'ß*^ •'" ^.. ^i tyl^ * «*>-i^ i^v--t-\< /^ . ":- •«.-yv-r. .r- rs. ZOOLOGICA. Original- Abhandlungen aus dem Gesamtgetiete der Zoologie. Herausgegeben Dr. Carl Chun in Leipzig. ->-<«^- Slebzehnter Band. 1903—1906. STUTTGART. E. Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung (E. Nägele). 1906. — -> Alle Rechte vorbehalten. Druck von Carl Kern l old, H ei 1 broii n a. N. pR>NTE-0 j5^ GtRM'^N^ Inhalt. Heft 40. Die Geschichte der T- Riesen von Ascaris megalocephala als Grundlage zu einer Entwickelungsmechanik dieser Spezies. Von Otto zur Strassen. Mit 3 Tafeln und yy Textabbildungen. 190^ u. 1906. Heft 41. Beitrag zur Embryonalentwickelung der Ascaris megalocephala. \'on Dr. Hermann Müller. Mit 5 farbigen Tafeln und 12 Figuren im Text. 1903. Heft 42. Beiträge zur Morphologie der Arthropoden. I. Ein Beitrag zur Kenntnis der Pedipalpen. Von Carl Börner. Mit 7 Tafeln und 114 Textfiguren. 1904. Ji 2^ ' ' ZOOLOGICA. Original- Abhandlungen dem Gesamtgetiete der Zoologie. Herausgegeben von Dr. Carl Chun in Leipzig. »- etwas schief zur Medianebene stand. Pj zeigte nach rechts und hinten in der Verlängerung derselben Richtung, in welcher ihre Schwester sich nach links und \orn hervorwölbte, und auch dieser Zustand bewährte sich als so dauerhaft, dass selbst nach der Teilung von P» deren beide Nachkommen Pj und C sehr deutlich die "gleiche Schief- stellung erkennen Hessen. Da nun die .Spindel von EM St selbst nicht ganz genau horizontal, sondern ein bischen schräg gerichtet war (vgl. oben), so geschah es, dass aus der Klüftung der ventralen Gruppe trotz der „horizontalen" und „vertikalen" Teilung ihrer Komponenten nicht eine T-Figur, sondern — und damit stimmte der Embryo wieder mit einer typischen Vorschrift überein — eine vierzellige Reihe hervorging. Denn von den beiden Abkömm- lingen der Mittelzelle stand von Anfang an nur die hintere, E, mit der Zelle P3 in Zusam- menhang. Es ist schwer zu sagen, ob die hier geschilderte Klüftungsart der Zelle EM St dem Typus näher kam, als es sonst bei T-Riesen geschieht, oder nicht. Sicher ist jedenfalls, dass die dabei erreichte Gesamtform der ventralen Gruppe aussergewöhnlich atypisch war. In der normalen Entwickelung sowohl, wie in der Regel bei T-Riesen entsteht die vierzellige Ventralreihe in genau linearer oder bereits dorsal wärts gekrümmter Anordnung. Und hier - 20 — bei unserem Embryo zeigte sich die Reihe um einen erheblichen Betrag ventrahvärts ein- geknickt. Allein dieser Zustand dauerte nicht lange. Während die vier Zellen des Ektoderms, die längst in das Ruhestadium eingetreten waren, nunmehr zum ersten Male jene scharf umschriebenen, kugelrunden Kerne erhielten, aus denen auch im Leben die erfolgte Chromatindiminution ersichtlich wird, \'eränderte die ventrale Gruppe in sehr unerwarteter Weise durch Gleiten ihre Konfiguration. Es war, als wenn die geknickte Vierzellenreihe langsam ihr gebeugtes Haupt erhöbe, den ektoder- malen Rhombus, der wie ein Hut darüber sass, gleichzeitig A'erschiebend (Taf. III, Fig. 2'p. gO, daß die Methode der paratangentialen Klüftung von allen den Blastomeren, die ihr normalerweise unterworfen sind, auch bei T-Riesen und überhaupt in jeder beliebigen Schicksalslage beibehalten wird. Danach ist dies eine sicher: die para- tangentialen Spindeln der für die folgende Ihitersuchung in Betracht kommenden Zellen liegen bei T-Riesen unter allen Umständen wiederum paratangential, d. h. senkrecht zur organischen Achse, oder, was bekanntlich auf dasselbe hinausläuft, senkrecht zur Sym- metrieachse der jeweiligen Zellgestalt. Wenn also die Gestalt einer Zelle bei T-Riesen atypisch verändert ist, so kann die spezielle Stellung ihrer Spindel gewissen primären Merkmalen gegenüber ebenfalls atypisch sein. Aber eine solche abnorme Ver- schiebung der Paratangentialebenc würde nicht ausschließen, daß die Spindel innerhalb der neuen, ihr zugewiesenen Möglichkeitsebene diejenige Stellung wählt, die das typisch senkrechte Lageverhähnis zur Primärachse aufrecht erhält. Ob dies in allen Fällen ge- schieht oder nicht, das zu entscheiden ist die nächste Aufgabe für unsere Analyse. — 118 — A und B. 1. Die Ektodermzellen A und B des vierzelligen Stadiums dienten uns in ihrer typischen Spindelstellung als ausgezeichnet klare Paradigmata der quer-paratangentialen Teilungsweise, p. 98, Fig. Z). Minder dankbar ist ihre Analyse an der Hand der eigentlichen T-Riesen- geschichte, da unsere beiden Zellen von der bekannten, für uns so wertvollen Stellungs- anomalie des ventralen Paares allzuwenig betroffen werden. Besonders die vordere Zelle A zeigt sich bei den T-Riesen weder in ihren un- mittelbaren Nachbarschaftsverhältnissen noch auch, was für uns jetzt wichtiger ist, in ihrer typischen Fonn und Lage im geringsten gestört : daraus geht hervor, daß die Richtung ihrer Primärachse einerseits und ihrer organischen Achse andererseits mit der normalen identisch ist (Fig. JJ I und 2). Wenn nun diese Zelle ihre Spindel bei T-Riesen ausnahmelos hori- zontal und quer zur Medianebene stellt, wie in der regulären Ontogenesis, so bedeutet das, wie dort, zugleich „quer zur primären Achse und paratangential". Die typische Be- ziehung der Spindel zur Primärachse erweist sich also bei A als konstant; womit freilich für sich allein nicht viel gesagt ist ; denn alle übrigen (ieskriptiven Richtungs- verhältnisse dieser Mitose werden ja nicht minder getreulich beibehalten. 1 JJ. 2 Form- und Achsenverhältnisse der Zellen A und B in der normalen Ontogenesis (1) und bei T-Riesen (2). p — a Primärachsen; die organischen Achsen sind durch Pfeile dargestellt. Instruktiver ist schon das Verhalten der hinteren Ektodermzelle B. Diese Zelle verändert zwar in der T-Riesengeschichte ebensowenig als A die typische, genau mediane und longitudinale Stellung ihrer primären Achse, wohl aber ihre Gestalt. Indem die dritte Kontaktfläche, die ihr normalerweise die wandernde Zelle P» verschafft, in Wegfall kommt, erhält - oder besser : bewahrt — unsere Zelle genau die gleiche disymmetrische Form mit zwei basalen Berührungsflächen, wie ihre Schwester (Taf. 1, Fig. i). Mit dieser Form- \eränderung geht aber selbstverständlich eine atypische Aufstellung des Kerns und der Sphäre Hand in Hand. Während im rhombisch orientierten Vierzellenstadium die organische Achse von B steiler aufgerichtet ist, als die von A, liegt sie jetzt eben so schräg wie jene (Fig. JJ, i und 2). Nur in einem, sehr wesentlichen Punkte ändert sich nichts; die organische Achse von B fällt nach wie vor in die morphologische Mittelebene. Erheben wir jetzt einmal vorweg die Frage, wie denn die Spindelstcllung der Zelle B, wenn sie im Einklang mit unserer Hypothese einerseits an die Paratangentialebene, anderer- — 119 — seits an das senkrechte Verhältnis zur Primärachse gebunden ist, unter den geänderten Ver- hältnissen der T-Riesen ausfallen müßte, so erkennen wir bald, daß die Spindelstellung hierbei ganz unverändert so bleiben würde, wie sie war : horizontal und quer zur Median- ebene. Die organische Achse von B dürfte sich sogar noch stärker nach oben oder unten verschieben : so lange sie innerhalb der Mediane bleibt, schneidet die von ihr abhängige Paratangentialebene die andere, durch die Primärachse normierte Ebene von Möglichkeiten allemal längs der gleichen queren Linie ; und wenn die Spindel unserer Zelle in der Tat von jenen zwei Grenzebenen geleitet wird, so muß sie bei T-Riesen in dieselbe Linie fallen, wie in der normalen Entwickelung. Daß dies letztere in der Tat geschieht, ist uns wohlbekannt. Also darf — soweit die Beweiskraft der T-Riesen geschichte hier eben reicht — auch die Spindelstellung von B im Sinne der von uns geprüften Hypothese gedeutet werden. Nun aber die erste von den ('berraschungen, die ich verkündigt habe. In der Ge- schichte des Dreifachzwillings geschieht etwas, das die Physiologie der Spindelstellung von A und B mit einem Schlage in vöUig verändertem Lichte erscheinen läßt. Wir wollen die Überlegung, die wir vorhin über das geometrische Verhältnis der beiden von der primären und organischen Achse bestimmten Ebenen angestellt haben, so- weit es dort in Frage kam , jetzt bis an ihr Ende führen. Was geschähe wohl, wenn die organische Achse einer dieser Zellen sich auf der Medianebene so weit nach abwärts ver- schöbe, daß sie in die Richtung der primären Achse selber zu liegen käme? Die Antwort ist einfach. In solchem Falle würden auch die zwei Ebenen, die im Schwer- punkte der Zelle auf den Achsen senkrecht stehen und sonst sich längs einer queren Linie schneiden, zusammenfallen, und die Schnittlinie zwischen ihnen \erschwände. Wenn nun die Spindel der gedachten Zelle aus physiologischen Gründen einerseits in die zur organischen Achse senkrechte Paratangentialebene, andererseits in die zur Primärachse senkrechte Ebene gerichtet wird, wie unsere Hypothese lautet, so würde ihr durch zweifache Kausalität eine und dieselbe Ebene angewiesen. Aber nichts ist da, was ihr innerhalb dieser Ebene von Möglichkeiten eine endgültige, spezielle Richtung verleihen könnte. Die Stellung der Spindel müßte also in ihrer doppelt garantierten Ebene willkürlich, vom „Zufall" ab- hängig sein. Das Experiment, das hier in Gedanken ausgeführt wurde, hat eine glückliche Fügung in der Geschichte des sonderbaren Dreifachzwillings — ein einziges Mal ! — verwirklicht. Wir erinnern uns, daß die beiden Ektodermzellen des senkrecht auf dem Kopfe stehenden Individuums im Augenblicke ihrer Geburt von der zugehörigen ventralen Keimeshälfte los- gerissen wurden und gänzlich isoliert in der kleineren Schalenkammer liegen blieben (Taf. IV, Fig. 53). Diese beiden Blastomere — die wir, ohne zu wissen, welches die eine und welches die andere war, doch gemeinsam als A und B bezeichnen dürfen — waren somit gegenüber den Verhältnissen echter T-Riesen je einer weiteren Kontaktfläche beraubt : die schwesterliche Scheidewand war die einzige, die ihnen geblieben war. Natürlich erhielt unter solchen Umständen jede der Zellen, analog dem normalen Stadium II, eine zur Rieh- _ 1 20 _ tung der vorausgegangenen Mitose, d. h. zur primären Achse allseitig symmetrische Ruhe- form (Taf. IV, Fig. 55). Und da, wie immer, die beiderseitigen Kerne und Sphären in der Achse der Zellsymmetrie Stellung nahmen (oder vielmehr behielten), so ist klar, daß jetzt in beiden Ektodermzellen die organische Achse mit der primären in der Tat zusammenfiel. — Was hätten wir nun von der Spindelstellung dieser Zellen, falls unsere Hypothese des hier geltenden Reizmechanismus richtig ist, unbedingt erwarten müssen ? Offenbar dies : daß zwar die eine wie die andere Spindel quer zu der primär- organischen Einheitsachse ihrer Zelle, d. h. parallel zur schwesterlichen Scheidewand ge- richtet würde ; daß aber die Auswahl einer speziellen Richtung innerhalb der solchermaßen freigestellten Ebene einer jeden Spindel gleichsam selber überlassen wäre : irgendwelche geometrisch einfache Beziehung oder gar i'bereinstimmung zwischen den beiderseitigen speziellen Spindelstellungen wäre ausgeschlossen, oder könnte höchstens das Ergebnis eines sehr sonderbaren Zufalles sein. In Wirklichkeit aber geschah folgendes. Die isolierten Schwesterzellen teilten sich nicht gleichzeitig, wie es in der typischen Entwickelung gesunder Eier fast ausnahmelose Regel ist, sondern die eine war bereits durchgeschnürt, als in der anderen die Spindel sich völlig ausgebildet hatte (Taf. IV, Fig. 56). Hierbei ergab sich zunächst, daß beide Spindeln genau parallel der gemeinsamen Scheidewand, d. h. senkrecht zu der betreffenden primär- organischen Achse gerichtet worden waren. Unsere erste Voraussage war also in der Tat erfüllt; um so gründlicher enttäuscht wurde die zweite. Denn die spezielle Richtung der Spindeln innerhalb der ihnen zugewiesenen Ebenen war keineswegs, wie wir erwartet hatten, eine beliebige und beiderseits disharmonische, sondern die Spindeln lagen einander haarscharf parallel. Hier treffen wir also — in unserer Analyse ein noch nicht dagewesener Fall bei den abnormen Keimen auf ein zu hohes Maß typischer Beständigkeit, ein höheres, als die von uns bis jetzt verteidigte Hypothese vertragen kann. — Oder fände sich vielleicht doch noch ein Weg, die Kongruenz der beiden Spindelrichtungen als ein minder bedeutungs- volles Ereignis hinzustellen ? Wir lassen die Möglichkeit einer ,, zufälligen" flbereinstini- mung als gar zu unwahrscheinlich aus dem Spiel. Aber man könnte wohl denken, den beiden Spindeln sei von Haus aus keine spezielle Richtung vorgeschrieben gewesen ; erst da- durch, daß die eine Zelle sich vor der anderen teilte, schuf sie für ihre Schwester eine be- stimmte Richtung, in die dann die andere Spindel gezwungen war, ebenfalls einzutreten : z. B., indem an der Schwesterzelle quer zur Primärachse eine Richtung geringsten Wider- standes oder größter Protoplasmamasse entstanden wäre, die die Spindel, als die bequemste unter allen freigestellten, angenommen hätte, oder durch eine gegenseitige richtende Beein- flussung vermittels orientierender Reize. Allein dem steht entgegen, daß die Deformation der zurückgebliebenen Zelle durch das anhaftende Töchterpaar höchstens senkrecht zur Verbindungslinie des letzteren eine Richtung größter Ausdehnungsmöglichkeit bedingen könnte. Und zweitens, daß es eine gegenseitige richtende Einwirkung der Spindeln von A und B in der normalen Ontogenesis, wo man öfters die eine quer, die andere schräg gelagert sieht und zum Schluß doch allemal beide in die Querstellung übergehen, bestimmt nicht gibt. — 121 — Somit bleibt nichts übrig, als den Fall wirklich ganz ernst zu nehmen. Offenbar hat jede von den beiden Schvvcsterzellen ihre Spindel in eine nach allen drei Dimensionen fest bestimmte Richtung dirigiert, wozu natürlich fest lokalisierte innere Orientierungsmittel nötig waren ; und die Kongruenz der Spindclstellungen beruht auf einer von Geburt aus homonomen und seither nicht gestörten Lagerung der beiderseitigen Orientierungsmittcl. Ferner ist selbstverständlich, daß es sich nur um typische Richtungsmittel, um eine typisch geregelte Spindelstellung handeln kann. Dann aber kommt nur eine einzige Deutung der von den Spindeln gewählten Lage in Betracht: die isolierten Schwesterzellen haben sich offenbar genau so geteilt, wie in der typischen Ontogenesis; die Ebene, in der beide Spindeln gelegen sind, ist in Bezug auf das primäre Gerichtetsein der Zellen keine andere, als jene „H orizontal ebene", die in der normalen Entwickelung und bei den T-Riesen die Spindeln von A und B enthält, die man aber hier, wo infolge der Isolation und der seither eingetretenen unkontrollierbaren Drehungen des Paares jede Orientierung über oben und unten in morphologischem Sinne ausgeschlossen ist, nicht mehr als solche erkennen kann. Übertragen wir die gewonnene Erfahrung auf die normale Entwickelung, so ist jetzt sicher, daß die Spindeln von A und B, wenn es gelänge, die beiden Zellen unter Auf- rechterhaltung ihres typischen Verhältnisses zu den Ilauptrichtungen des Embryo emporzuheben, bis jeder Kontakt mit dem ventralen Blastomerenpaare ver- schwindet und die organischen Achsen unserer Zellen in das Niveau der Primärachsen niedergesunken sind, — dennoch wieder horizontal gerichtet würden. Und damit ist er- wiesen, daß unsere aus Sparsamkeitsgründen aufgestellte Hypothese über den Reizmechanis- mus dieser Art von Teilungen falsch, daß sie eben zu einfach war. Die Zellen A und B besitzen eine höhere Komplikation der inneren plasmatischen Struktur, als nur die axial- symmetrische, die sich aus der bei der Geburt vorhandenen gleichgerichteten Differenzierung so ökonomisch herleiten ließ. Aber welche? Wir sind schon so gewöhnt, die geometrisch einfachen Richtungen als diejenigen an- zusehen, deren strukturelle Hervorhebung am billigsten zu erhalten ist, daß wir, wenn für die Zellen A und B schon mindestens eine Flächenstruktur gebraucht wird, sogleich an die Medianebene denken. Wurde doch für die Zelle P3 schon auf die normalen Verhältnisse hin eine Mediandifferenzierung verlangt und sehr ökonomisch besorgt. Nehmen wir also an, das Plasma der Zellen A und B sei in der Richtung der Medianebene diffe- renziert, also median-symmetrisch ; und die Spindel stelle sich in beiden Zellen senkrecht zu der hervorgehobenen Ebene. Dann ist klar, daß eine solche Hypo- these für das Verhalten der Zellen in der normalen Entwickelung, bei T-Riesen, wie auch für das isolierte Ektoderm unseres Dreifach-Zwillings in der Tat genügen würde : unter allen Umständen lägen beide Spindeln „horizontal". Die paratangentiale Teilungswei&e aber wäre als Faktor ausgeschaltet, und so verstände sich ganz selbst, daß eine Veränderung der organischen Achse keinen Einfluß auf die Spindellage haben könnte. Allein durch folgende Überlegung entpuppt sich das Geschäft doch als viel weniger vorteilhaft, als es den Anschein hatte. Die für die „gleichsinnige" Mitose der Zelle P3 be- gründete Hypothese einer medianen Symmetrie war deshalb in physiologischem Sinne ver- gleichsweise anspruchslos, weil sie der primären, bei der Geburt vorhandenen Differenzierung Zoologlca. Heft 40. 16 — 122 — des Zellleibes doch keine größere Komplikation zumutete, als die axial -symmetrische. Man konnte sich nämlich denken, daß die primär-axiale Struktur erst durch die postmitotische, in der Medianebene vollzogene Wanderung der organischen Achse in eine median-symmetrische verwandelt werde. Dieser bedeutende Vorzug kommt der Hypothese für den Fall der Ekto- dermzellen A und B nicht zu. Zwar würde die normale Entwickelung, wie auch die Ge- schichte der T-Riesen die Übertragung jener genetischen Herleitung recht wohl gestatten; hier wie dort geschieht ja die Wanderung der organischen Achsen von A und B in der Tat genau median. Aber das isolierte Ektoderm des Dreifach-Zwillings steht wiederum im Wege. Denn da die organischen Achsen dieser beiden Schwesterzellen ihre ursprüngliche Stellung in der Primärachse überhaupt nicht verlassen, so kann natürlich durch ihre , .Wan- derung" keinerlei sonstige Differenzierung geschaffen worden sein. Wenn man die Verhältnisse des Ektodermzellenpaares im Zustande der Isolierung recht bedenkt, so leuclitct aber ferner ein, daß ebenso sicher jeder andere Versuch, ein , .nachträgliches" .Auftreten der medianen Struktur in ihrem Plasma begreiflich zu machen, scheitern müßte. Denn um die Achse der einsamen Zellen herum ist alles homogen : die Form ist kreisrund auf allen Querschnitten, eine Nachbarschaft fehlt, und auch die abge- platteten Kerne bieten, wie wir aus der deskriptiven Einleitung wissen, quer zur Achse keinerlei gerichtete Differenzierung dar. Also muß die strukturelle Auszeichnung der Medianebene, die in den Zellen A und B sicher vorhanden ist, schon zur Zeit ihrer Geburt als primäre Eigenschaft bestanden haben. Das aber ist ein folgenschweres Resultat. Für das Auftreten einer primär-axialen Struktur konnten wir allemal die Vorgänge bei der Geburt der Zelle verantwortlich machen. Jetzt aber muß im Hinblick auf den Dreifachzwilling zugegeben werden, daß die Mitose, aus der A und B hervorgegangen sind, nichts enthält, woraus eine mediane Differenzierung sich herleiten ließe. Die strukturelle Mcdian-S ymmetrie von A und B muß durchaus schon während und — sit venia verbo — \ ^-r ihrer Geburt vorhanden gewesen sein: sie ist mit einem Worte ein Erbteil von AB, ihrer gemeinsamen Mut terzeile. Mit diesem Ergebnisse dürfen wir uns jetzt nicht mehr bescheiden. AB, die obere Furchungskugel des zweizeiligen Stadiums, entpuppt sich plötzlich als Trägerin einer me- dianen Differenzierung, von der wir bisher keine Ahnung hatten. Wie kommt sie zu dieserEigenschaft? Fassen wir die geforderte Differenzierungsebene genauer ins Auge (Fig. KK 2), so erkennen wir, daß sie zwei deskriptiv bekannte Achsenrichtungen der Zelle selbst enthält: nämlich erstens ihre senkrecht stehende organische Achse, die zugleich Primärachse ist, zweitens, da die Zelle AB sich in longitudinaler Richtung teilt, die Spindelachse der kom- menden Mitose. In diesem Bestimmtsein der gesuchten Ebene durch zwei bekannte Rich- tungen liegt nun aber ein Fingerzeig, wie wir uns den Ursprung der Bilateralität von AB möglichst ökonomisch denken könnten. Nehmen wir an, das Plasma der Zelle AB sei von Geburt an in der Richtung ihrer primären Achse bloß axial-symmetrisch differenziert. Indem nun die Spindel der zur Teilung schreitenden Zelle in irgend einer behebigen „speziellen" — 128 — Richtung quer zur Primärachse gebildet wird, liefert sie für die geforderte vertikale Ebene das zweite geometrische Bcstimmungselement ; worauf die geschaffene Flächenrichtung auf diese oder jene Weise strukturell im Plasma markiert und als nunmehrige Aledianebene auf die Tochterzelle vererbt werden könnte. 1 KK. 2 Spindelstellung der normalen Stadien IV und II, von links, jedoch etwas schräg von oben und hinten. Die primäre Medianebene der Zellen A und B in Fig. 1, AB in Fig. 2 ist vertikal schraffiert. Wenigstens darf diese Vorstellung dann als die am meisten ökonomische gelten, wenn die spezielle Richtung der Spindel von AB innerhalb der ihr zugewiesenen Horizontalebene auch wirklich eine ,,zu fäll ige" und nicht etwa durch eine vorhandene Struktur im voraus geregelt ist. Hierüber wissen wir zur Zeit noch nichts. Ziemlich bald aber werden wir darauf zurückzukommen haben. MSt und C. 1. Nach dem unbestrittenen Erfolge der eben abgeschlossenen Erörterung darf die Ana- lyse der übrigen hierhergehörenden Mitosen um so kürzer gehalten werden. Die Mehrzahl von ihnen, nämlich die zahlreichen zur Primärachse queren Teilungen, die das ektodermale Epithel enthält, kommt ohnehin für analytische Zwecke gar nicht in Frage, da mir die Schwierigkeit, solche Zellen im Ektoderm der T-Riesen zu identifizieren, bisher unüberwind- lich gewesen ist. Aber auch die klar ausgeprägten queren Mitosen der beiden ,,ventralen" Zellen MSt und C sind trotz ihrer frühen Entwickelungsstufe keine angenehmen Objekte mehr. In der typischen Ontogenesis liegen diese Zellen zwischen benachbarten Blastomeren fest ein- gepackt, verschieben sich höchstens auf der Medianebene, ohne das primäre Kontaktverhältnis zu ihren bezüglichen Schwesterzellen E und P3 aufzugeben, und haben zu unkontrollierten Drehungen keine Gelegenheit (Fig. LL, p. 124). Bei T-Riesen aber ist ihre Situation am An- fang und Ende der freihängenden, gekrümmten \'entralreihe (Taf. I, Fig. 3) so exponiert, daß sie darin aus rein mechanischen Gründen eigentlich gar nicht verbleiben dürften. Und es ist ein Problem für sich, wenn man sie dennoch die ursprüngliche Lagebeziehung zu 124 ihren Nachbarn zumeist bewahren sieht. Oft genug aber — vermutHch bei stärker ge- schädigten Riesen — wird die viergliederige Säule durch allerhand atypische Verschiebungen zu einem gedrungenen Aggregat (Taf. II, Fig. 15). Und da bei dieser Gelegenheit jede gleitende Zelle Drehungen ausführen kann, von denen man absolut nichts weiß, so kennt man auch die endgültige Lagerung der Primärachsen nicht und darf deshalb die anscheinend abnormen Spindelstellungen weder pro noch contra in Rechnung ziehen. Stadium XII von rechts, nach Boveri. Teilung von M St und C. Man blickt in der Richtung der beiden Spindeln, p — a die Primär- achsen von M St und C. Ä A =1 Analytisch verwendbar sind nur diejenigen Fälle, in denen die Stellung oder doch wenigstens das primäre Kontaktverhältnis von MSt und C sicher unverändert ist. Solcher Fälle sind mir über zwanzig bekannt geworden: und alle bezeugten die Konstanz des typischen Verhältnisses zwischen primärer Achse und Spindelstellung der Zellen MSt und C. So wurde bei dem Musterriesen vom I. Typus (Taf. I, Fig. 5 — 8) die Scheidewand von MSt (dunkelblau) fraglos quer zur Richtung der vorausgegangenen Mitose angelegt. Freilich verschaffte sich das Töchterpaar noch während der Durchschnürung durch atypische Drehung ein becjuemeres Unterkommen. Und an demselben Riesen bewahrte auch die (rote) Schwanzzelle C, die zwar, wie das gewöhnlich geschieht, bis zur Berührung der Urdarmzelle emporgeglitten war, deren Primärachse jedoch die von der ventralen Gruppe markierte „Medianebene" nie verlassen hatte, das vorgeschriebene Verhältnis. Denn ihre Spindel stand genau senkrecht zu jener Ebene, also auch senkrecht zu der darin be- findlichen Primärachse ; und außerdem lag diese Spindel, da die organische Achse von C ebenfalls in der partiellen Medianebene verblieben war, vorschriftsmäßig paratangential. Weniger zuverlässig ist die Analyse der Teilung von MSt bei dem Musterriesen des IL Typus (Taf. III, Fig. 34 bis 36). Hier hatte gerade die Zelle MSt Verschiebungen in ihrer Nachbarschaft erlitten, von denen unklar blieb, ob und wie weit die Lage ihrer eigenen Primärachse davon ergriffen war. Immerhin ist nicht zu verkennen, daß die Spindelstellung unserer Zelle, indem sie senkrecht zur Längsachse des Embryo stand, wenigstens die Wahr- scheinlichkeit für sich hatte, das typische Verhältnis der Primärachse gegenüber reprodu- ziert zu haben. Ganz sicher aber lag wiederum die Spindel der Sehwanzzelle quer zur pri- mären Achse und paratangential, obgleich doch der ektodermale Anteil ihrer Umgebung keineswegs vollkommen typisch war. — 125 MM. In den bisher betrachteten normalen wie abnormen Fällen hat allemal die Primär- achse von MSt oder C mit der organischen Achse einen Winkel gebildet. Die beiden von diesen Achsen normierten Ebenen schneiden sich also: sie reichen zusammen aus, die Spindelstellung eindeutig zu bestimmen. Und wir würden demnach nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sein, für MSt und C die ursprüngliche Hypothese über den Reiz- mechanismus der „queren" Spindelstellungen aufrecht zu erhalten, — so wenig uns vielleicht nach den Erfahrungen mit A und B eine solche Ökonomie von Herzen kommen möchte. Allein ich habe mich doch von der Unzulänglichkeit des früher ausgedachten Mechanismus, wenigstens für C, überzeugt. Es kommt nämlich, wie ich schon oben an- deutete, gelegentlich vor, daß die Schwanzzelle ihre freie terminale Lage am Ende der ventralen Säule bis zur Mitose bewahrt, ohne mit den höher gelegenen Blastomeren neue Be- rührungen einzugehen (Fig. MM). Dann bleibt natürlich die Fomi von C die allseitig-symme- trische, in der sie geboren wurde ; ihr Kern und ihre Sphäre haben keinen Grund, die Lage in der Primärachse mit einer anderen zu ver- tauschen. Lind man erkennt mit Leichtigkeit, daß nun die Kette von Schlußfolgerungen eben- so weitergehen würde, wie bei den isolierten Ektodermzellen des Dreifachzwillings : ist un- sere frühere Hypothese richtig, so müßte die Spindel der freigebliebenen Schwanzzelle zwar der basalen Kontaktfläche parallel, innerhalb der so bestimmten Ebene aber regellos gelagert sein. Statt dessen lag in allen diesen Fällen die Spindel der Schwanzzelle genau senkrecht zu der durch die Krümmung der Ventral- gruppe markierten „Medianebene". Also mußte diese Ebene, die der morphologischen Mediane entspricht, im Plasma der freien Schwanzzellen durch irgend eine strukturelle Her- vorhebung kenntlich gewesen sein. Damit aber ist auch für C die Notwendigkeit, mindestens eine median-symmetrische Differenzierung ihres Zellleibes anzunehmen, sichergestellt. Und wenn wir eine solche für die in jeder Hinsicht analoge Zelle MSt aus Mangel an Beweisen noch immer verweigern wollten, so wäre das zwar ökonomisch, aber wohl gar zu gewissenhaft. Ganz wie im Falle der Ektodermzellen A und B ergibt sich aus dem Vorstehenden noch eine wichtige genetische Folgerung. Auch diesmal kann die strukturelle Median- Symmetrie weder nach der Geburt der Zelle C durch die Wanderung der organischen Achse, noch unmittelbar durch die Mitose ihrer Mutterzelle geschaffen worden sein. Sondern die S c h w a n z z e 1 1 e muß ihre mediane Struktur als Erbteil von der M u 1 1 e r z e 1 1 e Pa erhalten haben. Hieran aber schließen sich wiederum, wie sich bald zeigen wird, bedeutungsvolle Konsequenzen für die physiologische Beurteilung der Spindelstellung von P3 und anderer Zellen. T-Riese von l(i Zellen, bei welchen die Schwanz- zelle sich geteilt hat, ohne mit höher gelegenen Zellen in Kontakt getreten zu sein. — 126 — C. Paratangentiale und der Primärachse gleichsinnige Teilung. Nachdem das Vorhandensein einer der Zelle angeborenen median ■ symmetrischen Differenzierung schon für eine Anzahl zur Primärachse quergerichteter Mitosen nachgewiesen worden ist, bei denen wir auf Grund der normalen Verhältnisse mit einer rein axialen Struktur auszukommen vermeint hatten, ist natürlich die von uns aufgestellte, nach der Komplikations- höhe geordnete Stufenfolge der Reizmechanismen nicht mehr viel wert. Wir sahen uns durch die normale Beobachtung genötigt, den Zellen mit gleichsinnig-paratangentialer Teilungsweise zum ersten Mal eine strukturell hervorgehobene Ebene zuzuschreiben. Aber unser damaliges, methodologisch sehr begründetes Widerstreben ist mittlerweile durch die Ergebnisse des vorigen Abschnittes überholt. Für die wirkliche Existenz der erschlossenen Struktur verlangen wir jetzt kaum noch Beweise und versprechen uns von der Analyse dieser Kategorie von Teilungen weiter nichts, als immer neue Bestätigungen unserer all- gemeinen Hypothese der inneren Reizverhältnisse. — Vielleicht finden wir dennoch etwas mehr. E und Pa . 1. Wenn wir uns vorstellen, die normale, , .gleichsinnige" Spindelstellung der Zellen E und P3 ergebe sich physiologisch aus der Durchschnittslinie der Paratangentialebene mit der im Zellleib differenzierten Medianebene, so hält diese Annahme auch bei den T Riesen — von unkontrollierbaren Fällen nach Art des auf Taf. II, Fig. 15 dargestellten natürlich wieder abgesehen — immer stand. Ausnahmelos liegen die Spindeln der beiden Zellen in jener Ebene, die wenigstens für die ventrale Zellfamilie der Riese n- keime die Medianrichtung zum Ausdruck bringt; aber die spezielle Spindel- stellung innerhalb der Ebene schwankt voraussetzungsgemäß je nach der Form der Zelle, d. h. je nach der Lage der organischen Achse. Ein ausgezeichnetes Beispiel, das wir statt aller übrigen betrachten wollen, liefert die Teilung von P3 beim Musterriesen des I. Typus (Taf. I, Fig. 4 — 5, weiß). Die Form der Zelle und die Lage ihrer organischen Achse sind infolge des atypischen Emporgleitens der Schwanzzelle stark abnorm. Andererseits ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, ob die Primärachse von P3 der wandernden Schwanzzelle bis zuletzt gefolgt ist, so daß sie nach wie vor senkrecht auf der schwesterlichen Kontaktfläche steht, oder ob etwa die beiden Zellen sich gegeneinander atypisch verschoben haben. Allein diese Ungewißheit schadet nichts. Da nämlich weder P3 noch C zu irgend einer Zeit von der Medianrichtung abge- wichen, auch alle ihre Berührungsflächen immer genau senkrecht zu jener Richtung ge- blieben sind, so ist die Möglichkeit, daß P3 sich seitlich verdreht haben könnte, mechanisch auszuschließen. Wie also auch die Primärachse unserer Zelle zur Zeit der Teilung gerichtet gewesen sein mag; jedenfalls lag ihre primäre Medianebene immer noch ,, median" ; und ihre organische Achse desgleichen. Die Spindel aber stand im Einklang mit unserer Hypo- these sehr genau median und paratangential. 127 — Wenn wir somit die Frage, ob der für diese Kategorie von Teilungen von uns er- dachte einfachste Reizmechanismus unter allen Umständen genügt, mit bestem Gewissen bejahen dürfen, so gilt dies nicht zugleich für unsere früheren Vermutungen über die Herkunft der geforderten medianen Struktur. I])ie normalen Verhältnisse gestatteten die besonders sparsame Hypothese, daß im Plasma von E, P^ und anderen Zellen die Differen- zierung einer besonderen Ebene erst durch die postmitotische, in der betreffenden Ebene vollzogene Wanderung der organischen Achse geschaffen worden sei. Diese Spezialannahme, die sich auf die strukturelle Median-Symmetrie der Zellen A, B und C freilich schon nicht anwenden ließ, stößt nun auch für E und P3 der T-Riescn auf unüberwindliche Schwierig- keit. Und zwar aus doppeltem Grunde. Zunächst ist die äußere Symmetrie der Zell g estalt bei T-Riesen oft eine andere oder eine weniger ausgeprägte, als in der normalen Entwickelung, und dementsprechend die Garantie, daß Kern und Sphäre auf ihrem Wege nach der „Formachse" auch wirklich die primär- mediane Ebene auffinden und innehalten, gering. Bei unserem Musterriesen Taf. I, Fig. 4 erfüllte ja freilich die Form der Zelle P3 in dieser Hinsicht alle Bedingungen: ihre organische Achse konnte sich trotz der abnormen Zellgestalt nur auf der Medianebene verschoben haben. Wo aber lag die Formachse der (hellblauen) Urdarmzelle E ? Streng genommen immer noch in der primären Achsenrichtung, so daß zu einer Wanderung von Kern uird Sphäre eigentlich gar kein Grund vorhanden war; hätte aber die Drehung der organischen Achse in eine quere Stellung dennoch stattgefunden, so würden doch zwei zueinander senk- rechte Richtungen zu dem Ansprüche, die Formachse der Zelle darzustellen, gleich- berechtigt gewesen sein. Vollends unklar aber wird das Verhältnis der Zellgestalt zur medianen Ebene bei denjenigen T-Riesen, deren emporsteigende Schwanzzelle den Kontakt mit der Urdarmzelle nicht erreicht, so daß E und P3 ihre ursprünglich cylindrische, oben und unten von parallelen Flächen begrenzte Gestalt ziemlich unverändert beibehalten. Kurzum, die Form der Zellen E und P3 wäre für die wandernde organische Achse bei T-Riesen ein schlechter Wegweiser: es müßten Schwankungen und Mißgriffe in der Be- wegungsrichtung der organischen Achsen wenigstens gelegentlich zu verzeichnen sein, und jeder derartige Fehler würde nach unserer Annahme eine abnorme Stellung der im Plasma differenzierten Ebene nach sich ziehen. Damit aber verträgt sich die Tatsache nicht, daß die Spindeln von E und P3 bei T-Riesen mit ungestörter Ventralgruppe ausnahmelos mit absoluter Genauigkeit in der gleichen Ebene, der ,, Medianebene", gelegen sind. Unser zweites Argument ist fast noch überzeugender. Wir haben vor kurzem mit aller nur wünschenswerten Sicherheit bewiesen, daß die Schwanzzelle C ihre median-bilaterale Struktur von ihrer Mutterzelle geerbt haben muß. Die Mutterzelle der Schwanzzelle aber ist — auch die Mutter von P3 ! Das heißt, wir wissen aus einer zwar etwas entfernten aber durchaus zuverlässigen Quelle, daß die Mutter der uns interessierenden Zelle P3 zur Zeit ihrer Teilung eine Differenzierung derselben Ebene besaß, in der etwas später ihre Tochter P;, notwendig wiederum differenziert sein muß, um ihre Spindel vorschriftsmäßig orientieren zu können. Dann aber wäre es keine Sparsamkeit, sondern ■ im Gegenteil \'er- schwendung an Komplikation, wenn wir annehmen wollten, die mediane Struktur der Mutter- — 128 — zelle sei nur der Schwanzzelle als bleibendes Erbteil überliefert worden, sei aber im Plasma der anderen Tochter P3 erloschen und später an gleicher Stelle zum zweiten Male auf- o-etreten. So zwingt uns also die strenge Methode zu der Folgerung, daß auch die Zelle P3 ihre m e d i a n - s y m m e t r i s c h e Struktur nicht selber mit Hilfe der wan- dernden organischen Achse produziert, sondern sie fix und fertig als primäre Eigenschaft bei ihrer Geburt iibernommcn hatte. Was wir hier mit fast völliger Gewißheit für C, I^, und ihre gemeinsame Mutter be- haupten konnten, gilt nun sehr wahrscheinlich auch für die analogen, mehr kopfwärts gelagerten Familienglieder. Auch die Zelle MSt bedurfte zu ihrer queren Mitose einer median-symmetrischen Struktur und hat dieselbe vermutlich \ün Haus aus mitbekommen. Für die Urdarmzelle E, die Schwester der vorigen aber ist die Annahme einer primären Median- Symmetrie aus anderen Gründen so gut wie unvermeidlich. Dann unterstützt offenbar die eine Wahrscheinlichkeit noch die andere, und wir dürfen getrost für erwiesen halten, daß auch das Schwesternpaar MSt und E die Differenzierung der Medianebene durch Erbschaft von der gemeinsamen Mut terzeile erhalten hat. 3. Jetzt aber drängt uns die gewonnene Einsicht unaufhaltsam zu neuen wichtigen Fol- gerungen. Wer sind denn eigentlich die beiden Mutterzellen, die da zur Zeit ihrer Teilung median-symmetrische Struktur besessen haben müssen, um sie ihren respektiven Töchtern MSt und E, P3 und C zu vererben? Es sind die Zellen EMSt und P., die beiden unteren Elastomere des vier zell igen Stadiums. Wir hatten früher, als wir uns eingehend mit der Teilungsphysiologie dieser beiden Zellen beschäftigten, keinen Grund, ihnen eine flächenhafte Differenzierung zuzuschreiben; sondern die einfache primär-axiale Struktur hatte zur Erklärung ihrer Teilungsweise durchaus genügt. Man könnte nun denken, durch die neuerdings nachgewiesene Median-Symmetrie sei die Annahme einer „nur" axial -symmetrischen Differenzierung überholt, gleichsam über- flüssig geworden, — aber das ist doch nicht der Fall. Die Hypothese der „gleichsinnigen" Teilungen, wonach die differenzierte Medianebene in Gemeinschaft mit der Para- tangentialebene die Spindelstellung bestimmt, ist auf die Mitosen von EMSt und Po keineswegs anwendbar : denn die Spindeln der beiden Zellen liegen gar nicht in der Para- tangentialebene, sondern eben primär-axial. Also muß die früher geforderte strukturelle Kennzeichnung der Primärachse außer der jetzt hinzugetretenen Medianstruktur bestehen bleiben. Nur hat natürlich unsere damalige Hypothese, daß die primär-axiale Struktur \on P„ durch die mitotischen Bewegungen bei ihrer Geburt geschaffen worden sei, einen Teil ihrer ökonomischen Bedeutung eingebüßt. Aber woher stammt die mediane Struktur der Zellen EMSt und Po? Denken wir an die Verhältnisse der regelrechten Entwickelung, so zwingt uns unser ökono- misches Gewissen trotz aller bisherigen Mißerfolge sofort wieder zu der Hypothese : die vorhandene bilaterale Konfiguration des rhombischen Vierzellenstadiums habe zunächst die äußerliche Symmetrie der beiden Zellen bedingt, hierdurch ihre von Haus aus longitudinal gerichteten organischen Achsen nach bekanntem Gesetz gezwungen, in der Medianebene — 129 — emporzusteigen, und diese mediane Wanderung habe endlich auf irgend eine Art zur Aus- bildung der medianen Differenzierung den y\nsloß oder doch das Orienticrungsmittcl ge- geben. Während nun eine solche Vorstellung bloß auf Grund der deskriptiv-normalen Tat- sachen nicht widerlegt weiden könnte, scheitert sie an der Geschichte der T-Riesen ganz und gar. Betrachten wir zunächst die unterste Zelle P,, deren Verhältnisse die physiologische Sachlage — wie seinerzeit die isolierten Ektodermzellen — mit wundervoller Klarheit über- blicken lassen. Die Form dieser Zelle bleibt bei den T-Riescn, im Gegensatz zur normalen Entwickelung, die allseitig axial-symmetrische : die kreisrunde schwesterliche Scheidewand, auf deren Mittelpunkt sich senkrecht die Symmetrieachse erhebt, ist und bleibt ihre einzige Be- rührungsfläche (Taf. I, Fig. i). Daraus ergibt sich wiederum, daß auch die organische Achse unserer Furchungskugel ihre Stellung in der Primärachse beibehält. Also kann eine Bewegung der organischen Achse nicht schuld am Auftreten der medianen Differenzierung sein. Mit gleicher Sicherheit scheiden alle sonstigen nur denkbaren Ursachen aus: es gibt nichts und kann nichts geben, was geeignet wäre, dieser ringsum symmetrischen, frei hängenden Zelle nachträglich eine disymmetrische, bestimmt gerichtete Differenzierung von außen her aufzuprägen. Der Kern der Zelle selbst kommt, wie wir wissen, auch nicht in Betracht. — Dann hilft kein Sträuben: die Zelle P, muß ihre mediane Struktur von der Mutterzelle Pi geerbt haben. Für EMSt, die „Mittelzelle" der T-Figur und Schwester von P,, liegen die Dinge, wenn auch minder klar, doch im Prinzipe nicht anders. Auch diese Zelle bewahrt bei der Mehrzahl der T-Riesen ihre ursprüngliche Formsymmetrie. Und wenn noch ein Zweifel bestehen sollte, ob Kern und Sphäre der Zelle dann ebenfalls in der primären Achsenrichtung liegen bleiben, so würde doch die Unsicherheit, die sich hieraus etwa ergeben könnte, durch den für Po geführten zuverlässigen Nachweis mit beseitigt : die gemeinschaftliche Mutterzelle der beiden Schwestern besaß zweifellos die mediane Struktur ; also wird wohl diese ihre Eigenschaft gleichmäßig auf beide Töchter übertragen worden sein. So sind wir denn mit unserer Forderung einer nie gesehenen, aber jedesmal einwand- frei bewiesenen Medianstruktur von Generation zu Generation zurückgedrängt worden bis zur Stammzelle der ganzen Ventralfamilie! Pj, die äußerlich allseitig- symmetrische untere Furchungskugel des zweizeiligen Stadiums, ist zur Zeit der Teilung in ihrem Plasmabau disymmetrisch differenziert, und zwar nach einer bestimmten vertikalen Ebene, die bei den T-Riesen durch Krümmungen, Spindel- stellungen und Lage aller Nachkommen von Pj als eine Art , .partieller Medianebene" dauernd kenntlich bleibt (Fig. NN, p. 130, 1 — 3), in der typischen Entwickelung aber durch den Orientierungsprozeß des vierzelligen Stadiums derartig gedreht wird, daß sie fortan mit der Medianrichtung des ganzen Körpers zusammenfällt. Wir sind uns diesmal keinen Augenblick ini Zweifel, zu welcher Folgerung uns diese Erkenntnis bezüglich der Herkunft der festgestellten Differenzierung zwingen werde. Was sich in früheren Fällen nur durch künstliche Isolation oder durch Freilegung der Blastomere Zoologlca. Heft 40. 17 — 130 — beweisen ließ, ist hier von jedem normalen Zweizellenstadium ohne weiteres abzulesen : die strukturelle Disymmetrie von Pj kann nicht durch irgend einen gerichteten, uns bekannten Vorgang innerhalb der von Haus aus primär-axial gebauten Zelle, z. B. durch eine Wanderung der organischen Achse, geschaffen worden sein, denn die Form unserer Zelle bleibt von der Geburt bis zur Teilung symmetrisch zu ihrer Primärachse, eine Wanderung von Kern und Sphäre gibt es darum nicht, und bei ihrer eigenen Mitose stellt sie die Spindel wiederum primär-axial. Unter solchen Umständen scheint gleich auf den ersten Blick nach dem Muster der vorausgegangenen Erörterungen nichts übrig zu Ijlciben, als der bedrohliche Schluß, daß Pi ihre disymmetrische Struktur abermals durch Erbschaft übernommen habe, und zwar von der ungeteilten Eizelle selber. Allein ganz so einfach liegen die Dinge diesmal nicht. AN. 1 — 3 Stadien aus der Entwicklung der T-Riesen. Schräg von der Seite und oben. Die primäre „Medianebene" der Ventralfamilie ist „horizontal" schraffiert. Es besteht in der genetischen Beurteilung der strukturellen Disymmetrie von Pj und derjenigen ihrer Nachkommen folgender Unterschied. Wenn wir bei den ventralen Zellen C,MSt, E und P;,, oder in der vorhergehenden Generation bei EMSt und Po das Vorhandensein einer strukturell hervorgehobenen Ebene zur Zeit der Teilung beweisen konnten, so war die Lage dieser Ebene eine im voraus bestimmte: sie fiel allemal in jene „Medianebene" der Ventral- familie, die bei den Orientierungsversuchen des T-förmigen Vierzellenstadiums, also vor der Teilung aller dieser Zellen zum ersten Male (nach unserer damaligen Kenntnis) sichtbar ge- worden und für alle Folgezeit entschieden war. Indem wir nun \orhin nachgewiesen haben, daß schon Pj die echte „Medianebene" in unsichtbarer Form besaß, wurde deren erstes Auf- treten um eine Teilungsstufe zurückdatiert. Aber wir haben bis jetzt keinen Grund zu glauben, daß sie noch früher vorhanden gewesen sei. Vielleicht ist sie also von P, als ein novum geschaffen worden, — so gut, wie wir annelimcn durften, daß die vertikale „Medianebene" der oberen Zelle AB des gleichen Stadiums durch eine zufällige horizontale Spindelstellung aus zahllosen Möglichkeiten herausgegriffen werde. Denn das Auftreten einer disymmetrischen Struktur innerhalb einer Zelle ist an und für sich kein Geschehnis, dessen kausale Wurzeln den Bereich der Zelle selber überschreiten müßten: erst durch das — 131 — Vorhandensein typischer Richtungsbeziehungen zu irgendwelchen bereits vorher typisch ge- ordneten Punkten der Zell Umgebung wird die Herkunft der Ebene für uns zum Problem. 5. Hier muß nun in die Erörterung ein neues Rechnungselement eingeführt werden ; eine deskriptive Tatsache, die in der bisherigen Analyse vorübergehend schon eine Rolle spielte, die aber jetzt für den Fortgang und Abschluß der Untersuchung von ausschlag- gebendster Bedeutung zu werden verspricht. Ein festes, typisches Richtungsverhältnis der Symmetrieebene von I'i zu geordneten Punkten der Umgebung: nämlich zu jener anderen „partiellen Medianebene", die das Ektoderm in seinen ersten Spindelstellungen zum Ausdruck bringt und die, wie wir erkannt haben, schon in der teilungsreifen Zelle AB fertig enthalten ist, das gibt es in der Tat. Damit ist nicht der Umstand gemeint, daß in der regulären Ontogenesis die beiden partiellen Medianebenen späterhin durch den im Stadium IV vollzogenen Orientierungsprozeß zu einer einzigen „Medianebene des ganzen Embryo" vereinigt werden; denn es wäre ja möglich, daß diese Herstellung eines neuen festen Verhältnisses zwischen beiden nur in ihrem End- ziel typisch wäre, und von beliebigen Anfangslagen aus begonnen werden könnte : was uns aber gegenwärtig interessiert, ist gerade nur die Frage, ob zwischen den Anfangslagen der zwei Ebenen eine typische Beziehung herrscht, oder nicht. Nun, damit verhält es sich so : Wenn im T-förmigen Vierzellenstadium die Orientierungsbewegung eben beginnt, d. h. die latente Medianrichtung der Ventralfamilie zum ersten Male zu sichtbarem Ausdrucke ge- langt, so ist die Lage der dorsalen Medianebene an der Stellung der beiden oberen Tochterzellen A und B bereits zu erkennen. Hierbei stellte sich nun heraus, daß die Schwenkung des ventralen Paares wenigstens in ihrer allerersten Phase nicht auf das künftige Schwanzende zu gerichtet ist, son- dern, wie schon bei jener früheren Gelegenheit hervorgehoben wurde (Fig. HFI, p. 114), unter rechtem Winkel seitwärts aus der vom Ektoderm markierten Median ebene hinausgeht. Im T-förmigen Stadium IV liegen demnach die beiden Ebenen senkrecht zueinan- der. Und da in der vorausgegangenen Periode 00. keinerlei Verschiebungen oder Drehungen der Stadium 11, schräg von der Seite und oben. Obere und untere partielle Medianebene „horizontal" schraffiert. Blastomere zu beobachten sind, so muß mit Notwendigkeit geschlossen werden, daß im zweizeiligen Stadium die in Pj ent- haltene ventrale Medianebene zu der dorsalen Medianebene der Zelle AB typischerweise senkrecht steht (Fig. OO). Durch die Tatsache dieser einfachen und konstanten Raumbeziehung wird das Vor- handensein eines kausalen Zusammenhanges zwischen dem Auftreten der oberen und dem der unteren partiellen Medianebene mit einem Schlage offenbart; und zwar werden — 132 — der Analyse zwei Hauptmöglichkeiten dargeboten. . Entweder, so lautet die logische Regel, sind beide Erscheinungen Effekte einer gemeinsamen Ursache — d.h. sie wer- den jede für sich vom Ei aus bestimmt — , oder aber: eine ist die Ursache der anderen; was sich durch eine richtende Reizwirkung zwischen ihnen vermittelt denken ließe. Es ist ohne weiteres klar, welche von diesen Möglichkeiten die größere Ersparnis an jjlasmatischer Komplikation in Aussicht stellt. Während im ersteren Falle mit der Verant- wortung für beide typisch gerichteten Ebenen auch die ganze dazu erforderliche Struktur der ungeteilten Eizelle zugeschoben wird, erlaubt die zweite Möglichkeit die ökonomische Hypo- these, daß das Plasma der Eizelle isotrop sei, und daß eine in der oberen oder unteren Furchungs- kugel zuerst auftretende, beliebig gelagerte Vertikalebene die Richtung der andern zugleich mitbestimme. Danach ist uns folgendes weitere Verfahren vorgezeichnet. Wir untersuchen zu- nächst, ob die Annahme einer typisch richtenden Wechselwirkung zwischen der oberen und unteren Medianebene mit den Tatsachen in Übereinstmmung gebracht werden kann; wenn nicht, so bleibt uns die andere Möglichkeit als ultima ratio. Auf den ersten Blick erscheint die Lösung der Frage, ob das typisch -rechtwinklige Richtungsverhältnis der Ebenen durch eine Wechselwirkung zwischen ihnen zustande ge- kommen sei, nicht schwierig : die beiden Trägerinnen der zwei partiellen Medianebenen, AB und Pi, werden mit Rücksicht auf diesen Punkt zu konfrontieren sein, und wenn sich dabei ergeben sollte, daß eine von den Ebenen nach der anderen entsteht, so darf als bewiesen gelten, daß die spätere von der früheren in ihrer Richtung beeinflußt worden ist. Aber so einfach dieses Verfahren scheint, so hoffnungslos war nach dem bisherigen Stande unserer deskriptiven Kenntnisse seine Durchführung. Denn da uns die eine von den kon- kurrierenden Ebenen, nämlich die ventrale, sicher erst längere Zeit nach ihrer Entstehung und jedenfalls nach der kritischen Periode erkennbar wurde, so blieb uns natürlich das wahre Altersverhältnis beider Medianebenen noch völlig unbekannt. Unter solchen Um- ständen war ich genötigt, wenn möglich auf eine Erweiterung des Tatsachenmateriales aus- zugehen, und fand dabei — an einem sehr großen Materiale — einige deskriptive Kleinig- keiten, die an sich ohne Wert, für unsere spezielle Frage aber von geradezu entscheiden- der Bedeutung sind. Schon in der Einleitung dieses ganzen Kapitels wurde die seltsame Erscheinung mit- geteilt, daß die typische Richtung eines bestimmten Geschehnisses hin und wieder durch ein anderes, ihm zeitlich vorausgehendes, gleichsam fakultativ vorweg zum Ausdruck gebracht wird, z.B. die Spindelstellung durch die erste Bewegungsrichtung der zugehörigen Tochtersphären. Fälle dieser Art können unter Umständen von analytischem Interesse sein. Denn sie beweisen, daß die richtenden Ursachen des betreffenden typischen Vorganges schon vor dem Zeitpunkte ihrer eigentlichen, obligatorischen Wirksamkeit und mindestens zur Zeit der „freiwilligen" Antizipation vorhanden waren. Einer solchen freiwilligen Vorwegnahme seiner Richtung unterliegt nun nicht gar so selten auch dasjenige Ereignis, das uns im Stadium IV die Lage und das strukturelle Vorhandensein der ventralen Medianebene zum ersten Male typisch vor Augen führt : die Schwenkung des unteren Zellenpaares. Wir erinnern uns aus der deskriptiven Einleitung (p. 71), daß die Spindel der Zelle Pj durchaus nicht immer sogleich in der genauen Ver- tikalrichtung liegt, sondern häufig und bei manchen Ascarisweibchen sogar fast konstant zu- — 133 — rr. nächst einen mehr oder minder ausgesprochenen Winkel mit der Achse bildet. Hierbei hat die vertikale Ebene, die von der schräg gestellten Spindel markiert wird, in vielen, vielleicht den meisten Fällen keinen besonderen typischen Sinn. Es gibt aber Ascarisweibchen, bei deren Eiern die Mehrzahl der schrägen Spindeln von Pi nicht in einer beliebigen, variabeln Ebene liegt, sondern — die spätere Bewegungsrichtung des ventralen Tachter- z eilenpaar es genau antizipiert! Bei einigen Ascaris, die ich untersuchte, war dieses Verhalten sogar geradezu das typische: mit wenigen Ausnahmen lagen hier alle schrägen Spindeln von Pi in der ventralen Median ebene. Woran man das er- kennen konnte? Nun, zur selben Zeit war ja natürlich die Spindel der oberen Zelle AB fast immer ebenfalls ausgebildet und endgültig eingestellt; da lag denn die obere Spindel mit fast überraschender Genauigkeit senk- recht zu der von der schräggestellten unteren Spindel bezeichneten Vertikalebene (Fig. PP I u. 2). Blickte man den Keim von vorne oder hinten an, so daß die mitotische Figur der oberen Zelle in axialer Verkürzung sichtbar wurde, so lag die Spindel der unteren schräg; bei seitlicher Ansicht schien sie genau ver- tikal zu stehen. Und wenn man das Ei so drehte, daß eine Zelle über der anderen lag, so Stadium II in Teilung, nach einem konservierten Präparate offenbarte sich beim Fokussieren die kreuz- i- von vorn, 2. von der Seite. weise Stellung der beiden Spindeln mit be- sonderer Deutlichkeit. (Vgl. auch M. Nußbaum 1902 p. 662. Ferner Boveri 1888 Taf. IV, Fig. 78, 1899 Taf. XL, Fig. i.) Der Wert dieser ersten Beobachtung für den Fortschritt unserer Analyse ist jedoch geringer, als man zuerst denken möchte. Sie demonstriert ganz hübsch ad oculos, was wir mit Sicherheit bereits erschlossen hatten: daß eine strukturelle Hervorhebung der ventralen Medianebene schon in der Zelle Pj, und zwar mindestens zur Zeit ihrer Teilung, vorhanden war. Aber für unsere eigentliche Frage, das Altersverhältnis der beiden partiellen Medianebenen, erfahren wir immer noch nichts. Natürlich, um die typische Richtung der einen nachweisen zu können, mußte ja allemal die andere gleichfalls schon erkennbar sein. Und so wissen wir denn jetzt, wie früher, daß in der Zeit der neuen Klüftungen die Schwesterzellen AB und Pi ihre Medianebenen im typischen gegenseitigen Stellungsverhält- nisse bereits enthalten; aber noch immer nicht: seit wann. Weiter ausgedehnte Untersuchung der zweizeiligen Stadien lehrte nun, daß es mög- lich ist, den Zeitpunkt der frühesten Erkennbarkeit beider Medianebenen um noch einen guten Schritt rückwärts hinauszuschieben. In der deskriptiven Einleitung wurde unter den Abarten freiwilliger Richtungsbeziehung (p. 74) auch folgende erwähnt: die ruhenden, ab- geflachten Kerne vom Keim bah ntypus, besonders diejenigen der Ektodermzellen A und B, zeigen fakuhativ, aber ziemlich oft in der Gruppierung ihrer zipfelförmigen, die Enden der Chromosome enthaltenden Fortsätze ein geometrisch einfaches Verhält- nis zur Mittelebene des Embryo. Auf Grund der inzwischen gewonnenen Einsicht dürfen wir jetzt sagen : die Keimbahnkerne reagieren gelegentlich auf den Reiz der disym- — 134 — metrischen Plasmastrukturen durch bilaterale Einstellung. Nachdem sich nun das Vorhanden- sein differenzierter Ebenen in beiden Blastomeren des zweizeiligen Stadiums ergeben hatte, lag der Gedanke nahe, daß möglicherweise auch diese Ebenen, falls sie etwa schon vor der Klüftungszeit existieren sollten, durch eine fakultative Reaktion der ruhenden Kerne ihre sonst unsichtbare Gegenwart verraten könnten. Diese Vermutung wurde durchaus bestätigt. Zwar schwankt das gegenseitige Lageverhältnis der ruhenden Kerne von AB und Pj, wie so viele andere Nebenerscheinungen der Ascarisontogenese, in weiten Grenzen ; zuweilen liegen die beiden, die als Bruderkerne nach Boveris fast immer zutreffender Lehre gleich- viel und homogen gruppierte Fortsätze tragen, einander gerade gegenüber, oder die kor- respondierenden Zipfel sind um einen beliebigen Winkel — bis zu 180" — gegeneinander ver- dreht. Aber unverkennbar tritt die vorzugsweise Häufigkeit einer genau kreuz- weisen Stellung des oberen und unteren Kernes hervor (Fig. QQ). Und wieder fanden sich Ascarisweibchen, bei deren ganzer Nachkommenschaft eine solche, die Richtung der späteren Spindelstcllungen antizipierende Lagerung der beiden Kerne die ausgesprochen typische war. 1 Qo. 2 3 3 Stadien II, nach konservierten Präparaten. Damit war einwandfrei der Beweis erbracht, daß die Differenzierung der zu- einander senkrechten partiellen Medianebenen in AB und Pi nicht erst zur Zeit ihrer Klüftung, sondern schon lange vorher besteht. Das war neu und einigermaßen interessant ; nur bewies es leider immer noch nicht dasjenige, was wir aus ökonomischen Gründen gerne finden möchten: die Priorität einer von beiden Ebenen. — Aber es lag ja auf der Hand, was zur Förderung dieser unserer Angelegenheit jetzt noch geschehen konnte und mußte. Ich untersuchte eine möglichst große Anzahl von zweizeiligen Stadien zur Zeit ihrer Entstehung und fand folgendes. Das von den Autoren gewöhnlich dargestellte Verhalten, wobei die Hälften der Äquatorialplatte mit ihren zum Teil nachhängenden Schleifenendcn geradewegs auseinandergehen und sich in diesem selben gegenseitigen Stel- lungsverhältnisse zu jungen Kernen rekonstruieren, darf sicherlich als das typische betrachtet werden. Auf solche Art mögen die zahlreichen I*"älle von durchaus gleichsinniger Lagerung beider ruhenden Kerne entstanden sein. Aber ungemein häufig, bei manchen Ascaris nahezu immer, findet unmittelbar nach vollendeter Durchschnürung oder selbst noch wäh- rend derselben eine gegenseitige horizontale Verdrehung der jungen Kerne statt. Dann lassen die in Lanwandlung zu Kernzipfeln begriffenen Enden der Chromosome LÖO sich nicht mehr, wie früher, bei der Betrachtung von oben zur Deckung bringen, sondern jeder junge Zipfel ist gegen den korrespondierenden des anderen Kernes um einen be- stimmten Betrag in horizontaler Richtung vorgerückt. Und noch viel schlagender wird' die stattgehabte Drehung dann bewiesen, wenn einzelne besonders lang herabhängende Schleifen- enden beiderseits schräg, aber in umgekehrtem Sinne gerichtet sind, als würden biegsame Stränge von zwei in entgegengesetzter Richtung sich fortbewegenden Körpern in einem widerstrebenden Medium nachgezogen (Fig. RR). Auch kommt es gelegentlich vor, daß ein Paar von Schwesterchromosomen mit den äußersten Enden fast noch zusammenhängt, wenn die plasmatische Durchschnürung bereits vollendet und die Rekonstruktion der jungen Kerne im übrigen ziemlich weit vorgeschritten ist; haben sich dann die Kerne gegeneinander gedreht, so erlaubt die daraus resultierende schraubenartige Schiefstellung des durchgehenden Chromatin- stranges, den Betrag der horizontalen Verlagerung mit besonderer Deutlichkeit abzulesen. — Da man nun alle möglichen Winkclwerte der Drehung vertreten findet, weitaus am häufigsten aber den von 90°; und da ferner gerade diejenigen Ascaris, bei denen die ausgesprochen kreuzweise Stellung der ruhenden Kerne sozusagen typisch war, auch die kongenitale SS. 1 Ki:. 2 Zwei Stadien II, kurz nach erfolgter Durcli- .schnürung. Obere und untere partielle Medianebene im Ei. Drehung am regelmäßigsten erkennen ließen, so besteht wohl kein Zweifel, daß die spätere Kreuzung häufig oder immer auf eine bei der G e Id u r t der Zellen vollzogene rechtwinklige Drehung der Kerne zurückgeht. Hierin aber liegt eine bündige Entscheidung unserer Angelegenheit. Wir erblickten in der Kreuzstellung ruhender Kerne eine „freiwillige" Reaktion auf den Reiz der im Plasma von AB und Pi differenzierten gekreuzten Medianebenen. Wenn sich nun zeigt, daß die recht- winklige Drehung der Kerne nicht erst in späterer Zeit, sondern unmittelbar nach der Ge- burt der Zellen vor sich geht, so müssen die Median ebenen in beiden Zellenund zwar im typischen Stellungsverhältnis schon bei der Geburt vorhanden sein. Also ist keine von ihnen älter als die andere, keine die richtende Ursache der andern. Und was wir aus Gründen der Sparsamkeit nicht eher, als bis es bewiesen war, glauben durften, steht jetzt fest: Das ungeteilte Ei enthält im Augenblicke seiner Mitose beide Ebenen — die obere, dauernd mediane und die untere, zunächst noch transversale, — fertig ausdifferenziert, oder doch alle Ursachen, die ihre sofortige Entstehung in typischer Lage bewirken müssen (Fig. SS). — 136 — Begnügen wir uns vorderhand mit diesem Ergebnisse. Später, wenn wir eine gewisse Summe weiterer Hilfsmittel gesammelt haben, wird die Analyse nochmals aufzunehmen und fortzuführen sein. D. Primär-vertikale Teilung. 1. Die Spindeln der beiden vorderen Ektodcrmzellen im Stadium VIII, a und «, sind am normalen Keim in eine Richtung eingestellt, die wir, auf die primäre Situation der Blastomere bezogen, als ,, vertikale"' bezeichnen konnten : sie liegen in der Schnittlinie der primären Transversal- und Paramedianebene, d. h. der als senkrecht angenommenen Achsen- richtung des Eies parallel. Zur physiologischen Beurteilung dieser beiden Mitosen liefert die Geschichte der T-Riesen folgende Grundlagen. In sämtlichen Fällen, die eine sichere Identifizierung der Zellen a und a überhaupt gestatteten, und die zur Zeit der Mitose selber beobachtet wurden, lagen die Spindeln der beiden Blastomere, wie in der typischen Ontogenesis, parallel zu der- jenigen Kontaktfläche, in der die betreffende Zelle mit der zugehörigen hinteren Ektoderm- zelle zusammenstieß. Da wir von früher wissen, daß diese ursprünglich transversalen Kontaktflächen ihr primäres Stellungsverhältnis an unseren beiden Zellen normalerweise nie TT. Der auf Tafel 111 dargestellte T-Riese im .Stadium Vlll. Das Ektoderm von rechts gesehen. Schema. verlieren, und da durchaus kein Grund einzusehen ist, warum bei T-Riesen hiervon abge- wichen werden sollte, so ergibt sich zunächst, daß bei allen T-Riesen die Spindeln von a und « in die primäre Transversalebene eingestellt werden. In einem Falle, nämlich bei dem Musterriesen des zweiten Typus (Taf. III, Fig. 31) wurde dies be- sonders klar. Hier war die typisch vorgeschriebene Schiefstellung des rechten und linken Zellenpaares durch die abnormen Bewegungen der ventralen Familie behindert, später sogar völlig ausgeglichen worden, so daß die ektodermale Zellengruppe zur Zeit der neuen Klüftungen einen ebenen Rhombus bildete. Unter solchen Umständen lagen die rück- wärtigen Kontaktflächen von a und a — auf das Ektoderm allein bezogen — wiederum deskriptiv-transversal (Fig. TT); und ihre Spindeln desgleichen. Nicht ganz so geschwinde erhalten wir Aufschluß über die endgültige Lage der beiden Spindeln, d. h. über ihr Verhältnis zur primären Mittelebene. Bei T-Riesen ist die Verschiebung des linken und rechten Zellenpaares zumeist noch stärker, als in der nor- malen Ontogenesis, überdies aber variabel und in ihren Einzelheiten kaum berechenbar; — 137 — und da die Lage der Ventralgriippc dem Ektoderm gegenüber ebenfalls atypisch ist, so weiß man im entscheidenden Moment fast nie, wo die primäre Paramedianrichtung der beiden Zellen liegt. Nur in einem Falle bestand hierüber Sicherheit : wiederum bei unserem Musterriesen (Fig. TT). Hier ließ das regelmäßig -horizontale Stellungsverhältnis der vier Ektodermzellen über die Lage der Mittelebene gar keinen Zweifel, und siehe da : die Spindeln von a und a waren nicht nur jnimär-transversal, sondern zugleich in die Paramedian- ebene ihrer Zellen, d. h. in primär-vertikale Richtung eingestellt. Allein das Ver- halten des Musterriesen war doch in unserer Angelegenheit insofern noch, nicht unbedingt beweisend, als gerade hier die endgültig vertikale Orientierung der beiden Spindeki auch auf das Konto paratangentialer Teilungsweise hätte gesetzt werden können ; denn die or- ganischen Achsen von a und a lagen nicht schräg, wie sonst, sondern auf Grund der freier gewölbten Zellgestalt horizontal. Dieser Einwand wird zum Glück durch die Beobachtung anderer T-Riesen durchaus beseitigt. Es zeigte sich, daß die Spindeln von a und a unter abnormen Bedingungen ebensowenig an die P a r a t a n g e n t i a 1 c b c n c gebunden sind, als in der normalen Entwickelung. Demnach beweist die Geschichte der T-Riesen, daß auch bei a und a das deskriptive Verhältnis der Spindel zu einem inneren Merkmal, in diesem Falle der primären Vertikalrichtung, beständig ist; — ein Resultat, das freilich in Anbetracht des greifbar primären Charakters gerade dieser deskriptiven Richtungsbeziehung kaum zweifelhaft sein konnte. Leider enthält die Geschichte der T-Riesen nichts, was geeignet wäre, über die spezielle Beschaffenheit des zur Verwendung kommenden Reizmechanismus und über die Herkunft der betreffenden Strukturen neuen Aufschluß zu geben. Und doch bedarf diese Angelegenheit, nachdem die Grundlagen der genetischen Beurtei- lung sich inzwischen bedeutend geändert haben, dringend einer Revision. Wir hatten früher die Hypothese aufgestellt, daß die vertikale Teilungsrichtung \on a und u durch gleichzeitiges Vorhandensein einer primär-paramedianen und primär-transver- salen Flächendifferenzierung im Plasma der Zellen ermöglicht werde; und zwar sollten diese Strukturen bei der Geburt der Zellen a und a einerseits und ihrer gemeinsamen Mutterzelle andrerseits als Nebenprodukte der mitotischen Plasmadifferenzierung neu entstanden sein. Diese Annahme steUte damals gegenüber der Vorstellung, die Differenzierung der beiden Ebenen sei schon im Ei vorhanden gewesen und sei durch mehrere Klüftungen hindurch auf a und a übergegangen, unbedingt eine Komplikationsersparnis dar. Jetzt aber ist äußerst fraglich geworden, ob jene Hypothese sich nicht durch eine ökonomischere ersetzen läßt. Mit unseren gutgemeinten Versuchen, mitotische und postmitotische Vorgänge inner- halb der Zelle als Erzeuger der benötigten Strukturen heranzuziehen, hatten wir bisher wenig Glück. Andrerseits ist das Bestehen bestimmt gerichteter Strukturen im Plasma des Eies und deren stufenweiser Übergang auf Furchungszellen mittlerweile ein erwiesenes Faktum geworden, so daß wir diese Annahme, falls sie nur sonst ökonomisch ist, nirgends mehr zu scheuen brauchen. Zoologica. Heft 40. 18 — 138 — Wir haben erfahren, daß das ungeteihe Ei — wenigstens in seiner oberen Hälfte — eine Struktur besitzt, die es möglich macht, die Median ebene aufzufinden, und daß diese Struktur im Erbgang auf AB und A übertragen wird. Wie hat man sich eigentlich die spezielle Beschaffenheit einer solchen Flächendiffcrenzierung vorzustellen? — Darüber wurde bisher nichts ausgesagt. Es bieten sich mehrere Möglichkeiten. Die Differenzierung könnte z. B. darin bestehen, daß mitten in den homogenen Zellleib, den Schwerpunkt ent- haltend, eine dünne Lamelle von irgendwie differentem Plasma eingelassen wäre. Andrerseits könnte aber auch die ganze Plasmamasse von einem besonderen inneren Gefüge sein, das die betreffende Flächenrichtung, wie Spaltflächen eines Kristalles, nicht nur in der Mitte der Zelle, sondern allenthalben erkennbar werden ließe. Und dieser zweiten Spezialhypothese dürfte wohl, wenn man bedenkt, daß das Plasma ein Schaum ist, und daß in einem regelmäßig aufgebauten Scliaumgefüge gewisse sich senkrecht und schräg durchschneidende Systeme von Flächenrichtungen ohne weiteres kenntlich sind, a priori die größere Einfachheit zuzusprechen sein. Nehmen wir mm erstens an, die vom Ei geerbte „Mediandifferenzierung" der Zelle A sei in der Tat nichts anderes, als eine der Mittelebcne parallele ,, Schichtung" ihres gesamten Plasmaleibes ; und diese Struktur erhalte sich auch dann, wenn die Zelle durch eine mediane Scheidewand in ihre beiden Töchter a und a zerfällt ; so ist klar, daß unseren beiden Zellen die strukturelle Hervorhebung der Para median ebene, deren sie bedürfen, fi.x; und fertig bei der Geburt geliefert würde. Zweitens aber enthält das Ei, wie uns bekannt ist, in seiner unteren Hälfte eine Differenzierung der Transversalebenc. Denken wir uns auch diese Struktur als eine entsprechende Schichtung der Plasmamasse, und nehmen an — was offen- bar sehr wahrscheinlich ist — , daß die Struktur von der unteren auf die obere Hälfte übergreift, so könnten die Zellen a und « außer der paramedianen Differen- zierung auch die transversale von ihren Vorfahren erben; und der Bedarf der Zellen an Richtungsmitteln für die Mitose wäre gedeckt. Ja, noch mehr. Nach den Ergebnissen der Analyse setzt die Spindelstellung der Zellen Pj, EMSt und Po das Vorhandensein einer primära.xialen Differenzierung voraus; wobei aus Gründen der Sparsamkeit angenommen wurde, daß die axiale Differenzierung allemal durch die vorausgegangene Mitose neu entstanden sei. Als dann später für die gleichen Zellen das unabhängige Vorhandensein einer ursprünglich transversalen — später medianen — Flächendifferenzierung, die schon im Ei besteht und trotz der Mitosen sich forterbt, festgestellt worden war, verlor die Annahme des mitotischen l'rsprungs der axialen Differenzierung, ohne gerade überholt zu sein, doch reichlich die Hälfte ihres ökonomischen Wertes. Und gegenwärtig sind wir sehr bereit, sie völlig preiszugeben. Wir wissen jetzt, daß das Ei zwei präformierte Ebenen enthält, die mediane und die transversale; in ihrer Schnittlinie, der Vertikalachse, liegt die erste Furchungsspindel. Nehmen wir nun an, daß außer der transversalen — was ja erwiesen ist — auch die mediane Differenzierung auf Fl und deren beide Töchter übergehe, so besitzen alle diese Zellen eine er- erbte Struktur, die ihren Spindeln das Auffinden der primären Achsenrichtung ohne weiteres möglich macht. Diese an sich begründete Neuregulierung der axialen Teilungsart und ihrer Ansprüche an struktureller Vorbereitung offenbart aber ihren ganzen ökonomischen Wert erst dann. — 139 — wenn wir sie mit unseren Ergebnissen üIkt die Mitosen von a und « zusammenstellen. Es ist uns geglückt, die Spindelrichtung des Eies, der Elastomere Pi, E.MSt, P_,, a und a, deren innere Verwandtschaft deskriptiv nicht eben offensicht- lich zu Tage liegt, auf eine und dieselbe Differenzierung des Eiplasma — bei gleicher Reaktionsweise der Spindeln — zurückzuführen. E. Paratangentiale und in der Richtung der Paratangentialfläche zur Primärachse schiefe Teilung. 1. Die paratangentiale und dabei in der Flächenrichtung schiefe Mitose von b und ß erforderte vom Standpunkte unserer Haupthypothese aus den höchsten Grad plasmatischer Komphkation. Hier liegen darum die Verhältnisse für die von uns verteidigte Lehre der inneren Richtungsreize — bei deskriptiver Beurteilung — am bedenklichsten. Und wenn irgendwo, so fühlte man sich wohl an dieser Stelle versucht, die Möglichkeit einer aus- nahmeweisen Beteiligung von Richtungsreizen aus der Zellumgebung im Notfalle zuzu- geben — wenn sich nur absehen ließe, woher denn der orientierende Reiz für diese son- derbaren, haarscharf vorgeschriebenen und doch an allen etwa denkbaren Richtungspunkten der Nachbarschaft vorbeizielenden Spindelstellungen kommen sollte. So gewährt es denn besonderes Interesse zu erfahren, ob auch bei dieser letzten und physiologisch anspruchs- \ollsten Art von Teilungen das deskriptive Verhältnis der Spindeln zu inneren Richtungs- merkmalen sich als konstant erweisen werde, oder nicht. Aus technischen Gründen, hauptsächlich wegen der Schwierigkeit, die genaue Lage der beiden Spindeln auch dann festzustellen, wenn atypische Gleit- und Drehbewegungen stattgefunden haben, beschränkt sich leider das analytisch verwendbare Material auf einen einzigen, aber einwandfreien Fall: den Musterriesen des zweiten Typus (Taf. III, Fig. 30 bis 32). An diesem wertvollen Riesenkeime trat zunächst mit größter Deutlichkeit hervor, daß die Zellen b und ß ihre Spindeln paratangential, also quer zur Richtung ihrer gegenwärtigen organischen Achsen stellten (Fig. ULT i p. 140). Für/?, die linke, bedeutete das keine erhebliche Veränderung ; ihre Spindel, die in der normalen Entwickelung parallel der Medianebene liegt, wurde nur um eine Kleinigkeit nach oben-einwärts abgelenkt. Um so ausgesprochener war die Abnormität der Spindelstellung, die für die Zelle b aus ihrer para- tangentialen Teilungsweise erwachsen mußte. Am regulären Embryo nimmt diese Zelle, um- ringt von nicht weniger als fünf Nachbarinnen, die rechte Flanke ein, und ihre organische Achse zeigt ziemlich genau lateral. Bei unserem T-Riesen aber lag die Zelle nahezu frei; und da sie die rückwärtige Spitze der rhombisch geordneten Ektodermgruppe bildete, so war zur kritischen Zeit ihre organische Achse schräg nach hinten gekehrt, gerade auf die Schwanzzelle zu, die sich durch seltsame Bewegungsvorgänge von ihrer weit entfernten An- fangsstellung in diese Nachbarschaft begeben hatte. Als nun die Teilung der Zelle b senk- recht zu ihrer organischen Achse vor sich ging, erhielt das Tochterzellenpaar eine quere, von der normalen durchaus verschiedene Lagerung, die das Schicksal, von der andrängenden Schwanzzelle in der Mitte durchschnitten zu werden, förmlich herausforderte. — 140 _ Nun aber die zweite und wichtigere Frage: wie waren die Spindeln von b und/? innerhalb der Paratangentialebene orientiert? — Man sah auf den ersten Blick, daß die „spezielle" Spindelrichtung von ß der typischen Vorschrift insofern zum mindesten nahe kam, als sie schräg nach vorn und oben zeigte. Der Winkel, den die Spindel mit der vorderen Kontaktfläche bildete, war ähnlich steil, wie in der normalen Entwickelung. Und bei gewisser Perspektive, wenn nämlich der Embryo derartig von der Seite angesehen wurde, daß sowohl die Kontaktfläche ß\a, als auch die von den vier Ektodermzellen ge- bildete Ebene in linearer Verkürzung erschienen (Fig. UU 2), wurde der Winkel dem a UU. MSt Der auf Taf. III dargestellte T-Riese im Stadium VIII. 1. schräg von hinten und oben, 2. von rechts gesehen. Schemata. typischen gleich. Hieraus ergibt sich, daß die durch die Veränderung der organischen Achse bedingte Ablenkung der Spindel längs einer schiefen Ebene stattgefunden hatte, die bei der angegebenen Aufstellungsweise des Riesenkeimes eben- falls genau auf den Beschauer zugerichtetwar. Versuchen wir, diese „Drehungs- ebene" der Spindel, die für die physiologische Beurteilung offenbar von größter Wichtigkeit ist, genauer zu bestimmen. Mit der gewaltsamen Rückdrängung aller Ektodermzellen in eine einzige Ebene zeigt sich an unserem Riesen ein Experiment — wenigstens zum Teil — verwirklicht, das wir früher einmal, um die normale Spindelstellung von a und a besser be- greifen zu können, in Gedanken unternommen hatten: die ursprüngliche „Horizontalebene", in der alle vier Ektodermzellen bei der Geburt gelegen sind, war wiederhergestellt, die Kontaktflächen ß | a und b [ a lagen — wenn auch gegeneinander verschoben — wiederum transversal, und wenn man jetzt in der Richtung aller dieser Flächen blickte, so sah man natürlich senkrecht auf die ektodermale Medianebene. Da nun gleichzeitig mit der Kontakt- fläche auch die ,, Drehungsebene" der Spindel von ß in Linear\erkürzung erscheint, so muß auch diese Fläche senkrecht zur Mediane stehen. Dann aber ist klar, daß unsere Drehungsebene die primäre Achse der Zelle ß enthält. Und jetzt erkennen wir deudich, was geschehen ist. Sowohl in der typischen Ontogenesis, als bei dem T-Riesen hegt die Spindel von ß in einer Ebene, die auch die Primärachse aufnimmt und die einen bestimmten 'schiefen Winkel mit der primären Transversalebene bildet. In Bezug auf diese Ebene ist die Spindelstell^mg von ß bei unserem Riesen typisch gewesen. — 141 ~ Untersuchen wir nunmehr die Teiking der in Form und Lage weit intensiver ver- änderten Zelle b, so finden wir trotz der entstandenen großen Differenz der Paratangential- ebenen doch ohne Mühe die gleiche Gesetzmäßigkeit. In der Richtung der Primärachsc an- gesehen (Fig. UU 2), erscheint die Spindel von b sehr stark verkürzt; aber ihre Richtung gegen die transversal gestellte vordere Kontaktfläche ist genau die typische. Auch hier hat also die Spindel sich über einer Ebene „gedreht", in der die primäre Achse gelegen ist, und die unter einem typischen Winkel die Transversalebene durchschneidet. Zweierlei ist hiermit festgestellt. Erstens als Hauptergebnis, die abermalige Stich- haltigkeit unserer Hypothese der inneren Reizbeziehungen: auch die schiefen Mitosen von b und ß behalten bei T-Riesen das typische Verhältnis zu einer inneren Richtung bei. Ihid zweitens haben wir über die spezielle Art des Reizmechanismus, den wir den beiden Zellen vom Standpunkte der Hypothese aus mindestens zugestehen müssen, einen Aufschluß erreicht. Überlassen wir wiederum die Verantwortung für eine Ebene von Möglichkeiten dem wohlfeilen Prinzipe der paratangentialen Teilungsweise, so braucht im Plasma von b und ß nur noch die betreffende schiefe „Drehungsebene" auf irgend eine Art strukturell hervorgehoben zu sein: wenn dann die Spindeln ge- zwungen wären, einerseits in der fixierten Drehungsebene, andrerseits cjuer zur jeweiligen organischen Achse ihrer Zelle Stellung zu nehmen, so wäre ihr Verhalten am normalen Embryo wie an unserem T-Riesen zureichend erklärt. 2. Nun aber harrt noch eine wichtige Frage der Erledigung: woher kommen die beiden schiefen Ebenen? Wir haben jetzt Übung genug, um rasch zu überblicken, daß die schiefe Differenzierungsebene von b und ß keinesfalls durch die Begleitvorgänge irgend- welcher früheren Mitosen erzeugt worden sein kann, denn in der genealogischen Vor- geschichte unserer Zellen finden sich transversale, longitudinale, vertikale, aber niemals schiefe Spindelstellungen. Eben so sicher hat auch die „Aufrichtung" der organischen Achsen von b und ß nichts mit der Entstehung der fraglichen Struktur zu tun : sonst hätten ja bei unserem T-Riesen, wo in beiden Zellen die Bewegungsart und endgültige Lagerung der Sphären eine durchaus abnorme war, atypisch gestellte „Drehungsebenen" resultieren müssen. Ferner sind nach früheren Darlegungen sowohl innere, vom Kern ausgehende, als auch aus der äußeren Zellumgebung stammende Richtungsursachen nicht acceptabel. Ins- besondere wird der auf Grund des rein normalen Verhaltens vielleicht naheliegende Ge- danke, es könnte zwischen den Zellen b und (3 irgend ein unentbehrlicher gegenseitiger Einfluß wirksam sein, der die auffällige Parallelstellung der linken und rechten Drehungs- ebene und so auch der beiderseitigen Spindeln (Fig. EE, p. 106) zu stände brächte, durch unseren T-Riesen völlig widerlegt. Denn hier lagen Spindeln wie Drehungsebenen von b und ß in hohem Grade schief zueinander, was doch nicht hinderte, daß jede für sich — in dem jetzt erkannten Sinne — typisch war. Übrigens kommen wir in einem späteren Kapitel auf den normalen Parallelismus der beiden Spindeln zurück; wobei die seltsame Erscheinung, die hier eine so nebensächliche Rolle spielte, ihren eigentlichen Sinn offenbaren und uns zu wertvollen Aufschlüssen verhelfen wird. — 142 — Wenn also die schiefgerichtete plasmatische Struktur der Zellen b und ß weder in ihnen selbst, noch in einer der genealogisch vorausgegangenen P'urchungszellen neu ent- standen ist, so bleibt nur die Annahme übrig, daß beide schiefe Ebenen schon im Ei — spätestens zur Zeit seiner Teilung — vorhanden waren und auf b und ß 1 rv. 2 1. Das typische Stadium VIII von rechts, doch etwas schräg von oben und hinten gesehen. Die Drehungsebene von b und ß schraffiert. 2. Dasselbe nach Herstellung des primären Verhältnisses der 4 Ektodermzellen. im Erbgange übertragen worden sind. Aber wie lagen die Ebenen im Ei ? Um uns das klar zu machen, verwenden wir den früheren Kunstgriff wieder : wir denken uns b und ß auf die gleiche Weise, in der sie in ihre typische Endstellung gelangt sind, d. h. unter Wahrung ihres primären Kontaktverhältnisses zu der betreffenden vorderen Ektodermzelle, in ihre horizontal -quadratische Anfangslage zurückgeführt (Fig. VV 2). Die beiden Ebenen liegen jetzt nicht mehr parallel, sondern schief zueinander, denn sie bilden ja mit den vor- deren Kontaktflächen , die rein transversal gerichtet sind , die t>pischen , beiderseits ver- WIF. Das Ei mit den schiefen Drehungsebenen der Spindeln von b und ß , von rechts , doch etwas schräg von oben und hinten gesehen. schiedenen Winkel. Außerdem steht jede für sich, weil sie die primäre Achse ihrer Zelle enthält, senkrecht auf der Medianebene. Und gerade so wie hier muß die Lage der beiden Drehungsebenen vor der Mitose in der Mutterzelle B gewesen sein. Da nun in der voraus- gegangenen Familiengeschichte von B bis zum Ei hinunter keinerlei Ortsveränderung passiert, so entspricht auch die zuletzt berechnete Richtung unserer Ebenen unmittelbar ihrer Lage im Ei (Fig. WW). 143 IV. Zusammenfassung- und Absehluss. Das zu Gebote stehende Material ist nun durchgearbeitet. Es hat sich herausgestellt, daß bei sämtlichen Teilungen bis zu denen des achtzelligen Stadiums inklusive, d. h. i n allen Fällen, die einer exakten kausalen Prüfung ü b e r h a ti p t zugänglich waren, die normal- deskriptive Beziehung der Spindel zu irgend einer inneren — linearen oder flächenhaften — Richtung konstant ist. Und damit stehen wir vor der Möglichkeit, unser Urteil über die Physiologie der Teilungsrichtung in diesen Zellen endgültig abzugeben. Folgendes war der bisherige Gang der Analyse. Eine Musterung des deskriptiven Herganges im allgemeinen ergab zunächst, daß das eigentliche Substrat der typisch ge- richteten Teilungsweise, der Gegenstand, an dem ihre Kausalität sich vollständig und aus- nahmelos abspielt, die fertig formierte Spindel samt Zentren und Äquatorial- platte ist. Hierauf wurde geprüft, ob die Einstellung der Spindel in eine typische Rich- tung etwa rein passiv durch mechanische Faktoren bewirkt werde, oder nicht; — wir er- kannten den Vorgang mit Sicherheit als einen physiologischen, als eine aktive Leistung der zur mitotischen Figur vereinigten Gebilde. Nachdem dies entschieden war, erhob sich die Frage, welcher Art die äußeren Orientierungsmittel sind, deren die aktiv be- wegliche Spindel sich offenbar bedienen muß, um die ihr vorgeschriebene Richtung aufzufinden. Und die Verfolgung dieses wichtigen Problems zwang uns zu einem lang- wierigen, aber doch nicht langweiligen Verfahren. Die Eigentümlichkeit unseres analy- tischen Materiales, der T-Riesen, ließ nämlich voraussehen, daß wir im Einzelfalle nicht imstande sein würden, unmittelbar zu entscheiden, welche von den zahllosen deskriptiven Richtungsbeziehungen der betreffenden Spindel die wirklich kausale sei ; denn durch die atypische Verlagerung der Elastomere mußte zwar der Kreis der in Betracht kommen- den möglichen Reizlieferanten eingeschränkt werden, aber doch nicht so, daß allemal nur ein einziger übrig bliebe. Um tiefer einzudringen, stellten wir daher eine Arbeitshypo- these auf. Wir sagten uns , daß sehr wahrscheinlich eine und dieselbe Sorte von Richtungsreizen in sämtlichen Fällen Verwendung finden werde. Sollte nun die Prüfung aller überhaupt analysierbaren Mitosen das Resultat ergeben, daß eine be- stimmte Kategorie von Richtungsbeziehungen, während die anderen schwanken, in sämtlichen Fällen beständig bleibt, so würde mit hoher Wahrscheinlichkeit diese eine als die durch- weg kausale anzusprechen sein. Nun haben wir nach einer Reihe mißlungener Versuche in den ,, inneren Richtungsverhältnissen" die unter allen Umständen konstante Beziehung, deren Existenz wir ahnten, in der Tat aufgedeckt. Und damit wäre ja der angestrebte Indizienbeweis bereits in unseren Händen. Aber die Analyse ergab mehr als dies. In einer kleinen Zahl von Fällen, nämlich bei EMSt und dem Schwesternpaare A und B, gewährte der glückliche Umstand, daß die betreffenden Spindeln gelegentlich aller ihrer deskriptiven Richtungsbeziehungen verlustig gingen außer der internen, die Möglichkeit, das Vor- handensein innerer Reizmechanismen für diese Einzelfälle direkt und einwandfrei zu beweisen. — 144 — Nimmt man noch die schon früher hervorgehobene Tatsache hinzu, daß auch die Spindel des kugelrunden Eies ohne jeden Zweifel in eine strukturell präformierte, in diesem Falle sogar dem Auge erkennbare Achsenrichtung zu liegen kommt, so handelt es sich kaum mehr um Wahrscheinlichkeit, sondern um nahezu völlige Sicherheit, wenn wir jetzt end- gültig behaupten : Die Spindeln aller von uns analysierten F u r c h u n g s z e 1 1 e n bewerk- stelligen ihre typische Orientierung mit Hilfe innerer, d.h. in der Zelle ge- legener Richtungsreize. Die benachbarten Keim bezirke tragen hierzu ent- weder gar nichts bei, oder — in einer gewissen Klasse von Zellen — nur insofern, als die Lage der Paratangentialebene, darin die Spindel liegt, von der Konfiguration der Umgebung abhängig ist. Das Vorhandensein der typischen Nachbarschaft oder eines Teiles derselben stellt — außer in dem eben genannten Sinne — auch keine Vorbedingung des regelrechten Ver- haltens dar. Jede einzelne von unseren Zellen würde im Zustand gänzlicher Isolation, daran zweifle ich nicht, das typische Verhältnis zwischen Spindel und innerem Gerichtet- sein fehlerlos zur Ausführung bringen. 2 Jetzt aber verlangt die Frage nach dem (ieltungsbe reich dieser Sätze innerhalb der ganzen Ascarisontogenese dringend eine Erörterung; denn wie das analysierbare Material, so reichen auch die Schlüsse, die wir daraus gezogen haben, zunächst nur vom Ei bis zu den Teilungen des achtzelligen Stadiums. Nun ist offenbar äußerst wahrscheinlich, daß die interne Reizphysiologie der Spindelstellungen mit der letzten analysierten Stufe nicht etwa ihr Ende findet, sondern unxermindert auch für die Klüftungs- periode des sechzehnzelligen Embryo, dann weiter für die nächstfolgende, und überhaupt für alle diejenigen Mitosen gilt, die an eine typische, genau vorgeschriebene Richtung ge- bunden sind. Ob aber bis an das letzte Ende der Ontogenesis ? Das möchte ich doch nicht unterschreiben. Boveri und ich selbst haben zwar gezeigt, daß die Spindelstellungen bis in ziemlich hohe Stadien der normalen Entwickelung durchweg geregelt sind, — auch im primären Ektoderm , das schon auf seiner vierundsechzigzelligen Stufe aussieht, wie ein gleichartiges, sich regellos vermehrendes Epithel; und Müller (1903) hat für gewisse Bezirke des Embryo noch bis zu einer viel höheren Stufe regelmäßige Teilungsrichtungen nachgewiesen. Aber ich halte doch für wahrscheinlich, daß diese Vorschriftsmäßigkeit zu- letzt, wenigstens in denjenigen Organen, die ihren Zellbestand zeitlebens vermehren, ein Ende findet, einfach weil sie zwecklos wird. Vermutlich sind die .Spindelstellungen der über eine gewisse Stufe hinaus herangewachsenen Darmwand nur noch für die zwei Dimensionen der Epithelfläche geregelt, wozu die paratangentiale Teilungsart ohne jeden inneren Reiz genügen würde. Die Teilungsrichtungen innerhalb des Keimfaches sind vielleicht ganz und gar dem Zufall anheimgestellt. — So treffen wir denn gewiß das Richtige, wenn wir \on jetzt an annehmen, daß die internen Reizmechanismen der Spi n de 1 s t e 1 1 u ng für alle Mitosen der eigentlichen Entwickelung obligatorisch sind; daß sie aber jenseits dieser Grenze, soweit die Zellvcrmehrung überhaupt ihren Fortgang nimmt, allmählich verschwinden ; es tritt dann an Stelle der überflüssig gewordenen dreidimensional geregelten Spindelrichtungen ungeregelte oder rein paratangentiale Teilungsweise. — 145 3. Technische Gründe bestimmten uns, in die Erörterung der jetzt abgeschlossenen Haupt- angelegenheit zugleich die Spezialfrage zu verweben, wie denn im einzelnen die inneren Reizmechanismen — falls solche vorhanden sind — beschaffen sein müßten. Wir kon- struierten uns, zunächst rein auf Grund der normalen Verhältnisse, für jede Teilung ein Bild derjenigen inneren Struktur, die imstande wäre, die typische Stellung der betreffenden Spindel bei größtmöglicher Einfachheit in anatomischer und ontogenctischer Hinsicht zu garantieren. Hierzu gehörte vor allem, daß das anspruchslose Prinzip der paratangentialen Teilungsweise, soweit es anging, als mitbestimmender Faktor verwendet wurde, und zweitens, daß wir nach Möglichkeit versuchten, typisch gerichtete innere Ereignisse aus der Vor- geschichte der Zelle, nämlich vorausgegangene Mitosen und die Bewegungen • der organi- schen Achsen, als Entstehungsgründe der benötigten Struktur heranzuziehen. Die Analyse der abnormen Ascariskeime hat dann diese Apriori-Schemata nur zum Teil bestätigt. Daß die Paratangentialteilung als ein kausaler Faktor anzusehen sei, blieb zwar für viele Fälle bestehen. Aber andererseits erwies sich die ökonomische Hoffnung, das A'A'. Übersicht über die bisher erschlossenen DitTerenzierungen im Ei, von rechts, doch etwas schräg von hinten und oben gesehen. Mediane Schichten sind „vertikal", quere ,, horizontal" schraffiert. Auftreten der inneren plasmatischen Differenzierungen auf ohnehin vorhandene, typisch ge- richtete Antezedentien der Zelle zurückführen zu können, als eine vergebliche. Es blieb nur die Annahme übrig, daß die Strukturen bereits im ungeteilten Ei um die Zeit der ersten Klüftung vorhanden sind und im Erbgange Schritt für Schritt auf die einzelnen Elastomere übertragen werden. So erschlossen wir endlich für das zur Teilung reife Ei folgende innere Beschaffenheit (Fig. XX). Im Plasma des Eikörpers sind zwei aufrechtstehende, einander rechtwinklig schneidende „Schichtsysteme" ausgebildet, das eine der medianen, das andere der transversalen Ebene parallel, die auf die folgenden Generationen erblich übertragen werden. Die axiale Schnittlinie beider Ebenen, in der schon die erste Furchungsspindel ge- legen ist, liefert demnächst den Richtungsreiz für die Zellen Pj, EMSt und P». Ferner be- wirken zwei seitliche Schnittlinien der gekreuzten Schichtsysteme die Orientierung der primär vertikal, aber nicht axial gestellten Spindeln von a und «. Im Bereich der unteren Keimeshälfte kommt der transversalen Differenzierung noch eine spezielle Rolle zu : nach- dem sie . im vierzelligen Stadium durch die bekannte Schwenkung median geworden ist, er- möglicht sie eine Stufe später die paratangential-gleichsinnigen Mitosen von E und P3 und die queren von MSt imd der Schwanzzelle C. In der oberen Hälfte wird die mediane Ebene gebraucht, um die (im übrigen paratangentiale) Spindelstellung von AB und die transversale Zoologlca. Heft 40. 