369 D 75 CD- cO m er ir , m I □ : □ i r=\ : m I D = CD Ziele und Wege biologischer Forschung, beleuchtet an der Hand einer Gerüstbildiingsmecliaiiik. Von Dr. Friedrich Dreyer. (Jena.) luu f L I B R /- Mit 6 lithographischen Tafeln. JENA Verlag von Gustav Fischer. 1892. Verlag toii GiistaT Fischer in Jena. Baur ^^' ^•' J^^iträge zur Morphologie des Carpns und Tarsus ' der YertebrateiK Erster Tell : ISatrachia. Mit 3 lithographischen Tafeln und einem Holzschnitt. Preis : 3 Mark 50 Pf. BOYCri ^'' ^^®°^**^' Privatdocent an der Universität München, Zellen-Studicn» ^ Heft I. Die Bildung der Richtungskörper bei Ascaris megaiocephala und Ascaris lumbricoides. (Aus dem Zoologischen Institut zu München.) Mit 4 litho- graphischen Tafeln. Preis: 4 Mark 50 Pf. — Heft H. Die Befruchtung und Teilung des Eies von Ascaris megaiocephala. (Aus dem Zoologischen Institut zu Mün- chen.) Mit 5 lithographischen Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. — Heft III. üeber das Verhalten der chromatischen Kernsubstanz bei der Bildung der Richtungskörper und bei der Befruchtung. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis: 4 Mark. "Hv/iVPr ^^' ^^^^^^^^^' Pi^ PylomMldnngen in vergleichend-anatomischer •7 ? und entwicklungsgeschiehtlicher Beziehung bei Radiolarien und bei Protisten überhaupt, nebst System und Beschreibung neuer und der bis jetzt bekannten pyloma- tischen Spumellarien. (Sonderabdruck aus der Jen. Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. XXIII.) Mit 6 lithographischen Tafeln. Preis: 8 Mark. Die Tripoli TOn Caltanis^tfaKStelnbruch Gessolungo) auf Sizilien. Mit 6 lithographischen Tafeln. (SonderabdrucP"* aus der Jen. Zeitschrift für Naturwissen- schaft. Bd. XXIV.) Preis: 7 Mank. Diimn^ Dr. phü Kari, Die > Regulierung des Oeschlechtsyerhält- ^' niSSeS bei der Vermehriing S^'Menschen,, Tiere und Pflanzen. Mit einer Vorrede von ür. W. Preyer, o.*\%!ö"0|^^sor der Physiologie und Direktor des physiologischen Instituts der Universijpte Jena.| Preis : 6 Mark 50 Pf. T^'lTnPT ^^' ^' ^' '^^®°^**'» Pi*ofessorTrer*zj[ologie und vergleichenden Anatomie zu UlUltJlj rp^^inge„^ Die Entstehung der Arten auf Grund von vererben er- worbener Eigenschalten nach den Gesetzen organischen Wachsens. Ein Beitrag zur einheitlichen Auffassung der Lebewelt. Erster Theil. Mit 6 Abbildungen im Text. Preis : 9 Mark. Die Artbildung und Yerwandtschaft bei den Schmetterlingen. Eine systematische Darstellung der Abänderungen, Abarten und Arten der 8egelfalter- ähnlichen Formen der Gattung Papilio. Mit 4 Tafeln in Farbendruck und 28 Abbil- dungen im Text. Preis: 14 M. "FllT»ll"PlTlCTOT» ^'" ^^^' ^' ®- Professor der Anatomie und Direktor des anatomischen j: uiuiiiigt^ij i^gjjt^t^ ^g^ Universität Jena, Untersuchungeu zur Mor- phologie und Systematik der Yögel. zugleich ein Beitrag zur Anatomie der Stütz- und Bewegungsorgane. Zwei Bände. Mit 30 Tafeln. Preis: 125 Mark. Hieraus werden einzeln abgegeben: Allgemeiner Theil. Resultate und Reflexionen auf morphologischem Gebiete. Systematische Ergebnisse uud Folgerungen. Mit 5 Tafeln. Preis: 75 Mark; und aus dem allgemeinen Teile, Kap. VI: Die grösseren Vogelab- teilungen und ihr gegenseitiger Verband. Versuch eines genealogischen Vogelsystems. Mit 5 Tafeln. Preis: 7 Mark 50 Pf. Häj^Cköl ^™'^*' Professor an der Universität Jena, UrSprUng UUd Eut- ' Wickelung der thierischen Grewebe. i884. Ein histogene- tischer Beitrag zur Gastraea-Theorie. Preis : 2 M. Monographie der Medusen. Erster Theil : Das System der Medusen. Mit einem Atlas von 40 Tafeln. Preis : 120 Mark. Zweiter Theil Erste Hälfte: Die Tiefsee-Medusen der Challenger-Reise. Zweite Hälfte: Der Organismus der Medusen. Mit einem Atlas von 32 Tafeln und mit 8 Holz- schnitten. Preis: 45 Mark. Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia Aurita, Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Medusen. Mit 2 Taf. 1881. Preis : 5 Mark 50 Pf. Plankton-Studien. vergleichende Untersuchungen über die Bedeutung der Pelagischen Fauna und Flora. 1891. Preis: 2 Mark. TTnfQpVlAlr ^'' ^örthold, o. ö. Professor der Zoologie an der deutschen Carl- Xldlbl^UtJKj Ferdinands -Universität in Prag, LehrbUCh der ZOOlOgJe. Eine morphologische Uebersicht des Thierreichs zur Einführung in das Studium dieser Wissenschaft. Erste bis dritte Lieferung. Mit 307 Abbildungen im Text. 1888/91. Preis: 9 M. 50 Pf. Ziele und Wege biologischer Forschung, beleuchtet an der Hand einer Gerüstbildungsmechanik. Von Dr. Friedrich Dreyer. (Jena.) Mit 6 lithographischen Tafeln. JENA. Verlag von Gustav Fischer. 1892. Vorwort. Die vorliegende Schrift bezeichnet in ihrem ersten speciellen Theile den Abschluss einer längeren Thätigkeit auf dem Gebiete der Rhizo- podenmorphologie. Das, meiner Ansicht nach, Wichtigste*) der Resul- tate, zu denen ich während des allmählichen Verlaufes meiner Rhizo- podenstudien gelangt bin, habe ich hier in abgeklärter, knapper, synthetischer Darstellung zusammengefasst. Der Weg, auf dem ich zu diesem Endresultat gelangt bin, ist kurz folgender: Während meines tieferen Eindringens in die Rhizopodenmorpho- logie war in mir die Erkenntniss herangereift, dass dem Gerüstbau *) In extenso niedergelegt habe ich die Beobachtungs- und Denkresultate meiner Rhizopodenstudien in meinen „Principien der Gerüstbildung bei Rhizo- poden, Spongien und Echinodermen. Ein Versuch zur mechanischen Erklärung organischer Gebilde" (mit 15 lithogr. Tafeln in „Jenaische Zeitschrift für Natur- wissenschaft", XXVI. Band). Die in dem ersten Theile der vorliegenden Schrift gegebene Darstellung behandelt hiervon Das, wo ich bis zu einem causal-mecha- nischen Verständniss der Befunde wirklich gelangt zu sein glaube; daher be- zeichne ich es als das Wichtigste. „Die Principien der Gerüstbildung" wurden vor zwei Jahren verfasst, zu einer Zeit, wo mein Urtheil über die allgemeinen Richtungen in der Biologie gerade in vollster Gärung begriffen war. Dies giebt sich denn auch in der genannten Arbeit darin zu erkennen, dass die Ausführungen von ätiologisch- mechanischer Tendenz noch mehr oder weniger von darwinistisch- historischen Auffassungsweisen und Gedankengängen durchsetzt sind. Die hierdurch oftmals zu Stande kommende nahe und zum Theil widerspruchsvolle Berührung der beiden Auffassungsrichtungen mag jedoch immerhin insofern von einigem Nutzen sein, als sie den denkenden, das Dilemma erkennenden Leser hie und da zum weiteren Durchdenken desselben und damit zugleich zum weiteren Nachdenken über das Wesen der beiden Forschungsrichtungen anregen dürfte. — Dass die in Rede stehende Arbeit, vor II/2 Jahren zur PubHcation eingereicht, erst jetzt, etwa gleichzeitig mit der vorliegenden Schrift, erschienen ist, ist nicht meine Schuld. — IV — der RadiolarieD ein einheitlicher Typus zu Grunde liegt, der in dem Vierstrahler seinen einfachsten Ausdruck findet; ferner kam ich zu der Einsicht, dass sich derselbe Vierstrahlertypus auch in der Gerüst- morphologie der Spongien ebenso wie bei der ersten Anlage der Echinodermenskelette deutlich ausgesprochen wiederfindet. Wir hatten so einen einheitlichen allgemeinen Standpunkt gewonnen, von dem aus wir die Gerüstbildung der drei genannten Organismengruppen, der Spongien, der Echinodermen und besonders das immense Formen- labyrinth der Radiolarien überblicken konnten; ohne Frage eine er- freuliche Erweiterung unseres vergleichend-morphologischen Horizontes, aber unser Causalitätsbedürfniss hatte hierdurch, wie bei allen ver- gleichend-morphologischen Behandlungsergebnissen, noch keine Befrie- digung erfahren. Nach dieser Vertiefung unseres morphologischen Ver- ständnisses musste aber das Bedürfniss nach einer causalen Erklärung des erkannten Vierstrahlertypus um so dringender an uns herantreten. „Alle Gestalten sind ähnlich, doch keine gleichet der andern; Und so deutet der Chor auf ein geheimes Gesetz." — Dieses Gesetz galt es nun zu finden. — Bei näherem Durchdenken der Situation stellte es sich heraus, dass einige Anhaltspunkte vorhanden waren, die uns bei dem Suchen nach der Erklärung wegweisende Winke zu geben im Stande waren. Wir hatten erkannt, dass derselbe Typus des Gerüstbaues unab- hängig von der Verwandtschaft in drei verschiedenen Organismen- gruppen auftritt: hieraus war zu entnehmen, dass auch seine bewirkende Ursache nicht in der specifischen Constitution des lebenden Protoplasma der betreffenden Organismen begründet sein könne, sondern ein von dieser mehr oder weniger unabhängiger, elementarer anorganischer Factor sein müsse. Ferner hatten wir den Befund zu verzeichnen, dass der Vierstrahler- typus unabhängig von der chemischen Beschaffenheit des Gerüstmaterials mit drei verschiedenen Substanzen baut: mit Kieselsäure bei den Radio- larien und Kieselschwämmen, mit kohlensaurem Kalk bei den Kalk- schwämmen und Echinodermen, mit Hornsubstanz bei den Hom- schwämmen und Akantharien. Hieraus ergab sich, dass dieser elementare — V — Factor auch nicht in der Natur des Gerüstmateriales, in diesem inne- wohnenden molecularen Kräften, durch die sich, wie es eine Bio- krystallisationstheorie annehmen würde, die betrejffenden Gerüsttheile selbstthätig gestalten würden, zu suchen sei, sondern in einer äusseren Kraft, die den sich hierbei passiv verhaltenden Stoffen die Formen aufprägt. Durch diese Schlüsse war das Gebiet, auf dem wir nach der Er- klärung zu suchen hatten, schon bedeutend eingeschränkt. Zur schliess- lichen Auffindung derselben verhalf uns endlich eiQ Zufall. Beim Ausschenken von Bier aus einer Flasche fiel uns nämlich auf, dass das in deren entleertem Theile zurückbleibende Blasengerüst in seinem Aufbau mit dem Yierstrahlertypus übereinstimmte — , die Lösung des Problems lag auf der Hand: Die bewirkende Ursache der von uns unter der Bezeichnung des Vierstrahlertypus zusammengefassten morpho- logischen Gesetzmässigkeiten ist die Blasenspannung resp. Oberflächen- spannung ; durch sie wird das Zwischenwandmaterial eines blasig gebauten Körpers, die Masse eines vacuolisirten Rhizopodenkörpers, das Proto- plasma desselben, ebenso wie das Bier in der Flasche, in die bestimmten gesetzmässigen Formen gedrängt; fiindet im Protoplasma Skelett- bildung statt, so werden diese gesetzmässigen Formen des Sarcode- baues als feste Skelettstructuren fixirt: Die Skelette ergeben sich als versteinerte Blasengerüste. Auch den Geweben der mehrzelligen Orga- nismen kommt allgemein blasiger Bau zu und so ergiebt sich auch für den Vierstrahlertypus bei Spongien und Echinodermen ein be- friedigender Erklärungsgrund. Nachdem wir einmal den Schlüssel zur Lösung des Problems ge- funden hatten, brauchten wir nur bereits Bekanntes durch Schlüsse zu einem Ganzen zu verknüpfen, um für ein weites Gebiet ein causales Verständniss zu gewinnen. Der Bau der vacuolisirten Rhizopoden- körper war bekannt, ebenso hatte die Histologie der Mehrzelligen schon genügend Ergebnisse zur Grundlage unserer Beweisführung zu verzeichnen. Die Skelettmorphologie , besonders diejenige der Rhizo- poden, bildete von je her ein Lieblingsgebiet der morphologischen — VI — Forschung und war schon zum Gegenstand umfangreicher Arbeiten gemacht worden, ja man kann, glaube ich, sagen, dass über die kleinsten Wesen die grössten Monographieen verfasst worden sind.*) Auch die Gesetze der Flüssigkeitsmechanik endlich waren schon längst bekannt — , nur nicht in der Biologie, oder vielmehr war man hier in Folge der herrschenden einseitigen historisch-morphologischen Richtung gar nicht gewohnt, bei der Forschung an die exacten naturwissenschaftlichen Disciplinen, die Physik und Chemie, zu denken. Nur im Hinblick hierauf wird es begreiflich, wie die biologische Forschung dicht an der auf der Hand liegenden Lösung unseres Problems so lange blind vorübergehen konnte und dass wir auf die- selbe, wie wir selbst zu unserer Schande gestehen müssen, erst durch einen Zufall aufmerksam gemacht werden mussten, statt sie durch planvolles Forschen zu finden. — Durch inductive morphologische Forschung waren wir zu der Er- kenntniss gelangt, dass dem Gerüstbau der Radiolarien, Spongien und Echinodermen derselbe einheitliche Formtypus zu Grunde liegt; jetzt können wir deductiv beweisen, weshalb dies so sein muss, indem wir die Gerüstformen aus den Gesetzen der Blasenspannung, ihrer bewirken- den Ursache, ableiten: die ätiologisch-mechanische Probe auf das ver- gleichend-morphologische Exempel. — Im letzten (6.) Capitel des ersten Theiles haben wir dann noch den Versuch gemacht, an der Hand der Flüssigkeitsmechanik auch für die äussere Gesammtform der Rhizopodenkörper und -schalen ein cau- sales Verständniss zu gewinnen. — Wir übergeben die in dem ersten Theile zusammengefassten Ergebnisse mit dem Wunsche der Öffentlichkeit, dass diese Frucht unserer Rhizopodenstudien der weiteren ätiologisch - mechanischen Forschung auf diesem und den berührten verwandten Gebieten förder- lich und anregend werden möge. *) Ich habe mir dieselben zu Nutze gemacht, indem ich ihnen die Figuren- beispiele der zu erklärenden Formen entlehnte. Für die meisten derselben hätte ich auch Belegstücke der eigenen Beobachtung geben können, glaubte mir jedoch die Mühe der Anfertigung neuer Zeichnungen ersparen zu können. — VII -- In Bezug auf den zweiten, aUgemeinen Theil ist Folgendes zu bemerken : Der in demselben zum Ausdruck kommenden Tendenz liegt das- selbe Motiv zu Grunde, welches auch die in dem ersten Theile nieder- gelegten speciellen Resultate zeitigte: das Causalitätsbedürfniss. Die vertretene Richtung ist nicht neu , sondern sie pflegt in der physiologischen Behandlungs weise der biologischen Probleme mehr oder weniger bewusst und consequent zum Ausdruck zu kommen. Man könnte sie auch die physiologische Richtung nennen, ich habe sie, um ihr Wesen schärfer zu bezeichnen, die ätiologisch-mechanische*) genannt. Diese physiologische, ätiologisch-mechanische Richtung wird jedoch heutzutage noch immer mehr oder weniger in den Hintergrund ge- drängt durch die durch den Darwinismus in Fluss gebrachte historisch- morphologische Richtung, die, wie bekannt, in der Biologie augen- blicklich noch die grösste Rolle spielt. *) Um Missverständnisse zu vermeiden, wollen wir noch bemerken, dass wir unter „mechaniscli" nicht nur das „mechanisch" im eigentlichen engen physikalischen Sinne verstanden haben wollen. Man spricht auch von einer „mechanischen Vervielfältigung", während doch die meisten mechanischen Ver- vielfältigungsmethoden zu ihrem grössten Theil auf chemischen Processen be- ruhen, während die mechanischen Vorgänge im strengen Sinne dabei mehr zurückzutreten pflegen; man will eben mit „mechanisch" den durch elementare Naturprocesse bewirkten Vorgang im Allgemeinen im Gegensatz zur künstlerischen Handarbeit des Menschen bezeichnen. In ähnlicher Weise verstehen wir unter „mechanischer Forschungsrichtung" im Gegensatz zur historischen ganz im All- gemeinen diejenige Richtung, welche bestrebt ist, die Lebenserscheinungen auf elementare physikalisch-chemische Processe zurückzuführen, sie durch die funda- mentalen physikalisch-chemischen Kräfte und deren Gesetze zu erklären, wobei wir sogar überzeugt sind, dass in der ätiologisch-mechanischen Biologie der Zukunft der Chemie die Hauptrolle zufallen wird. Das Leben wird in letzter Linie auf chemischen Processen beruhen, durch welche die gröberen, eigent- lich mechanischen Erscheinungen erst veranlasst werden. — Für den von uns verstandenen Begriff giebt es kein besonderes Wort, wir glauben ihn aber ganz gut durch „mechanisch" bezeichnen zu können, besonders auch deshalb, weil die menschliche Vernunft, ihren transcendentalen Eigenthümlichkeiten ent- sprechend, das Streben zeigt, alle Erscheinungen auf qualitätslose, rein räumlich- zeitliche Vorgänge, d. h. Bewegungsvorgänge, zurückzuführen und somit alle Er- klärungsbemühungen in letzter Linie, d. h. ihrem, bewussten oder unbewussten, Endziele, ihrer Tendenz nach, allerdings nach einer Mechanik im strengen Sinne hinzielen. — VIII — In dem im zweiten Theile entwickelten Gedankengange geben wir unser Urtheil über die Richtungen, die Ziele und Wege der Bio- logie. Wir haben uns hierbei bemüht, jeden Gredanken nach den ver- schiedensten Richtungen hin vorher genau zu durchdenken und jedes Wort ist wohl erwogen. Unserer Ansicht nach ist es die Pflicht eines Jeden, sich in diesen allgemeinen Fragen ein selbstständiges unbefangenes Urtheü zu bilden, wenn anders er nicht zu der Rolle eines Handlangers herab- sinken will. Der Grundgedanke, welcher diese Schrift beseelt, welcher in deren zweitem Theile entwickelt, im ersten Theile an einem speciellen Beispiel, der Gerüstbildungsmechanik, erläutert wird, ist die Über- zeugung von der Nothwendigkeit einer ätiologisch- mechanischen Be- handlung der Probleme der Biologie, im Gegensatz zur historisch- morphologischen Richtung, durch welche ein causales Verständniss der Erscheinungen des Lebens nicht gefördert, noch weniger erreicht werden kann. Dieser Gedanke ist im Grunde ebenso selbstverständ- lich, wie die Lösung unseres Gerüstbildungsproblems auf der Hand lag. Möge die vorliegende Schrift etwas dazu beitragen, diese Ein- sicht zu festigen! Jena, im Oktober 1891. Friedrich Dreyer. Inhalts-Übersicht. I. Specieller Theil. Die Flüssigkeitsmechanik als eine Grundlage der organischen Form- und Gerüsthildung. 1. Capitel. Die Gesetze der Blasenspannung. Seite Flüssigkeitsmechanik, Oberflächenspannung, Blasenspannung 3 Seifenblasencomplexe als günstige Beobacbtungsobjecte 3 Das Princip der Minimalflächen 3 Die morphologischen Gesetze für Blasencomplexe mit dünnen Zwischenwänden 4 Das Blasengerüst in der Bierflasche 4 Das active Inkrafttreten der Spannungskräfte 5 Die Vertheilung überschüssigen Wandmateriales ; der Ausrundungsvorgang . 5 2. Capitel. Der Bau der vacuolisirten Rhizopodenkörper. Die Gesetze der Blasenspannung sind auch für den Bau der vacuolisirten Rhizopodenkörper massgebend 6 Anmkg. : Wesen und Bau des Kalymma 6 3. Capitel. Ableitung der Structurformen der Rhizopodengerüste aus den Gesetzen der Blasenspannung. Überleitende Deduction 9 Die Skelette als versteinerte Blasengerüste 10 Bevorzugung der Kanten bei der Skelettbildung 10 Die spongiösen Skelette als versteinerte Kantengerüste schaumiger Sarcode- körper 10 Fälle einer gänzlichen Versteinerung des protoplasmatischen Wabenwerkes 11 Die Bildung isolirter Spicula 11 Die polycentrischen Spicula 11 Die Bildung gleichmässig flächenhafter Schalen 12 Ableitung verschiedener Arten des Schalenbaues 14 Gerüstbalken mit Blaseneindrücken 17 Der Schalenbau der Challengeriden und bei Arcella 17 Die gruppenweise Annäherung und Verschmelzung der Schalenporen .... 18 Bildungsmechanik von Arkadenschalen 19 34561 — X — Seite Das rhythmische Schalenwachsthum : Die Bildungsmechanik concentrisch und terminal wachsender Schalensysteme 20 Die Bildungsmechanik von Ankern 25 Die Bildungsmechanik von Mistgabeln 25 Die Bildungsmechanik von Zickzackbalken 26 Die Dictyochagerüste 26 Das Moment der successiven Gerüstbildung 27 Bildung secundärer Gittermaschen resp. Poren innerhalb der primären 28 Bildung von Leistennetzen auf der Schalenfläche 28 Die Unterscheidung zwischen Schalen mit Leistennetzen und solchen mit Vacuoleneindrücken imd zwischen secundären Poren in der Einfassung von primären und einfachen Porengruppen 28 Bildung von Tetraedern auf der Schalenoberfläche 29 Spicula mit überzähligen Strahlen 30 Das Moment der Zähflüssigkeit der Sarcode 30 Das Problem der Bildungsmechanik der langen Radialstacheln 30 Die Bildung von Gittern durch sich rechtwinklig durchsetzende Balken ... 31 Der Formbildung im Inneren der vacuolisirten Sarcodekörper stehen die Ver- hältnisse der Oberflächengestaltung derselben gegenüber 31 4. Capitel. Herrschaft der Blasenspannung als gestaltender Factor innerhalb der Gewebe der mehrzelligen Organismen. Die organisirten Körper besitzen blasigen Bau in dreifacher Hinsicht .... 32 1. Die Zellen als Blasenelemente 33 Die Pflanzenzellen 33 Die Pollentetraden 33 Pflanzenembryonen 33 Das Markgewebe 34 Die pflanzlichen Gewebszellen und deren gegenseitige Abrundung . 34 Die Zellen thierischer Gewebe 35 Epithelien 35 Chordagewebe 35 Fettgewebe 35 Blasiges Bindegewebe 35 Die Deutung des „Sternzellengewebes" 36 2. Die Yacuolen als Blasenelemente 40 3. Die wabige Structur des Protoplasma 40 5. Capitel. Gestaltender Einfluss der Blasenspannung bei der Gerüstbildung der Spongien und Echinodermen. Bedeutung der Blasenspannung für die Skelettbildung der mehrzelligen Organismen 42 Die Skelettbildung der Spongien 42 — XI — Seite Die Skelettbildung bei den Echinodermen 43 Entwickelung eines Skelettelementes bei einer Seeigellarve 43 Die Skelettbildung der Echinodermen nimmt ganz allgemein vom Vier- strahlertypus ihren Ausgang 44 Die Bildung der Synaptidenanker und -platten 45 Die spongiöse Structur der ausgebildeten Echinodermenskelette 46 Gesichtspunkte und Probleme in Bezug auf die Gerüstbildung bei mehrzelligen Organismen 46 Die Gerüstbildung bei den Spongien, den Echinodermen und den Rhizopoden 47 6. Capitel. Die Bildungsmechanik der äusseren Gesammtform. der Rhizopoden- körper und -schalen. Einige Worte zur Wegweisung 49 Die Oberflächenspannung 49 Die amöbinen Formen; der Astrorhizatypus 50 Die Mechanik der Pseudopodienbildung, der Nahrungsauswahl, des Aufspürens von Nahrungsstoffen, der Nahrungsaufnahme und der Assimilation . 51 Mechanik der Encystirungsvorgänge 52 Die Kugelform 53 Gestaltung freier Sarcodestränge (Pseudopodien) und in solchen gebildeter Skeletttheile 54 Der regelmässige radiale Bau 54 Der monaxone und der pylomatische Bau 55 Das concentrische und das terminale Schalenwachsthum 55 Die Bildungsmechanik von perlschnurartigen Gestalten 55 Ein Bauplan eines Blasencomplexes bei Radiolariengerüsten 59 Die Mechanik der Centralisations- oder Integrationserscheinungen 60 Die Mechanik der Erscheinungen der Formdegeneration 65 Die extracorticale Incrustation 66 Die Vereinigung der Individuen zu Syncytien 66 Der formauflösende Einfluss der sesshaften Lebensweise 67 Schlusswort 68 IL Allgemeiner Theil. Die ätiologisch-mechanische Behandlung der Probleme der Biologie. 1. Capitel. Ziele und Wege biologischer Forschung, kritisch beleuchtet. In der Entwickelung der Biologie sind 3 Forschungsrichtungen zu unterscheiden 71 Die descriptiv-registrirende Forschungsrichtung 71 Die historisch-morphologische Forschungsrichtung 72 - XII — Seite Kritik der historisch-morphologisclien Forschungsriclitung 74 Die Descendenzlehre beschreibt Formenreihen, erklärt sie aber nicht . . 75 Auch die Selectionstheorie kann keinen Entwickelungsvorgang erklären. 76 Resume 77 Bedeutung der Descendenzlehre als Directive zu einer Erklärung 78 Nothwendigkeit einer ätiologisch-mechanischen Forschungsrichtung 78 Durch weitere Verfolgung der historisch-morphologischen Richtung kann man einer ätiologisch-mechanischen Behandlungsweise nie näher kommen 79 Verhältniss der 3 Forschungsrichtungen zu einander 80 Die historisch-morphologische Forschung ist selbst als vorbereitende Grundlage einer ätiologisch-mechanischen Forschung untauglich 80 Grundlegung der ätiologisch-mechanischen Forschung 83 Schluss 85 2. Capitel. Allgemeine Gesichtspunkte, Probleme, Directiven in ätiologisch- mechanischer Richtung. Die descriptiv - registrirende Forschung verbindet ihre Resultate nicht, die historisch - morphologische Forschung vergleicht , die ätiologisch- mechanische Forschung identificirt 86 Unsere Gerüstbildungsmechanik als ein Beispiel ätiologisch - mechanischer Forschung 86 Die Frage nach der Formbeständigkeit der Rhizopodengerüst6 vom Stand- punkte unserer Gerüstbildungsmechanik aus beleuchtet 87 Ist der Gerüstbau bei den Rhizopoden ein Product der Lebensthätigkeit dieser Protisten? 89 Das successive Vordringen in ätiologisch-mechanischer Richtung 91 Tafelerklärung 95 I. Specieller Theil. Die Flüssigkeitsmeclianik als eine Grundlage der organischen Form- und Gerüstbüdung. Dreyer, Ziele und Wege biolog. Forschung. Erstes Capitel. Die Gesetze der Blasenspannung. Schon bei oberflächliclier Beobachtung der Structur schaumiger Massen — seien es nun Gemenge zweier flüssiger oder einer gas- förmigen mit einer flüssigen Substanz — fallen bestimmte allgemeine Gesetzmässigkeiten ihres morphologischen Aufbaues in die Augen. Diese Gesetzmässigkeiten gehören in das weite Gebiet der Flüssigkeits- mechanik und zwar in das Capitel der Oberflächenspannung, die man auch, wenn man es wie wir augenblicklich speciell mit blasigen Körpern zu thun hat, als Blasenspannung bezeichnen kann. Als besonders geeignet zur Beobachtung dieser Verhältnisse er- weisen sich wegen ihrer verhältnissmässigen Einfachheit und klaren Durchschaubarkeit Gruppen grosser Seifenblasen, von deren Betrachtung wir denn auch bei unserer Darstellung der Blasenspannung und der sich aus ihr ergebenden morphologischen Gesetze ausgehen wollen. (Fig. 1—6, 10, 15, 19.) Das für die Stellung der Wände eines Blasengerüstes „fundamentale Princip, aus welchem sich alle Einzelfälle ableiten lassen, ist das Princip der kleinsten Flächen. Die Lamellensysteme ordnen sich so an, die einzelnen Lamellen krümmen sich in der Weise, dass die Summe der Oberflächen aller unter den gegebenen Verhältnissen ein Minimum wird. Die treibende Kraft ist die Spannung, die in den flüssigen Oberflächen ihren Sitz hat."*) Hieraus ergeben sich für die Gestaltung jedes Blasenwerkes folgende Hauptregeln: *) Formulirung nach Berthold, Studien über Protoplasmamechanik (Leipzig 1886), S. 219-220. 1* _ 4 — In jeder Kante stossen 3 Wände zusammen, welche ebensoviele Blasenräume scheiden. In jedem Eckpunkt stossen 4 Blasenräume, 6 Wände und 4 Kanten zusammen. Von dem Grössenverhältniss der aneinanderstossenden Blasenräume sind die Winkel und die Krümmung der Wände und Kanten abhängig. Wenn die 4 einen Eckpunkt umlagernden Blasen gleich gross sind (Fig. 6), sind die Wände eben ausgespannt, verlaufen die Kanten gerad- linig und sind die Winkel, welche die Wände zwischen sich fassen, gleich und zwar betragen sie 120^, die Winkel, welche die Kanten mit einander bilden, gleich und zwar betragen sie 109^ 28' 16,4", und endlich die Winkel, welche je eine Kante mit je einer Wand bildet, einander gleich und betragen 125^ 15' 52". Die von dem gemeinsamen Eck- und Mittelpunkt als ihrem Radiationspunkt ausgehenden Kanten entsprechen den Achsen des regulären Tetraeders. Mit Grössendifferenzen der Blasen gehen entsprechende Ver- änderungen der Winkel und der Krümmung der Wände Hand in Hand (vergl. die Figuren). Nach einem grösseren Blasenraume zu sind die Winkel grösser und die Wände convex gewölbt, nach einem kleineren die Winkel kleiner und die Wände concav gewölbt. Durch das Ver- halten der Wände werden die Krümmung und die Winkel der Kanten bestimmt; jede Kante ist die Resultante der 3 in ihr zusammen- stossenden Wände, diese sind die 3 Componenten von Krümmung und Verlauf der Kante. — Die einen Blasencomplex nach aussen ab- schliessenden Wände sind am stärksten gewölbt. Wir können dies als einen Specialfall den für die Formation des Wandgerüstes innerhalb eines Complexes aufgestellten Regeln unterordnen, wenn wir die ganze Aussenwelt als einen Blasenraum von unendlicher Grösse auffassen. Zur Beobachtung der Wirkungsweise der Blasenspannung ist noch ein sehr einfaches und probates Mittel zu empfehlen. Man braucht nur aus einer Bierflasche das Bier theilweise oder ganz auszugiessen, so bleibt in dem entleerten Räume das schönste Blasengerüst zurück, an dem sich die eben angegebenen, sich aus der Blasenspannung er- gebenden Gesetzmässigkeiten der Formation des Wandsystems und Kantengerüstes sehr gut beobachten lassen. Ein solches in einer Flasche befindliches Blasengerüst hat noch den Vortheil der grösseren Reichhaltigkeit, da man in ihm zahlreichere neben- und übereinander- gebaute Blasen und somit auch ein reicheres Wand- und Kantengerüst Von Berührungsflächen erhalten kann, wie dies bei auf einer Flüssig- keitsoberfläche frei schwimmenden Blasencomplexen möglich ist. In ilirer activen Wirksamkeit treten die Spann ungskräfte hervor, sobald in einem Blasenwerke eine Blase platzt. Die benachbarten Wände verschieben sich dann augenblicklich so, dass sie unter den neu gebildeten Raumverhältnissen dem Princip der Minimalflächen wieder Rechnung tragen; erst dann ist ihr Grleichgewicht wieder her- gestellt. Bis jetzt haben wir die Stärke der Blasen wände vernachlässigt; wir betrachteten die Wände als mathematische Flächen, die Kanten als Linien und die Ecken als Punkte. Dies können wir uns auch gestatten, sobald wir es mit grossen Blasen zu thun haben, deren Wände aus einer dünnflüssigen Substanz bestehen. Gleich nach der Bildung eines solchen Blasen Systems, wie eben unserer Seifenblasen- gruppen oder des Blasengerüstes in einer Bierflasche, läuft die über- schüssige Flüssigkeit, der Schwerkraft folgend, in den Wänden nach unten ab und nur gerade so viel wird durch die Oberflächenspannung zurückgehalten, als zur Bildung dünnster Wandhäutchen nöthig ist. Die Verhältnisse ändern sich, sobald die Flüssigkeit dickflüssiger und zäher und die Blasen kleiner sind. Dann bleibt in den Blasen- wänden, wenn anders solches vorhanden ist, mehr Material haften. Dasselbe vertheilt sich jedoch nun nicht mehr gleichmässig in den Wänden, um diese etwa za gleichmässig dicken Platten zu verstärken, die scharfkantig aneinanderstossen und die Formverhältnisse der dünnen Blasenhäute bewahren, sondern die Vertheilung und Anlagerung des überschüssigen Materiales geschieht, in Bezug auf die Formation dünner Blasenwände wenigstens, ungleichmässig, wenngleich streng gesetz- mässig insofern, als in erster Linie die Ecken, in zweiter Linie die Kanten als Attractionscentra der Anlagerung wirken. Mit anderen Worten — und dies ergiebt sich auch aus dem Princip der Minimal- flächen, denn die Kugelform hat bei einem gegebenen Volumen die kleinstmÖ gliche Oberfläche — die Blasenräume sind continuirlich be- strebt, sich abzurunden. Eine gegenseitige Abrundung ist unmöglich, solange die gemeinsamen Zwischenwände noch minimal dünn sind, sobald jedoch mehr Wandmaterial zur Verfügung steht, wird dasselbe an den Stellen angelagert, wo sich die Blasenräume am meisten von der Kugelform entfernen, und dies sind in erster Linie die Ecken, in zweiter Linie die Kanten. Durch diesen Modus der planvollen Anlagerung werden die Blasenräume der KugeKorm so weit genähert, wie es bei der vorhandenen Menge des Wandmateriales möglich ist. Das morphologische Resultat dieser Vertheilung des Wand- — 6 — materiales kann man sicli an der Construction unserer Figur 8 ver- gegenwärtigen. Stellen wir uns vor, einem Zwischenwandsystem gleich demjenigen des Blasencoraplexes von Figur 6 flösse mehr Material zu, so würde dasselbe zunächst dessen Ecken ausrunden, d. h. es würde um den Radiationspunkt der Kanten ein Tetraeder mit eingebauchten Flächen entstehen; bei weiterem Zufluss würde die Materialanlagerung und Ausrundung in entsprechender Weise längs der Kanten fort- schreiten, das Tetraeder würde zu einem Vierstrahler mit dreikantigen Armen und etwas eingebogenen Flächen, bis endlich bei eventuellem fortgesetzten Materialzuflusse die Ausrundung sich auch über die Wände erstrecken und so zum Abschluss kommen würde. Eine Schaumpartie mit vollkommen ausgerundeten Blasen zeigt Figur 9. — Dies aus dem Gebiete der Flüssigkeitsmechanik genügt zunächst für unsere Zwecke.*) Zweites Capitel. Der Bau der vacuolisirten Rhizopodenkörper. In der lebenden Sarcode organisirter Körper sind Flüssigkeits- blasen — dem eingebürgerten Sprachgebrauche nach Vacuolen ge- nannt — ein sehr verbreitetes Vorkommniss. Besonders häufig finden sich Vocuolenblasen bei den Rhizopoden und geradezu charakteristisch ist schaumiger Bau des Sarcodekörpers für denjenigen Stamm dieser Protistenabtheilung, der mit den Heliozoen beginnt und sich in den Radiolarien fortsetzt. Bei den Heliozoen schon typisch und sehr stark ausgebildet (Fig. 47), erreicht die Vacuolisation bei den Radiolarien ihren Höhepunkt und giebt, indem sie besonders ausgiebig im extracapsularen Protoplasma auftritt, dem Kalymma seinen Ursprung.