erreicht, so lösen sich die Glieder von einander und es bleiben nun die gelösten Zellen zurück: aber auch diese müssen sich noch weiter bewegen, denn wenige Stunden nach dem Schluss des Dotterloches ist die Vertheilung über die Dotterfläche gleichmäßig erfolgt und es ist an der Stelle des Schwanzpoles nichts mehr von einer Anhäufung zu bemerken. Auch von einzelnen Zellen des Embryonalsaumes aus gewahrt man durch Knospung gegliederte Reihen sich bilden, aber seltener, die Reihen sind kürzer, erzeugen nur drei bis vier Glieder.« Mi Nach einem neueren Beobachter, WenckesachH (46), bilden sich die Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 633 Pigmentzellen bei einer Reihe von Knochenfischen (Belone etc.) in der Weise, dass die Zellen des Embryonalsaumes auf dem Dotter herum- wandern und sich dann in Pigmentzellen umwandeln. Bei den Labriden tritt verhältnismäßig spät Pigment auf. Schon oben habe ich das Auftreten eigenthümlicher Gebilde auf den bei- den vom Embryo freien Seiten in der Dottersackhaut erwähnt. Bei Crenilabrus tinea bemerkte ich dieselben 130 Stunden (Fig. 28), bei Crenilabrus pavo bereits 80 Stunden (Z Fig. 30) nach der Befruchtung. Bei ersterer Labridenspecies beobachtete ich 182 Stunden p. f. (Fig. 35) in dem unteren Theile der Dottersackhaut! annähernd gleich große, rundliche, stark lichtbrechende Körperchen. In manchen dieser Gebilde konnte ich schwarze Pigmentkörnchen auftreten sehen. Fast gleich- zeitig. mit dem Auftreten von Pigment in der Dottersackhaut konnte ich auch in der Rumpf- und Schwanzregion des Embryo Pigment beob- achten. Schon 202 Stunden p. f. (Fig. 36) bemerkte ich, dass das Pigment in den besprochenen Gebilden bedeutend zugenommen hat. Manche dieser Körperchen waren bereits mit ästigen Fortsätzen ver- sehen, ließen einen Kern sichtbar werden — kurz, die ursprünglich rundlichen, liehtbrechenden Gebilde, waren zu Pigmentzellen um- gewandelt worden. Um diese Zeit konnte ich in anderen gelbes Pig- ment auftreten sehen, und auch diese nun so modifieirten, Pigment führenden, Körperchen verwandelten sich kurze Zeit nachher in ästige Pigmentzellen. An eben ausgeschlüpften Embryonen (Fig. 38) bemerkt man nun prachtvoll ausgebildete Pigment führende Zellen, von denen die einen chromgelbes, die anderen stahlblaues Pigment? enthalten. In beiden Zellenarten sind die Kerne mit voller Deutlichkeit zu beobach- ten. Das Pigment selbst ist in Form feiner Granula in den Zellen ver- theilt. | Betrachtet man Embryonen von Crenilabrus pavo 80 Stunden nach der Befruchtung (Fig. 26), so bemerkt man auf dem hellen Dotter rund- liche Gebilde auftreten, die verschiedene Größe besitzen, und die im Inhalte auch mehrere grobe Granula führen. Sie liegen nicht auf dem Dotter, wie es bei flüchtiger Betrachtung erscheinen könnte, sondern in den unteren Schichten der Dottersackhaut. Betrachtet man nun den- selben Embryo etwas später, etwa 103 Stunden p. £. (Fig. 31), so be- merkt man eine auffallende Verminderung dieser Gebilde, kann dafür ! Mir war leider unmöglich, eine Trennung in Keimblätter an der Dottersack- haut am lebenden Objekte wegen der gleichen Lichtbrechungsverhältnisse wahrzu- nehmen, und eine Anfertigung von Schnitten war mir bisher nicht möglich. ? In jüngeren Stadien sieht das später Baehbrol) dunkelblau erscheinende Pig- ment fast schwarz aus. 654 Joseph Heinrich List, aber bereits ästige Pigmentzellen sowohl in der Dottersackhaut als auch im Rumpf- und Schwanztheile des Embryo sehen. Die Bildung von Pigmentzellen nimmt nun äußerst rasch zu (man vgl. Fig. 33), so dass etwa 152 Stunden p. f. in der Dottersackhaut und auf dem Embryo sich eine große Anzahl gelber und blauer Pigmentzellen vorfindet. So viel ich an meinen Objekten sehen konnte, scheint mir die An- sicht WENCKEBACH’S, dass die sich zu Pigmentzellen umwandelnden Ge- bilde vom Embryonalsaume stammen, auch für die Labriden zu gelten. Namentlich bei Crenilabrus pavo sah ich deutlich eine größere Ansammlung der besprochenen Zellen am Embryonalsaume, die sich dann später über die Dottersackhaut verbreiteten. Ich habe diesen Vorgang der Pigmentzellenbildung bei Crenilabrus pavo speciell wiedergegeben, weil die Embryonen dieser Labriden- species des hellen Dotters halber gerade für das Studium des Auf- tretens des Pigmentes ein vorzügliches Beobachtungsobjekt bilden. Zweifellos wandern nun die in der Dottersackhaut in großer Menge gebildeten Pigmentzellen auf den Embryo über, wie man sich an aus- geschlüpften Fischlein überzeugen kann. Die Bewegungen der Pig- mentzellen konnte ich häufig beobachten. So ist also die Dottersackhaut bez. der Embryonalsaum die Hauptlieferstation für das Pigment. Ob in den übrigen Theilen des Embryo sich ebenfalls Pigment bildet, konnte ich nicht entscheiden. Die Analblase und die Bildung des Darmes!. C. Kuprrer (33) hat das Verdienst, auf die als Analblase bezeich- nete Bildung bei Teleostiern zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben. Nach diesem Forscher tritt bei Gasterosteus aculeatus und Gobius minutus, bevor das Blastotrema geschlossen ist, am hinteren Theile des Embryo in der Achse desselben eine blasenförmige Bildung auf, die bedeutend wächst und von der Chorda später gegen den Dotter ge- drückt wird. Die Blase selbst war von einem Epithel umgeben. Innerhalb des dritten Tages erweitert sich die Blase, die nun von Kurrrer als Allantois gedeutet wird, nach vorn birnförmig, und konnte nun auch ein fadenförmiger, zwischen Chorda und Dotter nach vorn ziehender Strang beobachtet werden, welcher mit der Analblase in Verbindung stand. Später konnte Kuprrer die Verhältnisse nicht mehr genauer ver- folgen, da Zellen um die Analblase auftraten und dieselbe verdeckten. 1 Dies Kapitel gedenke ich später, wenn mir neues Material zur Verfügung steht, in einer besonderen Arbeit ausführlicher zu behandeln. Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 635 Die Analblase wird nun nach Kurrrer zur Harnblase, in dem fadenförmigen Strange sieht derselbe die erste Anlage der Niere, und die Blase soll sich dann durch einen kurzen Kanal nach außen öffnen. Nach Kurrrer besteht: 1) Nicht der Ureter ist das primär auftretende Organ, wie Vor (44) angegeben, an dem eine Erweiterung erscheint, sondern die Allantois, die als abgeschlossene Blase selbständig erscheint. Ihr Anfang zeigt sich weit früher, ehe eine wahrnehmbare Zellenschicht den Beginn der Entwicklung des Darmes einleitet. Von dieser Allantois aus entwickelt sich ein Strang nach vorn, an der Bauchseite der Chorda, der Ureter, oder wie ich denselben be- zeichnen möchte, der Urnierengang. 2) Die Harnblase ist nicht eine besondere, nachträglich auftretende Bildung, sondern der Rest der Allantois, die ihre sphärische Form ein- büßt, sobald sie sich mit der Entstehung der kurzen Harnröhre nach außen öffnet. A. Rosengerg (50) wendete sich auf Grund seiner Untersuchungen an Hechtembryonen gegen die Kurrrer’'sche Deutung. An Embryonen von 1,5—2 mm konnte derselbe die beiden Urnierengänge zu einem unpaaren Kanal sich vereinigen sehen, der eine Erweiterung, die Harnblase, besaß, die sich einfach durch Erweiterung des unpaaren Stückes, wie bereits Ratake (40) angab, bildete. In seiner späteren Arbeit (32) kommt Kuprrer nochmals auf die von ihm früher als Allantois bezeichnete Bildung zu sprechen. Er stimmt RosenBeErG in Betreff der beiden Urnierengänge zu. Ob aber die Blase als rudimentäre Allantois oder als isolirt sich bildende Harnblase auf- zufassen ist, das könne noch nicht entschieden werden. Die besprochene, von Kurrrer zuerst gesehene, Bildung wurde später von anderen Forschern bei verschiedenen Knochenfischen ge- sehen, ohne dass man über ihre Bedeutung ins Klare kommen konnte. So beobachtete dieselbe CH. van Baugeke£ (9) bei Leueiscus rutilus. Beim Heringe tritt nach Kurrrer (34) die Analblase zur Zeit auf, wann die Rückenfurche ihre stärkste Entwicklung hat; sie ist noch flach und von dem Randwulste verdeckt. Am freiesten ist sie am dritten Tage zu sehen, wo sie fast ganz außerhalb des Embryo liegt und sich gegen den Dotter vordrängt. Eine einfache Wand von cylindrischen Zellen umschließt sie, der Inhalt ist eine klare Flüssigkeit, in der beim Heringe nie Konkretionen bemerkt werden konnten. Die Flüssigkeit ist schwä- cher lichtbrechend als der Dotter. Die Cylinderzellen der Wand haben deutliche Kerne. Über die Deutung spricht sich Kuprrer auch hier nicht bestimmt aus, und er wirft die Frage auf, ob es sich nicht viel- 636 | Joseph Heinrich List, leicht um ein primordiales Sekretionsorgan handle, welches verschwin- det, nachdem sich die Urnierengänge gebildet. In einer späteren Mittheilung (48) bespricht Kurprrer die Bildung der Analblase am Hechtei und kommt zum Schlusse, dass die von ihm als Allantois aufgefasste Bildung als Urentoderm der Knochen- fische zu betrachten sei, und betheiligt sich dasselbe in keiner Weise an der Bildung des Darmes. Das Darmepithel entsteht vielmehr aus einer Zellenlage, deren Elemente außerhalb des in Furchung begriffenen Keimes im Rindenprotoplasma des Dotters nach dem Typus freier Zellenbildung entstehen und nachträglich vom Blasto- derm überwuchert werden. Hennesuy (20) beobachtete an Forelleneiern zur Zeit, als der Blasto- disk etwas mehr als die Hälfte des Dotters überzogen hat, am hinteren Ende des Embryo eine schmale, von eylindrischen Zellen umgrenzte Blase, die er mit dem von Kurrrzr beschriebenen und als Allantois ge- deuteten Organe identifieirt. Bei der Forelle ragt die Blase nicht wie beim Stichlinge gegen den Dotter vor, sondern die konvexe Seite liegt im Embryo, während die flache Seite derselben auf den Parablast zu liegen kommt. Hennesuv! sieht mit Barrour und Rauger die Analblase als Homologon des Urdarmes der Cyclostomen und Batrachier an. Horrmann (26) beobachtete die Analblase bei einer Reihe von Knochenfischen, unter Anderen auch bei Crenilabrus, ohne darüber Näheres mittheilen zu können. A. Acassız und C. O. Warrman (3) bemerken Folgendes über die Analblase [nach CunsincHam (14)]: »Obgleich wir die ganze Entstehung der Kuprrer’ schen Blase an einigen Eispecies verfolgen konnten, blieb uns seine Bedeutung doch ein volles Räthsel. KınssLey und Conn? waren die Ersten, die eine zu- treffende Schilderung? des Ursprunges der Blase gegeben haben, unterrichteten uns aber nicht über ihre spätere Geschichte und gaben keine Details über Ursprung und Größe. Sie haben festgestellt, dass die Blase durch eine Verschmelzung oder ein Zusammenfließen eines Haufens von Granula entstünde. Diese Granula sind Anfangs wenig zahlreich (zwei bis vier) mehr oder weniger eckig, ganz dunkel und messen nur 0,002 mm im Durchmesser. Bei ! Henneeuy führt allerdings Barsıanı als den Urheber dieses seines Schlusses an. ? KıngsLey und Cons (29) beobachteten die Analblase bei Ctenolabrus. Über ihre Bedeutung sprechen sie sich nicht besonders aus, doch scheint ihnen BALFour’S Ansicht sehr wahrscheinlich. 3 Dies Lob wird von CusnsınGHan |. c. allerdings eingeschränkt (man vgl. die An- merkung aufp. 3 und 4 1. c.). 124 fer Be er N “2 2 BET D= iu 2 ; ur u, NE TB nn > RT EETEEEIY N ne Be BZ Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). 1. 637 Totalansichten sind sie von den in den übrigen Theilen des Eies zer- streuten Granula nicht zu unterscheiden. Bei Gtenolabrus erscheinen sie bald, nachdem der Embryonalsaum den Äquator überschreitet. Sie werden zahlreicher und größer, verschmelzen allmählich und fließen endlich in eine einzige, wasserblasenähnliche Blase im Laufe von fünf Stunden zusammen. Diese Blase, 0,01 mm im Durchmesser oder mehr, vergrößert ihren Durchmesser in den nächsten 1!/, Stunden um mehr als das Doppelte, und indem sie sich weiter ausdehnt, erreicht sie ihr Maximum zur Zeit des Blastoporusschlusses. Während dieser Zeit liegt sie unter der Chorda und der Entodermlage und steht in keiner Be- ziehung zu einer Art Schlauchbildung. Da der Verdauungskanal noch nicht existirt, ist es schwer zu begreifen, wie diese Blase das Homolo- gon einer Erweiterung sein kann, welche innerhalb desselben auftritt und nicht irgend eine Art Bildung außerhalb des postanalen Darmes hat. Ventral- und seitwärts ist die Blase von Periblastmaterial be- grenzt, aber sie hat keine Zellenwand im strengen Sinne des Wortes.« Nach dem Referate CGunnin6eHams, das mir nur allein zu Gebote steht, denken sich die beiden Autoren den weiteren Entwicklungsgang der Blase in der Weise, dass der Hypoblast sich über derselben aus- höhlt, um eine längliche Furche zu bilden, welche bis nach Bildung eines geschlossenen Kanales, des Darmlumens, die Depression im Peri- blaste, welcher während des Processes verschwindet, vertieft. So viel ich aus dem Referate selbst entnehmen konnte, glauben also Acassız und Waurrman, dass die Analblase die Bildung eines Lumens im Darme veranlasse. Nach CunnınsHam’s Erfahrungen beim Heringe (14) ist die Kuprrer- sche Blase als das Homologon der Invaginationshöhle der Elasmobran- chier und Amphibien anzusehen, als das Rudiment der primitiven Gastralhöhle, und zwar jenes Theiles derselben, die nicht durch die Körperhöhle dargestellt wird. Bei den Teleostiern steht dieselbe nicht mehr in Verbindung mit der Außenwelt. Cunnin@uam befindet sich also in Betreff der Deutung der Analblase in Übereinstimmung mit Hexsesuy. Ob beim Heringe ein Canalis neur- entericus oder ein diesen vertretendes Gebilde existirt, konnte er nicht entscheiden. Im Vorausgehenden habe ich die Ansichten über die Analblase ausführlicher wiedergegeben, weil es mir nicht uninteressant schien, die Geschichte eines vielfach gedeuteten und noch heute nicht end- gültig klar gelegten Organs hier anzuführen. Übergehend zu meinen Beobachtungen an Labriden (ich machte dieselben an Crenilabrus tinca und Crenilabrus pavo) muss ich im Voraus bemerken, dass alle meine 638 Joseph Heinrich List, Aufmerksamkeit auf den Auftritt dieses Organs gerichtet war, weil ich hoffte, an dem günstigen Objekte zu einer Entscheidung zu kommen. In wie weit mir dies geglückt, mag aus Nachfolgendem ersehen werden. Das als Analblase zu deutende Gebilde konnte ich bei Crenila- brus tinca erst nach Umwachsung des Dotters durch den Blastodisk, etwa 80 Stunden nach der Befruchtung beobachten (AD Fig. 25). Der Embryo hatte die primären Augenblasen bereits entwickelt, und am mittleren und hinteren Theile desselben waren die Urwirbel deutlich sichtbar, während die Endknospe noch etwa 60° vom Vordertheil ab- stand. Die Analblase lag in dem gegen den Dotter hügelartig promi- nirenden Theile der Endknospe und hatte kugelige, nach vorn zuge- spitzte Form. Sie war stärker lichtbrechend als ihre Umgebung, und bin ich nicht in der Lage anzugeben, wovon sie erfüllt war. Von einem dieselbe wie eine Wand umschließenden Epithel konnte ich um diese Zeit nichts bemerken, wohl aber lagen in der Nähe rundliche Gebilde, die ich als Fetttropfen zu betrachten geneigt bin. So klar nun um die erwähnte Zeit die Analblase zu sehen ist, so wird die spätere Beobachtung doch getrübt durch das Auftreten größe- rer und kleinerer, rundlicher glänzender Gebilde, die ringsum die Blase einschließen und die die Beobachtung der weiteren Differenzi- rung sehr erschweren, ein Verhältnis, das auch Kuprrer bei Gastero- steus beklagt !. Ich halte die erwähnten Gebilde für Fetttropfen, die wahrscheinlich als Reservematerial für die an der Endknospe des Em- bryo vor sich gehenden Neubildungen dienen. Ich habe durch Quetschung mittels Nadeln versucht, die Analblase und die mit ihr vor sich gehenden Veränderungen deutlicher zur An- schauung zu bringen, allein ohne nennenswerthen Erfolg, da schon die geringfügigsten Alterationen eine Tödtung der zarten Embryonen her- beiführten (Fig. 27—29 geben die in Rede stehenden Stadien wieder). Zur Zeit, als der Schwanztheil des Embryo frei geworden (Fig. 31), kann man an der der Analblase entsprechenden Stelle eine blindsack- artige Höhlung, deren offener Theil nach vorn gerichtet ist, bemerken. Ich konnte dieselbe bis gegen die Anlage der Brustflossen hin verlaufen sehen. Der Blindsack, der, wie ich vorgreifend bemerken will, den Darm vorstellt, ist von einem aus cylindrischen Zellen bestehenden Epithel gebildet. In diesem Stadium kann bereits eine kleine blasen- 1 Im heurigen Frühjahre habe ich diese Beobachtungen an den Eiern von Crenilabrus pavo kontrollirt. Bei dieser Labridenspecies wird die Analblase nicht durch das Auftreten von Fett- oder Dottertropfen verdeckt, und konnte ich die [m- wandlung in den Darm leicht verfolgen. Bu BEE TREE LO VERTRETEN TEE EEE EEE STE EEE Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 639 artige Erweiterung des blinden Endes des Darmes beobachtet werden. An späteren Stadien ! (Fig. 40) bemerkt man die blasenartige Erweite- rung, welche mit einem feinen, sich trichterartig erweiternden Ausfüh- rungsgange nach außen mündet. Die Ausführungsöffnung, der After, liegt in einer schwach mulden- förmigen Vertiefung einer papillösen Anschwellung des entsprechenden Embryonaltheiles (Fig. 40), und ist der Ausführungsgang etwas schief nach hinten gerichtet. In der blasenartigen Anschwellung des Darmes konnte ich kleine, bräunliche Granula bemerken, die wohl die ersten Ausscheidungspro- dukte sind. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass ich Anfangs glaubte, das betreffende Gebilde sei der primäre Ureter, und die blasenartige Erweiterung die Harnblase. Das Ganze war aus einem einschichtigen, hohen, aus deutlichen Cylinderzellen (Fig. 41) bestehenden Epithel gebildet, dessen Zellen- grenzen bei schwacher Vergrößerung sichtbar waren. Der Ausführungsgang selbst erweitert sich in der Folge in der Mitte etwas, und auch die blasenartige Erweiterung des Schlauches setzt sich nicht mehr deutlich von der nach vorn ziehenden Röhre ab, sondern sie geht mehr allmählich in die letztere über. In der Vermuthung, dass das betreffende Gebilde Ureter und Harn- blase sei, wurde ich noch durch Kurrrer’s bestimmte Angabe bestärkt, dass der Darm nachweislich bei Gasterosteus später auftritt als der Ureter. Ich wurde aber bald eines Besseren belehrt. Zwischen Chorda und dem erwähnten Schlauche konnte ich über der blasenartigen Erweiterung liegend einen Spalt auftreten sehen (Hbl Fig. 43), der bald an Größe zunahm und sich zu einem hinten mit einer blasenartigen Anschwellung endigenden Schlauche differenzirte (U Fig. 4%). Die blasenartige Erweiterung (Hbl) hatte nach unten und hinten gerichtet eine kleine abgerundete Spitze und drückte bei seiner Vergrößerung den Ausführungsgang des unterhalb liegenden Schlau- ches etwas nach unten. Die Sache war jetzt klar. Der neu entstandene Blindsack ist der Ureter, die Erweiterung die Harnblase; der unterhalb liegende Schlauch stellt den Darm (D) vor. Bei den Labri- den ist also der Darm das primär entstehende Ausscheidungsorgan, während die Harnblase und der Ureter erst später auftreten. 1 Fig. 31, 40—44 stammen von Crenilabrus pavo, an dessen höchst durch- sichtigen Embryonen die besprochenen Verhältnisse mit außerordentlicher Schärfe zu sehen sind. 640 Joseph Heinrich List, Darm und Ureter konnte ich an ausgeschlüpften Embryonen bis gegen den vorderen, basalen Theil des Dottersackes verfolgen; ersterer zeigte daselbst eine kleine Erweiterung, die wohl als Anlage des Magens zu deuten ist. Harnblase und Ureter, eben so wie der Darm, sind von einem zu- gleich die Wandung derselben bildenden Cylinderflimmerepithel aus- gekleidet, denn man kann deutlich die gegen den Ausführungsgang gerichtete Bewegung der Konkretionen, die sowohl im Ureter wie im Darme zu beobachten sind, bemerken. Ich habe oben nur von einem Ureter gesprochen. An lebenden Embryonen ist in der Profilansicht auch nicht mehr zu sehen. An Querschnitten durch Embryonen von Crenilabrus pavo, die sich in dem in Fig. 39 gezeichneten Stadium befanden, waren oberhalb des Darmes, zu beiden Seiten desselben, die beiden mit außerordentlich dünnen Lumen versehenen Urnierengänge zu sehen. Ob sich beide erst in der Blase vereinigen, oder ob sie früher zu einem unpaaren, gemein- schaftlichen Ureterenstamm verschmelzen, wie auch Kurrrer (32) für wahrscheinlich hält, das konnte ich bis jetzt nicht entscheiden, und be- 2 . ° . D 2 halte ich mir die Beantwortung dieser Frage Fig. IX. Ausmündung der Harn- g. ” blase und des Darmes eines 13 für später Rum Tage alten Embryo von Crenila- Ohne mich hier in eine Erörterung der BUE ee weiteren Differenzirung des Darmes einzulas- sen, bemerke ich, dass die in der Folge sich vergrößernde Harnblase den Endtheil des Darmes etwas nach unten drückt und nach unten zu einen Ausführungsgang erhält, welcher in denjenigen des Enddarmes einmündet. Dies Verhältnis konnte ich an 13 Tage alten Embryonen von Crenilabrus pavo mit voller Deutlich- keit bemerken (vgl. obenstehende Fig. IX). Dies Verhältnis scheint aber nur sehr kurze Zeit zu bestehen. Schon am nächsten Tage beobachtet man in der Umgebung der Aus- führungsgänge den Auftritt von kleinen lakunären Bildungen, die die Einmündung der Harnblase in den Darm nicht mehr erkennen ließen. Dieselbe schien etwas weiter nach hinten gerückt und näherte sich mit einer kleinen Verjüngung nach unten der Außenfläche. An etwas späteren Stadien schien sich die Harnblase durch einen eigenen Aus- führungsgang hinter dem After zu öffnen, da ich Konkretionen aus der Blase ins Freie treten sah; allein die erwähnten kleinen Lakunen ver- hinderten mich, dies mit voller Sicherheit zu entscheiden. Welche Bedeutung hat wohl die Analblase ? Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden) 1. 641 Ich schließe mich der Ansicht jener Forscher (BaLrour, Hrnnesuy, CUNNINGHAM, Rauper) an, die in der Analblase ein Rudiment der Gastrulahöhle, diedem Urdarme der Cyclostomen und Am- phibien entspricht, erblicken, ohne dass ich wegen Mangels an gut konservirtem Material im Stande war, Querschnitte durch das be- treffende Stadium mir anzusehen. Allein ich glaube, die an den durch- sichtigen Embryonen von Crenilabrus pavo gewonnene Darlegung der Entstehung des Darmes bietet Beweis genug für meine Ansicht!. Zur Entwicklung der Extremitäten. Kurze Zeit nach Auftritt des Herzens kann man hinter demselben eine Ausbuchtung (Bf Fig. 28) bemerken, die die Anlage der Brust- flossen darstellt, wie auch Vocr (4%) schon angegeben hat. Diese Aus- stülpung, die gegen den Dotter vordringt, nimmt rasch zu, und zur Zeit, als das Pigment in den Augenblasen auftritt, kann man bei Ansichten des Embryo von unten rechts und links die Flossenanlagen beobach- ten (Fig. 35 Bf). An eben ausgeschlüpften Embryonen (Fig. 38, 39) sieht man sie bereits deutlich differenzirt und haben dieselben bei Creni- labrus pavo (Bf Fig. 39) längsovale Gestalt?. Sie nehmen aber rasch an Größe zu, so dass sie am 13. Tage bereits die spätere Form erhal- ten. Am 1A. Tage konnte bereits das Auftreten von Flossenstrahlen beobachtet werden. Die unpaaren Flossen sind in ihrer Anlage bereits um dieselbe Zeit, wann die Pectoralflossen bemerkbar werden, zu sehen. Bis gegen den Vorderrumpf hin lässt sich ein kontinuirlicher Saum, der nach hinten zu allmählich an Breite zunimmt, nachweisen. An ausgeschlüpf- ten Embryonen (Fig. 38, 39) bemerkt man einen, vom Kopfhintertheile his zum Dottersacke reichenden, nur durch den After unterbrochenen Hautsaum, welcher am Schwanzende auch bereits die Anlagen der Flossenstrahlen zeigt. Graz, Zool. Institut, 15. Januar 1887. ! In einer kleinen Mittheilung, »Die Gastrulation und die sog. Allantois bei den Teleostiern« (Sitzungsber. der phys. med. Soc. zu Erlangen, 7. Juni 1886), die mir nachträglich durch die Güte des Verfassers zukam, sieht von KowALkwskı die Kuprrer'sche Blase als Gastruladarm an, und zwar nicht als den ganzen Darm, sondern nur als einen kleinen Theil desselben, von welchem nach vorn eine solide Verlängerung abgeht, die der Chorda und dem definitiven Darme den Ur- sprung giebt. 2 An eben ausgeschlüpften Embryonen konnte auch die Bewegung der Flossen, die sich in kleinen, periodischen Zuckungen dokumentirte, beobachtet werden. 642 [>14 v 40. 44. 20. Joseph Heinrich List, Litteraturverzeichnis. A. 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A,Augenblasen; Ab, Analblase; Bf, Brustflossenanlage; Ch, Chordadorsalis; D, Darm; DI, Dotterloch; Es, Embryonalsaum ; Ew, Embryonalwulst; Gh, Gehörblasen;; Fr, Fossa rhomboidalis; H, Herzanlage; Hbl, Harnblase; Ah, Hinterhirn; K, Kiel; Mh, Mittelhirn; Nh, Nachhirn; Pbik, Periblastkerne; Pw, Perikardialwand; Rg, Riech- gruben; Sp, Keimhöhle (?); U, Ureter; Vh,.Vorderhirn; Z, Pigmentzellen. Tafel XXXI. Vergrößerung der Fig. —12 eirca 40/4, die der übrigen circa 45/A. Fig. 4. Reifes, unbefruchtetes Ei von Crenilabrus tinca. Fig. 2. Ei, 45 Minuten nach der Befruchtung. Fig. 3. Dasselbe 41/ Stunde nach der Befruchtung. Fig. 4. Dasselbe 2 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 5. Dasselbe Stadium von der Seite gesehen. Fig. 6. Dasselbe Ei 2 Stunden 5 Minuten nach der Befruchtung. Fig. 7. Dasselbe Ei 2 Stunden 45 Minuten nach der Befruchtung. 8 Fig. 8. Dasselbe Ei 2 Stunden 25 Minuten nach der Befruchtung. Fig. 9. Dasselbe Ei 3 Stunden 40 Minuten nach der Befruchtung. Fig. 40. Dasselbe Ei 6 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 44. Dasselbe Stadium von oben betrachtet. Fig. 12. Dasselbe Ei 8 Stunden nach der Befruchtung. : Fig, 43. Ein Ei von Crenilabrus tinca, 441/3 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 44. Ein Ei von Crenilabrus tinca, 32 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 45. Ein Ei von Crenilabrus tinca, 38 Stunden nach der Befruchtung. — Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. 645 Tafel XXXII. Fig. 416. Dasselbe Stadium wie Fig. 45 von oben betrachtet. Fig. 47. Ei von Crenilabrus tinca, 231/, Stunden nach der Befruchtung, Fig. 48. Dasselbe Ei 25 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 49. Dasselbe Ei 261/; Stunden nach der Befruchtung, um den Hintertheil der Embryonalanlage von unten zu zeigen. Fig. 20. Ei von Crenilabrus tinca, 38 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 24. Ei von Crenilabrus tinca, 30[Stunden nach der Befruchtung. Fig. 22. Dasselbe Ei 32 Stunden nach der Befruchtung, von oben gesehen. Fig. 23. Dasselbe Ei, 50 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 24. Ei von Crenilabrus tinca, 621/, Stunden nach der Befruchtung. Fig. 25. Dasselbe Ei 80 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 26. Ei von Crenilabrus pavo 80 Stunden nach der Befruchtung, um den Rückentheil des Embryo zu zeigen. Fig. 27. Ei von Crenilabrus tinca (dasselbe wie in Fig. 24) 104 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 28. Dasselbe Ei 430 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 29. Dasselbe Stadium, um den Kopfitheil des Embryo von vorn oben zu zeigen. Fig. 30. Ei von Crenilabrus pavo (dasselbe wie in Fig. 26) 80 Stunden nach der Befruchtung. “ie 1 Tafel XXXIII. Fig. 34. Dasselbe Ei 4103 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 32. Dasselbe Ei 425 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 33. Dasselbe Ei 452 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 34. Ei von Crenilabrus tinca, 158 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 35. Dasselbe Ei, 182 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 36. Dasselbe Ei, 202 Stunden nach der Befruchtung, Fig. 37. Dasselbe Ei, 208 Stunden nach der Befruchtung. Fig. 38. Aus dem Ei geschlüpfter junger Crenilabrus tinca, 227 Stunden nach der Befruchtung. 40/1. Fig. 39. Aus dem Ei geschlüpfter junger Crenilabrus pavo, 248 Stunden nach der Befruchtung. Obj. I, Oc. III, von SEIBERT. Fig. 40. Mittlerer Körpertheil von Crenilabrus pavo, 455 Stunden nach der Be- fruchtung, um die Ausmündung des Darmes (D) zu zeigen. Gezeichnet bei Oc. I, Obj. I1. Fig. 44. Mittlerer Körpertheil von Crenilabrus pavo, 470 Stunden nach der Be- fruchtung. Oc. I, Obj. III. Fig, 42. Ausmündung und Endtheil des Darmes von Crenilabrus pavo, 470 Stunden nach der Befruchtung in der Ansicht von unten. Oc. I, Obj. II. Fig. 43. Mittlerer Körpertheil von Crenilabrus pavo, 470 Stunden nach der Be- fruchtung, um das Auftreten der Harnblase (Hbl) bez. des Ureter zu zeigen. Oc. I, Obj. II. ‚Fig. 44. Mittlerer Körpertheil von Crenilabrus pavo, 199 Stunden nach der Be- fruchtung. U, Ureter; Hbl, Harnblase; D, Darm. Oc. I, Obj. Ill. 42* Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. von Dr. Heinrich Simroth. Mit Tafel XXXIV. Die Beschäftigung mit der Systematik und Biologie unserer nack- ten Landschnecken hat mich vielfach dazu geführt, die Entwicklung der Genitalorgane in den Bereich meiner Untersuchungen zu ziehen, weniger, um daraus ein Bild ihrer Genese zu bekommen (was ich künftig zu vervollständigen hoffe), als vielmehr um die Abhängisekeit der Geschlechtsreife von Alter, Jahreszeit, Färbung und dgl. kennen zu lernen und Einblick in die verschiedenen Grade der Acclimätisation zu gewinnen. Inzwischen hat Brock seine Abhandlung über die Acker- schnecke erscheinen lassen (diese Zeitschr. Bd. XLIV), deren Lektüre mir manche Bestätigung, aber auch manchen Zweifel erweckte. Die Durchsicht meiner Papiere und Zeichnungen gab mir hinreichendes Material an die Hand, dass ich glaube, meine Berechtigung zu einem Urtheil auch ohne specielle Nachuntersuchung im Folgenden erweisen zu können. Allerlei neue Vorkommnisse von Agriolimax laevis, für die ich meinem verehrten Freunde Hrynemann und Herrn Prof. von MARTENS zu großem Danke verbunden bin, gaben mir sodann Gelegenheit, die früher aufgeworfene Frage Betreffs der Fortpflanzung und häufig ein- seitig weiblichen Ausbildung dieser Pulmonate zu einem vorläufigen und, wie mir scheint, sehr merkwürdigen Abschluss zu bringen und als Anregung zu weiterer experimenteller Prüfung mitzutheilen. Wenn ich in mehrfacher Hinsicht gegen Brock Stellung nehmen muss, so schreibe ich das hauptsächlich einem unglücklichen Zufall seinerseits zu. Eine Nacktschnecke für die Schnittmethode zu wählen, war zweifelsohne das Beste; aber gerade Agriolimax agrestis eignet | | | | Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 647 sich am schlechtesten, theils wegen der geringen räumlichen Trennung der Endwege, theils wegen der unbestimmten Form und Bildung des Penis. Beide Umstände sind, glaube ich, Fehlerquellen geworden. Man kann schwerlich eine Gattung finden, in welcher die Ruthe, hei sonsti- ger anatomischer und äußerer Übereinstimmung der Arten der wich- tigste Speciescharakter, durch den Wechsel der Gestalt, welcher bald durch den Funktionszustand vor oder nach der Copula, bald durch eine verschiedene Größe und Lagerung des Reizkörpers und der fal- tigen Wandvorsprünge bedingt wird, dem Systematiker auch nur ähn- liche Schwierigkeiten bereitet. Die Arionarten, nach Alter und Farbe so veränderlich, und daher dem äußeren Anblick so leicht verfließend, lassen schon schwer genug die geringen konstanten Geschlechts- unterschiede herausfinden, aber die Ackerschnecken, zumal die von Mittel- und Südeuropa, sind außerordentlich schwer nach der Ruthe zu sondern, und ich darf keineswegs behaupten, dass mich ein eifriges Studium der vielen aufgestellten Arten und Lokalformen bis jetzt zu voller Klarheit geführt hätte. Das Äußere wechselt nach Kolorit, Mantel- und Körperumfang und dem mehr oder weniger gekielten Schwanzende. Aber diese Merkmale erwiesen sich als flüssig. Es bleibt nur die Ruthe, welche in der Verzweigung der Enddrüse, in deren Insertion am Fundus oder vor einer besonderen blinden Aus- sackung, im geschlossenen oder gefurchten Reizkörper, in fehlenden oder stark hervortretenden seitlichen Ausstülpungen bald lokal ge- trennt, bald an derselben Örtlichkeit variirt. Und doch ist die Ent- scheidung, was das Wechselnde, was das Beständige, so bedeutungs- voll für die Lösung der Fragen nach der Artbildung unter Isolirung, für die geographische Herleitung der Stammform und del. Brocx’s Resultate gipfeln in fünf Punkten: 1) Die Genitalanlage geht vom Mesoderm aus, ohne jede Bethei- ligung einer ektodermatischen Einstülpung. 