19 — 146 — ihrer beiden Töchter A und B zu erklären. Nur für die schiefe, hnks und rechts ver- schiedene Teilungsweise der Zellen b und ß mußte eine besondere Vermehrung der Eikompli- kation in Gestalt entsprechend geneigter Strukturen zugestanden werden. Der Bauplan, den wir hier auf Cirund einer bestimmten Summe von Tatsachen und nur für diese entworfen haben, entfernt sich ganz gewiß bedeutend von der Wirklichkeit. Er soll ja natürlich nichts anderes sein, als ein Schema, das geometrisch veranschaulicht, welche Richtungen in den einzelnen Bezirken des Eies strukturell markiert sein müssen, — ohne der Frage näher zu treten, wie dies geschieht. Doch auch in geometrischer Hinsicht ist unser Schema nur ein Provisorium. Wir haben, als wir die sparsamsten Reizmechanismen für alle einzelnen Mitosen berechneten, den gegenwärtigen Stand unserer Tatsachenkenntnis zu Grrmde gelegt : also können wir durch neue Erfahrungen zur Annahme anderer Mechanismen und anderer Plasmastrukturen ge- zwungen werden. Wenn sich z. B. zeigen sollte, daß unsere — bis jetzt wohl berechtigte — Voraussetzung, die einzelnen Spindeln könnten auf Grund besonderer Reaktionsfähigkeit bald in der Richtung einer differenzierten Ebene, bald senkrecht zu ihr Stellung nehmen, unzulässig ist, indem vielmehr sämtliche Spindeln sich hierin gleich verhalten, so reichten die von uns angenommenen Strukturen schon nicht mehr aus: in der unteren Eihälfte müßten ent- weder für die transversalen Spindeln von MSt und C, oder für die longitudinalen von E und P, besondere, „horizontal" gerichtete Differenzierungen vorhanden sein. Auch in der oberen Hälfte würde, falls etwa sämtliche Spindeln in die Richtung der betreffenden Strukturen zu liegen kämen, für die Teilung der Zelle B eine transversale, bis jetzt nicht erforderliche Ebene gebraucht, und so fort. Ich glaube aber nicht, daß solche Kor- rekturen jemals zu einer Vereinfachung des \' o n uns angenommenen E i - baues führen könnten. Unser Schema stellt also wohl das Mindestmaß benötigter Komplikationen dar. Auf der anderen Seite scheint bei flüchtiger Betrachtung sogar sicher zu sein, daß dem entworfenen Bauplane, der nur Mitosen bis inklusive des achtzelligen Stadiums berück- sichtigt, durch die Heranziehung der späteren Tcilungsstuf en eine sehr starke Vermehrung seiner Einzelstrukturen bevorsteht. Wenn doch nach unserer eben erst ge- wonnenen Überzeugung in sämtlichen Klüftungsperioden der Ontogenese die typischen, nach allen Richtungen des Raumes geordneten Spindelstellungen von inneren Reizmechanismen vollzogen werden ; und wenn in allen diesen Fällen — wie fast als sicher vorausgesetzt werden darf — die benötigten Strukturen ebenfalls schon im Plasma des Eies vorhanden sind; — wird dann nicht das Ei zu einem äußerst komplizierten Mosaik kreuz und Cjuer und schief unter allerhand Winkeln gestellter, typisch angeordneter Differenzierungen ? Der üble, für unsere Lehre nachteilige Eindruck, den diese Überlegung erwecken muß, vermindert und verliert sich bei genauerem Zusehen. Zunächst liegen die Dinge in der ventralen Keimeshälfte, wo bis zum Stadium Ylll mit einer einzigen, ursprüng- lich transversal gestellten Ebene auszukommen war, auch fernerhin günstig. Wie die schematische Übersicht Fig. YY i erkennen läßt, stellen sich in der nächstfolgenden, vierten Klüftungsperiode der \'entralfamilie die Spindeln von El und Ell, P^ und D wiederum ge- — 147 — nau transversal und longitudinal, so daß sie außer der vorhandenen Mediandifferenzierung gar keine neuen Strukturen erfordern würden. In c und y sind allerdings die Spindeln dem Bereich der Medianebene entrückt und können darum durch eine rein mediane Differen- zierung auch nicht geleitet sein; dafür aber liegen sie der Mittelebene beiderseits parallel. Und für die links und rechts auseinandergedrängten Töchter von MSt gilt, wenn man eine geringe, vermutlich mit der Dislokation verbundene Drehung in Anrechnung bringt, das gleiche, l'nter solchen Umständen ist die Forderung nicht zu umgehen, daß das Ei in seiner ventralen Hälfte links und rechts von der strukturell hervorgehobenen „Medianebene" noch weitere, parallel zu jener gerichtete Flächenstrukturen für unsere vier Zellen bereit hält. Allein darin liegt nicht notwendig eine Belastung mit neuer Komplikation. Stellen wir 1 YY. 2 Spindelstellungen bei der vierten und fünften Klüftung der Ventral familie. Stark schematisiert. uns nämlich die „mediane" (in Wirklichkeit transversale) Differenzierungsart der unteren Ei- hälfte jetzt im speziellen als eine entsprechend gerichtete parallele Schichtung vor — eine naheliegende Hypothese, die oben bereits zur Erklärung der Spindelstellung von a und a gefordert wurde, — so deckt die früher zugestandene Struktur des Eies zugleich den Bedarf der seitlich gelagerten Töchterpaare von MSt und C. Denn jede Tochterzelle erhielte ja bei ihrer Geburt als Erbteil eine geschichtete, der Medianebene ursprünglich parallele Dif- ferenzierung ihres Plasmaleibes, die den Richtungsreiz für gleichsinnige oder quere Mitosen liefern könnte. Und somit hätten wir sämtliche Spindelstellungen der achtzelligen Ventral- familie erklärt, ohne die Komplikation unseres früheren Bauplanes überhaupt zu erhöhen. Kaum anders liegen die Dinge bei der hiernach folgenden fünften Klüftung der unteren Zellfamilie (Fig. YY 2). Zwar nimmt die Mehrzahl der neuen Spindeln eine zur Mittelebene etwas geneigte Stellung ein ; wenn man aber bedenkt, daß alle betreffenden Zellen seit ihrer Geburt gewisse leichte Verschiebungen erlitten haben, so scheint die Zurückführung der vorkommenden Aberrationen auf vorausgegangene Drehungen der Zellen wiederum so un- gezwungen , daß mit genügender Sicherheit auch diesmal behauptet werden darf : alle Spindeln liegen entweder in der Richtung der parallel -geschichteten Struktur, oder senk- recht zu derselben ; wonach auch diese ganze neue Teilungsstufe keinerlei über unseren früheren Plan hinausgehende Komplikation des Eies erfordern würde. — 148 — Mit fortschreitender Ontogenese wird freilich die Beurteilung infolge der wachsenden Lhiklarheit über die Details der Zellverschiebungen immer schwieriger, teilweise so gut wie aussichtslos. Dennoch lauten auch fernerhin alle zuverlässigen Ergebnisse, die überhaupt zu erlangen sind — mit einer einzigen Ausnahme — , günstig. Zunächst erkennt man leicht, daß am kaudalen Ende der Familie die überlieferte winkelrechte Teilungsart noch über einige Stufen unvermindert weitergeht. Aus den Zellen cli undyli, die nach dem fünften Teilungs- schritte den rückwärtigen Abschluß der Gesellschaft bildeten, entsteht durch lauter der Mittelebene parallel gerichtete Mitosen jene achtzellige, wie ein schmales Band auf den Rücken hinaufreichende „Doppelreihe", die ich früher (1896a p. 93) beschrieben habe. Zweitens liegen auch im Schlund-Mesoderm die Spindeln mindestens noch beim nächsten, vermutlich auch bei weiteren Teilungsschritten (vgl. Müller 1903, Taf. I, Fig. 2 — 4) der primären „Medianstruktur'" ihrer Zellen parallel : wenn man alle mechanisch oder sonstwie bedingten Verschiebungen dieser Zellen ausschalten könnte, so bildete wohl links und rechts die ganze Deszendenz von mst und //ar je eine einfache, gerade Zellenreihe. — Für die fernere Klüftung der Gruppen d und ö, cll und yll, die sich beide bogenförmig um die Ge- schlechtsanlage herum gruppieren und immer in der Richtung des Bogens weiterteilen, gilt ungefähr das gleiche. zz. Teilung von cb und yl2, von hinten gesehen, schematisch nach Müller. So taucht denn wohl der Gedanke an die \erlockende Möglichkeit auf, die Spindel- stellungen der Ventralfamilic samt und sonders durch die vom Ei ererbte, von Zelle zu Zelle weitergegebene paramediane Plasmaschichtung erklären zu können; aber durch eine einzige, in mehrfacher Hinsicht sonderbare Mitose wird Eintracht und Symmetrie aufs gröb- lichste gestört. Eine Urenkelin der Schwanzzelle C, nämlich das linke „Mikromer" yl2, stellt ihre Spindel nach Müllers (1903 p. lO interessanter Entdeckung unter etwa 45» schief gegen die Mittelebene (Fig. ZZ), was um so auffallender ist, als die Mitose der neben ihr liegenden, in Stellung und Größe genau übereinstimmenden Cousine zweiten Grades cl2 in durchaus winkelrechter Weise vollzogen wird. Die Ausrede, daß die Schiefstellung der Spindel durch eine vorher eingetretene Achteldrehung der Zelle ver- schuldet sei, trifft chesmal nicht zu; denn unsere Zelle, die wie ihre Schwester yli und überhaupt ihre ganze Nachbarschaft seit der letzten Klüftung in Ruhe liegen geblieben ist, hatte zu unkontrollierten Drehungen weder Grund noch Gelegenheit. Also handelt es sich — 149 — ganz bestimmt um eine Spindel, die nach Art der Ektodermzellcn b und ß mit der Primär- achse einen (in der Flächenrichtung) schiefen Winkel bildet. Wenn nun für unsere Zelle die analytischen Ergebnisse, die wir an jüngeren Stadien gewonnen haben, noch gültig sind — und ich wüßte nicht, warum man hieran zweifeln sollte — : wenn also weder Kern und Sphäre der Zelle von innen heraus die schiefe Richtung der Spindel herbeigeführt haben, noch auch ein äußerer, d. h. aus der Zellumgebung stammender Reiz für die typische Einstellung in Frage kommt; und wenn endlich auch in der Zelle selber typisch gerichtete riasmastrukturen, die den Richtungsreiz für die schiefe Mitose liefern könnten, nicht nach- träglich mit Hilfe äußerer Oricntierungsmittel entstanden sind, — so gilt eben für 7I2 trotz der Länge ihrer Genealogie dasselbe, wie für die früheren, exakt analysierten Fälle: schon im Ei muß ihre schiefe Spindelstellung durch eine entsprechend gerichtete und lokalisierte Struktur vertreten sein. Dies aber wäre, soweit die jetzige Kenntnis reicht, die einzige Veränderung unseres schematischen Differenzierungsplanes, zu der uns die Ausdehnung der Theorie auf alle Spindelstellungen der Ventralfamilie zwingen könnte. Und so darf denn behauptet werden, daß der erweiterte Geltungsbereich, statt durch ein übermäßiges Anwachsen der erforder- lichen Komplikation die \'on uns angenommenen inneren Reizmechanismen zu diskreditieren, im Gegenteil ihre Wahrscheinlichkeit erhöht, indem eine fast überraschend große Zahl von Spindelstellungen durch sie eine leichte und einheitliche Erklärung findet. Wie aber verhält sich hierin die obere Hälfte des Keimes, das primäre Ektoderm? Wir wissen aus der deskriptiven Entwickelungsgeschichte, daß die Spindeln dieser Familie, die schon im Stadium VIII zu einer erheblichen strukturellen Belastung der oberen Eihälfte gezwungen hatten, auch fernerhin zumeist unregelmäßig, links und rechts vielfach verschieden gerichtet sind. Und wenn jede von diesen Richtungen, so wie sie bei der Mitose liegt, im Ei eine gleich gestellte Struktur voraussetzen würde, so stände es um den Komplikationsetat der dorsalen Eihälfte freilich schlimm. Allein der größeren Mannig- faltigkeit der Spindelstellungen im primären Ektoderm entspricht auch eine viel intensivere, asymmetrische Beweglichkeit der Elastomere. Die Zellverschiebungen in dieser Familie sind so groß und allgemein, und ihre Details so schwer zu beurteilen, daß ich, wie ich schon früher sagte, über das Stadium VIII hinaus mich nicht getrauen würde, für die Mehr- zahl der in Teilung tretenden Zellen auch nur die Richtung der primären Achse sicher an- zugeben; geschweige denn etwa bestimmen zu wollen, wie die Struktur einer Zelle ehedem, als sie noch einen Teil des Eikörpers bildete, gelagert war. Unter solchen Umständen darf die Frage, ob die Ausdehnung der Theorie auf alle typisch gerichteten Mitosen des primären Ektoderms eine Vermehrung der früher von uns erschlossenen Eikomplikation bedingt oder nicht, zur Zeit nur mit einem non liquet beant- wortet werden. Nach der begründeten Vorstellung, daß jede schematische Ebene un- seres Bauplanes in Wirklichkeit die Richtung eines Systems paralleler Schichten zum Ausdruck bringt, und daß diese Schichtsysteme auf Nachbarbezirke übergreifen, bekommt jede Tochterzelle von a und'«, b und ß bei der Geburt ein Plasma mit, das nach mehreren, senkrecht und schräg sich durchkreuzenden Ebenen geschichtet ist. Hierin besäßen die Ektodermzellcn ein Mittel, ihre Spindeln je nach deren Reaktionsweise in verschiedene — 150 — Richtungen typisch einzustellen. Und die Annahme, daß bei sämtlichen ektodermalen Mitosen allemal eine von den Strukturebenen unseres Bauplanes den Richtungsreiz geliefert habe, ist vorderhand mindestens ebenso wahrscheinlich als das Gegenteil. So beschließen wir das Kapitel der Teilungsrichtungen mit der gefestigten Über- zeugung, daß in der Struktur des Ascariseies eine relativ geringe Anzahl von Flächenrichtungen vorbereitet ist, wie Spaltflächen in einem Kristall. Diese Richtungen, die auf einzelne oder alle Elastomere übergehen, dienen den Spindeln derselben als orientierende Reize. 151 Viertes Kapitel. Der Teilungsmodus und die Differenzierung des Dottergehaltes. Auf eine verhältnismäßig kleine Zahl von Klüftungen sind bei Ascaris zwei weitere Faktoren des Differenzierungsprozesses beschränkt: Inäqualität der Mitose und ungleiche Ver- teilung der Dottersubstanz. Zwischen beiden Geschehensarten besteht ein gewisser Zusam- menhang, der ihre gemeinsame Darstellung als zweckmäßig erscheinen läßt. Und zwar möge aus technischen Gründen die Dotterdifferenzierung, obwohl sie den eigentlich mitoti- schen Vorgängen ferner steht, zuerst betrachtet werden. I. Die Dottepdifferenzierung". Bei allen ruhenden Ascariszellen ist der vorhandene Dotter — aus grünlich glänzen- den, sehr stark lichtbrechenden Tröpfchen und etwas größeren, ihrer Helligkeit wegen aber kaum sichtbaren Bläschen bestehend — in isotroper Verteilung dem Plasma eingelagert. Klüftet sich eine solche Zelle, so wird natürlich — vorausgesetzt, daß nicht vor oder wäh- rend der Mitose die Isotropie noch einer Störung unterliegt — die Dichtigkeit des Dotters in beiden Töchtern identisch sein. So verhält sich in der Tat die weitaus größte Mehrzahl aller Teilungen des Ascariskeimes. Daß dennoch die lebenden Furchungsstadien aller Stufen nicht gleichmäßig mit Dottertröpfchen durchsetzt, sondern in einzelnen Bezirken hell, in anderen, vor allem der Darmanlage, erheblich reicher an dunklen Tröpfchen sind, beruht — neben der ungleichen Verkleinerung des Zellmaterials, vielleicht auch verschiedenem Dotterverbrauche — auf folgenden Ausnahmen. Kurz ehe das Ei sich anschickt, die erste Furchung auszuführen, zieht sich der größere Teil der Dottertröpfchen nach einer Seite hin zu einer dunklen Wolke zusammen, während der gegenüberliegende Bereich arm an Dotter und hell erscheint (Zoja 1896 p. 225). Dieser Zustand erhält und verschärft sich sogar bis zur Durchschnürung selbst; wobei dann die auftretende Furche den dunklen und hellen Bezirk voneinander scheidet : der oberen Zelle AB wird das hellere, der Zelle Pi das dotterreichere Plasma zugeteilt. In quantitativer Hinsicht ist die Erscheinung variabel: die Differenz der beiden ersten Furchungszellen be- ~ 152 — züglich ihres Dottergehaltes schwankt in weiten Grenzen, und es gibt, wenn auch selten, Eier, bei denen ein Helligkeitsunterschied zwischen Pj und AB kaum oder gar nicht zu be- merken ist. Immer aber verhält sich darin die ganze Nachkommenschaft eines Ascaris- weibchens völlig gleich. Eine ähnliche Variabilität, nur mit umgekehrtem Häufigkeitsverhältnisse, gilt für die zwei noch folgenden Fälle anisotroper Dotterverteilung. Es ist die Regel, daß bei allen späteren Furchungen das Dotterquantum der Mutterzelle, soweit man das beurteilen kann, gleichmäßig auf ihre Sprößlinge übergeht. Gelegentlich aber findet man eine Ascaris, deren sämtliche Eier bei der Mitose der unteren Furchungszelle Pj die Diffe- renzierung der Dottermenge nochmals wiederholen. Diesmal sammelt sich die Wolke im oberen Bereich der Zelle; also wird EMSt die dunklere von den beiden Töchtern, P, bleibt hell, so daß das rhombische Vierzellenstadium von drei gleichmäßig hellen und einer dunklen Zelle gebildet wird (Fig. AAA i, 2). 1 AAA. 2 3 EMSt A/St 1 und 2 Stadium IV einer A. m. univalens, von linlis, nacii dem Leben. 3 Stadium V[ — VIII desselben Eies. Zum dritten Male kann der Prozeß der Dotterdifferenzierung bei der Mitose von EMSt, und zwar in solcher Weise vor sich gehen, daß nun die kopfwärts liegende Tochter- zelle MSt sehr wenig, die hintere, E, fast allen Dotter mitbekommt (Fig. AAA 3). E ist die Urzelle des Darmes; und so dient denn offenbar die stufenweise Differenzierung der Helligkeit zu nichts anderem, als rasch und gründlich den größeren Teil des Dottergehaltes auf die Darmanlage zu konzentrieren, — ein Zustand, der in späteren Stadien auch von den übrigen Eiern, wenn auch mit anderen Mitteln und weniger vollkommen erreicht wird. 2. Fragen wir jetzt nach den Ursachen der anisotropen Dotterverteilung, so ist von vorn- herein klar, daß hier eine grob mechanische Be Wirkung durch die Schwere keine Rolle spielt. Das was die Dottertröpfchen bestimmter Ascariszellen nach einer vorge- schriebenen, bald „vertikalen", bald „horizontalen" Richtung treibt, müssen kompliziertere Vorgänge oder Zustände in der plasmatischen Umgebung der Tröpfchen sein. Nun können und brauchen wir nicht zu untersuchen, ob hierbei ein Teilchen der „Dottersubstanz" sich wie ein toter Flüssigkeitstropfen verhält, der passiv, etwa durch lokali- sierte Änderung seiner Oberflächenspannung dahingezogen wird, oder ob etwa das Teilchen — 153 — in feinerer Weise auf einen Richtungsreiz mit Bewegung reagiert. Sicher ist jedenfalls, daß die typisch gerichtete Dislokation des Dotters ohne eine entsprechende Anisotropie der Umgebung nicht geschehen könnte: irgend etwas im Inneren der Zelle selbst oder in ihrer Nachbarschaft, das schon vorher typisch geordnet war, muß das Dottertröpfchen nach der betreffenden Richtung hin — sei es mechanisch, sei es durch Reizvermittclung — drängen oder ziehen. Ständen wir jetzt noch ganz am Beginn der Analyse und wüßten von inneren Struk- turen der Elastomere weiter nichts als das, was man mit dem Auge sieht, so wäre nach dem Gesetze der Sparsamkeit der folgende Erklärungsversuch, der mit ohnehin vorhandenen Anisotropien rechnet, der einzig erlaubte. Sowohl bei Pi als bei EMSt liegt in derselben Richtung, in der die Verschiebung des Dotters vor sich geht, eine Nachbarzelle, nämlich AB (oder deren Töchterpaar) im einen, Po im anderen Falle. Dann ließe sich denken, daß allemal die betreffende Nachbarzelle — z. B. durch eine chemische Emanation — den An- trieb oder Richtungsreiz zur Bewegung der Dotterkörnchcn lieferte; daß also der Dotter von Pi durch die obere Furchungszelle AB nach oben, der von EMSt durch die hinter ihr gelegene Zelle Po horizontal nach rückwärts ,, gezogen" würde. Experimentelle Gegenbeweise, die etwa das Fortbestehen der typischen Dotterdifferenzierung im Zustande der Isolation demonstrierten, liegen zur Zeit nicht vor. Und so würde denn selbst die offenbare Sonder- stellung des Eies, das seinen Dotter ungleich verteilt, ohne daß eine Nachbarzelle ihm zu Hilfe käme, das also doch zweifellos eine dazu bestimmte innere Anisotropie besitzen muß, — die Annahme der sparsamen Hypothese für Px und EMSt kaum verhindern können. Seitdem wir aber wissen, daß das Innere aller Blastomere — zunächst für die Be- dürfnisse der Teilungsrichtung — anisotrope Strukturen enthält, ist die Vorstellung, die un- gleiche Dotterverteilung möchte in allen drei Fällen übereinstimmend durch innere Aniso- tropie bewerkstelligt werden, recht wohl konkurrenzfähig, ja sogar von vornherein die wahr- scheinlichere. Und wir wollen uns rasch überzeugen, wie überaus gering die Ansprüche auf Einführung neuer Komplikationen sind, zu denen uns der veränderte Standpunkt zwingen würde. Die drei Geschehnisse, die in der Art ihres deskriptiven Ablaufes sich kaum von- einander unterscheiden, und die, wie wir sahen, dem gleichen morphogenetischen Endzwecke dienstbar sind, stehen auch in geometrischer Hinsicht in einem bemerkenswert innigen Zusammenhange. Natürlich erfolgt in allen drei Fällen die Dislokation der Dottertröpfchen, die ja doch zu einer Verteilung auf die künftigen Tochterzellen führen soll, parallel zur Spindelachse der betreffenden Zelle. Da zeigt sich nun, daß Pi und EMSt jener kleinen Blastomerengruppe angehören, bei denen die fertige Spindel genau in der Richtung der Primärachse liegt. Und wir erinnern uns ferner, daß die „horizontale" Achsenrichtung der kurz vorher um 90° gedrehten Zelle EMSt genetisch mit der „vertikalen" von Pi, und diese wieder mit der Teilungsachse des Eies zusammenfällt. Was folgt daraus ? Die Dotter- tröpfchen verschieben sich, auf das primäre Gerichtetsein bezogen, in allen drei über- haupt bekannten Fällen parallel zu einer einzigen Graden, der Achse des Eies. Dann ist, um die typische Orientierung sämtlicher Verschiebungsbahnen sicher zu stellen, nur eine einzige Art von Anisotropie erforderlich; und zwar brauchte diejenige Aniso- tropie, die ohne jeden Zweifel im Ei das Wandern des Dotters reguliert, Zoologlca. Heft 40. 20 mm. — 154 — nur auf die Tochter- und Enkelzelle überzugehen. — Nun wechselt freilich die Richtung, in der die Dotterteilchen sich parallel der primären Achse fortbewegen, von Stadium zu Stadium : im Ei wandern sie abwärts, in Pi nach oben, in EMSt (unter Berück- sichtigung der Viertelschwenkung dieser Zelle) wieder nach „unten". Allein der deskriptive Hergang gestattet dennoch die folgende für alle drei Fälle genügende Hypothese. Nehmen wir an, die axiale Anisotropie des Eies bestehe darin, daß sein Plasmaleib quer zur S p i n d e 1 a c h s e in parallele Schichten zerfällt, deren stoffliche Be- schaffenheit sich in der A c h s e n r i c h - tung — allmählich oder sprunghaft — ver- ändert; und diejenige, unterhalb der Mitte gelegene Zone, die mit dem dritten Teilungs- schritt ungefähr in die l'rdarmzelle E über- geht (Fig. BBB), soll \on den übrigen dadurch verschieden sein , daß die Dottertröpfchen etwas stärker zu ihr hingezogen werden : dann wäre die Ansammlung der Dotterwolke in der ventralen Hälfte des Eies, das Aufsteigen der Tröpfchen nach oben bei der Teilung von Pj, ihr Rückwärtsdrängen in der um 90" ge- drehten Zelle EMSt befriedigend und überaus ökonomisch erklärt. — Natürlich dürfte die anziehende Kraft der Zone E während der Zellruhe, in der die Tröpfchen sich diffus im Plasma zerstreuen, nicht wirksam sein, oder doch nicht zur Geltung kommen. Auch zwänge die Variabilität der ganzen Geschehensart zu der Annahme, daß das attraktive Übergewicht der Urdarmzone über die anderen Keimbezirke, vielleicht auch ihre Lage und Begrenzung \ielfachem Wechsel von Ascaris zu Ascaris unterworfen sind. AJi < P/< EMSt Pz Schema des Eibaues zur Erklärung der Dotterverschiebung. II. Der Teilungsmodus. 1. Häufiger, als die zuletzt betrachtete Geschehensart, findet sich bei x^scaris ein diffe- renzierter Teilungsmodus, d. h. ungleiche Größe der aus einer Mitose hervor- gegangenen Produkte; doch hält sich der Größenunterschied immer in mäßigen, manchmal in sehr engen Grenzen. Schon die allererste Klüftung ist inäqual: die obere Zelle AB übertrifft um einen geringen, aber typischen Betrag die untere, P,, an Volumen. In ungefähr demselben Grade können die beiden Töchter von P,, besonders bei .4. m. univalens, verschieden sein, wobei dann EMSt die größere ist (Boveri 1899 p. 393); doch ist die Ungleichheit in diesem Falle nicht konstant. Gleiches gilt für die Mitose der Zelle P,, die bei univalens ziemlich oft eine kleinere Keimbahnzelle P., und eine größere Schwanzzelle liefert (Boveri 1899 Taf. XL, und XLl, Fig. 11 und 12. Weitaus die stärkste bei Ascaris vorkommende Inäqualität, eine — 155 — Art Mikromerenbildung, findet sich an den Zellen cl und yl der Schwanzzellengruppc; eine ebenfalls recht markierte nach Müller (1903 p. iij bei dem links gelegenen, in schiefer Richtung sich teilenden „Mikromer"' yl2. Auch im primären Ektoderm begegnet man einigen für unsere Analyse recht instruktiven Fällen ungleicher Mitose. Boveri teilt in seinem großen Ascariswerke (1899 p. 399) die auffallende Erscheinung mit, daß die Spindeln von a und a exzentrisch liegen, als wenn aus jeder Zelle eine größere obere und eine kleinere untere Tochter her- vorgehen sollte; trotzdem aber, so gibt er an, sind nach vollzogener Durchschnürung die Tochterzellen an Größe gleich. Ich selbst hatte früher an dem von mir verwendeten Materiale die Teilung der beiden Zellen durchaus äqual gefunden. Nachdem ich aber durch Boveris Angabe auf die Möglichkeit quantitativer Schwankungen an dieser Stelle hingewiesen worden war, untersuchte ich neuerdings Ma- ccc^ terial von möglichst vielen Ascaris und stellte fest, daß in der Tat die Teilung der Zelle a zuweilen eine stark inäquale ist, mit einem Volumenverhältnis der oberen zur unte- ren Hälfte wie 2 : 1 (Fig. CCC). Dagegen bleibt } f jii^^S^/if/l^j -y--a- die Teilung der linken Schwesterzelle a ent- E weder völlig äqual, oder sie zeigt nur emen ge- ringen, nach erfolgter Durchschnürung kaum noch erkennbaren Größenunterschied. Nun ist ^'', Inäquale Teilung von a, nach der Umstand von besonderem Interesse, daß einem konservierten Präparate. die hier eingetretene, fakultative Differenzie- rung über mehrere Teilungsstufen systematisch weitergehen kann, einem bestimmten morpho- genetischen Ziele zu, das schließlich von allen Eiern erreicht wird. all, die obere, d. h. der Schwanzzelle C benachbarte, und bisweilen größere Tochterzelle von a vollzieht auf der nächsten Stufe, wie Zoja zuerst gesehen hat (1896 p. 231), abermals — und zwar ziemlich oft — eine inäquale Mitose; auch hier ist diejenige Zelle, all2, die größere, die der Schwanzzellengruppe am nächsten liegt. In der nun kommenden Klüftungsperiode zerfällt all 2 durch eine genau mediane Scheidewand in zwei gleichgroße, symmetrisch zur Mittelebene am Hinterrand der Ektodermplatte gelagerte Elastomere, IArl/3a und IArl/3b meiner früheren Bezeichnungsweise. Diese beiden Zellen teilen sich unter allen Umständen inäqual (zur Strassen 1896 a, p. 78); und da zum dritten Male die größere Tochterzelle kaudalwärts gelegen ist, so trifft man am Hinterrand der 64zelligen Ektodermhaube konstant zwei mächtige, beiderseits der Mittelebene gelagerte Elastomere an. — In derselben Klüftungsperiode treten außerdem noch zwei seitliche Randzellen des primären Ektoderms, lEU/Jb und lErl^b, in deutlich in- äquale Mitose; doch ist in diesem Falle das Größenverhältnis der Produkte gerade um- gekehrt: die größere Zelle liegt kopfwärts von der kleineren. — Endlich hat Müller (1903 p. IG, 16) noch ein paar Beispiele von älteren Stadien mitgeteilt. Und ich halte für ganz wahrscheinlich, daß noch manche andere Zellteilung des Ascariskeimes eine typisch inäcjuale ist, ohne bisher — infolge allzu geringer Größendifferenz der Produkte — als solche er- kannt zu sein. 156 — Der deskriptive Hergang sämtlicher ungleichen Mitosen ist folgender. Wie bei den regulären, so bildet sich auch bei den inäqualen Teilungen die Scheidewand genau dort, wo die Äquatorialplatte im Zellleib gelegen ist. Die Durchschnürung selber hat also mit der Frage, ob die Produkte gleich oder ungleich werden sollen, nichts mehr zu tun, sie führt nur aus, was durch die Lage der Spindel bereits komplet und unabänderlich entschieden war. Die Spindel aber trägt die Verantwortung: wir finden sie in allen Fällen inäqualer Mitose um einen bestimmten Betrag in der Richtung ihrer eigenen Achse exzentrisch vorgerückt, und das Größenverhältnis der Tochterzellen entspricht un- mittelbar dem Grade der Exzentrizität. So liegt z. B. die erste Furchungsspindel — wenigstens bei typisch ausgeprägten Eiern — nicht etwa genau zentral, wie man sie auf schematisierten Abbildungen gezeichnet findet, sondern um eine kleine Strecke, dem ge- ringen Größenunterschied der beiden ersten Zellen entsprechend, ventralwärts hinabgeschoben (Fig. DDD). DDD. EEE. Erste Mitose. Nach einem Iconservierten Präparate. Exzentrische Lage des Kernes in a. Zu der hier behaupteten Gesetzmäßigkeit der Beziehung zwischen inäqualer Trennungs- ebenc und Spindellage steht freilich dasjenige, was Boveri (s.p. 154) über die Mitose von a und « berichtet, anscheinend in Widerspruch : die Spindeln liegen exzentrisch, die Durch- schnürung aber sei — so gibt er an — äqual! Boveri selber glaubte vermutlich, daß die verschobene Lage der beiden Spindeln noch kurz vor der Durchschnürung mit einer zentralen vertauscht werde; und die Möglichkeit eines solchen Vorganges ist zuzugeben. Da jedoch die von ihm beobachtete exzentrische Verschiebung der Spindeln eine wenig mar- kierte war, geringe Größendifferenzen aber an den bereits durchgeschnürten Blastomeren oft kaum zu bemerken sind, so halte ich doch für wahrscheinlicher, daß auch in Boveris Falle die exzentrische Mitose in eine echt inäquale Zellteilung überging. Ja, ich gestehe, daß ich an Boveris sehr genauen Bildern der fraglichen Stadien (Taf. XLI, Fig. 13a bis 15) sogar einen minutiösen Volumunterschied zwischen all und al zu erkennen glaube. Wenn also die Phase der reifen, fertig eingestellten Spindel diejenige ist, in der die Inäqualität der Teilung spätestens entschieden wird, so liegt die Vermutung nahe, daß sie zugleich auch die früheste sei. Wir erinnern uns, daß die typische Teilungsrichtung nicht eher, als an der fertigen Spindel obhgatorisch zur Geltung kommt. Und da die zur In- — 157 — äqualität führende innere Dislokation jedenfalls genau in der endgültigen Spindelachse vor sich geht, so scheint sie den vorherigen Abschluß der die Spindcllagc bestimmenden Vorgänge bei- nahe vorauszusetzen; auch macht die Vorstellung, daß erst die typisch orientierte Spindel in ihrer eigenen Achsenrichtung verschoben werde, den Eindruck besonderer mechanischer Einfach- heit. Allein so liegen die deskriptiven Verhältnisse nicht. Bei allen inäqualen Mitosen wird, soweit meine Erfahrung reicht, vielmehr die Exzentrizität der Spindel — und damit auch die endgültige Teilungsrichtung — in einer viel früheren Phase vorweggenommen. Bereits der b 1 ä s c h c n f ö r m ige, kaum in die innere Umwandlung eingetreten e K e r n macht sich von der Z e 1 1 m i 1 1 e aus auf den Weg, um in der Richtung der späteren Teilungsachse nach der typischen Seite hin vorzurücken. In Fig. EEE ist ein solches Stadium aus der Teilung von a naturgetreu dargestellt. Und daß die inäquale Mitose des Eies durch eine entsprechende Dislokation der beiden I^ronuclei im voraus kenntlich wird, weiß man seit lange. Nach dieser Kennzeichnung des deskriptiven Ablaufes ist es fast überflüssig, hervor- zuheben, daß bei Ascaris die exzentrische Lage der Spindel nicht etwa mit einem Größen- unterschiede der Pohlstrahlungen, wie Child (1897) bei Arenicola fand, oder der Centro- some, wie Goldschmidt (1905, p. 643) für einige Platoden beschrieben hat, zusammen- hängt. Vielmehr scheinen dem Auge die beiden Spindelpole inäqual geteilter Ascariszellen in jeder Hinsicht gleich zu sein. Wir erblicken nunmehr das eigentliche Problem in der nach Richtung und Ausmaß typischen Dislokation des zur Mitose übergehenden Kernes und beginnen, wie sonst, die Analyse mit der Frage, ob die innere Ortsveränderung auf Grund mechanischer Faktoren, oder als eine aktive Leistung des lebendigen Protoplasma vollzogen wird. Die zur Inäqualität führende Kernverschiebung kann zunächst nicht durch einen von außen kommenden Druck oder Zug mechanisch bewirkt worden sein. Es ist ja wohl zuzugeben, daß keilförmige Deformation einer Zelle, z. B. infolge ungleichen Druckes, das Ausweichen des Kernes nach der geräumigeren Seite hin direkt erzwingen könnte ; aber auf Ascaris paßt diese Vorstellung nicht. Die Zellen, um die es sich handelt, sind, wenn über- haupt, so doch nicht in der Verschiebungsrichtung keilförmig deformiert, und das kugel- runde Ei produziert, obwohl es nirgendwo gedrückt wird, dennoch eine ungleiche Mitose. Das Mikromer ylz ist genau so geformt und unterliegt denselben Druckwirkungen, wie die symmetrisch neben ihr liegende Schwesterzelle cl2 ; trotzdem teilt sich diese äqual, jenes hochgradig inäqual. Und endlich liefert die Geschichte der T-Riesen wenigstens für zwei der in Betracht kommenden Fälle, die Mikromerenbildung von cl und yl, den sicheren Be- weis, daß äußere mechanische Faktoren unbeteiligt sind. Der auf Taf. II, Fig. 17 und 18 dargestellte Riese zeigt die beiden Zellen typisch inäqual geteilt, obgleich doch Form und Druckzustände der Mutterzellen zweifellos ganz andere waren, als in der normalen Ent- wickelung. Aber es gibt einen anderen, im Inneren der Zelle lokalisierten Faktor, der zur rein mechanischen Herbeiführung inäqualer Mitosen, auch kugeliger Zellen, geeignet scheint, und — 158 — den seit lange einige Forscher für alle ungleichen Teilungen verantwortlich machen möchten : das ist der Dottergehalt. Durch eine anisotrope Verteilung des Dottermaterials, so sagt man, wird der Kern, der immer die Mitte des lebendigen Plasma einzunehmen sucht, in eine exzentrische Stellung gedrängt. Hieraus folgt die inäquale Mitose in solcher Art, daß eine kleinere dotterarme und eine größere dotterreiche Zelle zu stände kommt. Allein auch mit dieser mechanischen Erklärung ist bei Ascaris nichts anzufangen. Vor allen Dingen trifft ja doch die Voraussetzung, daß in der betreffenden Zelle zur Zeit ihrer Mitose ungleich verteilter Dotter vorhanden sei, für den Ascariskeim nur in Ausnahme- fällen zu. Die Elastomere cl und yl, bei denen die Differenz der Produkte am stärksten ist, die sonderbare Zelle yl2, die hierhergehörigen ektodermalen Elemente zeigen keine nur irgend merkliche Anhäufung des Dotters an der einen Spindelseite ; die Tröpfchen sind viel- mehr von der Geburt der Zellen bis zu ihrer Teilung wahllos in das Plasma eingestreut und überhaupt zu spärlich, als daß sie den Kern auf mechanischem Wege aus der Mitte verdrängen könnten. Trotz dieser negativen Erfahrung beansprucht wohl das Verhalten der- jenigen drei Fälle, in denen die Mehrzahl der Dottertröpfchen sich vor dem Beginn der Mitose einseitig zusammenzieht, entscheidendes Interesse. Aber es zeigt sich, daß auch diese Fälle der mechanischen Hypothese nicht günstig sind. Bei der Zelle Pj geht mit der fakul- tativen Inäqualität der Mitose eine ungleiche Dotterverteilung häufig Hand in PI and ; und in der Tat wird hier die dotterreichere Zelle EMSt die größere. Aber schon der zweite Fall sieht ganz anders aus: wenn die Zelle EMSt sich unter Dotterdifferenzierung teilt (Fig. AAA 3, p. 152), so sind nichtsdestoweniger ihre beiden Sprößlinge, wie stets, von gleicher Größe, die Spindel hat sich also durch die einseitig angehäufte Dottersubstanz durchaus nicht aus ihrer zentralen Lage vertreiben lassen. Und endlich liefert der dritte Fall, das Ei, sogar den allerschlagendsten Beweis für die Wertlosigkeit der rein mechanischen Erklärung bei Ascaris. Denn wie ich schon früher (1898 a p. 145) hervorgehoben habe, entspricht bei der ersten Furchung die dotterreichere Partie der kleineren Tochterzelle, d. h. die Spindel des Eies rückt in die ventrale Dotterversammlung hinein, statt umgekehrt, wie doch allein mechanisch begreifbar wäre. Da also auch der „innere" mechanische Faktur bei Ascaris durchaus versagt, so kann die zur inäqualen Teilung führende Kernverschiebung hier überhaupt kein passiver, sondern sie muß ein aktiver, physiologischer Vorgang sein. 4. Die aktive, in typischer Richtung geschehende Fortbewegung eines Kernes setzt das Vorhandensein typisch geordneter Anisotropie in seiner Umgebung voraus, die auf den Kern als Ganzes oder auf einzelne seiner Konstituenten (Chromosomen, Sphäre richtend einwirkt. Liegt diese richtende Anisotropie außerhalb oder innerhalb der zu inäqualer Mitose berufenen Zelle ? Wir haben gesehen, daß die exzentrische Verschiebung der Kerne in allen Fällen auf derjenigen Geraden vor sich geht, die für die endgültige Spindelstellung der zugehörigen Zelle typisch ist. Hierdurch gewinnt von vornherein der Gedanke, die Kernverschiebung stelle nur eine einzelne Szene eines größeren, kausal in sich zusammenhängenden Prozesses dar, der alle typischen Details der betreffenden Mitose reguliert, und werde darum gleich 159 — der Spindelstellung ausschließlich von inneren Mechanismen geleitet, die größte Wahrschein- lichkeit. Wenn aber dieses Indizium nicht genügen sollte, so bringt die Geschichte abnormer Keime die Entscheidung. Es wurde schon vorhin mitgeteilt, daß die Zellen cl und yl auch bei völlig gestörter Konfiguration und durchweg abnormen Nachbarschaftsverhältnissen ihre stark inäquale Teilung genau narli Vorschrift zur Ausführung bringen (Taf. II, Fig. 17, 18); also können diese Zellen, wie sie von der normalen Umgebung nicht mechanisch zur Mikromerenbildung gezwungen sind, auch keine richtenden Reize von ihr zu erwarten haben. Und ferner ist auf Taf. V, Fig. 65 ein krankhaft entwickeltes Einfachei dargestellt, bei dem am Hinterrande des primären Ektoderms die „Groß- und Kleinzellen" lArl^ay und IAjl/3ax, IBUjSbx und IBll|3by etc. vorschriftsmäßig entstanden sind, obgleich ein Teil der normaler- weise benachbarten Zellen fehlt. Nimmt man noch die offenbare Tatsache hinzu, daß das Ei auf Grund rein innerer Anisotropie die exzentrische Stellung seiner Spindel zuwege bringt, so darf die Annahme irgend einer äußeren Mitwirkung bei inäqualen Mitosen des Ascariskeimes als widerlegt bezeichnet werden. Es ergibt sich hieraus für alle in Betracht kommenden Elastomere das Vorhanden- sein einer in der Teilungsrichtung ungieichpoligen inneren Anisotropie, und zwar werden wir uns dieselbe, wie bei der Dotterverteilung, am einfachsten als eine stoff- hche oder strukturelle Verschiedenheit quer zur Achse aufeinander folgender Zonen vorzu- stellen haben. — Sehen wir jetzt zu, wie die Gesamtkomplikation des Keimes durch diese neue und unabweisbare Forderung erweitert wird. ri'r. Schema des Eibaues zur Erklärung inäqualer Mitosen Die rümischcn Ziffern markieren die aufeinander folgenden Teilungsschritte, die Pfeile deuten die Lage der kleineren Zelle für die betreffende Mitose an, Für das Ei und die Zelle Pj, denen ja auf Grund ihrer Dotterdifferenzierung eine ungleichpolige Schichtung cjuer zur Achse bereits zugestanden war, macht die Veränderung nicht viel aus. Auch haben wir wenig Mühe, uns die dort nachgewiesene quere Schichtung auf die Zelle Po, die als Schwester von EMSt an der die Dotterverteilung bewirkenden Anisotropie von Haus aus Anteil hat, und deren Spindel ebenfalls genau in der Achsen- richtung liegt, übertragen zu denken. Die Inäqualität der genannten drei Mitosen ist an- scheinend in ähnlicher Weise einem gemeinsamen morphogenetischen Zwecke unterstellt, wie die drei Fälle von Dotterverschiebung : dort kommt es darauf an, den Dotter auf die Ur- darmzelle zu konzentrieren ; hier bewirken drei aufeinanderfolgende inäquale Mitosen schritt- weis eine relative Verkleinerung der zur Keimbahn gehörigen Zellenreihe. Dann ist, wie früher, die Annahme nicht unsympathisch, daß den drei verbündeten Geschehnissen auch ein und dieselbe physiologische Spezialursache zu Grunde liegt. Denken wir uns im Plasma des Eies (Fig. FFF) eine der Zelle Po entsprechende Zone präformiert und stofflich oder strukturell von solcher Beschaffenheit, daß allemal die zur Mitose schreitenden Kerne zu ihr — 160 — hingezogen werden, so verständen wir, warum bei der Teilung des Eies und der Zelle Pj die kleinere Tochterzelle unten, bei der von P, aber oben gelegen ist. Aber die Annahme einer horizontalen, anomogenen Schichtung im Ei und deren Übertragung auf die Furchungszellen leistet uns noch größere, fast unverhoffte Dienste. Wir wissen, daß die Spindeln von a und a primär vertikal, d. h. der Eiachse parallel ge- richtet sind. Wenn nun die Fähigkeit dieser beiden Zellen zu inäqualer Mitose das Vor- handensein einer zur Spindellage queren, also primär horizontalen Schichtung in ihrem Plasma beweist (Fig. GGG i ), so wird damit der Komplikation des Ganzen offenbar 1 GGG. 2 3 Zurückführung der inäqualen Mitosen von a, ihrer Tochter all und ihrer Urenkelin lArl/Ja auf die vertikale Ani.sotropie des Eies. Der Pfeil deutet den schrittweisen Übergang der ursprünglich vertikalen Achse in Horizontallage an. keinerlei neue Belastung zugemutet : die wohlbekannte quere Schichtung des Eies braucht nur auf a und u überzugehen. Ja sogar die wirksame Polarität der Schichtung könnte in a und a, da ja auch hier die größere Zelle oben, die kleinere unten liegt, dieselbe wie im Ei geblieben sein. Nun wurde vorhin des weiteren gezeigt, daß die Differenzierung des Teilungsmodus, die bei der Zelle a nur selten ist, bei ihrer oberen, eventuell größeren Tochterzelle all sich ziemlich oft wiederholt. Freilich scheint auf den ersten Blick die Richtung diesmal eine andere. Betrachtet man das Furchungsstadium im Profil (Fig. GGG 2), so liegt die Spindel der Zelle all ungefähr horizontal, und es sieht nicht aus, als ob zwischen dieser inäqualen Mitose und der des Eies ein physiologischer Zusammenhang bestehen könnte. Allein bei gleicher Betrachtung lag schon die Spindel der Mutterzelle a nicht wirk- lich vertikal, sondern infolge der vorausgegangenen Schwenkung des rechten Ektodermzellen- paares schräg. Und da die Zelle all die Dislokation ihrer Mutter sozusagen weiterführt, indem sie um etwa den gleichen Betrag wie jene kaudalwärts gleitet, so ist die Annahme nicht nur er- laubt, sondern äußerst wahrscheinlich, daß bei dieser Gelegenheit ihre primäre Achse aus der schrägen Stellung, in der sie sie bei der Geburt erhielt, vollends in die horizontale verdreht werde. Dann aber gestattet auch diese Mitose, ihre In- äqualität der primär-horizontalen Schichtung des Eies zur Last zu legen. Sind wir einmal so weit gelangt, so macht die Aufklärung des letzten und im Sinne der Morphogenese offenbar wichtigsten Falles: der ausnahmelos inäqualen Teilung von IArl/?a und IArl;?b, keine Mühe mehr (Fig. GGG 3). In diesen beiden Enkclzellen von all befindet sich die primäre Schichtung unverändert in der aufrechten Situation, die sie zuletzt erhalten hatte ; der ursprünglich untere Pol zeigt nach vorn. Und da die Spindeln der Elastomere köpf- — KU — wärts in horizontaler Richtung verschoben sind, so haben auch chese Fälle ihre Er- klärung gefunden, ohne daß die Komplikation des Eies im geringsten erhöht worden wäre. Es ist lehrreich, wieder einmal vorzurechnen, welch überraschende Menge typisch ge- richteter, auf den ersten Blick aber ziemlich heterogener Ereignisse hier auf ein kleines Maß von Differenzierung zurückgeführt worden sind. Wir nehmen im Ei eine horizontale, unglcichpolige Schichtung an und erklären damit die Inäqualität der Mitose in sieben Fällen : für das Ei, Pj, P.,, a und a, all und deren beide linkelinnen; ferner — unter der Vor- aussetzung, daß eine einzelne, bestimmt gelagerte Schicht auf die Dottertröpfchen wirkt, — die differenzierte Dotterverteilung des Eies und der Zellen Pi und EMSt. L^nd jedermann wird erkennen, daß nunmehr auch auf einige Spindelrichtungen neue Beleuchtung fällt. Auf einer früheren Stufe des analytischen Gebäudes gebot die Sparsamkeit, für die primär- vertikale Teilungsweise der Zellen Pj, EMSt, P,, a und « das gleichzeitige Vorhandensein medianer und transversaler Flächenstruktur verantwortlich zu machen. Jetzt aber erscheint die yXnnahmc \ielleicht natürlicher, daß die genannten Spindeln, und diejenigen von all und ihren Enkelinnen obendrein, ebenfalls durch die inzwischen nachgewiesene primär-horizontale Schichtung der Plasmakörper — zu der die Spindeln sich allemal senkrecht stellen müßten — geleitet werden. Minder durchsichtig sind die physiologischen Verhältnisse der übrigen inäqualen Mitosen. Die Zellen cl und yll, deren Teilung als eine wahre Mikromerenbildung be- zeichnet wurde, gehören zur Nachkommenschaft von P, und haben die inneren Richtungen dieser Zelle in ziemlich unveränderter Lage bewahrt (Fig. YY, p. 147). Und da ihre stark exzentrischen Spindeln zwar nicht in die primäre Achsenrichtung des Eies, aber doch para- tangential-gleichsinnig zu ihr gestellt werden, so könnte wohl eine horizontale, anomogene Schichtung des Eiplasma nach ihrem schrittweisen Übergange auf P, , I^o, die Schwanz- zelle C, deren Töchter c und y und schließlich unsere beiden Blastomere cl und y\ hier immer noch die richtende Ursache inäqualer Mitose sein. Auch die von Müller entdeckte ungleiche Teilung des linken Mikromers 712 (Fig. ZZ, p. 148), dessen Spindel unter 45" schief zur Medianebene liegt, zwingt noch nicht unbedingt zur Annahme neuer primärer Komplikation. Vielleicht wirkt die angestammte „quere" Schichtung auch hier als ein Reiz, der den in Umwandlung begriffenen Kern parallel zur Mittelebene nach oben zieht; weil aber schon der mitotische Kern in seinen Bewegungen an die schräggestellte, der Spindel vorgeschriebene Ebene, wie an eine Gleitfläche, gebunden ist, so verwandelt sich die rein kaudale Dislokation in eine schräge. Allein es schadet nichts, wenn die Analyse in diesen letztgenannten Fällen so wenig, und in andern zurzeit noch gar nicht gefördert werden kann. Wir sprechen trotzdem, als Endresultat des ganzen Kapitels, die Überzeugung aus, daß sowohl die typische Dotter- verteilung als der typisch differenzierte Teilungsmodus ausschließlich von ererbten, inneren Eigenschaften der betreffenden Blastomere ab- hängig sind. In beiden Fällen dient eine zur Spindelachse quergestellte, unglcichpolige ,,Schichtung" des Plasmaleibes als Richtungsreiz für die ihren Ort verändernden inneren Gebilde. Es ist sicher, daß für den größeren Teil der in Betracht kommenden Geschehnisse ein horizontales System von heterogenen Schichten im Ei genügt; vielleicht genügt es für alle. Zoologica. Heft 40. 21 162 — Fünftes Kapitel. Komplexbildung und polyednsche Zellgestalt. Wir schreiten nunmehr zur Analyse aller derjenigen Vorgänge, durch welche das gegenseitige Verhältnis der Elastomere im Raum (soweit nicht die Gründe hierfür schon in den Teilungsrichtungen enthalten sind) nach einer typischen I-lcgel ge- ordnet werden, und der unlösbar damit verbundenen Frage nach der Herkunft der Zell- gestalt; — ein Doppelproblcm, das uns in mehrfacher Form und Anwendung entgegen- tritt. Hier soll zunächst die allgemeine Komplexbildung samt den durch sie be- dingten Zellgestalten besprochen werden. Wenn das Ei seine „Durchschnürung" vollendet hat, so fallen die Tochterzellen AB und I'i nicht voneinander, sondern bleiben in unmittelbarem Kontakt, ja sie vergrößern so- gar nach einiger Zeit den ursprünglich knapp bemessenen Zusammenhang zu einer breiten Berührungsfläche. In ganz derselben Weise sieht man auf allen Stufen der Embryonal- entwickelung das jeweils vorhandene Zellenmaterial mit ausgedehnten Kontaktfacetten innig zusammenhalten. Erst nach dem Eintritt der völligen Reife gelangen bestimmte Zellen — die Geschlechtsprodukte — zu räumlicher Unabhängigkeit. Fassen wir zunächst, wie immer, den deskriptiven Hergang der neuen Ge- schehensart schärfer ins Auge, so muß vor allen Dingen festgestellt werden, daß das A'er- einigtbleiben der Elastomere von Ascaris nicht etwa auf dem Vorhandensein eines all- seitigen Netzes plasma tischer E rücken oder Verbindungsstränge zwischen ihnen beruht. Die ganze Art der Zellteilung bei Ascaris schließt zunächst die Existenz peripherer Plasmaverbindungen, wie sie Hammar (1897 p. 99) für I<\nchungsstadien zahlreicher Tier- formen beschreibt, vollkommen aus. Denn bei Ascaris geschieht die Teilung des Eies und jeder Zelle offenkundig durch das Einschneiden einer Ringfurche, die an der äußersten Peripherie beginnt; nicht aber „interplasmatisch", wie Hammar sich denkt, d. h. als Spalt- bildung innerhalb eines Grenzsaumes, der bei sämthchen Teilungen ,, respektiert" wird und so auf allen Stadien die Elastomere zusammenhält. Dagegen können allerdings bei Ascaris, wenigstens vorübergehend, gewisse ^vielleicht alle?) Schwesterzellen durch primäre Erücken verbunden sein, die in der gemein- samen Achsenrichtung liegen. Wie Herla (1894 p. 478) an konservierten Präparaten erkannte, wird bei der ersten Furchung der Plasmaleib des Eies nicht sogleich völlig durch- geteilt, sondern ein dünner, axialer Verbindungsstrang erhält sich zwischen den Tochter- — 163 — Zellen. Ich selber habe im ersten Abschnitte dieser Schrift p. i8^ beschrieben, wie man an Riesenkeimen bei der Mitose der Zelle P. das Fortbestehen einer schmalen Brücke im Leben beobachten kann. Und icji fü^e jetzt hinzu, daß bei den lebendigen Rieseneiern auch die erste Furchung in ganz übereinstinnnender, nachher noch etwas genauer zu besprechender Weise von statten geht. Allein die bei der Mitose übrig bleibenden axialen Zellverbindungen sind, wie gesagt, keine dauernden. Schon Herla fand an seinen Präparaten auf einer niu' wenig vorge- schrittenen Stufe des zweizeiligen Stadiums keine Spur davon. Auch ich vermochte an feinen Längsschnitten des ruhenden Stadium II nur das Vorhandensein einer durchgehenden, nir- gends unterbrochenen Trennungsfläche festzustellen. Überdies käme ja doch auf solche Art, selbst wenn eine primäre Verbindung bei allen Schwesterpaaren persistierte und nach der nächsten Klüftung noch die betreffenden vier Enkel und immer größere Verwandtschaftskreise zusammenhielte, nur eine reihenweise Verkoppelung zu stände, nicht aber ein allseitiges Netz von Brücken, wie es zur Erklärung der flächenhaften und massigen Komplexbildung unerläßlich wäre. Lhid was sollte wohl solche Zellen zusammenhalten, deren Nachbarschaftsverhältnis überhaupt kein primäres, sondern ein nachträglich entstandenes ist? Z. B. haften doch die Zellen P^ und B des rhombischen Vier- zellenstadiums, die erst der Orientierungsvorgang aus ursprünglich weiter Entfernung zu- sammenführt, eben so breit und fest aneinander, als Schwesterzellen. Und wenn man etwa vermuten sollte, daß in diesem und in anderen Fällen sekundäre Plasmabrücken zwischen den Blastomeren nachträglich gebildet würden, so habe ich mich an feinen Schnitten vier- zellig- rhombischer Embryonen wiederum von der Irrtümlichkeit einer solchen Annahme überzeugt. Nach alledem haben wir die einzelnen Zellen des Ascariskeimes als selb- ständige, anatomisch voneinander, isolierte Gebilde anzusehen, deren Ver- einigung zum Komplex und breite Zusammenfügung durch besondere Faktoren vermittelt wird. Wir prüfen programmgemäß an erster Stelle, ob diese Faktoren mechanische oder physiologische sind. A. Mechanische Faktoren. Es gibt eine Ursache, die das Vereinigtblciben und die gegenseitige Abplattung von Furchungszellen auf eine sehr grob mechanische Art bewirken kann, bei manchen Tier- formen wohl auch in der Tat bewirkt : indem nämlich die Elastomere durch eine eng um- schließende feste Schale beieinandergehalten und zusammengedrängt werden. Betrachtet man einen lebenden, normalen Ascariskeim der zweizeiligen oder vierzellig-T-förmigen Stufe, dessen Zellen die innere Schalenhaut nicht nur berühren, sondern in ihrer Gestalt die Wir- kung einer zentripetalen Kompression sogar ganz offenkundig zur Schau tragen, so möchte man vielleicht glauben, die triviale Erklärung des Phänomens durch Schalendruck passe auch hier. Allein von der nächstfolgenden Stufe an wird der Ascarisembryo durch kom- paktere Anordnung der Elemente einerseits und wirkliche Verkleinerung seines Volumens — 164 — andererseits von der Schale völlig frei. Und wenn hiernach fi.ir alle höheren Stadien die Mitwirkung des Schalendruckes schon nicht mehr in Frage kommt, so kann man sich an T-Riesen mit langgestrecktem Doppelgehäuse leicht überzeugen, daß auch im zwei- und vierzelligen Stadium der Druck oder auch nur die Berührung der Schale für die vorschrifts- mäßige Zusammenfügung der Zellgesellschaft überflüssig ist. Ebensowenig beruht unsere Geschehensart etwa auf dem Vorhandensein einer be- sonderen dünnen, den Keim elastisch umspannenden ,, Dotterhaut", wie solche wohl ander- wärts gefunden werden. Membranen von dieser Beschaffenheit müssen über Furchen und Einschnitte zwischen den Blastomeren hinüberspringen; davon aber sieht man bei Ascaris mit der schärfsten Vergrößerung nichts. Auch weist ja schon die sonderbare, sperrige Ge- stalt mancher jüngeren T-Riesen sehr deutlich darauf hin, daß eine den Keim zusammen- ziehende elastische Grenzhaut nicht \orhanden ist. 2. Nicht ganz so spielend leicht gelingt die Widerlegung des folgenden, aus einer Reihe von Gründen wahrhaft verführerischen Versuches, das uns beschäftigende Phänomen auf rein physikalische Art zu erklären. Man könnte denken, die Komplexbildung der Ascariszellen werde in derselben W^eise durch Oberflächenspannung bewirkt, wie der Zusammen- schluß und die Form einer Gruppe von Seifenblasen. Seit Berthold (1886) und Chabry (1887) wird diese physikalische Wirkungsart sehr allgemein für die Gestaltungsverhältnisse von Zellsystemen verantwortlich gemacht, und ist auch bereits für Ascaris von mir (1896 a p. 154) und von Boveri (1899 p. 403) in solchem Sinne verwendet worden. Dasjenige Moment, das die Vorstellung einer kausalen Analogie zwischen dem Seifen- schaum und dem Zellkomplex so überaus nahelegt, ist die hohe Ähnlichkeit, zum Teil Identität der beiderseitigen Konfigurationen. Schon die Betrachtung eines normalen, ruhen- den Furchungsstadiums von Ascaris läßt kaum einen Zweifel daran zu, daß das von Plateau begründete „Prinzip der kleinsten Flächen", nach welchem die Seifenschaumlamellen geordnet sind, auch hier die I-'orm und Stellung wenn nicht aller, so doch der meisten Grenzflächen und Scheidewände beherrschen müsse. Wie die Kammern des Schaumes, so sind die Zellen scharf kantig-polyedrisch geformt und fügen sich — von der Furchungshöhle abgesehen — lückenlos aneinander. Alle Kantcnwinkel des Zellkomplexes betragen 120", so daß immer je drei Flächen längs einer Kante zusammenstoßen. Alle freien Oberflächen sind sphärisch gewölbt. Sodann: sehr häufig sind die Kontaktfacetten eben, und zwar be- sonders da, wo auch die Anordnung der Zellen mit derjenigen von Seifenschaumkammern übereinstimmt. Und endlich: die Form der meisten Zellen ist eine ,, isometrische" ; das heißt, soweit die Polyedrie es gestattet, sind alle ihre Dimensionen ungefähr gleich. — In der beschränkenden Fassung der beiden letzten Sätze liegt ein Hinweis auf das Vorhanden- sein gewisser Differenzen, in denen der lebendige Zellkomplex eigene Wege geht; worüber wir in späteren Kapiteln noch verhandeln werden. Aber offenbar sind die Einzelheiten, in denen die Konfiguration des Ascariskeimes dem Prinzipe der kleinsten Flächen genau ent- spricht, so zahlreich und zum Teil so durchgreifend allgemein, daß die kausale Beteiligung des Prinzips eigentlich schon hierdurch bewiesen ist. — 165 — Und sollte etwa die rein normal-deskriptive Beurteilung noch einen Rest von Mög- lichkeit für die a priori höchst unwahrscheinliche Annahme bestehen lassen, daß die typisch detaillierte Polyedrie der Ascariszellen von jeder einzelnen aktiv hervorgebracht würde und die Ähnlichkeit mit Seifenschaumformen nur eine „zufällige" wäre, so würde diese letzte Möglichkeit durch die abnormen Keime völlig zerstört. Es zeigt sich nämlich, daß die normalerweise vorhandenen Kanten, Flächen und sonstigen Details einer Zellgestalt bei atypisch verändertem Arrangement der Elastomere durchaus nicht etwa beständig sind, sondern widerstandslos preisgegeben und durch neue Formen ersetzt werden, an denen die Übereinstimmung mit dem Plateauschen'Prin- zipe mindestens eben so scharf, oft noch schärfer hervortritt, als vorher. Man betrachte nur die Konfiguration des ganz abnorm geordneten Ektoderms an dem auf Taf. II, Fig. 17 und 18 dargestellten Riesen: es sieht aus, wie ein Seifenschaum. Oder man denke an die geometrisch-regelmäßigen Formen, die das isolierte Ektoderm des Dreifachzwillings auf seiner vier-, acht- und sechzehnzelligen Stufe erkennen ließ (Taf. II, Fig. 57 — 59). Die Ektodermzelle B, die in der normalen Entwickelung drei ebene Kontakt- flächen trägt, verliert bei den gewöhnlichen T-Riesen eine davon, beim Dreifachzwilling (Taf. IV, Fig. 53) noch eine zweite : hier, wie in anderen Fällen, vergrößert sich an Stelle jeder verschwundenen Facette die freigewölbte Außenfläche — wie beim Seifenschaum. Und niemand kann bezweifeln, daß die Zellen A und B und überhaupt jede gesunde Furchungszelle von Ascaris, von der Berührung mit anderen völlig befreit, sich unter Ver- lust aller Ecken und Kanten nach allen Richtungen hin rundlich umgrenzen und — falls es eine isometrische Zelle war — sogar zur reinen Kugelform übergehen würde. Die kausale Verknüpfung aller jener typischen, wie atypischen Gestalt ungs- momente von Ascaris mit dem Prinzipe der kleinsten Flächen ist also end- gültig festgestellt. 3. Aber damit ist keineswegs entschieden, daß nun auch diejenige besondere Geschehens- art, die im Ascariskeim nach der Schablone des Plateauschen Prinzipes wirkt, gerade die- selbe Sorte von Oberflächenspannung sein müsse, wie beim Seifenschaum. Es gibt, wie wir bald sehen werden, auch andere Kräftekombinationen, denen die gleiche geometrische Betätigungsform eigentümlich ist. Und daß speziell bei Ascaris die für das Prinzip charak- teristischen Kanten, Ecken und Winkel auf eine ganz andere Weise zu stände kommen müssen, als beim Schaum, ergibt sich aus folgendem. Das Lamellensystem eines Seifenschaumes stellt ein einziges, in sich zusammenhängen- des Quantum Flüssigkeit dar, dessen Gesamtoberfläche auf Grund ihrer überall gleich- artigen Spannung nach dem erreichbaren Minimum strebt. Hiermit aber läßt sich ein Zell- komplex, — wie Driesch schon 1892 (p. 535) hervorgehoben hat, seitdem aber nicht immer genügend bedacht worden ist — , nicht ohne weiteres vergleichen. Ein einfaches Agglomerat von flüssigen Blastomeren brächte bloß auf Grund der Spannung seiner Oberflächen weder den Zusammenschluß noch die dem Plateauschen Prinzip konfonne Ausgestaltung der Kontaktflächen hervor; und zwar selbst dann nicht, wenn man mit Roux (1896) die An- nahme macht, daß die Spannung an den Kontaktfacetten eine geringere sei, als an den — 166 freien Außenflächen. Solange an den inneren Berührungsflächen überhaupt eine positive Spannung bestellt, würde diese lediglich eine Abrundung jeder einzelnen Zelle und eine Trennung des Komplexes bewirken können. \\'ill man also Oberflächenspannung nach Art des Seifenschaumes als L'rsachc der dem Platcauschen Prinzip entsprechenden Zellen- zusammenfügung gelten lassen, so setzt dies unbedingt voraus, daß eine die Zellen um- hüllende und miteinander verbindende, in sich zusammenhängende und homogene , .Zwischenschi cht" vorhanden ist, deren Oberflächenspannung die des eigentlichen Zellprotoplasma übertrifft. Eine solche Flüssigkeitsschicht würde sich dann verhalten, wie das Seifenwasser im Seifenschaum, und der Zusammenschluß der Zellen, wie die Übereinstimmung ihrer Gestalten mit dem Plateauschen Prinzipe wären leicht erklärt (Fig. HHH i). Nun kann ja eine flüssige Hüll- und Zwischenschicht von der geforderten Beschaffen- heit bei irgendwelchen Zellkomplexen in der Tat vorhanden sein, ist wohl auch wirklich hie und da gefunden worden. Es ist aber gewiß, daß sie bei Ascaris fehlt. Bei flüchtiger Betrachtung geeignet konscr\ierter Ascariskeime, etwa des zwei- oder vierzelligen Stadiums, könnte man allerdings zunächst der gegenteiligen Ansicht sein. Man 1 HHH. 2 JJJ. 1 und 2 Schemata von hypothetischen Zell- membranen im Stadium II. Optischer Schnitt durch die Scheidewand eines Stadiums I[ ; Alkohol-Essigsäure-Konservierung. F eingesprengter Flüssigkeitstropfen. sieht sehr deutlich — und es ist längst bekannt — , daß nicht nur alle Zellen an ihrer freien Oberfläche von einer dünnen, doppelkonturierten Hüllschicht uingeben sind, sondern daß Schichten von ganz der gleichen Lichtbrechung, Struktur und Färbbarkeit zwischen die Elastomere hereindringen, und sie überall voneinander scheiden. Für unsere Frage aber kommt es darauf an, ob eine solche Zwischenplatte eine in sich zusammenhängende Lamelle von flüssigem Protoplasma ist, wie die schematische Figur HHH i zur Anschauung bringt, oder aber nach der Art der Fig. 2 eine Doppelscheibe, in der die beiderseitigen Zell- membranen sich nur berühren, aber nicht \ereinigen. • Die schärfere Untersuchung zeigt, daß das letztere der Fall ist. Schon van Beneden und Ncyt (1887, Taf. I, Fig. I2\ Boveri (1888 p. 131), Herla (1894 p. 476) haben die Zwischenplatte des zweizeiligen Stadiums als doppelte beschrieben und dargestellt. Ich selbst habe mich an mannigfach variierten Totalpräparaten der Stadien H und IV, sowie an feinen Schnitten von der unbedingten Richtigkeit dieser Auffassung überzeugen k(innen. Nun macht man gelegentlich, auch an lebendigen Eiern, die verdächtige Beobachtung, daß die „Grenzflächen" der Blastomere, die in der Profilansicht als feine Linien erscheinen — 1()7 — sollten, auffallend scharf markiert und glänzend sind, — als läge deinioch zwischen den beiderseitigen Zellmembranen eine besondere, überaus dünne Zwischenschicht, die dann natürlich durch ihre Oberflächenspannung die Rolle des Seifenwassers im Seifenschaum übernehmen könnte. Um hierüber Klarheit zu gewinnen, untersucht man zweckmäfiig solches Eiermaterial, bei welchem zwischen den beiden ersten I'urchungszellen sich allemal ein eingesprengter Tropfen derselben Flüssigkeit befindet, die auch den Raum zwischen Schale und Embryo erfüllt (Herla 1894; v. Erlanger 1897 p. 430).— eine Varietät, die nicht eben selten ist. Gäbe es nun eine zusammenhängende Zwischenschicht von besonderer Substanz, so müßte dieselbe an dem linsenförmigen Tröpfchen sichtbar werden, sei es nun, daß sie frei den kleinen Raum durchspannte, oder einseitig an ihm vorüberzöge. -Aber keins von beidem ist je der Fall (Fig. JJJ). Sondern der Tropfen erscheint von nichts an- derem ringsum begrenzt, als von der nackten Alveolarschicht, genau so, wie sie überall die freien Oberflächen bildet. Vermutlich entsteht die glänzende Zwischenzone dadurch, daß außer dem großen Tropfen noch eine Menge winziger Tröpfchen der den Embryo um- spülenden Flüssigkeit zwischen die Elastomere eingedrungen sind ; Fälle, wie sie Herla (1894 p. 479) beschreibt, und ich ebenfalls häufig gesehen habe, wobei eine Schichte kleinerer, linsenförmiger Einschlüsse, die sich berühren, fast die ganze Breite der Kontakt- fläche erfüllt, bilden zwischen beiden Extremen einen Übergang. Wir haben damit festgestellt, daß die Furchungszellen von Ascaris keinesfalls durch zähflüssige, in sich und untereinander zusammenhängende Zwischenschichten \erbunden sind. Unter solchen Umständen aber fällt die kausale Vergleichbarkeit mit einem Seifenschaum hinweg. Da nun außer den zweierlei a priori möglichen Faktoren, die wir auf ihre Leistungs- fähigkeit geprüft und als unverwendbar erwiesen haben, andere rein mechanische Ur- sachen der Komplexbildung nicht zu Gebote stehen, so kann das Vereinigtbleiben der Ascariszellen und ihre dichte, polyedrische Zusammenfügung über- haupt kein rein mechanischer Vorgang sein: es müssen mindestens zum Teil physiologische Leistungen der Elastomere dabei eine Rolle spielen. B. Physiologische Faktoren. 1. Wenn wir sehen, daß eine Gesellschaft anatomisch unabhängiger Elastomere sich dicht zusammendrängt, ohne durch rein mechanische Gründe hierzu gezwungen zu sein, so bleibt von vornherein kaum eine andere Deutung übrig, als die, daß zwischen den Zellen eine gegenseitige, durch chemische Reize vermittelte Anziehung besteht. Die Annahme einer solchen Geschehensart für Ascaris ist um so weniger gewagt, als Roux (1894^ bekanntlich im stände war, an künstlich isolierten Froschblastomeren attraktive Wechselwirkungen (Cytotropismus) einwandfrei nachzuweisen; eine schöne Entdeckung, die später Rhumbler (1899 p. ■]■]) für Zellen von Triton bestätigt hat. — Nun wäre ja in dieser für unser gegenwärtiges Problem, wie auch für spätere Fragen überaus wichtigen Angelegenheit sehr erwünscht, wenn man mit Ascaris7.ellen die R o u x sehen Experimente — 168 wiederholen könnte. Leider geht das nicht. Aber es gibt zum Glück auch bei Ascaris tat- sächliche Unterlagen, durch die unsere a priori wahrscheinliche Hypothese ausreichend ge- sichert wird. Ich habe in meiner deskriptiven Arbeit (1896 a) auf eine besonders in frühen Stadien auffallende Eigentümlichkeit der freien Zelloberflächen von Ascaris hingewiesen, die darin besteht, daß eine solche Fläche während der Ruhezeit nicht gleichmäßig gewölbt ist, son- dern ringsum an ihrem Rande, wo sie mit den Kontaktfacetten zusammentrifft, niedrige, aber deutlich vorspringende Wülste bildet; daraus ergibt sich eine viel ausge- dehntere Berührung der Zellen, als nach dem Prinzip der kleinsten Flächen zu erwarten wäre (Fig. KKK). Form und Lage dieser Wülste sind in der normalen Entwickelung für jede Furchungszelle typisch vorgeschrieben. Dennoch werden sie sicher nur durch das Kontakt- verhältnis, nicht etwa durch eigene, völMg unabhängige Selbstgestaltung der Zelle hervorge- bracht. Denn an den verlagerten Zellen der T-Riesen verschwinden die Wülste, sobald die normalerweise anstoßende Kontaktfacette \erloren geht. Und umgekehrt stellen sie sich zuverlässig und in der gewöhnlichen Ausbildung überall ein, wo irgend ein neues, atypisches KKK. 1 LLL. 2 3 Stadium II mit Randwülsten. Durchschnürung eines Rieseneies, nach dem Leben. Berührungsverhältnis, selbst zwischen Zellen zweier Einzelkeime, gewonnen wurde. Diese voll- kommene und allgemeine Abhängigkeit der Wulstbildung vom Zellkontakt wird einerseits durch das Verhalten der zwei isolierten Ektodermzellcn des Dreifachzwillings (Taf. IV, Fig. 55), andererseits durch die beiden an der Grenze der Zwillingsindividuen atypischerweise zu- sammenstoßenden Zellen Po (ebenda Fig. 49) vortrefflich illustriert. — Im Leben erscheinen die Ringwülste hell, und es sieht, besonders in den Stadien II und IV, beinahe aus, als wenn jede der beiden Nachbarzellen mit einem niederen, ringförmigen Pseudopodium auf die andere hinübergekrochen wäre. Aus dem Vorhandensein der Wülste schloß ich schon damals (1896 a p. 165) auf eine attraktive oder adhäsive Wechselwirkung zwischen sämt- lichen Furchungszellen ; versäumte jedoch, die richtige Folgerung zu ziehen : daß dann eine Oberflächenspannung ä la Seifenschaum zur Erklärung der Komplexbildung überhaupt über- flüssig sei. Seither hatte ich Gelegenheit, an Riesenkeimen die Durchschnürung von Zellen, auch des Eies selbst, unter günstigeren Umständen zu beobachten, als die normale Ent- wickelung sie je gewährt, und fand dabei weitere, recht überzeugende Beweise für das Be- stehen und frühzeitige Auftreten einer Attraktion. Schon die auf S. iS dargestellte Mitose der Zelle Po läßt erkennen, daß die eine Tochterzelle sich in der Richtung auf die andere — 169 — bereits abzuplatten beginnt, ehe die Ijciden getrennten und nur durch den axialen Ver- bindungsstrang zusammengehaltenen Blastomerc sich zu neuem Kontakt genähert haben. Aber viel schöner noch sieht man den eigentümlichen Vorgang bei der ersten Furchung von Rieseneiern, die frei in einer langgezogenen Doppelschale liegen, und so dem Drucke, der die zwei ersten Elastomere normalerweise aufeinanderpreßt, entzogen sind (Fig. LLL I — 3). Wenn die helle, längsgestreifte Brücke noch ziemlich starkes Kaliber besitzt, pflegt eine nahezu halbkugelige Abplattung der Tochterzcllen sich bereits auszu- prägen. Allmählich treten dann ringsum die Randpartien über das Niveau der ein- ander zugekehrten Flächen ein wenig hinaus, aber nicht gleichmäßig, sondern in welligen Lappen, wie Pseudopodien; fast unwiderstehlich drängt sich dadurch die Vorstellung auf, als strebten beide Zellen nach gegenseitigem Kontakt, und würden nur durch den schlanken, axialen Verbindungsstrang wie durch einen steifen Strebepfeiler einander fern- gehalten. Schließlich aber tritt die Berührung wirklich ein, und zwar, wie sich nacli dem Vorausgegangenen schon denken ließ, zuerst in den vorgedrängten Randpartien ; so daß das letzte Schicksal des immer dünner gewordenen Fädchens in allen Fällen dem Auge ent- zogen war. — Endlich si)richt noch folgendes mit Nachdruck für unsere Hypothese eines aktiven Zusammendrängens der Elastomere. Wenn Furchungszellen von Ascaris auf irgend eine 1 MMM. 2 1 Vierzelligcs Stadium nach Kältevvirkung ; 2 desgl. nach Radiumbestrahlung. Art stark geschädigt sind, so reduzieren sie in der Regel ihren gegenseitigen Kontakt, und wenn die Schädigung zum Tode führt, nicht selten so weit, daß sie abge- rundet wie ein Haufen Schrotkugeln beieinanderliegen. Z. B. stellt Fig. MMM i ein durch Kälte geschädigtes Vierzellenstadium dar (zur Strassen 1898b p. 664). Und Fig. MMM 2 zeigt die eigentümliche Verminderung des Zusammenhanges, den eine Serie von Ascaris- eiern unter der Einwirkung von Radiumbestrahlung erlitten hatte. Roux, der den Vorgang der Kontaktlösung an „spontan" absterbenden Froschembryonen zuerst gesehen und als „Framboisia embryonalis" bezeichnet hat (1885 p. 150), vermochte ihn später am selben Objekt durch allerhand Chemikalien, sowie durch elektrische Durchströmung künstlich hervorzu- rufen (1899 p. 355), und deutet ihn, offenbar mit Recht, als das Ergebnis des Aufhörens derjenigen Zellfunktion, die im gesunden Keim den dichten Zusammenschluß der Elemente bedingt. Dann muß aber auch für Ascaris die Vermutung, daß die Gleichartigkeit des Krankheitsbildes nach vielerlei Schädigung durch den Ausfall einer normalerweise vorhan- denen, vielleicht besonders empfindlichen Lebenstätigkeit verursacht werde, äußerst wahr- scheinlich sein. Zoologlca. Heft 40. 23 — 170 — Halten wir jetzt die drei Indizien, die wir der typischen und abnormen Entwickelung entnommen haben, zusammen und bedenken dann, daß nach Zurückweisung aller mechani- schen Erklärungen die Hypothese einer gegenseitigen Attraktion der Zellen als Ursache der Komplexbildung die fast allein mögliche war, so dürfen wir diese Annahme wohl als bewiesen gelten lassen. 2. Die aktive, cytotropische Zusammendrängung der Ascariszellen, zu deren Anerkennung wir uns entschlossen haben, bedeutet jedoch nur die eine Hälfte des Problems. Die zweite ist diese : warum die zum KomjjJex vereinigten Elemente sich derartig gruppieren und ge- stalten, daß ihre Anordnung und Form, die Gestalt ihrer Flächen, Kanten und Ecken, die Größe der Winkel in den allermeisten Fällen der Konfiguration eines Seifen- schaumes zum Verwechseln ähnlich wird. Denn diese frappante Übereinstimmung in der Gestaltung eines körperlichen Lamellensystems von zäher Flüssigkeit und der eines sozusagen bloß geometrischen Verbandes von Grenzflächen und Zwischenräumen ist offen- bar nichts weniger als selbstverständlich. Nun hat der Botaniker Zimmermann (1891 p. 159) für pflanzliche Zellsysteme her- vorgehoben, daß eine dem Plateauschen Prinzip konforme Ausgestaltung auch durch Turgor Spannung mechanisch zusammengedrängter Zellen entstehen könnte. Der Turgor verleiht den Zellen eine Tendenz sich kugelig abzurunden. Da sie hieran durch Raummangel verhindert und vielmehr genötigt sind, unter ausgedehnter gegenseitiger Be- rührung polyedrische Formen anzunehmen, so wird wenigstens nach Möglichkeit, eventuell unter Zuhilfenahme von Gleitbewegungen, die Vermeidung allzu scharfer Kanten und spitzer Ecken angestrebt. Hierbei wird zumeist der Vorteil, den eine Zelle gewinnt, nachteilig für ihre Nachbarzellen sein. Es resultiert ein Kampf aller einzelnen Rundungstendenzen, und der Gleichgewichtszustand, der schließlich erreicht wird, ist aus begreiflichen Gründen von solcher Beschaffenheit, daß die Gesamtheit aller Scheidewände aussieht, wie ein Seifen- schaum. Das gleiche Grundprinzip vermocjite Roux iSgöb' mit Hilfe von schwimmenden Öltropfen, die durch den kreisförmigen Rand eines Weinglases zusammengedrängt waren, sehr hübsch zu demonstrieren. Die Tropfen strebten natürlich jeder für sich, und zwar in diesem Falle auf Grund ihrer individuellen Oberflächenspannung, nach der Kugelgestalt. Unter dem Zwange des knappen Raumes aber gruppierten sie sich so und nahmen solche Formen an, daß die Ähnlichkeit der Tropfengesellschaft mit gewissen, dem Plateauschen Prinzip entsprechenden Furchungsstadien eine ganz frappierende war. Wie man sieht, kommt auf die spezielle Natur der hierbei wirkenden Faktoren nichts an. Ganz allgemein produzieren Aggregate plastischer, gleitfähiger Körper, von denen aus irgend einem Grunde jeder einzelne sich abzurunden strebt, während doch alle durch irgend einen anderen Faktor auf beschränkten Raum zusammenge- drängt werden, eine Konfiguration ihrer Grenz- und Scheidewände, die einem Seifenschaume so ähnlich ist, wie die von Ascaris. Hier bietet sich offenbar ein neuer und aussichtsvoller Weg, zur Lösung der uns be- schäftigenden Frage vorzudringen. Denn von den zwei verbündeten Faktoren, deren das — 171 — Prinzip bedarf, ist ja der eine, nämlich die zentripetale Zusammendrängung, bei Ascaris bestimmt vorhanden; und es macht für den Erfolg keinen ITnterschied, daß die mechanische Druckwirkung der von Zimmermann und Roux behandelten Fälle bei uns durch eine physiologisch vermittelte gegenseitige Attraktion der komplexbildenden Elemente ver- treten wird. Aber auch ein Faktor der zweiten Sorte: einer, der nach individueller Ab- rundung aller Konstituenten strebt, muß im Ascaris-Zellkomplex wirksam sein; tritt doch, wie wir gesehen haben, bei den verschobenen und ihrer typischen Nachbarschaft zum Teil beraubten Zellen abnormer Keime an die Stelle jeder verlorenen Kante oder Kontaktfacette sogleich eine entsprechende Vergrößerung der freien, kugelig gewölbten Oberfläche. Nur wissen wir noch nicht, auf welchen Gründen diese fraglos vorhandene Rundungstendenz der Ascariszellen eigentlich beruht. Die zur Zeit verbreitetste Auffassung vom Aggregatzustande lebendiger Elasto- mere, in unserem Falle noch besonders verstärkt durch den suggestiven Vergleich mit Roux' Ültropfenexperiment, drängt uns fast zu der Annahme, die Zellen strebten einfach vermöge der homogenen Spannung ihrer individuellen flüssigen Ober- flächen, wie irgend ein Tropfen, nach der Kugelgestalt. Allein gegen diese ihrer Spar- samkeit wegen sympathische Annahme spricht doch zu viel, als daß sie bestehen könnte. Man hat für gewöhnlich gar keine Gelegenheit, sich über die Konsistenz der Oberflächen- schicht an lebenden Ascariszellen ein auf Beobachtung beruhendes Urteil zu bilden. So habe auch ich mir diese Schicht — unter dem Eindrucke der verblüffenden Seifenschaumähnlich- keit des Ganzen — anfangs als relativ leichtflüssig vorgestellt ; woran die Tatsache, daß der helle Saum an konservierten Eiern häufig wie eine starre Membran erscheint, natürlich nichts ändern konnte. Aber die Beobachtung jener sonderbaren Ereignisse, durch die unser Dreifachzwilling in zwei ungleichwertige Stücke aufgeteilt wurde, belehrte mich eines besseren. Die helle äußere Plasmaschicht erwies sich vielmehr als ungemein zähe, zog sich zu einem dünnen Faden aus, und als derselbe endlich gerissen war, blieb ein winziges Stümpfchen an einer der isolierten Ektodermzellen noch mehrere Stunden lang stehen. Es war ganz gewiß, daß mindestens an dieser Stelle und während der Zeit, in der das Stümpfchen sich erhielt, die Hautschicht nicht leichtflüssig, sondern von einer Zähigkeit war, die an Festheit grenzte. Unter solchen Umständen aber wird es schwer zu glauben, daß die Oberflächen- spannung dieser selben Schicht der Faktor sei, der den Zellen die energische und kontinuier- lich wirkende Rundungstendenz, deren das Prinzip bedarf, verleihen könnte. Aber selbst wenn die Zellen von Ascaris genügend flüssig wären, um bloß auf Grund dieses Zustandes einzeln die Kugelgestalt anzustreben, so könnte diese Tendenz doch inner- halb des Zellkomplexes nicht als gestaltender und ordnender Teilfaktor wirksam sein. Wir sind doch zu der Überzeugung gelangt, daß zwischen den Zellen eine attraktive, irgend- wie chemisch \ermittelte Wechselwirkung bestehen müsse. Das ist so ziemlich das Gegen- teil einer zur Abrundung führenden positiven Oberflächenspannung. Zum mindesten könnten die Oberflächen der Zellen, die aus der Umgebung von chemischen Stoffen berührt und verändert werden , nicht homogen gespannt sein und könnten darum auf Form und Stellung der Scheidewände nicht in solcher Weise wirken, daß die Gesamtanordnung dem Prinzipe der kleinsten Flächen entspricht. — 172 — Endlich verdient noch folgendes Bedenken gegen die Annahme einer positiv ge- spannten, flüssigen Oberfläche an Ascariszellen hervorgehoben zu werden. Wenn individuelle Flüssigkeitstropfen, wie in Roux' Versuch, zusammengedrängt und zur Ausbildung breiter Kontaktflächen gezwungen sind, so kommt es doch zwischen den konvergierenden Flächen eines Tropfens nicht zur Entstehung wirklicher Kanten und Ecken. Die Oberflächen- spannung nimmt mit dem Krümmungsgrade zu; und wenn an einem Tropfen das schmale Grenzgebiet zwischen zwei benachbarten Kontaktflächen eine gewisse Kleinheit des Krüm- mungsradius unterschreitet, so wird an dieser Stelle die Spannung eine relativ so gewaltige, daß sie einer ferneren Zuschärfung erfolgreich widersteht. Aus diesem Grunde tritt zwischen je drei benachbarten Tropfen nicht eine gemeinsame, lineare Berührungskantc auf, in der die drei Scheidewände unmittelbar zusammentreffen; sondern ein enger, prismatischer, von gewölbten Flächen begrenzter Hohlraum bleibt zwischen den Zellen frei, in dessen Kanten die Scheidewände einzeln übergehen, wie aus den Zeichnungen Roux' zu ersehen ist (Fig. NNN). Solche prismatische Zwischenräume aber sind an den Zellkomplexen von Ascaris unbekannt. Zusammengedrängte Öltropfen. Kopie nach Roux. Aus allen cüesen Gründen muß die Annahme, daß die Rundungstendenz der komplex- bildenden Ascariszellen auf individueller Oberflächenspannung beruhe, endgültig aufgegeben werden. Da aber auch der von Zimmermann verwendete Faktor der Turgorspannung, der natürlich das Vorhandensein einer im Leben scharf begrenzten Zellmembran voraussetzt, für unseren Fall nicht leistungsfähig ist, und andere mechanische Erklärungsgründe, soviel ich sehe, nicht zu Gebote stehen, so muß wohl die Ursache der Rundungstendenz eine aktive, physiologische sein. Der Vorgang der Komplexbildung von Ascaris besteht demnach für uns aus zwei physiologischen Faktoren. Die Zellen streben erstens auf Grund unbekannter innerer Zu- stände oder Vorgänge einzeln nach Abrundung, zum größeren Teil sogar nach der Kugelgestalt. Aber dieselben Zellen üben zweitens eine gegenseitige Anziehung aus, die das Rundungs- bestreben überwindet und eine lückenlose Zusammenfügung mit breiten Polyederflächen er- zwingt; hierbei kann sich die Rundungstendenz nur noch insofern geltend machen, als sie auf eine spezielle Ausgestaltung und Ordnung aller Scheidewände hinarbeitet, die mit der Konfiguration eines Seifenschaumes äußerlich fast identisch ist. Vergleichen wir zum Schluß die Kausalität des hier analysierten Geschehens mit der- jenigen aller bisher betrachteten Vorgänge der Formbildung, so tritt ein wichtiger Unterschied klar zutage. Die Entscheidung über den Teilungstermin, die Richtung der — 173 — Spindel, die relative Größe der Produkte waren ausschließlich eine innere Angelegenheit der betreffenden Zelle selbst, und die Umgebung war nicht einmal in der bescheidenen Rolle einer „Vorbedingung" daran beteiligt. Bei der Komplexbildung liegt es anders. Zwar ist das „Verhalten" der einzelnen komplexbildenden Zelle, d. h. die Art, wie sie typische Leistungen auf Grund innerer Organisationsverhältnisse vollbringt, eben so unabhängig von der Um- gebung als dort. Aber der typische Erfolg ihres Verhaltens „bedingt" das Vorhandensein der Umgebung und ihrer typischen Beschaffenheit. Ohne die physiologische Mitwirkung der Nachbarzellen entstünde aus der Tätigkeit der Zelle noch keine „Attraktion". Und Einzelheiten des Effektes, nämlich die typisch-polyedrische .Form der Zelle, werden durch mechanische Masscnkorrelation (Roux 1885 p. 504) mit der Umgebung unmittelbar herbeigeführt. — 174 — Sechstes Kapitel. Epiihelbildung und epitheliale Zellgestalt. Die Frage der Komplexbildung ist so \'on uns behandelt worden, als wenn in allen Stadien die Zusammenfügung der jeweils vorhandenen Zellen eine vollkommen dichte und nach allen Richtungen hin lückenlose wäre. In Wirklichkeit trifft dies nicht zu. \'ielmehr wird die Lückenlosigkeit des Komplexes durch ein besonderes Moment der Formbildung eingeschränkt, dessen Vorhandensein zwar für die Erörterungen und Resultate des vorigen Kapitels ohne Bedeutung war und dort außer acht gelassen werden durfte, das aber jetzt für sich ein neues und wichtiges Problem repräsentiert, — in Wahrheit wieder ein Doppel- problem : die Anordnung eines Teiles der Elastomere zu einem einschichtigen, die Furchungs- höhle begrenzenden „Epithel" und die damit verbundene Entstehung der „epithelialen" Zell- gestalt. Der deskriptiv-normale Hergang ist folgender. Noch unmittelbar nach der Klüftung des vierzelligen Stadiums pflegt der Zusammenschluß aller Zellen ein vollkommen dichter zu sein. Indem aber die neu entstandenen acht Elastomere durch Gleitbewegungen in ihre definitive, rundliche Gesamtkonfiguration übergehen, geschieht es, daß im Zentrum des Ganzen ein kleiner polyedrischer Hohlraum freigegeben wird, den eine helle Flüssigkeit erfüllt : das ist der Anfang der Furchungshöhle. Recht häufig aber fällt der Ursprung des Elastocöls in eine noch frühere Zeit der Ontogenesis. Ich wies im vorigen Kapitel auf die verbreitete, längst bekannte Erscheinung hin, daß mitten in der Scheidewand der beiden ersten Furchungszellen ein linsenförmiger, von klarer Flüssigkeit erfüllter Hohlraum gefunden wird. Dies eingesprengte Tröpfchen erhält sich während der folgenden Klüftung und liegt im fertigen Vierzellenstadium, ohne gewachsen zu sein, im Winkel zwischen den beiden liktodermzellen und EMSt. Eeim Eintritt der neuen Mitosen aber vergrößert der kleine Raum sich rasch, begibt sich, indem er erst die beiden Töchter von EMSt, dann P;; und schließlich auch C berührt, in den Mittelpunkt des Zellkomplexes und wird zur typischen Furchungshöhle. Eei sämtlichen Eiern wächst hierauf das Blastocöl durch einige Stadien hindurch heran, bildet eine ansehnliche Blase von länglicher Gestalt, um endlich zur Zeit der Gastrulation und des Versinkens mesodermaler und anderer Zellengruppen wiederum auf schmalere Spalträume reduziert zu werden. An der Begrenzung der Furchungshöhle nehmen die beiden Haupt-Zellfamilien in un- gleicher, iür jede charakteristischer Weise teil. Die obere, das primäre Ektoderm, gruppiert sich auf allen Stadien der frühen Ontogenesis einschichtig um ~ 175 — den leeren Raum, so daß jede ilirer Zellen mit einer freigewölbten Fläche gegen die Furchungshöhle, mit einer zweiten nach außen gewendet ist, während die wechselseitigen Kontaktfacetten eine am Zcllkörper ringsum laufende Zone bilden. Dabei ist die Gestalt der Zellen eine keilförmig nach innen verjüngte. Und zwar richtet sich die Konvergenz der Seitenfacetten und der Größenunterschied der inneren und äußeren freien Oberfläche nach dem Krümmungsgrade des Epithelstückes, in dem die betreffende Zelle gelegen ist, d. h. nach dem Verhältnis zwischen seinem Radius und seiner Zellenzahl. Bei sehr geringer An- zahl der verbundenen Zellen und stark prononcierter Krümmung, wie sie noch zum Beginn der vierzelligen Entwickelungsstufe des primären Ektoderms besteht, fehlt die innere- freie Fläche ganz und mit ihr die Furchungshöhle : die Zellen stoßen mit ihren basalen Enden unmittelbar an die Elemente der Ventralfamilie. Aber darin liegt wohl kaum ein Grund, den allerersten Stufen des primären Ektoderms — wenigstens in physiologischem Zusam- menhange, — den epithelialen Charakter abzusprechen ; um so weniger, als ja nicht selten die Furchungshöhle in diesen frühen Stadien bereits durch einen kleinen Hohlraum vertreten ist, und dann den ersten Ektodermzellen, ja selbst der Stammzelle AB eine „innere" freie Oberfläche keineswegs fehlt. — Eine geometrisch so einfache, ausgeprägt epitheliale Gruppierung wie dem primären Ektoderm kommt den Elementen der unteren Familie nicht zu. Hier sind die Zellen im Umkreis der I^\irchungshöhlc kompakter und minder regelmäßig zusammengefügt, besonders im Darm und Mesoderm ; während allerdings die Deszendenz der Schwanzzelle C frühzeitig ein Verhalten zum Ausdruck bringt, das sie dem primären Ektoderm in allen Punkten nähert, so daß auf späteren Stadien beide Gruppen zur gemeinsamen Bildung einer ausgedehnten Epithelschicht verbunden sind. Auf jeder Stufe ihrer Bildung und Entfaltung ist die Furchungshöhle normaler Keime ein vollständig abgeschlossener Raum. Manchmal, wenn eine Zelle des begrenzenden Epithels in der Durchschnürung begriffen ist, möchte man hieran zweifeln : es scheint, als wenn zu beiden Seiten der immer dünner werdenden Plasmabrücke die Höhle offen stände. Dreht man aber das Ei nach allen Richtungen und beobachtet scharf, so findet man allemal, daß beiderseits Nachbarzellen in spitze, flache Zipfel ausge- zogen sind, die sich vollkommen dicht an die in Teilung begriffene Zelle schmiegen und das Blastocöl geschlossen halten. Hierin spricht sich eine starke Abneigung der Zellen aus, die gegenseitige Berührung aufzugeben; wie ja schon bei der Zerreißung des Dreifache Zwillings ein überraschend zäher Zusammenhang erkennbar geworden war. In einer kleinen Schrift über die ,, Mechanik der Epithelbildung" (1903) hatte ich Ge- legenheit, im Rahmen der allgemein gehaltenen Analyse auch Daten aus der Entwickelungs- geschichte von Ascaris herbeizuziehen. Durch jene vorgreifende Verwendung aber wird eine neue Analyse des Gegenstandes an dieser Stelle nicht überflüssig : wir gehen hier auf eine erschöpfendere Behandlung der Frage aus, soweit sie Ascaris betrifft. Andererseits ermög- lichen die in früheren Kapiteln gewonnenen Ergebnisse im Vergleich zu meiner damaligen Schrift eine wesentliche Vereinfachung der Argumentation. Uns ist jetzt bekannt, daß zwischen den Zellen des Ascariskeimes „gegenseitige An- ziehung" besteht. Setzen wir voraus — was bis zum etwaigen Beweise des Gegenteils offen- bar geboten ist — , die Zellen verhielten sich hierin isotrop, d.h. die Attraktion jeder Zelle wirkte gleichmäßig an ihrer ganzen Oberfläche, so ergäbe sich — 176 — daraus für jede von ihnen eine zentripetal gerichtete Bewegungstendenz. Nun sind die Elastomere in derjenigen Stellung, in der sie geboren werden, nicht etwa fixiert, sondern fähig zu gleiten; führen sie doch nach jeder Klüftungsperiode durch gegenseitige Ver- schiebungen eine Anordnung herbei, die dem Prinzipe der kleinsten Flächen entspricht. Unter solchen Umständen müßten die Zellen, trotz der von Stadium zu Stadium durch- geführten paratangentialen Teilungsweise, immer wieder zu ganz soliden Klumpen zusammen- gezogen werden. Wenn dies in Wirklichkeit aber nicht geschieht, so muß entweder eine besondere mechanische oder physiologische Ursache vorhanden sein, die die zentralwärts drängenden Elastomere an der Peripherie zu rückbehält; oder — die gegenseitige Anziehung der Zellen ist keine isotrope. 2. Von Haus aus die einfachste und ansprechendste Hypothese ist, wie gewöhnlich, eine mechanische. Wenn man voraussetzt, daß die Flüssigkeit, die das Elastocöl auf allen Stufen seiner Eildung vollständig erfüllt, von den Zellen selber nach innen abgeschieden werde, und daß die ringsum geschlossene Epithelwand genügend dicht sei, um ein Ab- strömen in den äußeren Schalenraum zu verhindern, so könnte wohl der Gegendruck der jeweils vorhandenen eingeschlossenen Flüssigkeit die Ursache sein, die in allen Stadien das Freibleiben eines zentralen Raumes von entsprechender Größe und die Zusammendrängung der Epithelzellen in eine einzige Schicht erzwingt. Diese Annahme findet in einigen Tatsachen der normalen Entwickelung noch be- sondere Stützen. Zunächst trifft die Voraussetzung, die Blastocölflüssigkeit werde vom Embryo direkt nach innen abgeschieden, sehr wahrscheinlich zu. Sicher ist und seit lange bekannt, daß das Ei diejenige Flüssigkeit, die sich zwischen ihm und der Schalenwand befindet, selber geliefert hat : das Plasma der Ovocyte war massenhaft von hellen Vakuolen durchsetzt, die ihren Inhalt in dem Maße, wie das Ei sich von der Schale hinweg zusammenzieht, in den auftretenden Raum ergießen. Und diese Tätigkeit findet mit dem Eeginn der Furchung keineswegs ihr Ende ; wie sollte sonst möglich sein, daß während der Dauer der Embryonalentwickelung das Volumen des Keimes immer kleiner, der „leere" Schalenraum immer größer wird ? Offenbar dringen die hellen Tropfen, von denen die Elastomere noch eine Menge enthalten, dauernd nach außen. Nun aber stimmt mit dieser äußeren Flüssigkeit die innere, die das Elastocöl erfüllt, allem Anscheine nach völlig über- ein. Dann ist zu vermuten, daß auch die innere Flüssigkeit unmittelbar von den angrenzen- den Plasmateilen ausgeschieden werde. — Und eine Tatsache gibt es, die sogar den Druck, den die Zellen nach unserer Hypothese durch die zwischen sie eingedrängte Flüssigkeit erleiden sollen, zu demonstrieren scheint. Ich meine das Auftreten des linsen- förmigen Tröpfchens, das als voreilige Anlage des Elastocöls so häufig zwischen den beiden ersten Furchungszellen gefunden wird. Allein die Entwickelung abnormer Keime beweist die absolute Unzulässigkeit dieser mechanischen Hypothese. Wie ich schon oben hervorhob, müßte von Stufe zu Stufe die Quantität der jeweils ausgeschiedenen Flüssigkeit primär geregelt, für jede besondere — 177 — Weite der Furchungshöhlc und verfügbare C^rößc der Epithelschicht typisch sein : wäre zu wenig Saft gebildet worden, so bekäme die Wandung Falten oder verlöre die Einschichtig- keit; würde der innere Druck zu stark, so müßte die Epithelschicht platzen. Nun aber zeigt jeder gewöhnliche T-Riese vom ersten Typus, bei dem die Versenkung des Darmes und Mesoderms unterbleibt, und demzufolge eine weite, leere, für das betreffende Stadium viel zu voluminöse Furchungshöhle zustande kommt, daß die Quantität der Innenflüssigkeit nicht primär geregelt istj denn die enorme ,, Furchungshöhle" solcher Riesen ist ebenso prall gefüllt, wie ein typisches Blastocöl. Andererseits geht aus der Geschichte des Drei- fachzwillings hervor, daß auch „zu wenig" Flüssigkeit vorhanden sein kann : als das isolierte Ektoderm des durchgerissenen Individuums achtzellig geworden war, schlössen seine Ele- mente im Zentrum noch lückenlos aneinander, und erst auf der sechzehnzelligcn Stufe trat ein kleines Lumen auf; während doch normale Keime der zugehörigen Entwickelungs- stadien längst mit ansehnlichen Furchungshöhlen versehen sind. Damit ist vollkommen sichergestellt, daß nicht das vorhandene Flüssigkeitsquantum die Weite des Blastocöls re- guliert, sondern daß umgekehrt die Furchungshöhle allemal zuerst gegeben ist, die Flüssigkeit aber, wie immer sie entstehen mag, genau nach Maß- gabe des dargebotenen Raumes geliefert wird, um jene sogleich und völlig aus- zufüllen. Und wohl am allerschlagendsten wird die Unmöglichkeit, irgend eine hydromechanische Wirkung von seilen des Blastocölinhaltes zur Erklärung formbildender Vorgänge heranzu- ziehen, durch eine Sorte krankhaft entwickelter Einzeleier (Taf. V, Fig. 65 — 67) erhellt, die ich gelegentlich gefunden und schon oben einmal erwähnt habe. Bei diesen Eiern war immer ein Teil der unteren Zellfamilie auf früherer oder späterer Entwickelungsstufe zu- rückgeblieben, und ganz besonders die Nachkommenschaft der Schwanzzelle C erwies sich als stark abnorm : sie zeigte keine Spur von epithelialer Entfaltung, sondern bestand aus wenigen, großen, regellos gehäuften Zellen mit Keimbahnkernen. Da aber das primäre Ekto- derm sich durchaus normal zu einer breiten, am Hinterrande bogenförmig abgeschnittenen Scheibe entwickelt hatte, so war die dichte Verlötung beider Zellfamilien, wie sie typischer- weise besteht, vereitelt worden: der langgedehnte Hinterrand des primären Ektoderms lag frei, und die Furchungshöhle kommunizierte sperrangelweit mit dem äußeren Schalenraume. Es ist klar, daß unter diesen Umständen die Binnenflüssigkeit weder dem Andrängen der Epithelschicht Widerstand zu leisten, noch etwa gar selber einen Überdruck in distaler Richtung auszuüben befähigt war. Die Ascariskeime mit offenstehendem Blastocöl beweisen aber zugleich auch die Un- möglichkeit, das peripherische Zurückbleiben der infolge isotroper Anziehung (wie angenommen wird) zentralwärts gezogenen Blastomere durch irgend einen physiologischen Vorgang be- wirkt zu denken. Auf Grund der normalen Verhähnisse würde ja folgende Hypothese zulässig sein. Wenn neben der gegenseitigen Attraktion noch eine besondere, von jener unabhängige und sie nicht störende chemotaktische Reizbarkeit der in Betracht kommenden Zellen bestände, die ihnen eine Tendenz zu zentrifugaler Bewegung verleiht, — indem sie entweder negativ auf den flüssigen Inhalt der Furchungshöhle oder positiv auf den des äußeren Schalenraumes reagierten — so würde dadurch das zentripetale Gleitbestreben der Blasto- mere eventuell aufgehoben. Und das Zusammenspiel beider Faktoren bewirkte vielleicht die Zoologica. lieft 40. 23 — 178 — Eino-liederuii'^ aller Ektodermzellea in eine einfache Schicht und deren Aufblähung im ITm- kreis der Furchungshöhle. Wir wissen aber jetzt, daß hieran nicht zu denken ist. Die Grundbedingung eines solchen Reizo-eschehens wäre immer die, daß die eine Flüssigkeit sich von der anderen chemisch unterscheidet. Bei offener Furchungshöhle aber könnte eine chemische Differenz der beiden Flüssigkeiten, falls sie je zu stände käme, sich doch nicht dauernd halten: die ganz besondere Langsamkeit der Ascarisentwickelung ließe für ausgleichende Diffusionsvorgänge mehr als genügende Zeit. Es ist darum zweifellos, daß bei unseren krankhaften Keimen die Bildung des Epithels und der Furchungshöhle trotz chemischer Gleichartigkeit des innen und außen umspülenden Mediums t^-pisch vollzogen wurde. Dann aber können auch in der normalen Ontogenesis Reizvorgänge, wie die genannten, an der Kausalität der uns beschäftigenden Vorgänge nicht beteiligt sein. Die analytische Situation ist nunmehr folgende. Wir standen vor der Wahl: ent- weder ein Mittel aufzuzeigen, das den epithelbildenden Ascariszellen eine zentrifugale Be- wegung erteilen oder doch ihrem Vordrängen nach innen hinreichenden Widerstand ent- gegensetzen könnte; oder aber die vom Standpunkte der Sparsamkeit zunächst gebotene Annahme preiszugeben, daß die gegenseitige Attraktion der in Betracht kommenden Zellen eine isotrope sei. Nachdem wir nun gezeigt haben, daß weder eine mechanische, noch irgend eine physiologische Ursache zur Verfügung steht, zentralwärts drängende Elastomere an der Peripherie zurückzuhalten, tritt unsere zweite Alternative in ihr Recht: offenbar besitzen die Zellen gar keine nach innen gerichtete Be wegungs t endenz, weil eben ihre Anziehung keine isotrope ist. Nach früheren, z. B. bei der Analyse des Teilungsmodus gewonnenen Erfahrungen sind wir zu dem Entschlüsse, eine funktionelle, d. h. natürlich auch anatomische Aniso- tropie der Zellen zur Erklärung der Epithelbildung zuzugeben, ohne viel Widerstreben bereit. Allein bei dem Versuche, von der speziellen Beschaffenheit der benötigten Strukturen ein Bild zu entwerfen, stoßen wir diesmal auf Hindernisse. Wie wir vorhin bemerkten, ergibt sich für jedes „epithelbildende" Glied des Zellen- stammbaumes von Ascaris je nach dem Krümmungsgrade des Epithelstückes, dem es an- gehört, eine nach Form und Konvergenz der Berührungsflächen und nach der Größe der freien Wölbungen bestimmte Gestalt. Wenn nun jede von diesen Zellen ihre epithelbildende Funktion ausschließlich nur für einen einzigen, genau bemessenen Krümmungsgrad zu betätigen brauchte : die eine nur im flachgewölbten vielzelligen Epithel, dessen Elemente beinahe prismatisch sind, eine andere in diesem oder jenem scharf gekrümmten Anfangs- stadium, wo infolge der mächtigen Konvergenz der Seitenfacetten die innere freie Oberfläche winzig wird oder gar verschwindet, — dann wäre die Aufgabe, zu zeigen, wie das geschehen kann, nicht schwer. Es müßte nur an jeder einzelnen Zelle die attraktive Tätigkeit auf denjenigen scharf umschriebenen Bereich beschränkt sein, mit dem sie im Epithelverband Kontaktflächen bildet, während die frei bleibenden Wölbungen indifferent oder gar kontakt widrig gestimmt wären. Diese präformierte Attraktionszone läge an den — 179 — isoliert und kugelig gedachten Zellen je nach dem Krümmungsgrade des zu liefernden Epithels bald nahezu äquatorial (Fig. OüO i), bald stärker nach „unten" verschoben (Fig. OOO2) und nähme bei Ektodermzellen frühester Stufe, denen im typischen Zusammenhang die innere freie Wölbung fehlt, die ganze untere Kalotte ein. — Es ist klar, daß Aggregate so beschaffener Zellen allemal ein einschichtiges, freies Epithel von bestimmtem Krümmungs- grade liefern müßten. 