**) (Fig. 28, 32, 36, 37, 55, 65, 130; vergl. auch Fig. 126.) *) Wer sich über das Gesammtgebiet der Flüssigkeitsmechanik ausführlich zu Orientiren wünscht, den verweisen wir auf das Werk von J. Plateau: „Statique experimentale et theorique des liquides". Paris, 1873. **) Das Kalymma ist keine Bildung sui generis, sondern als eine einfache Weiterbildung des vacuolisirten Exoplasma der Heliozoen aufzufassen. Schon bei den Heliozoen zeichnet sich das Exoplasma vor dem Entoplasma häufig durch — 7 — Den schaumigen Bau des Protoplasmakörpers treffen wir natürlich in den verschiedensten Modificationen bei den Rhizopoden an. Die Vacuolenblasen sind bald kleiner, bald grösser; bald von annähernd gleicher, bald von sehr verschiedener Grösse; bald ist ihr Zwischen- wandmaterial, also das lebende Protoplasma, reichlicher vorhanden, so dass sie sich gegenseitig mehr oder weniger oder vollkommen abrunden können; bald ist die Masse des Protoplasma im Verhältniss zu den grossen Yacuolen nur spärlich vorhanden und bildet zwischen den sich grössere Vacuolen aus (Fig. 47), bei den Radiolarien haben sich die Vacuolen des Exoplasma noch mehr vergrössert, ihr Inhalt hat oft mehr oder weniger galler- tige Beschaffenheit angenommen, während das Protoplasma, dessen Masse nicht in dem gleichen Masse mit zugenommen hat, als zartes Wabengerüst die volumi- nösen Secretmassen durchsetzt. — Hiergegen scheint Häckel und mit ihm viele der früheren Autoren anzunehmen, dass das Protoplasma das Kalymma in Form eines Netzwerkes von Strängen durchzieht. Dieser Ansicht giebt Häckel wenigstens noch neuerdings in seiner „Allgemeinen Naturgeschichte der Radiolarien" mehr- fach klaren Ausdruck. Nach ihm betheiligen sich an dem Aufbau des extra- capsularen Radiolarienkörpers folgende Bestandtheile : „1. Die Sarcomatrix oder der Mutterboden des Exoplasma, welcher als zusammenhängende Sarcodeschicht die Centralkapsel umhüllt und vom Kalymma trennt; 2. das Sarcoplegma oder das gerüstartige Netzwerk des Exoplasma, welches sich in der Gallertsubstanz des Kalymma ausbreitet; 3. das Sarcodictyum oder das Sarcode-Netz an der äusseren Oberfläche des Kalymma; und 4. die Pseudopodien oder Scheinfüsschen , welche sich aus letzterem erheben und frei in das Wasser ausstrahlen" (loc. cit. pag. 50). Abgesehen davon, dass durch diese Auffassungsweise das Kalymma die so nahe liegenden Beziehungen zu den verwandten Verhältnissen bei Heliozoen und anderen Rhizopoden verlieren würde, können wir, dass wir es in dem Exoplasma der Radiolarien wirklich mit einem System geschlossene Blasenfächer von einander trennender Wände, nicht mit einem Netzwerke von Strängen zu thun haben, daraus schliessen, dass die in Querschnitten von Radiolarienkörpern erscheinenden Netzbilder, wie gesagt (vergl. oben), alle Charakteristika von durch Blasen- spannung gebildeten Systemen zur Schau tragen, üebersetzen wir Häckels Schilde- ruDg vom Baue des Kalymma in unsere Auffassungs weise, so ist sein Sarcoplegma der Complex der in der Ansicht quergetroffenen Kanten und Wände des Blasen- gerüstes, sein Sarcodictyum das Netz der Kanten und optisch verkürzten radialen Wände der äussersten Blasenschicht, denn es ist leicht verständlich, dass, wenn man senkrecht von oben auf die Oberfläche eines dünnwandigen Blasenwerkes herabsieht, ebenso wie auf einem optischen Querschnitt ein Netzbild entstehen muss, da man durch die dünnen tangentialen Blasenwände, ohne sie gewahr zu werden, hindurchsieht. Trotz des netzförmigen Sarcodictyumbildes zweifeln wir daher auch nicht daran, dass die Secretmassen des Kalymma nirgends frei liegen, sondern auch an der Oberfläche des Radiolarienkörpers von zarten protoplasma- tischen Blasenwänden überzögen werden. — Häckel hat sich offenbar, dem blossen Augenscheine folgend, sein Bild von dem Baue des extracapsularen Radiolarien- — 8 — gegenseitig polyedrisch aneinanderdrückenden Blasenräumen ein zartes Gerüst resp. Waben werk; durchgängig aber herrschen auch hier, innerhalb organisirter Körper, dieselben Gesetzmässigkeiten der Blasen- spannung, wie in anorganischen Blasengerüsten. Dies ist nach der universellen Geltung der Naturgesetze schon a priori zu erwarten und wird denn auch durch directe Beobachtung allerorts bestätigt. Es ist nicht nöthig und hiesse in Wiederholungen verfallen, wenn wir auf die sich aus dem Princip der Minimalflächen ergebenden, für den körpers entworfen, ohne sich mit der Deutung der optischen Befunde lange auf- zuhalten und der Sache überhaupt besonderes Gewicht beizulegen. Wir halten es begreiflicherweise für nöthig, die in Rede stehenden Verhältnisse klarzustellen, da wir zur Erkenntniss ihrer fundamentalen Wichtigkeit für das ganze mechanisch- morphologische Verständniss des Baues des Sarcodekörpers und, wie wir gleich sehen werden, noch mehr der Skelette unserer Rhizopoden gelangt sind. — Zu- weilen bringt Häckel seine Sarcoplegma in unmittelbare Beziehung zu den Pseudopodien, indem er es als den Complex der „intrakalymmaren Theile der Pseudopodien" hinstellt. Die Pseudopodien zerfielen hiernach in zwei Theile, einen intrakalymmaren , von der Sarcomatrix bis zur äusseren Oberfläche dea Kalymma verlaufenden, und einen extrakalymmaren, von hier frei in das Wasser ausstrahlenden Theil, das Pseudopodium im engeren, gewöhnlichen Sinne. Es ist dies als eine Consequenz seiner irrthümlichen Auffassung des Baues des Radiolarienkörpers leicht zu verstehen; wir können von unserem Standpunkte aus einer solchen Grleichsetzung von intrakalymmaren Sarcodetheilen und Pseudo- podien natürlich nicht das Wort reden, da das Blasengerüst der Ersteren unter dem Einfluss der Blasenspannung, also ganz anderer hydromechanischer Ver- hältnisse steht, wie die freien Sarcodestränge der Pseudopodien. Wir werden dies bei der Bildungsmechanik der Kieselgerüste noch zu würdigen haben, indem wir einen principiellen Unterschied zwischen in der Sarcode der Vacuolengerüste abgeschiedenen und innerhalb von Pseudopodien gebildeten Skeletttheilen zu constath-en haben werden. — Sehr häufig sind die Vacuolenblasen des Kalymma so deutlich ausgeprägt, dass sie als solche unmittelbar erkennbar sind. Dieser Befunde gedenkt denn auch Häckel, jedoch in folgendem Sinne: „Die extra- capsulare Gallerthülle erscheint bei allen Radiolarien ursprünglich insofern structurlos, als dieselbe eine homogene, wasserklare Ausscheidung des Exoplasma darstellt und weder Fasern noch anderweitige geformte Bestandtheile enthält. Dagegen kommen später in einigen Gruppen bestimmte Structurverhältnisse secundär zur Ausbildung. Das häufigste und auffallendste von diesen ist die Alveolarstructur , welche durch die Entwickelung zahlreicher Vacuolen oder Alveolen im Extracapsulum bedingt, ist. Das Kalymma nimmt in Folge dessen eine auffallend schaumige Beschaffenheit an und erscheint aus grossen, hellen, dünnwandigen Blasen zusammengesetzt; so besonders bei den Collodarien und bei vielen grossen Phäodarien, besonders den Phäocystinen" (loc. cit. pag. 43—44). Häckel betrachtet die Vacuolen des Kalymma als secundäre Gebilde; nach unserer üeberzeugung beruht die Entstehung und das ganze Wesen des — 9 — morphologischen Aufbau der Blasengerüste massgebenden Regeln in Bezug auf die Rhizopoden noch einmal besonders im Einzelnen hin- weisen wollten. Das Querschnittsbild — und als wirklichen oder optischen Querschnitt pflegt man ja den Bau der RhizopodenkÖrper meist zu beobachten — eines durch Blasenspannung gebildeten Waben - Werkes ist ja auch unverkennbar; der Verlauf der Wände und der charakteristische Ausrundungsmodus der Waben ist auch auf dem Querschnitt sehr gut zu beobachten, und dass in dem Netze der im Querschnitt als Stränge erscheinenden Wände in jedem Bjiotenpunkte ausnahmslos 3 Stränge zusammenstossen , ist ein auf den ersten Blick in die Augen springendes Charakteristikum (Fig. 28, 32, 36, 47). Drittes Capitel. Ableitung der Striicturformen der Rhizopoden gerüste aus den Gesetzen der Blasenspannung. Motto: „Alle Gestalten sind ähnlicli, doch keine gleichet der andern; Und so deutet der Chor auf ein geheimes Gesetz." Goethe. Wir kommen nun zum dritten und zwar zum Haupttheil unseres Gedankenganges. Im ersten Capitel haben wir uns mit den Gesetzen der Blasenspannung bekannt gemacht; im zweiten Capitel haben wir darauf hingewiesen, dass für grosse Abtheilungen der Rhizopoden blasiger Bau des Sarcodekörpers charakteristisch ist und darauf, dass innerhalb der Körper dieser Protisten dieselben Gesetze der Blasen- Kalymma auf Vacuolenbil düng. Das nach Häckel gleichartige vacuolen- freie Kalymma wird ein solches sein, bei welchem die protoplasmatischen Zwischenwände sehr dünn sind und so optisch den Eindruck von dünnen Strängen machen. Ist dagegen die Sarcodemasse reichlicher vorhanden, so können sich die Gallert vacu ölen des Kalymma abrunden und treten dann deutlich als runde Blasen hervor. — Es liegt uns natürlich fern, abstreiten zu wollen, dass sich in der Masse des Kalymma auch secundär Vacuolen bilden können; ebenso halten wir es nicht nur für möglich, sondern sogar für höchst wahrscheinlich, dass das Kalymma nebenbei auch von Sarcode strängen durchzogen wird; dies ändert aber nichts an der principiellen Differenz der Standpunkte — , denn was wir für primär und hauptsächlich halten, hält Häckel für secundär und nebensächlich, und umgekehrt — und diese scharf zu formuliren hielten wir zur Klärung der Situation iai Hinblick auf die Wichtigkeit der Sache für angebracht. — 10 — Spannung herrschen, wie ausserhalb in der leblosen Natur; — nunmehr wollen wir zeigen, dass der morphologische Aufbau der Rhizopoden- skelette in ausgedehntestem Umfange mit den Gesetzen der Blasen- spannung übereinstimmt, resp. in dieser seine mechanische Erklärung findet. Das Schlussverfahren, welches uns hierzu überleitet, ist einfach: Die Skelette entstehen durch Verkalkung, Verkieselang oder Ver- hornung organischer Theile, die Skelettsubstanz wird von und in der lebenden Sarcode abgeschieden, da nun diese in ihrem morphologischen Aufbau in ausgiebigem Masse durch die Blasenspannung beherrscht wird, so werden auch die Skelette, die die ihrer Bildung zu Grunde liegenden Sarcodepartieen und deren Formen gleichsam in versteinertem Zustande conserviren (Fig. 37 und Figurenerklärung), nach den Gesetzen der Blasenspannung gebaut sein. Die in schaumigen Sarcodekörpern entstandenen Skelette re- präsentiren theilweise versteinerte Blaseogerüste. Nur theilweise versteinert schon deshalb, weil eine Versteinerung der ganzen Protoplasmawaben zur Bildung von allseitig geschlossenen Kammern und somit zur Aufhebung der Möglichkeit eines Sfcofi'aus- tausches im Rhizopodenkörper führen würde, und zwar ist es Regel, dass durch die Skelettbildung in erster Linie stets die Kanten der Protoplasmawaben begünstigt werden. Die Erklärung hierfür finden wir darin, dass, wie wir schon kennen lernten, die Ecken und Kanten eines Blasencomplexes durch die Materialanlagerung zunächst begünstigt werden, und es ist leicht verständlich, dass da, wo die Sarcode am stärksten angesammelt ist, auch die Lebensenergie, die Processe des Stoffwechsels, die Secretion von Skelettsubstanz am kräftigsten sind, dass also bei den uns vorschwebenden Verhältnissen die Skelettbildung in dem Gerüst der stärkeren Kanten eher stattfindet, wie in den zarten Zwischenwänden der Vacuolenblasen. Kieselgerüste, welche den Weichkörper mehr oder weniger allseitig als unregelmässiges Schwammwerk durchsetzen und auf den ersten Blick als versteinerte Kantengerüste schaumiger Körper imponiren, kommen sehr häufig und in den verschiedensten Radiolarienabtheilungen vor. Als Beispiele vergleiche man Figur 67, Randpartie des Skelettes «iner discoiden Spumellarie; Figur 69, das Skelett einer Phäodarie und — 11 — zwar einer Coelographide und Figur 111, das Skelett einer cyrtoiden Nassellarie. Hie und da kommt es allerdings auch vor, dass die Protoplasma- waben nicht nur in ihren Kanten, sondern vollständig verkieseln, was zur vollständigen Versteinerung des Schaumwerkes und zur Bildung von allseitig geschlossenen Wabenkammern führt. Solchen Befunden begegnen wir aber nur da, wo es sich um einzelne Schalenpartieen, nie aber um ein den ganzen Rhizopodenkörper durchsetzendes Skelett handelt (Fig. 66). Ist die Disposition zur Abscheidung von Skelettsubstanz geringer, so findet die Skelettbildung im Sarcodekörper nur an einzelnen Stellen des Kantengerüstes der Protoplasmawaben statt. Dies führt zur Bildung von isolirten Spiculis, wie sie besonders für die beloiden Spumellarien charakteristisch sind (Fig. 37, 55, 59 — 61, 63, 65). In der Regel nimmt der Process der Spiculumbildung von einem Radiationspunkte des Kanten- systems seinen Ausgang; greift er auf alle 4 von hier ausgehenden Kanten über, so entstehen vierstrahlige Spicula, werden nur 3 Kanten in Mitleiden- schaft gezogen, so entstehen Dreistrahler. Häufig spielt sich der Process der Yerkieselung aber auch nur im Verlaufe einer Kante ab, ohne einen Radiationspunkt zu überschreiten: es entstehen dann Stabnadeln. Die Länge der einzelnen Stacheln der Spicula ist natürlich einmal in der Länge der Blasenkanten gegeben, in denen sie sich bilden, dann aber auch durch die Länge der Strecke, auf welcher Abscheidung von Skelettsubstanz stattfindet, da eine Kante nicht immer in ihrer ganzen Länge an der Skelettbildung betheiligt zu sein braucht. Die Winkel, welche die Stacheln eines Spiculums mit einander bilden, ebenso wie eventuelle Krümmungen der Strahlen, kurz die hieraus resultirende Ge- staltung des ganzen Spiculums ist natürlich bedingt durch die Gestaltung des Kantensystems, welches seiner Bildung zu Grunde lag. In Bezug hierauf brauchen wir nur auf die im 1. Capitel entwickelten Gesetze der Blasenspannung zu verweisen, ausserdem haben wir, um der An- schaulichkeit zu Hülfe zu kommen, verschiedene Spiculumformen in die in den Figuren 1 — 6, 10, 15 und 19 dargestellten Blasencomplexe roth eingezeichnet. Auch ist noch als besonders instructiv auf die in Figur 37 wiedergegebene Darstellung Carnoy's hinzuweisen, in welcher uns dieser vorzügliche Beobachter des Zellenlebens die Spicula in dem Sarcodewerk einer colonialen Spumellarie gleichsam in statu nascendi vorführt. Eine grössere Energie der Skelettbildung ist schon bei denjenigen — 12 — Spiculis zu constatireu, deren Bildung über das Gebiet eines Radiations- punktes des Kantengerüstes hinausgeht. Als bei den beloiden Spumellarien besonders häufige und typische Form ist hier zunächst der Doppelvierstrahler zu nennen (Fig. 37, 61, 65), ein Stab, der an jedem Ende in 3 Stacheln ausläuft, d. h. mit anderen Worten zwei einen Zwilling bildende Vierstrahler, denen ein Strahl gemeinsam ist. Der Bildung eines solchen Doppelvierstrahlers liegen im Weichkörper 2 benachbarte Radiationspunkte mit den von ihnen ausgehenden Kanten zu Grunde. Zuweilen sind nicht alle von den beiden Radiationspunkten ausgehenden Kanten durch Skelettbildung verkörpert, so dass dann von einem oder auch von beiden Enden des Mittelstabes nur 2 Stacheln ausgehen. Zwei solcher Formen finden sich unter den Spiculis des in Figur 65 dargestellten Radiolarienkörpers. An die Doppelvierstrahler schliessen sich Spicula mit drei, vier und mehr, oft zahlreichen Radiationspunkten an. Auch hierfür sind bei den beloiden Spumellarien verschiedene Beispiele bekannt (Fig. 55, 55a, 63). Natürlich brauchen auch hier nicht an jedem Radiationspunkte alle 4 Strahlen verkörpert zu sein, im Gegentheil kommt es sehr häufig vor, dass nur 3 Balken von einem Knotenpunkte ausgehen, was dann das Bild einer dichotomischen Verzweigung der Skelettbalken hervor- ruft (vergl. die citirten Figg.). In den polycentrischen Spiculis ist der Uebergang zu einheitlichen Skeletten gegeben. Ein Spiculum von Thalassoxanthium cervicorne (Fig. 55a) repräsen- tirt bereits eine ansehnliche versteinerte Partie des Kantengerüstes des schaumigen Weichkörpers und von einer aus derartigen unter- einander verfilzten Spiculis gebildeten Hülle (Fig. 55) ist nur noch ein Schritt zu den einheitlichen spongiösen Skeletten, die wir bereits oben unserer Betrachtung unterzogen haben. Andererseits giebt es auch polycentrische Spicula, die uns zu den gleichmässig flächenhaften Gitterschalen hinüberführen. So sind bei dem in Figur 63 dargestellten Spiculum nur solche Strahlen als Kieselbalken verkörpert, die annähernd in einer Ebene liegen. Denkt man sich dessen Wachsthum und unter Winkelbildung von 120^ stattfindende Ver- zweigung unter gleichzeitig stattfindender jedesmaliger Verwachsung der aufeinanderstossenden Balkenenden fortgesetzt, so ergiebt sich als Resultat eine Gitterplatte mit polygonalen resp. hexagonalen Maschen. (Vergl. hierzu vorläufig auch Fig. 64.) Die den Weichkörper als unregelmässiges Schwammwerk allseitig — 13 — durchsetzenden Kieselgerüste sind zwar, wie schon bemerkt, ausser- ordentlich verbreitet, sie werden aber an allgemeiner .Verbreitung und Häufigkeit von den ^eichmässig flächenhaft entwickelten, der Gestalt ihrer Rhizopodenkörper conformen Schalen noch übertrofifen. Dies wird dadurch leicht verständlich, dass sich die Schalenbildung auf eine allgemeine Eigenschaft der Zelle, und zwar auf deren Schichtung zurückführt. Die concentrische Schichtung tritt uns bei den Zellen der thierischen und pflanzlichen Gewebe ebenso wie bei den Zell- körpern der Protisten sehr häufig entgegen, und wir haben sogar Grund, sie für eine hauptsächliche Eigenschaft der Zelle zu halten.*) Gerade ganz besonders charakteristisch ist jedoch der concentrische Bau des Sarcodekörpers für Heliozoen und Radiolarien (Fig. 47, 55, 61, 65, 130; vergl. auch Fig. 126). Die Schichtung beruht auf verschiedener chemi- scher und morphologischer Beschaffenheit und verschiedenen physio- logischen Fähigkeiten der Protoplasmalagen. Von der chemischen Beschaffenheit der Schichten sind die in ihnen stattfindenden Ent- mischungs- und Secretionsprocesse abhängig und da durch diese die Vacuolenbildung bedingt und geregelt wird, auch der morphologische Bau der Schichten. Gerade durch die Vacuolen tritt bei den Rhizopoden die Schichtung meist erst deutlich hervor. Die Vacuolen sind einmal selbst in Schichten angeordnet und zeigen weiter in den verschiedenen Protoplasmalagen verschiedenes Verhalten : man kann Schichten mit gleich grossen Vacuolen und solche mit Vacuolen von ungleicher Grösse, gross- und kleinblasige, vacuolenreiche, vacuolenarme und solide Proto- plasmaschichten unterscheiden. — Manche Schichten des Radiolarien- körpers zeichnen sich durch Secretion von Oeltropfen aus, in anderen wieder finden die symbiontischen gelben Zellen die ihren Lebens- bedingungen zusagenden Verhältnisse; eine ganz bestimmte Schicht hat die Fähigkeit, die Membran einer Centralkapsel zu bilden; ebenso findet in einer bestimmten Schicht vermöge des specifischen Chemis- mus derselben die Aufspeicherung und Secretion von Kieselsäure statt, in ihr kommt es zur Bildung einer Kieselschale (resp. bei den Akan- tharien einer Akanthinschale, bei den Thalamophoren einer Kalkschale). Die einzelnen Schichten eines kugelrunden SarcodekÖrpers und mithin auch eine in einer solchen Schicht abgeschiedene Schale bilden Hohlkugeln. Andere Schalenformen, wie die discoiden Schalen mit einer verkürzten, die prunoiden Schalen mit einer verlängerten pro- *) Vergl. hierüber Berthold, Protoplasmamechanik. 4/ 1» — 14 — morphologisclien Hauptachse, die monoxon-lieteropolen Cyrtoidschalen mit einer Hauptmündungsöffaung am einen Pole der Schale, u. s. w. ergeben sich von selbst aus entsprechenden Formen des Weichkörpers (vergl. S. 23, Anm. **): Die Schichten werden im Grossen und Ganzen der äusseren Form ihres Weichkörpers parallel laufen, woraus sich dann die Conformität von (einer in einer dieser Schichten gebildeten) Schale und Weichkörper ergiebt. Das Netz der in die skeletogene Sarcodeschicht fallenden und von dieser quergetroffenen Wände der Protoplasmawaben ist für die Morphologie der Gitterschale massgebend: bei eintretender Verkiese- lung übertragen sich seine Formen auf die resultirende Schale. Um der Anschaulichkeit zu Hülfe zu kommen, geben wir die Construction der Figur 16. Dieselbe möge die äusserste Blasenschicht eines vacuolisirten Rhizopodenkörpers darstellen. Nach aussen können sich die Vacuolen als runde Kuppeln frei hervorwölben, seitlich drücken sie sich gegenseitig flach, unten ist das Netz der in die skeletogene Schicht fallenden Wandpartieen, noch etwas weiter nach unten würde dann die nächstinnere Vacuolenschicht folgen. Es soll natürlich nicht gesagt sein, dass die Skelettbildung immer gerade im Bereiche der äussersten Yacuolenlage stattfindet, im Gegentheil scheint es uns wahr- scheinlich, dass dies häufig einige Vacuolenlagen weiter nach innen geschieht. Wir haben für unsere Figur nur deshalb eine äusserste Biasenschicht gewählt, weil wir in derselben auch einige für eine solche eigenthümliche Skelettbildungen (a, b) unterbringen wollten. Sind die protoplasmatischen Zwischenwände dünn, so dass die Yacuolenblasen sich gegenseitig scharfkantig abplatten, so entsteht bei der Skelettbildung eine Gitterschale mit polygonalen Maschen und dünnen Balken (Fig. 16 d und 78, 104 äusserste Schale, 108 innere Schale). Findet auch in den senkrechten, resp. radial nach aussen verlaufenden Kanten Verkieselung statt, so führt dies zur Bildung von von den Kantenpunkten des Gitters aufstrebenden Radialstacheln (Fig. 16 e und 62, 79). Von der Grösse der Vacuolen hängt die ab- solute und relative Grösse und die Form der Gittermaschen ab ; waren die Vacuolen von ungleicher Grösse, so sind auch die Maschen des Kieselnetzes ungleich gross und unregelmässig polygonal; waren die Vacuolen gleich gross, so bilden die Maschen reguläre Sechsecke. Dies ist eine sich aus den Regeln der Blasenspannung ergebende noth- wendige geometrische Consequenz: wir hatten bereits im ersten Capitel gesehen, dass die Zwischenwände eines aus gleich grossen Blasen be- — 15 — stehenden Complexes mit einander stets Winkel von 120 ^ bilden; weiter haben wir auseinandergesetzt, dass die Gitterung einer Schale dem Netze der in die skeletogene Schicht fallenden Partieen der Vacuolenz wischenwände entspricht; da nun das reguläre Sechseck die einzige reguläre Figur ist, bei der alle Winkel 120^ betragen, so müssen die Maschen einer in einer Lage gleich grosser Vacuolen ge- bildeten Gitterschale gleich grosse reguläre Sechsecke sein.*) Die Radialstacheln der Radiolarienschalen**) sind, wenn sie über- haupt kantig sind, dreikantig (Fig. 11, 48, 62, 74, 75, 104, 108, 111). Es ergiebt sich dies aus der dreikantigen Form der Berührungskanten eines Blasensystems (S. 6 und Fig. 8 und 16 e und g). Auch bei den Akantharien, bei denen sich die Schale aus Gitter- platten zusammensetzt, die von den einzelnen Radialstacheln des Achsengerüstes aus getrennt angelegt werden, sind polygonale Gitter- maschen sehr häufig, nur ist die Gitterung bei den Akantharien in- sofern eigenartig, als sie in der Regel bei jeder Platte nach dem Radial- stachel als Centrum regelmässig orientirt ist (Fig. 83, der Stachel in der Mitte ist gerade von oben gesehen). Dies ist ein specieller Aus- druck des allgemeinen beherrschenden Einflusses, den die Stacheln des Achsengerüstes der Akantharien auf ihr Gebiet ausüben.***) Zuweilen begegnen wir, besonders in einigen Phäodariengruppen, ausserordentlich weitmaschigen und luftigen Schalengerüsten (Fig. 73, 81, 89), was auf sehr grosse Vacuolen, auf eine starke Entwickelung des Kalymma hinweist. Ist mehr Zwischenwandmaterial, also mehr Protoplasma zwischen den Vacuolen vorhanden, so dass sich diese abrunden können, so er- hält auch die Gitterschale dem entsprechend runde Poren, die wieder den Vacuolenblasen entsprechend regelmässig kreisrund oder unregel- *) Eine andere Sache ist es wieder, dass eine Kugelfläche von regulären Sechsecken nicht lückenlos bedeckt werden kann. Bei genauer Untersuchung einer solchen Gitterschale pflegt es sich daher auch herauszustellen, dass die Maschen entweder nicht ganz genau regulär und gleich gross sind, oder dass sich in der SchaleJ unregelmässig gebaute Schaltpartieen befinden. **) Ausgenommen die Radialstacheln des Achsengerüstes der Akantharien, die allem Anschein nach überhaupt eine Bildung sui generis zu sein scheinen. Das Achsengerüst der Akantharien dem Verständnisse näher zu bringen, haben wir in unseren „Principien der Gerüstbildung, IL Abschnitt: Das Achsengerüst " einen Versuch gewagt, den wir jedoch selbst nur als einen ersten problematischeu Versuch aufgefasst wissen wollen. ***) Vergl. ebenda S. 288. — 16 — massig rundlich, von gleicher oder ungleicher Grösse sein können. Natürlich können auch hier die Schalen mit Radialstacheln versehen sein oder nicht, je nachdem die Verkieselung auf die senkrechten Blasenkanten übergreift oder nicht. In dem Grade der Ausrundung der Maschen kommen, wie zu erwarten, alle Uebergänge von polygonalen Maschen mit dünnen Zwischenbalken bis zu runden, in grösserer Ent- fernung von einander stehenden Poren vor (Fig. II, 68, 104, 105, 107, 118, 130). Ist die Sarcode zwischen den Vacuolen reichhch vorhanden, so dass sich diese mehr oder weniger ausrunden können und sich die Aus- rundung und Verstärkung von den Kanten auch theilweise auf die Wände erstreckt, so erstreckt sich meist auch die Abscheidung von Skelettsubstanz in der Richtung der radialen Wände mehr oder weniger weit nach aufwärts. Demgemäss entstehen dann Schalen, die sich im Umkreis ihrer runden Poren zu Leistenwällen erheben, die sich an den Ecken, entsprechend den radialen Zwischenkanten der Vacuolenlage, eventuell wieder zu Radialstachehi ausziehen können (Fig. 16 f, g und die proximale Partie von a). Figur 70 zeigt einen ersten Anlauf in der an- gegebenen Bildungsrichtung, insofern als sich hier die Balken zwischen den Poren schwach dachförmig erheben. In grosser Verbreitung und in aUen Varianten der Ausbildung begegnen wir dem in Rede stehenden Verhalten bei den verschiedensten Polycystinen (Fig. 48), Phäodarien (Fig. 70, 72) und den Schalen vieler Globigeriniden (Fig. 99). Zuweilen bricht die Skelettbildung nicht scharfkantig ab, sondern schiebt sich zuletzt noch in Form von zäckchenförmigen Ausläufern in den Zwischen- wänden nach aufwärts, was dann den die Poren umkränzenden Leisten- wällen ein zierlich gezacktes Aussehen verleiht (Fig. 103, 106). Ganz besonders stark ausgeprägt sind die LeistenwäUe bei den Schalen vieler Akantharien, bei denen die Poren in Folge dessen am Grunde tiefer Waben liegen (Fig. 92). Das Wabenwerk einer solchen Schale ist ein getreuer Abguss der unteren resp. proximalen Hälfte der Vacuolen- lage, in der ihre Bildung stattfand, ihre ganze Formation entspricht genau den Forderungen der Flüssigkeitsmechanik. Oft, wie auch in unserem Beispiel, ist ein grosser Theil der Waben am Grunde ganz geschlossen, und nur bestimmte, meist durch besondere Stellung in der Umgebung der Radialstacheln ausgezeichnete Waben sind am Grunde von Poren durchbrochen. Es führt uns dies zu sich hier anschliessenden verwandten Befunden hinüber. Ist das Protoplasma in der skeleto- genen Sphäre eines Rhizopodenkörpers so reichlich vorhanden, dass — 17 — es unterhalb einer vacuolösen Schicht eine stärkere solide Lage bildet, so kann sich innerhalb der letzteren eine massive Schale bilden, auf deren Oberfläche die darüber lagernden Vacuolen muldenförmige Ein- drücke hinterlassen, von deren Zwischenleisten sich in den radialen Kanten zwischen den Vacuolen noch kurze Stachelspitzen erheben. Derartig gebaute Schalen finden wir bei Phäodarien, besonders in der Gruppe der Circoporiden, als Beispiel möge die in Figur 100 dar- gestellte Schale einer Haeckeliana dienen. Die kleinen Blasen eindrücke sind nicht so tief, dass sie einen Durchbruch der Schalenwand und die Bildung von Poren veranlassen könnten. PorenÖffnungen zum Durch- tritt der Sarcode sind, ähnlich wie bei den soeben besprochenen Akantharienschalen , nur im Umkreise von Radialstacheln vorhanden; sie rühren offenbar von grösseren Vacuolenblasen her, die bis durch die massive skeletogene Protoplasmaschicht hinabreichten. Die Radial- stacheln deuten auf eine stärkere, in ihrem Radius stattgehabte Sarcode- strömung hin, in der sie abgeschieden wurden; in ihren Radien war das Spiel chemisch-physikalischer Processe ein regeres als an den übrigen Partieen des kugeligen Körpers, und hieraus wird auch das Vorhanden- sein grösserer Vacuolen in ihrer Umgebung verständKch. — Auch bei Thalamophoren sind durch Vacuoleneindrücke gebildete Oberflächen- reliefs der Schalen nicht selten. Sie sind auf ein vacuolisirtes extra- corticales Exoplasma*) zurückzuführen, bei der in Figur 54 wieder- gegebenen, von uns als Beispiel gewählten Lagena wird das extracorticale Exoplasma nur an der aboralen Hälfte der Schale vacuolisirt ge- wesen sein. Dieselben Blaseneindrücke kommen auch an Skelettbalken und Radialstacheln vor (Fig. 71, 101). Ihre Bildung ist natürlich eine entsprechende wie die der eben besprochenen Schalen und besonders leicht verständlich im Hinblick auf Balken, bei denen auch das Kanten- gerüst der angrenzenden vacuolösen Partieen durch Verkieselung zum Theil noch erhalten ist (Fig. 95, vergl. auch die Stacheln der Figg. 105 und 111). Die Schalen der Challengeriden , einer Gruppe der Phäodarien, zeichnen sich durch eine eigenartige Structur aus, die durch Figur 85 erläutert werden möge: a) zeigt ein Stück der Schale, b) ein Schalen- *) Ueber den Begriff, das Wesen und die Bedeutung des extracorticalen ^Exoplasma vergleiche man meine „Principien der Gerüstbildung", I. Abschnitt: Die Cuticulaschale. Die y er, Ziele und Wege biolog. Forschung. 2 — 18 — stück bei stärkerer Vergrösserung bei mittlerer Einstellung im optischen Flächenschnitt, c) die Schale bei stärkerer Vergrösserung im optischen Querschnitt. Die skeletogene Schicht wird hier aus einer Lage gleich grosser, kleiner, dicht aneinandergedrängter Vacuolen bestehen, bei denen nicht nur die Kanten und ein Theil der Wände, sondern die Wände in ihrer Gesammtheit verkieseln. Es entsteht so eine Schale, die in ihrem Innern den Vacuolen entsprechende, dicht gedrängte, wabige Hohlräume einschliesst. Nur in der Mitte der unteren und oberen Wand jeder Wabe bleibt eine Poren Öffnung. Eine ähnliche Structur finden wir bei der Schale der Süsswasseraraöbine Arcella, nur dass bei ihr auch keine Porenöffnungen vorhanden und die hexagonal- prismatischen Höhlungen völlig abgeschlossen sind.*) Oft sind die runden Poren einer Schale nicht in gleichen gegen- seitigen Abständen über diese vertheilt, sondern einander gruppenweise genähert. Zwischen den Poren solcher Gruppen kommt es dann häufig zur gegenseitigen Verschmelzung, die man bei den verschiedensten Polycystinenformen in allen Stadien beobachten kann. So giebt Figur 96 eine Partie einer Schale wieder, deren Poren sich in den verschie- densten Stadien der gruppenweisen Annäherung und Verschmelzung befinden; dasselbe in etwas anderem Charakter zeigt Figur 82. Bei Figur 97 ist die Verschmelzung der Poren so weit gediehen, dass die zu einer Gruppe gehörigen Poren nur noch durch zarte Kieselbrücken gegen einander abgegrenzt sind. Figur 98 endlich zeigt eine Schalen- partie, bei der die Verschmelzung der Poren innerhalb ihrer Gruppen überall vollendet ist, aus jeder Porengruppe ist eine grosse, unregel- mässig gestaltete Pore mit ausgebogtem Rande entstanden. Der Be- fund der Porenverschmelzung erklärt sich aus einem entsprechenden Verhalten der Vacuolen der skeletogenen Schicht zur Zeit der Schalen- abscheidung. Wenn die der Porenbildung zu Grunde liegenden Vacu- olen gruppenweise nahe aneinanderrücken, so werden ihre Zwischen- wände immer schwächer und lassen in demselben Masse auch in der Energie des Chemismus der Kieselabscheidung nach. Zunächst bilden sich in denselben nur noch dünne Kieselbrücken (Fig. 97), und sind sie noch zarter, so betheiligen sie sich an der Abscheidung von Skelett- substanz überhaupt nicht mehr. Den einzigen Anhalt zur Beurtheilung der Blasengiiippe liefern dann nur noch die Ausbuchtungen des Randes; nach ihnen kann man sich das Blasenbild reconstruiren, wie ich dies *) Vergl. Bütschli, Protozoa (Bronn's Klassen und Ordnungen des Thier- reichs, Bd. I}, Taf. II, Fig. 9. — 19 — in Figur 98 bei einer Pore gethan habe. Sind die Vacuolen einer Gruppe gleich gross und, was sich dann aus den Gesetzen der Blasen- spannung von selbst ergiebt, regelmässig angeordnet, so können sehr regelmässige rosettenförmige Poren mit ausgebuchtetem Rande entstehen (Fig 91, auch hier ist in einer Pore die Blasengruppe reconstruirt). Diese Poren zusammengesetzten Ursprungs verhalten sich dann als Ganzes wieder wie einheitliche Blasen, indem auch sie sich unter- einander den Regeln der Blasenspannung entsprechend anordnen; in dem von ihnen gebildeten Gitterwerk stossen immer drei Gitterbalken zusammen und von den Knotenpunkten dieser erheben sich , wie bei unserem Beispiele, kegelförmige Stachelspitzen, was seinen Theil zur Bereicherung des Reliefs noch beiträgt. Auf den ersten Anblick einer solchen Schale hin bewundert man unwillkürlich ihre zierliche und verhältnissmässig complicirte Aus- führung und ist erstaunt, eine solche Bildung von einem so primitiven Organismus erzeugt zu sehen. Nunmehr sehen wir aber, dass wir auch hier mit unserem Princip der Blasenmechanik auskommen, dass auch die Bildung eines solchen Schalenbaues ungezwungen auf dieselben ein- fachen physikalischen Gesetze zurückführbar ist. Diese sind die haupt- sächlichen Bildungsfactoren und der Organismus selbst kann, wenn man sich so ausdrücken darf, gar nichts dazu, dass ihn eine so schöne Schale schmückt. Geeignet zu denselben Betrachtungen herauszufordern ist ein interessanter, bei Polycystinen hie und da auftretender Schalenbau. Als Beispiele für uns mögen die beiden Figuren 74 und 75 dienen. An der eigentlichen Schale ist zunächst nichts Ausser gewöhnliches zu bemerken: ihre Poren sind ausgerundet und von hohen, an ihrem oberen Rande ausgebogten Leistenwällen umgeben, die sich von den Ecken des Schalengitters aus zu radialen Stäben erheben. Diese Radial- stäbe nun zeigen ein eigenartiges Verhalten, indem sie sich an ihrem oberen Ende in drei Gerüstbalken gabeln, die sich im Bogen zu den drei benachbarten Radialstäben hinüberspannen, mit anderen Worten, die Radialstäbe treten durch Bogen unter einander in Verbindung. Es entsteht hierdurch über der Schale ein zierliches Arkadenwerk, bei dem man die Möglichkeit der Zurückführung auf einfache mechanische Bildungsursachen zunächst auch nicht vermuthet, und doch ist gerade dieser Schalenbau das klassischste Beispiel einer Harmonie einer Gerüstform mit den Gesetzen der Blasenmechanik. Um sich hiervon zu überzeugen, hat man nur nöthig, in die Poren und die diese über- 2* — 20 — spannenden Arkaden sich Blasen hineinzudenken, die Uebereinstimmung ist dann eine vollkommene, das Gerüst erweist sich als ein getreuer Abguss einer äusserst en Vacuolenschicht (Fig. 16 a). Die Poren mit ihren Wällen geben die protoplasmatische Zwischenmasse am Grunde der Vacuolenlage wieder, die senkrecht emporstrebenden Radialstäbe entsprechen den radialen Kanten der seitlichen Zwischenwände und die Arkadenbogen den tangentialen Kanten zwischen den nach aussen vorgewölbten Blasenkuppeln. Das von den radialen Stäben getragene Arkadenwerk lässt sich mit einer zweiten, äusseren Schale vergleichen; bei der Gerüstform von Figur 74 sind seine Balken stärker, es ent- spräche nach ihnen etwa einer Schale wie Figur 78 oder 79, bei der von Figur 75 ist das Arkadenwerk sehr zart und entspricht hierin dem dünnen peripheren Schalengespinnst von Figur 104. Der Unter- schied zwischen einem Arkadenwerk und einer gewöhnlichen Schale ist nur der, dass die die Letztere bildenden Balken zwischen den radialen Stützbalken gerade ausgespannt sind und eine ebene Kugel- schale bilden, hier dagegen sich nach aussen emporwölben; die Ursache ist die, dass eine ebene Kugelschale im Netz der durch die skeletogene Schicht quergetroffenen Zwischenwände einer tieferen Vacuolenlage, ein Arkadenwerk dagegen in dem oberflächlichen Kantennetz einer äussersten Vacuolenschicht gebildet wurde. Systeme concentrischer Kugelschalen sind für die Radiolarien überaus charakteristisch. Hie und da wird es wohl vorkommen, dass zwei dicht über einander liegende Schalen gleichzeitig und in derselben Schicht gebildet werden, so wie es bei den soeben besprochenen Arkaden- bogen anzunehmen ist, im Allgemeinen haben wir jedoch Grund, anzu- nehmen, dass die concentrischen Schalensysteme successive, dem Wachs- thum des Radiolarienkörpers entsprechend, gebildet werden. Findet die Schalenbiidung spät statt, nachdem der Rhizopode seine endgültige Grösse schon ganz oder nahezu erreicht hat, so kommt es nur zur Abscheidung einer Schale. Anders ist es, wenn die erste Schale schon frühzeitig angelegt wird. Der Zellkörper dehnt sich dann durch Wachsthum weiter aus und wächst, da ihm die einmal gebildete Schale, die als starres Kieselgebilde einer nur durch intus- susceptionelles Wachsthum möglichen Ausdehnung nicht fähig ist, im Wachsthum nicht folgen kann, durch die Schale hindurch, die so mehr und mehr in das Innere des Weichkörpers, in centrale Partieen des- selben zu liegen kommt, während die kieselabscheidende, skelettbildende Schicht als sich stetig vergrössernde Hohlkugel peripherwärts über sie — 21 — hinauswächst. Hat sich in der skeletogenen Schicht dann wieder eine genügende Menge von Skelettsubstanz angesammelt, so wird diese als eine zweite, der nunmehrigen Lage und Ausdehnung der skeletogenen Sphäre und somit dem ganzen Rhizopodenkörper wieder entsprechende Schale abgeschieden. Durch öftere Wiederholung dieses Vorganges können dann Systeme von zahlreichen concentrischen Kugelschalen ge- bildet werden.*) Die feste Verbindung der Schalen zu einem einheit- lichen Gerüstwerk wird von einer geringeren oder grösseren Anzahl dem radialen Wachsthum des Radiolars folgender Stacheln übernommen (Fig. 62, 74, 104, 105). Es ist einleuchtend, dass eine solche ruckweise Schalenbildung eine nothwendige Vorbedingung concentrischer Schalensysteme ist, denn nur so können nur in je einer Kugelfläche entwickelte, durch skelettlose Zwischenräume von einander getrennte Skelettplatten ent- stehen. Würde die Skelettbildung von ihrem Beginne an bis zur Be- endigung des Wachsthums des Weichkörpers gleichmässig fortdauern, so würde ein zusammenhängendes, den Sarcodekörper gleichmässig durchsetzendes Gerüstwerk resultiren, wie es bei den spongiösen Ge- rüsten auch thatsächlich der Fall ist.