2) DieLeitungswege und die Keimdrüse entstehen getrennt, erstere vom distalen Ende aus. 3) Der Penis bildet sich nicht durch Spaltung des ursprünglichen Schlauches, sondern als eine seitliche Knospe desselben; das Vas defe- rens ist eine sekundäre Ausstülpung der Ruthe, die erst nachträglich mit dem weiblichen Kanal, bez. dessen Prostatatheil verschmilzt. Da- durch wird der Penis zu einem den Pulmonaten eigenthümlichen Organ, das mit dem gleichnamigen der übrigen Schnecken nichts zu thun hat. 4) Oberhalb der Penisknospe spaltet sich der Schlauch in den er- wähnten weiblichen Kanal, der sich mit dem Vas deferens verbindet, 648 Heinrich Simroth, und einen männlichen, der völlig wieder verschwindet. Letztere natür- lich eine der überraschendsten Thatsachen. 5) Das Receptaculum seminis entsteht als eine Ausstülpung des Penis. Über den ersten Punkt habe ich kein Urtheil, da ich fast gar nicht geschnitten habe, doch ist es wohl kaum erlaubt, bei der Klarheit der Beweisführung Zweifel zu hegen. Eben so sicher und wichtig dürfte der dritte sein, die Eigenart der Penisbildung. Die Ansicht von der Entstehung des Vas deferens möchte ich schon etwas modifieiren im Rovzzaup’schen Sinne, wie ich denn überhaupt die Rouzrsup’schen Resultate in mehreren Stücken gegen Brock aufrecht erhalten oder mindestens die Differenzen mehr ausgleichen muss. Doch mag das der Leser selbst thun, da eine aber- malige Litteraturbesprechung gewiss überflüssig. Hauptsächlich scheint mir die Diskontinuität der Genitalanlage schweren Bedenken ausgesetzt, eben so wie die Herleitung des Re- ceptaculums vom Penis und das Schwinden des männlichen Geschlechts- ganges, ich bin vielmehr der Meinung, dass dieser männliche Gang nichts Anderes darstellt als das Receptaculum selbst. Brock giebt mit voller Bestimmtheit an, dass dieZwitterdrüse, um dieser zuerst mich zuzuwenden, an der definitiven Stelle, der Ge- schlechtsgang aber mit dem vorderen Ende für sich auftritt, dass er dann erst der Drüse zuwächst, von der umgekehrt ein Stückchen des Zwitterganges ihm entgegenkommt. So erfreulich vielleicht die Dis- kontinuität wegen der Parallele mit den Cephalopoden wäre, sollte nicht die Möglichkeit vorliegen, dass die Verbindung der zarten Zell- reihen in den Schnittserien durch die nebenliegenden Gefäße verwischt wäre? Noch bei etwas älteren Stadien hat man oft Mühe, die feinen Genitalien in ihrer ganzen Länge von der anliegenden, bis dahin noch stärkeren Arterie zu unterscheiden. Sollte nicht die Bildung, wie es in Brock’s Fig. I gegeben, zuerst ganz allein vom distalen Ende aus- gehen, und dann nach hinten zu sich ausdehnen? Doch der eigentliche Einwand kommt von der vergleichenden Anatomie, und zwar lediglich der Nacktschnecken. Man hat sich leider meist mit der Isolirung der Organe bei der Präparation begnügt, um Anhaltspunkte zu gewinnen, unter Vernachlässigung der Topographie. Bei Gehäuseschnecken wird wohl in allen Fällen das gegenseitige Lageverhältnis konstant sein, die Zwitterdrüse liegt weit oben in der Leber versteckt in den Windungen. Anders bei den Nackten, so weit sie durch Reduktion des Hauses von beschalten abzuleiten sind. Hier kommt die definitive Form durch eine Verschiebung der Achse des Intestinalsackes oder der Darmwindungen Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis, 649 zu Stande, sie wird aus der schräg nach oben gegen den Mantel ge- richteten Lage herab gerade nach hinten gedrängt. Diese halb unregel- mäßige Abweichung vom ursprünglichen Plane kann mehr unvollstän- dig ausfallen und führt dann zu einer teratologischen Form mit etwas aufgerichteter Achse, auf die ich hier nicht eingehe; — dass aber die Verschiebung keineswegs von Anfang an eine normale ist, zeigen die Parmacellen, welche zuerst den Intestinalsack im Gehäuse aufnehmen, später ihn herabdrücken, jedoch noch einen Leberzipfel im gewundenen Ende des flachen Schälchens festhalten. Die Ursache der Verdrängung scheint in den Wachsthumsverhältnissen des Mantels zu liegen, auf deren Bedeutung für die Morphologie des Schneckenleibes kürzlich Bürscauı hinwies!. Es ist hier nicht der Ort, diesen Punkt spekulativ weiter auszuführen, mir kam es nur darauf an, das gewissermaßen Un- typische des Processes hervorzuheben. Nehmen wir nun an, dass sich nach der Darm- und Leberanlage, wie gewöhnlich, der Genitalschlauch entwickelt, aber nur einheitlich vom distalen Ende aus, dann wird er vermuthlich in der hergebrachten Richtung nach der Schale zu sich verlängern, zum mindesten kennen wir die Faktoren nicht, welche seine Richtung bedingen, und haben daher den allgemeinen Weg als den primären vorauszusetzen. Bei dieser Ausdehnung nach rückwärts stößt das Ende des Schlauches oder die Zwitterdrüse auf den herabgedräng- ten Intestinalsack, und nunmehr ist es ausschlaggebend, ob die Drü- senanlage unter diesen veränderten Verhältnissen den richtigen Weg findet oder nicht. Gelingt es ihr, gerade die erste Windung oder den Magen zu finden, dann gleitet sie an ihm entlang bis an die übliche Stelle hinter der ersten Umbiegung zwischen den Lebern, ja es scheint, als ob die nunmehr sich vergrößernde Drüse vom hinteren Blindende des Magens festgehalten und bei Verlängerung des Darmes mit nach hinten geschoben würde, woraus sich die immer gleiche Länge des Zwitterganges zwischen den Eingeweiden erklärt, mag er noch dünn und gestreckt oder von Sperma strotzend und dann im unteren distalen Abschnitt geschwellt und gewunden sein. Im anderen Falle stößt die Zwitterdrüse bei der Ausdehnung des Geschlechtsganges nach hinten und oben auf die Leber, die ihr ein Hindernis bereitet; sie bleibt liegen. Der nun sich verlängernde und füllende Zwittergang kann sich nur durch Winden und Schlängeln dehnen, und er thut es in ganzer Länge. Derartige Fälle finden sich meines Wissens nur bei Nacktschnecken; ich habe einen bekannt gemacht von dem auch sonst in der Genitalbildung abweichenden Limax coerulans gegenüber allen ! Bemerkungen über die wahrscheinliche Herleitung der Asymmetrie der Gastropoden etc. Morphol. Jahrb, Bd. XII. 650 Heinrich Simroth, anderen Limaces, bei denen die Zwitterdrüse die normale Lage hinter dem Magen inne hat. Fig. I und 2 zeigt die Topographie von L. coeru- lans und maximus, wobei die Organe nur etwas entfaltei sind, ohne gegenseitige Verschiebungen. Ich würde auf diesen vereinzelten Fall kein Gewicht legen (zumal bei den sonstigen Differenzen des coerulans,), wenn ich ihm nicht noch zwei andere an die Seite zu stellen hätte, wo jedes Mal unter nahe verwandten Thieren derselbe topographische Unterschied statt hat. Unter den nackten afrikanischen Zonitiden ver- halten sich die Urocyelus-Elisa-Formen normal, der Dendrolimax von S. Thom& und Principe abweichend wie L. coerulans, unter den nord- amerikanischen Ariolimaciden der Prophysaon ebenfalls normal, A. eali- fornieus abnorm, Dinge, die bei anderer Gelegenheit ausgeführt werden sollen. Hier kommt man mit der gesonderten Anlage der Zwitterdrüse aus einer bestimmten Stelle des Mesoderms in der Lebergegend nicht durch, während die einheitliche Entstehung des Genitalschlauches vom distalen Ende her volle Aufklärung schafft. Man könnte vielleicht an eine gewisse Verschiebung der Zwitterdrüsenanlage denken, wenn die abnorme Lage sich auf bestimmte Gruppen beschränkte und bei ihnen durchgängig wäre; ihr paralleles Auftreten in ganz verschiedenen Nacktschneckenfamilien widerspricht dem. Es bliebe natürlich noch ein Ausweg, um die diskontinuirliche Entstehung zu retten, dass näm- lich ein noch ganz unbekanntes Moment die Lage der Zwitterdrüse wechselnd machte. Vor der Hand scheint ein solches von keiner Seite angedeutet, und es ist daher wohl nöthig, die Untersuchung der ein- fachen oder gesonderten Genitalanlage abermals aufzunehmen, wenn nicht bereits die folgende Erklärung einigermaßen genügen sollte. Bei der Wichtigkeit gerade dieses Punktes ist er natürlich von Brock besonders genau verfolgt worden, und er hat festgestellt, dass der Zwittergang von beiden Seiten her, zuletzt in der Mitte, zum Strang sich verdichtet und so den Geschlechtsgang mit der Zwitterdrüse in Verbindung bringt. Ich setze in die Richtigkeit der Beobachtungen keinen Zweifel, glaube aber, dass ein Organ, zumal ein solches, das durch Zusammenschub der Zellen aus der Nachbarschaft auf eine ganze Strecke sich bildet, weiter zurück verfolgt werden muss, bis zur ersten Andeutung einer irgend wie gedrängteren Zellgruppirung, mit der be- reits seine Existenz vorliegt; die Entwicklungsgeschichte giebt hundert Beispiele. Dann aber kann der Zwittergang schon früher vorhanden sein, und ich meine, gleichzeitig mit der Zwitterdrüse. Ich denke mir den mechanischen Zusammenhang (und es wird doch erlaubt sein, in der Bildungsgeschichte mechanistische Vorstellungen walten zu lassen!) etwa folgendermaßen: Die den definitiven Krümmungen gegenüber Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 651 auffallend geradlinige Anlage der Genitalien bis zur Zwitterdrüse weist unmittelbar auf einen direkten ursächlichen Zusammenhang; die An- lage geht vom distalen Ende aus, das sofort sich schräg nach hinten und oben zu richtet. Dadurch wird auf die dahinter liegenden indiffe- renten Zellmassen des Mesoderms eine Anregung, ein Druck, ein Stoß ausgeübt, der sich geradlinig fortpflanzt und so weit reicht, bis er an irgend einer freien, sagen wir Coelomfläche des Blastems Grenze und Widerstand findet. Wie eine Welle sich kaum sichtbar auf der Ober- fläche oder noch weniger deutlich in einer Flüssigkeit fortpflanzt, am Ufer aber durch höheren Ausschlag sich erst bemerklich macht, so wird die Zwitterdrüse sichtbar, bevor es gelingt, den ganzen Zusammenhang in der Genitalanlage zu erblicken. Wie aber eine Welle (und trotz dem veränderten Medium scheint mir der Vergleich völlig zu passen) in einer Flüssigkeit bei geradliniger Fortpflanzung die Nachbartheile mit einbezieht, je näher desto stärker, so dass der Choc nach den Seiten unmerklich ausklingt, so muss selbstverständlich in der geraden Linie zwischen distalem Ende und Zwitterdrüse eine gewisse Zellverdichtung vorhanden sein, die nach den Seiten allmählich abschwillt; erst später isolirt sich der Strang. Man könnte noch weiter gehen im Vergleich: Wie eine starke Welle, einmal erregt, sich über die Wasserfläche aus- breitet, so dass ihre Höhe und Sichtbarkeit mit der Entfernung vom Anfangspunkte abnimmt, und wie trotzdem am Endpunkte, dem Durch- sehnittspunkte der Stoßlinie mit dem Gegenufer, ein starker sichtbarer Anschlag erfolgt, so nimmt die Zelldichte vom distalen Ende ab, ist in der Gegend des Zwitterganges kaum noch bemerklich, findet aber im Endpunkte der Zwitterdrüse ihren sehr lebhaften Ausdruck. Dass die Zwitterdrüse an einer freien Fläche (die auf geringen Spaltraum be- schränkt sein kann) entsteht, wird bewiesen durch ihre sofortige feste Umhüllung mit einer Bindegewebshaut; die gleich Anfangs starke Pig- mentirung ist auf den in der Art der Anlage gegebenen Druck oder Stoß zurückzuführen, für den sie umgekehrt zum Beweis dient, wie denn das Pigment im Schneckenkörper (und anderswo) auf besonders andauernde Reize oder Stöße, die meist vom Blutlauf ausgehen, zurück- zuführen ist (was ich in meiner Arbeit in dieser Zeitschrift, Bd. XL, zu erweisen suchte, ein Gedanke, der sich ähnlich in neueren Schriften anderer Autoren findet). Dass bei der Umbildungsfähigkeit noch halb embryonaler Zellen und Gewebe nicht aufs Blut zurückgegriffen zu werden braucht als Farbstofflieferanten, ist wohl einleuchtend, mir aber äußerst willkommen. Während die sonstige Pigmentirung des Pulmo- natenleibes, zumal des Kopfes und der Fühler, in unmittelbarer Ab- hängigkeit vom Blutdruck beim Ausstülpen sich zeigt, findet nun die 652 Heinrich Simroth, Färbung der Zwitterdrüse, deren Ursache mir noch immer räthselhaft war, in der Art der Entstehung ihre Begründung!'. Ich komme zum männlichen Geschlechtsgange, der wie- der atrophiren soll, und zur Entstehung des Receptaculums aus dem Penis. Ich behauptete, dass zur Entscheidung dieser Punkte kaum ein ungünstigeres Objekt gefunden werden konnte als die Ackerschnecke. Schon der ganz auffallend unbestimmte Gang der Geschlechtsreife bei diesem Thiere macht die Feststellung des Gesetzmäßigen sehr schwie- rig. Gewöhnlich ist in früher Jugend die Zwitterdrüse enorm groß, wie bei meiner Fig. 11 (l. e. Taf. IX), und die Fortpflanzung scheint beinahe auf jede beliebige, jedenfalls sehr zeitige Altersstufe verfrüht werden zu können, denn wieder trifft man Thiere, die man unmittel- bar nach der Copula tödtet, mit viel kleinerer Drüse, worauf das von Brock erinnerte Verhältnis meiner Fig. 7 beruht; liegt es Anfangs in der Schwellung der Drüse durch Sperma? Da die Copula bei vielen Schnecken (wie sich aus dem gelegentlichen Vorhandensein von drei- und vierfachen doch so schnell zerfallenden Spermatophoren in dem- selben Receptaculum, z. B. bei Afrikanern ergiebt) in kurzen Zwischen- räumen sich wiederholt und sicherlich bei der so vermehrungsfähigen Ackerschnecke, so hält auch dieser Grund kaum Stich. Kurz, wir sind im Unklaren. In der frühen Reife aber liegt es begründet, dass Brock den männlichen Gang, das Receptaculum nach meiner Ansicht, so sehr schnell verschwinden sah oder doch auf weiterer Stufe nicht wieder erkannte; es ist plötzlich zur definitiven Blasenform geschwellt. Brock’s Fig. 11 und 41a zeigen einen Anhang an der unteren Hälfte des Penis, der als Receptaculum gedeutet wird; dagegen spricht schon seine Form mit umgebogenem Blindzipfel, noch mehr das Verhalten des Penis selbst. In Fig. 3 und % zeichne ich die Ruthen zweier Thiere, die un- mittelbar nach der Paarung getödtet wurden; das eine hat bei der Retraktion einen einfachen Penisumriss, das andere eine Aussackung für das Reizorgan. Andere Falten kommen gelegentlich vor. Als ekla- tantestes Beispiel erwähne ich den kürzlich von mir beschriebenen Agriolimax sardus (Jahrb. der d. mal. Ges. Bd. XIll. Dec. 1886), der nicht einmal einen Reizkörper besitzt, sondern nur Falten, allerdings stark vorspringende. Eine Form des Penis habe ich abgebildet, hier gebe ich vier verschiedene (Fig. 5—8). Bei flüchtiger Präparation konnte man die Aussackung in Fig. 7 und 8 ohne Weiteres für das Receptaculum ! Ich bin mir der Schwierigkeit bewusst, und habe kaum nöthig darauf hinzu- weisen, dass diese Art der Keimdrüsenanlage aus indifferentem Embryonalgewebe mit den Theorien, welche die Vererbung aus der Kontinuität der Geschlechtszellen herleiten, in Widerspruch steht. Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 653 nehmen. Bei Agriolimax agrestis kommen zwar die Ausladungen kaum ganz in dieser Stärke vor, aber immerhin für Täuschungen hinreichend, giebt doch in unserem Falle Brock besonders an, dass er immer die hervortretendsten Querschnitte in seinen Figuren kombinirte. Brock macht aber noch ein anderes Moment geltend für die fragliche Herlei- tung. Auch beim reifen Thiere soll das Receptaculum meist mehr vom Penis seinen Ursprung nehmen, als vom Oviduct und Atrium. Es wer- den Figuren aus der Litteratur angeführt, Vitrina brevis ete. Ich selbst habe u. A. bei Limax maximus ein solches Vorkommen gesehen und gezeichnet (l. c. Taf. VIII, Fig. 5), aber es lediglich auf zufällige Ver- schiebung bei der Copula gerechnet, da z. B. beim L. variegatus der Ur- sprung vom Oviduct ein Stück entfernt deutlich ist. Kurz, diese Zu- fälligkeiten sind von gar keinem Belang gegenüber der Thatsache, dass in sehr vielen Fällen, selbst aus einer der angeführten Gattungen, Vi- trina nämlich, das Receptaculum weit oben am Eileiter seinen Ursprung nimmt und, wie sich erweisen lässt, von Anfang der Entwicklung an. Die Arioniden sind wohl die einzigen, bei denen der Penisabschnitt (der hier nur als Patronenstrecke, nicht als Ruthe fungirt) räumlich mit dem Receptaculum zusammenhält, wenigstens in seiner Insertion am Oviducet oder Atrium; doch erklärt sich die Ausnahme leicht aus nach- träglicher Herausbildung des Eileiters zum Copulationsorgan; auf frühe- ren Stadien entspringen alle drei gleichmäßig aus dem proximalen Ende des schmalen Atriums, später aber zeigt das Receptaculum trotz alledem seine engere Zusammengehörigkeit mit dem Oviduct theils durch den gemeinsamen Retractor für das weibliche Copulationsorgan und den Blasenstiel, theils durch die muskulöse Befestigung seines Fundus am distalen Ende des Ovispermatoducts!, eine Verbindung, die sehr allgemein auch bei den Ackerschnecken vorkommt und aus der Anlage gerade nach Brocr’s Figuren sich ohne Weiteres erklärt. Nur beim Arioniden Geomalacus (s. Jahrb. der d. mal. Ges. Bd. XII) ist der Blasenstiel durch Funktionswechsel zur Ruthe geworden und trägt weit oben die Patronenstrecke, das Homologon des Penis, eine Bildung, die besonders erklärt werden muss, wie mir scheint, durch viel weitere Trennung des männlichen und weiblichen Geschlechtsganges (im Brock- schen Sinne) aufs Atrium hinunter am Penis vorbei, so dass dieser nun- mehr lediglich in den ersteren, d. h. nach meiner Auffassung in den Blasenstiel mündet. Wie sollen wir aber die Herleitung des Recepta- culums aus dem Penis verstehen, wenn dieser weit unten, jenes weit oben am Eileiter sitzt, oft noch mit Einschiebung accessorischer Organe ? 1 Nicht »Ovispermoduct«, wie merkwürdigerweise wohl ein Italiener zuerst klassisch sich ausgedrückt hat. Ich habe mir die Verbesserung erlaubt. 654 Heinrich Simroth, Ich führe aus eigener Erfahrung von den verschiedensten Gruppen an Glandina, Suceinea, Helices, Janella marmorea, Aneitea, manche Ama- lien (eretica u. A.), Ariolimaces. Soll hier überall das Receptaculum durch Verschiebung der Endwege vom Penis an seine definitive Stelle wegrücken? Doch es wird besser sein, bestimmte Fälle vorzuführen. Anfang April 1882 untersuchte ich unsere Amalia marginata auf ihre Genitalentwicklung, ein altes Thier legte bereits Eier, die jungen zeig- ten sich bis zu der bedeutenden Länge von 3 cm noch völlig unreif mit kaum gekrümmtem Geschlechtsschlauch, wie denn bei mänchen Amalien die Reife wunderlich lange aufgeschoben wird, aus noch un- erklärten Gründen (s. A. hellenica, Reuleauxi u. A.). Bei einem Thier von 1,3 em (Fig. 9 und 9a) zeigte der Schlauch die Penisknospe, die Zwitterdrüse, dazwischen der ersten mehr genähert (in direktem Gegen- satz zu den verwandten Ackerschnecken) jenen Blindsack, aus dem mindestens die Eiweißdrüse hervorgeht (s. Brock, |. e.), eine kleine un- regelmäßige Verdiekung am distalen Ende des Zwitterganges als Anlage der Vesicula seminalis, außerdem aber über der Penisknospe eine schwache spindelförmige Anschwellung (rec). Auf weiterer Stufe bei einem Thier von 2 cm Länge (Fig. 10 und 10a) sind die Verhältnisse noch dieselben, aber etwas weiter herausgewachsen, namentlich hat sich die Spindel verdickt, und es ist an dieser Stelle eine Spaltung des einheitlichen Schlauches eingetreten, das Receptaculum hat sich abge- trennt, liegt aber noch in engster Anschmiegung am Oviduct, ein Bild, das ich bei sehr vielen jungen Individuen verschiedenster Gattungen antraf. Bei einem Thier von 3 cm (Fig. 11) waren die Genitalien ncch im gestreckten Zustande, der Penis hat das Vas deferens erhalten, ein Vorgang, den ich nicht direkt beobachtete (s. u.), und das Receptacu- lum hat genau die vorige Lage und Streckung und sitzt mit dem Fun- dus fest dem Oviduct an; nur der Eileiter hat sich etwas verlängert und unten an der Verschmelzung mit dem Blasenstiel verdickt, um aus seiner Wand die accessorischen Drüsen sich bilden zu lassen. Die definitive Form der erweiterten und zusammengekrümmten Genitalien, die ich früher gab, schließt sich ohne Weiteres an die eben besprochene. an. Ich glaube, man könnte keine gewaltsamere Deutung versuchen, als hier das Receptaculum als nachträgliche Penisausstülpung entstehen und über die Anlage der accessorischen Drüsen sich hinwegschieben zu 3 lassen, während die naturgemäße Erklärung auf der Hand liegt. — Ein zweites Beispiel von den Vitrinen ist vielleicht noch klarer. Ich wähle die Ruivensis von Madeira (Fig. 13) mit einer entsprechenden Jugend- form von den Azoren (Fig. 12; die Art hat als dieselbe zu gelten), da mir von der aus der deutschen Fauna zur Noth passenden V. Drapar- Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 655 naldi s. major gerade keine geeigneten Stadien vorliegen. Über dem kleinen Penis folgt in Fig. 13 eine lange dicke Strecke mit einer großen durchbohrten Muskelpapille im Inneren, erst über dieser verdoppelt sich der weibliche Schlauch zum Oviduct und Blasenstiel. Genau die- selben Verhältnisse hat die Jugendform Fig. 12, nur mit entsprechen- der Verschmälerung der Schläuche. Das schlanke Receptaculum schließt sich dem Eileiter so innig an, wie in Brock’s Figuren der männliche und weibliche Geschlechtsgang, oder wie oben in Fig. 10 bei der Amalia. Hier ist es wohl ganz unthunlich, das Receptaculum vom Penis abzu- leiten, um die abgetrennte selbständige Knospe sich nach oben ver- schieben und mit dem Oviduct fast verschmelzen zu lassen, von dem es sich schließlich wieder frei zu machen hätte. Kurz, die Deutung der Bildung ergiebt sich von selbst, das Receptaculum spaltet sich vom Geschlechtsschlauch ab da, wo wir es beim reifen Thier finden. Brock siebt ja ausdrücklich an, dass er den Zerfall des männlichen Ganges nur ganz oben am proximalen Ende beobachten konnte, ganz natürlich, er sah nur die obere Ablösung des Ganges, d. h. den Abschluss des Fundus des Receptaculums. So wird denn die Samenblase auch ihrer Entstehung nach vom männlichen Antheil losgelöst und dem weiblichen naturgemäß wieder angefüst, finden wir sie doch selbst bei völlig fehlendem Penis bei jenen rein weiblichen Exemplaren von Agriolimax laevis, auf die ich unten zu sprechen komme. Eine Erklärung dieses vollständigen Penismangels wird durch Brock's positives Resultat gegeben, wonach der männliche Weg nicht durch Abspaltung vom distalen Ende des Genitalschlauches sich bildet, sondern als besondere Seitenknospe, ein Vorgang, welcher die Ruthe zu einem den Pulmonaten eigenthümlichen und von ihnen nachträglich erworbenen Organ stempelt. So ausgezeichnet diese That- sache zu der oft so wechselnden Ruthenbildung passt und je mehr ich ihr zustimmen muss, um so weniger möchte ich das Bedenken verschwei- gen, das aus dem besonders frühen Hervorsprossen der Penisknospe erwächst, sie ist die erste Differenzirung, die am gestreckten Genital- schlauche sich bemerklich macht, und könnte daher eben so gut für eine altererbte angesprochen werden. Anfechtbarer noch erscheint mir die Bildung des Vas deferens als einer rückläufig umgebogenen End- knospe des Penis; man sieht nicht ein, warum die Knospe nicht einen direkteren Weg einschlägt, sondern sich in ganzer Länge ihres definitiven Verlaufes dicht der Ruthe anschmiegt und eben so dicht nach der Um- biegung dem Oviduct; bei ganz jungen Thieren (diese Zeitschr., Bd. XL, Taf. IX, Fig. 20) ist die Aneinanderlagerung noch viel inniger und der Samenleiter kaum vom Penis zu trennen. Zum mindesten ist mir es 656 Heinrich Simroth, nicht unwahrscheinlich, dass es sich gleichfalls um eine Abspaltung handelt, die bei der Lage des Vas deferens über dem Oviduet im Hori- zontalschnitt besonders schwer zu sehen sein muss; auch hier würde ich geneigt sein, mich der Rouzeaup’schen Auffassung zu nähern. Doch wie dem auch sei, die ursprünglich selbständige Anlage des Penis und die nachträgliche Bildung des Vas deferens entweder als Penisknospe, oder durch Abspaltung vom distalen Ende aus, bleibt das Wesentliche. Diese Bedenken daher bei Seite, scheint mir die freie Knospung des Penis von besonderer Tragweite und Klärkraft. Jetzt haben wir in den weiblichen Agriolimax laevis Thiere zu erblicken, welche der Urform der Pulmonaten in den Genitalien besonders nahe stehen; jetzt ver- stehen wir, warum bei Arioniden die weiblichen Endwege zu Copu- lationsorganen umgebildet sind, es sind ja die ursprünglichen Zwitter- wege, zu denen Vas deferens und Patronenstrecke erst nachträglich hinzutreten; jetzt erklärt sich die Inanspruchnahme ganz verschiedener Endwege als Copulationswerkzeuge bei den Nacktschnecken der äthio- pischen Provinz (ich erinnere an die Ausbildung des Pfeilsackes zum Penis bei Urocycelus-Elisa; s. Jahrb. der d. mal. Ges. Bd. X). Genug, ich halte dieses Resultat Brocr’s für das werthvollste. Aber ein anderes folgt noch aus seinen Untersuchungen, wie ich sie deute, so wie aus den wenigen vorstehenden Thatsachen von Amalia und Vitrina, näm- lich die einfache Entstehung der einzelnen Genitalabschnitte ohne wesentliche Verschiebungen, ohne embryonale Zwischentypen. Es ist kein Pfeilsack, keine accessorische Drüse aufgetaucht und wieder ver- schwunden, sondern Alles in direkter Ordnung zu Ende gebracht. So weit Negationen überhaupt beweisend sein können, gewinnt man den sichern Eindruck, dass man es in diesen Ackerschnecken, Amalien, Vi- trinen, so weit die Genitalien in Betracht kommen, mit einfachen, nicht mit Reduktionsformen zu thun habe, — auch das eine werthvolle Folgerung, denn man hat eine Handhabe, auf einfacher Grundlage weiter zu bauen. Brock spricht sich, wohl von seinen Resultaten be- reits durchdrungen, gegen die Annahme von Reduktionsreihen über- haupt aus, und es hat allerdings wenig Ansprechendes, das Einfache aus dem Komplicirteren abzuleiten. Schwierig oder unmöglich mag es sein, zu dieser Frage principiell Stellung zu nehmen, nur die Einzel- untersuchung kann entscheiden. Wie die Parasitengestalt, so ist auch der Schneckenkörper im Äußeren eine Reduktion, ein Verzicht auf reichere Gliederung, und bei den Nacktschnecken im Besonderen, da- her alle systematischen Versuche, die sich auf äußere Merkmale stütz- ten, scheitern mussten; ist es da unmöglich, dass auch im Inneren Ver- einfachungen Platz griffen? Die Vitrinen habe ich gelegentlich als Urform - 22m u Tr 1 EEE EEE En En u. Tr Tee. EEE HET SEE Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 657 oder eine der Urform nahestehende Gruppe hingestellt, welche die Keime enthält, einen großen Theil der übrigen Pulmonaten daraus ab- zuleiten. Wiesmann hat mir ausführlich entgegnet!, indem er in ihnen, wie in den meisten Schnecken, nur versprengte und verkümmerte Reste einer früher viel reicheren Thierklasse erblickt. Ich werde künf- tig darzulegen haben, dass ich durch ausgedehntere Untersuchungen in meiner Anschauung bestärkt bin. Wir haben in ihnen bei sehr gleich- mäßigem Äußeren große innere Verschiedenheiten, Anklänge an an- dere Gattungen, doch so, dass sie sich von Fall zu Fall an einander reihen. Ganz anders bei den afrikanischen Nacktschnecken, die ich öfters erwähnte und in letzter Zeit genauer vornehmen konnte. Es würde zu weit führen, hier ins Detail einzugehen. Das Ergebnis ist dies: Über die äthiopische Provinz sind in buntem Durcheinander nackte Zonitiden mit den verschiedensten, wenn auch in einigen Zügen, namentlich der Spermatophorenbildung und den dazu gehörigen Kalk- säcken übereinstimmenden Genitalien zerstreut. Die wechselnden Bil- dungen aber scheinen in asiatischen Gehäuseschnecken ihre Parallelen zu finden. Wie soll man das erklären? Sind die Asiaten zusammen nach Afrika verschlagen und hier einzeln, jede für sich, in eine Nackt- schnecke verwandelt, oder ist nicht vielmehr über beide Provinzen ursprünglich eine Zonitidengruppe mit sehr vollständigen Genitalien verbreitet gewesen, durch deren Reduktion (vielleicht mit gleichzeiti- gen Neuerwerbungen) sich das jetzige Chaos erzeugte? Letztere An- schauung spricht gewiss mehr an und stimmt zu Prrrrer’s Resultaten. Um aber (durch embryologische Forschung) über die etwaigen Reduk- tionen Gewissheit zu erlangen, bleibt nur übrig, auf die Entwicklungs- geschichte eben solcher Zonitiden hinzuweisen; unsere Fauna bietet leider wenig Aussicht, zur Lösung dieser Frage Material aufzutreiben. Doch genug der Spekulation! Es versteht sich von selbst, dass ich bei der veränderten Deutung der Bildungsprocesse auch den Schlüssen nicht beitreten kann, die sich an die gegentheilige Auffassung knüpfen und die Homologisirung mit Basommatophoren und Opisthobranchiern betreffen. Nur eine thatsächliche Berichtigung möchte ich nicht unter- drücken. Brock bekämpft die Parallelisirung des Prostata-Vas deferens- Ganges mit der im Prostatatheil viel freieren männlichen Leitung der Basommatophoren u. A. durch das Argument, dass die Prostata der Stylommatophoren stets als bloße Halbrinne mit dem Oviduet oder Uterus einen einheitlichen Kanal, den Ovispermatoduct, darstellt, ohne irgend wie im distalen Theile frei zu werden. Wieder sind die Acker- 1 Jahrb. der d. mal. Ges. Bd. XIH. 658 Heinrich Simroth, schnecken hierfür die ungünstigsten Objekte, und man kann wohl kaum vereinzeltere Prostatadrüsenschläuche ohne jedwede Halbrinne zer- streut dem Uterus aufsitzen sehen, als bei weiblichen Agriolimax laevis. Ähnlich, nur dichter, stehen sie bei Vitrinen. Bei Limax verhalten sich die Arten verschieden, aber beim maximus und variegatus löst sich sicherlich das untere Ende auf weithin als geschlossener Kanal ab, ähnlich bei Succinea, ein wenig habe ich es, ohne jede künstliche Ab- trennung direkt der Natur nach abgebildet von Ariuneulus Isselii (Jahrb. der d. mal. Ges. Bd. XIII. Taf. XI, Fig. 18), am stärksten ist die Loslösung bei der allerdings seitwärts stehenden australischen Janella-Aneitea- (Triboniophorus-) Gruppe, wie man überhaupt bemerken kann, dass alle diese Fälle vom Gros sich ein wenig entfernen. Und hiermit nehme ich die kleinste Ackerschnecke, den Agriolimax laevis, mit der auffallenden Penisverkümmerung wieder auf. Von jungen einheimischen Thieren konnte ich melden, dass die Ruthe völlig fehle, höchstens bis auf eine ganz kleine Andeutung einer Ausstülpung, dass eben so der Prostatabesatz des Ovispermatoducts sehr spärlich ausge- bildet ist; umgekehrt ist der weibliche eileitende Antheil desselben sehr weit, der Zwittergang dagegen eng, kurz und gestreckt, die Zwitterdrüse klein. Deren Untersuchung auf die Geschlechtsprodukte ist leider versäumt, doch kann man aus den beiden letzten Befunden an Drüse und Gang mit ziemlicher Sicherheit auf Mangel des Sperma schließen. An anderen Exemplaren ließ sich der Penis, und zwar ein recht langer, nachweisen, aber eigenthümlich verbildet, ohne Reiz- körper, und das nicht weniger bezeichnend, ohne Retractor (diese Zeit- schrift Bd. XLI. Taf. IX, Fig. 21). Wie die Genitalien, scheinen manche Ektodermbildungen Variationen zu unterliegen, in geringem Maße die Radula, in stärkerem der Mantel, der an Ausdehnung schwankt, je nach dem Aufenthalt mehr im Feuchten oder Trockenen, ja ich kann eine besondere Merkwürdigkeit anführen von einem kleinen Danziger Exem- plar aus der Sammlung des Herrn Dr. Scuumans; hier war der Mantel- umfang rechts normal, links aber bis zur Sohlenleiste hinunter verbrei- tert, eine maximale Übertreibung des Bürscnıi'schen Gesetzes, wonach die Wachsthumsverzögerung der rechten Mantelhälfte gegen die linke die gesammte Asymmetrie des Körpers bedingt !. 