1 000. 2 1 und 2 Schemata eines schwach und eines starlc gekrümmten Epithels; darunter isolierte Zellen. Die Attraktionszonen sind schraffiert. Allein die Voraussetzung dieser relativ sparsamen Hypothese trifft bei den Epithel- zellen von Ascaris ganz und gar nicht zu. Schon in der normalen Ontogenesis geschieht es hie und da, daß innerhalb eines und desselben Stadiums der Krümmungsgrad des ektoder- malen Epithels lokal verändert wird (zur Strassen 1896a, p. 69), so daß die gleichen Zellen zuerst ein flacheres, darauf ein stärker gekrümmtes Epithel erbauen helfen; doch sind in diesen Fällen die sich ergebenden Unterschiede der Zellgestalt naturgemäß unbedeutend. In der Entwickelung abnormer Keime aber werden die Ektoderrnzellen sehr oft in Epithel- verbände von einem Krümmungsgrade eingereiht, der sich von dem für die einzelne Zelle typischen recht weit entfernt. Bei den gewöhnlichen T-Riesen ist die ektodermale Epithel- haube, gegenüber den gleichaltrigen normalen Stadien immer zu stark gekrümmt. Und ganz besonders scharf tritt der Unterschied am isolierten Ektoderm des Dreifachzwillings zutage : sechzehn Zellen, die in der normalen Entwickelung zum Aufbau einer ziemlich platten Epithelschicht Verwendung finden, bildeten hier die kugelige Pseudoblastula (Taf. IV, Fig. 59), waren von konischer Gestalt und zeigten relativ winzige freie Innenflächen; auf der acht- zelligen Stufe aber standen die Zellen, im Gegensatz zu den normalen Verhältnissen, sogar noch mit ihrer ganzen Basalpartie in gegenseitigem Kontakt. Andererseits wird durch ge- wisse Zwillingsbildungen dargetan, daß Ektodermzellen auch befähigt sind, an Epithel- verbänden geringeren Krümmungsgrades teilzunehmen, als ihrer Altersstufe im Rahmen der typischen Entwickelung entspricht. Riesenzwillinge, die mit den Kopfenden verwachsen sind, lassen häufig die Furchungshöhlen, auch wenn sie doppelt angelegt worden waren, späterhin zu einer einzigen von unverhältnismäßiger Weite zusammenfließen. Und bei den „Zwillingen", denen ein doppelbefruchtetes Einfachei den Ursprung gibt, ist ein von Anfang an gemeinsames Blastocöl sogar die Regel; hier bilden dann zwei verbundene Ektoderm- — 180 — zellenpaare — falls es sich in der Tat um solche handelt, was später noch zu untersuchen ist, — zwischen sich und der Vcntralgruppe bereits eine ansehnliche Furchungshöhle. Nach alledem wird die Vorstellung, daß jede Zelle nur in einer einzigen, ihrem Krümmungsgrade nach bestimmten Art von Epithel zu figurieren verpflichtet und befähigt wäre, unbedingt zu verlassen sein. Vielmehr haben die Zellen ihre Eigenschaft, Epithel zu bilden, auch bei abnormen Krümmungs- und Kontaktverhältnissen tadellos bewährt, und sehr wahrscheinlich ist ihr Spielraum in dieser Hinsicht nicht nur ein weiter, sondern überhaupt unbeschränkt. Niemand wird zweifeln, daß Ascaris- zellen jeder beliebigen Altersklasse befähigt sind, je nach der Zahl vorhandener Gefährten und der daraus sich ergebenden Massenkorrelation flachgewölbte oder scharfgekrümmte Epithelien erbauen zu helfen, oder sogar, wenn ihrer sehr wenige sind, sich unter Verlust der inneren freien Oberflächen zu einer soliden Masse „einschichtig" zusammenzuschließen. Damit aber ist zugleich unsere erste Hypothese über den Mechanismus der epithel- bildenden Funktion widerlegt: sie ist zu einfach gewesen. Wir brauchen für jede Zelle einen Apparat, der sie — ohne Rücksicht auf ihr normales Kontaktverhältnis — zu jeder Art von Epithelbildung geeignet macht. Und dieser Apparat muß bei allen epithelbildenden Zellen der gleiche sein. In dem vorhin erwähnten Aufsatze über die Ursachen der Epithelbildung habe ich einen Mechanismus schematisch angegeben, der, wie mir scheint, unserer Forderung genügen könnte. 1 rpp. 2 3 Schema der Epithelbildung auf Grund paralleler AUraktionszonen. 1 isolierte, 2 zu dritt, 3 zu vielen vereinigte Zellen. Die Zellobcrf lachen müßten symmetrisch zu einer Achse in viele aufeinander- folgende Zonen quantitativ oder qualitativ ungleicher Attraktionstätigkeit geschieden sein (Fig. PPP), z. B. in solcher Weise, daß die Stärke der Anziehung von einem Pol zum andern sich kontinuierlich verändert — ; und immer die gleichstarken oder gleich- artigen Zonen strebten nach gegenseitigem Kontakt. Dann würden Aggregate solcher Zellen sich jenachdem mit ihren basalen Bezirken zu regelmäßigen soliden Gruppen verbinden, oder, bei größerer Anzahl, durch Einbeziehung der äquatorialen Zonen in den Kontaktbereich und Freigabe der Basalkalottcn freischwebende Epithelien bilden, ohne daß eine Zelle aus dem Niveau der übrigen herauszugleiten im stände wäre. In allen Fällen würden die Symmetrieachsen in radiäre, die Zonengrenzen in paratangcntiale Richtung ein- gestellt. Nun aber ist die Beurteilung der formbildenden Mechanismen allemal mit der Frage — 181 — nach ihrer Herkunft unlösbar verknüpft, und hier begegnen wir der Schwierigkeit, von der ich vorhin gesprochen habe. Es ist sehr leicht einzusehen, welche Hypothese über den Ursprung und die genea- logische Weitergabe einer epithelbildenden Anisotropie, wie wir sie annehmen wollen, a priori die einfachste wäre. Aus der Fähigkeit der Zellen, in Epithelverbände abnormen Krüm- mungsgrades einzutreten, folgt mit Sicherheit, daß sie im stände sind, ihr Kontaktverhältnis mit Nachbarzellen im Bedarfsfalle durch eine drehende Richtungsveränderung ihrer Attraktionszonen zu regulieren. Warum sollte nicht ganz allgemein, auf jeder einzelnen nor- malen Entwickelungsstufe die epitheliale Zusammenfügung mit analogen Drehvorgängen, die den bei der Geburt der Zellen noch nicht paratangential geordneten Zonen erst die endgültige Richtung geben, verbunden sein? Diese Annahme er- scheint nichts weniger als gewagt. Denn gäbe es in der normalen Entwickelung solche Drehungen nicht, so müßten ja auf jeder Stufe die Attraktionszonen der jungen Zellen so- gleich in einer bestimmten, dem Krümmungsgrade des neuzubildenden Epithels im voraus entsprechenden Stellung geliefert werden, — eine Idee, deren übermäßige Komplikation auf der Hand liegt. Die Existenz regulierender Drehungen der Zonensysteme wäre also auch 1 QQQ. 2 3 Schema der Epithelbildung auf Grund des primär-horizonialen Schichtsystemes. Die römischen Ziffern zeigen die Stellung der organischen Achsen in drei aufeinanderfolgenden Teilungsschritten, die Pfeile deuten ihre Bewegung an. für die normale Entwickelung wohl gewif5 ; und stellen wir uns jetzt den Drehungsvorgang als eine Totalbewegung der ganzen Zelle vor, so gewinnen wir die überaus ökonomische Möglichkeit, die Epithelbildung einer ganzen Generationsfolge, z. B. des gesamten primären Ektoderms, auf eine einzige Art von Anisotropie zurückzuführen. Denken wir uns, daß jede Mutterzelle ihre Zonen, die sie dem Krümmungsgrade ihrer eigenen Stufe entsprechend paratangential gerichtet hatte, im Teilungsprozeß so wie sie sind auf ihre beiden Töchter weitergibt ; worauf die Töchter durch eine — in frühen Stadien (Fig. QQQ 2) bedeutende, allmählich aber (Fig. QQQ 3) immer geringer werdende — Drehung die Stellung der Zonen im Sinne des nunmehr erreichten Krümmungsgrades korrigieren. Dann braucht nur für die Stammzelle des betreffenden Verwandtschaftskreises, also speziell für die Urektoderm- zelle AB, das Auftreten der epithelbildenden Anisotropie gefordert zu werden. Und diese Hypothese gewänne noch ganz besonders durch folgendes an Sparsamkeit. In der Zelle AB stimmt die ,, paratangentiale", d. h. zur Symmetrieachse senkrechte Richtung, in der die Attraktionszonen liegen sollen, mit der „horizontalen" überein (Fig. QQQ i). Dann könnte ja die hier geforderte Anisotropie mit jener horizontalen „Schichtung" der Zelle AB und des — 182 — Eies, die wir in früheren Kapiteln auf Grund gewisser Spindelstellungen, Dotterverschiebungen und inäqualer Mitosen erschlossen haben, einfach identisch sein. Allein so verlockend die hier skizzierte Hypothese ist, so stehen ihr doch auf an- derem Gebiete schwere Bedenken gegenüber. Wir haben die Teilungsrichtung einer Reihe von Stufen mit bestem Erfolg auf das Vorhandensein einer relativ geringen Summe innerer Strukturen zurückgeführt, die schon im Ei gegeben sind und durch den Klüftungsprozeß schrittweis auf die folgenden Stadien übergehen; hierdurch gewannen wir zugleich für die auffallende Tatsache, daß viele Spindeln eine geometrisch einfache Beziehung zu Nachbar- zellen erkennen lassen, eine leichte Erklärung. Diese ganze, durchaus befriedigende Lehre von der Teilungsrichtung geriete nun aber gefährlich ins Wanken, sobald der Epithelbildung zuliebe behauptet wird, daß jede von den beteiligten Zellen zwischen Geburt und Mitose ihre primäre Stellung zu den Nachbarinnen durch eine bisher nicht berücksichtigte totale Drehung verändert habe. Zum Beispiel hatte sich der Umstand, daß die Spindeln der Ekto- dermzellen a und « immer genau parallel zu den rückwärtigen Kontaktflächen alb und a\ß liegen (p. loi), unter der Voraussetzung, die Zellenpaare a und b, a und ß hätten ihre pri- märe gegenseitige Stellung beibehalten, sehr einfach aufgeklärt. Vom Standpunkte der hier geprüften Epithelbildungshypothese aber müßte jetzt angenommen werden, daß a und «, um ihre ererbten Attraktionszonen in paratangentiale Lage zu bringen, sich nach der Geburt gegen b und /3 verdrehen! Dann wäre das einfache, geometrisch-genaue Richtungsver- hältnis, das gleichwohl später zwischen den Spindeln von a und a und der Lage jener Nachbarzellen zum Ausdruck kommt, nicht nur höchst anspruchsvoll in physiologischer Hin- sicht, sondern auch gänzlich unmotiviert : irgend ein morphologischer Zweck dieser kost- spieligen Genauigkeit ist nicht einzusehen. — Und gleiches gälte für andere Spindel- stellungen. Wenn auch natürlich die experimentell erwiesene Lehre von den inneren Rich- tungsursachen der Spindelstcllung nicht erschüttert würde, so fiele doch von ihrer Einfach- heit und Klarheit ein großer Teil hinweg. Die Sparsamkeit in der Erklärung der Epithel- bildung schüfe uns an anderer Stelle eine Masse neuer Komplikation; und so wäre denn die verführerische Hypothese vom Standpunkte der Gesamtformbildung dennoch keine eigentlich ökonomische. LInter solchen Umständen wird folgende andere Erklärungsart konkurrenzfähig. In- dem die Attraktionszonen einer epithelbildenden Zelle — gleichviel von welcher Anfangs- stellung aus — durch einen Drehungsvorgang paratangential eingerichtet werden, gelangt diejenige Achse, zu der das Zonensystem der Zelle symmetrisch ist, in eine zur Epithelfläche senkrechte, zum Keimganzen radiäre Situation. Diese selbe radiäre Lage ist aber, wie man sich wohl erinnert (p. 89), zugleich das Endziel einer anderen Achse, die sich im Inneren der Zelle bewegt, nämlich derjenigen als „organische Achse" bezeichneten Linie, auf der die Mittelpunkte des Kernes und der Sphäre gelegen sind. Nach der früheren Hypothese über die Herkunft der Zonen hätten beide Drehungsprozesse — außer der Gemeinsamkeit des Ziels für die bewegten Achsen — nichts miteinander zu tun : denn die organische Achse liegt ja bei der Geburt der Zelle, der Richtung der vorausgegangenen Mitose entsprechend, paratangential, also senkrecht zu der als radiär angenommenen Ausgangsstellung der Zonenachse. Und so müßten die zweierlei Drehungen in jedem Falle nach Richtung wie Ausmaß völlig verschieden sein, — eine Vorstellung, die in Anbetracht der schließlichen — 183 — Koinzidenz der Achsen als etwas schwerfällig empfunden wird. Um so willkommener ist, daß unsere neue Hypothese über die Herkunft der Attraktionszonen zugleich den Luxus der doppelten Achsendrehung vermeidet. Wir nehmen an, die Zonen jeder neugebildeten Epithelzelle seien nicht paratangential, sondern senkrecht zur Epithel fläche, und zwar symmetrisch zur Spindelrichtung der vorausgegangenen Mitose orientiert: dann fällt die Symmetrieachse der Zonen schon von Geburt an mit der organischen Achse zusammen; die darauf eintretende Drehung beider Achsen in die Radiärlage könnte, wie sie äußerlich jetzt gemeinsam von statten geht, auch physiologisch ein und derselbe Vor- gang sein. 1 KBR. 2 3 Schema der Epithelbildung auf Grund von Attraktionszonen, die bei jeder Mito.se symmetrisch zur Spindelachse neu gebildet werden, p— a Primäre (= Spindel-) Achse. Die Pfeile deuten die Drehung der Primärachsen an. Der Nachteil dieser Hypothese gegenüber der früheren liegt offenbar darin, daß die Zonen nicht mehr von jeder Mutterzelle auf ihre Töchter einfach übergehen, sondern neu an jeder jungen Zelle entstehen müssen. Aber hier fällt immerhin zu Gunsten unserer An- nahme ins Gewicht, daß ja die neugeborene Zelle ganz offensichtlich eine zur organischen Achse symmetrische, ungleichpolige Anisotropie besitzt, die durch Vermittelung der die Strahlenfigur bewirkenden Kräfte leicht auf die Zelloberfläche übergreifen und dort ein System von Attraktionszonen, wie wir es brauchen, hervorrufen könnte. Warum sollte nicht z. B. die cytotaktische Anziehungskraft an der Oberfläche unmittelbar von der größeren oder geringeren Entfernung der stark exzentrisch gelegenen Sphäre abhängig sein? Dann aber — und dies ist das wichtigste — erspart uns die neue Hypothese die Notwendigkeit, unsere wohlbegründete Auffassung von der Kausalität vieler Spindelstellungen preiszugeben. Denn wenn die Attraktionszonen der Zelloberfläche mit der im Inneren ver- schiebbaren „organischen Achse" ursächlich verbunden sind, so wird vielleicht das ganze. System — Achse und Zonen — sich drehen können, ohne daß die Hauptmasse der Zelle das primäre Gerichtetsein ihrer inneren Struktur und deren Be- ziehungen zu Nachbarzellen verlieren müßte. Wir hätten den Mechanismus, dessen die Epithelbildung bedarf; aber er störte die von uns angenommenen Apparate der typischen Teilungsrichtung nicht in ihrer Wirksamkeit. Wie dem auch sei; es hat sich jedenfalls in diesem Kapitel gezeigt, daß diejenigen Blastomere, die in der normalen Ontogenesis das Epithel erbauen helfen, auf Grund einer angeborenen Differenzierung, die den übrigen Zellen fehlt, zu ihrer besonderen Tätigkeit befähigt und gezwungen sind. Die Umgebung der ein- — 184 — ycliuMi Epithclzcllc trä.ut zur Kausalität ihres Vrihallcns an sit li nichts l)oi : die Zelle würde im Zustande der Isolation die gleiche anisotrope Reizbarkeit besitzen und brächte vielleicht die gleichen chemotaktisch wirksamen Stoffe an ihrer Überfläche zur Ausscheidung, wie im normalen Keim. Aber wie bei der Komplexbildimg, so setzt auch hi(M- der programmgemäße l-'.rfolg des „EpithelliiUlens" die (".egenwarl und Mitwirkung \on N a cliba r zel 1 en M>raus. l'nd Massenkorrelation mit der l ' m g ebu n g bestimnU ganz allein, ob die aut CMiuid ihrer ererbten Beschaffenheil zu jeder Art xon l''pithelbildung qualifizierte Zelle als Haustein eines soliden Koniiil(^\es od(-r eines slarkgewolblen oder flachen F.pithelstückes Verwendung finden wird. 185 S i c 1) c n t c s Kapitel. SpezialOrdnung der Zellen und Spezialgestalt. Wenn die Anordnung der Zellen im Ascariskeim und ihre Gestaltung ausschließlich von den beiden bisher analysierten Arten cytotaktischen Geschehens bestimmt würde : der komplexbildenden Tätigkeit im allgemeinen und der epithelbildenden im besonderen, so stünde es im voraus fest, daß die Gesamt-Formbildung des Keimes auf folgende Art von statten gehen müßte. Diejenigen Keimbezirke, die nicht mit dem Mechanismus der Epithelbildung ausgerüstet sind, würden auf jeder Stufe der Entwickelung zu einem kom- pakten Klumpen zusammenglciten ; die Form aller dieser Zellen, die Stellung der Kontakt- flächen und die Größe der Kantenwinkel entspräche dem Plateau sehen Prinzipe ebenso genau, als handelte es sich um einen Seifenschaum. Bei den epithelbildenden Zell- familien wäre die Gültigkeit des Prinzips auf zwei Dimensionen : die Flächenrichtung der Zellenschicht eingeschränkt. Innerhalb dieser Fläche aber müßten wiederum die Zellen so gruppiert, ihre Scheidewände so geordnet sein, daß die Summe aller Oberflächen, wie beim flüssigen Lamellensystem, ein Minimum wird; wobei die regelmäßige Form und Ver-_ teilung der Elemente die Entstehung einer runden, dem soliden Klumpen angehängten Blase bedingen müßte. In beiden Bezirken würde das endgültige, dem Plateauschen Prinzip genügende Arrangement der Zellen, soweit es nicht unmittelbar von der Furchung geliefert wird, durch besondere Form- und Ortsveränderungen des frischgeklüfteten Materials, die mit einer kontinuierlichen Verkleinerung der Gesamt-Flächensumme ver- bunden sind, herbeigeführt werden. Zellbewegungen aber, denen dieses Merkmal fehlt, kämen außerhalb der Klüftungsperioden bestimmt nicht vor. In Wirkhchkeit ist das alles, wie schon früher hervorgehoben wurde, nicht der Fall. Sowohl in den kompakten, als in den epithelialen Bezirken finden sich Zellformen, Kanten- winkel, Gruppierungen, die dem Seifenschaum fremd sind; wie ja auch die Gesamtgestalt des normalen Keimes mit fortschreitender Entwickelung sich von der Klumpen- und Blasen- form, die dem Prinzip der kleinsten Flächen entspräche, in immer steigendem Maße entfernt. Diese abweichenden Konfigurationen aber nehmen ihren Ursprung auf mehrfache, an- scheinend heterogene Weise. Erstens dadurch, daß manche Blastomere in derjenigen, dem Plateauschen Prinzipe widersprechenden Anordnung, in der sie ge- boren sind, beharrlich liegen bleiben, anstatt zu gleiten. Sodann durch typische und oft sehr ausgiebige Dislokation von Zellen, die aber nicht zu einer Ver- kleinerung der Flächensumme, sondern offenkundig zu ihrer Vergrößerung dient. Ferner kann mit der Dislokation noch eine starke, aber vorübergehende Ver- änderung der isometrischen Zellgestalt, z. B. eine Streckung und Krümmung, ver- bunden sein. Endlich erhalten viele Blastomere eine anisometrische, vom Plateau- Zoologica. Heft 40. -24 — 186 — sehen Prinzipe abweichende Form, die aber dauert und eventuell auf fol- gende Generationen übertragen wird. Man sieht, die Vorgänge der Zellenordnung und Zellgestaltung greifen auch diesmal innig ineinander, und ihre Abgrenzung wird vielfach schwierig oder kaum möglich sein. Dennoch betrachten wir die beiden Geschehensarten aus praktischen Gründen getrennt. Wir fassen zunächst alle diejenigen, nicht durch die Klüftung selbst bewirkten Besonder- heiten der Zellenanordnung, die dem Prinzipe der kleinsten Flächen zuwiderlaufen oder durch dasselbe nicht erklärbar sind, ohne Rücksicht auf die Zellgestalt als Vorgänge der „Spezialordnung" zusammen und beginnen ihre Bearbeitung mit einer Über- sicht des deskriptiv-normalen Tatbestandes. Doch wird nur bei solchen, leider nicht zahl- reichen rollen etwas länger zu verweilen sein, zu deren kausaler Beurteilung experimentelles Material vorhanden ist. I. Die Spezialordnung". A Deskriptive Übersicht. Der erste und für die Analyse überaus lehrreiche Akt der spezialisierten Zellenordnung geschieht im Stadium IV: die oft erwähnte Umwandlung der T-förmigen \' ierzellen- gruppe in eine rhombische. Nach den Angaben meiner deskriptiven Arbeit ,1896a p. 341 und dem, was ich neuerdings hinzufügen konnte (diese Schrift, p. 114), wissen wir über den selt- samen Vorgang folgendes. Die Schwenkung des T-Stammes ist eine gemeinsame Ange- legenheit des ventralen (ieschwisterpaares EMSt — P, und wird unter Aufrechterhaltung ihrer gegenseitigen primären Lagebeziehungen durchgeführt. Es gelangt also nicht nur äußerlich die gemeinsame Längsachse beider Zellen aus der vertikalen Stellung in die hori- zontale, sondern das gleiche gilt für die primär-vertikale Achse jeder einzelnen. Nun aber geht die schwenkende Bewegung nicht innerhalb der Mittelebene vor sich, in der die vier Zellen vor der L^mordnung und nach deren Vollendung gelegen sind, sondern sie wendet sich gleich zu Anfang senkrecht aus dieser Ebene nach links oder rechts hinaus, um erst nach einer seitlichen Exkursion von wechselnder Höhe in die Medianebene zurückzukehren. Hierbei wird nicht nur die primär-vertikale Achse jeder Zelle in horizon- tale Stellung, sondern zugleich auch die primär-transversale in media n- vertikale übergeführt. — Es ist augenscheinlich, daf5 der ganze Vorgang durch die Faktoren der Komplex- und Epithelbildung durchaus nicht erklärt wird; hätte doch nach dem Prinzip der kleinsten Flächen statt eines Rhombus ein vierzelliges Tetraeder entstehen müssen. Im Stadium VIII finden wir Vorgänge der Spezialordnung von doppelter Form. Die vierzellige Ventralgruppe zeigt deutlich das Phänomen des V e r h a r r e n s in einer An- fangsstellung, die dem Prinzipe der kleinsten Flächen widerspricht. Diese vier Elastomere liegen bei der Geburt genau median, sie bilden, von der Bauchseite ange- sehen, eine schnurgerade Reihe. Während nun eine solche Konfiguration an einem Seifen- schaum 5rich nicht dauernd erhalten könnte , verändert zwar die dorsalwärts aufgebogene Zellenreihc ihren Krümmungsgrad innerhalb der Mittelebene nicht unbedeutend, aber die — 187 Ebene selbst verläßt sie nie. — Inzwischen haben die vier oberen, ektodermalen Zellen die genau quadratische Anfangslage, in der sie geboren waren, durch den bekannten Schwen- kungsprozeß des rechten Paares (vgl. p. loi) mit einer windschief T-förmigen Gruppierung \ertauscht. Da nun in diesem Falle die Umordnung der Elastomere unbestreitbar mit einer kontinuierlichen Verkleinerung der Gesamtoberfläche, wie sie vom Plateauschen Prinzip er- fordert wird, verbunden ist, so könnte man glauben, daß hier die allgemeine Komplex- und Epithelbildung zur Erklärung ausreichend sei. Allein der Umstand, daß typischerweise die Zellen der rechten Seite ri.ickwärts gleiten, während doch das geometrische Prinzip an solcher Bevorzugung keinerlei Interesse hat, beweist dennoch für dieses eine Geschehnis das Vorhandensein einer besonderen ordnenden Kausalität (1896 a p. 44). Auf das achtzellige Stadium folgt zunächst durch Klüftung des primären Ektoderms ein zwölfzelliges. Die neuentstandenen Elastomere ordnen sich rasch in einer Weise, die allem Anscheine nach unter dem Zeichen der Flächenverkleinerung steht, und liefern links einen Rhombus, rechts eine regelmäßige T-Figur, deren Ealken von den Schwesterzellen all 1 S8S. 2 Orientierung des Stadiums XII. und al gebildet wird (Fig. SSS i). Nach einer längeren Zeit der Ruhe aber treten neue und wichtige Verschiebungen ein (Fig. SSS 2). Die Zelle all löst ihren Zusammen- hang mit al, steigt höher auf den Rücken hinauf, und zwischen den getrennten Schwestern kommt die linksseitige Zelle all, indem sie in die Medianebene tritt, mit bl in Berührung. Nun gibt es zwar Ascariskeime, bei denen diese nachträgliche PImordnung in- folge gewisser rhythmischen und sonstigen Varianten den Eindruck macht, als genüge sie dem Prinzip der kleinsten Flächen in ganz besonderem Maße und setze darum nur solche Ursachen voraus, die eben nach jenem Prinzip zu wirken gezwungen sind (Boveri 1899 p. 403 Anm. 2). Allein andere Entwickelungsvarietäten, bei denen der Embryo durch die Umordnung eher ein gedrücktes Aussehen gewinnt, widersprechen dem (z. Str. 1896a p. 49). Das Stadium XVI lehrt, daß die Verschiedenheit des cytotaktischen Gebahrens, die auf der achtzelligen Stufe zwischen oberer und unterer Gruppe bemerkbar wurde, in den Familien erblich ist. Die nunmehr achtgliedrige Ventralgruppe, aus lauter medianen und transversalen Mitosen hervorgegangen, behält wiederum diese, dem Plateauschen Prinzip durchaus zuwiderlaufende Anordnung mit winkelrechter Genauigkeit bei (p. 10, Fig. J). Nur die zwei vordersten, mst und fwr, trennen sich und rücken an die Flanken der Urdarm- anlage. Und diese Neigung der ventralen Zellen, die bilaterale Ordnung, die aus dem Klüftungsplane der Familie immer wieder resultiert, nicht preiszugeben, bedingt auch auf noch späteren Stufen dem leichter beweglichen Ektnderm gegenüber einen merklichen Unterschied. — 188 — Das primäre Plktoderm wird nämlich durch mehrere Stadien hindurch der Schauplatz ausgiebiger und für die Formbildung des Ganzen wichtiger Zellverschiebungcn. Ich habe dieselben in meiner deskriptiven Arbeit (1896 a) eingehend dargestellt und nachgewiesen, daß sie dem Plateauschen Prinzip nicht unterworfen sind. Da ich jedoch im Ektoderm der T-Riesen über die zuletzt geschilderte Stufe hinaus bestimmte Elastomere nicht mehr zu er- kennen vermochte, so kommen jene Verschiebungen für unsere Analyse nicht in Betracht und brauchen hier im einzelnen nicht angeführt zu werden. Ähnliches gilt für die mittleren und höheren Stufen der Ventralfamilie. Hier sind es vom Stadium XLVlll ab vor allem Versenkungen von Zellen, d. h. Dislokationen senkrecht zur Oberfläche des Keimes, die eine bedeutungsvolle Rolle spielen. Zuerst werden im Gastrulationsprozeß die vier Zellen des Darmes versenkt, später der Reihe nach die beiderseitigen Anlagen des primären Mesoderms, des Schlundes, das sekundäre Mesoderm (Müller 1903), die Geschlechtsanlage, das tertiäre Mesoderm, - - also der ganze ventrale Zellbestand, mit Ausnahme der Nachkommenschaft von cl und yl, zwei Enkeln der Schwanzzelle. Nun geht wohl im allgemeinen mit dem Versinken zwischen benachbarte Keimbezirke eine Verkleinerung der Gesamtoberfläche Hand in Hand, wonach diese wich- tigen Vorgänge physiologisch als durch das Plateausche Prinzip bedingte Nebenwirkungen der komplexbildenden Faktoren betrachtet werden könnten. Doch verliert eine solche Auffassung durch mehrere Gründe ihre Wahrscheinlichkeit. Erstens tritt die Versenkung einer Zellengruppe immer erst längere Zeit nach ihrer Entstehung, dann aber gleich- zeitig und gleichmäßig für alle ihre Glieder ein. Das tertiäre Mesoderm zum Bei- spiel (die sogenannten „Bauchzellen") liegt durch ein paar Stadien hindurch frei an der Oberfläche, ehe es rasch versinkt: es ist doch nicht einzusehen, warum die Komplex- bildung, dafern sie hier wirklich beteiligt ist, die vier Blastomerc nicht gleich nach ihrer Ge- burt, wohl gar schon ihre Vorfahren in die Tiefe befördert haben sollte. Und zweitens sind die Versenkungen, besonders die des Darmes, mit starken Veränderungen der Zellgestalt und der inneren Beschaffenheit verknüpft, worüber wir im nächstfolgenden Abschnitte weiteres erfahren werden. — In der Tiefe nehmen die versunkenen Gruppen neue, dem Prinzip der kleinsten Flächen gehorchende Konfigurationen an, bei denen aber wiederum durch allzu genaue Detaillierung der typischen Vorschrift oder durch andere Gründe (z u r Strassen 1896a p. 69) das Walten einer besonderen Kausalität bewiesen wird. Leider ent- ziehen sich alle diese interessanten Geschehnisse aus Mangel an experimentellem Material zurzeit einer gründlicheren Analyse. In einem vorgeschrittenen Entwickelungsstadium spielt sich am kaudalen Ende des Embryo noch ein höchst merkwürdiger und umfangreicher Zellenordnungsvorgang ab, der schon bei deskriptiver Beurteilung über seine völlige Unabhängigkeit vom Plateauschen Prinzipe keinen Zweifel läßt. Die Nachkommenschaft von cl und yl, die, wie vor- hin erwähnt wurde, an der Oberfläche des Keimes verblieben war, um hier nach Boveri am Aufbau der Körperhaut teilzunehmen, bildete zuletzt eine doppelte, median gelegene Zellenreihe. Dieses Doppelband verwandelt sich (zur Strassen 1895 p. 84; Müller 1903 p. 16) dadurch in ein einfaches, daß die beiderseitigen Blastomere, nachdem sie längere Zeit in alternierender Stellung ruhig beisammenlagen, mit spitzen Fortsätzen gegen die Mittelebene vordringen, sich keilförmig zwischen einander zwängen, um — 1H9 — endlich gemeinsam eine schnurgerade Reihe mit regelmäßig parallelen Zellgrenzcn aufzubauen. Von den zugehörigen Kernen wird bei dieser Gelegenheit noch im besonderen ein wunderhübsches chasse croise ausgeführt : diejenigen der linken Seite überschreiten die Mittellinie und erhalten, nachdem die Einreihigkeit hergestellt ist, ihren dauernden Platz am äußersten rechten Ende ihrer Zellen; die andere Kolonne von Kernen macht es umgekehrt. — Es ist vollkommen klar, daß diese seltsame Zellenverschiebung, die nach Müller die Konfiguration des Embryo „rasch und total" verändert, durch irgend eine besondere, dem Prinzipe der kleinsten Flächen ganz und gar nicht unterworfene Ursache bedingt sein muß. An einem Seifenschaum hätte der Vorgang höchstens in genau entgegen- gesetztem Sinne verlaufen können. So sehen wir denn die Ontogenese von Ascaris, so weit unsere detaillierte Kenntnis reicht, durchwoben von Vorgängen der typisch spezialisierten Zellenordnung. Und wenn für höhere und höchste Entwickelungsstufen ein solcher Nachweis bis jetzt nicht erbracht werden konnte, so halte ich dennoch für gewiß, daß sie nirgends fehlen, ja daß sogar die- jenigen typischen Gruppierungen, die an gewissen Einzelzellen des erwachsenen Wurmes zu beobachten sind, nicht unmittelbar durch die Teilungsrichtung oder durch die komplex- und epithelbildendcn Faktoren geschaffen werden, sondern daß aktive „SpezialOrdnung" an ihrem Zustandekommen die wesentlichste Rolle spielt. B Einführung in die Analyse. Inwiefern verspricht nun die Ihitersuchung abnormer Keime weiteren Aufschluß über die Vorgänge der spezialisierten Zellenordnung ? Bei früheren Gelegenheiten erhoben wir immer zuerst die Frage, ob die betreffende formbildende Geschehensart passiv, d.h. durch mecha- nische Druck- oder Zugwirkungen mnerhalb des Keimes bedingt werde, oder nicht. Wenn ein Geschehnis in der Entwickelung der T-Riesen, bei denen infolge der gestörten Kon- figuration auch alle gegenseitigen Druckwirkungen der Zellen atypisch sind, vorschriftsmäßig wiederkehrte, so schlössen wir auf seine Unabhängigkeit von jenen mechanischen Verhält- nissen. Allein diese Angelegenheit steht im gegenwärtigen Falle gar nicht mehr zur Dis- kussion: es ist bereits auf Grund der normalen Entwickelung ganz gewiß, daß die Vor- gänge der S p e z i a 1 o r d n u n g , — soweit sie sich zweifellos als solche bestimmen ließen, — nicht passiv geschehen, sondern aktive Leistungen der Elastomere sind. Denn jede etwa in Betracht kommende mechanische Wirkungsart, die nach dem Plateau- schen Prinzip zu einer Verkleinerung der Flächensumme führen müßte, ist per definitionem ausgeschlossen. Mechanische Faktoren aber, die im Ascariskeim unter den gegebenen Be- dingungen eine anderweite Konfiguration schaffen und aufrecht erhalten könnten, gibt es nicht. — Dennoch haben wir aus folgenden Gründen das lebhafteste Interesse, zu erfahren, ob die SpezialOrdnung in der Geschichte der T-Riesen wiederkehrt. Erstens reichte die normal-deskriptive Beobachtung für einige Fälle doch nicht aus, um deren Zugehörigkeit zur Kategorie der spezialisierten Zellenordnung einwandfrei zu beweisen. So wissen wir nicht genau, ob im Stadium VIII die ganze Umordnung der vier Ektodermzellen als aktive Spezialleistung anzusehen ist, oder ob nur der Anstoß zum typisch ungleichen Verhalten der linken und rechten Seite aktiv geschieht, während die — 190 — eigentliche Dislokation den nach dem Plateauschen Prinzipe wirkenden Faktoren der Epithel- bildung und Massenkorrelation überlassen bleibt. Auch über die Orientierung des Ektodcrms im Stadium XII bestehen in dieser Hinsicht noch Zweifel; ich selbst habe sie für aktiv angesehen, Boveri erklärte sie auf Grund seines Materials für rein mechanisch. Wenn nun irgend einer von diesen zweifelhaften Fällen bei T-Riesen sich wiederholen sollte, so wäre seine aktive Natur endgüUig festgestellt. Darüber hinaus aber dürfen wir hoffen, daß Einzelheiten derjenigen Vorgänge der spezialisierten Zellenordnung, die bei den T-Riesen etwa wiederkehren, uns Anhaltspunkte zu einer Hypothese über die spezielle Beschaffenheit der zur Verwendung kommen- den Mechanismen liefern werden. Und endlich verspricht uns die Geschichte der Riesen Auskunft über die Frage, ob die normale Umgebung einer Zelle als auslösender Reiz für ihr spezialisiert-cytotaktisches Verhalten notwendig ist, oder ob die Zelle die Gründe ihrer Tätigkeit von Geburt an in sich trägt. Nun aber bereitet die analytische Ausbeutung der T Riesengeschichte für unseren gegenwärtigen Zweck gewisse Schwierigkeiten, über deren Wesen und Umfang wir uns zur Vermeidung späteren Aufenthaltes vorweg verständigen wollen. Zunächst: was verstehen wir unter der „Wiederkehr" eines Vorganges der typischen SpezialOrdnung bei den T-Riesen? In der deskriptiven Entwickelungsgeschichte von Ascaris verwendet man, um ein bestimmtes Geschehnis dieser Art in Kürze zu beschreiben, will- kürlich irgend eine auffallende räumliche Beziehung der Zellen, an denen die aktive Ord- nung sich abspielt, zu ihrer Nachbarschaft. Man sagt z. B., im Stadium VIII gleitet die vordere rechte Ektodermzelle a aus der quadratischen Anfangsstellung nach hinten, bis sie die Schwanzzelle C, von der sie früher um eine volle Zellenbreite entfernt war, erreicht 2'TT. '^^S- TTT). Aber das ist nicht die einzige deskriptive Möglichkeit : ebensogut kann man sich auf die Angabe der etwas minder auf fallenden Tatsache beschränken, daß die wan- dernde Zelle mit der linken hinteren Ekto- dermzelle ß, die sie nach Abschluß der Klüftung nur eben berührte , eine breite Kontaktfläche bildet. Beide neugeschaffenen Kontaktverhält- nisse stellen typisch-deskriptive Merkmale der Stadium VIII nach der Or.enticrunsr ; von oben genannten Verlagerung dar. Nun kann bei den T-Riesen, wenn die Konfiguration des Keimbezirkes, um den es sich handelt, abnorm verändert ist, die lückenlose Wiederkehr aller typisch-deskriptiven Be Ziehungen eines Vorganges direkt unmöglich sein. Aber das schließt im Rahmen einer kausalen Untersuchung noch nicht aus, daß die Art, wie der Vorgang sich abspielt, dennoch als „typisch" bezeichnet wird. Es steht ja noch keineswegs fest, daß sämtlichen deskriptiven Merkmalen einer SpezialOrdnung auch wirklich ein physiologisches Geschehen entspricht; daß also in unserem Beispiele etwa die Zelle a sowohl von C, als von der linken hinteren Ekto- dermzelle/? aktiv herangezogen würde. Sondern nur die eine oder nur die andere Erschei- nung könnte durch eigene Ursachen bedingt und für den typischen Ablauf des Vorganges — 191 — unentbehrlich sein. Für die von uns angestrebte Beweisführung aber haben offenbar nur die selbständig bedingten, kausalen Beziehungen Interesse, auf sekundäre Nebenerscheinungen — mögen sie in deskriptiver Hinsicht noch so auffällig sein - kommt nichts an. Wenn nun von allen deskriptiven Merkmalen eines Zellenordnungsvorganges bei T-Riesen auch nur ein einzelnes ausnahmelos wiederkehrt; wenn beispielsweise im Stadium VIII die Zelle a zwar nie mit C, aber immer mit ß in Verbindung tritt, so betrachten wir dieses eine Detail als das allein kausale, als den vollgültigen Vertreter des ganzen Normal- Vorganges, und erklären, das Geschehnis sei bei dem Riesen vorschriftsmäßig wiedergekehrt. Beide Aufgaben unserer Analyse : die PZnthüllung der eigentlich kausalen Bestandteile typisch- deskriptiver Spezialordnungsvorgänge und der Nachweis ihrer Wiederholung bei T-Riesen können eben nicht anders als gemeinsam erledigt werden. Und darum liegt in dieser Be- sonderheit unseres Materials, die auch im Kapitel über die Teilungsrichtungen bereits zur Geltung kam (p. 80), schließlich gar keine Erschwerung, sondern fast ein Gewinn. Bedenklicher ist die zweite Schwierigkeit; sie kann den Wert der T-Riesen für die Analyse der uns beschäftigenden Geschehensart in der Tat stark verringern oder selbst illusorisch machen. Wie immer der Mechanismus der aktiven Zellenordnungsvorgänge im speziellen beschaffen sein möge, so ist doch — besonders nach unseren Erfahrungen über die Physiologie der Komplex- und Epithelbildung — äußerst wahrscheinlich, daß in irgend einem Grade mechanische Massenkorrelationen mit der Umgebung für Einzel- heiten des deskriptivnormalen Ablaufs nicht zu entbehren sind. Fassen wir wiederum die Orientierung des Ektoderms im Stadium VIII als Paradigma ins Auge, so wird möglicher- weise nur das Hauptereignis, nämlich das Rückwärtsgleiten der Zelle a, vielleicht auch die vorschriftsmäßig gerichtete Drehung des ganzen rechten Paares gegen das linke, eventuell sogar noch die Loslösung der Zelle b von ß durch irgend eine besondere Kausalität gewähr- leistet sein. Aber auf sämtliche Details der typischen Konfiguration erstreckt sich die Aufgabe der aktiv ordnenden Mechanismen wohl kaum : vielleicht ist die Art, wie das linke und rechte Zellenpaar windschief gegeneinander verdreht liegen bleiben, der genaue Ab- stand, zu welchem b und ß auseinanderrücken, nur das Ergebnis von Massenkorrelationen mit der sprenkeiförmig gekrümmten ventralen Zellfamilie. Entzöge man dem Ektoderm das vierzellige Stützgerüst, auf dem es sich normalerweise bewegt, so könnte wohl das Rück- wärtsgleiten, die Drehung der Paare, selbst eine Scheidung von b und ß, schwerlich aber — so vermutet man — das ganze deskriptiv-normale Bild der schiefen T -Figur zustande kommen. Wenn nun die Annahme der Mitwirkung von Massenkorrelationen richtig ist, so müssen wir uns darauf gefaßt machen, daß auch mancher wirklich aktive Spezial- ordnungsvorgang bei den T-Riesen in stark veränderter Form, oder, was schlimmer wäre, daß er gar nicht wiederkehrt. Denn auch für den Eintritt der selb- ständig bewirkten Hauptereignisse könnten gewisse Massenkorrelationen Vorbedingung sein. Alle „Ursachen" eines typischen Vorganges sind vielleicht zur Stelle, die Blastomere, die an ihm kausal beteiligt sind, stehen in vorschriftsmäßiger Ausrüstung zur Aktion bereit; aber es geschieht nichts, weil die mechanischen Bedingungen, unter denen die ordnenden Mechanismen typisch wirken könnten, nicht vorhanden sind. — Und auch das Umgekehrte ist zu besorgen: bei einem T-Riesen könnte die Konfiguration derartig verändert sein, daß — 192 — ein bestimmter, vollkommen typisch vorbereiteter Verschiebungsprozeß durch un vor- gesehene Hindernisse mechanisch vereitelt wird. Die Nutzanwendung von alledem liegt auf der Hand. Wenn irgend ein deskriptiv- nonnales Geschehnis der Spczialordnung bei den T-Riescn vorschriftsmäßig oder doch nur in solcher Veränderung wiederkehrt, daß die Abweichung als ein Ergebnis der modifizierten Massenkorrelation zu erkennen ist, so wissen wir bestimmt, daß hier die typischen Mecha- nismen der Zellenordnung in den normalerweise dazu berufenen Blastomeren vorhanden sind. Im gegenteiligen Falle aber gibt es zwei widersprechende, für uns nicht trennbare Möglichkeiten: der Vorgang kann einerseits lediglich aus Mangelan den mechanischen Vor- bedingungen der Massenkorrelation, aber bei Gegenwart der typischen Mechanismen unter- blieben sein, andrerseits deshalb, weil die typischen Mechanismen selber fehlten. Also gilt für die kommende Erörterung noch in besonders hohem Maße, was bei der analytischen Verwendung der T-Riesen überhaupt zu bedenken ist: daß nur die positiven Fälle wirklich beweisend sind. Und jetzt beginnen wir, genügend vorbereitet, die Analyse mit einer systematischen Darstellung alles dessen, was ich über die Wiederkehr typisch spezialisierter Selbstordnungs- vorgänge bei T-Riesen ermittelt habe. ( . Typische SpezialOrdnung bei T-Riesen. «. Das Verharren. Das Phänomen des ,,Verharrens ' m einer dem I'lateauschen Prinzip wider- sprechenden, einreihig-medianen oder streng bilateralen Anfangsstellung, das für die frühen Entwickelungsstufen der Ventralfamilie so charakteristisch ist, erweckt, wenn man sein Auftreten am normalen Keim betrachtet, nicht den Eindruck, als ob es durch besonders komi)lizierte und kräftige Mechanismen bewirkt würde. Die Ventralfamilie liegt ja immer- hin gut eingepackt zwischen den ektodcrmalen Nachbarzellen, hat zum Ausgleiten aus der Medianebenc gar nicht viel (Gelegenheit; und man denkt mit berechtigter Ökonomie, ein kleines Quantum aktiver Selbstordnung und ein bedeutender Anteil mechanischer Massen- korri-lation müßte von Stufe zu Stufe zur Aufrechterhaltung der durch den Klüftungsprozeß geschaffenen einreihig-bilateralen Anordnung genügend sein. Für die T-Riesen ergibt sich hieraus keine günstige Prognose. Da die Ventralfamilie der T-Riesen, aller ihrer normalen Stützen beraubt, gezwungen ist, sich frei in den Schalenraum hinaus zu entfalten, so ist für ihre einzelnen Zellen der Unterschied der Massenkorrelation enorm. L'nd die Vermutung liegt nahe, daß unter diesen total veränderten Umständen die nach dem Plateauschen Prinzipe wirkenden Faktoren der Komplexbildung die Oberhand gewinnen und das aktive Verharren der Elastomere, das auf solche Schwierigkeiten nicht eingerichtet ist, vereiteln müßten. Aber das Gegenteil geschieht; und hierin liegt ein ganz besonders markanter Zug aus der Geschichte der T-Riesen. Im Stadium VIII formieren die Glieder der vier- zelligen Ventralfamilie längere Zeit hindurch eine einfache, frei in den Schalenraum hinaus- gestreckte Reihe, verharren also zunächst genau in der Anordnung, in der sie entstanden — 1 9;5 — sind. Gegen das Ende der Ruheperiode wird durch einen Vorgang cellulärer Gestalt- vcrändcrung, den wir im nächsten Abschnitte analysieren werden, das Schwanzende der Reihe halcenförmig umgebogen, wobei gewöhnlicli aber nicht immer (Fig. UUUi) — eine Berührung zwischen der Schwanzzelle C und der l irdarmzelle K zustande kommt. Die uuu. Zwei T-Riesen nach dem Leben. Das Ektoderm ist schraffiert. 1) Stadium VIII, die Ventralfamilie dorsal gesehen. 2) Stadium XVI, Vcntralfamilie schräg von der Seite. Ebene, in der die Bewegung sich vollzieht, erweist sich durch die Spindelstellungen der nächsten Klüftung als die „partielle Medianebene" der Ventralgruppe; und in dieser streng medianen, also in unserem Sinne „typischen" Lagerung verharren die Blastomere bei der großen Mehrzahl der Riesen (Taf. I, Fig. 4). Auf der nächstfolgenden Stufe gilt wiederum fiir fast alle Fälle, daß die vier mittleren Zellen der Ventralfamilie, El, Ell, I^ und D einreihig hintereinander liegen bleiben, wie sie entstanden sind. Auch kommt es wenigstens gelegentlich vor (Fig. UUU 2), daß vorn und hinten die bilateralen Zellenpaare mst und nar, c und y, frei an El und D angefügt, den Abschluß bilden. Zumeist aber — und natürlich immer dann, wenn schon im Stadium VIII die Zelle C Anschluß an Pg gewonnen hat ist die Gruppierung der Familie eine konzentriertere : fünf Zellen des freien Hinterendes vereinigen sich zu einer soliden Zellenmasse, an der jedoch die typische median-bilaterale Anordnung in aller Genauigkeit fortbesteht (Taf. I, Fig. 8). Es fehlt, wie aus der bedingten Fassung dieser Angaben zu entnehmen ist, keines- wegs an negativen Fällen. Doch lassen sich diese ungezwungen durch jene Störungen der Massenkorrelation erklären, auf die wir im voraus gefaßt sind. Zunächst begreifen wir sehr wohl, daß die Mechanismen des aktiven Verharrens einern groben mechanischen Hinder- nis gegenüber, das die neue Konfiguration des Keimes mit sich bringt, versagen werden. In solcher Lage befindet sich sehr oft das Schwesterzellenpaar mst und /lai der achtzelligen Stufe (Taf. I, Fig. 8); cktodermale Elemente in atypischer Gruppierung versperren ihm den Raum, drängen es zur Seite, und es ist gewiß kein Wunder, daß durch derartig gewaltsame Störung das Zellenpaar fast immer noch während seiner Geburt zum Ausgleiten aus der Bilateralstellung gezwungen wird. — Vielfach übt auch das Fehlen derjenigen Massen- Zoologica. Heft 40. 2ö — 194 — korrelationen, die am normalen Keim das Abweichen von der Mittelebene zwar nicht ver- hindern, aber doch wohl erschweren, die von uns vorausgesehene schädigende Wirkung aus. Wenn bei so vielen T-Riesen im Stadium VIII und XVI die aktive Selbstordnung der ihrer normalen Stützen beraubten Ventralfamilie ihr Ziel noch erreicht, so ist das erstaunlich ge- nug; aber wir begreifen, daß eine unbedeutende Schwankung im Energieverhältnis der kon- kurrierenden Faktoren, z. B. eine krankhafte Schwäche des selbstordnenden Mechanismus — und derartiges ist ja bei unseren monströsen Gebilden immer wahrscheinlich das Resultat in sein Gegenteil verändern kann : die allgemeine Komplexbildung siegt über die SpezialOrdnung. So entstehen wohl T-Riesen, wie ich sie öfter, und besonders in stark ge- schädigtem Materiale fand, bei denen die Ventralgruppe auf ihrer vierzelligen und erst recht auf der nächstfolgenden Stufe nach dem Prinzipe der kleinsten Flächen zu unregelmäßigen, soliden Klumpen zusammengeglitten war (Taf. II, Fig. 15). Da nun beide Fehlerquellen der Massenkorrelation : die gewaltsame Behinderung des aktiven Verharrens durch andrängende Nachbarzellen einerseits und das Versagen der selbst- ordnenden Tätigkeit infolge des Mangels noiTnaler mechanischer Unterstützung andererseits sich mit dem Fortgang der Ontogenesis akkumulieren werden; und da erfahrungsgemäß der Gesundheitszustand aller T-Riesen vom ersten Typus sich schnell verschlechtert ; so erklärt sich endlich auch, warum es mir bisher bei älteren Riesen dieser Gruppe nie gelang, das Phänomen des aktiven Verharrens in einer prinzipwidrigen Lage aufzufinden. Nicht viel ergiebiger waren in unserer Angelegenheit die T-Riesen vom zweiten Typus. Der Musterriese (Taf. III, Fig. 42) zeigte zwar noch sehr schön, daß die vier Tochterzellen von c und y in ihrer fast quadratischen Anfangsstellung dauernd liegen blieben, obwohl die Massenkorrelation keineswegs der normalen glich, sondern eine tiefe Lücke an der rechten Flanke des Ektoderms zum Ausgleiten förmlich herausforderte. Aber über diese Stufe hinaus erfahren wir nichts, da unser Riese gleich danach starb. Das zweite von mir aufgefundene Exemplar erlitt sogar noch früher den Tod durch Platzen der Eischale. /?. Die Orientierung des vierzelligen Ektoderms. Folgendes sind die kausalen Fragen bezüglich der Umordnung des vierzelligen Ekto- derms, für welche die Geschichte der T-Riesen eine Antwort in Aussicht stellt. Auf Grund der normalen Ontogenesis vermochten wir von dem ganzen Umordnungsprozesse, der das anfängliche Quadrat in einen Rhombus, darauf in ein schiefes T verwandelt, nur einen einzigen und obendrein unwichtigen Zug mit Sicherheit als aktiv anzusprechen : die typische Bevorzugung der rechten gegenüber der linken Körperseite; während alles übrige als mechanische, dem Plateauschen Prinzip entsprechende Folge der epithelbildenden Faktoren zu deuten war. Demnach lautet unsere erste Frage, ob dieses eine zweifellos aktive Geschehnis bei veränderter Konfiguration des Keimes überhaupt wiederkehrt; geschieht es, so wird sich zugleich ein Anhalt darüber gewinnen lassen, welche Bestandteile des achtzelligen Embryo kausal daran beteiligt sind. — Darüber hinaus aber besteht die Möglichkeit, daß auf den Rest des ganzen Vorganges, die eigentliche Dislokation, durch das Verhalten der T-Riesen neue — 195 — Beleuchtung fällt ; sollte ein Teil dieser Bewegungen unter Verhältnissen wiederkehren , in denen das Prinzip der kleinsten Flächen zu ihrer Begründung nicht mehr genügt, so würden auch sie als aktiv erwiesen sein. 1. Ist es bei den T-Riesen, wie am normalen Keim, die vordere rechte Mktodermzelle, die nach rückwärts gleitet und mit der linken hinteren in breite Berührung tritt? Die Antwort darauf findet sich nicht so leicht, als man .denken möchte. Unsere alte Methode, jeden positiven Fall als beweiskräftig anzusehen, nega- tive Fälle aber, weil sie möglicherweise durch unberechenbare Einflüsse der Massen- korrelation oder durch Schwäche des Embryo verschuldet sind, von der Verhandlung auszuschließen, ist hier nicht anwendbar. Denn da die vier Ektodermzellen auf Grund ihrer epithelbildenden Eigenschaft die quadratische Anfangsstellung durchaus mit einer konzentrierteren vertauschen m ü s s e n , hierfür aber nur die beiden Möglichkeiten : daß a mit ß oder daß a mit b in Berührung tritt, zu Gebote stehen, so ist die Wahr- scheinlichkeit des typischen Verhaltens, auch wenn die Entscheidung darüber ganz dem Zufall preisgegeben wäre, ohnehin = Vs- Es bleibt also nichts übrig, als eine Art Ab- stimmung unter den Riesen vorzunehmen. Überwiegen die typisch gerichteten Fälle an Zahl, so spricht für das Vorhandensein des typisch ordnenden Faktors die Wahrscheinlich- keit ; durch Einstimmigkeit oder doch starke Majorität — bei einer nicht gar zu geringen Zahl der Fälle — könnte seine Existenz bewiesen werden. Hierzu aber gehört vor allen Dingen, daß wir feststellen, wieviele T-Riesen denn überhaupt in unserer Angelegenheit stimmberechtigt sind. Von den zweieinhalb Dutzend zumeist lebendiger T-Riesen, die mir aus dem frag- lichen Entwickelungsstadium vorgelegen haben, scheidet zunächst eine Anzahl deswegen aus, weil ihr Ektoderm durch eine atypische Einwirkung von außen her an der Entfaltung einer etwa vorhandenen typisch ordnenden Tendenz gewaltsam verhindert wurde. Während näm- lich das vierzellige Ektoderm normaler Embryonen in der geräumigen Kugelschale keinerlei Hindernis für seine Bewegungen findet, kommt es bei T-Riesen zuweilen vor, daß das sanduhrförmige Gehäuse die Gruppe der Ektodermzellen nicht nur allseitig berührt, sondern auch bedeutend zusammendrückt. So saß z. B. bei dem Musterriesen vom I. Typus (Taf. I, Fig. 2 und 3) das ektodermale Quartett dermaßen fest in seiner Schalenkammer einge- klemmt, daß gerade während der kritischen Zeit gegenseitiges Gleiten einfach un- möglich war. — Als dann später durch eine gemeinsame Verlagerung der ganzen Gnippe Spielraum geschaffen wurde, erfolgte zwar post festum eine starke Verschiebung der Zellen; aber es ist klar, daß dieses nachträgliche, mechanisch erzwungene Geschehnis, selbst wenn es vorschriftsmäßig verlaufen wäre, für unsere Untersuchung nicht in Frage kommen kann. Und gleiches gilt für einige andere Fälle. Stärker noch schmilzt die Zahl unserer Stimmberechtigten dadurch zusammen, daß bei vielen T-Riesen zwar nicht der nötige Spielraum für das Ektoderm, wohl aber die Mög- lichkeit fehlte, die typische oder abnorme Bewegungsrichtung des Gleitens festzustellen. In der normalen Entwickelung ist nichts leichter, als die Verwandtschaft und morphologische — 196 — Bedeutung der vier ektodermalen Zellen zu bestimmen, auch wenn man den Teilungsvor- gang selbst nicht beobachtet hat : nämlich mit Hilfe der unteren Zellfamilie. Man weiß, daß die Längserstreckung dieser unteren Gruppe mit der Teilungsebene des Ektoderms zu- sammenfällt; je zwei nebeneinander und quer zu jener Richtung gelegene Zellen sind also Schwesterzellen. Und da ferner das kaudale Ende des Embryo durch das einseitige Über- ragen der ventralen Abteilung schon auf diesem Stadium kenntlich wird, so ergibt sich ohne weiteres, welche Zelle eines jeden Paares als linke, welche als rechte zu bezeichnen ist. Anders bei T-Riesen. Wohl findet sich auch hier in der mehr oder minder ausgesprochenen Neigung und Krümmung der unteren Gruppe ein Merkmal, das die rostro-kaudale Richtung und damit links und rechts markiert ; aber diese Richtungsbestimmung ist nur partiell, ein Eigentum der Ventralfamilie und gilt keineswegs immer auch für den Bereich des Ekto- derms. Sie kann vielmehr gegen die ektodeiTnale Mittelebene um nicht weniger als 90" ver- schoben sein; dies ist der Fall, wenn bei den Orientierungsversuchen im Stadium IV der T-Balken, resp. die Zelle EMSt über die erste, quer zur Mittelebene gerichtete Bewegungs- phase nicht hinausgekommen war. Und da diese quere Verschiebung ebenso oft nach der linken wie nach der rechten Seite geht, so fehlt bei solchen T-Riesen jede Möglichkeit, vorderes und hinteren Ektodermzellenpaar zu unterscheiden. Gewöhnlich aber tritt an dem T-Balken der Riesen — wie auch in der normalen Ontogenesis — frühzeitig die zweite Be- wegungsphase, die kaudalwärts gerichtete ,, Rückdrehung" nach der Mittelebene ein. Und wenn dieselbe auch nicht zur völligen Ausführung gelangt, sondern auf halbem Wege oder noch früher stecken bleibt, so ist doch damit die Lage der morphologischen Mittelebene und die Rostro-Kaudalrichtung des Gesamtkeimes ausreichend markiert. Hieraus ergibt sich für die Verwendbarkeit der T-Riesen in unserer Frage folgendes. LTnbedingt ausgeschlossen ist die morphologische Bestimmung der vier Ektodemizellen immer dann, wenn man aus irgend einem Grunde ihre paarweise schwesterliche Zusammengehörigkeit nicht kennt; denn mag in solchen Fällen die rostrokaudale Richtung der unteren Zellfamilie noch so klar zu- tage treten, so weiß man doch im Einzelfalle nie, ob jene Richtung mit der genealogischen Mittelebene des Ektoderms koinzidiert oder sich kreuzt, ob sie nach links oder nach rechts gegen dieselbe verschoben ist. Kennt man aber die Lage der ektodermalen Mittelebene, so kommt es wieder darauf an, ob die gegenseitige Verdrehung der oberen und unteren Gruppe genau 90" beträgt oder nicht. Nur im letzteren Falle ist es möglich, vorn und hinten, links und rechts am Ektoderm zu unterscheiden. Leider mußte aus diesem oder jenem Grunde ein großer, ja der größere Teil meines ohnehin beschränkten Materials disqualifiziert werden. Manche von den T-Riesen fand ich erst auf, als ihr Ektoderm bereits vierzellig geworden war, so daß jeder .Anhalt für schwester- liche Zusammengehörigkeit fehlte. Andere klüfteten sich über Nacht, oder es traten sonstige Zufälligkeiten ein, durch die der entscheidende Vorgang meiner Kontrolle entzogen wurde. Bei einigen T-Riesen wiederum ließ das Verhalten der unteren Gruppe keine sichere Ent- scheidung darüber zu, welches Ende der ektodermalen Mittelebene als das kaudalwärts ge- richtete bezeichnet werden sollte. Was nach allen diesen Abgängen noch übrig bleibt, sind sieben Riesen, die zwar in ihrer Entwickelungsweise und in der Form ihrer Schalen keineswegs übereinstimmten, wohl aber in folgenden beiden, hier ausschlaggebenden Eigenschaften : Ihr Ektoderm fand erstens in — 197 — der Schale uneingeschränkte Bewegungsfreiheit ; und zweitens lag bei allen die Möglichkeit %or, jedes von den vier Blastomeren auf eine entsprechende Zelle des normalen Schema zurück- zuführen. Bei diesen sieben T- Riesen erfolgte die Verschiebung des ekto- dermalen Quadrates in derselben Richtung, wie in der normalen Onto- S'enesis. Immer war es die rechte vordere Zelle a, die sich der linken hinteren zu breiter Berührung näherte. Ich glaube, man wird diese Abstimmung trotz der beschränkten Zahl der Fälle, eben weil sie widerspruchslos ist, gelten lassen. Und wir verzeichnen demnach als erstes Ergebnis die Tatsache, daß derjenige Bestandteil des ektodermalen Orientierungsprozesses im Stadium VIII, dessen aktive Natur von Anfang an nicht bezweifelt werden konnte, trotz stark veränderter Konfiguration der T-Riesen wiederkehrt. Hierdurch fällt zugleich ein Licht auf die speziellere Kausalität des Vorganges : es kann nur das Ektoderm selber, nicht aber, wie man auf Grund des normalen Ablaufes vielleicht in erster Linie glauben möchte, die Schwanzzelle C physiologisch daran beteiligt sein. Es fragt sich nun zweitens, ob die Vermutung, daß die eigentliche Neugruppierung der vier Ektodermzellen am normalen Keim, vor allem die Verdrehung des rechten Paares gegen das linke und die Trennung der Zellen b und ß, rein passiv durch Massenkorrelation mit der Ventralfamilie geleitet werde, — in der Geschichte der T-Riesen ihre Bestätigung oder etwa ihre Widerlegung findet. Bei sämtlichen T-Riesen, deren Ektoderm überhaupt Bewegungsfreiheit besaß, verlief der erste Teil der LImordnung durchaus im Sinne der typischen Ontogenesis. Fast gleich- zeitig mit der Herstellung des Rhombus begann die gegenseitige Verdrehung der Zellen- paare und zwar erwies sich die Richtung, in der die letztere geschah, in allen sieben der Kontrolle zugänglichen Fällen als die typische. Darüber hinaus aber stimmte das Verhalten der T-Riesen mit dem der normalen Keime nicht überein. Die beiden hinteren Ektodermzellen b und ß trennten sich bei den T-Riesen nie, und die nor- malerweise folgende Auswärtsschwenkung des rechten Paares, die zur Entstehung der schiefen T-Figur Anlaß gibt, unterblieb. Statt dessen führte abnorm starke Drehung in vielen Fällen sogar zu einer atypischen, wenn auch beschränkten Berührung zwischen b und a, so daß die Form der Ektodermzellengruppe der eines soliden Tetraeders nahe kam ; und ein einziges Mal, nämlich beim isolierten Ektoderm des Dreifachzwillings fTaf. IV, Fig. 57;, wurde durch rechtwinklige Verdrehung der Paare die tetraedrische Gruppierung de facto erreicht. Nun entspricht unverkennbar die Gesamtheit dieser Geschehnisse, wo sie mit der typischen Vorschrift harmonieren und wo sie von ihr abweichen, aufs genaueste dem, was nach dem Prinzip der kleinsten Flächen zu erwarten war. Daß das anfängliche, horizontale Quadrat auch bei den T-Riesen in einen Rhombus und gleich darauf durch , .vertikale" Ver- schiebungen in eine mehr oder minder tetraedrische Gruppe verwandelt werden mußte, ver- steht sich von selbst. Aber auch das ist gewiß, daß nach dem Plateauschen Prinzip die- jenigen beiden Zellen, die in der langen Diagonale des Rhombus lagen, durch ihre be- sonders exponierte Lage gezwungen waren, nach abwärts zu gleiten ; woraus für alle jene Fälle, in denen die erste Verschiebung der vier Ektodermzellen nachweisbar der typischen Vorschrift genau entspricht, zugleich ein typisches Drehungsverhältnis des linken und rechten Zellenpaares resultieren mußte. Andererseits aber sind bei der stark abnormen Konfiguration 198 — der T-Riesen, die dem Plateauschen Prinzipe ganz neue Flächenminima in Aussicht stellt, auch die Abweichungen begreiflich. Offenbar böte die Trennung der Schwestern b und ß und Bildung einer ektodermalen T-Figur bei den Riesen, wo keine andrängende Schwanzzelle bereit ist, die Lücke auszufüllen, keinen Gewinn. So sprechen denn die mitgeteilten Tatsachen aus der Geschichte der T-Riesen nicht gegen die deskriptiv genommene Vermutung von der rein passiven Natur der fraglichen Bewegungsvorgänge im typischen Stadium VI 11. Aber freilich können sie dieselbe auch nicht beweisen. Es besteht ja doch immer noch die Möglichkeit, daß in der normalen Entwickelung ein aktiv ordnender Faktor die Umordnung der vier Ektodermzellen bewirkt oder doch unterstützt, der eben bei T-Riesen aus irgend einem Grunde in Wegfall kommt, — oder vielleicht zwar vorhanden ist, aber der veränderten Massenkorrelation halber sich nicht betätigen kann. Und wirklich liegen mir ein paar Beobachtungen vor, die unsere Angelegenheit in sehr verändertem Lichte erscheinen lassen. An drei von den sieben Riesen, bei denen eine genaue Bestimmung der Ektodermzellen überhaupt möglich war, bemerkte ich, daß die beiderseitigen Zellenpaare sich nicht etwa in entgegengesetztem Sinne verdrehten, das eine rrr. 2 T-Riese vom zweiien Typus. Orientierung des vierzelligen Ektoderms. Dorsal gesehen. Nach dem Leben. rechts herum, das andere Imks herum, was doch am raschesten und gründlichsten zu emer dem Plateauschen Prinzip konformen Anordnung geführt haben würde: sondern das linke Paar behielt seine Lage der Ventralgruppe gegenüber bei, und nur das rechte drehte sich „links herum" — ganz, wie in der typischen Ontogenesis (Taf. 111, Fig. 25). Hierbei verdient noch der Umstand hervorgehoben zu werden, daß gerade den genannten drei Riesen eine besondere Glaubwürdigkeit in Sachen der vorschriftsmäßigen Wiederholung typischer Selbstordnungsvorgänge zukam. Zwei von ihnen stellten den „zweiten Typus" der T-Riesenentwicklung dar und waren offenbar von allen Riesen die gesündesten und gestaltungskräftigsten; und der dritte (Fig. l'UU i, p. 193) verriet wenigstens durch die Haltung seiner Ventralgruppe eine nicht gewöhnliche Beständigkeit seiner selbstordnenden Mechanismen gegenüber den Fehlerquellen der Massenkorrelation. So gewinnt denn die Wahrscheinlichkeit überwiegenden Raum, daß auch die typische Drehungsart des rechten Paares durch eine besondere aktive Tätigkeit gewährleistet wird. — 199 — Und einer von unseren drei T Riesen reproduzierte von den normalen Geschehnissen des Stadiums, wenn nicht ein Zufall im Spiele ist, sogar noch mehr (Fig. VW 2). Man sieht, daß die beiden kaudal gelegenen Ektodermzellen des Riesen am Ende der Ruhe- periode zwar nicht faktisch getrennt, aber doch auffallend weit, fast bis zur Tren- nung aus einander gezogen sind, obwohl die Schwanzzelle C, die in der normalen Ontogenesis durch ihren Kontakt als Stein des Anstoßes im Sinne des Plateauschen Prinzipes zu wirken scheint, sie nicht beri.ihrt. - Für einen unzweideutigen Beweis aktiver Tätigkeit halte ich diese vereinzelte Beobachtung natürhch nicht. Aber sie gibt doch wohl zu be- denken, ob nicht in der typischen Ontogenesis eine selbstordnende Tendenz zur Trennung der Zelle b und ß vorhanden ist. y. Die Orientierung des aciitzelligen Ektoderms. Bei der normalen llmordnung des achtzelligen Ektoderms ließen sich zwei Phasen der Bewegung deutlich unterscheiden. In unmittelbarem Anschluß an die Klüftungsperiode entsteht durch leichte Verschiebungen eine regelmäßige, aus einem linken Rhombus und einer rechten T-Figur zusammengesetzte Konfiguration ; diese wird darauf in einer zweiten Phase gesprengt. Es schien auf Grund des normalen Geschehens zweifellos, daß die ersten Verschiebungen passiv nach dem Prinzip der kleinsten Flächen vollzogen werden. Bezüglich des aktiven oder passiven Wesens der zweiten Bewegungsphase besteht zwischen den Autoren noch Meinungsverschiedenheit. Von allen diesen typischen Ereignissen geschah bei der großen Mehrheit meiner T-Riesen -- nichts. Das achtzellige Ektoderm der Riesen vom ersten Typus stellte allemal und für die ganze Dauer seiner Existenz eine rundliche Blase dar, deren Zusammensetzung meist aussah, als wären zwei vierzellige Rhomben schräg gegeneinander verschoben worden (Taf. I, Fig. 6 und 7; Taf. II, Fig. 15). Ein Gebilde ähnhcher Art, aber von fast vollendeter Kugelform lieferte das isolierte Ektoderm unseres Dreifachzwillings (Taf. IV, Fig. 58). Offen- bar deckte sich hier wie dort die Anordnung der Zellen genau mit dem, was nach dem Prinzip der kleinsten Flächen zu erwarten wäre. — Ebenso fehlte auch bei mehreren Riesen des zweiten Typus sowohl die charakteristische Konfiguration der ersten Bewegungs- phase, als deren spätere Zerstörung. Unser zweiter Musterriese (Taf. III, Fig. 31 bis 36) hätte vielleicht — nach den Spindelrichtungen zu schließen — an seiner rechten Seite ein vor- schriftsmäßiges T zustande gebracht; aber da trat jene früher von mir beschriebene Kata- strophe ein, durch die eine Zelle der rechten Seite auf die linke verschlagen und die Ge- samtordnung des Ektoderms derartig atypisch wurde, daß sie keinen Vergleich mit den normalen Geschehnissen mehr gestattete (p. 21). Also : bei allen den genannten Riesen erfolgt die Ordnung des achtzelligen Ekto- derms ohne Beziehung zum Typischen, dagegen in völliger Übereinstimmung mit dem Plateauschen Prinzipe, und wir befänden uns, wenn diese Fälle die einzigen wären, wiederum in der Lage, aus dem Verhalten der TRiesen gar nichts entnehmen zu können. Wir wüßten nicht : ordnet sich das achtzellige Ektoderm der Riesen darum nach dem Plateauschen Prinzipe, weil eben auch in der normalen Ontogenesis keinerlei aktive, selbstordnende Ten- denzen in ihm enthalten sind, - oder aber, besteht dennoch eine normale Ordiiungstendenz — 200 — der Elastomere, die bei den T-Riesen nur aus krankhafter Schwäche oder wegen allzu stark veränderter Massenkorrelationen versagt ? Glücklicherweise befand sich unter meinem Materiale ein einziges Individuum, dessen Geschichte der ganzen Angelegenheit ein anderes Aussehen verleiht. Es handelt sich um den gleichen Riesen vom zweiten Typus , der vorhin (Fig. VW) besprochen wurde, weil die beiden hinteren Zellen seines Ektoderms durch ihre Form und Lage den Verdacht be- gründeten, als wenn eine Tendenz zu aktiver Trennung in ihnen vorhanden wäre. Das weitere Schicksal dieses Riesen gestaltete sich wie folgt. Nachdem das Hinterende der Ventralfamilie sich immer stärker dorsalwärts gehoben hatte, trat endlich die Schwanzzelle C an der typischen Stelle in Kontakt mit dem Ekto- derm. Hier waren inzwischen -- in allen vier Zellen zu gleicher Zeit — Teilungsfiguren gebildet worden. In dem Augenblicke nun, in dem das neue Kontaktverhältnis zwischen Ektoderm und Schwanzzelle zustande kam, trennten sich die beiden kaudalen Zellen b und/3, als wenn sie hierauf nur gewartet hätten, glitten weit voneinander und nahmen Stellung in der linken und rechten Planke des Gesamtkomplexes. Unmittelbar darauf trat in allen vier Ektodermzellen die Durchschnürung ein. Als diese vollendet war, und noch ein paar leichte Verschiebungen der jungen Elemente stattgefunden hatten, bot das nunmehr acht- zellige Ektoderm genau die gleiche Zusammensetzung dar, wie in der ersten Phase des Vorganges beim typischen Embryo. Links war ein Rhombus, rechts eine T-Figur gebildet worden (Fig. WAVW Fig. i — 3). 1 Wff'ir. 2 3 T-Riese vom zweiten Typus. Nach dem Lelien. Orientierung des achtzelligen Ektoderms, erste Phase. I von rechts, 2 von hnks, 3 ventral angesehen. Die vier rechten Ektodermzellen sind weiß, die Unken punktiert. Allein die Konfiguration des Gesamtembryo war keineswegs typisch. Eigentümlicher- weise hatte nämlich die Schwanzzelle, der es beschieden war, durch ihr Emporsteigen bis an das Ektoderm die Fortentwickelung dieser Zellfamilie noch rechtzeitig in die typische Bahn zurückzuleiten, ihr eigenes Ziel vollständig verfehlt. Sie traf infolge der asymmetrischen Stellung der vierzelligen Ektodermgruppe nicht mitten zwischen die beiden kaudalen Zellen b und ß hinein, sondern berührte zunächst nur die rechte von ihnen. Als dann im An- schluß an diese Berührung die allgemeine, fast plötzliche Verlagerung der Zellen eingetreten war, wurde die Schwanzzelle, wie es schien, von der Bewegung davonge- tragen, und gelangte ganz und gar auf die rechte Seite des Embryo. Da- selbst richtete sie sich zwar ein, als wenn sie zu Hause wäre, und nahm nach einiger Zeit — 201 die charakteristische, ihr speziell zukommende Birnenform an (Fig. W^VW i u. 3); es ist aber klar, daß die Konfiguration des ganzen Keimes und das Kontaktverhältnis mancher Zellen nun wieder stark atypisch geworden war. — Unter diesen Umständen war ich nicht wenig gespannt, ob auch die zweite Phase des typischen Dislokationsvorganges, in der die ekto- dermale T-Figur durch Trennung der Schwesterzellen al und all gesprengt wird, bei meinem abnormen Riesen wiederkehren würde. Zunächst traten in der noch vierzelligen Ventralgruppe ein paar Mitosen ein: die beiden vorderen Elastomere MSt und E teilten sich in einer Weise, die der normalen Vor- schrift durchaus entsprach. Ehe auch die beiden hinteren so weit gekommen waren, er- folgte eine Neuordnung des Ektoderms, und siehe da, der typische Vorgang wieder- holte sich mit allen seinen Einzelheiten (Fig. XXX i u. 2). XXX. /4.T)othese fremde Gefahren schwer bedroht: erstens die vielfältige, fast unaufhörliche Um- lagerung aller dem Auge unterscheidbaren Substanzen innerhalb des Kernes — Be- wegungen, die allem Anscheine nach nicht strenge geregelt sind; und zweitens die uns be- kannten, ausgiebigen und ebenfalls recht veränderlichen Dislokationen der ganzen Kerne im Innern ihrer Zellen. Die Schwierigkeiten der ersten Kategorie, die ja für andere Objekte genugsam er- örtert worden sind und Weismann zu dem Schlüsse führten, daß jedes kleinste Chromatin- körnchen die Gesamtheit der Ursachen in typischer Architektur enthalten müsse, scheiden wir willkürlich aus. Wir nehmen also an, bei Ascaris bestehe in der Tat der komplizierte Mechanismus erb ungleicher Mitosen, die bewirken, daß die Summe verschiedenartiger Determinationssubstanzen, die ein Vaterkern enthält, nach fester Vorschrift in zwei typisch ungleiche Portionen — je einem Teilkern entsprechend — gesondert werden. Zum Beispiel möge der Kern der Zelle Pj aus inneren Gründen befähigt sein, die für die Tochtcrzellen EMSt und Po bestimmten Substanzsortimente exakt voneinander zu scheiden. Dann stünden wir noch immer vor der Frage, wie es geschieht, daß die Kernsubstanzengruppe mit der Be- stimmungsadresse P, auch wirklich in die Zelle Po gelangt, nicht in die Zelle EMSt und umgekehrt. Es ist die zweite Schwierigkeit, die schwankende Haltung der ruhenden Kerne und frühen Teilungsphasen innerhalb ihrer Zellkörper, mit der wir jetzt noch zu rechnen haben. Nach unserer Lehre erhält die fertige Teilungsfigur, die zur Zeit ihrer Entstehung noch nicht an eine vorgeschriebene Lage gebunden, sondern drehbar ist, dadurch ihre end- gültige, typische Situation, daß sie auf dem kürzesten Wege eine im Plasma der Zelle kennt- lich gemachte Achsenrichtung aufnimmt und darin verbleibt; etwa so, wie ein steuerlos ge- wordenes Schiff sich in die I'lichtung der Wellenkämme dreht. Von einer Polarität der Teilungsfigur, wie sie bei erbungleicher Mitose bestände, und von dem Ansprüche dieser Pola- rität auf eine bestimmte Lage innerhalb der für die Spindel vorgeschriebenen Achsen- richtung war dabei keine Rede. Ganz wie die Spitze eines vom Nordsturm beigedrehten Schiffes nach Osten oder nach Westen zu liegen kommt, je nachdem sie vor dem Beginne der Drehung der einen oder andern Himmelsrichtung näher war, so stünden nach unserer bisherigen Hypothese auch der polar differenzierten, beweglichen Spindel je nach ihrer An- fangslage zwei Möglichkeiten der Einstellung frei, eine richtige, dem typischen Verteilungs- plane entsprechende, und eine entgegengesetzte, falsche : Es müßte denn durch irgendwelche — 271 im Kern gelegenen Besonderheiten Sorge getragen sein, daß allemal der kürzeste Weg zur definitiven Te i 1 u n gsa ch sc zugleich der richtige ist; mit anderen Worten, daß jede erbungleiche Spindelhälfte der ihr zugewiesenen Zelle von Anfang an näher liegt, als der anderen. Hat diese letztere Forderung Aussicht auf Verwirklichung? - Wenn man den Mechanismus der erbunglcichen Teilung sich derartig denkt, daß die im ruhenden Kern wahllos gemischten Sondersubstanzen zur Zeit der Mitose durch gegenseitige spezialisierte Anziehung und Abstoßung in zwei getrennte Gruppen zu- sammengezogen werden, so ist klar, daß die Richtung dieses Trennungsvorganges dem reinen Zufall überlassen bliebe; hiernach würde auch die Polarität der einzelnen Spindel vollkommen beliebig gerichtet, und eine typische Verteilung der Determinationssubstanzen ohne anderweite Hilfe undenkbar sein. Nimmt man aber an, die vielerlei Substanzen des reifen Vaterkernes befänden sich in einer fest geordneten, vom Ei her überlieferten Archi- tektur und würden bei der Mitose nur durchgeschnitten, so schlösse ein „Schwanken" der Kerne die Erfüllung jener conditio sine qua non nicht unbedingt aus: es käme auf den Grad des Schwankens an. Vielleicht sind die ungeregelten Drehbewegungen der Kerne und der daraus resultierende Fehlbetrag in der Anfangslage der jungen Spindel immer auf einen gewissen Spielraum beschränkt: kleiner als 90°? Dann wäre der kürzeste Weg zur vorge- schriebenen Spindelachse in der Tat zugleich der Weg zur typischen Einstellung der Kern- QQQQ Ei mit junger Furchungsspindel. Konserviert. Von dem- selben ftJKaiens-Weibchen, wie das in Fig. DDD, p, 156 abgebildete Ei. Polarität. Das planvolle Verhältnis zwischen der Architektur der Kernsubstanzen und den Richtungen des Zellenstammbaums, das in den Ruheperioden durch die Unstätigkeit der Kerne sich lockert, würde gelegentlich der Mitosen immer wieder straff gespannt, und jede junge Tochterzelle erhielte ihr Deputat an Kernsubstanzen prompt und zuverlässig ins Haus geliefert. Allein diese hoffnungsreiche Vermutung hält den Tatsachen gegenüber nicht stand. Es ist gewiß, daß Kerne vom Keimbahntypus -die einzigen, an denen derartiges erkennbar wird — atypische Drehbewegungen weit über 90» hinaus erleiden können (p. 74). Und manche jungen Spindeln trifft man in einer Anfangslage, die mit der endgültigen Teilungsachse um einen vollen rechten Winkel differiert. Z. B. liegt die vorschriftsmäßig vertikale erste Furchungs- spindel bei ihrer Entstehung nicht gar so selten genau horizontal; und ich habe gelegentlich Material von ganz besonders „typischer" Bildung unter den Händen gehabt, bei dem das genannte Verhalten (Fig. QQQQ) fast ausnahmelos zu finden war. Setzen wir nun voraus, diese vorläufig horizontal gelagerte Kernfigur sei polar differenziert und zwar in einer bestimmten Richtung, enthielte etwa links das Erbteil der oberen, rechts das der unteren Tochterzelle : 272 wie sollte sie dann aus sich selbst heraus bewirken können, daß sie bei der rechtwinkligen Umdrehung in die Vertikalachse vorschriftsmäßig einschnappt, den linken Pol nach oben, den rechten nach abwärts gekehrt; da doch in diesem Falle der richtige und der falsche Drehungsweg von gleicher Länge sind? Man sieht, die Annahme, daß die Gründe der Determination ausschließlich im Kern lokalisiert seien, scheitert bei Ascaris vollkommen an der Unmöglich- keit einer planmäßigen Verteilung derartiger Determinationssubstanzen. Es müßte in jeder Mutterzelle mindestens noch eine entsprechend gerichtete Diffe- renzierung außerhalb des drehbaren Kernes, d. h. im Plasmaleib vorhanden sein, die auf die ungleichen Pole der Spindel orientierend wirkte, wie Nord- und Südpol der Erde auf eine Magnetnadel. In unserem Beispiele träte die richtige Einstellung der Spindelpolarität, die typische Verteilung der gesonderten Substanzengruppen sofort in den Bereich der Möglichkeit, wenn im Plasma des teilungsreifen Eies ein oberer und ein unterer Distrikt in irgend einer typischen Weise, vielleicht chemisch, verschieden wären. Nun wäre die Forderung einer solchen Differenzierung in diesem einen Falle durch- aus nicht kostspielig. Wir haben ja schon durch die Analyse der Dotterverteilung (p. 153) festgestellt, daß das Plasma des Eies in der Richtung der Vertikalachse ober- halb und unterhalb verschieden sein muß, und offenbar könnte die gleiche Anisotropie, die den Dotter ventralwärts zieht, auch das für Pj bestimmte Kernsubstanzensortiment als adäquater Reiz nach unten lenken. Aber dieselbe Notwendigkeit gälte nicht nur hier, sondern für den gesamten Differenzierungsplän. Überall da, wo prospekti\' un- gleiche Zellen oder Zellfamilien ihren Ursprung nehmen, würde im Plasma der betreffenden Mutterzelle typisch gerichtete Polarität als unentbehrliches Orientierungs mittel für die Spindel vorausgesetzt. Das heißt, wir brauchten im ganzen genau so viele plasmatische Verschiedenheiten, als es morpho- genetisch selbständige Zellen und Zellfamilien gibt. Und alle diese Verschiedenheiten müßten — wegen des Mosaikcharakters der Ascarisontogenese — bereits im Ei in fester Ordnung vorhanden sein. - Damit aber sähen wir uns, um nur die Annahme einer vom Kern ausgehenden Determination in denkmögliche Form zu bringen, zur Forderung genau der gleichen plasmatischen Parzellierung gedrängt, der vorhin für die Hypothese im Zellleib lokalisierter Determinationsgründe beansprucht wurde. Um dieses Zugeständnis: die Präformation aller Zellensorten im Plasmakörper des Eies und erb- ungleiche Plasmateilung, kämen wir also keinesfalls herum. Nun wird man sich zwar sagen müssen, daß eine plasmatische Organisation, die für nichts weiter als nur die typische Einstellung polar differenzierter Spindeln zu sorgen hat, nicht so kom- pliziert zu sein brauchte, als eine solche, die sämtliche Geschehensarten der Formbildung determiniert : in beiden Fällen stimmte die Zahl und Lage der im Ei präformierten Zell- protoplasmen überein; aber innerhalb des einzelnen Territoriums wäre hier eine geringere, dort eine größere Komplikation erforderlich. Immerhin stellte sich die Notwendigkeit, außer der Vorbereitung aller Geschehnisse im Kern auch noch die komplete Organisation des Protoplasma anzunehmen, als eine Belastung der nuclearen Hypothese dar, die den ökono- mischen Vorrang der rein plasmatischen Determination entscheiden dürfte. — 273 — Fassen wir zusammen, so ergibt die AprioriBcrechnung über Art und Wertverhältnis der vorhandenen Lokalisationsmöglichkeiten folgendes : Am sparsamsten wäre die Hypothese, daß die differenzielle Formbildung der Ascariszellen auf angeborener Verschiedenheit ihrer Protoplasmakörper beruhe, die ihnen durch erbungleiche Zerlegung einer im Ei- plasma präformierten Organisation übertragen wird. Etwas höhere Ansprüche stellt die zweite Hypothese, wonach die erbungleiche Teilung einer Kernorganisation unter Zuhilfenahme plasmatischer Differenzierung die Formbildung determiniert. Die Annahme einer rein nuklearen Determination ist, als bei Ascaris undurchführbar, ausge- schieden. Jetzt aber tritt die Analyse teratologischen Materials, die von Boveri bereits eine Strecke weit gefördert worden ist, in ihr Recht. Es soll sich zeigen, ob das ökonomische Rangverhältnis der beiden zulässigen Lokalisationshypothesen auch den Tatsachen der ab- normen Entwickelung gegenüber bestehen bleibt. Hierbei begimien wir naturgemäß mit einer Darstellung und Kritik der von Boveri beigebrachten Argumente. B. Die doppelbefruchteten Einzeleier und die Einfachzwillinge. 1. Boveri forschte ursprünglich nur nach den Gründen der typisch geregelten Diminution. Er fragte sich, ob die Kernschleifen der Ursomazellen deswegen die sonder- bare Zerstückelung erleiden, weil sie von Geburt an, d. h. durch erbungleiche Spaltung der betreffenden Mutterschleifen anders beschaffen sind, als die aus derselben Mitose hervor- gegangenen Keimbahn-Chromosome ; oder ob vielmehr ein ungleicher Zustand der um- hüllenden Plasmakörper das differenzielle Verhalten der (in diesem Falle von Haus aus gleichwertigen) Chromosome bedingt. 1 ItItBIt. 2 Schema der simultanen Vierteilung eines doppel- befruchteten bivalens-K\es. Annahme erbungleicher Chromosomenspaltung. Der Weg, auf dem Boveri sich seinem Ziele näherte, war echt analytisch. In seiner großen Ascarisarbeit (1899 p. 424) wies er zunächst darauf hin, daß die von Herla (1894 Taf. XVI 11, Fig. 81) beschriebenen doppelbefruchteten Einzeleier mit vier- po liger Teilungsfigur, falls man über ihr ferneres Schicksal unterrichtet wäre, den ge- wünschten Aufschluß wohl geben könnten. Bei diesen Keimen verteilen sich die anfangs vorhandenen sechs Chromosome — zwei weibliche und zweimal zwei männliche — regellos zwischen die Zentrenpaare, fast immer so, daß wenigstens eine der simultan entstehenden Zoologlca. Heft 40. 3Ö — 274 — vier Tochterzellen ihren Kernschleifenbestand von mehreren Seiten, aus mehreren Äquatorial- platten bezieht (Fig. RRRR). Wenn nun die Spaltung der Mutterchromosome differenziell ge- schähe, die ganze Mitose also sechs prädestinierte Keimbahnschleifen und sechs somatische, zur Diminution berufene Chromosome lieferte, so wäre unvermeidlich, daß oft in einer und derselben Zelle ungleichnamige Schleifen zusammenträfen (Fig. RRRR 2, rechts oben). Und käme es dann zur Diminution, so böte eine solche Zelle das Schauspiel einer ge- mischten, zum Teil somatischen, zum Teil dem Keimbahntypus folgenden Mitose. Seither gelang es Boveri (1904a und b), die Folgezustände dispermer Einzeleier auf- zufinden. Und siehe da: von einer Mischung der karyokinetischen Typen war keine Rede; ausnahmelos zeigte sich die Gesamtheit der in einer Zelle enthaltenen Chromosome ent- weder diminuiert oder nicht. Aber Boveri fand noch etwas anderes, unvermutetes: Etwa zwei Drittel der doppelbefruchteten Einzeleicr entwickelten sich — wenigstens in gewissen Ziagen der Formbildung — als „Zwillinge". Früher hatte Boveri (1899 P- 427) die Meinung ausgesprochen, daß die von mir (1898 b) beschriebenen, aus disperm befruchteten Doppeleiern hervorgehenden „Riesenzwillinge" immer nur dann entstehen könnten, wenn in dem Riesenei zwei wohlgesonderte Teilungsfiguren mit je einer einzigen Äquatorialplatte angelegt worden wären. Und dieser Vermutung schloß ich mich im ersten Teile der vorliegenden Arbeit (1903 p. 30) aus doppeltem Grunde an. Einerseits hatte ich das wirkliche Vorkommen der von Boveri erschlossenen Art der Spindelbildung in Rieseneiern und die Entwickelung solcher Eier zu Zwillingen inzwischen festgestellt; und ferner schien auch mir der Gedanke, daß ein Keim mit vierpolig verkoppelter Teilungsfigur und der fast unvermeidlich damit verbundenen Kernschleifen-Konfusion jemals zwei abgeschlossene Indi- vidualitäten liefern könnte, zu jener Zeit so sonderbar, daß ich mich leicht für eine gegen- teilige Lehre gewinnen ließ. Und nun Boveris überraschende Entdeckung der Einfach- zwillinge ! Es nützte nichts, sich an die Ausflucht anzuklammern, daß auch bei Einzeleiern getrennte Furchungsspindeln — wenigstens gelegentlich — gebildet werden könnten, und daß die Zwillinge allemal aus solchen Eiern ihren Ursprung nähmen ; denn unser Autor be- saß ein untrügliches Mittel, jedem Zwilling nachzurechnen, welcher Art seine erste Mitose gewesen war. Er zählte die Chromosome der doppelten Keimbahn. Hatte das Ei zwei selb- ständige Spindeln mit je einer einzigen Äquatorialplatte angelegt, so mußten in den beiden Keimbahnen notwendig zusammen sechs Chromosome (bei bivalens) vorhanden sein; und solches war in der Tat mehrfach der Fall. Aber bei den meisten Zwillingen stimmte es nicht. Einer von ihnen enthielt acht, ein anderer sieben Keimbahnschleifen, einer nur fünf. Alle diese Keime bewiesen einwandfrei, daß ihre erste Mitose nicht sauber verlaufen war, daß Chromosome, die auf den somatischen Bereich hätten entfallen sollen, vorschriftswidrig in Keimbahnzellen gelangt waren, oder umgekehrt. Und da die Überläufer sich nie durch irgend eine Eigenmächtigkeit verraten haben, sondern ausnahmelos alles, was von Chromo- somen in einer Zelle zusammengewürfelt war, sich uniform verhielt, so schließt Boveri, daß nur die Protoplasmabeschaffenheit der Zelle darüber entscheide, ob ein bestimmtes Chromosoma seinen ursprünglichen Charakter bewahren oder diminuiert werden soll. Die Annahme erbungleicher Kernteilung weist er für Ascaris zurück. — 275 2. Allein so elegant diese Argumentation erscheint, so sehe ich mich dennoch außer Stande, ihr beizustimmen. Eines ist nach Boveris Befunden allerdings gewiß: der Dimi- nutionsvorgang ist keinesfalls eine vom Zellprotoplasma gänzlich unabhängige, sowohl durch kongenitale Eigenschaften veranlaßte als rein mit inneren Mitteln durchgeführte Selbstleistung der Chromosome. Aber eine derartig vollkommene Autonomie des ganzen Vor- ganges war a priori wohl kaum wahrscheinlich; jedenfalls wird sie von einer Hypothese der nuclearen Determination nicht vorausgesetzt. Man durfte vielmehr von vornherein ver- muten, daß mindestens an der letzten, sichtbaren Szene, an der Zerstückelung des Chromo- soms irgend ein besonderer Zustand des umgebenden Protoplasmakörpers kausal — z. B. durch modifizierte Oberflächenspannung — beteiligt sei. Hat doch für andere mitotische Vorgänge ein ausschlaggebender Einfluß des Zellleibes auf die Verwandlung des Kerns und seiner Chromosome sich durch Beobachtung an polyspermen Rieseneiern mit Sicherheit er- weisen lassen (zur Strassen 1898b p. 662). — Die Frage, um die es sich handelt, ist viel- mehr die, ob jene besondere plasmatische Beschaffenheit der zur Mitose schreitenden Ur- somazelle ihr von Geburt an eigentümlich, d. h. durch erbungleiche Plasmateilung übertragen war, oder ob der diminutorische Zustand erst sekundär durch einen Reiz, der von dem Kerne ausgeht, hervorgerufen wird. Im letzteren Falle beruhte die Diminution auf erbungleicher Kernteilung, selbst wenn die eigentliche Vollstreckung des Urteils aus- schließlich dem Protoplasmakörper überlassen bliebe. Nehmen wir jetzt an, die Chromosome der Ursomazellen seien von denen der Keim- bahn in der Tat kongenital verschieden und zwar auf solche Art, daß die plasmatische Zell- substanz, je nachdem sie mit dieser oder jener Schleifensorte in Berührung kommt, dimi- nutionsbestimmend wird oder nicht. Und beide Sorten habe der Zufall einer multiplen Mitose in einer und derselben Zelle zusammengeführt, so daß der gleiche Zellleib dem heterogenen Einflüsse beider Determinationen unterworfen wäre. Was geschieht ? — Da gleichzeitig wirkende Reize in mannigfacher und unberechenbarer Weise sich aufheben, durchkreuzen, zu neuer Qualität verbinden können, so sind wir von der Möglichkeit einer bestimmten Voraussage natürlich sehr weit entfernt. Nur eines ist fast gewiß : der ein- tretende Effekt wird für den ganzen Zellbereich, soweit das Plasma kon- tinuierlich zusammenhängt, identisch sein: auch bei den polyspermen Rieseneiern verbreitet sich derjenige Zustand des Protoplasmakörpers, der auf das Schicksal der Kern- gebilde, wie vorhin erwähnt wurde, bestimmenden Einfluß nimmt, gleichmäßig in alle Winkel des oft bizarr geformten Leibes. Und eine zweite Vermutung liegt nahe oder ist miiidestens durchaus erlaubt. Das Protoplasma unserer Zelle braucht unter der divergenten Einwirkung der zweierlei Chromosome, die es enthält, nicht notwendig eine intermediäre, oder auch gänzlich neue, jedenfalls abnorme Beschaffenheit anzunehmen; es kann vielmehr auch geschehen, daß einer von beiden Faktoren als unbestrittener Sieger aus dem Kampfe hervorgeht und das Verhalten des Plasmakörpers ganz allein und unverfälscht in seinem Sinne determiniert. Eine solche Zelle aber wird sich mit ihrem ganzen Be- stände an Chromosomen, trotz deren Verschiedenheit, entweder wie eine Keimbahn- oder wie eine Ursomazelle verhalten müssen. Boveris Beobachtung, daß man bei Zwillingen — 276 — und sonstigen dispermen Keimen nie eine mitotische Zelle findet, in der ein Teil der Chromosome diminuiert wird, der andere nicht, schließt also die Annahme erbungleicher Chromosomenteilung noch lange nicht aus. Aber sogleich erhebt sich die Frage, wie es denn geschieht, daß bei nicht weniger als zwei Dritteln der doppelbefruchteten Eier — eben den „Zwillingen" — genau zwei Keim bahnen gebildet werden. Bei diesen Keimen vollzieht die Hälfte der aus der ersten Teilung simultan hervorgegangenen Vierzellengruppe — entweder sogleich oder um eine Stufe später — die Diminution. Wir müßten also vom Standpunkte der Hypothese erbungleicher Chromosomenspaltung schließen, die vierpolige Mitose verteile den Chromatinvorrat in zwei Dritteln der Fälle derartig auf die Tochterzellen, daß in dem einen Paare die kon- servati\e Tendenz der Keimbahnschleifen, im andern das diminutorische Element die Ober- hand erhält. Wie dies aber möglich wäre, leuchtet nicht ohne weiteres ein : in Anbetracht der „Regellosigkeit" jener multiplen Mitose sollte man glauben, daß eine so ausnehmend günstige, die beiderseitigen Einflußsphären genau proportional der typischen Vorschrift be- messende Gruppenbildimg minder häufig zu stände käme. Nun fehlt uns freilich, solange wir über das Wesen der anzunehinendcn Reizvorgänge, die Art, wie sie bei gleichzeitiger Gegenwart aufeinander wirken, ihr relatives Stärkeverhält- nis im unklaren sind, jede Grundlage zu einer erschöpfenden Beurteilung dieser Konkurrenz- frage. Aber darauf kommt es uns zurzeit auch gar nicht an. Was wir erfahren wollen, ist nur, ob eine prinzipielle Möglichkeit, das überwiegend häufige Auftreten zweier Keimbahnen mit der Hypothese erbungleicher Chromosomenteilung in Einklang zu bringen, sich er- weisen läßt. Und ich denke, daß solches gelingt. Stellen wir uns die Bedingungen des intracellulären Kampfes in einer Weise vor, gegen die das Odium zu hoher Komplikation jedenfalls nicht eingewendet werden kann : die Wirkungsart der zweierlei widerstrebenden Chromosome sei analog, ihre individuell-determi- natorische Kraft sei gleich, und einfach zahlenmäßige Majorität entscheide, ob diese oder jene Partei die andere überwältigen, das Zellprotoplasma in ihrem Sinne determinieren soll. Dann müßten also am Anfang jeder Zwillingsontogenesis die Chromosome derartig auf die Spindeln der vierpoligen Mitose verteilt worden sein, daß zwei von den vier Tochterzellen mehr Diminutions- als Keimbahnschleifen erhalten, die beiden anderen das umgekehrte. Und dieser Annahme steht, soweit die bisherigen Erfahrungen reichen, nichts Tatsächliches im Wege. Die von Boveri mitgeteilten und alle die zahlreichen Fälle, die ich selbst unter- suchen konnte, lassen die Möglichkeit einer entsprechenden Deutung zu; wie ja auch unser schematisches Beispiel (Fig. RRRR, p. 273) in den zwei oberen Zellen eine Majorität der dimi- nutorischen Chromosome, d. h. Diminution, in beiden unteren den Keimbahntypus ergeben würde. — Hätte nun diese besondere Art der Gruppenbildung irgendwelche Aussicht, häufiger als andere aufzutreten? Gewiß! Die Hypothese erbungleicher Kernteilung führt, wie wir gesehen haben, unweigerlich zu der Forderung, daß zwischen den differenziellen, für obere und untere Tochterzelle bestimmten Hälften der ersten Furchungsspindel und dem anisotropen Eiprotoplasma eine orientierende Wechselwirkung bestehen müsse, die für die richtige Einstellung der Spindelpolarität zu sorgen hat (vgl. p. 272). Nehmen wir an, es handele sich dabei um attraktive Wirkungen zwischen je einem Plasmapole und den pro- grammgemäß für die betreffende Seite designierten Tochterchromosomen, so ist fast gewiß, 277 — daß der ordnende Einfluß dieses typischen Apparates sich auch bei der abnormen Mitose doppelbefruchteter Eier geltend machen werde. Jedes Chromosom, das zufällig in den Machtbereich eines aufrecht stehenden Zentrenpaares gelangt, gäbe die Spalthälfte „P/' nach unten, die diminutorisch gestimmte Hälfte „AB" nach oben ab. Und wenn schon hierdurch eine erhebliche Anhäufung gleichartiger Tochterchromosome um je zwei Zentren gesichert wäre, so bestände noch überdies die Möglichkeit, daß unter der richtenden Einwirkung der Plasmapolarität durchschnittlich die Mehrzahl der vorhandenen Kernschleifen sich auf die annähernd vertikalen Spindeln verteilte; hierdurch würde die Aussicht auf relativ reinliche Scheidung der beiderlei Chromosomensorten, die Bildung einer gleichnamigen Majorität in je zwei Tochterzellen noch mehr gesteigert. Das heißt, der Fall, daß von den vier ersten Zellen eines doppelbefruchteten Eies zwei ihre Kerne diminuieren, zwei andere nicht, müßte besonders häufig sein. Und so verträgt sich denn, wie wir sehen, die auf den ersten Blick befremdliche Tatsache, daß trotz der mit der multiplen Mitose verbundenen Konfusion überwiegend oft zwei Keimbahnen angelegt werden, dennoch ganz gut mit der Hypothese erbungleicher Chromosomenteilung. Andererseits hätte, wenn unsere Annahme zutrifft, das Vorkommen dispermer Keime, bei denen weniger oder mehr als die Hälfte des primären Zellenbestandes in Dimi- nution getreten ist, nichts überraschendes. Boveri legt auf die letztere Kategorie, die Fälle mit nur einer Keimbahn, viel Gewicht. Nach seiner Meinung entstehen sie allemal durch eine besondere Aufstellung der vierpoligen Mitose im Ei, indem die Centrosome sich nicht, wie sonst, paarweis auf seine obere und untere Hälfte verteilen, sondern ein einzelnes Zentrum den ventralen Plasmabereich für sich allein in Anspruch nimmt : so geht die „keim- bahnbildende" Beschaffenheit des unteren Plasmaviertels auch nur auf eine einzige Tochter- zelle über; alle andern, nämlich die gegenüberliegende obere und zwei ungefähr äquatoriale Zellen verfallen der Diminution. Nun hat zwar Boveri multiple Teilungsfiguren der hier geforderten Art an konserviertem Materiale mehrfach aufgefunden ; daß aber zwischen den beiderlei Gebilden ein wirklicher und obliga- torischer Zusammenhang bestehe, vermutet er wohl nur. So bleibt es denn auch erlaubt, die fraglichen Fälle auf eigentümliche Gruppen- bildung differenzieller Chromosome, die eben den Keimbahnschleifen nur in einer Zelle die Majorität verschafft, hypothetisch zurückzufüh- ren.