**) — Wie haben wir es uns aber verständlich zu machen, dass bei unseren Rhizopoden in so über- aus grosser Verbreitung das allmähliche Wachsthum des Weichkörpers von einer ruckweisen Bildung des Skelettes begleitet wird ? Nur ganz ausnahmsweise kommen unvollendete Kugelschalen zur Beobachtung. Wir müssen hieraus schliessen, dass die Bildung einer Schale sehr *) Dass die concentrischen Schalensysteme nicht auf einmal, sondern wirk- lich in dieser Weise successive, dem Wachsthum des Weichkörpers entsprechend gebildet werden, ist schon daraus zu entnehmen, dass man häufig innerste Schalen in Partieen des Weichkörpers, so innerhalb der Centralkapsel, ja sogar im Inneren des centralen Zellkernes, antrifft, denen Skelettbildung völlig fremd ist und die durch die Nothwendigkeit der Durchwachsung der ihnen zu klein werdenden alten inneren Schalen in sichtbarster Weise irritirt werden. Wir denken hier besonders an die häufig zur Beobachtung kommenden Centralkapseln, die auf dem Punkte sind, eine Schale zu durchwachsen, indem sie bruchsack- förmige Ausstülpungen durch deren Porenöffnungen hindurchtreiben. Sie finden sich in analoger Weise bei den concentrisch wachsenden Spumellarien sowohl, wie bei den gleich zu erwähnenden terminal wachsenden Nasseilarien. — Yergl. hierzu meine „Principien der Gerüstbildung ", S. 269 und 271, Fig. 45, 46, 50. **) Bei diesen wird allerdings auch noch der Mangel einer scharfen Begrenzung der skeletogenen Schicht hinzukommen. — 22 — schnell vor sich geht*), ja Häckel redet sogar von einem „Lori- cationsmoment". — Es ist bekannt, dass, wenn man eine heisse übersättigte Lösung eines Salzes langsam erkalten und ungestört stehen lässt, sich bei vielen Salzen ohne weiteres noch kein Salz abscheidet. Es bedarf jedoch nur eines geringfügigen, zufällig eingreifenden In- sultes, einer kleinen Erschütterung oder des Hineinfallens eines festen Gegenstandes, um das sofortige Auskrystallisiren des überschüssigen Salzes einzuleiten. Wir vergleichen dies mit der Schalenabscheidung der Radiolarien zunächst nur, um dem Verständniss formal zu Hülfe zu kommen, um zu zeigen, dass auch anderwärts, in der anorganischen Natur analoge Processe vorkommen; ob der Vergleich vielleicht auch reale, erklärende Bedeutung besitzt, müssen wir vorläufig dahingestellt sein lassen: In der skeletogenen Schicht sammelt sich Kieselsäure bis zur Capacitätsgrenze der Sarcode an; ist diese erreicht, so findet auf einen geringen Anstoss hin die Abscheidung statt, das in die skeletogene Schicht fallende, mit Kieselsäure gesättigte Netz des protoplasmatischen Wabenwerkes versteinert plötzlich, etwa wie an einem Fenster Eis- blumen anschiessen. Ist die Sarcode hierdurch entlastet, so kann die Aufnahme von Skelettmaterial von neuem beginnen; unterdessen wächst der Sarcodekörper und mit ihm seine skeletogene Schicht weiter, so dass nach abermaliger Erreichung des Maximums der Aufnahme die zweite Schale in einiger Entfernung von der ersten entsteht.**) Differenzirungen der promorphologischen Achsenverhältnisse des Weichkörpers ziehen ebenso wie bei den einschaligen Gerüsten, so auch bei den mehrschaligen eine entsprechende Gestaltsveränderung der Schalen nach sich; bei verkürzter Hauptachse werden die Schalen linsen- förmig abgeplattet, bei verlängerter Hauptachse elliptisch ausgezogen. Werden diese Gestaltungsvorgänge noch mehr gesteigert, so kommen *) Ausgenommen die Akantharien, bei denen die Schalen allmäklicli von den Stacheln des Achsengerüstes aus angelegt werden. — Vergl. Principien der Gerüstbildung, S. 292—293. **) Die darwinistische „Erklärung" der Bildung der concentrischen Schalen- systeme würde etwa in folgender Weise gegeben werden: Die Schalen haben den Zweck, den Weichkörper zu schützen. Wächst nun dieser über seine erst- gebildete Schale hinaus, so verliert dieselbe ihre Bedeutung als Schutzgebilde und es macht sich das Bedürfniss nach der Bildung einer neuen, den nunmehrigen Verhältnissen entsprechenden Schale geltend, die denn auch bald stattfindet. Die concentrischen Schalensysteme finden ihre Erklärung als zweckmässige se- lectuelle Anpassung an das Schutzbedürfniss unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Wachsthums des Weichkörpers. — 23 — die an die erste Schale sich anschliessenden weiteren Schalen gar nicht mehr ganz zur Entwickelung, sondern nur in den durch die Achsen- differenzirung begünstigten Wachsthumsrichtungen : die discoiden concen- trischen Systeme wachsen durch Ansatz äquatorealer Ringe, die prunoiden Systeme durch Entwickelung polarer Kuppelaufsätze. Immer bleiben es aber concentrische Systeme, bei denen das rhythmische Wachsthum von gemeinsamem Mittelpunkte aus in mehr wie einer Richtung gleich- massig fortschreitet. Anders ist es dagegen bei den monaxon-hetero- polen Schalen der Nasseilarien. Ebenso wie bei den Spumellarien und Akantharien die allseitig gleichmässige Perforirung von Schale und Centralkapsel von einer allseitig gleichmässigen Orientirung der lebenden Sarcode, so zeugt bei den Nassellarien die an dem einen Pole der Hauptachse der Schale sowohl wie der Centralkapsel befindliche Hauptmündungsöffnung von einer einseitigen Orientirung derselben; ebenso wie die allseitig gleichmässige Orientirung der lebenden Sarcode bei Spumellarien und Akantharien sich in einem allseitig (oder doch mehrseitig) gleichmässigen, concentrischen Wachsthum der Schalen- systeme kundgiebt, so offenbart sich die einseitige Orientirung der lebenden Sarcode bei den Nassellarien in einem einseitigen, terminalen Wachsthum der Schale. Der rhythmische Schalenbau führt auf der einen Seite, bei den Spumellarien und Akantharien, zur Bildung con- centrischer Kugelschalen, auf der andern Seite, bei den Nassellarien, baut er in der Richtung und vor der jeweiligen Hauptmündungsöffnung neue Kammern an, führt zur Bildung terminal wachsender Kammer- reihen (Fig. 103) in derselben Weise, wie im Rhizopodenstamme der Thalamophoren*) : von allgemeinem Gesichtspunkte aus betrachtet haben wir denselben Wachsthumsprocess, nur in zwei verschiedenen, einem verschiedenen Baue**) der in Betracht kommenden Organismen ent- sprechenden Ausserungsweisen. Die Producte der auf einander folgenden Gerüstbildungsetappen, die Kugelschalen eines Spumellarien-, die Schalenkammern eines Nassellariengerüstes , zeigen zwar oft übereinstimmenden Bau, so die alle in derselben Weise von runden Poren durchbohrten Schalen des Spumellariengerüstes von Fig. 105; noch häufiger jedoch sind sie ver- schieden structurirt (Fig. 62, 74, 103, 104). Wir finden dies leicht *) Näheres über diese Verhältnisse vergl. in meinen „Pylombildungen" (Jena, G. Fischer, 1889) und „Principien der Gerüstbildung". *♦) Auf die Bildungsmechanik dieses allgemeinen Bauplanes der Gesammt- form der Sarcodekörper werden wir im 6. Capitel einzugehen haben. — 24 — verständlich, wenn wir bedenken, dass das Sarcodegerüst des Rhizopoden- körpers während der Entwickelung des Letzteren sich verändert, eben- falls eine Entwickelung durchläuft; im Verlaufe der Stoffwechselprocesse verändern sich die Vacuolen und jede Skelettbildungsetappe findet einen anderen morphologischen Aufbau des Sarcodegerüstes vor und fixirt ihn. Ferner können wir im Grossen und Ganzen als Regel constatiren, dass die Grösse der Poren absolut und auch relativ, im Verhältniss zu der Stärke der Balken der Gitterschalen, zunimmt (vergl. die an- gegebenen Figg.). Es ist dies leicht verständlich im Hinblick auf die secundäre Natur der Vacuolen. Der primäre Zustand ist der des soliden Protoplasmakörpers; durch Entmischungsvorgänge entstehen die Vacuolen, zunächst als kleine Secrettropfen, die dann während des weiteren Ver- laufs des Stoffwechsels an Grösse zunehmen und den Weichkörper aufblähen. Dies trifft nicht nur für die Rhizopoden zu, sondern wir finden, wo überhaupt Vacuolenbildung eine Rolle spielt, bekanntlich dasselbe Verhalten bei der Histogenese der Thiere und Pflanzen. In den kleinen soliden Zellkörpern des Urmeristems der Pflanzen treten kleine, sich allmählich vergrössernde Vacuolen auf, die endlich zu einem grossen Vacuolenhohlraum confluiren, der den Zellkörper unverhältnissmässig aufbläht und dessen Protoplasma als dünnen Wandbeleg zur Seite drängt; ganz analog ist die Lage der Dinge bei den thierischen Fett- und Blasenzellen (vergl. Fig. 22, 25a und b, 26a— d und S. 35—40). Ist die Zunahme der Grösse der Vacuolen im Verhältniss zur proto- plasmatischen Zwischenmasse stark ausgeprägt, so ist eine Folge hier- von ein im Verlaufe der Succession der Gerüstbildungsetappen sich kundgebendes Hinstreben von kleinen runden Poren zu grossen poly- gonalen Gittermaschen mit dünnen Zwischenbalken (Fig. 62, 74, 103, 104). Diese Tendenz kommt, wie die Figuren zeigen, ihrem Ziele bald weniger, bald mehr nahe, zuweilen erreicht sie es aber so vollständig, dass die jüngste letzte Schale ein aus haarfeinen Kieselfäden gebildetes Netz mit polygonalen Maschen darstellt, welches eher einem Spinn- gewebe als einer Schale gleicht (Fig. 104). Es sind jedoch für diesen Befund der oft zarten Ausbildung der letzten Schale noch zwei weitere Deutungsweisen möglich. Das protoplasmatische Gerüst der skeletogenen Schicht brauchte bei der Bildung der letzten Schale selber noch nicht so zart zu sein, sondern nur die Energie in der Production von Skelett- substanz könnte gegen das Ende der Lebensgeschichte des Radiolars schon so weit nachgelassen haben, dass es nur noch zur Bildung feiner Kieselfaden kommt; oder, und hier berühren wir noch einmal die Frage — 25 — des „Loricationsmoments", es könnten die Schalen zwar in ihrer ganzen Ausdehnung plötzlich angelegt werden, aber zunächst ganz zart, während ihre Verstärkung und ihr definitiver Ausbau noch einige Zeit in An- spruch nimmt; wir hätten dann in den Spinnwebschalen jüngste, eben angelegte Schalen zu erblicken. — Wenn das Kantenwerk einer äussersten Vacuolenschicht nicht, wie bei den Arkadenschalen, in seiner Gesammtheit, sondern nur in einzelnen radialen Kanten mit den drei in diese übergehenden tangen- tialen und gewölbten Kanten in die Skelettbildung eingeht, so ent- stehen dreiarmige Anker (Fig. 16 b, auch in die Blasengruppen sind verschiedene Anker eingezeichnet). Dieselben kommen bei den ver- schiedensten Radiolarienabtheilungen vor und zwar in den peripheren, äussersten Partieen der Gerüste, an den distalen Enden der radialen Stachelgebilde, also eben da, wo wir sie ihrer Bildungsmechanik nach zu erwarten haben*) (Fig. 77, 80). Betheiligen sich nur zwei von den tangentialen Zwischenkanten an der Skelettabscheidung, so entstehen zweiarmige Anker, die ebenfalls bei Radiolarien verschiedentlich vor- kommen (Fig. 16b der am meisten rechts stehende Anker, Fig. 5 links hinten, Fig. 10 links und Fig. 81). Zuweilen besteht das Anker- ende aus einem Schirm von einer ganzen Anzahl kleiner rückwärts gebogener Haken (Fig. 73, 102), eine Bildung, die auf ähnlichen Bildungsverhältnissen unter etwas modificirten Nebenumständen be- ruhen wird. Das Gegenstück zu den ankerförmigen sind mistgabelförmige Stacheln; auch sie sind an Radiolariengerüsten vertreten (Fig. 79, 88, 89). Bei ihnen sind die Formverhältnisse in entgegengesetztem Sinne entwickelt, die Arme nicht rückwärts gekrümmt, sondern nach vom, resp. oben zusammengebogen. Auch die Bildungs Verhältnisse der Mist- gabeln sind denen der Anker entsprechend entgegengesetzte, sie sind da gegeben, wo eine kleine Blase auf drei grossen sitzt (vergl. die Blasencomplexe Fig. 3, 10, 15, 19). Der lange Arm des Vierstrahlers, resp. der Stiel der Gabel wird in der zwischen den Scheidewänden der drei grossen Blasen herablaufenden Kante, die drei kurzen Arme, resp. die Zinken der Gabel in den drei die kleine Blase umspannenden Kanten angelegt. Gabelformen können daher auch nie an der freien *) Die darwinistisclie „Erklärung" der Ankerbildung würde etwa lauten : Die peripheren Anker sind zum Zurückhalten anschwimmender Beute und als Haft- apparate dienende, durch selectuelle Anpassung an diese Zwecke „entstandene' zweckmässige Vorrichtungen. — 26 — Oberfläclie eines blasigen Körpers entstehen, und wenn bei einem Gerüst die Stacheln gabelförmig enden (Fig. 79 und 89), kann man daraus entnehmen, dass jede Gabel unter einer kleinen Vacuole gebildet wurde, dass sich also über den Stachelenden mindestens noch eine Vacuolenlage befand. Bei Polycystinen, Phäodarien und Akantharien kommen häufig Gerüstbalken vor, die nicht gerade, sondern zickzackförmig verlaufen und bei denen ausserdem jede äussere Ecke des Zickzackbalkens in einen Dorn ausläuft (Fig. 73, 81, 102). Betrachten wir einen typischen Fall dieser Art bei entsprechender Vergrösserung (Fig. 102), so sehen wir, dass jeder Winkel des Zickzackbalkeus zusammen mit den von den beiderseitigen Ecken seitlich abgehenden Dornen gerade der Hälfte einer hexagonalen Masche entspricht; man kann sich eine solche leicht vervollständigen, wenn man sich die in Betracht kommenden Balkentheile seitlich herumgeklappt denkt; eine mittlere Reihe hexagonaler Maschen würde auch resultiren, wenn man zwei Zickzackbalken nebeneinander legen würde. Auch diese Gerüstform stimmt also mit der Blasenmechanik überein; sie wird entstehen, wenn in einem kleinvacuolösen Körper die in gerader Flucht liegenden Kanten in Gemeinschaft mit den seitlich abgehenden Kanten in die Skelett bildung eingehen. Endlich möchte ich hier noch der Skelette der Dictyochiden ge- denken; als charakteristisches Beispiel möge Figur 86 dienen. Bisher hielt man dieselben für Skelettelemente von Phäodarien, die im Weich- körper dieser Radiolarien wie Spicula verstreut entstehen. Neuerdings macht uns jedoch A. Borgert in einer vorläufigen Mittheilung*) mit wichtigen Untersuchungsergebnissen bekannt, nach denen die Dictyocha- formen nicht im Weichkörper der Radiolarien, bei denen sie beobachtet wurden, gebildet werden, sondern in diesen aufgenommene, an ihm festgeklebte Fremdkörper sind. Wir haben in ihnen die Kieselskelette von gewissen Mastigophoren vor uns, für die Borgert den Namen der Süicoflagellaten vorschlägt. Das Flagellat sitzt in dem kleinen Gehäuse wie in einem Korbe. Für uns sind diese neuen Resultate deshalb von Interesse, weil durch sie die Blasenspannung für eine weitere Organismen- gruppe, die Geisseiinfusorien oder Mastigophoren, als Factor der Gerüst- bildungsmechanik dargethan wird. In den Dictyochagerüsten finden *) A. Borgert, Ueber den Bau von Distephanus (Dictyocha) speculum, Ehrbg. sp. — Zoolog. Anz. 1890, S. 227—231. — 27 — wir die sich aus den Gesetzen der Blasenspannung ergebende Morphologie mit einer für die Aufnahme des Flagellaten zweckmässigen, in An- passung an dessen Körper gebildeten, Steigbügel- oder körbchenartigen Form vereinigt. Entsprechend der geringen Körpergrösse der Flagellaten besteht auch das Gerüst nur aus wenigen Balken und Maschen, ist eine Gitterschale mit Stacheln en miniature, die deutlich nach den Gesetzen der Blasenmechanik gebaut ist. Das Gerüst speciell unserer als Beispiel gewählten Dictyocha stapedia, einer der häufigsten Formen, entspricht genau einer Gruppe von 4 Blasen, wie sie in Figur 2 dar- gestellt ist (vergl. auch Fig. 13 b). — Um viele Gerüstformen richtig verstehen zu können, muss man noch einen Hauptpunkt mit in Rechnung ziehen. — Nicht alle Gerüste werden gleich auf einmal in ihrer definitiven Form abgeschieden, die Bildung von vielen geht successive vor sich. Im ersteren Falle, wenn also ein Skelett nur einem einmaligen Bildungsacte seinen Ursprung verdankt, muss es allerdings auch einem Blasenwerk entsprechen, muss sich mit allen seinen Formen in ein bestimmtes Blasengerüst eintragen lassen. Anders liegen jedoch die Dinge, wenn die Skelettbildung successive stattfindet und sich über einen längeren Zeitraum der Lebens- und Entwickelungsgeschichte des Organismus erstreckt. Die einmal ab- geschiedenen Skelettpartieen conserviren starr und unveränderlich die Formverhältnisse, welche zur Zeit ihrer Bildung im Weichkörper vor- lagen und diesem von der Blasenspannung aufgeprägt wurden. Unter- dessen entwickelt sich der Organismus weiter, der Stoffwechsel, die Lebensprocesse in ihm dauern stetig fort und Hand in Hand hiermit geht eine Veränderung der morphologischen Befunde, von Grösse und Vertheilung der Blasenelemente und Vertheilung und qualitativen Eigen- thümlichkeiten (wo für uns besonders die Disposition zur Skelett- abscheidung in Betracht kommt) des protoplasmatischen Zwischen- materiales. Die später abgeschiedenen Skeletttheile entsprechen anderen Verhältnissen, zeigen die Formen eines anderen Blasenwerkes. Durch mannigfache Combination und innige Verflechtung von zu verschiedenen Entwickelungsperioden gebildeten und verschiedenen Formcharakter tragenden Skeletttheilen können complicirte und schwer verständliche Gerüste entstehen; hat man sich jedoch erst einigermassen in die Bildungs- mechanik der Blasenspannung hineingedacht, so gelingt es auch meist, den Mechanismus solcher Gerüste zu entziffern, indem man die vor- liegenden morphologischen Befunde in ihre einzelnen, zeitlich auf- einander gefolgten Bildungsetappen zerlegt. — 28 — Das häufigste Beispiel einer successiven Gerüstbildung haben wir in dem rhythmischen Schalen wachsthum bereits kennen gelernt. Wie wir hierbei sahen, wird der gegenseitige Abstand der Gitter- platten der concentrischen Schalensysteme der Spumellarien durch das radiale Wachsthum des Weichkörpers bedingt und geregelt; bevor nach einer Schalenabscheidung die nächste stattfindet, ist die skeletogene Körperschicht ein Stück weiter nach aussen gerückt. Es lassen sich nun aber auch Fälle verzeichnen, wo dies nicht der Fall ist, wo zwei Skelettabscheidungen nach einander stattfinden, ohne dass inzwischen die skeletogene Schicht ihre Stellung verändert hat. Nur sind an die Stelle der grossen Vacuolen viele kleine getreten, und so werden bei der zweiten Kiesel abscheidung die Maschen des primären Gitterwerkes durch Porenplatten oder Netze ausgefüllt, deren Formation dem nunmehrigen Bau der skeletogenen Schicht entspricht (Fig. 90). Ein derartiges doppeltes Gitterwerk entspricht zwei in ein und der- selben Ebene gebildeten Schalenplatten. Auch bei Nassellarien kommt es vor, dass die Schalen wand durch zweimalige Secretion von Gerüst- substanz gebildet wird (Fig. 76, 84). Zuweilen scheint die Skelett- bildung bei dem erfolgenden Nachschub an Kraft nachgelassen zu haben, so dass sie ihre Gitter ang nicht mehr vollständig ausführt (Fig. 90, Pore unten rechts), es erinnert dies dann sehr an manche der von Porengruppen herrührenden Bildungen (Fig. 98); auf die Noth- wendigkeit der Unterscheidung dieser einander auf den ersten Blick sehr ähnlichen Befunde werden wir gleich noch einzugehen haben. Ist in einer von Vacuolen freien Protoplasmalage eine solide Schale mit glatter Oberfläche gebildet worden und treten nachträglich dieser dicht aufgelagert Yacuolenblasen auf, so wird, wenn nun noch einmal eine Abscheidung von Skelettsubstanz stattfindet, auf der Ober- fläche der Schale ein den aufstossenden Vacuolenzwischenwänden ent- sprechendes Netz von erhabenen Leisten entstehen, ein Befund, der besonders deutlich ausgeprägt bei den Schalen vieler Circoporiden vor- kommt (Fig. 87, 94). Ausserdem finden wir zuweilen bei Central- kapseln eine jedenfalls auf denselben Bildungsverhältnissen beruhende, durch ein Leistennetz bewirkte Felderung (vergl. Principien der Gerüstbildung, Fig. 47). Die Schalen mit oberflächlichem Leistennetz (Fig. 87, 94) sind wohl zu unterscheiden von den ebenfalls bei Circoporiden vor- kommenden und bereits besprochenen Schalen mit grübchenförmigen Einsenkungeu (Fig. 100). Bei den Letzteren müssen die die Ein- — 29 — Senkungen bedingenden Vacuolen schon vor der Bildung der Schale vorhanden gewesen sein, um in der noch weichen skeletogenen Schicht Eindrücke hervorrufen zu können ; treten dagegen Vacuolen erst nachträglich auf der Oberfläche einer harten Schale auf, so können sie auf derselben keine Eindrücke mehr hinterlassen, sie werden sich auf ihr flachdrücken und nur den Grrundriss ihres Zwischenwandsystems als Leistennetz der Schale auf bilden können, wie es bei den in Rede stehenden Befunden der Fall ist. — Ebenso muss man sich vor einer Verwechselung der Schalenformen mit Porengruppen (Fig. 82, 91, 96 — 98) und derjenigen mit primären und secundären Poren, resp. Maschen (Fig. 76, 84, 90) hüten. Die Bildung von Poren zweiter Ordnung ist verwandt mit der Bildung von Leistenreliefs, beides be- ruht auf secundärer Anlagerung von Skelettmaterial, in ersterem Falle in tangentialer, in letzterem in radialer Richtung; es unterscheiden sich daher auch diese Bildungen von den in Rede stehenden, ihnen auf den ersten Blick so ähnlichen Befunden in analoger Art und Weise. Bilden in der skeletogenen Schicht vor der Verhärtung und miteinander gleichzeitig anwesende Vacuolen Gruppen, so sind bei der Schale die Porengruppen den Vacuolen entsprechend am Rande ausgebogt (Fig. 82, 91, 96 — 98); die die Poren zweiter Ordnung bedingenden Vacuolen hin- gegen können in den bereits erhärteten Gerüstbalken der primären Schale keine Einbuchtungen mehr machen, sie stehen in Gruppen zu- sammen, die von einem einheitlich contourirten Leistenwall, eben der primären Gittermasche, umschlossen werden (Fig. 76, 84, 90). Kommt es bei einer auf einer Schalenoberfläche secundär aufgetretenen Vacuolenschicht nur in den Ecken resp. Knotenpunkten des von den Zwischenwänden gebildeten Grundrissnetzes zur Abscheidung von Skelett- substanz, so müssen kleine, der Schale aufsitzende Tetraeder mit ein- gebauchten Flächen entstehen, wie dies Figur 16 c veranschaulicht (vergl. auch Fig. 8). Wir begegnen dieser Erscheinung bei der von Möbius*) beschriebenen und abgebildeten, von uns in unserer Figur 93 und 93 a wiedergegebenen Entosolenia aspera. Bei dieser Thalamophore wird das die Schale bedeckende extracorticale Exoplasma blasigen Bau besessen, vermuthlich, etwa wie Figur 16 c es darstellt, einer Vacuolenlage ent- sprochen haben. (Vergl. auch vorläufig Fig. 56 b, c, c'.) Dies sind einige augenfällige Beispiele von successiver Gerüst- bildung. Dadurch, dass wir die aus der successiven Gerüstbildung sich *) K. Möbius, Foraminifera von Mauritius, 1880. — 30 — ergebenden Verhältnisse in Betracht ziehen, gewinnen wir ein Ver- ständniss für noch manche Befunde, die sich mit der Bildnngsmechanik eines einheitlichen Blasengerüstes nicht zusammenreimen würden. Wir wollen hier nur noch der Spicula mit überzähligen Strahlen gedenken, wie sich z. B. unter den Spiculis des Radiolarienkörpers von Figur 65 einige befinden. Wir verstehen dieselben, wenn wir bedenken, dass sich nicht nur das Blasengerüst in der Umgebung eines Spiculum verändern, sondern dass auch das Spiculum selbst sehr leicht seine Position innerhalb des Radiolarienkörpers verändern kann, wo ihm dann bei secundärer Skelettabscheidung noch Stacheln angebildet werden können, die dann dem Bauplan des Vacuolencomplexes, in dem es ursprünglich entstand, nicht mehr entsprechen. Endlich wollen wir in Bezug auf mit den Forderungen der Blasenspannung vielleicht nicht streng übereinstimmende Befunde noch daran erinnern, dass Sarcode und Vacuoleninhalt zwar flüssig, in der Regel aber mehr oder weniger zähflüssig sind, und dass daher durch stärkere Diffusionsströmungen oder äussere mechanische Insulte hervor- gerufene Verzerrungen des Vacuolengerüstes sich nicht sofort, sondern nur mehr oder weniger träge wieder ausgleichen werden und, wenn gerade im geeigneten Zeitpunkte Skelettabscheidung stattfindet, auch als Gerüstformen fixirt werden können. (Vergl. die seitlichen Dörnchen der Zickzackstacheln von Fig. 73, die alle centralwärts gerichtet sind). Wir brauchen jedoch bei der Erklärung mit diesen Abweichungen bedingenden Verhältnissen nicht zu oft zu rechnen, die überwiegende Mehrzahl der Befunde ergiebt sich, wie wir gesehen haben, als typische Fälle. Der näheren Aufklärung bedarf noch die Bildung der bei Radiolarien so häufigen, auch bei Thalamophoren zuweilen vorkommenden (Fig. 99, 1 26) langen Radialstacheln, insofern als wir es in ihnen mit in gerader Richtung selbständig fortwachsenden, bei Spumellarien ja bekanntlich häufig alle Kugelschalen eines Gerüstes durchsetzenden Balken zu thun haben. Ein massig langer Stachel kann und wird auch einer Zwischenkante des Vacuolensystems entsprechen, unmöglich kann man dies aber von den im Verhältniss enorm langen, oft nahezu den ganzen Körperradius durchsetzenden Stacheln annehmen. — Die bei den Rhizopoden bald weniger, bald mehr hervortretende Neigung zur Bildung langer starrer Sarcode- stränge resp. Pseudopodien ist bekannt, von hier aus wird man vermuthlich den in Rede stehenden Befunden näher zu treten haben. Die langen Stacheln werden wahrscheinlich auch in solchen langen starren Pseudopodien gebildet werden. Bei jungen Individuen wird der Ort der Entwickelung dieser Pseudopodien zunächst durch die vorhandenen radialen Blasenzwischenkanten bestimmt werden (die — 31 — Stacheln gehen von den Knotenpunkten der ersten Gitterschale aus); ist das Pseudopodium einmal angelegt, so wächst es selbständig in gerader Richtung weiter und nöthigt nun seinerseits die später um es sich bildenden Vacuolen, sich ihm entsprechend anzuordnen, so dass es fortgesetzt die Stelle einer Zwischen- kante vertritt (die Radialstacheln eines Systems mehrerer concentrischer Schalen treten auch bei jeder späteren Schale durch einen Knotenpunkt des Gitters, und sind Radialstacheln — der Blasenanordnung entsprechend (Fig 16 e u. Fig. 8) — dreikantig, so sind sie es meist in ihrer ganzen Länge). Vielleicht ist das Pseudo- podium selbst auch nicht im Stande, einen solchen richtenden Einfluss auf seine Umgebung auszuüben, der vielleicht in erster Linie durch den in ihm bereits gebildeten festen Stacheltheil aufrecht erhalten wird. — Es sind dies jedoch nur Vermuthungen, die auf die zur Inangriffnahme des Problems möglicherweise ge- eigneten Punkte hinweisen mögen. Die Bildungsursache der starren Pseudopodien selbst wird in den gleich zu berührenden; für die Gestaltung der freien Sarcode- stränge und der ganzen Sarcodekörper der Rhizopoden überhaupt massgebenden Verhältnissen der Oberflächenspannung liegen. Zuweilen begegnet man bei Polycystinengerüsten einer Form des Gitter- werkes (Fig. 110, 113), welches von sich annähernd rechtwinklig durchsetzenden Balken gebildet wird, so dass von jedem Knotenpunkte in einer Ebene 4 Balken ausgehen und viereckige (zuweilen nachträglich ausgerundete, Fig, 110) Maschen resultiren. Wie der erste Blick lehrt, stimmt dieser Bau mit den Fordeningen der Blasenmechanik nicht überein und, wie man aus noch im Werden begriffenen, unfertigen Gerüsten dieser Art entnehmen kann (Fig. 110), hat auch der Verlauf ihrer Bildung mit der Blasenspannung nichts zu schaffen : zwischen den radialen Balken, welche im Wachsthum den tangentialen vorausgehen, spannen sich die Letzteren durch beiderseitige Apophysenbildung aus. Auch diese Bildungen be- dürfen in Bezug auf die Mechanik der ihnen zu Grunde liegenden Verhältnisse noch der Aufklärung. Der den inneren Bau der vacuolisirten Sarcodekörper und der in diesen gebildeten Skelette bedingenden Blasenspannung stehen die Ver- hältnisse der Oberflächenspannung als die Factoren gegenüber, welche die Formbildung der äusseren Gesammtform der Sarcodekörper und der freien, in das umgebende Medium ausstrahlenden Pseudopodien und somit auch die äussere Gesammtform der Schalen, sowie der inner- halb der freien Pseudopodien abgeschiedenen Gerüsttheile bedingen und regeln. Ebenso wie aas unserer Erkenntniss der durchgehenden Harmonie des Baues der innerhalb der Rhizopodenkörper gebildeten Gerüste mit den Forderungen der Blasenmechanik die Wichtigkeit der steten Gegenwärtighaltung der Herrschaft des blasigen Baues im Inneren der Rhizopoden- und besonders Radiolarienkörper hervorgeht, ergiebt sich aus dem Umstände, dass die Gestaltung der freien Pseudo- podien und in solchen gebildeter Gerüsttheile nach anderen Principien — 32 — erfolgt*), die Wichtigkeit der scharfen Unterscheidung zwischen Sarcode- partieen im Inneren vacuolisirter Rhizopodenkörper und freien Pseudo- podien (vergl. die Anm **) auf S. 6). Im vorstehenden Capitel haben wir die Formen des Gerüstbaues der Rhizopoden, die Morphologie ihrer Gerüststructur, von den Ge- setzen der Blasen Spannung abgeleitet, im sechsten Capitel wollen wir in der Gerüstbildungsmechanik der Rhizopoden dann damit fortfahren, dass wir die Bildung der äusseren Gesammtform der Rhizopodenkörper und ihrer Gerüste und die Gestaltung der freien Pseudopodien und ihrer Gerüstbildungspro ducte unserer Betrachtung unterziehen. Viertes Capitel. Herrschaft der Blaseuspannung als gestaltender Factor innerhalb der Gewebe der mehrzelligen Organismen. Die Blasenspannung als gestaltender Factor kommt nicht nur innerhalb der Sarcodeleiber der Rhizopoden zur Geltung, sondern ihre Herrschaft ist eine weit verbreitete und universelle auch innerhalb der Gewebe der Thiere und Pflanzen da, wo die Bedingungen zu ihrem Inkrafttreten gegeben sind. Die Bedingung zum Inkrafttreten der Blasenspannung ist das Vorhandensein blasiger Elemente. Dieselbe und mithin auch die Herr- schaft der Blasenspannung ist eine weit verbreitete, denn blasiger Bau ist eine allgemeine Eigenschaft der Gewebe; sie ist eine universelle, denn der blasige Bau ist nicht einseitig nur an eine histologische Kategorie gebunden, sondern wir können in den organisirten Körpern blasigen Bau in dreifacher Hinsicht, blasige Gebilde von drei ver- schiedenen histologisch-morphologischen Werten unterscheiden: 1. Die Zellen, 2. die Vacuolen und 3. das wabig gebaute Protoplasma selbst. *) Zuweilen bilden zwar auch in freien Sarcodesträngen abgeschiedene Balken regelmässige Schalennetze, wie bei der Form von Figur 108, bei der sich skeletogene Sarcodestränge zwischen den regelmässig angeordneten Radialstacheln ausgespannt hatten und so eine äussere Schale bildeten. Wie der erste Blick lehrt, hat aber der Bau dieses äusseren Schalennetzes mit der Blasenmorphologie nichts gemein, die hingegen die innere primäre Schale deutlich zur Schau trägt. — 33 — Beginnen wir mit den Zellen!*) Bekanntlich sind die Pflanzen für die Betrachtung der Morpho- logie des Zellgewebes am instructivsten. Bei ihnen ist die Differen- zirung und Centralisirung nicht so weit fortgeschritten, wie bei den Thieren, die Zellen sind meist noch deutlich individualisirt und ihre gegenseitige Abgrenzung durch Zellmembranen trägt nicht wenig zur Deutlichkeit der Bilder bei. Wurden doch auch von botanischer Seite die Zellen in ihrer Bedeutung als elementare Bausteine der Organismen zuerst erkannt und auch der Vergleich der Pflanzenzellen mit Blasen ist schon verschiedentlich gemacht worden. Wegen ihrer Einfachheit besonders instructiv sind die durch Viertheilung der Pollenmutterzellen entstehenden Gruppen von Pollen- zellen, die Pollentetraden. Figur 13 a — e bringt 5 solcher Pollentetraden von Neottia nidus avis zur Anschauung, die alle aus derselben Anthere stammen. In jeder der 5 Gruppen sind die Zellen verschieden gruppirt, jedoch stets so, dass ihre Aneinanderlagerung mit den Gesetzen der Blasenspannung harmonirt. Die Anordnung der Zellen scheint also hier vom Zufall, von nebensächlichen Umständen abzuhängen, jedoch werden von den physikalischen Kräften nur die Eventualitäten geduldet, welche mit ihren Gesetzen in Einklang stehen. Die Zellgruppen der Tetraden kann man ohne weiteres mit Blasengruppen vergleichen; so werden durch Figur 18 a, b, c verschiedene Specialfälle unserer Blasen- gruppirung von Figur 2 realisirt und Figur 13 e entspricht der Blasen- gruppe von Figur 6 von unten gesehen, denselben Bau zeigen noch deutlicher die in Figur 13 e' in perspectivischer Darstellung gegebenen Pollentetraden. Die PoUentetraden verhalten sich zu den vielzelligen Geweben etwa wie unsere einfachen Seifenblasencomplexe zu dem viel- blasigen Bau im Inneren einer Bierflasche. Ferner sind in erster Linie beachtenswerth junge Pflanzenembryonen (Fig. 14), da bei ihnen die Zellen und ihre Gruppirung weder schon *) Wir wollen im Folgenden unseren Gegenstand an einer Reihe von Bei- spielen erläutern. Es wäre dies vielleicht kaum nöthig, denn wir brauchen hier- bei nur in die Fülle des bereits vorliegenden Thatsachenmaterials hineinzugreifen, nur an bereits längst Bekanntes zu erinnern. Wir thun es jedoch und fügen eine Reihe von Abbildungen bei, denn ,,exempla demonstrant" und der Werth der unmittelbaren Anschauung ist bei einem Gegenstand wie dem unsrigen nicht hoch genug anzuschlagen. Und dann ist ja auch der Standpunkt, von dem aus wir unsere Betrachtungen anstellen, ein eigener, von dem gewöhnlichen ver- schiedener. D r e y e r , Ziele und Wege biolog. Forschung. 