1 Hier sei übrigens darauf hingewiesen, dass das Bürschui’sche Gesetz, welches die Verlagerung der Mantelorgane (um damit alle von der Asymmetrie des Mantels in Mitleidenschaft gezogenen Organe zu bezeichnen) in hohem Grade durchsichtig und plausibel macht, schwerlich die letzte Erklärung der Asymmetrie abgeben kann, da es die einseitige Anlage der Genitalien nicht mit erklärt. Wenn diese Anlage nicht, so viel wir wissen, erst spät postembryonal erfolgte, könnte man geradezu Über die Genitalentwieklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 659 Der Betrag der Schwankungen bei sonst gleichem Äußeren er- laubt und zwingt uns, eine große Menge, vielleicht 15 bis 18 Arten einheimischer und fremder Limaces autt. unter den Agriolimax laevis einzubeziehen, woraus sich die geographische Verbreitung der Species ergiebt. Den livländischen pallidus Schrenk und mitteleuropäischen lacustris Bon. glaubte ich bereits früher herrechnen zu sollen. Ich er- kannte ein weibliches Thierchen unter den Schnecken, welche von Hırpzerannr aus dem Inneren von Madagascar mitgebracht waren. Die Penisabweichungen bringen eine ganze Reihe amerikanischer Formen, ja alle die neuweltlichen Limaces, die nicht erst modernem Verkehr ihre Einschleppung verdanken, dazu. Ich selbst konnte den mexikanischen stenurus Str. und Pf. und den brasiliensis Semper zerlegen (bei welch Letzterem ich u. A. eine eben so abnorm gestreckte Ruthe fand, wie gelegentlich beim deutschen), ferner den hyperboreus Wstld. von der Behringsinsel; die Iuerıne’sche Arbeit! fügt den montanus Ingers. (= Ingersolli Binney) von Centralamerika bis S. Francisco, die nord- amerikanischen castaneus Ingers., Weinlandi Heynem., campestrisBinney mit der Var. oceidentalis, den argentinus Strobel, die mexikanischen jalapensis und Berendti Str. und Pf. daran. Beim rarotonganus Heynem. traf ich die Genitalien nicht entwickelt, doch ist es nicht unwahrschein- lich, dass auch er hergehört. Den sandwichiensis muss ich nach Au- topsie als laevis ansehen. Hrynemann’s treffliche Orientirungsarbeit ?, »Die nackten Landpulmonaten des Erdbodens«, identificirt den meridio- nalis Doering mit dem argentinus Strob., sie macht es wahrschein- lich, dass auch der mouensis Gassies von Neucaledonien, Tahiti und den Marquesas ein laevis ist. Daraus ergiebt sich ein kolossales Ver- breitungsgebiet der kleinen Schnecke, das sich bei näherem Zusehen eigenthümlich gestaltet. Am auffallendsten ist das Vorkommen in Eu- ropa. In Skandinavien geht sie nicht über den 60. Grad hinaus, im Süden findet sie ihre Grenze in den Alpenländern, sie scheint Russland zu fehlen, so wie Siebenbürgen, sie fehlt den Mittelmeerländern, wo ihre Einseitigkeit als das Ursächliche auffassen und behaupten: die Ausbildung der Genitalien nimmt der betreffenden Körperseite so viel Material weg, dass sie in ihrem Wachsthume gegen die andere zurückbleibt, woher denn die Ungleichheit der Mantelhälften und die daraus folgende Aufrollung. Hiernach wären die Schnecken Weichthiere, die durch einseitige Verkümmerung der Genitalien asymmetrisch ge- worden sind und sich aufgerollt haben. Ein alter Gedanke, aber mit neuer Be- gründung, die der embryologischen Bestätigung sehr bedürftig erscheint. 1 Jahrb. der d. mal. Ges. Bd. X1l. 2 Frankfurt 1886. 3 BirGITHE EsmArk, On the Land and Freshwater Mollusca of Norway. Journal of Gonchology 1886. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bad. 43 660 Heinrich Simroth, sie durch nahe verwandte vikariirende Arten vertreten wird, wie sich denn dieser Bezirk von Portugal bis zum Kaukasus besonders stark art- bildend erweist. Für Portugal (und die Azoren) kann ich das Fehlen bestimmt behaupten, eben so für Sardinien und Kreta. Die vikariiren- den Arten Dymezewiczi, berytensis, sardus u. A. machen die Abwesen- heit im ganzen Mittelmeergebiet in hohem Grade wahrscheinlich, wo nicht sicher. So haben wir also das mittlere Europa, ganz Amerika, die Nordostküste Sibiriens und die Inseln des stillen Oceans, zum mindesten verprüft die Sandwichinseln, dazu auffallenderweise Madagascar. Man könnte versucht sein, zur Erklärung des letzteren Fundes auch die Ver- breitung in den Küstenländern und auf den Inseln des indischen Oceans zu vermuthen. Doch liegt eine andere Annahme, die sich auf That- sachen stützt, viel näher. Danach würde der Weg nach Madagascar vom Mittelmeer aus die afrikanische Ostküste entlang gegangen sein. Wenigstens findet sich hier der verwandte Agriolimax Jickelii Heynem. (Mekerka), und man hätte anzunehmen, dass die Art in alter Zeit auch die Mittelmeerländer bevölkert habe und von dort aus vorgedrungen sei. Man hätte dann weiter die jetzige Lücke in den Mittelmeerländern durch die Umbildung der dortigen Bewohner zu neuen »vikariirenden« Formen entstanden sein zu lassen. Mir scheint bei der jetzt immerhin guten Kenntnis der Limaciden diese Annahme, welche Ostafrika als einen Zipfel des Mittelmeergebietes ansieht, viel für sich zu haben. Die anatomischen Abweichungen, welche auf eine Urform hinweisen (s. o.), die Einfachheit des Kolorits (der Originaltracht, wie ich es nannte), geben einen Fingerzeig, dass wir in der Schnecke einen alten Dauer- typus vor uns haben, und der würde vom centralasiatischen Ursprungs- land nach Ost und West vorgedrungen sein, bis er seine heutige Ver- breitung erlangt hätte, im Westen nach Europa, im Osten über die Behringsstraße nach Nordamerika und über den ganzen Kontinent hin- ab. Das absolute Fehlen auf den Azoren, das Auftreten dagegen auf den Inseln des stillen Oceans spricht entschieden für einen derartigen Weg, nicht aber für eine Besiedelung Amerikas von Europa aus, wie wir sie in moderner Zeit mehrere Limaces ausführen sahen (L. maxi- mus, variegatus, Agriolimax agrestis und andere noch zu bestimmende Species). Zwei dieser Limaciden sind so gut wie kosmopolitisch, L. variegatus und Agriolimax agrestis, aber bei beiden ist es leicht, die immer größere Verbreitung durch Schiffsverkehr nachzuweisen, wo- bei natürlich gelegentlicher Transport, namentlich durch Treibholz, nicht ausgeschlossen ist. Beiden steht der laevis in Verbreitungsmitteln entschieden nach, dem variegatus, der die Speicher liebt, durch den Aufenthalt, dem agrestis durch geringere Vermehrung und größere Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. 661 Empfindlichkeit gegen Trocknis (bildet er doch bisher die Sektion Hydrolimax). Höchstens den kleinen Körperumfang könnte er vor- aus haben. Wenn trotzdem die starke Verbreitung, wie es scheint, ohne das Medium des menschlichen Verkehrs eingetreten ist, dann muss das Thier wohl andere Vortheile in seiner Organisation besitzen, und dazu gehe ich jetzt über. Ich mühte mich seither vergebens, zu den jungen Weibchen auch Männchen aufzutreiben, dachte an Zwergmännchen und dgl., wie ge- sagt, ohne Erfolg. Nachdem Brock den sekundären Charakter der Ruthe nachgewiesen, dürfte die Hoffnung aufzugeben sein. Dagegen fand ich wiederholt ausgewachsene Weibchen, und zwar jedes Mal unter besonderen Verhältnissen. Vom sandwichiensis konnte ich zwei er- wachsene Thiere untersuchen, beide waren rein weiblich. — von einer Serie kalifornischer Thiere öffnete ich vier, ein halbwüchsiges und drei große, alle waren ebenfalls rein weiblich, mit den oben angegebenen Verhältnissen der Genitalabschnitte, dem weiten Uterus etc., ja sogar ohne jede Andeutung von Prostataschläuchen; hier konnte es kaum einem Zweifel unterliegen, dass eine rein weibliche Rasse vorlag. Wie vermehrt sich dieselbe? Ältere Experimente, junge laevis vom Ei an in Einzelhaft aufzuziehen, waren mir missglückt, auch ist bei uns die Aussicht, die so seltenen Weibchen unter vielen Zwittern zu erlangen, nicht groß. Da endlich verschaffte vielleicht ein stenurus aus dem Ber- liner Museum, also ein mexikanisches Thier, den nöthigen Aufschluss, es enthielt im Uterus (Fig. 14) vier große Eier mit je einem Embryo, etwa von der Größe einer aus abgelegtem Ei auskriechenden jungen Schnecke. Der Raum zwischen Embryo und Eischale war von der nor- malen klaren Eiweißgallerte eingenommen. Die Eier kann ich nicht mehr messen, da die Hüllen in stärkerem Alkohol geschrumpft sind, die Embryonen, sehr kontrahirt, haben eine Länge von 1,5—2 mm. Gewiss eine auffallende Thatsache. Leider brachte die Zerlegung eines Em- bryo in Schnitte wieder ein Fragezeichen. Denn trotz der äußeren, vorn verbreiterten, hinten zugespitzten Form, zeigte sich im Inneren nichts von Organen, vielmehr ist eine strukturlose Membran von paral- lel geordneten, mit einer körnigen Masse (und Vacuolen?) gefüllten Schläuchen gleichmäßig ausgefüllt. Auch die reichen Erfahrungen des Herrn Geheimrath LeuckArr, der die Güte hatte, die Schnitte zu durch- mustern, konnten keine bestimmte Analogie finden. Wahrscheinlich handelt es sich um niederste Parasiten, welche die Embryonen wieder zerstörten, und wir hätten solche überhaupt nicht anzunehmen, wenn nicht alle übrigen Momente, die Eischale, die Zahl, die Lage im Uterus und dessen Gestalt, dafür einträten. Wir kennen nun lebendig 43% 662 | Heinrich Simroth, gebärende Pulmonaten genug, auch aus sonst eierlegenden Gattungen (Clausilia), aber wir kennen keine Art, die bald Eier legt, bald leben- dige Junge zur Welt bringt. Dass der einzelne Fall beim laevis keine Ausnahme, dafür spricht der bei allen Weibchen erweiterte Uterus (hier passt der Ausdruck), die Zahl der Eier aber ist dieselbe, die häufig von jungen Thieren nicht überschritten wird. Es scheint also schon nach der Bildung des Uterus, dass die weiblichen Thiere lebendig gebärend sind, die Zwitter dagegen Eier legen. Gewiss würde die Zurückbehal- tung der Jungen im Mutterleibe eine vortheilhafte Einrichtung sein, welche die Eier den Wechselfällen, namentlich des Austrocknens, ent- zöge, und damit die geographische Verbreitung erleichterte. Aber ich gehe weiter und halte es für wahrscheinlich, dass die Eier sich ohne Copula und Befruchtung parthenogenetisch entwickeln. Einmal ist das Receptaculum der Weibchen stets ohne Sperma. Mit wem andererseits sollen sie sich begatten? Die allerdings vielleicht mit Samenresten versehenen Weibchen unter einander? ohne CGopulationsorgane? ohne irgend welchen Genitalretraktor, der eine Ausstülpung andeutete? Sehr plausibel ist es mindestens nicht, eben so wenig als die Befruchtung von Seiten der Zwitter; meines Wissens ist überhaupt kein Fall ein- seitiger Begattung bei Pulmonaten bekannt, sondern durch ein langes Vorspiel regen sich die Thiere gegenseitig zur Ausstülpung der Gopu- lationsorgane an, sodann aber scheinen die Weibchen, wie in dem Bei- spiel von Kalifornien und Hawai, allein unter sich zu leben, wahr- scheinlich durch irgend welche gleichmäßig auf sie wirkenden äußeren Einflüsse zu einseitiger Ausbildung gebracht. Es bliebe noch Selbstbe- fruchtung übrig, und in der That ist ja von Bırr ein solches Vorkommnis bei einer Limnaea bekanntermaßen beobachtet; dabei aber handelt sich es um eine Schnecke mit getrennten Genitalöffnungen, bei welcher der ausgestülpte Penis sich beim Fehlen eines Partners in die eigene Vagina verirrte. Bei Agriolimax laevis ist diese Art ausgeschlossen; es könnte sich nur um innere Selbstbefruchtung handeln, für die nicht nur keine sichere oder nähere Parallele vorliegt, sondern die auch durch den totalen oder mindestens hochgradigen Spermamangel gewiss nicht befürwortet wird. Sollte Parthenogenesis statihaben (der erste Fall bei einem Weichthier!), dann werden mit einem Schlage die Chan- cen für die Ausbreitung der Art verdoppelt, denn es genügt die Ver- schleppung eines Individuums, wo sonst zum mindesten zwei nöthig wären. Die Beibehaltung des Receptaculums, das nicht in Thätigkeit tritt, würde sich leicht erklären; es gehört zur ursprünglichen Genital- anlage der Pulmonaten und bleibt, auch wo der sekundäre Penis weg- fällt. Über die Genitalentwieklune der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis, 663 Es versteht sich von selbst, dass der experimentelle Beweis durch Züchtung angestrebt werden muss. Einen Fingerzeig wenigstens, glaube ich, kann man für die Bedingungen geben; bis jetzt sind erwachsene Weibchen nur aus warmen Ländern bekannt, es scheint also, als wenn Wärme die einseitige Ausbildung beeinflussen möchte. Ja man könnte daran denken, dass nur unter dieser einseitigen Wärmeform es der Art ermöglicht wurde, die Tropen zu überschreiten. Wem es leichtsinnig erscheinen sollte, dass ich auf noch immer ziemlich vereinzelte Thatsachen weitgehende Schlüsse zu bauen und dem zoologischen Publikum zu unterbreiten mich unterfange, dem er- wiedere ich, dass in fortgesetzten Bemühungen das mir bekannte aus- ländische Material zunächst erschöpft ist und Neues ohne neue Anre- gung nur zufällig zu erwarten steht, und dass den lange gehegten, jetzt niedergelegten Überlegungen durch die Untersuchungen Broex’s plötz- lich Reife und Lösung zu kommen schien. Möge das sicherlich inter- essante biologische Problem von jeder berufenen Seite Förderung finden! Gohlis bei Leipzig, März 1887. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXIV. dı—de, Darmabschnitte;. ei, Eiweißdrüse; ll, linke Leber; p, Penis; ph, Pharynx; osdi, Ovispermatoduct; ovdt, Oviduct; rec, Receptaculum;; rl, rechte Leber; rp, Penisretractor; s, Speicheldrüsen; vd, Vas deferens; zd, Zwitterdrüse; 29, Zwittergang. Fig. 4. Limax coerulans. Eingeweide etwas entfaltet, aber nicht in der Längs- richtung verschoben. Ah, Hirn; an, Anhangsdrüse; c, Spindelmuskel; ac, Kopf- aorta; n, Niere; I, Lunge; prc, Herz. Fig. 2. Limax maximus, ebenso. Fig. 3 und 4. Penis zweier Agriolimax agrestis, welche sich eben gepaart hatten. Fig. 5-8. Penes von Agriolimax sardus. Fig. 9. Amalia marginata von 1,3 cm Länge, geöffnet, um die kleinen Genita- lien zu zeigen. Fig. 9a. Die Genitalien desselben Thieres, vergrößert. vs, Anlage der Vesicula seiminalis; ar, die von hinten zur Zwitterdrüse tretende Arterie. Fig. 10. Die Genitalien eines Thieres derselben Art von 2 cm Länge. Fig. 40a. Endtheil derselben vergrößert. Bindegewebe verdeckt die Anlage des Vas deferens. Fig. 41. Dasselbe wie in Fig. 10a, aus einem Thier von 3 cm Länge. ad, ac- cessorische Drüsen in der Anlage. Fig. 12. Genitalendwege einer jugendlichen Azorenvitrina. Fig. 13. Dasselbe von einer erwachsenen Vitrina Ruivensis von Madeira. Fig. 14. Genitalien eines mexikanischen Agriolimax laevis (Limax stenurus). Ut, Uterus (Ovispermatoduct ohne Windungen und Prostata), mit mehreren Riss- stellen, aus denen vier Eier mit Embryonen genommen wurden, Über Brunstwarzen bei Rana temporaria L. Von 0. Huber, cand. med. aus Berlin. Mit Tafel XXXV. Im Folgenden theile ich das Ergebnis einer Untersuchung mit, die mich auf die gütige Veranlassung von Herrn Professor F. E. ScuuLze im zoologischen Institut der Berliner Universität während des Sommers “ vergangenen Jahres beschäftigte. Wenn gleich dieselbe leider, da meine Zeit anderwärts ganz in Anspruch genommen wurde, nicht wei- ter ausgedehnt werden konnte, so glaube ich doch, dass sie geeignet ist, auf eine bisher wenig beachtete, ja falsch gedeutete Erscheinung bei dem gewöhnlichsten unserer einheimischen Batrachier einiges Licht zu werfen. Die Hautoberfläche des Männchens von Rana temporaria L. (fusca Rösel) ist in der Regel glatt!. Nur bei einzelnen Exemplaren zeigt sie, besonders an den Seiten des Rumpfes, auf der Rückenfläche um den After herum und der Oberseite der hinteren Extremitäten eine geringe * höckerige Beschaffenheit, die theils nur der Größe der eingebetteten Drüsen, theils auch ganz niedrigen partiellen Verdickungen, flachen Papillen der Cutis ihren Ursprung verdankt, welche sich in ihrer Fär- bung fast nicht von der Umgebung unterscheiden. Dem gegenüber tritt, wie schon Röser ? abgebildet und dann Leyvie genauer. beschrieben hat, bei dem Weibchen zur Paarungszeit auf der 1 Die Beschreibung Eckzr’s Die Anatomie des Frosches.« Braunschweig 1864) kann sich, wenngleich es nicht ausdrücklich angegeben ist, nur auf das Integument von Rana esculenta beziehen, da auch die hier angeführten dunkel pigmentirten Epidermishöcker bei R. temporaria stets fehlen. 2 RÖsEL von ROSENHOF, Historia naturalis Ranarum nostratium. Nürnberg 1758. Tab. I et III. 3 F. Leyvıse, Anat. histol. Untersuchungen über Fische und Reptilien. Berlin 1853. p. 108. Über Brunstwarzen bei Rana temporaria L. 665 Oberseite ein eigenthümlicher Hautausschlag auf, der aus sandkorn- bis stecknadelkopfgroßen, perl- oder kegelartigen Warzen von weißer oder blass rosa Farbe besteht. Dieselben sind am größten und zahlreichsten an den Seiten des Rumpfes vom Drüsenwulst abwärts bis zur Grenze zwischen dem dunklen Rücken- und hellen Bauchkolorit. Von hier aus erstrecken sie sich, an Größe schnell abnehmend, auf den Ohrfleck und das Trommel- fell, auf dem sie meist eine kranzförmige Figur bilden, in ausgeprägten Fällen selbst über und unter dem Auge hinweg auf die Seitentheile der Schnauze bis zur äußeren Nasenöffnung. Medianwärts überschreiten sie die Seitenwülste erst in der hinteren Hälfte, um etwa vom vor- deren Rande der Beckenknochen an die hintere Rückenfläche zu er- füllen. Seitlich von der Afteröffnung, in deren Umgebung sie sehr groß und dieht angeordnet sind, gehen sie ohne scharfe Grenze in die flachen Papillen der Analgegend über, die, nur durch zahlreiche und große Drüsen bedingt und meist mit kleinen sekundären Papillen be- setzt, auf die Unterseite des ersten Oberschenkeldrittels übergreifen. Über den Oberschenkel ziehen diese Brunstwarzen, wie ich sie ent- sprechend ihrem zeitweisen Auftreten bezeichnen möchte, ziemlich nahe und parallel seinem Vorderrande in Gestalt einer schmalen Binde hinweg; dagegen bedecken sie in stattlicher Zahl und mannigfacher Größe die ganze Oberseite der Haut des Unterschenkels, des Tarsus und der fünften Zehe. Bei einzelnen Exemplaren fanden sie sich auch auf der Haut der Beugeseite des dritten und vierten Metatarsus. Da- gegen waren nur sehr selten vereinzelte Wärzchen auf der Oberseite der vorderen Extremitäten zu bemerken. Dem Männchen fehlt, wie schon erwähnt, diese Beperlung der Haut völlig, eben so allen übrigen Batrachiern der deutschen Fauna. Nur bei Rana arvalis Nills. habe ich sie an den beiden mir zur Ver- fügung stehenden Weibchen — freilich wenig ausgeprägt und auf die hinteren Extremitäten beschränkt — konstatiren können, während sie Leyoie | an seinen Exemplaren vermisst hat, und desshalb in ihrem völligen Fehlen hier ein Unterscheidungsmerkmal von Rana temporaria gefunden zu haben glaubt. Hinsichtlich der Morphologie dieser Warzenbildung giebt Levnis an, dass sie durch Vermehrung der Zellen der Oberhaut, d. h. durch Epidermishöcker bedingt sei, und Wrepersurm 2 glaubt desshalb, ihr die spitzen Tubereula von Euproctus Rusconii gleichstellen zu können. ! F. Leypie, Die anuren Batrachier der deutschen Fauna. Bonn 1877. p. 123. ? R. Wıepersueım, Bemerkungen zur Anatomie des Euproctus Rusconii. Annali del Museo Civivo di Storia Naturale di Genova. Vol. VII. 1875. p. 557. 666 | 0. Huber, Dem ist aber nicht so. Vielmehr bestehen die Brunstwarzen im Wesent- lichen aus einer großen, halbkugelig vorgewölbten Cutispapille. Das Epithel zieht meist gar nicht, in selteneren Fällen bis zur doppelten Dicke verstärkt in sonst normaler Beschaffenheit über dieselbe hinweg: Die obersten Schichten sind verhornt; jene eigenthümlichen flaschen- förmigen Zellen finden sich besonders an den abhängigen Theilen; auch sah ich zahlreiche Nervenfibrillen von großen multipolaren Ganglien- zellen der Gutis ausgehend zwischen die Epithelzellen eindringen, wo sie wahrscheinlich — die reine Berührungsempfindung vermittelnd — knopfförmig enden (vgl. Fig. 3). Die Papille selbst zeigt ein festes bindegewebiges Stroma, in dessen Maschen, besonders in der Mantel- zone dicht unter dem Epithel, zahlreiche (in einem Schnitt 50—100) Zellen eingelagert sind. Ihre Höhe betrug an den in Folge des be- trächtlichen Gewebsturgors durch Alkohol nicht unbedeutend ge- schrumpften Präparaten im Durchschnitt 0,2—0,4 mm bei einem Basis- durchmesser von etwa 0,2—0,5 mm. Drüsen liegen in der Regel unterhalb des Niveaus der Papille, ihr Ausführungsgang seitlich von derselben; nur mitunter trifft man sie mitten in der Papille, auf deren Höhe sie dann ausmünden. Blutgefäße verzweigen sich reichlich in ihr. Was aber diese Brunstwarzen ganz besonders charakterisirt, das ist das konstante Fehlen der dunkel schwarzbraunen Pigmentzellen in ihnen, die sonst allenthalben in dicker Schicht unter dem Epithel hin- ziehend der Oberseite der Haut ihre dunkle Farbe verleihen. Diesel- ben hören entweder schon an der Basis der Papille auf, oder ziehen diaphragmaähnlich noch eine kleine Strecke — meist etwas nach oben ausbiegend — in dieselbe hinein; in der Mitte aber vermisst man sie ausnahmslos, so dass ein frisch abgezogenes Stück Haut gegen das Licht gehalten wie von kleinen Löchern durchbohrt erschemt (vgl. Fig. 2). Dagegen ist die oben erwähnte seltenere Rosafärbung der Warze durch zartes gelbliches oder röthliches Pigment bedingt, das mitunter in bedeutender Menge die Papille erfüllt. Indessen nur kurze Zeit hindurch zeigen die Brunstwarzen dieses typische Verhalten. Schon wenige Wochen nach dem Laichen verlie- ren sie ihre Turgescenz, auch scheinen allmählich die Chromatophoren —- deren schon länger bekannte freie Beweglichkeit ich an einigen mit Chloralhydrat oder Cocain betäubten Larven von Discoglossus pietus Gravenhorst unter dem Mikroskop zu beobachten Gelegenheit hatte —, wieder einzuwandern;; und im Spätherbste findet man nur noch schlaffe Höcker, die sich in ihrer Pigmentirung wenig von der umgebenden Haut unterscheiden. Was endlich die Funktion der so skizzirten Brunstwarzen anlangt, Über Brunstwarzen bei Rana temporaria L. 667 so legt zwar ihr temporäres Auftreten eine Beziehung zu dem Fort- pflanzungsgeschäfte der Frösche außerordentlich nahe, indessen kann ich — auch in ihrer Vertheilung — keinen beweisenden Grund für die Annahme Leyvig’s erkennen, dass sie dazu dienen möchten, dem Männ- chen das Festhalten des schlüpfrigen Weibchens zu erleichtern. Da- gegen finde ich eine auffallende Übereinstimmung der Brunstwarzen mit den von Merkzr ! bei Rana esculenta L. beschriebenen Tastflecken, sowohl in ihrer Anordnung wie in ihrem histologischen Aufbau: Auch diese bestehen bekanntlich aus flachen, unpigmentirten Gutispapil- len, nur dass hier die Epidermis darüber meist ein wenig verdickt und dunkel pigmentirt erscheint, was bei den viel größeren War- zen der R. temporaria stets vermisst wird. Auch die oben beschrie- benen Zellen, die in das Bindegewebsgerüst der Warze besonders peripher eingebettet sind, gleichen genau den Tastzellen Merker’s, sind aber bedeutend zahlreicher wie diese. Indessen gelang es mir nicht, Nerven mit absoluter Sicherheit bis zu denselben zu verfolgen. Die Osmium-Essigsäurebehandlung Merker’s ließ zwar in der Papille aufsteigende Fibrillen deutlich erkennen, doch vermochte ich mich weder von dem Zusammenhang derselben mit den Zellen noch über- haupt von ihrem nervösen Charakter deutlich zu überzeugen. Die neue Methode Enrrıicn’s?, Methylenblau-Kochsalzlösung dem lebenden Thiere zu infundiren, für deren genaue Mittheilung ich demselben zu Danke ‚verpflichtet bin, versagte leider bei der Aufgabe, Hautnerven zu tingiren; nur mit der Goldbehandlung glückte es mir in einzelnen Fällen, von denen ich einen in Fig. 4 abbilde, jenen Zusammenhang wenigstens sehr wahrscheinlich zu machen. Die darauf begründete Anschauung von der Homologie der Brunstwarzen bei Rana temporaria mit den Merker’schen Tastflecken bei Rana esculenta scheint mir noch durch die an verschiedenen kopulirten Pärchen von Rana temporaria wiederholt gemachte Beobachtung bestätigt zu werden, dass bei den in Folge der Fluchtversuche des Weibchens oft unruhigen Bewegungen des Männchens gerade die mit jenen Warzen bedeckten Hautstellen des ersteren von letzterem, und zwar vorzugsweise mit seinen hinteren Extremitäten gestreift werden. Nach alledem bin ich geneigt, in den Brunstwarzen speecifische Nervenendapparate zu sehen, die eine modificirte Druckempfindung, die der Wollust, vermitteln. Ich kann sie daher nur in funktioneller . 1 F. Merker, Über die Endigungen der sensiblen Nerven in der Haut der Wir- belthiere. Rostock 1880. p. 108. ? P. Euruich, Über die Methylenblaureaktion der lebenden Nervensubstanz. Deutsche medic. Wochenschrift. Nr, 4. 1886. 668 0. Huber, Über Brunstwarzen bei Rana temporaria L. Hinsicht — nicht in anatomischer, wie es Leynıg ! gethan hat — mit dem bekannten Perlausschlag der Fische vergleichen, in morphologi- scher dagegen glaube ich eine ausgesprochene Übereinstimmung mit den Merker'schen Tastflecken der Rana esculenta nachgewiesen zu haben. Berlin, im März 1887. ! F. Leypıe, Vom Bau des thierischen Körpers. I. Tübingen. 1864. p. 65 Anm, 5, Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXV. Fig. 4. Schema der Vertheilung der Brunstwarzen bei Rana temporaria L. Die rothen Punkte entsprechen den Brunstwarzen, die schwarzen den flachen Papillen der Analgegend. Natürliche Größe. Fig. 2. Durchschnitt durch eine Brunstwarze. d, Drüsen; d,, leerer Drüsen- balg; p, dunkle Pigmentzellen; z, Zellen, besonders in die peripheren Schichten der Papille eingelagert. Alkohol, Hämatoxylin. Vergr. circa 125. Fig. 3. Durchschnitt durch eine Brunstwarze. g, Ganglienzelle der Cutis; n, Nervenfibrillen in das Epithel reichend,, b, Blutgefäß (?); d, Drüsen. Citronensaft, Goldchlorid 0,50/0, BAstıan-PrickArpr’sche Reduktionsflüssigkeit, Alkohol. Vergr. eirca 220. Fig. 4. Durchschnitt durch den oberen Theil einer Brunstwarze. n, Nerven- fibrillen; z, Zellen der Mantelschicht. Goldchlorid 0,50/4, BAsTIan-PrickARrpT’sche Reduktionsflüssigkeit, Alkohol. Vergr. circa 300. I & 5 he A Te Über die Abstammung der männlichen Geschlechtszellen bei Eudendrium racemosum Cav. Von C. Ishikawa aus Tokio, Japan. (Zoologisches Institut zu Freiburg i. Br.) Mit 3 Holzschnitten. Professor Weısmann vertritt bekanntlich in seiner großen Mono- sraphie »Über die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydrome- dusen«! die Ansicht, dass ursprünglich alle Sexualzellen aus Ektoderm- zellen entstanden und im Ektoderm zur Reife gelangten, dass aber im späteren Verlauf der Phylogenese die Keimstätte sich bei vielen Arten aus dem Ektoderm ins Entoderm verschob, so dass es nun den An- schein hat, als entstünden die Sexualzellen aus Entodermzellen. In vielen Fällen gelang es Werısmann zu zeigen, dass bei solchen Arten dennoch die Zellen, aus welchen die Sexualzellen werden, aus dem Ektoderm stammen, indem sie durch aktive Wanderung ins Entoderm gelangen, um sich dann erst zu Sexualzellen umzuwandeln; bei man- chen Arten aber konnte er diesen Nachweis noch nicht führen und musste sich damit begnügen, die ektodermale Abstammung der im Entoderm liegenden jüngsten Sexualzellen als wahrscheinlich hinzu- stellen. So verhielt es sich mit den männlichen Keimzellen von Euden- drium, deren Entstehung aus Ektodermzellen, die ins Entoderm ein- gewandert sind, nur erschlossen, nicht aber direkt beobachtet wurde. Ich habe mich in letztem Frühjahr mit der Organisation der Hydro- medusen beschäftigt und dabei einige Beobachtungen gemacht, die die Entscheidung in dieser Frage geben, und zwar im Sinne einer Bestäti- gung der Ansicht Weısmann’s: die jungen Keimzellen, welche man im Entoderm ganz junger Gonophoren der Stützmem- 1 Jena 1883. 670 ; C. Ishikawa, ‚bran aufsitzen sieht, stammen wirklich ausdem Ektoderm. Nicht, dass man ihre Wanderung durch die Stützmembran am lebenden Thier verfolgen könnte, aber auf glücklich geführten Schnitten findet man in einigen Fällen dieselben jungen Zellen auch auf der Außenseite a Fig. 1. Eudendrium racemo- Fig.2. Schnitt durch die Basis eines Gonophors. Ekt, sum, ein junges Blastostyl. Ektoderm, ganz frei von Urkeimzellen «kz, welche hier Gph, Gonophoren; K, Köpf- nur im Entoderm (Ent) liegen; st, Stützlamelle. chen; S7, Stiel desselben. _ . Vergr.: 340. Verzr.: 18. der Stützmembran im Ektoderm liegen, während sie in späteren Sta- 4 dien dort verschwunden sind und nur noch im Entoderm sich finden. Ein junges Blastostyl (Gonophorenträger) von Eudendrium race- mosum, welches bereits eine An- zahl von Gonophoren mit reifen Spermazellen trägt (Fig. 1), zeigt ‚ Nr auf Querschnitten Folgendes. 