— Übrigens trat diese Art von Mißbildungen in dem von mir untersuchten Materiale viel sel- tener auf, als ihr Gegenstück : disperme Keime mit einem Überschuß an Keimbahnzellen. Fig. SSSS steht ein solches Gebilde dar. Es macht im allgemeinen den Eindruck eines regelrechten Zwillingskeimes und trägt, wie jener, am unteren Pol ein Konglomerat von zweimal zwei Zellen mit Keimbahnkernen. Daran schließen sich vier Elastomere mit frischen Spuren stattgehabter Diminution, die ich als SSSS. Doppelbefruchteter Keim von Ä. m. hivalens. — 278 — doppelt vorhandene E-MStgruppe ansprechen möchte. Ganz oben aber liegen im Umkreis einer Furchungshöhle sieben Zellen, sechs somatische und mitten darunter eine größere, offenbar um einen Klüftungsschritt zurückgebliebene — vom Keimbahntypus. Ohne Zweifel ist bei der Vierteilung des Eies nur eine einzige in toto diminutionsfähige Ursomazelle ge- bildet worden, die sich genau nach dem Programm einer Ektodermzelle „AB" entwickelt hat : zeigen doch zwei ihrer Enkelinnen aufs Haar diejenige exzentrische Spindelstellung, die für die Zellen a und a charakteristisch ist, und die bei sämtlichen normalen Eiern der be- treffenden Ascaris wiederkehrte. Außer dieser einen, wohlgeratenen Ursomazelle aber haben die Produkte der simultanen Vierteilung den Keimbahntypus beibehalten. Erst auf der nächstfolgenden Stufe kam es bei je einer ihrer Tochterzellen zur Diminution. — Man könnte nun, um die Entstehung derartiger Keime im Sinne Boveris zu erklären, auch hier be- haupten, daß durch besondere Lage der vierpoligen Spindelfigur die Abschnürung einer einzigen rein dorsalen Tochterzelle bewirkt worden sei, und daß diese Zelle, weil nur im dorsalsten Viertel des Plasmaleibes die Ursachen des Ektodermwerdens enthalten sind, allein von allen primäres Ektoderm geliefert habe. Aber offenbar ist wiederum die andere Hypo- these, wonach eine unglückliche Konstellation verschiedenartiger Chromosome die Ab- weichung verschuldet hätte, ebenso erlaubt. Ja, sie ist eigendich sogar die bessere. Denn wenn man Boveris Erklärung für das Auftreten nur einer Keimbahn mit der hier ange- botenen analogen Hypothese über den Grund dreifacher Keimbahnbildung zusammenhält, so stößt man auf die nicht angenehme Frage, durch welche Plasmadifferenzierung wohl das Schicksal der im Äquator des Eies sich abschnürenden Tochterzellen bestimmt werden möge. Diese mittleren Elastomere nehmen in einem Falle an der Diminution der rein dorsalen Ur- somazelle teil, im anderen folgen sie der rein ventralen Keimbahnzelle. Nach alledem wird man zugeben müssen, daß in dem diminutorischen Verhalten der durch multiple Teilung doppelbefruchteter Einzeleier entstandenen Vierzellengruppen kein Beweis für rein plasmatische Determination und für das Fehlen erbungleicher Chromo- somenteilung zu finden ist. Die ontogenetischen Vorgänge dieser Kategorie sind doch wohl zu kompliziert, als daß sich ihre Kausalität durch ein Rechenexempel entschleiern ließe. 3. Sehen wir zu, ob die Vertiefung in das andere, minder verklausulierte Problem: wie es kommt, daß doppelbefruchtete Einzeleier überhaupt „Zwillinge" liefern können, für unseren Zweck ersprießlicher ist. Eine simultan geborene Vierzellengruppe, die zwei Elastomere vom Keimbahn- und zwei vom Ursomatypus enthält, ist darum noch keine Zwillingsbildung. Hierzu gehört viel- mehr, daß je ein Paar der Zellen in allen seinen Eigenschaften — mit Ausnahme gewisser Differenzen der Form und Anordnung, die aus der veränderten Massenkorrelation ohne weiteres verständlich sind - sich so präsentiert, wie ein typisches Stadium II. Die beiden aufeinander bezogenen Zellen müssen daher vor allen Dingen im Dottergehalt und in der Größe um das typische Maß verschieden sein. Und diese Forderung finden wir bei einem Teile der doppelbefruchteten Vier zellenkeime in der Tat erfüllt. Allein die Kenntnis vom Vorhandensein solcher echten Zwillinge jüngster Stufe vermag — 279 — uns dennoch dem erstrebten Ziele nicht näher zu bringen, weil die Entstehung derselben kaum etwas Neues voraussetzt. Wie wir erfahren haben, verdankt ein sehr erheblicher Prozentsatz derjenigen dispermen Keime, die zwei primäre Ursomazellen bilden, den Vorzug dieses proportional-typischen Verhaltens nicht sowohl den Zufälligkeiten multipler Mitosen, als vielmehr dem ordnenden Einflüsse der anisotropen Eistruktur auf Spindeln und Chromo- some. Nun sorgt am normalen Keim die polar differenzierte Plasmaschichtung, die der ersten Spindel ihre senkrechte Lage weist, zugleich auch für ihre Exzentrizität und für das Ventralwärtswandern der Dotterkörnchen. Da wäre es denn nicht wunderbar, wenn bei disper- men Eiern, denen auf Grund ihrer axialen Plasmastruktur die Herstellung zweier vertikalen Spindeln, eventuell auch die Vereinigung der meisten Chromosome in queren Äquatorial- platten gelungen ist, die beiden unteren Tochterzellen typisch kleiner und dotterreicher aus- fallen würden, als die oberen. — Erst wenn die Entwickelung über das zweimal-zweizellige, noch gar zu sehr unter den Auspizien der normalen Eistruktur geschaffene Stadium hinaus- geht, wird ihre Erklärung unter Umständen schwierig und interessant. Nehmen wir an, jeder Einzelkeim eines Zwillings durchlaufe — von unvermeidlichen, durch die Verlötung bedingten Alterationen wiederum abgesehen — das ganze typische Entwickelungsprogramm, oder sei doch von Haus aus zu einer solchen Leistung befähigt ; — was gehörte dazu ? Da offenbar die Ontogenesis eines jeden Individuums ,, Selbstdifferen- zierung" wäre, formbildende Wechselwirkung zwischen den Zwillingsbrüdern also nicht statt- finden könnte, so müßte in jedem Einzelkeime die Gesamtheit derjenigen Strukturen und Komplikationen, deren die typische Entwickelung bedarf, enthalten sein. Ein doppel- befruchtetes Ascarisei, das Zwillinge liefert, würde demnach die formbildende Organisation von irgend einem Zeitpunkte, spätestens aber vom Ausgange der vierpoligen Mitose ab, zweifach enthalten müssen. In der Entstehung dieses abnormen Zustandes läge das Problem. Und da nicht ausgeschlossen ist, daß seine Lösung sich als verschieden schwierig erweisen würde, je nachdem man die Ursachender Formbildung im Kern oder im Plasma lokalisiert, so verspräche in solchem Falle die Analyse will- kommene Aufklärung über die Leistungsfähigkeit der einen und der anderen Hypothese. Wenn die Kausalität des Differenzierungsprozesses ausschließlich auf die Kerne, speziell die Chromosome begründet wäre, so machte die Lösung gar keine Schwierigkeit. Stände doch ohnehin die Gesamtheit der Determinationsgründe, der Zahl vorhandener Kern- schleifen entsprechend, mehrfach zur Verfügung. Und es würde nur eine Frage der räum- lichen Verteilung durch zweipolige oder vierpolige Mitose sein, ob der typische Entwicke- lungsverlauf einmal oder zweimal determiniert werden sollte. Wir wissen aber, daß es bei Ascaris rein nukleare Determination nicht gibt und nicht geben kann. Selbst wenn die Chromosome sich erbungleich spalteten und einen bestimmenden Einfluß auf die Differen- zierung nähmen, würde daneben noch eine Fülle im Plasmakörper des Eies und der Furchungszellen lokalisierter Hilfsstrukturen unentbehrlich sein : einerseits die vielgenannten ,, Schichtsysteme", die als Richtungslineale für die Spindeln und als strukturelle Grundlage der cytotaktischen Mechanismen dienen; andererseits aber eine planvoll geordnete, irgend- wie präformierte Repräsentation aller folgenden Zellen und Zellfamilien, damit die vorschrifts- mäßige Einstellung der Spindelpolarität, d. h. die richtige Verteilung der Kernsubstanzen ermöglicht werde. In der Voraussetzung einer Organisation des Eiprotoplasma sind also — 280 — beide überhaupt zulässigen Hypothesen gleich. Und beide erheben darum für den Fall kompleter Zwillingsontogenese die Forderung, daß jene plasmatische Organisation, die doch normalerweise nur einmal und einheitlich gegeben ist, von der Geburt des Vierzellenstadiums ab doppelt vorhanden sei; ein Anspruch, der, wie wir gleich sehen werden, seltsame und wichtige Konsequenzen nach sich zieht. Für gewisse Einzelpunkte des Verdoppelungsproblems stände freilich — voraus- gesetzt, daß die Trennungsfläche der neugeborenen Zwillinge ganz genau vertikal gerichtet wäre — eine überaus einfache Erklärung bereit: die betreffenden Organisationsverhältnisse könnten durch bloßes Zerschneiden, ohne sich dabei ihrem Wesen nach geändert zu haben, in die verlangten gleichwertigen Hälften zerfallen sein. Das gälte in erster Linie für die der Spindelstellung dienenden plasmatischen Schichtsysteme. Nach unserer Annahme durchdringen sich die Schichtungen, wie Spaltflächen eines Kristalls; und diese Durchdringung brauchte nur eine völlige und allseitige zu sein, so erhielte jede Hälfte des vertikal durchschnittenen Eies die Gesamtheit ohne weiteres und in vorgeschriebener Lage zugeteilt. Leicht begreiflich wäre auch die Verdoppelung der im Plasma präformierten „Anlagen" für die ventralen Furchungszellen EMSt und Po, und deren Töchter E, MSt, P3 und C, die allesamt in der Achsenrichtung des Eies, vielleicht als breite Scheiben, übereinander liegen. Schnitte die Grenzfläche einer im Werden begriffenen Zwillingsbildung da senkrecht hindurch, so fiele den ventralen Zellen beider Individuen die ganze, vorschrifts- mäßig geordnete Serie zu, und regelrechte Entwickelung der Ventralfamilie wäre beiderseits, wenigstens für die zwei nächstfolgenden Teilungsstufen, garantiert. Ferner würden auch solche Zellanlagen, die außerhalb der Eiachse im Protoplasma gelegen sind, unter der Bedingung, daß die Trennungsfläche durch ihre Mitte hindurchginge, beiden Zwillings- brüdern zugute kommen und ihre formbildende Aufgabe hier wie dort, also doppelt erfüllen können. Allein mit alledem wäre das Problem der doppelten plasmatischen Organisation noch lange nicht erschöpft. Wie der sich entfaltende Keim, so ist schon der Plasmaleib des Eies rings um die Achse herum differenziert. Zum Beispiel bilden darin die Anlagen der ektodermalen Furchungszellen a, a, b, ß, ein horizontales Quadrat, dessen Glieder in ihrem formbildenden Verhalten sämtlich verschieden und außer stände sind, sich gegenseitig zu vertreten. Und es ist klar, daß dieser Anlagenkomplex durch keine senk- recht stehende Trennungsebene, wie immer sie gerichtet wäre, in zwei einander oder gar dem Ganzen wesensgleiche Hälften zerschnitten werden könnte. Fände man also Zwillinge, die zweimal vier Ektodermzellen nach den Regeln der normalen Entwickelung gebildet haben, so müßte bei ihnen die Präformation der ektodermalen Vierzellen- gruppe unbedingt schon vor der Durchschneidung des Eies doppelt — näm- lich beiderseits der künftigen Grenzfläche um je eine eigene, individuelle Achse herum — vorhanden gewesen sein. Lhid für die Gesamtorganisation des Eiprotoplasma gälte, werm man noch höhere Stadien in Rechnung zieht, das gleiche. Sollte sich aber zeigen, daß die Längsachse zweier neugeborenen Zwillings- brüder nicht parallel zueinander, d. h. zur Eiachse gerichtet sind, sondern unter irgend einem Winkel divergieren, so träte die Notwendigkeit, aus ihrem typisch formbilden- den Verhalten auf eine primäre, der Aufteilung vorausgehende Verdoppelung der Plasma- — 281 — Organisation zu schließen, noch früher ein. Hätte doch in solchem Falle nicht einmal die strukturelle Hervorhebung der Längsachse, deren die Spindel der Zelle Pj zu ihrer Ein- stellung bedarf, den Zwillingen auf dem Wege einfacher Zerschneidung der Eistruktur über- tragen werden können. Und diese Möglichkeit ist darum für die Analyse bedeutungsvoll, weil ja nicht ausgeschlossen ist, daß die typische Entwickelung der Zwillinge gar nicht über die frühesten Stufen hinausreicht, oder ihre Kontrolle späterhin nicht mehr gelingt. So sehen wir denn, daß die Geschichte der von Boveri entdeckten Einfachzwillinge uns unter Umständen ein höchst bemerkenswertes Problem in Aussicht stellt : zu fragen, wie eine solche totale oder partielle Doppelorganisation im Plasma des undurchschnürten Eis denn wohl entstehen möchte. Wird durch die Gegenwart zweier Spermien eine bereits vorhandene, typisch ausgeprägte Plasmaorganisation nach vorausgegangener Verdoppelung ihrer Elemente zum Zweifachtypischen umgeordnet? Wird sie zerstört und dann in Zweizahl neu aufgebaut ? Oder aber : war vielleicht beim Eintritt der Dispermie noch gar keine Differenzierung des Zellleibes da, und ist unter der Herr- schaft der vierpoligen Mitose die doppelte Organisation in ganz derselben Weise und zur selben Zeit gebildet worden, wie bei den monospermen Eiern die einfache? Wie aber unser Urteil über die Herkunft der doppelten Plasmaorganisation sich auch gestalten möge, das eine wäre gewiß : daß durch die bloße Notwendigkeit, eine primäre Ver- doppelung zuzugeben, ganz neues Licht auf das ökonomische Wertverhältnis der beiden konkurrierenden Hypothesen über den Sitz der Differenzierungsgründe geworfen würde. Einerseits erschiene der Kern als Beherrscher oder Wecker der plasmatischen Organisation und erwürbe dadurch in höherem Maße, als vielleicht bisher, das Vertrauen, selber ein hochkompliziertes Gebilde zu sein. Andererseits stellte sich die Wandelbarkeit des plasma- tischen Baues unter der Herrschaft des Teilungsapparates als überaus seltsames Geschehnis dar; als ein Vorgang, der um so erstaunlicher wäre, je komplizierter man die zu ver- doppelnde oder doppelt anzulegende Organisation zu denken hätte. Hieraus aber ergäbe sich abermals ein neues Moment zur ökonomischen Charakteristik unserer beiden Hypo- thesen: wir sähen uns gedrängt, das Plasma nach Möglichkeit zu entlasten. Das heißt, wenn sich zeigen sollte, daß doppelbefruchtete Einzeleier Zwillinge von voll- kommener oder doch höherer Entwickelungsfähigkeit oder solche mit divergierenden Achsen zu liefern im stände sind, so gewänne die Hypothese der vorwiegend nuclearen Determination, die den größten Teil der präformierten Mannigfaltigkeit in den Kern und nur eine relativ geringe Komplikation in das Plasma ver- legt, gegenüber der Annahme rein plasm atischer Organisation erheblich an Wahrscheinlichkeit. 4. Wenden wir uns jetzt von der Theorie zur Prüfung des vorliegenden Tatsachen- materials, so sehen wir das analytische Luftschloß, das wir gebaut haben, leider in Trümmer sinken. Die zweimal-zweizelligen echten Zwillinge klüften sich, wie Boveri erkannte, nur noch um eine gewisse Anzahl von Stufen regelmäßig weiter, worauf sie stehen bleiben und langsam sterben. Aber darin läge kein Grund, den Zwillingsbrüdern die prinzipielle Zuologica. Heft <0. 3g — 282 — Fähigkeit zur typischen Einzelentwickelung abzusprechen. Auch T-Riesen gehen ja ausnähme los in den mittleren Stadien der Ontogenese ein; wie dort, so wäre auch bei den Einfach- zwillingen die frühe Sterblichkeit als accidentelles, durch schädlichen Einfluß der Konfigu- rationsstörung auf die cytotaktischen Mechanismen, vielleicht auch durch angeborene Schwäche der dispermen Eier bedingtes Ereignis leicht zu entschuldigen. Der Nachweis typischer Entwickelungsfähigkeit jedes Einzelkeimes gälte vielmehr schon dann als erbracht, wenn sich zeigen ließe, daß ihre genealogische Entfaltung wenigstens noch um ein paar Stufen vorschriftsmäßig von statten ginge. Hierin aber versagt das Material. Die Verlötung der Zwillings-Individuen führt sehr bald eine derartig starke Dislokation der Elemente her- bei, daß eine treffende Beurteilung des morphologischen Wertes und formbildnerischen Verhaltens aller einzelnen Zellen ganz unmöglich wird. Und es gelang mir nicht einmal, festzustellen, was doch so wichtig wäre : ob die Entwickelung des Ektoderms an beiden Einzelkeimen über seine vierzellige Stufe hinaus typisch verläuft. Der früher (p. 277, Fig. SSSS) erwähnte disperme Keim, dessen „Ektoderm" auf einer der typischen Periode VIII — XVI entsprechenden Teilungsstufe je einmal die vorschriftsmäßig inäquale Mitose der Zellen a und a erkennen ließ, kann nichts beweisen. Denn das Gebilde enthielt eine Keimbahnzelle zuviel, und darum blieb, trotz seiner zwillingsähnlichen Gestalt, zum mindesten zweifelhaft, ob es überhaupt als echte Zwillingsbildung betrachtet werden durfte. Nach diesem Mißerfolge bauen wir unsere ganze Hoffnung auf die andere Möglich- keit, aus der Geschichte der Einzelzwillinge analytischen Vorteil zu ziehen: auf das Problem der Achsenstellung. Zur Beantwortung der Frage, ob die Achsen typisch entwickelungs- fähiger Zwillingsbrüder immer genau parallel zur Eiachse gerichtet sind, oder aber diver- gieren dürfen, ohne daß die Fortentwickelung darunter litte, bedarf es ja zum Glück der älteren und allzuschwer zu kontrollierenden Zwillingskeime nicht. Im Gegenteil, die erste Klüftungsperiode , die auf das zweimal -zweizeilige Stadium folgt, ist hierzu am aller- geeignetsten ; muß doch die Achsenrichtung eines jeden Individuums, falls überhaupt die Entwickelung typisch weiter geht, an der ,, axialen" Spindel seiner unteren Zelle Pi unmittel- bar zum Ausdruck kommen. 1 2 TTTT. 3 4 Vier konservierte Einfachzwillinge. Von einem ftivnZeHS- Weibchen. Boveri bezeichnet die Spindelstellung der beiden Zellen Pj als „ungefähr radial". Auch ich fand zahlreiche Zwillinge, bei denen die Spindeln der unteren Elastomere einen Winkel miteinander bildeten, oft 90» und mehr (Fig. TTTT). l^nd man könnte meinen, daß damit die Achsendivergenz entwickelungsfähiger Zwillinge entschieden sei. Allein so einfach ist das nicht. Zwischen dem Ende der Vierteilung, die das Zwillingspaar geliefert hat, und der Mitose seiner beiden unteren Zellen liegt eine Spanne Zeit, in der das ursprüngliche — 2H:-i — Stcllungsverhältnis der Achsen sich leicht durch Gleiten geändert haben könnte. Wenn man bedenkt, daß die aus parallelachsiger Vierteilung entstehende genau quadratische An- ordnung dem Plateauschen Prinzipe sehr wenig entspricht, so wird man den Übergang der- artig geborener Keime zur günstigeren Tetraederstellung sogar für recht wahrscheinlich halten. Jedenfalls beweist die radiäre Lage der beiden unteren Spindeln noch lange nicht, daß die individuellen Achsen der Zwillingsbrüder von jeher schief zueinander gerichtet waren. Und da die Verdrehung der Achsen sogleich nach der Doppelmitose, ja selbst in deren letzter Phase geschehen sein könnte, so wäre der Nachweis eines unmittelbaren Ur- sprunges schiefgestellter Zwillingsachsen aus der Mitose erst dann erbracht, wenn man die schiefachsige Vierteilung des betreffenden Keimes selber beobachtet hätte. Hierzu fand ich niemals Gelegenheit. Und ob Boveri einen solchen Zusammenhang direkt gesehen hat, ist aus der Fassung seiner Schriften nicht zu entnehmen. Andererseits gibt es Zwillinge von ausgezeichneter Entwickelungsfähigkeit, bei denen die Spindeln der beiden Zellen Pj nicht radial, sondern sehr genau parallel zu ein ander und zur ursprünglichen Eiachse gerichtet sind. Solcher Zwillinge fand ich bei einem und demselben U7iivalens-W eihchen drei. Sie hatten im Vierzellenstadium die Form eines regelrechten Quadrates, lieferten darauf durch je zwei horizontale und vertikale Mitosen eine allerliebste Zwillings -T- Figur, an der sogar die ungewöhnlich starke Dottergehalts- 1 UVUU. 2 2 Stadien eines Einfachzwillings. Nach dem Leben. differenzierung des Eimaterials sich zwerghaft wiederholte (Fig.UUUU), behielten noch während der ganzen Ruheperiode die winkelrechte Anordnung bei und schoben ihre Zellen erst beim Eintritt der folgenden Klüftungen unregelmäßig übereinander. Möglich, daß diese drei hübschen Zwillingsbildungen durch irgend eine besonders kräftige, selbstordnende Tätigkeit ihrer ersten Zellen das übliche Zusammengleiten zum Tetraeder vermieden hatten. Also auch in diesem Punkte Enttäuschung. Daß Zwillingskeime, deren Ventralfamilie sich bis zur nächsten Stufe typisch fortentwickelt, aus parallelachsigen Doppelmitosen her- vorgehen können, ist gewiß; daß alle zu solcher Entwickelung befähigten Zwillinge, auch die späterhin schief achsigen, den gleichen Ursprung haben, muß wenigstens als möglich zu- gegeben werden. Demnach scheint es, als sei die primäre Parallelstellung der Zwillings- achsen die Vorbedingung der typischen Entwickelungsfähigkeit. Wenn aber in der Tat die als „Zwillinge" bezeichneten Spalthälften eines dispermen Eies nur insoweit noch typische Formbildung zu leisten vermöchten, als die dazu benötigte plasmatische Organisation durch einfaches Zerschneiden der Eiorganisation auf sie über- gehen kann, so deutete dies darauf hin, daß eine wirkliche, dem Schnitt voraus- — 284 — gehende Verdoppelung jener Mannigfaltigkeit eben nicht möglich ist. Da- mit aber wäre uns nicht gedient. Nur durch den Nachweis einer selbständigen Or- gan isationsverdoppelung wäre neues Licht auf unsere Frage nach dem Sitz der Differenzierungsgründe geworfen worden. Nach alledem lautet unser Urteil über den analytischen Wert der Einfachzwillinge für das Lokalisationsproblem durchaus negativ. Ihr von Boveri entdeckter Ursprung aus vier- polig verkoppelten Mitosen, der so ungemein wichtige Aufschlüsse zu versprechen schien, ist in Wirklichkeit ohne entscheidende Bedeutung. Und aus der Art ihrer Fortentwickelung über das zweimal-zweizellige Stadium hinaus läßt sich — soweit die bisherige Kenntnis reicht — nichts greifbares entnehmen. G. Die Riesenzwillinge. Unter diesen Umständen darf und muß ein Material in den Kreis der Betrachtung hereingezogen werden, das diejenigen analytischen Eigenschaften, die wir an den Einfach- zwillingen so sehr vermissen, zwar vollauf besitzt, das aber seinerseits mit einem nicht un- bedenklichen Mangel behaftet ist. Es handelt sich um die früher (1898 b) von mir be- schriebenen, aus doppelbefruchteten Rieseneiern hervorgehenden „Riesenzwillinge". Beginnen wir — captatio benevolentiae — mit den Vorzügen unseres Materials, so lassen die Riesenzwillinge nicht den geringsten Zweifel darüber, daß hier die ganze, dreidimensional differenzierte Plasma Organisation noch vor dem Abschluß der Doppel mitose in Zweizahl und räumlicher Sonde rung vorhanden ist. Das folgt zunächst aus dem Stellungsverhältnisse der Zwillingsachsen. Gleichsinnig- parallelachsige Orientierung der neugeborenen Individuen, wie sie bei Einfachzwillingen öfter, vielleicht sogar immer gefunden wird, kommt bei Riesenzwillingen nicht oder doch nur selten vor. In allen von mir gesehenen Fällen wenigstens bildeten die Dorsiventralachsen der yrrr. Riesenzwillinge entweder — unter Wahrung der Gleichsinnigkeit ihrer Aufstellung — starke Winkel miteinander: so z. B. bei dem Dreifach- zwilling, der im Beschreibenden Teile dieses Werkes geschildert ist; oder die Achsen der Individuen lagen in einer Flucht, aber ent- gegengesetzt, so daß die Brüder mit ihren dorsalen Zellen AB oder den ventralen Pi zu- sammenhingen (Fig. VVVV) — ein Zustand, der sich offenbar als extreme Achsendivergenz gleichsinnig gerichteter Individuen verstehen ließe. Schon allein die Tatsache, daß derartig orientierte und dabei typisch geformte Zwil- linge aus der Mitose des Rieseneies unmittelbar — denn von dem Einwände nachträglicher Achsenverschiebung ist hier keine Rede — hervorgehen können, setzt eine vom Typus ab- Zweifachzuilling im Stadium 2x11. Konserviert. — 285 — weichende Gruppierung gewisser Organisationsbestandteile im Ricsenei voraus : unmöglich kann doch die vorschriftsmäßige Differenz je zweier Zellen und die Ungleichheit ihres Dottergehaltes unter der Herrschaft der normalen Eiorganisat ion, wie bei den Einfachzwillingen, zu stände gekommen sein. Unser Dreifachzwilling bewies das ad oculus. Vor seiner ersten Teilung hatte die Dotterwolke sich nicht, wie beim normalen Ei, an einem Pole, sondern genau in der Mitte des Plasmaleibes zusammengezogen (Taf. IV, Fig. 48): entsprechend war natürlich auch die plasmatische Ursache der Dotterverschiebung und ebenso die der ungleichen Zellengröße lokalisiert. — Nun lehrt die Geschichte solcher Riesenzwillinge- des weiteren, daß ihre beiden ventralen Elastomere sich vorschriftsmäßig in der Richtung der individuellen Längsachse teilen und überhaupt durch mehrere Stadien zur typischen Fortentwickelung befähigt sind. Dann muß im Riesenei die hierzu nötige Plasmaorganisation, d.h. die strukturelle Hervorhebung der Längsachse und eine Anzahl dorsiventraler Differenzierungen doppelt, nämlich beider- seits der künftigen Zwillingsscheidewand in divergenter oder diametraler Lage vorhanden gewesen sein. Um aber behaupten zu können, daß wirklich der gesamte am typischen Determinations- prozeß beteiligte Plasmabau auf beide Zwillingsbrüder übergehe, bedarf es höherer Stadien. Wir müssen zum mindesten erfahren, ob auch das primäre Ektodcrm eines jeden Indivi- duums durch völlig typischen Verlauf seiner Entwickelung das beiderseitige Vorhandensein der dazu erforderlichen circumaxialen Organisation dokumentiert. Und auch zu dieser ent- scheidenden Auskunft verhelfen uns die Riesenzwillinge. Zwar macht sich bei ihnen der Übelstand gestörter Konfiguration, den eine innige und dauernde Verlötung zur Folge haben muß, nicht minder geltend, als bei den Einfachzwillingen: liegt das Ektoderm im Bereich der Kontaktstelle, so schiebt es seine Zellen ebenso regellos wie dort durcheinander; liegt es frei, so erschwert und vereitelt die T-riesenartige Entwickelung das Kontrollieren der Genealogie. Aber die doppelbefruchteten Riesenkeime haben ein anderes, recht elegantes Mittel, uns zu überzeugen, daß jedes ihrer Zwillingskinder die ganze Eiorganisation ohne Abzug mitbekommt. Wie schon aus früheren Andeutungen zu entnehmen ist, liegen der simultanen Aufteilung eines doppelbefruchteten Rieseneies regelmäßig zwei völlig getrennte Spindelfiguren zugrunde, zwischen denen das Plasma — meist vor der Vollendung der beiderseitigen Mitosen — durchschnitten wird, ohne daß Chromosome daran beteiligt wären. Dieser rein plasmatische Trennungsvorgang führt nun gelegentlich aus irgend welchen, nicht sicher bekannten Gründen, vielleicht weil die Riesenschale besonders stark eingeschnürt, oder der Abstand zwischen den Chromosomengruppen von Anfang an ein ungewöhnlich großer war, zur vollkommenen Loslösung der beiderseitigen Plasmabezirke (Fig. WWWW, p. 286). Die so entstandenen isolierten, dem störenden Einflüsse eines Kontakt- verhältnisses entzogenen Einzelkeime sind, wie sich behaupten läßt, komplet entwickeln ngsfähig. Zwar wurde in den vier Fällen, die ich lebend fand und längere Zeit beobachten konnte, meine Hoffnung, zuguterletzt zwei fertige Zwillingswürmchen in der gemeinsamen Riesenschale umherkriechen zu sehen, allemal durch den vorzeitigen Tod der Keime vereitelt : es scheint, daß die primäre Zerreißung des Plasmakörpers doch einen dauernden Nachteil, vielleicht eine Wunde der Oberflächenschicht zur Folge hat (vgl. Fig. WWWW 2), woran die Embryonen früher oder später sterben. Aber das schadet nichts. 2Sß Über die kritische Stufe, in der die E n t w i c k e 1 u ii g s a r t des primären E k t o - derms offenbaren muß, ob das Plasma eines Einzelkeimes außer in der Achsenrichtung auch rund um die Achse typisch organisiert sei oder nicht, gelangten mehrere der isolierten Keime, ohne von der Bahn der regel- rechten Entwickelung abzuweichen, erheblich hinaus (Fig. XXXX). Wenn aber fr www. A'A'A'.V. 1 und 2 doppelbefruchtete Zweifachkeime. Konserviert. 1 im Begriff, sich in zwei getrennte Individuen aufzuteilen ; 2 nach vollzogener Trennung. Getrennter Dreifachzwilling, nach dem Leben. Das eine Individuum ist auf dem Stadium IV abgestorben, das andere hat sich bis zum St. XLVIII typisch entwickelt, blieb dann aber stehen, verfiel in „Framboisie' und ging zu Grunde. unter solchen Umständen die prinzipielle Entwickelungsfähigkeit getrennter Riesenzwillinge zum Typisch-Ganzen nicht zu bezweifeln ist , so hat es keinen Sinn , den übrigen Riesen- zwillingsbildungen die gleiche Fähigkeit abzusprechen. Riesenzwillinge, getrennte wie verlötete, besitzen also pro Kopf die ganze, dreidimensionale Organisation des Plasma leibes. Und wenn nichts weiter gegen sie vorläge, so könnte die Schlußfolgerung, zu der die Einfachzwillinge uns nicht gelangen ließen, nunmehr in aller Ruhe und Sicherheit gezogen werden. Die Doppel- organisation dispermer Riesenkeime müßte, da ihre Bildung durch einfaches Zerschneiden des normalen Eibaues unmöglich ist, vor der Zwillingsteilung durch eine wirkliche Ver- doppelung der Eiorganisation entstanden sein. 2. Jetzt aber kommt der Punkt zur Sprache, der unbestreitbar die Riesenzwillinge den einfachen gegenüber in schweren Nachteil setzt, und der Boveri (1904b p. 411) sogar be- stimmte, die Zwillingsbildung der Riesen als unmaßgeblich von der Beweisführung auszu- schließen. Die Einfachzwillinge waren zur Lösung des uns beschäftigenden Problems, ob eine selbständige Organisationsverdoppelung möglich sei, wenigstens insofern durchaus qualifiziert, als über die primär einheitliche Beschaffenheit des zur Verwendung kom- menden Plasmaleibes — des normalen Eies — kein Zweifel war : was etwa später yon — 287 — echter Doppelorganisation sich darin finden soUtc, das müßte im Anschluß an die disperme Befruchtung oder durch dieselbe de novo geschaffen sein. Anders bei den Riesen. Ein Riesenzwilling stammt von mindestens zwei ursprünglich isolierten, dann miteinander „ver- schmolzenen" Eiern ab. Aber wer weiß, ob diese Verschmelzung eine wirkliche Ver- mischung und gegenseitige Durchdringung war; ob nicht vielleicht jedes Einzelei den Besitz an Plasmaorganisation, den es mitbrachte, trotz der äußerlichen Verschmelzung in allen wesentlichen Punkten aufrecht erhielt? Dann stünde natürlich der Zwillingsontogenese die doppelte Plasmaorganisation, deren sie bedarf, ohne weiteres zur Verfügung, und das Vorhandensein der Riesenzwillinge wäre in der Tat für unsere ganze Frage so gut wie bedeutungslos. — Boveri freilich hält die Schwäche meines Materials dieser drohenden Gefahr gegen- über für größer als sie wirklich ist. Nach seiner Ansicht kommt Riesenzwillingsbildung nur dann zu stände, wenn die Eier sich erst nach Ausbildung der reifen und endgültig orien- tierten Furchungsspindel vereinigt haben, so daß eine Änderung der beiderseitigen Plasma- polarität gar nicht mehr möglich war. Und noch wahrscheinlicher ist ihm, daß beide Eier „erst bei Beginn der Furchung und ohne überhaupt ihre Protoplasmaleiber zusammen- fließen zu lassen, in Kontakt getreten sind" (1904 p. 413;. — Das trifft aber bestimmt nicht zu. Der Dreifachzwilling, dessen Geschichte vom Dreifachriesenei an ich 1903 veröffentlicht habe, beweist ja allein schon das Gegenteil. Und wenn ich auch die Möglichkeit derartig später Verlötungen nicht leugnen will — habe ich doch selber (1898b Taf. XVII, Fig. 23) einen monströsen Fall beschrieben, wo allem Anscheine nach ein Stadium IV mit seiner Zelle P2 den Anschluß vollzogen hatte — , so sind doch die echten Riesenzwillinge, deren Herkunft ich im Leben kontrollieren konnte, samt und sonders aus regelrecht verschmolzenen Rieseneiern hervorgegangen. Auch war die Verschmelzung immer lange vor Ausbildung der beiderseitigen Spindeln erfolgt. Und bei nicht wenigen der Riesenzwillinge, die erst auf höheren Stadien gefunden wurden, bewies das Vorhandensein eines einzigen zweiten Richtungskörpers von doppelter Größe und Chromosomenzahl unweigerlich, daß die plas- matische Gemeinschaft auch hier schon lange bestanden hatte. — Dagegen erkenne ich den Grundgedanken Boveris, daß a priori bei den Rieseneiern die Einzelorganisation der zur Verschmelzung kommenden Eier innerlich persistieren und so auf triviale Art die Zwillings- ontogenese gewährleisten könnte, als richtig an. Und darum muß, ehe wir die Riesen- zwillinge in unserem Sinne verwenden dürfen, der Zweifel an ihrer Kompetenz beseitigt sein. Vor Jahren hätte ich vielleicht eine schlagende Widerlegung des von Boveri er- hobenen Einwandes in folgendem erblickt. Die gegenseitige Stellung der Riesen- zwillingsbrüder ist, wie wir wissen, nicht regellos; sondern man findet die Individuen, wenn auch in wechselndem Grade divergent, doch allemal symmetrisch zu der sie trennen- den Zwillingsfläche orientiert, als wäre eines das Spiegelbild des anderen; genau so, wie hemitrope Zwillingskristalle verwachsen sind. Natürlich muß die gleiche Symmetrie schon vor der Aufteilung des Rieseneies zwischen den beiderseitigen Plasmaorganisationen bestanden haben. Und ich hätte mir gesagt, daß diese Richtungsverwandtschaft der Or- ganisationen zwar leicht durch ihren gemeinsamen Ursprung erklärt werden könnte, dagegen aber unbegreiflich sei, wenn die komplete Organisation der beiden Einzelkeime unmittelbar auf die der „verschmolzenen" Eier zurückgeführt wird. Glaubte ich doch damals von einem — 288 — ganz ähnlichen Gesichtspunkte aus das Alter gewisser Riesenbildungen beurteilen zu dürfen. Ich fand unter den Zweifachriesen neben solchen, die einheitliche Richtungskörper abgeschnürt und damit ihre Verschmelzung im Ovocytenalter unweigerlich bewiesen hatten, zahlreiche andere, bei denen die Richtungskörperbildung zwar beiderseits getrennt, aber dafür an sehr genau diametral gelegenen Punkten geschehen war (1898 b p. 649). Diese auffällige und bei der Häufigkeit ihres Vorkommens bestimmt nicht accidentelle Lagebeziehung schien mir ebenfalls auf eine frühzeitige Verschmelzung hinzudeuten. Es lag wohl nahe, zu denken, daß deutliche Korrespondenz zwischen getrennt auftretenden Leistungen eines Riesenkeimes nur dann bestehen könne, wenn zu der betreffenden Zeit die Fusion der Einzeleier das Stadium einer bloß äußerlichen Verlötung bereits überschritten hatte. Heutzutage dürfen wir anderer Meinung sein. Wir wissen jetzt, daß die selbst- ordnende Wechselwirkung der beiden ersten Furchungszellen Mechanismen erfordert, die strukturell schon im Plasma des ungeteilten Eies vorgebildet sind. Nehmen wir an — was keine besonders große Zumutung bedeuten würde — , diese schichtartig präformierte, nach den Hauptebenen geordnete Struktur besäße schon vor der ersten Mitose cytotak- tische Wirksamkeit; dann wäre durchaus begreiflich, daß zur Verschmelzung kommende Eier nicht richtungs- und regellos zusammengeschweißt würden, sondern daß sich auf Grund der beiderseits vorhandenen Mechanismen eine improvisierte, selbstordnende Wechselwirkung entspänne, die durch Drehung der Eier ein mehr oder minder weitgehendes Einvernehmen über die Hauptebenen der Organisation zu stände brächte. Derartig rektifizierte Riesen könnten genau diametrale Richtungskörper zeigen, auch wenn die Fusion der Einzeleier erst nach der Abschnürung derselben erfolgt war: die Eier samt Richtungskörpern hätten sich eben gedreht, bis ihre Achsen in eine Flucht und ihre ventrale Pole zusammenfielen. Und bei den Riesen Zwillingen schlösse nach dem gleichen Rezept die obli- gatorische Symmetrie der Zwillingsbrüder noch lange nicht aus, daß jedes Einzelei die vollständige Organisation mit eingebracht, trotz der äußer- lichen Verschmelzung bewahrt und einem der Individuen k o m p 1 e t über- liefert habe. Dennoch glaube ich beweisen zu können, daß diese Annahme und damit der Ein- spruch Boveris gegen die analytische Verwendbarkeit der Riesenzwillinge unhaltbar ist. — Wenn jedes Zwillingsindividuum seine plasmatische Organisation direkt von einem der Einzeleier bezöge, so müßte offenbar die Schnittebene, die bei der Aufteilung des Riesen- eies die Zwillingsbrüder voneinander scheidet, mit der latenten Grenzfläche der beiden Ei- organisationen — wenigstens annähernd — identisch sein. Das aber ist ganz gewiß nicht immer der Fall. Die bloße Existenz der DreifachzwiUinge, deren Individuen je anderthalb- mal so groß sind, als ein normaler Keim, ist Zeuge für das Gegenteil : natürlich müßte hier wenigstens eine der drei verbundenen Organisationen mitten durchgeteilt worden sein. LTnd sollte jemand die Beweiskraft dieser Gebilde durch den Hinweis zu bemängeln suchen, daß jede Hälfte eines Dreifachzwillings immerhin eine unversehrte Gesamtorganisation erhält, die beiderseits die Leitung der Ontogenesis übernehmen könnte, während die Halbstücke des zerschnittenen dritten Eies desorganisiert und gleichsam aufgesogen würden, so liefern uns die Zweifachzwillinge ein Material, das auch dieser schwächlichen Ausflucht entzogen wäre. Doppelbefruchtete Zweifachriesen, deren Aufteilung zu völliger Iso- — 289 — lation der Einzelkeimc führt, liefern nicht selten Zwillingsbrüder von un- gleicher Größe. An dem in Fig. W WWW (p. 286) dargestellten Päärchen erkennt man be- reits einen deutlichen Größenunterschied. Die stärkste Differenz jedoch, die ich gefunden habe (Fig.YYYY), war so markiert, daß das kleinere Individuum höchstens die halbe Masse eines Getrennter Zweifachriese, dessen rechter Einzelkeim, ein typisch gebildetes Stadium VIII— XII, kaum halb so groß ist, als normal. Darüber ein normales Ei. Konserviertes Präparat. normalen Keimes besitzen konnte; dennoch hatte dieser niedliche Zwerg das Stadium VI II auf typische Weise erreicht und stand im Begriff, durch vorschriftsmäßige Teilung seiner Ekto- dermzellen zur zwölfzelligen Stufe überzugehen : ein sicherer Beweis, daß er im Vollbesitze einer dreidimensionalen Organisation auf die Welt gekommen war. Wäre nun der Riesen- körper wirklich aus zwei separat gebliebenen Einzelei- Organisationen zusammengeschweißt, so ist natürlich gewiß, daß bei seiner ungleichen Aufteilung das kleinere Produkt unter allen Umständen zu kurz kommen müßte. Irgend ein Teil des typischen Organisationsplanes fehlte ihm, und vorschriftsmäßige Entwickelung wäre ausgeschlossen. Also ist ganz unmög- lich, daß ein komplet ent wickelungsfähiger Zwillingszwerg, wie die hier beschriebenen, seine plasmatische Organisation unverändert von einem der verschmolzenen Eier geerbt haben sollte. Sondern spätestens bei der Aufteilung muß der typisch-proportionale Bau des ihm zufallenden P 1 a s m a b e z i r k e s auf irgend eine Weise neu be- gründet worden sein. Wenn aber die genetische Selbständigkeit der Plasmaorganisation für die zu klein geratenen, isolierten Zweifachzwillinge unweigerlich bewiesen ist, so wird man nicht zögern, dasselbe zugleich für die respektiven überlebensgroßen Zwillingsbrüder, die aus der nämlichen Teilung hervorgegangen sind, in Anspruch zu nehmen. Und hat man damit an- erkannt, daß proportional vergrößerte Organisation auf selbständige Ereignisse zurück- zuführen ist, fällt auch der Zweifel an der Beweiskraft äqual geteilter Dreifachzwillinge hin- weg, gleichviel ob diese sich trennen oder verlötet bleiben. Und so kommen wir zu dem Ergebnisse, daß bei den Riesenzwillingen, — mit vor- läufiger Ausnahme genau äqual geteilter Zweifachzwillinge, — die plasmatische Organisation der Einzelkeime nicht unmittelbar auf die der verschmolzenen Eier bezogen werden kann. Es muß bereits vor der Aufteilung des Riesenkörpers, und zwar spätestens, wenn die Größe der beiderseitigen Individuen entschieden ist, ihr Plasmabau in seiner definitiven Form auf irgend eine Weise neu begründet worden sein. Damit aber ist die wichtige Frage, nach Zoologica. Heft lo. 37 — 290 — deren Lösung wir strebten, beantwortet. Wir wissen jetzt, daß selbständige, durch die Doppelbefruchtung bedingte Neuorganisationen des Zellleibes jeden- falls vorkommen und möglich sind. 3. Allein die weitere Analyse bietet uns noch erheblich mehr. Gehen wir der früher — in Bezug auf die Einfachzwillingsbildung (p.281: — bereits kurz formulierten Frage, wie denn eine solche Neuorganisation geschehen möchte, jetzt auf den Grund, so handelt es sich bei den ungleich aufgeteilten Zweifach- und allen Mehrfach- zwillingen um zwei Hauptmöglichkeiten. Erstens könnten die beiderseits der künftigen Scheidewand neu begründeten Plasmaorganisationcn auf der Basis der von den Einzel- eiern mitgebrachten Einzelorganisationen, also vorwiegend durch Umordnung vor- handener Bauelemente entstanden sein; indem die verschmolzenen, normalgroßen Organi- sationen durch respektive Ausdehnung auf einen größeren und Zusammenziehung auf einen kleineren Plasmabezirk, eventuell durch Zerstörung überzähliger Elemente die Zwillings- teilung vorbereiteten. Zweitens aber besteht die Möglichkeit, daß eine Organisations- veränderung irgend welcher Art überhaupt nicht geschähe, weil in dem Riescn- k ö r p e r zur kritischen Zeit noch gar keine Organisation vorhanden wäre: dann hätte sich die zweifache Differenzierung in den für die Zwillings-Individuen bestimmten Plasmabezirken völlig de novo ausgebildet. Welche von diesen Hauptmöglichkeiten ist ökonomischer ? Vielleicht wird mancher für die zuerst genannte Vermutung eingenommen sein. Und in der Tat ist der normale iMitstchungsmodus, den sie voraussetzt, sympathischer als bei der anderen. Wenn man sich schon entschließen muß, die plasmätische „Organisation" des teilungsreifen Eies zuzugeben, so gewährt der Gedanke, daß auf die Herstellung des kompli- zierten Bauwerkes eine gehörig lange Zeit, und jedenfalls alle verfügbare, verwandt worden sei, eine gewisse Beruhigung : die Bildung der Organisation sollte mit der Geburt der Ovocyte begonnen haben und zur Zeit der Befruchtung — unserer kritischen Periode — fertig sein. Dieser naheliegenden Vorstellung gegenüber erscheint das normale Korrelat der zweiten Entstehungsmöglichkeit, wonach die lange Wachstumszeit der Ovocyte ungenutzt ver- streichen, und der Aufbau der gesamten Organisation sich in den kurzen Zeitraum zwischen Befruchtung und Teilung zusammendrängen müßte, als ebenso arger wie unmotivierter Zeit- verlust. Allein die ökonomische Abschätzung der beiden Hypothesen über den Ursprung der Organisation hat eben auch der Tatsache gerecht zu werden, daß durch Doppelbefruchtung Doppelorganisation entsteht; und hierdurch verkehrt sich das aus dem Normalen abgeleitete Wertverhältnis in sein Gegenteil. Wenn die Annahme gilt, das Plasma des normalen Einzeleies erhalte seine Organisation erst nach der Befruchtung, so läge die Erklärung für das Auftreten doppeUer Orga- nisationen nicht ferne. Aus dem „post hoc" würde mit emiger Wahrscheinlichkeit ein „propter hoc" zu folgern sein; dergestalt, daß der frisch entstandene, aus zwei Pronucleis und einem Zentrenpaare zusammengesetzte „Furchungskern" im Plasma des Eies, das ihn — 291 — konzentrisch umgibt, die Organisation hervorriefe. Dann aber müßten wohl in jedem dispermen, zwei räumlich getrennte „Furchungskerne" enthaltenden Riesenleibe, gleichviel aus wieviel Eiern er sich zusammensetzt und wie sein Plasma sich auf die beiden Kern- gruppen verteilen möge, zwei vollständige Organisationen gebildet werden. — Ganz anders, wenn das normale, also auch das Riescnei zur Zeit der Befruchtung bereits Organi- sation besitzt und diese darum im Falle der Dispermie zum zweifach-typischen ge- ändert werden müßte. Jede solche Veränderung wäre echte Regulation! Es wird aber nötig sein, erstens dies zu beweisen, zweitens darzutun, warum die Zu- mutung, hieran zu glauben, so schrecklich wäre. Nehmen wir an, die typische Organisation des Eies sei vor der Befruchtung fertig, ihr Aufbau geschähe also in ätiologischer Unabhängigkeit vom Furchungskerne, so müßte doch unter allen Umständen die Ursache der Organisations Veränderung in dispermen Rieseneiern den doppelten Furchungskernen zugeschrieben werden. Die Vorgeschichte der Dreifachzwillinge macht dies überzeugend klar : weil hier zwei Spermien in den Gesamtkeim eingetreten sind, werden darin zwei vollständige, d. h. weibliches und männliches Kern- material und je ein Zentrenpaar enthaltende Furchungskerne angelegt; und unter der Herr- schaft dieser Zweizahl verwandelte sich, falls unsere Annahme richtig ist, die dreifache Or- ganisation des Riesenleibes in eine vergrößert-doppelte. Demnach übte zweifellos jeder Furchungskern des Rieseneies, — sei es als Ganzes, sei es durch seine Be- standteile — eine im Sinne des typischen Organisations plan es ordnende Wir- kung auf seine plasmatische Umgebung aus. Nun läge in diesem Verhalten der dispermen Riesenkeime, obwohl dabei etwas geschähe, was das normale Programm nicht kennt, unter einer Voraussetzung nichts regulatorisches : wenn irgend eine die typische Or- ganisation begünstigende, vielleicht sie erhaltende Wechselwirkung zwischen dem Furchungs- kern und dem Eiprotoplasma auch in der normalen O ntogen es is bestände, so könnte diese selbe „Tendenz zum Typus" unter abnormen Verhältnissen, wie sie die unegale Lage zweier Furchungskerne in einem Doppelei oder der Organisationsüberschuß der Mehrfach- riesen mit sich brächte, eine improvisierte und dennoch typisch-verbessernd wirkende Um- ordnung zuwege bringen. Das Geschehnis fände sein völliges Analogon in jenen scheinbar regulatorischen Zellverschiebungen , durch die eine Anzahl von T-Riesen die Unordnung ihrer Elastomere zum Teil korrigiert (p. 227). Auch dort gelangt ein physiologischer Vor- gang, der für gewöhnlich nichts sichtbares leistet, unter veränderten Bedingungen zur Sichtbarkeit, ohne daß dabei irgend ein der normalen Entwickclung fremder Mechanismus in Gang gesetzt worden wäre. — Davon aber kann keine Rede sein. Denn zwischen den beiderlei Geschehnissen besteht, was die Wahrscheinlichkeit ihrer normalen Voraussetzungen betrifft, ein himmelweiter Unterschied. Bei den abnormen und doch korrektiven Zell- verschiebungen der T-Riesengeschichte ließ sich allemal zeigen, daß derjenige cytotaktische Mechanismus, dessen sie bedürfen, auch in der normalen Ontogenesis notwendig oder nütz- lich wäre: nämlich zur Aufrechterhaltung typischer, dem Plateauschen Prinzip aber nicht entsprechender und darum labiler Situationsverhältnisse. Daß aber eine zur Zeit der Be- fruchtung fertige plasmatische Organisation, deren Fortbestand im normalen Ei durch nichts bedroht erscheint, durch eine Tätigkeit des post festum gebildeten Furchungskernes über- wacht und garantiert werden sollte, hat keinen Sinn. Es wäre die größte Verschwendung, __ 292 — einen so überflüssigen und obendrein gewiß nicht billigen Erhaltungsmechanismus extra zu begründen; und wir könnten wohl sicher sein, daß in der normalen Entwickelung nichts der Art vorhanden wäre. — Unter solchen Umständen aber charakterisierte sich das Auf- treten einer organisationsbestimmenden Betätigung des Furchungskernes, die wir für unsere doppelbefruchteten Rieseneier notwendig annehmen müßten, als wirkliche Regulation: sie würde mit Hilfe von Mechanismen durchgeführt, die in der normalen Ontogenesis über- haupt keine Verwendung finden. Nun stände dieser Fall von echter Regulation in der Entwickelung von Ascaris durchaus allein. Für die gesamte Furchungsgeschichte und Organogenese unseres Wurmes sind regulatorische, mit außeretatmäßigen Mitteln arbeitende Selbstverbesserungen unerhört, und es wäre befremdlich, daß zwischen dem Anfange der Ontogenesis und ihrer Fortführung ein derartig prinzipieller Widerspruch bestehen sollte. Aber die ganze Schwere der Mehrbelastung, die in der Annahme einer regulatorischen Umprägung der Organisationen durch doppelte Furchungskerne gelegen wäre, tritt doch erst dann hervor, wenn man die Frage nach der Herkunft eines solchen Geschehens in Rechnung zieht. Echte Regulationen können nach Weismann (1902 H, p. 26) für die Er- haltung der Spezies so wichtig sein, daß ihr Gebrauchswert die Beschaffungskosten übersteigt; wonach die Entstehung derartiger Regulationseinrichtungen der mechanischen Erklärung keine größere prinzipielle Schwierigkeit bereitet, als irgend andere zweckmäßige Vorgänge der Ontogenesis. Es ist aber klar, daß eine etwaige Befähigung der dispermen Ascarisriesen, ihre Plasmaorganisation regulatorisch umzuprägen, nicht unter diesem günstigen Gesichtswinkel betrachtet werden dürfte. Denn wenn che angenommene Regulation auch wirklich verhinderte, daß die Entwickelung einiger dispermen Rieseneier — die so selten sind! — von Anfang an in den Sumpf geriete, was hülfe das? Zwillingskeime sind ja in- folge des gegenseitigen Kontaktes von der Entwickelung über die mittleren Stufen hinaus ein für allemal ausgeschlossen ; — es sei denn, sie würden bei der Aufteilung völlig von- einander abgetrennt. Und sollte sich ein Päärchen der letztgenannten Art in guter Gesund- heit (was mir bisher nicht vorgekommen ist) zum reifen Larvenstadium fortentwickelt haben, dann käme dieses eine unter Millionen normaler Ivonkurrcntcn gewiß nicht an seinen Be- stimmungsort im Pferdcdarm ; und von einer \"crerbung des regulatorischen Talentes wäre immer noch keine Rede. Genug, man sieht : die mechanistische I^egitimierung eines Regulationsgeschehens, wie wir es brauchten, läge außerhalb des Bereiches jeder Möglichkeit. Man wäre ge- nötigt, zwecktätige Ursachen heranzuziehen. Allein die Annahme dieser ultima ratio führte so tief in das Ungewisse hinein, so ganz ans Ende der ökonomischen Stufen- leiter, daß jede beliebige Hypothese über den Ursprung der Riesenzwillinge, die uns die Forderung einer regulatorischen Organisationsveränderung erspart, vor jener Annahme rangieren müßte. Dann aber sind wir einfach verpflichtet, der zweiten von uns zur Wahl gestellten Hauptmöglichkeit den Vorzug zu geben. Wir halten bis zum Beweise des Gegenteils für ausgemacht, daß Mehrfachzwillinge und unegal aufgeteilte Zweifachzwillinge ihre doppelte, von den normalen Größenmaßen abweichende Organisation nicht sekundär durch U m o r d n u n g fertig übernommener Bauelemente, s o n - — 29H — dern primär und ganz in der gleichen Weise gewinnen, wie ein normales Ei seine Einzelorganisation erhält. Das zusammengesetzte Gebilde, das wir als „Furchungskern" bezeichnen, ruft früher oder später in der Protoplasmahülle, die es kon- zentrisch und mehr oder minder deutlich abgegrenzt umgibt, die Organisation hervor. Ihr Maßstab ist aber nicht typisch vorgeschrieben, hängt auch nicht etwa von der Anzahl im Furchungskern vereinter Chromosome ab, sondern richtet sich nach der Größe der einem Furchungskerne als Wirkungsbereich zugewiesenen Protoplasmamenge. So entsteht im nor- malen Ei die einfache Organisation ; in dispermen Riesenkörpern werden ohne Rücksicht auf die Anzahl verschmolzener Eier und auf die relative Größe der individuellen Plasma- bezirke zwei vollständige, typische Organisationen ausgebildet. 4. Es ist nicht der kleinste Vorzug dieser Hypothese, daß sie auch andere Tatsachen der Ascaristeratologie, auf die sie nicht gemünzt worden war, leicht und zwanglos erklärt. Genau symmetrisch aufgeteilte Zweifach zwillinge — die einzigen, bei denen die doppelte Organisation vermöge ihrer normalen Größe direkt auf verschmolzene Einzelorganisationen bezogen werden könnte — , verlieren jetzt ihre Sonderstellung. Diese Zwillinge verdanken ihr Dasein ganz einfach dem Umstände, daß in gewissen disperm be- fruchteten Zweifachriesen, wahrscheinlich den gesünderen, die beiden Furchungskerne sich gleichmäßig in das Plasma teilen; so wie ja auch unser Dreifachzwilling (Taf. IV) durch eine besondere, symmetrische Stellungnahme der Furchungskerne in zwei genau gleichgroße Individuen zerlegt worden ist. Daß aber bei der Halbierung eines Zweifacheies die normale Keimes- und Organisationsgröße wiederum resultiert, ist gleichsam zufällig und bedeutungslos. Mehr noch fällt folgendes ins Gewicht. Die Tatsache, daß monosperme Riese n- eier einer typischen und vollständigen Einheitsentwickelung als „echte Riesen" fähig sind, enthält im Hinblick auf den Ursprung der hierzu benötigten ver- größert-typischen Einzelorganisation ein nahe mit unseren letzten Studien verwandtes Problem. — Wenn die betreffenden Rieseneier sehr frühe verschmolzen, oder gar — wie das Sala (1895) für manche der von ihm gesehenen Doppeleier annahm — durch den Hinwegfall einer programmgemäß letzten Keimzellenteilung entstanden wären, so bereitete das Vor- handensein echter Riesen der Hypothese, daß die Plasmaorganisation schon in der Ovo- cyte vollendet werde, keine besondere Schwierigkeit. Man würde sich sagen, in der nach Plasma- wie Kernsubstanz proportional vergrößerten Riesenovocyte sei, wie sonst, eine ein- heitliche Organisation, nur eben von doppeltem Größenmaß zur Ausbildung gekommen. Allein die Vorgeschichte der echten Riesen ist eine andere. Ich habe gezeigt (1898b p. 644), daß vielleicht alle, sicher die meisten Rieseneier und jedenfalls viele von denen, die echte Riesen liefern, durch nachträgliche Verschmelzung freier Ovocyten entstanden sind ; und in nicht wenigen der für uns wichtigen Fälle deuten die Indizien der Schalenform und Richtungskörperbildung weit eher auf ein spätes, als auf ein frühes Datum der Verschmel- zung hin. Zwischen echten Riesen und vielen Riesenzwillingen besteht in diesem Punkte durchaus kein erkennbarer Unterschied. — 294 — Hierdurch aber wird unser Urteil über den möglichen Ursprung der Einheitsorgani- sation in Rieseneiern ganz wesentlich berührt. Wenn mehr oder minder befruchtungsreife Ovocyten mit vorgeschrittenem oder völlig fertigem Plasmabau verschmolzen sind, so ent- hält ja das Produkt zunächst eine mehrfache Organisation, die, ehe noch die Ontogenesis des echten Riesen begänne, durch irgend eine Umordnung zu einer einheitlichen zusammen- gezogen werden müßte. Das könnte z. B. durch gegenseitige Anziehung der gleichnamigen Bauelemente geschehen, oder dadurch, daß nach der monospermen Befruchtung der Furchungskern eine ordnende und umprägende Tätigkeit entfaltet: beides wäre teleo- logische Regulation; denn es hätte weder Sinn, für die normale Entwickelung ent- sprechende Vorgänge anzunehmen, noch auch zu glauben, daß eigens zum besten der mono- spermen Rieseneier mechanistisch begreifbare Regulationsapparate geschaffen worden seien. Von allen diesen in ökonomischer Hinsicht höchst ungünstigen Eventualitäten hat uns das Schlußergebnis unserer Analyse über die I-ierkunft der Riesenzwillinge im voraus befreit. Da nach unserer Überzeugung die Organisation des normalen Eies sich erst nach vollzogener Befruchtung unter der Plerrschaft des Furchtmgskernes bildet, so findet auch im monosperm befruchteten Riesenei der Furchungskern nichts vor, was er, ehe die Ent- wickelung beginnen kann, zu regulieren hätte. Er bewirkt in dem Plasma, das ihn kugelig umgibt, auf typische Weise die einheitliche Organisation. D. Offene Fragen der Zwillingsbildung. Die Geschichte der doppelbefruchteten Ascariskeime enthält jedoch noch einige Probleme, die auch mit Hilfe unserer Lehre über die Organisationsentstehung nicht sicher oder vorläufig gar nicht zu lösen sind. Um nun die kausale Bilanz der Ascarisentwickelung nach Möglichkeit abzuschließen, und weil ich fürchte, daß die erwähnten Punkte, wenn ich sie ganz im Dunkeln ließe, als Schlupfwinkel teleologisch-rcgulatorischer Beurteilung dienen könnten, so soll von ihnen noch kurz die Rede sein. 1. Wie kommt es wohl, daß die zwei Organisationen, die von den räumlich so weit ge- trennten Furchimgskernen eines dispermen Rieseneies hervorgerufen werden, allemal spiegelbildlich zueinander gelagert sind? — Der auf den ersten Blick nächst- liegende Gedanke, daß eine wechselseitig richtende Beziehung von Kern zu Kern bestehen möchte, die dann in mehr oder minder gleichsinniger Orientierung der Organisationen zum Ausdruck käme, wäre nicht ungereimt; denn gegen das normale Korrelat einer solchen Hypothese: die Annahme typisch richtender Wechselwirkungen zwischen Kernen oder Kern- bestandteilen, die gleichzeitig in einer Zelle enthalten sind, z. B. zwischen den beiden Pro- nucleis des Eies oder den Chromosoinen unter sich, wäre nicht viel einzuwenden. Aber solche Geschehnisse, falls sie wirklich existieren, betätigten sich am normalen Keim in engster Nähe; und daß sie bei Riesen auf so viel größere Distanz hin wirksam bleiben sollten, klingt kaum wahrscheinlich. Vielleicht sind in der Tat, wie früher schon einmal an- — 295 — gedeutet wurde p. 288), die cytotaktisch wirksamen „Plasmaschichten" — die dann nur etwas früher, als unter normalen Verhältnissen eigentlich nötig scheint, in Aktion treten müßten — • dabei im Spiel : sie bewirkten eine gegenseitige Drehung der im Entstehen begriffenen Nachbar-Organisationen und damit die Gleichsinnigkeit und Gemeinsamkeit gewisser Haupt- ebenen. Noch seltsamer erscheint mir der Umstand, daß die zwei Kerne bei manchen Riesen — vielleicht den gesünderen — die Punkte finden, von denen aus der plas- matische Riesenleib in zwei identische Portionen zerlegt werden kann: die Massenmittelpunkte zweier Plasmahälften. Wenn es sich nur um die sym- metrisch aufgeteilten Zweifachzwillinge handelte, so läge die Vermutung, jeder Kern habe seinen alten Platz im Zentrum seines Einzeleies beibehalten, nahe genug; und ich verfüge zurzeit nicht über Beobachtungen an lebenden Doppelzwillingen, die das mit Sicherheit widerlegen könnten. Allein die Vorgeschichte des im Beschreibenden Teil geschilderten Dreifachzwillings (Taf. IV, Fig. 44 — 48) zeigt, daß eine so einfache Deutung des Phänomens nicht zulässig ist. Wo die ursprüngliche Lage der Furchungskerne den Massenmittelpunkten je einer Riesenhälftc nicht entspricht, verlassen sie ihren Ort und begeben sich durch Wanderung an ihre neuen Plätze. Der interessante Dreifachkeim lehrt uns sogar noch mehr. Weder die äußere Form des Riesengebildes noch etwa auch das absolute Größenmaß des normalen Plasmaleibes kann bei der symmetrischen Placierung der Furchungskerne als dirigierender Faktor beteiligt sein. Vermochte doch der untere Kern seinen Anspruch an eine volle Hälfte des dreifachen Riesenkörpers durchzusetzen, obwohl ihn seine ursprüngliche Lage in einer abgeschnürten, nach Form und Größe von dem normalen Eileib kaum \er- schiedenen Plasmamasse von vornherein auf ein verkürztes Erbteil zu verweisen schien. Und dabei war der Kern, als wenn er die Gleichgültigkeit der äußeren Formverhältnisse eigens demonstrieren sollte, auch noch genötigt, mitten im Engpaß Stellung zu nehmen ! Was für feine Wechselwirkungen zwischen Kern und Zellleib spielen da wohl hinein? Das Protoplasma, das vom Furchungskern auf irgend eine Weise den Anstoß erhält, sich um ihn herum zu organisieren, übt seinerseits bestimmenden Einfluß auf die Lage seines ,, Be- herrschers" aus, indem es ihn in das Zentrum seines Bereiches drängt. — Es ist aber klar, daß die zentrierende Wirkung des Zellprotoplasma auf den Furchungskern, die bei den Riesenzwillingen so auffällige Kerndislokationen zur Folge haben kann, in der normalen Entwickelung ebenfalls vorhanden und für entsprechende Geschehnisse notwendig, demnach nicht regulatorisch ist. 2. Vor allem aber bedarf das Verhähnis der von Boveri entdeckten ,,Einfach- zwillinge" zu alledem, was über die Geschichte der Riesenzwillingsbildungen ermittelt werden konnte, einer Erörterung. Diese seltenen Keime stehen zur Zeit, da ja die deskriptive Hauptfrage, ob ihre beiden Individuen mit der kompleten Entwickelungsfähigkeit aus- gestattet sind oder nicht, noch der Beantwortung entgegensieht, etwas im Hintergrunde. Es ist jedoch gewiß, daß sie im einen wie im anderen Falle erhebliche Bedeutung für die weitere Analyse des Organisationsproblems gewinnen werden. Und da auf eine baldige Entscheidung der schwebenden Frage kaum gehofft werden kann, so halte ich zur Ver- — 296 — meidung möglicher Mißverständnisse eine Darlegung der Konsequenzen, zu denen jede von beiden Lösungen uns führen würde, schon hier für angebracht. Sollte sich zeigen, daß ein disperm befruchtetes Einzelei nur die axiale Differenzierung der Ventralfamilie doppelt, die circumaxiale Entfaltung des Ektoderms aber einheitlich voll- zieht; wonach wir annehmen müßten, der ganze Prozeß geschehe auf Grund einer einheitlichen Plasmaorganisation, und die Verdoppelung der Ventralfamilie samt Keimbahn sei nur die Folge vertikaler Durchschneidung derselben, — so ständen wir vor dem Problem: warum wird das Plasma des dispermen Einzeleies nur einfach, dasjenige des Rieseneies doppelt organisiert? — Es wäre jedoch nicht gar so schwer, einen Unter- schied zwischen beiden Kategorien aufzuzeigen, der die Differenz ihres organisatorischen V^erhaltens bewirken könnte. Disperme Einzeleier sind immer kugelrund, und was sie an Kernen und Sphären enthalten, liegt bis zum Ende der Ruhezeit in einer Gruppe beisammen; weshalb auch allemal eine gemeinsame, vierpolig verkoppelte Teilungsfigur gebildet wird. Anders bei Riesenkeimen. Hier legen sich, soweit meine Kenntnis reicht, in dem oblongen, oft sogar eingeschnürten Plasmaleibe ausnahmelos zwei völlig getrennte Spindeln an; und wir wissen bestimmt, daß in manchen Fällen, z. B. bei unserem Dreifachzwilling, eine ent- sprechende Scheidung des Kern- und Sphärenmaterials in zwei getrennte Gruppen schon lange vor der Mitose bestanden hat. Zuweilen läßt die ganze Gestaltung des Riesenkeimes sogar keinen Zweifel darüber, daß die gesonderte Existenz der beiden Furchungskerne eine primäre ist, d. h. unmittelbar anknüpft an die der beteiligten Einzelkerne; sei es nun, weil zwei befruchtete Eier, ohne ihre Kerne zu einer zentralen Gruppe zu vereinigen, ver- schmolzen worden sind, oder weil doppelte Befruchtung eines Riesen eintrat, ehe die Fusion der Einzeleier entsprechend weit gediehen war, oder aus ähnlichen Gründen. Ob aber auch das Gegenteil zuweilen geschieht, ob in gewissen Fällen die anfangs einheitliche Kern- gruppe eines dispermen Riesen nachträglich in zwei getrennte Furchungskerne auseinander- gezogen wird, das wissen wir nicht; gesehen habe ich es nie. — Lind hierauf gründet sich die Möglichkeit einer billigen Hypothese über die Ursachen einfacher und doppelter Organi- sation in dispermen Keimen. Es dürfte bis zum Beweis des Gegenteiles behauptet werden, daß alle echten Riesenzwillinge aus Rieseneiern mit primär getrennten Furchungskernen hervorgegangen seien. Hielte man dies mit der abweichenden Entwickelungsart der dispermen Einzeleier zusammen, so folgte ohne weiteres, daß die Anzahl der zur kriti- schen Zeit vorhandenen selbständigen „Furchungskerne" die Zahl der zu bil- denden Organisationen unmittelbar bestimmt. Nach dieser Regel lieferten die unvollständig verschmolzenen dispermen Riesen Doppelorganisation und echte Zwillinge ; bei Einzeleiern mit ihrem primär einheitlichen Furchungskerne wäre das — trotz seiner doppelten Centro- somenpaare ! — ausgeschlossen. Im allgemeinen spricht aber wohl mehr dafür, daß auch die „Einzelzwillinge"' wirk- hch echte, komplet entwickelungsfähige Zwillinge sind. Sollte diese Vermutung und damit die Notwendigkeit, auch den dispermen Einzeleiern den Besitz eines doppelt organisierten Plasma zuzuschreiben, durch weitere Untersuchungen be- wiesen .werden, so schiede natürlich die Gruppenbildung der ruhenden Kerne aus der Liste organisationsbestimmender Faktoren aus: die Disperm ie an sich, das Vorhandensein zweier männlichen Pronuclei und zweier Zentrenpaare — vermutlich aber nur das letztere — — 297 — wäre die unbestrittene und /Au-cichcndc Ursache doppelter Organisation. Es müßte gefolgert werden, daß jedes disperm befruchtete Einzel- oder Viclfachei, gleichviel ob seine Kerne und Sphären von Haus aus in zwei Gruppen getrennt oder nahe beisammen liegen, zwei selbständige Organisationsmittelpunkte enthält, die ihren programmgemäßen Einfluß auf das Plasma erfolgreich geltend machen; und daß die zentrierende Rückwirkung der beiden im Werden begriffenen Organisationen auf ihre Erreger diese selbst, dafern sie ursprünglich in einer Gruppe lagen, früher oder später — spätestens bei der Mitose — auseinandertreibt. Hierdurch fiele zugleich ein neues Licht auf den Ursprung der Doppelkernigkeit, in Zwil- lings-Rieseneiern. Es würde jetzt überaus wahrscheinlich, daß das Vorhandensein zweier getrennten Furchungskerne keineswegs immer ein primäres sei, sondern auch neuerdings entstehen könne, indem manche disperme Riesenkeime ihr Kern- und Sphärenmaterial, das anfangs dicht beisammen lag, späterhin, — aber immer noch einige Zeit vor der Mitose — in zwei Gruppen schieden. Und so gälte denn in der genetischen Hauptfrage für Riesen, trotz ihrer ursprünglichen Vielgestaltigkeit, und Einzeleier das gleiche: wenn sie disperm be- fruchtet sind, bildeten sie doppelte Organisation und lieferten echte Zwillinge. Um so befremdlicher wäre der Umstand, daß die zur Zwillingsentwickelung berufenen Einfach- und Rieseneier in mehreren Punkten ihres Detail Verhaltens dennoch starke Differenzen zeigen. Disperme Einzeleier sind bis zum Beginn der Mitose kugelrund, Riesen- eier mehr oder minder oblong oder gar sanduhrförmig eingeschnürt; jene bilden vierpolig verkoppelte Teilungsfiguren, diese, deren Kern- und Sphärenmatcrial im voraus in zwei Gruppen geschieden war, zwei völlig getrennte Mitosen. Die Achsen neugeborener Einfach- zwillinge liegen genau parallel oder divergieren höchstens um einen mäßigen Winkel, bei Riesenzwillingen ist die Achsendivergenz immer bedeutend und erreicht unter Umständen 180". Woher diese Unterschiede? Zunächst bemerkt man leicht, daß das scheinbar dreiteilige Problem einer bedeuten- den Kürzung zugänglich ist, indem zwei der widersprechenden Merkmalspaare fast sicher in unmittelbarem Kausalkonnex stehen: die Form des zur Teilung bereiten dispermen Eies und der gegenseitige Abstand der in ihm enthaltenen Organisationsmittelpunkte; nur fragt sich, welches von beiden Momenten wir als die Ursache des anderen betrachten sollen. Es wäre a priori denkbar, daß die dauernde Kugelform des doppelbefruchteten Einzeleies alle Kerne und Sphären gewaltsam dicht zusammenhielte, während die oblonge, vielleicht noch von der Verschmelzung herrührende Gestalt der Riesen das Auseinandergehen der Furchungs- kerne erleichterte oder bewirkte; aber auch das Gegenteil: die Stellung der Organisations- mittelpunkte könnte durch fremde Faktoren primär bestimmt und ihrerseits die Ursache der jenachdem runden oder gestreckten Gesamtform des Plasmaleibes sein. Allein wir bleiben über diesen Punkt nicht lange im Zweifel. Der Dreifachzwilling unseres Beschreibenden Teiles belehrte uns ja auf wahrhaft drastische Weise, daß eine von Anfang an vorhandene starke Einschnürung seines Plasmaleibes für die endgültige Aufstellung seiner Organisations- mittelpunkte ohne Bedeutung war. Die beiden Furchungskerne wählten ohne jede Rück- sicht auf die Gestalt des Plasmakörpers ihre Plätze. Und wenn der Umriß der einge- schnürten Schale es zugelassen hätte, so würde ganz zweifellos aus Anlaß der Kerndislokation eine entsprechende Form Veränderung des dreifachen Riesenleibes eingetreten sein. — Da aber unter solchen Umständen niemand glauben wird, bei anderen Zwillingskeimen be- Zoologlca. Heft 40. 38 — 298 — stimme umgekehrt die Form des Protoplasmaleibes Lage und Abstand der Furchungskerne, so darf die auffallende Formdifferenz dispermer Einzel- und Rieseneier durchweg als Folge der (durch eigene Ursachen bedingten) Gruppenbildung ihrer Kerne betrachtet werden. Erfreulicherweise besteht nun aber die Möglichkeit, auf dieses gleiche Problem der Kern- gruppierung auch noch das dritte Moment, worin die Einzeleier sich von den Riesen unter- scheiden: die gegenseitige Lage der Zwillingsachsen, zwanglos zurückzuführen. Es hat nämlich ganz den Anschein, als ändere sich die Divergenz der Zwillingsachsen pro- portional dem Abstände der Furchungskerne. Liegen die Kerne und Zentren bis zum Schluß in einer geschlossenen Gruppe beisammen, so divergieren später die Achsen der Individuen wenig oder gar nicht; bei weitestem Abstände der Kerne tritt diametrale Achsen- stellung ein; und möglicherweise verbindet eine kontinuierliche Reihe von Mittelstufen die beiden Extreme. Eine derartige Beziehung würde natürlich den Gedanken nahelegen, daß der Neigungswinkel der ZwiUingsachsen von dem wechselnden Abstände der Furchungskerne auch kausal abhängig sei. Und in der Tat wäre es nicht schwer, einen Kausalzusammen- hang auszudenken, der, ohne r egulator is ch zu sein, die Proportionalität zwischen Kerngruppierung und Achsendivergenz vermitteln könnte. Nehmen wir an, die Furchungs- kerne, durch deren Einfluß die doppelte Organisation hervorgerufen wird, seien mit einer ihrem Abstände umgekehrt proportionalen Energie bestrebt, sich gleichsinnig und parallel- achsig nebeneinander aufzustellen, so würde hiermit nichts unbedingt neues, d. h. regula- torisches in die Entwickelung eingeführt; denn es ist glaubhaft, daß auch unter normaleir Verhältnissen eine gleichsinnig ordnende Wechselwirkung zwischen Kernen oder Chromo- somen vorhanden sei. Und andererseits nehmen wir an, daß jene cytotaktischen Mechanis- men, die wir uns schon im Ei für künftige Funktion bereitstehend denken dürfen, die beiden Organisationen in statu nascendi derartig gegeneinander zu drehen strebten, daß die Dorsi- ventralachse der einen genau mit der der andern zusammenfiele. Dann wirkten zwei wider- strebende Drehungstendenzen auf die Zwillingsachsen ein : die dem Grade nach wechselnde der Furchungskerne und die konstante der Organisationen. Und es ist klar, daß je 'nach der Größe des ersten Faktors das zu erwartende Resultat der zweifachen Beeinflussung ver- schieden wäre. Liegen die Furchungskerne — wie bei den Einfachzwillingen — zu einer geschlossenen Gruppe zusammengedrängt, so überwöge ihre gegenseitige Drehungstendenz; sie selbst und die Achsen der von ihnen hervorgerufenen Organisationen ständen parallel. In dem Maße aber, wie die Kerne sich voneinander entfernten, minderte sich ihr Einfluß, die abweichende Drehungstendenz der plasmatischen Organisationen käme zur Geltung und erzwänge endlich bei hinreichend weitem Abstand der Kerne das diametrale Zusammerrfallen der Zwillingsachsen. So hätte sich denn das dreifache Problem der Widersprüche zwischen den Zwdllings- keimen auf ein einfaches reduziert. Es gälte noch einen nicht-regulatorischen Zusammen- hang aufzufinden, der uns erklären würde, warum die Kerne und Sphären dispermer Riesen- eier stets zwei getrennte Gruppen bilden, eventuell zur Zeit der Organisationsentstehung eigens auseinandergehen, — bei dispermen Einzeleiern aber alles Kern- und Sphärenmaterial in einer geschlossenen Gruppe beisammen bleibt. Da wir nach früheren Ergebnissen außer Stande sind, im Protoplasma der Einzel- und Rieseneier primäre Unterschiede von einer so weittragenden Bedeutung zuzugeben, so kommt als Ursache der zu erklärenden Differenz — 299 — eigentlich nur noch dasjenige Moment in Frage, worin die Ijcidcrlei Keime sich auf den ersten Blick unterscheiden: ihr ungleicher Gehalt an weiblichen Pronucleis. Während das disperme Einzelei immer nur einen einzigen weiblichen Vorkern besitzt, ent- hält ein Riesenei deren mindestens zwei, hat also im Falle der Doppelbefruchtung für jedes eingedrungene Spermium einen weiblichen Partner bereit. Ist es so ungereimt, hierin den Gegensatz erblicken zu wollen, der die betreffenden Keime auf ungleiche Bahnen führt ? Ich denke nein. Nehmen wir an, in der normalen Entwickclung bestehe zwischen männ- lichem und weiblichem Vorkern wenigstens zeitweilig Attraktion, und zwar eine solche, die auf irgendwelcher feinen, chemischen Verschiedenheit der beiden Gebilde beruhte, so bliebe diese Annahme durchaus im Rahmen der Wahrscheinlichkeit : die Vorgeschichte der beiden Kerne, wie ihr Verhallen im Ei deuten wirklich auf eine derartige Beziehung hin. Aus dieser einfachen und nichts weniger als gewagten Hypothese aber ergäben sich für den Fall der Doppelbefruchtung Konsequenzen, in denen das, was wir brauchen, sogleich enthalten wäre. Da gemäß unserer Annahme die Attraktion nur zwischen Vorkernen ungleichen Ge- schlechtes wirken soll, so verständen wir, daß die vier Kerne eines disperm befruchteten Doppeleies sich zu zwei Päärchen zusammenfinden, von denen jedes innig verbunden ist, aber vom andern nichts wissen will; wenn dann in der kritischen Zeit die beiden Organi- sationen, von je einem Zentrenpaar oder männlichen Pronucleus geweckt, zur Ausbildung kämen, so trieben sie in der früher dargelegten Weise ihre Organisationsmittelpunkte als isolierte Furchungskerne auseinander. Nicht so im dispcrmen Einzelei. Auch hier beständen zwei Organisationsmittelpunkte, die sich im Moment der Betätigung voneinander zu ent- fernen strebten. Allein der einzig vorhandene weibliche Pronucleus hielte beide männlichen Bewerber und damit zugleich die Zentrenpaare dauernd in einer Gruppe zusammen. Wenn also später einmal der Nachweis gelingt, daß doppelbefruchtete Einzeleier in der Tat — wie ich vermute — echte Zwillinge zu liefern befähigt, also mit doppelter Plasma- organisation \-ersehen sind, dann würde der charakteristische Unterschied ihres speziellen Verhaltens gegenüber dem dispermer Riesen ohne besondere Mühe und jedenfalls ohne In- anspruchnahme außernormaler, d. h. regulatorischer Wirkungen erklärbar sein. Und sollte das deskripti\e Problem zugunsten der anderen Möglichkeit entschieden werden, wonach ein dispermes Einzelei nur eine einzige Organisation zu stände brächte, so gälte doch für ihre nicht-regulatorische Erklärbarkeit genau das gleiche. Von den ,, Einfachzwillingen" droht unserem mechanistischen Erklärungsbestreben also in keinem Falle Gefahr. Endlich darf an dieser Stelle ein Vorgang aus der Geschichte der doppel befruchteten Ascariskeime nicht verschwiegen werden, der mir wirklich rätselhaft geblieben ist : die ebenso kompl izierte als ausgiebige U m o r d n u n g der V o r k e r n c bei unserem D r e i - f achzwillinge, — ein Geschehnis, dessen äußeren Hergang ich im Beschreibenden Teile ;p. 27, Taf. IV, Fig. 44 — 48) genau, doch ohne Kommentar, geschildert habe. Leider gelang es nicht einmal, das deskriptive Wesen dieser Kernverschiebungen mit einiger Zuverlässigkeit festzustellen. Daß zu den drei weiblichen Vorkernen des Dreifach- eies zwei Spermaelemente getreten waren, und daß die hiernach vorhandenen doppelten Zentrenpaare gelegentlich der Mitose in den beiden weit getrennten „Furchungskernen" zur — ■]{)() — Aktion gelangten, ging aus der Zwiilingscntwickclung des Gebildes nalürli( li klar hervor. Ob aber die Trennung der Centrosome schon zu der Zeit bestand, als der Riese gefunden wurde, vielleicht also eine primäre war und auf getrennter Befruchtung des oberen und unteren Keimbezirkes beruhte, ist keineswegs gewiß. Denn offenbar könnte jener kleine i'ronuclcus, der am dritten 13cobachtungstage aus dem oberen Re\ ier in das untere hinüber- wanderte, rec:ht wohl ein Spermakern samt Sphären gewesen sein. Oder war der reise- lustige Rern kein m.ännlicher Freier, dem eine sehnsüchtige Braut bis an die Pforte ihres Hauses entgegenkam, sondern gerade umgekehrt weiblichen Geschlechts, und wollte er sich einem vcreinsainlcii .S])ciinakerne jenseits des Engpasses beigesellen? Oder war der Über- läufer zwar weiblich, brachte aber ein Zentrenpaar mit? Auf alle diese Fragen, in denen doch der ganze Sinn des Geschehnisses verborgen liegt, blieb der lebendige Riese die Ant- wort schuldig. Und was nach seinem gewaltsamen Tode aus den Chromatinverhältnissen der Keimbahucn und Kichtungskörper geschlossen werden konnte, war auch nicht viel. Es zeigte sich nur, dal.') der Riese seine Chromosome auffallend ungleich an die Zwillingsbrüder verteilt hatte, denn eine der Keimbahnen — die einzige, die eine Zählung erlaubte — ent- hielt nur drei; während doch der Gesamtbestand ni( ht weniger als zehn betragen haben mußte. Und ferner wurde durch die Beschaffenheil und Lage der zweiten Richtungs- körper, von denen einer duii h seine enorme Gröf3e seine 1 )o])|)i'liiatur \-erriet (Taf. V, l'ig. 62, 63), wahrscheinlich gemacht, dal.'i früher einmal alle weiblichen Pronuclei in der oberen Plasmamasse beisammen gewesen waren. Uie Scheidung des Kernmaterials in zwei ge- sonderte, oberhalb und unterhalb des Engpasses liegende Gruppen, wie ich sie bei der Ent- cU'ckung des Riesen \orfand, war also wohl keine wirklich primäre. Vud so mochte denn schon beim ersten Auseinandergehen ein numerisches Mißverhältnis der Chromosomen- gruppen entstanden sein. Oder trug erst der L'bertritt des wandernden Kernes die Schuld daran ? Wir wissen es nicht. Nach alledem \crdienl die \'orgeschichte des Dreifachriesen, so reich an interessanten Geschehnissen sie sicher gewesen ist, doch eigentlich keine anahtische Berücksichtigung: es lohnt nicht, ül^er die Gründe von Vorgängen nachzudenken, von denen man nur das alleräußerlichste gesehen und begriffen hat. Auf keinen Fall alu-r scheint nur erlaubl, in der Kernverschiebung des Riesen schon jetzt ein echt regulatorisches, mit außernormalen Mitteln inszeniertes Geschehnis erblicken zu wollen. Daß Wanderungen der N'orkerne auf derartige Distanzen im normalen Entwickelungsprogramm nicht annähernd, Austauschs- vorgänge überhaupt nicht bekannt sind, steht offenbar fest. Auch gebe ich gerne zu, daß die ganze kleine Geschichte, dieses geschäftige und scheinbar wichtige Hinundher den Eindruck erwecken mußte, als sollte irgend etwas, das nicht stinmite, regulatorisch in Ordnung gebracht werden. Aber darf man daraus schließen, die Ursachen dieser ab- normen Bewegungen seien der normalen Ontogcnesis fremd? Wer gewohnt ist, zweck- tätige Ih-sachen in seine Rechnung einzusetzen, als wäre das eine Kleinigkeit, wird vielleicht antworten: j;i wohl; denn die ZunuUung, in der normalen Fntwi;-^ -ai^. ßS / -..-A 66 67 lArl,t,i\ ^'l'rnriss des Entoderms ZOOLOGICA. Original-Abhandlungen dem Gesamtgetiete der Zoologie. Herausgegeben Professor Dr. Carl Ohun in Leipzig. Heft 41. Beitrag zur Embryonalentwickelung der Ascaris megalocephala. Von Dr. Hermann Müller. (Mit 5 Tafeln und IL' Figuren im Text.) STUTTGART. Verlag von Erwin Nägele. 1903. Beitrag zur Embryonalentwickelung der Ascaris megalocephala. (Aus dem Zoologischen Institute zu Leipzig.) Von Dr. Hermann Müller in Biebrich. Mit 5 farbigen Tafeln und 12 Figuren im Text. STUTTGART. Verlag von Eiwin Nägele. 1903. Carl Georgi, Universitäts-Buclidruckerei in Bonn. Einleitung. Das Studium der Nematodenembryolog-ie wurde besonders durch Untersuchungen an Eiern von Ascaris megalocephala gefordert. Infolge ihrer Dotterarmut stellen sie nach kunst- gerechter Vorbereitung überaus klare, durchsichtige Objekte dar, die einen Einblick in die feinsten Verhältnisse gestatten. Hallez (3), der zuerst eingehend sich mit ihrer Entwicklung hefasste, hatte kaum nennenswerten Erfolg, da er unzweckmässiger Weise lebendes Material bearbeitete und oben- drein schon vom 12 zelligen Stadium an die Hauptrichtungen des Embryo verwechselte. Hohe Bedeutung dagegen erreichten die Untersuchungen Boveris (1. 