3 — 34 — secundär verändert, noch die Zellmembranen erhärtet sind. Sie sind dem modelnden und regulirenden Einfluss der Spannungskräfte noch vollkommen zugänglich, führen uns das Zellenbauwerk gleichsam noch in statu nascendi vor Augen. Die Pflanzenembryonen fähren uns zu den vielzelligen Pflanzen- geweben hinüber. Figur 17 giebt einen Schnitt durch den Scheitel eines Embryo, der sich bereits auf einem fortgeschritteneren, viel- zelligen Stadium befindet. Auch hier entspricht die Stellung der Zell- zwischenwände noch den Blasengesetzen, obgleich Reihen älterer Wände, welche durch ihre grössere Stärke hervortreten, schon fest zu werden beginnen. Figur 18 giebt eine schematische perspectivische Darstellung (nach V. Kemer) des Markgewebes. Die Ähnlichkeit mit einem Blasen- gerüste ist so frappant, dass es eines Commentars nicht bedarf. Die nahe morphologische und physikalische Verwandtschaft zwischen Gerüsten, deren blasige Elemente sich gegenseitig polyedrisch anein- anderdrücken, und solchen, bei denen sie sich abrunden, wird durch die Stengelquerschnitte Figur 20 a, b, c vortrefflich illustrirt. Es wechseln hier in verschiedenen Formverhältnissen und allmählichen Abstufungen Zellschichten mit an- und ineinander gedrängten poly- edrischen Zellen mehrfach mit solchen Schichten ab , deren Blasen- elemente abgerundet sind. Endlich führe ich in Figur 34 a, b, c noch Querschnitte durch 3 pflanzliche Zellgewebsstücke vor, deren Zellkammern sich in den ersten Anfängen der Ausrundung befinden; die Zwischenwände bilden auf dem Querschnittsbild polygonale Figuren mit ausgerundeten Ecken. Ausserdem ist hier die Begünstigung der Ecken und Kanten durch den Ausrundungs Vorgang nach dem Verhalten der Intercellulargänge sehr schön zu sehen. Bei Figur 34 a haben sich zunächst in den Ecken und Kanten (die auf dem Querschnitt natürlich auch als Ecken resp. als Knotenpunkte des Netzes erscheinen) Intercellulargänge angelegt. Erst bei stärkerer Entwickelung des InterceUularsystems fangen von ihnen aus auch die Wände an sich zu spalten (Fig. 34 b). Bei Figur 34 c endlich sind die Zellen in ihrem ganzen Umfange von Intercellular- substanz umgeben. Diese Beispiele aus dem Gebiete der pflanzlichen Gewebelehre mögen für uns genügen. Wer sich über dasselbe in dieser Hinsicht näher zu informiren wünscht, den verweisen wir auf die ausführliche Behandlung des Gegenstandes in Berthold's Protoplasmamechanik. — — 35 — Der morphologischen Anschauung und Deutung und der mecha- nischen Erklärung ihres Aufbaues weniger leicht zugänglich sind die thierischen Gewebe; grössere Centralisation in Folge von weiter gehender Differenzirung und weniger scharfe Abgrenzung der Elementartheile (Zellmembranen sind schwächer entwickelt wie bei den Pflanzen oder fehlen) gegen- und ihre oft innige Verbindung miteinander sind die hauptsächlichen erschwerenden Umstände. Gleichwohl zweifeln wir aber nicht daran, dass die Betrachtung der thierischen Gewebe und Gewebs- bildung von unseren Gesichtspunkten aus schöne Früchte zeitigen wird, wenn sich nur Jemand findet, der vor der ernsthaften systematischen Inangriffnahme der seiner hier wartenden Aufgaben und Probleme nicht zurückschreckt. Natürlich wird man auch hier am besten von den verhältnissmässig einfachsten und durchsichtigsten Verhältnissen auszugehen haben; so erscheint es uns z. B. als eine lohnende Aufgabe, den Einfluss der Blasenspannung auf die Gruppirung der Furchungs- zellen im Beginne der embryonalen Entwickelung bei verschiedenen Thiergruppen zu studiren. — Also einige Belege für die Herrschaft der Blasenspannung im ani- malen Zellgewebe! Als einfache und typische Bilder von thierischen Zellgeweben sind die Epithelien schon lange bekannt und vielfach herangezogen. So ist das Plattenepithel der embryonalen menschlichen Epidermis (Fig. 29) ein Mosaik von ziemlich regelmässigen hexagonalen Bausteinen. Die Zell- grenzen folgen dem Vier- resp. (als Oberflächenbild) Dreistrahlertypus. Das klassische Beispiel eines typischen Zell- und Blasengewebes im thierischen Körper ist das Chordagewebe (Fig. 21). Es zeigt in seinem Aufbau die grösste Übereinstimmung mit einem Blasengerüste und pflanzlichem Zellgewebe, gab es doch auch einen Hauptfingerzeig, die zunächst für die Pflanzen aufgestellte Zellentheorie auch auf die Thiere zu übertragen. Figur 22 stellt Fettgewebe dar. Die durch die Fettablagerung stark aufgeblähten Fettzellen liegen abgerundet neben einander und die dreieckige resp. tetraedrische Form ihrer Zwischenräume tritt deutlich hervor. Figur 25 a und b giebt blasiges Bindegewebe eines Plathelminthen auf 2 Stadien der Entwicklung (nach A. Lang) wieder. Bei a sind die Zellen noch in ihrer ursprünglichen typischen Form erhalten, sie sind nach den Gesetzen der Blasenmechanik an ein andergelagert, ihre Grenzen folgen dem Vierstrahlertypus, die Vacuolenbildung in den Sarcode- — 36 — körpern hat erst begonnen. Allmählich nimmt die Vacuolisirung enorm zu, bis endlich jede Zelle von einer grossen Vacuole aufgebläht ist, die im Verhältniss zum protoplasmatischen Zellkörper selbst eine ganz unverhältnissmässige Grösse besitzt (b). Dieser wird von der nun- mehr die Hauptrolle spielenden Vacuole als dünner Beleg an die Zell- wände gedrängt, so dass ein im Verhältniss zum ursprünglichen per- verses Verhältniss resultirt. Die riesige Vacuole einer jeden Zelle hat die physikalische Rolle des Blaseninhaltes übernommen und der beider- seitige Protoplasmakörper mit der Zellmembran in der Mitte fungirt als Zwischensubstanz des Blasengerüstes resp. als Blasen wand. Dieses blasige Bindegewebe halte ich deshalb für besonders wichtig, weil es uns, wie mir scheint, den Weg zum Verständniss von eigen- thümlichen Gewebsformen zeigt, wie sie besonders für die Gruppe der Binde- und Secretgewebe, also gerade diejenigen Gewebe, die wir als hauptsächlichen Bildungsherd der Skelette anzusehen haben, charak- teristisch sind. Ich meine die sogenannten Sternzellen, nach der ge- wöhnlichen Auffassungsweise Zellen, welche mehr oder weniger dicht in der massenhaften Zwischensubstanz eingebettet liegen und zackigen Ausläufern zum Ausgangspunkt dienen, die in Sarcodestränge aus- laufen, mit denen die Zellen unter einander zusammenhängen. Durch diese Ausläufer erhalten die Zellen Sternform (Fig. 31, 35). Ein werthvoller Übergang von dem blasigen Bindegewebe zu den Sternzellen scheint mir in den sogenannten Blasenzellen der Spongien gegeben (Fig. 26 a — c). Figur 26 a stimmt in allen wesentlichen Punkten noch mit den Zellen des blasigen Bindegewebes (Fig. 25 b) überein. Auch Figur 26 b macht noch den Eindruck einer durch eine riesige Vacuole exorbitant aufgetriebenen Zelle, denkbar wäre jedoch auch ihre Auffassung als Spindelzelle, deren beide Ausläufer sich zu einem Ringe vereinigen. Nach einem Querschnittsbild lässt es sich eben nicht ohne weiteres entscheiden, ob man es mit einer dünn- wandigen Blase oder einem Ringgebilde zu thun hat; — und doch ent- scheiden wir uns, ganz abgesehen von der morphologischen Vergleichung, unwillkürlich für das Erstere. Weshalb dies? — Ich glaube, wir ergänzen uns, ohne uns dessen richtig bewusst zu werden, unser Ring- bild deshalb im Geiste zu einer körperlichen Kugel, weil wir die Form einer kugelrunden Blase, die im Querschnitt als Ring erscheint, durch Blasenspannuüg sehr einfach erklären können und zu erklären gewohnt sind, während wir das Zustandekommen eines Ringes nicht ohne weiteres erklären können. — Figur 26 c wird auch noch Jeder als — 37 — Blasenzelle anerkennen, zugleich nähert sie sich aber durch ihre „Aus- läufer" schon den „Sternzellen". Ein vollständiges Mittelding zwischen Blasen- und „Sternzellen" ist nun vollends der in Figur 26 d dar- gestellte Complex von Bindegewebszellen. Auf den ersten Anblick hin glauben wir einen Complex von „Sternzellen" vor uns zu haben. Nehmen wir das Bild näher in Augenschein, so bemerken wir in der „Spindelzelle" rechts oben eine Vacuolenblase, dies ist nichts weiter Auffallendes. Weiter sehen wir, dass die mittlere „Zelle" des Complexes in ihrer unteren Partie durch eine grössere Vacuolenblase aufgetrieben ist; betrachten wir noch unter diesem Eindrucke die rechte Wand dieser Vacuole, so sehen wir, dass von ihr eine weitere Wand — offenbar die Zwischenwand von zwei angrenzenden grösseren Vacuolen- räumen — ausgeht; das System dieser Zwischenwände ist, wie es die Blasenspannung verlangt, dreistrahlig; in der gemeinsamen Zwischen- kante stossen 3 Zwischenwände zusammen, die 3 Blasenräume von einander scheiden. Überschauen wir jedoch nun wieder einmal das Gesammtbild des Complexes vom Eindrucke des „Sternzellengewebes" aus, so kommen wir plötzlich in Verlegenheit. Wir können keinen Unter- schied herausfinden zwischen dem betrachteten dreistrahligen Zwischen- wandsystem und den dreistrahligen „Sternzellen" des Complexes unten, rechts und links darüber, ausser dass die Letzteren etwas stärker ent- wickelt sind. Während uns bei unserer vorher angestellten Einzel- betrachtung unser Beobachtungsobject ohne weiteres als Querschnitts- bild eines Zwischenwandsystems von Vacuolenblasen feststand, sind wir jetzt wieder zweifelhaft. — Unserer Ansicht nach besteht denn auch zwischen Blasen- und sogenannten „Sternzellen" kein principieller, sondern nur ein gradueller Unterschied, unsere Auffassung des „Sternzellengewebes" ist die folgende: Wir denken uns den Process, welcher zur Entstehung des blasigen Bindegewebes führte (Fig. 25 a u. b), in der durch die Blasenzellen der Figuren 26 c, a, b angegebenen Richtung weiter fortschreitend; die Secretmasse des Vacuoleninhaltes wird mehr und mehr zunehmen, sich immer mehr ausdehnen, während die aus den protoplasmatischen Zellkörpern sich zusammensetzende Zwischensubstanz im Verhältniss hierzu immer mehr abnimmt. Das schliessliche Endresultat ist ein grossblasiges Blasengerüst mit sehr dünnen Zwischenwänden, nur in den Ecken und Kanten der] Blasenräume haben sich nach den oben erörterten Gesetzen der Blasenspannung etwas reichlichere Protoplasma- massen angesammelt resp. erhalten und hierhin, als dem einzigen Ort ~ 38 — ihres Bleibens, ohne mit den Gesetzen der Blasenspannung in Conflict zu kommen, sind auch die Kerne mit ihrer Protoplasmaumgebung gedrängt worden (schon bei dem blasigen Bindegewebe von Figur 25 b liegen die Kerne in den Ecken und Kanten der Vacuolenblasen). Als Querschnitt würde ein solches blasiges Bindegewebe mit dem Querschnittsbilde eines „Stemzellengewebes" (Fig. 26 d) vollkommen übereinstimmen und nicht von ihm zu unterscheiden sein, und wir glauben denn auch nicht, dass überhaupt ein Unterschied existirt. Das sogen. „Sternzellen- gewebe" ist unserer Ansicht nach weiter nichts, als ein extrem blasig entwickeltes Binde- oder Secretgewebe. Die „Körper" der sogenannten „Sternzellen" sind die quergetroffenen Ecken und Kanten mit stärkerer Protoplasmaansammlung, ihre „Ausläufer" die dünnen Zwischenwände der Blasenräume. Hieraus ergiebt sich als wichtige Consequenz eine veränderte morphologische Auffassung des „sternzelligen" Bindegewebes. Die Zellen desselben liegen nicht innerhalb der Grundsubstanz, die sie nach aussen hin um sich herum abgeschieden haben, sondern die Grundsubstanz liegt innerhalb der durch sie mächtig blasig aufge- triebenen Zellen; sie ist kein intercellulares, sondern ein intracellulares Secret. Naturgemäss ist dann auch die Grenze zwischen zwei Zellen nicht quer durch die als Verbindungsstrang zweier „Sternzellen" er- scheinende Blasenzwischenwand zu legen, sondern sie ist, falls sie überhaupt noch ausgeprägt ist, eine die Letztere in deren ganzer Aus- dehnung durchsetzende und in 2 Lamellen spaltende Scheide, von denen die eine zu der einen, die andere zu der anderen der beiden in der Zellenwand aneinander grenzenden Blasenzellen gehört. Ebenso wären dann natürlich auch die sternförmigen, strahligen Protoplasmakörper, eben die „Sternzellen", keine einheitlichen Zellen, sondern gehörten als Ecken oder Kanten des Blasengerüstes zu eben so viel Zellen, als in ihnen Blasen zusammenstossen. Um sich alles dies anschaulich klar zu machen, braucht man nur Figur 26 mit der darüberstehenden Figur 25 b zu vergleichen; bei dem in Figur 25 b dargestellten blasigen Bindegewebe sind die Verhältnisse noch ohne weiteres klar und leicht durchschaubar, bei Figur 26 d sind die Verhältnisse dieselben geblieben, nur extremer entwickelt und etwas verwischt und deshalb nicht so unmittelbar einleuchtend. Die Berechtigung dieser unserer Auffassung des „Sternzellen- gewebes" ist dieselbe, wie bei der Deutung der Blasenzellen (Fig. 26 b). Das „Sternzellennetz" folgt den Gesetzen der Blasenspannung, seine Knotenpunkte sind zum grössten Theil Dreistrahler und Doppeldrei- — 39 — strahier (meist mit sehr kurzem gemeinsamem Verbindungsbalken, Fig. 35). Es kommen zwar auch zahh'eiche abweichende, mehrstrahlige Sterne vor (Fig. 31), in Bezug auf solche Abweichungen muss man aber immer bedenken, dass einmal die mehr oder weniger zähe Consistenz der in Betracht kommenden Bindegewebe der Blasenspannung den Ausgleich secundär verschobener und veränderter topographischer Verhältnisse erschweren, stellenweise unmöglich machen wird und dann, dass die bis- herigen Erforscher und Darsteller der uns hier beschäftigenden Befunde gerade den uns von unserem neu gewonnenen Gesichtspunkte aus wichtig erscheinenden Punkten keine besondere Aufmerksamkeit zugewandt haben. Im Grossen und Ganzen, wenn man mit der unvollkommenen Anschau- lichkeit der Querschnittsbilder rechnet, ist aber der Vierstrahlertypus nicht zu verkennen (Fig. 26, 35). So ist das Vorherrschen von drei- strahligen Protoplasmakörpern nur natürlich, denn ein Tetraeder wird auf dem Querschnitt meist als Dreieck erscheinen, in gewissen Richtungen getroffen auch als spindelförmiger Körper mit zwei Ausläufern. Ebenso wie wir das kreisrunde Ringbild einer Blasenzelle ohne weiteres auf eine quergetroffene Blase beziehen, so kennen wir auch für die Formen des Vierstrahlertypus nur eine bewirkende Ursache und hinreichende Erklärung, die Blasenspannung. Wenn wir uns daher einigermassen in die Gesetze der Flüssigkeitsmechanik und die sich aus ihnen er- gebende Morphologie des Vierstrahlertypus hineingedacht haben, so werden wir uns das dem Letzteren folgende Netz der „Stemzellen" ebenso unwillkürlich zu einem körperlichen Blasen gerüst resp. Waben- werk ergänzen, wie einen regelmässig kreisrunden Ring zu einer blasen- förmigen kugelrunden Zelle; und das, wie mir scheint, mit Recht. Es war uns gelungen, den Vierstrahlertypus als Folgeerscheinung der Blasenspannung nachzuweisen und zu erklären; nun sind wir auch berechtigt, das Schlussverfahren umzukehren und aus dem Vorhandensein der Vierstrahlermorphologie auf blasigen Bau zu schliessen. Wir haben hier einen der bereits (S. 6, Anmerkimg**) erörterten Kalymmafrage ganz analogen Fall, nur gehört das zwischen den gallertigen Secret- massen ausgespannte Sarcodegerüst bei den Radiolarien einem ein- zelligen Körper an, während dasjenige des „stemzelligen" Bindegewebes der vielzelligen Thiere zahlreichen Zellen entspricht; hier wie dort aber werden wir durch unsere Betrachtungen von dem Scheine eines Netz- bildes zu der Einsicht eines Blasenwerkes geführt. Es liefert uns dieser Fall einen neuen Beweis für die Fruchtbarkeit der Einführung — 40 — meclianischer Gesichtspunkte in die Biologie, indem wir in dem vor- liegenden Falle durch unsere Methode zu einer naturgemässen und befriedigenden Auffassung einer verbreiteten Gewebsform geführt wurden. Natürlich ist für unsere deductive Theorie noch die inductive empirische Bestätigung zu erwarten und es ist der künftigen Forschung als ein lohnender Einsatzpunkt anzuempfehlen, zu untersuchen, in welchem Umfange bei den Bindegeweben blasiger Bau und Blasenspannung eine Rolle spielen. — Wenden wir uns nunmehr den Vacuolengerüsten zu! In den Blasenzellen hatten wir bereits einen uns von den Zellen zu den Vacuolen überleitenden Specialfall von Vacuolisation; jede Zelle wurde durch eine einzige riesige Yacuole zur Blase aufgebläht, deren Wand von dem Sarcodeleib der Zelle gebildet wurde; jede Yacuolen- blase hat in diesem Falle den morphologischen Werth einer Zelle. Dasselbe Yerhältniss der Vacuolisation finden wir in grosser Ver- breitung bei pflanzlichen Gewebszellen. Dieselben, in der Jugend von einem soliden Protoplasmakörper erfüllt, werden mit zunehmendem Alter durch eine oder mehrere mit einander confluirende Vacuolen mächtig ausgedehnt, so dass das Protoplasma oft nur einen dünnen Wandbeleg, den sogenannten Priniordialschlauch, bildet. Die Zwischen- wände eines solchen Pflanzengewebes bestehen dann wie beim thierischen Blasengewebe aus den Protoplasmalagen der beiderseitigen aneinander- stossenden Zellen, welche die meist gemeinschaftliche Zellmembran zwischen sich fassen. Meist sind jedoch in den vacuolisirten Gewebszellen zahlreiche Vacuolen vorhanden; das schaumige Gerüst der protoplasmatischen Zwischenwände der Vacuolen folgt dann denselben Gesetzen der Blasen- spannung. Solcher vacuolisirter, blasiger Bau des Zellkörpers ist so- wohl bei pflanzlichen, als auch bei thierischen (vergl. als Beispiel Fig. 30 a u. b) Gewebszellen sehr verbreitet, in seiner klassischen Ent- wickelung aber haben wir ihn bereits bei den Sarcodekörpem der Rhizopoden kennen und in seiner Bedeutung würdigen gelernt. — Endlich wird es nach neueren Untersuchungen, besonders von Bütschli*), mehr und mehr wahrscheinlich, dass auch das Protoplasma *) 0. Bütschli: „Müssen wh- ein Wachsthum des Plasmas durch Intus- susception annehmen?" — Biolog. Centralbl., Bd. VIII, 1888, S. 161—164. 0. Bütschli: „Über die Struktur des Protoplasmas." — Verhandl. des naturhist. akad. Ver. zu Heidelberg. N. F., Bd. IV, 1889. — Referat hierüber (von J. H. List in Graz) im Biolog. Centralbl., Bd. IX, 1889, S. 560—563. — 41 — selbst in seinem Inneren wabigen oder schaumigen Bau besitzt. Wir stehen den Untersuchungen und der ^iuffassungs weise Bütschli's sehr sympathisch gegenüber. Zu Gunsten der Auffassung Bütschli's scheint uns, abgesehen von den bereits vorliegenden thatsächlichen Beobach- tungsresultaten, besonders auch der Umstand zu sprechen, dass man durch die bekannten chemischen und physikalischen Vorgänge einen blasigen Bau genetisch viel leichter erklären kann, wie etwa eine Netzstructur. Wie sich in einer ursprünglich gleichmässigen Masse durch Ent- mischung Tropfen ausscheiden und durch ihre allmähliche Vergrösserung blasigen resp. wabigen Bau veranlassen können, ist leicht verständlich und von Bütschli selbst an seinen Ölseifenschaumtropfen sehr schön demonstrirt worden. Das Zwischenwandsystem der Protoplasmawaben folgt natürlich, wie es nicht anders zu erwarten ist, denselben Gesetzen der Blasenspannung, deren Herrschaft wir schon in der anorganischen und organischen Natur überall begegneten ; als Beispiele mögen die Figuren 23a und b dienen, die Darstellungen von zwei der von Bütschli auf ihren Bau neuerdings untersuchten Bakterien. Wir sind auch der festen Überzeugung, dass viele beschriebene Netzstructuren des Protoplasmas auf Wabenstructur und denselben Beobachtungs- resp. Deutungsfehler zurückzuführen sind, dem wir schon beim sogenannten „Sarcoplegma" der Radiolarien und dem „Sternzellengewebe" begegneten. Eine grosse Zahl von in der Literatur verstreuten Darstellungen von Protoplasma- netzen zeigen mehr oder weniger klar den Vier- resp. Dreistrahlertypus; als besonders deutliches Beispiel gebe ich in Figur 33 die Darstellung des „Plastinnetzes" eines Zellkernes nach Carnoy wieder. Gerade auf dem ausserordentlich schwierigen Beobachtungsfelde der Protoplasmastruc- turen, wo man der Gefahr der Sinnestäuschungen, besonders des Über- sehens dünnster Blasenhäutchen (vergl. S. 6, Anm.**), so vielfach ausgesetzt ist, glauben wir unsere Methode des Rückschlusses von der morpho- logischen Configuration des Bildes auf den körperlichen Bau eines Gebildes, also von dem Vierstrahlertypus auf blasigen Bau, als die Untersuchung leitendes und unterstützendes Hülfsmittel empfehlen zu sollen. Sie ist logisch und physikalisch gut begründet und wir zweifeln nicht, dass sie viele Fragen zu Gunsten des wabigen Baues, also zu Gunsten Bütschli's entscheiden helfen wird. Wir sehen also, dass sich dieselben physikalischen Befunde und unwandelbaren Gesetze durch das ganze organische Reich hindurch- 0. Bütschli: „Über den Bau der Bakterien und verwandter Organismen." — Leipzig 1890. — 42 — ziehen, eine Erkenntniss, die uns für ein weites Gebiet von Erscheinungen einen höheren allgemeinen Standpunkt gewinnen hilft, der unserem Causalitätsbedürfniss eine grosse Befriedigung verschafft. — Fünftes Capitel. Gestaltender Einfluss der Blasenspannung bei der Gerüstbildung der Spongien und EcMnodermen. Bei dieser allgemeinen Verbreitung blasigen Baues in den Ge- weben der mehrzelligen Organismen erscheint es natürlich, dass die Blasenspannung auch bei diesen verschiedentlich Einfluss auf die Skelett- bildung gewinnt. Vereinzelte Fälle sind allerorts verstreut bei den verschiedensten Organismengruppen zu constatiren. Wir wollen uns mit zwei Bei- spielen begnügen. Das Fasergerüst der in Figur 31 dargestellten Partie aus dem Gallertgewebe eines Rhizostoma scheint aus dem „Sternzellengerüst" dieses Gewebes hervorgegangen zu sein und der Knorpelknochen der Figur 24 erweist sich als eine in dem Zwischen- raumsystem der runden Knorpelzellen stattgehabte, dieses ausfüllende Verknöcherung. Zu einer grösseren, herrschenden Bedeutung als gestaltender Factor gelangt jedoch die Blasenspannung bei der Skelettbildung der Spongien und Echinodermen. — Mit Ausnahme der Hexactinelliden, deren Skelette nach einem eigenartigen, bis jetzt in Bezug auf seine bewirkende Ursache noch räthselhaften Plane gebaut sind, lassen die Spongien durchweg in ihrem Gerüstbau den Einfluss der Blasenspannung mehr oder weniger deut- lich hervortreten. Die Skelettbildung der Spongien steht etwa auf der Stufe der Skelettbildung der beloiden Spumellarien. Wie bei diesen kommt es nur zur Bildung einzelner Spicula und überall da, wo zusammen- hängende Skelette vorkommen, erweisen sich dieselben als aus einzelnen Spiculis secundär zusammengefügt oder zusammengekittet; nie kommt es zur Bildung einheitlicher Skelette aus einem Gusse, wie bei den Radiolarien. Die Skelette der Kiesel-, Kalk- und Homschwämme zeigen zwar Unterschiede in dem allgemeinen Habitus ihres Aufbaues, die allgemeine Morphologie der einzelnen Spicula lässt jedoch, unabhängig von den — 43 — systematischen Gruppen und der chemisclien Natur des Baumateriales, überall denselben Grundzug hervortreten, insofern als sie dem sich aus den Gesetzen der Blasenspannung ergebenden Vierstrahlertypus folgt. Die Figuren 38 — 43 und 52 zeigen eine Reihe von Spiculumformen von Kalkschwämmen, die Figuren 44—46, 49, 53, 57 und 58 solcher von Kieselschwämmen und die Figuren 50 und 51 zwei Hornschwamm- spicula. Bei den Spongienspiculis treffen wir dieselben Formen an, die wir schon bei den Radiolarien kennen gelernt und abgeleitet haben, als in verschiedenen Variationen Vierstrahler (Fig. 38, 39, 50), Drei- strahler (Fig. 40, 41, 43, 45, 51 — 53), Stabnadeln, Ankerformen (Fig. 42, 44, 58), Mistgabelformen (Fig. 57) und polycentrische Spicula (Fig. 49 und 46). — Die Skelette der Echinodermen übertreffen bekanntlich an Compli- cation der morphologischen Zusammensetzung und physiologischer Leistungsfähigkeit, kurz, an Höhe der Ausbildung alle thierischen Skelette. Hiemach sollte man zunächst nicht vermuthen, dass bei ihrer Bildung ein elementarer Factor der Flüssigkeitsmechanik, wie die Blasenspannung, eine bedeutende Rolle spielt. Um so interessanter und wichtiger ist es für uns, dass aus den Untersuchungen Selenka's und Semon's hervorgeht, dass das Skelett bei allen Echinodermen ur- sprünglich nach unserem Vierstrahlertypus angelegt wird und sich somit in dieser Hinsicht ebenfalls der mechanischen Erklärung durch die Blasenspannung zugänglich erweist. Wir werden im Folgenden die erste Anlage und Entwicklung des Echinodermenskelettes in seinen Hauptzügen schildern, indem wir uns, was das Beobachtungsmaterial betrifft, an den Bericht Semon's*) anlehnen. Die erste Anlage des Skelettes verläuft bei allen Echinodermen in hohem Grade übereinstimmend. Verfolgen wir zunächst die Bildung eines Skelettelementes bei einer SeeigeUarve. — Zuerst tritt in einer Mesenchymzelle ein kleines, kaum erst sichtbares Kalkkörnchen auf (Fig. 56 a). Dasselbe hat zu- nächst noch keine bestimmt ausgesprochene Gestalt, es vergrössert sich aber allmählich und nimmt dabei die Form eines kleinen Tetraeders an (Fig. 56 b). Das Wachsthum des Tetraeders schreitet weiter fort, so dass dasselbe mit der Zeit eine einseitige Auftreibung der Bildungs- *) R. Semon: „Beiträge zur Naturgeschichte der Sjnaptiden des Mittel- meers.« — Mittheü. d. zoolog. Stat. zu Neapel, VIT. Bd., 2. Heft. — 44 — zelle veranlasst (Fig. 56 c). Betrachtet raan den Kalkkörper bei stärkerer Vergrösserung (Fig. 56 c'), so sieht man, dass derselbe un- gemeine Ähnlichkeit mit einem ächten Tetraederkrystalle besitzt und sich von einem solchen nur dadurch unterscheidet, dass seine Flächen nicht vollkommen gerade, sondern etwas concav eingebaucht sind — also gerade dieselbe Form, die sich uns aus der Blasenspannung ergab (Fig. 8), die wir in blasig gebauten Gewebspartieen allerorts wiederfinden können und die wir auch bereits bei der Entosolenia aspera (Fig. 93 a) durch Skelettbildung verkörpert fanden. — Endlich tritt ein Stadium ein, wo die Bildungszelle dem Tetraeder zu klein wird, sie vermag ihn nicht mehr in sich zu fassen und so rückt er aus ihr heraus, um seine intracellulare Lage mit einer intercellularen zu vertauschen (Fig. 56 d). Etwa gleichzeitig mit dieser Lageveränderung tritt auch eine Ver- änderung im Wachsthumsmodus des Kalkkörpers ein. Derselbe ver- grössert sich nicht mehr gleichmässig in den 4 durch die Ecken des Tetraeders angedeuteten Richtungen der Vierstrahlerachsen, sondern nur 3 Ecken des Tetraeders wachsen zu Armen resp. Nadeln aus, die sich zwischen die Mesenchymzellen einschieben, das Wachsthum in der Richtung der 4., senkrecht emporstrebenden Tedraederecke unterbleibt dagegen (Fig. 56 d). Das Tetraeder wird somit zum dreistrahligen Spiculum, im Centrum des Letzteren bleibt das Tetraeder jedoch noch eine Zeit lang, bis es von dem sich verstärkenden Spiculum über- wachsen ist, deutlich sichtbar (Fig. 56 d, d'; vergl. hierzu Fig. 8). Das Endresultat des Processes ist ein typisches dreistr ahliges Spiculum (Fig. 56 e). „Wir sahen, dass die Dreistrahler, aus denen sich das Pluteus- skelett bildet, ursprünglich von kleinen Tetraedern, also vierachsigen Gebilden abzuleiten sind. Dies scheint nun ein ganz allgemeines Ge- setz zu sein, und wenige, wohl nur scheinbare Ausnahmen abgerechnet, glaube ich, sind alle Kalkbildungen der Echinodermen (Larven und entwickelter Thiere) im Grunde von derartigen Tetraedern abzuleiten. Bei einem Theil entwickeln sich alle vier Achsen weiter: in diese Reihe gehören die Rädchen der Auricularien und Holothurien und die Stacheln der Asteriden, Ophiuriden und Echiniden. In einer zweiten Reihe von Fällen entwickeln sich nur drei Achsen und die vierte tritt zurück. In diesem Falle erfolgt dann das wirkliche Längen wachsthum mit all seinen complicirten Gabelungen und Verzweigungen in einer Ebene, und nur die blosse Dickenzunahme erfolgt auch in anderen Ebenen. In diese Kategorie gehören die plattenförmigen Skelett- — 45 — bildungen sämmtliclier vier Echinodermenordnungen, also bei weitem die Mehrzahl aller Skelettbild uii gen bei den Ecbinodermen überhaupt."*) — Wir sehen, die speciellen Beobachtungsresultate sowohl wie die allgemeinen morphologischen Gesichtspunkte, zu denen Semon durch seine Untersuchungen gelangt ist, stimmen vollkommen mit den Forderungen der Blasenspannung überein. Wir können somit auch die Skelettbildung der Ecbinodermen, wenigstens in ihren Anfangs- stadien, unserer allgemeinen Gerüstbildungsmechanik ein- und unter- ordnen und ihr so eine causal-mechanische Begründung geben. — Bevor wir die Ecbinodermen verlassen, wollen wir jedoch noch eines Beispieles der Gerüstbildung bei ihnen gedenken, nämlich der Anlage der Anker der Synaptiden mit ihren dazu gehörigen Platten Dieselbe unterscheidet sich insofern von dem Skelettbildungsmodus bei den übrigen Echinodermengruppen, als sie nicht von einem Tetraeder ihren Ausgang nimmt; es liegt aber hierin keineswegs eine principielle Abweichung, sondern im Gegentheil harmonirt gerade die Entwickelung der Skelettelemente der Synaptiden in der vollkommensten Weise mit den Formgesetzen der Blasenspannung. — Bei den Synaptiden findet die Skelettbildung nur in einer Ebene statt, ihre Skelettelemente werden daher nach dem Dreistrahlertypus gebaut. Zunächst wird ein einfacher Stab gebildet (Fig. 64 a). Dieser wächst zum Dreistrahler aus, indem er an seinem einen Ende zwei Seitenarme aussendet (Fig. 64 b). Die Seitenarme krümmen sich mit ihrem weiteren Wachsthum nach hinten um, so dass der Dreistrahler Ankerform erhält (Fig. 64 c — i).**) Bald nach *) Loc. cit. pag. 293. **) Bei Echinodermen sowoU wie bei Spongien kann man eine Bildung von Skeletttheilen an der freien Oberfläche des zelligen Körpers nicht wohl an- nehmen, die Skelettbildung findet hier wohl stets im Inneren des Gewebskörpers, im Mesenchym oder Secretgewebe statt, aber auch unter diesen Umständen ist die Entstehung von ankerförmigen Skeletttheilen bei diesen beiden Organismen- abtheilungen leicht erklärbar. Wir brauchen nur an das Gesetz der Blasen- spannung zu erinnern, dass da, wo kleine Blasen an grössere angrenzen, sich die Zwischenwände und mithin auch die Kanten nach dem Hohlraum der Letzteren convex hervorwölben; auch hatten wir schon darauf hingewiesen, dass das Her- vorwölben von an die freie Oberfläche eines Complexes angrenzenden Blasen sich nur als ein Specialfall dieses Gesetzes darstellt^ wenn wir die ganze Aussenwelt in diesem Falle als einen einzigen Blasenhohlraum von unendlicher Grösse be- trachten. — Es ist nur das Aneinandergrenzen verschieden grosser Blasenelemente nöthig, so sind auch im Inneren eines Gewebskörpers die Bedingungen zur Bildung von Ankern erfüllt. — 46 — Beginn des Auswachsens der Ankerschaufeln legt sich auch die Platte an. Etwa auf der Mitte des Ankerstieles und quer zu diesem entsteht ein Stäbchen, dasselbe verzweigt sich nach dem Dreistrahlertypus und durch solche fortgesetzte gesetzmässige Verzweigung bei gleichzeitiger Ver- wachsung der aufeinanderstossenden Balkenenden wächst es zu einer streng nach dem Dreistrahlertypus gebauten Gitterplatte mit polygonalen, meist hexagonalen Maschen heran (Fig. 64 c — i). Zuletzt findet dann noch eine Ausrundung der Maschen und die Ausbildung einer Zähne- lung an ihrem Innenrande statt (vielleicht mit ähnlichen Befunden an Radiolarienschalen zu veigleichen? vergl. Figur 103 und 106 und S. 16). Die ursprüngliche polygonale Anlage der Maschen bleibt jedoch als zwischen den Poren sich hinziehende Zeichnung sichtbar. Die Ent- wickelung der Synaptidenplatte erscheint uns besonders auch deshalb interessant, weil sie uns den Übergang von der Stufe des polycen- trischen Spiculum (vergl. Fig. 63) zur Gitterplatte vor Augen führt. Die weitere Entwickelung zu den hoch differenzirten Echinodermen- skeletten wird durch höchst verwickelte vitale Processe geschehen, nur die innere spongiöse Structur der Skeletttheile (Fig. 27) scheint noch durch den elementaren Factor der Blasenspannung bedingt zu sein. — Die der Skelettbildung zu Grunde liegenden Verhältnisse des Weich- körpers, unter denen die Blasenspannung auftritt, liegen bei dem einfachen Vacuolengerüst der primitiven Rhizopodenkörper denkbar klar und ein- fach; anders bei den differenzirten Geweben der mehrzelligen Organismen. Einmal treten hier die Blasen demente, wie wir sahen, in drei ver- schiedenen morphologischen Werthigkeiten auf und dann können die Verhältnisse auf jeder der drei histologisch-morphologischen Werthig- keitsstufen, bei dem wabigen Protoplasma, den Vacuolengerüsten und den Zellgeweben wieder verschiedene sein. Ausserdem ist noch folgender Punkt in Betracht zu ziehen: Wo die Skelettbildung auch stattfinden mag, kann sich der Einüuss der Blasenspannung auf sie äussern. Ein Skeletttheil kann sich zuerst im Anschluss an die Protoplasmawaben anlegen, nach einiger Vergrösserung tritt er in Beziehung zu dem Gerüst der Vacuolenwände und wird ihm selbst seine BildungszeUe zu klein, so rückt er zwischen die Zellen des Gewebes ein ; überall unter- liegt er denselben formativen Kräften der Blasenspannung. Es ist wenigstens sehr leicht möglich, dass bei mehrzelligen Organismen eine solche Wanderung stattfindet (vergl. Fig. 56), dass ein Skeletttheil während des Verlaufes seiner Bildung die 3 (oder nur 2) Stufen der organischen Blasensysteme durchwandert, von der niederen der nächst — 47 — höheren Stufe überwiesen wird.*) — Die specielle Untersuchung und Feststellung dieser verschiedenen in Betracht kommenden histologischen Verhältnisse überlassen und empfehlen wir anderen Forschern. Wir glauben, dass sich hier der künftigen Forschung ein weites und frucht- bares Gebiet eröffnet. Auf dem Gebiete der Histologie ist zwar, und gerade in der letzten Zeit, schon viel und gründlich gearbeitet worden, bisher aber unseres Wissens noch nicht mit den von uns hier an- geregten Gesichtspunkten im Auge, und hierauf kommt viel an, denn ohne allgemeine Directive geht man selbst beim gründlichsten Unter- suchen an werthvollen Thatsachen vorbei, wenn sie gleich dicht am Wege liegen. Wir begnügen uns hier natürlich damit, die im Vorstehenden be- sprochenen Skelettbildungen im Princip auf die Mechanik der Blasen- spannung begründet zu haben. — Wenn wir unsere Ergebnisse überblicken , so sehen wir, dass die Blasenspannung bei den verschiedenen Organismengruppen in ver- schiedener Weise zur Geltung kommt und daher auch eine verschiedene Höhe des Skelettbaues erzielt. Bei den Spongien äussert sich die Blasenspannung nur in der *) F. E. Schulze machte seiner Zeit den Versuch („Zur Stammesgeschichte der Hexactinelliden", Abhandlungen der Berliner Akademie, 1887), die drei- und vierstrahligen Formen der Spongienspicula aus dem anatomischen Bau der Spon- gienkörper zu erklären, indem er schloss, für einen von runden Poren resp. kugeligen Geisselkammem durchsetzten Weichkörper seien drei- resp. vierstrahhge Spicula die zweckmässigste Stütze, woraus sich „vom Standpunkte des Nützlich- keits- und somit auch des Selectionsprincipes das Auftreten" dieser Spiculum- formen bei den Spongien erkläre. Zunächst können wir mit diesem Erklärungs- versuch im Princip deshalb nicht übereinstimmen, da wir die Erklärung eines Bildungsvorganges oder, was dasselbe sagen will, des Auftretens einer Bildung durch das Selectionsprincip für unmöglich halten (siehe den II. Theil). Andrer- seits glauben wir jedoch allerdings, dass die runden Poren und Geisselkammem ein Moment sind, welches eine weitere Begünstigung des Vierstrahlertypus bei der Skelettbildung der Spongien bedingt, aber in rein mechanischer oder sogar stereometrischer Weise. Das von dem Körpergewebe ausgefüllte Zwischenraum- system zwischen den in Rede stehenden runden Körperhöhlen des Spongien- körpers zeigt ebenso den Bau des Vierstrahlertypus, wie das Zwischenwandsystem zwischen runden Blasen, und natürlich giebt sich dieser dann auch in der Gestalt der zwischen den Poren oder Geisseikammern sich bildenden Spicula kund. Die Spicula gestalten sich conform den ihnen zum Wachsthum zur Ver- fügung stehenden Raumverhältnissen; ob hierdurch für die Bedürfnisse des Spongienkörpers zweckmässige Einrichtungen entstehen oder nicht, kommt hierbei zunächst gar nicht in Betracht. ^^P >|^ !uj(librar> — 48 — Bildung einzelner Spicula, die wohl secundär und äusserlich unter ein- ander verkittet werden können oder mechanisch ineinandergreifen, nicht jedoch kann die Blasenspannung genetisch einheitliche, aus einem Gusse gefertigte, mannigfaltig gebaute Skelette, wie bei den Rhizopoden, als ihre Werke in Anspruch nehmen. Es ist dies aus dem Körperbau und der Organisation der Spongien leicht verständlich. Die Mannig- faltigkeit und Energie der innerhalb eines Schwammes sich abspielenden vitalen Processe wird im Verhältniss gering sein, und auch die Kräfte der Aussen weit werden in den meist massigen Körper nur wenig ein- dringen und so ihren variirenden Einfluss geltend machen können ; kein Wunder, dass der innerhalb solcher trägen Gewebskörper verlaufende Gerüstbau sich relativ einförmig gestaltet. Auch bei den Echinodermen kommt die Blasenspannung im Ver- hältniss nur wenig zur Geltung; rein und in allerdings klassischer Weise nur bei der ersten Anlage der Skelettelemente und dann in der einförmigen, gleichmässig spongiösen inneren Structur der ausgebildeten Skeletttheile, während das Skelett in seinen äusseren makroskopischen Formen, in seinen einzelnen Theilen sowohl, wie auch als aus diesen zusammengesetztes Ganzes als complicirtes Product der Anpassung an die Natur eines hochstehenden Organismus imponirt. In den Echino- dermen haben wir das den Spongien entgegengesetzte Extrem; bei diesen steht die Skelettbildung auf einer verhältnissmässig niederen Stufe wegen der Indifferenz und Einförmigkeit ihrer Bedingungen, bei jenen werden die elementaren physikalischen Kräfte und Verhältnisse über- täubt und zurückgedrängt durch eine hochgesteigerte specifische Lebens- thätigkeit, welche die ersteren nur während der einfacheren Anfangs- stadien der Entwickelung und bei dem elementaren inneren Aufbau des Skelettes zur Geltung kommen lässt. Wie in vielen Fällen, so erweist sich auch für die Blasenspannung die Mittelstrasse als die beste und diese finden wir bei den Rhizopoden. Bei den kleinen Sarcodekörpern dieser Protisten ist das Wechselspiel der physikalisch- chemischen Kräfte des Körperinneren und der Aussen- welt ein überaus reges und wechselvolles und dabei ist die specifische Organisation und Lebensenergie noch so niedrig und gering, dass den elementaren Bildungsfactoren noch ungestörter Spielraum bleibt. So entfaltet denn auch bei diesen ihrem ganzen Wesen nach noch auf der Grenze zwischen anorganischer und organischer Natur stehenden Urwesen die Blasenspannung den Skelettbau zu einer ganz erstaun- lichen Blüthe. — 49 — Sechstes Capitel. Die Bildimgsmechanik der äusseren Gesammtform der Rhizopodenkörper und -schalen. Es war uns gelungen, die Structur der Rhizopodenskelette, den Gerüstbau der Rhizopoden in seinen feineren Ausführungen an den einzelnen Partieen der Skelette zu einem grossen Theil auf die Gesetze der Blasenspannung zurückzuführen; wir wollen nunmehr versuchen, auch den Ursachen, welche den Rhizopodenkörpern und somit auch deren Schalen und Skeletten ihre Gesammtform, ihren ganzen äusseren Habitus verleihen, auf die Spur zu kommen. Wir werden sehen, dass sich uns auch für dieses Gebiet ein causales Verständniss eröffnet, wenn wir nur den richtigen Forschungsweg ein- schlagen. Auch in den hierher gehörigen Fragen ist es wieder vor Allem die Flüssigkeitsmechanik, welche uns den Schlüssel zur Lösung in die Hand giebt. Die Schlussfolgerung, welche uns zu dieser Er- kenntniss führt, ist einfach: Die Sarcodekörper der Rhizopoden besitzen zähflüssigen Aggregatzustand, folglich werden auch für sie die Gesetze der Flüssigkeitsmechanik Geltung haben. Dass dies für den inneren Bau der Sarcodekörper zutrifft, haben wir bereits an dem Vierstrahler- typus dargethan, den wir durch ein Capitel der Flüssigkeitsmechanik die Blasenspannung, erklären konnten; im Folgenden werden wir sehen, dass wir auch die äussere Gestalt der Rhizopodenkörper, die dann in der äusseren Gesammtform der Schalen ihren festen Ausdruck findet, unserem causalen Verständniss näher bringen können durch folgerichtige Anwendung der Physik der Flüssigkeitsmechanik auf die Morphologie der biologischen Befunde. Die äussere Gestaltung der Rhizopodenkörper ist wie die flüssiger Körper überhaupt hauptsächlich in den Verhältnissen der Oberflächen- spannung begründet. Machen wir uns also zunächst, soweit es für unsere Zwecke nothwendig ist, klar, was wir unter Oberflächenspannung zu verstehen haben. Was man unter Cohäsion und Adhäsion zu verstehen hat, ist all- gemein bekannt. Cohäsion ist die Anziehung, welche zwischen den kleinsten Theilen ein und desselben Stoffes resp. Körpers stattfindet, die Kraft, welche innerhalb dieses Körpers wirksam ist und ihn zu einem einheitlichen Ganzen zusammenhält; Adhäsion dagegen ist die D r e y e r , Ziele und Wege biolog. Forschung. 