3 \o\ Auf Schnitten, die durch die 3E nn & Basis der Gonophoren, als deren jüngsten Theil geführt sind, sieht man im Entoderm die schon be- kannten Gruppen yon kleinen Fig.3. Schnitt durch den untersten Theil des Köpt- . rundlichen Urkeimzellen theils chens des Blastostyls. ukz, die Urkeimzellen, von . #2 3 denen eine Gruppe im Ektoderm, die übrigen im direkt. der Stützmembran auf Entoderm liegen; sz, Stützlamelle. Vergr.: 30. sitzen, theils schon tiefer zwischen 2 die Entodermzellen eingedrungen (Fig. 2). Weiter gegen die Basis des Blastostyls hin, aber noch im Köpfchen desselben, findet man nun auf den Schnitten diese Zellengruppen nicht nur im Entoderm, sondern Mt auch im Ektoderm (Fig. 3), und zwar liegen sie stets direkt der Stütz- membran auf. Sie sind den Urkeimzellen des Entoderms vollkommen“ Über die Abstammung der männlichen Geschlechtszellen bei Eudendrium racemosum Cav. 671 gleich, und es kann nicht zweifelhaft sein, dass wir in ihnen primäre männliche Keimzellen vor uns haben, die noch nicht ins Entoderm eingedrungen sind. Ob nun alle männlichen Urkeimzellen erst im Blastostyl sich aus dem Ektoderm differenziren, oder ob ein Theil von ihnen vielleicht schon in dem Hydranihenstiel entsteht, von welchem das Blastostyl hervorwächst, vermag ich nicht mit voller Bestimmtheit zu sagen, da mein Material dazu nicht ausreichte. Die Entscheidung der Frage wäre in so fern von Interesse, als bei den weiblichen Stöcken die Keimstätte der Geschlechtszellen noch viel weiter zurück verschoben ist, nicht nur in den Seitenhydranthen, von dem das Blastostyl entspringt, sondern bis in den Haupthydranthen, von wel- chem die Seitenäste ihren Ursprung nehmen. Dass indessen bei den männlichen Stöcken die Verschiebung der Keimstätte jedenfalls eine viel geringere ist, geht schon aus den Angaben Weıswaxs’s hervor, mit denen auch hierin meine Erfahrungen übereinstimmen, da ich schon im Stiel des Blastostyis weder im Ektoderm noch im Entoderm Ur- keimzellen nachweisen konnte. Freiburg i. Br. im April 1887. Keimzelle und Keimblatt. (Nach einem in der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie zu Graz gehaltenem Vortrage.) Von Phil. et Med. Dr. Ludwig Kerschner, Assistenten am anat. Institute in Graz. Während der Untersuchung der Hydra-Entwicklung drängten sich mir in Folge der Eigenthümlichkeit von deren Eiern, so wie in Folge der Angaben Kırıinengere’s über die Schicksale der Keimblätter dieses Thieres unwillkürlich die Fragen nach dem morphologischen Werthe des Eies und nach der Werthigkeit und Gleichwerthigkeit der Keimblätter auf. Die Antwort, welche ich mir gebildet hatte, betrachtete ich als zur genannten Untersuchüng gehörig, und zögerte daher mit der Veröffentlichung derselben von Jahr zu Jahr, immer wieder von der Hoff- nung getrügt, den speciellen Theil meiner Arbeit zur geplanten Voll- ständigkeit bringen zu können. Ein weiterer Grund, meine Anschauungen nur im engeren Bekanntenkreise zu vertreten, war der Zweifel an dem Werth und der Berechtigung meiner Deduktionen in Anbetracht ihrer Konsequenzen. Der ersteGrund bestände wohl gegenwärtig noch weiter. Selbst heute noch, nach sieben Jahren, hindern mich die Ungunst der Verhältnisse, die Seltenheit und außerordentliche Sprödigkeit des Ma- teriales daran, meiner vorläufigen Mittheilung endlich die ausführliche Arbeit folgen zu lassen; auch macht die Mittheilung Korornerr's, wel- cher nunmehr meine Angaben, die sich nur auf H. viridis bezogen, bestätigt, bezüglich H. aurantiaca jedoch auf seinem früheren Stand- punkt verharrt, eine Nachuntersuchung bei dieser mir bisher unzu- gänglichen Form nöthig. Meine Bedenken bezüglich der theoretischen Resultate sind jedoch inzwischen freilich größtentheils geschwunden. Forscher, wie Owen !, 1 Eine historische Darlegung der schon vorliegenden Anschauungen und eine kritische Sichtung der Meinungsverschiedenheiten in den hier berührten Fragen en Keimzelle und Keimblatt. 673 JÄGER, WEISMANN, NUSSBAUM, STRASSBURGER, SACHS, VOECHTING; RoLPH, Roux, Hascker, Ö.undR. Herrwie, Lupwis, METSCHNIKOFF, BÜTSCHLI, HATSCHEK, GÖTTE u. A. hatten oder haben seither manchen meiner Gedanken schon ausge- sprochen, mancher ist heute bereits überholt. Trotzdem glaube ich durch Veröffentlichung meines ursprünglichen Gedankenganges, der vielleicht allein mein Eigen geblieben ist, dem hier vertretenen Standpunkt dienen zu können und zu sollen; er ist ein neuer Beleg für den aus der Litteratur des letzten Decenniums zu ziehenden Schluss, dass ähnliche Gedanken wie die folgenden unabhängig von einander, auch von verschiedenen Ausgangspunkten aus, rein in Folge des Standes unseres Wissens in den einschlägigen Gebieten entstehen konnten und mussten. Da der morphologische Werth des Eies entscheidend ist für die Auffassung seiner Produkte, suchte ich vor Allem diesen zu konstatiren. Wiewohl die Einzelligkeit des Hydraeies selbst nicht in Frage gestellt worden war, so verlangte doch die Eigenthümlichkeit seiner Bildung (die Aufnahme aller Ovarialzellen) und die fundamentale Bedeutung ent- gegengesetzter Angaben bei ähnlichen Objekten eine diesbezügliche Überprüfung. Ja selbst trotz des leicht konstatirbaren Zellwerthes des Eies konnte noch die Frage entstehen, ob die Aufnahme von Körper- elementen durch das Ei sich nicht im Sinne der Darwın’schen Pange- nesis deuten ließe? Letztere Eigenthümlichkeit musste jedoch in Ansehung des unabhängigen Benehmens der Eizellen im Coelen- teratenorganismus, ihrer Wanderungsfähigkeit einfacher als bloße Nah- rungsaufnahme gedeutet werden, und forderte jetzt vielmehr zu einem Vergleiche der Eizellen sämmtlicher Lebewesen mit den einzelligen Organismen heraus. Beide besitzen den gleichen Zellwerth, sind physiologisch und in dem entsprechenden Funktionszustande (vor der Fortpflanzung) auch morphologisch vollkommen gleichwerthig und zeigen nun auch sonst noch gleichartige Lebensäußerungen in der Art der Bewegung und Nahrungsaufnahme. Die Möglichkeit eines Vergleiches der Eizellen mit einzelligen Or- ganismen, der eine tiefere Berechtigung und einen höheren Werth als den eines Bildes hat, ist gerade im Hinblick auf die Räthsel der Fort- würde einerseits weit über den Rahmen eines Vortrages hinausgreifen, andererseits die Schilderung meines eigenen Gedankenganges stören. Bei Nennung dieses Au- tors will ich jedoch ausnahmsweise daran erinnern, dass derselbe schon im Jahre 1854 (Edinburgh new philosoph. Journ. p. 268) das Substrat der ungeschlechtlichen Entwicklung für ein Überbleibsel des primitiven Dotters, den das Thier bei seiner Bildung aus dem befruchteten Ei in das spätere Leben mit hinübergenommen, an- sieht. Dieser Gedanke scheint in Vergessenheit gerathen zu sein. Mir selbst stieß er auch erst spät in LeuckArr’s bekanntem Artikel »Zeugung« (Wacner’s Handwörter- buch der Physiologie, IV, p. 965) auf. 574 | Ludwig Kerschner, pflanzung und Vererbung von Bedeutung. Liegt nämlich, wie wir bei der allgemeinen Gleichheit ihrer Resultate voraussetzen müssen, der Fortpflanzung und Vererbung bei allen Lebewesen ein gleiches Prineip zu Grunde, so können wir hoffen, dasselbe zu finden, wenn wir die verhältnismäßig einfachen diesbezüglichen Vorgänge bei den Einzelligen zum Ausgangspunkte wählen und auf dieselben alle sonstigen Erschei- nungen zurückzuführen suchen. Betrachten wir zuerst die Fortpflanzung. Bei den Einzelligen stellt sie sich als eine fortgesetzte Zweitheilung dar. Die endlose Reihe dieser ist zeitweilig durch einen Copulationsakt scheinbar unterbrochen; die auf denselben folgende Generation sehen wir als »geschlechtlich erzeugt« an. Auch bei den Mehrzelligen besteht die Fortpflanzung in einer fortgesetzten Zweitheilung. Auch hier schließt sich an den Copu- lationsakt (die Befruchtung) eine »geschlechtlich erzeugte« Generation (die beiden ersten Furchungskugeln oder deren Äquivalente) an, die weiteren Generationen entstehen »ungeschlechtlich «. Der Unterschied zwischen der Fortpflanzung der Einzelligen und Mehrzelligen besteht darin, dass bei ersteren die successive erzeugten Generationen frei und gleichartig bleiben, während sie bei den letzte- ren verbunden und ungleichartig sind: hier tritt also zur einfachen Fortpflanzung noch die Koloniebildung und der Polymorphis- mus hinzu. Leizterer ist ganz analog den entsprechenden, aber in An- betracht der Individualität potenzirten Erscheinungen an den Stöcken (Cormi). Die Vererbungserscheinungen der einzelligen Wesen — die Gleichheit der Mutter- und Tochterzellen — erscheinen uns, wenn wir von den gesondert aufzuwerfenden Grundproblemen des Wachsthums, der Zelltheilung und der Assimilation absehen, leicht er- klärlich, und zwar nach dem einleuchtenden Satze: Aus (nahezu) Gleichem entsteht durch den gleichen Process unter (nahe- zu) gleichen Verhältnissen (nahezu) Gleiches. Da wir aber auch bei den Mehrzelligen die — auch nachweis- bare — Gleichheit der auf die Formbildung Einfluss nehmenden Ver- hältnisse bei zwei gleichen, zu gleichen Resultaten führenden Ent- wicklungsprocessen zugeben müssen, falls wir die willkürliche und unbefriedigende Annahme vermeiden wollen, die Gleichheit des Resul- tates käme durch den entsprechenden (korrigirenden) Einfluss ungleicher Verhältnisse auf ungleiches Material zu Stande, so bleibt auf für das letztere keine andere Annahme als die von dessen Gleichheit übrig. Ist diese postulirte Gleichheit des Materiales (der Eizellen) bei den Mehrzelligen im selben Ausmaß vorhanden wie bei den Einzelligen? TE EEE EEE KEEEEEEER EEE m—m———; U Keimzelle und Keimblatt. 675 Vergleichen wir zur Entscheidung dieser Frage die genealogischen Verhältnisse der Eizellen mehrzelliger Organismen: Schon die That- sache, dass wir keine andere Zellbildung kennen als die durch Thei- lung, nöthigt uns die Überzeugung auf, dass jede Eizelle eines Tochter- organismus ein direkter Abkömmling wieder einer Eizelle ist, und zwar der vom Mutterorganismus stammenden ete. Im Gegensatz zu diesem Verhältnis der Deseendenz, das uns an jenes der auf einander folgen- den Generationen der Einzelligen erinnern muss, stehen die anderen Glieder der Kolonie mit den gleichwerthigen der Mutterkolonie, natür- lich in viel loserer Verwandtschaftsbeziehung. Die Leberzelle (oder beliebige Gewebszelle) eines Tochterorganismus stammt nicht von der entsprechenden Leberzelle des mütterlichen Organismus, sondern wie- der von einer Eizelle. Den beiden Leberzellen fehlt also im Gegensatz zu den Eizellen und den einzelligen Wesen, trotzdem sie in morpholo- sisch und physiologischer Beziehung vollkommen gleichwerthig sind, dennoch eine wichtige Gleichwerthigkeit: die genealogische. Wir haben also in der genealogischen Homologie der Eizellen, oder — da auch von den Samenzellen mutatis mutandis dasselbe gilt — in derjenigen der Keimzellen eine Eigenschaft kennen gelernt, welche dieselben den einzelligen Wesen noch mehr nähert, andererseits schon einen Anhaltspunkt zur Beantwortung der obigen Frage nach der Gleichheit des Materiales gewonnen. Letztere kann überhaupt nur auf zweifache Art zu Stande kommen: Entweder sie bleibt erhalten wie bei den Einzelligen, wo wir mit einem später zu besprechenden Vor- behalt, die beiden regenerirten Theilstücke einander und der Mutter- zelle gleichsetzen können, oder sie muss immer wieder neu entstehen. Die genealogische Homologie der Keimzellen spricht für die erstere Mögliehkeit, indem sie einen ununterbrochenen Zusammenhang der Keimzellen auch bei den Mehrzelligen statuirt. Wenn sich auch die Keimzeilen eines Mutter- und Tochterorganismus nicht so verhalten wie Mutter und Kind bei Einzelligen, ihr Zusammenhang vielmehr erst durch viele Generationen vermittelt wird, so bleiben sie desshalb doch Descendenten, und wir können eben so wenig Bedenken tragen, ihnen dieselbe materielle Gleichheit zuzuschreiben, als dem Vertreter einer beliebigen Protozoenart und dessen Nachkommen der so und so vielten Generation. Gegen die zweite Annahme: die Gleichheit könnte durch Differen- zirung verloren gehen und müsste wieder gewonnen werden, spricht vor Allem schon die aus der gewiss sehr komplicirten Plasmastruktur der Keimzellen resultirende Schwierigkeit. An eine neuerliche Samm- lung der die Eizellen zusammensetzenden Bestandtheile im Sinne Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd, 4A 676 | Ludwig Kerschner, einer »Extrakttheorie«, etwa nach Art der Darwın’schen Pangenesis, ist schon in Anbetracht der vergänglichen embryonalen Organe, Eihäute, der Regenerationserscheinungen, der Dermoideysten, der Parthenoge- nesis.nicht zu denken. Aber auch die Annahme einer nur vorübergehenden Veränderung der charakteristischen Zusammensetzung der Keimzellen, einer ein- sgreifenderen Differenzirung, wie sie im Hinblick auf den Mangel einer deutlich und frühzeitig auftretenden Geschlechtsanlage oder mit Hin- blick auf das Keimepithel gemacht werden könnte, ist nicht zulässig '. Ich sehe daher keinen Grund, der uns zwingen könnte, die erste einfachere Annahme der zweiten gegenüber fallen zu lassen, um so weniger als bei jener der durch sie ermöglichte Vergleich mit den Ein- zelligen uns gestattet, die Fortpflanzungs- und Organisationsverhältnisse sämmtlicher Lebewesen von einem einheitlichen Gesichtspunkte aus zu betrachten. Was die ersteren anlangt, so können wir gleich dem denkenden Laien das Räthsel der Fortpflanzung in einige Probleme zerfällen: das der Befruchtung, des Entstehens des Lebens, der Massenzunahme, der Übertragung von Eigenschaften (Vererbung). Nicht einmal dann, wenn wir von dem letzten noch das der Formbildung abtrennen wollten, er- hielten wir ein den Mehrzelligen eigenthümliches. Alle Fragen, die uns bei den letzteren auftauchen, können wir auf die einfacheren Ver- hältnisse der Einzelligen zurückführen. Die Befruchtung ist von diesem Standpunkt aus eine Copula- tion. Da dieselbe zur Hervorbringung eines neuen Wesens nicht unbe- dingt nöthig ist, und eine Erklärung der allgemeinen Fortpflanzungs- und Vererbungserscheinungen im Hinblick auf die Parthenogenese und die vegetative Fortpflanzung auch ohne Heranziehung der Thatsachen der Befruchtung angestrebt werden muss, ist sie zum Theil als selb- ständiges Problem zu betrachten. Nur desshalb, weil sie dort, wo sie vorhanden ist, bei der Übertragung von Charakteren mitspielt, musste sie berührt werden; letztere Wirkung kann in Anbetracht ihres mor- phologischen Werthes als Copulation nicht Wunder nehmen. ' Durch diese Bemerkungen will ich den ungeahnten Fortschritt, den unser ! Der scheinbar späten Differenzirung der Geschlechtsprodukte — von deren Ursachen auch noch die Rede sein wird — stehen die bekannten schönen und folgenschweren Entdeckungen der Polzellen der Dipteren, der Anlage der Ge- schlechtsorgane bei Moina u. A. entgegen. Die Gestalt des Keimepithels aber kann uns in Anbetracht der Fähigkeit der Einzelligen, ihre Gestalt mannigfach zu än- dern, ohne dass sie dadurch diejenige, Ihresgleichen zu erzeugen, verlieren wür- den, nicht Wunder nehmen; diese Thatsache kehrt sich übrigens auch gegen die frühere Einwendung. A rn at ee SE a a nl a an un er Ri & x Keimzelle und Keimblatt. 677 Wissen durch die neuen Untersuchungen über die Vorgänge der Be- fruchtung, der Kerntheilung, die Bedeutung des Kernes gemacht, durch- aus nicht abzuleugnen versuchen; ich gebe eben meinen Standpunkt, auf dem ich vor Jahren stand, möglichst getreu wieder. Übrigens bin ich noch heute der Ansicht, dass in allen den ange- zogenen Fragen vor Allem der Zelle ihr Recht werden müsse. Das Verhältnis zwischen Idioplasma und Ernährungsplasma, zwischen Plasma und Kern, der relative Werth beider für die Lebenserschei- nungen der Zelle, sind Probleme für sich und können eben so gut durch die Befruchtungserscheinungen als durch jene der Sekretion o. A. er- schlossen werden, wenn auch bei ersterem die Verhältnisse für manche Fragestellung besonders günstig liegen. Das Problem der Entstehung desLebens besteht für uns über- haupt nicht, da wir der Eizelle in irgend einer Phase ihres Bestehens das Leben eben so wenig absprechen können, als dem: entsprechenden Funktionszustand eines einzelligen Wesens. Die Massenzunahme (Wachsthum) erscheint uns im Entwick- lungsprocess der Mehrzelligen nur in Folge der bleibenden Verbindung aller von der Eizelle ableitbarer Generationen wunderbar. Jedes Infusor leistet bezüglich des cellulären Wachsthums unter ähnlich günstigen Verhältnissen zum mindesten dasselbe wie die Eizelle; bei genauerer Betrachtung gewiss mehr, indem jedes Theilstück die Mög- lichkeit hat wieder in zwei Theile zu zerfallen, während bei den Mehr- zelligen die unbehinderte Fortpflanzungsfähigkeit nicht allen Elementen zukommt. Nur bei den »pathologischen« Geschwülsten z. B. kommt dieses »normale« Wachsthumsvermögen wieder zur Geltung! Was die Übertragung von Eigenschaften einschließlich der Architektonik vom Mutterorganismus auf den Tochterorganismus durch Vermittelung der Eizelle — ob dieselbe nun als Theil eines Wesens oder wie die befruchtete als Abkömmling zweier Wesen anzusehen ist — betrifft, so erklärt sich deren Möglichkeit und Nothwendigkeit schon aus dem oben Gesagten. Eben so wie die Theilstücke eines einzelli- gen Wesens diesem gleichen, weil sie ja Theilstücke desselben sind, eben so gleicht auch die von einer Eizelle eines mehrzelligen Wesens erzeugte polymorphe Kolonie derjenigen, aus der die Eizelle stammt, darum, weil diese ein unveränderter Theil jener Eizelle ist, aus welcher der Mutterorganismus stammt. Sehen wir in dem Problem der Vererbung nur die Frage nach dem Kausalnexus zwischen den Eigenschaften zweier Organismen und ihrer Abstammung, dann ist dasselbe bereits gelöst. Eine solche Lösung vermag aber nicht vollends zu befriedigen 44% 678 Ludwig Kerschner, Unter Voraussetzung gleicher Verhältnisse wird für alle Eigenschaften eines Organismus der elterliche verantwortlich gemacht, die Eigen- schaften dieses erklären sich wieder aus den Eigenschaften eines an- deren u.s. f. Die Frage scheint hierdurch nur auf die lange Bank geschoben, und je weiter zurück wir kommen, desto unbefriedigender wird die Antwort, die wir erhalten, denn desto unähnlicher sind die Gebilde, die doch der Theorie nach gleich sein sollten. Dass die Antwort nicht befriedigt, das liegt zunächst darin, dass schon für zwei auf einander folgende Descendenten die Gleichheit aller in dem Axiome, das uns zum Ausgangspunkt gedient, enthaltenen Ele- mente nicht zutreffen kann. In Bezug auf die Vererbungserscheinungen bei den Mehrzelligen überdies noch in der Komplikation des Fort- pflanzungsprocesses und in den mit dieser auftauchenden Fragen. Bei letzteren bleibt uns eben, selbst wenn wir den Grund gleicher Kolo- niebildung und ‚gleichen Polymorphismus erforscht hätten, noch das Problem des Polymorphismus und der Koloniebildung selbst bestehen. Die phylogenetische und ontogenetische Koloniebildung mussin den Hüllen, der Zwischensubstanz oder der Molecularstruktur des Eies be- gründet sein. Für die Nothwendigkeit ihrer Erhaltung werden sich aus dem Folgenden genügende Gründe ergeben; sehen wir von derselben vollständig ab, so entstehen noch die Fragen: Woher die Ungleichheit zweier Descendenten, seien sie nun einzellig oder vielzellig; und wo- her die Ungleichheit der Theile eines Organismus? Die Frage der Vererbung, wie sie gewöhnlich gefasst wird, hat sich somit umgekehrt: nicht die Gleichheit, sondern die Ungleichheit zweier zusammenhängender Eikreise, ihrer Theile ist das Erklärungs- bedürftige. Was die erste der früheren Fragen, und zwar den einfacheren Fall, die Ungleichheit der Descendenten bei Einzelligen anlangt, so haben wir, abgesehen von der Verschiedenheit der Verhältnisse, auch bei Gleichheit des Materiales, in dem Grunde der Gleichheit der Theilstücke zugleich jenen ihrer (wenn auch nicht sofort bemerkbaren) Ungleichheit zu suchen. Die fortgesetzte Zweitheilung erfordert eine Regeneration des Materiales durch Assimilation und diese kann nie im Stande sein, die Tochterzellen der Mutterzelle vollkommen gleich zu gestalten. Das Material wird durch die Theilungen »verdünnt« und ver- ändert, und zwar proportional der Zahl derselben, und dies wäre eine »innere« Ursache der Variabilität, während das Medium, die Außen- welt, überhaupt die Verhältnisse außerdem noch »äußere« Ursachen der Veränderung abgeben; freilich ist hierbei zu beachten, dass sich zwischen beiderlei Ursachen keine scharfe Grenze ziehen lässt, da ja Tr TE TE Tr DS ES Keimzelle und Keimblatt. 679 auch die Assimilation, wie jede Lebensäußerung, sich nur als Wechsel- wirkung der Außenwelt und des Protoplasmas denken lässt. Bei den Vielzelligen, bei denen ohnehin die große Zahl der Theilungen eine ausgiebige Quelle der Variabilität abgiebt, kommt vor Allem die durch die Architektonik selbst gesetzte und durch dieselbe ermöglichte Änderung der Verhältnisse in Betracht. Was den zweiten Theil der Frage, die Verschiedenheit, den Diffe- renzirungsprocess innerhalb desselben Eikreises anlangt, so könnte die Existenz eines solchen überhaupt geleugnet werden. Die Verschie- denheit der Elemente eines differenzirten vielzelligen Organismus könnte, da sie sich häufig schon in der ersten Generation (nach der ersten Furche) einstellt, nicht als sekundäre Differenzirung, sondern vielmehr als präexistente Differenz aufgefasst werden. Die Bestand- theile, welehe die morphologische und physiologische Eigenart der diffe- renzirten Abkömmlinge der Eizelle bedingen (oder deren Muttersub- stanzen), könnten in derselben bereits so angeordnet gedacht werden, dass sie mit der Theilung in die entsprechenden Zellkörper gelangen müssen. Die Differenzirung wäre von diesem Standpunkte aus die Scheidung bereits in der Eizelle neben einander bestehender verschie- dener Plasmaarten. Abgesehen von der Schwierigkeit, uns die Zusammensetzung und den Aufbau der Eizelle noch kompliecirter zu denken, als dies bei jeder anderen Zelle ohnehin schon der Fall sein muss, sprechen die Schick- sale der Keimzellen innerhalb des Organismus gegen eine solche An- nahme. Daselbst pflanzen sich dieselben nämlich nur durch reguläre Theilung fort und die Produkte dieser müssen wir als durch und durch gleichartig ansehen. Die »unreifen« Keimzellen verhalten sich zu den reifen, eventuell mit Dotter überladenen, so wie der Hungerzustand eines einzelligen Wesens zu dem vollständig gesättigten. Dieser verschiedene Funktionszustand der freien Eizellen muss uns als die einzige seither aufgetretene Veränderung, welche auf den Theilungsmodus Einfluss nehmen könnte, die Verschiedenheit der ersten Furchungskugeln erklären: Einzelne von denselben repräsen- tiren uns den nüchternen, andere den Sättigungszustand des Eies. Eben so wenig nun als wir das Plasma der Eizelle durch das Auftreten des Deutoplasma, das sich ja schon für unsere Hilfsmittel als sekundärer Einschluss zu erkennen giebt, für specifisch verändert halten können, eben so wenig dürfen wir im Plasma der dotterhaltigen und dotterlosen Nachkommen der Eizelle einen qualitativen Unterschied vermuthen. Wir müssen vielmehr in allen, morphologisch noch so verschiedenen Furchungskugeln die qualitative Gleichheit des wirksamen 680 Ludwig Kerschner, Plasmas annehmen und die morphologische Verschiedenheit als den Ausdruck eines verschiedenen Funktionszustandes ansehen. Folgerichtig gilt diese Annahme dann auch für alle weiteren Ab- kömmlinge des Eies, also schließlich für alle Gewebszellen. Der Grund ihrer Verschiedenheit muss, da abgesehen vom Deutoplasma das Mate- rial und der Bildungsprocess (Zweitheilung) gleich sind, in den ver- schiedenen Verhältnissen gelegen sein. Die verschiedenen Ernährungs- verhältnisse (Dottergehalt) haben wir eben berührt. Diese sind aber zugleich die Quelle anderer, die Formbildung beeinflussender Faktoren. Die Anwesenheit des Dotters bestimmt die statischen Verhältnisse der Eizelle, dadurch die Dauer und die Art ihrer Theilung, damit die Archi- tektonik des Keimes, bei seinem Verbrauch vielleicht auch nech den Chemismus der Zellen. Die verschiedenen architektonischen Momente bewirken ihrerseits neue Änderungen, indem durch dieselben die ein- zelnen Elemente in verschiedene Verhältnisse zur Außenwelt und zu einander treten. In letzterer Beziehung möchte ich hier nur nebenbei auf den form- bildenden Einfluss der Wachsthumshemmung aufmerksam machen. Abgesehen von den Geschwülsten lehren uns schon zahlreiche Beispiele der normalen Anatomie und Entwicklungsgeschichte die Richtigkeit des Satzes, dass Wachsthum und Differenzirung im umgekehr- ten Verhältnisse stehen. Dass eine Wachsthumshemmung in je- dem vielzelligen Organismus wirklich vorhanden ist, zeigt uns schon die Form der Epithelzellen. Ist die Verschiedenheit der Gewebszellen als der morphologische Ausdruck eines durch verschiedene Verhältnisse hervorgerufenen ver- schiedenen Funktionszustandes der Keimzellen anzusehen, dann ist auch bei gleicher Verschiedenheit der Verhältnisse in der nächsten Ontogenese die gleiche Verschiedenheit sämmtlicher Zellen erklärlich. So wird also nicht nur die Übertragung der Charaktere sämmtlicher systematischer Einheiten vom Typus bis zur Art — die Vererbung nie- dererer Grade — sondern auch jene individueller Charaktere, die Por- traitähnlichkeit, verständlich. Freilich muss uns die Portraitähnlichkeit der Anencephalen und mancher Kretins verschiedener Rassen, und die der Doppelgänger und Berufsgenossen zur Vorsicht mahnen, das Mate- rial den Verhältnissen gegenüber nicht zu überschätzen. Auf der anderen Seite jedoch folgt aus dieser Auffassung, dass eine jede auch nur vorübergehende Eigenschaft irgend einer Körperzelle in der Keimzelle begründet sein muss. Ich streife hier die gegenwärtig. lebhaft diskutirte Frage nach der Erblichkeit der erworbenen Eigen- schaften, ohne näher auf dieselbe eingehen zu können. Nach obiger Keimzelle und Keimblatt. 681 Auffassung der Fortpflanzung muss ich mich ganz auf Weısmann’s Seite stellen. Die augenfälligen Änderungen der Organismen, die wir als erwor- bene Eigenschaften bezeichnen, betreffen die Körperzellen. Zwischen den Differenzirungsprocessen dieser im elterlichen und kindlichen Or- ganismus besteht aber wegen des Mangels genealogischer Homologie bei den Körperzellen trotz des Parallelismus kein direkter Kausalnexus. Die Beeinflussung des späteren Processes durch den früheren ist dem- nach nicht möglich. Die Beziehung zwischen beiden wird nur durch den Zusammenhang der Keimzellen vermittelt. Eine jede erbliche Änderung muss daher von vorn herein in den Keimzellen begründet sein, und braucht nicht erst auf die Keimzellen übertragen zu werden, um in der nächsten Generation wieder zu erscheinen. Eine Änderung kann bedingt sein durch Änderung des Materiales, des Materiales und der Verhältnisse, der Verhältnisse allein. Selbst in den beiden letzten Fällen muss im Material, der Keimzelle, wenigstens die Fähigkeit zur veränderten Reaktion auf die Änderung der Verhältnisse gegeben sein; von der Gleichheit oder Ungleichheit der letzteren wird es dann ab- hängen, ob eine Eigenschaft in der nächsten Generation wieder auf- treten muss oder nicht. Die primäre Änderung der Keimzellen, die hauptsächlich von der trophischen und topischen Abhängigkeit dieser von den Körperzellen bedingt sein mag, kann uns erst in der nächsten Generation an deren Körperzellen deutlich werden und erscheint uns als von letzteren er- worben. Nur dann, wenn die Änderung der Keimzellen durch gleichzeitige, entsprechende Änderung der Körperzellen bedingt oder von ihr be- gleitet ist Dkonstitutionelle« Veränderungen; Melanismus u. A.?) könnten - wir von Übertragung erworbener Eigenschaften in ähnlichem Sinne wie bisher sprechen. Auch die vegetative Fortpflanzung verliert auf Grund dieser An- schauung das Räthselhafte. Die Pflanzenzelle wahrt, vielleicht in Folge ihrer Gellulosehülle und der besonderen Ernährungsart, einen Grad von Selbständigkeit und Indifferenz, der jenem der Keimzellen gleich- kommt. Ein gewisser Grad von Differenzirung ist ja ohnedies mit der Fertilität ganz gut verträglich, wie die Vielgestaltigkeit der Keimzellen und der Einzelligen beweist. In ähnlicher Weise werden uns die Re- generationserscheinungen begreiflich. Aus der Verschiedenheit der Körperzellen, die nach der obigen Auffassung eben so wenig überraschen kann, als die mit der Theilung nothwendig verbundene Verschiedenheit der Keimzellen selbst, resul- 652 Ludwig Kerschner, tirt die Verschiedenheit der aufeinander folgenden vielzelligen Descendenten. Substituiren wir statt der Begriffe Mutter und Kind die der Stammart und Art, in unseren früheren Betrachtungen, dann werden uns auch die Thatsachen der Phylogenese verständlicher. Auf Grund des Zusammenhanges der Keimzellen muss nämlich zwischen Phyloge- nese und Ontogenese eine ähnliche Beziehung bestehen, wie zwischen zwei auf einander folgenden Ontogenesen, und diese erklärt uns die bestehen gebliebene Gleichheit beider. Die während der Phylogenese auftretende Verschiedenheit jedoch wird uns aus der großen Zahl der Ontogenesen und die hierdurch bedingte Änderung des Materiales fer- ner durch die Änderung der Verhältnisse begreiflich. Jede Ontogenese muss nach Maßgabe der Gleichheit des Materiales und der Verhältnisse, also immerhin mit der Möglichkeit einzelner für die Architektonik Anfangs irrelevanter Änderungen (Dotteraufnahme zum Beispiel) die Ontogenesen der Vorfahren wiederholen. Die phylo- genetischen Stadien, die Stadien phylogenetischer Ontogenesen, sind überdies erprobte Lösungen architektonischer Probleme, die nicht leicht umgangen werden können. Erst auf Grund derselben entstehen viel weniger stabilisirte, labilere Bauverhältnisse, und in ihnen die Möglich- keit weiterer Änderung. Die von uns bei wenigen Ontogenesen vernachlässiste Differenz steigert sich bei einer größeren Zahl derselben allmählich zum Art- unterschied. Bei der hypothetischen, phylogenetischen und der thatsächlich be- stehenden ontogenetischen Entwicklungsreihe ist das Endglied dasselbe; die Anfangsglieder, der einzellige Vorfahr und das Ei, sind, wenn auch nieht gleich, so doch ähnlich. Die Zwischenglieder müssen demnach zum mindesten ähnlich sein; daher die Berechtigung und der Werth der phylogenetischen Methode. Der Hauptunterschied beider Reihen besteht in dem verschiede- nen zeitlichen Verlauf des zum mindesten ähnlichen Differenzirungs- processes; da wir den Grund dieses Unterschiedes oder wenigstens eine Disposition zur Zulassung des eigentlichen Grundes (der Verhältnisse?), schon in den Ausgangspunkten der beiden Processe suchen müssen, so könnten wir als einen (gezüchteten) Unterschied der beiden Gebilde selbst, die Fähigkeit einer rascheren Differenzirung ansehen. Entschlagen wir uns der teleologischen Anschauungsweise, die in der Larve z. B. nicht das selbständige Wesen, das sie auch abgesehen von der Pädogenese und Larvenknospung ist, sieht, sondern einen un- fertigen Vertreter der Art, dann ist ja die Ontogenese thatsächlich nichts Sul A Be 9 N de en -. Eu An az Keimzelle und Keimblatt. 