2.). Seine Ent- deckung vom Vorhandensein zweier Zelltypen, der Keim- und Somazellen, vom Eintreten der Chromatindiminution bei der Teilung der Ursomazellen, ferner sein Nachweis, dass das Chromatin der Stammeizelle in unverändertem Charakter sich bis zu der nach mehrfacher Teilung auf- tretenden Urgeschlechtszelle überträgt, woraus er eine „Keimbahn" im Sinne der Weismann- schen Theorie zu konstruieren vermochte, sind als äusserst wertvoll zu bezeichnen. Während er indessen für die niederen Stadien eine genaue Zellkenntnis erreichte, beschränkte er sich vom ungefähr 48zelligen Stadium an auf die Analyse der zuletzt entstandenen Zellstämme. Dadurch wurde natürlich nicht immer die volle Sicherheit in der genetischen Reihenfolge der Zellen erlangt, und mancherlei Irrtümer waren die Folge. Auf einige derselben machte bereits zur Strassen (4) aufmerksam. In seiner Abhandlung veranschaulichte er in klarer Weise das Anwachsen des Embryo auf 102 Zellen. Er zeigte, dass dasselbe überaus regelmässig erfolgte, und war dadurch imstande, die einzelnen Zellen genau zu unterscheiden und eine jede mit einer bestimmte-! Bezeichnung zu belegen. Nach ihm gehört die Urgenitalzelle nicht, wie Boveri behauptet, der 6., sondern schon der 5. Zellgeneration an; ferner bilden sich aus der 2. Ursomazelle nicht nur Darm und Mesoderm, sondern auch das ganze Stomatodäum. Boveri (2) acceptiert in seiner nachträglich erschienenen vollständigen Abhandlung nur den letzteren Punkt, glaubt jedoch hinsichtlich des ersteren. wenigstens für gewisse Fälle, im Rechte zu sein. Es erübrigt noch, einer von Zoja (7) verfassten Schrift Erwähnung zu tun, die aber neue Gesichtspunkte nicht bietet, an Ausführlichkeit und erschöpfender Behandlung des Stoffes ausserdem von beiden vorgenannten wesentlich übertroffen wird. An geeigneter Stelle werde ich auf die vorerwähnten Streitfragen eingehen und ferner noch eine Reihe anderer Berichtigungen vornehmen. Wenn ich dazu heute imstande bin, so 1 verdanke ich dies hauptsächlich dem Umstände, dass mir in der gründlichen Arbeit zur Strassens (4) ein guter Ausgangspunkt für meine Untersuchungen gegeben war. Nach eingehenden Vor- arbeiten, die sich auf das Studium jüngerer Embryonen erstreckten und mich mit dem Material vertraut machten, vermag ich durch eigene Anschauung die Richtigkeit des Hauptteils der Arbeit zur Strassens zu bestätigen; hinsichtlich des „morphologischen Anhanges'' machen sich indess einige Korrekturen erforderlich. Angeregt durch Herrn Prof. Dr. zur Strassen habe ich den V'ersuch unternommen, mich an die höheren Stadien heranzuwagen und, soweit es mir gelingen würde, die Entwicklung der Askaridenembryonen zu analysieren. Stets erfreute ich mich bei diesem für den Anfänger besonders schwierigen und mühevollen Beginnen der aufmerksamsten Förderung und des regsten Interesses von selten meines hochverehrten Lehrers, Herrn Prof Dr. Chun, des Leiters des zoologischen Instituts, und in gleicher Weise war ich auch des besten, uneigennützigsten Rates meines hochgeschätzten Lehrers, Herrn Prof Dr. zur Strassen, gewiss, dessen reiche Sach- kenntnis mir natürlich äusserst zu statten kam. Beiden Herren gegenüber fühle ich mich verpflichtet an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen, insbesondere aber Herrn Prof Dr. Chun nochmals deswegen, weil er mir bereitwilligst gestattete, das von Herrn Prof. Dr. zur Strassen vorgeschlagene Thema als Gegenstand meiner Prüfungsarbeit zu wählen. In unmittelbarem Anschluss an die Abhandlung zur Strassens habe ich meine Unter- suchungen mit dem Stadium 102 begonnen, in welchem der Embr}'© noch eine ausgesprochene ventral abgeplattete Eiform besitzt, und dank der Gunst des Materials konnte ich sie fortführen bis zu der Stufe, wo der bereits wurmförmig gestaltete Embrj^o sich lV2nial innerhalb der Eihülle aufgerollt hat. Bemerkenswert erscheint es hierbei, dass inzwischen nur eine 2 — 3 malige Vermehrung seiner Blastomeren stattgefunden hat. Die vorliegende Arbeit soll in erster Linie einen morphologischen Beitrag zur Askaridenembryologie darstellen. Der Ergründung der genealogischen Verhältnisse konnte nur insoweit Rechnung getragen werden, als es für die nähere Kenntnis einzelner Zellgruppen erforderlich war. Dies auf alle auszudehnen, musste schon allein wegen der zunehmenden Schwierigkeit der Untersuchung als unzweckmässig erscheinen. Es galt dies besonders für die Hauptmasse der Blastomeren, des sog. „primären Ektoderms", die sich allmählich unter erheblicher Verkleinerung dicht gedrängt am vorderen und hinteren Körperpol, sowie in einer schmalen Bauchreihe zusammenscharen und überein- anderschichten. Für die verbleibende Minderzahl, die ein gänzlich abweichendes Verhalten zeigte und daher speziell mein Interesse in Anspruch nahm, war ich bestrebt durch Einbeziehung der benachbarten Zellpartieen in meine Untersuchungen eine sichere Begrenzung zu erzielen. Sollte innerhalb dieser Grenzsphäre an irgend einer Stelle sich ein Irrtum, z. B. Verwechslung von Zellen, eingeschlichen haben, so würde die Richtigkeit der eingeschlossenen Zellpartieen trotzdem noch nicht in Frage gestellt werden. Hatte nun Boveri schon gezeigt, dass die äussere Körperhülle des Embr^'o, das Ekto- derm, von 2 verschiedenen Ursprungsorten ihre Abstammung herleitet, so vermag ich für das Mesoderm sogar 3 solcher anzuführen. Unter diesen Umständen erscheint es nicht korrekt, von einer Keimblätterbildung zu reden. Gleichwohl werde ich der \'erständlichkeit halber die gewohnten. Bezeichnungen beibehalten und z. B. von Mesoderm I, II und Ili sprechen. Eine Einteilung nach Stadien, wie sie in exakter Weise von zur Strassen bis zu — 3 — 102 Blastomeren durchgeführt wurde, bietet beim Fortschreiten der Entwicklung^ mancherlei Schwierigkeit, da die Teilungsvorgänge zwischen den einzelnen Gruppen und sogar innerhalb derselben immer grössere Schwankungen erleiden. Wenn ich dennoch eine gewisse Begrenzung eingeführt habe und von Stadien 202, 402 und 802 spreche, so geschah dies nur, um in über- sichtlicher Weise die Vorgänge erläutern zu können. Ich beabsichtige damit weniger einen bestimmten Entwicklungsgrad scharf zu markieren, sondern möchte vielmehr hier nach Besprechung eines Teilungsturnus sämtlicher Gruppen gleichsam einen Ruhepunkt für meine Beschreibung gewinnen. Material und Methoden. Die zur Untersuchung verwendeten Eier wurden in der von zur Strassen (4i, an- gegebenen Weise konserviert und gefärbt. Hirsekorngrosse Eiklümpchen kamen 24 Stunden lang in ein Gemisch von Alkohol iQö'Vni und konzentrierter Essigsäure 4:1, darauf 24 Stunden in reinen Alkohol (%"/o); dann folgte 24stündiges Färben mit alkoholischem Salzsäure-Karmin (Grenacher-Mayer), 24 stündiges Verbringen in Alkohol (96 "/o) + 1 "/„ Salzsäure und zuletzt be- liebig langes Autbewahren in reinem Alkohol. Zum Zwecke der Untersuchung wurden sie dann in Gh'cerin übergeführt. Dies geschah am besten in der Weise, dass man die Eier in schwach mit Glycerin vermischten Alkohol brachte und diesen in flacher .Schale im Brutofen der Verdunstung aus.setzte, worauf sie dann in reinem Glycerin zurückblieben. Zur Züchtung empfahl es sich, die aus der \'aginalen Uterushälfte ausgestrichenen Eier in einer massig feuchten Kammer langsam, am besten bei Zimmertemperatur oder nur schwacher Erwärmung heranreifen zu lassen. Infolge auftretender Fäulnis, die sich durch ihren spezifischen, säuerlichen Geruch kenntlich machte, wurde die den Eiern anhaftende, eiweissreiche Uterus- flüssigkeit ziemlich beseitigt. Diese nämlich war es, die am häufigsten die mikroskopische Untersuchung der Objekte unmöglich machte, da sie dieselben gleich einer trüben Wolke um- gab und ausserdem leicht das Drehen unter dem Deckglas verhinderte. Ein massiges Zurück- bleiben von Uterusflüssigkeit hatte andrerseits wieder den grossen Vorteil, dass die benachbart gelegenen und daher in der Regel gleichaltrigen Eier in leichtem Verbände an einander hängen blieben. Bei Untersuchungen an vorgeschrittenen Eiern wäre es sonst ausserordentlich schwierig, ja fast unmöglich gewesen, gleiche und ähnliche Altersstufen ausfindig zu machen. Fast über- raschend war es manchmal, wie in einem Klümpchen von einigen hundert Eiern die Bilder sich nahezu wiederholten. Gerade hierdurch aber gelang es ^'erhältnismässig leicht, die geringsten Fort- schritte in der Entwickelung aufzufinden. Eins st jedoch vor allem notwendig, will man sich vor unerwünschten Enttäuschungen bewahren, dass man nämlich die Eier auf ihre normale Entwicklung hin prüft, bevor man sie zum Gegenstand der Untersuchung macht. Schon Boveri (2. pag. 4i beobachtete, dass die Eier des einen Wurmes ein ungestörtes Wachstum zeigten, die eines anderen aber schon sämtlich auf dem 2- oder 4-zelligen Stadium abstarben. Bliebe es nur bei diesen beiden Eventualitäten, so hätte man leichtes Spiel. Doch es giebt noch eine ganze Reihe von Zwischenstufen, deren pathologischer Charakter nur bei sorgfältiger Untersuchung auffällt. So sind besonders Eier, die sich sehr ungleich entwickeln, d. h. von denen nur \crcinzelte zu höheren Stadien gelangen, — 0 — als ofü'cnbar krank auszumerzen. In gefärbtem Zustande zeigen sie meist als charakteristisches Zeichen, überall in den Zellen zerstreut, grössere oder kleinere Chromatinbrocken. Es gibt nun Fälle, in denen diese Erscheinungen wohl in jüngeren Stadien vorhanden sind, in höheren aber fehlen sie, und nur bei aufmerksamer Beobachtung wird man dann an den fremdartigen Zellbildern die Abnormität erkennen. Auch ich habe anfangs solche unliebsame Erfahrungen machen müssen, da ich mich längere Zeit an krankhaft entwickelten Eiern eines Wurmes ab- mühte, die mir damals wegen der Gleichmässigkeit, mit der sich dieselben Bilder vorfanden, normal zu sein schienen. Erst spätere Vergleiche mit den Eiern anderer Würmer belehrten mich, dass ich mich in falscher Richtung bewegte. Immerhin erscheint mir dieser Fall, der sicher einer der schwierigst erkennbaren ist, der Erörterung wert zu sein. Ich werde daher zum Schlüsse meiner Abhandlung in einem , .Beitrag zur Teratologie" besonders auf ihn zurück- kommen. Die Untersuchungen wurden fast durchweg bei 1200facher Vergrösserung angestellt. Künstliches Licht, das ich meist dabei verwendete, hatte den Vorteil einer besseren Durch- leuchtung des Objektes und war daher dem Tageslicht vorzuziehen. Insbesondere Hess es die Zellkerne deutlicher hervortreten, die ja überhaupt die besten Richtpunkte darstellen. Für die Benennung der Zellen hat sich Boveri's Nomenklatur als die einfachste erwiesen, und sie werde ich auch überall beibehalten, bezw. in gleichem Sinne fortführen, ausgenommen bei den Gliedern des primären Ektoderms. Hier hielt ich es für notwendig, vorerst nicht von zur Strassens Bezeichnung abzugehen, um möglichst vor Verwechslungen sicher zu sein. Da sich diese jedoch bald zu kompliziert gestaltete, so zog ich es vor, weiterhin von Verein- fachungen Gebrauch zu machen. Auch die Farben der Zellgruppen habe ich denen der trefflichen Abbildungen Boveris angepasst. Nur die „Bauchzellen" sind jetzt statt ihrem bisherigen Englischrot, das fortan aus- schliesslich den ., Schwanzzellen" verbleibt, durch ein weinrotes Aussehen gekennzeichnet. Untersuchung'serg'ebnisse. . Bevor wir zu einer näheren Besprechung der Resultate übergehen, dürfte es vorteilhaft sein, noch einmal einen kurzen Rückblick auf die bisherige Entwicklung des Embryo zu werfen. Stadium II. Die Durchschnürung der Eizelle lieferte die Stammzelle P, und die Ursoma- zelle AB iBoveri) = I (zur Strassen). Stadium IV. Aus der zweiten Teilungsperiode gingen hervor das Ektodermzellenpaar lA und IB, die .Stammzelle P,, und die Ursomazelle EM St, die Urzelle des Ento-, Mesoderms und Stomatodäums. .Stadium VTII. Bei dem Eintritt der nächsten Teilung zeigte sich dann an den Kernen der Somazellen die merkwürdige Erscheinung der C':r.)matinverminderung. Auch liessen sich jetzt sichere Anhaltspunkte für die Richtungsverhältnisse des Embryo gewinnen. Dorsal und vorn gelegen .spalteten sich lA und IB der Länge nach in eine rechte und linke Tochterzelle. Aus EM St und P^ hingegen ging cmrch Querteilung eine ventral und median gelegene Reihe von 4 Zellen hervor. MSt, die vorderste, vereinte noch die Elemente des Mesoderms und Stomatodäums in sich; dann folgten E, die Urzelle des Darms, P,, die Stammzelle, und zuletzt deren .Schwester C, die als Urzelle einer sekundären Ektodermgruppe angesehen w urde, die aber nach meinen Feststellungen auch noch Mesodermteile in sich birgt. Stadium XVI. Der vierte Teilungsvorgang führte eine Erhöhung der ektodermalen Blastomeren auf S herbei. Von den Gliedern der Bauchreihe teilten sich M St und C längs, E und Pg quer. Demgemäss sahen wir dann die Produkte der ersteren rechts und links von der Mittellinie gelagert, als m st und c, bezw. n öt und -f. Die der letzteren hingegen bildeten abermals eine mediane Reihe von 4 Zellen: EI, Ell, P^ und D, die Urzelle einer uns später noch beschäftigenden Gruppe. Stadium XXVIII. In der fünften Teilungsperiode, die zeitlich in den einzelnen Gruppen erhebliche Abweichungen erkennen Hess, wuchs das Ektoderm auf 16 Zellen heran. Durch transversale Teilung von m st und n ax wurden ferner Stomatodäum und Mesoderm von einander getrennt. In gleicher Richtung teilten sich c in c I und c II und t in tI und x II- Stadium LVI. Bevor jedoch die übrigen ventralen Cylieder sich zur Vermehrung anschickten, trat schon das Ektoderm in die nächste Teilung ein. Stomatodäum und Mesoderm, letzteres etwas später, teilten sich gleichfalls wieder und bildeten zusammen einen nach hinten offenen Bogen von 8 Zeilen. Dabei nahmen die mesodermalen Glieder eine deutlich vertiefte Stellung ein. Nunmehr erhöhten auch die mittlerweile gegen das Zentrum hin versunkenen Darmzellen ihre Zahl auf 4. Fast zu derselben Zeit vollzoij sich von neuem die Teilung in der C-Gruppe und zwar bei cl und tI transversal und inäqual in die oberen Makromeren cl' und tI' und die unteren Mikromeren c I" und fl", bei cll und rll longitudinal in die inneren cII' und rll' und die äusseren cll" und rH"- Dann stellte auch die Zelle D ihre Spindel in der Querrichtung ein. Zuletzt endlich sahen wir die Stammzelle P^ sich durchschnüren, die gleich den Darm- zellen während der letzten Periode im Ruhezustande verharrt hatte. Stadium LVI— CII. Von der allgemeinen Teilung im näch.sten Stadium schlössen sich wieder einige Gruppen aus. Es waren dies die Nachkommen \on C und die beiden Stamm- zellen, während alle übrigen die Zahl ihrer Glieder verdoppelten. Stadium CII. Wir finden mithin am Schlüsse des Stadiums LVI — CII, an das sich meine Betrachtungen anknüpfen, folgende Verhältnisse vor. Die weitaus grösste Zellenzahl hat das primäre Ektoderm mit 64 Gliedern. Es nimmt demgemäss auch den wesentlichsten Teil der embryonalen Ober- fläche ein, so die Front, den Rücken, die beiden Seiten und die Randpartieen der Bauchfläche. Seine Zellen haben noch eine stattliche Grösse und lassen hierin kaum einen Unterschied gegen- über den übrigen Blastomeren erkennen. Schon zur Strassen erkannte in der 32zenigen Ektodermplatte ein eigentümliches Verhalten einzelner an ihrem hinteren Rande gelegener Zellen. Während nämlich alle übiigen Blastomeren eine gleiche Teilung eingingen, teilten sich jene — es waren 4 an der Zahl: lArlßa, lArlßb, IBrlßb und IBllßb — ungleich. Dadurch kam es zu Makro- und Mikromerenbildung. Aber auch fernerhin weichen ihre Sprösslinge gemein- schaftlich mit einigen benachbarten Zellen in ihren Eigenschaften so erheblich von ihren übrigen Stammesgenossen ab, dass sie mehr und mehr eine gesonderte Stellung einnehmen und besondere Beachtung verdienen. Im nicht orientierten Stadium CII fallen uns durch ihre Grösse besonders die in der Medianlinie sich berührenden, der letzten Ektodermreihe angehörigen Zellen lArlßb}' und lArlßay auf, ferner die mehr seitlich in der vorletzten gelegenen IBrlßbx und IBllßbx. Da sie ihrem Umfang entsprechend auch grosse Kerne besitzen, so werden sie leicht und sicher erkannt. Ich werde sie der Kürze halber als Grosszellen a = ga und b = gb bezeichnen und ihre bedeutend kleineren Schwestern, die entsprechend umgekehrt der vorletzten, bezw. der letzten Reihe angehören, als Kleinzellen a = ka und b = kb. Die rechte Seite wird durch ein r, die linke durch ein 1 gekennzeichnet. Zwischen die Paare a und b eingeschaltet liegen die Zellen IBrIßaxund IBllßax in der vorletzten und IBrlßay und IBllßay in der letzten Reihe. Für die ersteren beiden wähle ich, da sie höher liegen, die Bezeichnung „obere y" = oy, für die anderen „untere y" = uy. Es erübrigt noch die die untere Begrenzung des hinteren Randes bildende Zelle IBr2ßby resp. IB12ßby anzuführen, — welche ich x benennen will, — um ein vollständiges Bild der insgesamt aus 14 Gliedern bestehenden beiden letzten Zellreihen wieder- zugeben. Nach hinten anschliessend folgt das von Boveri so benannte sekundäre Ektoderm, das aus der .3. Ursomazelle hervorgegangen ist. An der Sgliedrigen Gruppe lässt sich ein vertikaler 8 — rill, die äusseren cII2 und Tn2. als die äusseren, kann ich mich und ein horizontaler Ast unterscheiden. Der erstere, für den wir den Namen „Schwanzzellen" beibehalten w^ollen, besteht aus 2 ungleichen, in der Mittellinie sich berührenden Zellpaaren. Ihre unteren Glieder zeichnen sich durch geringe Grösse aus, und wir eriiennen sie als die Mikromeren cI2 und t12 und ihre oberen als die Makromeren eil und tH- Bei normalen Eiern nimmt das Paar der rechten Seite entsprechend dem Prinzip der kleinsten Flächen stets eine etwas höhere Stellung ein, als das der linken. Da Boveri dies in seiner einzigen, den Embryo von hinten zeigenden Abbildung (2. Tafel IV. Fig. 25 c) umgekehrt darstellt, so ist anzunehmen, dass er diese nach einem inversen Ei entworfen hat. Der horizontale Ast bildet einen nach vorn und leicht aufwärts gekrümmten Zeilbogen, von zur Strassen als „Bauchzellen" bezeichnet. Die inneren Glieder des Bogens, die sich unter die Mikromeren reihen, sind die Zellen clll und Der Ansicht Boveris, die inneren seien entschieden kleiner nach meinen Beobachtungen und Bildern nicht anschliessen ; es ist dies wohl auch schon in Rücksicht auf die gleiche Kerngrösse der vier Zellen nicht anzunehmen. Dem Bogen der Bauchzellen passt sich derjenige der 4gliedrigen Gruppe an, die von der 4. Ursomazelle D abstammt. Er umschliesst von rückwärts die hintere Urgeschlechtszelle, und seine Aussenglicder dl und bl treten nach vorn hin an die letzten Stomatodäumszellen heran. Gewohnte, fast nie fehlende Begleiter besonders der Zellen dll und bll sind umfangreiche Chromatinbrocken. Dieselben rühren von der erheblichen Diminution her, die das Chromatin i'cr Zelle D bei ihrer Teilung erleidet. In welchem Maasse dieser Vorgang erfolgt, dafür liefert die beigefügte Figur 1 ein klares Beispiel: Verschwindend ist hier der bleibende Chromatinrest gegenüber dem zerfallen- den. Die Trümmer gesellen sich den Tochterzellen zu. sie hegen als homogene, glänzende Klumpen meist zu 1 — 2 im Protoplasma zerstreut und bilden für längere Zeit ein charak- teristisches und sehr nützliches Erkennungsmerkmal für die D-Gruppe. Freiliegende, nicht in Zellen eingeschlossene Chromatinstücke, wie Boveri ein solches in seiner Figur 26 abbildet, habe ich nie gesehen. Der Umstand jedoch, dass in der fraglichen Figur die beiden Zellen d und b durch eine weite Kluft voneinander getrennt sind, für die es doch hier gar keine Erklärung giebt — frische Teilung ist ausgeschlossen — und andrerseits die Lage des Chromatin- klumpens in der innersten Ecke derselben machen es wahrscheinlich, dass die zarten Zellgrenzen übersehen wurden. Rostralwärts von dieser Gruppe liegen die beiden über die Bauchflächen herausragenden grossen Stammzellen mit ihren gewaltigen Kernen. Ich betrachte sie mit zur Strassen und Zoja (7) als bleibende Geschlechtszellen und benenne sie mit ersterem Gl und GlI. Auch mir ist gleich ihnen niemals eine 6. Stammteilung im Sinne Boveris begegnet, und nie haben sich mir trotz . der vielfachen Untersuchungen weit höherer Stadien Zweifel über die Richtigkeit dieser Annahme eingestellt. Lässt schon Boveris Angabe (2. pag. 28), er habe ursprünglich Cl2 -3 Fig. I. wegen der Grösse der Zellkerne auch die Ansicht zur Strassens und Zojas geteilt, müsse aber für manche Fälle dennoch an seiner ausgesprochenen Behauptung festhalten, eine gewisse Unsicherheit erkennen, so dürften auch, seine einzige Stütze, die Abbildungen 29 und 30 meiner Ansicht nach nicht imstande sein den Beweis für eine 7. Generation zu erbringen. Soweit sich beurteilen lässt, scheint das Ektoderm seinen Teilungsprozess zu 128 Blastomeren nahezu abgeschlossen zu haben. Daher wäre eine vermehrte Zellenzahl in der Schwanzregion nichts auffallendes. Ich hege kein Bedenken in der Teilung der Stammzelle eine verspätete zu sehen. Denn ähnliche Verzögerungen habe ich häufiger beobachtet und zwar dann gewöhnlich bei Eiern eines und desselben Wurmes, während ich bei anderen vergeblich nach ihnen suchte. Ich würde hiernach f und qp für dl resp. bl, dl und bl für cI12 resp. Tn2 und die wegen ihrer erhöhten Lage auf den Figuren fast versteckten cII2 und Tn2 • — die ventrale Lage dieser Zellen in der doch jüngeren Figur 28'' steht hierzu im Widerspruch — für ektodermale Blastomeren halten. Vermutlich sind sie als Töchter der unteren y anzusprechen. Eine genaue Kritik der fraglichen Figuren erscheint mir deshalb unmöglich, weil entsprechende Darstellungen der Embryonen von hinten fehlen, aus deren Vergleich erst eine sichere Feststellung der Zellen zu erlangen wäre. Die nun noch zu nennenden embr^'onalen Teile leiten ihren Ursprung sämtlich von der 2. Ursomazelle E M St ab. Das älteste Glied, das Entoderm, zählt jetzt S Zellen, die als helle, grossblasige Gebilde den mittleren Raum der Furchungshöhle erfüllen. Beiderseits davon legt sich das Mesoderm in je einer 4gliedrigen gedrängten Reihe an, die Neigung zur Rhomben- bildung bekundet. Seine Zellen erscheinen wesentlich kleiner als die des Entoderms. Die letzte verwandte Gruppe ist das Stomatodäum, dessen 8 Blastomeren einen nach hinten geöft'neten Spitzbogen bilden. So liegen die Verhältnisse der einzelnen Gruppen nach der Teilung. Bevor sie zur abermaligen Vermehrung schreiten, treten allerlei Zellverschiebungen ein, die eine wesentliche Veränderung des Bildes bedingen. Die Gross- zelle ar stand .bisher in Berührung mit der Grosszelle a 1 und den beiden Kleinzellen a. Scheinbar durch Andrängen der C- Gruppe kommt es zum Auseinanderweichen und bald zur völligen Scheidung der beiden Gross- zellen a. Gleichzeitig wird auch die Verbin- dung mit k a 1 bedroht- Eifrig bemüht sich gar diese nicht aufzugeben, indem sich ihr Berührungsende bei der zunehmenden Entfer- nung in einen sehr feinen Fortsatz auszieht. Lange gelingt es, endlich aber reisst das Band. Jetzt liegen die Grosszellen a weit von- ^'^- "■ einander getrennt. In gleichem Masse aber, wie sie auseinanderrückten, erfolgte eine Annäherung der Grosszellen a und b jeder Seite, bis es schliesslich zur ausgiebigen Berührung kam (Figur 2). Diese war nur möglich, wenn die y-Zellen eine Trennung erfuhren. Und in der Tat liegen sie nun isoliert, eine oberhalb und eine unterhalb der Berührungsstelle. o-pF 10 — Stadium CII— CCII. Auf der Bruchseite folgen nun eine Reihe von Veränderungen, deren Erörterung ich weiter unten folgen lasse, da mittlerweile von neuem das primäre Elctoderm den Reigen der Teilungsprozessc zu eröffnen beginnt und somit das nächste Stadium CCH einleitet. Die Ein- stellung seiner Spindeln erfolgt im allgemeinen para-tangential in der Längsrichtung des Embryo. Allmählich am vorderen Körperende und am ausgeprägtesten vor dem Eingang in das Stoma- todäum geht sie in die Querrichtung über. Die Glieder des hinteren Randes zeigen sämtlich noch entsprechend ihrer Lage eine aufstrebende Richtung ihrer Spindeln und zwar von hinten und unten nach vorn und oben. Als Zellen vom typischen Aussehen der meisten ektodermalen Blastomeren kommen mit diesen auch x und y früh zur Durchschnürung. Wie oben erwähnt, waren die beiden y-Ze!len infolge des Zusammentreffens von ga und gb auseinandergedrängt worden. Da diese jedoch bei ihrer jetzt eintretenden Teilung bestrebt sind, sich in der Rich- tung des sie trennenden Hindernisses gegeneinander zu strecken, so wird die Verbindung der Grosszellen bald wieder gelöst. Die Töchter der beiden y liegen nun in einer fast geraden Reihe, die im Winkel zwischen Bauch- und Schwanzzellen beginnt und seitlich vor ka endet, oyl, die obere, erscheint immer etwas versteckt, da sie von der hochgelegenen ka und deren vorderer Nachbarzelle überragt wird (Taf I. Fig. L'j. Am spätesten von allen Gliedern des Ektoderms schreiten auch Gross- und Kleinzellen — diese meist zuletzt - zur Vermehrung. Ihre Kerne, besonders die von ga, waren zu einer erstaunlichen Grösse herangewachsen und übertrafen diejenigen der übrigen Ektodermzellen um etwa das Dreifache. Die Grosszellen a stellen ihre Spindeln genau parallel zur Doppelreihe der Schwanzzellen und mithin zur Medianlinie ein, während diejenigen ihrer Schwestern, der Kleinzellen a, nach vorn eine leichte Divergenz erkennen lassen. Die hierdurch nach der Durch- schnürung entstehende Lücke zwischen den beiden vorderen Töchtern kal wird durch eine Ektodermzelle (Tochter von lArlaay) ausgefüllt (Taf I, Fig. 4^). Die beiden blasigen Gross- zellen berührten bisher den hinteren äusseren Rand der zugehörigen Kleinzelle. Nach voll- endeter Teilung kommt gal nahezu seitlich neben kall zu liegen, ja sie ragt sogar bis an deren vordere Schwester heran und nimmt Fühlung mit ihr. Nach vorn wird .sie von oy II begrenzt, gall schafft sich in dem bisher \on einem langen, spitz zulaufenden Zipfel ihrer Mutterzelle er- füllten Räume Platz, ohne indess neue Verbindungen einzugehen. Es wird dadurch uyl etwas seitwärts gedrängt. Die bisher seitlich gelegene uyll stellt jetzt die untere Begrenzung dar. Die Kleinzellen b teilen sich in schräger Richtung. Ihre Spindeln stehen fast parallel zu denen der y. Es ist ihr Verhalten insofern bemerkenswert, als sie eine ungleiche Teilung eingehen. Die untere, kbll, ist grösser als ihre Schwester kbl. Im letzten Stadium stand die Zelle x mit der unteren y in Berührung. Sie giebt nach ihrer Teilung diese Verbindung auf, vielleicht infolge Anwachsens der Zelle kb. Letztere tritt daher in die Reihe der eigentlichen Randzellen ein. Ihr Platz im Rande wird weiterhin durch kbll behauptet. Die Spindelrichtung der Gross- zellen b entspricht nicht ganz der ihrer Schwestern. .Sie ist eine nach vorn mehr geneigte. Zwischen gbl und oyl schaltet sich eine ektodermale Zelle ein. Es werden somit die oberen. — 11 — Enden der im übrigen parallel verlaufenden Nachbarreihen y und ii wie durch einen Keil aus- einandergetrieben (Taf. I, Fig. 1 — 4). Schon zu Beginn der ektodermalen Regung giebt sich auch neues Leben in der C-Gruppe kund, die während der letzten Periode LVI — CII im Ruhezustande verharrte. Hier sind es stets zuerst die Makromeren, die durch transversale Durchschnürung ihre Zahl auf 4 erhöhen. Sie bilden ein verschobenes Viereck, dessen rechte Seite etwas höher gelegen ist als die linke, in Übereinstimmung mit der bisherigen Lage der Mutterzellen. Wir nennen die oberen eil' und tII', die unteren eil" und tII". Wesentlich später treten die Mikromeren in den Teilungsprozess ein, und fast immer ist es zuerst die rechte, die ihre Äquatorialplatte senkrecht zui- Mittellinie einstellt. Ihre Töchter cl2" und cI2' bilden daher mit dl" und eil' eine aufsteigende gerade Reihe von 4 Zellen. Anders verläuft der Vorgang auf der linken Seite. Die Mikromere tI2 teilt sich in schräger Richtung. Ihr oberes Spindelende ist gegen die Medianlinie gewendet, das untere nach aussen. Die Teilung ist eine ungleiche. Es erscheint ;iämlich die obere, tI2' kleiner als t12". Sie bilden zusammen mit cI2' und cI2" eine .schräge, verschobene T-Figur, deren untere Balkenzelle cI2" mit der unteren Stammzelle tI2" in lockerer Berührung steht. Die obere Stammzelle tI2' liegt genau in der Mittellinie. t12" bildet mit den Töchtern der linken Makro- mere eine gerade Reihe von 3 Zellen (Taf 1, Fig. 1'= u. 4'-'). Während die Makromeren ihre Lage unverändert beibehalten, gehen eigentümliche Wanderungen in der Mikromerengruppe vor sich. Besonders ist hierbei die Zelle tI2' beteiligt. Wir wollen sie kurz als n bezeichnen. War es schon von vornherein auffallend, dass sie kleiner als ihre Schwester erschien und eine mediane Stellung einnahm, so finden wir jetzt, dass sie allmähhch zu versinken beginnt, um sich alsdann in ventraler Richtung fortzubewegen. Zu- nächst zeigt sich eine rundliche Vertiefung, dann aber geben die beiden unteren Mikromeren für die Dauer der Durchwanderung ihre lockere Verbindung auf Unterhalb der dadurch ent- stehenden, schmalen Spalte gleitet die Mikromere durch und nimmt ihre Stellung median hinter den beiden mittleren Bauchzellen ein in gleicher Höhe mit ihnen. Die übrigen Mikromeren aber schliessen sich wieder zusammen. Sie bilden jetzt ein Dreieck. Die beiden unteren haben ihren ursprünglichen Standpunkt beibehalten, ihre Berührungsfläche ist jedoch grösser geworden. Die Zelle cI2' dagegen ist aus ihrer seitlichen Stellung in die Mittellinie übergegangen (Taf I, Fig. 4s Taf. II, Fig. 5—7). Zur Zeit dieser Vorgänge, und noch ehe die Bauchzellen zur Vermehrung schreiten, vollziehen sich, wie oben angedeutet, eine Reihe wichtiger Vorgänge auf der Bauchseite, an denen vorwiegend der Doppelbogen der D- und Bauchzellen beteiligt ist. Seit Beginn der Gastrulation waren schon 2 Zellgruppen von der Oberfläche gänzlich verschwunden, das Ento- derm und das Mesoderm. Ihnen folgt jetzt als dritte die D-Gruppe. Kurze Zeit nur liegen ihre 4 Glieder in erhabenem Bogen, der sich bis zum Stomatodäum hin erstreckt, um die hintere Geschlechtszelle. Dann allmählich sinken sie tiefer, wie schon zur Strassen (4, pag. 93) richtig beobachtete, zuerst die beiden äusseren, die sich von unten den beiden hinteren Meso- dermzellen anschmiegen, zuletzt auch die inneren. Meist ist der Prozess für dl und bl schon nahezu beendet, während er für dll und bll erst beginnt. In gleichem Masse treten ihre Nach- barn über sie hinweg, von vorn die letzte Stomatodäumszelle, von der Seite ektodermale Blasto- meren und von hinten der Bauchzellenbogen. Die äusseren Glieder des letzteren, die Ursprung- - 12 lieh etwas höher lagen als die inneren, verlassen allmählich ihre Position und strecken sich in der Horizontalebene nach vorn. Der Bogen wird dadurch etwas verengert, doch kommt es nicht zum Zusammentreten der beiden Blastomeren in der Medianlinie, wie zur Strassen be- schreibt. Vielmehr haben sie das Bestreben mit der hintersten Stomatodäumszelle in Be- rührung zu kommen, und dies erreichen sie auch. Dadurch verschwinden die letzten Reste der äusseren D-Zellen in der Furchungshöhle, während die inneren noch längere Zeit wenigstens mit einem schmalen Saume der Oberfläche angehören. Da sie jedoch eine tiefe Stellung ein- nehmen, ihre Nachbarn aber hochgelegen sind, so sehen wir jetzt, gleichwie bei dem Stomato- däum, wenn auch in geringerem Grade eine wallumgebene Mulde hinter den Geschlechtszellen vor uns. Bemerkt man zu dieser Zeit schon, wie dll und bll eine Lockerung ihrer Verbindung erfahren, und wie sich die Hauptmasse ihres Zellleibes nach der Seite hin drängt, so kann man bald erkennen, dass es zum vollständigen Bruch zwischen ihnen kommt. Unter Einziehung der zuletzt noch das Gefüge aufrecht erhaltenden Zipfel runden sie sich ab und haben nun eine ausgesprochene Seitenlage tTaf. I, Fig. 1 — 1, Taf. II, Fig. S*"). Sie schmiegen sich an das Mesüderm I an und werden in der Tat selbst zu Mesoderm. Ihre am Ende des Stadiums eintretende Teilung erfolgt, wie zu erwarten, unter genauer Anpassung an die Rundung der Furchungshöhle. Hierbei ist es bemerkenswert, dass die Spindeln, gleichwie die des Mesoderms, eine .Steigung nach vorn und oben aufweisen. Dadurch ist schon das Zustandekommen der Rhombusform nach der Teilung garantiert (Fig. 3 u. Taf. II, Fig. 7''). Schon lange vor den D-zellen kommen die vier stattlichen Bauchzellen zur Durchschnürung. Meist sind es zuerst die mittleren clll und tHI, die sich, wie vordem ihre Mutterzellen, schräg nach aussen teilen. In ihrer Ausdehnung nach vorn behindert, erstrecken sie sich weit nach hinten, und für kurze Zeit sehen wir alsdann die rundliche Bogenform in eine spitze übergehen. cIIl' undylll' behalten Fühlung in der Mittellinie. Für letztere bietet sich wegen der linksseitig um n verkürzten Schwanzzellenreihc eine freiere Lage. Sie tritt daher weiter nach rückwärts her\or als clll' und verdeckt diese meist in geringerem Grade. Die beiden äusseren Bauchzellen schnüren sich transversal durch. Begann sich aber schon vorher bei der Teilung ihrer Schwestern Platzmangel fühlbar zu machen, für den vorüber- gehend ein Ausgleich geschaffen wurde durch Streckung der Elemente nach hinten, so sehen wir jetzt die Raumverhältnisse in der Ebene noch ungünstiger werden. Wie überall, wo es sich um Er- zielung der kleinsten Flächen handelte, so beobachten wir auch hier das Zustandekommen der Rhombenbildung. Zuerst gewahrt man, wie die vorletzten Zellen c II F' und tHI" eine nach innen vertiefte Lage einnehmen, und nachdem auch cII2" und tH^" ihrem Vorgang gefolgt sind, finden wir in dem jetzt wieder abgerundeten Bogen abwechselnd ein Glied hoch und das nächste tief d.h. in der Furchungshöhle gelegen. Stark vorspringend erscheinen uns die Mittelzellen clll' und tIIF. Ihre fast versteckten Nachbarinnen bieten nur noch einen schmalen, schräg nach Fig. 3. Innengruppen zu Fig. 7 a auf Taf. II. M = Mesoderm. 13 — aussen verlaufenden Streifen der Oberfläche dar. Nicht ganz so, wie die Mittelzellen, stärker aber als die äussersten, treten die dritten des Bogens, cII2' und tII^', hervor (Taf. I, Fig. 3*, 4" Taf. II, Fig. 5"). Eine Zeit lang verbleiben sie so in ihrer dominierenden Stellung am hinteren Rande der Bauchspaltc. Dann allmählich sieht man auch sie in das Innere hinabgleiten, und Schritt um Schritt nimmt das Ektoderm die aufgegebenen Positionen ein. Allen voran die Zellen xll, die über cll2" und tII2^' und oft vorher schon teilweise über deren Mutterzellen cII2 bezw. Tn2 hinwegtreten. Sie entfalten ihre Tätigkeit fortan am Rande der Bauchspalte und tragen wesentlich zu deren Verschluss bei (Taf II Fig. 5'* — 8'*). Überall begegneten wir bisher lebhafter Zellenvermehrung, nur die beiden Geschlechts- zellen machen, wie oben bereits angeführt, eine Ausnahme. Obwohl die Nachkommen der letzten somatischen Zelle D auf 8 herangewachsen sind, bleiben sie unverändert. Nichts deutet dar- auf hin, dass sie ihre Zahl ver- mehren wollen, und — ich betone nochmals — es tritt dieser Vor- gang auch nicht ein, soweit sich der Embryo überhaupt unter- suchen lässt. Gl und GII sind jetzt weitaus die grössten Zellen. Mitten im Zentrum der Bauch- seite gelegen, ragten sie im Sta- dium CII noch ansehnlich über das Niveau der übrigen Blasto- meren hervor. Aber auch sie haben gleichwie der Doppelbogen das Bestreben, immer mehr in die Tiefe hinabzugleiten. Bald ist es die hintere, meist aber die vordere, die ihrer Schwester etwas voraneilt. Doch lange noch gehören Reste, besonders der hinteren, wenn auch in be- deutend vertiefter Stellung der Oberfläche an. Das Entoderm, dem bisher ein grosser Raum zur \^erfügung stand, wird nun mehr und mehr auf einen bestimmten Platz ge- drängt und zwar nach dem hin- teren, oberen Teil der Bauch- höhle 'Fig. 4). Dadurch geht auch seine letzte Beziehung zur Aussenwelt verloren. Einerseits das Versinken der Zellen an der Bauchspalte und besonders der Geschlechtszellen, andrerseits Optischer Medianschnitt. dl'- em"(t' oEl'ar' cE2'oc cl[2"tt Fig. 5- Innere ZeHgruppen der rechten Seitenregion. — 14 — die Einstülpung des Stomatodäums haben dies bewirkt. Von seinen 8 Zellen erwähne ich nur die beiden hintersten. Dieselben fügen sich zwischen die inneren Glieder der zersprengten D-Gruppe ein und vervollständigen gleichsam wieder den Bogen (Taf. II, Fig. 5"). Die Teilung der Darmzellen erleidet eine beträchtliche Verzögerung, sie kommen meist als letzte an die Reihe. Die Zahl der Familienglicder erhöht sich dadurch auf 16. Entsprechend der Rhombenform mit ihrer Anordnung der 4 Blastomeren in zwei Etagen, kommt auch nach der Teilung der Mesodermzellen, die wiederum in der Längsrichtung erfolgt, eine 8 zellige Doppelreihe jederseits zu stände. Nach hinten steht sie mit den Gliedern der D-Gruppe in scheinbar inniger Verbindung, gegenüber dem Stomatodäum und Entoderm bleibt jedoch ein feiner Spalt als Grenze bestehen (Fig. 3, 5 u. 6, Taf II, 5'^ u. 1"^). Von den 8 Zellen des Stomato- däums, die anfänglich einen Spitzbogen bildeten, schlössen sich die 4 vorderen zusammen und zeigten die Neigung in die Tiefe zu wandern. Diesem Ver- halten passten sich alsdann auch die vorletzten still und cttIII an. Hart- näckig behaupteten dagegen ihren Platz an der Oberfläche die beiden letzten durch ihre Grösse ausgezeichneten Stomatoblasten stII2 und (JtII2. An- fänglich in einiger Entfernung zur Seite der vorderen Geschlechtszelle gelegen, traten sie bei zunehmender Verenge- rung der Bauchspalte mit ihr in Be- rührung, um schliessHch sich in den beiderseitigen Fugen zwischen CxI und GII einzulagern. Ein eigentliches Dar- überschieben der 4 hinteren über die 4 vorderen Stomatoblasten und Bildung einer zweiten Etage, wie zur Strassen (4. pag. 94) beschreibt, tritt somit nicht ein. Die Teilung, die schon weit früher als die des Mesoderms einsetzt, erfolgt bei allen in der Richtung der embrA'onalen Längs- achse (Taf I, Fig. 2). Die Zunahme der Blastomeren führt zur Übereinanderlagerung und Bildung zweier Zellplatten, zwischen denen sich die klaffende Mundspalte einsenkt, st II 2' und 0x112', die vorderen Tochterzellen der hintersten Stomatoblasten, nehmen bald eine tiefere Lage ein, sie schliessen sich allmählich aneinander und bewirken dadurch eine Isolierung der Mundspalte, deren rückwärtigen Abschluss sie bilden. Die hinteren stII2" und 0x112" halten vorerst noch an der Lage ihrer Mutterzellen fest — a-^112" meist etwas weiter nach vorn verlagert als stII2", — um dann über der versinkenden Gl gleichfalls in gegenseitige Berührung zu treten (Taf II, Fig. 6% 1'' u. 8=^). Schon jetzt aber sieht man vom Rande her das Ektoderm über sie hinwegwachsen und langsam verschwinden auch sie von der Oberfläche. 15 - Orientierung. Der Embryo besitzt jetzt, von oben gesehen, eine stumpf-elliptische, abgerundete Form. Die im Stadium ClI noch bestehende Einbuchtung zur Seite der Schvvanzzellen ist nahezu gänzlich geschwunden. Es ist dies im wesentlichen auf die Teilung der Grosszellen a zurück- zuführen, deren untere Tochterzellen fast die ganze Lücke ausfüllen. Die Rückenftäche erweist sich als eine Wölbung, deren höchster Punkt in der Gegend der Kleinzellen a liegt. An dieser Stelle sieht man auch ohne scharfe Grenze die hellere Region der jetzt grösser erscheinenden Zellen des Hinterteils in die durch Verdichtung ihrer Elemente dunkler gefärbte vordere über- gehen. Die Bauchseite ist flach, in der Mittellinie vertieft. Vorn lässt sie die Mundrinne erkennen, die von der Stirnseite aus einen beträchtlichen Einschnitt darstellt und ihre hintere Begrenzung durch die vorletzten und letzten Stomatoblasten findet; jenseits derselben am Boden einer Ein- senkung die fast völlig verdeckten Geschlechtszellen, von denen meist nur noch ein Teil der hinteren durch die nahezu geschlossene Bauchspalte sichtbar ist. Gemäss der mittleren Ver- tiefung springt das Ektoderm am Rande der Bauchfläche wulstartig vor, was besonders von hinten aus zu erkennen ist. Die tiefste Position am Hinterende nahmen im Stadium CII die beiden mittleren Bauchzcllen, clll und tIH, ein und zu Anfang des jetzigen die beideij inneren Tochterzellen derselben. Nach dem Versinken des Bogens traten dann die unteren Mikromeren an ihre Stelle. Ihnen reihen sich jetzt seitlich unsere bekannten Glieder des hinteren Ektoderm- randes an, die somit unmittelbar an die Bauchspalte herangetreten sind, zunächst für kurze Zeit uyllß, welche aber bald wieder bei der zunehmenden Verengerung ausscheidet, dafür tritt dann ihre Nachbarin kbll ein, an die sich nach vorn xll anschliesst. Die ektodermale Begrenzung der Bauchspalte bis zum Stomatodäum wird durch 3—4 Blastomeren vervollständigt, die sich gleich xll soeben anschicken, die letzten Stomatoblasten von der Oberfläche zu ver- drängen. Am Schlüsse unseres Stadiums gehören nur noch zwei Hauptgruppen der äusseren Hülle an, und sie allein vermögen den Anspruch auf Bezeichnung als ektodermale GHeder zu erheben. Die Nachkömmlinge von AB wurden stets als solche angesehen. Ebenso wurde bisher der Gruppe C dieses Recht eingeräumt, wie wir indes jetzt wissen in irrtümUcher Weise. Denn nur ihre als „Schwanzzellen" bezeichnete Hälfte erkennen wir als ektodermal an und betrachten die andere, die „Bauchzellen", als mesodermal. Stadium CCII-CCCCII. Das Ektoderm geht jetzt zur neuen Teilung über, es zeigt sich somit der Beginn des Stadiums CCII-CCCCII an. Wiederum sind seine Spindeln längsgestellt, wie es ja bei dem jetzt anfangenden Längenwachstum besonders zweckmässig erscheint, und. wiederum teilen sich die Zellen des hinteren Randes zuletzt. Die Grosszellen a bekunden nichts abweichendes gegen- — 16 — über ihrem früheren Verhalten. Sie fallen nach wie vor durch ihre Grösse auf und stellen jetzt jederseits der Schwanzzellen eine langgestreckte Reihe von 4 Zellen dar. Von den 4 ka- Zellen teilen sich die vorderen karl und kall in der Richtung der embryonalen Längsachse, die beiden hinteren nach vorn konvergierend. Sie bilden im Verein mit den y-Zellen die jeder- seits 8 Glieder zählen, einen die Schwanzregion fast völlig umschliessenden Gürtel. Die Lage von uyllß ist insofern von Interesse, als diese Zelle den unteren Abschluss der ga-Reihe be- wirkt und gleichsam zu deren Verlängerung beiträgt (Taf. II, Fig. 8", S" u. 9). Das unterste Glied der 4-zelligen kb-Reihe, kbllß, nimmt jetzt die Stelle ihrer Mutterzelle am Rande der Bauchspalte ein. Die Grosszellen b scheinen uns gegenüber den Grosszellen a an Masse er- heblich eingebUsst zu haben. Die Zelle xll teilt sich entsprechend ihrer vollkommen ventralen Lage longitudinal, dadurch ist ihren beiden Töchtern gleichfalls eine Position an der Bauch- spalte gesichert. Ihre mehr seitlich gelegene Schwester xl bekundet den gleichen Spindel- verlauf wie die Parallelreihen b und y. Es scheint mir, als wenn ihre Teilung eine ungleiche wäre. Wenigstens ist mir eine Zelle, die ich für ihre untere Tochter ansehe, in einer Reihe von Bildern durch ihren kleinen, leuchtenden Kern aufgefallen, den man im ersten Augenblick für einen Chromalinpunkt zu halten versucht wäre (Taf III, Fig. 11). Schon etwas früher als bei den Grosszellen a beginnt auch bei den Makromeren der Durch- schnürungsprozess. Gleich jenen und gleich ihrer eigenen früheren Gepflogenheit teilen sie sich in der Längsrichtung. Sie erhöhen ihre Zahl auf je 4 und bewirken dadurch eine Streckung der wohlgeordneten Doppelreihe {Taf II, Fig. 7"). Eigenartig verläuft wieder der Prozess bei den Mikromeren. Wir trafen sie zuletzt derart gestellt, dass die drei grösseren ein gleichschenkliges Dreieck bildeten, dessen nach oben gerichtete Spitze die median gelegene Zelle cI2' und dessen Basis cI2" und tI2" darstellten. Vor der Mitte der beiden letzteren lag in vertiefter Stellung die kleine Zelle n. Während sich jetzt die Glieder des Dreiecks bereits zur Teilung anschicken, zeigt die Zelle n noch keine Lust dazu. Ihr Kern erscheint zu dieser Zeit geradezu minimal gegenüber denjenigen ihrer Ge- schwister. Die Zellen der Basis stellen ihre Spindeln radiär zum Mittelpunkte des Dreiecks ein. Ihre inneren Teilungsprodukte bleiben daher in Berührung, die äusseren dagegen diver- gieren. Die Zelle der Spitze teilt sich in der Querrichtung, ihre Töchter lagern sich zu beiden Seiten der Mittellinie. Gemäss der Formation der Makromeren nimmt die rechte eine höhere Lage ein als die linke (Taf II, Fig. 8—10). Nun beginnt eine bedeutende Epoche in der Gestaltung des Embryo, es vollzieht sich jetzt ein gänzlicher Umschwung in seinen Formen. Allmählich sehen wir die hellen Zellen der hinteren, obei-en Region .sich abplatten, wodurch sie noch wesentlich an Helligkeit gewinnen. Auf der Bauchseite hingegen macht sich das umgekehrte Verhältnis geltend. Hier finden wir Zellen in gedrängter Position besonders in quer über die Geschlechtszellen verlaufender Rich- tung. Die so erzielte Vergrösserung der Rücken- und Verkleinerung der Bauchfläche hat zur Folge, dass sich der Embryo nach der Bauchseite hin zusammenkrümmt. Gleichmässig mit diesen Vorgängen treten mächtige Zellverschiebungen auf, die unser bekanntes Zellenmosaik total und so rasch verändern, dass es die grösste Sorgfalt erheischt, wenn man sich zur Er- läuterung der Bilder unsere bisherigen Feststellungen noch nutzbar machen will. Der Haupt- antrieb zur -ganzen Bewegung scheint von der kaudalen Region auszugehen. Wir fanden ihre Glieder zuletzt in reihenweiser, paralleler Anordnung, median die Doppelreihe, deren rechte — 17 — Seite stets höher lag, beiderseits flankiert durch je vier mächtige ga -Zellen und u y II ß (Taf. III, Fig. 11). Jetzt tritt ein äusserst spannender Vorgang ein, dem wir bisher in ähnlicher Weise noch nicht begegnet sind. Entgegen dem Berthold-Plateauschen Gesetze sehen wir die stumpfen Berührungswinkel der Zellen der Doppelreihe medianwärts in spitze übergehen. Dadurch kommt ein inniges Ineinandergreifen der beiden Reihen zu stände. Immer länger strecken sich die keil- artigen Zipfel, bis sie zuletzt gegen die in fester Stellung befindliche ga- Reihe der Gegenseite anstossen (Taf III, Fig. 12*' u. <^). Aber auch jetzt ist der Prozess noch nicht beendet. Die fortgesetzte Plasmaströmung führt zu einer zunehmenden Verdickung der Spitze, bis zuletzt die Zellen eine bandförmige Gestalt erhalten. Wir sehen jetzt die Grosszellen a unverändert in ihrer alten Formation und dazwischen gleich Spangen von einer Reihe zur anderen hinüber- greifend die ehemaligen Glieder der Doppelreihe (Taf III, Fig. 13»). Ich füge hier ein, dass zur Strassen (5) bereits früher einen ähnlichen V^organg bei anderen Nematoden beobachtet hat. Er beschreibt ihn, wie folgt; „Bei Nematoxys, Oxyuris, Angiostomum, Strongylus paradoxus und filaria beobachtete ich ein entsprechendes Auftreten grosser, flacher Rückenzellen, deren quere Grenzen zu einer gewissen Zeit eine Segmentierung des Körpers vorzutäuschen vermögen. Besonders klar kann man den Vorgang bei Strongylus filaria verfolgen. Hier trägt der schon kleinzellige und ven- tral gekrümmte Embryo auf seinem Rücken eine Doppelreihe von jederseits sechs riesigen, dunkelkörnigen, stark vorspringenden Zellen, deren Umfang sich nach dem Schwanzende zu allmählich vermindert. Indem diese Zellen sich ineinander schieben, kommt eine einfache dor- sale Reihe grosser spangenförmiger Zellen zu Stande." Zwei aus jener Zeit stammende Skizzen (Taf IV, Fig. 14 u. 15), die den Embryo von Strongylus filaria vor und nach Ablauf des Prozesses darstellen, sind mir in gütigster Weise vom Herrn Verfasser für meine Arbeit zur Verfügung gestellt worden. Ich rechne es mir zur hohen Ehre an, sie der Ößentlichkeit übergeben zu dürfen, und spreche ihm hierfür meinen verbindlichsten Dank aus. Doch wie merkwürdig! Lag nicht stets die rechte Seite etwas höher als die linke? Erkannten wir dies nicht leicht an den höher gelegenen Kernen? Jetzt zwar finden wir die letzteren auch noch alternierend zu beiden Seiten, doch umgekehrt liegen die zur linken höher als die zur rechten. Wie erklärt sich dies? Ganz einfach dadurch, dass sie auf die entgegen- gesetzte Seite hinübergewandert sind. Sie waren es nämlich, die den aktiven Teil des ganzen Prozesses darstellten, während das Plasma eine passive Rolle zu spielen schien. Zunächst rückten sie aus ihrer seitlichen Stellung mehr oder weniger gleichmässig gegen die Mitte heran. Vor ihnen erweiterten sich die Zellen in der angegebenen Keilform. Mehrmals habe ich sie so auf ihrer Wanderung überrascht, während sie gerade im Begriff" standen, die Mittel- linie zu passieren; sie waren dann nahezu in einer einzigen Reihe gelagert (Taf III, Fig. 12'' u. '^). Am vollkommensten zeigte sich der Vorgang in der achtzelligen Makromerengruppe, weniger ausgeprägt bei den 6 Mikromeren, besonders den beiden untersten, die, obwohl sie anfangs ge- trennt lagen, nachträglich in gegenseitige Berührung getreten sind. Auffallenderweise setzt sich der Prozess auch nach vorn hin fort — und hier macht sich ein Unterschied gegenüber zur Strassens Beobachtungen an Strongylus filaria geltend (Taf. IV, Fig. 14 u. 15). Ganz schart endet dort die einzellige Rückenreihe, ja sie scheint sogar hier ihre grösste Stärke zu haben. — Zunächst beteiligen sich die Zellen kalllß und karllß und dann meist noch 3 oder 3 — 18 - 4 Ektodermzellen. Während man bei ersteren die Kerne regelmässig in seitlicher Stellung an- trifft, bleiben sie bei letzteren in der Mittellinie liegen. Es wäre wohl nicht leicht, die einzelnen Zellen rasch und mit Sicherheit zu erkennen, wenn uns nicht ein gutes Hilfsmittel gegeben wäre und zwar in der Position der Zellen karlla und kallla. Ursprünghch nahe der Mittellinie gelegen, jedoch ohne gegenseitige Fühlung, wurden sie bei den beschriebenen Vorgängen mehr nach der Seite verdrängt, wo ihnen durch garla resp. Talla der Weg versperrt war. Sie blieben daher in den Grenzfurchen liegen, welche die Doppclreihe von den ga-Zellen scheiden, und zwar an der Stelle, wo kalllß und dl' aneinanderstossen. Da sie sich obendrein durch geringe Grösse auszeichnen und einen kleinen, aber stark markierten Kern besitzen, so sind sie unschwer zu erkennen (Taf III, Fig. 11^, 12'', 13=»). Die beiden äusseren Enkelpaare der ka- Zellen nehmen an der allgemeinen Abplattung teil und gelangen dadurch zu grösserem Umfang. Sie vermögen sonach einigermassen ebenbürtig die ga- Reihe zu verlängern, die unter Zurech- nung von uyII2 jetzt auf 7 Glieder gewachsen ist. Dieser Reihe schliessen sich nach aussen zu die übrigen 7 y an. Sie erscheinen jetzt infolge ihrer Abflachung gleichfalls in respektabler Grösse. Da sie eine ausgesprochene seitliche Lage einnehmen, so sehen wir mit der wachsen- den Krümmung des Embr3'o ihre nach unten auslaufenden Spitzen gegen den Krüm.mungsmittel- punkt gerichtet. Dadurch aber erhält ihr Gesamtbild ein fächerartiges Aussehen (Taf III, Fig. 1;-;'=). Für die Beurteilung der benachbarten b-Reihen habe ich keine völlige Sicherheit erlangt. Bezüglich ihrer untersten Glieder kbrilß und kblllß, welche seitlich von den Mikromeren cI2" und tI2" lagen, nehme ich an, dass sie ihre Stellung auch fernerhin behaupten. Ihre kleineren Schwestern vermag ich bei älteren Embryonen nicht recht wiederzuerkennen. Man sieht dann eine ganze Schar kleiner Zellen, die durch die herrannahenden y mehr und mehr zusammengedrängt werden. Die Grosszellen b fand ich bei jüngeren Eiern in der Vierzahl als grosse, deutlich sichtbare Zellen an der gewohnten Stelle. Bei älteren dagegen schienen sie sich von ihren kleineren Stammesverwandten losgelöst zu haben und gegen das Vorderende hin gewandert zu sein 'Taf III, Fig. 13^). Wir lassen sie zunächst unbeachtet, um uns mit dem Ektoderm im allgemeinen zu beschäftigen, werden aber gelegentlich dabei auf sie zurück- kommen. Mit dem Eintritt der Krümmung des Embryo beobachteten wir eine Einengung der Zellen seiner Bauchfläche. Ihre vorher wohlgestalteten, hexagonalen Formen gehen dadurch in nahezu quadratische über. Wir finden so 5—6 mehr oder weniger gerade, längs verlaufende Reihen beiderseits der Mundspalte. Später sieht man die Zellen vielfach sogar breiter als lang werden. Die ursprünglich runden Kerne nehmen dadurch eine queroblonge Form an (Taf III, Fig. 13''). Die Bauchspalte, die wir zuletzt schon stark verengt fanden, kommt jetzt durch Aneinander- rücken der Zellen xlla und xllß der rechten und linken Seite in der Mittellinie zum Verschluss. Rasch tritt auch das benachbarte Ektoderm über den letzten Stomatoblasten zusammen und verstärkt so die hintere Begrenzung der Mundspalte. Auft'ällig wird mir hier jedesmal eine links am hinteren Ende der Mundspalte gelegene grosse Ektodermzelle mit mächtigem Kern, deren nähere Bestimmung ich nicht zu ergründen vermochte. Sicher ist, dass sie ihre Spindel in der Längsrichtung einstellt etwas gegen die Mundspalte gewendet, und ferner, dass ihre Teilung zwischen meine Fig. 12=» und 13'' auf Tafel III zu verlegen ist. Ich nenne sie z. Da in Figur 13" jedoch eine ähnliche Zelle mit grossem Kern in übereinstimmender Lage mit z — 19 gefunden wird, so gehe ich wohl nicht fehl, sie als eine Tochterzelle derselben anzusprechen, und lege ihr daher, wenn ich auch die Unsicherheit zugeben muss, die Bezeichnung zll bei; denn ich vermute, dass ihre sicher kleinere Schwester nach vorn zu hegt, die dann zl zu benennen wäre. Infolge der Zellabplattungen streckt sich das Hinterteil und erhält dadurch ein schmäleres Aussehen. Das Vorderende hingegen nimmt durch die fortgesetzten Zellanhäufungen an Dicke zu. Besonders in seinen Seitenteilen findet eine beträchtliche Übereinanderschiebung von Zellen statt. Es entstehen so vorspringende Lappen, die sog. Kopfwülste. Fassen wir diese jedoch genau ins Auge, so entdecken wir noch ungemein feine Zellen über ihnen. Sie sind sehr hell und stark abgeflacht, dadurch heben sie sich nur schwach von dem wegen seiner Dichtigkeit intensiv gefärbten Zellenlager ab. Sie werden am besten in der Ansicht von hinten oder vorn erkannt und stellen sich dann als kristallhelle, schmale, langgestreckte Sichelzellen mit spindel- förmigen Kernen dar, die der Aussenseite der Kopfwülste autlagern (Taf IV, Fig. 20'^ bei s). Es sind dies jene Zellen, welche zur Strassen (4. pag. 95) entdeckte und als vom sekundären Ektoderm abstammend annahm. Meine bisherigen Darstellungen lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass dies nicht der Fall ist. Sie gehören vielmehr alle dem primären Ektoderm' an. Wir sahen ferner die Grosszellen b (Taf III, Fig. 13'') wohl in Berührung mit der y-Reihe stehend, aber schon stark nach vorn verlagert. Eine kleine Verschiebung noch und ihre Lage würde alsdann der jener flachen Zellen entsprechen. Ich irre wohl nicht, wenn ich die Gross- zellen b ihnen zurechne. Aber au.sser diesen, deren Zahl zur Zeit 4 betragen muss, finde ich noch einige andere Zellen, besonders nach oben hin, die mit den gleichen Eigenschaften aus- gestattet sind. Es müssen sich also, gleichwie in der RUckenreihe, auch seitlich derselben noch einige Ektodermzellen an dem Abplattungsprozess beteiligt haben. Wir wenden uns nun den inneren Zellgruppen zu. Noch vor Verschluss der Bauchspalte beginnen die Bauchzellen oder, wie wir jetzt sagen können, das Mesoderm III sich zu teilen. Seine Spindeln sind schräg aufwärts gerichtet, infolgedessen kommt es zu rhombischer Anordnung seiner Teilungs- produkte. Das vordere Zellenpaar jeder Seite -J-1I2 kommt meist erst zur DurchschnUrung, wenn die Bauchspalte geschlossen ist (Fig. 7 und Taf. II, cE2' CJI2p- cmp '7^'' Fig. -^mp Hinter c II 2" und t II 2" eingefügt liegt die Zelle iu. Sie scheint sich allmählich zwischen ihre Nachbarinnen einzudrängen und deren vollständige Trennung herbeizuführen. W'ie schon oben er- wähnt, bleibt sie in ihrer Entwicklung gegenüber ihren Verwandten zurück. Lange nachdem jene ihre Teilung beendet haben, sieht man ihren Kern zu beträchtlicher Grösse heranwachsen. Leider vermochte ich sie nicht in Teilung zu finden und erkenne daher ihre Nachkommenschaft auf späteren Bildern nicht wieder. Berücksichtige ich jedoch ihre ektodermale Abstammung, ihr von Anfang an spezifisches Verhalten, ihre mediane Stellung genau unterhalb der letzten Fig. 7. - 20 - Darmzellen, die sich sogar zu ihr herunter zu neigen scheinen, und zuletzt ihre gleich jenen sehr verspätete Teilung, so möchte ich es für sehr wahrscheinlich halten, dass aus ihr der After seine Entstehung nimmt. Unsere bisherige D-Gruppe, das Mesoderm II, welches zuletzt jederseits des Darmes und der Geschlechtszellen eine 4-zellige Platte bildete, gelangt wieder sehr spät zur Teilung, ebenso der Darm. Beide erhöhen dadurch ihre Gliederzahl auf 16. MII TD Fig. 8. Längsschnitt durch die rechte Seitenregion. Fig. 9. Optischer Horizontalschnitt aus der K-örpermitte. w = ivopfwulst. Dem Mesoderm II schliesst sich nach vorn das Mesoderm I an. In Fig. 8 habe ich die durch erneute Teilung dichtgedrängte 16-zellige Platte der rechten Seite abgebildet, während M II noch in der Teilung zurück ist. Erleichtert schon diese zeitliche Differenz die Auszählung der Blastomeren, so wird dieselbe weiter dadurch wesentlich begünstigt, dass deutliche Räume der Furchungshcihle eine scharfe Begrenzung gegen- über dem Stomatodäum und dem Ektoderm erkennen lassen (Fig. 9, 10). Mit der wachsenden Konzentration des Ekto- derms hat auch die Mundspalte eine bedeutende \"er- engerung erfahren. Dieselbe schreitet von hinten nach vorn hin fort, bis zuletzt nur noch eine enge, trichter- förmige Öffnung besteht, der Mund. Dieser liegt jetzt nicht mehr ventral, sondern genau am Vorderpol. ßoveri (2, pag. 31) beschreibt den Vor- gang in ähnlicher "Weise. Dagegen steht die geschilderte Bildung des Mundes nicht im Ein- klang mit zur Strassens (6) Beobachtung an Bradynema rigidum, dass derselbe aus einer spontanen Einsenkung am Kopfende hervorgehe. Vielleicht verläuft der Vorgang dort anders. Fig. 10. Optischer Horizontalschnitt aus der Rückenregion. — 21 — oder ist auch das ungünstige Objekt nicht geeignet, denselben klar erkennen zu lassen. Da, wie bisher die beiderseitigen Stomatodäumsplatten an ihren Rändern zusammenstossen, so stellt sich uns jetzt das Stomatodäum als ein seitlich plattgedrücktes Rohr mit enger Eingangsöffnung dar, an das sich deutlich abgesetzt der Darm anschliesst (Fig. 11, Taf. III, Fig. 13«). Eine leichte Einschnürung kurz vor dem hinteren Ende des Rohres, die besonders deutlich von oben zu sehen ist, wie es Fig. 12 zeigt, führt zur Sonderung mehrerer offenbar zum Stomatodäum MI- Medianer Längsschnitt. Eine Platte des Stom. da stellend. O = Mund, F = Furchungshöhle. Fig. [2. Schnitt durch die Kopfregion* von vorn und oben, Ph = Pharyngealbulbus? gehöriger Zellen. Es ist wohl anzunehmen, dass sich der Pharyngealbulbus aus ihnen entwickeln wird. Betrachten wir uns nun das Stomatodäum in seiner Gesamtheit (Fig. 11), so fällt uns sein ausserordentlicher Zellenreichtum auf, den wir nach unserer Schätzung nicht erwarten sollten. Statt 32 finden wir fast die doppelte Zahl. Worauf die;se zurückzuführen ist, ob auf eine rasch sich wiederholende Teilung, an der aber bestimmt die letzten Stomatoblasten nicht teilgenommen haben, oder auf eine \^ermehrung durch eingedrungene Ektodermzellen — worauf schon Boveri (2. pag. 30) hinwies — , vermag ich mit Sicherheit nicht zu entscheiden, da mir eine genaue Kenntnis der umgebenden Ektoblasten fehlt. Zweifellos senkt sich das Ektoderm etwas in die Mundspalte hinein, und es mag immerhin zur Bildung der vordersten Mundabschnitte Verwendung finden, vielleicht auch nur zur Auskleidung der Mundhöhle. Die Geschlechtszellen sind weit ins Innere vorgerückt, die vordere befindet sich noch in höherer Position als die hintere. Nach vorn werden sie vom Stomatodäum, nach den Seiten vom Mesoderm II und III und nach oben und hinten vom sich über sie hinwegkrümmenden Darm begrenzt. Zufolge der gerade in der Gegend der Geschlechtszellen am meisten hervor- tretenden Raumbeengung finden wir sie jetzt etwas von vorn nach hinten zusammengedrückt. Ihre Kerne sind dann oft um das Mehrfache breiter als lang. Einige der vorbeschriebenen Veränderungen werden uns besonders klar auf optischen Schnitten. Betrachten wir zunächst einen noch ungekrümmten Embryo im medianen Längs- schnitt, so vermögen wir, gleichwie in der Dorsalansicht, einen Grössenunterschied zwischen den Zellen des Vorder- und Hinterteils festzustellen. Die Caudalregion mit ihren mächtigen Zellen tritt uns in beträchtUcher Stärke entgegen, dann verjüngt sich die Wand in der Gegend 99 der ka-Zellen, um gegen den vorderen Pol wieder ein wenig zuzunehmen. Die Rückenlinie ist schön gerundet. Die Bauchlinie dagegen weist eine leichte Schwingung auf. Von dem tiefsten Punkte am Hinterende, den Mikromeren cI2"ß und Tl2'ß erhebt sie sich gegen die Geschlechtszellen und lallt dann allmählich ab bis zum tiefsten Punkte des Vorderendes. Rasch steigt sie wieder an und bildet den Mundausschnitt, in dessen Tiefe man bei exakter Tubus- einstellung die schmale Mundüffnung wahrnimmt. Stomatodäum und Mesoderm I nehmen zu dieser Zeit fast die Hälfte der Furchungshöhle ein, die uns aufFig. 4noch als schmaler Streifen zwischen Wand und Innengruppen sichtbar ist. Auf Quer-, sowie Horizontalschnitten tritt uns auch eine räumliche Scheidung der letzteren klar entgegen, besonders sind es die meso- dermalen Platten, die sich dadurch scharf hervorheben (Fig. 9 u. 10, Taf. III, Fig. 13'' u. ^). Vergleichen wir hiermit einen Embryo am Ende des Stadiums CCCCII, so können wir mancherlei Veränderungen feststellen (Fig. 11, Taf. IV, Fig. 16>'). Am Medianschnitt bemerken wir die erhebliche Verdünnung der Schwanzzeilen, auch die Rückenwand hat noch eine weitere Schwächung erfahren. Stark hingegen treten die beiden Pole und namentlich der vordere her- vor infolge ihrer ansehnlichen Zellenschichtung. Besonders interessante Bilder bieten uns Quer- schnitte. An allen sehen wir starke Seitenwände, die bei Schnitten aus der Schwanzregion in umfangreichen Ecksteinen ihren oberen Abschluss finden. Es sind dies unsere bekannten Gross- zellen a, die, wenn sie auch an der Abflachung teilgenommen haben, dank ihrer ursprünglichen Grösse noch eine ansehnliche Dicke aufweisen. Dazwischen fügt sich in zierlichem Bogen die dünne Rückenwand ein. Die Grenze markiert sich durch eine der Grössendifferenz der benach- barten Zellen entsprechende Einsenkung. Da die Anordnung der Blastomeren in der Längs- richtung aber eine genau reihenweise ist, so finden wir in der Dorsalansicht jederseits der Rückcnzellen eine Furche, die schwach am Hinterende beginnt, ihre grösste Stärke in der Makromerengegend erreicht und seicht im Vorderende verläuft (Taf. III, Fig. 13). Stadium CCCCII— DCeCII. Ohne auffällige Ruhepause sehen wir das primäre Ektoderm zur nächsten Teilung schreiten, und setzen wir eine gleichmässige Vermehrung auch der übrigen Zellgruppen voraus, so würden wir jetzt allmählich zu einem schätzungsweisen Bestände von 802 Zellen gelangen. Noch bevor dieser ganz erreicht ist, hat der bisher nur leicht gekrümmte Embryo durch fort- gesetzte Streckung eine ausgesprochene Wurmform angenommen. Zunächst fällt dieselbe vor- wiegend am Hinterteil auf, während das Vorderende seine verdickte Form beibehält. Dadurch kommt vorübergehend eine Kaulquappenform zu stände (Taf. IV, Fig. IQ-''). Die Verlängerung des Hinterteils vollzieht sich auf Kosten seines Umfanges. Die beiderseitigen y-Zellen erstreben nach unten hin eine Annäherung. In gleichem Masse verschmälert sich die ventrale Ektoderm- platte, bis sie schliesslich eine einzige, allerdings 2— 3-schichtige Zellreihe darstellt. Über dieser scheinen mir, wie in Fig. 20''' auf Tafel IV abgebildet, zunächst die Spitzen der gegenseitigen y Zellen miteinander in Verbindung zu treten. Dadurch erhält der Embryo besonders an der Bauchseite ein geringeltes Aussehen. Es fällt dies schon am lebenden Embryo auf und auch — 23 - Hallez (3) erkannte richtig diese Tatsache, wie seine Fig. 79 und 80 PI. IIl beweisen. Ob es zu einer innigen Berührung der y-Zellen in der Mittellinie kommt, vermag ich nicht anzugeben, obwohl mir dieselbe sehr wahrscheinlich ist. Das bisherige Hinterteil steckt jetzt bis auf ein kleines Stück gleichsam in einem Rohr, welches von der dorsalen Schwanzzellen-, den seit- lichen ga- und den ventralen y-Reihen gebildet wird. Eine bedeutende Längsstreckung wird nun dadurch erzielt, dass diese sich in der Querrichtung verkürzen und dafür in die Länge ausdehnen. Hiermit ist natürlich auch eine Verschmälerung des Körpers verbunden. Da in der Folge die Entwicklung des Vorderteils bei zunehmender Dichtigl^eit seiner Elemente nur eine geringgradige bleibt, so nehmen die das Rohr bildenden Blastomeren den grössten Teil der Körperoberfiäche ein. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass sie als Bildner der Haut, wenn auch vielleicht nur des grössten Teiles derselben, aufzufassen sind, und will ich sie daher als „Dermatüblasten" bezeichnen. Die Frage, inwiefern auch andere Zellpartien auf diese Be- nennung Anspruch erheben können, vermag ich nicht zu entscheiden, obwohl ich vermute, dass die hellen, flachen Zellen an der Seite des Kopfes, wozu ich unter anderen auch die Grosszellen b rechnete, als Bildner der KoptTiaut in Betracht kommen. Ebenso sind vielleicht am Hinter- ende noch die eine oder andere Zellgruppe (kb?) an der Hautbildung beteiligt. Wegen der Anhäufung der Blastomeren ist es nicht möglich am Vorderende volle Klar- heit über die Verhältnisse zu gewinnen. In Fig. 2(3'\ Taf IV, fällt uns auf der Ventralseite wieder eine Zelle mit mächtigem, vor der Teilung stehendem Kern auf, die in Lage und Aus- sehen völlig der oben als zll bezeichneten entspricht. Ein Unterschied besteht nur insofern, als wir sie hier innerhalb eines Kreises von 5 Zellen halbverdeckt in vertiefter Stellung er- blicken, während jene eine freie Lage besass. Es hat fast den Anschein, als wenn sich eine Öffnung bilden wollte. Entsteht etwa hier der Excretionsporus? Immer länger wird der Embryo, und, indem nun auch das verdickte Kopfende schlankere Formen annimmt, finden wir ihn bald kreisartig innerhalb der Eischale aufgerollt, so dass das zugespitzte Vorder- und Hinterende sich berühren (Taf IV, Fig. 21). Genau am Vorderpol liegt die Mundöfthung, die eine bedeutende Verengerung erfahren hat. Infolge der Längs- streckung sehen wir die dichtgedrängten Zellen des Kopfendes spindelförmig ausgezogen mit längs gerichteten Kernen. Eine schmale Reihe von gleichgestalteten, kleinen Zellen an der Bauchseite leitet zu einer etwas stärkeren kleinzelligen Gruppe am Hinterende hinüber. Aber noch bedarf es einer Verlängerung des Embryo um die Hälfte seiner Grösse, bis wir die An- zeichen für eine erneute Teilung in der grosszelligen Region erblicken und zwar merkwürdiger- weise diesmal zuerst in der ga-Reihe, während diejenige der }' noch zögert. Wie sich erwarten lässt, sind die Spindeln überall längs gestellt. Während es schwierig ist die dorsalen Blasto- meren wegen ihrer Feinheit genau zu bestimmen, lassen sich die ga- und y-Reihen noch deut- lich mit ihren je 7 Gliedern erkennen (Taf I\", Fig. 22). Mit der beschriebenen Längsstreckung haben natürlich auch die inneren Zellgruppen gleichen Schritt gehalten. Das Mesoderm III scheint jetzt jederseits der Medianlinie eine gerade, einfache Reihe von 8 Zellen zu bilden (Taf. IV, Fig. 20=*). Die drei Mesodermgruppen erleiden eine starke Abplattung, ihre Zellen ziehen sich zu langen Spindeln aus. Da sich die Kerne der Makromerenreihe in seitlicher Stellung befinden, die Rückentläche aber stark gewölbt ist, so treten uns bei der Ansicht von oben häufig zuerst mesodermale oder entodermale Kerne ent- gegen, die leicht zu Verwechslungen führen können. — 24 - Die Geschlechtszellen liegen, nachdem der Embryo vollständige Wurmform angenommen hat, an der Grenze des zweiten und letzten Drittels der Körperlänge. Noch treten sie stark hervor, aber ihre Grösse hat merklich gegen früher abgenommen. Darm und Schlund sind gleichfalls lang gestreckt, ihre Berührungsstelle fällt ungefähr mit der Grenze des 1. und 2. Drittels zusammen. Die Kopfwülste sind um diese Zeit nicht mehr zu erkennen. Der Kopf ist gleichwie der übrige Körper drehrund. Er erscheint etwas stumpfer als das Schwanzende (Taf. IV, Fig. 22). Zum Schlüsse gebe ich das bisherige Entwicklungsschema in der durch meine Unter- suchungsergebnisse veränderten Form wieder. befrucht. Ei Entoderm • Ektoderm I Mesoderm I Stomatodaeum Ektoderm II Mesoderm III Mesoderm 11 Beitrag zur Teratologie. Die normale Entwicklung der Askaridenembryonen verläuft stets in der geschilderten Weise. Ich hatte Gelegenheit sie an einer grossen Zahl von Eiern, die verschiedenen Individuen entstammten, nachzuprüfen. Wie schon oben erwähnt, findet man jedoch häufig solche, die ganz auffällige Abweichungen von der Norm verraten. Es können hierbei die sonderbarsten Dinge eintreten. Einzelne Zellgruppen entwickeln sich fast selbständig für sich, während andere in der Bildung zurückbleiben. Dabei kann es zu gänzlich unzeitigen Teilungen kommen, so- wohl zu späten als auch oft zu frühen. Daraus ergaben sich dann die mannigfachsten Bilder. Ausserdem führen besonders jüngere Eier eine Fülle verräterischer Chromatinbrocken mit sich. Die Nichtauflösung der letzteren bekundet offenbar eine stark verminderte Arbeitsenergie, ein Unvermögen die definitive Ordnung innerhalb des Zellleibes zustande zu bringen. Es ist er- klärlich, dass solche Eier meist nur auf niedrigen Entwicklungsstufen angetroffen werden, sie sind einfach zurückgeblieben und stehea vor ihrem Untergang. Häufig findet man so sämt- liche Eier eines Wurmes verändert. Als Ursache sind wohl innere Umstände anzunehmen. Da die resistenten Hüllen einen vorzüglichen Schutz gewähren und selbst in hochprozentigem Alkohol, wie Boveri fand, eine noch treft'liche Entwicklung ermöglichen, ferner unter gleichen Bedingungen sich gut entwickelte Eier des einen Individuums neben fehlerhaften eines anderen finden, so können wohl äussere Einflüsse nicht in Frage kommen. Wir haben es mit einem Krankheitszustand zu tun. Stellen wir uns nun vor, die krankmachende Ursache habe nicht so intensiv auf die Eier eingewirkt, ihre Zelltätigkeit sei nur eine verlangsamte geworden, werde aber sonst in korrekter Weise vollführt, so liegt eine blosse Schwäche vor. Es ist leicht denkbar, dass diejenigen Zellen stärker betroften werden, die noch die grössere Arbeitsleistung zu vollbringen haben. Als solche sind natürlich die Stammzelle nebst ihren nächsten Ver- wandten anzusehen, die wegen ihrer Masse und ihres Chromatinreichtums ganz anderen Kraft- aufwandes bei ihrer Teilung bedürfen als z. B. das kleinzellige Ektoderm. Derartige Eier werden daher als Charakteristikum eine auffallend späte DurchschnUrung der jüngeren Zell- gruppen aufweisen gegenüber dem schon vorgeschrittenen Ektoderm. Daraus können nun ge- wisse Störungen resultieren, die nur dem Eingeweihten noch kenntlich werden. Es hat auch nichts merkwürdiges an sich, dass diese Erscheinung, die die geringste Abweichung vom normalen Zustande darstellt, mit einer besonderen Regelmässigkeit in ganzen Eierklumpen wiederkehrt. 4 — 26 — Der Zufall wollte es, dass ich an solchen Embryonen meine Untersuchungen begann. Ich hielt sie zuerst für normal. Denn, so viele ich auch ansah, stets fanden sich die gleichen Bilder. Als ich aber dann an die Analyse höherer Stadien herantrat, standen diese im often- baren Widerspruch hierzu. Ich vermochte nicht aulklärende Zwischenbilder zu erlangen und versuchte, ob ich sie vielleicht unter den Eiern eines anderen Wurmes fände. Aber siehe da, hier lagen die Verhältnisse ganz anders, und Nachprüfungen an Embryonen einer weiteren An- zahl von Würmern ergaben übereinstimmend das gleiche. Als dadurch die Richtigkeit meiner ersten Feststellungen in Zweifel gezogen wurde, sah ich mich veranlasst nach Aufklärung zu suchen. Eine Betrachtung jüngerer Stadien desselben Wurmes liess diese klar als krank er- scheinen, während andrerseits die Bilder sehr hoher Stadien wieder mit denen von Eiern der übrigen Würmer übereinstimmten und folglich als gesund gelten mussten. Mit der Erkenntnis dieser Tatsachen glaube ich auch des Rätsels Lösung gefunden zu haben. Offenbar hatte die Krankheit einen hemmenden Einfluss auf die Entwicklung der Eier ausgeübt. Nur den voll- kräftigsten, ohne Zweifel den ältesten, d. h. aus dem Endteil des Uterus stammenden, war es gelungen sich zu normalen, hohen Stadien zu erheben. Die anderen blieben auf mehr oder weniger niedrigen Stufen stehen. Eine Anzahl blieb vollständig im Wachstum zurück, eine andere vermochte sich zwar zu entwickeln, aber nur langsam und in fehlerhafter Weise. Diese letztere Kategorie ist es, der im nachstehenden einige Worte gewidmet werden sollen. Wie schon gesagt, sind es Teilungsverzögerungen der Stammzelle und ihrer nächsten Verwandten bei vorgerücktem Stande des Ektoderms, die uns auffällig werden. Als unmittel- bare Folge stellen sich aber notgedrungen Störungen in der Gastrulation ein, denn die Ver- engerung der Bauchspalte ist bereits zu weit vorgeschritten. Sehen wir uns z. B. Taf. V, Fig. 23^"'= an. Das Ektoderm 1 geht bereits zur Teilung auf 12« Elastomeren über. Die Ge- schlechtszellen befinden sich gleichwohl noch in stark vorspringender Lage, d und b haben die Spindeln eingestellt, und ist ihnen wohl infolge ihrer Masse das Eintreten in die Furchungshöhle erschwert. Am merkwürdigsten jedoch verhält sich der Bauchzellenbogen. Seine äusseren Glieder liegen in normalen Eiern anfänglich stets etwas höher als die inneren. Nach dem \^er- sinken des D-Bogens treten sie dann nach vorn an GII heran. Dies ist hier unmöglich. Die Grösse der Zellen d und b ist ihnen ein unüberwindliches Hindernis. Aber unaufhaltsam drängt das Ektoderm heran, und nun ist der Weg verlegt. Der Bogen krümmt sich daher nach oben um die Schwanzzellen herum und dies wird noch deutlicher bei der Teilung, die jetzt nach oben parallel zur Mittellinie erfolgt, clll und yIII stellen zwar die Spindel regelmässig schräg nach vorn und aussen ein, aber wie sich aus Fig. 24=, Taf V, erkennen lässt, erfahren ihre äusseren Tochterzellen clll" und tIH" abermals eine Verlagerung nach hinten und oben. Die Makromeren sind geteilt und zählen vier. Die Mikromeren teilen sich in der üblichen Weise. Die Durchschnürung der unteren y-Zellen hingegen ist eine ungleiche, uyl ist umfangreicher als ihre untere Schwester und drängt sich in ihrer ganzen Breite zwischen die Grosszellen a und b ein. Deren Berührung wie im normalen Zustand, unterbleibt. Es rührt dies gewiss daher, dass uy resp. ihre Töchter nicht auf ihren richtigen Platz zu gelangen vermögen. Es leuchtet auf den ersten Blick ein, dass eine Umformung in den normalen Zustand ausgeschlossen ist, und wird dies besonders durch Nachprüfung eines höheren Stadiums, wie es in Fig-. 24"-'^, Taf. V, gegeben ist, erwiesen. Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich, den etwa gleichaltrigen Embryo auf Taf. III, Fig. 11, hiermit zu vergleichen. In Fig. 24 hat das Ektoderm — 27 — bereits einen Bestand von 128—256 Zellen, die Makromeren sind auf 8 herangewachsen, und die Mikromeren stehen schon in Teilung; dennoch ist kein wesentlicher Fortschritt an der Bauch- spalte zu bemerken. Ebenso stark noch ragen die Geschlechtszellen und namentlich die hintere hervor. Nur d und b haben sich geteilt und ihre äusseren Tochterzellen sind teilweise in die Furchungshöhle getreten. Es macht den Eindruck, als hätte es erst einer Verschmälerung des gewaltigen Zellleibes bedurft, die ja durch die Teilung erzielt wurde, um das Eindringen in das Innere zu ermöglichen, d II und bll sind unverdeckt und berühren sich noch in der Mittellinie, während sie sonst um diese Zeit schon längst in den Seitenteilen der Furchungshöhle versteckt liegen. Der Bauchzellenbogen mit seinen 8 Blastomeren ist noch ebenso nach oben gekrümmt, wie in dem vorbeschriebenem Stadium. Das Interessanteste aber finden wir bei den Mikromeren. Dem Beispiel des Doppelbogens folgend, unterlässt auch die Zelle n ihre Wanderung, und sie teilt sich soeben mit ihren Geschwistern, was wir von ihr nicht gewöhnt sind. Im übrigen machen derartige Eier einen vollkommen gesunden Eindruck. Gleichwohl unterliegt es keinem Zweifel, dass ihre Lebensdauer nur auf die embryonale Entwicklungszeit beschränkt ist. Literatur. Boveri, Über die Entstehung des Gegensatzes zwischen den Geschlechtszellen und somatischen Zellen bei Ascaris megalocephala, nebst Bemerkung zur Entwicklungsgesclüchte der Nematoden. In; Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie. VIII. l8g2. — Die Entwickelung von Ascaris megalocephala mit besonderer Rücksicht auf die Kernverhältnisse. Aus: Festschrift zum 70. Geburtstag von Carl von Kupffer. Jena 1899. Hallez, Recherches sur rembryogenie et sur les conditions du developpement de quelques nematodes. Paris 1885. 4. zur Strassen, Embryonalentwickelung der Ascaris megalocephala. Archiv für Entwickelungsmechanik, III. Band, I. u. 2. Heft. 1896. 5. — Entwicklungsmechanische Beobachtungen an Ascaris. Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. 1895. 6. — Bradynema rigidum. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Band LIV. 4. Heft. 1892. 7. Zoja, Untersuchungen über die Entwickelung der Ascaris megalocephala. Archiv für mikroskopische Anatomie, Band XLVII. 189Ö. o Erklärung der Abbildungen. Farben: gelb ^ Ektoderm I, englischrot = Ektoderm II, rotblau^ Mesoderm I, braun = Mesoderm II, weiniot= Mesoderm III, hellblau = Entoderm, grünblau = Stomatodäum, weiss = Geschlechtszellen. Tafel I. Stadium CII— CCII. Fig. I a— d. Embryo von oben (a), unten (b), hinten (c) und der rechten Seite (d). Die Teilung des Ektoderms I nähert sich dem Ende. Grosszellen a und b in Teilung. Kleinzellen a und b noch ungeteilt. D-Zellen am Versinken. Fig. 2. Vom Bauche gesehen. Kleinzellen b und Stomatodäum in Teilung. Fig. 3 a. Von der Ventralseite kb, letzte Stomatodäums- und Bauchzellen durchschnüren sich. Letztere bilden einen Spitzbogen D-Zellen schon stark versunken, und bei Fig. 3 b, welche die Innengruppen darstellt, in loser Verbindung. Mesoderm I teilt sich. Fig. 4 a — d. Embryo vom Bauche (a), vom Rücken (b), von hinten (c) und rechts (d). Ektoderm I schliesst seinen Teilungsprozess ab. ka-Zellen haben die Spindel eingestellt. Bauchzellen sind geteilt und mit jungen Kernen versehen, gehen eben zur Rhombenbildung über. Zelle j» 1 2' = /( vertieft. Tafel II. Stadium CCII— CCCCII. Fig. 5 a. Vom Bauche gesehen. Ektoderm I in starker Teilung. D-Zellen verschwunden, Bauchzellenbogen wieder abgerundet. /* beginnt ihre Wanderung. Fig. 5b. Innengruppen. D-Zellen der rechten und linken Seite getrennt. Fig. 6. a von unten, b \'on hinten. Etwas älter, x und x teilen sich. Vorletzte Stomatodäumszellen stark genähert. Makromeren geteilt. Fig. 7 a. Vom Bauche gesehen, x und y in Teilung, ebenso Makromeren und einige Stomatodäumszellen. Zelle n hat ihre Wanderung beendet. Fig. 7 b. Von hinten. Fig. 7 IL Innengruppen eines ungefähr gleichaltrigen Eies. D-Zellen rhombisch geordnet. Bauchzellen be- ginnen sich zu teilen. Fig. 8 a — c. Von unten (a), oben (b) und hinten (c). Stomatodäum hinten geschlossen. Gross- und Klein- zellen a und b in Teilung, desgleichen Mikromeren, ausser fi. - 30 — Fig. 9. Von rechts gesehen. Ebenso Fig. 10. Region der Bauchspalte. Mikromeren teilen sich, ausser n. Letztere zwischen die Zellen c II i und r II I' eingelagert. Tafel III. Stadium CCCCII. pjrr, 1 1 a d. Embryo vom Bauche (a), vom Rücken (b), von hinten (c) und rechts (d). Ektoderm in Ruhe Bauchzellen-Mesoderm III in der Furchungshöhle verschwunden. Beginn der Krümmung. Obere und seitliche Zellen des Hinterteils erscheinen stark vergrossert. Stadmm CCCCII— DCCCII. Fig. 1 2 a — c. a von unten, b von oben und c von hinten. Ektoderm I beginnt sich zu teilen. Bauch- und Mundspalte stark verengert, beide durch Ektodermzellen von einander getrennt. Einschiebung der Schwanzzellen beginnt. Zellen des Hinterteils noch grösser erscheinend als in 11. pig i^ a — g. a vom Rücken, b vom Bauch, c von hinten, d optischer Querschnitt durch die Gegend der Geschlechtszellen, e von rechts, f von vorn, g optischer Querschnitt durch die Gegend der Mundöffnung. Bildung der Kopfwülste (w). Rückenzellenreihe wohl geordnet, ihre Grenzfurchen stark ausgeprägt. y-Zellen fächerartig gereiht, sind nach unten durch eine Anzahl grosser flacher Zellen begrenzt, unter denen die 4 Grosszellen b zu suchen sind. Letztere scheinen von den k b-Zellen getrennt zu liegen. Von ihnen wird eine Anzahl kleiner, vermutlich ektodermaler Blasto- meren verdeckt (punktierte Kerne). Mundöffnung verengt. Bauchspalte geschlossen. Tafel IV. Fio-. 14. Embryo von Strongvlus filaria (nach zur Strassen) vi n links, nicht ausgezeichnet. Schwanzzellen 2-reihig. Fio-. 15. Ebenso (nach zur Strassen) von rechts. Schwanzzellen einreihig. Y\n. 16 a b. Askaridenembrvo, a von rechts, b optischer medianer Längsschnitt; die Grenzsphäre zwischen Stomatodäum und Ektoderm, die ich weder dem einen noch dem anderen sicher zurechnen kann, ist farblos gehalten. Fig. 17. Von rechts und etwas von oben. Beginn der Kaulquappenform. Fig. 18. Embryo nach dem Leben gezeichnet, weist deutlich eine Ringelung auf. Die rundlichen Körperchen sind lichtbrechende Dotterkugeln. ■p\■' i;>' H ,; I liHl XI, I '^yd"!f' 1 ZOOLOGICÄ. Original -Abhandlungen aus dem G-esamtgelDiete der Zoologie. Herausgegeben von Professor Dr. Carl Clmn in Leipzig-. Heft 42. Beiträge zur Morphologie der Arthropoden I. Ein Beitrag zur Kenntnis der Pedipalpen von Carl Börner (Berlin). Mit 7 Tafeln und 114 Textfi euren. STUTTGART. Verlag von Erwin Nägele. 1904. Beiträge zur Morphologie der Arthropoden, I. Ein Beitrag zur Kenntnis der Pedipalpen von Carl Börner (Berlin). (Aus dem zoologischen Institut der Universität Marburg i. /Hessen. Mit 7 Tafeln und 114 Textfiguren. STUTTGART. Verlag von Erwin Nägele. 1904. ■^s>v. Alle Rechte vorbehalten. -s ^'^> ^i ^^'l> Thclyphoiins kli(oi Krpln. ,-/', 9 I.SaJ, Uroproctus assaiiieiisis (Stol.) [K, s] (^, 9) Labochiriis pyohoscideus (Butl.) (-{', 9 [^1) Hypoctouits rangiiiiensis (Oates) (^ , 9 1^1' Tetrabalms seticnuda (Dol.) (-{', 9 [KJ, Mastigoproctns proscorpio (Latr.) J^ [K|, Mastigoprochis giganlcus (H, Luc.) 9 [K|. Typopeltis anmrensis (Tarn.) (-f, 9 [D], Phryniclnis reniformis (L.) (-{', 9 [B) D]. Phrynichus bacillifer (Gerst.) 9 [D, s], Arwö« wsl0' ofs 11 ■ ops 12 ' Fig. 5. Tiielvphomis candatus (L.) 'x. Die Figur entspricht der Textlig. 2 ; das vielgliedrige Flagellum ist aber nicht gezeichnet. nillOuist Fig. 6. Tarantnla palmata (Hbst.) 9. Die Figur entspricht der Textfig. haben beide noch ein großes, vorn breites und hinten sich stark verjüngendes Tritotetrasternum, ein kleines Pentasternum und endlich ein wieder etwas größeres Metasternum. — Die '1 avan- tulideii, deren Prosoma im Gegensatz zu den länglichen Uropygi und Palpigradi mehr rundlich gestaltet ist, lassen die ursprüngliche Gliederung der prosomalen Sternalpartie nur noch an den in einer relativ festen, rundlichen Chitinplatte liegenden Brustplatten erkennen, deren erste, das Tritosternum, sich hoch über die Körperoberfläche erhoben hat und als hohler Zapfen wie eine Zunge sich ventral unter die Mundöffnung gelegt hat, indem es so gleich- zeitig als eine Art Unterlippe, wie auch als ,,Stridulationsapparat", fungiert. Das Metasternum ist dem .der übrigen Pedipalpen nicht unähnlich (Textfig. 6). Das Opisthosoma besteht bei den tiropygeii und amblypygen Pedipalpen aus 12, bei — 9 — den I'dlpigradcn aus nur 11 einzelnen, unvervvachsenen Sej,fmenten. Jedes dieser 12 Seg- mente hat bei den Taraiihilidcn ein Tergit und ein Sternit, bei den übrigen Pedipalpen be- stehen dagegen die 3 letzten, oft als ,, Postabdomen" bezeichneten Segmente aus je' einem einheitlichen, festen Chitinring\ und wir dürfen daher wohl annehmen, daß diese 3 Segmente einander bei diesen Formen, und somit bei allen Pedipalpen entsprechen. Das Sternit des 2. (Genital-)Segmentes- ist als das sogenannte ,,Genitaloperculum" bei allen Formen be- sonders mächtig entwickelt, ohne daß jedoch deshalb das praegenitale Sternit unterdrückt worden wäre, wie man es bekanntlich früher irrtümlicherweise angenommen hatte. Das 1. opisthosomale Sternit der Tliclyphonidcn war übrigens schon vor einem halben Jahrhundert E. Blanchard bekannt gewesen, und es ist daher um so auffälliger, daß eine Reihe nament- lich englischer Forscher dasselbe hat übersehen können, und es zur Widerlegung der mit Bezug auf diesen Punkt eruierten Theorien dieser Forscher erst der Neuentdeckung jenes Sternits durch H. J. Hansen (1893) bedurfte. Die zart chitinisierten Koeiienien weisen außer den 3 ,, postabdominalen" Segmenten nur noch 8 Hinterleibsringe auf, an denen man nur schwer Tergite und Sternite unterscheiden kann. Auf Querschnitten kann man sich aber leicht von dem Vorhandensein eigentlicher Rückenplatten am 2. — 8. opisthosomalen Segment überzeugen, während ein echtes Sternit, wenn man so will, nur im Genitalsegment entwickelt zu sein scheint. Die Tergite sind nur wenig stärker und starrer chitinisiert wie die Intersegmentaihäute, und daher erklärt es sich auch, daß man sie so lange übersehen hat.'^ Unzweifelhafte Extremitätenrudimente kommen am Opisthosoma bei keinem Pedipalp vor, nur die bei TJiclvplioiiidcn und Tarantididcn noch in der Zwei-, und bei Schizonotidcn nur in der Einzahl vorhandenen Lungenpaare deuten auf ehemals ausgebildete Extremitäten hin. Die unter verschiedenen Namen beschriebenen Geschlechtsanhänge sind aller Wahr- scheinlichkeit nach Telopoditreste des Genitalsegmentes. — Ein Telson findet sich in Gestalt eines Schwanzfadens bei Uropygen und Palpigraden. Das ,,Flagelluni" inseriert dorsal vom After in ähnlicher Weise, wie der Giftstachel der Scorpione und der Schwanzstachel der Mcrostomata. Bei Schizanotus und den bisher be- schriebenen Arten der Gattung 'Fnlliyrcus {Tartaridcn) ist der Schwanzanhang eingliedrig; bei einem Exemplar der mir zum Studium der äußeren Körperform vom Berliner Zoologischen Museum anvertrauten Tritliyreus canibridgei (Thor.), das vielleicht eine neue Art darstellt, war er jedoch dreigliedrig (cf. Textfig. 45, flgl.). Bei Tliclyphonidcn'^ und Palpigraden ist dagegen das Flagellum aus einer verschieden großen Zahl von Gliedern zusammengesetzt und erreicht eine ziemlich bedeutende Länge. Bei allen Formen entbehrt das Telson eigener Muskulatur, was deutlich auf die sekundäre Natur jener Ringelung des Uropygen- und Palpigraden-Schwanz- fadens hinweist. — ' Nach Schimke witsch (77) sind die 3 postabdominalen Segmente bei dem eben ausgeschlüpften Thdyphoiius (candatus) den übrigen Hinterleibsringen gleich gebaut, was sehr für den früher von Pocock (50j und mir (121 aus- gesprochenen sekundären Charakter des „Postabdomens" der Uropygen wie auch der Scorpione spricht. ■■' Wenn Ray Lankester neuesterdings (1902, „Arachnida" in Encycl. Brit., Suppl., pg. 524) das Praegenitalsegment der Cheliceraien als ein „supernumerary somite" bezeichnet, und folglich, offenbar seinen älteren Arbeiten zu Liebe, das Genitalsegment als 1. mesosomales Segment zählt, so vermag ich nur mein Bedauern über ein derartiges Vorgehen auszu- drücken; wenn aber selbst ein Pocock (55) sich ihm darin anschließt, so ist es angezeigt, energisch dagegen zu protestieren. ' Hansen und Sörensen (29) negieren das Vorhandensein von Tergiten und Sterniten. ■■ Nach S trüb eil (63) ist das Flagellum der jungen Tkelyphoniden (-Larven) während des 1. Häutungsstadiums auch nur eingliedrig. Zooltjgica. Heft 42. 2 10 — übersichtshalber sei hier noch eine Tabelle zum Vergleich der Körpergliederung der Pedipalpen «^geben, wie sie ähnlich bereits in meinen „Arachnologischen Studien III" ver- öffentlicht worden ist : Palpigradi Schizopeltidia Hulopeltidia Amblypygi Ch= Ch'^ Ch» Ch^ 1. Pes 1. Gnp. 1. Gnp. 1. Gnp. S o 2. Pes 1. Pes 1. Pes 1. Pes 3. Pes 2. Pes 2. Pes 2. Pes i-i 4. Pes 3. Pes 3. Pes 3. Pes 5. Pes 4. Pes 4. Pes 4. Pes 6. Pes 5. Pes 5. Pes 5. Pes I I I I *II *II Lgp. *n 1. Lgp. *I1 1. Lgp. III III III 2. Lgp. III 2. Lgp. IV IV IV IV B o o V V V, V VI VI VI VI w VII VII VII VII o VIII VIII VIII VIII IX IX IX IX Pst. X Pst. X Pst. X X Pst. XI Pst. XI Pst. XI oXI Pst. oXII Pst. c XII Pst. oXII Telson Flgl. Flgl. Flgl. fehlt. U. Die prosomalen Extremitäten. Die prosomalen Extremitäten lassen sich bekanntlich bei allen Cheliceraten in zwei Gruppen sondern, die nicht nur durch ihre Lage zur Mundöffnung, resp. der Oberlippe, son- dern vor allem auch durch ihre Gliederung unterschieden sind; die eine Gruppe umfaßt das erste Extremitätenpaar, die Cheliceren (auch wohl Antennen oder Mandibeln genannt), die andere die übrigen prosomalen Beinpaare. I. Die Cheliceren. Die ursprünglichste Zahl der Glieder finden wir innerhalb der Ordnung der Pedipalpen an den Chehceren der Palpigraden. Die Dreizahl derselben ist sehr auffällig, da wir doch bei den Uro- und Aiiiblypygoi, wie auch den Armicen, stets nur zwei Chelicerenglieder antreffen. Sie gewinnt aber ganz besonders an Interesse, wenn wir bedenken, daß auch die — n — stammesgeschichtlich sich wahrschcinHch von Ainblypygen-Khnen ableitenden ÜpiLioncn drei- gliedrige Cheliceren besitzen, ein Moment, welches zur Beurteilung der systematischen Stellung der Kocnenien sehr wichtig ist, wie ich im Schlußkapitel darzulegen mich bemüht habe. Die drei Glieder der Cheliceren sind von mir bereits vor einiger Zeit ziemlich wahr- scheinlich als Trochanterofemur, Tibiotarsale und Telotarsus (d. h. Trochanter und Femur; Patella, Tibia und Metatarsus ; Tarsus (II) und I'raetarsus zusammen je 1 Glied bildend) interpretiert worden. Das 2. Glied bildet mit dem 1. ein deutliches Kniegelenk und wird gegen dieses durch je einen starken Flexor und Extensor (tibae) bewegt. Das 3. Glied bildet mit dem 2. die bekannte Schere, bei der übrigens zu beachten ist, daß der bewegliche Finger außen gelegen ist, was seine Verschiebung um etwa 90° aus der dorsalen in die außenseitliche Lage der Beinaxe zur notwendigen Annahme macht, eine Lageveränderung, welche auch an dem Cheliceren-Endgliede anderer Arachniden (z. B. Scorpioucs, Cryptostcnima, Chclouctld, Opilioncs) in gleicher Weise beobachtet wird. Die zwei Glieder der Cheliceren der Uro- und Amblypygen werden wohl allgemein als die Homologa der beiden Scherenglieder der AW«(7//«-Chelicere angesehen, sie würden also einem Tibiotarsale und Telotarsus entsprechen. Beide Glieder sind durch ein Kniegelenk (bicondylisches Scharniergelenk), dessen Condyli normal auf der Vorder- (Innen-) und Hinter- (Außen-)seite der Chelicerenaxe gelegen sind, miteinander verbunden, und das Endglied wird gegen das Grundglied, wie bei Koenenia^ durch einen starken Flexor und einen schwächeren Extensor (tarsi II), und zwar in der Vertikalrichtung von oben nach unten bewegt. Während bei Kocncnia das vermutliche Trochanterofemur mit dem Vorderleibe artikuliert, trift't dies bei den anderen Pedipalpen natürlich für das Tibiotarsale zu, da uns andere Arachniden die Entstehung der zweigliedrigen Cheliceren aus den dreigliedrigen durch Rückbildung des Grundgliedes der letzteren wahrscheinlich machen. Kann bei Kocncnia (genau wie bei den Opüiones) das Grundglied nur wenig, und hauptsächlich mit dem oberen Rande seiner Basis eingezogen werden, so ist dies bei den Uro- und Amblypygi in ausgedehntem Maße der Fall. Besonders beachtenswert ist die Scherenbildung der beiden Endglieder der Cheliceren, da wir an den vier Haupttypen der Pedipalpen gewissermaßen verfolgen können, wie die von den Mero.stomen bereits ererbte Schere rückgebildet und in eine Klappklaue verwandelt worden ist. Koenenia besitzt noch eine normale typische Schere , deren beiden Arme etwa von gleicher Länge und Stärke und mit ziemlich gleichartigen Zähnen bewaffnet sind (Tat. III, Fig. 15).^ — Bei Trithyreus ist der unbewegliche Scherenfinger schon bedeutend verkürzt, aber doch noch unzweifelhaft als solcher zu erkennen ; seine Bezahnung ist bereits eine ganz andere als die des beweglichen Fingers, und eine Reihe feiner, auf einem besonderen schmalen Felde stehender Zähne, die auffallend an die Scherenzähne von Kocncnia erinnern, finden sich nur auf dem letztern (Taf. III, Fig. 16 — 18). Ist die Schere von Trithyreus zugekneipt, dann legt sich der bewegliche Finger mit seiner Spitze außenseitlich an den unbeweglichen an. — Von der 7;7//n'r«^j--Chelicere zu der der Thelyphoniden und Tarantuliden ist nur noch ein ' Hansen (30) hat sich ziemlich weitläufig über meine ältere (11), leider mißglückte Zeichnung dieser Cheliceren- glieder von Koenenia auslassen zu müssen geglaubt. Ich darf aber wohl dazu bemerken, daß ich nie behauptet habe, die Scherenzähne derselben seien „beweglich" inseriert. Die verführerische Stelle in meinem Aufsatze spricht nur von „inse- rieren", womit ich soviel als „stehen" sagen wollte. Leider war meine Zeichentechnik damals noch nicht so weit gediehen, daß ich mit einer Zinkätzung die Tatsache auszudrücken vermochte, daß die Scheerenzahnreihe auf einem Felde (Areal) steht, welches durch flachere Wölbung vom übrigen Scheerenteile abgesetzt ist. — 12 — kleiner Schritt; der unbewegliche Scherenfinger ist bei ihnen, namentlich bei den Taraiüulidcii, noch mehr verkürzt und verdient diese Bezeichnung kaum noch, da wir an seiner Stelle nur eine Reihe mehr oder weniger hervorragender Zähne finden. Der bewegliche Finger trägt zwar auch bei diesen Pedipalpen andere Zähne, entbehrt aber bereits vollends jener von Tritlivrcus beschriebenen Zahnreihe ; seine Bewegungsrichtung ist, wie schon gesagt wurde, annähernd eine vertikale, und seine Funktion die einer einschlagbaren Klaue, die sich von der der Avancen nur noch unwesentlich durch den Mangel einer bei jenen meist vorhandenen Giftdrüse unterscheidet (et". Taf. IV, Fig. 47. 48). 2. Das 2. Extremitätenpaar. Das 2. Extremitätenpaar tritt uns bei den Pedipalpen bekanntlich in zwei ganz verschie- denen Gestaltungen entgegen, indem nicht nur seine Grundglieder, die Coxen, sich bei Koenenia einer- und den Uro- und Aniblypygeii andrerseits der Mundbildung gegenüber verschieden ver- halten, bei jener einfach, gliedförmig, bei diesen aber mit Kauladen versehen und durch andere Merkmale ausgezeichnet sind; sondern auch seine endwärtigen Glieder, die ,, Palpen", bei Koenenia einfach beinförmig, bei den anderen Formen zu mehr oder weniger kräftigen Fang- armen ausgestaltet worden sind. Man hat das 2. Extremitätenpaar der Arachniden vielfach als ,, Pedipalpen" bezeichnet; es ist dies aber ein Terminus, der besser nie aufgestellt worden wäre, da er einmal leicht zu Verwechslungen mit dem Namen der in dieser Schrift behandelten Arachnidenordnung tühren kann, dann aber auch keineswegs überall zutreffend ist, da er ursprünglich nur für die Araneen in Anwendung gebracht war. Ich werde im Folgenden jene Bezeichnung nicht gebrauchen, sondern 2. Extremität oder 1. Beinpaar dafür sagen, da ja die Cheliceren keine Beine im engeren Sinne mehr sind. Über das 1. Beinpaar der Palpigraden ist nur wenig zu sagen. Seine Gliederung ist durch Hansen und Sorensen bekannt geworden, und ich kann daher die folgenden An- gaben den Arbeiten dieser Forscher entnehmen. Allen Arten der Gruppe kommen an dieser Extremität je eine einfache Coxa, Trochanter, Femur und Tibia zu. Eine Patella fehlt im Einklänge mit der bei den andern Pedipalpen zu beobachtenden Gliederung des 1, Bein- paares. Dann folgen endwärts noch Basi(Meta)tarsus, Tarsus II und ein zweiklauiger Prae- tarsus ; während aber Basitarsus und Tarsus II bei den Uro- und Amblypygcn nur je eingliedrig sind, zeigt bei Koenenia der Basitarsus 2, der Tarsus II 3 GHeder, eine Abweichung, die offen- bar mit der verschiedenartigen Funktion zusammenhängt, die einerseits bei Koenenia, andrer- seits bei Uro- \\x\A Anibly pyogen diese Extremität auszuführen hat (Textfig. 7). Wie ich früher schon mitgeteilt habe, braucht Koenenia dieselbe, speziell deren ,,Palpus" nicht zum Gehen, wie Thoreil, Hansen und Sorensen meinten, sondern zum Tasten. — Die Muskulatur wurde bei Koenenia nicht näher untersucht. Die eigenartige Ausbildung der Grundglieder der Scherenarme der Uro- und Amblypygen kann hier übergangen werden, da sie von mir in dem Kapitel des Darm.systems gelegentlich der Mundbildung (pg. 75 — 80j näher erörtert ist. Der distale Teil der Beine, der ,,Palpus", ist durch seine bedeutende Größe und die auch in systematischer Beziehung wichtige Be- dornung ausgezeichnet. Er besteht bei allen Formen aus je eingliedrigem Trochanter, Femur, Tibia, Basitarsus und Tclota rsus, und nur \n-\ den Schizonotiden und einigen Tarautnlidcn (Clianiius etc.) ist vom Telotarsus noch ein meiir oder weniger beweglicher eini^lauiger Praetarsus abgegliedert (cf. Textfig. 8. 10). Ich konnte .schon vor einiger Zeit (16j zeigen, daß die bisherige Auffassung der Endglieder dieser Extremität bei den in Rede stehenden Formen unrichtig ist, da man dieselben als ein- oder zweigliedrige Klaue anspricht (in Wirklichkeit = Scheinklaue und Tarsus II + Klaue), und dieser Auffassung zu- folge hat s. Z. Kraepelin (35a) den Sdiizonoiidcn^ ohne den tatsächlichen Bau ihrer Palpen- gliederung erkannt zu haben, eine Patella zugeschrieben, die aber nicht existiert. Bezüglich der genaueren Beweisführung sei auf meinen bereits zitierten vorläufigen Auf- satz verwiesen; hier genügt es, wenn die entsprechenden Tatsachen dargelegt werden, in- dem ich zunäch.st die gemeinsamen Punkte hervorhebe, um zuletzt die gegenseitigen Differenzen zu schildern. Wie bereits gesagt, besteht der Palpus stets aus Trochanter, Femur, Tibia, Basi- (oder Meta-) tarsus und Telotarsus. Durch die bekannte Verlagerung der Coxen sind die Condyli zwischen Coxa und Trochanter derart verlegt worden, daß der Schenkelring gegen die Hüfte wesentlich nur von vorn nach hinten (ursprünglich von unten nach oben) bewegt werden kann; die Gelenkhöcker liegen oben und unten; der obere (vordere) dem Innenrande der Coxa näher als der untere (hintere). Die Bewegung des Trochanters vermitteln je 2 an seinem Grunde ziemlich dicht nebeneinander vorn unten und hinten oben (Tliclypkonidcn) oder mit breiterer Fläche oben und unten an seinem Grunde inserierende, aus der Coxa stam- mende Levatores und Depressores trochanteris (Taf. 11, Fig. 7. 9, Nr. 35,36, 72; Fig. 11. 12, Nr. 67, 67 a, 68, 69). Die Gelenkhöcker zwischen Trochanter und Femur liegen vorn und hinten (ur- sprünglich unten und oben), die Bewegung des Schenkels gegen den Schenkelring erfolgt in der Vertikalen (ursprünglich Horizontalen), sie wird durch je einen kräftigen, breit am Grunde des Femur ansitzenden Pro- und Remotor femoris ausgeführt, zu denen bei den Telyphonidai noch ein zweiter, von der Vorderfläche der Coxa, resp. deren Apodem kommender schmälerer Remotor hinzutritt. Zwischen Femur und Tibia finden wir das eigentliche Kniegelenk, dessen Condyli oben und unten oder ziemlich auf der Hinterseite (Trithyrcns, Textfig. 8,*) (ursprüng- lich vorn und hinten, resp. oben) des Beines angetroffen werden ; die Bewegung, welche durch einen starken Flexor tibiae , dessen Fasern nicht in den Trochanter gehen, vermittelt wird, erfolgt in vorliegendem Falle von hinten (außen) nach vorn (innen). Ein Extensor tibiae fehlt. Das Tibi otarsa Ige lenk ist bei den Schizonolidcn, Thclyphoiiideu und Tarautnlidcn verschiedenartig gebildet. Bei den Telyphonidai ist es ein monocondy lisches Drehgelenk, dessen Gelenkhöcker auf der Hinter(Ober)seite liegt; bei den Amblypygcn ist es ein syn- detisches Scharniergelenk, welches zwar gleichfalls hinten (oben) gelegen ist, aber durch seinen schräg zur Oueraxe des Beines gestellten Durchmesser nur eine einfache Bewegung schräg .nach vorn und unten (resp. unten und hinten) oder umgekehrt auszufühien imstande ist. während jenes der Thehphonidcn Bewegungen nach vorn, oben und unten (unten, vorn und hinten) zuläßt. Bei den Schizonotiden ist es ein einfaches b ic o ndy 1 i sehe s Scharnier- gelenk, mit allerdings rudimentärem vorderen Condylus. Die Lage der Gelenkhöcker ent- — 14 — spricht derjenigen des echten Kniegelenkes, nur liegen sie dem Hinter(Ober)rande des Beines etwas näher. An den Grund des Tarsus gehen bei den letztgenannten Formen ein kräftiger, Co f.lar--). c ta- Pr Fe Ti epr. ■fprinf ■fpracc Ta II Fig. 7. Koeneina mirabilis (Gr.) 9- 2. Extremität, von außen gesellen, schematisch ; der Stern (*) gibt die Lage des „Kniegelenkes" an. Fig. 8. Tiilliyreiis cambriifgci (Thor.) 9' Dasselbe wie 7, jedoch ohne die zugehörige Coxa und mit den Muskeln. Ta I \^ Tn II Xv^^'- Fig. 9 a. Fig. 9b. Mastigoproctns gigantms (H. Luc.) O. Dasselbe wie 8 aber ohne Muskeln. Endteil der Coxa und die distalen Glieder von d.Vorder(Ober) Seite. Dasselbe wie 9 a. Metapodit von der Hinter(Unter)seite gesehen. fpracc. f.tcb fprinf. Fig. 10. Cliariiius seychellarum Krpln. Rechte 2. Extremität von oben (vorn — außen) gesehen, gleichfalls schematisiert. Die Coxalmuskeln sind nicht ge- zeichnet. TaZfPr Fig. II. Pliiynichus rcniformis (L.) 9- Metapodit, basalwärts unvollständig, von derselben Seite gesehen, nur die ehemaligen Praetarsusmuskeln sind gezeichnet. ~ 15 — mehrteiliger, z. T. aus dem Fcmur bereits isommcndir l'"lcxor und ein schwächerer Extensor tarsi (I), der ganz in der Tii)ia liegt und den Thclyplwuidcii und '/^untii/ulidcn fehlt; bei diesen kommt nur der Flexor tarsi vor, dessen Fasern bei jenen, teils aus dem Femur, teils aus der Tibia, bei diesen der Hauptsache nach aus der Schiene, in nur sehr geringer Zahl auch aus dem Schenkel stammen (cf. Textfig. 8. 10). Tibia und Basitarsus sind bei den Tliclypl/oiiidcii und Tartuilulidcn mit mächtigen, dornartigen Apophysen ausgerüstet, die sich bei Trilhyveus nur am Tarsus II finden. End- wärts folgen auf den Basitarsus noch 2 ( Tritliyreus, einige Taraululidoi) oder nur 1 Glied, welches dann dem Tarsus (II) + Praetarsus gleichwertig ist. Die Angelpunkte des Gelenkes zwischen Basitarsus und Telotarsus liegen bei allen Formen auf der Hinterseite unten, und zwar ist ihre Längsaxe derart schräg zur Oueraxe des Beines gestellt, daß der Vorderrand des Basi- tarsus länger als sein Hinterrand ist, und die Bewegung des Tarsus schräg nach vorn oben (ursprünglich unten vorn) erfolgen kann, was für die Wirkungsweise der Beinendglieder als Fangapparate von Wichtigkeit ist. Das Gelenk ist ein syn de tisch es, ähnlich wie zwischen Tibia und Basitarsus bei den .Inihlypygcn und zwischen Trochanter und Femur der Lauf- beine der meisten Hcxnpodcn, Cliilopodcn und vieler Decapoden, nur .seine Lage ist abweichend. Muskeln, welche an den Grund des Tarsus (II) gingen, habe ich nirgends beobachtet, desto kräftigere Muskelbündel aber, die der Bewegung des bei Tritliyreus und manchen Tarautu- lidcn noch abgesetzten Endgliedes, der echten Klaue, dienen. Wie bei einem normalen Praetarsus geht auch hier von dem Endgliede eine starke Krallensehne aus, an die ein schwächerer Flexor praetarsi inferior (aus der Tibia) und ein stärkerer accessorius (aus dem Basitarsus) gehen. Einen Extensor praetarsi hat nur noch Tritliyreus. — Die- selben Muskeln finden wir nun auch bei den Formen, bei denen Praetarsus und Tarsus II mit einander verwachsen sind (viele Tarantuliden und die Tlielyplioniden). Bei Plirynielius (Textfig. 11) z. B. beobachten wir einen Flexor praetarsi inferior und einen stärkeren acces- sorius, die aber etwas endwärts vom Grunde der Scheinklaue inserieren, z. T. sogar noch an einer Art Überbleibsel der alten Krallensehne, die man bis in die Mitte des Endgliedes verfolgen kann. Bei den Tlielypluviideii , bei denen ich die Reste des echten Praetarsus an der Spitze des Endgliedes, des sogenannten ,, Fingers", bei allen Formen habe finden können, ist nur ein überaus starker Flexor praetarsi accessorius entwickelt, welcher ein wenig vor dem Grunde des ,, Fingers" an diesem ansitzt, in Wirklichkeit aber ursprünglich dem Prae- tarsus angehörte, eine Tatsache, die mit Leichtigkeit aus einem Vergleich mit den andern Pedipalpen zu ermitteln war (cf. Textfig. 9a. 9b). Die eben besagte Insertionswanderung des ehemaligen Krallenmuskels an die Basis des 2. Tarsale legt es uns nahe, die Beugermuskeln des beweglichen Scherenfingers auch bei den Scorpionen und Chelonetlien von ihnen abzuleiten, nicht jedoch bei Li?nulus und den Crustaceeii, da bei ihnen überhaupt noch kein echter Praetarsus ausgebildet ist (cf. 16). Mög- licherweise ist aber die Schere der Scorpione wie die von Linmlus eine primäre und nur die der lipoctenen Arachniden eine sekundäre, infolge ihrer atavistischen Entstehungs- weise dennoch mit jener homologen. Die Abweichung dieser Extremität vom normalen Laufbeintypus ist ziemlich bedeutend; auffällig ist vor allem die Verwachsung des Praetarsus mit dem 2. Tarsale, die uns einen wichtigen Schluß auf den morphologischen Wert des beweglichen Scherenfingers der Scheren- — 16 — arme der Luiiiilidcii, Scorpionc und C/icloncthcn (auch wohl von Cryplostcninia) nicht nur, sun- dern gleichfalls derjenigen zahlreicher Crustacccn, vorzüglich aus der Gruppe der Decapoden, o-estattet; dann aber auch das völlige Fehlen einer Patella, die doch den anderen Beinpaaren fast durchweg zukommt. 