4 — 50 — Anziehung, welche zwischen zwei verschiedenen Stoffen resp. Körpern stattfindet, die Kraft, welche auf der Grenze, zwischen den Berührungs- flächen dieser beiden Körper wirksam ist und dieselben aneinander- kettet. Die Differenz zwischen Cohäsion und Adhäsion ist nun das, was man unter Oberflächenspannung versteht, die Oberflächenspannung eines flüssigen Körpers ist der Rest, welcher übrig bleibt, wenn man die Adhäsion zwischen ihm und dem anstossenden Körper resp. Stoff von der ihm innewohnenden Cohäsion abzieht, oder, noch besser ausgedrückt, die Oberflächenspannung eines Körpers ist die durch den antagonistischen Kräftefactor der Adhäsion in ihrer Wirkungsintensität geregelte Cohäsion. Die Cohäsion strebt nach einer Zusammenziehung, einer Centralisirung eines Körpers, sie ist das centripetale Princip; die Adhäsion zwischen einem Körper und einem anderen, an einer bestimmten Stelle an ihn angrenzenden Körper resp. Stoff strebt nach einer möglichst innigen Verbindung beider, nach einer Yergrösserung der Berührungsfläche, sie ist das centrifugale Princip. Ist hier die Adhäsion gleich Null, so tritt die Cohäsion in ihrer Wirkung unbeeinträchtigt in Kraft: Die Oberflächenspannung ist die stärkste, die Oberflächenentfaltung die kleinstmögliche, der Körper bewahrt Kugelform; ist die Adhäsion ebenso stark oder noch stärker wie die Cohäsion, so wird diese gänzlich aufgehoben : Die Oberflächenspannung ist gleich Null, die Oberflächen- entfaltung wird unendlich gross, d. h. der Körper geht in das angrenzende Medium in Lösung über. Zwischen diesen beiden Extremen sind alle Grade der Oberflächenspannung und der Oberflächenentfaltung piöglich, beide stehen immer in umgekehrtem Verhältniss zu einander: je stärker die Oberflächenspannung, um so geringer ist die Oberflächenentfaltung; je schwächer die Oberflächenspannung, um so ausgiebiger ist die Ober- flächenentfaltung an der betreffenden Körperstelle. Sind bei einem flüssigen Körper der Stoffaustausch, die chemischen Beziehungen zwischen ihm und einem angrenzenden Stoff rege, so wird hier auch im Allgemeinen die Adhäsion stark sein und es, entgegen der zusammenziehenden, centralisirenden Tendenz der Cohäsion, zu einer Yergrösserung der Grenzfläche bringen, was sich in dem Ausfliessen von Körperfortsätzen ausspricht: die Oberflächenspannung ist an der be- treffenden Stelle eine geringere und dies ist von einer entsprechenden Yergrösserung der Oberfläche durch eine Bereicherung des Oberflächen- reliefs begleitet. Bei einem Rhizopodenkörper, der in physikalischer Hinsicht einem Protoplasmatropfen entspricht, pflegt der biologische Sprachgebrauch die in Folge local verminderter Oberflächenspannung her- - 51 — vorfliessenden Fortsätze als Pseudopodien zu bezeichnen. Bei einem amö- binen Rbizopodenkörper finden bald an diesen, bald an jenen Stellen Stoffwecbselprocesse, chemiscbe Beziehungen zur umgebenden Aussen- welt statt und fliessen in Folge verminderter Oberflächenspannung Pseudopodien aus und hierdurch nach und nach der ganze Körper bald in dieser, bald in jener Richtung fort. Durch Schalenbildung verkörpert und fixirt werden diese bekannten primitiven amöbinen Formen bei den Astrorhiziden (Fig. 121). Eine solche primitive Astro- rhizaschale imponirt auf den ersten Blick als einfache Sandinkrustirung eines Rhizopoden mit ausgestreckten Pseudopodien. Auf den wichtigen Gesichtspunkt, dass die Bildung der Pseudopodien eines Sarcodekörpers auf den Grad der Oberflächenspannung zurückzuführen ist, hat zuerst Berthold in seiner „ Protoplasmamechanik " hingewiesen. Es ergiebt sich hieraus eine überraschende und der gewöhnlichen Vorstellung über Pseudopodien- büdung zuwiderlaufende Consequenz. Wenn wii- die Oberflächenspannung in ihre beiden Componenten zerlegen, so ist die Oberflächenverringerung erstrebende Cohäsion die bewirkende Ursache der Einziehung der Pseudopodien, die eine Oberflächenvergrösserung anstrebende Adhäsion dagegen die bewirkende Ursache der Bildung, Ausstreckung und Verästelung der Pseudopodien. Es wird daher nur die Einziehung von dem Organismus innewohnenden Kräften bewirkt, die Ausstreckung dagegen hängt von peripheren Grenzkräften ab; genau genommen darf man daher auch nicht sagen, „die Pseudopodien werden ausgestreckt", sondern „sie werden ausgezogen^^ Es kommt uns dies Ergebniss im ersten Augen- blick befremdend vor, weil wir gewohnt sind, uns die Ursachen aller Erschei- nungen, die wir an einem Organismus wahrnehmen, unwillkürlich in diesen hineinzudenken — wir stossen hier auf eine letzte, uns in unserem Denken noch unbewusst gebliebene schwache Spur des Begriffes der Lebenski-aft. — So be- fremdend uns das Ergebniss aber auch im ersten Augenblick klingen mag, erweist es sich uns doch bei weiterem Nachdenken gleich als werthvoU, indem es uns zu einem befriedigenden mechanischen resp. chemischen Verständnisse der Nahrungs- aufnahme der Rhizopoden führt. Zur Ernährung des Sarcodeleibes eines Rhizo- poden, zur Assimilation, werden diejenigen Stoffe am geeignetsten sein, welche möglichst viele von den Bestandtheilen enthalten, aus denen sich auch die Sarcode zusammensetzt, welche der Sarcode in chemischer Hinsicht am ähnlichsten sind — , dies ergiebt sich schon aus dem Begriffe der „Assimilation". Zwischen solchen Stoffen und der Sarcode wird aber auch im Grossen und Ganzen die Oberflächen- spannung am geringsten sein. Ungeniessbare, oft gar nicht lösliche Körper, wie Sandkörnchen, Glasstückchen, Holzpartikel etc., auf welche ein dahinfliessender Rhizopode stösst, werden sich in der Regel nur rein mechanisch in den Sarcode- körper desselben eindrücken, um bei der nächsten Gelegenheit, ohne von der Sarcode benetzt zu sein, wieder fallen gelassen zu werden; die Oberflächen- spannung zwischen ihnen und der Sarcode ist eben gross. Anders bei ver- werthbaren, organischen Partikeln der verschiedensten Art. Zwischen ihnen und der Sarcode wird die Oberflächenspannung von Anfang an geringer sein; bei — 52 — einer stattfindenden Berülining eines derartigen Körpers durch ein Pseudopodium findet in Folge dessen sofort Benetzung, meist auch bald Umfliessung statt, bald werden Processe wechselseitigen Stofi'austausches stattfinden, Bestandtheile des aufgenommenen Körpers werden in die Sarcode und aus dieser werden Bestand- theile in den aufgenommenen Körper übertreten, die aneinandergrenzenden Partieen von Fremdkörper und Sarcode werden sich durch diesen gegenseitigen Ausgleich in ihrer chemischen Beschaffenheit immer ähnlicher, die Oberflächen- spannung in demselben Masse immer geringer, bis endlich bei dem weiteren Verlaufe dieser ^, Assimilation" die Grenze ganz verschwindet, der aufgenommene Körper in die Sarcode völlig in Lösung übergeht. Enthielt derselbe unverwendbare, durch den Assimilationsprocess unangreifbare Bestandtheile, so werden dieselben, sobald sie von aller aufnahmefähigen Substanz entblösst sind, da dann zwischen ihnen und der Sarcode keine Beziehungen mehr stattfinden, bei nächster Gelegen- heit von dem Sarcodekörper fallen gelassen. Von unserem Standpunkte aus gewinnen wir auch ein Verständniss für die merkwürdige Thatsache, dass die Pseudopodien Nahrungskörper, welche sich in einiger Entfernung von ihnen be- finden, so zu sagen aufspüren und zielbewusst direct nach ihnen hinfliessen: Von einem solchen im Wasser liegenden Nahrungskörper werden Theile in dasselbe in Lösung übergehen, es wird um ihn eine von ihm aus radialwärts allmählich an Concentration abnehmende Lösungssphäre entstehen; hat ein Pseudopodium die äussere Grenze einer solchen Lösungssphäre erreicht, so wird es in Folge einer hier stattfindenden Abnahme der Oberflächenspannung in diese hinein- fliessen, und durch die in dieser Richtung stetig stärker werdende Concentration und in Folge dessen stetig abnehmende Oberflächenspannung radialwärts nach dem Centrum fortgeleitet werden, bis es den Nahrungskörper erreicht hat. — Wir sehen, der Vorgang der Nahrungsaufnahme bei den Rhizopodenkörpern ist nicht als ein einseitiger, ausschliesslich von dem Protisten ausgehender, sondern als ein wechselseitiger aufzufassen; mit demselben Rechte, wie wir sagen können, dass ein Pseudopodium nach einem Nahrungskörper hinfliesst und diesen in sich aufnimmt, können wir auch sagen, dass der Nahrungskörper das Pseudopodium an sich heranzieht und sich in dieses hineindrängt — im Grunde ist Beides zu- gleich der Fall. — Als interessantes Beispiel einer Nahrungsaufnahme weisen wir noch auf das „Aussaugen'^ der Spirogyrazellen durch Vampyrella hin. Ausser den Rhizopoden dürften auch die grossen, ja auch schon verschiedentlich beobachteten Plasmodien der Myxomyceten gute Untersuchungsobjecte abgeben. — Wir glauben unsere soeben skizzirte Auflassungsweise als geeigneten und lohnenden Ausgangspunkt empfehlen zu sollen, der Physiologie der Nahrungs- aufnahme und Assimilation, zunächst in den relativ einfachen Verhältnissen bei den Rhizopoden, auf physikalisch-chemischem Wege, d. h. mit causaler Erklärung, einen Schritt näher zu treten. In der Lebensgeschichte vieler Protisten treten Perioden ein, in denen der Stoffaustausch zwischen Sarcodekörper und Aussenwelt unterbrochen wird. Der Chemismus wird zeitweise ein nach aussen hin abgeschlossener, sich ausschliesslich im Inneren des Sarcodekörpers abspielender, nach reichlicher Nahrungsaufnahme, wo er durch die Assimilation der im — 53 — Körperinnem angehäuften Nahrungsmassen ganz in Anspruch genommen wird (Yerdauungscjsten), oder er wird ein gänzlich nach innen ge- richteter in Folge der bei einer* sich einleitenden Vermehrung durch Theilung oder Sporenbildung im Körperinnern vor sich gehenden Um- lagerungsprocesse (Vermehrungscysten), oder endlich der Anstoss zur Aufhebung des Stoffaustausches kann auch von aussen kommen durch eine einem solchen abholde ungünstige Veränderung in der Beschaffen- heit des umgebenden Mediums, wie es bei dem Verderben des Wassers, in welchem sich die Protisten befinden, oder Temperaturänderung der Fall ist (Dauercysten). Wie die Verhältnisse aber auch im Speciellen liegen mögen, wird das Aufhören der Beziehungen zwischen Sarcode- körper und umgebendem Medium von einer allseitigen Erhöhung der Oberflächenspannung begleitet werden, was zur Folge hat, dass die Pseudopodien eingezogen werden und der ganze Sarcodekörper sich zum kugeligen Tropfen zusammenzieht. Den Beschluss des Vorganges bildet dann die eigentliche Encystirung: um den runden Sar codetropfen bildet sich eine Schalenhülle (vielleicht als Niederschlags- resp. Erstarrungs- bildung der Grenzfläche des Sarcodekörpers aufzufassen), welche, conform den Umständen, unter denen sie entsteht, weder Oeffaungen, noch äussere radiale Anhänge, wie Stacheln u. dergl., besitzt. — In dieser Weise etwa kann man sich die Mechanik der Encystirungsvorgänge*) vorstellen. In den Cysten tritt uns die KugeLform am reinsten, ohne äussere Zuthaten oder Modiflcationen entgegen. Dann gehört aber die Kugelform bei den Rhizopoden, besonders den Radiolarien, zu den verbreitetsten Körperformen, die sich dann bei der Bildung einer Schale auf diese überträgt (Fig. 92, 106, 120). Der Sarcodetropfen des Rhizopodenkörpers wird durch die allseitig gleich- massig wirkende Oberflächenspannung in seiner Hauptmasse zur Kugel zusammengehalten, nur an den Stellen, wo durch die chemischen Pro- cesse des Stoffwechsels die Oberflächenspannung local verändert und zwar vermindert wird, kommt es zur Ausziehung von Pseudopodien. *) Eine darwinistische , Erklärung" derselben würde etwa in. folgender Weise gegeben werden: Die Verhältnisse, unter denen die Encystirungen statt- finden, lassen nicht einen Stoffaustausch, einen Verkehr mit der Aussenwelt, sondern, im Gegentheil möglichste Abgeschlossenheit und Schutz vor deren stören- den und nachtheiligen Eingriffen als wünschenswerth erscheinen. So erklärt sich denn die Encystirung, durch deren Contraction des Sarcodekörpers zur Kugel- form die kleinstmögliche Oberfläche und durch deren Hüllbildung ein zweck- mässiger Schutz der Aussenwelt gegenüber erzielt wird, als eine zweckmässige selectuelle Anpassung an diese jeweiligen Bedürfnisse des Organismus. — 54 — Dieselben sind meist zahlreicli über die Oberfläcbe des Sarcodekörpers verstreut und umgeben denselben mit einer Strahlensphäre. Betheiligen sich die Pseudopodien an der Skelettabscheidung , so geben sie ent- sprechenden radialen Anhangsgebilden der Gerüste den Ursprung. Die Formen dieser Anhangsgebilde sind, conform denen der Pseudopodien, in denen sie entstanden, entsprechend ihrer Bildungsursache, den wechselvollen Verhältnissen der Oberflächenspannung, sehr verschieden- artig imd wechselvoll und lassen sich nicht, wie diejenigen der inner- halb der Vacuolengerüste gebildeten Skelettpartieen , strengen geome- trischen Gesetzmässigkeiten unterordnen.*) Solche in freien Pseudo- podien gebildeten Gerüsttheile sind bald starr stachel- oder lanzenförmig, bald baumartig vielfach verzweigt, bald besenartig, bald knorrig u. s. w. (vergl. d. Figg. 103, 108, 109, 112, 117—119, 126). Bei den Gerüst- bäumchen von Figur 117 hat man deutlich den Eindruck, dass die skeletogenen Pseudopodien durch irgend einen Einfluss, vielleicht durch eine Wasserströmung oder den anziehenden Einfluss eines Nahrungs- körpers, aUe einseitig nach einer Richtung gekehrt sind. An lebenden oder gut conservirten Radiolarien kann man zuweilen sehr gut die Gerüstbalken noch im Zusammenhang mit den ihnen als Bildungsherd dienenden Pseudopodien beobachten; ein Beispiel hierfür möge die in Figur 119 (nach Häckel) gegebene Darstellung der oralen Partie einer stephoiden Nasseilarie geben. Von dem Ring gehen mannigfach ver- zweigte Balken aus, die in ihrem Verlaufe den verkieselten Pseudo- podien entsprechen. Über die Zweigspitzen hinaus setzen sich die Pseudopodien noch eine Strecke weit fort.**) Sind die radialen, vom Sarcodekörper ausgehenden Sarcodeströmungen sehr stark, so zieht sich ihnen entsprechend die Schale in röhrenförmige Fortsätze aus, ein be- sonders für die Schalen der colonialen SpumeUarien charakteristischer Befund (Fig. 107, 130). Die radialen Apophysen der Radiolarienschalen fallen bekanntlich sehr häufig durch ihre streng regelmässige Stellung in die Augen; wie haben wir uns diese Erscheinung zu erklären? — Wir glauben, dass uns folgende Überlegung zu einem Verständniss hierfür verhilft: *) Vergl. die Anm.**) auf S. 6. **) Es verdient hier noch die für den Gerüstbau der Nassellarien charakte- ristische Ringbalkenbildung (vergl. Fig. 109, 111, 112, 117, 119) Erwähnung. In d^n Ringbalken haben wir allem Anscheine nach Verkieselungen von Sarcode- strängen zu erblicken, die in enger Anlehnung und unter dem unmittelbaren Ein- flüsse der Centralkapsel diese umzogen. — 55 — Diass bei einem kugelrunden tropfenförmigen, gleichmässig geschichteten und structurirten Sarcodekörper, der in einem gleichmässigen Medium langsam rotirend schwebt, also unter beiderseits gleichmässigen Ver- hältnissen, auch die Pseudopodien gleichmässig über die Oberfläche vertheilt sind, erscheint natürlich. Ist nur eine geringere Anzahl von Pseudopodien vorhanden, so nennen wir ihre gleichmässige Vertheilung resp. Stellung regelmässig.*) Es scheint uns denn auch, dass wir unter solchen Umständen weniger nach den Ursachen einer gleichmässigen, als nach denen einer ungleichmässigen Vertheilung der Sarcodeströmung zu suchen haben. In dieser Hinsicht halten wir die Schwerkraft für den bedeut- samsten Factor. Bei Rhizopodenkörpern , welche ihre Lage nicht wechseln, sondern zur Gravitationsrichtung eine dauernde Lage bei- behalten, wird die Schwere ihren gestaltenden Einfluss ausüben können ; die Form des Sarcodekörpers erhält ein monaxones Gepräge.**) Am wichtigsten ist diejenige Gestaltungsrichtung, bei welcher eine Con- centration der Sarcodeströmung resp. der Pseudopodien nach dem einen Pole der Hauptachse stattfindet (Fig. 119), was bei typischer Ent- wickelung die Bildung einer Mündungs Öffnung (Pylom, Dreyer) an dem entsprechenden Pole der monaxonen und somit heteropolen Schale ver- anlasst (Fig. 11, 12, 54, 89, 93, 103, 111, 113). Dieser Gestaltungs- typus ist, wie bekannt, bei aUen Rhizopoden sehr verbreitet. — Ein weiteres für den Habitus der Rhizopodenschalen wichtiges Moment liegt lq dem rhythmischen Schalenwachsthum. Wie sich durch dieses als natürliche Folge von den homaxonen resp. polyaxonen kugeligen Schalen aus die concentrische Bauart, von den monaxon- heteropol-pylomatischen Schalen aus die terminale Bauart entwickelt, haben wir schon dargethan (vergl. S. 20 — 23). Berthold constatirt in seiner Protoplasmamechanik***) die Über- einstimmung von Protoplasmakörpern mit den Gesetzen der Flüssigkeits- *) Die Entwickelung meiner Theorie der Gleichgewichtsregulirung des strahligen Rhizopodenkörpers durch einen „Kampf um's Dasein zwischen den Pseudopodien'* vergleiche in den „Principien der Gerüstbildung" S. 409 — 411. Die- selbe kommt jedoch im Grunde auf dasselbe hinaus, wie die soeben angestellte kurze Überlegung. **) Es ist jedoch auch nicht ausgeschlossen, dass sich aus irgend welchen Gründen vom Sarcodekörper aus eine Polarität entwickelt, und dass diese dann erst den Sarcodekörper veranlasst, eine zur Gravitationsrichtung constante Lage beizubehalten. ***) Bert hold: „Protoplasmamechanik", S. 87—90. — 56 — mechanik in folgender Hinsiclit: „Berührt man eine flüssige suspendirte Kugel, etwa von Ol in einem Gemisch, von Alkohol und Wasser von gleichem spec. Gew., an zwei entgegengesetzten Punkten mit zwei kreisförmigen Platten oder Ringen, welche von dem Ol benetzt werden und entfernt dieselben dann von einander, so nimmt bei einer be- stimmten Entfernung der Platten von einander die Flüssigkeitsmasse Cylinderform an, nämlich dann, wenn der Inhalt der ursprünglichen Olkugel gleich dem Inhalt des cylindrischen Raumes zwischen den beiden Platten geworden ist. Dieser Cylinder kann aber für längere Dauer nur dann erhalten werden, wenn seine Länge seinen Umfang, also 2vJt (wenn r der Radius), nicht überschreitet. Plateau hat auf experimentellem und theoretischem Wege gezeigt, dass jede auf irgend eine Weise erzeugte cylindrische Flüssigkeitsmasse ein labiles Gebilde wird, sobald ihre Länge grösser wird als 2 rjr. In dem letz- teren Falle muss sie unter dem Einfluss der Oberflächenspannung mehr oder weniger bald andere Formen annehmen, es entstehen in bestimmten, ziemlich gleichen Entfernungen von einander Einschnürungen und Aus- buchtungen und schliesslich so viel Kugeln, als die Länge des Cylinders das Vielfache von 2rJt betrug. Der Grund dieser Erscheinung ist der, dass in dem letzteren Falle alle aus dem Cylinder nach und nach entstehenden Formen eine kleinere Oberfläche haben, als der ursprüng- liche Cylinder, wie sich mathematisch beweisen lässt. Die Gesammt- summe der Oberflächenspannung nimmt dabei also ab und die dabei verschwundene Energiemenge ist verwandt worden, um die während der Umlagerungsvorgänge stattfindenden Massenbewegungen zu er- möglichen. Wenn man die theoretischen Schlussfolgerungen auf ex- perimentellem Wege zu verificiren versucht, so zeigt sich, dass in Wirklichkeit solche Flüssigkeitscylinder erst dann in einzelne Ab- schnitte zerfallen, wenn sie die theoretisch zulässige Länge von 2 r jr mehr oder weniger weit überschritten haben und zwar aus dem Grunde, weil die in Bewegung zu setzenden Flüssigkeitsmassen je nach dem spec. Gew., ihrer Zähigkeit und den übrigen physikalischen Eigen- schaften der Umlagerung einen mehr oder weniger bedeutenden Wider- stand entgegensetzen, die Intensität der Oberflächenspannung aber be- kanntlich ebenfalls nach den Einzelfällen eine sehr verschiedene ist. Darum geht in der Praxis die Stabilität von Flüssigkeitscylindern oft erst bei erheblich grösseren Längen als 2rjr verloren. Die für die Umlagerung zur Disposition tretenden Kräfte werden nämlich um so grösser, je mehr die Länge den Werth 2 r;r übertriff't, was begreiflich. — 57 — da die Masse, je mehr sie sich in die Länge streckt, um so mehr sich damit von der Kugelform entfernt. So fand Plateau und später Worthington, dass ein Quecksilbercylinder erst labil wurde, als die Länge 6-1 X 2 r, statt 3 • 14 X 2 r geworden war. Für zähere Flüssig- keiten würden sich ohne Zweifel noch höhere Werthe für die Stabi- litätsgrenze bei praktischen Versuchen ergeben. Ein derartiger, seiner übergrossen Länge wegen labiler Flüssigkeitscylinder bekommt nun beim Beginn der Zerfällung in den theoretischen Forderungen mehr oder weniger genau entsprechenden ziemlich gleichen Abständen Ein- schnüningen, während die dazwischen liegenden Abschnitte anschwellen. So nimmt er Perlschnurform an. Indem die dünneren Partieen sich mehr und mehr verengern, tritt zuletzt ein Stadium ein, wo die ein- zelnen Abschnitte fast zur Kugel abgerundet sind, die dünneren Partieen zwischen ihnen sich aber zu cylindrischen Verbindungsfäden umgeformt haben "(Fig. 114 a)„. Diese letzteren reissen nun weiterhin nicht ein- fach durch, sondern schwellen wieder in ihrer Mitte an und bilden einen secundären Tropfen, sobald sie bei ihrer Verlängerung das Maximum der für ihren Radius stabilen Länge überschreiten. So bilden sich zwischen den zuerst entstandenen Haupttropfen kleinere secundäre in Einzahl. Dünne Fädchen verbinden die ganze Tropfen- reihe. Auch können diese sich weiterhin zu noch kleineren tertiären Tröpfchen umgestalten "(Fig. 114 b)„, und so ferner. Der Grund für das Auftreten dieser secundären und tertiären Tröpfchen liegt nach Plateau darin, dass, wenn die verbindenden Flüssigkeitsfäden nach ent- sprechender Verdünnung eine gewisse Länge erreicht haben, in Folge der Reibungswiderstände die Flüssigkeit aus den mittleren Theilen nicht mehr rasch genug abfliessen kann. So verdünnen sich die den Kugeln benachbarten Partieen in stärkerem Grade: der anfangs in der Mitte eingeschnürte Faden nimmt Cylinderform an, um bald darauf in der Mitte eine Anschwellung auszubilden, welche zum secundären resp. tertiären Tropfen wird. Auch an mikroskopischen Objecten kann man diese Vorgänge oft sehr schön studiren. Zerquetscht man das Fleisch der reifen Beere von Viscum album auf dem Objectträger, so finden sich in der Masse zahlreiche langgestreckte, mehr oder weniger genau cylindrische Fäden einer schleimigen, stark lichtbrechenden Substanz. Diese mikroskopischen Fäden zerfallen sich nun langsam in der be- schriebenen Weise derart, dass man die einzelnen Stadien des Zerfalls sehr bequem verfolgen kann, während dies bei weniger zähen Flüssig- keiten darum Schwierigkeiten macht, weil die ganzen Umlagerungen — 58 — sehr schwach erfolgen. Die Zerfällung von den Zellmembranen durch Glycerin oder Zuckerlösung abgehobener cylindrischer Plasmaschläuche in eine Anzahl von Abschnitten findet nun genau in derselben Weise wie bei leblosen Flüssigkeiten und Gemischen statt. Ich studirte in dieser Hinsicht eingehender zunächst die Wurzelhaare von Trianea bogotensis. Das mit stark verdünntem Glycerin contrahirte Plasma zeigte aufs schönste die einzelnen Stadien der Umbildung, wie dies auf "Figur 115„ dargestellt ist. Natürlich kommen vielfache Unregel- mässigkeiten vor, bedingt durch das ungleichmässige Abheben des Schlauches von der Wand, die nicht vollkommen gleichmässige Con- sistenz und Dicke desselben u. s. w. Dabei nimmt die Rotations- bewegung, wie dies auch Hofmeister bei Hydrocharis fand, zunächst ihren Fortgang, Später zerreissen die dünnen Fäden gewöhnlich an einer Stelle und der ganze Rest wii'd dann in eine der nächstliegenden grösseren Kugeln eingezogen. Auch bei Bryopsis gelang es mir öfter dieselben Umbildungsvorgänge aufs schönste zu beobachten, besonders an längeren cylindrischen und farblosen Plasmafäden, welche sich zu- nächst zwischen den grösseren Abschnitten des zerfallenden contrahirten Plasmakörpers ausgezogen hatten. Ganz entsprechende Umlagerungs- erscheinungen cylindrischer, oder annähernd diese Form besitzender Plasmamassen kommen im normalen Verlauf des Lebens gar nicht selten vor, obwohl sie bisher nur wenig beachtet sind. Nur kommt es in der Regel nicht zu einer vollständigen Trennung der einzelnen Ab- schnitte. Von Cienkowski*) sind schon vor längerer Zeit hierher ge- hörige Formbildungen abgebildet, so erscheint z. B. Monas amyli im Amöbenstadium oft in Form eines aus einer Anzahl spindelförmiger Stücke bestehenden Fadens. Auf Taf. XVHI, Fig. 9 hat derselbe Forscher auch eine entsprechende Figur von einem im Einziehen be- griffenen Plasmodiumast von Didymium serpula gegeben. Auch bei den langgestreckten Farbkörpern vieler Florideen treten häufig ent- sprechende Formen auf" und auch für die Gestalt der perlschnur- förmigen Kerne, wie sie sich besonders bei verschiedenen Infusorien, z. B. Stentor, finden, scheint uns ein mechanisches Verstäudniss ge- geben. Besonders deshalb haben wir aber die Erörterungen Berthold's über diesen Gegenstand der Protoplasma- resp. Flüssigkeitsmechanik im Vorstehenden wiedergegeben, da sich die aus ihnen ergebende Er- kenntniss auch für unser Gebiet als werthvoll erweist. Auch bei den *) Pringsh. Jahrb., Bd. 3, Taf. 19, Fig. 7, 8. — 59 — Rhizopoden und zwar bei den sogenannten Qualstern der colonie- bildenden Radiolarien kommen die schönsten perlschnurförmigen Ge- staltungen vor. Als Beispiel möge Figur 116 dienen, sie zeigt die Colonie eines Collozoum inerme; jeder tropfenförmige Abschnitt be- sitzt in der Mitte eine grosse Flüssigkeitsvacuole , deren Wand von dem eigentlichen protoplasmatischen Cönobium mit den Centralkapseln der einzelnen Zellindividuen gebildet wird. Ziemlich in der Mitte der Kette zeigt sich zwischen zwei grossen primären Tropfen sogar ein kleiner secundärer. Auf der ersten Tafel von Brandt's „colonie- büdenden Radiolarien des Golfes von Neapel", der wir auch unser Beispiel entnommen haben, findet sich eine ganze Auswahl von ver- schiedenen Qualsterformen dargestellt.*) Dieselben variiren bei der- selben Species ungemein, was sie um so anziehender macht, da wir hieraus schliessen können, dass die bedingenden Momente ihrer Bildungs- mechanik noch nicht so tief in den specifischen Lebensprocessen des Protoplasma wurzeln, als dass sie durch dieselben bestimmt geregelt würden. Um so lohnender erscheint auch hier eine genauere Be- arbeitung von mechanischen Gesichtspunkten aus, besonders unter Hin- zuziehung physikalischer Control- und Vergleichsversuche. — Weiter haben wir einer höchst interessanten Gruppe von Er- scheinungen der Gerüstbildung zu gedenken, in der uns die Blasen- spannung bei Radiolarienschalen auch als Bildnerin der äusseren Form, des ganzen Bauplanes entgegentritt. — Ein in einem Medium frei schwebender, aus vier grossen Blasen bestehender Blasencomplex, dem noch eine kleine Blase eingefügt ist, zeigt die in Figur 7 dar- gestellte Formation. Es giebt nun eine Gruppe von Nasseilarien, deren Schalen genau dem Zwischenwandsystem eines solchen Blasencomplexes entsprechen, Figur 12 führt eine solche Form als Beispiel vor: Die Cephalis oder das Köpfchen entspricht der centralen kleinen Blase und die von ihr ausgehenden Gitterplatten den Zwischenwänden der an- stossenden 4 grossen Blasen. Ein Vergleich der Figuren 12 und 7 lehrt auf den ersten Blick, dass die Uebereinstimmung eine völlig exacte ist, dass die Form des Radiolariengerüstes ohne weiteres dem *) Dass bei den Qualstern der colonialen Radiolarien nicht wie bei den Körpern der einzellebenden die Form des kugeligen oder monaxonen Tropfens, sondern mehr oder weniger unregelmässige , wenngleich natürlich jedenfalls streng gesetzmässige Formen vorherrschen, ist wahrscheinlich hauptsächlich durch ihre beträchtlichere Grösse bedingt. — 60 — Z wischen wandsy st em des Blasen complexes (ich Labe dieses der grösseren Deutlichkeit wegen roth schraffirt) substituirt werden kann. Stellen wir uns den Weichkörper einer solchen Form vor, so vertritt die Centralkapsel die Stelle der mittleren kleinen Blase, die 4 grossen Blasen werden dagegen 4 wirklichen riesigen Yacuolenblasen ent- sprechen, die die extracapsuläre skeletogene Sarcode nur in Form ihrer Zwischenwände dulden. — Die in Figur 11 dargestellte Form ist auf denselben Typus zurückzuführen, nur hat bei ihr nur in den 3 oberen von der Cephalis ausgehenden Zwischenwänden Skelett- bildung stattgefunden, während unten nur die 3 Kanten, in denen die 3 nach abwärts gehenden Sarcodeplatten zusammenstossen, als 3 Stacheln verkieselt sind. — Durch das terminale Wachsthum zerfällt eine Schale in eine An- zahl kettenförmig aneinandergereihter Schalen, sie büsst hierdurch den Eindruck und die Eigenschaften einer einheitlichen Schale, einer ge- schlossenen Form mehr oder minder ein. Es giebt nun einen Vor- gang, welcher dieser Decentralisirung entgegenstrebt und wieder mehr oder weniger vollständig eine Centralisation und Integration der aus zahlreichen Kammern zusammengesetzten Schale herbeiführt. Die Kammern gruppiren sich enger an einander, legen sich auf einander, über einander oder umwachsen und umhüllen sich sogar gegenseitig. Es geschieht dies in verschiedenartiger, gleich näher zu besprechender Art und Weise; als typisches Beispiel möge fürs Erste die durch die ganze Thalamophorenverwandtschaft weit verbreitete spiralige Auf- rollung genannt werden. — Wie haben wir uns die Mechanik dieser Vorgänge zu denken? — Auch hier ist es die Flüssigkeitsmechanik und speciell die Oberflächenspannung, welche uns der Lösung des Räthsels auf die Spur verhilft. Wir hatten uns klar gemacht, dass die Oberflächenspannung im Allgemeinen zwischen solchen Stoffen am geringsten ist, welche die meiste Verwandtschaft und Ähnlichkeit mit einander besitzen, welche am meisten geneigt sind, durch Diffusions- und Lösungsvorgänge zu einander in regen Stoffaustausch zu treten. Zuweilen scheint die Oberflächenspannung ein sehr empfindlicher Mass- stab für stoffliche Verwandtschaft und Differenz zweier Körper zu sein, So beobachtete Karl Brandt*), dass Syncytien colonialer Radiolarien *) K. Brandt: „Die coloniebildenden Radiolarien des Golfes von Neapel' S. 78—82. — 61 — ein und derselben Species mit einander zu einem einheitlichen Qualster zusammenkleben und verschmelzen können, nicht dagegen solche, die verschiedeneu Arten angehören ; ein Verhalten, welches augenscheinlich auf Differenzen in der Oberflächenspannung zurückzuführen ist: zwischen zwei gleichartigen Sarcoden derselben Art besteht überhaupt keine Oberflächenspannung, sie vereinigen und mischen sich ohne weiteres; zwei Sarcoden verschiedener Radiolarienarten werden chemisch und physikalisch zwar sehr ähnlich sein, ihre TJuterschiede werden äusserst subtiler Art sein, aber immerhin genügen, um eine, wenn auch noch so geringe gegenseitige Spannung zu bewirken, die eine völlige und dauernde Vereinigung verhindert. — Denken wir uns eine monotha- lame Thalamophore, die eben im Begriff ist, die zweite Kammer zu bilden. Die aus der Mündungsöffnung herausgetretene, für die nächste Kammer bestimmte Protoplasmapartie ist derselben bildenden Kraft der Oberflächenspannung unterworfen, die auch der ersten Kammer ihre Form gab, nur haben sich bei ihr die Verhältnisse etwas com- plicirt. Bei der Gestaltung der Anfangskammer kam (von der Schwerkraft abgesehen) nur der eine Factor der Oberflächenspannung zwischen Sarcode- körper und umgebendem Meerwasser in Betracht, bei der Gestaltung einer zweiten Kammer müssen wir aber ausserdem noch die Oberflächen- spannung zwischen dem Sarcodekörper dieser zweiten Kammer und dem exoplasmatischen Überzug der ersten Schale, dem extracorticalen Exo- plasma*) der vorhergehenden ersten Kammer in Rechnung ziehen. Der erstere Factor, die Oberflächenspannung zwischen Sarcode und Meerwasser, wird sich etwa gleich geblieben sein und einen bestimmten Grad besitzen, die Oberflächenspannung zwischen dem Exoplasmaüberzug der ersten Kammer und dem Protoplasma der zukünftigen zweiten wird dagegen gleich Null sein oder doch in engen Grenzen um Null herum schwanken. Das extracorticale Exoplasma der ersten Kammer wird in Folge dessen bestrebt sein, die aus der Mündungsöfinung herausgetretene Sarcodemasse an sich heranzuziehen, diese wird, falls nicht andere Momente entgegenstehen, dieser Anziehung folgen und mehr oder weniger weit auf die erste Kammer herabfliessen, statt sich schlank von derselben zu erheben. Hierdurch erklärt sich die Tendenz der Kammern einer Schale, von der gestreckten Richtung abzuweichen *) Über die Beweise für die Allgemeinlieit eines exoplasmatischen Schalen- überzuges als typischen Bestandtheiles des Thalamophorenkörpers und über den Begriff des extracorticalen Exoplasma vergleiche man meine „Principien der Gerüstbildung", I. Abschnitt, 1. Gerüstbildungstypus: Die Cuticulaschale. — 62 — und sich enger aneinander anzuschliessen , finden die Integrations- vorgänge der Thalamophorenschalen ihre natürliche Erklärung. Sie können, wie schon erwähnt wurde, in verschiedener Weise und in ver- schiedener Vollständigkeit erfolgen, woraus sich ebensoviele verschie- dene Bautypen der Thalamophorenschalen ergeben, die sich aber uns von unserem allgemeinen ätiologisch-mechanischen Gesichtspunkte aus als Specialfälle ein und derselben Erscheinungsgruppe unterordnen, die wir passender Weise eben als die der Integrationsvorgänge bezeichnen können. — Der einfachste Fall ist der, dass die Sarcode der neu zu bildenden Kammer an der vorhergehenden Kammer zu allen Seiten eine Strecke weit herabfliesst; es entstehen so Kammerreihen, deren Kammern mehr oder weniger weit über einander gestülpt resp. in ein- ander gesteckt erscheinen (Fig. 123). Erfolgt das Herabfliessen nur zweiseitig, so reiten die Kammern auf einander, wie wir es bei dem Frondicularientypus finden. Fliesst die Sarcodemasse der 2. Kammer einseitig an der ersten herunter, so ist bei der Bildung der 3. Kammer die der 2. entgegengesetzte, freigebliebene Seite eine Lücke, die die Sarcodemasse der 3. Kammer auszufüllen trachtet, die 4. Kammer setzt sich dann wieder auf der gegenüberliegenden Seite, über der nun tiefer liegenden 2. an und so geht, nachdem einmal der ent- sprechende Anfang gemacht ist, die Aneinanderlagerung der Kammern regelmässig alternirend von der einen Seite zur anderen im Zickzack weiter; es entsteht ein Baustyl, den wir bei der grossen Gruppe der Textilariden verkörpert finden (Fig. 124). Ähnlich ist die Gruppirung der Kammern bei der in Figur 125 dargestellten Polymorphina , nur ist hier, indem die Kammern mehr und inniger übereinandergreifen, die Integration eine noch vollständigere, die ganze Form trägt einen äusserlich abgerundeten, einheitlichen Habitus zur Schau. — Geht von einer kugeligen Anfangskammer, sei es ein gleichmässiges, sei es ein rhythmisches Wachsthum aus, so kann sich der aus der Mündungs- öffiiung hervorwachsende Sarcodestrom zunächst in Folge irgend einer geringfügigen zufälligen Veranlassung nach irgend einer Seite zu dem Exoplasmaüberzug der Anfangskammer überneigen ; durch diesen ersten Schritt ist dann aber die Windungsrichtung einer sich entwickelnden Spirale ein für allemal fest bestimmt; der Sarcodestrom wird dann in der einmal angegebenen Richtung zunächst die Anfangskammer um- wachsen, um dann auf dem Rücken der jeweilig nächstinneren, unteren Windung allmählich fortfliessend den Bau der Schalenröhre resp. der Kammerreihe in der Spirale herumzuführen (Fig. 122, man sieht, dass — 63 — der fortwachsende Körper hier einmal ein Stück von der Spirale abgewichen war, um aber bald darauf wieder zu derselben herab- gezogen zu werden). Eine weitere Steigerung