683 Anderes als eine rasch ablaufende Phylogenese. Eben so wie die Bil- dung einer jeden Gewebszelle in jeder Ontogenese nach Maßgabe der Gleichheit des Materials und der Verhältnisse immer wieder von Neuem vor sich geht, eben so ist auch die Bildung des ganzen Individuums, der Art, der Klasse, des Typus eine beständige Neubildung, Schöpfung. Auf die Fragen, wie viel wir bei den verschiedenen Arten der Differenzirung auf Rechnung des Materiales, wie viel auf jene der Ver- hältnisse zu setzen haben, wie die Wirksamkeit beider zu denken sei ete.., wage ich gar nicht einzugehen. Das Eine möchte ich nur zu bedenken geben, dass wir selbst im komplieirtesten Organismus den Einzelligen gegenüber keine principiell neue Eigenschaft aufzufinden vermö- gen. Gewiss scheint mir, dass wir, wenigstens vorläufig, zur Erklärung des Materiales und der Vererbung die Phylogenie, zu jener der Ver- hältnisse und der Anpassung die Entwicklungsmechanik brau- chen. Da aber bei dem nur willkürlich zu begrenzenden Entwick- lungsprocess keine nur ihm eigenthümlichen Kräfte thätig sind, das Problem derDifferenzirung vielmehr auch allen Wissensgebieten, welche sich mit der Zelle, ihren Wandlungen und den Ursachen dieser be- schäftigen, gemein ist, so könnten und sollten auch diese die Entwick- lungsmechanik unterstützen. Dies gilt vorzüglich von der vergleichen- den, experimentellen und pathologischen Histologie. Wozu aber die ganze Differenzirung? oder, was leistet der viel- zellige Organismus, welcher mit all dem Aufwand von Zeit und Material zu Stande kam? — Die Erhaltung seiner selbst, und dadurch die der Art; da aber letztere durch die Keimzellen vermittelt wird, ist seine wichtigste Leistung die Erhaltung der Keimzellen! Dass dem wirklich so ist, kann uns jede biologische und manche morphologische Thatsache lehren, besonders schön z. B. die regressive Metamorphose der parasi- tischen Crustaceen, von deren Organen nicht viel mehr übrig bleibt als die Keimdrüsen. Die Keimzellen der Einzelligen sind identisch mit dem Bion, sie erhalten sich selbst. Wenn nun die Hauptleistung des vielzelligen Or- ganismus die Erhaltung der Keimzellen ist, dann müssen wir, um ihn verstehen zu lernen, zu ergründen suchen, wieso er die Leistungsfähig- keit seiner Keimzellen sichert. Hierzu ist nöthig: die Erhaltung ihres Lebens durch die mannigfachen Schutz- und Ernährungsapparate. Ferner die Erhaltung ihrer Indifferenz und Fortpflanzungs- fähigkeit; an diese werden bei der Bildung eines neuen Organismus um so höhere Anforderungen gestellt, je komplicirter er ist. Umgekehrt muss daher der Anspruch des Mutterorganismus auf die Mitbetheiligung der Keimzellen an der Gesammtleistung ein immer geringerer werden, 684 ! Ludwig Kerschner, bis es schließlich ganz aufgegeben wird. Die Indifferenz der Keimzellen steht im umgekehrten Verhältnis zur Differenzirung des Organismus. Dem entsprechend finden wir in der » aufsteigenden« Thierreihe einen immer weiter gehenden Abschluss der Keimzellen von dem verändern- den Einfluss der Außenwelt, eine immer weiter schreitende Versenkung in die Tiefe, wie dies später nochmals berührt werden soll. Dieser Forderung widerstreitet freilich eine gerade entgegenge- setzte, die nach der absoluten Selbständigkeit und dem zur un- beschränkten Fortpflanzung nöthigen Raum. Letzterer muss, falls er den Keimzellen nicht innerhalb des Mutterorganismus geboten wird, durch Lösung aus dessen Verbande erreichbar bleiben. Dasselbe gilt von der Ermöglichung der Copulation, die, wie es scheint, mit der Fort- pflanzungsfähigkeit der Eizelle doch in sehr innigem Zusammenhang steht. Als Kompromiss zwischen diesen widerstreitenden Forderungen werden uns viele anatomische und biologische Thatsachen bei Thier und Pflanze verständlich. Wiewohl bei der letzteren wegen der großen Indifferenz sammt- licher Zellen und der endständigen Anlage der Keimzellen die Verhält- nisse zumeist einfacher liegen, kommt es auch hier zu ähnlichen Kom- plikationen wie im thierischen Organismus: Blüthenfärbung desselben, Einrichtungen zur Ermöglichung und Verhinderung der Befruchtung, Früchte, Flugorgane der Samen etc. Da die Erhaltung der Art ermöglicht ist, so lange einzelnen, ja nur einem Individuum die Indifferenz erhalten bleibt und die Möglichkeit unbehinderter Fortpflanzung geboten wird, so können alle die übrigen zu Gunsten der auserlesenen geopfert und nur zu deren Erhaltung ver- wendet werden. Ist dies einmal geschehen, dann kann das Theilungs- bestreben der ersteren für den Gesammtorganismus und damit die Keimzellen sogar gefährlich werden (Geschwülste). So wird die Wachs- thumshemmung, der die Körperzellen nach Herstellung eines Gleich- gewichtes unterliegen, für die Keimzellen und die Art sogar zur Be- dingung eines sicheren Fortbestandes. Übrigens ist ja die Ernährung und Erhaltung steriler Gewebszellen vom Standpunkt der Keimzellen ein nothwendiges Übel, das möglichst beschränkt werden muss. Bei’dieser Auffassung wird uns das Gesetz der Sparsamkeit einigermaßen ver- ständlich. Die differenzirten Körperzellen können wir also dem Obigen gemäß als durch mechanische Verhältnisse an der Fortpflanzung gehinderte, in gewissem Sinne degenerirte, nothwendiger weise geduldete Indivi- duen des Zellstaates ansehen. Die Keimzellen selbst sind die eigent- Keimzelle und Keimblatt. 685 lichen, ewigen, einzelligen Wesen, gleichgültig welehe Individualitäts- stufe das sie schützende und nährende Individuum einnimmt!. Bei dieser Auffassung der Organismen entfällt auch die Frage nach den Ursachen des »Fortschritts«, welche, ein Rest anthropocentrischer Anschauungsweise, auch heute noch vielfach als »Problem der Vervoll- kommnung« aufrecht erhalten wird, oder gar im Gewande einer » Ten- denz« zur Erklärung der Formverschiedenheit der Lebewesen heran- gezogen wird. Der »Fortschritt«, die Erlangung einer »höheren Organisations- stufe «, ist gleichbedeutend mit dem Weiterschreiten der Differenzirung; diese fällt aber bei den Mehrzelligen mit der Einschränkung der Ferti- lität der Elemente zusammen. Diese Einschränkung geschieht dadurch, dass nur ein Theil der Abkömmlinge des Eies zur Anlage der Geschlechtsorgane wird, dass ferner selbst von diesen eventuell ein Theil zu den Leitungswegen, zur Follikel-, zur Dotterbildung, zu Ernährungs- und Schutzorganen der Keimzellen, kurz zum Aufbau des Organismus verbraucht wird. Die Sterilität ergreift, und das ist der »Fortschritt«, der Reihe nach sämmtliche Individualitätsstufen von der Plastide an bis zur Person: dadurch entsteht endlich der Thierstock, der Thierstaat. Mit der Komplikation des Organismus erhalten wir eine periodische, eine »pathologische« Reduktion der fertilen Elemente. Die Kurzlebigkeit der Person richtet eine Unzahl noch lebensfähiger an sie geketteter Individuen zu Grunde, wenn auch hier und da die Keimzellen — durch die Knospung — auf verschiedene Individuen vertheilt werden und so gewissermaßen dafür Sorge getragen wird, dass deren Weiterbestand nicht von einer einzigen unzuverlässigen Person abhänge. Der Unter- gang der freien Keimzellen ist nicht nur von diesem Standpunkt aus zu betrachten, schließt sich vielmehr näher dem Untergange der Ein- zelligen im Kampfe ums Dasein an. Auf Grund dieser Auffasung könnten wir sogar einen mathemati- schen Ausdruck für den Fortschritt finden. Bei den Einzelligen findet keine Reduktion der fertilen Elemente ! Diese gegensätzliche Stellung der Körperzellen und Keimzellen sehen wir an der Existenz der Kastraten auf der einen, der freien Keimzellen auf der anderen Seite verwirklicht. Der besonderen Bedeutung der letzteren tragen wir wohl auch schon durch die Bezeichnung des fertilen Bienenweibchens als »Königin« Rechnung, werfen aber irotzdem noch immer die Keimlager mit »Drüsen« und die Keimzellen als »Sekrete« mit Exkreten zusammen. Dies könnte vermieden werden. In der Botanik wiederum sollte für die gleichwerthigen Keimlager und Keimzellen eine einheitliche, womöglich mit den Bezeichnungen der Zoologie übereinstimmende Namengebung eingeführt werden. 656 Ludwig Kerschner, statt. Aus jeder Zelle — von dem bei der Copulation stattfindenden Verlust wollen wir hier absehen — entstehen deren zwei. Bei den Vielzelligen ist der absolute Verlust an Keimmaterial, die Zahl der zur Erhaltung der Keimzellen geopferten Generationen; sie ist gegeben, wenn wir die erste Anlage der Geschlechtsorgane kennen. Bei Moina z. B. ist eine unter 47 Furchungskugeln die Genitalzelle. Sehen wir von allen anderen Verlusten ab, so ist bei dieser noch dazu sehr frühzeitigen Anlage der Geschlechtsorgane (die mit der Partheno- genese zusammenhängen dürfte) 16/17 der gesuchte absolute Verlust. Die einmal entstandenen Species bleiben so lange selbst oder in ihren Reproduktionen erhalten, als sie nicht zerstört werden. Da kein Interesse für die Erhaltung ihrer speciellen Organisationsform vorliegt — weder auf ihrer Seite noch auf Seite der Natur —, so bleiben sie so lange bestehen, als sie bestehen müssen. Ihre Unverwüstlichkeit be- ruht auf den allgemeinen Eigenschaften des Protoplasmas: dem Thei- lungsbedürfnis (und dessen Folge der Vererbung) und der Formbarkeit (Anpassungsfähigkeit). Einzelne Formen mit einer besonderen Art dieser anscheinend aktiven Anpassungsfähigkeit, werden durch die natürliche Zuchtwahl ausgelesen (passive Anpassung). Jede Körper- zelle macht während jeder Ontogenese diese Anpassung von Neuem durch, da wohl die vergängliche Person für eine Zeitbestehenbleibt, aber nur die Keimzellen gezüchtet werden können. Die Zuchtwahl ist eine indirekte; die Person ist ein Prüfstein, ein Beleg für die ver- schiedenartigen einseitigen Leistungen, die Anpassungsfähigkeit der gezüchteten Keimzellen. Es wird nicht eine Person gezüchtet, welche erst wieder dazu sehen müsste, wie sie die gleichen Keimzellen, deren Produkte der natürlichen Zuchtwahl wieder Stand halten könnten, her- vorbringen soll, sondern eine Keimzelle, deren gleichgebliebene Theile ceteris paribus den gleichen Entwicklungsprocess durchmachen müssen. Bei objektiver Vergleichung der verschiedenen Lebensformen müssen wir also nach alle dem zugestehen, dass ein jeder Organismus, der bis zu einem gegebenen Momente im Kampfe ums Dasein bestehen geblieben, was seine mögliche Endleistung anlangt, gleichwerthig ist. Bei Zuerkennung eines verschiedenen Werthes müssten wir gerade umgekehrt den Stamm des Einzelligen für den widerstandsfähigeren und daher den stärkeren erklären, da er im Stande war, seine Ur- sprünglichkeit unter Verhältnissen zu erhalten, die uns, die Nachkom- men ähnlicher Vorfahren u. A. zwangen, nach Auswerthung sämmt- licher Mittel des eigenen komplicirten Organismus die Kräfte der belebten und der leblosen Natur zu Hilfe zu nehmen, um den sehr Keimzelle und Keimblatt. 687 zweifelhaften Kampf mit den verachteten »niedrigsten« Organismen wagen zu können. Diese Auffassung der Keimzelle muss sich nicht nur am fertigen Individuum, sondern auch an dessen Entwicklungsstadien und Theilen dieser bewahrheiten. Betrachten wir den Embryo mit Rücksicht auf das Ei, so ist der- selbe ein Fortpflanzungsprodukt, betrachten wir ihn im Hinblick auf die erfahrungsgemäß aus demselben hervorgehende Form, so ist er ein Fortpflanzungskörper der Keimzelle. Ersteres ist durch die Nöthigung (» das Bestreben «) der Keimzelle zu fortgesetzter Theilung hervorge- gangen, in Letzterem besteht dieses Bestreben in jedem Elemente noch weiter. Nach dem oben Gesagten müssen wir jedoch ein jedes Entwick- lungsstadium überdies noch im phylogenetischen Sinne zu deuten ver- suchen. Von diesem Standpunkte aus entsprechen die ersten Entwicklungs- stadien einer Kolonie von einzelligen Wesen, welche um so mehr den oben aufgestellten Forderungen bezüglich der Keimzellen entsprechen muss. Das Problem, wie der nothwendige Schutz und die Trennung aus dem Verbande zu vereinen sei, müssen wir schon in den ersten Organisationsstufen und den ihnen entsprechenden ontogenetischen Stadien gelöst vorfinden. Die Lösung aus dem Verbande ist den Ele- menten eines Zellfadens oder einer ebenen Zellfläche, zumal bei ihrer relativen Selbständigkeit, welche sie durch ihre Hüllen, ihre Schutz- vorriehtungen, besitzen, ermöglicht. Bei der uns gewöhnlich vorliegen- den Form, der Kugelfläche jedoch, die aus nackten, schutzlosen, einander direkt beeinflussenden Elementen besteht, könnte bei vollständiger Gleichheit der Elemente, also bei gleichem Horizontaldruck bis zu einer bestimmten Grenze wohl ein gleichmäßiges Wachsthum der Fläche er- folgen, aber keine Lösung irgend eines Elementes aus dem Verbande, sei es zur Erlangung des Schutzes oder der Freiheit. Zur Ermöglichung der Trennung muss das Gleichgewicht, das die Elemente zusammenhält, an irgend einer Stelle gestört werden. Am leichtesten geschieht dies durch Massenzunahme einzelner Elemente. In den obigen Fällen, beim Zellfaden und der ebenen Zellfläche, braucht eine solche die Architektonik nicht sofort zu stören, da bei der Weite der Hülle (Zelisaft) den Elementen bezüglich ihres Volumens ein ziem- lich weiter Spielraum gegeben ist. Bei der Hohlkugel (einem Doppelgewölbe) können wir schon ohne Zuhilfenahme der Gewölbekonstruktion den mechanischen Grund der Entoblastbildung ahnen: Der Dotterreichthum, welchem in der Phylo- 688 Ludwig Kerschner, genese der bessere Ernährungszustand entspricht, verzögert die Rasch- heit der Theilungen und verringert den Raumanspruch bei der Ober- tlächenbildung. Die im Wachsthum voraneilenden dotterärmeren Zellen überwuchern die dotterreichen oder drängen dieselben in Folge des vermehrten Horizontaldruckes, sei es an einzelnen Stellen oder im ganzen Bereich der ursprünglichen Gleichgewichtslinie einzeln, be- ziehungsweise ganz in das Innere. Schon aus diesem Grunde halte ich mich für berechtigt, einerseits in der frühzeitigen quantitativen Ver- schiedenheit der Glieder einer Zellkolonie einen wichtigen Grund ihrer späteren Differenzirung zu sehen, andererseits die inäquale Furchung, und sei sie noch so unauffällig, für eine Bedingung der Entoblastbil- dung zu halten. Die so gebildeten, oder richtiger in solche Verhältnisse gebrachten, besser ernährten und geschützten Elemente können allen an die Keim- zellen gestellten Anforderungen entsprechen. Desshalb können wir sie, zumal im Hinblick auf die Volvoeinen, die Protospongia und andere niedere Organismen entweder direkt als solche oder als deren ontogenetischen und phylogenetischen Mutterboden betrachten. Es müssten zwingende Gründe sein, die uns nöthigen könnten, anzunehmen, dass nach Ausbildung einer geschützten, besser ernährten Schicht die Keimzellen nicht dieser, sondern einer anderen, dem Ekto- blast entstammen. Viel eher werden wir nach dem Obigen den letzteren als eine für das Fortpflanzungsgeschäft gänzlich verloren gegangene Schicht ansehen können, die nunmehr den Schutz, die Beziehungen zur Außenwelt zu vermitteln hat, und die fertil gebliebenen Elemente der Nöthigung enthebt, selbst Differenzirungen zum eigenen Schutze, zur Bewegung etc. einzugehen. Die Erhöhung der Leistung, die nunmehr nothwendig gewordene Miternährung der schützenden Hülle, wurde für die inneren Zellen (in der Phylogenese) vielleicht dadurch aufgewogen, dass sie sich ihrer Aufgabe nunmehr intensiver hingeben konnten, überdies durch die Änderung der Architektonik auch in die Lage ver- setzt waren, andere, ihnen früher unzugängliche Nahrungsmittel zu bewältigen. Wir betrachteten oben zwei Möglichkeiten der Bildung eines inne- ren Zellkomplexes: die Einwanderung und die Einstülpung. Bei der Bedeutung, die diese Processe für die einzelnen phylogenetischen Theorien besitzen, drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob es denn nöthig sei, die eine oder die andere als die einzige phylogenetische Bildungsart der inneren Zellschicht anzusehen? Die Natur dürfte wohl alle Arten und Unterarten, die wir überhaupt erdenken können, ver- sucht haben! Sie brauchten auch, wenn sie nach einander entstan- Keimzelle und Keimblatt. 659 den sind, nicht eine aus der anderen hervorgegangen zu sein. Als die älteste könnte ich mir am ehesten die denken, dass die Differenzirung der ursprünglich vollkommen gleichwerthigen Glieder der kugeligen Kolonie an beliebigen Stellen (an der ganzen Peripherie: »Delamina- tion«?) erfolgte, später auf einen, den unteren Pol beschränkt wurde; dann könnte sich aus der gesonderten Einwanderung der neben ein- ander gelegenen Elemente die gleichzeitige Einstülpung entwickelt haben. Wie dem auch immer sei, die Einwanderung der Entoblastzellen vom unteren Pole aus halte ich schon desshalb für eine, wenn auch nicht direkte phylogenetische Art der Entoblastbildung, weil dieselbe bei einer so ursprünglichen Form, wie die Hydra es ist, vorliegt; sie für eine sekundäre, etwa mit dem Dotterreichthum des Eies zusammen- hängende Bildungsart zu halten, ist Angesichts ihres Vorkommens bei pelagisehen Hydroideneiern nicht möglich. Die stärkere Dotteraufnahme von Seiten des Hydraeies, die, wie überall, mit dem Aufgeben des freien Lebens in Zusammenhang zu bringen ist, erweist sich hier als bis zu einem gewissen Grade irrelevant für das Bestehenbleiben des phyloge- netischen Processes. Die Lösung aus dem Verbande geht am einfachsten bei der gleichzeitigen Bildung einer inneren Oberfläche durch die Gastru- lation vor sich. Wenn die Keimzellen von dieser nicht abrücken, können sie ohne Weiteres wieder ins Freie gelangen, während bei anderen Arten der Entoblastbildung eine vorübergehende oder bleibende Durch- brechung des Ektoblasts, eine eigene Hohlraumbildung etc. nöthig wird. Diese zweckmäßige Einfachheit des Gastrulabaues dürfte zur Erklärung ihrer großen Verbreitung herangezogen werden können. Die erste phylogenetische, zuerst nur vorübergehende, später sta- bil bleibende Differenzirung innerhalb einer Kolonie von sonst gleich- werthigen einzelligen Organismen denke ich mir also als ein Auftreten erstens von Individuen, die ihre volle Fortpflanzungsfähigkeit dadurch erhalten konnten, dass sie den hierzu nöthigen Raum, überdies noch Schutz gewannen; und zweitens von solchen, die durch mechanische Verhältnisse, später auch noch durch einseitige Ausbildung an der Fort- pflanzung gehindert waren. Diese Scheidung bringt die gleichzeitige Bildung zweier Organe mit sich: Das eine, das sich nunmehr ähnlich wie das Follikelepithel verhält, ist das Schutz- und Bewegungsorgan für jene Individuen der Kolonie geworden, die fortan allein ihre ganze Ursprünglichkeit, vor Allem die unbeschränkte Fortpflanzungsfähigkeit beibehielten — die Keimzellen. Und diese sind im physiologischen — wenn auch Anfangs 690 Ludwig Kerschner, nicht im tectologischen Sinne — das zweite gleichzeitig gebildete Or- gan. Das letztere ist auch das einzige, das in jeder Beziehung einem Organ aller mehrzelligen, thierischen und pflanzlichen Organismen mög- lichst gleichwerthig bleibt, überdies allen Einzelligen ohne Weiteres vergleichbar ist. Wir haben somit, falls die obige phylogenetische Spekulation rich- tig ist, einen Ausgangspunkt für die Vergleichung sämmtlicher Ent- wicklungsvorgänge gewonnen, der dem morphologischen, physiologi- schen, phylogenetischen, kurz jedem berechtigten Standpunkt Rechnung trägt. Um denselben zu finden, hätten wir übrigens diesen großen Umweg ersparen können. Stillschweigend geben wir ja dadurch, dass wir die Entwicklungsprocesse zweier verschiedenen Kreisen ange- höriger Organismen vergleichen, dadurch, dass wir eine vergleichende Entwicklungsgeschichte für möglich halten, die Homologie aller Eizellen zu. Sind aber die Eizellen zweier oder sämmtlicher Thiere gleichwer- thig, dann sind es auch deren Mutterzellen, die Mutterzellen dieser, kurz, der Mutterboden der Eier, schließlich die Keimblätter, aus denen sie hervorgegangen ; wären jedoch, wie dies besonders bei den Hydroi- den schon vielfach behauptet worden, die Keimblätter, aus denen sich die Keimzellen herleiten, bei ganz nahen Verwandten nicht dieselben, nicht gleichwerthig, dann könnten es auch deren Bestandtheile und Ab- kömmlinge, also auch die Eier nicht sein, und wir müssten darauf ver- zichten, sie selbst und die Entwicklungsprocesse, welche mit ihnen einsetzen, in dem bisherigen Sinne zu vergleichen. Hier liegt ein Widerspruch vor, der auch durch die Annahme eines diphyletischen Ursprunges oder die einer Wanderung der Keimzellen nicht aufgehoben wird. Die einfachste Lösung desselben bestände darin, dass sich die Keim- zellen durch neuere Untersuchungen auf dasselbe Keimblatt, den Ento- blast, zurückführen ließen. Bei der mir aus eigener Erfahrung bekann- ten Schwierigkeit der diesbezüglichen Untersuchung und der Wande- rungsfähigkeit der Keimzellen sind Täuschungen nicht zu vermeiden. Wäre trotzdem die Zurückführung der Keimzellen auf das Ento- derm nicht möglich, so könnte wenigstens ich selbst keinen Augenblick Bedenken tragen, meine subjektive Überzeugung von der Gleich- werthigkeit der beiden primären Keimblätter in der Thierreihe aufzu- geben. Ich will im Folgenden noch kurz darlegen, wie ich mir das Ver- hältnis der Blätter zu einander auf Grund obiger Anschauungen denke: Eine so vollständige Gleichwerthigkeit in der ganzen Organismen- reihe, in allen Stadien der Entwicklung, von jedem Standpunkte, wie wir FEIERTE ET N Keimzelle und Keimblatt. 691 sie den Keimzellen zuschreiben mussten, ist für die anderen Bestandtheile der mehrzelligen Organismen gar nicht denkbar. Die funktionelle Bedeu- tung der Keimzellen liegt in der Erhaltung eines bleibenden Zustandes. Die Körperzellen gewinnen eine solche erst durch und in einem Pro- eess. Sie wechseln ihren morphologischen und physiologischen Werth und damit auch ihre Vergleichbarkeit. Dieselbe könnte nun aber im selben Wechsel der verglichenen Zellen (Schichten) begründet sein. Dies ist innerhalb der engeren systematischen Kategorien auch der Fall. Dort jedoch, wo uns Anlagen von Organsystemen begegnen, die wir beim zweiten Vergleichsobjekte gar nicht finden können, weil sie das erwachsene Thier nicht besitzt, da scheint es, als ob wir auf eine volle Gleichwerthigkeit der Schichten vollkommen verzichten müssten. Schon die inneren Schichten der Gastrula eines zweischichtigen CGoelenteraten und der eines Echinoderms z. B. könnten wir nicht recht vergleichen, da das Entoderm der letzteren eine Anlage mehr enthält, nach Ablösung der Urdarmdivertikel aber die von letz- teren übernommene Masse und Fähigkeit weniger besitzt. Wenn wir in den Theilen des Embryo nichts weiter sehen wollten als die prädestinirte Anlage der Organe des fertigen Organismus, dann könnten wir zwischen ersteren auch keine innigere Beziehung statui- ren als zwischen den letzteren. Die Schlüsse der vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte wären dann von jenen der vergleichenden Ana- tomie abhängig. Falls wir jedoch jeden Entwicklungszustand als das betrachten, was er im Augenblicke ist, dann können wir uns auch der Thatsache nicht verschließen, dass es embryologische Species giebt, die wir bei objektiver Betrachtung der Reihe nach mit den entsprechenden »aus- gebildeten Individuen« ein und derselben systematischen höheren Einheit einverleiben müssen und bezüglich ihrer Theile vergleichen können. Auf Grund der Evolutionstheorie müssen wir ja auch zu diesem Schlusse gelangen. Wenn wir die anfänglich gewiss unbestreitbare Gleiehwerthigkeit einer Anlage des mütterlichen und des kindlichen Organismus, letztere durch die phylogenetische Reihe zurück verfolgend, weiterhin prüfen könnten, so würden wir dieselbe trotz der nur ge- ringfügigen, sich unmerklich einschleichenden Unterschiede immer ge- ringer finden. Dieser Wechsel der Werthigkeit kann uns aber bei einem Processe, wie es die Stammesentwicklung ist, nicht Wunder nehmen. Ein ähnlicher Wechsel findet bei der Ontogenese statt. Die Differenzirung der Elemente bei derselben besteht janach dem früher Gesagten nicht in der Ausbildung einer von Grund aus neuen Eigenschaft, sondern vielmehr in der Unterdrückung verschiedener Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Bd. 45 692 Ludwig Kerschner, = anderer Fähigkeiten der indifferenten Zelle zu Gunsten der einseitigen Entwicklung einer einzelnen; die Änderung kommt erst während der Ontogenese allmählich zu Stande. Wir können kein Bedenken tragen, bei zwei parallelen Processen den parallelen Wechsel des morphologischen und physiologischen Werthes von deren Substraten in einen kausalen Zusammenhang zu bringen. Nur auf Grund einer phylogenetischen Theorie und der obigen Anschauung von der Differenzirung, ist ein Vergleich der Anlagen der so different gebauten Organismen möglich. Kehren wir zu unserem früheren Beispiel, der Gastrula eines zwei- schichtigen Coelenteraten und eines Echinoderms zurück. Die äußere Schicht beider, den Ektoblast, haben wir als eine für die Fortpflanzung aufgegebene sterile, dem Schutze der fertilen Elemente gewidmete Schicht angesehen und können dieselbe von diesem Standpunkte aus bei gleicher Mächtigkeit auch homologisiren. In der inneren Schicht, dem Entoblast, sahen wir den Mutterboden der Keimzellen — den . Gonoblast. Unter letzterem verstehe ich jene Schicht, deren sämmt- liche Elemente zu Keimzellen werden können. Könnte, was für die jetzt lebenden zweischichtigen Coelenteraten nicht ausgeschlossen ist, für die entsprechenden phylogenetischen Stadien aber angenommen werden muss, eine jede Entoderm- (Entoblast-)Zelle zu einer Keim- zelle werden, dann fiele hier der morphologische Begriff des Entoblasts mit dem physiologischen des Gonoblasts, der mit Bezug auf das gesammte Individuum zugleich Trophoblast ist, zusammen. Würden aber, wie es den Anschein hat, schon in der Ontogenese der zweischichtigen Goelenteraten die Keimzellen auf bestimmte Stellen beschränkt, so hätten wir hier einen Übergang zu den dreischichtigen Organismen. Bei diesen giebt der Gonoblast schon während der Ontogenese die bisher erhaltene Kontinuität mit dem Trophoblast auf: In der Gastrula eines Echinoderms, der Sagitta, des Amphioxus, kurz, der eines Enterocoeliers, ist wohl der ganze primäre Entoblast (vor Abschnürung der Urdarm- divertikel) direkt dem Entoblast zweischichtiger Coelenteraten ver- gleichbar; er ist von unserem Standpunkt aus physiologisch, in seiner Gesammtheit Gonoblast. Im weiteren Verlaufe der Ontogenese jedoch geht einem Theile desselben, dem sekundären Entoblast, die Indiffe- renz verloren, er wird bloßer Trophohlast, während die fertilen Ele- mente sich als Mesoblast abschnüren und allein die Funktion des Gono- blasts übernehmen. Der sekundäre Entoblast der dreischichtigen Thiere ist eben so wie der Mesoblast eine neue Bildung, ohne volle Gleichwerthigkeit bei zweischiehtigen. Nur beide zusammen sind dem Entoblast der Coelenteraten homolog. Keimzelle und Keimblatt. 693 Eben so wie wir bei der Entoblastbildung zwei Möglichkeiten sahen, wie die schutzbedürftigen Elemente in die primäre Leibeshöhle hinein- gelangen können: die Einstülpung einer epithelialen Lamelle oder die Einwanderung einzelner Elemente, eben so finden wir dieselben auch bei der Mesodermbildung verwirklicht im Auftreten des Mesoblastes oder Mesenchyms. Und gerade wie bei der Einwanderung der Entoblastzellen eine Bildung der Gastralhöhle durch Spaltbildung auftritt, so entsteht bei der Mesenchymbildung der zweite Hohlraum, in welchen sich die Keim- zellen zurückziehen, die sekundäre Leibeshöhle, als Schistocoel. Die fernere Einschränkung des Gonoblasts bei der Organanlage will ich hier nicht weiter verfolgen. Ich glaube, das Vorgebrachte genügt, um zu zeigen, wie ich mir das Verhältnis von Keimzelle und Keimblatt vorstelle. Erhaltung derIndifferenz derKeimzellenist dieEnd- leistung jeder Differenzirung, also auch derjenigen der Keimblätter. Möge auch der Mesoblast und das Mesoderm ihren ursprünglichen rein entoblastischen Ursprung und damit die volle Gleichwerthigkeit verloren haben, für den Gonoblast dürfte sich beides nachweisen lassen. Gewiss ist vorläufig dies eine, dass wir einen sicheren, wenn auch mühsamen und langwierigen Weg offen haben, für die Keimblätter und Organanlagen eine eben so sichere Homologie aufzufinden, wie es jene der Keimzellen selbst ist, nämlich die Klarstellung des Verhältnisses aller anderen Organanlagen zur Anlage der Keimzellen. Hiermit ist uns ferner auch die Möglichkeit geboten, die Zuläs- sigkeit einer entwicklungsgeschichtlichen Hypothese zu prüfen. Die Verwerthbarkeit dieser Methode für die vergleichende Entwicklungs- geschichte könnte wegen der hohen Anforderungen fraglich erscheinen. Letztere mussten jedoch auch schon früher an eine vollständige ent- wieklungsgeschichtliche Untersuchung gestellt werden. Ein Entwick- lungsprocess begreift ja in sich den ganzen Kreis von Keimzelle zu Keimzelle. Nach den dargelegten Anschauungen zumal ist die schein- bare Entwicklung der Keimzellen, der eigentlichen Wesen, zum minde- sten eben so wichtig als die wirkliche Entwicklung ihrer Hülle. Wollte ich zum Schluss diese Skizze meiner Anschauungen noch- mals zusammenfassen, so könnte ich dies nicht kürzer und besser thun, als in dem bewusst an bekannte Muster angelehnten, nur absichtlich misszuverstehenden Satze: Omne vivum, omnis cellula — ovum. Graz, im April 1887. Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. Von V. Faussek. (Aus dem zootomischen Laboratorium der Universität zu St. Petersburg.) Mit Tafel XXXVI. Die neuesten Methoden der histologischen Untersuchung ermög- lichten die Erforschung solcher Einzelheiten in dem Bau des Ver- dauungskanals der Arthropoden, die den früheren Entomotomen voll- ständig unzugänglich waren. Als Beispiel einer solchen Art von Erforschung, welche eine Reihe interessanter Thatsachen zu Tage ge- bracht, führe ich die im Archiv für mikroskopische Anatomie sich befin- denden Aufsätze von J. FrexzeL an: »Über den Darmkanal der Crusta- ceen« (1885) und »Einiges über den Mitteldarm der Insekten« (1886). In der vorliegenden Abhandlung gebe ich die Resultate meiner Beobachtungen über den Bau des Darmkanals bei zwei Arten von In- sekten: bei der Eremobia (Trinchus) muricata Pall, einer Heuschrecke aus der Familie der Acridiodeen und bei den im Wasser wohnenden Aeschnalarven. Bezüglich des Baues des Mitieldarmes dieser Insekten erscheinen die von mir gewonnenen Ergebnisse in ihren Hauptzügen als Bestätigung der Beobachtungen, die in der Abhandlung von FRENZEL angeführt werden. Einige von mir gefundene Einzelheiten im Bau des Enddarmes sind, wie es scheint, bis jetzt der Aufmerksamkeit der Beobachter entgangen und bilden einen Ausnahmefall unter den Insek- ten. Bei der Bearbeitung meines Materials benutzte ich hauptsächlich den absoluten Alkohol. Der aus einem lebendigen Thiere ausgeschnit- tene Darmkanal wurde auf einige Zeit in absoluten Alkohol gelegt und darauf in 70—80 Grad starkem Alkohol aufbewahrt. Bei der Färbung mit Hämatoxylin in toto ergaben die auf solche Weise konservirten Ob- jekte auf den Durchschnitten die schönsten Bilder; die feine Struktur Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 695 erbielt sich ganz deutlich. Die Fremmme’sche Lösung erwies sich da gegen bei der Bearbeitung der Gewebe des Verdauungskanals als voll- ständig unanwendbar. Besonders litt davon das Epithel des Mittel- darmes; es veränderte sich bis zur Unkenntlichkeit. Die Intima ver- schwand ganz und die Zellen verloren ihre Umrisse und flossen zu einer kompakten Masse zusammen. I; Der Vorderdarm der Eremobia besteht aus einem kurzen Ösopha- gus, der sich in einen breiten, umfangreichen Kropf, den Kaumagen, erweitert. Der histologische Bau unterscheidet sich durch nichts von dem für diese Abtheilung der Orthopteren typischen Bau. Die Wand des Kropfes besteht aus einer Ringmuskellage, an welche sich von innen her viele längslaufende Muskelstämme anschließen, die ins Innere leistenartig vorspringen. Auf der Muskellage liegt die Epithellage. Die längslaufenden Muskeln bedeckend, bildet sie im Darmkanal selbst nicht sehr große Falten (Wülste). Die Epithelzellen sind klein, enthalten kleine Kerne, und sind von einer ziemlich entwickelten Chitinintima bedeckt. In dem unteren Theile des Kropfes ist diese Intima mit nicht sehr großen, aber sehr scharfen, hakenartigen Chitinzacken besetzt. Diese Zacken sitzen auf den durch die längslaufenden Muskelstämme gebilde- ten Leisten. — Beim Übergange der vorderen Abtheilung des Darm- kanals in den Mitteldarm bildet der Kaumagen eine kleine ringartige Falte in Form eines Vorhanges, die in den Mitteldarm herabhängt. Auf dieser Falte erreicht die Intima eine besondere Dicke und ist mit sechs ziemlich großen Chitinauswüchsen in Form von pfeilartigen Scheiben ausgerüstet. Gleich hinter der mit Chitinzacken ausgerüsteten Falte des Kau- magens fängt das Gebiet des Mitteldarmes an; derselbe verläuft in Form einer geraden Röhre bis zu der Stelle, wo die Marrıcursschen Gefäße münden und nimmt gleich im Anfange, hinter der Falte des Kaumagens 12 ziemlich lange schlauchförmige Anhänge auf. Diese Schläuche sind wirteliörmig angeordnet, und zwar bilden sechs dickere den oberen, und sechs dünnere den {unteren Wirtel. Die sechs oberen Schläuche sind mit den blinden Enden nach oben, an die Seiten des Kaumagens gerichtet; die sechs unteren liegen mit den Enden nach unten. Die Einen wie die Anderen schließen sich fest an den Darmkanal an, ob- gleich sie auf demselben ganz frei liegen. Der histologische Bau dieser Schläuche unterscheidet sich wenig von dem Bau des Mitteldarmes selbst. Die oberen Schläuche bestehen aus drei Lagen: einer Muskellage, einer Membrana propria und einer 696 V, Faussek, Epithellage. Die dünne Muskelwand besteht aus ringförmigen Fasern, an die sich von außen her noch dünne, längslaufende Muskelstämme an- schließen. Die zwei inneren Lagen (das Bindegewebe und das Epithel) schließen sich nicht gleichmäßig der Muskelwand an, sondern bilden eine Reihe von Vorsprüngen, neun bis zehn an der Zahl. Auf den Quer- schnitten haben diese Vorsprünge das Aussehen von unregelmäßigen Falten verschiedener Höhe, welche in das Lumen des Schlauches hin- einragen. Das Epithel schließt sich stellenweise fest an die Muskelwand an, stellenweise entfernt es sich von derselben und bildet Längsfalten. Auf den Längsschnitten durch die oberen Schläuche sieht man, dass die Vorsprünge des Epithels und der Membrana propria, die auf den Quer- schnitten für Zotten angesehen werden könnten, in Wirklichkeit läng- liche, sich längs des ganzen Schlauches ziehende Wülste sind. Zwischen der Muskellage und dem Epithel befindet sich die dünne, faserige, kern- haltige Membrana propria. Da, wo sich die Wülste des Epithels befin- den, bildet die Membrana propria auch eine Falte, deren zwei Blätter fest an einander liegen. Zwischen denselben sieht man weder Zellen, noch Fasern des Bindegewebes; stellenweise nur gehen Tracheenäste durch. Was die Epithellage anbetrifft, so trägt sie in den dicken wie in den dünnen Schläuchen denselben Charakter, wie in dem Mitteldarm selbst. Die Elemente des Epithels des Mitteldarmes der Insekten sind von FRENZEL sorgfältig untersucht worden. Hinsichtlich des Mitteldarm- epithels von Eremobia ist es mir nicht gelungen zu Frexzer’s Befunden etwas Neueres oder Besonderes hinzuzufügen. Vielmehr konnte ich, so weit die Untersuchung an konservirten Geweben es zuließ, seine Resultate bestätigen. Das Epithel (Fig. 1) besteht aus eylinderförmigen, ziemlich breiten Zellen mit großen (0,015 mm im Durchmesser), intensiv sich tingiren- den Kernen, die ihrerseits mit feinen Chromatinkörnchen angefüllt sind. Stellenweise kann man junge Zellen bemerken, welche sich zwischen zwei alte einkeiien und kleinere Kerne enthalten; die Zahl derselben ist jedoch unbedeutend. Das freie, gegen das Lumen des Schlauches gerichtete Ende der Zellen trägt den Zellsaum in Form eines kontinuir- lichen Streifens, der die ganze Epithellage bedeckt und zwei scharf bezeichnete Kontouren und eine klare Strichelung zeigt. Dieser Zell- saum (Härchensaum nach Frexzer) schließt sich fest an die Epithelzellen an und kann nicht von denselben gelöst werden. Zwischen den Zellen liegen vielzellige Drüsen zerstreut, die FrenzeL »Drüsenkrypten« be- nannt hat (Fig. 1); man begegnet ihnen in den beiderartigen Anhängen so wie in dem Mitteldarm selbst und überall sind sie regelmäßig ver- Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 697 theilt. Auf jedem Schnitt kann man drei bis acht und sogar mehr Drüsen finden. Das Epithel des Mitteldarmes löst sich leicht von der Muskelwand ab, die Drüsen jedoch sitzen fest darauf, und oft erhält man Schnitte, in denen das Epithel sich abgelöst hat, während die Drüsen alle an ihrem Platze verbleiben. Diese Drüsen sind birn- oder kolbenförmig, und ihr breiterer Theil liegt unter der Kernlage der Zellen des Epithels. Sich rasch verengernd, geht er in eine enge Röhre über, die in das Lumen des Darmanhanges mündet. Da dieser Aus- gangskanal höchst dünn ist, so ist er nicht immer deutlich zu sehen. Die selbständige Hülle der Drüsen kann man sehr deutlich unterschei- den, besonders in den Fällen, wenn, wie schon oben erwähnt, die Zel- len des Epithels sich von der Wand ablösen, die Drüsen aber an ihrem Platze bleiben. Diese Drüsen sind mit Kernen gefüllt, die sich von den Kernen der Epithelzellen dadurch unterscheiden, dass sie nicht so groß und nicht so körnig sind und durch das Hämatoxylin mehr intensive Färbung erhalten. Größtentheils bilden sie einen dichten Komplex, in Form einer kompakten Masse, welche die ganze Drüse anfüllt. Manch- mal sind deren weniger, nur drei bis sechs an der Zahl, und dann sieht man deutlich das Plasma, welches jeden Kern umhüllt und das sich nicht mit Hämatoxylin tingirt; auch die Grenzen der einzelnen Zellen, deren Bestandtheile diese Kerne bilden, sind dann deutlich zu sehen. Was die Zellenvermehrung anbelangt, so stimmen meine Beobach- achtungen mit den von FrenzeL angegebenen Thatsachen überein. In den Zellen der Drüsen findet mitotische Kerntheilung statt. Die Kern- theilung auf meinen Präparaten zu beobachten ist mir zwar nur bei sehr wenigen Drüsen gelungen, dessenungeachtet sieht man bei der Bearbeitung mit absolutem Alkohol die karyolitischen Figuren überaus deutlich. In den Zellen des Epithels selbst konnte ich die mitotische Kerntheilung nicht entdecken. Stellenweise sieht man in den am Grunde der Epithelzellen gelegenen neu gebildeten Zellen zwei neben einander liegende Kerne; den Process der Kerntheilung selbst konnte ich jedoch nicht wahrnehmen. Die unteren (feinen) Anhänge des Mitteldarmes unterscheiden sich von den oberen dadurch, dass ihre äußere Hülle vorzugsweise aus einer dünnen bindegewebigen Membrana propria besteht, in der nur die Kerne sich mit Hämatoxylin tingiren, und an die sich nur wenige feine längslaufende Muskelfasern anschließen. Die Epithellage bildet keine Falten und schließt sich überall fest den Wänden der Anhänge an. Der Charakter ihrer Zellen und vielzelliger Drüsen unterscheidet sich in nichts von dem, was oben davon gesagt worden. Was den Mitteldarm selbst anbetrifft, so unterscheidet sich sein 698 | V. Faussek, Bau in nichts von demjenigen seiner Anhänge und er bleibt unverän- dert von der Einmündung der Anhänge bis zu der Einmündung der Marricurschen Gefäße. Die Wand des Mitteldarmes besteht aus einer dünnen Lage von Ringmuskeln; an der äußeren Seite der Wand zieht sich eine bedeutende Menge von Längsmuskelstämmen hin. An die Muskellage schließt sich von innen eine dünne Bindegewebslage an (Fig. 4 h), die übrigens keine kontinuirliche Schicht bildet. In der Flächenansicht hat dieselbe das Aussehen eines Netzes mit breiten Maschen aus ziemlich dünnen Fäden. Es existiren keine Grenzen der Zellen; faseriges Gewebe mit Kernen ist allein vorhanden. Auf dieser Bindegewebslage liegt das Epithel. Wülste, wie in den Anhängen, bildet es hier nicht, sondern schließt sich fest der Wand an. Stellen- weise nur weicht es ein wenig von der Muscularis ab, und in solchen Fällen ist der Zwischenraum mit lockeren faserigen Geweben ausge- füllt. Der Charakter des Epithels unterscheidet sich fast gar nicht von demjenigen des Epithels der Darmanhänge; die Zellen scheinen nur ein wenig enger und länger zu sein. In dem Epithel des Mitteldarmes ist eine annähernd gleiche Anzahl Drüsen gleichen Charakters zerstreut. Die Intima behält auch denselben Charakter. Bemerkenswerth ist in der Masse der Fasern des Bindegewebes die Anwesenheit einer großen Anzahl sehr feiner, unregelmäßig vertheilter, glänzender Körperchen, welche stark lichtbrecheud sind, sich nicht mit Hämatoxylin tingiren und sich durch einen gelblichen Schimmer auszeichnen. Stellenweise bilden sie bedeutende Anhäufungen. In dem Bindegewebe der An- hänge habe ich die Anwesenheit solcher Körperchen nicht bemerkt. Eine dünne Lage desselben Bindegewebes mit Kernen bekleidet auch von außen die Wand des Mitteldarmes. Die Stämme der längslaufen- den Muskeln, die zur Muskelwand gehören, zerfallen, da, wo sie sich dem hinteren Ende des Mitteldarmes nähern, in feinere Stämme, weil die einzelnen Muskelstämmchen, aus denen sie gebildet, sich von ein- ander entfernen. In Folge dessen wird die Längsmuskulatur dichter und feiner und die Längsmuskelstämme haben das Aussehen von am Ende zerfaserten Schnüren. Ganz am Ende, an seiner Grenze mit dem Enddarm, nimmt der Mitteldarm eine Menge Marrıisur’scher Gefäße auf, die zu 15 bis 20 büschelweise vereinigt mit 10 einzelnen Stämmen münden. Unterhalb der Mündung der Marrıcurschen Gefäße in den Mitteldarm befindet sich eine, den Mitteldarm von der folgenden Abtheilung des Darmkanals scheidende, besondere Einschnürung in der Art eines Sphincters oder einer ringförmigen Klappe. Die Muscularis wird plötzlich bedeutend dieker und besteht aus einigen sehr starken und dieken Ringmuskeln 0 Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 699 (Fig. 2). Die Epithellage bildet einige (annähernd 10) breite Falten oder Wülste in Form von Erhöhungen, die steil in das Gebiet des Mittel- darmes hinabsteigen, rückwärts aber, nach der Seite des Enddarmes hin, allmählich und unmerklich in die Epithelschicht, die denselben be- deckt, übergehen. An den Seiten tragen diese Epithelvorsprünge noch besondere Falten. Der Charakter des Epithels dieser Falten ist von demjenigen des Epithels des Mitteldarmes ganz verschieden. Die Drüsenkrypten verschwinden; die Zellen werden kleiner, niedriger, cylinderförmig und enthalten verhältnismäßig große Kerne, welche fast den ganzen Raum der Zellen einnehmen. Im Zwischenraum zwischen den Erhöhungen sind die Epithelzellen noch niedriger und breiter. Die Kerne haben eine unregelmäßige Form mit rundlich-eckigen Um- rissen. Viele unter ihnen zeigen Einschrürungen von verschiedener Tiefe, als ob sie sich im Process der direkten Kerntheilung befän- den; die karyolitischen Figuren sind niemals sichtbar. Das Epithel dieser Wülste ist mit einer Intima von bedeutender Dicke ausgestattet; letztere ist nicht mehr gestreift, sondern stellt eine durchsichtige, homogene Chitinhaut dar. Der Raum zwischen dem Epithel und der Muskellage ist in den Wülsten mit Fasern des Bindegewebes, die den oben beschriebenen gleichkommen, angefüllt. Unter den Kernen dieses Gewebes kommen solche vor, die auf einen Process der direkten Kern- theilung hinzuweisen scheinen. Obgleich das Bindegewebe auch hier in seiner lockeren, faserigen Form auftritt, so kommen manchmal noch Spuren einzelner Zellen vor, welche das Aussehen eines farblosen, hellen, sich nicht tingirenden Plasma haben, welches die einzelnen Kerne umgiebt. Dieses Plasma zeigt keine faserige Struktur und umgiebt die Kerne mit einem hellen Hofe, der deutlich von der übrigen Masse des Gewebes absticht. Ein starker Muskelring und die Wülste des Epithels, die sich beim Über- gang einer Abtheilung des Darmkanals in die andere befinden, weisen darauf hin, dass die Kontraktion dieses Ringes dazu dienen muss, um die Nahrung im Mitteldarm aufzuhalten und das Übergehen der ein- zelnen Nahrungstheilchen aus dem Enddarm zurück in den Mitteldarm zu verhindern. Die Wülste selbst gehören, dem Charakter ihres Epi- thels nach, zu der letzten Abtheilung des Darmkanals. Ihr Epithel geht auch wirklich unmerklich in das Epithel der folgenden Abtheilung über. Der Enddarm kann, seiner äußeren Form nach, in drei Abthei- lungen eingetheilt werden, die sich, ihrem histologischen Bau nach, alle scharf von einander unterscheiden. Die Röhre des Darmkanals zieht sich, gleich hinter der Mündung der Marrisurschen Gefäße noch eine Strecke weit hin, ohne sich zu verändern, und unterscheidet sich äußer- 709 V. Faussek, lich in nichts von dem vorangehenden Mitteldarm. Diese Röhre bildet die erste Abtheilung des Enddarmes. Weiter geht sie in ein feines, ausge- bogenes Röhrchen über, welches die erste Abtheilung mit der brei- ten letzten Abtheilung, dem Rectum, vereinigt. Der letzte Theil ist seiner Länge, Breite und histologischen Differenzirung nach der be- deutendste Antheil des Enddarmes. So sieht der Enddarm bei den aus- gewachsenen Insekten aus; bei den nicht ausgewachsenen hat er die Form einer geraden Röhre, die sich in der Mitte erweitert. Das Verbin- dungsrohr, welches die erste Abtheilung mit der dritten vereinigt, fehlt noch. Es wird durch eine innere Falte der Wand des Enddarmes ge- bildet, die sich nach der Häutung auszieht und gerade streckt. Die erste Abtheilung des Enddarmes, die dem Mitteldarm unmittel- bar folgt, fängt mit dem oben beschriebenen Sphincter an. Die Muskel- wand geht nach ihrer zeitweiligen Verdickung wieder in die dünne Lage der Ringmuskeln über, an die sich sechs starke längslaufende Muskelstämme anschließen. Die Epithellage bildet keine Falten, son- dern schmiegt sich dicht an die Musecularis an. Ihre Zellen sind auch sehr niedrig und zugleich sehr breit. Die Kerne derselben sind sehr - groß (0,025-—0,030 mm) und scheinen, Dank der Breite der Zellen, auf den Präparaten ziemlich weit von einander zu liegen. Zwischen dem Epithel und der Muscularis liegt eine dünne Schicht von Bindegewebe, das eben so faserig wie im Mitteldarm ist, und die gleichen glänzenden Körnchen enthält. Die sehr großen Kerne des Epithels haben eine polyedrische Form mit abgerundeten Kontou- ren und mit einem dichten Chromatingerüst. Bei einigen Kernen tingirt sich bei der Färbung mit Hämatoxylin die eine Seite intensiver als die andere. Die charakteristische Besonderheit der Kerne des Epi- thels dieser Abtheilung des Enddarmes besteht darin, dass ein jeder der Kerne nicht unmittelbar in dem Plasma selbst, sondern von einem hellen durchsichtigen Hofe umgeben, gleichsam in einer Vacuole liegt. Die durchsichtige Umhüllung des Kernes erlaubt die Umrisse desselben genau zu unterscheiden. Viele Kerne, große so wie kleine, die in neu gebildeten Zellen, an der Basis der Epiihelzellen sich befinden, sind mit Einschnürungen versehen, die mehr oder weniger tief die Kerne in annähernd gleiche Theile theilen oder manchmal in einen größeren und einen kleineren Theil (Fig. 4). Auf der Flächenansicht kommen Zellen vor, in denen zwei nicht große Kerne neben einander liegen. Diese Gebilde der Kerne erinnern vollständig an die von FrEnzEL! im Mitteldarm der Crustaceen beschriebenen, wo die Klarheit der Gebilde 1 J. FienzEL, Über den Darmkanal der Crustaceen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXV. Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 701 auch durch die Anwesenheit des hellen Hofes, der den Kern umgiebt, bedingt wird. Die verschiedenen Stadien der mehr oder weniger tiefen Einschnürungen bei völliger Abwesenheit der karyolitischen Figuren haben Frenzer auf den Gedanken gebracht, dass diese Kerne durch amitotische Theilung sich fortpflanzen. Bei den Insekten ist es ihm nicht gelungen, solche Erscheinungen zu beobachten, da im Mitteldarm derselben wegen der sehr dichten Anordnung der Kerne ihre Umrisse undeutlich werden. Der Analogie nach urtheilend, giebt er jedoch auch bei denselben die Existenz eines solchen Processes zu. Im Enddarm der Eremobia habe ich die gleichen Bedingungen gefunden, welche die Beobachtung des Processes der Kerntheilung bei den Crustaceen erleichtern: nämlich einen großen Zwischenraum zwischen den Kernen der einzelnen Zellen und einen hellen Hof, der sie umgiebt. Und wirklich, als ich meine Präparate mit den Zeichnungen Frexzer’s, welche die Stadien der Kerntheilung in dem Epithel der Decapoden darstellen, verglich, fand ich viele Stadien und Formen, die bei Frenzen abgebildet sind, vor (Fig. 4). Das Kern- gerüst behielt dabei immer seine Form. Die von mir beschriebene erste Abtheilung des Enddarmes geht alsdann in eine enge, gebogene Röhre über, die denselben mit dem Rectum vereinigt. Die Bestimmung dieser Röhre ist wieder eine rein mechanische. Sie besteht darin, die zwei Abtheilungen des Darmkanals zu vereinigen und zugleich als Klappe zu dienen, um den Übergang der Nahrung aus einer Abtheilung in die andere zu verhindern. Einer solchen Bestimmung dieser Röhre entsprechend finden wir auch hier, gleich wie bei dem oben beschriebenen Sphincter, ein reducirtes Epi- thel und eine verstärkte Muskellage. Die Verstärkung der letzteren wird jedoch nicht nur durch die einfache Vermehrung der Zahl der Ring- muskeln erreicht, im Gegentheil die Lage der Ringmuskeln ist eben so dünn, wie auch in der vorhergehenden und in der folgenden Abthei- lung. Die Längsmuskulatur, die längs der ersten Abtheilung des End- darmes liegt, verschwindet sogar an der Verbindungsröhre. Auf der Wand der letzten Abtheilung, in einer verstärkten Form wieder er- scheinend, hören diese Stämme längs der engen Verbindungsröhre auf; die Wände derselben entbehren, wie ich beobachten konnte, vollstän- dig der äußeren Lage der Längsmuskeln. Die Verstärkung ihrer Kon- traktionsfähigkeit wird auf eine andere Weise erreicht (Fig. 5). An der inneren Seite der Wand ziehen sich einige Reihen längslaufender Wülste, die eine sehr unregelmäßige Form haben und bald hoch, bald niedrig sind. Die Zahl derselben beläuft sich auf acht bis zehn. Diese Wülste werden durch das Epithel gebildet, welches an vielen Punkten % 702 | V. Faussek, von der Ringmuskulatur absteht. Der Raum zwischen den Ringmuskeln und dem Epithel ist hier nicht wie in den Wülsten des Sphineters beim Übergange des Mitteldarmes in den Enddarm mit lockerem Bindege- webe, sondern mit längslaufenden Muskelstämmen angefüllt. Der ver- schiedenen Höhe der Wülste entsprechend, ist auch die Zahl der Muskel- stämme in denselben verschieden; sie laufen nicht ganz parallel mit der Wand der Röhre, sondern sind zu derselben geneigt und bogenartig gekrümmt. Auf den Querschnitten werden folglich diese Muskelfasern quer und schief getroffen. Durch die Kontraktion dieser schräg laufen- den Muskelstäimme muss auch die Verkürzung der engen Röhre und die Verkleinerung ihres Durchmessers, d. h. die Verengerung des Lu- mens, welches dann durch die zusammenkommenden Falten verschlos- sen wird, erzielt werden. Das Epithel, das diese Wülste bedeckt, ist von den Muskelstämmen durch eine dünne Scheibe, die Membrana propria, getrennt und unter- scheidet sich von dem Epithel der vorhergehenden Abtheilung des Enddarmes durch eine viel geringere Größe seiner Zellen, welche kleiner, niedriger und enger sind und kleinere Kerne enthalten (Fig. 5). Die Grenzen der Zellen sind fast überall sehr deutlich; das Plasma der- selben tingirt sich nicht mit Hämatoxylin. Da, wo sich die enge Röhre mit der ersten Abtheilung des End- darmes vereinigt, gehen die Epithelzellen desselben sich allmählich verkleinernd und verengernd nach und nach in das Epithel über, das die Wülste der Verbindungsröhre bedeckt. Der Übergang aus dieser Abtheilung in das Rectum geschieht nicht so allmählich. Das Epithel ist mit einer Guticulalage bedeckt, die eine unmittel- bare Fortsetzung der Intima der ersten Abtheilung darstellt. Da, wo die Röhre sich mit dem Rectum vereinigt, verdickt sich die Intima und erzeugt gelbe Chitinstreifen und Zähnchen. Diese Zähnchen be- finden sich im Anfange jener Streifen des Epithels, zwischen den Rec- taldrüsen, von denen die Rede später sein wird. Gehen wir jetzt zur Beschreibung des wichtigsten Theiles des End- darmes, des Rectum über. Derselbe zeichnet sich im Vergleich zu den vorhergehenden Abtheilungen durch eine bedeutendere Größe und eine stärkere histologische Differenzirung aus. Den wichtigsten Theil dieser Abtheilung bilden sechs längslaufende längliche Wülste der Epithelwand, die sich durch eine außerordentliche, räthselhafte Bildung auszeichnen und längst schon unter dem Namen der Rectaldrüsen der Insekten bekannt sind'!. Bei den Eremobien haben sie den gleichen 1 C. Cuts, Über den Bau etc. der Rectaldrüsen bei den Insekten. Abhandl. d. SENCKENB. Naturf. Gesellsch. 4876. 2. 2 Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 703 Charakter wie bei Locusta und anderen Orthopteren. Sie haben (Fig. 6) die Form von sechs länglichen Wülsten, die ein wenig in das Innere des Darmkanals vorspringen und durch sechs eben so längliche Ver- tiefungen, Furchen, in denen die Epithellage fest an der Muscularis anliegt, getrennt werden. Die Muscularis dieser Abtheilung des Enddarmes be- steht aus einer Lage Ringmuskeln von unbedeutender Dicke und aus sechs sehr dicken, starken, längslaufenden Muskelstämmen, welche sich den sechs Zwischenräumen der Rectaldrüsen gegerüber befinden (Fig. 6 !.m). An dieser Stelle dringt die Muskelwand ein wenig ins Innere und bildet eine äußere flache Furche, welche der inneren, sich zwischen den Rectaldrüsen befindenden, gegenüber liegt. Auf diese Weise liegt jede Rectaldrüse zwischen zwei längslaufenden Muskelstämmen und zwischen zwei länglichen Furchen, der äußeren und der inneren. Längs den Wülsten, welche die Rectaldrüsen bilden, löst sich die Epithellage von der Muscularis ab und der Zwischenraum ist mit Bindegewebe an- sefüllt, das den gleichen Charakter, welcher schon früher erwähnt, trägt; es ist das ein faseriges, keine selbständigen Zellen enthaltendes Gewebe mit ziemlich kleinen Kernen (Fig. 6, 7 b). Diese Lage enthält ein diehtes Tracheennetz, dessen feine Ästchen sogar zwischen die Zel- len des Epithels dringen (Fig. 7 ir). Die Epithellage trennt sich von dieser Lage des Bindegewebes durch eine festere Schicht — der Mem- brana propria — ab. Das Epithel der Rectaldrüsen bei Eremobia bietet einige Eigenthümlichkeiten dar, deren Cnun nicht erwähnt. Die Haupt- masse desselben bilden (0,15 mm hohe) große eylinderförmige Zellen mit’ fast überall deutlich zu sehenden Grenzen; das Plasma dieser Zel- len tingirt sich nur schwach mit Hämatoxylin. Die Kerne sind groß (0,025—0,040 mm) und von runder oder ovaler Form; es kommen auch sehr schmale, längliche oder eiförmige, an einem Ende (gewöhnlich am oberen) zugespitzte Kerne vor. Im Kerne selbst befinden sich ein, zwei oder mehrere ziemlich große Körnchen (Nucleoiden?) und ein Netz kleiner Chromatinkörner. Die länglichen eiförmigen Kerne tingiren sich oft unregelmäßig; das zugespitzte Ende ist gewöhnlich reicher an Chromatinkörnchen und selbst das Plasma nimmt die Färbung an; das entgegengesetzte Ende des Kernes, welches weniger Körnchen enthält, und dessen Plasma sich nicht tingirt, ist hingegen fast farblos. Die Kerne aller Zellen befinden sich im Grunde derselben, d. h. nicht weit von der Membrana propria; theilweise liegen sie ganz im unteren Theile der Zellen, theilweise etwas von der Membran entfernt; nur wenige liegen über der Mitte der Zellen. Alle Kerne, sowohl die höher als die niedri- ger liegenden, sind fast von gleicher Größe. Neugebildete Kerne, d.h. den neugebildeten Zellen gehörende Kerne, habe ich auf meinen Prä- 704 V. Faussek, paraten nicht gesehen. Manchmal kamen zwar Kerne mit Einschnü- rungen, in der Art der früher in der ersten Abtheilung des Enddarmes beschriebenen, vor. In die Zwischenräume zwischen diesen eylindrischen Zellen dringen feinste, von den im Bindegewebe der Rectaldrüsen verlaufenden Tra- cheenstämmen abgehende, Tracheenästchen ein (Fig. 7 ir). Diese in das Epithel eindringenden Tracheenästchen haben keine Chitinschicht, und bestehen nur aus einer feinen Mairixröhre mit Kernen; die Kerne verkleinern sich nicht und scheinen desshalb im Verhältnis zu der Röhre groß. Die Röhre geht aufwärts, den Zellen des Epithels entlang, und endigt fast unter der Intima, eine blinde Erweiterung in Form einer Blase, deren Hülle ein bis zwei Kerne enthält, bildend. Die Um- risse der Röhre sind sehr deutlich zu sehen und eben so leicht ist es ihre Vereinigung mit den Tracheenästen des Bindegewebes zu beob- achten. Außer den beschriebenen cylinderförmigen Zellen mit großen Kernen sind in der Epithellage der Rectaldrüsen noch andere Elemente vorhanden. Im oberen Theile der Epithelschicht, nahe der Intima, da, wo die Grenzen der eylinderförmigen Zellen undeutlich werden, liegen bald einzeln, bald angehäuft kleine Kerne, welche besonderen Zellen angehören. Kleiner als die Kerne der Epithelzellen (0,01 mm), unterschei- den sie sich nach der Struktur nicht von denselben. Sie haben eine regelmäßige runde Form und enthalten einige (ein bis zwei) größere Körnchen (Nucleoiden?) und einige, sich stark mit Hämatoxylin tin- girende, inmitten eines farblosen oder sehr schwach tingirten Plasma ruhende, kleinere Körnchen. Ein jeder solcher Kern liegt in einer hellen, durchsichtigen Blase — Theca — und nimmt annähernd die Mitte derselben ein (Fig. 7 sch). Die Theca ist manchmal rund, manch- mal länglich. Wenn die Kerne in Gruppen liegen, so berührt die Theca des einen diejenige des anderen. Die Grenzen der Zellen, denen diese Kerne mit ihrer Theca angehören, habe ich nicht feststellen können. Wie es scheint, stehen diese Zellen in gar keinem Zusammenhang mit der Membrana propria, sondern liegen frei in den Zwischenräumen der Cylinderzellen. Die Zahl dieser » Schleimzellen« »Levnie’sche Zellen«) ist viel geringer als diejenige der Epithelzellen; sie befinden sich alle in dem oberen Theil des Epithels, unweit der Intima. Doch ist es mir kein einziges Mal gelungen die Mündung ihrer Theca ins Lumen des Darmes zu sehen, vielmehr habe ich sie immer geschlossen gefunden. Nur in seltensten Fällen bekömmt man Kerne zur Ansicht, die weiter von der Oberfläche des Epithels, den Kernen der Epithelzellen genähert liegen. Neben der Basis der Epithelzellen, an der Membrana propria, en Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 705 sieht man gar keine Schleimzellenkerne. Was die Vermehrung dieser Zellen anbelangt, so liegen manchmal in einer Theca zwei Kerne, die sich fast berühren. Manchmal kommen Schleimzellen mit Einschnü- rungen vor. Die größte Zahl der Schleimzellen befindet sich an den Seiten der Rectaldrüsen; in der Mitte derselben nimmt ihre Zahl ab. Die Seitenflächen der Wülste, welche die Rectaldrüsen bilden, sind von einem, einen ganz anderen Charakter tragenden Epithel bedeckt (Fig. 6). Die ceylinderförmigen Zellen werden kleiner, kürzer und schmaler; die Kerne verkleinern sich, werden dünner und liegen, da die Zellen sich sehr anhäufen, nahe bei einander; die Schleimzellen verschwinden ganz. Die Membrana propria, auf der die Zellen des Epithels der Rectaldrüsen sitzen, biegt sich auf den Seiten derselben nach unten ein und schließt sich längs der ganzen Furche, die die eine Rectaldrüse von der. anderen theilt, fest an die Muscularis an; das faserige Gewebe der Rectaldrüse verschwindet hingegen in den Zwi- schenräumen ganz. An der anderen Seite der Furche geht diese Mem- brana wieder von der Muscularis ab und bildet die Stützmembran des Epithels der folgenden Rectaldrüse. Auf diese Weise sitzt das gesammte Epithel, sowohl das hohe der Rectaldrüsen, wie das niedrige, redueirte Epithel der Zwischenfurchen auf einer zusammenhängenden, kontinuir- lichen Membran, die bald sich von der Muscularis entfernt, bald sich derselben eng anlegt. In der Furche zwischen den Rectaldrüsen be- steht das Epithel aus kleinen, engen, cylinderförmigen Zellen mit kleinen, stark sich tingirenden Kernen. Diese Zellen sitzen hier nicht mehr so dicht, wie an den Seiten der Rectaldrüsen. Alle drei Abthei- lungen des Enddarmes sind inwendig mit einer Chitinintima bedeckt, welche überall den gleichen Charakter trägt und durchsichtig, struktur- los und ziemlich dick ist. Wir sehen also, dass in dem Darmkanal der Eremobia drei starke Muskelklappen, drei Sphineteren (beim Übergange des Vorderdarmes in den Mitteldarm, des Mitteldarmes in den Enddarn: und in der engen Verbindungsröhre des Enddarmes) die drei Abtheilungen des Darm- kanals, deren Epithellagen eine sehr verschiedene Struktur besitzen, isoliren: nämlich den Mitteldarm und die zwei Abtheilungen des End- darmes. Während der Vorderdarm, der mit einem spärlichen Epithel, einer stark entwickelten Museularis und einer, Chitinzacken tragenden, Intima ausgestattet ist, nur eine rein passive, mechanische Rolle im Verdauungsprocesse spielt, muss dem Enddarm eine bedeutende physio- logische (chemische) Thätigkeit im Verdauungsprocess zukommen. Die Theilung desselben in zwei von einander isolirte Abtheilungen, die starke Entwicklung der Epithellage, ihre Differenzirung nach Abthei- 706 V. Faussek, lungen, die Größe ihrer Zellen und Kerne, das Erscheinen besonderer Elemente in Form von Schleimzellen, denen man in den anderen Ab- theilungen des Darmkanals bei Eremobia nicht begegnet, Alles das. weist darauf hin. | II. Gegenstand meiner weiteren Untersuchungen waren die Aeschna- larven. Es ist bemerkenswerth, dass das Epithel des Darmkanals dieser Insekten bei der Bearbeitung mit absolutem Alkohol mehr als dasjenige der Eremobia litt; während das Epithel des Mitteldarmes, bei der Be- arbeitung mit der Fremmine'schen Lösung, sehr verändert wurde, er- gaben die gleich bearbeiteten, mit Karmin tingirten Präparate des End- darmes in einigen Hinsichten selbst bessere Resultate als die mit absolutem Alkohol und Hämatoxylin behandelten. Der Mitteldarm der Aeschnalarven hat, wie bekannt, gar keine Anhänge und bildet zwischen dem Vorderdarm und der Stelle, wo die Marrichuischen Gefäße münden, eine einfache eylinderförmige Röhre. Das Epithel besteht aus hohen und sehr dünnen cylinderförmigen Zel- len; es bildet gar keine Falten, sondern liegt überall fest an der Wand an. Die Oberfläche desselben hat auf den Querschnitten ein leicht ge- welltes Aussehen, der nicht ganz gleichen Länge der Epithelzellen wegen, die nach oben etwas breiter werden. Da die Epithelzellen sehr schmal sind, so liegen die Kerne sehr dicht an einander, so dass keine Möglichkeit vorhanden ist, die Art und Weise der Bildung der neuen Zellen zu ergründen. Der Härchensaum der Epithelzellen ist von un- bedeutender Höhe. Zwischen den Epithelzellen sind viele ziemlich große Drüsen (Krypten) zerstreut; sie haben die Form von kleinen Kol- ben oder länglichen Flaschen mit engen Hälsen und enthalten größten- theils einen dichten Kernkomplex, um den herum man weder ein Plasma noch Grenzen der zu ihnen gehörenden Zellen unterscheiden kann; die Hülle der ganzen Drüse und des Halses ist jedoch sehr klar zu sehen. Dem Charakter und der Intensivität der Karminfärbung nach unterscheiden sich die Kerne der Drüsen gar nicht von den Kernen der Epithelzellen. Die äußere Gewebsschicht des Mitteldarmes ist etwas anders wie bei der Eremobia gebildet. Die Membrana propria, auf der die Epithel- zellen sitzen, ist ein höchst feines, strukturloses, glänzendes, stark lichtbrechendes (chitinöses — ? Siehe Scaxeiver, »Über den Darm der Arthropoden, besonders der Insekten «. Zool. Anz. 1887, Nr. 246) Häut- chen. Dasselbe ist mit ziemlich dichten, kleinen, feinen und scharfen Falten bedeckt, welche zwischen die Zellen des Epithels dringen. Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 707 Dieser Membrana propria liegt unmittelbar die Musecularis, eine Lage dünner Ringmuskelfasern, an, und wird nicht von derselben durch eine Zwischenschicht, Bindegewebe (Hypodermis), wie wir es im Mitteldarm der Eremobia zwischen dem Epithel und der Muscularis sehen, ge- trennt. Nach FrexzeL sollen überhaupt diese beiden Gewebeformen, die unter dem Epithel liegen, nie simultan. vorkommen, während ScHNEIDER in dem oben erwähnten Aufsatze behauptet, dass unter der Chitin-(?)Membrana, auf der das Epithel sitzt, noch eine Lage Hypoder- mis sich befindet. Meine Beobachtungen sprechen eher für die Mei- nung Frenzer’s. Dagegen findet man im Darmkanale der Aeschna stark entwickeltes faseriges Bindegewebe da, wo bei der Eremobia keines, oder nur Spuren zu sehen waren. Dasselbe bekleidet nämlich äußer- lieh in einer ziemlich dichten Lage die Ringmuskelfasern der Muscu- laris und trägt hier denselben Charakter wie im Darmkanal bei Ere- mobia. Die einzelnen Zellen sind in diesem faserigen Gewebe nicht sichtbar; es besteht nur aus Faserbündeln mit darunter liegenden Kernen. Zahlreiche Tracheenäste durchdringen das Gewebe, welches die längslaufenden, äußerlich den Ringmuskeln anliegenden Muskel- stämme dicht bekleidet; die Zahl dieser Stämme ist ziemlich groß, ihre Dicke jedoch unbedeutend. Ganz den gleichen Bau des Mitteldarmes haben auch die Libellula- larven, die Agrionlarven und die Imagines von Lib. striolata. Da, wo der Mitteldarm der Aeschnalarve sich mit dem Vorderdarm vereinigt, gehen die Wände dieser Abtheilungen nicht gerade in ein- ander über; in eine enge Röhre ausgezogen ragt der Vorderdarm in das Lumen des Mitteldarmes hinein und die Wandung des Mitteldarmes bildet eine ceirkuläre Falte, welche diese terminale Verengerung des Vorderdarmes umgiebt und fest an derselben anliegt. Diese Röhre bildet damit eine Klappe, welche die eine Abtheilung des Darmes von der an- deren absperren und den vorzeitigen Übergang der Nahrung in den Mitteldarm verhindern kann. Zu diesem Zwecke dienen große Falten ihres Epithels, und eine stark entwickelte Ringmuskulatur, welche durch ihre Kontraktion die Falten der Epithellage einander näher bringen, und das Lumen der Röhre ganz schließen muss. Eine stark entwickelte Intima dient noch mehr dazu diesen kurzen Endtheil des Vorderdarmes recht fest zu verschließen. Die Intima ist am stärksten am letzten Ende des hineinragenden Endtheiles des Vorderdarmes, da, wo sein Epithel, das demjenigen der ganzen vorderen Darmabtheilung gleich kommt, beim Übergang auf die Falte des Mitteldarmes, durch das Epithel des letzteren ersetzt wird. Allmählich in ihrer Größe sich verändernd, gehen die Zellen einer Abtheilung in alas der anderen über. Der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XLV. Ba. 46 03 V. Faussek, Raum zwischen der Ringmuscularis und dem Epithel in den Falten der Röhre ist mit Bindegewebe und einigen feinen längslaufenden Muskel- fäserchen angefüllt; die Kontraktion derselben muss dazu beitragen die Klappe zu erweitern. Der ganze innere Raum der Ringfalte des Mittel- darmes, welche die enge Endröhre des Vorderdarmes bekleidet, ist mit einer Epithellage bedeckt, die den gleichen Charakter, wie die oben beschriebene Epithellage des Mitteldarmes trägt und eine bedeutende Anzahl »Drüsenkrypten« enthält. An dem vorderen Rand der Ringfalte sind die Längsmuskelstämme des Vorderdarmes befestigt, während der Theil des Vorderdarmes, der in Form einer engen Röhre in den Mittel- darm eindringt, einer Längsmuskulatur entbehrt. Der Raum zwischen der Muskelwand dieser Röhre und der anliegenden Wand der Falte des Mitteldarmes ist mit lockerem Bindegewebe ausgefüllt, das eben so reich an Tracheenästen ist, wie das den Mitteldarm von außen be- kleidende: außerdem gehen hier noch feine Längsmuskelfasern, welche zum Längsmuskelsystem des Mitteldarmes gehören, durch; diese Fasern sind an das Ende der Röhre befestigt, da wo die Wand derselben in die Wand der Falte des Mitteldarmes übergeht. DerEnddarm der Aeschnalarven kann in zwei Abtheilungen getheilt werden; der dicke Endtheil, welcher, wie bekannt, bei den Larven dieser Art zum Athmen dient und Mastdarm genannt wird; der engere, in Form einer ausgebogenen Röhre, den Mastdarm vom Mitteldarm trennende Theil, könnte Dünndarm benannt werden. Jene Sphincte- ren, welche bei der Eremobia den Mitteldarm vom Enddarm und die eine Abtheilung des Enddarmes von der anderen trennen, finden wir in dem Darmkanal der Aeschnalarve nicht. Die Verbindung der engen Abtheilung des Enddarmes mit dem Mastdarm bildet keine zum Aufhal- ten der Nahrung dienende Klappe. Da, wo der Mitteldarm in den End- darm übergeht, sehen wir, anstatt eines starken Muskelsphincters, nur einige Epithelfalten, welche den Verschluss des Lumen bewirken können. Die Struktur der ersten, engen Abtheilung des Enddarmes bietet interessante Eigenheiten, die der Aufmerksamkeit der früheren For- scher entgangen sind. An seine Wand, welche aus einer Lage Ring- muskeln, einer Lage zerstreut liegender, feiner Längsmuskeln (Fig. 8), und einer wenig entwickelten bindegewebigen faserigen Membrana propria besteht, schließt sich eine Epithellage an, deren Struktur sehr charakteristisch ist. Die ganze Oberfläche des Dünndarmes nämlich ist mit einem Epithel bedeckt, das nicht, wie gewöhnlich, gleichartig ist, sondern zwei, der Größe und dem Charakter seiner Zellen nach, scharf sich unterscheidende Formen zeigt. In der Vertheilung dersel- Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten, 709 ben ist gar keine Regelmäßigkeit zu bemerken; sie sind stellenweise auf der Wand des Dünndarmes zerstreut, und wechseln mit einander ah. 1) Das eine dieser Epithele besteht aus ziemlich großen und brei- ten Zellen (0,0% —0,06 mm Höhe), die große Kerne (0,025 — 0,05 mm) von runder polyedrischer oder länglicher Form enthalten (Fig. 8 Te). Nieht nur die Kerne dieser Zellen, sondern auch das Plasma derselben tingirt sich stark mit Karmin. Einige Kerne sind mit starken Ein- schnürungen versehen, wie wenn sie sich im Stadium der Theilung befänden; dabei sind aber keine mitotischen Figuren sichtbar. Stellen- weise bildet dieses Epithel Falten, durch welche Tracheenäste von be- deutender Dicke gehen (Fig. 8 ir). 2) Das Epithel der zweiten Art (Fig. 8 2e) unterscheidet sich von dem ersteren durch eine geringere Größe der Zellen (0,02 mm Höhe) und Kerne. Das Plasma seiner Zellen tingirt sich sehr schwach oder gar nieht mit Karmin und ist, wie es scheint, spärlich entwickelt; es ist farblos, durchsichtig und strukturlos. Die kleinen Kerne (0,005 mm) befinden sich nahe an dem oberen Ende der Zellen und liegen immer der einen oder anderen Wand derselben an. Dieses Epithel bildet lange, unregelmäßige, doppelte und dreifache vielgewundene Falten; diese Falten liegen fest an einander und bilden einen dichten Komplex von Epithelzellen, die im Dünndarme unregelmäßige Wülste erzeugen (Fig. 8 2e). Dem Gesammthabitus nach haben diese aus verflochtenen Reihen von Epithelzellen zusammengesetzten Zellenkomplexe einen drüsenartigen Charakter; sie werden auch von Tracheenästen durch- kreuzt, die hier jedoch feiner als in den Falten des ersten Epithels sind. Da, wo die von den beiden Epithelien bedeckten Stellen sich berühren, gehen die Zellen des ersteren, sich rasch verkleinernd und die Inten- sivität ihrer Färbung verlierend, in die Zellen des anderen Epithels über. Die Intima, welche die Zellen des großen Epithels bedeckt (und die sich von der Chitinintima des Vorderdarmes nur durch geringere Dicke unterscheidet), zieht sich ohne Unterbrechung in Form einer sehr dünnen, stark lichtbrechenden Membrana über den Zellen des klein- zelligen Epithels hin. Ohne Zweifel muss eine solche histologische Differenzirung der Struktur auch eine entsprechende physiologische Differenzirung im Gefolge haben und die physiologische Aufgabe dieser Form muss eben so verschieden sein. Besonders bemerkenswerth ist der Bau des kleinen Epithels mit seinen drüsenartigen, in Gruppen liegenden Falten. Die Beschreibung einer solchen Form der Epithel- bildung im Darmkanal der Insekten ist, so viel ich weiß, noch nie ge- geben. Die Endabtheilung des Enddarmes der Libellenlarven enthält, wie 46* 710 V. Faussek, bekannt, merkwürdige, oft beschriebene Bildungen, die Darmkiemen, die den Larven zur Darmathmung dienen. Der histologische Bau dieser Darmkiemen ist schon von Guun ! beschrieben worden. Seinen Bemer- kungen füge ich noch Folgendes zu. Cuun kannte den Bau der vorher- gehenden Abtheilung des Darmkanals mit seinen verschiedenen Epi- thelien nicht, desshalb hat er wahrscheinlich die verschiedene Bildung der Epithellage, welche die Darmkiemen bedeckt, nicht bemerkt. Die Darmkiemen bestehen, wie bekannt, aus Ausstülpungen der Epithel- lage des Enddarmes in Form von zwei sehr langen, an der Spitze kon- vergirenden Lamellen ; der zwischen denselben liegende Raum, der mit Bindegewebe angefüllt ist, dient zur Verzweigung der Tracheenstämm- chen. Die beiden Arten des von mir in der vorhergehenden Abtheilung beschriebenen Epithelgewebes gehen in den Mastdarm und auch auf die Darmkiemen über. Einige derselben sind mit einem Epithel erster Art bedeckt, das, wie schon erwähnt, große Zellen, große Kerne und ein sich tingirendes Plasma enthält; auf anderen kommt ein Epithel zweiter Art mit kleinen sich nicht färbenden Zellen und kleinen Ker- nen vor. Im Anfange, der von dem Epithel der zweiten Art bedeckten Darmkiemen, bildet dasselbe eben so komplexe Falten, wie in dem Dünndarm, nur sind sie kleiner. Einige Darmkiemen sind auf einer Seite von einer Epithelart, auf der anderen von einer anderen be- deckt. Was das Bindegewebe, das den inneren Raum der Darmkiemen füllt, anbelangt, so besteht es aus mit Kernen und Hüllen versehenen Zellen, welche aber nicht regelmäßig im Gebiet der Darmkiemen ver- theilt, sondern in einzelne Komplexe von runder oder länglicher Form zusammengefasst und von einer dünnen, deutlich sichtbaren Hülle (Membrana propria?) umgrenzt sind (Fig. 9 h). Im Kerne jeder dieser Zellen liegt eins, seltener zwei, stark lichtbrechende Körperchen. Wie bekannt, sind die Darmkiemen der Libellenlarven den Rectal- drüsen anderer Insekten vollständig homolog. GEGENBAUR hielt sogar die Rectaldrüsen für Rudimente der Tracheenkiemen; Caun bestritt diese Ansicht und hielt im Gegentheil die Darmkiemen für specialisirte, zum Wasserleben angepasste und in Athmungsorgane umgebildete Rectal- drüsen. Dabei ließ er aber eine Thatsache außer Acht, die seiner Mei- nung zur wesentlichen Stütze dient. Wenn nämlich die Reetaldrüsen verkümmerte Organe vorstellten, so würde ihr Erscheinen bei den In- sekten mit vollkommen entwickelter Darmathmung, wo folglich von der Rückbildung dieser Organe keine Rede sein kann, nicht zu erwarten sein. Und doch findet man typische Rectaldrüsen auch bei den Aeschna- IECHunHl. eapan! Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 711 larven, bei denen die Darmkiemen eine wichtige physiologische Rolle spielen. Cuun hat in seiner Abhandlung diese Thatsache nicht erwähnt. Ganz am Ende der hinteren Abtheilung des Enddarmes verschwinden die Darmkiemen und der Darmkanal geht vor der Analöffnung auf ein- mal in eine enge Röhre über. Längs dieser Röhre ziehen sich sechs Ausstülpungen oder sechs Epithelfalten, die ganz den typischen Bau der Rectaldrüsen, gleich den oben bei der Eremobia beschriebenen, haben (Fig. 9). Die Epithellage weicht von der Muscularis ab und der Zwischenraum ist mit demselben zelligen Bindegewebe, wie in den Darmkiemen, angefüllt. Zwischem dem zelligen Bindegewebe gehen Tracheenäste durch. Eine Abweichung von dem typischen Bau der Rectaldrüsen besteht nur darin, dass durch dieselben unterhalb des Epithels noch einige feine Muskelfasern gehen (Fig. 9 m). Die Diffe- renzirung der Epithellage in zwei Arten, die dem ganzen Enddarm der Aeschnalarven eigen, ist auch in dieser letzten Abtheilung sichtbar. Die Rectaldrüsen sind theils von dem großzelligen Epithel der ersten Art, theils von dem kleinzelligen der zweiten Art ausgekleidet. Letz- teres bildet noch in den Vertiefungen zwischen den Rectaldrüsen kleine Faltengruppen. Die Chitinintima, welche in einer kontinuirlichen Lage alle Ab- theilungen des Enddarmes deckt, enthält auf den Darmkiemen und den Rectaldrüsen schwarzes Pigment in Form von kleinen Körnchen. Die Anwesenheit der Rectaldrüsen im Darmkanal der Iusekten mit wohlentwickelter Darmathmung verhindert dieselben als rückge- bildete Athmungsorgane anzusehen und spricht zu Gunsten CGnun’s, der die Rectaldrüsen selbst für primitive Bildungen, und die Darmkiemen im Gegentheile für eine sekundäre Modifikation der Rectaldrüsen ansieht. Ich wiederhole mit ein paar Worten die von mir gefundenen That- sachen. 1) Im Mitteldarm der Eremobia und der Aeschnalarve befinden sich außer den eylinderförmigen Zellen noch besondere Zellenkomplexe von drüsiger Natur (Drüsenkrypten). In den Zellen dieser Drüsen wird mitotische Kerntheilung beobachtet, in den Zellen des Epithels hingegen nicht. 2) Der Enddarm weist einen bedeutenden Differenzirungsgrad auf. Bei den Eremobia theilt er sich in zwei Abtheilungen, die durch eine Muskelklappe getrent werden. Beide Abtheilungen unterscheiden sich dem Charakter nach scharf von einander; in beiden ist die Epithellage sehr entwickelt. In dem Epithel der Rectaldrüsen befinden sich außer den cylinderförmigen Zellen noch andere Zellenelemente (Schleimzellen, Leypig’sche Zellen). 712 V. Faussek, Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. 3) Der Enddarm der Aeschnalarven theilt sich auch in zwei Ab- theilungen, die aber durch keine Klappe getrennt werden. Im ganzen Enddarm begegnet man zwei Arten des Epithels, die sich scharf von einander unterscheiden; das eine mit großen Zellen und Kernen, das andere mit kleinen. In der Verbreitung derselben ist gar keine Regel- mäßigkeit zu bemerken. Das kleine Epithel bildet kompakte, ver- wickelte Falten; das große liegt fest der Muskelwand an, oder bildet nur einfache, weit von einander entfernte Falten. 4) In dem Enddarm der Aeschnalarven befinden sich außer den Darmkiemen noch typische Reetaldrüsen. St. Petersburg, 14./26. Mai 1887. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXVI, Fig. 4. Mitteldarm von Eremobia. r.m, Ringmuskelschicht; b, Bindegewebe; e, Epithel mit einer »Drüsenkrypte«. Fig. 2. Übergang des Mitteldarmes in den Enddarm (Eremobia). r.m, die stark entwickelten Ringmuskeln ; b, lockeres, faseriges Bindegewebe; e, Epithel; i, Intima. Fig. 3. Erste Abtheilung des Enddarmes (Eremobia). r.m, Muscularis; m.pr, Membrana propria; i, Intima. Fig. 4. Kerne der Epithelzellen derselben Abtheilung. Fig. 5. Querschnitt durch die Verbindungsröhre zwischen den zwei Abthei- lungen des Enddarmes (Eremobia). e, Epithelfalten; m, die durch sie verlaufen- den Muskelstämme; r.m, Ringmuskeln. Fig. 6. Rectaldrüse von Eremobia. I.m, Längsmuskulatur; r.m, Ringmuskula- tur; ir, Tracheen;; i, Intima; b, faseriges Bindegewebe mit zahlreichen Kernen; e, die Epithelschicht. Fig. 7. Epithel derselben Rectaldrüse. i, Intima; Sch, Schleimzellen (LEypIe- sche Zellen); ir, Tracheen; b, faseriges Bindegewebe; r.m, Ringmuskulatur. Fig. 8. Erste Abtheilung des Enddarmes von der Aeschnalarve. !.m, längs- laufende Muskelstämme; r.m, Ringmuskulatur; ir, Tracheen; 7e, großzelliges, großkerniges Epithel; 2e,verwickeite Falten des kleinzelligen, kleinkernigen Epi- theis; :, Intima. Fig. 9. Rectaldrüsen einer Aeschnalarve. r.m, Muskelschicht; tr, Tracheen; b, Komplexe von Bindegewebszellen ; m, einzelne Muskelfasern, die unter der Epi- thelschicht verlaufen; Ze, großzelliges Epithel; 2e, kleinzelliges, kleinkerniges Epi- thel; ©, Intima. Die Figuren 1, 2, 4, 7 sind mit der Anwendung von SEIERT’s homog. Immers. 1/46 gezeichnet; die übrigen mit SEıseErr’s Syst. V, Oe. 1. Über die Entstehung des Pigmentes in den Oberhautgebilden. Von A. Kölliker. Mit Tafel XXXVII und XXXVII. Vor Jahren schon haben v. Leypıce und H. Mürzer verzweigte Pig- mentramifikationen in der Epidermis von Amphibien und Fischen und auch der Ratte nachgewiesen. Ich selbst fand dann 1860 in der Haut von Protopterus annectens Pigmentzellen, deren Körper in der Cutis sich befanden, während reich verästelte Ausläufer derselben die Epidermis durchzogen und gründete auf diese Beobachtung die Hypo- these, dass die verästelten Pigmentzellen der Oberhäute aus der Gutis eingewanderte Bindegewebskörperchen seien (Würzb. naturw. Zeitschr. Bd. I. 1860). Lange Jahre hindurch schlummerte dann diese Frage und trat erst in den letzten Zeiten wieder an die Oberfläche. Zuerst kamen einzelne Beobachtungen über Pigmentzellen in der Cutis des Menschen, in erster Linie von WALDEvER, der solche in dem Bindegewebe der Augenlider aber auch an anderen Hautstellen antraf (Über Xanthelasma palpebrarum in VıreHuow’s Arch. 1870. Bd. LI. p. 319 und Hdbch. d. ges. Augenheil- kunde von GrazrE und Sarmıscn. Bd. I. p. 235), ferner Erfahrungen über sternförmige farblose Zellen in der Epidermis (LAngeruans), über ver- zweigte Pigmentzellen in der Haarzwiebel ete., bis am Ende von meh- reren Beobachtern die Frage der Pigmentbildung in der Oberhaut in Angriff genommen wurde, wie von Rızur, Eurmann, Azpy, Karc und mir. Rıssr (Vierteljahrsschr. für Dermatol. und Syphilis. Sept. 188%) bringt wesentlich Beobachtungen über die Haare, Enrmann (Über das Er- grauen der Haare und verwandte Processe. in: Allg. Wiener Med. Zei- tung 1884, Nr. 29 und Untersuchungen über d. Physiol. und Pathol. d. Hautpigmentes. Mit 4 Tafeln. in: Vierteljahrsschr. für Dermatol. und 714 A. Kölliker, Syph. 1885, p. 508 und 1886, p. 57) Erfahrungen über die Haare und Oberhäute mit guten Abbildungen der verzweigten Pigmentzellen in der Epithellage der Conjunctiva corneae des Ochsen und der mensch- lichen Haare. Kırc (Anat. Anz. 1887, Nr. 12) untersuchte das Pigment der Negerhaut und seine Schicksale bei Transplantationen, während Arsy die Frage in der ausgedehntesten Weise behandelte und, wenn auch nur in einer kurzen Notiz (Med. Centralblatt, 1885, Nr. 16), nach Prüfung aller Arten Oberhautbildungen, ganz allgemein den Satz auf- stellte, dass im Epithel kein Pigment gebildet werde, dasselbe viel- mehr durch Wanderzellen aus dem benachbarten Bindegewebe ein- geführt werde. Ich selbst habe in diesem Frühjahre Gelegenheit gehabt diese Frage zu prüfen und hierbei eine volle Bestätigung der Azsy- schen Aufstellungen erhalten. Kurze Referate über meine Erfah- rungen finden sich im Anatomischen Anzeiger 1887 und in den Sitzungsberichten der Würzburger Phys.-med. Gesellschaft, Sitzung vom 4. Juni 1887, und möchte ich hier unter Abdruck des am letzteren Orte Mitgetheilten einige Zusätze und eine Reihe von Abbildungen ver- öffentlichen, da ich doch für einmal nicht zu einer weiteren Bearbeitung dieser Frage kommen werde. Was ich bis jetzt gefunden, ist Folgendes: In den Haaren und in der Epidermis entsteht das Pigment da- durch, dass pigmentirte Bindegewebszellen hier aus der Haarpapille und dem Haarbalge, dort aus der Lederhaut zwischen die weichen tiefsten Epidermiselemente einwachsen oder einwandern. Hier ver- ästeln sich dieselben mit feinen, zum Theil sehr langen Ausläufern in den Spalträumen zwischen den Zellen und dringen zuletzt auch in das Innere dieser Elemente ein, welche dadurch zu wirklichen Pigment- zellen werden. Fast ohne Ausnahme liegen die pigmentirten Bindege- webszellen in den tieferen Lagen der Keim- oder Marricurschen Schicht, und wenn ein Epidermisgebilde in seiner ganzen Länge oder Dicke ge- färbt ist, so haben die äußeren Elemente ihren Farbstoff nicht in loco, sondern zu der Zeit erhalten, wo sie noch der Lederhaut nahe lagen. Die Epidermisgebilde, an denen ich bis jetzt eine solche Ent- stehung des Pigmentes beobachtete, sind: A. Haare (Fig. 1—7). 1) Die Haare des Menschen enthalten in der Haarzwiebel ausgezeichnet schöne, reich verästelte Pigmentzellen, die in queren und senkrechten Schnitten radienartig von der Höhlung ausgehen, welche die Papille aufnimmt. Auch die äußere und selten die innere Wurzelscheide enthält unter Umständen solche Zellen. Eben so die Über die Entstehung des Pigmentes in den Oberhautgebilden. 715 Anlagen neuer Haare beim Haarwechsel. Auch die Haarpapille (Fig. 1) und der Haarbalg enthalten solche Zellen, doch sind dieselben hier meist viel weniger gut entwickelt als im Haare selbst. 9) Die Haare des Hirsches, Rehes, des Rindes, Drome- dars, der anthropoiden Affen verhalten sich wie beim Menschen, nur findet sich hier viel häufiger auch die äußere Wurzelscheide von verästelten Pigmentzellen durchzogen. B. Epidermis. 1) Epidermis desBastes des wachsenden Hirsch- und Rehgeweihes (Fig. 8, 9). Bei Hirschen finden sich an diesem Orte nahezu die schönsten pigmentirten Bindegewebszellen, die ich noch sah. In den jüngsten Theilen des Bastes sind nur diese Zellen, die zwischen den tiefsten Epidermiszellen liegen, gefärbt, in älteren Thei- len tritt das Pigment nach und nach in die Epidermiszellen über und erfüllt dieselben immer mehr, bis am Ende die ganze Marricursche Lage und selbst die Hornschicht schwach, körnig und diffus, gefärbt ist. 2) Die Haut der Getaceen (Fig. 10 und !1). Untersucht wur- den Balaena australis, mysticetus und longimana und hier dieselben Verhältnisse gefunden wie beim Hirschen und Rehe, nur waren die pigmentirten Bindegewebszellen viel kleiner und unscheinbarer, wenn auch sehr deutlich, und die Epidermis in der ganzen Dicke mit kör- nigem Pigmenie erfüllt, welches, wie schon Azgy angiebt, besonders an der distalen Seite der Kerne, oft wie kappenartige Überzüge derselben bildend, anzutreffen war. 3) Epidermis des Dromedars. Ein kleines Hautstück von unbekannter Stelle zeigte die Epidermiszellen selbst ungefärbt, dage- gen eine gute Einwanderung pigmentirter verästelter Bindegewebs- zellen zwischen die tiefsten Elemente der Marricur'schen Lage. 4) Epidermis des Negers und der pigmentirten Ober- hautstellen der kaukasischen Rasse, d.h. der Brustwarze und des Warzenhofes beim Weibe, des Scrotum und der Anusgegend. Hier zeigte die Lederhaut ohne Ausnahme, am reichlichsten in der Anus- gegend, in der Nähe der Epidermis eine bald größere, bald geringere Zahl von pigmentirten kleinen Bindegewebszellen. Ähnliche Zellen fanden sich auch, aber sehr unscheinbar, in den tiefsten Lagen der Keimschicht der Epidermis, und gelang es bis anhin nicht, schönere spindel- oder sternförmige Elemente hier zu sehen, wie sie Kırs an seinen transplantirten Stücken der Negerhaut wahrgenommen hat. Das Pigment ist auch hier zum Theil inter-, zum Theil intracellulär. 5) Epidermis desGorilla, Orang und Schimpansse (Fig. 12). 716 | A. Kölliker, Zeigt sehr schöne, zum Theil, wie beim Gorilla, wunderbar reich und lang verzweigte Pigmentzellen im Rete Malpighii und alle Elemente dieser Lage und stellenweise auch die des Stratum corneum mit kör- nigem Pigmente mehr oder weniger gefüllt. 6) Epidermis von Vögeln. Die Epidermis von älteren Hühner- embryonen enthält an gewissen Stellen schön verzweigte Pigment- zellen, wie sie auch in den Anlagen der Federn sich finden (siehe unten). &. Schleimhäute. Von solchen habe ich bis jetzt nur die der Mundhöhle des Orang (Lippenmucosa) untersucht und hier dieselben Verhältnisse ge- funden wie in der Epidermis. D. Nägel (Fig. 13). Die schwarzen Nägel der anthropoiden Affen enthalten in allen Nagelschüppchen Pigment in Körnchen. Von den Elementen der Mar- pıshrschen Schicht sind diejenigen der Nagelwurzel ganz schwarz und hier findet sich ganz in der Tiefe eine Menge großer unförmlicher, ver- ästelter Pigmentzellen, die spärlich auch in der angrenzenden Cutis vorkommen, und durch zahlreiche aufsteigende Zweige das Pigment zwischen und in die Nagelzellen abgeben. E. Federn (Fig. 14, 15,46). Bis jetzt wurden nur die ersten papillenartigen Federanlagen von Hühnerembryonen untersucht. Dieselben zeigen, wenn gefärbt, in ihrem Epidermisbelege ganz prachtvolle, reich verzweigte, sternförmige Pigmentzellen. Später, wenn die ersten Federn sich anlegen, geht das Pigment in die Epidermisschüppchen derselben über, während die Pigmentzellen zu Grunde gehen. In physiologischer Beziehung verdient am meisten Beachtung, dass die Bildung des Pigmentes vorwiegend an Elemente des mittleren Keimblattes gebunden erscheint und nicht an die Elemente der Ober- hautgebilde. Ob dies in Folge einer specifischen Thätigkeit der Binde- substanzzellen geschieht oder in Folge näherer Beziehungen derselben zu den Blutgefäßen und ihren Transsudaten, steht vorläufig dahin. Wenn man jedoch bedenkt, dass die Bindesubstanzzellen der Gutis alle unter einander anastomosiren und somit auch mit denen der Ad- ventitia der Gefäße in Verbindung stehen, so erscheint für einmal die letzte Hypothese als die wahrscheinlichere. — Bemerkt sei übrigens noch, dass auch Elemente des Ektoderms Pigmente zu bilden ver- En Über die Entstehung des Pigmentes in den Oberhautgebilden, 747 mögen. Als solche nenne ich die Zellen der Pigmentlage der Netzhaut, die ihre Farbkörnchen bilden, bevor die Aderhautzellen gefärbt sind, und dieselben, wenigstens in der Nähe des Umschlags- randes der sekundären Augenblase, in den der Netzhaut zugewendeten Theilen der Pigmentschicht zuerst auftreten lassen. Ferner gehören hierher die pigmentirten Nervenzellen, möglicherweise auch viele Abkömmlinge der äußeren und inneren Keimblätter der Wirbel- losen, über welche jedoch noch keine genaueren Untersuchungen vor- liegen. e Azsy hat in Betreff der Bedeutung der Pigmentzelleneinwanderung in die Oberhautgebilde die Vermuthung geäußert, dass dieselben ein wichtiges Bau- und Nährmaterial für die Oberhautzellen seien und auch Kırg hat in diesem Sinne sich ausgesprochen. Eine solche Hypo- ihese steht auf sehr schwachen Füßen, so lange als nicht nachgewiesen ist, dass in alle, auch in die ungefärbten Oberhautgebilde, Bindesub- stanzzellen typisch und gesetzmäßig einwandern. Möglich, dass die LAngerHAns’schen Zellen und Manches, was als Nervenenden angesehen wird, hierher gehört, und wird es immerhin angezeigt erscheinen, in dieser Beziehung ein Endurtheil zurückzuhalten, so lange als nicht aus- gedehntere Untersuchungen vorliegen. Zum Schlusse die Bemerkung, dass wahrscheinlich auch patho- logische Pigmentirungen von Oberhautgebilden dieselben Verhältnisse zeigen werden, wie die normalen Färbungen, und kann ich für diese Annahme schon jetzt Beobachtungen über zwei Fälle von pigmentirten Naevi anführen, die später veröffentlicht werden sollen. Würzburg, 28. Juni 1887. 