3. Das 3. Extremitätenpaar. Das 3. Extremitätenpaar ist bei allen Pedipalpen durch seine eigenartige Insertion nahe dem Seitenrande der Ventralseite des Prosoma und durch seine mehr oder weniger weitgehende Verlängerung ausgezeichnet, welche als eine Folge seiner ,, Antennenfunktion" aufzufassen ist. Diese Verlängerung resultiert aus einer Größenzunahme einzelner Glieder, und ist bei den TdrdiituUdcn von einer weitgehenden sekundären Zergliederung von Tibia, Basitarsus und Tarsus II begleitet, die zwar auch bei Koencnia und den ih-opygen zu beobachten ist, sich bei diesen aber auf den Tarsus beschränkt. Einem Laufbein am ähnlichsten ist diese Extremität wieder bei Koenenia, bei der sie aus Coxa, Trochanter, Femur, Pateila, Tibia, viergliedrigein Basi-(Meta)tarsus, dreigliedrigem Tarsus II und zweiklauigem Praetarsus (Textfig. 12) besteht. Diese Glieder sind miteinander durch die tvpischen Gelenke verbunden, Patella und Tibia sind von nahezu gleicher Stärke und Größe; eigenartig ist nur das Gelenk zwischen den beiden ersten Meta- tarsalgliedern, die mit ganz schrägen Endrändern an- einander stoßen. Bei den Uro- und Amblypygen stimmt bis zum Grunde der Tibia, resp. Patella die Gliederung dieses Beinpaares mit der der drei folgenden Paare überein (wie ja auch bei Koenenia), alsdann treten aber Ab- weichungen und Unterschiede zwischen den beiden Gruppen auf. Bemerkenswert ist, daß ein echter Praetarsus nirgends mehr gefunden wird, daß wir Reste desselben vielleicht in einer eigenartigen Haarbildung an der Spitze des kleinen Endgliedes bei den Aiiiblvpygcn erblicken dürfen, wie bereits Hansen vermutet hat (cf. Taf. III, Fig. 19). Eine Patella ist bei den Tarantulidcii in durchaus typischer Weise vor- handen, bei den Uropygcn dagegen nicht, was schon Blanchard und neuerdings Thorell (18.SS), Marx (1886) u. a. hervorgehoben haben. Genau wie bei den Mundbeinen der Hc.xapodcn sehen wir auch bei dieser Extremität der Pedipalpen infolge der Funktionsänderung die Gelenke, namentlich der endwärtigen Glieder undeutlich werden. Während sonst zwischen Tibia und Tarsus noch ein deutliches Scharniergelenk ausgebildet ist, ist das hier nicht mehr der Fall; dies Gelenk entspricht (vornehmlich bei den Uropygcn) vielmehr eher den Gelenken einer Antenne, die Fig. 12. Koenenia mirahilis (Gr.) 9- Die 3 letzten Glieder der 3. Extremität, zur Demonstration des 2 klauigen Praetarsus — 17 — meist eine allseitige Rotation des distalen gegen das proximale Glied ermöglichen. Die Gelenke der sekundären Glieder sind nur schwach und irgend welche Condyli fehlen. Ähn- lich verhält sich das Gelenk zwischen Metatarsus und Tarsus IP. Eine Beschreibung der spezielleren Gliederung dieses Beinpaares ist hier überflüssig, da man sie in den systematischen Werken zur Genüge nachlesen kann. Die Muskeln stimmen zum Teil mit denen der echten Laufbeine überein, so die der Coxa, des Trochanter und Femur, und ich verweise auf die nachfolgende Beschreibung der- selben bei Besprechung jener Extremitäten ; zum Teil sind sie infolge der Rückbildung der distalen Gelenke und des Fehlens der Klauen abweichend. Bei den Thclyphonidßn finden wir endwärts vom Femur Muskeln aus der Tibia an den Grund des Basitarsus und aus diesem an den des 2. Tarsale ziehend, die in der Weise inserieren, daß ihre Ansatzpunkte kreuz- weise einander gegenüberliegen und zufolge des Fehlens eines eigentlichen Condylus eine allseitige Rotationsbewegung des entsprechenden Gliedes herbeiführen können. Die Muskeln sind zart und offenbar dem Flexor und Extensor tarsi I und tarsi II der anderen Beine gleichwertig. Zwei zarte Fasern gehen auch aus dem 1. in das 2. Tarsale, wo man sie bis an die Spitze des Endgliedes verfolgen kann ; diese dürften wohl die Reste des Flexor und Extensor praetarsi darstellen. — - Bei Trithyrens habe ich die bezüglichen Beinmuskeln leider nicht untersuchen können. — Bei den Taraiitiilidcn ziehen ähnlich wie bei den Tlielyplioiiiden zwei zarte Fasern aus der Patella durch die Tibia an den Grund des Metatarsus, an die kurz vorher noch neue Muskelfasern herantreten. Zwei weitere zarte Sehnen laufen aus der Tibia durch den Basitarsus und Tarsus II bis an den Grund des oben erwähnten Doppel- haares, das an der Spitze des Endgliedes steht. Bezüglich der Länge und der Zahl der be- sagten Fasern sind jedoch noch neue Untersuchungen erwünscht. 4. Das 4. bis 6. Extremitätenpaar. Dank den zahlreichen Arbeiten einer Reihe von Systematikern und Morphologen ist die Gliederung der hintersten drei prosomalen Beinpaare gleichfalls schon seit geraumer Zeit bekannt geworden. Diese gliedern sich in Coxa, Trochanter, Femur, Patella, Tibia, Basitarsus, Tarsus II und zweiklauigen Praetarsus, von denen Tibia und Tarsus nicht selten sekundär gegliedert sind. Zwischen Coxa und Trochanter liegen die Condyli vorn (oben) und hinten (unten) und gestatten eine mehr oder weniger vertikale Bewegung des Trochanter gegen die Coxa, die durch kräftige Levatores und Depressores trochanteris vermittelt wird, deren Fasern meist zu zwei Bündeln angeordnet sind, teils aus der Coxa kommen, teils vom Entosternum aus- gehen (Taf. II, Fig. 8. 9. 11. 12). Zwischen Trochanter und Femur sind die Gelenkhöcker auf der Ober- und Unterseite des Beines gelegen, bisweilen ein wenig nach vorn resp. hinten verschoben. Der Endrand des Schenkelringes ist schräg, sodaß seine Vorderseite kürzer als seine Hinterseite ist. ' Wenn auch bei den Crofygcii der Praetarsus an der 3. Extremität fehlt, so dürfen wir doch nicht annehmen, daß nun deren Tarsus II ein Telotarsus sei; vielmehr erscheint es im Hinblick auf die Tarantididen wahrscheinlich, daß ihr Prae- tarsus rückgebildet und nicht etwa mit dem Tarsus II verschmolzen ist. Wir müssen also von Fall zu Fall untersuchen, ob eine Extremität keinen Praetarsus (mehr) oder ob sie einen Telotarsus besitzt. Zoologica. Heft 42. g — 18 — Zwischen ihm und dem Schenkel finden wir in der Gelenkhaut halbringförmige Sichelspangen, die von dem Condylus der einen Seite zu dem der andern Seite ziehen. Von den Muskeln, welche am Grunde des Femur inserieren, sind besonders stark je ein Promotor (1. fe) und Remotor (d. fe) femoris; einige Fasern / /' ■ "'P- des ersteren kommen bereits aus der Coxa (Textfig. 13). Ein dritter, be- deutend schwächerer Muskel zieht grund- wärts vom vorderen Condylus des Trochanters durch die Mitte des Bei- nes auf die gegenüberliegende (Hinter-) Seite des Femur (d. a. fe), in dessen ba- saler Hälfte ansitzend. Wahrscheinlich unterstützt er den Promotor femoris, ob- gleich ich gestehen muß, daß ich mir seine eigentliche Wirkungsweise nicht recht habe erklären können. Erwähnen möchte ich noch, daß der gleiche Muskel sich auch bei den Scorpioncii, Arauccn und C/u'loiii'tlu'u vorfindet. Femur und Patella sind in be- kannter Weise durch das echte Knie- gelenk verbunden, dessen starke Condyli Fig. 13. Tlielyphonus klug/ Krpln. 4. reclite Extremität (iline Coxa mit llen beobachteten Muskeln, von vorn. nur eine Beugung der Patella gegen den Schenkel zulassen. Am Grunde der Pa- tella (= Tibia I) sitzt bei allen Formen ein sehr kräftiger Flexor patellae(tibiae I) an, dessen untere Fasern im Trochanter ver- mittels einer Sehne abgehen (Textfig. 13. f. pati). Ein Extensor patellae (tibiae) fehlt ; ihn vertritt offenbar die straffe Ge- lenkhaut der oberen Hälfte des Knie- gelenkes , was durch die verhältlich hohe Lage der Condyli noch begünstigt wird. Das Patellotibial- oder Intertibial- gelenk findet sich überall in typischer Au.sbildung, sein Durchmesser liegt schräg zur Querachse des Beines, seine Gelenk- höcker nahe dessen Ober- und Unterrand, so daß eine Pro- resp. Remotion der Tibia gegen die Patella bei der Bewegung resultiert. Die straffere Gelenkhaut liegt übrigens auf der Beinhinterseite, während sie im Trochanterofemoralgelenk der meisten Opisthogoiicateti und einiger Crustaceen (ein Gelenk, welches sonst dem Patellotibialgelenk der Arachnidcii recht Fig. 13 a. Koeiietiia mirabilis Gr. ?. Letzter Hinterleibsring und einige Glieder des Flagellums'(a, 1, 1i 13). — 19 — ähnlich ist) auf der Vorderseite des Beines gefunden wird. Die Hewcf^'unn der Tibia vermittelt je ein breiter Pro- und Remotor tibiae bei den Thclvplioiiidcii^ deren P'asern sämtlich aus der Patella stammen; bei den Taraiitidideu konnte ich stets nur den Promotor auffinden; Das Tibiotarsalgelenk entspricht im wesentlichen dem Kniegelenk , nur liegen seine Condyli, deren stärkerer sich auf der Vorderseite befindet, nahe der Unterseite des Beines, so daß eine geringe Beugung des Basitarsus gegen die Tibia nach oben möglich wird; dennoch findet sich nur ein ziemlich starker Flexor tarsi (I), der am Grunde des Basitarsus ansitzt, nicht auch ein Extensor. Dasselbe gilt für das Gelenk zwischen Metatarsus und Tarsus II, nur ist dieses weit schwächer ausgebildet; ein Flexor tarsi II ist aber nicht vorhanden. Den sekundären Tarsal- und auch Tibialgliedern fehlt naturgemäß eine eigene Muskulatur. Der Praetarsus besitzt die bekannte Flexor- und Extensorsehne, von denen jene merk- lich stärker ist. Die Extensorsehne geht vom Oberrande des Praetarsus aus und empfängt im Basitarsus das zugehörige Muskelbündel. Die Flexorsehne verläuft vom Unterrande des Klauengliedes bis in die Mitte der Tibia ungeteilt ; hier treten an sie bei den riiclyphonidcii der Flexor praetarsi inferior, von dem einige Fasern aus der Patella stammen, und ferner die starke Sehne des Flexor praetarsi superior heran, deren Muskel in der Patella liegt, ohne, wie bei den Scorpioucn , seine Fasern aus dem Schenkel zu beziehen. Bei den Tarantulidcn konnte ich den letztgenannten Muskel nicht finden, sondern immer nur den Flexor inferior, der in der Schiene ansitzt (Textfig. 13, e. pr. und f. pr.). Die vorstehenden Angaben beziehen sich allein auf die Thclyplioiiideu und Aniblypy^^cn, soweit es sich um die Muskulatur handelt ; diese habe ich bei Trithyrcics und Kocncnia noch nicht des Näheren untersucht. Wie ich schon an anderem Orte (16) ausführen konnte, stimmt die Gliederung und auch die Muskulatur der Beine der Pcdipalpcii am meisten mit derjenigen der Araiwoi über- ein, ohne jedoch spezifischer Charaktere zu entbehren. Der Übersicht halber möge hier noch eine Tabelle zum Vergleich der Gliederung der postoralen 2. und 3. Extremitäten dieser Arachniden folgen. 2. Extremität. Koenenia Trilhyreus Charinus Phrynichus Thelyphonus Coxa Coxa Coxa Coxa Trochanter Trochanter Trochanter Trochanter Feniur Femur Femur Femur Tibia Tibia Tibia Tibia Basitarsus (2) Basitarsus (1) Basitarsus (1) Basitarsus (1) Tarsus II (3) Tarsus II (1) Praetarsus (1 kl) Scheinklaue = Telotarsus Scheinklaue (echte Klaue unvollständig an der Spitze abgesetzt). Praetarsus (2 kl) — 20 — 3. Extremität. Koenenia Uropygi Amblypygi Coxa Coxa Trochanter Trochanter Trochanter Femur Femur Femur Patella (= Tibia I) 1 Patellotibia (= Tibia der Scorpione etc.) Patella (= Tibia I) Tibia [II] (1) Tibia [II] (über 20) Basitarsus (4) Basitarsus (1) Basitarsus (über 10) Tarsus II (3) Tarsus 11 (8—9) Tarsus II (über 20) Praetarsiis (2 kl) — (?) III. Das Flagellum der Palpigradi und Uropygi. Nur wenige Worte seien dem Schwanzanhang der Pedipalpen gewidmet. Die drei Ver- treter der geschwänzten Geißelspinnen haben bekanntlich in diesem Organ einen recht ver- schiedenen Bau. Am einfachsten ist das Telson bei Trithyreus gebildet, wo es uns stabförmig entgegen- tritt; einfach gleichfalls bei einer (vielleicht neuen?, mir als cambridgci (Thor.) übermittelten) Form desselben Genus, bei der man an diesem Stabe 3 Glieder unterscheiden kann (Text- fig. 45). Bei Schizonohis crassicaudatiis (Cambr.) soll der Schwanzanhang an seinem Ende herzförmig erweitert sein, doch vermag ich leider nichts Näheres darüber zu sagen, da mir ein solches Flagellum nie zu Gesicht gekommen ist. Bei den Tlielyplioniden und Palpigradcn ist das Telson relativ bedeutend länger und viel- ringelig. Die einzelnen Glieder sind bei den Thelyphoniden einander ziemlich ähnlich, bei unver- letzten Schwänzen nach dem Ende zu allmählich schlanker und dünner werdend. Sie stellen dünne Cylinder dar, die miteinander nicht durch besondere Gelenke verbunden, sondern an- einander gereiht sind wie etwa die Glieder einer Antennengeißel. Sie sind unregelmässig beborstet und ausgezeichnet durch ein im folgenden Hauptkapitel besprochenes (pg. 25) Sinnesorgan, welches nahe ihrer Wurzel auf der Unterseite angetroffen wird und seinem Bau nach identisch ist mit dem auf dem 12. Hinterleibssegment vorhandenen ,,Caudalorgan". Während dasselbe bei normalen Schwänzen an allen Gliedern zu finden ist, konnte ich doch unter meinem Untersuchungsmaterial ein Flagellum auffinden, das einmal durch die rela- tive Dicke der Glieder, dann auch durch deren Kürze und den völligen Mangel der Caudalorgane auffiel. Dieser Schwanz gehörte einem mimnWchen Mastigoproctus proscorpio Latr. an. Keine andere Vermutung für das Zustandekommen und die Bedeutung desselben, als daß es sich um einen regenerierten Schwanz handeln könnte, erscheint mir berechtigt. Vielleicht' veranlaßt dieser Fund gelegentlich zu entsprechenden Versuchen an lebenden Tieren. — 21 — Bei den Koenenien sind die Glieder des Flagellums von recht verschiedener Gestalt, in- dem man außer großen, in zwei wenig voneinander abweichenden Formen auftretenden Gliedern auch kleine, schmale, ringförmige unterscheiden kann, die man bisher zwar gekannt, aber doch nicht hat mitzählen wollen. Die erste genauere Beschreibung eines vollständigen Flagellums von Koeimda mirabilis konnte ich im Jahre 1901 geben, und Hansen, welcher 1902 mehrere neue Koenenia-KxtQn beschrieb, vermochte, indem er die bereits von mir dar- gestellten Teile in mehr natürlicherer Anordnung schilderte, nur zur Klärung der fraglichen Bauverhältnisse beizutragen, ohne aber selbst sie in allen ihren Punkten richtig verstanden zu haben. Er tadelt meine Beschreibung, weil ich die Zugehörigkeit der ,, inneren Borstenkreise" zu selbständigen Gliedern nicht erkannt und ferner das Endglied als das Verwachsungsprodukt zweier Glieder angesehen habe. Richtig sagt er ja nun zwar, daß er von dieser ,, Verwach- sung" nie die geringste Spur habe wahrnehmen können, aber auch ich nahm sie ja nur auf Grund des Vorhandenseins von 2 ,, äußeren Borstenkreisen" an, folge aber jetzt Hansen, Sörensen und den andern Autoren, indem ich es als 1 Glied zähle. Zieht man, aber in Betracht, daß es neuerdings der amerikanischen Forscherin Augusta Ruck er (58) gelungen ist, die von mir angenommene ehemalige Trennung der beiden Endglieder, deren jedes je 1 ,, äußeren" Borstenkreis trägt, zu beobachten, so dürfte genetisch meine alte Zähl- weise die richtigere sein. Ferner zeigt die Figur 10, die ich (11) vom Flagellum der Koenenia mirabilis gegeben habe, zur Genüge, daß mir sehr wohl bekannt war, daß die ,, inneren Borsten" auf einer eingestülpten Ringfalte des Schwanzfadens sitzen, die ich damals leider nicht als Glied erkannt hatte. Sodann sind, wie dort schon richtig angegeben war, die ,, inneren Borstenringe" den 4 Borsten gleichwertig, welche ich am Grundgliede des Fla- gellums (Textfig. 13 a) aufgefunden habe, und wie ich s. Z. dieses als echtes Glied zählte und zählen mußte, so hätte ich dies auch mit den Ringen, welche die ,, inneren Borsten" tragen, tun sollen. In diesem Sinne mithin hätte Hansen meine alte Darstellung recht wohl berichtigen können. — Weiter lenkt Hansen die Aufmerksamkeit auf eine zweite, bisher. übersehene ,, Gliederreihe", welche unmittelbar auf die Ringe der ,, inneren" Borsten folgen soll, und er meint, wenn man das Grundglied und die schmalen inneren Ringe zählen wolle, so müsse man auch die Glieder der letztgenannten Serie mitzählen, was aber im Hinblick auf das Verständnis der Schwanz- gliederung nicht ratsam sei. Alle diese Punkte sind von mir genau nachgeprüft, und es sei mir deshalb gestattet, hier einige Worte über dieselben anzufügen. Meine Darstellung knüpft sich an Koenenia mirabilis an, es sei aber noch bemerkt, daß sich, nach den Mitteilungen Hansens, die Flagella der anderen Aö6';<'t'«/a-Arten in der Glie- derung ihres Schwanzanhangs prinzipiell gleich verhalten.^ Wir unterscheiden am Schwänze von Koenenia mirabilis normalerweise 13 große Glieder, deren jedes durch je einen Kranz großer gewimperter Borsten (nur das letzte durch zwei derselben, Textfig. 13a, rechts) ausgezeichnet ist. Die Glieder sind teils länglicher, teils kürzer, wie es in den Abbildungen Hansens, Sörensens und den meinigen wiedergegeben worden ist (cf. Taf. III, Fig. 23). Außer ihnen zeigt uns aber ein in natürlichem Zustande konserviertes ' A. R u c k e r gibt indes neuerdings (58) an, daß bei K. wheekri R. die kleinen Ringe mit den nackten Borsten nicht von den jeweils vorhergehenden großen Gliedern abgesetzt seien, was bei A'. yniraHUs sicherlich zutrifft. — 22 — Flacfellum noch 7 kleine schmale Ringe (a), die sich gleichfalls durch je einen Borsten- kranz leicht zu erkennen geben, deren Borsten aber kleiner und anliegend sind, überdies auch der den übrigen Borsten des ganzen Körpers eigenen Pubescierung entbehren. Diese Gliedchen befinden sich zwischen dem letzten Hinterleibsring und dem 1., zwischen dem 1. und 2., 2. und 3., 3. und 4., 5. und 6., 7. und 8., 9. und 10. großen Gliede des Telsons. Wenn Hansen meint, das von mir zuerst als solches erkannte Grundglied sei nur der basale Teil des ersten großen Gliedes, gleichwertig dem von ihm beschriebenen basalen ,,Subjoint" des 2., 3., 4., 6., 8. und 10. großen Gliedes, so ist er mit dieser Annahme im Irrtum; viel- mehr entspricht das Grundglied, wie bereits gesagt wurde, den schmalen Ringgliedchen der nackten Borstenkreise. Diese gehören aber weder als ,,basale Subjoints" zu den jeweilig folgenden, noch als ,,apicale Subjoints" zu den jeweilig vorhergehenden Gliedern, sondern sind selbständige Ringe und müssen auch als solche gezählt werden. — Zum Verständnis der von Hansen erwähnten basalen Subjoints des 2., 3., 4., 6., 8. und 10. großen Gliedes ver- weise ich auf Figur 23 (a, b), die (als Schnittfigur) deutlich zeigt, daß zwar der Grundteil (x) dieser Glieder abgesetzt ist, aber nicht einheitlich, sondern als wenige sehr schmale Ringelchen, für deren Selbständigkeit man aber nicht eintreten kann, zumal das Chitin an diesen Stellen kaum merklich verdünnt ist, was sonst zwischen den eigentlichen Gliedern stets sehr deutlich der Fall ist. Eine weitere Bedeutung kommt also den basalen Subjoints nicht zu. Es erscheint somit genügend begründet, wenn wir am Flagellum von Kociicnia uiirabilis normalerweise 13 große und 7 kleine Glieder unterscheiden und zählen, deren gesetzmäßige Anordnung der speziellen Systematik zu beschreiben bleibt. Wie ich schon früher mitteilte, habe ich einmal einen anderen Bau beobachtet, wo der Schwanzanhang nicht nur eine geringere Zahl der Glieder (6 große und 6 kleine)^ sondern auch eine andere Anordnung der verschiedenen Ringe zeigtet Ich begreife nicht recht, warum Hansen diese Tatsache in seinem Aufsatze mit keinem Worte angeführt hat. Ob dies eine Individuum einer Abnormität oder Abart zuzurechnen ist , vermag ich leider nicht zu ent- scheiden; oder sollte vielleicht auch hier der seltene Fall eines regenerierten Telsons vorliegen? IV. Die Beborstung des Deutotritosternums von Koenenia mirabilis Gr. Hansen kritisiert in seinem Aufsatz über neue Koenetiicn meine vorläufige Mitteilung ,,zur äußeren Morphologie von Kociicnia mirabilis^^ und erklärt eine derartige eingehende Be- schreibung der Behaarung der verschiedenen Körperteile für überflüssig. W^enn ich damals vorhatte, in meiner jetzt vorliegenden ausführlichen Arbeit dieses Thema an der Hand von Abbildungen noch genauer auszuführen, so habe ich jetzt im Laufe meiner Untersuchungen und einer Reihe anderer zoologischer Arbeiten eingesehen, daß eine solche Arbeit zu weit führen würde, daß sie vielmehr Gegenstand einer eigenen Abhandlung sein kann, der es ob- liegt, die Variationsbreite der einzelnen Organe resp. einer Species festzustellen. Diesen Gedanken, der von mir damals leider nicht ausgesprochen wurde, verfolgte ich mit bei jener ' Bei einem anderen Individuum folgte auf das 10. große Schwanzglied nur noch 1 grofses, welches genau so ge- bildet war' wie das normale letzte, das 13. Die 10 proximalen Glieder alternierten in normaler Weise mit den schmalen Gliedern der nackten Borsten. — 23 — Darstellung, und wäre ich, wenn Hansen dies hätte bedenken können, seinem Vorwurf wohl entgangen. Einige meiner Angaben hat aber Hansen, obwohl er sie hätte verwerten können, nicht berücksichtigt. Und daß bisweilen nicht nur die Untersuchung des Baues verschieden- artiger Haarbildungen wünschenswert sein kann, sondern für eine spezielle Systematik oft- mals auch die möglichst genaue Beschreibung des Haarkleides eines Tieres von Wert ist, sei durch ein Beispiel näher erläutert. Es handelt sich um die Beborstung des großen 2. Sternums (11 + 111) von Kocncnia Diirabilis, die ich s. Z. derart angegeben hatte, daß Hansen sie für unrichtig erklären mußte. Ich bedaure zwar sehr, daß ich damals allerdings nicht die normale Behaarung- beschrieben habe, daß ich auch nachträglich nie mehr das Bild habe erhalten können, welches dort ver- öffentlicht ist. Aber eine Variation des fraglichen Merkmales, die ich an einer Reihe von vorjährigen Tieren festzustellen vermochte, zwingt mich vorläufig nicht zu der Annahme, daß meine derzeitige Angabe für Koencnia inirahilis überhaupt unzutreffend sei, sondern ich nehme an, daß die besagte Zeichnung nach einem in diesem Punkte sehr abweichenden Individuum angefertigt worden ist. Am häufigsten begegnet man jedenfalls einer Anordnung der sternalen Haare, wie sie Hansen aufs neue dargestellt hat, und wie sie nochmals in Fig. 21a (auf Taf. III) bildlich festgelegt sei : Die hintere Reihe besteht aus 6, die vordere aus 5 gewimperten Haaren in der aus der Figur ersichtlichen Anordnung oder einer solchen, wie Hansen sie abbildet. — Fig. 21b zeigt dasselbe Sternum eines anderen Tieres, auf dem wir in der hinteren Reihe nur 5, in der vorderen die normale Zahl der Haare antreffen; das mittlere der Hinterreihe steht genau hinter dem mittleren der Vorderreihe und von dem Ausfall eines der hinteren kann nicht die Rede sein. — Fig. 21c zeigt in der Vorderreihe wieder das typische Bild, in der hinteren aber 7 Haare, in ziemlich asymmetrischer Lage. — Endlich Fig. 21 d wieder nur 5 Haare in der Hinterreihe, in der vorderen die bekannten 5, deren mittleres aber nicht, wie es normal der Fall ist, ein beträchtliches Stück hinter den beiden seitlichen Paaren, sondern deutlich vor dem hinteren Paar steht, so daß die 5 Insertionspunkte verbunden ein W ergeben. Es ist nun zwar die Variationsbreite noch nicht so groß , daß ihre Extreme sich mit der einer andern bekannten Spezies berührten, doch zukünftige Funde an anderen Arten werden diese Beobachtungen von viirabilis vielleicht auch für jene ergänzen können^. Jeden- falls gebührt dieser Tatsache ebenso sehr die Aufnahme in die Artdiagnose von „mirabilis" , wie auch jener abnorme Schwanzfaden. ' Auch Miss Rucker beschreibt neuerdings (58) einige Variationen in der Haaranordnung des großen prosomalen Sternums bei Koencnia (Prokoenenia) whecieri R., von denen die ihrer Figur 32 nur noch ein Haar melir in der hinteren Reihe der Haare aufweist. 24 — Innere Morphologie, In der vorliegenden Schrift die ganze innere Morphologie der Pedipalpen erschöpfen zu wollen, hat mir nicht als Ziel vorgeschwebt, wie ja auch im vorhergehenden Abschnitt nur einige Punkte behandelt worden sind, deren Klarstellung von Interesse schien, oder welche aus anderen Gründen dort eine Darstellung erfahren haben. Von der inneren Morphologie möchte ich nur das bringen, was gerade den Pedipalpen eigentümlich ist, den Bau der verschiedenen Organsysteme, die bekanntlich mehr oder weniger erhebliche Unterschiede den übrigen Arachniden gegenüber ebenso aufweisen, sowie der äußere Körperbau. Histologische Angaben sind nur zerstreut eingeflochten ; teils genügte mein Unter- suchungsmaterial (mit Ausnahme der Palpigradi) nicht, um in dieser Hinsicht eine fehlerfreie Darstellung geben zu können, teils wären Mitteilungen über den histologischen Bau mancher Organe unnötiger Ballast geworden, da die Pedipalpen als nächste Verwandte der Araneen, über deren Histologie schon zahlreiche Schriften in der Literatur niedergelegt worden sind, diesbezüglich keine Besonderheiten darbieten. Die Muskeln, der Darmtraktus, die sogenannten Malpighischen Gefäße, das Zwischen- und Fettgewebe, um nur einige Punkte zu nennen, zeigen in ihrer Histologie alle typischen Charaktere der Arachniden. Ganz unberücksichtigt ist der Bau der Augen gelassen, einmal aus Mangel an geeignet konserviertem Material , dann auch aus dem Grunde , weil uns die Entwicklungsgeschichte der Pedipalpen (cf. Gough, 24) gelehrt hat, daß bei ihnen die gleichen Verhältnisse wie beim Scorpioii und den .Iranecii obwalten , und daher auch der feinere Bau der Sehorgane der ausgebildeten Tiere mit dem dieser Formen im Prinzip über- einstimmen dürfte. Trotz des ziemlich großen Materiales, das meinen Untersuchungen zu Grunde gelegen hat, konnten vereinzelte Fragen nicht ganz gelöst werden. Die empfindlichste Lücke befindet sich meiner Ansicht nach in der Darstellung des Genitalsystems der Schizopeltidia , wo sie durch den Mangel eines männlichen Untersuchungsobjektes entstanden ist , auf deren Aus- füllung wir aber hoffentlich nicht mehr allzulange zu warten brauchen. Sodann ist das Blut- gefäßsystem fast ganz vernachlässigt worden. Zwar hat Blanchard demselben eine Be- schreibung gewidmet, ich möchte aber glauben, daß allein lebende Tiere, in geeigneter Weise behandelt, ein erfolgreiches Studium derselben ermöglichen können, und solche standen mir leider (mit Ausnahme der winzigen Kocnaiia) nicht zur Verfügung. — 25 — V. Die Hypodermis und einige Differenzierungen derselben. Die Hypodermis zeigt im allgemeinen den gleichen I^au wie bei den übrigen Arachniden, sie erleidet ferner an gewissen Stellen, so an Muskel-Insertiunsstellen imd dort, wo ihre Zellen teilweise in kleine Hautdrüsen umgewandelt sind, wie z. B. im Uterus externus der weiblichen Tiere und an andern Punkten des Körpers, eine Umbildung, wie sie auch sonst bei den Spinnentieren und anderen Arthropoden beobachtet wird, und die uns hier nicht weiter in- teressiert. Entsprechend dem bedeutenden Gröfienunterschied zwischen den TJictyplionidcii und A)iihlypyi!;ctt einer- und den Palpis:;radcn andrerseits ist die Dicke der Hypodermisschicht bei den ersteren weit stärker als bei den letzteren. Sind bei jenen die Kerne der Hypodermis- zellen mehr rundlich und nur ausnahmsweise flach (Taf. III. IV, Fig. 25, 27, 37, 38), so ist das letztere bei diesen gerade die Regel (Taf. V, Fig. 69. 72). Hier ist die Hypodermis überhaupt meist so niedrig, daß man von ihr selten mehr als die leicht färbbaren Kerne auf Schnitten zu sehen bekommt. Die Scliizonotidcii (Trithyrcus) halten in der normalen Stärke der Hypo- dermis die Mitte zwischen Thelyphonide7t, Tara-iitulidcii und den Kooicnien (cf. Taf. III, Fig. 26). Zwei verschiedenartige Differenzierungen der Hypodermis sind es, auf welche ich noch mit wenigen Worten eingehen möchte. Die eine derselben sind die sogenannten „Ocellen", welche eine Art der Schizonoiiden {'l^ritliyrcus cambridgci [Thor.]) nach Angabe ihres Autors Thoreil (67), dessen ^^litteilung sich bei späteren Pedipalpen-Systematikern kopiert findet, besitzen soll. Dieselben liegen zu beiden Seiten aut dem Proiieltidium und zwar in seinem vorderen Teile; ihre Lage könnte am ehesten mit der der Lateralaugen der sehenden Pedipalpen verglichen werden (cf. Text- fig. L 19). Diese vermeintlichen ,, Ocellen" sind nun zwei (jederseits 1) länglichrunde helle, fleckenähnliche Stellen, die nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit Ocellen haben. Das Inte- gument setzt sich mit seinen beiden Schichten kontinuierlich über sie fort und selbst die gefelderte Struktur der äußeren Schicht (Cuticula, chal) ist dort nicht unterbrochen. Nur die bräunliche Pigmentierung des Chitins fehlt, und so kommt es auch, daß die in Alkohol aufbewahrten Tiere diese beiden hellen, ocellenähnlichen Flecke zeigen (Textfig. 1, ,,oc"). Ein eigenartiges Bild gewährt ein Schnitt durch einen dieser Flecke. Unter ihm liegen eine geringe Anzahl , einen kleinen hervorstehenden Hügel bildender Zellen , deren Grenzen ich nicht sah, deren Kerne aber das in Fig. 26 wiedergegebene Aussehen hatten. Unmittelbar unter dem Chitin fanden sich einige flache Hypodermiszellen und deren Kerne (hypk). Ich möchte in jenen Zellen mit den chromatinarmen Kernen umgewandelte Hypodermiszellen er- blicken, da sie in innigem Kontakt mit dieser Schicht stehen und nach innen zu von der gleichen Basalmembran abgegrenzt werden. Ob es aber die Degenerationsreste von den ehe- mals hier vielleicht gelegenen Augen sind, wage ich nicht zu vermuten. Die andere Hypodermalbildung ist das sogenannte ,,Caudalorgan", wie Laurie (41) es genannt hat. Kraepelin braucht neuerdings für diese Organe den Terminus ,,Omma- tidien", der jedoch irreleitend ist und daher besser nicht mehr verwendet wird. Sie liegen bekanntlich auf dem 12. Hinterleibsringe in der Zwei- oder Vierzahl, und in der Einzahl vom zweiten ab auf jedem Gliede der Schwanzgeißel und erscheinen von außen betrachtet als Zoologica. Heft 42. . — 26 — rundliche, hell gelblichweiße Flecken; auf dem 12. Leibesringe liegen sie dorsal, auf den Schwanzgliedern ventral. Hier finden sie sich anscheinend nur an normalen Schwänzen; ein abnormer Schwanz, von dem oben schon berichtet ist und welchen ich für regeneriert halten möchte, entbehrte jener Flecke. Die äuf^ere Form derselben ist nach Thor eil und anderen von systematischem Interesse; hier interessiert uns nur ihr innerer Bau. Hansen (28) ist meines Wissens der erste, welcher diesen klarzulegen versucht hat, und soweit es die chitinigen Teile der Organe betrifft, ist seine Darstellung auch, wenigstens im "wesentlichen, zutreffend. Wie wir aus Fig. 27 (Taf. III) er- kennen, ist das Chitin an jenen Stellen, die wir äußerlich als die hellen Flecke ersahen, sehr dünn; nur die äußere, etwas pigmentierte Schicht des Chitins (chal) ist dort entwickelt, die übrigens auch die so im Integument entstandene Grube einfaßt. Hansen gibt richtig weiter das Fehlen von Porenkanälen im Umkreis der Flecke an , aber so glashell konnte ich sie auf Schnitten nicht finden, vielmehr war, auf meinen Präparaten wenigstens, die Cuticula dort kaum merklich heller als im weiteren Umkreis des Organes, ihre Oberfläche ist aber durch- aus glatt, wfihrend sie sonst mit Rauhigkeiten verschen zu sein pflegt. Unter ihr liegen nun eine ziemliche Anzahl großer, cylindrischer Zellen (snz), deren Grenzen nur zu innerst un- deutlich werden, deren Kerne grol>, rundlich und ziemlich chromatinarm sintl , wie wir es ähnlich bei den Zellen der vermeintlichen Ocellen von Tritliyrcns ca)ii/in'd<^ci fanden. Das Vorhandensein dieser Cvlinderzellen gibt Laurie in seiner Beschreibung richtig an, seine Figur läßt aber nichts derartiges erkennen; Hansen erwähnt dagegen das \'orhandensein einer ,,connective tissue" ähnlichen Masse im Innern dieser Organe, eine Angabe, der offenbar schlecht konservierte Tiere zugrunde gelegen haben. Innen werden jene Zellen von normalen Hypodermiszellen eingehüllt, und das Ganze schließt wie überall eine Basalmembran (Bsm) ab. Der histologische Bau der Caudalorgane scheint überall der Hauptsache nach der gleiche^ zu sein, namentlich zeigen in dieser Hinsicht jene des 12. Hinterleibsringes und des Schwanz- fadens keine Unterschiede, was schon Hansen hervorgehoben hat. Die physiologische resp. biologische Bedeutung der Caudalorgane ist noch völlig unklar. Die einzige Vermutung, welche bisher unzweifelhaft ausgesprochen worden ist (um hier von den ganz unrichtigen Deutungen früherer Autoren abzusehen), ist diejenige Hansens, dem- zufolge diese Caudalorgane ,,L e u ch torgan e" sein könnten. Auffällig wäre dann freilich die Tatsache, daß ihr Bau sehr von dem der Leuchtorganc anderer Tiere, speziell leuchtender Landarthropoden abweichen würde. Doch hat hier allein die Beobachtung lebender Tiere zu entscheiden, und ich kann nur Hansens Aufforderung wiederholen, daß Forscher, welche Gelegenheit haben, lebende Thelyphoniden zu erhalten, ihr Augenmerk auf diese Frage richten möchten. Im Anschluß an die Hypodermis sei es mir gestattet, noch kurz auf die allbekannten Porenkanäle einzugehen, die ja bei den Arachniden weit verbreitet sind. Sie stellen einfache, gerade oder schwach gewundene Kanäle dar, welche namentlich zahlreich dort auftreten, wo das Chitin des Integumentes an Stärke zunimmt, aber fehlen, soweit meine Kenntnisse reichen, ' Nervenfasern liabe ich nie mit einem Caudalor^an in Verbindung; treten sehen, was aber immerliin der Fall sein dürfte. — 27 — wo das Intej,aiment eine arthrodiale Membran ist. In die besagten Kanäle ragen stets I fypo- dermiszellen, sei es mit oder ohne Kerne;, hinein (vgl. Taf. III, Fig. 25). Im Aufsichtsbilde scheint jeder Porenkanal zunächst eine rundliche Öffnung zu besitzen, untersucht man diese aber bei starker Vergrößerung, so gewahrt man, dal.s die vermeintliche Öffnung von einer Membran geschlossen ist, die in der Mitte einen spaltförmigen Raum freiläßt, der anscheinend unbedeckt ist (Taf. III, Fig. 24). Es ergibt sich daraus, daß die Porenkanäle im Prinzip mit den von Da hl entdeckten Spaltorganen (Ivriform organs) übereinstimmen, und diese sich von jenen nur durch die relative Länge der Spaltöffnung und die Weite des Endteiles des Porenkanales unterscheiden. Wenn man die zahlreichen verschiedenen Spaltorgane eines TJiclyphomis, Trithyreus oder an- derer Formen vergleichend untersucht, so kann man tatsächlich auch viele Übergänge von ihnen zu gewöhnUchen Porenkanälen auffinden. Unter den Pedipalpen entbehren nur ^\& Palpii^indcn nicht nur der normalen Poren- kanäle, sondern gleichfalls der Spaltorgane, was direkt mit der Zartheit des Chitinskelettes dieser zarten Tierchen zusammenhängt. Die von mir früher (11) beschriebenen Spalten an den Cheliceren von Kocnoiia mirabilis halte ich jetzt, mit Hansen (30), für Kunstprodukte, da ich jene Bilder nie wieder habe erhalten können. Porenkanäle können auch zu Drüsen öffnunge n der Hypodermis werden, wie z.B. in der Pseudotrachea der Gnathocoxite der . hnblypygcn und im Uterus externus der weib- lichen Pedipalpen, behalten dort aber meist ihren einfachen Bau bei, wenn man von einer Komplikation desselben durch Bildung von Öffnungsgruppen absieht (vgl. Kapitel XIII 1 e). VI. Das Entoskelett und Muskelsystem. Bei der Untersuchung des Muskelsystems der Pedipalpen stellten sich mir im Anfange sehr große Schwierigkeiten entgegen, die stets von der für solche Zwecke ungeeigneten Kon- servierung meiner Untersuchungsobjekte herrührten. Schließlich gelang es mir jedoch, an 2 günstig erhaltenen Thelyplionns cmidatus, sowie an einer Anzahl von Taranhda margineniaculata, palviata und ['lirviiichus rciiiformis die hauptsächlichsten Muskeln so zu präparieren, daß eine Beschreibung und Abbildung derselben möglich wurde. Über gewisse Punkte, die mir zweifel- haft erschienen, brachten dann andere Exemplare verschiedener Arten die nötige Klarheit. In diesem Abschnitt sollen nur die Rumpfmuskeln und von den Muskeln der Extremi- täten nur diejenigen besprochen werden, welche die Bewegung derselben gegen das Prosoma vermitteln. Die eigentliche Beinmuskulatur findet sich dagegen in dem Kapitel der ,, Beingliede- rung" behandelt. So interessant auch ein genauerer Vergleich der Muskulatur sämtlicher Vertreter der Pedipalpen gewesen sein würde, so konnte derselbe doch nicht durchgeführt werden, einmal aus Mangel an Material {Scliizopcltidia) und zweitens aus Zeitmangel, den zu beseitigen ich bei der untergeordneten Wichtigkeit dieses Organsystemes nicht für nötig hielt. Ich muß mich daher auf eine einigermaßen genaue Darstellung der Muskulatur der Thclyplio- 7iide7i und Tarantulidcn beschränken, während ich von Scliizoiiotiden und Koc/ienieii nur die wichtigeren Abschnitte derselben zum Vergleich heranziehen werde. Blanchard ist in seinem klassischen Werke leider nicht genauer auf das Muskelsystem — 28 — unserer Tiere eingegangen, und er gibt uns nur vereinzelte interessante Angaben, mehr sum- mariscli im Vergleich mit den Scorpioncn und Araiicen. In der Anordnung des Stoffes werde ich mich ziemlich an die von Miß Beck in ihrer ,,Description of the Muskulär and Endoskeletal Systems of Scorpio" (40) gewählte Ein- teilung halten. Ehe ich jedoch zu diesem Thema übergehe, ist es notwendig, eine ausreichende Be- schreibung dem ,,Entoskelett", d. h. den echten C h itinap odemen zu widmen, die erheb- liche Differenzen innerhalb der Ordnung der Geißelspinnen aufweisen. A. Das Entoskelett. Es ist eine im ganzen Arthropodenstamme verbreitete Erscheinung, daß sich zum besseren Anheften von Muskeln Fortsätze von dem äußeren Chitinskelett in das Innere des Körpers erheben, die oft eine Duplikatur des Integumentes darstellen und in ihrer Gasamtheit als ,, Entoskelett" bezeichnet werden. Die einzelnen Fortsätze nennt man Entosclerite oder Apodeme, und sie tragen im folgenden zum Unterschiede von einer anderen inneren Organ- bildung des Prosoma, dem sogenannten En t o stcr num oder Entochondrit (Ray Lankester und seine Schüler) stets diese Namen. Im P r o s o m a müssen wir labrale, coxale und sternale Apodeme unterscheiden. Ein Sternales Apodem fand sich nur bei den Schizopeltidia (Trithyrcus canthridgci) ; es gehört dem sehr schmalen, äufserlich kaimi sichtbaren Pentasternum an und stellt einen ein- fachen hohen Kiel dar (stap (5), Texttig. 74). Ein labrales Apodem kommt allen Pedipalpen mit Ausnahme von Koenenia zu. Bei dieser Form findet man nur 2 nicht sonderlich ins Innere hervorragende Chitinverdickungen am Hinterrande des Labrums (Textfig. 22, Taf. IV, Fig. 42 apd. Ibr.), die gleichzeitig den Cheliceren als Angelpunkte dienen. Bei den uropygcn Pedipalpen bildet es in seinem proximalen Teil den mitt- leren Abschnitt der großen vorderen (oberen) Apodemplatte des 2. Extremitätenpaares (apd. Ibr., Taf. II. IV, Fig. 9. 44); distal (nach hinten) läuft es in eine flache, der Sagittalachse des Kör- pers parallel gestellte, etwas schräg nach oben aufsteigende Lamelle aus, die sich bei Thely- phoniden als ein nach vorn hin flach werdender Kiel auf den proximalen Teil des Apodemes fortsetzt (Taf. IV. V, Fig. 47. 50). Bei den Tarantuliden fehlt eine proximale, horizontal gelegene Platte des labralen Apodemes; vielmehr stellt dasselbe eine stumpfdreieckige vertikale Scheibe dar, die mit ihrem vorderen Rande an der Scheidewand, welche zwischen dem Umschlag des Carapax, dem Labrum und den beiden Cheliceren verläuft, ansitzt, an ihrer unteren Ecke fest mit dem Labrum und den beiderseitigen vorderen Apodemen der Hüften des 2. Extremitäten- paares verbunden ist (ap. seh., Taf. IV, Fig. 46. 48). Der obere Rand dieser Scheibe ist schräg nach hinten und unten gerichtet, und ventral sind an ihr, namentlich in ihrem hinteren Teile, 2 schmale, schräg horizontal gestellte Flügel entwickelt. COxale Apodeme kommen (mit Ausnahme der Cheliceren) an allen Beinpaaren des Pro- soma vor. Bei den Palpigraden [Koenenia) fehlen sie oder sind wenigstens ganz unbedeutend — 29 — ausgebildet. Bei den Schizonotiden (Tritliyrcus) sind die vorderen Coxalapodeme des 2. Ex- tremitätenpaares beachtenswert. Sie sind hier im proximalen Teile mit dem labralen Apodem verwachsen und verlängern sich nach hinten in je einen, sich allmählich verjüngenden, horizontal gestellten Flügel (apd. ant. 1), der seinerseits an seiner äußeren Kante eine schmale, spitz- winklig unter ihr verlaufende Leiste (apd. Ist.) trägt (Taf. IV, Fig. 44). Die Coxalapodeme der übrigen Beinpaare sind bei den Tartaridoi wenig auffällig. — Die Thelyphoniden zeigen uns zunächst ähnliche Coxalapodeme des 2. Beinpaares (apd. ant. 1, Taf. II. IV, Fig. 9. 45). Sie erweisen sich auch hier als direkte Fortsetzung der dorsalen, inneren Wand der Coxa und basal sind sie gleichfalls mit dem labralen Apodem verwachsen. Distal verlängern sie sich ähnlich in einen horizontal nach hinten gerichteten Flügel (apd. ant. 1), dessen oberfläch- liche Ansicht klar aus den Figuren 9 und 45 hervorgeht. Wie bei den Schizonotiden , so divergieren auch hier die Innenränder der ersten vorderen Apodeme, ihr Außenrand ist basal- wärts bogig nach der Mediane des Körpers zu geschweift; an ihm finden wir auch die von Tritliyrcus her bereits bekannte Leiste wieder (apd. Ist., Taf. IV, Fig. 45). Am hinteren Innen- rande der Coxa desselben Beinpaares bemerken wir ein niedriges, schmales ,, hinteres erstes Coxalapodem" (apd. pst. 1, Taf. I, Fig. 3). Das 3., seitlich inserierte Beinpaar bildet an seiner kleinen, rundlichen Insertionsfläche 3 kleine Apodeme, ein nach hinten gerichtetes ,, vorderes 2. Coxalapodem", ein winziges ,, inneres" und ein schmal-niedriges ,, hinteres 2. Coxalapodem" (Apod. ant. 2, med. 2, pst. 2, Taf. I, Fig. 3). Die Hüften des 4. Beinpaares entwickeln an ihrem vorderen und inneren, rundlich gebogenen Rande ein einheitliches, im vorderen Teile ziemlich horizontal, hinten schräg nach außen und oben gerichtetes Apodem. An demselben sitzt vorn ein zapfenförmiger, dreikantiger Anhang (apd. ant. 3, a) und hinten verbreitert es sich allmählich in eine ebenfalls dreikantige Platte (apd. ant. 3. b, in Fig. 3, Taf. I). Die Coxen der 5. Extremität besitzen ein ,, vorderes" niedriges, mit einem kleinen Zapfen versehenes (apd. ant. 4, c), sowie ein etwas höheres, schwach gewölbtes ,, inneres Coxalapodem" (apd. med. 4, Taf. I, Fig. 3). Die Hüften des letzten (6.) Beinpaares zeigen uns ein einheitliches, niedriges, hufeisenförmiges Apodem, das an seiner Innenecke, etwa am Vorderrande des Meta- sternums, in einen kurzen, breiten, gewölbten Zipfel verbreitert ist (apd. ant. 5, Taf. I, Fig. 3). Weitere Entosclerite kommen im Prosoma der Tliclyplioiiidcn nicht vor. — Bei den Tarantuliden ist das Coxalapodem-System des Prosoma kräftiger und im Zusammenhang mit der abweichenden Gestalt desselben ganz anders entwickelt. Es kommen an allen Coxen (des 2. — 6. Extremi- tätenpaares) ,, vordere" und ,, hintere" Apodeme zur Ausbildung. Die vorderen sind groß und steigen vom 3. — 6. Paar schräg nach hinten und oben auf; sie zerlegen die Höhlung des Prosoma in mehrere Abteilungen. Die hinteren sind meist klein und unscheinbar. Das ,, erste vordere" Paar (apd. ant. 1, Taf. IV, Fig. 46) ist ziemlich horizontal gestellt; es sitzt mit breiter Basis der Coxa der 2. Extremität an und zerfällt in einen stärker chitinisierten und pigmentierten vorderen (basalen) Teil und einen hinteren, weicheren, weißlichen Anhangs- saum. Die Innenränder divergieren ein wenig, während sie gleichzeitig schwach gebogen sind ; ihre Gestalt ist bei den einzelnen Vertretern der Tarantuliden etwas variierend. Gemäß der freien Beweglichkeit der Hüftglieder der 2. Extremität sind dieselben bei den Tarantuliden nur dorsal vermittels des oben geschilderten labralen Apodemes an einer schmalen Stelle fest miteinander verbunden, während bei den uropygcn Pedipalpen die Verbindung der beiden Coxen dorsal durch das Labrum, ventral unmittelbar eine sehr innige ist, so daß nur noch eine — 30 — Bewe.ming längs der ventralen Verbindungslinie nach Art eines Scharnieres möglich ist. Das hintere erste" Coxalapodem entspricht ziemlich dem gleichen der TliclypJionidoi. Das „vordere" und „hintere" Apodem der Hüfte der 3. Extremität sind einander sehr ähnlich (apd. ant. 2, apd. pst. 2, Taf. I, Fig. 5). Ebenso zeigen die „vorderen" Goxalapodeme der 3 hinter en Beinpaare unter sich eine große Ähnlichkeit ; es sind breite, dreieckige, mit ihrer stumpfen Spitze nach hinten und oben gerichtete Platten, an denen man niedrige, von der Spitze schräg nach aul.sen verlaufende Kanten erkennt (apd. ant. 3, 4 und 5, Taf. I. II, Fig. 5. 11). Die ,, hinteren" Goxalapodeme sind am 4. und 5. Beinpaar niedrig und schmal, am 6. aber relativ hoch, nach der Mitte des Körpers geneigt und nach außen zu allmählich in den hin- teren Insertionsrand der Coxa übergehend (apd. pst. 3 — 5, Taf. I, Fig. 5j. Im O p i s t h o s o m a der Pedipalpen kommen gleichfalls Apodeme vor, die jedoch mit Ausnahme derjenigen des 2. — 4. Segmentes weniger auffällig sind. Dem 1. (praegenitalen) und 5. — 11. oder 12. Seg- mente fehlen überhaupt eigentliche Aiiodeme, wenn man nicht etwa die „muscular Stigmata" Lankesters und anderer englischer Autoren mit zu ihnen rechnen will. Solche ,, Muskel- eindrücke" bemerkt man bekanntlich besonders deutlich bei den groLsen Pedipalpen, doch kommen sie in weniger ausgeprägter Weise auch den Tartarideii ( Trithyrcns) und Falpigradcn (Koeiienia) zu. Ihre Zahl richtet sich naturgemäß nach der Zahl der vorhandenen Dorso- ventral muskelpaare, dorsal bis zu 8 Paaren (bei Tliclyplionidcii imd l'araiifiilidcii), ventral da- gegen nur auf der 5. bis 8. und eventuell noch 1 Paar auf der praegenitalen Bauchplatte bei den letzt genannten Formen. Bei Kocucnia gewahrt man sie nur auf der Bauchseite im 4. bis 6. Segment, wenn sich die zu ihnen gehörenden Muskelpaare kontrahiert haben. Daß man diese Muskeleindrücke auf der Ventralseite nicht auch im 2. — 4. Segment findet, hat seinen Grund in der Ausbildung besonderer Apodeme am Vorderrande des 3. und 4. Sternits, sowie in der sehr bemerkenswerten Verlage ru ng, welche die beiden ersten Dorso- ventr almuskelpaare des Hinterleibes mit ihren ventralen I nse r ti o n spunkten erfahren haben. Freilich zeigt das große Genitaloperculum mehrere, meist symmetrisch angeordnete, schwache Vertiefungen, wenn man es von unten betrachtet; dieselben entsprechen aber nicht denen der gleichen Rückenplatte, sondern rühren von Muskeln her, die zu den Ausführungsgängen der Geschlechtsorgane resp. deren Anhangsgebilden in Beziehung stehen, oder besonders differenzierte Segmentalmuskel sind, die weiter unten beschrieben werden. Das hintere der beiden oben angeführten Apodeme, welches mor])hologisch dem 4. Seg- ment angehört, liegt am Vorderrande des 4. Sternits und ist in ziemlich ähnlicher Weise bei ThclyplLoindcn und Tarautulidcn entwickelt. Es stellt bei den crsteren eine schmale , sich zwischen dem 2. Lungenpaar ausdehnende Leiste dar, die seitlich je eine breitere oder schmälere spitzovale Platte zeigt (urst. 4 apd.), auf der der 4. Tergosternalmuskel aufsitzt (Taf. V, Fig. 58 und 60). Bei den 'rurantulidcii ist jene Leiste weniger ausgeprägt (einigermaßen deutlich nimmt man sie meist nur im weiblichen Geschlecht wahr), an ihren Seiten erkennt man aber gleichfalls in Form je eines kleinen Höckers die ventralen Insertionsflächen des 4. bewußten Muskel- paares (urst. 4, apd. It., Taf. V, Fig. 64). Bei Tartaridoi und I'a/piomdcn konnte ich ein der- artiges Apodem nicht auffinden, doch ist meine Angabe für die ersteren noch unmal.vgeblich, da mein Material nicht dazu ausreichte, auch diese Frage sicher zu lösen. - 31 — Das vordere Apodem, welches eine nach vorn gerichtete Fortsetzung der 3. Bauch- platte des Hinterleibes ist, stellt zugleich die Wände des Uterus externus dar. Freilich wird an deren Aufbau wohl auch die Verbindungshaut des 2. und 3. Sternits beteiligt sein, und vielleicht in der Weise, daß letztere die ventrale, das Apodem der 3. Bauchplatte die dorsale Wand der äußeren Geschlechtshöhle bildet. Man kann dahcM- die Wände desselben nicht ohne weiteres als Apodcme bezeichnen, wenn man nicht etwa den ganzen Uterus ex- ternus als solches auffassen will, was vom vergleichend morphologischen Standpunkt aus wohl berechtigt sein dürfte. Bei der mannigfachen Komplikation, welche teilweise der Uterus ex- ternus der Pedipalpen aufweist, und die ohne Studium der Ausführungsgänge und Anhangs- organe des Gcnitalsvstems nur schwer zu verstehen ist, halte ich es für rat.?am, an dieser Stelle nicht näher darauf einzugchen, als zur Beschreibung der hier entwickelten Muskulatur unbedingt nötig ist. Dafür ist nun zu bemerken, daß bei allen Pedipalpen (he\ Koc7icnia nur andeutungsweise) entsprechend den apodemalen Verhältnissen des 3. Segmentes (siehe oben) innenseitlich des 1. Lungenpaares ein kleiner, zipfelförmiger Anhang ([ap.] 93 resp. 88) am Uterus externus vorhanden ist , dessen dorsale Fläche dem 3. Dorsoventralmuskel zur Insertion dient (Taf. V. VI, Fig. 58, 60, 63, 80, 91, 92). Außerdem finden wir bei männlichen Thclyphonidcii vor diesem noch ein zungenförmiges Anhangspaar (dhvz) am Uterus externus, an dem 2 nachher zu beschreibende Muskeln befestigt sind. Alle übrigen Einzelheiten des Uterus werden bei Behandlung des Genitalsystems besprochen werden. Endlich sind noch die Lungeneinstülpungen der Uro- und .bnblypygi zu erwähnen, die, wie der Uterus externus, eine gewisse Ähnlichkeit mit Apodemen besitzen und seitlich am Hinterrande des 2. und 3. Segmentes gelegen sind (Igp [ap] 1 und 2, Taf. V. VI, Fig. 58, 60, 76, 91). Selbstverständlich finden wir deren bei Koeiicnia keine und bei Tritliyrcus nur ein (vorderes) Paar. B Das Entosternum (Entochondrit). Wie die Kenntnis des Baues des Chitinpanzers samt seinen inneren Bildungen zur Be- schreibung des MuskeLsysterns eines Arthropods unbedingt erforderlich ist, so gilt das gleiche von der für die Cheliceraten so charakteristischen, inneren, sehnigen Platte des Prosoma, dem Entosternum oder Entochondrit. Wahrscheinlich selbst aus der Umwandlung ge- wisser Muskelbündel entstanden, dient es zahlreichen anderen Muskeln zum Ansatz. Ich möchte daher mit einigen Worten noch auf das Entosternum der Pedipalpen eingehen, das mir glück- licherweise von allen 4 Hauptvertretern vorgelegen hat. Allerdings hat in jüngster Zeit Pocock (52) diesem Organe eine vergleichende Beschreibung zuteil werden lassen, welcher er speziell für das Ento.sternum unserer Tiere 3 Figuren beigefügt hat. Da er jedoch, wie begreiflicherweise auch seine Vorgänger E. Blanchard und Schi mke witsch (59), mit keinem Worte auf die entsprechenden Bildungen bei Tritliyrcus (und Kocnenia) eingegangen ist, so wird es für meine Zwecke das beste sein, wenn ich nochmals alles Wissenswerte über das Entosternum der Pedipalpen hier zusammenfasse. Die einfachste und für eine genetische Erklärung dieses Organes zweifellos interessan- teste Form bietet das Entosternum von Tritbyreus Cambridge! (Thor.) (Textfig. 14). Es besteht aus 2 Längsstämmen, die hinten durch eine nur wenig breitere Brücke und vorn, etwa zwischen dem 4. und 5. Extremitätenpaar, durch ein schmales, im Bogen nach unten hängendes Band — 32 — (ntstqv) verbunden sind. Von den Längsstämmen gehen nach oben und unten, sowie auch seitlich Fortsätze aus, weiche in Muskelbündel übergehen und die Fixierung des Entosternums 33 28 (h) nisllst 30 ((■) 31 (d) ntst/ipl Fig. 14. Ti lilnrcus canil>rh!gei (Thor.) ?. Das (prosomale) Entostcrnum samt seinen Apophysenmuskeln ; vom Rücken aus gesellen. i^J' iilsllipl Fig. 15. Thclypkonus caiuiahis (L.) Dasselbe; die Muskeln 10, 32 Ins 34 gehen an die Grundglieder der ersten 3 Extremitäten. ..'lff,J2 S7 37 M SO ^^ 0) Mg. 16. (g) Dasselbe von der Seite gesehen ; auljer den eigentlichen Apophysenmuskeln sind noch einige andere (33, 38 — 40, 42) angedeutet. ■?/M/ 7/Mllt f/{iJ36. -37fiP/ Fig. 17. Koetieuia mirabilis Gr. Das Entosternum von oben gesehen; Muskel 31 Ich) und 32 gehen an die Grund- glieder der ersten zwei Extremitäten. Fig. 18. Tai antula pahnata (Hbst.). Das Entosternum samt seinen Apopliysen und den Mu.skeln, die an die Grundglieder der Extremitäten (I— VI), an den Vorder- darm (41) und an den Hinterleib gehen; die ventrale vorderste Apopliyse mit ihrem Muskel (55) ist nur auf der linken Seit« gezeichnet. Rückenansicht. Die ven- tralen Hüft- Entosternum -Muskeln sind natürlich nicht zu sehen. in seiner horizontalen Lage vermitteln^, indem sie dorsal am Carapax, oder ventral an einem Sternum re.sp. der Coxa einer Extremität angeheftet sind. — Wir unterscheiden zuvorderst ' ßertkau (9) vertritt schon diese Ansicht; er glaubt, dalJ die zugehörigen Muskelliündel n seien (p. 405). ur wenK kontraktil — 33 — eine dorsale Apophy.se (a), weiter hinter dieser, ungeiähr auf gleicher i^reite mit der vorderen Querkommissur 4 Apophysen, von denen die eine (g) ventral entspringt und seitlich (ventral?) gerichtet ist, eine zweite (9) ein wenig vor dieser ebenfalls ventral aligcht und direkt zur Bauchseite des Tieres führt, die zwei anderen (e^ und e''^) mit gemeinsamer Wurzel dorsal und innenseitlich am Längsstamm festsitzen und schräg nach oben, hinten und innen gerichtet sind. Zwei weitere Fortsätze finden wir etwa in der Mitte zwischen der vorderen und hin- teren Ouerbrücke, einer (c) auiJenseitlich nach oben, der andere (h) innenseitlich nach unten neigend. Endlich deuten jederseits 2 Muskeln, die fast an der hinteren Grenze der Längs- balken entspringen, das Vorhandensein eines 4. dorsalen Anhanges an (d). Nicht unähnlich ist das Entosternum der Thelyphoniden gebaut (Textfig. 15, 16, Taf. II, Fig. 8). Wir erkennen noch deutlich die beiden Längsstämme, die hier aber durch 3 Querbrücken ver- bunden sind, wodurch es zur Bildung der bekannten 2 rundlichen Löcher kommt; von diesen ist das vordere größer und elliptisch, das hintere kleiner und mehr rundlich queroval. Die hintere Querbrücke (ntsthpl), welche der gleichen von Trithyrais entsprechen dürfte, verlängert sich nach hinten und bildet nach vorheriger Einschnürung eine breite halbkreisförmige Platte, deren Gestalt übrigens von Pocock nicht genau wiedergegeben worden ist (cf. Textfig. 15). Apophysen sind bei den lliclvphoniden in etwas größerer Anzahl entwickelt als bei den Schizonotiden. Zuvorderst haben wir wiederum einen dorsalen, senkrecht gerichteten Anhang (a, 27), dem auf der Ventralseite ein ähnlicher (f, 48) entspricht ; hinter diesen, ungefähr auf gleicher Breite mit der vorderen Querbrücke, folgen 3 weitere Apophysen, von denen eine (g", 50) ventral (und von den genannten dreien am weitesten vorn) entspringt und auch in dieser Richtung ein wenig schräg nach vorn verläuft, eine (b, 28) seitlich abgeht und schräg nach oben gerichtet ist, die letzte (e, 29 und 29a) etwa in der Mitte zwischen dem Längs- balken und der vorderen Querbrücke ansitzt und — wie bei Tritliyrens — gegabelt nach oben, hinten und innen zieht; die beiden letzten Gabeläste liegen hintereinander. Etwas vor der mittleren Querbrücke befindet sich ein weiterer seitlicher Anhang (c, 30), der ebenfalls schräg seitlich nach oben verläuft. Sodann ist eine dritte seitliche Apophyse, die etwas stärker und mehr seitlich nach hinten und oben gerichtet ist, zu sehen (d, 31); sie zweigt etwa auf gleicher Breite mit dem hinteren foramen entosternale vom Längsbalken ab. Unter ihr liegen dann noch zwei zartere Anhänge (h, 54 und i, 57), deren einer schräg nach vorn und unten, deren anderer entsprechend nach hinten zieht; sie zeigen übrigens nicht jenen festen, sehnigen Bau der anderen Apophysen, sondern haben mehr ein häutiges Aussehen und etwas unregelmäßige Gestalt. Einen 5. dorsalen Anhang (91), von dem Pocock berichtet, fand ich in Form eines kleinen Höckerpaares an gleicher Stelle auf der hinteren Platte des Ento- sternums; diese Höcker sind aber, wie wir hernach noch sehen werden, keineswegs einem der erst genannten Apophysen homolog und daher für uns auch weniger wichtig. Wieder anders ist das Entosternum bei den Palpigraden gebaut (Textfig. 17). Es finden sich gewisse Anklänge an dasjenige von Thelyphonus sowohl wie auch von Trithyrais. Mit dem der letztgenannten Form hat es das Vorhandensein von nur einem Foramen, resp. zwei Quer- brücken, mit dem der Thclvphonen die Ausbildung einer hinteren breiten Platte gemein, deren Gestalt einem hohen gleichschenkligen Dreieck ähnelt, dessen Spitze mit der hinteren Kom- missur der beiden Längsbalken verbunden ist. Diese verlaufen nicht parallel zu einander, sondern konvergieren nach hinten und divergieren folglich nach vorn zu, sodaß die vordere Zoologica. H. 42. g — 34 — Ouerbrücke (ntstqv) die hintere bedeutend an Breite übertrifft. Die Längsstämme ragen etwa um ',3 der Länge des ganzen Entosternums über die vordere Querverbindung nach vorne vor, nicht ganz bis an den Hinterrand der Coxen des 3. Extremitätenpaares. An ihrem vorderen Ende finden wir die erste dorsale und ventrale Apophyse der Thclyphonidcn und ScJiizono- tiden wieder (a, 29 und f, 30) ; auf gleicher Breite mit der vorderen Querbrücke sehen wir einen laterodorsalen, sowie einen ventralen Anhang (b, 33 und g, 34); etwas hinter dem Hinterrande des Foramen einen dorsalen und noch etwas weiter caudalwärts einen ventralen (d? 35 und h? 36), schließlich ein wenig vor dem Hinterrande der hinteren entosternalen Platte abermals einen ventralen, schräg nach hinten und außen gerichteten Fortsatz (i? 37), während hier dorsal, wie bei den übrigen Pedipalpen und Ara7ieen, das L opisthosomale Dorsoventralmuskelpaar inseriert (1). Eine völlig abweichende Gestalt besitzt das Entosternum der Tarantuliden, welches eine weit größere Übereinstimmung bekanntlich mit dem der Araiiecn als mit dem der offenbar näher verwandten iiropys^cn und palpigradcn Pedipalpen aufweist. Es stellt eine halbkreisförmige Platte dar, die vorne in zwei seitliche Hörner ausgezogen ist, welche dem vorderen Teile der Längsbalken des Entosternums der anderen Formen entspricht (Textfig. 18, Taf. II, Fig. 11). Am Seitenrande ist dasselbe in 5 stumpfe Zipfel au.sgezogen, an denen Muskeln ansitzen, die zwischen dem Entosternum und den Coxen der 5 letzten Extremitätenpaare ausgespannt sind. Ein niedriger, auf einer schwachen Verdickung beruhender Rücken zieht sich vom vorderen Seitenhorn, in geringer Entfernung vom Seitenaußenrande, bis ziemlich an das hintere Ende der Entosternalplatte; derselbe verrät uns gewissermaßen den alten Läng.sbalken, den wir erst kennen lernten, und der hier mit dem der anderen Körperseite nicht durch wenige schmale Querbrücken, sondern in seinen hinteren zwei Dritteilen durch eine breite Fläche verbunden worden ist, wie es schon Pocock angenommen hat. Auf jenem seitlichen Rücken entspringen auch die dorsalen Apophysen. Ganz vorn die bekannte 1. Apophyse (32a), die hier aber zum Unterschied von Uropygcn und Palpigraden einen seitlichen Nebenast aufweist (32 b). Auf gleicher Breite etwa mit dem Vorderrande der Verbindungsfläche der ursprünglichen Längs- balken stehen 2 weitere Anhänge, deren einer (34) nach hinten und etwas außenseitlich, deren anderer (33) nach hinten und der Körpermitte zu gerichtet ist. Ein weiteres Paar nimmt seinen Ursprung ein wenig vor der Mitte der großen Entosternalfläche, die eine Apophyse (35) nach vorne, die andere (36) schräg nach hinten aufsteigend. Der hinterste Anhang hat endlich seine Wurzel nahe denen des vorletzten Paares, etwas mehr der Mitte des Körpers zugerückt (37); er steigt schräg nach innen auf. Von ventralen Fortsätzen ist nur einer (55) entwickelt, der in ziemlich gerader Richtung nach vorn verläuft und auf einer stark chitinisierten Platte des weichhäutigen Coxalfeldes der Coxopoditen der 2. Extremität befestigt ist (die Platte siehe auf Taf. II, IV, Fig. 11, 46, 48 chn), was zuerst Pocock richtig angegeben hat. — Bezüglich der Lage des Entosternums ist noch zu bemerken, daß sein vorderes Ende stets hinter der Coxa der 3. Extremität gelegen ist, während es sich bei den Uro- und Ainbly- pygcn bis nahezu an den hinteren Rand, bei Palpigradm nur etwas hinter den vorderen Rand der Coxa der 6. Extremität ausdehnt. Auf mehrere theoretische Fragen, die sich auf dies Organ beziehen, soll am Schlüsse der Darstellung des Muskelsystems kurz eingegangen werden. Hier müßte manches bereits vorweg genommen werden, was in den folgenden Zeilen erst beschrieben wird. — 35 — C. Das Muskelsystem. Wie ich bereits eingangs hervorhob, möchte ich in diesem Kapitel nur die Runififmuskein dor Pedipalpen behandeln, und zwar vornehmlich nur der Thelyphonidcn und l'araululidcn. Von Trithvi'-us und Koenenia sollen nur die wichtigeren Punkte des Muskelsystems vergleichs- weise dargestellt werden, während eine ausführliche Beschreibung desselben speziellen Unter- suchungen überlassen bleiben muß. Die zahlreichen Muskeln werde ich in folgenden Gruppen gesondert beschreiben: 1. Längsmuskeln (Musculi longitudinales); 2. Tergoster nalmuskeln (Musculi dorsoventrales); 3. Muskeln, verbunden mit dem proso malen Entosternum; 4. die mit den Coxalgliedern der Extremitäten verbundenen mit Ausschluß einiger, schon in 3 genannten; sie sitzen sämtlich mit dem oberen Ende dem Carapax an; 5. die am Vorder- und Enddarm inserierenden Muskeln (siehe unter Kapitel VIII 1 und 3); 6. die Muskeln der Lungen, Ventralsäckchen und die opisthosomalen Blutkreislaufmuskeln; 7. die Muskeln der Geschlechtsausführungsgänge und deren An- hang sorgane. I. Längsmuskeln (Musculi longitudinales). Alle Segmente des Opisthosoma werden gegenseitig durch Längsmuskeln bewegt, wie gleicherweise auch die Bewegung des Hinterleibes gegen den Vorderleib, resp. die umgekehrte durch die Longitudinalmuskeln vermittelt wird. Infolge des Vorhandenseins eines einheitlichen Rückenschildes (Carapax), welches sämtliche primären Segmente des Prosoma bedeckt, hat dieses dagegen ein eigenes Längsmuskelsystem verloren (T/iclyphouidae, Tarantulidac); nur bei Tartaridcn und Palpigraden^ welche offenbar sekundär eine Gliederung des Carapax wieder erworben haben, finden wir auch ent,sprechende Muskeln, welche die Teilstücke des Carapax miteinander verbinden und ihre gegenseitige Bewegung ermöglichen. a. Prosoma. a. Echte prosomale Längsmuskeln. Bei Trithyreus cambridgci konnte ich dieselben nicht genauer studieren ; bei Koenenia tnirabilis fand sich ein zartes Muskelpaar (16), welches das Metapeltidium mit dem Propeltidium verbindet (Textfig. 2L 28); wahrscheinlich besitzt die Sternalseite des Prosoma bei diesem Tier auch Längsmuskeln, die ich aber nicht untersucht habe. Bei den Thelyphonidcn konstatieren wir gerade auf dieser Körperseite ein sehr zartes Muskelpaar (65), welches Penta- und Metasternum verbindet (Taf. II, Fig. 9). Andere prosomale echte Längsmuskeln sind mir nicht bekannt geworden. — 36 — p. Längsmuskeln, welche die Bewegung des Hinterleibes gegen den Vorderleib vermitteln. Koenenia (Textfig. 27. 28), Das obere Hauptlängsmuskelpaar des Hinterleibes (17) setzt sich bis an den Vorderrand des Metapeltidiums fort und dient so in seinem vordersten Ab- schnitt als Levator opisthosomatis. In ähnlicher Weise geht auch das untere Längsmuskei- paar (18) in das Prosoma hinein und es schien mir am Hinterrande des Entosternums be- festigt zu sein. (Ein diesem vordersten Abschnitt des Muskels 18 entsprechender findet sich auch mit aller Wahrscheinlichkeit bei den Taraiitulidcn [84] [und Thclyplioniden [4-2 1].) Andere Muskeln, die Vorder- und Hinterleib bei Koenenia verbinden, habe ich nicht untersucht, wahr- scheinlich finden sich aber bei ihr noch wenigstens ventrale Längsmuskeln, die denen der No. 85 und 66 der Tarantuliden und Tlielyphoniden gleichwertig sind. Thelyphoniden (Taf. II, III, Fig. 7—9. 13). Dorsal. Ein relativ schlanker, langer Muskel (24, Taf. II, Fig. 7) liegt dicht an, z. T. über dem Herzen und ist vorn nahe der Mittellinie des Carapax in dessen hinterem Viertel (cf. Textfig. 22), hinten am Vorderrande des 1. Uro- tergits, neben dessen kleinem Vorplättchen, befestigt. Unter diesem Muskel befindet sich ein ähnlicher (24 a, Taf. 111, Fig. 13), der sich über dessen hinteren Insertionspunkt hinaus inner- halb des 1. Dorsoventralmuskelpaares des Hinterleibes bis an den Vorderrand des 2. Uro- tergits fortsetzt. Neben dem zuerst genannten Levator opisthosomatis rectus primus (24), ebenfalls an der Gelenkhaut zwischen Prosoma und dem 1. Urotergit, ist der Levator opistho- somatis obliquus (25, Fig. 7. 13), dessen vorderer Insertionspunkt hinter dem des Muskels 24 gelegen ist, befestigt. Ventral. Ein ziemlich breiter kräftiger Depressor opisthosomatis (rectus) (66, Taf. II, Fig. 9) zieht vom Vorderrande des Metasternums (jederseits der Körpermittellinie) an den Vorderrand des 1. Urosternits. Tarantuliden (Taf. II, III, Fig. 10 — 12. 14). Dorsal. Die Levatores opisthosomatis (recti) sind hier kürzer, stärker und einheitlich entwickelt (30) und bedecken ganz den prosomalen Ausläufer des Herzens; hinten sind sie am Vorderrande des 1. Urotergits, vorn am Carapax, ziemlich weit hinten und der Mittellinie genähert (Textfig. 23), befestigt. Unter ihnen finden sich die vordersten Faserbündel des Hauptlängsmuskelpaares des Hinterleibes (96 — 102), das vom Hinterrand des Carapax aus sich bis an den Vorderrand des 8. Segmentes hinzieht, wie wir gleich noch näher sehen werden. Ventral. Die Depressores opisthosomatis (85) sind hier bedeutend schwächer ent- wickelt als bei den Tlielvplioniden, was wohl mit der Reduktion des 1. Urosternits zusammen- hängt. Nach hinten setzt sich dies Muskelpaar meist zunächst einheitlich fort (vergl. den folgenden Absatz). b. Opisthosoma. Koenenia (Textfig. 21. 26). Dorsal wie ventral haben wir je ein Hauptlängsmuskelpaar zu verzeiclinen, ein im Hinblick auf die Anordnung der Längsmuskulatur der Anneliden recht bemerkenswertes Faktum. Das dorsale Paar (17) lernten wir bereits im Prosoma kennen; es setzt sich vom Vorderrande des Metapeltidiums innerhalb der Dorsoventralmuskelpaare bis an den Vorder- rand des 9. Hinterleibssegmentes fort und zerfällt in so viele Teilmuskeln, als es Segmente durchläuft. — 37 — Das ventrale Paar (18) verläuft in entsprechender Weise vom Hinterrande des Ento- sternums bis zum Vorderrande des 11. (letzten) Segmentes, jedoch außenseitlich der Dorsoventralmuskel, wie bei Trithyrcus und den Taranlniidcv . Kurz vor dem sogenannten Postabdomen sind die Faserbündel desselben etwas stärker (ein wenit,' übrigens auch die des dorsalen Paares), und vermutlich haben wir hier eine analoge Muskelbildung vor uns, wie bei den (Jropygen (cf. pg. 39). Dorsale Längsmuskeln des Postabdomens habe ich nicht in der Weise vorgefunden, wie bei den Uropygcn (siehe unten), sondern nur als 2 Paar obliqui (25. 26), die eine Hebung und zugleich Drehung des 10. gegen das 9. und des 11. gegen das 10. Segrnent besorgen; die gleichen Muskelpaare besitzen jedoch auch die Thelyplioniden (ob auch Trithyreus?). Weitere zarte Längsmuskeln fand ich seitlich, und zwar je 6, die den Yorderrand des 4. — 9. Segmentes mit der Fläche des je vorhergehenden verbinden (19 — 24). Entsprechende Muskeln sind mir von den anderen Pedipalpen nicht bekannt geworden. Andrerseits fehlen bei Kocncnia anscheinend die normalen, breiten Segmentalmuskeln, die sich bei den Uro- und Ainblypygen, wie übrigens den meisten arthrogastren Arachniden vorfinden. Thelyphoniden (Taf. 111, V, Fig. 13. 57 — 60). Dorsal. Zu oberst, der Hypodermis direkt anliegend, konstatieren wir eine Serie von Muskeln, die die einzelnen Tergite miteinander verbinden und ihre gegenseitige Bewegung vermitteln. Sie sind stets am vorderen Rande des nächstfolgenden und auf der Fläche des je vorhergehenden Urotergits befestigt; nur in den vorderen 3 Segmenten (1 — 3) füllen sie ziemlich die ganze Länge derselben aus (wo- gegen sie in der Breite gegen die der folgenden S.Ringe zurückstehen), während sie dort kaum die Hälfte der zugehörigen Tergite lang sind ; in der Mediane des Körpers lassen sie im 2. — 8. Segment einen Raum für das Herz frei (101 — 108). Die entsprechenden Muskeln des ,, Postabdomens" sind bedeutend schmäler, aber auch desto kräftiger entwickelt (109 — 111). Sie dienen in Gemeinschaft mit den zugehörigen ven- tralen Muskeln (143 — 145) nicht nur dazu, die letzten Leibesringe, soweit es die Zwischenhäute zulassen, ineinander zu schieben, sondern — je nachdem sich abwechselnd nur die dorsalen oder die ventralen Bündel kontrahieren — dem Auf- und Niederkrümmen des kleinen schwanz- bewehrten Postabdomens. Das vorderste dieser 3 Muskeipaare, der Levator caudae superior (109), ist hinten am Vorderrande des 10. Segmentes und vorne auf der Vorderfläche des 9. Urotergits befestigt; das mittlere, der Levator caudae medius (110) am Vorderrande des 11. Segmentes und vorn auf der Hinterfläche des 8. Tergits ; das hinterste Paar (111), der Levator caudae inferior, am Vorderrande des Aftersegmentes und vorn auf der Fläche des 8. Urotergits, wo es etwa bis zwischen das letzte Dorsoventralmuskelpaar (98) reicht. Mithin sind die fraglichen 3 Muskelpaare so angeordnet, daß das L vom 2. vorn und hinten und dieses wieder vom 3. in gleicher Weise in seiner Länge begrenzt wird. Außer diesen vSegmentalmuskeln finden sich an den vordei-en 4 Tergiten noch eine Reihe anderer zumeist von den erst genannten überlagerter Muskeln. Ein kleiner schmaler unpaarer, genau in der Mittellinie des Rückens gelegener Muskel verbindet die kleine Vorplatte des 1. Urotergits mit dem Vorderrande des 2. (100). Ein kräftiges Muskelbündel zieht (jederseits) von der Vorderfläche des 1. Tergits etwa in die Mitte des 2., wo es vorn und innenseitlich die Insertionsfläche des 2. Dorsoventralmuskels — 38 — umfaßt (113). Von hier setzt sich der Muskel bis etwa an den 3. Dorsoventralmuskel fort (114), wo sich dann weiter bis an den Vorderrand des 4. Tergits ein letzter entsprechender Muskel (115) anschließt. Zwei Muskelpaare verbinden die Seitenplatten des 1. Urotergits mit dem 3. Das eine (116) verläuft gradlinig außenseitlich der Muskeln 113 und 114, sowie der 2. Dorsoventral- muskeln um eben vor der Haftfläche der 3. aufzuhören. Das andere, bedeutend zartere (117), ist seitlich am Vorderrande des 3. Tergits befestigt. Ein letzter, vorn an der Seitenplatte des ersten Tergits und hinten am Vorderrande des 4. ansitzender, vorn sehr schmaler, hinten sich verbreiternder Muskel (118) verläuft zwischen dem Seitenrande des Körpers und den Dorsoventralmuskeln. Im Aftersegment dehnen sich die relativ kräftigen Muskeln aus, welche der Bewegung des Flagellums dienen. Es sind ihrer 2 Paar (153. 154), die, nacheinander in Aktion versetzt, den Schwanz in Rotation bringen. Das eine Paar, die Rotatores flagelli superiores (153), geht von der dorsalen, dorsolateralen und lateralen vorderen Fläche des besagten Segmentes aus, indem die Fasern stark konvergieren und dorsolateral an der Schwanzwurzel inserieren (Taf. V, Fig. 54). Das andere Paar, die Rotatores flagelli inferiores (154), geht von der dorsalen Fläche und dem dorsalen bis lateralen Vorderrande desselben Segmentes aus, während die gleichfalls sehr konvergierenden Fasern ventrolateral an der Wurzel des Telsons angeheftet sind (Taf. V, Fig. 53). Ventral. In mancher Beziehung bietet das Muskelsystem der Ventralseite des Hinter- leibes ein ähnliches Bild dar, wie das der Rückenseite, namentlich vom 4. Segment ab nach hinten. Mit der Ausbildung der beiden Lungenpaare im 2. und 3. Segment und der Geschlechts- ausführungsgänge im 2. hat hier jedoch das Muskelsystem eine besondere Differenzierung erfahren. Fassen wir zunächst die der Körperwand anliegenden Segmentalmuskeln ins Auge. In Korrespondenz zu Muskel 101 ist Muskel 166 entwickelt, welcher die Bewegung des 1. gegen das 2. Urosternit vermittelt ; hinten ist er auf der Vorderfläche des sogen. Genitaloperculums, vorn seitlich am Hinterrande des 1. Urosternits und meist auch ein kleines Stück an dem an- grenzenden Teile der arthrodialen Membran befestigt (Taf. V, VI, Fig. 60, 78). Die Reste der beiden nächstfolgenden Segmentalmuskeln erkennen wir (jederseits) ein- mal seitlich unter den Vorderzipfeln der großen Lungenapodeme ; der 2. (167 a) auf der hinteren Seitenfläche des Genitaloperculums und dem Vorderrande des 3. Urosternits, der 3. (168 a) in ähnlicher Weise auf der hinteren Seitenfläche der 3. und dem Vorderrande der 4. Bauch- platte angeheftet (Taf. V, VI, Fig. 60. 78). Daß wir es bei ihnen mit den Resten der Segmental- muskeln zu tun haben, geht am deutlichsten aus den Verhältnissen des 9 Geschlechts hervor. Als weitere Reste derselben Segmentalmuskeln müssen wir sodann wohl einige kleine Muskeln auffassen, welche die Apodeme des 3. und 4. Urosternits mit dem unter ihnen gelegenen Teile der vorhergehenden Sternite verbinden. So läuft ein kurzer, aber kräftiger Muskel ((^ 163, 9 167 b) von der (vorderen) ventralen Fläche des seitlichen Apodemes des Uterus externus, auf dem der 3. Dorsoventralmuskel aufsitzt, ein wenig schräg nach vorn unten an das Genital- operculum, und seine untere Haftfläche gibt sich von außen betrachtet als eine flache Grube zu erkeruien. Beim Männchen liegt er der vorderen Wand der Samenblase eng an. Weitere, nur noch kleinere und leicht zu übersehende Muskelfasern (^168 b und cj sind zwischen der — 39 — Unterseite des (vorderen) Apodemes des 4. Urosternits und der unter diesem (gelegenen Fläche des 3. Sternits ausgespannt, und zwar bei (/ und 9 in gleicher Weise (Tal". V, VI, Fig. 59. 60. 76). Die Segmentalmuskeln der folgenden 5 Segmente sind ähnlich denen des Rückens, nur zerfallen sie nicht wie diese in eine rechte und linke Hälfte, mit Ausnahme des 4. (138), wie sie auch keine mittlere Partie frei von sich lassen (138 — 142). Den dorsalen geraden Längsmuskeln des Postabdomens, den Levatores caudae (109 bis 111), entsprechen, wie ich oben bereits andeutete, ventrale Muskelpaare, Depressores caudae (143 bis 145), in genau der gleichen Au.sbildung und Anordnung. Hinzu kommt jedoch noch ein Obliquus- Muskelpaar (146), welches seitlich ventral am Vorderrande des 10. Segmentes befestigt ist und offenbar der seitlichen Bewegung des Postabdomens dient. Ferner verbindet ein schmaler, aber sehniger unpaarer Muskel (151) die beiden letzten Hinter- leibsringe in der ventralen Mittellinie (Taf. III, V, Fig. 13. 53). Außer dem eben beschriebenen ersten obliquus besitzen die beiden letzten Segmente noch 2 Paar kleiner Obliqui, je 1 Paar ventral (147. 148) und dorsal (149. 150). Das letzt- genannte Paar geht von der ventralen Seitenfläche des 1. resp. 2. Postabdominalringes aus und inseriert dorsal am Vorderrande des jeweilig folgenden (11. und 12.) Segmentes; das ventrale Paar geht von der mittleren Ventralfläche derselben Ringe in entsprechender Weise an die ventrolateralen Vorderränder der nächstfolgenden. — Im 2. und 3. Segment sind außer den erstgenannten Resten der ursprünglichen Segmental- muskeln mehrere, teilweise sehr starke Muskeln entvifickelt, welche allerdings z. T. in Be- ziehung zu den Geschlechtsteilen treten, am besten aber hier im Zusammenhang mit der übrigen Muskulatur beschrieben werden. Dieselben sind sämtlich zwischen dem 1. Urosternit und den beiden mesosomalen Apodemen, von denen ja das vordere den Uterus externus bildet, aus- gespannt. Sie sind in beiden Geschlechtern, wie auch in verschiedenen Gattungen nicht völlig gleich gestaltet, wenn auch stets die gleichen Elemente vorkommen. Zu oberst zieht ein starker Muskel vom Hinterrande des 1 . Urosternits bis an das Apodem des 3. Dorsoventralmuskels (156), dieses am seitlichen und- vorderen Rande umgreifend. Eine Fortsetzung dieses Muskels bildet im folgenden Segment der Muskel 157, der die Basal- flächen des 3. und 4. Dorsoventralmuskels verbindet; mehr oder weniger zahlreiche Fasern desselben inserieren auch am mittleren Teile des (vorderen) Apodemes des 4. Urosternits (Taf. III, V, Fig. 13. 57). Der zwischen diesen beiden Muskelpaaren gelegene Raum wird durch weitere Muskel- bänder ausgefüllt. Ein Muskel (158), in seiner vorderen äußeren Hälfte von Muskel 156 bedeckt, geht vom Hinterrande des 1. Urosternits bis etwa in die Mitte der Rückenwand des Uterus externus, oder auch noch weiter nach hinten (Taf. III, V, Fig. 13. 57. 59). Bei männlichen und weiblichen Tlielyplionus caudatus (L.) verlaufen seine Fasern ziemlich parallel von vorne nach hinten, indem sich weiter nach hinten an sie die Fasern des nächstfolgenden Muskels 159 ansetzen, der hinten am Mittelteile des Apodemes des 4. Sternits befestigt ist. Durch diese beiden Muskeln wird der ganze Uterus externus bei der genannten Form bedeckt, was bei 9 Mastigoproctus gigaiifais (H. Luc.) nicht der Fall ist (Taf. V, Fig. 57). Hier ver- jüngt sich Muskel 158 nach hinten, um seine Insertion an einem dreizackähnlichen flachen Apodem in der Mitte der Rückenwand des Uterus externus zu finden, von wo aus auch der folgende Muskel (159) an das des öfteren genannte Apodem des 4. Segmentes abgeht. Der — 40 — große Muskel 158 bedeckt endlich noch einen tiefer gelegenen (160), der zusammen mit ihm vom Hinterrande des 1. Urosternits abgeht und bei ^ Thelyphonen (Taf. III, Fig. 13) [des- gleichen bei 9 Mastigoproctns gigantcus (Taf. V, Fig. 57)] an den Vorderrand der dorsalen Höhlung des Uterus externus zieht, bei 9 Tlielyplionen sich dagegen weiter nach hinten ausdehnt, aber vor dem über ihm gelegenen Muskel 158 aufhört (Taf. V, Fig. 59). Übrigens ist dieser Muskel (160) bei (^ Tlielyplioneji in zwei geteilt, deren äußerer (161) sich hinten an die vorder- seitlichen Zipfel der dorsalen Höhlung des Uterus externus (dhvz) ansetzt. — Zum Schluß möchte ich die Aufmerksamkeit noch auf ein Muskelpaar lenken, welches dorsal wie ventral zwischen dem 9. und 10. Hinterleib-ssegment gelegen ist, und das 9. Tergit resp. Sternit mit der arthrodialen Membran verbindet, die zwischen ihnen und dem 1. post- abdominalen Ringe gefunden wird. Ursprünglich glaubte ich, in ihnen Muskeln vor mir zu haben, die den lateralen Dorsoventralmuskeln 120 — 136 gleichzusetzen seien. Von dieser Meinung bin ich aber abgekommen, da wir sie sonst auch wohl bei den Tarantuliden hätten erwarten dürfen, denen sie aber fehlen. Vielmehr zwingt uns ein Blick auf Taf. III, Fig. 13 die Vermutung auf, daß sie die Aequivalente echter Seg mental muskeln, wie sie die Muskeln 101 — 108, bezüglich 138 — 142 repräsentieren, sein könnten. Und trifft dies zu, so würden sie die letzten Zeugen eines Segmentes sein, welches der lipüc teilen Arachnidenreihe ganz fremd ist, wohl aber bei den Scorpionen bekannt ist und deren 3. Metasomalsegment homolog wäre. Hoffentlich klären uns embryo- logische Untersuchungen bald über diese äußerst wichtige Frage auf. Zahl und Anordnung der Segmentalmuskeln des Hinterleibes der Scorpione spricht sehr für diese Anschauung. Tarantuliden (Taf. III, V, VI, Fig. 14, 63, 64, 66, 89 — 91). Entsprechend dem Fehlen eines ,, Postabdomens" ist bei den Tarantuliden die Muskulatur des Hinterleibes bedeutend ein- facher ausgebildet. Dorsal. Wir finden zunächst dieselben Segmentalmuskeln, wie wir sie bei den Thcly- photiiden kennen lernten, nur sind sie schwächer entwickelt. Sie lassen hier ebenfalls in der Mitte einen Raum für das Herz frei. Ein Paar, welches die ersten Urotergite miteinander verbindet, konnte ich nie finden, doch dürfte es den Tarantuliden auch zukommen. Wohl aber beobachten wir dann weiter 10 Paare, die stets vom Hinterteile des Tergits an den Vorderrand des nächstfolgenden ziehen (105 — 114). Die 3 hintersten derselben dehnen sich über die ganze Breite der zugehörigen Tergite aus. Wie bei den Tiiclyplioniden sehen wir weiter auch hier einen unpaaren, medianen Muskel (95) die winzige Vorplatte des 1. Tergits mit dem Vorderrand des 2. verbinden (Taf. III, Fig. 14). Sodann sind noch zwei stärkere Muskelbündel entwickelt, die in mehrere hintereinander gelegene Muskeln zerfallen (96 — 102), welche vorn relativ breit sind, nach hinten zu allmählich schmäler und schwächer werden. Sie erinnern uns an das dorsale Längs- muskelpaar von Koenenia. Mehrere Fasern der einzelnen Muskeln greifen stets mit in die des nächsten Segmentes über; eine Fortsetzung dieses Muskelbandes erkennen wir auch im 8. Segment, doch ist der betr. Muskel (103) kürzer als das 8. Tergit, und im 9. Segment sieht man meist auch einige Fasern, die in der Richtung jener Muskelbänder gelegen die Fasern des eigentlichen Segmentalmuskels an Länge überragen (104). Ventral. Für die vorderen 4 Segmente trifft bezüglich der Ausbildung des Muskel- systems dasselbe zu, was schon bei den Tlielyplioniden bemerkt worden ist. Die einfachen — 41 — Segmentalmuskeln sind im 2. und 3. Segment sehr rückgebildet und spezialisiert, während andere Muskeln vorherrschen. Das vorderste Segmentalmuskelpaar ist ähnlich dem der Thelyphoniden (auch der'Schizo- notiden und Kooiciiia) geformt; es ist auf der Vorderfläche des Genitaloperculums und auf den schwach chitinisierten Überresten des 1. Urosternits befestigt (151). Weiter hinten sehen wir — wie ähnlich bei den Thelyphoniden — von dem Apodem des 3. Dorsoventralmuskels (.seitlich vom Uterus externus) einen kleinen Muskel zum gegenüber- liegenden Teil des Genitaloperculums ziehen (150), wo seine Haftfläche äußerlich gleichfalls als eine flache Grube zu erkennen ist. Im folgenden Segment liegt ein winziger Muskel unter dem Apodem des 4. Dorsoventralmuskels, ebenfalls in Übereinstimmung mit den Thelyphoniden (153 a). Bei (^ Dämon variegatus (Perty) sah ich ferner einen nicht sehr breiten Segmental- muskel vom Vorderrand des 4. nach dem 3. Urosternit ziehen (153 b, Taf. VI, Fig. 91). Im 4. Segment finden wir bereits einen normalen Segmentalmuskel, der etwa der Breite der Bauchplatte entspricht (117). Eine besondere Differenzierung desselben erkennt man in einem schmalen, bisweilen sehnigen Muskel, der vom Vorderrand des 5. Sternits an die hintere Wand des 2. Lungenapodemes tritt (149). Weitere 7 Segmentalmuskeln verbinden in be- kannter Weise die letzten 8 Urosternite (118 — 124). Außer diesen Muskeln kommen zwischen dem 1. und 5. Segment noch folgende Längs- muskeln vor : Ein kräftiger Muskel (144), zwischen dem 1. Urosternit und der Basis des 3. Dorso- ventralmuskels; er entspricht dem Muskel 156 der Thelyphoniden. Ihn fand ich bei einem (^ Dämon variegatus in 3 Faserbündel aufgelöst, von denen 2 in ihrer Insertion mit dem ein- heitlichen Muskel 144 der anderen Tarantuliden übereinstimmten, während der 3. (innere) hinten auf der zarten Haut der Rückendecke des Uterus externus endigte (Taf. VI, Fig. 89). Die hintere Fortsetzung dieses Muskelpaares bilden 2 schwach divergierende Muskelpaare, deren eines (145) an beiden Enden von den 3. und 4. Dorsoventralmuskeln begrenzt wird, deren anderes (147) innenseitlich von der Basis der letzteren nach hinten bis an den Vorder- rand des 4. Urosternits zieht, wo sich neue Muskelfasern, die an den Vorderrand des 5. Sternits gehen (148), anschließen. Ferner verbindet der Muskel 146 die Basis des 4. Dorsoventral- muskels direkt mit dem 5. Urosternit. Bei einem 9 Charoti grayi bildeten die meist gegen einander getrennten Muskeln 145 und 147, wie auch 146 und 148, jederseits 2 hintereinander gelegene ziemlich breite Bündel (Taf. V, Fig. 63). Trithyreus. Die Längsmuskeln der Schizopelt idia (Trithyreiis) scheinen viele Anklänge an die Verhältnisse, die bei den Thelyphoniden obwalten, aufzuweisen. Segmentalmuskeln sind dorsal und ventral in gewöhnlicher Form vorhanden, auch sind unter den Tergiten der ersten 3 Segmente zahlreiche Muskelbündel entwickelt, wie ähnlich bei den Thelyphoniden; leider genügte mein Trithyretis -M.3.teri3\ nicht zur Ermittlung ihrer Zahl, Form und Insertion. Soweit ich es auf einer Ouerschnittserie eines 9 Trithyreus cambridgei studieren konnte, sind in den vorderen Segmenten auch ventral ähnliche Muskeln wie bei den Thelyphoneji vorhan- den, sowohl deren Muskel 166 (Textfig. 76, No. 151), wie auch die Muskeln, die vom 1. Urosternit über die Uteri hinweg an die Basis des 3. Dorsoventralmuskels und weiter nach hinten ziehen. Die Textfiguren 76, 77, 78 c jener Schnittserie zeigen einige derselben ( 144, 1.50, 151), deren Zahlen der Bequemlichkeit halber mit denen der Tarantuliden in Übereinstimmung gebracht sind. Zoolügica. Heft 42. a — 42 — 2. Tergosternalmuskeln (Musculi dorsoventrales). Die Muskeln, welche mitten durch den Körper vom Rücken zur Bauchseite ziehen, gehö- ren sämtlich dem Opisthosoma an, wenn ihr vorderstes Paar auch seine ventrale Haftfläche'auf das prosomale Entosternum verlagert hat. Eigentliche Dorsoventralmuskeln fehlen im Prosoma, wenn wir als solche nicht etwa die Muskelbündelpaare auffassen wollen, die in die Apophysen des Entosternums übergehen ; diese werde ich in Absatz 3 beschreiben, von prosomalen Muskeln hier nur noch diejenigen aufführen, die zwischen dem Carapax und seinem vorderen Umschlag oder dem labralen Apodem ausgespannt sind. Sodann gehören in dies Kapitel noch gewisse zarte laterale Muskeln, die sowohl im Pro-, wie auch im Opisthosoma angetroffen werden. a. Die medianen Tergosternalmuskeln. Prosoma. Thelyphoniden (Taf. II, Fig. 7). Zwischen dem Carapax und seinem vorderen ,, Umschlag" finden wir verschiedene Muskeln, deren Fasern dorsoventral gerichtet sind; sie sind, ent- sprechend dem geringen Räume, der zwischen dem Umschlag und der Rückendecke vorhanden ist, sehr kurz und zumeist in 3 Gruppen angeordnet (x, Textfig. 22). Dicht hinter dem Hinterrande des ,, Umschlages" ist in der Mitte am Carapax ein Muskel- paar (1) inseriert, das ventral einen grolSen Teil der oberen Fläche des labralen Apodemes einnimmt. Zwischen diesen beiden Muskeln nehmen, wie wir später noch sehen werden, die beiden medianen Augennerven ihren Weg. Trithyreus und Koenenia. Auf Querschnitten durch das Prosoma eines Tritliyreus fand ich zwischen dem Carapax und dessen Umschlag die oben von den Thelyphoniden beschriebenen Muskeln (x); ferner ist bei die.ser Form auch jenes Muskelpaar vorhanden, welches vom Carapax nach dem labralen Apodem zieht. Bei Koenenia habe ich den letztgenannten Muskel ebenso wenig gefunden, wie die mit x bezeichneten der Thelyphoniden. Tarantuliden (Taf. II, Fig. 10. 11). Gemäß dem Fehlen eines für die geschwänzten Pedi- palpen charakteristischen vorderen ,, Umschlages" fehlen hier auch die entsprechenden kleinen Muskeln. Dagegen ist der Carapax mit dem labralen Apodem durch 2 Muskelpaare verbunden, deren vorderes, an Gestalt fast zylindrisch (1 a), dicht neben den beiden Medianaugen am Carapax befestigt ist und an der Hinterseite der Chelicerenscheidewand abwärts steigt, um ventral nahe an der Basis des labralen Apodemes zu inserieren. Das hintere Paar (Ib) wird von 2 flachen, mit ihrer Breitseite der Längsachse des Tieres gleichgestellten Muskeln gebildet, deren In.sertionsfIäche genau in der Mittellinie des Carapax gelegen i.st und hier mehr als die Hälfte derer Länge einnimmt; die Fasern sind unten auf der vertikal gestellten breiten Fläche des labralen Apodemes befestigt. Beide Muskeln dürften dem Muskel 1 der Thelyphoniden gleich- wertig sein. Opisthosoma. Thelyphoniden (Taf. III, Fig. 13, Textfig. 19). 8 Paar echter Dorsoventralmuskeln (91 bis 98) finden wir im Hinterleib der Tiielyphoniden. Ihre Lage ist aus der Figur 13 auf Tafel III. und der Textfigur 19 genügend ersichtlich. Dorsal inserieren die hinteren 7 Paar etwa in der Mitte der entsprechenden Tergite, nur das vorderste am Vorderrand des ersten. — 43 — Ventral bieten die Insertionen der Dürsoventralmuskel kompliziertere Verhältnisse. Die hin- teren 4 Paare (95 — 98) stehen auf den zugehörigen Sterniten gleichfalls etwa in der Mitte; für die vorderen 4 Paare (91 — 94) trifft dies aber nicht zu. Das 4. Paar (94) ist auf dem seitlichen Lappen des vorderen Apodemes des 4. Urosternits befestigt, von dem vi^ir oben schon öfter gesprochen haben. Das 3. Paar C93) sitzt auf den oben beschriebenen hohlen ext 1 ext 2 i/rst 6 ext 1 prpl flgl ■ ops 11 Fig. 19. Fig. 20. Mastigoproctiis giganteus (H. Luc). Trithyreus cambridgei (Thor.). Ganzes Tier nach Abtrennung der distalen Beinglieder der 2. — 6. Extremität und des Schwanzendes (Fig. 19), von der Seite gesehen, schematisch, zur Demon- stration der opisthosomalen Dorsoventralmuslieln (dvm 1 — 8 [bezw. 7] ) und die Verschiebung der ventralen Insertionspunkte der beiden ersten nach vorn um 1 Segment; der erste sitzt folglich auf der Hinterfläche des prosomalen Entoster- nunis (ntst). Fig. 2t. Koenetiia mirabilis iGr.). Dasselbe, doch sind außer den Dorso- ventralmuskeln die wichtigsten Hinter- leibsmuskeln und einige Muskeln des Prosoma gezeichnet. Apodemen des Uterus externus innenseitlich des 1. Lungenpaares; das 2. Paar (92) auf den Seitenflächen des \. Urosternits und das \. Paar (91) auf der hinteren halbkreisförmigen Endplatte des prosomalen Entosternums (cf. Fig. 8 auf Taf. II und Textiig. 15. 16). Be- trachten wir nun ein Bild, welches diese 8 Dorsoventralmuskelpaare in ihrer natürlichen Lage von der Seite gewähren (Textfig. 19), so fällt uns auf, daß — während die 4 hinteren Paare regelmäßig von den Rückenplatten zu den entsprechenden Bauchplatten ziehen — bei dem 2.-4. Paar eine derartige Verschiebung die ventrale Insertion betroffen hat, daß das 2. Paar — 44 — vom 2. Terelit zum 1. Sternit verläuft, und das 3. und 4. Paar ventral über dem 2. und 3. Sternit zu liegen scheinen. Letzteres trifft auch zu; wie wir aber sahen, gehören die Apodeme, auf denen sie mit ihrer unteren Haftfläche sitzen, morphologisch dem 3. und 4. Sternit an, und das Beachtenswerte ist, daß das 2. Sternit trotz seiner besonderen Größe dem ihm zukommenden Dorsoventraimuskelpaar nicht zur Insertion dient; und da diese auf das 1. Sternit verlagert worden ist, so mußte das 1. Paar notwendigerweise auf das proso- male Entosternum zu sitzen kommen. Tarantuliden (Taf. III, Fig. 14). In Bezug auf die medianen Tergosternalmuskeln der ersten 8 Segmente des Hinterleibes herrscht eine vollkommene Übereinstimmung zwischen den holopeltiden Pedipalpen. Wir finden bei den Tarantuliden ebenfalls 8 Paar (86—93), deren Anordnung genau die gleiche ist wie bei den Thelyphojiidcn. Bemerkt mag jedoch werden, daß diese Muskeln bei den Tarantuliden zarter sind als bei jenen, und daß auch das 2. Paar dorsal am Vorderrande des 2. Urotergits befestigt ist. Hinzu kommt bei ihnen aber ein weiteres dem Aftersegment angehörendes Paar, das das 12. Tergit mit dem 12. Sternit verbindet (94). Bei den anderen Pedipalpen fehlt dies Muskelpaar infolge der ringförmigen Chitinisierung des Aftersegmentes. Trithyreus (Textfig. 20). Zum Unterschiede von den eben besprochenen Formen finden wir bei Tritliyreus canibridgei nur noch 7 Paar medianer Dorsoventralmuskeln (dvm 1 — 7), trotzdem die Zahl der Hinterleibssegmente die gleiche ist wie bei jenen. Es fehlt das letzte Paar, welches dem 8. Segment angehört. An den vorderen 3 Paaren konstatieren wir die gleichen Eigentümlichkeiten, von denen bereits die Rede war. Koenenia (Textfig, 21). Ein weiteres Dorsoventraimuskelpaar ist bei Kocncnia (mirabilis und ivlieclcri) verschwunden, so daß wir deren nur noch 6 vorfinden, welche dem 1.— 6. Seg- ment des Opisthosoma eigen sind. Das 1. Paar haftet ventral gleichfalls dem Entosternum an (dvm 1; cf. auch Textfig. 17), das 2. Paar aber normal auf der Vorderfläche des 2. Ster- nits, sodaß das äußerst zarte 1. Urosternit frei von solchen Muskeln ist. Das 3. Paar ist ventral etwa an der Übergangsstelle vom 2. zum 3. Segment, nahe der seitlichen Öffnung des Uterus externus, inseriert. Die folgenden 3 Paare sitzen dorsal vor der Mitte der ent- sprechenden Tergite, ventral dagegen nahe den (Segment-) Grenzen vom 3. zum 4., vom 4. zum 5. und von diesem zum 6. Segment. 1). Die lateralen Tergosternalmuskeln. Pros oma. Tbelyphoniden. Im hinteren Teile des Seitenrandes findet man verschiedene nicht sehr faserreiche Muskeln von der Verbindungshaut, welche zwischen den Coxen der hinteren Bein- paare und dem Carapax liegt, nach den darüber gelegenen Teilen des Rückenschildes hin- ziehen (x, Taf. II, Fig. 7). W^ahrscheinlich haben wir es hier mit Resten von Muskeln zu tun, die den Lateralmuskeln des Hinterleibes gleichwertig sind; beim Abheben des Carapax durchschneidet man sie meist. Tarantuliden. In ähnlicher Weise ist auch hier die Verbindungshaut, resp. die in Ka- pitel I er-wähnte Schnürspange, die zwischen den prosomalen Extremitäten und dem Carapax liegt, mit diesem verbunden, doch sind die Fasern kleiner und nicht zu einzelnen Muskeln — 45 — gruppiert, vielmehr rings um den seitlichen und hinteren Teil des Carapax herumlaufend. In den Figuren 10 — 12 (Taf. II) sind sie nicht zur Darstellung gebracht. Opisthosoma. Thelyphoniden (Taf. III, V, VI, Fig. 13,60,78 u. Textfig.61b). Im 2.