erfahrt der durch das spiralige Wachsthum bewirkte Integrationsvorgang dadurch, dass die Spiralumgänge die Tendenz zeigen, auch seitlich sich über die nächst inneren Umgänge herabzuerstrecken und so die älteren Theile der Schale zu umwachsen. Diese Umwachsung der älteren Schalentheile durch die jüngeren kann man in ihrem allmählichen Fortgange be- sonders schön bei den Milioliden beobachten, es lässt sich hier eine suc- cessive Steigerung des Umgreifungsprocesses constatiren von Cornuspira und Spiroloculina, wo noch alle Windungen frei zu Tage liegen, durch Quinqueloculina, Triloculina, Bilocnlina bis zu Uniloculina. Da, wo die Umgreifung vollständig durchgeführt wird, umhüllt die grösste jüngste*) Kammer jedesmal die gesammte übrige Schale; wenn man eine solche Form im unversehrten Zustande von aussen betrachtet, sieht man nur die Schalenoberfläche der letzten Kammer, und erst wenn man diese aufbricht, bekommt man die nächste Kammer zu sehen (eine Form, bei welcher dieses Verhältniss nahezu erreicht ist, giebt Fig. 128). — Es wurde häufig beobachtet, dass eine Globigerinen- schale in einer grossen kugelrunden Schale eingeschlossen war (Fig. 127); genau dieselben kugelrunden, von zahlreichen Poren durchbohrten Schalen waren aber auch ohne eingeschlossene Globigerinenschale be- obachtet und zu einer eigenen Gattung Orbulina erhoben worden. Dass die beiden Schalenformen der Globigerina und Orbulina vereinigt bei demselben Individuum vorkommen und ihre Übereinstimmung in Bau und Structur der Schalenwand spricht für einen genetischen Zu- sammenhang beider Formen; auf der anderen Seite ist es dagegen auf- fallend, dass beide Formen noch öfter getrennt bei verschiedenen Indi- viduen vorkommen und dass die constatirte Vereinigung beider der Art ist, wie wir ihr bei keiner anderen Schalenbildung der Rhizopoden *) Dass der Zuwachs sich successive steigert, seine Producte successive an Grösse zunehmen, ist für sämmtliche Rhizopoden, concentrisch sowohl wie terminal wachsende, allgemeine Regel und ebenso natürlich, wie dass ein Capital, zu dem die Zinsen immer wieder geschlagen werden, immer mehr Zinsen producirt. — Als ein sehr prägnantes Beispiel von starker Grössenzunahme speciell der letzten Kammer verdient u. A. besonders Cymbalopora bulloides d'Orb (siehe Brady, Challenger-Report, pl. 102 , Fig. 8) Erwähnung, wo das Verhältniss derart ist, dass die ganze übrige Schale nur als kleine flache, der mächtig aufgetriebenen kugeligen Endkammer aufsitzende Kappe erscheint, die gegebenen Falls bequem 10 mal in der Letzteren Platz finden könnte. — 64 — begegnen: die Globigerinenschale schwebt lose in der Hohlkugel der Orbulina darin, ohne mit ihr materiell verbunden, etwa an irgend einer Stelle der Innenfläche der Orbulina angekittet zu sein (Fig. 127). Zur Deutung dieser merkwürdigen Befunde ist viel discutirt und sind ver- schiedene, zum Theil recht abenteuerliche Ansichten aufgestellt worden. Uns scheinen die Verhältnisse einfacher zu liegen, als es auf den ersten Blick scheint und im Anschlüsse an die vorhergehenden Erörterungen ihre natürliche Erklärung zu finden. Gerade bei den Globigerinen ist die Steigerung der Wachsthumsenergie und die hierdurch bewirkte Grössenzunahme der Kammern sehr beträchtlich, die jüngsten Kammern übertrefi'en die ersten und ältesten an Grösse um ein Vielfaches (Fig. 126, 127). Wird nun bei einem Globigerinenindividuum die für die letzte Kammer bestimmte Sarcodemasse so mächtig, dass sie die ganze Schale zu überfluthen und sich von deren Grundlage zu eman- cipiren vermag (wodurch auch der bei Uniloculina noch gewahrte Zusammenhang zwischen der älteren Schale und der Wandung der äusseren umgebenden jüngsten Kammer verloren geht), so wird sie als kugelrunder Tropfen diese in ihrem Inneren vollständig aufnehmen, und kommt es dann zur Schalenbildung, so haben wir einen Befund, wie er uns in Figur 127 entgegentritt. Auch die Orbulinen, bei denen eine eingeschlossene Globigerinenschale fehlt, scheinen uns unter den obwaltenden Verhältnissen und bei Inbetrachtziehung einer Kalk- resorption*) verständlich. Durch die die Bildung der Orbulinaschale bedingende mächtige Ausdehnung des Sarcodekörpers wird das Lagerungs- verhältniss der Globigerinenschale in diesem ein ganz anderes. Solange die Schale den Sarcodekörper noch zu fassen vermag, harmonirt sie auch mit dessen Topographie, entspricht sie noch den Form- und Schichtungsverhältnissen desselben, indem ihre Wände innerhalb der Schicht des skeletogenen und skeletterhaltenden Exoplasma liegen, von diesem an ihrer Innen- und Aussenfläche überkleidet werden; in Folge der Überfluthung der Globigerinenschale durch die Sarcode findet in dem Rhizopodenkörper eine entsprechende Umlagerung und Verschiebung der Verhältnisse statt: das skeletogene Exoplasma wird sich von der Globigerinenschale entfernen, um sich der nunmehrigen Gestalt des Weichkörpers conform über den kugeligen Sarcodetropfen als periphere Schicht, in der dann die Bildung der Orbulinaschale stattfindet, aus- *) In Bezug auf Beweise für das Vorkommen eines Eingreifens von Re- sorptionsvorgängen in den Schalenbau der Thalamophoren vergleiche man meine „Principien der Gerüstbildung", S. 236-239. — 65 — zubreiten. Die Grlobigerinenschale kommt somit aus dem schalen- bildenden und schalenerhaltenden Exoplasma in das Entoplasma zu liegen, durch dessen andersartigen Chemismus sie mit der Zeit aufgelöst werden wird (etwa ebenso, wie es einem Knochen ergehen würde, der aus unserem Körper in unseren Magen gelangen und hier dem zer- setzenden Einfluss der Magensäure anheimfallen würde). Die drei beob- achteten Befunde: 1. freie Globigerinenschale (Fig. 126), 2. (jlobi- gerinenschale von einer Orbulinaschale umschlossen (Fig. 127) und 3. leere Orbulinaschale bedeuten wahrscheinlich weiter nichts wie individuelle Variationen, die durch ebenso viele Abstufungen in der Wachsthumsenergie des Rhizopodenkörpers bedingt sind: Hält sich das Wachsthum in dem successiven Kammerzuwachs conformen Grenzen, so bleibt es bei der Bildung einer einfachen freien Globigerinenschale; steigert sich das Wachsthum zuletzt sehr beträchtlich, so kommt es zur Bildung einer umschliessenden Orbulinaschale; findet dies erst sehr spät, kurz vor dem Tode resp. vor der Auflösung des Rhizopoden- körpers in Sporen, statt, so bleibt die Globigerinenschale erhalten; tritt die mächtige letzte Wachsthumswelle dagegen schon früh ein, so bleibt die innere Globigerinenschale dem zerstörenden Einfluss des Entoplasma so lange ausgesetzt, dass sie gänzlich aufgelöst wird. — In der Bildung der Orbulinaschale sind wir beim höchsten Grade der Integration und Centralisation, speciell des Umgreifungsvorganges der terminal wachsenden polythalamen Thalamophorenschale angelangt: Wir sehen wieder die primitive Form des kugeligen Tropfens und die dieser entsprechende Kugelschale erreicht, die mit dem grössten Volumen die geringste Oberflächenentfaltung vereinigt.*) — Nachdem wir den Formenaufbau der Rhizopodenschalen , die Bildungsmechanik ihrer mannigfaltigen, meist wunderbar regelmässigen und gesetzmässigen Formen und Bauarten dem Verständniss näher zu bringen gesucht haben, haben wir zum Schlüsse noch einiger Momente *) Eine darwinistische „Erklärung" der Integrationserscheinungen würde etwa lauten: Der Vortheil einer einheitlichen geschlossenen Form, der beim con- centrischen Wachsthum gewahrt bleibt, geht durch das therminale Wachsthum verloren. Dadurch, dass die Schale zu einer langen Kammerreihe auswächst, ver- liert sie äusseren Angriffen gegenüber an Resistenzfähigkeit, sie wird zerbrech- licher, ebenso wie die ungefüge Form einer langen Kammerreihe bei einer Loco- motion hinderlich sein muss. Die Integrationserscheinungen finden also als einen Ausgleich dieser Unzuträglichkeiten erstrebende zweckmässige Anpassungen ihre „Erklärung". Dr e y er , Ziele und Wege biolog. Forschung. 5 — 66 — zu gedenken, die eine Degeneration, eine Auflösung der bestimmten Form bewirken. — Bei Thalamophorenschalen kommt es bin und wieder vor, dass die Kalkabscbeidung nachträglich auf das die Schale überziehende Exoplasma und auf Anfangsstücke von diesem ausgehender Pseudo- podien übergreift. Die Schale wird hierdurch von einer unregelmässigen Kalkkruste überzogen, die an den verschiedensten Stellen in verzweigte Röhren, die Abgüsse der proximalen Theile der Pseudopodien, aus- läuft (Fig. 129). — Die gleichmässigen Verhältnisse, welche bei einem gleichmässig gebauten und in einem gleichmässigen Medium frei schwebenden Sar- codekörper obwalten, hatten wir oben (S. 54 — 55) als die Bedingung des regelmässig strahligen Baues der Rhizopodenkörper und ihrer Gerüste angesprochen. Wir finden diese Annahme darin bestätigt, dass da, wo diese Bedingung verloren geht, auch der regelmässige Bau der Schalen verloren geht. Es ist dies bei den colonialen Radio- larien der Fall. Das ganze Cönobium ist in diesen Fällen der indivi- dualisirte, den gestaltenden und durch Gleichgewichtsverhältnisse regu* lirten mechanischen Kräften unterworfene Sarcodetropfen und die Qualster als Ganzes können*) denn auch häufig regelmässig geschichteten und strahligen Bau besitzen (Fig. 130) — die physikalischen Kräfte und Gesetze machen keinen Unterschied zwischen vergleichend-ana- tomisch biologischen Individualitätsstufen — , die einzelnen Zellindivi- duen liegen hingegen als Theile in dem gemeinschaftlichen Ganzen darin, ohne ein individualisirtes Gleichgewicht zu geniessen. Die Folgen hier- von geben sich denn auch, wo es überhaupt um die einzelnen Central- kapseln zur Schalenbildung kommt, in dieser zu erkennen, denn während den Schalen der Radiolarien im Allgemeinen bekanntlich ein streng gesetzmässiger und regelmässiger Bau zukommt, pflegen sich diejenigen der colonialen Radiolarien durch mehr oder weniger unregel- mässigen Bau auszuzeichnen. Als ein typisches Beispiel möge Figur 130 dienen; das ganze Cönobium besitzt einen sehr regelmässigen, concen- trischen und radialen Bau, auch die Schalen der einzelnen Individuen ordnen sich der concentrischen Lagerung unter, indem sie alle in einer oberflächlichen Schicht der Kugel vertheilt sind, besitzen aber selber unregelmässige Gestalt, die in diesem Falle in der inconstanten Zahl und Anordnung der Mündungsröhren ihren Ausdruck findet. — *) Vergl. hierzu die Anm. auf S. 59. — 67 — Es ist eine bekannte physikalisclie Erscheinung, dass ein Tropfen, der frei schwebend Kugelform besitzt, diese aufgiebt und unregel- mässig auseinanderfliesst , sobald er herabsinkt und den festen Boden erreicht. Ganz ebenso verhält es sich mit den Sarcodekörpern der Rhizopoden; auch bei ihnen ist der Übergang zu einer auf einem festen Substrat festsitzenden Lebensweise in der Regel das Signal zur Auf- gabe der regelmässigen Form. — Da wir keine festsitzenden Radio- larien kennen, kommen hier nur die Thalamophoren in Betracht. Figur 133 zeigt eine festsitzende polythalame Form, deren Kammern ein unregelmässiges Aggregat bilden, wenngleich sich eine Tendenz zum spiraligen Bau noch schwach durchblicken lässt. Noch weiter ist die Degeneration bei der Thalamophore von Figur 134 gediehen. Während bei der soeben besprochenen Form die Kammern doch wenigstens noch zu einer geschlossenen Gruppe zusammenhalten, ist hier auch diese Integration aufgegeben. Nur rechts unten in der Ecke sieht man ein kleines Anfangsstück, welches noch spiralig aufgerollt ist, von da an ist der fortwachsende Sarcodestrom ohne bestimmte Richtung auf dem Substrat umher geflossen. Der Sarcodestrom mit der ihn überdeckenden Schalenmasse macht den Eindruck eines Lava- stromes , der sich unter seiner Erstarrungskruste fortbewegt. Ent- sprechende Befunde kommen auch bei ungekammerten festsitzenden Thalamophoren vor; die auf dem Substrat sich regellos hin- und her- schlängelnden Röhren derselben (Fig. 131) sehen Serpularöhren täuschend ähnlich. Ganz besonders instructiv zur Demonstration der Folgen, welche das Niederlassen auf eine feste Unterlage für die Gestaltung nach sich zieht, ist aber der Entwickelungsgang verschiedener Carpenterien. Verschiedene Vertreter dieser Thalamophorengruppe werden im Beginne ihrer Entwickelung noch eine Zeit lang ein freies Leben führen, und so zeigen denn auch die Jugendformen derselben noch den Bau einer typischen, regelmässig spiraligen, polythalamen Thalamophore (Fig. 132a). Sobald dann die Anheftung begonnen hat, wächst die Schale zunächst zwar auch noch spiralig weiter, fliesst aber zu gleicher Zeit seitlich auf dem Substrat auseinander (Fig. 132 b u. c). Das Endresultat ist eine unförmliche Kalkkruste, an der man noch nothdürftig erkennen kann, dass von einem gemeinsamen Centrum, der ehemaligen Spindel der spiraligen Schale, grobe Kalklappen ausgehen, die den auseinander- geflossenen Kammern entsprechen (Fig. 132 d). Viele Carpenterien wachsen als reichlich sich verästelnde Pseudopodienbäumchen empor (Fig. 135] und überziehen, indem sie rasenbildend auftreten, kleinen — 68 — Korallenstöckchen ähnlicli, fremde Gegenstände (Figur 136). Die formdegenerirende und -auflösende Wirkung der festsitzenden Lebens- weise hat hier ihren Höhepunkt erreicht, der gesammte Sarcode- körper hat sich in ein regelloses Gewirr von mit Kalk inkrustirten Pseudopodien aufgelöst (vergl. Fig. 136). — Für die frei im Wasser schwebenden Rhizopodenkörper hatten wir als typische und Ausgangs- form die Form des kugeligen Tropfens kennen gelernt und abgeleiteti für die auf dem Boden dahinfliessenden Rhizopodenkörper die Form der unregelmässigen, regellos bald hierhin, bald dorthin Pseudopodien aussendenden Amöbe (Astrorhiza) ; zur ersteren Ausgangsform sahen wir die Form- und Gerüstbildung durch den in der Bildung der Orbu- linaschale zu seinem Höhepunkt gesteigerten Integrationsprocess zurück- kehren, zur anderen Ausgangsform führt der Übergang zur festsitzenden Lebensweise zurück: die Zirkel schliessen sich. — Wir sehen, dass uns schon der in der vorliegenden Arbeit unter- nommene erste Schritt auf dem weiten Gebiete der organischen Form- und Gerüstbildungsmechanik einen reichen Ertrag von Resultaten und interessanten und werthvollen Gesichtspunkten und Perspectiven ge- liefert hat. Hoffen wir, dass dies hie und da zur Ermunterung dienen möge, in der betretenen Richtung weiterzugehen. Die hier und in verwandten Gebieten zu befolgende Forschungsmethode lässt sich in die Parole zusammenfassen: Studium der Flüssigkeitsmechanik, Beob- achtung und Untersuchung des biologischen Thatbestandes; ver- gleichende Schlussfolgerung von jenem Gebiet auf dieses. II. Allgemeiner Theil. Die ätiologisch-mechanische Behandlimg der Probleme der Biologie. Erstes Capitel. Ziele und Wege biologischer Forschung, kritisch beleuchtet. Motta: „rerum cognoscere causas." In der Entwickelung der Biologie haben wir in historisclier Auf- einanderfolge 3 Forschungsperioden zu unterscheiden, von denen sich jede durch eine eigene, jeweils tonangebende*) Forschungs- methode deutlich kennzeichnet; und wie es in der Regel im natür- lichen Gange der Entwickelung zu geschehen pflegt, so sehen wir, wie man auch hier in der Wissenschaft vom Leben sich das Ziel der Forschung immer weiter steckt und als Weg, auf dem man zu diesem zu gelangen sucht, als Methode der Forschung, sich einer dem entsprechend immer tiefergehenden zuwendet. Die erste der 3 Forschungsperioden gehört der Vergangenheit an, die zweite herrscht in der Gegenwart, der dritten gehört die Zu- kunft. — Zunächst begnügte man sich damit, die Formen zu sammeln, zu beschreiben und in die Abtheilungen des Systems einzureihen. Wir können diese erste Periode und ihre Methode als die de- scriptiv-registrirende bezeichnen, am treffendsten ist sie charakte- risirt durch die Worte Linne's, ihres Hauptvertreters selbst: „Species *) Ebenso wie schon vor Darwin entwickelungsgeschichtHche Gesichtspunkte auftauchten, wurden auch schon wiederholt ätiologisch-mechanische Gesichts- punkte zur Geltung gebracht. Hier wie im Verlaufe einer jeden natürlichen Entwickelung giebt es natürlich keine scharfen Grenzen. Auch in der geschicht- lichen Entwickelung der Wissenschaft tritt eine Richtung nicht plötzlich auf, um sich ausschliesslich auf einen bestimmten Zeitraum zu beschränken, sondern jede Richtung kündigt sich an und bereitet sich vor in ihren Vorläufern, die erst selten und versteckt, dann immer zahlreicher und stärker hervortreten, bis die Richtung endüch zum völligen Durchbruch und zur Herrschaft gelangt. — 72 — tot sunt diversae, quot diversas formas ab initio creavit infinitum ens." Die Arten gelten als die Einheiten, mit denen die biologische Wissenschaft zu rechnen hat, ebenso wie die anorganische Natur- wissenschaft mit den Atomen. Sie sind als solche in Bezug auf ihre Entstehung unableitbar, so alt wie die Schöpfung selber, und in Bezug auf ihr Wesen unerklärbar: Die Art als elementarer Körper lässt sich ebenso wenig in constituirende Elemente niederer Ordnung auflösen, wie der die Lebensäusserungen bewirkende Kraftfonds in elementare Kräfte: die Art als Formeinheit ist beseelt von der Lebenskraft als Krafteinheit. Der Wissenschaft steht weiter nichts zu, als die Arteinheiten ihren Eigenschaften nach möglichst gewissen- haft und gründlich zu beschreiben. Sind sämmtliche existirende Species genau bekannt und in den Fächern des Systems übersichtlich geordnet, so hätte die Biologie der Anschauung der damaligen Periode nach ihre Aufgabe erfüllt. Durch die von der ersten Periode vorgenommene systematische Grruppirung vorbereitet, betrachtet die folgende das System als den Ausdruck einer Blutsverwandtschaft der Organismen und giebt ihm so eine natürliche Erklärung. Von den einfachsten, durch Urzeugung entstandenen und somit den Übergang von den anorganischen Stoffen zu organisirten Körpern vermittelnden Urwesen aus hat sich das organische Reich in Form eines Ungeheuern, sich weit verästelnden Stammbaumes historisch entwickelt. Der leitende Grundgedanke, welcher diese jetzige Periode bio- logischer Forschung wie ein rother Faden, wie ein Alles beherrschender, belebender, anregender Nerv durchzieht, ist der Gedanke der histo- rischen Entwickelung der Lebewelt und das Bestreben, diese in ihrem Verlaufe und ihren einzelnen Phasen nach zu erforschen. Die Descendenzlehre ist es, welche der heutigen Biologie ihr charakte- ristisches Gepräge verleiht und die Wissenschaft vom Leben ihrer Methode und ihren Resultaten nach als historische Wissen- schaft kennzeichnet; der Beginn der neuen Epoche fällt in das Jahr 1859, in welchem Darwin sein berühmtes Werk über „Die Entstehung der Arten" in die Welt hinausschickte. Darwin gab der Descendenzlehre feste Begründung als einer wissenschaftlich legitimirten Theorie und wies hierdurch der biologischen Forschung neue Wege, — Wege im eigentlichen Sinne des Wortes, indem er zeigte, dass man den historischen Entwickelungsbahnen der Lebewelt nachzugehen habe. Die Aufgabe und das Ziel, welches diese zweite Epoche, auf — 73 — deren Höhe wir augenblicklicli zu stehen scheinen*), im Auge hat, besteht darin, durch ein vergleichendes Studium der Formen diese zu verknüpfen, den hypothetischen Stammbaum im Ganzen und in seinen einzehien Theilen zu reconstruiren; sie charakterisirt sich demnach ihrer Methode und ihrem Ziele nach als historisch- morphologische Forschungsperiode. Die Biologie wurde zur Archäologie im weitesten Sinne des Wortes. — Zu dem einen Ziele suchte man auf verschiedenen, der Haupt- sache nach drei Wegen zu gelangen. Der directeste Weg ist der, die Überreste der ausgestorbenen Geschlechter im steinernen Archiv der Erdrinde aufzusuchen, ebenso wie der Archäologe im engeren Sinne nach seinen Alterthümern gräbt. So erhält man aber immerhin nur Reste, Bruchstücke, Hieroglyphen, die schwer, oft selbst bei Aufbietung des grössten Scharfsinns nicht zu enträthseln sind und der Ergänzung sehr bedürfen; das einzig Vollständige und Reelle sind doch die lebenden Geschlechter, nach diesen muss man sich behufs Ausfüllung der klaffen- den Lücken umsehen. Der Stammbaum, nach dessen Spuren der Palä- ontologe forscht, gehört der Vergangenheit an, ist längst abgestorben nur die obersten Spitzen, die Vegetationspunkte der Zweige sind lebendig und setzen das Wachsthum fort, etwa wie die Torfmoose, die oben weiterwachsen, während ihre unteren Stammpartieen successive dem Moder des Torfes anheimfallen. Die Organismen der Jetztzeit gehören dem obersten Horizont der Erdgeschichte an, entsprechen den äussersten, im Weiterwachsen begriffenen Spitzen der Zweige des proble- matischen Stammbaumes. Als solche haben sie natürlich d i r e c t , d. h. in der der Jetztzeit entsprechenden Ebene keine Ver- bindung untereinander, sondern stehen als gesonderte Arten neben einander. Unterzieht man jedoch die unzähligen Formen einer ver- gleichenden Betrachtung, so bemerkt man bald, dass sie sich nach dem Grade ihrer Ähnlichkeit zunächst zu kleineren Gruppen und diese wieder zu umfassenderen Abtheilungen vereinigen lassen, — als Re- sultat der vergleichend morphologischen Betrachtungsweise ergiebt sich das natürliche System, welches, wie wir wissen, ja schon vor Darwin, während der descriptiv-registrirenden Forschungsperiode begründet und gefördert worden war. Tritt man mit dem Gedanken der Descendenz an dasselbe heran, so erblickt man in ihm den Ausdruck der natür- lichen, thatsächlichen Blutsverwandtschaft, und versucht man. *) Vergl. d. Anmerkung auf S. 82. — 74 — die ideellen Verbindungslinien der Arten, Gattungen, Familien, Typen perspectivisch in die Vergangenheit zurückzuproji- ciren, so kommt man, indem man aus der obersten Ebene — der Jetztzeit — heraustritt, den wirklichen Asten des Stammbaumes auf die Spur, die je nach dem Grade der Verwandtschaft mehr oder weniger convergiren und sich früher oder später zu Hauptästen ver- einigen, als deren Gabelung sie dann erscheinen. Mit dem richtigen Formenverständniss, einem umfassenden vergleichenden Überblick und der nöthigen Vorsicht und Kritik ist es also möglich, von dem einen obersten Horizont der Jetztzeit aus einen Blick in die in die Tiefe der Vergangenheit hinablaufenden Verzweigungen des Stamm- baumes zu thun. — Aber noch mehr! — Selbst ein einzelnes In- dividuum ist im Stande, uns Fingerzeige über seine Vergangenheit zu geben, und zwar durch den Gang seiner Entwickelung. Die Entwickelung jedes Organismus beginnt mit einem einzelligen Stadium der Eizelle. Diese vermehrt sich durch Theilung, die beiden Tochter- zellen theilen sich wieder und so fort wächst aus der einen (äusserlich wenigstens) indifferenten Eizelle der vielzellige, oft hoch differenzirte Organismus heran. Auch die Entwickelung des einzelnen Organismus entspricht also dem Emporwachsen eines Baumes: die Eizelle entspricht dem untersten Anfangstheile des Stammes, die Zelltheilungen den Ver- zweigungen der Äste, das genetische Gesammtbild des Indivi- duums dem zeitlich distrahirten Stammbaum seiner Zellen, Gewebe und Organe. Das Merkwürdige und Wichtige liegt nun darin, dass die Entwickelung des Individuums diejenige seiner Ahnenreihe, gleichsam als Erinnerung an eine ferne Ver- gangenheit, mehr oder weniger deutlich wiederspiegelt; in der richtigen Deutung dieser Anamnese hat man einen dritten Anhalts- und Ausgangspunkt für die Ergrün düng des Stammbaumes. Durch die Descedenztheorie wusste man erst, weshalb man forschte, hatte man erst „das geistige Band", welches die einzelnen Resultate als Bausteine eines einheitlichen Gebäudes zusammen- fügen half und war der biologischen Forschung ein grosses allgemeines Endziel gegeben: Die Entwickelung der organischen Welt zu ergründen. Der Aufschwung, den die Biologie seit Darwin nahm, war ein ungeheurer, — die Resultate wuchsen ins Unübersehbare, — ein Jahrzehnt nach Darwin hatte mehr zu verzeichnen, als die doppelte Zeit vor ihm. Doch es ist überflüssig, hierauf noch besonders hin- zuweisen; schwimmen wir doch selbst in dem grossen Strome der — 75 — modernen Biologie, der von Darwin ausgeht, mitten darin. Suchen wir uns jedoch einmal ans Ufer zu retten, — uns festen Boden unter den Füssen und ein sicheres Ruheplätzchen zu erobern, um von hier aus die Strömung der Zeit unparteiisch zu beobachten und uns über sie ein objectives Urtheil zu bilden. Gerade in einer Zeit rapiden Fort- schritts ist es nöthig, hin und wieder einmal Halt zu machen und zur Orientirung Umschau zu thun; zurückzublicken, was bisher geleistet ist und vorwärts zu blicken, welchem Ziele man entgegengeht und ob man dasjenige der Gesammtwissenschaft nicht aus den Augen verloren hat. Es ist nöthig, die Zügel der Kritik hin und wieder einmal anzuziehen, damit einem die allzufeurige Forschung nicht durchgeht. — Ein Botaniker begnügt sich nicht damit, einen Baum möglichst genau zu beschreiben, Zahl, Krümmung, Länge, Stärke und sonstige Beschaffenheit seiner Aste und die Winkel ihrer Verzweigung zu be- stimmen und ihn von verschiedenen Seiten, in verschiedenen Projectionen und Querschnittshorizonten abzubilden, — diese äussere Kenntniss- nahme des Baumes ist für ihn von untergeordneter Wichtig- keit; ihm ist es vor Allem darum zu thun, die innere Organisation desselben zu erkennen, das wunderbare Ineinandergreifen seiner ver- schiedenartigen Zellen- und Gewebsarten verstehen zu lernen, ebenso wie die Vorgänge des Stoff- und Kraftwechsels, die den äusseren Wachsthumserscheinungen zu Grunde liegen. — Übertragen wir dieses Beispiel auf die biologische Forschung, so bejänden wir uns in derselben Lage. Nehmen wir an, die Descendenzlehre habe ihr Ziel erreicht, wir hätten den genetischen Zusammenhang aller orga- nischen Formen in allen seinen Einzelheiten durchschaut und der voll- ständige Stammbaum befände sich in unserem intellectuellen Besitz, ohne Zweifel ein Fortschritt, — aber unser Causalbedürfniss wäre nach wie vor unbefriedigt. Über die Formen des Stamm- baumes, seine tausendfältigen Verzweigungen genössen wir dann einen vollständigen Überblick, noch nicht aber einen Einblick in die in seinem Inneren schaffenden Kräfte, die sein Leben und seine specifische Wachsthums- und Verzweigungsart bewirkenden Ur- sachen. Die Descendenzlehre kann uns eine äussere Anschauung der Entwickelungsbahnen geben und der sich auf diesen aneinanderreihenden Formen, nicht aber eine Einsicht in die Causalketten des Lebensprocesses, der in jenen dahinströmt und diese als seine sichtbaren Producte her- vorbringt. Die historisch-morphologische Forschungsrichtung — 76 — führt uns durch deren Ableitung von einander zu einem Verständniss der Formen, nicht aber zur Erkenntniss ihrer bewirkenden Ursachen. Durch eine phylogenetische Arbeit kann ich zeigen, dass diese Form aus jener hervorgegangen ist, nicht dagegen warum diese Form aus jener hervor- gegangen ist; die phylogenetische Forschung beschreibt Formenreihen, sie erklärt sie aber nicht. Doch halt! — Hat nicht Darwin gerade dadurch der Descendenz- theorie zum endgültigen Siege verholfen, dass er sie durch die Selections- theorie „mechanisch zu begründen" verstand ? Die Natur verfährt wie ein erfahrener Züchter, der immer die besten Individuen zur Nachzucht auswählt, nur mit dem Unterschied, dass die Erstere mit blinder mecha- nischer Nothwendigkeit, der Letztere nach planvoll-teleologischer Über- legung handelt. — Wollten wir dieses Princip der Auslese wirklich als mechanische Begründung der Descendenz gelten lassen, so müssten wir auch sagen, die eigenartige Färbung dieser oder der Federschopf auf dem Kopfe jener Rassentaube ist dadurch erklärt, dass der Züchter immer diejenigen Individuen zur Nachzucht auswählte, die am meisten zu diesem seiner züchtenden Thätigkeit vorschwebenden Endzweck hinneigten, oder, kommen wir noch einmal auf unseren obigen Ver- gleich zurück, so können wir die Selection mit einem Grärtner ver- gleichen, der an dem Baume die ihm unzweckmässig erscheinenden Zweige wegschneidet und nur die ihm passend erscheinenden aus- wachsen lässt; es wird Niemandem einfallen, den Wachsthumsvorgang der Letzteren dadurch für erklärt zu halten, dass sie der Gärtner nicht weggeschnitten hat. Das Selectionsprincip vermag uns nur zu zeigen, warum die Auslese von unzählig vielen, in der specifischen Constitution des Protoplasma potentia gegebenen Entwickelungsrichtungen nur gerade diese und jene zur Entfaltung gelangen Hess, in keiner Weise aber über die inneren Ursachen der Entwickelung selbst uns Aufschluss zu geben. Die Selection kann nur störend oder corrigirend — , wie man es nennen will ist Geschmackssache, — von aussen in den Entwickelungsgang eingreifen, nicht selbstthätig mitwirken, sie ist ein äusserlicher, negativ-regulirender, nicht dagegen ein innerlicher, positiv-constituirender Factor. Wir sehen also, dass sich die Selectionstheorie ebenso auf der Oberfläche bewegt, wie die Descendenztheorie, die sie be- gründen soll; halten wir die Letztere für eine Erklärung, so geben wir uns einer Selbsttäuschung hin, halten wir die — 11 — Erstere für eine Begründung der Letzteren, so machen wir uns eines logischen Denkfehlers schuldig.*) Fassen wir das Resultat zusammen, das wir durch die kritische Untersuchung der historisch - morphologischen Forschungsrichtung ge- wonnen haben. — Der Schwerpunkt der modernen historisch-morpho- logischen Forschungsrichtung liegt im Darwinismus. Unter Darwi- nismus verstehen wir passender Weise die mit der Selectionstheorie verbundene Descendenztheorie. Entsprechend diesen seinen zwei Seiten hat der Darwinismus zwei grosse Verdienste, die in der Aufklärung zweier Beziehungsverhältnisse der Organismen bestehen. Die Descen- denzlehre erleuchtet die Beziehung, welche die organischen Formen unter einander aufweisen*"^) und die in deren graduell abgestuften morphologischen Ähnlichkeit gegeben ist; die Selection die Beziehungen der Organismen zur Aussenwelt, die Zweckmässigkeit ihrer Organisation in Bezug auf die Verhältnisse der Aussenwelt."^**) Das Beziehungs- verhältniss jedoch, nach dessen Erkenntniss jede wissenschaftliche Forschung als nach ihrem eigentlichen Endziele zu streben hat, die Beziehung der Lebeuserscheinuugen und -formen zu ihren bewirkenden Ursachen ist die historisch-morphologische Forschungsmethode nicht im Stande zu erleuchten. *) Wir glauben nicht, dass auf dem Gebiete der Rhizopodenmorphologie eine Auslese überhaupt eine nennenswerthe Rolle spielt. Bei der vorstehenden Behandlung desselben haben wir jedoch einige Male — vergleiche die Anmer- kungen auf S. 22, 25, 47, 53, 65 — unserer mechanischen Erklärung eines Befundes eine „Erklärung" gegenübergestellt, wie sie der Darwinismus in dem betreffenden Falle geben würde und in anderen, analogen Fällen oftmals gegeben hat, denn vielleicht ist an der Hand concreter Beispiele eine vergleichende kritische Werth- schätzung beider Forschungsrichtungen noch einleuchtender. — In diesen Fällen können wir der darwinistischen Erklärung eine mechanische gegenüberstellen, in den meisten Fällen auf anderen Gebieten der Biologie geht dies noch nicht. Wie wird aber bei einer künftigen Generation, die dies können wird, die Werth- schätzung der heutigen historisch-morphologischen Forschungsrichtung, die doch auf dem sicheren Wege zur Erkenntniss zu sein glaubt, ausfallen? — **) Vergl. jedoch S. 82—83. ***) Es muss jedoch daran erinnert werden, dass die Selection lange nicht alle, sondern nur einen Theil der Zweckmässigkeiten der Organismen erklären kann. Ob sie aber in den Fällen, in denen sie formal eine Erklärung der be- treffenden Zweckmässigkeit geben könnte, auch wirklich eine reale Rolle spielt, ist wieder eine andere Frage (vergl. die obige Anm.