18 A, Kölliker, Erklärung der Abbildungen. Tafel XXX VII und XXXVIII. Fig. —7 sind Abbildungen menschlicher Kopfhaare aus Schnitten der Haut, die mit Hämatoxylin oder Karmin gefärbt waren. Fig, A zeigt eine schöne, ganz frei liegende Haarpapille mit dem Grunde des Haarbalges, welche in vielen in derselben befindlichen Bindegewebszellen schwar- zes Pigment in Körnchen enthält. An einer Stelle ragt ein Ausläufer einer solchen Zeile frei hervor, der wahrscheinlich in der Haarzwiebel drin lag. Vergr.: Syst. 7 eines Leitz, Oc. I, kurzer Tubus. Fig. 2. Grund eines Haarbalges mit der Papille und der Haarzwiebel mit den mittleren Theilen eingestellt. Die Zwiebel enthält eine große Menge von Pigment- zellen, welche radienförmig von der Oberfläche der Grube ausgehen, welche die Papille aufnimmt. Die meisten dieser Zellen sind spindelförmig und stecken zwi- schen den Elementen der Zwiebel, einige liegen flach an der Grenze zwischen Zwiebel und Papille. Die Ausläufer dieser Elemente sind zum Theil verästelt und laufen in feine Fäden aus. Die äußere Wurzelscheide enthält ebenfalls einige runde Pigmentzellen. Vergr. wie bei Fig. A. Fig. 3. Grund eines Haarbalges mit der Haarzwiebel, mehr von der Oberfläche dargestellt. Die äußere Wurzelscheide («aW) besteht nur aus einer einzigen Lage von Zellen, die innere Wurzelscheide und die Oberhäutchen kW und O) je aus zwei Lagen von Bildungszellen. Die Pigmentzellen der Haarzwiebel sind sehr zahlreich und zum Theil von der Fläche, zum Theil in schiefen Ansichten dargestellt. Die reich verästelten Ausläufer derselben umgeben die Bildungszellen der Haarrinde und dringen zum Theil auch zwischen die Bildungszellen der Oberhäutchen und selbst der inneren Wurzelscheide hinein, zwischen denen auch zwei Pigmentzellen liegen. Vergr. Leitz Syst. 7, Oc. I, langer Tubus. Fig. 4. Haarzwiebel mit den angrenzenden Theilen. Flächenschnitt, so dass nur die Oberfläche der Zwiebel getroffen ist. An einer Stelle sieht man sehr reiche oberflächliche Verzweigungen der Pigmentzellen, außerdem viele spindelförmige und scheinbar runde Körper der Pigmentzellen. Eben solche Zellen enthalten auch die Wurzelscheiden und der Haarbalg, deren Grenzen in dem Präparate nicht deut- lich waren, in ihren unteren Theilen. Vergr. wie bei Fig. A. Fig. 5. Grund eines Haarbalges von der Fläche. Man sieht schöne Pigmentzel- len in der äußeren Wurzelscheide, die zum Theil auch dem Haarbalge anzugehören scheinen. Vergr. wie bei Fig. 1. | Fig. 6. Grund eines Haarbalges mit dem Haare im mittleren Längsschnitt dar- gestellt. Die Hauptmasse der Pigmentzellen liegt in der äußeren Wurzelscheide (aW), einige solche auch zwischen den Bildungszellen der inneren Wurzelscheide und der Oberhäutchen. Auch der Haarbalg und die Papille enthalten Pigmentzel- len und am Haare waren dieselben ihrer großen Menge halber nicht zu unterschei- den. Vergr. wie vorhin. Fig. 7. A, Ein stark pigmentirtes Kolbenhaar mit vielen Pigmentzellen in dem unteren Theile des Haarbalges, dessen Ende mit der Papille durch den Schnitt weggefallen ist. B, Der Haarkolben und die angrenzenden Theile des Haarbalges stärker ver- größert. Man sieht eine Menge runder Pigmentmassen, deren Herkunft nicht klar | Über die Entstehung des Pigmentes in den Oberhautgebilden. 719 ist. Dieselben scheinen zum Theil von eingewanderten Pigmentzellen abzustam- men, zum Theil Zellen des Haares und der Wurzelscheiden zu sein, die Pigment aufgenommen haben. Vergr. wie bei Fig. 1. Fig. 8 und 9. Senkrechte Schnitte durch den Bast eines Hirschgeweihes. Fig. 8 reines Durchschnittsbild, während Fig. 9 die tiefste Lage der Epidermis mehr von der Fläche zeigt. Hier findet sich an die Cutis angrenzend, aber in der Epider- mis drin, eine dichte Lage schön verzweigter Pigmentzellen, welche jedoch auch, wie Fig, 8 lehrt, tiefer in der Oberhaut drin vorkommen. Alle diese Zellen gehen in feine, Pigmentkörnchen tragende Ausläufer aus, welche die Oberhautzellen um- geben und schließlich das Pigment in dieselben hineinleiten, welches dann in allen oberen Schüppchen um den Kern herum zu finden ist. Vergr. wie vorhin. Fig. 10. Tiefste Theile der Epidermis von Balaena australis bei geringer Ver- srößerung. a, Cutis; Db, tiefste Lage der Oberhaut, die eine Menge länglicher und runder Pigmentzellen enthält; e, Epidermiszellen einer höheren Schicht ohne unter- mengte Pigmentzellen, in denen das Pigment besonders an der distalen Seite des Kernes abgelagert ist. Fig. 44, Ein Theil der tiefsten Schicht der Epidermis des vorigen Präparates stark vergrößert. Die Pigmentzellen sind sehr deutlich, die Epidermiszellen dage- gen kommen nicht zur Anschauung. Fig. 42. Theil der Epidermis eines Fingers des Gorilla. Vergr. LEırz Syst. 7, Oc.I, kurzer Tubus. Bei a sind ungemein reich verzweigte Pigmentzellen sichtbar, welche den tiefsten Lagen des Stratum Malpighii zweier großer Papillen angehören. Die über dieser Lage befindlichen Oberhautelemente sind alle mit Pigmentkörnchen versehen und dasselbe findet sich auch in den Gegenden, in denen die Hornschicht viel dicker ist und hier kommen dann auch vereinzelte verzweigte Pigmentzellen in höheren Epidermisschichten vor, Fig. 13. Längsschnitt durch einen Nagel des Gorilla. Vergr. Syst. 2 eines HArT- NACK, Oc. I, kurzer Tubus. Alle Nagelzellen sind mit Pigmentkörnchen mehr oder weniger gefüllt, eben so die Epidermiselemente, wenn auch in geringerem Grade, mit Ausnahme des Stratum corneum am freien Rande des Nagelwalles und unter der Nagelspitze. Tief schwarz ist das Stratum Malpighii unterhalb der Nagelwurzel n oder die Matrix des Nagels und hier finden sich auch Pigmentzellen von mehr unregelmäßigen Formen, theils in den tiefsten Lagen der Matrix, theilsin der unter- liegenden Cutis oder dem hinteren Theile des Nagelbettes. Wenig gefärbt ist das Stratum Malpighii unterhalb des Nagelkörpers str.m und eben so die gesammte Oberhaut über dem hinteren Theile der Nagelwurzel. Die übrige Oberhaut ist gut gefärbt mit Pigmentzellen in den tieferen Lagen und eben so auch die äußere Wurzelscheide der Haarbälge, Fig. 14. Ein Federkeim (Federzotte Remax) eines Hühnchens vom 14. Brüt- tage, mit den angrenzenden Hautschichten, im scheinbaren Längsschnitte. Vergr. Lerrz Syst. 7, Oc. I, kurzer Tubus. Die Cutis und Cutispapille enthalten kein Pig- ment, wohl aber die Epidermis, in deren tieferen Lagen zahlreiche Pigmentzellen stecken, deren Ausläufer zum Theil bis gegen die Oberfläche reichen. Fig. 15. Ein Federkeim von der Fläche. Vergr. wie vorhin. Nun sind die zier- lichen Verzweigungen der in der Epidermis liegenden Pigmentzellen sichtbar, deren Körper in den tiefsten Theilen derselben ihre Lage haben. Die vier dunklen Längs- züge bedeuten vier von der Epidermis aus nach innen gegen die Papille vor- springende Leisten, welche dem Querschnitte einer solchen Papille ein zackiges Aussehen geben (siehe Reuax, Taf. VII, Fig. 2 B). 720 A, Kölliker, Über die Entstehung des Pigmentes in den Oberhautgebilden. . .. ” .. | Fig. 16. Ein Theil eines größeren Federkeimes desselben Hühnchens, zum Theil im scheinbaren Längsschnitte, zum Theil von der Fläche gesehen. Wiederum sind schöne Pigmentzellen sichtbar, ferner die Epidermisleisten. Die eigenthüm- liche Körnelung bei aa, die auch Reuak darstellt (Fig. 3), rührt daher, dass in älte- ren Federkeimen die Epidermiszellen selbst, die anfänglich ganz farblos sind, Pig- mentkörner aufgenommen haben und bedeutet jedes dunkle Korn eine Epidermis- zelle. Eine Reihe solcher Zellen geht dann später, indem ihre Elemente sich ver- längern,in eine Cilie des Erstlingsgefieders über. Unzweifelhaft dringen auch hier die Ausläufer der Pigmentzellen in dienoch weichen Epidermiselemente hinein und bringen denselben das Pigment. Man vergleiche zu den letzten drei Figuren REMAK, Taf. VII, Fig. —4 und Er- klärung. REMmAR hat schon vor Jahren die Pigmentzellen in der Oberhaut der Feder- anlagen und in der Epidermis zwischen denselben gesehen, ohne freilich die Be- deutung dieser Zellen für die Pigmentbildung der Federn zu kennen. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. (eLlSt hrift {. IDISS. Zoologıe. BAXIV aN N UN Nu N NN | \ ti 2522 BRORN O ARON, ARRNSRONNT ae \ | RER AUT | BD. Are | Zeitschräft [; roiss. Zoologie. Bd ALU. >. \ ae Barren ” e & Ki ja Zeitschrift [. roiss. Zoologie. Bd_MIV. 20. and MN reen An Aug] andah BEEREIBN Mu I e: z Sn Ba Re Es F EEE ELDER ABRUN z en Lee 2 SS N S S N! Q S SS S N 2 Z I Du I D 2 > N Zieh Anstr Werner Winter, Frarkfart DT VerlwWlh Engelmann. Leipzig Er Pc > - * # ; SET EEE Te. e Re; De a AR Ba Zeitschrift f. 10155. Zoologie BAXLV. er ; 5 = = ‘ ZW Zoo. Ed, g Zeitschrift Iwıs lei “r ei dh ne ee va? f ı j fi f \ { 1 ‘ a Var ln 79.%0 Zeitschrill Luis, Zbol Ba ME Tig.Ib. Mrtschrifl Iris. Tool. BERN. Bee EIREEN Fig. ! sch, B N e Fig.ö8. | \nL AR ® \ N i N. F sch | Verlac g vWilh. Ing elmamn ın Lei D va zung TitnAnstv.EA Kunke lepzig ) Zeitschmilt Eıniss: Zool. Bd_AMZ | InPN. YA ers lay@Lna A| > 5, Ay BUN WS { e z ae IR. il, VLLT Sri NER Verlag Wilh.Engelmann ın Leipaiy. | Eee une ft Fmiss. Zool. BAM i es tkm ball Taf-Il. Seil Bischrift Eniss. Zool. Bd_MIN. Fly IR. TER ‚oe Fig. RB. fetschrift J. 10055 Zoologie BAU. van I Ss £ EN or Takt Zeitschrift f wiss. Zoologie. Ba.XLV. en Zeitschrift f. wiss. Zoologie Ba. MV. Lauf. XVIH. Fig.21. Figo. An, Fig. Er a m Fig.50. FR a sch 7 ce. =@@ 2S® we BL ua 5 4 = UEROHN ER RENTE Dale Zeitschrift f, wiss. Zoologie. Bd.\IV ie i ” N Fuß NIX . j 1} Fig.59R. Fig. 59B Fig. 10 2a r Si TE Se Fig. 42. Verlwhilh Engelmann Leipzig. 7 Ne el = A „. ms Zool_ Bil ME 2ig.60. 9.64 38 J- N Fir a | N »4 A BAATl 2 » Zoo 1 N en Imann je Ali j ih. N VY Y. rad \ 2 Zeitschrift l miss. Zool.BdAXlV. 2 ' 8 BB, © ol,e @ Rt ® f x s “ans 92.00. d 2 Nm Br EZ ke, wre,“ er \_-Iw——a- _ T nt _ 5 Ä [0 ae Eu a el RI Verlagv Wilh Engelmann ın Leipzig. Zeitschrift Fwiss. Zool. Bd.4I ‘ j { A x ; ur Ss) f x r ü \ { y N \ \ > ı ; { “> Fo N \ ö { Y Lu j R n 2 / / x ' \ 2 a p R ß , H 5 R j 2 ö { ö i { j ü 2 \ 2 r y b % / | k B 2 R ee { 5 * / N Y ) { & B x SE % “ ü ö ; i A = i j \ i r B RN L) { £ K R s / y \ £ t nr? 3 / e i { $ \ y ” . \ \ [ \ g D ' Ä ; \ + ‚ { : ‚ \ j \ ‚ b 1 j j ( v 3 \ w f i} bir an N ' l . D 5 \ „ n _ nn en = = > ee ne Zeitschrift f-riss. Zoologie. Ba.XIV. zullli! le Se: ST f j erste ne ri f I, Um: 570) Sr a ? © “ lo) ESP S > m ne RT = 2 an 2 N 5 ee > > » 23 _- 1 8. 5 ES n Re = = { aM 3 er in schrift f-wiss. Zoologie. Ba.XIV. fi ef BIS Taıo1ıelo/e] oe Taf xt © Sagposvent® u . Ta A ya Bi ars Zeitschrift [wiss Zoologie. baXıV. ) / mg. NN et N 0 A} 8) /8 f Rn s or 1,9 Po “u “4 : N : 5 i B - yo Zeilschrift wiss. Zoologie. Bd. XIV. an E ZZ ————_ —_ — — — 28 i 60. Rp. En y r ___ Taf: xx | | Zeitschrift [’miss. Zoologie. BaXIV. 16. 17. ’ 18. 19. 90, n - ee t f'wiss. Zoologie. BAXIV. 1 RE Zoolog: Var. 3 ji Fig.98 I sch __ + fa SZ Amnn f 1 J \ ö f $ g1? A ; nen { ; \ [} F O . j ‘ i $ | f . E D | ” f D in E | ü / “ | N f Ve = Y 7 N r \ 2 i \z . Y s - . b \ \ E \ | S x ) C { \ n J N [ ) . \ , . R / Be . ® i . I ) \ ! j ER 5 . HOT —— . he fo 5 — = j . Zeitschrift Kiss. Zool, BUN Zeitschnilt l.unss.Zool. BASE. AS GA, Br ne 2 Fe ie rn | Fe TRENXXNVZ. N | Fig 1 N Pc 2 Vaıraean i ) ) [ MER | £ I ) va Be ide 35 %$0°o Dr EEE Zn _ De ® 9 rn \ a a \ Zig.2 f TINIITTITETTE SI EEE Pr \R__eo TE N Y Ey £ 2 " AXXVZZ. Taf. Zeitschrift [- wiss. Zoologie. Ba. XLV. \ 3 N 5 } . r 7 b z , > e h « 1 E ] a URL, n : Kr a 5 Y N. ” l 2 - . - | s E S ) - : \ ” SE E £ an rt Y { Bu; * : x b Ir 4 FR, SE A \ N 7 . " -j > y te ’ h 1 z N \ 5 E \ { h 3 ) N R 5 R x h / S ö N . % 2. , R I I 1 Ü : r \ nu 7 i R n = r | / r | f - \ ) = E 5 n H \ ; } S b \ \ 3 T ie \ ‚ N T A \ t Pi \ S y ö 3 5 N 1! Y } N R [ E { ; ö ’ f ’ \ I} \ ; NY ı 2 7 [ 5 u ’ : ® 6 je \ nn . —— ERLEEEE um 2 FE EEE Rt nen ih = - - \ -. f < n r Taf NNNVE 5 RN PART N STE JAN 188%. Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universität zu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. 1 | Fünfundvierzigster Band Erstes Heft Mit 10 Tafeln und 1 Holzschnitt. LEIPZIG er Verlag von Wilhelm Engelmann | 1886. Ausgegeben den 31. December 1856. Inhalt Orthezia cataphracta Shaw. Von J. H. List. (Mit Taf. I-VL)...... 1 Untersuchungen über die Entwicklungder Phalangiden. Theil I. Von H. Hen- king. (Mit-Taf; VII=X u. 1 Holzscha)e.. 0... ame Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine grössere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von Leopold Voss in Hamburg (und Leipzig). Soeben erschien: Dr. Alexander Goette, Professor an der Universität Straßburg i. E. Entwicklungsgeschichte der Aurelia aurita und Cotylorhiza tuberculata. (Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Thiere. Viertes Heft.) gr. 4. Mit 26 Holzschnitten und 9 chromolithogr. Tafeln. Kart. X 24. —. Im gleichen Verlage erschienen von ‘demselben Verfasser: Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Thiere. I. Heft: Unter- suchungen zur Entwicklungsgeschichte der Würmer. Beschreibender Theil. Mit Holzschnitten und 6 lithogr. Tafeln. Lex.-8. 1882. .% 15. — — II. Heft: Dasselbe. Vergleichender Theil. Mit 96 Figuren. Lex.-8. 1884. M. 12.— — III. Heft: Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte von Spongilla fluviatilis. gr. 4 Mit Holzschnitten und 5 lithograph. Tafeln. 1886. MU 18.— Die Entwicklungsgeschichte der Unke (Bombinator igneus),. als Grund- lage einer vergleichenden Morphologie der Wirbelthiere. Mit Atlas von ....22 Tafeln in gr. Folio. Lex.-8. 1875. .# 150.— Über Entwicklung und Regeneration des Gliedmassenskeletts der Molche. Mit 4 photographischen und einer lithographischen Tafel. 4. 1879. M 18.— i Über den Ursprung des Todes. Mit 18 Orig.-Holzschnitten. gr. 8. 1883. M. 2.— Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. ° Recherches sur la - I..-.% Maturation de l’oeuf, R 4 Fecondation et la az cellulaire . F par '% Edouard van Bere Professeur a Vuniversit& de Liege. wir Avec 14 planches partiellement coloriees. gr: 8. 1884. cart. 3. ; Hydra. Ä e | ’ Dr. Nicolaus Klöitieäbers. B Mit 4 lithographirten Tafeln. or. 4. 1872. 49. ; E Zur Morphologie des R & Tracheensystems % 2 von 6 = Dr. A, Palmen, =, Docent d. Zoologie a. d. Universität Helsingfors. _ ” = Mit 2 lithographirten Tafeln. 8. 1877... 3. = 4 Zoologische Studien“ er: von N: Dr. Emil Selenka : Professor in Erlangen. 1. Heft: Befruchtung des Eies von Toxopneustes variegatus. Ein Beiling zur Lehre von der Befruchtung und Eifurehung. Mit 3 Tafeln. 4# 1978. MA. R 2. Heft: Zur Entwickelungsgeschichte der Seeplanarien. Ein Beitrag zur Keim- blätterlehre und Descendenztheorie. Mit‘7 Tafeln und 2 Holzschnitten.. 4.1881. %46.: ar Die Entwicklung der Dipterenäl j Ein Beitrag Be. der Insecten - Von. : Dr. August Weismann, Privatdocent a. d. Universität Freiburg j. Br. I. Die Entwicklung der Dipteren im Ei. F II. Die nachembryonale Entwicklung der Museiden. Mit 14 Kupfertafeln. gr. 8. 1864. 4 11.—. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 1 Sa Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. Fünfundvierzigster Band Zweites Heft Mit 9 Tafeln und Holzschnitten. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1887. Ausgegeben den 13. April 1887. Inhale Seite Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung des Amphibieneies. Erste Abhandlung. Von O. Schultze. (Mit Taf. XI—XIL|.... 177 Über eine im Knochen lebende Gruppe von Fadenpilzen (Mycelites ossi- x frazus). Von W.. Konz. © MitsBar xvae Br Zur Kenntnis der pelagischen und littoralen Fauna norddennenen an Von O. Zacharias. (Mit Beiträgen von N Poppe.) (Mit Taf. XV.) 255 Die Dottersackswand und der Parablast der Eidechse. Von H. Strahl. (Mit Tat, XV u. 10-Holzschn) 2 0 ee... 282 Zur Keuntris der Drüsen im Fuße von Tethys Anbe Br am J. H. Liste «Mit Dax V IL). ne N Ve 308 Über einige interessante Vorgänge bei der Bildane der Insekteneier. Von E. Korschelt. (Mit Tat. XVII, XIX u 2 Holzschn pr 27 2 027 Nachwort zu meinem Artikel »Über den feineren Bau des Krocheneer Des | VomA. Kölliker, „2.2... 0000 cc 398 Bemerkung zu: Untersuchungen über die Entwicklung der Phalangiden. heil. -MonH. Henkıng. 2 war 02 er 0. 10 che 400 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wırd. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüuge gratis; eine grössere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart. Soeben erschien: Handwörterbuch der Zoologie. Unter Mitwirkung von Prof. Dr. Dalla Torre in Innsbruck bearbeitet von Dr. Friedrich Knauer in Wien. Mit 9 Tafeln. gr. 8. geh. M. 20.— > a 1 67 in In meinem Verlage ist erschienen: 2 a x Abhandlungen zur vergleichen r Heft I: Die Retina der Cephalopoden. Mit 1 Tafel. .Z 3. — HeftII: Das Auge der Ale ronulen geschildert am Pterotrachea coronata Forsk. Mit 2 Tafeln. .Z k are Ä Max Niemeyer in Halle a/S. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: Zur Bildung der Eihüllen, der Mikropylen und Ohorionanhänge bei den Insekten. | Von DDr. Kugen Korschelt - Privatdocent und Mn am Zoolog. Institut den Universität Freiburg | i. Br. Mit 5 Tafeln und in den Text eingedr. Holzsehnitten Un. ge (Nova Acta d. Ksl. Leop.-Carl. Deutsch. Akademie d. Naturforscher Ba.LI. No.3 we RR 1 | LI | Über das Ei und seine Bildungsstätte. Ein vergleiehend-morphologischer Versuch mit Zugrundelegung des Insekteneies von Dr. Alexander Brandt Conservator am zoolog. Museum der kgl. Akademie der Wissenschaften zu St. Beier Mit 4 lithogr. Tafeln. 1878.- gr. 8. 4 7.— 2 Recherches sur la Maturation de leuf, la Fecondation et a Diyistron celkulamre par Edouard van Beneden Professeur ä l’Universite de Liege. Avee 14 planches partiellement coloriees. gr. 8. 1883. cart. .YU 32.— Der Kampf der Theile im Organismus Ein Beitrag zur Vervollständigung der mechanischen Zweckmässigkeitslehr - Von Dr. Wilhelm Roux Privatdocent und Assistent am anatomischen Institut zu Breslau. gr. 8. 1881. ZI—. wu IL ODE Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOCIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. Fünfundvierzigster Band Drittes Heft Mit 11 Tafeln und 9 Holzschnitten. LEIPZIG 1 — — = Verlag von Wilhelm Engelmann | 1887. Ausgegeben den 28. Juni 1887. Tonate sa | Seite Kinorhyncha (Echinoderes), ihr anatomischer Bau und ihre Stellung im 7 System. Von W. Reinhard. (Mit Taf. XX—XXII u. 2 Holzschn.) . 401 Zwei neue Coelenteraten. Von A. Korotneff. (Mit Taf. XXIII u. 4 Holz- schnitten)... 2.8. 8 ve er. We . 468 Zur Auffassung des Pol: parium duln Koroinerf. ron E. Eher 491 Giebt es Orthoneuren? VonH. v. ne (Mit Taf. XXIV u. 3 Holz- sehnitten.)s..* - “rar Ta NS ee a 499 Über Anhangsgebilde des Urogenitalapparates von Knochenfischen. Von 3. Brock: (Mit Tal XXV Is ee 2 532 Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Musciden. 1. Von: A. Kowaleysky. "(Mit Taf. &RVI XS ee 542 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern . beizulegen. Br Die Verlagshandlung Die Herausgeber Kr W. Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. in Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzuge gratis; eine grössere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. | | \ : — DB .. Soeben erschien - Bibliotheca zoologica II. Verzeichniss der Schriften über Zoologie, welche in den periodischen Werken enthalten und vom Jahre 1861 — 1880 selbständig erschienen sind. Mit Einschluss der allgemein - naturgeschichtlichen, periodischen und palaeontologischen Schriften. | Bearbeitet von Dr. O. Taschenberg Docent an der Universität Halle. Dritte Lieferung: Signatur 81—120, mit Titel und Inhalt des ersten Bandes. gr. 8. MH T,—; auf Velin #4 12,—. Inhalt: A. Biologie (Vergleichende Anatomie und Physiologie, Schluss). — B. Vermischte zoologische nn — C. Thiergeographie. Faunen. — D. Schrif- ten über einzelne Gruppen. I. Wirbellose Thiere im Allgemeinen. II. Protozoa. 1. Allgemeines. 2. Faunen. 3. Narcodina. 4. Sporozoa. 5. Mastigophora. 6. Infusoria. III. Coelenterata. 1. Allgemeines. 2. Faunen. 3. Porifera. 4. Anthozoa. Hiermit ist auch vollständig: Erster Band. b Signatur 1—108, nebst Vorrede und Inhalt. gr. 8. .Y 20,—; auf Velin #% 30,—. Das ganze Werk wird ca. 12 Lieferungen oder 4 Bände umfassen und voraussichtlich 1888 vollendet vorliegen. — Ausführliche Prospecte durch alle - Buchhandlungen. u Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzie. Die Borstenwürmer (Annelida chaetopoda) nach systematischen und anatomischen Unerpe dargestellt von Ernst Ehlers, M. D. Privatdocent und Prosecetor am anatomischen Institut zu Göttingen. I. Abth.“Mit Tafel I-XT. 4. 1864. #26 TEAbth. Mit Tafel XII XIV 11808 0 Die Süsswasserfische der österreichischen Monarchie mit Rücksicht auf die angrenzenden Länder bearbeitet von Jakob Heckel und Dr. Rudolf Kner Weil. Kustor am k. k. Hof- Naturalienkabinet, k. k. Prof. der Zoologie an der. Universität zu Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissen- Wien, correspondirendem Mitgliede der kaiser- schaften etc. lichen Akademie der Wissenschaften ete, Mit 204 Holzschnitten. gr. 8. 1858. u 24, — Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken. Hermann von Ihering, Dr. med. et phil. E” Mit 8 Tafeln u. 16 in den Text gedruckten Holzschnitten. Fol. 1876. cart. % 8 I Beiträge zur Zoogeographie Westafrikas nebst einem $ bericht über die während der Loango-Expedition von Hern- Dr. Falkenstein hei Chinchoxo gesammelten | Coleoptera von Hermann Julius Kifhe Er Assistenten am zoologischen Museum der Königl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Mit 3 Tafeln. 4. Ausgabe mit color. Tafeln 4 18,—; mit schwarzen Tafeln „4 15,— (Nova Acta d. Ksl. Leop.-Carol. Dash Akademie d. Naturforscher Bd. L. No. 3) N Die Spongien’ des adriatischen Meer Von Dr. Oscar Schmidt Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie an der Universität zu Graz. Mit 7 Kupfertafeln. Fol. 1862. geb. % 20,—. 1. Suppl., enthaltend die Histologie u. system. Ergänzungen. Mit 4 Kupfer tafeln. Fol. 1864. „2 11,—. 2. Suppl., enthaltend die Vergleichung der adriatischen u. britischen Spon- giengattungen. Mit 1 Kupfertafel. Fol. 1866. „4 5,— F: 3. Suppl., enthaltend die Spongien von der Küste von Algier. Mit Nachträgen zu den Spongien des adriatischen Meeres. Mit 5 Kupfertafeln. Fol. 1868. #12. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professor a. d. Universitätzu Würzburg Professor a. d. Universität zu Göttingen. Fünfundvierzigster Band Viertes Heft Mit 8 Tafeln und 12 Holzschnitten. f Woran LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 188%. Ausgegeben den 30. September 1887. Inhalt. Seite Zur Entwicklungsgeschichte der Knochenfische (Labriden). I. Von J. H. List. (Mit Taf. XXXI—XXXII und 9 Holzschnitten.) . ...... - 595 Über die Genitalentwicklung der Pulmonaten und die Fortpflanzung des Agriolimax laevis. Von H. Simroth. (Mit Taf. XXXIV.)..... 646 Über Brunstwarzen beiRana temporaria L. VonO.Huber. (Mit Taf. XXXV.) 664 Über die Abstammung der männlichen Geschlechtszellen bei Eudendrium racemosum Cav. Von C. Ishikawa. (Mit 3 Holzschnitten.) . . . . 669 Keimzelle und Keimblatt. Von LE Kersehner.. 2 2. mn 72 672 Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. Von V. Faussek. (Mit BE RAVEN SD elar ee 694 Über die Entstehung des Pigmentes in den Öberhautgebilden. Von A. Kölliker: (Mit Tat XXX VD und XaRXVa 713 Mittheilung. Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren Veröffentlichung liegt es, dass die Manuskripte völlig druckfertig eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschüben und aus- gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponirung der Zeichnungen ist darauf zu achten, dass der Raum des in der Zeitschrift üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Holzschnitt bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. Die Verlagshandlung Die Herausgeber W. Engelmann. v. Kölliker. Ehlers. Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Separat- abzüge gratis; eine grössere Zahl auf Wunsch und gegen Erstattung der Herstellungskosten. ab Ende Oktober 1887 kommt bei uns eine wertvolle naturwissenschaftliche Bibliothek (besonders Zoologie) zur öffentlichen Versteigerung. Der Katalog (ca. 4500 Nrn.) wird gratis und franko versandt. List & Francke, Buchhändler, Leipzig. C. F. Winter’sche Verlagshandlung in Leipzig. In unserem Verlage erschien soeben: Das Skelet des Döglings Hyperoodon Rostratus (Pont.). Ein Beitrag zur Osteologie der Cetaceen und ! zur vergleichenden Morphologie der Wirbelsäule‘ von Professor Dr. A. Gerstaecker. | Mit zwei Steindrucktafeln. 4. geh. Ladenpreis 18 7. b Eine wichtige 'und interessante Monographie, welche die Osteologie eines selten vorkommenden, an der Westküste von Rügen aufgefundenen, delphinartigen Meer-Säugethieres behandelt. "7 Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Soeben erschien: | Nova Acta Academiae Leopoldino-Carolinae Germanicae Naturae Curiosorum, Erscheint auch unter dem Titel: Verhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch-Öarolinischen Deutschen | Akademie der Naturforscher. Neunundvierzigster Band. Mit 10 Tafeln. gr. 4. .# 30. Inhalt: Hegelmaier, Untersuchungen über die Morphologie des Diko- tyledonen-Eudosperms. Mit Taf. 1-5. — Maximilian Curtze, Verba Fili- orum Moysi, Filii Sekir, id est Maumeti, Hameti et Hasen. Der Liber Trium fratrum de geometria. Nach der Lesart des Codex Basileensis F. II. 33 mit Ein- leitung und Commentar. — R. A. Hehl, Von den vegetabilischen Schätzen Brasiliens und seiner Bodenkultur. Mit Taf. 6—7. — C. Freiherr v. Gump- penberg, Systema Geometrarum zonae temperatioris septentrionalis. Systema- tische Bearbeitung der Spanner der nördlichen gemässigten Zone. Erster Theil. Mit Taf. 8—10. Fünfzigster Band. Mit 46 Tafeln. gr. 4. .% 45. Inhalt: R. Triebel, Uber Olbehälter in Wurzeln von Compositen. Mit Taf. 1—7. — Friedrich Lehmann, Systematische Bearbeitung der Pyre- nomycetengattung Lophiostoma (Fr.) Ces. -& DNtrs., mit Berücksichtigung der verwandten Gattungen Glyphium, (N.i. c.), Zophium, Tr., und Mytilinidion, Duby. Mit Taf.8—13.— H.J. Kolbe, Beiträge zur Zoographie Westafrikas nebst einem Be- - richt über die während der Loango-Expedition von Herrn Dr. Falkenstein bei Chin- choxo gesammelten Coleoptera. Mit Taf. 14—16. — H. Dewitz, Westafrika- nische Tagschmetterlinge (Fortsetzung zu Nova Acta Band XLI. Ps. II., Nr. 2), Westafrikanische Nymphaliden. Mit Taf. 17.— W.Reichardt, Über die Dar- stellung der Kummer’schen Fläche durch hyperelliptische Functionen. —H.Knob- lauch, Uber die elliptische Polarisation der Wärmestrahlen bei der Reflexion von Metallen. Mit Taf. A—B u. 18—44. Einundfünfzigster Band. Mit 49 Tafeln. gr. 4 4% &. Inhalt:J.G. Bornemann, Die Versteinerungen des Cambrischen Schichten- systems der Insel Sardinien nebst vergleichenden Untersuchungen über analoge Vorkommnisse - aus andern Ländern. Mit Taf. 1-33. — H. F. Kessler, Die Entwickelungs- und Lebensgeschichte von Chaitophorus aceris Koch, Chaitophorus testudinatus Thornton und Chaitophorus lyropietus Kessler. Drei gesonderte Arten. (Bisher nur als eine Art, Aphis aceris Linne, bekannt.) Mit Taf. 34. — E. Korschelt, Zur Bildung der Eihüllen, der Mikropylen und Chorionanhänge bei den Insekten. Mit Taf. 35—39. — F. Bennecke, Untersuchungen der stationären elektrischen Strömung in einer unendlichen Ebene für den Fall, dass die Zuleitung der beiden verschiedenen Elektrieitäten in zwei parallelen gerad- linigen Strecken erfolgt. Mit Taf. 40—44. — Aug. Feist, Über die Schutz- einrichtungen der Laubknospen dicotyler Laubbäume während ihrer Entwickelung. Mit Taf. 45—46. — B. Hofer, Untersuchungen über den Bau der Speichel- drüsen und des dazu gehörenden Nervenapparats von Blatta. Mit Taf. 47—49. 2, (u Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Hestschrift Albert von Kölliker zur Feier seines 'siebenzigsten Geburtstages sewidmet von seinen ‚Schülern, Mit 17 Tafeln. gr. 4. 1887, ‚u 40. Inhalt: Gegenbaur, Ü., Über die Occipitalregion und die ihr benachbarten Wirbel der Fische. Mit Taf- Iu. 2 Holzschn. — Eberth, C. J., Zur Kenntnis der Blutplättchen ’bei den niederen Wirbelthieren. Mit Taf. II.— v. la Valette St. George, Zelltheilung und Samenbildung bei Forficula aurieularia. Mit Taf. III und IV. — Hensen, V., Ein photographisches Zimmer für Mikroskopiker. Mit Taf. V. — Wieder sheim, Rob.,. Das Geruchsorgan der Tetrodonten nebst Bemerkungen über die Haufmuskulatur derselben. Mit Taf. VL’— v. Nuss- baum, Über Unglücke in der Chirurgie. — Solger, B., Die Wirkung des, Al- kohols auf den hyalinen Knorpel. Mit Taf. VIL u. VI. — Reubold, Über Pancreasblutung vom gerichtsärztlichen Standpunkte. — Forel, F. Au - La penetration de la lumiere dans: les lacs d’eau douce. — Orth, 3 Über die Entstehung und Vererbung individueller Eigenschaften. — Schottelius, M., Biologische Untersuchungen über den Micrococcus prodigiosus. Mit Taf. IX Müller, P., Bemerkungen über-physiologische und pathologische Involution des puerperalen Uterus. — Kunkel, A.J., Studien über ‘die quergestteifte 1 Muskel- faser. — Kölliker, Th., Über ‘die Hernia processus 'vaginalis’eneystiea. — Kirchner, W., Uber Divertikelbildung in der Tuba Eustachii :des Menschen. Mit Taf. X. — Rosenberger, J. A., Ein Vorschlag-zur Behandlung gangraenes- eirender Darmwandbrüche. — Schultz e, O., Zur ersten Entwicklung des braunen Grasfrosches. Mit Taf XIu. XIlu. 1 Holzschn. — F elix, Walther, Die Länge der Muskelfaser bei dem Menschen und einigen Säugethieren. Mit 1 Holzschn. — Riedinger, F., Über Ganglion periosteale (Periostitis albuminosa). — Virchow, Hans, Ein Fall von angeborenem Hydrocephalus_ internus, Fusllich ein Beitrag. zur Mikrocephalenfrage. Mit Taf. XIII u. XIV u. 7 Textfig. — Richter, W., Über zwei Augen am Rücken eines Hühnchens. Mit Taf. XV. — Flesch, M., Versuch zur Ermittelung der Homologie der Fissura . parieto-occipitalis bei den Carnivoren. Mit Taf. XVI. — Decker, Fr., Zur Physiologie des’ Fischdarmes. — Helfreich, Fr., Eine besondere Form der Lidbewegung. — u, Ph., Über Schleimdrüsen. Mit Taf. XvH 1 ‚Textfig. ir "Elemente der GEOLOGIE ‚von Dr. Hermann Credner ord. Honor.-Professor a. d. Universität Leipzig = und Direktor der K. Sächs. geologischen Landesuntersuchung;; K.S. Oberbergrat. Sechste Auflage. | Ber Mit 516 Figuren in Holzschn. ‚gr. 8. 1887. geh. # 15,—: geb. 4 17,—. Zur Moral der literarischen Kritik. Eine che Streitschrift "Wilhelm "Wundt. 8, 1887.94 1.%. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. EU UBER) SRETLL EIER RUE US GR RR | BE RER Bi | | | | | | | | u ET Ren r ne gi“ na nn Ba Kr a a I ine ne er le Au TEEN San ua - ae te en EEE nn ee ELSE tee N. ” x a BOR® ae rare greh T e Bag Dann Beh ed \ Br fe y rn D een hr Den ERSTE Be ie pi Y g 2 ” E 24 ehe nt Een Een re en Aprüeih Karaeae, r . Fahnrae ne er ! na Hr hier Per EL ar Dahn R Lu n Farin nenn] Ta ea ee Er ” ei een pen nn nn ei mn ei mean mn ch Hohe rer BI EN sh in ara nt &