-9. Segment verbinden schmale Muskeln Tergite und Sternite mit der zwischen beiden sich ausbreitenden Zwischen- haut (120 — 127, 129 — 136) und zwischen beiden Muskelreihen laufen zahlreiche Fasern, welche dieselben gegenseitig verbinden (119), sodaß es den Anschein gewährt, als hätte man es mit einem erst nachträglich gespaltenen Muskelbande auf jeder Seite des Hinterleibes zu tun. Dies dürfte auch tatsächlich der Fall sein, und es wird somit dies Muskelband zu einer Serie lateraler Dorsoventralmuskeln, die von Tergit zu Sternit laufen und erst nachträglich sich der Pleuralwand des Opisthosoma angelegt haben. In dieser beobachten wir entsprechend den erst genannten 3 Muskelreihen meist zwei sehr deutliche Längsfurchen (bei Uropygcn und Tarantulidcu). Auf der Ventralseite ist das vorderste Paar übrigens bisweilen ziemlich kräftig entwickelt (Taf. VI, Fig. 78, No. 129). Niemals sah ich Muskeln dieser Serie an die Wände der äußeren Luftkammern gehen, wie es bei Trithyrcus und den Tarantulidcu der Fall ist. Tarantuliden (Taf. III, Fig. 14, Textfig. 104. 113). Wir finden bei ihnen dieselbe prinzipielle Anordnung dieser Muskelreihen, welche dorsal mit dem 1., ventral mit dem 2. Segment beginnen, und sich nach hinten zu, allmählich an Größe abnehmend, bis ins 11. Seg- ment fortsetzen (125 — 134, 135 — 142, 143). Relativ breit werden diese Muskeln auch hier ventral in den vorderen Segmenten (Taf. V, Fig. 63, No. 135. 136) und einige Faserbündel derselben verlaufen an die Hinterwand der äußeren Luftkammer (135 a, 136 a), die zu er- weitern sie jedenfalls bestimmt sind (siehe auch Abschnitt 6a). Trithyreus und Koenenia. Querschnitte durch den Hinterleib von Trithyrcus überzeugten mich, daß auch bei ihm die gleichen Muskeln ausgebildet sind (Textfig. 76, 77, 79, 80), während ich bei Koenenia keine Spur derselben habe entdecken können, was wohl mit dem Schwunde stärkerer Chitinplatten zusammenhängen dürfte. 3. Muskeln, verbunden mit dem prosomalen Entosternum Von Muskeln dieser Gruppen haben wir zwei verschiedene Arten zu unterscheiden. Einmal solche, welche direkt in das Gewebe des Entosternums als Apophysenendmuskel über- gehen, dann solche, denen das Entosternum nur zur Insertion dient. a. Apophysenendmuskel. Im Abschnitt VI B lernten wir die entosternalen Apophysen bereits kennen, und die entsprechenden Muskeln können hier deshalb kurz abgehandelt werden; hauptsächlich will ich mich darauf beschränken , ihre Lage im Prosoma bei den Tliclyphonidcn und Tarantuliden genauer zu bestimmen. Thelyphoniden (Taf. II, Fig. 7—9 und Textfig. 15, 16, 22). Die Lage, welche die End- muskeln der dorsalen 6 Apophysenpaare des Entosternums einnehmen, geht wohl am besten aus Textfig. 22 hervor (cf. auch Taf. II, Fig. 7. 8). Das vorderste Paar (27, a) liegt auf 46 jrleicher Breite mit dem Yorderrande der Hüfte der 4. Extremität, das 2. (28, b, zugleich das 1. seitliche) etwas vor der Coxa der 5. Extremität; nicht weit hinter seiner Haftfläche liegt auch diejenige des 2. seitHchen Paares (30,c) und zwischen V- beiden sind nahe der Mittellinie die beiden Zweige der /V77V/ medianen Apophyse (29 und 29 a [e]) jederseits am Cara- pax befestigt. Das letzte (3. seitliche) Paar (31, d) inse- riert über der Mitte der Coxa der 6. Extremität. — Die verschiedenartige Richtung der einzelnen Apo- physenpaare und ihrer Muskeln gibt Fig. 8 auf Taf. II naturgetreu wieder. Ventral sehen wir nur 4 Muskelpaare in ähn- lichen Kontakt mit Apophysen des Entosternums treten. Sie liegen sämtlich in ziemlich gerader Richtung hinter- einander. Das vorderste Paar ist .stark (48, f), etwas vor dem vordersten dorsalen gelegen und am Hinterrande der Hüfte der 2. Extremität befestigt (cf. auch Fig. 45 auf Taf. IV). Das 2. weniger kräftige Paar (50, g), unter- halb und ein wenig vor dem 2. dorsalen (28) gelegen, i.st oben auf dem vorderen Anhang des Coxalapodemes der 4. Extremität (a, Taf. I, Fig. 4) angeheftet. Zwei weitere Muskelpaare gehen in 2 Apophysenpaare des Entosternums über , die etwa unter der Wurzel des hintersten dorsalen Paares (31) entspringen. Das 1. der- selben (54, h) sitzt ventral am vorderen Coxalapodem der 5. Extremität, von hier schräg nach innen, hinten und oben aufsteigend; das 2. derselben (57, i) geht von der inneren Spitze des Coxalapodemes des 6. Extre- mitätenpaares aus, nach vorn, oben und etwas nach außen aufsteigend. — Ein Vergleich der Entosternal- muskeln der ThclypJioniden und Tavantulidcn erhebt es zu großer Wahrscheinlichkeit, daß die letztbeschriebenen Paare und ihre Apophysen wirklich den anderen gleich- wertig sind, nicht aber den ,, lateral crests" des Tarantu- //(/t'w-Entosternums (cf. Schlußabschnitt 8). Tarantuliden (Taf. II, Fig. 10—12, Texthg. 18. 23). Auch hier orientieren wir uns über die Lage der dor- salen Haftflächen der 7 dorsalen, entosternalen Apo- physenmuskeln am besten mit Hilfe der Textfig. 23, die entsprechend der Textfig. 22 ausgeführt ist. Das Fig. 22. Thclyplioinis cainiatiis (L.) Carapa.K von innen (unten) gesehen mit eingezeich- neten Insertionsstellen der an ihm ansitzenden Muskeln; caru ist der vordere „Umschlag" des Carapax, kl ein medianer Kiel desselben und x sind kleine vertikal gestellte Muskelbündel, die zwischen ihm luid dem eigentlichen Carapax aus- gespannt sind. Die Apophysenmuskeln des Ento- sternums sind schwarz angegeben. A 3 Fig. 23. Taianluia palmata (Hbst.). Dasselbe, jedoch ohne die Umrisse des Carapax. vorderste und mediane Paar erkennen wir mit Leich- tigkeit wieder. Das vorderste (32 a) liegt, wie bei den Tclyphonidcii, auf gleicher Breite mit dem Vofderrande der 4. Extremitätenbasis, sein seitlicher Anhang (32 b) aber weiter hinter und seitlich von ihm, etwa auf gleicher Breite mit der Hüfte der 5. Extremität. Neben — 47 — 38 letzterem, der Körpermitte genähert, inseriert am Carapax der Endmuskel des 3. Apophysen- paares (35), dessen Basis etwa mit dem Hinterrand der 5. Hüfte gleichsteht, während der Endmuskel des 2. Apophysenpaares (34) weiter hinten, auf gleicher Breite etwa mit der Wurzel der 3. Apophyse dem Rückenschild ansitzt. Zwischen den letzten zwei genannten Haftflächen liegt nahe der Mittellinie des Kör- pers diejenige der Endmuskeln des medianen Apophysenpaares (33), welches hier im Gegensatz zu den Uropygen nicht zweigablig ausge- bildet ist.^ Die letzten 2 Apophysenpaare entspringen nahe beieinander an der Basis des 3. Paares, und ihre Endmuskeln sind so am Carapax inseriert, daß sie mit den Haftflächen des medianen Paares zwei hier konvergierende, schwach gebogene Linien bilden (cf. Textfig. 23); es folgt daraus, daß das äußere Paar (36) länger ist als das innere (37). — Vielleicht hängt die unregelmäßige Richtung der dorsalen Apophvsen und ihrer Endmuskeln, die von Pocock (52) nicht erwähnt und vielleicht übersehen worden ist, mit der eigenartigen Ausbildung der Coxalapodeme der 4 hinteren Extremitätenpaare zusammen. Von ventralen Apophysen kommt bei den Tarantulidcn^ wie wir bereits in Abschnitt VI B gesehen haben, nur das vorderste (55) der Uropygcn und Falpi- graden vor. Sein schmaler Endmuskel inseriert auf einer kleinen , stark chitinisierten Platte (chn, Taf. IV, Fig. 48), welche in dem weichhäutigen Felde der Coxopodite des 2. Extremitäten- paares, dorsal oder ventral oder vor dem ,,Pseudotrachealfelde" liegt, was schon richtig von Pocock angegeben worden ist. urst 1 92 Fig. 24. Thelyphonus kliigi (Kqjln.). Hinterfläche des Entoster- nums und die von ihr aus- gehenden Muskeln von oben gesehen (cf. Taf. 2, Fig. 8). b. Die Muskeln, die nicht unter a fallen. a. Die vom Entosternum an die Basalglieder der Extremitäten ziehenden^Muskeln. Thelyphoniden (Taf. II, Fig. 8. 9, Textfig. 25). An die Cheliceren zieht je 1 Muskel (32), welcher von den Vorderhörnern des Entosternums ausgeht und an der unteren, inneren Ecke der Chelicerenbasis ansitzt; er stellt einen ventralen Chelicerenretraktor dar. An das 2. Extremitätenpaar ziehen je 3, ebenfalls sämtlich von den Vorderhörnern des Entosternums au.sgehende Muskeln und zwar : an die hintere Spitze des vorderen Coxalapo- demes ein kleiner, schräg nach innen gestellter Muskel (34); ein großer, über letzterem ab- gehender Muskel (10) seitlich an den Hinterrand der Coxa; endlich der bereits oben be- schriebene ventrale Apophysenmuskel (48). Das 3. Extremitätenpaar ist nur durch je 2 Muskeln mit dem Entosternum verbun- den. Der eine, besonders starke, Muskel (33) entspringt seitlich am Vorderhorn des Ento- sternums und inseriert innen am hinteren, kleinen Coxalapodem; der andere (49) ist weniger breit, aber sehniger, entspringt ventral und ventrolateral am Vorderhorn des Entosternums, ' Wie wenig Wert theoretische Studien haben, bei denen man zum Beweise irgend welcher Homologien zwischen Verlehraten und Cheliceraten von entosternalen Apophysenmuskeln der letzteren nur 1 Paar (das mediane, vermutlich dem 3. Segment angehörige cf. pag. 56) berücksichtigt, wie es z. B. Gaskell (22) und andere getan haben, erübrigt wohl eines Kommentares. — 48 — wo seine Wurzel bis weit hinter die 2. ventrale Apophyse reicht; er zieht an die hintere Ecke des vorderen, kleinen Coxalapodemes (cf. Taf. II, Fig. 9, links). Das 4. Extremitätenpaar steht mit dem Entosternum durch 4 Muskelpaare in Verbindung. Zu oberst von diesen liegt ein großer starker Muskel (37), welcher ventral von der letzten dorsalen, seitlich von der Wurzel der beiden hinteren ventralen Apophysen entspringt und seitlich am Hinterrande der Hüfte der 4. Extremität ansitzt (Taf. II, Fig. 8). Die anderen 3 Muskelpaare liegen ventral und gehen ventral vom Entosternum ab (Taf. II, Fig. 9); der vorderste (50) ist gleichzeitig der 2. ventrale Apophysenmuskel; auf ihn folgt ein zarter Muskel (51), der von den Längsbalken des Entosternums zwischen der 2. ventralen und der 3. dor- salen Apophyse abgeht, nach hinten und unten gerichtet und auf der vorderen Außenecke des hinteren Seitenflügels des anteromedianen Coxalapodemes der 4. Extremität (b, Taf. I, Fig. 4) angeheftet ist; der hinterste Muskel ist wieder etwas stärker (52), aber reichlich so kurz; er geht ventral von der Wurzel der 3. dorsalen Apophyse ab und inseriert an der Außen- kante jenes Seitenflügels des letztgenannten Co.xalapodemes. An die 5. Extremität gehen ebenfalls 4 Muskelpaare (Taf. 11, Fig. 8, 9). Ein großer oberer (38), der No. 37 der vorhergehenden Extremität entspricht; er geht von der seitlichen, bisweilen auch von der dorsalen Fläche des schmalen vorderen Teiles der entosternalen End- platte schräg nach vorn und außen an den Hinterrand der Coxa der 5. Extremität, dem er ganz seitlich aufsitzt. Die übrigen 3 Muskeln liegen ventral. Der vorderste (54) inseriert am vorderen Coxalapodem der 5. Extremität, etwa in dessen Mitte und steigt schräg nach innen, hinten und oben auf, um dann in die 3. ventrale Apophyse überzugehen. Ihm gegen- über liegt ein etwas schwächerer Muskel (56), der außen an der Basis der beiden hinteren ventralen Apophysen entspringt, um am Hinterrande derselben Coxa (innen) zu inserieren. Der dritte (53) ist wahrscheinlich der eigentliche Endmuskel der dritten ventralen Apophyse; er geht innenseitlich von der Basis derselben auf die vorderseitliche Ecke des medianen Apo- demes der 5. Extremität. An die 6. Extremität ziehen jederseits 6 Muskeln (Taf. 11, Fig. 8, 9). Dem oberen Muskelpaar der vorhergehenden Beinpaare entspricht auch hier ein solches (40), welches von dem Seitenrande der entosternalen Endplatte ausgeht und in analoger Weise seitlich am Hinter- rande der letzten Hüfte befestigt ist. Nach dem vorderen Coxalapodem zieht ein kräftigerer Muskel (39), der dorsal zwischen den beiden oberen (hinteren) Entosterno-Coxalmuskeln der 5. und 6. Extremität (38 und 40) bereits zu sehen ist, während die Hauptmasse seiner Fasern ventral am vSeitenrande der schmalen vorderen Partie der entosternalen Endplatte, unter Mu.skel 38, ansitzt; seine Haftfläche am vorderen Coxalapodem liegt etwas seitlich auf einem kleinen Höcker (in Fig. 4, Taf. I nicht gezeichnet). Ventral von der Wurzel der letzten dorsalen Apophyse gehen vom Entosternum zwei Muskelpaare an den Vorderrand der letzten Hüfte; die Muskeln des einen (55) sind schmal, zylindrisch, ein wenig von oben innen nach hinten, unten und außen gerichtet; die des anderen (57) sind kräftiger, konisch, ihre Fasern laufen spiegelbildlich entgegengesetzt; wir lernten sie bereits oben als Endmuskeln der hintersten ventralen Apophyse kennen. Von der Unterseite der Endplatte des Entosternums gehen endlich noch 2 Muskeln an die 6. Extremität; der eine (58) ist nach vorne gerichtet und in- seriert auf dem inneren, vorspringenden Zipfel des Coxalapodemes, dicht hinter Muskel 57; der andere (59) verläuft seitlich nach hinten und sitzt dem Hinterrande desselben Apodemes auf. — 49 — Tarantu/iden (Taf. II, Fig. 11. 12, Textfig. 18, 26). An den ventralen Hinterrand der Chelicere zieht in der.selbenWei.se wie bei den Thelyphonen ein ziemlich starker Muskel (43) vom Vorderhorn des Ento.sternums aus (Taf. II, Fig. 11). An die 2. Extremität gehen, ebenfalls wie bei jenen, jederseits 3 Muskeln; ein kleiner (42), der dem gleichfalls kleinen Muskel 34 der ThclypJwncn entspricht, an die hintere Innenecke des vorderen Coxalapodemes. An den Hinterrand derselben Coxa zieht ein ziemlich schwacher Muskel (44), der dem ungleich stärkeren (No. 10) der ThelypJwnidoi gleichwertig i.st. Zum Unterschied ist aber der Endmuskel der vorderen ventralen Apophyse des Entosternums (55), wie wir oben schon sahen, auf der vorderen Innenfläche der Hüfte inseriert, während derselbe bei den Thelyphonen (48) deren Hinterrande aufsitzt. An die folgenden 4 Extremitätenpaare (3 — 6) ziehen von den Seiten des Entosternums (von Pocock's ,, lateral crest's") je 2 Paar zarter Muskeln, deren vorderes an der Innenseite der Basis der blattartigen vorderen Coxalapodeme, deren hinteres am Hinterrande (resp. dessen Apodem) nahe der Innenecke derselben Hüften befestigt ist. Die vorderen Paare sind : No. 45 zur 3., 47 zur 4., 49 zur 5., und 51 zur 6. Extremität, die hinteren Paare No. 46 zur 3., 48 zur 4., 50 zur 5. und 52 zur 6. Extremität gehörend (Taf. II, Fig. 11, Textfig. 18). Aul'serdem gehen aber von der Ventralfläche des Entosternums Muskelpaare an die drei letzten Beinpaare. Drei stärkere Paare ziehen schräg nach vorn und inserieren jedesmal unter den oben erwähnten vorderen seitlichen Muskelpaaren (47, 49, 51) am vorderen Coxalapodem der entsprechenden Extremität: zu Extremität IV gehört No. 56, zu V 58, zu VI 60. Zwei schwächere Paare (57 und 59) verlaufen parallel zu den beiden ersteren an den Hinterrand der 4. und 5. Extremität. Endlich finden wir noch zwei Muskelpaare (61, 62), die zwischen dem hinteren Innenrande der letzten Hüfte und der Ventralfläche des Entosternums, nahe dessen hinterem Rande, gelegen sind (Taf. II, Fig. 12). ß. Die vom Entosternum an das 1. Hintepleibsseg-ment ziehenden Muskeln. Thelyphoniden (Taf. II, Fig. 9, Textfig. 19. 24). Dorsal. Zwei verschiedenartige Muskel- paare verbinden das Entosternum mit dem 1. Urotergit. Das eine (91) ist das oben schon besprochene 1. Dorsoventralmuskelpaar des Opisthosoma. Das andere (41) geht von der Hinterfläche der Basis der letzten dorsalen Apophyse ab und verläuft, ziemlich parallel zur Körperlongitudinalen, an den Vorderrand des 1. Tergits. Ventral. Hier finden wir nur 1 sehr kräftiges Muskelpaar (42), das von der Ventral- fläche der entosternalen Endplatte etwas schräg seitlich nach hinten und unten an den seit- lichen Vorderrand des 1. Urosternits zieht. Tarantuliden (Taf. II, III, Fig. 11. 14). Dorsal. 3 Muskelpaare sind hier zu verzeichnen. Das erste (86) ist der 1. Dorsoventralmuskel des Hinterleibes. Zwei weitere Paare (31 und 54) ziehen vom seitlichen Vorderrande des 1. Urotergits an das Entosternum, und zwar so, daß die beiden Muskeln sich jederseits kreuzweise überlagern (Taf. II, Fig. 11). Lateral. Ein aus wenigen Fasern bestehender Muskel (53) verbindet den Seitenrand des Entosternums (hinten) mit der arthrodialen Membran, welche von der letzten proso- malen Hüfte an den Hinterleib zieht. Ventral. Ein der No. 42 der Thelyphoniden entsprechendes Muskelpaar (84) geht vom Zoologica. Heft 42. 7 — 50 — Hinterrande des Entosternums an die Reste des 1. Urosternits (Taf. III, Fig. 14), wo seine Fasern zum Teil in die weiter oben beschriebenen Fasern des Längsmuskelpaares 144 über- gehen. c. Die vom Entosternum an den Vorderdarm ziehenden siehe unter 5. u s k e 1 n 5 -.... 2,3,8 2,3 32, 7 6 43 4. Die mit den Grundgliedern der Extremitäten verbundenen Muskeln mit Ausschluß der unter 3b« genannten und der normalen Coxotrochanteralmuskeln. a. Die Muskeln, welche vom Carapax an die Basalglieder der prosomalen Extremitäten ziehen. Thelyphoniden. (Textfig. 22.) Cheliceren (Textfig. 25, Taf. II, Fig. 7.8). 7 Muskeln gehen vom Carapax an die Wurzel der Chelicere. Zunächst fallen uns 2 große Muskeln mit strahlig angeordneten Fasern auf, welche einen großen Teil der vorderen dorsalen Fläche des Prosoma einnehmen. Der eine von ihnen (3) ist ein Rotator und sitzt dorsal außenseitlich der Chelicere an (Textfig. 25); der andere, der Protractor chelicerae (2), bewegt die Chelicere nach vorn und zugleich meist etwas nach unten. Ein zweiter Rotator (6), der die Chelicere in derselben Richtung dreht wie der erstgenannte Rot. chel. superior (3), inseriert hinter und etwas unterhalb desselben an der Chelicere ; außenseitlich von dieser gehen seine Fasern ziemlich senkrecht an den Carapax. Re- tractoren sind außer dem vom Vorderhorn des Entosternums abgehenden (32) 4 entwickelt, 1 dor- saler (4), 2 laterale (5, innen; 8, außen) und 1 ven- traler (7); sie sind sämtlich vor den medianen (29) und innerhalb der vordersten (27) Apophysenmuskel des Entosternums am Carapax befestigt. 2. Extremität (Taf. II, Fig. 7). Sie ist mit dem Carapax nur durch 2 Muskeln verbunden, deren einer (9) sehr kräftig ist und von hinten nach vorn an den seitlichen Rand der dorsalen Wand der Hüfte zieht, deren anderer (11) fast dorsoventral gerichtet ist und am oberen Rande der ventrolateralen Wand derselben Hüfte inseriert. (Möglicherweise ge- hört zu dieser Extremität auch der oben erwähnte Muskel 6, da nämlich ein ganz entspre- chender Muskel bei den Taraiifiiliden an dem vorderen Coxalapodem derselben und nicht an der Chelicere befestigt ist ; bei meinen Thclyplioncn fand ich ihn allerdings stets in der angegebenen Weise der Chelicerenbasis ansitzend.) 3. Extremität (Taf. II, Fig. 7, 8). 4 kleine, teils konische, teils zylindrische Muskeln sind hier zu verzeichnen. 2 kürzere sind von oben außen nach unten innen gerichtet und inserieren am Vorder- (12) und Hinterrande (13) auf den entsprechenden flachen Apodemen. Die beiden anderen (14, 15) verlaufen von hinten oben und innen schräg nach vorn unten und außen, 14 sitzt außen von 12, 15 dagegen innerhalb von 13 am Grunde der Coxa. Fig. 25. Fig. 26. Thelyphomis caudatus (L.). Tarantula pahiata (Hbst.). Rechtes Chelicerengrundglied mit Angabe der Ansatz- punkte seiner Muskeln, von oben gesehen, scheniatisch. Vergl. Fig. 7 und 8 auf Vergl. Fig. 10 und 11 auf Taf. 2. Taf. 2. — 51 — 4. Extremität. Hier habe ich nur 3 Muskeln zu nennen. Der eine, vordere, ist zart, aber in seinem unteren Teile sehnig (26); er zieht vom vorderen Anhang des antero- medianen Coxalapodemes dieser Extremität an den Außenrand des Carapax. Am äußeren Rande desselben Apodemes sitzt ein stärkerer, vorn sich sehr verjüngender Mu.skel (16), der von hinten oben schräg nach vorn unten zieht und hinter dem Muskel 27 am Carapax be- festigt ist. Seitlich von ihm sitzt dem Rückenschilde mit einer unregelmäßig halbmondförmigen Haftfläche der stärkste Coxalmuskel der 4. Extremität (17) an, der außenseitlich am hinteren Rande der Hüftbasis inseriert. 5. Extremität. Wiederum sind es 3 Muskeln, welche vom Carapax an deren Hüfte ziehen. 2 heften sich an ihrem vorderen Rande, außenseitlich an, der kleinere (19) von außen schräg nach innen, der andere größere (18) von innen nach außen verlaufend. Der dritte, ebenfalls kräftige Muskel (20) geht gleichfalls in der Richtung von innen nach außen an den Hinterrand der Coxa. 6. Extremität. Die 3 entsprechenden Muskeln haben eine etwas andere Lage als am 5. Beinpaar. 2 heften sich wiederum am Vorderrande der Hüftbasis außenseitlich an, der kleinere (23) von hinten schräg nach vorn verlaufende innen neben dem großen (21), der von vorn nach hinten zieht. Der dritte, gleichfalls starke Muskel (22) entspricht ziemlich dem Muskel 20 der vorletzten Hüften. Tarantuliden. (Textfig. 23.) Cheliceren (Taf. II, Fig. 10. 11, Textfig. 26). An den Hinterrand derselben gehen nur 6 Muskeln, von denen wir 2 sogleich mit den entsprechen- den der Thelyphonen identifizieren können (2, 3). Der dem Rotator chelicerae inferior (6) der Thelyphonen gleichwertige Muskel (6) fehlt zwar nicht, sitzt aber auf dem vorderen Coxalapodem der 2. Extremität. 4 Retraktoren finden sich auch in entsprechender Weise, 2 innen und oben (4, 5) und 2 am Unterrande inserierend (7, 8). 2. Extremität. Sie ist mit dem Carapax durch 4 Muskeln verbunden. Zwei von diesen entsprechen in auffallender Weise solchen der Thelyphonen und sind deshalb auch gleich numeriert worden (10, 11); den dritten Muskel (6) habeich bereits erwähnt, er sitzt auf der Innenecke des vorderen Coxalapodemes. Neben ihm und ihn teilweise umgreifend befindet sich der 4. der genannten Muskeln (9), der mit seiner unteren Fläche einen großen Teil desselben Coxalapodemes einnimmt; einen entsprechenden Muskel habe ich bei den Tliely- phoniden nicht beobachtet. 3. Extremität. An ihre beiden blattförmigen Coxalapodeme ziehen anscheinend nur 2 Muskeln, ein kleinerer vorderer (12) mit ziemlich parallel ventral nach innen gerich- teten Fasern an das vordere, ein größerer schlanker (13) mit nach außen und vorn gerich- teten Fasern an das hintere Apodem. Die folgenden 3 Extremitätenpaare IV — VI sind mit dem Carapax durch je vier Muskelpaare verbunden, die bei jedem Paar in fast genau derselben Lagerung und Reihen- folge wiederkehren (Taf. II, Fig. 10). Je ein Muskel (14, 20, 26) zieht von vorn nach hinten und zwar stets an die Außenecke des Hinterrandes der entsprechenden Hüfte; wieder je ein Muskel (15, 21, 27) von außen nach innen an die Innenecke des vorderen großen Coxal- apodemes; weiter in genau entgegengesetzter Richtung von innen nach außen, breit am Hinter- rande der entsprechenden Hüften ansitzend die Muskeln 19, 25, 29; und endlich die 3 Muskeln 16, 22, 28, deren Fasern ziemlich dorsoventral gerichtet sind und auf der Ober-(Vorder)fläche - 52 — der blattartigen vorderen Coxalapodeme anhaften. Eigentümlich ist nur, daß bei der 4. und 5. Extremität die drei inneren Muskeln, die a, b und c genannt seien, in dieser Reihenfolge von vorn nach hinten angetroffen werden, bei der 6. Extremität dann aber in der Folge b a c. Außer diesen fand ich 4 zarte Muskeln, die nur aus wenigen Fasern bestehen und den aus Fig. 10, Taf. II ersichtlichen Verlauf hatten (17, 18, 23, 24). Ihre Insertionen habe ich nicht ermitteln können und auch ihre Bedeutung ist mir unklar geblieben. Koenenia (Textfig. 21, 27, 28). Des Vergleiches halber seien hier noch die entsprechen- den C helicerenmuskeln aufgezählt. Es sind ihrer 5 zu verzeichnen. Ein sehr langer dor- saler Retractor (11), den schon Grassi erwähnt hat und der fast bis an den Hinterrand ext. 1 apd. Ihr. eh. seil. Fig. 27. Koenenia mirahilis (Gr.). Propeltidium, das Grundglied der rechten Chelicere, der Vorderdarm nebst seinen Muskeln und denen der Chelicere ; von der 2. und 3. Ex- tremität sind nur die Ansatzstellen gezeichnet. Seitenansicht. Rostrum und Vorderdarm sind durchscheinend gedacht ; der „Umschlag" des Carapax geht nur ein wenig weiter nach hinten als das mediane Doppelsinneshaar (msh), unter ihm liegt auch die Basis des seitlichen Sinneshaares (Ish) versteckt. ext 1 prpl 10 '- 11 Fig. 28. Koenenia mirabilis (Gr.). Prosoma und die Chelicerengrundglieder von oben gesehen, schematisch, zur Veranschau- lichung der Chelicerenmuskeln (mit Aus- nahme des in Te.xtfigur 17 gezeichneten Entosternum- Muskels 31") und der oberen Längsmuskeln des Prosoma (16, 17). des Propeltidiums reicht ; sodann ein dorsaler Protractor (7) ; ferner ein äußerer (8) und ein innerer (10) Rotator und endlich ein dicht unterhalb des äußeren Rotators (8) inserierender unterer Retractor (9), deren Verlauf die angegebenen Figuren zur Genüge erkennen lassen. Sie sind zum Teil mit den Chelicerenmuskeln der anderen Pedipalpen zu identifizieren. b. Verschiedene Teile derselben Coxa miteinander verbindende Muskeln. Tarantuliden (Taf. II, Fig. 11, 12). Muskeln, -^'clche das vordere Coxalapodem mit dem Hinterrande derselben Hüfte verbinden, finden wir an der 2. und 4. — 6. Extremität, und zwar — 53 — dem Innenrande der llüttbasen genähert (63 — 66), Das vorderste Paar (63) verläuft infolge der abweichenden Lagerung der 2. Extremität ziemlieh senkrecht, die anderen Paare (64 — 66) sitzen mit ihrem Vorderende an der bekannten Hüftleiste, die in Fig 6, Taf. II näher gekenn- zeichnet worden ist (cl). Die Bedeutung dieser Muskeln ist mir nicht recht klar geworden, offenbar bewirken sie eine gegenseitige Annäherung der Hüftinnenränder. Thelyphoniden. Nur einen Muskel habe ich hier zu verzeichnen, der den seitlichen Vorder- rand der Hüftbasis des letzten Beinpaares (67) mit dem in einem früheren Kapitel beschriebenen, beweglichen Teilplättchen der dorsalen Hüftwand (dpi. co., Taf. I, Fig. 4) verbindet (Taf. II, Fig. 9). c. Coxotrochanteralmuskeln. Die normalen Coxotrochanteralmuskeln sind bereits im Kapitel der Beingliederung (II) behandelt worden, ich kann sie hier deshalb übergehen und nur noch einige kleine Muskeln erwähnen, die ich bei den Thelyphoniden gefunden habe. Sie gehören den 3 letzten Bein- paaren an und ziehen vom Vorderrande der Hüftbasis (außenseitlich) an den Oberbasalrand des Trochanters (62—64); sie verstärken die Levatores trochanteris, und — wenn sie auch zunächst an die letztbeschriebenen Muskelpaare der Tarajitididenhüitan erinnern — so haben sie doch mit diesen nichts zu tun. 5. Die am Vorder- und Enddarm inserierenden Muskeln. Die Muskeln des Vorderdarmes gruppieren sich bei allen Pedipalpen an der prae- und postcerebralen Schlundpumpe als Dilatatoren und Kompressoren. Die des Rectums fand ich nur bei Thelyphoniden und Tarantuliden, bei denen, sie dazu bestimmt sind, den aus- stülpbaren Endteil desselben wieder einzuziehen. Eine genauere Beschreibung der Muskeln übergehe ich hier, da eine solche in Kapitel VIII 1 und 3 gegeben worden ist. 6. Die Muskeln der Lungen und der Ventralsäckchen und die opisthosomalen Blutkreislaufmuskeln. a. Die Lungenmuskeln. Thelyphoniden. Wie in Kapitel X ausgeführt worden ist, kommen den Thelyphoniden (un- zweifelhaft beobachtet bei Mastigoprocius) Muskeln zu, die sich an das Vorderende der Lungen- blätter ansetzen und diese zu dehnen imstande sind, wodurch einerseits ein Blutstrom in den zwischen den Lungenblättern befindlichen Räumen, andererseits ein Luftstrom in den von denselben Lungenblättern umschlossenen ,, inneren Luftkammern" erzeugt wird. Das Muskel- faserbündel des L Lungenpaares (170) ist mit seinem vorderen Ende auf der Vorderfläche des Genitaloperculums, dasjenige des 2. Paares (171) auf der Hinterwand der ,, äußeren Luft- kammer" des 1. Paares befestigt (Xaf. V, Fig. 58, 60). Abkömmlinge der lateralen Dorsoventralmuskeln, die sich bei den Tarantuliden (und Trithyreiis) an die Wandung der äußeren Luftkammer setzen, habe ich bei den Thelypho- niden nicht beobachtet. Tarantuliden. Bei ihnen gelang es mir nur die letzterwähnten Muskeln aufzufinden, nicht dagegen solche, wie sie den Thelyphoniden eigentümlich sind. Es sind ihrer auch 2 Paar — 54 — (135a und 136a), die von der Körperseitenwand an die Hinterwand der äußeren Luftkammern ziehen (Taf. Y, VI, Fig. 63, 89). Ein drittes zartes Faserbündelpaar verläuft vom Vorderrande des 5. Urosternits an die Hinterwand der äußeren Luftkammer des 2. Lungenpaares (149), dessen Innenseite genähert; dies dürfte aus dem normalen Segmentalmuskel 117 differenziert worden sein. b. Die Muskeln der V entral sack che n. Koenenia. Koencm'a iiiiralnlis Gr. besitzt im 4. — 7. Hinterleibssegment je 1 Paar zarter Muskeln, die quer zur Längsachse des Körpers gestellt sich in der Bauchmittellinie beinahe berühren (cf. Textiig. 21, 98, No. 38). Diese Muskeln sind die Retraktoren der ausstülp- baren Ventralsäckchen, die im 4. — 6. Segment bei K. whccleri Rucker und K. siaincnsis H. I. H. (fefunden werden , bei K. viirabilis und anderen Koenenia- Porten rückgebildet worden sind. Jedoch gibt A. Rucker (57) an, daß die Dorsoventralmuskeln die Retraktion der Säckchen besorgten, eine Ansicht, die bereits 1902 Hansen zurückgewiesen hat. Die von mir bei K. mirabilis gefundenen Muskeln dürften vielmehr auch bei A". tvlieelcri vorhanden sein und dort ihren Namen mit mehr Recht tragen. Tarantuliden. Die von mir bereits 1902 auf der Zoologen- Versammlung in Gießen demonstrierten Ventralsäckchen der Pluynicliinen und C/iarontaieu (Taf. IV, Fig. 31, 32, 34) besitzen sehr ähnliche Retraktormuskeln, die quer zur Körperlängsachse nach der Körperseite ziehen (Taf. VI, Fig. 91, Nr. 154). Des Näheren vergl. Kapitel XII. c. Opisthoso male, tergo sternale Blutkreislaufmuskeln. Wie nach Benham und Beck (40) bei Limulus und Scorpio und nach mehreren neueren Autoren bei den Arancen^ sind auch bei den Pedipalpen (Tlielyphonidcii und Taran- tuliden) die von Ray Lankester und seinen Schülern als ,,Pericardio-Ventral- m US kein" bezeichneten Muskelbänder ausgebildet, und zwar liegen sie bei ihnen, wie bei den Scorpioneii etc. vor den entsprechenden Dorsoventralmuskeln. Sie verbinden das Pericard mit einem ventralen, längs zu beiden Seiten der letztgenannten Muskeln verlaufenden Gefäß und gewähren zunächst den Anschein, als seien sie selbst Blutgefäße. Dies ist jedoch nicht der Fall, da sie einmal massiv sind, sodann aber der äußerst zarten Wandung der ent- sprechenden Gefäße nur anliegen. Ich zählte ihrer bei den Thelyphojiiden und Tayaiitiiliden 6 Paar im 2} — 8. Hinterleibssegment (bezüglich vor dem 3. — 8. Dorsoventralmuskelpaar). Diese Zahl steht in Übereinstimmung mit der von Miß Beck bei Seorpio nachgewiesenen. — Bei Koenenia und Tritliyreus habe ich vergeblich nach den pericardio-ventralen Muskeln gesucht. 7. Die Muskeln der Geschlechtsausführungsgänge und deren Anhangsorgane. Die Mehrzahl der am Uterus externus , bezüglich^ seinen Seitenapodemen belestigten Muskeln sind Segmentalmuskeln und wurden bereits in Abschnitt 1 b behandelt. Hier er- übrigt es noch, einige andere Muskeln anzuführen, die nicht zu jener Serie gehören, wenn- ' Vielleicht könnte man auf Grund der Lage der beiden vorderen Paare dieser Muskeln, die doch wolil, wie die entsprechentlen medianen Dorsoventralmuskeln, dem 3. und 4. Segment angehören dürften, infolge ihrer Verbindung mit den beiden Lungenpaaren Schlüsse auf deren Segmentzugehörigkeit ziehen. — 55 — gleich auch sie ohne erhcbhche Schwierigkeit sich aus normalen Segmentalmuskeln ableiten lassen (cf. auch Kapitel XIII). Thelyphoniden. Von den Vorderecken des Genitaloperculums aus ziehen lieim (-^ an die Vorderzipfel der dorsalen Höhlung des Uterus externus (dhvz), beim 9 ^^i die Vorderseite der Basis der Receptacula seminis (rc. sem) 2 zarte schlanke Muskeln (162), die schräg zur Längsachse des Körpers verlaufen (Taf. V, VI, (J Fig. 76, 77, 81; $ Fig. 58—60). Bei den Männchen beobachten wir außerdem noch 3 Muskeln, die von der Unterseite des Apodemes des 3. Dorsoventralmuskels (ap. 93), resp. der seitlichen Chitinspangen des Uterus externus (chsp. ut.) auf der Vorderseite (163) und auf der Hinterseite (164) der großen seitlichen Samen- blasen (sbl ) nach den gegenüberliegenden Teilen des Genitaloperculums ziehen. Nr. 163 hatten wir bereits früher als Rest eines Segmentalmuskels kennen gelernt. Dicht neben ihm verläuft, jedoch von der Unterseite der erst genannten Vorderzipfel des Uterus externus aus, jeder- seits 1 Muskel (165), der dicht neben der Öffnung der medianen Samenblase (sbl. md.) an der chitinisierten Wandung des Uterus externus befestigt ist (Taf. VI, Fig. 78). Tarantuliden. Bei weiblichen Tieren finden wir den Muskel 162 der Tliclyplwniden in etwas anderer Gestaltung und Lagerungsrichtung (152) wieder (Taf. V, Fig. 63, 64). Sodann sind hier die Muskeln zu erwähnen, welche der Bewegung der Gonopoden dienen (156, 157, Taf. V, Fig. 66). Bei männlichen Tieren konnte ich den Muskel 152 der Weibchen nicht auffinden. Die übrige hierher gehörige Muskulatur des sogenannten Penis, die den Muskeln 163 — 165 der männlichen Thelyphoniden gleichgesetzt werden dürfte, vermag ich leider nicht näher darzu- stellen, da ich nicht imstande war, mit dem mir zur Verfügung stehenden Material dieselbe hinreichend zu untersuchen und klarzulegen. 8. Kurze Zusammenfassung der Hauptresultate. Es würde zu weit führen, wollte ich hier die im speziellen Teil dieses Kapitels gegebene Beschreibung des Muskelsystemes nochmals kurz zusammenfassen und in mehr oder weniger schematischer Weise vergleichend mit dem Muskelsystem anderer Arachniden besprechen. In erster Linie mag sie weiteren Forschungen dieser Art als Grundlage dienen. Immerhin seien als wesentlichste Ergebnisse nochmals hervorgehoben: Die Auffindung nicht unwahrscheinlicher Reste eines 13. opisthosomalen Muskel-Segmentes bei den Thelyphoniden (Taf. III, Fig. 13, No. 128, 137) und somit den gleichwertigen Nachweis der Reduktionszone dieses den Scorpioneti und Merostomcn noch in regelrechter Form zukommenden Segmentes für die lipoctenen Arachniden, ferner den Nachweis einer Verlagerung der ventralen Haft- flächen des ersten oder der ersten beiden Dorsoventralmuskeln des Hinter- leibes, die übrigens auch bei den Arajiee/i und Scorpionen (bei diesen weniger deutlich) und vielleicht noch anderen Arachniden statthat; endlich erlaubt uns die Auffindung des Ento- sternums von Tritliyvcus cainbridgei (Thor.), sowie die genaue Kenntnis der bei den Pedipalpen mit dem Entosternum verbundenen Muskeln einige theoretische Betrachtungen und Berich- tigungen früherer Anschauungen über dies Cheliceratenorgan. Als rein tatsächlicher Fund ist zu bemerken, daß der Satz von Seh imkewitsc h (59): ,, Ebenso fällt ins Auge das von R. Lankester bemerkte Verhältnis des Endosternits zu den — 56 — Körpersegmenten: bei Liniiilus^ da, wo Muskeln vom Endosternit auch zu den Cheliceren gehen, wird er wahrscheinlich auch von Sehnen des Chelicerensegments gebildet; bei Scorpioncu nimmt dieses Segment schon keinen Anteil an der Bildung des Endosternits, dafür aber gehört eine Abdominalsehne zum Endosternit. Die Cheliceren der anderen Arachniden bekommen auch schon keine Muskeln vom Endosternit, im Gegensatz zu den Maxillen aller anderen Formen, außer den Jlfilk'ii" nicht mehr zu Recht besteht. Denn genau wie bei Liinnliis zieht bei allen Pedipalpen ein Muskelpaar von den Vorderhörnern des Entosternums an den Grund der Cheliceren, und es dünkt mir sehr wahrscheinlich, daß dieser selbe Muskel auch bei den übrigen Arachniden noch wird gefunden werden können. Wir sind folglich nicht zu der Annahme berechtigt, daß das Chelicerensegment bei den Arachniden keinen Anteil mehr an der Bildung des Entosternums genommen hat, obgleich nicht verkannt werden darf, daß gerade an die Cheliceren nur je 1, an die übrigen Extremitäten aber mehrere Muskeln gehen. — Die Verteilung der Entosterno-Coxalmuskeln möchte ich nicht näher erörtern, aber auf die entosternalen Apophysen, resp. deren Endmuskeln noch mit einigen Worten eingehen. Pocock (52) nimmt als gröike, ursprüngliche Zahl der entosternalen Apophysenpaare 5 an und als Demonstrationsobjekt für diese 5 Paare, die dem 2. — 6. prosomalen Segment angehören sollen , dient ihm das Entosternum der Thclyphonidoi. Wie aber in Abschnitt B und C 2 nachgewiesen worden ist, ist Pococks hinterstes (5.) Apophysenpaar kein solches, sondern nur ein einfacher Höcker, auf dem der vorderste Dorsoventralmuskel des Hinterleibes inseriert, sodaß wir folglich denselben nicht als ein Gebilde des letzten prosomalen Segmentes ansehen können. Es bleiben somit bei den Thclyphoutden nur 4 Paar dorsaler Apophysen übrig, zu denen wir auch entsprechende ventrale nachweisen können, falls Pococks ,, lateral crest's" des Thelyphoiicn-¥.ntosicrn\\vi\s wirklichen Apophysen gleichwertig .sind, wofür ein Vergleich der fraglichen Muskulatur der Tlidyplwnidcn und Tarantididen spricht. Wären nun nach Pocock seine 5 dorsalen Apophysenpaare (der Thclyplioiicn] zum 2. — 6. Segment gehörig, so müßten wir das vorletzte Paar dem Segment der 5. Extremität u. s. w. zuschreiben. W^ir haben aber oben gesehen, daß die Tatsachen sich nicht so verhalten. Vielmehr gehört das 1. Paar dem 2., das 2. dem 4., das 3. dem 5. und das 4. dem 6. Segment an, da zumal die den beiden ersten dorsalen genau entsprechenden ventralen Apophysenpaare an der Coxa der 2. und 4. und nicht der 3. Extremität befestigt sind. Das 3. Segment entbehrt anscheinend der entosternalen Apophysen. Aber das Vorhandensein eines 5. dorsalen, von Pocock ,,additional" benannten Apophysenpaares, dessen Wurzeln vor denen des 2. Paares gelegen sind, drängt uns füglich die Annahme auf, daß dieses eben dem 3. Segment zukommt. Ein ventrales Äquivalent desselben finden wir aber nirgends bei den Arachniden, was schon Pocock dargelegt hat; und da er bei den Tliclyphoiiidcn zu einer anderen Auffassung der Segmentzugehörigkeit der Apophysenpaare gelangt ist, mußte er sie schon als ,,supernume- rary" hinstellen. (Immerhin möchte ich es noch dahingestellt sein lassen, ob nicht vielleicht der Muskel 48 der Tlielyphoniden den 2. ventralen Apophysenmuskel repräsentiert.) Auf diese Weise kommen wir zwar wieder zu der Annahme von 5 ursprünglichen ento- sternalen Apophysenpaaren bei den Arachniden, welche offenbar die Dorsoventralmuskelpaare der 5 hinteren prosomalen Segmente darstellen ; diese entsprechen aber mit Ausnahme des I.Paares. nicht denen Pococks, sondern sind um je 1 Segment nach hinten verschoben worden. Vergleichen wir nun die entosternalen Apophysen der Tamnhilidcn, so konstatieren wir — 57 — bei ihnen das Fehlen aller ventralen Apophysen mit Ausnahme des zur 2. Extremität gehö- renden Paares, während sowohl die 2., wie die 3. — 6. Extremität durch ventrale Muskeln mit dem Entosternum verbunden sind. In welcher Weise aber weiter die Apophysen der Araneen -Entosterna mit denen der Pedipalpen zu homologisieren sind, bedarf noch erneuter Prüfungen ; wahrscheinlich finden wir bei ihnen das gleiche Gesetz ihrer Verteilung. Jedenfalls zeigen die Figuren Pococks bei keiner Form mehr als 4 dorsolaterale Apophysenpaare außer dem medianen Paar, das meist vor dem 2. dorsolateralen, bisweilen aber auch erst hinter diesem abgeht, bei vielen Araneen sogar fehlt (übrigens auch bei Koenenia etc.); und so dürfen wir wohl annehmen, daß das alte Dorsoventralmuskelpaar des Chelicerensegmentes bereits rückgebildet war, ehe das Entosternum differenziert wurde. — Diese Betrachtungen lehren uns deutlich, wie leicht man zu unrichtigen Schlüssen gelangt, wenn man einen Teil eines Organsystemes ohne Rück- sichtnahme auf seinen übrigen Teil für sich studiert. — — Auf der anderen vSeite scheint mir aber Pococks Theorie der Entstehungs- weise des Entosternums der Arachniden durch die Entdeckung dieses Gebildes bei Trithyrcus cambridgei eine neue wertvolle Stütze erhalten zu haben. In seiner Abhandlung bespricht Pocock ziemlich eingehend die älteren Anschauungen von Ray Lankester (1881 und 1885), Bernard (1894) und Schimkewitsch (1895), und die relativ größte Wahr- scheinlichkeit räumt er noch der älteren der beiden Ray Lankes ter'schen ein. Dieser nahm bekanntlich an, daß das Entosternum ,,may be regarded as an enlargement and inter- lacing of the respective tendons of the muscles which are attached to it." Pocock sagt nun weiter: ,,There is reason to believe that the prosoma was originally supplied with five pairs of tergo-sternal (dorso-ventral) muscles serially repeating those of the opisthosoma, and passing vertically from the under surface of the carapace to be inserted ventrally on the sternum close to the points of articulation of the postoral appendages. There were also a dorsal and a ventral pair of longitudinal muscles traversing the prosoma from end to end (see Lankester, 40). With the welding together of the external skeletal elements to form a compact inexpansible whole, the function of these muscles as dilatators and contractors of the prosoma would cease, leaving them available for other purposes if required." Ray Lankester glaubte nun weiter, daß das Entosternum (allerdings später nicht aus Muskeln, sondern aus undifferenzierten Bindegewebsbändern) zu einer Zeit sich von der Sternal- fläche des Prosoma ablöste, als die Nervenkette noch doppelt und zu beiden Seiten des Körpers gelegen war; und Pocock meint deshalb ganz richtig, daß ,,this hypothesis assigns an immense antiquity to the entosternite, an antiquity dating back probably to the Trilobitic stage of Arachnid phylogeny, possibly earlier still. But supposing that the entosternite owes its origin to the detachment of subneural fibrous thickenings (of connective tissue), a later phylogenetic stage can be ascribed to it by assuming its derivation from paired thickenings which floated off on each side of the united nerve-cords, and subsequently fused with one another both transversely and longitudinally to form a gate-like framework beneath the digestive tract. May be the fenestration of the entosternite of Thclyphoiius is a survival of this early stage." Ein schöneres Beispiel als das Entosternum von Tritbyreus kann man sich kaum zur Stütze dieser Annahme erdenken. Wir sehen die geforderten Längsstämme noch fast unver- Zoologica. Heft 42. 8 — 58 — bunden und vergleichen wir weiter die Längsmuskulatur, welche vom Hinterende des Ento- sternums in den Hinterleib übergeht, so möchten wir die beiden Längsstämme ohne weiteres dem ventralen Hauptlängsmuskelpaar gleichsetzen, welches wir bei Koenciiia ausschließlich, aber wenic^stens im vorderen Teil des Opisthosoma auch bei den anderen Pedipalpen kennen gelernt haben. Noch ein weiteres Faktum ist aber zu Gunsten dieser Theorie zu erwähnen. Bei den Pedipalpen sind mir keine Muskeln bekannt geworden, welche vom Entosternum an ein echtes Sternalgebilde (des Prosoma) zögen und vielleicht existieren solche auch bei den anderen Arachniden nicht. Vielmehr ziehen die ventralen entosternalen Muskeln alle an die Grundglieder der Extremitäten, und wir finden daher keine Schwierigkeit, wenn wir die erwähnten Längsstämme des Entosternums von Tritliyreiis mit den Hauptlängsmuskelbändern des Hinterleibes homotyp setzen , wenn wir nur die Möglich- keit und Ausführung einer Wanderung dieser Muskelbänder nach oben (unter den Darm- traktus) zugestehen. Bei dem Verlust ihrer ursprünglichen Muskelfunktion und ihrer Umwandlung in zwei sehnige Bänder ist es weiter selbstverständlich, wenn n'un auch die sternocoxalen und tergosternalen Muskeln vom Stern um an das so gebildete paarige Entosternum übergetreten sind, was anscheinend bei allen Cheliceraten eingetreten ist. (Nebenbei bemerkt halte ich die ventralen ento- sternalen Apophysen wegen ihrer Insertion an den Coxen den übrigen Ento- sternalmuskeln für homolog und nicht für die ventralen Hälften der proso- malen Dorsoventralmuskeln fd. h. der dorsalen Apophysen]). Hatte das Ento- sternum erst einmal diese Wandlung durchgemacht und war es zu einem zunächst paarigen, später aber unpaaren Stützpunkt mehrerer Muskelreihen geworden, so ist seine verschieden- artige Formgestaltung in der verschiedenartigen Ausbildung der prosomalen Muskulatur und des Prosomas überhaupt bei den einzelnen Vertretern der Cheliceraten ohne weiteres gegeben. Wie ich aber die ventralen Apophysen des Entosternums nur als Entosterno-Coxal- muskeln interpretieren kann, so ist es mir (mit Bernard, 3) auch unmögHch anzunehmen, daß außer dem ventralen Hauptlängsmuskelpaar auch das dorsale in unmittelbare Beziehung zur Bildung des Entosternums getreten ist. Ich glaube vielmehr, daß dies Muskelpaar, von dem Reste nur noch bei Koenenia , Trithyrcus und den Galcodidcn (auch Cryptostamna ?) er- halten, resp. neu erworben worden sind, zu Gunsten tergocoxaler und anderer Muskeln rück- gebildet worden ist. — — Zum Schluß endlich mag noch hervorgehoben werden, daß wir auf Grund der Zahl und Lagerung der medianen Dorsoventralmuskelpaare des Opisthosoma imstande sind, von den Segmenten des Hinterleibes der Palpigraden die ersten 6 mit denselben ersten 6 Seg- menten der Uropygi und Amblypygi zu identifizieren. Da nun in Kapitel I die 3 ,, postabdo- minalen" Hinterleibsringe von Koenenia mit den gleichen der Uropygen homologisiert werden konnten, so wird folglich die Reduktionszone des einen bei Koenenia fehlenden Pedipalpen-Segmentes auf das 7. und 8. eingeengt. — 59 — VII. Das Nervensystem. Wie ähnlich das Muskelsystem, so hat auch das Nervensystem der Pedipalpen seit Emile Blanchard keine monographische Darstellung erfahren. Allerdings finden sich außer bei ihm wiederholt Angaben über dasselbe, zumal über die erst in den letzten Dezennien be- kannt gewordenen Palpigradcn^ während von dem Nervensystem der Scluzopcltidia bisher nichts bekannt war. In dieser Beziehung sind namentlich die Arbeiten von J. van der Hoeven (31), M. Laurie (41), B. Grassi (26), A. Rucker (57) und R. J. Pocock (53) zu nennen. Rucker beschreibt das Nervensystem der Pnlpiiinuicn (Koenenia) im wesentlichen richtig. Für die Uro- und Amblypygen ist trotz ihres Alters die Darstellung Blanchard s bisher die beste; einige Fehler derselben hat letzthin Pocock für die Tlielyplionideji be- richtigt, wenn auch im übrigen seine Schilderung an Genauigkeit weit hinter derjenigen von Blanchard zurücksteht. L au rie's Angaben über das Nervensystem der Thelyphonidcn .sind ganz oberflächlich und mangelhaft. Ebenso steht van der Hoevens Darstellung des Nerven- systems der Tarantuliden weit hinter derjenigen des so oft genannten französischen Forschers. Ohne auf eine genauere Erörterung der bisher bekannt gewordenen Verhältnisse ein- zugehen, wende ich mich gleich zu der Beschreibung des Nervensystems der 4 Hauptformen der Pedipalpen, die auf meinen eigenen Untersuchungen basiert. Genauer vermag ich freilich nur die bei den Thclyphoncii und Tarantuliden obwaltenden Verhältnisse zu besprechen, da für eine speziellere Untersuchung des Nervensystems der Scliizopeltidia {Trithyreus cavibridgei [Thor.]) mein Material leider nicht ausreichte und bei den Palpigradcn mir die Kleinheit des Objektes erhebliche Schranken in dieser Beziehung in den Weg setzte. I. Allgemeine Anatomie des Nervensystems der Pedipalpen. Es ist allgemein bekannt, daß das Nervensystem der Thclyplioniden in gewissem Sinne eine Art Mittelstellung zwischen dem der Scorpionc einer- und dem der Araneen andererseits einnimmt. Es bezieht sich diese Annahme auf die bei den Scorpioncn schon eingeleitete, bei den Araneen aber am weitesten gediehene Konzentration, d. h. die Verschmelzung der meso- und metasomalen Ganglien mit dem ,, unteren Schlundganglion", von dem die Nerven des 2. — 6. Extremitätenpaares abgehen. Während bei den Scorpionen noch 7 Mittel- und Hinter- leibsganglien vorhanden sind, finden wir bei Thelyphonus nur noch 1 metasomales, welches im 8.-— 9. opisthosomalen Segment gelegen und wahrscheinlich aus der Verschmelzung der letzten 5 embryonalen Ganglienpaare (ho>n/.t caudalus (L.). Das ganze Nervensystem in etwas schematisierter Dar- stellung; der prosomale Teil der Figur ist der Fig. 1, Tafel I entnommen; die Hinterleibsnerven n 9 — n 16 sind kurz vor dem Seitenrande der entsprechenden Uro- sternite abgeschnitten, sie wenden sich dort nach den zugehörigen Tergiten; von den beiden Schwanznerven ist nur das vordere Stück gezeichnet (n 19) [vergl. auch Fig. 6 auf Taf. II|. Fig. 31. Koenenia mirabilis (Gr.) O.. Das Zentralnervensystem und die hauptsächlichsten Nerven in iliren grundwärtigen Abschnitten. Von oben gesehen. Weniger schematisch. 7i7na, \ , / 7tla Fig. 32. Taranli/la palmata (Hbst.). Die Figur entspricht der Textfig. 29 von Thelyphonus; betreffs des prosomalen Teiles derselben vergl. Taf. I, Fig. 2. Auf der rechten Seite sind die großen Coxalapodeme (cxap 1—5) der 2.-6. Extremität mit gestrichelten Linien eingezeichnet und nur die auf ihrer vorderen Seite verlaufenden Wurzelnerven ausgezogen. Hinterleibsnerven nur im vorderen Teile etwas schematisiert. — 65 — Nahe seiner Wurzel entspringen an der Vorderseite jederseits 2 Seitennerven, welche den Kau- fortsatz versorgen (n 2 ex 1 und 2); sie entsprechen jenen einfachen Gnatocoxitnerven der Tliclyplioni . Etwas weiter wurzelabwärts gibt der Hauptnerv einen etwas stärkeren vorderen Seitennerven (n 2 z) ab, welcher die Trochantermuskehi der 2. Extremität innerviert. Von dorsalen Wurzelzweignerven sind zwei vorhanden, von denen der vordere, stärkere (n 2 a) sowohl Trochanter-, wie auch Hüftmuskeln versorgt; der hintere, zweite ist zarter und läuft jenen teilweise parallel (n 2 b). Das folgende Nervenpaar (n3) gehört zur 3. Extremität. Es interessieren uns an ihm 2 dorsale Wurzelnerven, deren einer (der vordere, n 3 a) auf der vorderen (oberen), deren anderer (n 3 b) auf der hinteren vSeite des vorderen Coxalapodemes der 3. Extremität ver- läuft und verschiedene Hüft- und Trochantermuskeln innerviert (cf. auch Textfig. 32) ; der vordere versorgt auch verschiedene Rumpfmuskeln. Wichtig ist nun, daß der vordere und hintere Wurzelnerv durch eine Kommissur miteinander verbunden sind, welche hart an dem Innenrande des genannten Apodems verläuft, ein Verhalten, welches mir von anderen Arachniden nicht bekannt geworden ist (Taf. I, Fig. 2 und Textfig. 32, anst 2). Die 3 folgenden Nervenpaare (n 4 — n 6) bieten insofern einen Unterschied gegen die beiden vorhergehenden, als wir nicht nur dorsale, sondern auch ventrale Wurzel- zweignerven auffinden können. Die ventralen sind stets einfach und zart; man bemerkt sie erst, wenn man das Unterschlundganglion von unten betrachtet (Taf. I, Fig. 3, n 4 — n 6 v). Von dorsalen Wurzelnerven beobachten wir auch mehr als am 2. Paar (n 3), nämlich 3 am 3. und 4. (n 4 und n5), 5 am 5. Nervenpaar (n6), und außerdem noch je 1 winzigen Wurzel- nerv (x) an der Vorderseite der beiden hinteren Hauptnerven. Wenn wir nun versuchen, die verschiedenen Wurzelnerven der 3 hinteren Paare mit denen des zweiten Paares (n 3) zu homologisieren, so werden wir hierin sehr durch die Ausbildung einer gleichen Kom- missur zwischen je 2 Wurzelnerven der ersteren (n 4 — n 6) unterstützt; von dieser können wir daher wohl ohne Bedenken den vorderen wie den hinteren den gleich gelegenen des Nervenpaares n3 gleichsetzen. Der hintere Wurzelnerv des letztgemeinten Paares er- scheint dann auch an den drei hinteren Paaren als hinterer Seitennerv des Hauptstammes (n 4 — n 6 c), obgleich seine Lage dort ein wenig abweicht; ferner sehen wir, daß er stets hinter dem jedesmaligen vorderen Coxalapodem der 4. — 6. Extremität verläuft und seine Fasern an die Coxal- und (.?) Trochanteralmuskeln der genannten Extremitäten abgibt. So können wir denn weiter schließen, daß das Nervenpaar n4 hinter, die beiden hinteren Paare n 5 und n 6 aber vor dem vorderen der durch eine Kommissur miteinander verbundenen Wurzelnerven einen solchen mehr aufweist (n 4 b, n 5 a und n 6 a). Das hinterste Nerven- paar (n6) besitzt überdies auch noch einen überzähligen hinteren (n 6 d), der aber nur zart und unverzweigt ist, und endlich den kräftigen Wurzelnerven n 6 e, den wir schon bei Tlicly- phonidcii (n6c) fanden, und welcher, wie dort, auch hier die hinteren prosomalen Muskelbündel innerviert. Bei den Taranhdiden kann man seine Zugehörigkeit zum Hauptnerven der 6. Ex- tremität nicht mehr so klar erkennen, ein Vergleich mit Thelyphonus bringt uns aber dies- bezüglich sofort Klarheit. Daß die Hauptstämme auch der Nerven der 3 hinteren Beinpaare sich bereits in den Coxen zu verzweigen beginnen, braucht wohl nicht noch besonders her- vorgehoben zu werden. Wie bei den Thelyphoniden bleiben uns nun auch noch hier drei Nervenpaare zu Zoologica. Heft 42. 9 — 66 — erwähnen übrig. Das vorderste (n sy?) entspringt seitlich vom Gehirn auf der Fläche des Unterschlundganglions, etwa zwischen den Wurzeln der Nerven n 3 und n 4 ; die beiden zarten Nerven ziehen dorsal und innervieren vielleicht den vorderen Teil des prosomalen Mittel- darnies wie ich es auch von einem gleich benannten feinen Nerven der Tliclyphoni vermutet habe (cf. Taf. I, Fig. 1 und Textfig. 29). Die beiden hinteren Paare (cdrn 1 und cdrn 2) erscheinen zunächst als dorsale Wurzelnerven der Nerven des 4. und 5. Beinpaares, sie in- nervieren aber, wie die entsprechenden Nerven der Tlielyplioiiiden^ die Coxaldrüsen ; sie sind kurz einfach und leicht bei der Präparation zu übersehen, wenn man nicht von Anfang an Acht auf ihr Vorhandensein gibt. Von der Hinterseite des Unterschlundganglions gehen wieder die das Opisthosoma ver- sorgenden Nerven aus. Schizopeltidia. Die allgemeine Gestalt des Unterschlundganglions ist noch etwas läng- licher als bei den nahe verwandten ThclypJioniden. Es reicht vom Hinterrande der Hüften des 2. bis an den Vorderrand der Hüften des 5. Extremitätenpaares, nimmt also relativ be- deutend mehr Raum ein als das jener Formen. Leider reichte mein Material nicht aus, um mehr als den Verlauf der Hauptbeinnerven des Prosoma zu ermitteln, die sämtlich vom Unter- schlundganglion aus, direkt in die Extremitäten einlaufen (Textfig. 30). Von Interesse ist die relative Größe des letzteren, ein Punkt, in dem die Schizopeltidia gleichfalls zu den Palpi- gradcn überzuleiten scheinen. Palpigradi. Im Verhältnis zum oberen ist das untere Schlundganglion der Palpigrade^i das kleinste der Pedipalpen, wenngleich es den relativ größten Raum im Prosoma dieser kleinen Tierchen einnimmt (cf. Textfig. 31, 41, 85 — 91). Im Aufsichtsbilde (Textfig. 31) nimmt es von vorn nach hinten bedeutend an Breite ab ; es dehnt sich fast über die ganze Länge der Unterseite des Vorderleibes aus und setzt sich nach hinten unmittelbar in das Hinterleibsganglion fort, ein von Trithyreiis abweichendes Verhalten. Infolgedessen gehen die Beinnerven sämtlich in gerader Richtung vom Ganglion in die Extremität ab. Erwähnen möchte ich noch, daß man die Ganglienzellen bis in den Grund der Coxen der 2. — 6. Ex- tremität verfolgen kann (ihre äußerste Grenze gibt in der Textfig. 31 die punktierte Linie z an); ferner bildet das Unterschlundganglion je eine seitliche lappenartige Wucherung (w 1 und w 2) zwischen den Wurzeln der 3 hinteren Nervenpaare, die mir von anderen Pedipalpen nicht bekannt geworden ist; vielleicht stehen dieselben in Beziehung zu dorsalen Wurzel- zweignerven ( ? ). c. Die Ganglien und Nerven des Opisthosoma. Wie wir bereits eingangs erfahren haben, kann man die Nerven des Opisthosoma in zwei Arten zerlegen, welche durch ihren Ursprung am Hinterende des Unterschlundganglions charakterisiert sind. Eine Unterscheidung derselben ist sowohl bei den großen Formen, den ThelypIio)udeu und Taraiituliden, wie auch bei den kleinen Schizopeltidia {Trithyreiis ) möglich, während ich bei den winzigen Koene^iien leider noch keinen Aufschluß habe erhalten können. Durch die Vorwärtswanderung der Ganglien des Meso- und Metasoma und die dann ein- tretende Verschmelzung derselben mit dem Unterschlundganglion ist es leicht erklärlich, daß die Nerven der vorderen Hinterleibssegmente mehr seitlich am Hinterende des letzteren ent- springen als die der hinteren Segmente. — 67 — Thelypbonidae. Bei den Thclypkoniden gehen vom verschmälerten fiinterende des Unter- schkmdganglions zwei verschiedene Nervenstränge ab (Taf. I, Fig. 1 und Textfig. 29). Die Wurzel des einen (opnw) liegt dorsal, ist relativ breit und verschmälert sich nach hinten zu allmählich; durch eine dorsale Längsfurche erscheint sie aus der Verschmelzung eines Strang- paares hervorgegangen. Der aus ihr abgehende einheitliche Nervenstrang ist die Kommissur des Hinterleibs- mit dem Unterschlundganglion, Diese Kommissur ist einfach und nicht doppelt, wie neuerdings Laurie (41) und Pocock (53) behauptet haben, nur an ihrem hintersten Ende, dicht vor dem Hinterleibsganglion teilt sie sich ganz so, wie es schon Blanchard beschrieben hat. Der andere Nervenstrang gibt seine paarige Herkunft oft deut- licher zu erkennen, meist ist er jedoch wurzelwärts einfach (Taf. I, II, Fig. 1, 9 und Textfig. 29); er entspringt unter und seitlich von jener Kommissur, sodaß diese in ihrem proximalen Teile in einer, von dem letztgemeinten Nervenstrang gebildeten Rinne verläuft. Von diesem gehen die Nerven ab, welche die 7 vorderen Hinterleibsringe innervieren. Es ist nicht leicht, den Verlauf dieser Nerven zu schildern; so einfach wie ihn Pocock (53) neuerdings angibt, fand ich ihn niemals; Pococks Darstellung ist schematisch und den Tat- sachen nicht entsprechend. Andrerseits ist auch Blanchards Untersuchung nicht sehr erfolg- reich gewesen, doch bei weitem genauer und zutreffender als die des englischen Forschers. Zumeist verläuft der basale Nervenstrang ungeteilt bis in die vordere Hälfte des letzten Beinabschnittes des Prosoma, indem er einige winzige Fasern an die Sternalmuskeln des Prosoma abgibt (Taf. I, Fig. 1 und Textfig. 29, y, z). Von hier ab beginnt er sich zu ver- zweigen. Merkwürdigerweise erhielt ich von dieser Verzweigung niemals ein symmetri- sches Bild, sondern stets gingen die gleichartigen Nerven auf beiden Seiten verschieden- artig vom Hauptstrange ab. Es sei nun zunächst ein Fall geschildert, der relativ oft gefunden wird und in Taf. 1, Fig. 1 und Textfig. 29 dargestellt ist. Der basale Hauptstrang gibt zuvorderst links einen feinen, einfachen, rechts einen bedeutend stärkeren, zusammengesetzten Nerven ab, während sich der Hauptstrang noch ein kurzes Stück nach hinten fortsetzt. Der linke einfache Nerv (n 7) ist der Nerv des 1. mesosomalen Segmentes und geht auch tatsächlich an die Muskeln desselben, vornehmlich diejenigen, welche den Hinter- mit dem Vorderleib verbinden. Der rechte Nerv (n 7 — 8) teilt sich bald nach seinem Ursprung ; wir erkennen in dem vor- deren Zweige den entsprechenden Nerven des 1. Hinterleibsringes der linken Seite; die hin- tere Fortsetzung des Hauptzweiges geht in den Hinterleib über, um sich hier weiter zu ver- ästeln. Die Gabeläste sind etwa gleich stark, der äußere vordere (nSa) innerviert die Muskularis-Schicht des Uterus internus, der innere (n 8 b) die Muskeln, welche sich dorsal vom Uterus internus zwischen dem 1. mesosomalen Sternit und dem Uterus externus aus- breiten; beide gehören somit dem 2. mesosomalen Segmente an. Verfolgen wir nun die kurze Verlängerung des Hauptstranges weiter. Dieser gabelt sich kurz vor seinem Eintritt in den Hinterleib in drei Äste. Der äußere (n 8 a, b) inner- viert die Muskularis des Uterus internus und die Muskeln, welche über diesem liegen; er erweist sich also als gleichwertig dem hinteren Teile des ersten Seitennerven der rechten Körper- seite und gehört zum 2. mesosomalen Segment. Die beiden mittleren sind einander gleich- wertig, da sie weiter hinten die Nerven des 3. — 7. Hinterleibsringes abgeben (n 9 — 13 1 und n9 — 13 r). Auch in dem Ursprung dieser Nerven fand ich stets eine Asymmetrie — 68 — zwischen beiden Körperseiten ausgeprägt. In dem schematischen Bilde der Textfig. 29 sehen wir rechts die Nerven des 3. — 5. Segmentes ziemhch an einer Stelle abgehen, die des 3. und 4. Segmentes bleiben vor ihrer Trennung sogar noch ein kurzes Stück vereinigt (n 9 — 11); die Wurzel dieser Nerven liegt etwa in der Mitte des 2. Segmentes. Links zeigen nur die Nerven des 3. und 4. Segmentes eine engere Zusammengehörigkeit, ihre gemeinsame Wurzel liegt an der Basis des Hinterleibes. Der Nerv des 5. Segmentes (n 11) geht von einem Strange ab, dessen Wurzel mit der eben genannten beginnt, und welcher weiter hinten noch die Nerven des 6. und 7. Segmentes abgibt, die auf der rechten Körperseite für sich allein zu- sammenhängen. Folgendes Schema mag das Gesagte noch mehr verdeutlichen: r3— 5 /3+4 6+7 /5— 7 Bei einem anderen Thelyphoints caudatits 9 erhielt ich ein abweichendes Schema, indem sich vom Hauptstrange M zunächst links ein kräftiger Nerv abzweigte, dessen Zweige die 3 ersten Hinterleibsringe versorgten, während erst etwas weiter hinten rechts ein feiner Nerv zum 1. mesosomalen Segment abging. Sodann zweigte sich rechts der starke Nerv des Genital- segmentes ab , und weiter gabelte sich der Hauptstrang in einen linken und rechten Ast, von denen der linke die des 4. — 7., der rechte die Nerven des 3. — 7. Hinterleibssegmentes enthielt. Schematisch Heße sich dieser Fund folgendermaßen darstellen: o M / 4—7 + r 2—7 /4_7 r3— 7 Gewisse Variationen zeigten sich noch in der Lage der Wurzeln verschiedener Nerven, — 69 — auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann. Die Asymmetrie der beiderseitigen Nervenfasern des vorderen Teiles des Opisthosoma und die berührte Variation derselben spricht deutlich dafür, daß wir hier Verhältnisse vor uns haben, welche noch heute nicht fixiert worden sind. Von den 3 hinteren Nerven (des 5. — 7. Segmentes) sei noch angeführt, dafi sie vor dem entsprechenden Dorsoventralmuskel nach außen umbiegen und zu den Muskel- fasern des betreffenden Segmentes gehen, nachdem sie an die Dorsoventralmuskeln ebenfalls einen kräftigen Zweig abgegeben haben. Auch in dieser Hinsicht ist Blanchards Darstellung richtig, diejenige Pococks (53) jedoch nicht. Die Nerven des 8. — 12. H inter leibsringes und des Schwanzfadens gehen von dem bekannten grofien Ganglion ab, welches in dem hinteren Teile des 8. und dem vorderen des 9. Segmentes gelegen und mit dem Unterschlundganglion durch die oben erwähnte Kommissur verbunden ist. Die Verdoppelung der, wie bereits gesagt, im größten Teile ihrer Ausdehnung einfachen Kommissur beginnt erst im 7. Segmente (Taf. II, Fig. 6). Das metasomale Ganglion hat von oben gesehen eine elliptische Form, wie sie schon Blanchard gesehen hat. Laurie (41) und Pocock (53) bilden es mit Unrecht sternförmig in Zipfel ausgezogen ab (cf. Taf. II, Fig. 6, opg). Die Nerven, welche von diesem Gangion ent.springen , hat früher nur Blanchard sämtlich richtig gesehen; die beiden englischen Autoren bilden auch diese fehlerhaft ab, ohne ein Wort über sie zu verlieren. Es sind ihrer 6 Paare. Das erste (n 14) geht ziemlich am vorderen Ende seitlich ab und verläuft zunächst nach vorn, um dann an der Vorderseite des letzten (8.) Dorsoventralmuskels umzubiegen, und eine ähnliche Richtung einzuschlagen, wie die Nerven der vorhergehenden Segmente. Das zweite Paar (n 15) ist weit zarter und kürzer, es liegt an der Grenze der Sternite des 8. und 9. Segmentes, wendet sich seitlich und innerviert die ventralen Retraktoren des sogenannten Postabdomens, vielleicht auch die anliegenden Segmentalmuskeln. Die beiden folgenden Paare (n 16, n 17) wenden sich nach hinten; das 3. versorgt die zwischen dem Postabdomen und dem 9. Segment ausgespannten Segmentalmuskeln, das 4. die Retraktormuskeln des 11. und 12. Segmentes. Die beiden hintersten Paare (n 18, n 19) sind genau nach hinten gerichtet und verlaufen eine Strecke weit einander genau parallel. Das 5. Paar, welches außenseitlich liegt, innerviert die Rotator- muskeln des Flagellums (um nur die hauptsächlichsten zu nennen), das 6., welches zunächst wie auch das 5., noch ventral vom Rektum gelegen ist, wendet sich dann nach dem Rücken zu, um dorsal vom Rektum in das Flagellum einzuziehen; nicht weit hinter seiner Wurzel gibt es je einen Seitennerven an die Retraktoren des ausstülpbaren Anus (n 19 a) ab.' Diese Darstellung des Verlaufes der hinteren Nervenpaare des Opisthosoma weicht etwas von derjenigen ab, die uns Blanchard hinterlassen hat; ich fand einen gleichen Verlauf, den ich hier für Thelyphoims caudaiiis schilderte, auch bei Tetrabalius scticauda, Mastigoproctus proscorpio und Typopeliis amicraisis (Tarn.).^ Hervorzuheben ist noch, daß das metasomale Ganglion dorsal von einer der beiden (jedesmal der gerade median gelegenen) großen Stinkdrüsen gelagert ist, und daß die Nerven ' Die Stinkdrüsen werden wahrscheinlich auch von einem der metasomalen Nerven innerviert, doch kann ich da- rüber ebensowenig etwas Genaueres aussagen, wie über die Innervierung der übrigen visceralen Organe des Hinterleibes. ' In welcher Weise die einzelnen Nerven des 1.— 9. Segmentes deren Rücken- und Seitenmuskulatur innervieren, habe ich nicht näher feststellen können, jedoch ist soviel siclier, daß sie unterhalb der Hypodermis sich zunächst lateral und dann dorsal wenden ; fraglich ist aber, ob sie dorsal noch ihre Segmentzugehörigkeit erkennen lassen. — 70 — der einen Seite über dieselbe hinweg, die der anderen Seite aber unter der seitlich gelegenen, d. h. also zwischen den sich an dieser Stelle berührenden Stinkdrüsen hindurch, zu den ventralen Muskeln ziehen. Aus der Art und Weise, wie die letztbeschriebenen Nerven die Muskeln des Körper- hinterendes innervieren, ergibt sich, daß sie nicht der Reihe nach zum 8. — 12. Segment und dem Telson gehören, da ja das 4. Paar sowohl die Muskeln des 10., wie auch des 11. Hinter- leibsringes versorgt. Vielleicht stellen sie aber doch die ursprünglichen segmentalen Nerven dar, welche erst sekundär eine Verlagerung erfahren haben. Schizopeltidia. Trithyrens cavibridgei teilt mit den Tlielyplionidcn den Besitz eines Hinter- leibsganglions, welches aber im Gegensatz zu jenen Formen im 2. mesosomalen Segment dorsal vom Uterus gelegen ist. Die Gestalt des Ganglions ist länglich und nicht so sehr flach gedrückt, wie es bei jenen der Fall ist (cf. Textfig. 30 und 76, 77 opg). Mit dem Unter- schlundganglion ist es durch 2 kurze, relativ dicke und dicht nebeneinander liegende Kom- missuren verbunden (Textfig. 30 und 75 comr). Seitlich von diesen Kommissuren sah ich vom Unterschlundganglion jederseits einen kräftigen Nervenstrang abgehen, welcher wahr-, scheinlich in den Hinterleib übergeht und den seitlichen Nerven der vorderen Hinterleibsringe der Tlielyplionidcn gleichzustellen sein dürfte (opnl, Textfig. 30 und 75). Weiter strahlen vom Hinterende des Hinterleibsganglions 2 Nervenpaare nach hinten aus, deren genauerer Verlauf leider auch nicht festgestellt werden konnte. Es würde sehr interessant sein, diese summarisch geschilderten Verhältnisse auf Grund eines reicheren Materials spezieller klarzulegen, damit ein genauerer Vergleich zwischen den Nerven des Opisthosoma der Holo- und Schizopeltidia ermöglicht wird. Paipigradi. Das auch bei Koenenia (niirabilis und whecleri) vorhandene, zuerst von Rucker beschriebene, aber schon vorher unabhängig auch von mir aufgefundene Hinterleibsganglion liegt , wie bei Tvithyrcus , im Genitalsegment dorsal vom Uterus und zeigt eine ähnliche Gestalt (Textfig. 31, 92 — 95, opg). Zum Unterschiede von jenem ist es aber nicht vom Unterschlundganglion getrennt, sondern geht kontinuierlich in das letztere über. Von seinem Hinterende sah ich ähnlich wie bei Trithyrens 2 Nervenpaare abgehen, deren Verlauf sich jedoch nicht ermitteln ließ. Amblypygi. Der Verlauf der Hinterleibsnerven ist bei den Tarantiiliden leichter zu ent- ziffern als derjenige der Tlielyplionidcn. Auch hier können wir die Nerven der vorderen Segmente an ihrem Ursprung leicht von denen der hinteren Segmente unterscheiden. Da die Tarantiiliden kein Hinterleibsganglion mehr besitzen, so beginnen sämtliche Nerven des Opisthosoma hinten am Unterschlundganglion (Taf. I, Fig, 2 und Textfig. 32). Dieses ver- jüngt sich nach hinten zu gewissermaßen und gabelt sich zunächst in 1 mittleren und 2 seitliche Äste. Die seitlichen (n 8 — 11) gabeln sich vor ihrem Eintritt in den Hinterleib abermals, und der eine, äußere Zweig (n 8 — 9) innerviert den 2. und vielleicht auch den 3., der innere, hintere Zweig (n 9 — 11) den 3., 4. und 5. Hinterleibsring. An der Basis der Wurzel der beiden Seitenäste entspringt außerdem noch ein feiner Nerv (n 7), welcher dem des 1. mesosomalen Segmentes der Thelyphoniden entsprechen dürfte. Der mittlere Ast (n 12 — 18) setzt sich eine Strecke weit ungeteilt in den Hinter- leib fort, etwa bis ins 3. Segment, ohne jedoch ein Ganglion zu bilden. Er verjüngt sich caudalwärts allmählich und beginnt etwa im 3. Segment jederseits einen Seitennerven (n 12) — 71 — abzugeben, der dem 6. Hinterleibssegmente angehört. Weiterhin wiederholt sich diese Gabelung, und wir zählen 6 Nervenpaare, welche das 7. bis 12. Segment versorgen und nach hinten, entsprechend der geringen Grösse der letzten Körperringe, bedeutend an Größe abnehmen (Textfig. 32, n 16 — IS). Das 12. Nervenpaar bildet gleichzeitig das gabiige Ende des vorher äußerlich einheitlichen Mittelstranges. d. Zusammenfassung. Da ich aus verschiedenen Gründen keine Untensuchungen über den histologischen Bau der prosomalen Ganglienmasse der ThclypJionidcji und Taraniuliden angestellt habe, so vermag ich leider auch nichts Näheres über die Segmentzugehörigkeit einiger der oben be- schriebenen Nerven zu sagen, obgleich gerade dies Moment von besonderem Interesse gewesen wäre. Die Klarlegung dieser Fragen muß daher zukünftigen, spezielleren Arbeiten überlassen bleiben, und ich will mich hier darauf beschränken, die Hauptresultate meiner Beobachtungen nochmals kurz zusammenzufassen, sowie auch die neuerdings von Pocock (53) über das opisthosomale Nervensystem der Pedipalpen ausgesprochenen Ansichten zu widerlegen. Das Oberschlundganglion, welches Proto- und Deuterocephalon umfaßt, entsendet im Höchstfalle: 2 Augennervenpaare, 1 laterales für die Seiten-, 1 medianes für die Median- augen; mehrere Pharyngealnerven an die labropharyngeale Muskulatur nach vorne; 1 Paar zarter sympatischer (?) Nerven nach hinten an den prosomalen Mitteldarm ; und die beiden Chelicerennerven. Lappenbildungen des Gehirnes sind äußerlich nur bei Koenenia (inirahilis) zu erkennen. Die außerordentliche relative Größe des Oberschlundganglions der letztgenannten Form ruft unwillkürlich den Gedanken an die Fixierung eines embryonalen, resp. larvalen Charakters des Zentralnervensystems bei den Palpigradcii wach. Das Unterschlundganglion ist bei den verschiedenen Pedipalpen sehr verschieden- wertig. Bei den Thelyphoniden umfaßt es offenbar außer den Ganglien des 2. — 6. prosomalen Segmentes noch die der ersten sieben Hinterleibsringe.* Ob dies auch für die Tartariden (Triihyreus) und Palpigradcii zutrifft, konnte nicht festgestellt werden, sicher ist aber, daß auch bei diesen Formen nur ein Teil der opisthosomalen Ganglien mit dem eigentlichen Unter- schlundganglion verschmolzen ist. Bei den Tarantuliden stellt aber das suboesophageale Ganglion, genau wie bei den Araneen, die Summe aller Ganglienpaare des 2. prosomalen bis 12. opisthosomalen Segmentes dar. Von prosomalen Nerven des ,, Unterschlundganglions" sind stets die bekannten 5 Haupt- nervenpaare des 2. — 6. Extremitätenpaares zu verzeichnen, welche bei den größeren Formen schon an der Basis Zweignerven abgeben, die z. B. bei Limulus und dem Scorpion mit ver- schiedenen Namen belegt worden sind. Von diesen sind die Gnathocoxitnerven der 2. Extremität und das hintere (innere) dorsale Wurzelz weignervenp aar des letzten (6.) prosomalen Hauptnervenpaares besonders bemerkenswert. Ferner verdient das Vorkommen einer Anastomose zwischen je 2 dorsalen Wurzelzweignerven der 4 (5.?) letzten prosomalen Hauptnervenpaare bei den Taranhdiden hervorgehoben zu werden. Ein in seiner Bedeutung noch nicht aufgeklärter zarter Nerv geht seitlich von der breiten circumoesophagealen Kommissur vom Unterschlundganglion in dorsaler Richtung ab; er wird ' Man vergleiche die entsprechende Mitteilung von A. Strubell (63). — 72 — von einlegen Forschern für ,,sy mpatisch" gehalten und findet sich auch bei manchen anderen Arachniden. Zwei zarte Nervenpaare innervieren endlich die Coxaldrüsen (bei Thelyphonidcn und Taraiitnlidefi); sie entspringen auf der dorsalen Fläche des Unterschlundganglions, ihre Segmentzugehörigkeit ist aber noch nicht ermittelt worden. Das Opisthosoma enthält entweder noch ein eigenes Ganglion oder es entbehrt der- selben vollständig. Sein höchstens in der Einzahl vorhandenes Ganglion liegt bei Thclyphoniden etwa an der Grenze des 8. und 9. Segmentes, bei Scliizonotidcn und Kocncnien im Genitalsegment, und ist bei den beiden erstgenannten Formen durch eine Kommissur, bei Kocncnia unmittelbar mit dem prosomalen Unterschlundganglion verbunden. Die Tarantuliden haben kein opis- thosomales Ganglion mehr, und sie stellen zweifellos bezüglich des Nervensystems die am meisten abgeleiteten, resp. im Sinne der Konzentration der Ganglien höchstentwickelten Pedi- palpen dar, indem sie gleichzeitig zu den echten Arancen überleiten. Tritliyrcus und Kocnenia vermitteln ihrerseits zwischen Thelyplionoi und Tarantuliden. — Die bis heute allgemein herrschende Ansicht, daß Thelyphonus infolge des Besitzes eines Hinterleibsganglions im Bau des Nervensystems urspün glicher sei als die Tarantiilide7i^ hat nun in jüngster Zeit R. J. Pocock (53) fallen lassen. Er stützt sich dabei auf die ver- schiedenartige Innervierung der vorderen und hinteren Segmente des Hinterleibes und sagt, daß ,,in the Thelyphonidae it seems clear that the Innervation of the flexible posterior end of the opisthosoma is the sole function of the median cord. If these Organs were suppressed, the nervecord (Hinterleibsganglion samt seiner Kommissur) would become useless and might cease to be developped. The whole of the sterna! surface of the opisthosoma would then receive its nervous supply from the cords I have above described (den Seitennerven), which would certainly be taken for the primitive median cord, although they would in reality re- present merely its original laterally and metamerically diverging threads." Es ist nicht schwer, diese Auffassung zu widerlegen, da sie lediglich auf einem Miß- verständnis der beiden seitlichen Nervenstränge beruht, welche bei TlielypJioniden und Taran- tuliden die vorderen Hinterleibssegmente innervieren. Um diese richtig zu verstehen, gehen wir am besten von dem denkbar einfachsten Verhältnis des opisthosomalen Nervensy.stems, dessen Rekonstruktion uns die Embryologie' ja sehr leicht macht, aus. Alle Hinterleibsringe haben noch ihr eigenes Ganglion, die unter einander und mit dem bereits einheitlichen Unter- schlundganglion durch Längskommissuren verbunden sind und deren jedes einen Nerven für das ihm zukommente Segment abgibt (Textfig. 33). Während der Entwicklung rücken nun bei den Thelyphoniden die 7 vorderen Ganglien des Hinterleibes nach vorn und verschmelzen mit dem Unterschlundganglion; ebenso sind die hinteren 5 (?) Ganglien mit einander ver- wachsen. Und wie nun die Nervenpaare der hinteren 5 Ringe des Opisthosoma und des Flagellums von diesem hinteren Ganglienknoten abgehen, so entspringen schließlich diejenigen der 7 vorderen Hinterleibssegmente am Hinterende des aus der Verschmelzung ihrer Ganglien mit dem ursprünglichen Unterschlundganglion entstandenen suboesophagealen Nervenzentrums des Prosoma (Textfig. 34), während gleichzeitig die Längskommissur, welche ursprünglich das 7. und 8. Hinterleibsganglion verband, naturgemäß in die Länge wuchs. Daß es nun weiter leicht zur Bildung eines scheinbar einheitlichen seitlichen Nervenstranges, der die ersten ' Man vergleiche aulJer dem Lehrbuch von Korscheit uml Heider (spezieller Teil, 2. Heft) die neueren Arbeiten von Brauer (171, Barrois (2), Strubell (63), Cough (24) etc. — 73 — 7 Hinterleibsringe innerviert, kommen konnte, liegt wohl auf der Hand, aber nicht nur die bilaterale Asymmetrie, sondern auch die oben erwähnte Variation in der Verästelung dieser seitlichen Nervenstränge beweisen uns deren sekundäre Natur. Bei den Tarnntulidcn verbleibt dagegen während der Entwicklung kein einziges Gang- lion im Hinterleib und alle opisthosomalen Nervenpaare gehen vom prosomalen suboeso- phagealen Nervenzentrum ab (Textfig. 35). Während sich aber bei den Tlielyphoniden durch usgl -\- opg 1 — 13 nll usgl + opg 1—18 «7 "pt/lZ Fig. 33. Schema zur Demonstration der ursprünglichen Hinterleibsnervenkette eines lipoctenen Arachnids (schließt sich an die bei Pedipalpen- Embryonen gefundenen Verhältnisse an, im übrigen konstruiert); die Ganglien- paare sind zu je einem Ganglion ver- schmolzen. nie opg 14—18 n 11 nl3 nl8 Fig. 34. Fig. 35. Schema zur Demonstration der Ursprung- Schema der ursprünglichen Lagerung liehen Lagerung der Hinterleibsnerven der Hinterleibsnerven einer Tarantti- eines Thelyphotiideti; opg 1 — 13 sind mit lide; alle opg (1 — 18) sind mit dem usgl, opg 14— 18 unter sich verschmolzen. usgl vervs'achsen. das Erhaltenbleiben jenes Ganglienknotens im Hinterleib naturgemäß die 7 ersten Nervenpaare des letzteren zu der seitlichen Nervenkette zusammenlegten, gruppierten sich bei den Taran- hilidcn die ersten 5 Paare zu je einer seitlichen, die folgenden 7 Paare zu einer medianen Nervenkette an einander. Bei den Araneen {Aviadariidac) kam es dagegen zu der Bildung eines bilateral mehr oder weniger symmetrischen opisthosomalen Nervensystemes, indem alle Fasern desselben sich in 2 lateralen Stämmen anordneten.' Trotz Pococks Gegenversuch bleibt mithin die bisherige Auffassung der phylogenetischen Bedeutung des Nervensystems der Thclyplionidcn (und Schizonotidcn, Koenenicn) zu Recht bestehen. ' Anmerkung. Die bei den Pedipalpm deutlich ausgeprägte Trennung in der Innervierung der vorderen und hinteren Hinterleibssegmente gibt uns, wie ich annehmen möchte, den Schlüssel zum Verständnis der Entstehungsweise des eigenartigen Baues des opisthosomalen Nervensystemes der Opi/iones. Auch bei diesen Formen müssen wir ein Paar Zoologica. Hefl 42. )0 — 74 — VIII. Das Darmsystem. Das Darmsystem der Pedipalpen zeigt uns den typischen Bau, wie wir ihn bei den Arachniden anzutreffen gewohnt sind. Im spezielleren bietet es uns Verhältnisse, wie sie sehr ähnlich bei den Avancen zu finden sind, eine Tatsache, die bei der nahen Verwandschaft beider Ordnungen wohl nicht überrascht , und wie in so vielen anderen Punkten bilden namentlich wieder die Taraniiilidcn das zwischen beiden vermittelnde Glied. Ektodermaler Vorderdarm, entodermaler Mitteldarm und wieder ein ektodermaler Enddarm setzen die Haupt- abschnitte des Darmtraktus dieser Arachniden, wie ja bekanntlich auch anderer Arthropoden, zusammen. Die sogenannten Malpighischen Gefäße münden an der Übergangsstelle zwischen Mittel- und Enddarm, der opisthosomale Mitteldarm bildet die zahlreichen Chyluslappen, die unter dem unrichtigen Terminus der ,, Leber" allgemein bekannt sind, der prosomale Mittel- darm ein oder mehrere Divertikel, welche als Saugmagen fungieren und, nach Bert kau (8, 9) u. a. auch Verdauungssekrete liefern dürften. Der Vorderdarm, der in seiner ganzen Ausdehnung mehr oder weniger stark chitinisiert ist, zerfällt seinerseits in eine äußere Mund- höhle (Pharyngealhöhle), die bei den Tarantiilidcn fehlt und bei den geschwänzten Pedipalpen an der Bildung des folgenden Abschnittes, des praecerebralen Saugapparates, teilnimmt ; dann folgt der enge, das Zentralnervensystem durchbohrende Oesophagus und schließlich die, be- sonders bei Tarantuliden stark entwickelte ,, postcerebrale Schlundpumpe", welche bei Tliely- phoniden und (?) Schizonotiden fast ganz rückgebildet worden ist. Da bekanntermaßen die Hüftglieder des 2. Extremitätenpaares (mit Ausschluß von Koenenia und dem fossilen Stcrnarthron Haase) in Beziehung zur Bildung des Mundes getreten sind, wird der Bau desselben manchmal ziemlich kompliziert, und es hat lange gedauert, bis die erste richtige Beschreibung der Mundbildung der Pedipalpen (Tliclyphoniden und Tarantu- liden) Eigentum der zoologischen Literatur geworden ist. Dieselbe verdanken wir R.J. Pocock; doch darf ich wohl bemerken , daß mir alle von ihm gemachten Angaben bereits vor dem Erscheinen seines verdienstvollen Aufsatzes bekannt waren, und auch die Zeichnungen, welche sich auf dies Organ beziehen, sämtlich fertiggestellt waren. Pococks Darstellung deckt sich fast ganz mit der, welche ich zu geben beabsichtigte, sodaß ich seine Worte vielfach zitieren kann. Ich bin erfreut, daß dieser Autor bereits die unrichtigen Angaben von Laurie (41) und Bernard (5) kritisiert hat, auf welche ich deshalb nicht abermals einzugehen brauche. Neue Tatsachen bringt meine Darstellung daher nur noch mit Bezug auf die Schizo- peltidia und auf einige unwesentliche Punkte in der Mundbildung der anderen Pedipalpen, von denen ich einige schon früher bekannt gemacht habe (14). Hinsichtlich des Mittel- und Enddarmes vermag ich aber noch verschiedene Berich- tigungen und Zusätze zu den Angaben älterer Autoren und auch denen Pococks zu geben. seitlicher (und zugleich vorderer) und ein Paar (resp. einen verschmolzenen) medianer (und zugleich hinterer) Nerven- stränge unterscheiden. Während die mittleren wohl primär von Ganglienzellen begleitet werden, dürfte dies bei den seitlichen ein sekundäres Verhalten darstellen. Entgegen der von Loman(76)in seiner neuen verdienstvollen Arbeit aus- gesprochenen Ansicht möchte ich aber glauben , daß die opisthosomale Nervenkette der Laniatores ursprünglicher ist als die der Palpalores. Die Bildung elliptischer, abgeschlossener Ganglien an den einzelnen Nerven und gar die Paarigkeit des Ganglions der mittleren (hinteren) Nervengruppe erscheint mir als die phylogenetisch jüngere Gestalt der aus dem Verbände des Unterschlundganglions wieder losgelösten Centren. So würde sich auch leicht die Paarigkeit dieser Gang- lien erklären. — 75 — I. Der Mund, die ihn umschließenden Organe und der ektodermale Vorderdarm. Es sei hier zunächst die eigentliche Mundbildung, der Bau des Labrums (Camarostome), der als Kauladen fungierenden Coxalteile des 2. Extremitätenpaares (die bei Koenenia fehlen), der äußeren Mundhöhle, die bei den Tarantulidcn nicht entwickelt ist infolge der (sekun- dären?) gegenseitigen Unabhängigkeit der besagten Coxen und des bei Thdyphonidcn und Koenenia ausgebildeten labialen Sternums geschildert. a. Die Bildung des Mundes (bis zum Eingang in den eigentlichen Pharynx). Die einfachste Mundbildung treffen wir unter den Pedipalpen bekanntermaßen bei den Palpigraden an. Die Arbeiten von Grassi, Hansen und .Sörensen, und Miss Rucker haben uns den Bau des Mundes bei Koenenia kennen gelehrt. Ich selbst (11) konnte nur einige ganz unwesentliche Zusätze zum feineren äußeren Bau des Mundhügels der Koenenia mirabilis^ die morphologische Deutung des ,,Hypostoma" von Hansen und Sörensen als ,, labiales Fr oster num", sowie die Angabe vom Vorhandensein der oberen und unteren Pharynxlamelle, welche die ,, äußere Mundhöhle" begrenzen, bringen (12). Die Mundöffnung befindet sich bei Koenenia auf einem frei zwischen den Grundgliedern der beiden ersten Extremitätenpaare hervorragenden ,, Mundhügel", welcher vom Labrum (Ober- lippe) und dem labialen Prosternum, die seitlich in ihrer basalen Hälfte etwa mit einander verwachsen sind, gebildet wird, ähnlich wie das ,, Rostrum" der Solißtgen. Ein breiter, bei Koenenia niirabilis von 5 Barthaaren jederseits überhangener Querspalt stellt die eigentliche äußere Öffnung des Mundes dar, die zunächst in einen flachen, nach innen etwas aufsteigenden und sich stark verschmälernden Raum führt, der oben und unten von 2 zarten, zum Teil gefalteten Lamellen, den beiden sogenannten Phary nxlamell e n oder Gaumenleisten, bedeckt wird und äußere Mundhöhle genannt worden ist. Dieselbe geht innen unmittelbar in den engen, vierkantigen Pharynx über, dessen vorderstes Ende die ,, innere" Mundöffnung ist. Die Coxen der 2. Extremität sind frei und ohne Kauladen, sodaß keinerlei Komplikation im Bau des Mundes eintritt (Taf. IV, Fig. 42. 43, Textfig. 81). Dies ist nun tatsächlich bei den Uropygen der Fall, von denen in gewisser Hinsicht die Sciuzonotiden ursprünglichere Verhältnisse zeigen wie die Tiielyphoniden , die im allgemeinen aber eine recht ähnliche Mundbildung aufweisen. Taf. IV, Fig. 44 zeigt uns die Ansicht der Oberlippe und der mit ihr verwachsenen Coxen des 2. Extremitätenpaares von Trithyreus Cambridge! (Thor.), und zwar von der Ober- (Vorder-) Seite. Das Labrum ist langgestreckt und endwärts in charakteristischer Weise oben und an der Seite mit Haaren besetzt; in seiner hinteren Hälfte ist es mit der Innen- fläche der besagten Coxen längs der Linie x verwachsen, während es vorn frei in die zwischen jenen Hüftgliedern vorhandene Rinne hineinragt und direkt mit der seine untere Wand bildenden ,, oberen Pharynxlamelle" in Verbindung steht. Diese ist, wie bei den Thely- plioniden^ durch eine Serie zum Teil sehr langer, feiner und dicht stehender Haare ausgezeichnet, die das Vorderende des Labrums überragen und in der aus Taf. V, Fig. 51 ersichtlichen Weise angeordnet sind; sie dienen nach Ansicht verschiedener Autoren bei der Nahrungs- aufnahme als eine Art Sieb. Gegenüber dieser oberen liegt die ,, untere" Gaumenplatte, jener im Ganzen ähnlich gestaltet, jedoch mit einer medianen, das vordere Ende der Ober- — 76 — lippe nicht erreichenden Rinne (Taf. V, Fig. 51, pligr) und einem sehr regelmäßig, in dichten Querreihen angeordneten Besatz feiner, nach vorn gerichteter, unbeweglicher Spitzhaare ver- sehen. Die ,,Pharyngealrinne" verbreitert und verflacht sich hinten, und die sie tragende Gaumenplatte geht nach Überschreitung eines mit dem labrocoxalen Vervirachsungsrande (z) verbundenen niedrigen Querdammes (phd) in die untere Fläche des eigentlichen Pharynx (uphl 1) über. Die hintere Verlängerung der oberen Pharynxlamelle bildet die obere Fläche des letzteren, genau so wie bei Koencnia und den Thclyplioniden. Die Hüftglieder des 2. Extremitätenpaares berühren sich in der Medianlinie und sind derartig mit einander, resp. mit dem Labrum und Teilen der äußeren Mundhöhle verwachsen, daß keine Trennungswand mehr zwischen ihnen existiert und nur noch ihre vorderen Fortsätze, die Gnathocoxite, hohlkörperartig gegenseitig abgeschlossen sind (Taf. IV, Fig. 44, cxp). Diese sind mit zahlreichen verschiedenartigen Haaren besetzt, deren genauere Beschreibung Werken systematischen Inhaltes überlassen bleiben muß. Auf ihrer Innenfläche ist das Chitin zart, ähnlich wie bei den anderen Pedipalpen, und es ist sehr wahrscheinlich, daß hier die bei den Araiicen verbreiteten ,,Maxi 1 lardrü sen" entwickelt sind, deren Vor- kommen bei den Tarantulidoi ziemlich unzweifelhaft ist, während ich bei den Tliclyphonidcn noch kein sicheres Resultat darüber habe verzeichnen können. Vielleicht dienen aber manche jener Haargruppen des Gnathocoxits (= Coxopodits) auch der Geschmacksempfindung. In dem größten Teile ihrer Länge stoßen die Hüften auf ihrer Hinter- (Unter-)seite unmittelbar aneinander, kurz vor Beginn der Coxopodite divergieren ihre Grenzlinien aber ein wenig, und wir bemerken eine zarte Haut (Ibm), welche zwischen ihnen ausgespannt ist, an deren Ende einige lange feine Haare ansitzen, und welche innen (d. h. oben, resp. vorn) seitlich in die weiche Haut des Coxopodits und hinten in die untere Gaumenplatte übergeht. In dieser Haut liegt ventral der letzte Rest eines labialen Deutosternums bei den Thelyplionnien^ und wir können sie deshalb auch hier als das weichhäutige Überbleibsel jenes Gebildes auffassen, welches aber die Bezeichnung eines Sternums nicht mehr verdient. Wie ich früher schon mitteilte, sind die Coxen selbst auf ihrer Aussenseite noch voll- ständig geschlossen , doch sind sie im übrigen denen der TlicLypIionidcn ähnlich , indem sie ebenfalls lange Apodeme, die in ihrem basalen Teil mit dem labralen Apodem (apd. Ibr) ver- wachsen sind, aufweisen, deren Bau aus Fig. 44, Taf. IV zu ersehen ist. Erwähnen möchte ich noch eine entoskeletale Leiste, welche vom inneren (vorderen) Condylus des Coxotro- chanteralgelenkes bis in die Coxalapodeme hinein auch im Oberflächenbilde zu verfolgen ist (Taf. IV, Fig. 44 cl); es ist die eine der bekannten, auch bei anderen Arthropoden verbrei- teten ,,C ox all ei sten". Die Thelyphoniden weichen im Bau der Mundteile , abgesehen von der verschiedenen Gestalt der Coxen, Coxopodite und des Labrums vornehmlich dadurch von den Schizouotidcu ab, daß bei ihnen die Coxen dorsolateral nicht mehr geschlossen sind (cf. Fig. 8, 9 u. 45, Taf. II, IV), daß noch der Rest eines echten labialen Deutosternums vorkommt und ferner keine Rinne in der unteren Gaumenleiste entwickelt ist. Die Allgemeingestalt des Lab rums der Thelyplioncti erinnert sehr an die, welche wir bei den Scldzonotidcn kennen lernten. Pocock schreibt: ,,The camarostome is large, broad in its ba-s^l half, narrowed and depressed at the apex , and wedged in between the coxae of the chelae (2. Extremitätenpaar). Its dorsal wall consists posteriorly of a chitinous plate. — 77 — socalled clypeus (Taf. II, V, Fig. 9, 50, cly), which is latcrally hinget! un euch side, as aiready stated, to the adjacend edge of the coxa, and is continuous posteriorly with the m-embrane, that forms the anterior boundary of the prosoma." ,,Beyond its point of union with the coxae, the camarostome is a free, membranous, or weakly chitinized hairy lobe. Distally, it is compressed and descends between the coxae, overhanging the mouth and forming a flexible upper lip, hairy in the middle, and encircled laterally and below with a fringe of close-.set, perhaps sensory hairs, which no doubt act also as a mechanical sieve, as Ber- nard says, to strain the solid from the liquid Clements of the food (cf. Taf. V, Fig. 49, Textfig. 35a, sbh)." Die Unterseite des Labrums wird auch hier wieder von der oberen Gaumenplatte gebildet, welcher die untere gegenüberliegt. Letztere ist ebenfalls durch lange, steife, nach vorn gerichtete und in dichten Querreihen angeordnete Spitzhaare aus- gezeichnet, es fehlt ihr aber, wie bereits gesagt wurde, die Pharyngeal rinne. Die gegen- seitigen Lagerungsverhältnisse und Beziehungen der Gaumenplatten zum vordersten Teil des eigentlichen Pharynx sind die gleichen wie bei TriÜiyrcns und zudem aus Taf. IV, V, Fig. 47, 49 und Textfig. 35 a ersichtlich. Die nach oben stark konkave untere ist auch hier seitlich fest mit den Innenflächen der Coxen des 2. Extremitätenpaares verwachsen (Taf. V, Fig. 49 und 50, uphl), sie deshalb aber als einen Teil derselben anzusprechen, wie Pocock es ge- tan hat, scheint mir, wie ich weiter unten noch auseinander- setzen werde, nicht berechtigt zu sein. In ihrem hinteren Teile ist sie durch eine zarte Verbindungshaut mit der oberen Gaumenplatte verbunden, wie es schon Pocock angegeben hat, und eine flache Querleiste (Taf. V, Fig. 49, 50 und Textfig. 