*). Wie weit das Machtgebiet der Selection reicht, ist eine schwierige, noch ungelöste Frage, die uns hier jedoch nicht näher berührt. — 78 — Wenn ihr aber auch, dies nicht möglich ist, so lehrt sie uns doch, dass wir in den Arten nichts absolut Gegebenes, Unerklärbares, sondern etwas allmählich Gewordenes und daher auch einer natürlichen Er- klärung Zugängliches zu erblicken haben und hierin besteht ihr drittes und zwar unserer Überzeugung nach ihr Haupt verdienst. Der Darwinismus bietet in Bezug auf eine causale Erklärung zwar kein positives Resultat, aber eine Directive; er kann zwar selber eine Er- klärung nicht leisten, aber er weist auf die Möglichkeit einer solchen hin; hierdurch repräsentirt er das nothw endige Übergangs- glied von der descriptiv-registrirenden zu einer ätiologisch-mechanischen Forschungsperiode, von der beschreibenden zu einer erklärenden Be- handlung biologischer Objecte und erwirbt sich das ungeheure Ver- dienst, die Biologie als Wissenschaft überhaupt erst lebensfähig ge- macht zu haben. Hierin liegt die Hauptbedeutung und der Haupt- werth des Darwinismus und wer dies nicht einsieht, versteht den historischen Entwickelungsgang der Biologie nicht zu beurtheilen. Wenn uns aber der Darwinismus zeigt, dass eine Erklärung der Er- scheinungen des Lebens möglich ist, so liegt hierin zugleich eine Ermahnung, dass sie unsere Pflicht ist; der Darwinismus eröffnet uns die Aussicht auf das weite und reiche Gebiet einer erklärenden Biologie und eröffnet uns den Weg zu demselben; wer diesen Wink nicht versteht und fortfährt, mit ausschliesslicher Bevorzugung in de- scriptiv-registrirender und historisch-morphologischer Richtung weiter- zuarbeiten, der versteht nicht zwischen den Zeilen der Geschichte zu lesen und verläuft sich in einer Sackgasse, statt auf dem Hauptwege der Erkenntniss weiterzuschreiten. Auf die historisch-morphologische Forschungsperiode muss eine ätiologisch -mechanische Forschungsperiode folgen. Die höchste — und wir können ruhig sagen auch die einzige — Aufgabe der Wissen- schaft vom Leben ist naturgemäss die , das Wesen des Lebens selbst erkennen zu lernen, während die historisch-morphologische Forschungs- richtung den Lebensbegriff stets als unaufgelöste Klammer in ihren Gleichungen fortführt und ihrem ganzen Wesen nach fortführen muss. Einer ätiologisch-mechanischen Forschungsperiode wartet die Aufgabe, den verwickelten Kräftecomplex, den wir unter dem Namen des Lebens begreifen, in seine constituirenden elementaren Kräfte aufzulösen und die Lebenserscheinungen und -formen durch Zurückführung auf ele- mentare, physikalisch-chemische Kräfte und womöglich mathematisch strenge Gesetze auf den festen Boden einer exacten Erklärung zu stellen. — 79 — Man kann in Bezug auf Principienfragen nicht deutlich genug reden. Ich möchte daher hier noch kurz einem Einwände begegnen, dessen Widerlegung wegen der offenbaren Gedankenlosigkeit, von der er zeugt, eigentlich nicht der Mühe werth erscheint. Trotzdem halten wir es nicht für überflüssig, seiner hier noch zu gedenken, da er einem bei der Discussion unserer Tendenz erfahrungs- gemäss ausserordentlich häufig entgegentritt. Oftmals hört man da sagen: „Was haben denn eigentlich diese ki'itischen Auseinandersetzungen und Ermahnungen für einen Zweck? Schneller kommen wir durch sie doch nicht vorwärts. Arbeiten wir ruhig weiter, reihen wir einen Baustein an den andern, denn jedes Resultat, auch der kleinste Beitrag hat seinen Werth und bringt uns allmählich dem Ziele näher." Ein solcher Einwand kann nur von denen erhoben werden, die nicht einzusehen vermögen, dass es einen Unterschied zwischen Dingen resp. Resultaten von geringerer und höherer Wichtigkeit giebt und dass, wie überall, so auch in der biologischen Wissenschaft nicht nur Quantitäts-, sondern auch Qualitätsunter- schiede zu machen sind. — Mit der Entwickelung der Wissenschaft verhält es sich ähnlich, wie mit der der Organismen; auch sie erfolgt nicht geradlinig, sondern nach dem Schema eines verzweigten Baumes. Die descendenztheoretischen Resultate lehren uns, dass eine hoch differenzirte, einseitig entwickelte Organismengruppe nicht mehr fähig ist, sich zu einem neuen eigenartigen Typus weiter zu ent- wickeln; dieser muss aus primitiven, dem Hauptstamme angehörigen oder doch noch näherstehenden Formen hervorgehen. Ebenso kann sich eine ätiologisch-mecha- nische Forschung nicht aus den morphologisch-historischen Bahnen heraus ent- wickeln, sondern muss von ursprünglichen, fundamentalen Grundfragen ausgehen. Am Stammbaume der Wissenschaft entwickelt sich einmal der eine Ast zu beson- derer Stärke, verzweigt sich vielfach und die Assimilationsproducte seiner zahl- reichen Blätter wandern zum Theil durch ihn zurück als werthvoUe Nahrung dem Stamme zu. Es kommt jedoch einmal eine Zeit, wo dieser Ast seine normale Aus- bildung erreicht hat. Dann lässt er im Wachsthum nach und unterdessen ist schon am Hauptstamme ein Stück höher eine Knospe oder ein bisher unscheinbar ge- bliebeües Ästchen im Begrifi", zu einem neuen Aste auszutreiben. Nur so ist ein eben- massiges Wachsthum des Baumes der Forschung möglich. Wächst dagegen der eine Ast einseitig immer weiter, so wird er zum Wasserschoss ; wird dieser auch noch so lang, so setzt er dem Hauptstamme doch keinen Zoll an Länge zu, sondern hemmt im Gegentheil dessen Entwickelung, indem er ihm die nöthige Nahrung (d. h. Arbeitskraft) entzieht und für sich verbraucht. Die Entwickelungslehre hat sich zu einem stattlichen Porschungszweige entfaltet und die Gesammtforschung um ein gutes Stück weiter gebracht. Wir wissen durch sie, dass wir die organische Welt als ein grosses einheitliches genetisches Ganzes aufzufassen haben und die organischen Formen nicht als etwas Geschaffenes, sondern als etwas allmählich Gewordenes und daher auch einer natürlichen Erklärung Zugängliches. Diese Erklärung selbst kann die Entwickelungslehre aber um nichts fördern und wenn durch noch so viele phylogenetische Arbeiten noch so viele Entwickelungsreihen und deren Verbindungen resp. Verzweigungen erschlossen und beschrieben werden. Die historisch-beschreibende und mechanisch-erklärende Methode sind eben ihren Resultaten und ihren Zielen,* kurz ihrem ganzen Wesen nach principiell ver- schieden, dass man selbstverständlich unmöglich die Resultate der einen auf das Conto der andern übertragen und auf dem Wege der einen nach dem Ziele der — 80 — andern gelangen kann. In diesem Falle führt eben niclit jeder Weg nach Rom. Durch blindes Darauf losarbeiten und einfache kritiklose Anhäufung von Material kommt man nicht von der Stelle und kann nie in erfolgreicher Weise das Ganze fördern; durch eine solche ausschliessliche Handlangerarbeit wird höchstens noch unbrauchbares, ohne Ordnung umherliegendes und darum hinderliches Material angehäuft. Will man als selbstständiger Baumeister das Ganze fördern, so muss man wissen, was für Bausteine nöthig sind und an welcher Stelle sie zur har- monischen Weiterführung des Baues eingefügt werden müssen. Man muss sich darüber Rechenschaft geben, wo die Richtung, in der man arbeitet, hinführt. Durch planvolles Arbeiten wird viel Zeit und Arbeitskraft gespart. Wenn gesagt wird, die Biologie sei noch nicht reif zur systematischen Inangriffnahme ätiologisch- mechanischer Probleme, so ist dies falsch; wenn auch noch so lange in histo- rischer Richtung weiter gearbeitet wird, so kann sie doch dadurch nie reifer für eine mechanisch- erklärende Richtung werden. Das Yerliältniss, in welchem die drei in Rede stehenden Forscliungs- methoden zu einander stehen, stellt sich uns nunmehr kurz in folgender Weise dar: die descriptiv-registrirende Methode ), i, , 'i^t. i einzelne Formen, die historisch-morphologische Methode ( \ Formenreihen, die ätiologisch-mechanische Methode erklärt. Die zweite Methode steht ihrem ganzen Wesen nach der ersten viel näher, als der dritten; sie konnte sich daher auch direct aus dieser entwickeln. Nachdem die descriptiv-registrirende Methode eine ge- nügende Menge von Material zusammengebracht und formal - syste- matisch geordnet hatte, war die lebendige Verknüpfung desselben durch die morphologisch-historische Methode genügend vorbereitet: das System wurde durch Hineintragung des Gedankens der Abstammung zum Stammbaum. Nicht jedoch führt die morphologisch-historische Methode ihrerseits zur ätiologisch-mechanischen, sondern diese ist von jener im Princip verschieden und hat von ganz anderen Grundlagen aus- zugehen. Die descriptiv-registrirende Methode beschreibt die einzelnen Formen, die morphologisch-historische Methode Formenreihen. Von hier aus könnte jedoch vielleicht in folgender Weise weiter geschlossen werden: Durch die Beschreibung wird Thatsachenmaterial festgestellt. Bevor man an die Erklärung eines Objectes gehen kann , muss man das- selbe erst durch Beschreibung allen seinen Eigenschaften nach fest- stellen; ehe man erklären kann, muss man wissen, was man erklären soll; die Beschreibung muss der Erklärung vorausgehen. Die morpho- logisch-historische Methode beschreibt, wie wir sahen, ebenso wie die descriptiv-registrirende; also ist auch sie, ebenso wie diese, dazu be- — 81 — rufen, durcli Herbeischaffung von Material eine Erklärung vorzubereiten. Unser oben gewonnenes Resultat, dass man durcli die morphologisch- historische Methode einer ätiologisch-mechanischen Behandlungsweise nie näher kommen könne, scheint also doch nicht richtig zu sein. Das TtQörov \pevdog dieses Gedankenganges liegt darin, dass er von der stillschvreigenden Voraussetzung ausgeht, es könnte nur That- sachenmaterial beschrieben werden. Vom Schlafe erwacht, kann ich auch eine genaue Schilderung meines Traumes geben und auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung ist es ebenso gebräuchlich als nothwendig, Hypothesen und Theorieen zu entwerfen. Eine solche wissenschaftHche Theorie, und zwar eine der wichtigsten, ist die De- scendenzlehre. Sie ist und bleibt aber eben immer eine Theorie; wenn sie auch noch so wahrscheinlich ist, ist sie deshalb doch noch keine absolut feststehende und greifbare Thatsache und die durch sie ge- wonnenen Producte, die hypothetischen Formenreihen, anstatt für weitere Operationen eine Grundlage abzugeben , bedürfen vielmehr selber der Stütze. Zudem ist Folgendes zu bedenken. Wenn ich auf Grund der Descendenztheorie Formen untereinander zu genetischen Reihen ver- knüpfe, so denke ich mir zwischen ihnen ideelle Verbindungslinien. Die so im Geiste hergestellten Entwickelungsbahnen sind um so an- schaulicher, je dichter wir sie mit Formen unserer Erfahrung besetzen können. Allein die durch empirische Forschung gewonnenen einzelnen Formen sind nach wie vor das reelle Material, welches der biologischen Forschung als feste Grundlage und Ausgangspunkt dient; wenn ich die einzelnen Formen untereinander durch ideelle Verbindungslinien zu Ent- wickelungsreihen verbinde, vermehre ich hierdurch das Material um nichts, denn die Verbindungslinien, die zwischen den Formen gedachten Beziehungen, sind weiter nichts wie Fäden, die ich aus der enrpirischen Kenntniss der einzelnen Formen herausspinne, wie die Spinne die Fäden aus ihrem Leibe. Ferner jedoch geht bekanntlich die moderne morphologisch- historische Forschung fast ausschliesslich von morphologischen Gesichts- punkten aus, sie verknüpft die Formen nach dem Grade ihrer morpho- logischen Übereinstimmung. Einer äusseren Formähnlichkeit braucht aber noch keineswegs immer eine genetische Wesensverwandtschaft zu entsprechen; eine Kenntniss der äusseren Formen ist oberflächlich, so- lange sie sich nicht auf eine causale E r kenntniss des inneren Wesens stützen kann; diese ist aber nur zu erreichen durch eine ätiologisch- Dreyer , Ziele und Wege biolog. Forschung. 8 — 82 - mechanische Erforschung. Es ist klar, dass ich, bevor ich von einer Form auf deren Beziehungen zu anderen Formen schliessen kann, zu- nächst sie selbst erkannt haben muss. Das Verhältniss, zu dem wir durch den obigen fehlerhaften Schluss gelangt waren, kehrt sich nun gerade um. Erst müssen die organischen Formen gewissenhaft empi- risch untersucht und beschrieben werden, dann haben wir danach zu trachten, zu einem gründlichen causalen mechanischen Verständniss ihres Wesens zu gelangen und hierauf erst können wir eventuell daran denken, uns ein Urtheil in der Frage zu bilden, ob Descendenz vor- liegt und welche Formen als wesensverwandt sich genetisch von ein- ander ableiten. Es ist leicht einzusehen, dass die heutige morpho- logisch-historische Forschung in die Luft baut*), wenn sie die verwandt- schaftlichen Beziehungen der organischen Formen unter einander er- kennen will, bevor sie diese selbst ihrem Wesen nach erkannt hat. Aber selbst wenn wir uns einmal in eine zukünftige Zeit ver- setzen, in der wir durch eindringende ätiologisch-mechanische Forschung das Wesen dieser oder jener Organismen annähernd vollständig erkannt haben, werden uns deren gegenseitige genetische Beziehungen nicht einmal allzusehr interessiren ; von unserm ätiologisch -mechanischen Standpunkte aus wollen wir diesen organisirten Körper und die sich an ihm abspielenden Naturprocesse, wie er sich gerade hier vor uns befindet, verstehen, ohne dass uns dabei seine Vergangenheit weiter interessirt. Ist uns dies gelungen, so werden sich Gesichts- *) Die giebt sich auch in der steten Unsicherheit ihrer Resultate genugsam zu erkennen. Während der Eine zwei Bildungen homolog nennt, nennt sie der Andere analog; was von dem Einen als palingenetischer Befund angesprochen wird, hält der Andere für cenogenetisch u. s. w. Alle Entscheidungen sind mehr oder weniger dem persönlichen Gutdünken, der Willkür des Einzelnen anheim- gegeben, wie es auch nicht anders sein kann, wo eine solide Grundlage und feste Anhaltspunkte fehlen. Es ist nicht nöthig, hierauf erst im Einzelnen hinzuweisen, da diese Unsicherheit Jedem, der die morphologisch - historischen Bestrebungen verfolgt, auf Schritt und Tritt entgegentreten muss. So schätzenswerth die Descen- denzlehre auch als allgemeine Theorie ist, so sind doch die Versuche, die Descen- denz im Einzelnen zu reconstruiren, mehr oder weniger ein Bauen in die Luft. Wenn wir oben sagten, dass wir auf der Höhe der morphologisch -historischen Forschungsperiode zu stehen scheinen^ so können wir hier hinzusetzen: dies ist wenigstens zu wünschen, denn dass man durch sie nicht wesentlich weiter kommen kann, haben wir ja gesehen. Durch fortgesetztes Weiterarbeiten in historischer Richtung kann sich die Forschung nicht vertiefen, sondern sie breitet sich nur in demselben oberflächlichen Horizonte aus, — statt intensiv zu werden, wird sie extensiv, — sie verflacht sich. — 83 — punkte über seine historische Genese wohl vermuthlich mehr oder weniger von selbst ergeben, sie erscheinen uns aber von keiner prin- cipiellen Wichtigkeit; es liegt dies im Wesen der mechanistischen Auffassungsweise (im Gegensatz zur historischen) begründet. Dieser Auffassungsweise wird von der mechanischen, als der wahren, weil am tiefsten gehenden Forschungsrichtung gehuldigt; sie herrscht in der Physik und Chemie, sie muss auch in der Biologie zur Herrschaft ge- bracht werden. Früher sahen wir schon, dass die morphologisch - historische Forschungsrichtung selber nicht zu einem causalen Verständniss der Erscheinungen des Lebens führen kann, nunmehr sind wir zu der Er- kenntniss gelangt, dass sie nicht einmal im Stande ist, einem solchen vorbereitend in die Hände zu arbeiten. Es fragt sich also, von welcher Grundlage wir auszugehen haben, um zu einer Erkenntniss der Er- scheinungen des Lebens zu gelangen; wo und wie wir einer ätiologisch- mechanischen Forschung ein solides Fundament bereiten können. Die Lösung dieser Frage ist einfach, da sie sich aus den bestehenden Ver- hältnissen von selbst ergiebt. Ein Theil der naturwissenschaftlichen Disciplinen, die Physik und Chemie, sind bereits bis zu einem gewissen Grade exact ausgebaut, sie behandeln die elementaren Naturkräfte in ihren einfacheren Combinationen und Ausserungsformen , es muss sich also darum handeln, die höchst complicirten Naturerscheinungen des Lebens in solche zu zerlegen und auf solche zurückzuführen, die Biologie allmählich immer inniger mit der exacten Naturwissenschaft zu verknüpfen, sie auf deren festem Fundament immer sicherer zu be- gründen und so allmählich selbst zu einer exacten Disciplin zu machen. Zu diesem Zwecke der Vereinigung ist es nöthig, dass von beiden Seiten aus gearbeitet wird; es sind hiernach für die ätiologisch-mechanische Forschungsrichtung drei Hauptgesichtspunkte im Auge zu behalten: Wie jede naturwissenschaftliche Disciplin, so hat auch die Biologie zunächst mit der Feststellung der Thatsachen zu beginnen. Gute, zu- verlässige Beobachtungen behalten immer ihren Werth, wir dürfen jedoch nicht blind darauf los Beobachtungsresultate beschreiben und anhäufen, sondern wir müssen, um unserem allgemeinen Endziele näher zu kommen, die empirische Forschung planvoll betreiben. Wir müssen zunächst da untersuchen, wo wir am meisten hoffen dürfen, unsern Beobachtungsresultaten mit physikalisch-chemischer Erklärung beikommen zu können. Wir müssen die Biologie im Hinblick auf die exacte Naturwissenschaft betreiben. 6* — 84 — Andererseits ist ein gründliches Studium der exacten Naturwissen- schaften, der Physik und Chemie, erforderlich, besonders aber der Ge- biete , die für die Biologie fruchtbar zu werden versprechen. Wir müssen die exacte Naturwissenschaft im Hinblick auf die Biologie betreiben.*) Auf diesem beiderseitigen festen Fundament kann dann die ätio- logisch-mechanische Methode ihre Operationen ausführen, welche darin bestehen, — und dies ist der dritte Hauptgesichtspunkt, — dass wir unsere chemisch-physikalischen Kenntnisse auf die Deutung und Erklärung der biologischen Beobachtungsresultate an- wenden. Jede in dieser Weise unternommene erfolgreiche Operation trägt ihr Theil dazu bei, die organische mit der anorganischen Natur- wissenschaft zu verschmelzen. Die exacte Naturwissenschaft lässt sich mit einem Schachte ver- gleichen, der schon verhältnissmässig tief in den Boden eingedrungen ist und in productiven Erzschichten dahinläuft, während der Schacht der historisch-speculativen Biologie in ganz oberflächlichen Schichten in lockerem Erdboden streicht. Hier ist es freilich leichter zu graben und in kurzer Zeit nach den verschiedensten Richtungen hin lange Gänge zu führen, man erreicht aber auch hierdurch nur eine oberfläch- liche Ausbreitung und kommt um nichts tiefer, den gehaltvollen Erz- schichten näher. Ebenso wird ein erfolgreiches Fortarbeiten in ätio- logisch-mechanischer Richtung allerdings viel schwerer sein und viel langsamer gehen, als das Arbeiten in speculativ-historischer Richtung, aber dafür auch ungleich werthvollere und gehaltvollere Resultate zeitigen: Gänge in Fels- und Erzschichten sind fest, Gänge in weichem Erdreich stürzen, selbst bei ausgedehntem Gebrauch künstlicher Stütz- vorrichtungen, leicht zusammen. Wir haben daher nöthig, den Schacht der Biologie immer tiefer zu führen und andererseits von dem Schacht der exacten Naturwissenschaften aus entgegenzuarbeiten; wir werden uns dann einander immer mehr nähern, nach einiger Zeit werden die *) Wir selbst müssen allerdings zugeben, dass wir zu dem mechanischen Verständniss, speciell des Vierstrahlertypus durch einen Zufall gekommen sind, indem uns die principielle Übereinstimmung der morphologischen Verhältnisse eines nach dem Ausschenken von Bier aus einer Flasche in deren leerem Theile zurückbleibenden Blasengerüstes mit der Morphologie der Radiolarienskelette auf- fiel. Es geht daraus "hervor, dass ätiologisch-mechanische Lösungen biologischer Probleme geradezu auf: .offener Heerstrasse liegen und wie viel mehr noch durch rSin in der skizzirten Weise unternommenes planvolles Forschen zu erhoffen ist. — 85 — auf beiden Seiten thätigen Arbeiter die Schläge ihrer Hacken erst dumpf, dann immer deutlicher vernehmen, sich gegenseitig immer besser „ver- stehen", und wir können uns der Hofftiung hingeben, dass schliesslich auch einmal die Zeit kommt, wo die letzte Scheidewand fällt, wir uns die Hände reichen können und es nur eine Naturwissenschaft giebt, in der Alles einer causalen Erklärung zugänglich gemacht werden kann. Kehren wir nach diesem Zukunftstraume wieder in die Wirklich- keit der Gegenwart zurück, so sehen wir, dass wir von dem erstrebens- werthen Ziele noch sehr weit entfernt sind und Mancher wird geneigt sein, überhaupt den Muth zu verlieren und zu resigniren. Mancher wird denken, die vorstehenden Erörterungen sind ja wohl von all- gemein philosophischem Standpunkte aus correcte Forderungen, praktisch aber, im Allgemeinen wenigstens, undurchführbar und aussichtslos — „ignorabimus". Wäre dem wirklich so , so stünde man vor der Alternative, ent- weder in historisch-speculativer Richtung weiter zu arbeiten oder — und so würden wir uns verhalten — sich von der Biologie als einer Disciplin, auf deren Gebiet man nie hoffen könnte , je zu einer be- friedigenden causalen Erkenntniss zu gelangen, überhaupt abzuwenden und sich Disciplinen zuzuwenden, innerhalb deren man mehr Befriedigung seines Causalitätsbedürfnisses findet. Wir glauben jedoch nicht, dass es so schlimm mit unserer Wissen- schaft steht und setzen dem „ig-norabimus" ein vertrauensvolles „impavidi progrediamur" entgegen. Durch den im Vorstehenden entwickelten Gedankengang hoffen wir Einiges zur Klärung der Auffassung bei- zutragen. Mit theoretischen Erörterungen allein ist es hier allerdings noch nicht gethan, sondern es muss praktisch in ätiologisch-mecha- nischer Richtung gearbeitet werden. Als ein Beispiel hierfür bieten wir diese Arbeit an. Sie ist ein im Verhältniss nur schwacher Bei- trag und Manches in ihr wird der Correction bedürfen oder sich als irrthümlich herausstellen. Dies liegt inj der Natur der Sache. Die Hauptsache ist die allgemeine Tendenz und diese kann nicht unter- gehen, sondern muss früher oder später zu allgemeiner Geltung ge- langen, denn das Causalitätsbedürftiiss ist in der Tiefe des menschlichen Geistes begründet. — 86 — Zweites Capitel. Allgemeine OesicMspunkte, Probleme, Directiven in ätiologisch- mechanischer Richtung. In den drei auf einander folgenden Forschungsperioden wird der Erkenntnissprocess successive ein tiefergehender, was sich schon daran erkennen lässt, dass die Beziehung, in welche das empirisch gewonnene Thatsachenmaterial zu einander gebracht wird, eine immer innigere wird: die descriptiv-registrirende Forschungsmethode verbindet gar nicht, die morphologisch-historische Forschungsmethode vergleicht und verknüpft, die ätiologisch-mechanische Forschungsmethode identificirt. Die descriptiv-registrirende Forschungsmethode betrachtet die einzelnen Arten als isolirt neben einander stehende biologische Einheiten. Die morphologisch - historische Forschungsperiode lehrte uns die vergleichende Forschungsmethode. Nach ihr betrachten wir eine ganze systematische Gruppe als einen genetisch zusammen- hängenden Complex, behandeln z. B. den Wirbelthiertypus wie einen grossen einheitlichen Organismus, indem wir durch den ganzen Typus hindurch ein bestimmtes Organ vergleichend behandeln und die con- creten einzelnen Fälle nur als Varianten resp, Derivate ein und des- selben Grundtypus ansehen. Wir vergleichen die Formen, um sie untereinander zu Reihen zu verknüpfen. — Immer sind wir aber noch an die Verwandtschaft gebunden und können z. B. nicht ein Organ eines Wirbelthieres mit einem entsprechenden eines Arthropoden in Beziehung bringen. Die ätiologisch-mechanische Forschungsmethode endlich überhebt uns auch dieser Schranken. Indem wir den orga- nischen Bildungscomplex in seine elementaren, physikalisch-chemischen Büdungskräfte zerlegen, können wir diese, ihre Combinationen und Producte, überall wo wir ihnen auch immer begegnen, einander gleich- setzen. Eine elementare Bildungskraft bleibt sich durch die ganze Natur, anorganische wie organische, gleich, und macht sich überall geltend, wo die Bedingungen zu ihrem Inkrafttreten vorhanden sind, und das Gleiche gilt von ihren Bildungsproducten ; bei der Betrachtung derselben stehen wir über den Begriffen des Homologen und Analogen; ein historisches Geschehen ist zeitlich und räumlich determinirt, ein mechanisches dagegen steht über den Schranken einer zeitlichen und räumlichen Bestimmung. Als ein Beispiel ätiologisch-mechanischer Behandlungsweise eines morphologisch-biologischen Problems möchten wir unsere vorstehenden — 87 — Untersuchungen, besonders unsere Behandlung des Vierstrahlertypus hinstellen. Es ist uns hier gelungen, aus dem complicirten Lebens- processe einen elementaren, physikalischen Factor, die Oberflächen- spannung resp. Blasenspannung, und die Producte seiner bildenden Wirksamkeit herauszulösen und isolirt zu behandeln. Das Schluss- verfahren war äusserst einfach: Der Sarcodekörper der in Betracht kommenden Rhizopoden ist durch zahlreiche, meist dicht gedrängte Vacuolenblasen aufgetrieben, sein Protoplasma in Form eines Zwischen- wandsystems der Vacuolenblasen vorhanden; dieses folgt, wie man schon a priori schliessen kann und wie es auch aus der Beobachtung hervorgeht, den Formgesetzen der Blasenspannung; dieser Formirung des Protoplasma muss natürlich auch das von und in ihm abgeschiedene Skelett folgen; dies fanden wir denn auch bestätigt, indem wir den Skelettbau auf die Formgesetze der Blasenspannung zurückführen konnten: Die Skelette präsentiren sich als versteinerte Blasengerüste. Ausserdem konnten wir zeigen, dass auch die Skelette der Spongien und Echinodermen zum Theil demselben Typus folgen und dass auch bei diesen Organismengruppen blasiger Bau des Weichkörpers als ge- nügender physikalischer Erklärungsgrund vorliegt. Bei der Zurück- führung der Structurformen der Gerüste auf die mechanischen Form- gesetze konnten wir nun rein nach der ätiologisch - mechanischen Methode verfahren. Ebenso wie wir den Bildungsfactor der Blasen- spannung aus dem Lebensprocess isolirt erkannt hatten, konnten wir nun auch seine Bildungspro ducte losgelöst und unabhängig von jeder Verwandtschaftsbeziehung behandeln; die gleichen Structurverhältnisse waren für uns die gleichen, unbekümmert ob sie bei den Echinodermen, Kieselschwämmen, Kalkschwämmen, Hornschwämmen, bei einer und welcher Thalamophoren- , Spumellarien- , Nasseilarien-, Akantharien- Phäodariengruppe auftraten. Zwischen den verschiedenen Bildungen brauchten wir keine anderen Beziehungen in Betracht zu ziehen, als die zu den gleichen bewirkenden Ursachen. Hier sehen wir, wie dieselben Structurverhältnisse bei den ver- schiedensten Organismengruppen wiederkehren, andererseits wird es uns aber auch durch einige leicht anzustellende Überlegungen höchst wahr- scheinlich, dass ganz verschiedene Bildungsverhältnisse des Skelettes innerhalb ein und derselben Rhizopodenart vorkommen können. Individuelle Schwankungen in der Zahl und der absoluten und relativen Grösse der Vacuolenblasen und der sich hieraus zu einem grossen Theil jedenfalls mit ergebenden gegenseitigen Anordnung der- selben erscheinen mehr wie wahrscheinlich. Natürlich werden solche Schwankungen für die Formation des Sarcodegerüstes und somit auch des in ihm zur Abscheidung kommenden Skelettes von grosser Be- deutung sein. Ebenso erscheint es wahrscheinlich, dass sich die Vacuolen als Producte des Stoffwechsels auch während des Verlaufs der Stoffwechsel- pro cesse ändern, im Allgemeinen vermuthHch vergrössern, dass also das Blasengerüst eine Entwickelung durchläuft (vergl. S. 23 — 24, 27 — 30). Durch sehr leicht mögliche individuelle Schwankungen in dem Zeitpunkt der Skelettabscheidung können so ganz verschiedene Entwickelungs- zustände des Sarcodegerüstes als Skelett fixirt werden.*) Je nach den jedesmaligen vorhandenen Verhältnissen wird bei dem einen Individuum diese, bei dem anderen jene Gerüstform hervor- gehen, ohne dass eine im Verlaufe langer genetischer Entwickelungs- reihen stattfindende allmähliche Formenwandlung nöthig wäre. Man kann zwar Formenreihen zusammenstellen (vergl. Fig. 53) und dies mag auch zur Übersicht ganz schön und nützlich sein, ob dieselben dann aber auch gleich genetischen Entwickelungsreihen entsprechen, ist eine andere Frage, und wenn die durch die Zusammenstellung er- zielten „allmählichen Übergänge" noch so bestechend sind. Diese Vermuthungen werden unterstützt durch die thatsächlich anerkannte Formenflüssigkeit der Rhizopoden**), durch welche sich wiederholt Autoren veranlasst sahen, den Artbegriff in Bezug auf diese Organismen einer Kritik zu unterziehen resp. einer weiteren Fassung *) Hieraus ergiebt sich auch, dass man natürlich nur erwarten kann, dass das Skelett zur Zeit seiner Bildung mit dem Sarcodegerüst übereinstimmt. **) Wir selbst waren im Stande, im 2. Hefte unserer Radiolarienstudien (Die Tripoli von Caltanisetta [Steinbruch Gessolungo] auf Sicilien, Jena, G. Fischer, 1890,) ein schönes Beispiel dieser ungemeinen Formenflüssigkeit bei Radiolarien zu liefern. Die daselbst bearbeitete Radiolarienfauna bestand ausschliessHch aus stark variirenden Formen und zusammenhängenden Formencomplexen. Von be- sonders hohem morphologischen Interesse waren die Discoideen, die sämmtlich einem riesigen Formencomplex angehörten, der sich nach dem Systeme Häckel's auf eine ganze Anzahl von Gattungen, Subfamilien und sogar 2 Familien ver- theilen würde und den ich meinem damaUgen morphologisch-historischen Stand- punkte gemäss in Reihen zu einem Stammbaume von 4 divergirenden Hauptästen zusammenstellte. Solche grössere oder kleinere Formencomplexe sind meiner Erfahrung nach auch in den vom Challenger zu Tage geförderten recenten Meeressedimenten durchgehends vorhanden, nur kann man sie hier aus dem meist verwirrenden Formenreichthum schlechter herauserkennen wie bei ärmlicheren Faunen, wie die Tripelfauna, die mir zur Beobachtung vorlag, eine war. — 89 — desselben das Wort zu reden. Da sich der Weiclikörper der RLizopoden wegen seines fast gänzlichen Mangels morphologischer Charaktere zur Artcharakteristik nicht eignete, erblickte man in den bei diesen Protisten fast durchgehends vorhandenen Skeletten einen sehr willkommenen und wegen ihrer meist ungemein hohen morphologischen Differenzirung scheinbar auch sehr brauchbaren Anhaltspunkt und es ist begreiflich, wie die Frage über den Werth desselben aus praktischem sowohl, wie auch aus theoretischem Interesse so häufig ventilirt wurde. Die Ge- sichtspunkte, zu denen wir durch unsere Untersuchungen gekonomen sind, tragen, wie wir hoffen, zur Begründung (und deshalb auch Be- stätigung) der Formeninconstanz der Rhizopodengerüste — wir denken hier natürlich auch an die Bildungsmechanik der äusseren Gesammt- formen — ihr Theil bei. Inwieweit sich bei unseren Rhizopoden ein fester Grundtypus innerhalb der Reihen von Generationen gleichmässig forterbt und fort- entwickelt und inwieweit die Gerüstformen einem launenhaften Spiele der Flüssigkeitsmechanik ihre Entstehung verdanken, lässt sich vor der Hand noch nicht sicher bestimmen. Jedenfalls scheint uns das Letztere im Hinblick auf die eben erörterten Momente in hohem Grade der FaU zu sein. Züchtungsversuche, die leider bei Radiolarien immer noch nicht gelingen wollen, würden uns in Bezug auf diese Frage sicheren Aufschluss geben und uns wahrscheinlich zu Zeugen des selt- samen Schauspiels machen, dass aus den Sporen ein und desselben Individuums verschiedene Formen hervorgehen. Wir sehen also, dass durch unsere Resultate und Erwägungen der Artbegriff bei den Rhizo- poden in seiner bisherigen Fassung ins Wanken geräth insofern, als wir eine bestimmte Gerüstform nicht mehr ohne weiteres als constantes Charakteristikum einer bestimmten Art ansehen dürfen. Jetzt können wir nun auch sehen, wie weit wir gekommen wären, wenn wir auf unserem Gebiete dem Glauben gehuldigt hätten, durch fortgesetztes Weiterarbeiten in morphologisch-historischer Richtung einer causal-mechanischen Erkenntniss näher zu kommen. Wir hätten fort- gefahren, Arten zu machen und Stammbäume der Skelettformen zu- sammenzustellen, was uns jetzt von unserem neu gewonnenen Stand- punkte aus nicht mehr gerade als sonderlich werthvoll erscheinen dürfte. Wir haben es also mit der Thatsache zu thun, dass dieselben Gerüststructuren bei ganz verschiedenen Organismengruppen wieder- kehren und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass verschiedene Gerüststructuren bei derselben Art vorkommen; kurz mit einer un- — 90 — gewöhnliclien Unabhängigkeit des Gerüstbaues von dem systematischen Verwandtschaftsgrade, — der Vererbung, — der specifischen Consti- tution des Protoplasma der Organismen, bei denen er auftritt. Der Grund dieser Erscheinung liegt einmal darin, dass dem Gerüstbau trotz der Höhe seiner morphologischen Ausbildung doch nur eine einfache physikalische Bildungskraft, die Oberflächenspannung, zu Grunde liegt und dann darin, dass dieser Bildungsfactor mit den die Lebens- thätigkeit des Protoplasma verkörpernden übrigen Processen nur in einem sehr losen Zusammenhange steht. Dies führt uns zu der Frage, ob denn der in Rede stehende Bildungsfactor überhaupt noch mit zu den Lebenserscheinungen und sein Werk, der Gerüstbau, zu den Pro- ducten der Lebensthätigkeit des Organismus zu rechnen ist. Sind nicht die Vacuolen unorganisirte leblose Secrettropfen und drängen sie nicht vermöge der Kraft der Blasenspannung das lebende, die Gerüstsubstanz abscheidende Protoplasma nolens volens in die den festen Gesetzen der Flüssigkeitsmechanik entsprechenden Formen hinein? Können wir hier nicht sagen, die Rhizopoden können gar nichts dazu, dass sie so schöne Skelette haben? Sind wir hier nicht Zeugen des seltsamen Schauspiels, dass der Organismus selbst nur Handlangerdienste versieht, indem er das Baumaterial nur beschafft und zubereitet, während eine elementare physikalische Kraft, ein fremder Eindringling von aussen, die Rolle eines intelligenten Baumeisters, eines Künstlers spielt, und Formen hervorzaubert, die an Formenreichthum und Zierlichkeit alles in der organischen Welt Vorhandene bei weitem überbieten? Dies wunderbare Symbioseverhältniss — wenn dieser Ausdruck hier noch erlaubt ist — zwischen Organismen und unorganischen Kräften der Aussenwelt, kraft dessen in der Tiefe des Meeres innerhalb der Sarcodeleiber primitivster Lebewesen , Schneekrystallen vergleichbar, eine ganze Formenwelt von ungeahntem Reichthum ersteht, scheint allen bisher gewonnenen Regeln der Erfahrung zuwiderzulaufen. — Bevor wir uns in dieser Frage entscheiden, stellen wir die Gegenfrage: Was verstehen wir unter Leben? Im Grossen und Ganzen können wir sagen: Unter „Leben" verstehen wir einen Complex von Er- scheinungen, deren elementare Ursachen wir nicht kennen, aber in einem höchst verwickelten Knäuel chemisch-physikalischer Kräfte ver- muthen. — Ist es uns nun einmal ausnahmsweise gelungen, eine dieser elementaren Kräfte gesondert zu erkennen, so sind wir im Zweifel, ob wir sie noch zum Leben zu rechnen haben und fühlen uns eher versucht, sie den entsprechenden Gebieten der Chemie oder Physik zuzuweisen. — 91 — — In dieser Lage befinden wir uns augenblicklich mit unserem in Rede stehenden Gegenstand, der Oberflächenspannung und den durch sie bewirkten Formverhältnissen. Daraus, dass wir in dieses Dilemma kamen, geht hervor, dass wir mit unseren Untersuchungen an der Grenze zwischen organischen und anorganischen naturwissenschaftlichen Disciplinen angelangt sind, dass es uns gelungen ist, eine organische Erscheinungsgruppe auf ihre elementare anorganische causa efficiens zurückzuführen. Wenn es uns mit der Zeit gelingt, mehr und mehr von den Erscheinungen, die uns an Organismen entgegentreten, in dieser Weise zu erklären, d. h. ihre bewirkenden Ursachen aus dem Knäuel der Lebenskraft herauszulösen, so wird auch die Unterscheidung zwischen Lebenserscheinungen und chemisch- physikalischen Processen, zwischen Organismen und Anorganen, die man jetzt noch mit grosser Schärfe durchzuführen gewohnt ist, mehr und mehr ihre Bedeutung ver- lieren. — Die Lösung des Problems des Lebens — ein Schlagwort, welches so häufig mehr als Phrase, wie als klar gefasster Begriff im Munde geführt wird — ist natürlich so lange eine unvernünftige Forderung, wie sie als eine einzige, auf einmal zu lösende Aufgabe betrachtet wird. Bei einer solchen Auffassungs weise ist eine muthlose Resignation mehr wie begreiflich. Ebenso wie das Leben kein einheitlicher Process, so ist auch seine Erklärung nicht eine einheitliche Aufgabe, sondern fordert eine heute noch nicht annähernd zu übersehende Zahl ein- dringender Untersuchungen, begreift eine ganze zukünftige Forschungs- periode, das unabsehbare Gebiet der ganzen erklärenden Biologie der Zukunft in sich, zu der sich die bis jetzt verflossene Zeit biologischer Forschung einst nur wie eine kurze Vorbereitung verhalten wird. Das Knäuel kann nicht auf einen Schlag zerhauen, sondern es muss allmählich sorgfältig gelöst werden. Der Weg ist allerdings lang, die Hauptsache ist aber, dass wir ihn als den richtigen erkennen und be- treten. — Ehrenberg betrachtete unsere Protisten noch als hoch organisirte Lebewesen, gleich den höheren Thieren. Durch die bahnbrechenden Untersuchungen von Duj ardin und Max Schnitze wurde diese Ansicht als irrthümlich widerlegt und man ist seitdem gewohnt, die Rhizo- poden als primitivste Sarcodeorganismen anzusehen. Nur wurde man zuweilen durch ihre höchst mannigfaltigen, complicirten und zierlichen Schalen und Skelette stutzig und meinte, um einen solchen Grad des Formenreichthums und der Differenzirung erzeugen zu können, müssten^,.. [llJ LIBRA — 92 — den Protoplasmakörpern der Rhizopoden doch mehr verborgene Quali- täten und Fähigkeiten zukommen , als man auf den ersten Blick zu glauben geneigt wäre. Wir hoffen plausibel gemacht zu haben, dass man bei der Erklärung der Gerüste, trotz deren hoher Ausbildung, doch mit einfachen Mitteln auskommt. Bis zu eiaem gewissen Grade können wir die Gerüste der Protisten schon jetzt als erklärt betrachten und uns der berechtigten Hoffnung hingeben, dass durch weitere Be- arbeitung dieses lohnenden Gegenstandes die Erklärung einmal — früher oder später — ihrer Vollendung entgegengeführt werden wird. Dann können wir die Gerüste in Abzug bringen, zur Erklärung bleibt nun noch der Weichkörper als solcher. Auch die mechanische Er- klärung dieses ist schon in Angriff genommen worden und zwar durch Berthold's treffliche „Studien über Protoplasmamechanik"*); Berthold hat nach den Gesetzen der Flüssigkeitsmechanik ein causales Verständ- niss der Gestaltung und Schichtung der Sarcodekörper und ihrer Ein- schlüsse angebahnt, so dass auch für diese ErscheiQungen eine end- gültige Erklärung zu erhoffen ist. Eine weitere Frage, und zwar chemischer Natur, wäre die, welcherlei Processe der Entmischung, Os- mose oder dergl. die Vacuolenbildung bedingen.**) Das Auftreten der Vacuolenblasen, ihre absolute und relative Grösse, ihre schichtenweise Anordnung u. s. w. Von der mehr oberflächlichen, die Blasen als ge- gebene Elemente voraussetzenden, den Vierstrahlertypus bedingenden Blasenspannung dringen wir durch diese Frage nach den Ursachen der Vacuolenbildung selbst schon tiefer in die Lebenspro cesse des Orga- nismus, in die geheimen Werkstätten des Lebens ein. Endlich ver- *) Es ist bezeichnend für die Strömung der Zeit, dass das ausgezeichnete Werk Berthold's im Verhältniss so wenig gewürdigt und in seiner Bedeutung verstanden wird. Häufig begegnet man in Bezug auf dasselbe völliger Un- kenntniss und während die Literaturverzeichnisse doch sonst mit allen mögUchen untergeordneten Arbeiten nach Kräften belastet werden, vermiest man die Proto- plasmamechanik Berthold's oft gerade da, wo sie in erster Linie berücksichtigt werden sollte. Dasselbe lässt sich von allen Arbeiten dieser Richtung sagen, bei denen immer zu bedenken ist, dass eine wahre Werthschätzung nicht von gelegent- lichen Fehltritten, sondern der allgemeinen Tendenz der Arbeit abhängig zu machen ist. **) Von neueren Arbeiten, die im Stande sind, den Bildungspro cess der Vacuolen in dieser und jener Hinsicht zu erleuchten, erwähnen wir W. Pfeffer, Zur Kenntniss der Plasmahaut und der Yacuolen (Abhandl. d. Sachs. Ges. d. Wiss., math.-phys. Klasse, Bd. XVI, Heft H, 1890) und die schönen Experimente Bütschli^s über die Entmischungsvorgänge in seinen Ölseifenschaumtropfen. — 93 — sprechen die ebenso interessanten als wichtigen Untersuchungen Bütschli's über die wabige Structur des Protoplasma und seine Vergleichs- experimente an strömenden Olseifenschaumtropfen ein chemisch-physi- kalisches Yerständniss der elementaren Protoplasmaerscheinungen zu eröffnen. Wenn wir in dieser Weise mit ätiologisch-mechanischer Forschungs- methode dem Organismus von den verschiedensten Seiten aus beizu- kommen suchen, wird es uns auch allmählich gelingen, eine Eigenthüm- lichkeit nach der anderen zu erklären und als gelöstes Problem in Abzug zu bringen. Es wird dann, indem wir Schritt für Schritt vorwärts rücken und immer tiefer eindringen, der unerklärte Rest immer kleiner und endlich gelingt es dann vielleicht auch einmal, in das letzte innerste Bollwerk des Lebens einzudringen. Natürlich wird bis zu diesem in weiter Ferne liegenden Ziele, das wir noch nicht sehen, sondern erst kaum ahnen können , mancher Versuch verfehlt werden und sich als übereilt herausstellen; dafür ist aber auch der Gegenstand der Untersuchung einer der verwickeltsten und schwierigsten, welche die Wissenschaft kennt. Gelegentliche Fehltritte dürfen nicht der Methode und der Bestrebung zur Last gelegt werden; — irren ist menschlich — und daran, dass auch die morphologisch- historische Forschungsrichtung, ganz abgesehen von ihren principiellen Schwächen, zahlreiche L'rthümer begangen hat, viele Vergleiche und Stammbäume voreilig aufgestellt und der nachfolgenden Kritik zum Opfer gefallen sind, braucht wohl kaum erinnert zu werden. Die Hauptsache ist, dass man ein richtiges Ziel unverrückt im Auge behält. Dass wir zu ihm nicht auf geradem Wege, sondern nur auf Umwegen gelangen können, theilen wir mit jeder wissenschaftlichen Bestrebung und ist nicht der Methode, sondern der mangelhaften Natur des menschlichen Erkenntnissvermögens vorzuwerfen. — - Ausser den im Vorstehenden berührten Arbeiten sind noch eine ganze Reihe von Untersuchungen ätiologisch- mechanischer Tendenz geliefert worden*), im Verhältniss zu der erdrückenden Menge der morphologisch-historischen Arbeiten ist ihre Anzahl aber noch ver- schwindend klein: die morphologisch- historische Forschung steht gegen- wärtig auf dem Höhepunkte der Entwickelung*'*'), die verhältnissmässig *) Näher auf die Literatur einzugehen, müssen wir uns in dieser Schrif aus begreiflichen Gründen versagen. **) Vergl. die Anmerkung auf S. 82—83. — 94 — wenigen bis jetzt zu Tage getretenen, ätiologisch-mechanischen Arbeiten sind die ersten Anfänge einer Periode, der unserer Überzeugung nach die Zukunft gehört. Zur Förderung einer erklärenden Richtung in der Biologie ist jeder Versuch einer mechanischen Erklärung organischer Gebilde willkommen zu heissen, aus begreiflichen Gründen scheinen sich aber zunächst die Protisten hierfür am meisten zu empfehlen*): in ihnen tritt uns das Leben in seiner einfachsten Form entgegen, bei ihnen ist der Process des Lebens noch nicht so complicirt und der Complex seiner constituirenden Kräfte, wie wir sahen, noch nicht so fest ge- schlossen, noch lockerer wie bei den höheren Organismen. Die Pro- tisten sind nicht nur das Bindeglied zwischen Thier- und Pflanzen- reich, sondern wir glauben, dass sie auch dazu berufen sind, uns so- wohl die Kluft zwischen organischer und anorganischer Natur in sachlicher, als auch die zwischen der organischen und anorganischen Naturwissenschaft in methodologischer Hinsicht überbrücken zu helfen. — *) Es ist natürUch, dass man zunächst da anfangen muss, wo die Verhältnisse noch am einfachsten liegen, wo man mit ätiologisch-mechanischer Methode am besten ankommen kann. Bei der Einnahme einer Festung muss man auch all- mählich von aussen nach innen vordringen, zuerst die Forts und Vorwerke nehmen und erst zuletzt an die Einnahme des innersten festen Kernes denken. Einer von diesen verhältnissmässig bequemen Angriffspunkten sind die Protisten. — Ich betone diese selbstverständliche Sache hier noch besonders, um gleich von vornherein einen Einwand zurückzuweisen, den ich einer besonderen Er- wähnung nicht für werth halten würde, wenn er mir nicht schon gesprächsweise begegnet wäre: „Man soll es uns doch einmal vormachen, einen höheren Organismus, beispielsweise den eines höheren Wirbelthieres, mechanisch zu erklären." Dieser Einwand besitzt grosse Ähnlichkeit und ist ebenso unvernünftig wie ein solcher, der, soviel ich mich entsinne, seiner Zeit der Descendenzlehre gemacht wurde, man solle uns erst einmal aus einem Bakterium einen Schimmelpilz vorzüchten. Tafelerklärung. Tafel I. Fig. 1 — 6, 10, 15, 19. Eine Reihe von verschiedenartigen Complexen von Seifenblasen, nach der Natur entworfen. Dieselben sitzen der Ober- fläche der Seifenlösung auf, mit Ausnahme von Figur 6, welche einen Complex von vier gleich grossen Blasen frei in der Luft schwebend dar- stellt. In die Kanten der Blasengerüste sind verschiedene Nadelformen roth eingezeichnet, die inneren Berührungskanten des regeljnässigen Vierblasen- complexes von Figur 6 stellen die den Achsen eines regulären Tetraeders entsprechenden typischen Vierstrahlerachsen dar. Figur 7. Gruppe von 4 grossen Blasen, gleich der der vorher- gehenden Figur, mit einer kleinen Blase in der Mitte. Das Zwischen- wandsytem eines derartigen Blasencomplexes , auf der vorliegenden Figur der grösseren Deutlichkeit halber roth schraffirt, entspricht genau den Gitterplatten der auf Figur 12 dargestellten Radiolarienform , ebenso wie es den Bauplan des Radiolariengerüstes von Figur 11 enthält. Fig. 8. Modus der Yertheilung und Anlagerung überschüssigen Wand- materiales in dem Zwischenwandsystem, demonstrirt an einem Figur 6 ent- sprechenden Vierblasencomplex. Aus dem gegenseitigen Abrundungsbestreben der aneinander grenzenden Blasen ergiebt sich eine Begünstigung in erster Linie der Ecken, in zweiter Linie der Kanten der Blasenräume durch die Materialanlagerung. Es ensteht hierdurch bei Zunahme des Wandmateriales zunächst um den Radiationspunkt des durch die Kanten gebildeten Vier- strahlers ein Tetraeder mit eingebauchten Flächen, das bei eventuellem weiteren Materialzufluss' zu einem Vierstrahler mit dreikantigen Armen auswächst. Figur 9. Schaum einer in einer Flasche geschüttelten, dunkel ge- färbten Flüssigkeit. Die das Blasengerüst bildende Flüssigkeit ist so reichlich, dass sich die Blasen gegenseitig abrunden können. Fig. 11. Archiscenium cyclopterum Hkl. (cyrtoide Nasseilarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 98, Figur 3. Fig. 12. Callimitra Agnesae, Hkl. (cyrtoide Nasseilarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 63, Fig. 5. Fig. 13 a — e. Pollentetradeu aus ein und derselben Anthere von Neottia nidus avis. — Nach Göbel , Zur Embryologie der Archegoniaten (Arbeiten des Würzburger botan. Institutes, Bd. II, S. 441, Fig. 1 a, b, c, d, f). e' Pollentetraden von Rhododendron hirsutum. — Nach von Kemer, Pflanzenleben, Bd. II, S. 101, Fig. 2. — 96 — Fig. 14. Embryo von Mcotiana. — Nach Hanstein; aus Sachs, Über die Anordnung der Zellen in jüngsten Pflanzentheilen (Arbeiten des Würz- burger botan. Institutes, Bd. II, S. 73, Fig. 6 D.). Fig. 16. Darstellung der Bildungsmechanik verschiedener Gerüstformen in einer Blasen- resp. Vacuolenschicht. a. Bildung eines der Schale von Hexacromyum elegans (Fig. 74) ent- sprechenden Gerüstwerkes, b. Ankerbildung, c. Tetraederbildung (vergl. hierzu Fig. 8, 56, 93). d. polygonales Maschenwerk ohne und e. mit Radialstacheln, f. ausgerundete polygonale Maschen ohne und g. mit Eadialstacheln. Fig. 17. Scheitel eines Embryo von Archidium phascoides. — Nach Kienitz-Gerloff; aus Berthold, Protoplasmamechanik, Taf. V, Fig. 14 b. Fig. 18. Markzellengewebe aus dem Zweige eines Laubholzes. — Nach V. Kemer, Pflanzenleben, Bd. I, S. 437, Fig. 13. Tafel IL Fig. 20 a. Interfasciculares Zellengewebe aus dem hypocotylen Gliede einer Keimpflanze von Ricinus communis vor der Keimung, b. nach der Keimung. c. Interfasciculares Gewebe aus einem Intemodium von Clematis montana. Nach Detlefsen, Über Dicken wachsthum cylindrischer Organe (Arbeiten des Würzburger botan. Institutes, Bd. 11, Taf. II, Fig. 1, 2, 4. Fig. 21. Chordagewebe von Myxine glutinosa, Querschnitt. — Original. Fig. 22. Fettgewebe. — Aus Claus, Lehrb. d. Zoolog., S. 30, Fig. 33. Fig. 23 a. Ophidomonas jenensis. Ebb. — )^ Nach Bütschli, Bau der b. Chromatium Okenii, Ebb. sp. — f Bakterien, Fig. 2 a u. Ib. Fig. 24. Knorpelkuochen. — Aus Claus, Lehrb. d. Zoolog., S. 31, Fig. 35 a. Fig. 25 a. Jüngeres, b. älteres blasiges Bindegewebe eines Plathelminthen. — Nach Lang, Yergl. Anatomie, S. 41, Fig. 37 A u. B. Fig. 26 a — c. Blasenzellen einer Spongie (Polymastia hemisphaerica). d. „Sternförmige Bindegewebszellen mit Ausläufern" von einer Spongie (Velinea gracilis). Nach Vosmaer: aus Vosmaer, Spongien (Bronn's Klassen und Ordnungen), Taf. XXn, Fig! 4 c, b, a u. 3. Fig. 27. Partie aus dem Skelett eines Seeigels, als Beispiel für die spongiös-netzförmige Structur der Echinodermenskelette. — Aus Hatschek, Lehrb. d. Zoolog., S. 142, Fig. 151 D. Fig. I~I9. Ta]: B. %^p^^ ^.KK *", '©■ Verl V Gustav Fischo'. Jena n^. 20-37. ,y^ftr^ '^^ rr " ^=^I>J )^ /^ Verl V Gustav Fischcr.Jcfia Fi^ 38- 65 LiikAiBlvACillschiltnä Taf. /!.• LlhAn I A jll ch Jeia ^ L li^f : r r-f^^^ '/Afe /«y ^rif-fcer'^ /eri Gu law scher Fl//. 103 - 122 i'2a \ 4 i^ I2S. f. { w^y.:/^ '-.k^ i\r i- yerlvfiiLsfdvFücher.Jerid. — 97 — Fig. 28. Colonie von Myxosphaera coerulea. — Nach Brandt, Colonie- bildende Radiolarien des Golfes von Neapel, Taf. I, Fig. 8. Fig. 29. Epithelgewebe. Epidermis eines zweimonatlichen mensch- lichen Embryo. — Nach KöUiker, Gewebelehre, S. 88, Fig. 48. Fig. 30 a. Schema eines lebenden farblosen Blutkörpers, b. Schema eines von Vacuolen durchsetzten Blutkörpers. Nach Heitzmann, Mikroskopische Morphologie, S. 27, Fig. 2 u. 3. Fig. 31. Gallertgewebe von Rhizostoma. — Aus Claus, Lehrb. d. Zoolog., S. 29, Fig. 30. Fig. 32. Collozoum inerme. Colonie mit 3 Centralkapseln. — Nach R. Hertwig, Organismus der Radiolarien, Taf. III, Fig 12. Fig. 33. „Reticulum plasmatique" des Kernes der Hodenzelle der Assel. — Nach Carnoy, Biologie cellulaire, S. 244, Fig. 108. Fig. 34 a — c. Zellkammern. In den Zwischenwänden der Kammer- räume bei Figur a und b Intercellulargänge , bei Figur c Intercellular- substanz. — Nach v. Kerner, Püanzenleben, Bd. I, S. 25, Fig. 1 — 3. Fig. 35. Querschnitt durch eine Körperpartie einer Spongie (Dendrilla aerophoba). — Nach v. Lendenfeld; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XXIV, Fig. 1. Fig. 36. Plasmapartie aus dem Körper eines Acanthochiasma rubescens (Acantharie , mit einem das Plasma durchbohrenden Acanthinstachel). — Nach Brandt, Coloniebildende Radiolarien des Golfes von Neapel, Taf. lU, Fig. 2. Fig. 37. Drei Individuen aus einer Colonie von Sphaerozoum punc- tatum (beloide Spumellarie). ,,Les epines se forment par le depöt de la silice dans les bras pseudopodiques dont elles conservent la forme".*) — Nach Carnoy, Biologie cellulaire, S. 269, Fig. 141. Tafel III. Fig. 38. Spiculum von Ascaltis cerebrum, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XII, Fig. 13. Fig. 39. Vierstrahliges (ein Stachel steht senkrecht zur Ebene des Bildes) Spiculum von Leucaltis floridiana, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XII, Fig. 17. Fig. 40. Spiculum von Ascetta primordialis, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XII, Fig. 1. Fig. 41. Spiculum von Ascetta vesicula, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. 12, Fig. 5. Fig. 42. Spiculum von Syculmis synapta, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XII, Fig. 19. Fig. 43. Spiculum von Ascortis lacunosa, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XII, Fig. 8. Fig. 44. Spiculum von Geodia Barretti, Bwbk. (Kieselschwamm). — Nach Vosmaer; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 10. *) Von mir durch gesperrten Druck hervorgehoben. — In Bezug auf ,,bra8 pseudopodiques" gilt das S. 6, Anm.** Gesagte. D r e y e r , Ziele und Wege biolog. Forschung. 7 - 98 — Fig. 45. Spiculum von Discodermia polydiscus, Boc. (Kiesekchwamm). — Aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 28. Fig. 46. Spiculum von lerea Quenstedti, Zitt. (Kieselschwamm). — Aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 29. Fig. 47. Ein Ausschnitt aus dem Körper eines Actinosphaerium Eich- horni im optischen Durchschnitt. — Nach Hertwig u. Lesser, aus Bütschli, Protozoa (Bronn's Klassen und Ordnungen), Taf. XV, Fig. 1 b. Fig. 48. Stylostaurus caudatus, Hkl. (sphaeroide SpumeUarie). (Der untere längste Stachel ist weggelassen.) — Nach Häckel, Challenger-Radio- larien, Taf. 13, Fig. 7. Fig. 49. Spiculum von Stelletta discophora, 0. S. (Kieselschwamm). — Nach 0. Schmidt; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 7. Fig. 50. 1^ Hornspicula von Darwinella aurea, Fritz Müller. — Nach Fig. 51. / Müller; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIV, Fig. 2 c u. 3. Fig. 52. Spiculum von Leucetta trigona, Hkl. (Kalkschwamm). — Nach Häckel; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XH, Fig. 10. Fig. 53. Spicula von Placortis simplex, F. E. S. (Kieselschwamm). — Nach F. E. Schulze; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 11—15, 18. Fig. 54. Lagena seminuda, Brady (Thalamophore). — Nach Brady, ChaUenger-Foraminiferen, Taf. 58, Fig. 34 a. Fig. 55. Sector aus dem Körper eines Thalassoxanthium cervicome, Hkl. (beloide SpumeUarie). — a. Ein einzelnes Spiculum. — Nach Häckel, ChaUenger-Radiolarien, Taf. 2, Fig. 3 u. 4. Fig. 56. Erste Entwickelung eines Skelettelementes eines Echniodermen (einer Seeigellarve). a. ürbildungszelle eines Spiculum mit erster Kalkconcretion. b. u. c. Die Concretion wächst zu einem Tetraeder heran. d. Das Tetraeder, zum Dreistrahler auswachsend, ist aus seiner Bildungs- zelle herausgetreten und liegt nun zwischen den benachbarten Mes- enchymzeUen. e. Das fertig ausgebildete dreistrahlige Spiculum. c'. Stadium von c bei stärkerer Vergrösserung, zeigt deutlich ein Tetraeder mit eingebauchten Flächen (vergl. hierzu Fig. 8, 16 c, 93 a). d'. Stadium von d bei stärkerer Vergrösserung. Nach Semon , Beiträge zur Naturgeschichte der Synaptiden des Mittel- meers, in Mittheilungen a. d. zoolog. Stat. zu Neapel, VII. Bd., 2. Heft, Taf. 9, Fig. 3 u. 4. Fig. 57. Spiculum von Thenea muricata, Gray (Kieselschwamm). — Nach Bowerbank; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 27. Fig. 58. Spiculum von Geodia perarmatus, Bwbk. (Kieselschwamm). — Nach Bowerbank; aus Vosmaer, Spongien, Taf. XIX, Fig. 26. w KQ ) Spicula aus 2 Colonieen von Sphaerozoum acuferum (beloide V fiO* ! SpumeUarie). — Nach Brandt, Coloniebildende Radiolarien J^ig- ou. J ^^g ^^^^^g ^^^ Neapel, Taf. 7, Fig. 8. u. 2. Fig. 61. Individuum von Sphaerozoum geminatum, Hkl. (beloide SpumeUarie). — Nach Häckel, ChaUenger-Radiolarien, Taf. 4, Fig. 4. — 99 — Fig. 62. Hexalonche octocolpa, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 22, Fig. 6. Fig. 63. Spiculum von Thalassosphaerä bifarca, Hkl. (beloide Spumel- larie). — Nach Häckel; aus Bütschli, Protozoa, Taf. XVTEI, Fig. 4. Fig. 64. Entwickelung von Anker und Platte bei Synapta inhaerens. — Nach Semon, Beiträge zur Naturgeschichte der Synaptiden des Mittel- meers , in Mittheilungen a. d. zoolog. Stat. zu Neapel , VII, Bd. , 2. Heft, Taf. 10, Fig. 16e— i, 1— o. Fig. 65. Sector aus dem Körper eines Lampoxanthium pandora, Hkl. (beloide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 2, Fig 1. Tafel IV. Fig. 66. Partie aus der Schale von Gazelletta dendronema, Hkl. (Phäodarie, Medusettide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 120, Fig. 16. Fig. 67. Kieselgewebe des Skelettes von Myelastrum dodecaceros, Hkl. (discoide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 47, Fig. IIa. Fig. 68. Ein Stück der inneren Schale von Coeloplegma Murrayanum, Hkl. (Phäodarie, Cölographide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 127, Fig. 8. Fig. 69. Ein Theil des ganzen Skelettes derselben Form. — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 127, Fig. 2. Fig. 70. Ein Stück der Schale von Castanidium Moseleyi , Hkl. (Phäodarie, Castanellide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 113, Fig. 2. Fig. 71. Stück eines Gerüstbalkens von Orona crassissima, Hkl. (Phäodarie, Orosphaeride). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 107, Fig. 7. Fig. 72. Ein Stück der Schale von Castanella Wyvillei, Hkl. (Phäo- darie, Castanellide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 113, Fig. 6. Fig. 73. Ein Stück der Schalenoberfläche von Octodendron spathillatum, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 18, Fig. 2. Fig. 74. Schale von Hexacromyum elegans, Hkl. (sphaeroide Spumel- larie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 24, Fig. 9. Fig. 75. Schale von Haliomma circumtextum, Hkl. (sphaeroide Spumel- larie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 28, Fig. 7. Fig. 76. Schalenbau von Clathrocyclas Latonae, Hkl. (cyrtoide Nassel- larie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 59, Fig. 7. Fig. 77. Distales Ende eines Radialstachels von Aulographis triglochin, Hkl. (Phäodarie, Aulacanthide). — Nach Häckel, ChaUenger-Radiolarien, Taf. 103, Fig. 17. — 100 — Pig. 78. Ein Stück der Schale von Aulonia hexagonia, Hkl. (Phäo- darie, Aulosphaeride). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 111, Fig. 1. Fig. 79. Ein Stück der Schale von Aulastrum triceros , Hkl. (Phäodarie, Aulosphaeride). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 111, Fig. 3. Fig. 80. Ein Anker von dem Skelette von Coeloplegma Murrayanum, Hkl. (Fig. 69 dieser Tafel) (Phäodarie, Coelographide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 127, Fig. 11. Fig. 81. Ein Stück der Schalenoberfläche von Coelodrymus ancoratus, Hkl. (Phäodarie, Cölodendride). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 121, Fig. 10. Fig. 82. Schalenbau von Tripterocalpis ogmoptera, Hkl. (cyrtoide Nasseilarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 51, Fig. 4. Fig. 83. Gitterplatte eines Stachels von Icosaspis elegans, Hkl. (Acantharie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 134, Fig. 9. Fig. 84. Schalenbau von Archipera cortiniscus, Hkl. (cyrtoide Nassel- larie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 98, Fig. 5. Fig. 85 a. Stück der Schale einer Challengeride (Phäodarie). b. Schalenbau einer Challengeride bei stärkerer Yergrösserung im optischen Flächenschnitt. c. Schalenbau einer Challengeride bei stärkerer Yergrösserung im optischen Querschnitt. — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 99, Fig. 2, 14 a, 4 a. Fig. 86. Skelett von Dictyocha stapedia, Hkl. (Mastigophore , nach A. Borgert). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 101, Fig. 11. Fig. 87. Schalenbau von Circospathis furcata, Hkl. (Fig. 94) (Phäo- darie, Circoporide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 115, Fig. 6. Fig. 88. Distales Ende eines Radialstachels von Aulographis bovicomis, Hkl. (Phäodarie, Aulacanthide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 103, Fig. 14. Fig. 89. Gerüst von Cannosphaera antarctica, Hkl. (Phäodarie, Canno- sphaeride). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 112, Fig. 1. Fig. 90. Schalenbau von Dnippatractus ostracion, Hkl. (sphaeroide *) Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 16, Fig. 8. *) Häckel stellt diese Form zu seinen Prunoideen, wir bezeichnen sie als sphaeroide Spumellarie. In demselben Gegensatz zu Häckel befinden wir uns an verschiedenen anderen Stellen (z. B. Fig. 95—98). Diese und ähnliche Formen schliessen sich zu unmittelbar an Formen mit kugelrunder Schale an und die Längsstreckung der Schale steht bei ihnen als secundäre Modification in zu augen- scheinlicher Beziehung zu den polaren Stach elanhängen, als dass man diese Formen ohne grossen Zwang von den rein kugeligen trennen könnte, eine Unterscheidung, welche nur bei Formen mit stärker ausgeprägtem monaxonen Baue angebracht erscheint. Ausserdem brauchen wir statt der Substantivbezeichnungen vieler von — 101 — Fig. 91. Schalenbau von Haliomma liriantlius, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 28, Fig. Ib. — In eine Pore sind die Zwischenwände der ihrer Bildung zu Grunde liegenden Blasengruppe punktirt eingetragen. Fig. 92. Ceriaspis inermis , Hkl. (Acantharie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 138, Fig. 5. Fig. 93. Entosolenia aspera, Reuss (Thalamophore). a. Einige Tetraeder der Schale bei stärkerer VergrÖsserung (vergl. hierzu Fig. 8, 16 c, 56 b, c, c'). — Nach Möbius, Foraminifera von Mauritius, Taf. VIII, Fig. 11 u. 12. Fig. 94. Schale von Circospathis furcata, Hkl. (Phäodarie, Circoporide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 115, Fig. 4. Fig. 95. Distales Ende eines Radialstachels von Cromyatractus cepicius, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 15, Fig. 3. Fig. 96. Schalenbau von Ellipsoxiphus atractus, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 14, Fig. 1. Fig. 97. Schalenbau von Xiphostylus edolius, Hkl. (sphaeroide Spumel- larie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 13, Fig. 5. Fig. 98. Schalenbau von Lithapium monocyrtis , Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 14, Fig. 10. Fig. 99. Schalenbau von Globigerina buUoides, d'Orb. (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 77. Fig. 100. Schalenbau von Haeckeliana goetheana, Hkl. (Phäodarie, Circoporide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 114, Fig. 3. Fig. 101. Distales Ende eines Radialstachels von Oroscena Cuvieri, Hkl. (Phäodarie, Orosphaeride). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 107, Fig. 6. Fig. 102. Ein Tangentialstachel von Cannorrhaphis spathillata, Hkl. (Phäodarie, Cannorrhaphide). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 101, Fig. 5. Tafel y. Fig. 103. Podocyrtis cristata, Hkl. (cyrtoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 72, Fig. 7. Fig. 104. Cromyomma circumtextum , Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 30, Fig. 4. Häckel aufgestellten Unterabtheilungen, besonders der der Spumellarien und Nassellarien, wie Beloideen, Sphäroideen, Discoideen, Prunoideen, Stephoideen, Cyrtoideen etc., einfach der betreffenden Hauptabtheilung beigefügte Adjectiva, wie beloid, sphaeroid, discoid, prunoid, stephoid, cyrtoid etc. Die Gründe, welche uns zu diesem unseren Verhalten veranlassen, besonders auseinanderzusetzen, sehen wir uns an diesem Orte nicht veranlasst; sie ergeben sich übrigens im Allgemeinen schon von selbst aus unserer Gerüstbildungsmechanik, mit der sich eine hohe Werthschätzung der morphologischen Befunde für eine strenge, formal - systematische Eintheilung nicht verträgt. — 102 — Fig. 105. Staurocaryum arborescens, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-ßadiolarien, Taf. 15, Fig. 8. Fig. 106. Cenosphaera coronata, Hkl. (sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 26, Fig. 11. Fig. 107. Solenosphaera ascensionis, Hkl. (sphaeroide coloniale Spumel- larie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 7, Fig. 9. Fig. 108. Gerüstbau von Drymosphaera dendrophora, Hkl. (sphae- roide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 20, Fig. 1. Fig. 109. Cortina typus, Hkl. (stephoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 97, Fig. 1. Fig. 110. Bau der Schale von Astrocyclia solaster, Hkl. (discoide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 36, Fig. 7. Fig. 111. Lamprospyris Darwinii, Hkl. (cyrtoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 89, Fig. 13. Fig. 112. Dendrocircus stalactites, Hkl. (stephoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 81, Fig. 14. Fig. 113. Orale Partie der Schale von Cycladophora pantheon, Hkl. (cyrtoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 68, Fig. 3. Fig. 114 a u. b. Zerfall eines Flüssigkeitscylinders in Tropfen. — Nach Plateau, Statique des liquides, tome II, pag. 209. Fig. 115. Stück eines Wurzelhaares von Trianea bogotensis in stark verdünntem Glycerin. Der von der Membran abgehobene Plasmakörper segmentirt sich. — Nach Berthold, Protoplasmamechanik, Taf. I, Fig. 11. Fig. 116. Skizze einer vegetativen Colonie von Collozoum inerme. — Nach K. Brandt, Die coloniebildenden Radiolarien des Golfes von Neapel, Fig. 117. Dendrocircus arborescens, Hkl. (stephoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 81, Fig. 10. Fig. 118. Theil der Schale von Heliodrymus viminalis, Hkl. (discoide Spummellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 35, Fig. 5. Fig. 119. Orale Partie des Skelettes von Lithocircus magnificus, Hkl. (stephoide Nassellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 81, Fig. 16. Fig. 120. Saccammina socialis, Brady (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 18, Fig. 19. Fig. 121. Astrorhiza limicola, Sandahl (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 19, Fig. 1. Fig. 122. ,, Monströses Individuum" von Cornuspira foliacea, Philippi, sp. (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 11, Fig. 7. Tafel VI. Fig. 123. Reophax sabulosa, Brady (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 32, Fig. 6. Fig. 124. Textularia crispata, Brady (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 113, Fig. 2 a. — 103 — Fig. 125. Polymorphina rotundata, Bornemann (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 73, Fig. 6. Fig. 126. Hastigerina pelagica, d'Orb. (Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 83, Fig. 1. Fig. 127. Orbulina universa, d'Orb, (Thalamophore). — Nach Brady. Challenger-Foraminiferen, Taf. 81, Fig. 14. Fig. 128. Chilostomella ovoidea, Reuss (Thalamophore). Die äusserste Schale ist vorne aufgebrochen. — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 55, Fig. 23. Fig. 129. Polymorphina compressa (Thalamophore). Durch extracor- ticale Verkalkung inkrustirtes Exemplar. — Nack Brad}^, Challenger-Foramini- feren, Taf. 73, Fig. 17. Fig. 130. Trypanosphaera transformata , Hkl. (coloniale sphaeroide Spumellarie). — Nach Häckel, Challenger-Radiolarien, Taf. 5, Fig. 1. Fig. 131. Hyperammina vagans, Brady (sessile Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 24, Fig. 2. Fig. 132. Entwickelungsstadien von Carpenteria (sessile Thalamophore). a. Junges Individuum, bei welchem die Kammern noch regel- mässig in geschlossener Spirale angeordnet sind. Ansicht von oben. b. Etwas älteres Individuum, bei welchem sich die Folgen der festsitzenden Lebensweise schon geltend zu machen beginnen. Der Bau wird unregelmässig und fängt an, sich auf der Unterlage auszubreiten. Ansicht von oben. c. Ähnliches Exemplar in seitlicher Ansicht. d. Ausgewachsene Carpenteria monticularis, Carter, von oben gesehen. Die morphologische Degeneration ist vollendet, der Schalenbau ist auf der Unterlage in seine einzelnen Kammern auseinandergeflossen. Links unten sitzt noch ein kleines junges Individuum. Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 98, Fig. 13, 14, 16 u. Taf. 99, Fig. 1. Fig. 133. Planorbulina mediterranensis, d'Orb. (sessile Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 92, Fig. 1. Fig. 134. Placopsilina cenomana, d'Orb., sp. (sessile Thalamophore). — Nach Brady, Challenger-Foraminiferen, Taf. 36, Fig. 1. Fig. 135. Ein Bäumchen von Carpenteria Rhaphidodendron , Mob. (sessile Thalamophore). — Nach Möbius, Foraminifera von Mauritius, Taf. V, Fig. 6. Fig. 186. Eine grössere, rasenbildende Gruppe von Carpenteria Rha- phidodendron in natürlicher Grösse. — Nach Möbius, Foraminifera von Mauritius, Taf. V, Fig. 9. Druck von Th. Hofmann in Gera. Verlag: Von G u s t a v F i s c L e r in J e n a. • I-[ *1 rn Pi 11 n ^^' OttO, Dozent Jer Zoolojjie an der ütiivorsität i»i Göltingen. jJQT ' Organismus der Hydroidpolypon. Mit 6 xafein und 4 hoIz- schnitten. (Sepju:itHl)di uck au> d^ i Jcuaiselieu Zeils.LlniU iiir Naturwissensclnift'). 1882. l'rois: 6 Mark. Beiträge ziu* Histologie der Ecliinodcrmen. iiett i. Die HoIo- thunen. Mit 6 Tatetu und ö Hol/.schnuien. 18«4. Preii, : 7 Mark. —Heft 2. Die Ästenden anatomisch und hist'dogisch untersucht. IMit 7 Tafeln und 3 Holzschnitten. 1885. Frei.-: 9 Mark. — Heft 3. Anatomie und Histologie der Echiniden und Spatangiden. Mit 13 Tafeln und '2 H.dz>chniltcn. 1887. Preis: 15 Mark. (Sonder ibdruck aus der Jenaisclien Zeitschrift für Naturwissenschaft. Band XXI, 1/2.) — Helt 4 (Sciilufs). Anatomie und Histologie der OpMuren und Crinoiden. Mit 12 Taf. und 2 Holz>chnitteu. Preis: 14 ölark. Die Xcmatlielmintlien. Beiträge zur Kenntnis ihrer Entwicklun;^, ihres Baues unu iliier Leben^geachlchle. Erstes Heft : Monographie der Acanthocepbalen (Echinorhynchen), ihre Entwicklung, Histogenie, Anatomie, nebst Beiträgen zur Syste- matik und Biologie. Erster Theil mit 10 lithographischen Tafeln. Preis: 11 Mark. H C, o. ö. Professor der menschlichen und der vergleichenden Anatomie an der aSStJj Universität Breslau, Das natürliche SystcMi der Elasmobran- cliier anf Grundlage des Banes und der Entwickelung ilirer Wirbelsäule. Eine morphologische und palaeontologische Studie. Unter Mitwirkung der Herren A.->sistenten Professor Dr. G. Born, Dr. H- S t r a s s e r und Dr. P h. S t o e h r. Allgemeiner Teil. Mit 2 Tafeln Abbildungen, 2 Stammtafeln und 6 Holzschnitten. iS79. gr.''40. Preis: 10 Mark. — Besonderer Teil. Mit 40 Tafeln. 1882. gr. 4". Preis: 80 Mark. — Ergänzungsheft. Mit 1 lith. Tafel, l Tabelle und 2 Stammtafeln. 1885. Preis: 5 Mark. — Beiträge zur allgemeinen Stammesgeschichte der Wirbel- tiere. Mit 3 lithographischen Tafeln. 1883. Preis: 4 Mark 50 Pf. Heider ^' ^"^' P^^ Embryonalentwickelung Ton Hydrophilus ' piceUS L. I. Theil. Mit 12 lithographischen Tafeln und 9 Abbildungen im Text. 1889. gr. b°. Preis: 20 M. TJ/^-p-fTcrirv Oscar und Richard, o. ö. Professoren an den Universitäten Berlin und neriWlg, München, Untersuclumgen zur Morphologie und Phy- siologie der Zelle. Heft l. Die Kernteilung bei Actinosphaerium Eichhornii. Von R. Hertwig. Mit 2 lithographischen Tafeln. 1884. Preis: 2 Mark. — Heft 2. Welchen Einflufs übt die Schwerkraft auf die Teilung der Zellen 1 Von O. Hert- wig. Mit 1 lithographischen Tafel. 1884. Preis: 1 Mark 50 Pf. — Heft 3. Das Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies, eine Theorie der Vererbung. Von O. Hertwig. 1885. Preis: 1 Mark 50 Pf. — Helt 4. Experimentelle Unter- suchungen über die Bedingung der Bastardbefruchtung. Von 0. und K. H e r t w i g. 1885. Preis : 1 Mark 60 Pf. — Heft 5. Ueber den Befruchtungs- und Teilungs- vorgang des tierischen Eies unter dem Einflufs äufserer Agentien. Von O. und R. Hertwig. Mit 7 lithographischen Tafeln. 1887. Preis: 8 Mark. — Heft 6. Experimentelle Studien am tierischen Ei vor, während und nach der Befruchtung I. Von O. Hertwig. Mit 3 lithographischen Tafeln. Preis 3 Mark. XJ ^■M4-r^rirv. Dr. 0., Professor an der Universität Berlin, und Hertwig, Dr. R., Professor nerlWlg, ^^ der Universität München, StudieU ZUr BlättertheOrie. Heft 1. Die Actinien anatomisch und histologisch mit besonderer Berückbichtigung des Nervensystems untersucht. Mit 10 Tafeln. Preis: 12 Mark. — Heft 2 Die Chaetognathen , ihre Anatomie , Systematik und Entwickelungsgeschichte. Eme Monographie von Dr. O. Hertwig. Mit 6 Tafeln. Preis: 6 Mark. - He" 3 Ueber den Bau der Ctenophoren. Von Dr. R. Hertwig. Mit 7 Tafeln. Preis: 7 Mark — Heft 4. Die Coelomtheorie, Versuch einer Erklärung des mittleren Keim- blattes. Von Dr. O. H e r t w i g und Dr. R. H e r t w i g. Mit 3 Tafeln. Preis : 4 M. 50 Pl — Heft 5. Die Entwickelung des mittleren Keimblattes der Wirbeltiere. Von Dr. Oscar Hertwig. Mit 9 Tafeln. Preis: 8 Mark. KÖlliker ^- ^°^' g«^«^^^^*» Professor, Der jetzige Stand der morpho- ' logischen DiSCiplinen mit Bezug auf allgem. Fragen. Rede, ge- halten bei Eröffnung der 1. Versammlung der Anatom. Gesellschaft zu Leipzig am 14 April 1887. Preis: 60 Pf. Verlag Ton (irustav Fischer in Jena. f irr\VCr>Vmlf ^^' '^' ""^^ Heider, Dr. K., Privatdocenten an der Universität Berlin, iVOlöOllC/ll, Lehrbuch der yergleiclicnden Entwickelungsge* schichte der wirbellosen Thiere. Erste und zweite Lieferung. Mit 540 Abbildungen im Text. Preis : 21 Mark. TTlllronflTCll ^^' P^^^' ^^^^y» Inhaber der Ritter-Professur für Phylogenie an der lVullt;illlld;ij Universität Jena, Vergleichend - anatomischc und ent- wickelnngsgeschichtliche Untersuchungen an Waltieren. Erster Theil. Oie Haut der Cetaceen. Die Hand der Cetaceen. Das Centralnervensystem der Cetaceen gemeinsam mit Dozent Dr. med. Theodor Ziehen. Mit 13 lithograph. Tafeln. Preis: 35 Mark. T ovirv Dr. Arnold, Inhaber der Ritter-Professur für Phylojreiiie an der Universität Jeiii. ijdll^j XJeher den Einfluss der festsitzenden Lebensweise auf die Thiere und über den Ursprung der ungeschlechtlichen Fortpflanzung «imcli Theiluug und Kiiospung. Preis: 3 Mark Mittel und Wege phylogenetischer Erkenntnis. Erste öffentliche Rede, gehalten am 27. Mai lb«7 in der Aula der Universität Jena, entspr. den Be- stiramunv'en der Paul von Ritter'schen Stiftung für phylogenetische Zoologie. Preis: 1 Mark 50 Pf. T) »i- Dr. Bernhard, Privatdocent an der Universität Berlin, DaS Centrale ^ y er Yen System der Acephalen. Mit 5 iithographi.«;chuu Tifein. (Sonderabdruck au.» der Jen. Zeitselirüt tür Naturw. XX. Bd.) Preis: 5 M. Der 3Iantelrand der Acephalen« Erster Teii: Ostreacea. Mit 6 Talelii und 1 Abbildung ui\ Text, (öonderabdruck aus der Jen. Zeitschrift für Nnturwia-eiischaft. XXII. Bd.) Preis: 8 Mark. — Zweiter Teil: Arcacea. Mytilacea. Unionacea. Mit 4 Tafeln und 3 Abbildungen im Text. Preis: 6 M. Ci Dr. Bichard, Privatdocent an der Universität, Assistent am anatomischen oGniOn, Institut in Jena, Dic Entwickclung der Synapta digitata und die Stiimmesgeschichte der hchinodermen. Mit 7 lithographi>ch<-ii rateln. (Sonder- abdriK'k .IMS der Jenaischen Zeitschrift für Naturwissenschaft, Bd. XX IL) Preis: 9 Mark. Studien über den Bauplan des Urogenital Systems der Wirbelthiere. Dargelegt au der EntWickelung dieses Organsystems bei lehthyophis glutinusis. Mit 14 lithographischen Tafeln. Preis: 12 iMark. Vprwnrn ^"^ ^^*''' ^^y^^^^ " physiologische Protistenstudien. Mit ? 6 lithographischen Tafeln und 27 Abbildungen im Te.vt. Preis: 10 M. TT_,'^Pj Hugo de, ord. Professor der Botanik an der Universität Amsterdam, ^ ^^^^? Intracellulare Pangenesis. issg. Preis: 4 Mark. Die Pflanzen uud Thiere in den dunkeln Räumen der Rotterdanier Wasserleitung. Bericht über die biologischen Untersuchungen der (Jrenothrix-Commission zu Kutterdam vom Jahre 1887. Preis: 1 Mark 80 Pf. linand, Das Visceralskclctt und seine Muskulatur Waltei-, ^': y^ 7 bei den eii einheimisclien Ampiiibien und Reptilien. (iekröate Preisscliritc. Mit 4 Tafeln. (Sonderabdruck aus der Jeuaischen Zeitschrift für Natur wissenschafc Band XXI) Preis: 4 xMark. WToKav ^'■- ^^^^' Professor der Zoologie in Amsterdam, StudiCU Über SäUgC- ' tiere. Ein Beitrag zur Frage über den Ursprung der Cetaceen. Mit 4 Tafeln und 13 Holzschnitten. Preis: 12 Mark. \\f r^^ QYYt Q ri n ^^' -^^^^st, Professor der Zoologie an der Universität Freiburg, YY tJifemdUU, Bie Entstehung der Sexualzellen bei den Hydro- medUSen. zugleich ein Beitrag zur Kenntnis des Baues und der Lebenserschei- nungen dieser Gruppe. Mit einem Atlas von 24 Tafeln und 21 Figuren in Holz- schnitt. Preis: 66 Mark. VViprlpr^VlPlTYl ^^' ■^°^®'^*» Professor an der Universität und Direktor des an.*- Tf lütlülolldlllj tomischen und vergleichend-anatom. Instituts zu Freibarg i. B , Pas Gliedmassenskelett der Wirbelthiere mit besonderer Berücksich- tigung dec Schulter uud Beckengürtels bei Fischen, Amphibien und Reptilien. Mit 40 Figurpn im Texte und einem Atlas von 17 Tafeln. Preis: 24 Mark. Krommaimsche Buchdruckerei (Hermann Po hie) in Jena. — 3334 ^?^ /