35 a, phd) trennt sie in genau der gleichen Weise wie bei Trifhyreiis von der unteren Pharynxspange (uphl 1), deren vordere Verlängerung sie ist. Wie Pocock annimmt, befindet sich bei jener Leiste die eigentliche Mund- öffnung, die jener der Scorpionc und Taya>ititlidcii gleichzu- setzen ist. Ein Blick auf Taf. II u. IV, Fig. 9, 44 u. 45, klärt uns über die Übereinstimmungen und Verschiedenheiten, die im Bau der Coxen des 2. Extremitätenpaares zwischen Tlicly- phonideii und Scliizonotiden ausgeprägt sind, auf. Das weich- häutige, mit zahlreichen verschiedenartigen Haaren besetzte, vorn und zu den Seiten des Labrums befindliche und meist mehr oder minder unpigmentierte Feld (sh), die bald spitzere, bald stumpfere Gestalt der Coxopodite (cxp) und die relativ große Breite des eigentlichen Hüftkörpers bieten besonders auffällige Unterschiede den Scliizonotiden gegenüber. Wichtig ist dann ferner die bereits oben erwähnte Tatsache, daß die Hüften bei den Thclyphonidcn, wie übrigens auch bei den Taran- tuliden, dorsolateral nicht mehr geschlossen sind, d. h. daß ihre Hartteile in einen inneren dorsalen (vorderen) (co. vw) und einen seitlichen und hinteren (ventralen) Abschnitt (co. hw) getrennt sind, welche an der Trennungsstelle durch arthrodiale Membran, unmittelbar dagegen Fig. 35 a. Thelyphonus caudatus (L.). Schematisierter Längsschnitt durch die äußere Mundhölile, nur die Chitinteile sind gezeichnet. Man erkennt, daß die obere Gaumenplatte (ophl) direkt mit der Oberlippe (Ibrt in Verbindung steht und von ihr nur durch einen niedrigen Wulst (d) getrennt wird, ähnlich wie die untere Gaumenplatte (uphl) von der unteren Pharynxspange durch den Damm phd. im bezeichnet die innere Mundöffnung, sbh sind lange, gewimperte Haare, die am Vorderrande^der ophl sitzen und als eine Art Sieb fungieren; ophl ist"] von faserigem, von Porenkanälen durchsetz- tem Chitin und nur mit feinen Härchen besetzt, die auf uphl sehr kräftig sind; punktiert ist das lamellöse Chitin, schwarz dessen spröde, äußere Schicht gehalten, die an den Stellen d und phd sehr dick wird. — 78 — nur durch die Coxopodite verbunden sind. Auf der Unterseite stoßen die Hüften wie bei den Schizonotidai in der Medianlinie zusammen und bilden miteinander ein Gelenk, welches nur eine sehr crerintfe Bewegung der Hüften nach Art eines Klappscharnieres erlauben dürfte, indem das Labrum zwischen ihnen zusammengedrückt wird (Pocock). Diese wird durch eine geeignete Chitinisierung des letzteren, resp. des ,,Clypeus" ermöglicht und durch den in Taf. IV, Fig. 45 dargestellten Coactor coxarum primi paris (Muskel No. 69) ausgeführt, der übrio'ens auch bei TritJiyreus vorkommen dürfte. Auf der Oberseite erkennen wir wieder die bekannte ,, Hüftleiste", aufierdem noch eine zweite Leiste vor jener, welche das weich- häutige Haarfeld des Coxopodits hinten abgrenzt und dann weiter mit der Naht zusammen- fällt, welche die Coxa mit der unteren Gaumenplatte und dem Labrum bildet (Taf. II, IV, Fig. 9 und 45, n), die wir auch bei Trithyreus angedeutet finden (Taf. IV, Fig. 44). Die Gestalt des großen Labrocoxalapodemes (apd. Ibr. + ex 1 ant.) ist nicht erheblich von der ver- schieden, welche wir bei Trithyreus antreffen. Endlich ist noch der bei vielen Thclyphonidcn nachzuweisende Rest des labialen Deutostern ums (st. II), von dem ich weiter oben schon sprach, zu vermerken; er findet sich nahe der vorderen Grenze der Verwachsungszone der beiden Coxen auf der Ventral(hinter)seite (Taf. IV, Fig. 47, Textfig. 5). Wie die Palpigraden und Uropygen, so haben auch die Amblypygen eine Mundbildung, welche für sie spezifisch ist, was meiner Ansicht nach beweist, daß der in mancher Beziehung allerdings eigenartige Mund von Koenenia keinen stichhaltigen Grund dafür abgeben kann, diese Form von den übrigen Pedipalpen als Ordnung abzutrennen. Die Übereinstimmungen zwischen Uro- und Amblypygen beschränken sich auf die Ausbildung typischer Coxopodite mit einem innenseitigen, weichhäutigen Haarfelde, eines labralen und vorderer Coxalapodeme, sowie die dorsolaterale Durchschnürung des Hüftkörpers; letzteren fehlen dagegen die obere und untere Gaumenplatte, jeglicher Rest des labialen Deutosternums, und ihre Coxen (des 2. Extremitätenpaares) sind frei und nicht mit einander verwachsen, wie bei den Uropygen\ ihre Oberlippe ist ganz abweichend gebaut und ihre Mundöffnung entspricht, wie Pocock richtig hervorgehoben hat, der ,, inneren" der geschwänzten Pedipalpen. Das Labrum ist bei allen Amblypygen relativ klein und überhängt die Mundöffnung (Taf. IV, Fig. 48, Ibr). Es zerfällt bisweilen (z. B. bei Phryniehus bacillifer [Gerst.], Tarantula- Arten etc.) in einen proximalen, runzlich gefalteten und einen distalen, abgerundeten und mehr oder minder stark behaarten, nur selten gleichfalls schwach gefalteten Abschnitt, die vielleicht den beiden, im spezielleren Clypeus und Labrum bezeichneten Teilen der Thely- //w«6Y^-0berlippe entsprechen. Unter dem Labrum liegt die Mundöffnung, welche direkt in den dreikantigen Pharynx führt, den wir nachher noch näher kennnen lernen werden und dessen vorderster Abschnitt nicht zu einer ,, äußeren Mundhöhle" differenziert ist. Dies hat seinen Grund offenbar in dem Freibleiben der Hüftglieder des 2. Extremitätenpaares und der relativ geringen Größe der Oberlippe. Die fraglichen Hüften zeigen nur wenig Übereinstimmung mit den entsprechenden der Thelyphonen. Zwar finden wir leicht die gleiche ,,Coxalleiste" auf ihrer Ober(vorder)- seite (Taf. 11, IV, Fig. 12, 46, cl), die vorderen Coxalapodeme (Taf. II, Fig. 12, apd. ant. 1) und die Durchschnürungsstelle des Hüftkörpers dorsolateral an seinem distalen Ende, aber die Gestalt der einzelnen Teile der Coxen ist recht abweichend. Die Apodeme — 79 — sind breit, relativ kurz, mit einem häutigen, unpigmentierten Saum versehen und gegenseitig nur an einer schmalen Stelle hinter dem Labrum durch das labrale Apodem (ap. seh.) mit- einander verbunden. Die Figuren 11, 12, 46, Taf. 11, IV veran.schaulichen ihre bei einigen Tarantuliden auftretende Form, die nebenbei bemerkt nicht immer die gleiche ist, indem sie in unwesentlichen Punkten variiert. Das labrale Apodem (Taf. IV, Fig. 46, 48) nimmt zum Labrum eine erheblich andere Lage ein als bei den Uropygen. Zvjvlv ist es mit seiner unteren Vorderecke fest mit diesem und auch den seitlich gelegenen Coxalapodemen ver- bunden (cf. Taf. II, IV, Fig. 11, 46), während es aber bei den Uropygen und den anderen Arachniden, bei denen es vorkommt, frei nach hinten in das Innere des Körpers vorragt, ohne unmittelbar mit der die beiden Cheliceren trennenden Scheidewand (Taf. IV, Fig, 48, ap. seh) zusammenzuhängen, ist letzteres gerade bei den Amblypygen der Fall und auch schon von Pocock dargestellt. Das labrale Apodem ist bisweilen namentlich an seiner Basis stärker chitinisiert, sein oberer Rand nach hinten absteigend, sein unterer einigermaßen wage- recht und mit 2 schmalen seitlichen Flügeln ausgestattet, von denen der Dilatator pharyngidis superior (Muskel No. 38) ausgeht. Ventral stoßen die Coxen nur in ihrem hinteren Teile unmittelbar aneinander, ein Sternum, wie wir es in einem kleinen Rest noch bei Tliclyphonus fanden und wie es allgemein den Arajieeti zukommt, fehlt ihrem Segmente; statt dessen hat bei ihnen bekanntermaßen das Tritosternu m eine Art labialer Funktion übernommen (cf. Taf. II, IV, Fig. 12,48, st. III). Die Gnathocoxite laufen nicht so spitz aus wie bei den Thelyplioniden; ihre ganze Innenfläche ist bis an die Mundöffnung heran in der aus Taf. II, IV, Fig. 12, 46, 48 zu ersehen- den Ausdehnung weichhäutig und in charakteristischer Weise mit verschiedenartigen Haaren und Porenkanälen besetzt, auf deren nähere Beschreibung ich mich hier nicht einlassen kann ; übrigens lassen sich in der Anordnung jener Haare einige Beziehungen zu den Thelyphoniden nachweisen. Wichtig und von besonderem Interesse ist für uns nur eine eigentümliche, von Gaubert (23) mit einem von Mac Leod (43) für ähnliche Bildungen der Scorpionc und Opilionen gebrauchten Terminus ,,Pseudotrachea" genannte Differenzierung jenes weich- häutigen Coxalfeldes. Dieselbe liegt in ,,a sharpiy defined, elongate, pubescent area (Pocock)", welche hinten bis an die Mundöffnung herangeht und sich hier mit jener der anderseitigen Coxa berührt (cf. Taf. IV, Fig. 48). Bei oberflächlicher Betrachtung sieht diese Area fein quergestreift aus, bei näherer Untersuchung erweist sich die scheinbare Querstreifung* aber als eine zarte Pubeszierung ; die feinen Haare sind in jenen Querreihen angeordnet und mit ihrer Spitze nach unten gerichtet. Die Länge der Area variiert bei den verschiedenen Formen, allen gemeinsam ist aber ein schmaler Längskanal (Taf. IV, Fig. 48, pstr), der an der Mund- öffnung beginnt und ganz oder fast ganz bis zum distalen Ende der Area zu verfolgen ist. Die oben erwähnten Haare finden sich nur dorsal von diesem Kanal, unter ihm habe ich keine entdecken können (cf. den Schnitt Taf. III, Fig. 20). Direkt vor dem eigentlichen Munde kommunizieren die Kanäle der beiderseitigen Felder miteinander, sie sind es, welche Gaubert als ,,Pseudotrachea" interpretiert hat. Ihr Integument ist von z ahlreichen Poren- kanälen durchsetzt und ihr Lumen oft mit feinen Konkrementen erfüllt, die an jene erinnern, welche Bert kau (9) bei der Oberlippen- und Maxillardrüse der Aranecn beschrieben hat und welche durch jene Kanäle als Sekrete dort gelegener ein- oder mehrzelliger Hautdrüsen nach außen in die Pseudotrachea gelangt sein dürften. Von ihr erwähnt übrigens Pocock nichts. — 80 — Auf dem weichhäutigen Coxalfelde beobachtet man ferner ein verschieden gestaltetes, stark chitinisiertes Skelettstück; es liegt bald über (Taf. IV, Fig. 46, chn), bald unterhalb der Pseudotrachea (Taf. IV, Fig. 48) und dient, wie es Pocock schon angegeben hat, dem vorderen ventralen Apophysenmuskel des Entosternums zur Insertion (cf. pg. 34, 47, 49). Übrigens ist auch die.ses von zahlreichen Porenkanälen durchsetzt, die sich bekanntlich sofort einzustellen pflegen, wenn das Chitin stark und fest wird. b. Der übrige Teil des Vorderdarmes. Wie schon eingangs gesagt worden ist, zerfällt der im Ganzen einheitliche Vorderdarm der Pedipalpen in 3 Abschnitte, von denen der dritte bei den geschwänzten Formen der Ordnung stark rudimentär geworden ist: die prae- und postccrebrale Schlundpumpe und der zwischen beiden gelegene, das Zentralnervensystem durchbohrende Oesophagus, der morpho- logisch hauptsächlich nur durch den Mangel der jenen eigentümlichen Muskulatur charak- terisiert ist. Die Chitin Spangen des Vorderdarmes sind bei den Pedipalpen in verschiedener Zahl und Ausbildung vorhanden. Besonders leicht können wir uns bei den Tliclyplioniden und Tarantididen^ auf Totalpräparaten wie auf Schnitten, von einer dorsalen Spange überzeugen, die bei ersteren die hintere Verlängerung der oberen Gaumenplatte darstellt, bei den letzteren nach vorn bis an die eigentliche Mundöffnung zu verfolgen ist und auch bei Koencnia als dasselbe morphologische Gebilde erscheint wie bei Thclyphoiiiden und Scliizonotiden (cf. Taf. IV, Fig. 43, 45, Textfiig. 22, 35a). Bei diesen verschmälert sie sich hinter der ,, inneren Mundöffnung" allmählich bis zum Vorderende des mittleren Pharyngealabschnittes, um nach Passierung des Gehirnes wieder etwas an Breite zuzunehmen, und ist sie im Bereich der praecerebralen Saug pumpe flach oder (vom Darmliimen aus gesehen) convex, so ist sie hinter ihr vielmehr rinnenförmig concav. Bei den Ai)iblypygfn und Koencnia ist die obere Pharynx.spange in ihrem vorderen Teile ziemlich von gleicher Breite, dann tritt eine unbedeutende Verschmälerung ein, und während man weiter nach hinten zu bei Koencnia keine eigentliche Spange mehr in der Wandung des Pharynx unterscheiden kann, setzt sich dieselbe bei den Tarantuiidcn in jener Richtung fort und verbreitert sich hinter dem Gehirne aber- mals zufolge der Bildung der postcerebralen Schlundpumpe. In ihrem vorderen Teil ist si« wieder schwach konvex, im mittleren Abschnitt (excl. Kocnejiia^ Textfig. 84 b) konkav und bildet hinten eine nach innen (unten) vorspringende mittlere Kante. Die anderen Pharynxspangen sind besonders deutlich nur im Bereich der prae- und postcerebralen Schlundpumpe au.sgeprägt. An der ersteren unterscheiden wir bei den Uropygen noch 1 ventrale, welche die hintere Fortsetzung der unteren Gaumenplatte ist und von dieser durch einen oben beschriebenen Querwulst getrennt wird (Taf. V, Fig. 50, 51), und jederseits eine seitliche, die sich hinter der inneren Mundöffnung zwischen jene ein- schiebt und nach hinten zu an Höhe zunächst zu- und dann wieder abnimmt; auf Quer- schnitten erscheint der Pharynx vierkantig mit schwach ausgezogenen Seitenecken. — Bei den Palpigradeu (Koencnia) ist die ventrale Spange sehr schmal, während die seitlichen, die bis an den Rand der inneren Mundöffnung reichen, breiter sind; jene läuft hinten bald .spitz aus, um schließlich ganz zu fehlen (Textfig. 82 — 85, ph [oe.s]). — Bei den Tarantuiidcn finden wir an der praecerebralen Schlundpumpe überhaupt keine ventrale Spange, sondern außer — 81 — der dorsalen nur 2 seitliche, die in der Mitte eingeknickt sind, sodaß auf Quersclinitten eine Y-förmige Gestalt des Pharynx-Lumens resultiert (Textfig. 36). Die seitlichen und ventralen Wandungen der mittleren Vorderdarmpartie sind relativ weichhäutig und entweder faltig zusammengelegt, oder sie erscheinen, wie bei den Tarantuliden und Koenenia als hintere Verlängerung der seitlichen Spangen des vorderen Abschnittes (Textfig. 37). Während aber das Lumen des Oesophagus bei Kocnciiia und den Tlielyplioniden weiter hinten mehr rundlich wird , bei ersterer auch die Chitinlamellen sehr undeutlich werden, so sehen wir bei den Amblypygen hinten nicht nur die seitlichen Spangen erhalten und vergrößert, sondern zwischen sie schiebt sich noch eine ventrale Lamelle ein, die bald eine ähnliche Gestalt annimmt, wie die oben beschriebene dorsale, sodaß der Pharynx hier ein X-förmiges Lumen besitzt (Textfig. 38), in auffälliger Übereinstimmung mit dem Bau, wie er durch Bert kau und andere Forscher von ArcmceH bekannt geworden ist. ,ilt. drs. aiit. (3H) ^^ drs. pst. (40) |H||gi Fig. 37. Fig. 36. Fig. 38. Tarantula margiiicmaiidata (C. L. K.). 36 etwas schematisierter Quersclinitt durcli den Piiarynxteil des Vorderdarmes ; 37 desgl. durcli den schmalen, das Central- nervensystem durchbohrenden Teil desselben, der Ringjnuskel (rngm) gehört noch der praecerebralen Schlundpumpe an; 38 desgl. durch die postcerebrale Schlundpumpe desselben. Die Dilatatoren sind nicht in ihrer ganzen Länge gezeichnet. Bei den größeren Pedipalpen sieht man übrigens sehr deutlich, daß das Chitin des Vorderdarmes (wie auch das der übrigen Körperoberfläche) aus 2 Schichten besteht, deren (genetisch) äußere für gewöhnlich nur sehr zart ist. Der vordere und hintere Pharyngealab schnitt sind nun zufolge der Rolle, welche sie bei der Nahrungsaufnahme spielen, durch besondere Muskeln ausgezeichnet, welche zwecks einer geeigneten Saugwirkung eine Erweiterung und Verengerung des Darm- lumens herbeiführen. Gleich kräftig sind diese Muskeln bei allen Pedipalpen an der prae- cerebralen Schlundpumpe, an der postcerebralen jedoch nur bei den Tarantuliden normal entwickelt, bei den übrigen Formen dagegen mehr oder weniger in Reduktion begriffen. Vier verschiedene Muskeln vermitteln die Saugwirkung des vorderen Saugappa- rates. Drei Dilatatoren, von denen 2 seitlich angeordnet sind und bei den Uropygen und Amblypygen ^ von der Innenseite der vorderen Coxalapodeme des 2. Extremitätenpaares (Taf. II, IV, Fig. 9, 45 ; 11,46), h&\ Koenenia innen vom Seitenrande des labialen Prosternums ausgehen (Textfig. 27, 82, 83); der dritte Dilatator liegt in der Mediane des Körpers und ist für gewöhnlich mehrteilig , stets sind seine Fasern bilateral symmetrisch gestellt. Bei Palpigraden und Amblypygen greift er auf der oberen Pharynxspange allein, bei den Uro- ' Man vergleiche auch Blanchards Monographie und die Arbeiten von Gough (24) und Pocock (53). Zoologica. Heft 42. ] \ — 82 — pyo-en außerdem auch auf der oberen Gaumenplatte an. Bei Koencnia gehen seine Fasern von der dorsalen Wand des Labrums und dem unteren Rand der die Cheliceren trennenden Zwischenhaut (Textfig. 27, No. 13), bei den .-bnblypygeu ausschlieiJlich vom Unter- und Seiten- rande des labralen Apodemes (Taf. II, Fig. 11), bei den Uropygen (Thclyphojiidae) teils vom freien hinteren (Muskel No. 47), teils vom vorderen, mit den Coxalapodemen verwachsenen Teil (Muskel No. 68) des labralen Apodemes aus (Taf. II, lY, Fig. 9. 45). Der vierte Muskel ist ein Ringmuskel, dessen Fasern sich nach hinten (oder auch wohl nach vorn) zu weiter ausdehnen als die Dilatatoren, im Bereich derselben mit deren Fasern mehr oder weniger regelmäßig alternieren. Die Ringmuskelelemente setzen sich aus 3 oder 4 Teilen zusammen, die an den Pharynxkanten miteinander verbunden sind (cf. Textfig. 36 — 38). Eine Reihe feiner Muskeln fand ich ferner, unabhängig von den eben skizzierten, bei Thelyphoiiiden, wo sie seitlich an dem Vorderdarm befestigt sind und im Zwischengewebe sich verlieren ; sie liegen unmittelbar vor dem Gehirn, und es ist mir deshalb ihr morpho- logischer Wert nicht klar geworden, zumal noch Reste der postcerebralen Schlundpumpen- muskeln vorhanden sind, und wir nur von einem doppelten praecerebralen Sauger sprechen könnten. Die Muskeln der hinteren Schlundpumpe (früher ,, Saugmagen" genannt) ent- sprechen bei den Tarantuliden auffallend denen der vorderen und sind bereits von Gough (24) und Pocock (53) beschrieben worden. Die beiden lateralen Extensoren inserieren mit ihrem freien Ende am Entosternum, der dorsale Extensor etwa in der Mitte des Carapax, unmit- telbar vor dem medianen Apophysenmuskelpaar des Entosternums (Taf. II, Fig. 11, No. 40), mit diesem zusammen eine der ,, Rückengrube" oder ,, Mittelritze" der Araneen entsprechende seichte Vertiefung im Carapax verursachend. Die Fasern des Ringmuskels alternieren auch hier mit denen der 3 Extensoren (Dilatatoren), sind übrigens kräftiger als am vorderen Sauger, was schon Gough hervorgehoben hat. Bei Thelypboniden fand ich an der postcerebralen Schlundpumpe noch zahlreiche, zarte Ringmuskelfasern, aber auch eine Reihe ebensolch zarter Dilatatorfasern, welche im Zwischen- gewebe verliefen; ihre Befestigung am Entosternum habe ich nicht ermitteln können; von einem dorsalen Diktator fehlte jegliche Spur. Das gleiche gilt für Koenenia, bei der sich noch ein Paar zarter Muskeln zwischen dem hinteren Schlundsauger und den vorderen Seiten- hörnern des Entosternums ausgespannt findet (Textfig. 88, No. 15), aber der dorsale Dila- tator der Tarantuliden vermißt wird. Die Richtung des Vorderdarmes ist, im ganzen betrachtet, bei allen Pedipalpen eine gerade und annähernd horizontale, starke Krümmungen, wie sie bei Scorpioncn, Opilioncu und namentlich bei Araneen beobachtet werden , kommen nicht vor und nur nahe der Mundöff- nung zeigen sich von der Horizontalen abweichende Richtungen. Erwähnt sei noch, daß sich Porenkanäle, resp. die Öffnungen ein- oder mehrzelliger Hautdrüsen auf der oberen und unteren Pharynxspange im Gebiet des vorderen Saugers vor- finden, zwei solche, in charakteristischer Lage vor dem die untere Pharynxspange von der unteren Gaumenplatte trennenden Wulst, bei Trithyreus^ hier übrigens anscheinend auch in der Pseudotrachealrinne dieser Gaumenplatte. — S3 — Zum Schluß sei es mir gestattet, mit wenigen Worten auf die Deutung einzugehen, welche neuerdings Pocock den ,, Gaumenplatten" der äußeren Mundhöhle gegeben hat. Während ich (14) im Anschluß an Croneberg (20), Bertkau (9) und andere die bei manchen Arachniden vor dem eigentlichen Pharynx zur Differenzierung gelangte ,, äußere Mundhöhle" als eine sekundäre Ausgestaltung des Vorderdarmes auffassen zu dürfen glaubte, nimmt Pocock, speziell die untere Gaumenplatte als Bestandteil der Coxen der 2. Extremität in Anspruch, die sekundär bei der ventromedianen Verschmelzung dieser Hüftglieder zur Bildung jener unteren Pharynxlamelle verwachsen sind ; als Ausgangspunkt für diese Betrach- tungsweise dienen ihm gewisse Strukturverhältnisse des ^hiiblypygc7i-'!s\unde.s. Zwar vermag man meiner Ansicht nach die Anschauung P o c o c k s vorläufig, wenn überhaupt nicht einwandfrei zu widerlegen, und dennoch lassen sich verschiedene Bedenken gegen dieselbe aussprechen, die mich jetzt noch jenen Forschern folgen lassen, welche die äußere Mundhöhle für eine Differenzierung des vordersten Pharyngealabschnittes ansehen. Wir erinnern uns, daß die fragliche Bildung sowohl bei den Uropygen, wie auch bei Koenenia vorkommt, trotzdem bei dieser Form die Coxen des 2. Extremitätenpaares keinerlei Beziehungen zur Bildung des Mundes aufweisen. Vielleicht trifft dies auch für die Soli/ugc7i zu, bei denen möglicherweise der vorderste Abschnitt des Pharynx der ,, äußeren Mundhöhle" gleichzusetzen ist. Bei den .Imhlypvgcn führt aber die Mundöffnung direkt in den eigentlichen Pharynx. Bei den Thclvphoiiiden sind nun weiter die Coxen der 2. Extremität dorsal (vorn) anstatt mit sich selbst, mit der unteren Gaumenplatte verwachsen; diese erweist sich als aus einem einzigen Stücke bestehend, und nie können wir an ihr die Entstehung aus 2 getrennten Teilen erkennen. Bei den Scliizonotidcii finden wir ferner in ihrer Mittellinie die beschriebene Pharyngealrinne, die jedoch nicht für jene Annahme in Betracht gezogen werden kann, da eine solche Rinne bekanntlich auch auf der oberen Gaumenplatte auftreten kann (gewisse Aranee7i), die doch auf alle Fälle als ventrale Wand des Labrums ein einheitliches Gebilde ist. Zudem stehen sowohl die obere , wie auch die untere Gaumenplatte in unmittelbarem Kontakt mit der oberen und unteren Spange des eigentlichen Vorderdarmes. So einfach , wie somit diese Verhältnisse zu liegen scheinen , bleiben sie aber nicht, wenn wir die Amblypygoi mit in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen, deren seitlich vor dem Mund gelegenen ,,Pseudotrachealfelder", die wirklich auf den Coxen liegen, wir unwill- kürlich der unteren Gaumenplatte der anderen Formen gleichsetzen möchten, wie es ja auch von Gaubert (23) und neuerdings von Pocock (53) geschehen ist. Es würde dann der Pseudotrachealkanal der Pharyngealrinne jener entsprechen, was übrigens zumal auf Grund der Strukturverhältnisse der Pseudotrachea der Tavanhtlidcn^ gewiß nicht unmöglich ist. Sollte diese Bildung aber nicht doch vielmehr eine Neuerwerbung sein, eine Anschauung, die meiner Meinung sich durch die neuesterdings von Pocock (54) sehr wahrscheinlich gemachte Ab- stammung der Opilioncn von ^hndlypygen-ähnVichen Formen bekräftigen läßt, da wir bei jenen nicht nur 1, sondern 2 Paar von Pseudotracheen an den Coxen des 2. und 3. Extre- mitätenpaares finden? Dennoch muß es auffällig bleiben, daß dieselben nur bei jenen Formen auf den Hüftgliedern der Mundbeine vorkommen (cf. auch die Scorpio/ie), denen eine ,, äußere Mundhöhle" fehlt. Muß es daher immer noch zweifelhaft bleiben, ob die ,, untere Gaumenplatte" ein Derivat der Coxen des 2. Extremitätenpaares oder der unteren Pharynxspange ist, und somit die — 84 — äußere Mundhöhle morphologisch zum Pharynx gehört oder nicht, so müssen wir Pocock darin jedenfalls folgen, wenn er den Mund der Scorpio/ic und .biiblypygeji^ Opilione7i etc. für den ursprünglichen Mund hält, wie er ja auch bei Limidus gefunden wird, und den eigent- lichen Mund der Tlielyphonen etc. durch Ausbildung der äußeren Mundhöhle zu einer ,, inneren Mundöffnung" werden läßt. 2. Der Mitteldarm und seine Differenzierungen. Der Mitteldarm der Pedipalpen sondert sich, wie bei den meisten anderen Arachniden, in einen pro- und einen opisthosomalen Abschnitt. Was seinen histologischen Bau be- trifft, so bietet er, soweit meine Kenntnisse reichen, keinerlei Verhältnisse, die von den z. B. von Scorpionen und Araneen bekannten abweichen ; wir treffen hier die gleichen Zellenelemente wie bei jenen an. Nichtsdestoweniger ist sein anatomischer Bau von einigem Interesse, da wir innerhalb der Gruppe der Pedipalpen Formen vereinigt finden , die systematisch-phylo- genetisch, wie auch theoretisch-morphologisch uns manchen Aufschluß bieten. Allgemein bekannt sind die ,,Chylus-Divertikel" des Arachnidendarmes, und nicht selten sind sie schon Gegenstand besonderer Forschung gewesen. Daß wir in ihnen kein ,, leberartiges", sondern das eigentlich ,, verdauende" Organ der Arachniden zu erblicken haben, haben uns vor allem Bertkau's schöne Untersuchungen (8, 9) klargelegt, und wie er, so werde auch ich nicht von der ,,Leber", sondern stets vom Chylusdarm sprechen. Als einfache Ausstülpungen angelegt, erlangen sie meist im ausgereiften Zustande durch eine weitgehende Lappenbildung einen recht komplizierten Bau; und wenn wir bei Kooienia den ,, embryo- nalen" Charakter gewissermaßen zeitlebens erhalten sehen,' so können wir bei den anderen Formen nur auf Grund der Zahl der Hauptmündungsgänge der Divertikel das embryonale Bild rekonstruieren. a. Der prosomale Mitteldarm. Der prosomale Mitteldarm , welcher sich hinten unmittelbar an den Vorderdarm an- schließt, stellt ursprünglich ein einfaches gerades Rohr dar, welches nur 1 Paar einfacher Divertikel entsendet. Ein derartiges Verhältnis treffen wir tatsächlich bei Kocnenia und Tri- thyreus an. Das prosomale Darmdivertikel (ps. dv) von Kocnenia wird zuerst von Rucker (57) erwähnt, aber in seiner Größe nicht richtig abgebildet; es geht vom Darm etwa zwischen den Coxen der 4. und 5. Extremität aus und stellt jederseits einen einfachen, ungelappten Sack dar , der im Leben des Tieres fortwährende , ziemlich rhytmische Kontraktions- und Expansionsbewegungen ausführt (Textfig. 39 — 41). Er ruht auf dem Entosternit, was übrigens in gleicher Weise auch für einen großen Teil der Vorderdarm-Divertikel der übrigen Arach- niden zutrifft. Bei Trithyrcus (cambridgci) finden wir ebenfalls nur einen einfachen, im seit- lichen Anblick birnförmigen (Textfig. 42) Divertikel jederseits. ' Einen noch einfacher gebauten Mitteldarm scheint die jüngst von C. \V i t li (78) beschriebene Milbe Eucanis zu besitzen, an dem sich, soweit sich bis jetzt sagen läßt, außer einem Paar prosomaler Divertikel (wie bei Tritkyreus und Koenenia) keine eigentlichen opisthosomalen Divertikel nachweisen lassen ; dieser Darmabschnitt stellt ein etwa in der Mitte des Hinterleibes ampullenartig erweitertes Rohr dar, welches nach Passierung eines seitlich gelegenen Bogens (der noch entodermal ist) durch das Rektum nach außen mündet. 85 — Bei den übrigen Pedipalpen treffen wir einen weit komplizierteren Bau an. Bei ihnen ist kein einheitliches Divertikel vorhanden, statt dessen aber eine Serie von 4 Paaren, die sich erst bei näherem Zusehen als Abkömmlinge des einen der erst genannten Formen zu erkennen geben. Bekanntlich besitzen die Scorpione im Prosoma nur 1 Paar in viele kleine Läppchen zerteilter Divertikel, die Aranecn dagegen 4 Paar langer, bei vielen Formen bis ps. dv ntst dvm 3 opdv S dvm 5 osgl psdv opdv 1 iisgl ntst opdv J opdv dvm (J opdv 5 opdv 5+6' opdv 3 Fig. 39. Fig. 41. Fig. 40. Koenenia mirabiiis (Gr.) $. 39 schematische Darstellung des Körpers mit eingezeichnetem Darmsystem, Coxaldrüsen und Herz, zur besseren Orien- tierung sind auch die Dorsoventralmuskeln (dvm) dargestellt ; die Peltidia des Prosoma sind entfernt worden und das prosomale Darmdivertikel in ausgedehntem Zustande abgebildet. Rückenansicht. 40 dasselbe von der Seite, doch sind die Peltidia wohl, das Herz aber nicht gezeichnet. 41 schematische Darstellung eines durch die Mitte des Tieres geführten Sagittalschnittes, seitlich von Innen gesehen. Außer dem Darm, in dessen weite Divertikelräume man hineinsieht, ist noch das Zentralnervensystem und ein Teil der opisthosomalen Muskulatur nebst dem Entosternum (ntst) eingezeichnet, die Coxaldrüse dagegen nicht. in die Trochanterglieder der 4 hinteren prosomalen Extremitäten verlaufender schlanker, schlauchartiger Divertikel, die radiär vom ,, Zentralmagen" ausgehen (cf. Blanchard (10), Wasmann (72), Plateau (48), Bert kau (8, 9) u.a.). Die Kluft zwischen diesen beiden verschiedenen Gestaltungen des prosomalen Mitteldarmes überbrücken meiner Ansicht nach die Thelyplioncn^ während die Amblypygen in dieser Hinsicht typische Aranecn sind. Abzüglich der irrtümlichen Angabe vom Vorhandensein salivärer und tubulöser, in den 86 — Mitteldarm mündender Drüsen (die heute als „Coxaldrüsen" und vorderer Teil der „Dorsal- schläuche" des männlichen Genitalapparates bekannt sind) ist die Darstellung des prosomalen Mitteldarmes der The/yphonen, welche wir E. Blanchard verdanken, ausgezeichnet, und die Beobachtuncren dieses Forschers stimmen so sehr mit denen überein, die ich an einer großen Zahl von Thdyphonen verschiedener Gattungen machen konnte, daß ich den neuerdings von Pocock (53) gemachten Angaben vom Bau dieses Darmabschnittes keinen unbedingten Wert opdv 2 '»PS rct Fig. 42. Trithxreus Cambridge/ (Thor.) 9- Etwas schematische Darstelluiiy; des Darm- traktus in der Seitenansicht; die feinen Fäden, welche die opisthosomalen Divertikel um- spannen, sind die Malpighischen Gefäße, de- ren Einmündungsstelle nicht zu sehen ist. dvm 8 \ psdv opdv 1 opdv 4 Fig. 43. Schema des Darmtraktus eines TJwlyphoniden unter Weglassung des Mund- komplexes und der Analdrüsen, kombiniert von Mastigoproctus proscorpic (Ltr.) [prosomaler Teil] und Typopeltis amurensis (Trn.) [opisthosomaler Teil]- Zur Orientierung sind die Dorsoventralmuskelpaare (dvm 1 — 8) eingezeich- net, nicht aber die sogenannten Malpighischen Gefäße, die kurz hinter dem letzten genannten Muskelpaar vom Darm abgehen, resp. in ihn münden; 1 (1 — 4) sind sekundäre Lappenbildungen an der Basis der prosomalen schlauchförmigen Divertikel. beilegen kann, vielmehr glauben möchte, daß der englische Forscher sich hier, wie auch bei seiner Untersuchung des Nervensystems der gleichen Formen, durch ungenügend konser- viertes Material hat täuschen lassen. Die schematische Textfig. 43 zeigt uns das normale Bild des prosomalen Mitteldarmes eines Thelyphonide>i (Mastigoproctus proscorpto Latr. ). Einen großen Teil des Prosoma füllt die mittlere mehr oder weniger symmetrisch gelappte breite Masse des Mitteldarmes aus, deren Oberfläche nicht glatt, sondern mit zahlreichen kleinen, flachen Läppchen versehen ist. — 87 — In ihrem hinleren Teil ruht sie auf dem Enlosternum, die beiden vorderen Lapjjen (11) über- wölben das Oberschlundganglion, und hinter ihnen durchbohren die beiden Äste des medianen Apophysenpaares des Entosternums die i)rosomale Chylusmasse (Taf. II, Fig. 7, Textfig. 43). Seitlich strahlen in der Richtung auf die Grundglieder der 4 letzten Beinpaare 4 Paar läng- licher, schlauchförmiger, bisweilen schwach gewundener Divertikel von der mittleren Masse aus, die übrigens noch an ihrer Basis von kleinen Seitenläppchen begleitet werden (cf. Text- fig. 43, psdv); auf der Hinterseite des letzten Paares findet sich jederseits ein größerer breiter Lappen (14). Weitere Lappen, die in der Figur nicht dargestellt sind, treten auf der Ventralseite durch die ,,Foramina entosterni" nach unten hindurch, um dort eine ventrale Chyluspartie zu bilden. Einen medianen vorderen Divertikel, von dem uns Pocock berichtet, ■ habe ich nie- mals beobachtet, und auch Blanchard erwähnt ihn nicht. Ein Blick auf meine schematische Abbildung und die schönen Figuren Blanchard's klärt uns sofort darüber auf, daß die beiden breiten vorderen Mittellappen (11) nicht einem jener 4 seitlichen Divertikelpaare entsprechen, sondern vielmehr, wie auch die hinteren und ventralen, Lappenbildungen der mittleren Partie, des ,, Zentralma gens" sind, und daß somit Pocock sie nicht als erstes Divertikelpaar hätte zählen dürfen. Daß der prosomale Mitteldarm je nach der Menge der in ihm enthaltenen Nahrung ein verschiedenes Aussehen Fig. 44. haben kann , brauche ich wohl kaum anzuführen , schon Dämon mednis (Hbst.). Blanchard hat dieser Tatsache Erwähnung getan. Die Schematische Darstellung des proso- Hohlräume der einzelnen Divertikel und Lappen stehen unter ma en ' ^.^^^j^^^"" einander in direkter Kommunikation, sodaß wir schon deshalb berechtigt sind, sie als Differenzierungen eines einzigen Divertikelpaares aufzufassen.' Bezüglich der Amblypygen kann ich wieder auf Blanchard verweisen, aus dessen Be- schreibung und Figuren alle Einzelheiten klar ersichtlich sind. Wir finden bei ihnen stets 4 Paare von Divertikeln, die länger sind als bei den Thclvpliouidcn und mitunter bis in die Schenkelringglieder (wenigstens bei den 3 hinteren Paaren) hineinreichen und dort nach unten umgelegt sind , wie es auch oft bei Aranecn beobachtet wird. Das vorderste Paar ist stets das kleinste und erscheint oft nur als ein Seitenzweig des folgenden (2.) Paares (Taf. II, Fig. 10, Textfig. 44). Im Gegensatz zu den TJielypIionidoi ist die Oberfläche des auch hier ausgebildeten ,, Zentralmagens" glatt, und es fehlen ihm nicht nur die bei jenen Formen an der Wurzel der Divertikel vorhandenen, sondern auch deren ventrale Lappenbildungen. Die Di- vertikel zeigen bisweilen ein vStück endwärts von ihrer Basis einen kurzen Anhang auf der Hinterseite (Textfig. 44); erwähnenswert ist noch ihre Lage zwischen den breiten blattför- migen Coxalapodemen. — Unmittelbar hinter dem Vorderdarm ist der Mitteldarm der . biiblv- pygen schon relativ breit. ' Freilich kann man mit Bernard (5) auch annehmen, daß die Tkchfhoniden, Amblypygen, Araneen und Galeodiden mit 4 Paaren prosonialer Darmdivertikel in diesem Merkmal die ursprünglicheren Formen sind, daß bei den Scorfionen, Koetienia, Trithyreus und anderen Formen das eine Paar seine Entstehung der Reduktion aus jenen 4 Paaren verdankt. Wahrscheinlich dünkt mich diese Annahme vorläufig nicht. — 88 — Die physiologische Bedeutung des prosomaien Magens samt seinen Divertikeln hat man, wie es mir scheint, bisher noch nicht ganz vollständig erkannt. Freilich hat uns Bertkau (8, 9) crelehrt, daß dieser Darmabschnitt bereits Verdauungssekrete liefert, und daß in ihm einige Zellelemente vorkommen, welche sonst in den echten Chylusläppchen des Opisthosoma weit verbreitet sind. Beobachtungen an lebenden Kocnenicn und das Vorhandensein einer relativ kräftigen Muskularis-Schicht um die Divertikel des Prosoma der größeren Pedipalpen machen es mir aber wahrscheinlich, daß auch der pr osomale Mitteldarm beim Auf- saugen der Nahrung eine Rolle spielt und darin die prae- und postcerebrale Schlund- pumpe unterstützt. Bei Koenenia habe ich mit Hilfe des Mikroskops (bei durchfallendem Licht) deutlich sehen können, wie fortwährend und ziemlich regelmäßig rhytmisch das proso- male Divertikelpaar im Anschluß an die Kontraktionen und Expansionen der postcerebralen Schlundpumpe erweitert wurde und wieder kollabierte, und eine ähnliche Bewegung dürften auf Grund jener Muskularis auch die gleichwertigen Darmabschnitte der Tlielyplionidcn und Taraiitulidcn und wohl auch der übrigen Arachniden ausführen. Bei der Länge der fraglichen Divertikel der Tarantitlidcn und Thelyphoniden ist die Muskularis-Schicht ja auch schon aus dem Grunde, ich möchte sagen, notwendig, dass die Nahrung aus ihren Enden wieder hinausgetrieben und in den Hinterleib weiter befördert werden kann, und es wäre möglich, daß die besagten Kontraktionsbewegungen sich unmittelbar an die des Vorderdarmes an- schlössen und die flüssige Nahrung nur kurze Zeit in den Divertikeln verweilt, um vor ihrem Eintritt in den opisthosomalen rezipierenden Teil des Darmtraktus noch mit einigen notwen- digen Sekreten vermischt zu werden. Jene Muskularis erwähnt schon Bertkau, doch ließ er die Frage, ob die von ihm beob- achteten Fasern wirklich muskulös sind, noch offen; ich kann nun mitteilen, daß sie stets mehr oder weniger deutlich quergestreift sind und als innere Ringmuskeln und weniger zahlreiche äußere Längsmuskeln auftreten. Bei Koenenia sind sie nur äußerst zart und schwer nachweisbar. Wenn Bert kau sagt, daß diese Fasern dem Bindegewebe angehören, so ist das doch nur mit einer gewissen Einschränkung richtig, indem sie wohl dem Bindegewebe entstammen, beim ausgebildeten Tier aber morphologische Bestandteile der Darmwände sind. Bei den Tarantuliden kann man die Ring- und Längsmuskelfasern bisweilen schon bei schwacher Lupenvergrößerung erkennen. Übrigens kommen ähnliche, sehr zarte Fasern auch an den Chylusläppchen des Hinter- leibes vor, sie werden dort aber wahrscheinlich nur zur Hinausbeförderung der unverdau- lichen Stoffe dienen. b. Der o pis thos o ma le Mitteldarm. Der Mitteldarm nimmt mit seinen Chvlusanhängen weitaus den größten Raum im Hinterleibe bei den Pedipalpen, wie ja überhaupt den meisten Arachniden, ein. Seine vielen Lappen und Läppchen, zwischen denen .sich die sogenannten Malpighischen Gefäße verbreiten, sind durch ein fettkörperartiges Gewebe verbunden, auf welche Weise es zu einer ziemlich einheitlichen, unter dem unpassenden Namen der ,, Leber" allbekannten Organbildung kommt (cf. Bertkau [8]). Da wir uns hier nicht auf Einzelheiten einlassen wollen, seien mit wenigen Worten nur die groben Bauverhältnisse, denen wir bei den verschiedenen Formen begegnen, behandelt. — 89 — Sehr auffällig ist zunächst der groiSe Unterschied in der I'orm und der Verbindung der Hauptdivertikel mit dem mittleren Darmrohr. In dieser Hinsicht zeigt uns Koenenia von allen Arachniden die interessantesten Verhält- nisse. Schon Grassi (26) gab tür .sie richtig das Vorhandensein einfacher, unverzweigter und ungelappter, breit mit dem Mittelrohr kommunizierender Divertikel an, deren vorderstes, kaum als solches entwickeltes Paar zwischen dem 1. und 2. Dorsoventralmuskelpaar gelegen ist; die 4 folgenden sind recht deutlich und liegen zwischen dem 2. bis 6. (letzten) Paare dieser Muskeln; dann folgt noch ein hinteres Paar, welches selbst wieder in je einen vor- deren und hinteren Abschnitt geteilt ist. Seitlich überhängen die Chylussäcke, wie auch sonst, die Geschlechtsorgane (Textiig. 41, 99, 100). Etwa im 6. Hintcrleibssegment geht der Mittel- darm in den Enddarm über (vergl. Textfig. 39, 41, 101). Die gleiche Zahl der Darmsäcke treffen wir bei Trithyreus Cambridge! an, abgesehen von dem ersten Paar, welches ja auch bei Koenenia eher als fehlend, denn als vorhanden ange- geben werden kann. Textfig. 42 zeigt uns eine seitliche, etwas schematisierte Ansicht des Darmtraktus. Zum Unterschiede von Koenenia sind die Divertikel bereits, wenn auch nur wenig, gelappt und erscheinen deshalb im Vergleich zu den Tliclyplionidcn und Tarantuliden großlappig. Das hinterste Paar ist auch hier in eine vordere und hintere Abteilung zerlegt. Kleine ventrale Läppchen kommen anscheinend bereits vor (in der Figur nicht angegeben), sie sind aber nur undeutlich. Die Öffnungen in das Mittelrohr sind relativ groß und weit, doch nicht mehr so einfach wie bei Koenenia (cf. Textfig. 79). Das vorderste Paar liegt zwischen dem 2. und 3., das letzte zwischen dem 6. und 7. Dorsoventralmuskel. Ganz anders sieht der opisthosomale Mitteldarm der Thelyphoniden und Tarantuliden aus, bei denen wir einmal die bekannte Zerklüftung der bei Koenenia noch (?) einfachen Diver- tikel in zahlreiche kleine Läppchen, dann aber auch eine andere Zahl der in das Mittelrohr mündenden Sammelgänge konstatieren. Leider habe ich keine geeigneten Taraninliden ge- funden, die mir klare Bilder von diesen Verhältnissen hätten geben können, wohl dagegen von Thelyphoniden^ zumal einen Typopeltis anuivensis und Thelyplionus caudatus. Für die erste der beiden Formen sehe ich mich daher genötigt, meiner Darstellung die Beschreibung Blan- chard's zugrunde zu legen, an deren Richtigkeit ich vorläufig deshalb nicht zweifeln möchte, da sie eine schöne Übereinstimmung mit meinen an den Tliclyphonen gemachten Beobach- tungen zeigt, bei denen Blanchard jedoch wohl nicht gerade die W^ahrheit getroffen hat, falls nicht etwa Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Gattungen dieser Gruppe obwalten. Vom Mittelrohr gehen bei den Thelyphoniden gerade an der Übergangsstelle vom Vorder- zum Hinterleib einige kleine Lappen ab, welche sich ventral in der Höhlung des Metaster- nums ausbreiten ; wir können ihnen keinen weiteren morphologischen Wert beilegen. Größere Sammelgänge finden wir dann in 3^ einfachen Paaren zwischen den 1. und 2., 2. und 3. und 3. und 4. Dorsoventralmuskeln (deren vorderstes Paar entspricht nicht dem vorderen von Trithyreus und Koenenia, sondern diesem ist das zweite Paar der großen Pedipalpen gleichwertig). Ein viertes Paar mündet zwischen dem 4. und 5. Rückenbauchmuskelpaar; ' Blanchard bildet Tafel IX, Fig. 1 ein Paar Sammelgänge mehr ab. Das Schema, welches 1896 Bernard (5) vom op.isthosomalen Mitteldarm der Thehphonidcn gegeben hat (Tafel XXXIV, Fig. 2) ist richtig. Wenn er aber für die Arachniden ursprünglich nur 7 Paar solcher Divertikel annimmt, so kann ich ihm darin deshalb nicht beistimmen, weil wir bei allen Arachniden hinter dem Ifctzten Dorsoventralmuskelpaar stets noch 1 Darmdivertikelpaar (so auch bei den Thely- phoniden) finden, das allerdings nicht mehr direkt mit dem Mittelrohr kommuniziert (cf. pg. 90). Zoologica. Heft 42. 12 — 90 — dasselbe ist jedoch nicht einfach, sondern gibt Seitenäste ab, welche zwischen dem 4. und 5., 5. und"6., 6. und 7., 7. und 8. und hinter dem 8. Dorsoventralmuskel abgehen (cf. Textfig. 43). Der hinterste Sammelgang entspricht somit den beiden hinteren Divertikeln von Trithyreus und Koenenia. Blanchard gibt für die Tarantuliden auch nur 4 Paare von Sammelgängen an, die offenbar denen der Tliclyphoiiiden gleichwertig sein dürften. Bei ihnen ist das Mittel- rohr von vorn bis hinten ziemlich gleich stark, bei den Tliclyplionidcn dagegen etwa vom 3. Rückenbauchmuskelpaar ab sehr dünn und nimmt erst zwischen den beiden letzten Paaren dieser Muskeln wieder an Dicke zu, um in den ampullenartig erweiterten Enddarm überzugehen. Schon wiederholt ist der Versuch gemacht worden, die einzelnen Darmdivertikcl des Hinterleibes der verschiedenen Arachniden miteinander in Homologie zu bringen. Aus den vorstehenden Zeilen geht nun klar hervor, daß wir dieselben nicht ohne Weiteres in der zufällig vorhandenen Reihenfolge einander gleichsetzen dürfen, sondern daß wir ihre Segmentzugehörigkeit, die leicht aus ihrer Lage zu den Dorsoventralmuskeln zu erschließen ist, beachten müssen. Wie es bereits Bernard (5) erörtert hat, gibt es kein Arachnid mehr, welches die theoretisch größtmögliche Zahl der opisthosomalen Darmdivertikel noch besitzt, sondern bei allen Formen konstatieren wir eine in verschiedener Weise erfolgte Konzentration und Re- duktion derselben. Als größte Zahl möchte ich, um von den bei den Thclyplwnidcn (und Tarantulideti) obwaltenden Verhältnissen zu schließen, S Paar Hinterleibs-Darmdiver- tikel für die Klasse der Arachniden annehmen, die ursprünglich unabhängig von einander in das Darmmittelrohr einmündeten, resp. von diesem ausgingen. Es ist nun be- kannt, daß die hinteren Paare der Blindsäcke unter sich in der Weise in Verbindung treten, daß die der gleichen Körperseite durch einen Längskanal verbunden werden, um dann durch einen gemeinsamen Mündungsgang in das Mittelrohr des Darmes überzugehen. So wird die Zahl der unmittelbar mit dem Darm kommunizierenden Divertikel vermindert ; das jeweilig letzte (hinterste) entspricht dann der Summe der hinter ihm theoretisch noch möglichen Paare außer sich, falls nicht etwa die andere Möglichkeit, daß die hinteren Paare verschwunden und an deren Stelle sich das jeweilig letzte um so mächtiger entwickelt hat, der Wahrheit näher kommt. Beachten wir nun ferner das Fehlen des ersten Blindsackpaares der TlielypJionidcn (und Tarantulideii) bei Tritliyrciis (und Kocnenid) ^ so kommen wir zu folgender Vergleichstabelle der opisthosomalen Darmdivertikel der Pedipalpen : Koenenia Trithyreus Holopeltidia -\- Amblypygi 0 (= 1J 0 ([= 1]) 1 1 (= 2) 1 (= 2) 2 2 (=3) 2 (= 3) 3 3 (= 4) 3 {= 4) 4—8 4- (= 5) 4(= 5) 5—6 (= 6—7) 5—6 (= 6—7) 6 (resp. 7) = ? 7—8 der Thelyphonidm und TaranliiUdeti. — 91 — Die kleinere Zahl der Divertikel Ijei Kocncnia und 1 rilhyrcus beruht \crmutlich auf einer Verschmelzung der zwei letzten Paare zu dem mit der Zahl ,,7" bezeichneten. — Zum Schluß sehe ich mich genötigt, noch einige Worte über die funktionelle Bedeu- tung der besprochenen Divertikel hinzuzufügen. Hansen (30) schreibt nämlich in seiner Mitteilung über neue Kocjicnieu auf Veranlassung von W. Sörensen, daß Miss Rucker's (57) Angabe, die ,,diverticula (of Kocncnia) are invariably filled with food particles, which have the appearance of yolk granulös", für die Hinterleibsblindsäcke jedenfalls nicht zutreffend sei, und er bemerkt, daß Sörensen (62) und Tulk (69) die 4 großen Divertikelpaare der Opiliones als ,, Drüsen" nachgewiesen und in ihnen keine Nahrung gefunden haben. Er sagt deshalb weiter: ,,\Ve think, that the diverticula in question never contain iood in any Order of Arachnids". Diese Annahme entspricht jedoch keineswegs den Tatsachen. Ohne die Angabe Sö- rensen's und Tulk's für die Opilioiicn bestreiten zu wollen, muß für die Pcdipalpen ent- schieden betont werden — im Einklang mit den Untersuchungen Bertkau's \\he.x Aranecn —^ daß die Hinter leibsdivertikel der Nahrungsrezeption dienen, und daß man nicht nur bei Kocnenia^ sondern auch bei Tritliyrciis und den großen Pedipalpen stets mehr oder weniger Nahrung in ihnen finden kann. Die ,,yolk granules", welche Rucker in dem Chylusmagen bei Kocncnia beobachtet hat, und welche auch ich nicht selten fand , mögen wohl zum Teil von verzehrten Arthropoden- eiern herrühren, zum Teil sind sie aber jedenfalls das Ausscheidungsprodukt gewisser Darm- zellen , die bei Kocncnia ähnlich ausgebildet sind wie bei anderen Arachniden (Pcdipalpen, Araneen etc.) [cf. Taf. V, Fig. 55]. c. Die Malpighis chen Gefäße. Über die Harngefäße der Pedipalpen ist nur wenig mitzuteilen. Sie finden sich in der für die meisten Arachniden t\pischen Ausbildung bei den Uro- und Amblypygen^ wo sie sich in dem Fettgewebe des Hinterleibes^ reichlich verzweigend verbreiten und etwa an der Stelle, wo End- und Mitteldarm aneinander stoßen, in den letzteren übergehen. An ihrer Mündungs- stelle legen sie sich stets in einer Reihe von Schlingen, zu beiden Seiten oder auch wohl auf der Ventralseite, dicht dem Darme an (cf. Textfig. 80),^ wodurch man sehr leicht auf sie aufmerksam wird; aus diesem Knaul gehen dann jederseits zwei Hauptäste nach vorn und nach hinten ab. ^ Die von Laurie (41) als die ,,secernierenden Drüsenschläuche der Analdrüsen (Stink- drüsen)" beschriebenen feinen Röhren (der Thclyplionidcn) sind die distalen Teile der Harn- ' Schimkewitsch (77) gibl an, daß ein Paar derselben bei Thelyphonus ins Prosoma ginge. Nach meinen Beobach- tungen kommt dies niemals vor und ich vermute, daß sich dieser Forscher durch den prosomalen Abschnitt der „Dorsal- schläuche" (cf. Kapitel XIII) hat täuschen lassen. '^ Nach Schimkewitsch (77) sollen sich bei Thelypkomis die Malpighischen Gefäße mit 3 Paar Öffnungen in den Darm öffnen; bei Trithyreus cambridgei fand ich deren ein Paar seitlicher und eine ventrale Öffnung. ^ Ein Paar zarter Gefäße fand ich bisweilen im vorhergehenden Segment (also vor den echten Malpighischen Ge- fäßen) vom Mitteldarmrohr nach den Seiten verlaufend ; ich konnte es stets nur eine kurze Strecke verfolgen und deshalb vermag ich weder mitzuteilen, ob es mit Chylusläppchen in Verbindung stand oder ob es sich in den Mitteldarm öffnete (Schnitte anzufertigen wurde leider versäumt). Sollten wir in ihnen den Rest eines funktionslos gewordenen Sammelgang- paares der Chylusdivertikel vor uns haben? Oder etwa Äquivalente Malpighischer Gefäße? — 92 — gefäße, und Pocock (53) hat sie vergeblich als Teile der ventralen Nervenkette des Hinter- leibes gedeutet. Den Koenenicii fehlen, wie es bereits Grassi (26) richtig angegeben hat, die Malpighi- schen Gefäße gänzlich. Wenn aber Miss Rucker (57) meint, daß ,,on this point Ä'ctv/tv-'/rt is most primitive, since it seems not yet to have reached the stage in which intestinal diver- ticula become modified as excretory organs", so befindet sie sich damit sicherlich auf einem Irrwege, da die Koenenien ohne Zweifel von Arachniden (^Pedipalpcn- Ahnen) herzuleiten sind, die bereits die bekannten Harngefäße besaßen, und sie dieselben erst sekundär wieder ver- loren haben werden, wie z. B. auch die Opilioiicn und eine Reihe von Alilbcn, ferner die Collcnibolen unter den ciilogmitlwii . Iptcrygoten. Es kann nicht nachdrücklich genug hervor- gehoben werden, wie recht es ist, wenn Hansen (30) sagt, daß die Ansicht vieler Forscher, Koenenia sei eine sehr alte Form, ,,quite wrong" sei. So wertvoll uns auch gerade dies kleine von Calandruccio und Grassi entdeckte Arachnid durch den einfachen Bau meh- rerer seiner Organe ist, so bleibt es doch ein relativ junger Pedipalpen-Typus, der erst auf dem Wege eigenartiger Rückbildung, die vielleicht in manchen Einzelheiten zu der Wieder- erwerbung phylogenetisch alter Stadien geführt hat, seine heutige Gestalt erlangt hat. 3. Der Enddarm, seine Anhangsorgane und der After. a. Das Rectum. Der Enddarm stellt bei allen Pedipalpen ein einfaches gerades Rohr dar, welches bei den Uropygen^ weniger bei Koenenia^ in seiner vorderen Hälfte bauchig erweitert ist, bei den Aniblypygcn aber in seiner ganzen Länge ziemlich gleich dick bleibt. Er besitzt eine kräftige Muskularis-Schicht, die aus Ring- und Längsfasern besteht, und ist in seiner hinteren Partie bereits chitinisiert. Die Afteröffnung ist stets qu ersp altfö rmig, bei den Taraiitididcii und Kocnciiia einfach, bei Trithyreus durch die Ausbildung zweier seitlicher Klappen (cf. Textfig. 45, ankl) nur andeutungsweise, bei den Tliclyphonideii aber tatsächlich dreiteilig, indem neben ihr die Öffnungen der beiden großen Analdrüsen (Stinkdrüsen) gelegen sind, die durch besondere Klappen geschlossen werden können, welche in genetischer Beziehung zum After selbst stehen. Die Muskeln dieser Klappen sind im folgenden Abschnitt behandelt, hier sei die Aufmerk- samkeit noch auf einige andere Muskeln gelenkt, die wohl einer Retraktion des an- scheinend aus stülp baren Endteiles des Darmes bei den Uro- und Amblypygeu dienen. Bei den Thelyphoniden fand ich nur einen zweiteiligen Muskel dieser Fimktion (No. 112), welcher auf der dorsalen Wand des chitinisierten hinteren Teiles des Rectums ansitzt und durch die drei letzten Körperringe hindurch nach vorn zieht, um in der Mitte des 9. Tergits seinen vorderen Ansatzpunkt zu finden; er liegt unter den langen Levatores (Retraktores) der 3 postabdo- minalen Segmente (Taf. III, V, Fig. 13, 53). Bei Trithyreus, den ich auf diesen Punkt hin nicht habe untersuchen können, dürfte er auch vorkommen. Bei den Tarantuliden konnten zwei kleine Retraktoren des Rektums konstatiert werden, ein dorsaler und ein ventraler, die in gleicher Weise am Enddarm ansitzen, aber vorn das 12. Segment nicht überschreiten (Taf. III, — 93 — Fig. 14, No. 115, 116). Der in diesem Leibesringe der 'raranluliJcii ausgebildete Dorso- venlralmuslcel (No. 94) trägt offenbar mit zum Schliel.sen und Offnen der Ijreiten After- spalte bei, die durch ein Zusammenklappen des 12. Tergits und Stcrnits vermittelt wird. b. Die Analdrüsen der Thelyphoniden. Analdrüsen kommen unter den Pedipalpen nur bei den 7'helyfihonidcii vor, und in der ihnen eigenen Gestaltung und Bedeutung finden sie sich bei keinem andern Arachnid wieder. Blanchard setzt sie unrichtigerweise den Giftdrüsen der Scorpione gleich, die bekanntHch im Telson gelegen sind, während jene im Hinterleibe angetroffen werden. Sie scheiden einen Saft aus, welcher sehr viel Ameisensäure enthalten soll, und den die Tiere in einer solchen Menge von sich schleudern können, daß er sie wie eine kleine Dampfwolke umgibt, wie mir Herr Dr. A. S trübe 11 (Bonn) erzählte, welcher auf Java lebende Tlielyphonen in Terrarien gehalten und beobachtet hat. Blanchard teilt uns sogar mit, daß diese Tiere auf den Antillen zufolge dieser Eigenschaft den Namen der ,,Vinaigriers " tragen. Ihre neben^ bezüglich innerhalb des eigentlichen Afters gelegenen Öffnungen beweisen uns, daß wir es mit Anal-(Pygidial-) oder Afterdrüsen zu tun haben, und mit diesem Namen möchte ich sie auch fortan bezeichnen. Es sind ihrer zwei vorhanden, und — merk- würdig genug für ein Arthropod — sind sie stets asymmetrisch gelagert, wie es früher schon Wood-Mason (75) und Laurie (41) hervorgehoben haben, und zwar, entgegen den früheren Beobachtungen, bald die linke, bald die rechte (letzteres ist der häufigere Fall) in der Mittellinie des Körpers, d. h. innerhalb der hinteren Dorsoventralmuskelpaare, und die andere dann seitlich außerhalb derselben. Die Drüsen stellen große, langgestreckte ziemlich dünnwandige Schläuche dar, welche der Körperbauchwand unmittelbar anliegen und folglich ventral von den Geschlechtsorganen, und der jeweilig mediane auch ventral von der Nervenkette, gelegen sind. Man findet sie (bei Alkoholtieren) entweder mehr oder weniger aufgeblasen, oder aber kollabiert; hinter den letzten Dorsoventralmuskeln berühren sie sich in der Mitte, verengen sich nach hinten zu, um durch die drei schmalen ,, postabdominalen" Segmente hindurch als schmale Kanäle bis zu ihren Öffnungen zu verlaufen. Ihre Ausdehnung nach vorne ist bei den einzelnen Formen der Tlielyphoniden ein wenig verschieden, was auch für die beiderseitigen Schläuche desselben Individuums zutrifft, indem der jeweilig median gelegene weiter nach vorne reicht als der seitliche; bei Tlulyphomis caudatus (L.) erreicht der mediane Drüsenschlauch das 3. Segment des Hinterleibes, der seitliche höchstens das fünfte; bei anderen Gattungen sind sie ebenso lang oder aber kürzer. Die Schläuche sind vorn stets geschlossen, was schon Blanchard richtig er- kannt hat, und Laurie (41) hat sich getäuscht, wenn er gewil^e dünne Röhren vorn in sie hat einmünden sehen; wie ich an anderer Stelle (pg. 91/92) mitgeteilt habe, hat Laurie die Malpighischen Gefäße für die sezernierenden Abschnitte der Afterdrüsen gehalten (falls er sich nicht durch einen parasitischen Wurm (Gordidc) hat irre leiten lassen, was ich kaum glauben möchte). Betrachtet man sie mit bloßem Auge oder unter schwacher Vergrößerung, so erscheinen die Drüsenschläuche fein längsgestreift, und untersucht man daraufhin Schnitte, so findet man, 94 opsli urt 0 daß die Streifen von Falten herrühren, in die sich die Wände derseil^en gelegt haben (cf Laurie; Taf. II, IV, Fig. 6 und 36b). Ihr Epithel i.st überall einfach und besteht aus Zellen mit undeutlichen Grenzen, deren Kerne rundlich und chromatinreich sind, deren Plasma fein ffckörnelt erscheint, nahe dem Lumen der Schläuche fast homogen wird und außen von einer zarten, doppelt konturierten , anscheinend permeablen Chitinmembran bedeckt wird (Taf. IV, Fig. 36, ch). Die Säcke werden von normalem Bindegewebe, dessen Kerne hie und da auch zwischen jenen Falten gefunden werden (bwk), und einer kräftigen Muskularis -Schicht umgeben, die bei ihrer Entleerung in Aktion tritt und in der Haupt- sache aus Ringfasern besteht. Im hinteren Teile fehlen die Längsfalten, die offenbar nur zur Vergrößerung der sezernierenden Oberfläche beitragen sollen. Nebendrüsen, von denen Blanchard spricht und welche er auch abbildet (10, Taf. X, Fig 6), sind nicht aus- gebildet, was Tarnani (65) schon mit Recht hervor- gehoben hat. Freilich erhielt ich bei meinen Präpara- tionen oft ein ganz ähnliches Bild, wie es Blanchard uns hinterlassen hat, ein zarter Seitenschlauch schien an der nämlichen Stelle von der linken Drüse auszugehen; bei näherer Untersuchung ergab er sich aber als ein Blut- gefäß, welches der Oberfläche der Drüse, wie auch dem opisthosomalen Ganglion eng anliegt. Erwähnenswert sind noch die Öffnungen der Anal- drüsen, die, wie bereits gesagt wurde, ein Teil der ur- sprünglichen Afteröffnung sind und von ihr die seitlichen Drittel ausmachen, während das Rectum sich in ihrer Mitte nach außen öffnet. Taf. V, Fig. 52 zeigt die Ver- hältnisse im Aufsichtbilde, soweit sie in situ von außen sichtbar sind. Wir erkennen aus derselben, daß die Analdrüsen durch je eine muschelförmige, längsgestreifte, chitinisierte Klappe verschlossen werden (ankl). Schneiden der Länge nach auf, so finden wir 2 Muskeln an dieser Klappe sitzen, die offenbar den Zweck haben, die Öffnung des Drüsenschlauches zu schließen, resp. zu erweitern, was ein Blick auf Taf. V, Fig. 54 ja zur Genüge klarlegt. Der schlie- ßende Muskel (152) geht von der Bauchseite des letzten Ringes aus an den vorderen (in- neren) Klappenrand, der Öffner (155) von der dorsolateralen Fläche aus, und ist seitlich nahe der Außenspalte der Klappe angeheftet. — Merkwürdigerweise findet sich eine ähnlich gebaute Afteröftnung bei Trithyrcus^ obschon derselbe als Vertreter der Schizopdtidia keine solchen, und soweit ich weiß, überhaupt keine Pygidialdrüsen besitzt. Der Anus ist bei dieser Form von ähnlicher Breite wie bei Tliely- phonus und läßt an beiden Seiten ebenfalls je einen kleinen, klappenartigen Lappen erkennen, (Textfig. 45 ankl), dessen Vorhandensein die Annahme nahelegt, daß die Schizonotidcn von holopeltiden Pedipalpen-Ahnen der Thelyphoniis-RaWie abstammen, die bereits im Besitze von Afterdrüsen waren. Fig. 45. Tritliyreiis cambridgei (Thor.) 9- Kürperhinterende in der Seitenansicht; eine Reihe von Haaren war an meinem Präparat bereits ausgefallen; das Flagellum (flsjl) ist deutlich dreigliedrig. wir dann den letzten Leibesring 95 IX. Die Coxaldrüsen. Die Coxaldrüsen der beiden Hauptvertreter der Pedipalpen, der Tliclyphoniden und Ta- raitluliden, wurden zuerst von Blanchard in seiner bekannten Monographie als „Glandes stomacales" beschrieben und abgebildet. Nachdem dann R ay Lankester (38) diese von Blanchard und Newport (46) auch von den Scorpioncn und den Theraphosiden (Mygale) beschriebenen Drüsen in ihrer wirklichen Bedeutung als Coxaldrüsen erkannt hatte, lag es nahe, auch die glandes stomacales jener Pedipalpen als Coxaldrüsen aufzufassen, ohne daß eine abermalige Entdeckung derselben durch Sturany(64), die sich für die oben genannten Arachniden übrigens auch Ray Lankester zuschreibt, nötig gewesen wäre. Die Coxal- drüsen der Palpigraden (Koencnia) wurden von Grassi (26) als ,,Krohnsche Drüsen" be- schrieben, ein Irrtum, den bereits Hansen und Sörensen (29) richtig stellten; den voll- ständigen Verlauf derselben vermochte ich erst auf Grund eines umfangreichen Materiales festzustellen (13). Daß endlich auch den Tartariden (Trithyreus) das für die Pedipalpen typische Coxaldrüsenpaar zukommt, war zu erwarten, doch fehlte es bisher an einer dies- bezüglichen Angabe. Die Coxaldrüsen treten uns bei den verschiedenen 4 Formen der Pedipalpen in 3 ver- schiedenen Gestalt- und Lagerungsverhältnissen entgegen. Stimmen Uropygi und Amhlypygi darin überein, daß bei ihnen dieselben ausschließlich im Prosoma gelegen sind, während sich bei Koenenia die Coxaldrüse bis ins 3. m es osomale Segment erstreckt, so weichen andererseits die Aniblypvgen insofern von den übrigen Pedipalpen ab, als bei ihnen die eigentliche Drüse auf dem Entosternum ruht, während sie sonst seitlich von diesem zu liegen pflegt. Einen einfachen, nur im mesosomalen Abschnitt wenig gewundenen Schlauch stellt die Coxaldrüse von Koenenia {mirahilis Grassi und -ivheelcri Rucker) dar (Textfig. 39, 40, cdr). Er beginnt innen an der Basis der Coxa der 3. Extremität, steigt zunächst ein wenig empor, um dann etwa auf gleicher Höhe mit dem Entosternum nach hinten, unter dem prosomalen Darmdivertikel hindurch, zu verlaufen. Die beiderseitigen Drüsenschläuche laufen im hinteren Teil des Prosoma annähernd parallel; im Mesosoma liegen sie außerhalb der ersten beiden Dorsoventralmuskelpaare und unter dem Darmkanal; ihre Hauptrichtung ist hier wie im vordersten Drittel eine divergierende. Sie reichen fast bis ans 3. Dorsoventralmuskelpaar nach hinten, wo sie (bei K. mirahilis) umbiegen und einen kurzen inneren blinden Ast bis etwa an den 2. Dorsoventralmuskel nach vorne zurücksenden (Textfig. 39, 93, 94). Wie ich schon früher (13) kurz mitteilte, können wir an der Coxaldrüse von Koenenia 3 hinter einander gelegene Abschnitte unterscheiden. Der vorderste wird von dem Ausführungsgang gebildet; die Zellen desselben sind nicht gegen einander abgegrenzt, ihr Plasma färbt sich ziemlich gleichmäßig, ihre Kerne sind ziemHch chromatinreich (Taf. 111, Fig. 29a). Der mittlere Abschnitt reicht bis an den Vorderrand des 2. Hinterleibsseg- mentes. Zellgrenzen ließen sich in ihm auch nur selten wahrnehmen; das Plasma dieser Zellen färbt sich mit Kernfarbstoffen sehr intensiv und ist bei sehr starken Vergrößerungen grob- körnig, nahe dem Lumen des Drüsenschlauches übrigens meist etwas heller als am Auf^en- — 96 — rande. Die länglichen Kerne sind sehr schwer zu erkennen, dunkel gefärbt und chromatin- reich. Oft beobachtete ich hie und da im Plasma heile vakuolenartige Bildungen (Taf. III, Fig. 29b und c). Im 2. Hinterleibsringe schließt an den zweiten unmittelbar der dritte Abschnitt an (Taf. III, Fig. 30b, Textfig. 92). Im Gegensatz zu den Zellen des ersteren sind die seinen durch Kernfarbstoffe kaum zu färben. Zellgrenzen konnten zwischen ihnen stets deutlich nachgewiesen werden. Ihre Kerne sind relativ größer, färben sich aber weniger stark, ihr Plasma i.st gleichmäßig, relativ gröber granuliert, doch sind die Granula hell und nur schwer zu erkennen. Die Zellen des letzten Abschnittes sind abgesehen von den Eizellen und viel- leicht auch den Fettzellen die größten des Körpers. Das Lumen der Coxaldrüse ist in den beiden hinteren Abschnitten im Querschnitt rundlich, im Ausführungsgange während der Ruhe dreieckig oder kreuzförmig. Den mesosomalen Teil des mittleren Abschnittes fand Miss A. Rucker (57) unabhängig von mir bei K. ivlieeleri^ den hinteren Abschnitt hat sie aber gänzlich verkannt und beim Weibchen sicher als Ovidukt, beim Männchen wahrscheinlich als Vas deferens beschrieben. Aus meinen Figuren geht aber zur Genüge die Zusammengehörigkeit der fraglichen Schläuche hervor. In der Ausbildung dreier, hinter einander gelegener Abschnitte in der Coxaldrüse stimmt Kocncnia mit den Opilioiien überein. Eine Sekretion vermitteln jedenfalls beide hinteren Ab- schnitte^ und die Tatsache, daß die bei allen übrigen Arachniden (mit Ausschluß der Opilioncn und (?) Milberi) ganz auf das Prosoma beschränkte Coxaldrüse hier bis ins 3. Hinterleibs- segment hineinreicht, hängt vermutlich mit dem Verlust der sogenannten Malpighi'schen Gefäße zusammen, welche sonst gerade im Fettgewebe des Hinterleibes entwickelt sind. Bei den Thelyphoniden beginnen die Coxaldrüsen gleichfalls mit einem einfachen Schlauche an der Basis der Coxa der 3. Extremität (Taf. II, Fig. 8 cdrag), welcher den Ausiührungs- gang der großen, vielfach gewundenen und vom 4. bis ins 6. prosomale Segment sich er- streckenden Drüsen darstellt. Die.se liegen, wie bereits erwähnt, seitlich von den beiden Längsstämmen des Entosternums, ventral von den dorsolateralen Apophysen desselben, sowie vom Darmkanal und seinen Divertikeln. Jenen Ausführungsgang hat schon Laurie (41) ge- sehen, wenn er auch die schon vorher von Adam sanier (1) entdeckte Öffnung desselben nicht hat wiederfinden können. An der Außenseite erscheint die Coxaldrüse oft in 2 oder 3 Zipfel ausgezogen, welche bindegewebiger Natur sind und nur zur Befestigung des Organes dienen. Die Drüse ist übrigens, was bereits Sturany (64) erwähnt hat, ganz von einer binde- gewebigen Hülle umgeben. Auf Schnitten erhielt ich ähnliche Bilder, wie sie Sturany für Euscorpio cavpatliicus (L.) gegeben hat. Große, rundliche, chromatinarme Kerne lagen in einer protoplasmatischen inneren Schicht ohne Zellgrenzen, während die äußere Schicht der Schläuche jene eigenartige ,,corticale Streifung" aufwies.^ Ich vermute, daß der normale Drüsenzellbau ein anderer ist, und daß das Fehlen von Zellgrenzen in der inneren Schicht eine Folge nicht besonders guter Konservierung ist. Die Coxaldrüsen der Scbizopeltidia ( Tnt]iyrcus cavibridgei [Thor.]) stimmen im wesentlichen ganz mit denen der Tlielyplionidcii überein. Ihre Lagerung und der Bau der leider bei dem ' Die Vermutuno; Loman's (42), daß wohl liei allen Araclinidcn die „corticale Streuung" der Coxaldrüsenzellen zu finden sei, ist somit im Hinblick auf Kooiciiia und die Noiostigiiiafa Witli niclit i;anz eingetroffen. — 97 — einzigen untersuchten Exemplar ungünstig erhaltenen Drüsenzcllcn ist bei beiden Formen gleich, nur die Zahl der Windungen des Drüsenschlauches ist bei Trithyrens gemäß seiner bedeutend geringeren Größe kleiner; auf meinen Trithyreus-(^\x&x?,c\m\X.\.cx\ fanden sich höchstens 3 Schlauchwindungen der Coxaldrüse neben einander liegend (Textfig. 72 — 75). Die Coxaldrüsen der Amblypygen stehen an Größe denjenigen der TlielypJioniden nicht nach, ihre Gestalt ist aber entsprechend der relativen Breite des Prosoma eine andere (Taf. II, Fig. 11). Sie ruhen, wie bereits mitgeteilt wurde, auf den breiten seitlichen Flächen des Entosternums, und die seitlichen dorsalen Apophysen desselben durchsetzen mit Ausnahme des vordersten Paares die Drüsenkomplexe, ein Faktum, welches in der nachträglichen Aufwindung des einfachen, unverzweigten Drüsenschlauches seine Erklärung findet. Einige binde- gewebige Stränge dienen seitlich noch der Fixierung des Organes. Sein Ausführungsgang, den man bisher bei erwachsenen Tieren noch nicht beobachtet hat, beginnt am vorderen Ende der Drüse, seitlich vom ersten dorsalen Apophysenpaar des Entosternums, und steigt zwischen den Muskeln 45 und 46 hindurch hinab an den inneren Basalzipfel der Coxa des 3. Bein- paares (Taf. II, Fig. 1 1). Die Drüsenzellen zeigen einen ganz anderen Bau als bei den Thelyphonen oder Koenenia. Wie es schon Gough (24) von seinen ältesten Embryonen von Admctus pumilio Koch be- schrieben hat, sind bei den Tarantitlidcn die Coxaldrüsenzellen deutlich gegen einander ab- gegrenzt und bilden ein hohes cylindrisches Epithel (Taf. III, Fig. 28). Ihr äußeres Drittel etwa nimmt die auch hier vorhandene ,,corticale Streifung" ein, in der die Zellgrenzen un- deutlich sind. Die runden, stets mit nur 1 Nukleolus versehenen Kerne liegen in dem grob alveolär gebauten Plasma der Streifungszone der Drüsenzellen an; sie nehmen mithin eine andere Lage ein als bei den jungen Tieren Gough 's, bei denen die Coxaldrüse offenbar noch nicht fertig entwickelt war. — Die Öffnung der Coxaldrüsen liegt jederseits am Innenrande der Basis der Coxa der 3. Extremität und stellt einen schmalen, stigmenartigen Spalt dar (Textfig. 46 — 48). Bei Fig. 46. Thelyphonus caiidatus (L.). Linksseitige CoxaldrUsenüffnune; und die angrenzenden Kürperpartien, schematisiert. Fig. 47. Fig. 48. Trithyrens catnbridgci (Thor.) 9- Koenenia mirabilis (Gr.) 9- Dasselbe wie in Textfig. 46, doch von der Dasselbe wie in Textfig. 47, doch ist rechten Kürperseite nebst einer Partie der die Hüfte der 2. Extremität mit- Hüfte der 4. Extremität. gezeichnet. den Thelyphonidcn ist sie am leichtesten und sichersten nachzuweisen und wurde hier zuerst von Adamsamer entdeckt; bei Trithyrais ist ihre Lage eine ganz entsprechende, desgleichen bei Koenenia, wo der Spalt nur infolge der Zartheit des Integumentes leicht übersehen wird. Zoologica. Heft 42. 13 — 98 — Bei den Taraiituliden fand sich ein gleichliegender, schmaler Spalt am innersten Zipfel der Coxa des 3. Beines, doch bin ich hier nicht ganz sicher, ob derselbe tatsächlich die Coxal- drüsenöffnung darstellt, da er mir geschlossen zu sein schien ; immerhin muß sich in seiner Nähe die wirkliche Öffnung befinden, da innen der Drüsenausführungsgang auf ihn hindeutet. Die starke Entwicklung der Coxaldrüsen der Pedipalpen, für welche in 3 Fällen sicher die richtige Außenöffnung festgestellt werden konnte, spricht entschieden dafür, daß dieses Organ während des postembryonalen Lebens als Exkretionsorgan normal tätig ist. Wie die Malpighischen Gefäße die Exkretion für Meso- und Metasoma vermitteln, so besorgt dies für das Prosoma das Coxaldrüsenpaar, welches innerhalb der Ordnung der Pedipalpen ein einheitliches Schlauchsystem darstellt, das morphologisch dem Segment des 3. Extremitätenpaares angehört. X. Die Atmungsorgane. Schon seit langer Zeit ist es allgemein bekannt, daß die Pedipalpen, speziell die Thely- phoniden und Tarantididen zwei ,, Lungenpaare" besitzen, zu denen durch breite Spaltöffnungen, welche am Hinterrande des 2. und 3. mesosomalen Segmentes liegen, die Luft Zutritt hat. Bei Trithyrcus ist nur das dem Genitalsegment angehörige Lungenpaar vorhanden, und ,, in- ternal Organs", welche Pocock (50) für Homologa der 3 hinteren Lungenpaare der Scorpione halten zu können glaubte, sind bei Tritliyrciis cambridgei nicht ausgebildet, und sollten sie bei anderen Arten dieser Gruppe wirklich vorkommen und, wie Pocock angibt, dem 4. bis 6. Segment angehören, so dürfen wir in ihnen vorläufig vielleicht nur die Homologa der bei einigen Koenoiien ebenfalls im 4. — 6. Segment beobachteten Ventral säckchen erblicken. Atmungsorgane, welche denen der anderen Pedipalpen gleich zu setzen sind, fehlen endlich den Palpigradi (Koenenia), wie es ihr Entdecker, B. Grassi, schon angab; und da wir den Mangel derselben nicht als etwas primäres, sondern nur als eine sekundär durch Reduktion erworbene Eigenschaft ansehen können, so würde es sich fragen, ob Kocncnia ehe- mals Lungen oder Tracheen besessen hat, eine Frage, welche vorläufig nicht sicher zu be- antworten ist. Auf Grund der vielseitigen verwandtschaftlichen Beziehungen, welche Koenenia zu den echten Pedipalpen, speziell den Schizopeltidia aufweist, möchte ich annehmen, daß die Vorläufer der heutigen Koenenien im Besitze von Lungen gewesen sind. Trithyreus ^ der ja nur noch eins der beiden Lungenpaare der größeren Pedipalpen hat, führt uns gewissermaßen schon die angenommene Reduktion vor Augen. Das Bauprinzip der Pedipalpen-Lunge ist dasselbe wie das der Lungen anderer Arach- niden, auch ihre Entwicklung zeigt nach den Untersuchungen Laurie's (41), Pereyaslaw- zewa's (47) und Gough's (24) die gleichen Verhältnisse wie sie von den übrigen lungen- atmenden Arachniden bekannt sind. Wenn nun auch die embryologischen Untersuchungen des letzten Jahrzehntes endlich die Homologie der Lwiuhis-Kxemen und der Arachiiidcti-L^ungen unzweifelhaft erwiesen haben, so erleidet doch die in beiden Fällen ursprünglich gleiche Lagerung der einzelnen Kiemen-, respektive Lungenlamellen bei den ausgebildeten Tieren der Scorpio7ic, Pedipalpen (exklusive — 99 — TrithyrcHs})^ 'rcfrupi/ciiiiiuiicn und einigen (allen?) DipuciDHonoi eine Abänderung, die man bisher noch nicht gewürdigt zu haben scheint. Zwar hat Bianchard die Lagerung der Lungen- lamellen bei Scorpioiicn, Pcdipalpen und Theraphosa (Älygalc)^ bereits vollkommen richtig er- kannt und abgebildet, und Laurie(41) beschreibt im Anschluß an diesen Forscher dieselbe Anordnung der Lamellen bei Jl/asfigoprociits Poe. Trotzdem finden sich in den meisten Lehr- büchern die Lungenschemata von Mac Leod (44), welche mithin für die meisten lungen- atmenden Arachniden nicht zutreffend sind, und auch unter manchen Dipneumonen nicht, wenn überhaupt, verwirklicht sind, da Mac Leod die Lagerung der Lamellen als vollkommen mit derjenigen der Z/w«/«5-Kiemen übereinstimmend angenommen hat. Aus diesem Grunde dürfte eine genauere Beschreibung der Verhältnisse, welche uns im Bau der ausgebildeten Lungen der Thelyphonidai und Tarantnliden entgegentreten, nicht überflüssig sein; zum Verständnis derselben sind einige Schemata beigefügt, die zwar jenen der klassischen Arbeit Mac Leod's ähnlich sind, in denen aber der oben berührte Fehler vermieden worden ist. Endlich hat man einen für das Verständnis der Respiration wichtigen Faktor, wenigstens bei den Pedipalpen nicht berücksichtigt , nämlich das Vorhandensein von Muskeln, welche an den Lungenlamellen inserieren und offenbar für die Zirkulation des Blutes innerhalb der Lamellen von Bedeutung sind. An den Lungen der Pedipalpen (und auch der übrigen Arachniden [Scorpiones, Arancae]) müssen wir zunächst zwei Abschnitte unterscheiden: einmal die äußere Luftkammer (vesti- bule pulmonaire Mac Leod's), welche sich durch ein breites, spaltförmiges ,, Stigma" oder ,,Pneumostom" (Bianchard) nach außen öffnet, und zweitens die Lamellen, zwischen denen sich die eigentlich respirierenden inneren Luftkammern, wenn man so sagen will, befinden. Die äußere Luftkammer erscheint nach Abtrennung der Lamellen, welche von ihr ausgehen, als ein hohles, verschieden gestaltetes Apodem. Bei den Thelyphoniden ver- längert sie sich außenseitlich in einen blinden, geraden oder geschweiften Zipfel, der auf Quer- schnitten, die unterhalb seiner vorderen Spitze geführt sind, wie eine platte Trachee mit ver- dickten Wänden aussieht (Textfig. 51, 61, 78a, 107). Dieser außenseitliche Zipfel der äußeren Lungenhöhle findet sich auch bei Trithyreiis und weniger deutlich ausgeprägt, und meist kürzer, bei den Tarantuliden] nach Bianchard scheint er bei Theraphosa gleichfalls nur kurz zu sein. Die äußere Luftkammer ist stets stärker chitinisiert wie die Lamellen und namentlich bei den Thelyphoniden mehr oder weniger stark pigmentiert, so daß sie bei der Präparation sehr leicht auffällt (cf. Taf. V, VI, Fig. 57 — 60, 76, 80). Im Bereiche des Pneumostoms geht die hintere Wand der äußeren Luftkammer in das dritte, resp. vierte Sternit des Hinterleibes , die vordere Wand in den stark chitinisierten Umschlag des sogenannten Genitaloperculums und somit auch in dieses, oder in das 3. Sternit über (cf. Schema Text- fig. 50 und 52), je nachdem wir das 1. oder 2. Lungenpaar vor uns haben. Die vordere Wand ist nun gewissermaßen gitter- oder rostartig durchbrochen und die durchbrochenen Stellen sind die spaltförmigen Öffnungen der zwischen den hier ansitzenden Lungenlamellen sich ausdehnenden inneren Luftkammern (Taf. V, VI, Fig. 58, 60, 76, alfk). Diese Spalten sind, wie es aus den verschiedenen Figuren zu ersehen ist, annähernd senk- ' Von einer anderen Aranec bildet auch Bert kau (7) die Lungenblätter in derselben Lagerung ab, und diesem Forscher würde es sicher nicht entgangen sein , wenn die Lamellen in der von Mac Leod angegebenen Weise gelagert wären. — 100 recht CTestellt nicht selten ein wenig von unten nach oben einwärts neigend. Sie finden sich bis ziemlich an das vordere Ende der außenseitlichen Zipfel der äußeren Luftkammer, liegen aber dort zuletzt annähernd horizontal, sodaß auch die hier inserierenden Lamellen horizontal <7ela<7ert sind. Die Mehrzahl der Lungenlamellen nimmt aber eine ihrer Insertion entsprechende mehr oder weniger schräg vertikale Lage ein, sodaß wir naturgemäß andere Schemata er- halten als wie sie uns von Mac Leod gegeben worden sind. Die Zahl der Lamellen ist eine sehr bedeutende, beide Lungenpaare haben für gewöhnlich annähernd die gleiche Größe, doch ist nicht selten das vordere ,^ Paar etwas kleiner ausgebildet als das hintere (cf. Taf. V, VI, Fig. 57, 59, 63). Wichtig ist nun, daß sich an das Vorderende der Lungen- lamellen Muskelfasern anhef- ten, welche zum vorderen Paar von der Bauchplatte des Genitalsegmen- tes, zum hinteren Paar von der hin- teren Wand der äußeren Luftkammer des ersten Lungenpaares abgehen (Taf. V, Fig. 58, 60, No. 170 u. 171). Die Muskelfasern des vorderen Muskels sind relativ lang, die des hinteren dagegen sehr kurz , und während ich die letzteren nur bei Mastigoproctus giganttits (H. Luc.) 9 deutlich erkennen konnte, fand ich die ersteren auch bei Tliclyphomis caudatus L. 9- Wahrscheinlich finden sich diese Muskeln auch im männlichen Geschlecht und vielleicht auch bei den Tarantuliden, wo ich sie bisher nicht gesehen habe. Bei diesen Formen (Taf. II, V, VI, Fig. 14, 63, 89) fanden sich dagegen andere Muskeln, welche von der Körperseitenwand an die Hinterwand der äußeren Luftkammer ziehen (135a, 136a) und eine Erweiterung derselben ermöglichen dürften. Ein vermutlich dem gleichen Zwecke dienender zarter Longitudinalmuskel (149) liegt ferner noch zwischen der Hinterwand der äußeren Luftkammer des zweiten Lungenpaares und dem Vorderrande des 5. opisthosomalen Sternits bei mehreren Tarcuihiliden (Davioii variegatiis, Charon grayi, Tamntida margnumacii- lata, Taf. II, V, Fig. 14, 63). In ähnlicher Weise heftet sich bei den Thclyphoniden (cf. Taf. II, V, Fig. 13, 57) der entsprechende Longitudinalmuskel (138), der vom Vorderrande der 5. Bauch- schiene ausgeht, etwa mit den seitlichen Dritteln seiner Breite an den Hinterrand des hinteren Lungenapodemes, ob er dort aber gleichzeitig einen Dilatator der äußeren Luttkammer dar- stellt oder nicht, muß vorläufig unentschieden bleiben. Nach Kenntnisnahme dieser, ich möchte sagen makroskopischen morphologischen Ver- hältnisse können wir uns leicht die Schemata, welche durch die drei Hauptebenen des Körpers geführte Schnitte darstellen, erklären. Das erste Schema (Textfig. 50) erhalten wir bei einem etwas schräg gerichteten Sagittalschnitt , der durch die Mitte des Pneumostoms geht. Von letzterem aus (pnst) gelangen wir in die noch ziemlich stark chitinisierte äußere Luft- Fig. 49. Tlielyphomis caudatus (L.) 9- Querschnitt durch die rechte vordere Lunge im Bereiche des Pneu- mostoms; oben in der Mitte etwa findet man geronnenes Blut zwischen den einzelnen Lungenblättern. Nach einer Photographie. kammer (alfkj und aus dieser durch die oben bescliriebene Spaltöffnung in die von den be- kannten zwei zarten Lamellen umgrenzte innere Luftkammer (ilfk); Muskeln (mll) inserieren an den Lamellen, welche bei ihrer Kontraktion und Erschlaffung eine Verengerung und Er- weiterung sowohl der „inneren Luftkammer" wie auch des zwischen solchen 2 Luftkammern Fig. 50. Fig. 51. urst '.' pnsl jirst 3 Fig. 52. i//k hw piist Fig. 50—52. Thelyphonus caudatus (L.). Scliemata zur Demonstration des Lungenbaues der .Thelyphoniden (und Amblvpygoi, wie auch der meisten Araneen). 50 ein parallel zu einem Lungenblatte geführter Schnitt, der das Pneumostom (pnst), die äußere Luftkanimer (alfk), den Eingangsspalt in das aus zwei dünnen Lamellen gebildete Lungenblatt (ipnst), welches die innere Luftkammer (ilfk) umschließt, und die der Kontraktion und Expansion der zwischen den Lungenblättern eingeschlossenen Bluträume dienen- den Muskelfasern (mll) zeigt. 51 Horizontalschnitt durch die Lunge (es sind nur wenige Blätter gezeichnet); das Pneumostom ist nicht getroffen, hw ist die hintere Wand der äußeren Luftkammer. 52 Querschnitt durch die Lunge (mit Zugrundlegung der Textfig. 49) ; die Lungenblätter sind schräg vertikal und nicht horizontal gelagert (mit Ausnahme der obersten) und nur ein Teil steht mit der äusseren Luftkammer direkt in Verbin- dung durch die mit ipnst bezeichneten Stellen; die übrigen Blätter sind mit ihr erst hinter der durch vorliegenden Schnitt getroffenen Körperpartie verbunden, der Schnitt hat ihren inneren, freien Teil getroffen. Gezeichnet sind alle wichtigen Bestandteile der Thelyphoniden (pp — ) Lunge, von der eigentlichen Hypodermis nur die Kerne (die zahlreichen, schwarzen Punkte), außerdem die Lammellenpfeiler und auch die charakteristischen Haarbildungen der Lamellen und äußeren Luft- kammer (resp. des Pneumostoms) in ihrer tatsächlichen Verteilung; hie und da finden sich zwischen den Lungenblättern Blutkörperchen und links auch eine Partie geronnenes Blut. Das alte entsprechende Schema Mac Leo d 's ist nicht nur bezüglich der Lage der Lamellen und des Pneumostoms, sondern auch im Hinblick auf die Muskelverhältnisse und die bisher übersehene echte Hypodermis (für die meisten Arachniden) nicht ganz zutreffend. — 102 — befindlichen Blutsinus herbeiführen. — Ein anderes Bild gewährt ein schräg durch die hintere Partie der äußeren Luftkammer geführter Transversalschnitt (Text- ficr. 49), der in Textfig. 52 schematisiert worden ist. Das Pneumostom ist noch schräg durch- schnitten , die hintere Wand der äußeren Luftkammer ist auch hier undurchbrochen , die vordere Wand wird dagegen von den hinteren schräg angeschnittenen Lamellenbändern gebildet, welche folglich frei in die äußere Luftkammer hineinzuragen scheinen, in Wirklich- keit aber doch an ihrem oberen und unteren Rande an den Wänden der letzteren befestigt sind. Außerhalb dieser sehen wir die durchschnittenen, zu zweien miteinander verbundenen und die ,, inneren Luftkammern" umschließenden Lamellen liegen. — Das dritte Schema endlich (Textfig. 51) erlangt man bei Horizontalschnitten, die naturgemäß nur die mit der äußeren Luftkammer verbundenen Lamellen zeigen; das Pneumostom durchschneidet man nicht in dieser Schnittrichtung, es sei denn unterhalb der Lamellen, sodaß die Luft- kammer geschlossen erscheint. Diese 3 Schemata gelten im wesentlichen für Scorpioiie, Pedipalpen und .Ivauccn (viel- leicht mit Ausnahme der Mac Le od 'sehen Untersuchungsobjekte); ob sie auch für Tiifliyrcus cambridgei Giltigkeit haben, kann ich leider nicht genau sagen; die Querschnitte, welche ich von den Lungen dieser Form besitze, scheinen mir dafür zu sprechen, daß die ursprüngliche horizontale Lagerung der Lamellen, die nur in sehr geringer Zahl vorhanden sind, ziemlich erhalten geblieben sei (cf. Textfig. 77, 78 a— c), sodaß für ihn Mac Leod's Schemata zu- treffen dürften, wenn wir die spezifischen Charaktere der Tn'fliyreiis-l^Ving& auf sie über- tragen. — — Vom feineren Bau der Lungenlamellen und ihrer Zellschichten, sowie den mannigfaltigen Cutikulargebilden zumal der äußeren Luftkammer, habe ich nur wenig prin- zipiell Wichtiges zu dem hinzuzufügen, was davon bereits bekannt ist. Der Unterschied, welcher in der Dicke der Chitinschicht zwischen den Wänden der äußeren und der inneren Lufträume ausgeprägt ist, wurde oben bereits hervorgehoben. Die eigentlichen Lungenlamellen zeigen ganz den Bau, wie ihn Mac Leod in seiner klassischen Arbeit gekennzeichnet hat. Jede der beiden zu jenen flachen, inneren Luftsäcken verbun- denen Lamellen ist äußerst zart und nimmt an Stärke nur in der Nähe der äußeren Luft- kammer zu, was namentlich bei lliclyphonidcn (Taf. IV, Fig. 37) auffällig ist, während es bei den Taranhdidcn (Taf. IV, Fig. 38), bei denen die Wände der letzteren nicht son- derlich stark chitinisiert sind, weit weniger hervortritt. Die dorsale Lamelle ist wie die Vorderwand der äußeren Luftkammer mit einer enorm großen Zahl von einfachen oder zwei- bis dreispitzigen, untereinander nicht verbundenen ( Tarantula [Taf. IV, Fig. 38]) oder mit solchen Härchen besetzt, welche sich distal mehr oder weniger stark verzweigen und deren Zweige gegenseitig zur Bildung einer ,, arkadischen" Struktur verwachsen. Dieser Fall liegt bei den Thclypliomdcn ( Mastigoproctiis und TlicLyphoiins) vor und scheint auch sonst unter den lungenatmenden Arachniden verbreitet zu sein (man vergleiche Mac Leod [44], Vogt und Yung [70]. Da die Figuren, welche Laurie von den Cutikular- bildungen der Lungenblätter des Mastigoprocius gegeben hat, nur mangelhaft sind, so habe ich deren drei beigefügt. Wenn wir eine der mit jenen verzweigten Haaren besetzte Lamelle, namentlich in der Nähe der äußeren Luftkammer, von unten betrachten, so erhalten wir etwa das Bild der Fig. 39, Taf. IV. Die runden Kreise [a] sind die senk- — 103 — recht stehenden Haarstämme und die zahlreichen Zweige Hegen hauptsächlich in 2 Etagen, deren oberste (c, in der F"igur am tiefsten erscheinend) nur teilweise angedeutet worden ist. Nach vorn, dem freien Ende der Lamellen zu, werden die Haarstämme immer kleiner, was schon Laurie bemerkt hat, auch die Verzweigungen scheinen seltener zu werden .und am äußersten Ende sogar zu fehlen. Niemals aber verwachsen jene Härchen mit der auf- liegenden nackten Lamelle des nachfolgenden inneren Luftkammerfaches, wie es Laurie angibt. Ähnliche, teilweise aber weit kompliziertere Haarbildungen finden sich an der Vor- derwand der äußeren Luftkammer bis zu deren oberstem Rande, sowie auch auf der ven- tralen Fläche derselben, während die Hinterwand bis in die Nähe des Pneumostoms nackt ist (cf. Textfig. 52). Im hinteren Teile der ventralen Wand finden sich zahlreiche schlanke, bäumchenartige Gebilde, die teilweise ziemlich groß werden. Ihre Gestalt ist aus Taf. IV, Fig. 40 deutlich zu erkennen ; sie stellen gewissermaßen nur Papillen dar, welche sehr ge- eignet sind, die mit dem arkadischen Haargeflecht bedeckte Oberfläche der Luftkammer zu vergrößern. Gegenüber den letztgemeinten Bildungen ist das starke Integument mit nackten, spitzen, wellenartig angeordneten Fortsätzen besetzt. Nach außen gehen diese Strukturen der äußeren Luftkammer in noch andere über, um dann schließlich aufzuhören. Es müßte das Thema einer selbständigen Arbeit sein, wollte man sich weiter, als es hier andeutungs- weise geschehen konnte, mit diesen Strukturen beschäftigen; es wäre ja nicht unmöglich, daß sie ähnlich wie bei den Scorpionen systematisches Interesse verdienen. Über die Bedeutung dieser Cu t i cu largebilde scheint man sich bei den Arachniden bisher noch keine genügende Rechenschaft abgelegt zu haben. Zwar findet sich im Vogt und Yung (70, Teil II, pg. 226) die Bemerkung: ,, Diese nur auf der Decklamelle entwickelten Här- chen verhindern ohne Zweifel das Ankleben der übereinander geschichteten Lungenblätter und sichern so die Zirkulation der Luft zwischen denselben". Dies scheint jedoch keineswegs ihr einziger Zweck zu sein, zumal die Natur das gegenseitige Verkleben der Lungenblätter auf viel einfachere Weise hätte verhüten können. Und warum finden sich jene Gebilde auch in der äu- ßeren Luftkammer bis an die Lippen des Pneumostoms in der oben angegebenen Verteilung? Ihr Hauptzweck ist zweifellos, die für die Respiration notwendige Luftver- dichtung herbeizuführen. Ich verweise auf die sehr interessante Abhandlung Ender- le in' s (21) über die Respirationsorgane der Gastriden (Diptera) ^ wo dieser Forscher den sogenannten ,, Chitinschwamm" des hinteren Stigmas der im Darmkanal verschiedener Säuge- tiere lebenden Gastridenlarven als einen solchen ,, Luftverdichtungsapparat" erkannt hat. Da das Chitin in hohem Maße die Fähigkeit besitzt, Gase auf seiner Oberfläche zu verdichten, wovon man sich bekanntlich durch sehr einfache Versuche leicht überzeugen kann, so müssen wir die gesamten Haarbildungen der Arachnidenlungen als eine Einrich- tung auffassen, die luftverdichtende Oberfläche der chitinisierten Wände zu ver- größern, und dazu ist wahrlich nichts geeigneter als eben die fraglichen Haargebilde. So verstehen wir es auch , warum dieselben zwischen den Lungenblättern in so enorm großer Zahl und auf der ganzen Fläche der einen Lamelle vorkommen: Da das Chitin das Be- streben hat, die Luft auf seiner Oberfläche zu konzentrieren, andererseits die Luft jederzeit das gleiche Mischungsverhältnis ihrer Gemengteile zu erhalten bemüht ist, so entsteht infolge der Oxydation des Blutes während der Atmung, dem damit verbundenen Sauerstoffverlust der in den inneren Luftkammern befindlichen Luft und der Kohlensäureausatmung des Tieres ^ 104 — ein fortwährender Luftstrom innerhalb der Luftkammern der Lungen, der in toto aufgefaßt, ein Ein- und Ausatmen bedeutet. Unterstützt wird dieser Strom dann noch durch die oben beschriebenen Erweiterungsmuskeln der Atemräume. Merkwürdigerweise sind die Zellelemente der Lungenblätter bisher nur unvollständig bekannt geworden. Ray Lankester (37), Mac Leod (44) und neuere Autoren kennen nur jene ,,Stützbalken ", welche zwischen je 2 Lamellen in ziemlich großer Zahl vorkommen und aus 2 oder 3 miteinander verschmolzenen Zellen gebildet werden (Taf. IV, Fig. 37, 38, Ipf).' Sie erscheinen im Aufsichtsbilde bei schwacher Vergrößerung wie kleine runde Körperchen, die schon Blanchard gekannt hat. Nach Angabe verschiedener Autoren sollen sie eine mesodermale Herkunft haben, und nach Mac Leod, wie bei Limulus^ einen stark lichtbrechenden, muskelfaserartigen Körper enthalten, der bei der Respirationsbewegung von Bedeutung ist. Nach den Angaben Plateau's (49) ist diese Annahme auch keineswegs un- wahrscheinlich, doch erinnere ich, ohne etwa die Ansicht dieser Forscher für unzutreffend erklären zu wollen, an die oben erwähnten und sich an die Lamellen ansetzenden Muskeln der Thelyphomis-L.Vingen. Bei meinen , leider für histologische Zwecke nur ungenügend con- servierten Untersuchungsobjekten konnte ich auf Schnitten nie jenen lichtbrechenden Körper in den ,, Stützbalken" erkennen. Außer diesen Gebilden finden sich nun in den Lungenblättern der fertigen Pedipalpen- lunge stets echte Hypodermiszellen, welche sehr flach und daher nicht leicht zu sehen sind. Hie und da findet man ihre platten Kerne (Taf. IV, Fig. 37, 38, hypk), die aber in der Nähe der vorderen Wand der äußeren Luftkammer stets zu mehreren beisammen liegen. Daß es diese Hypodermiszellen sind , welche jene Chitinlamellen und deren Haargebilde aus- geschieden haben und nicht etwa die Stützbalkenzellen, wie es Mac Leod annahm, braucht wohl kaum noch erwähnt zu werden. XI. Das Zirkulationssystem. Speziellere Untersuchungen über das Zirkulationssystem der Pedipalpen habe ich nicht angestellt. Soweit mir die Literatur bekannt geworden ist, hat bisher nur E. Blanchard insbesondere dem Blutkreislauf der TheLyphonidcn eine eingehendere Darstellung gewidmet. Er beschreibt ein arterielles, sowie auch ein venöses Gefäßsystem, von dessen Vorhanden- sein ich mich in vielen Fällen bei Tliclyplio)ien und Taranlulidcii habe überzeugen können. Am leichtesten gelingt es noch, die direkt vom Herzen (resp. dem Pericard) und seiner vorderen Verlängerung, der aorta cephalica, abgehenden Arterien zu präparieren; ebenso sind die pneumocardialen Venen des Opisthosoma, welche das oxydierte Blut von den Lungensäcken teils direkt, teils durch Vermittlung eines ventralen und der von diesem abgehenden lateralen ' Allerdings scheinen auch B e r t e a u x (6) und A. Schneider (60) bereits die echten Hypodermiselemente der Lungenblätter gefunden zu haben, wenn sie aber annehmen, daß die Hypodermis im Bereich der Lungen diskontinuier- lich sei, so steht das im Widerspruch zu den tatsächlichen Bauverhältnissen der Arachnidenlungen. Das Epithel ist zwar sehr flach, aber stets kontinuierlich. Schneider's Anschauungen über die Blutzirkulation innerhalb der Lungen sind — wenigstens für die Pedipalpen — nicht haltbar. — 105 53. 54. osl 1 ost 4 OS/ 5 , osi 1 55. OS/ .9 OS/ 4 ■- OS/ 1 Gefäße unter der Hypodermis, d. h. außerhalb jenes voluminösen durch die Chylusläppchen der Darmdivertiivel , den Malpighischen Gefäßen und dem Fettgewebe gebildeten Organ- komplexes, dem Perikard zuführen, ohne besondere Schwierigkeit zu erkennen. Die von Ray Lankester und seinen Schülern (40) von L/niul/is und Scorpionen zuerst beschriebenen Per icar dioventral-Muskeln finden sich gleichfalls bei den Pedipalpen, wo sie bei Tl/cly- p]ionc7i und Tarantuliden eine ähnliche Lagerung zu den tergosternalen Muskeln einnehmen, wie es für die Scorp/o/ie zutrifft. Bei Trithyreus Cambridge/ und Koeitoi/a v//rab/lis habe ich vergeblich nach ihnen gesucht. Das Herz stellt hier bekanntlich, ähnlich wie bei den Scorpionen^ einen langgestreckten Schlauch dar^ der sich nach hinten bis zwischen die beiden letzten Dorsoventralmuskel- paare (bei Thclyphoi/iden und Amblypygen bis an den Vorder- rand des 8., bei Trithyrei/s des 7, bei Koenenia wahrschein- lich nur bis an den Hinterrand des 5. Segmentes) ausdehnt, wo er sich bis in die Arteria caudalis unmittelbar verlängert. Der prosomale Abschnitt des Herzens scheint nur bei den Thelyphonidei/ noch als solches angesprochen werden zu können, indem er 2 allerdings weniger auffällige und bisher vermißte Ostiolenpaare trägt, deren eines eben vor dem 1. Dorsoventralmuskelpaar des Hinterleibes, deren zweites etwa in der Mitte zwischen jenem und der die Basis des Oberschlundganglions umfassenden Gabel der Aorta cepha- lica gelegen ist (Textfig. 53). Bei den Taranh/liden fanden sich keine Ostiolen mehr in der prosomalen Herzverlänge- rung, welche folglich in gleicher Weise, wie bei den Arai/ecn, mit Recht den schon lange gebräuchlichen Namen der Kopf- aorta verdient. Dies gilt übrigens auch für die Tartariden (Trithyre//s). Die Zahl der Ostiolenpaare beträgt im Hinter- leibe bei den Thelyphonide// 7, bei den Tarantidide// 6, bei Trifliyre/is 5 und bei Koenenia vermutlich, nach Untersuchung lebender Objekte, nur 4. Die Tl/clypl/oi/idci/, welche in der Zahl ihrer Herzkammern jedenfalls noch die ursprünglichsten sein dürften, zeigen am Herzen mithin noch 9 Ostiolenpaare. Daß auch Koenettia im Besitze eines dem der anderen Arachniden vergleichbaren Herzens ist, wurde neuerdings von Miss Rucker (57), trotz der Angabe Grassi's (26), welcher die Pulsation des Herzens beobachtet haben will, bestritten. Die amerikanische Forscherin sagt: ,,its definite hcart has not yet made its appearance", eine Anschauung, zu der sie sich offen- bar nur hat verleiten lassen, weil sie, wie auch Grassi, in Koenenia ,,the most primitive of all Arachnoidea" erblickt hat. Die Unrichtigkeit dieser Annahme, speziell der Herz- losigkeit von Koenenia (mirahilis)^ geht jedoch aus meinem Funde unzweifelhaft hervor. Auf Querschnitten, etwa in der Region des 3. und 4. Hinterleibsringes, findet man bei gut kon- servierten Individuen und geeigneten Färbungen das Herz stets in Form eines kleinen, aus Fig. 53. Schema eines Thelvphomden-'Rexze'ns; die Aorta cephalica (aoc) ist eben vor ihrer Gabelunfj (dicht hinter dem Oberschlund- ganglion) abgeschnitten. Fig. 54. Dasselbe v. Tri/Iiyrcus camlnidgci (Thor.) 9- Fig. 55. Dasselbe von Koenenia mirabilis (Gr.) 9- Zoologica. Heft 42. 14 — 106 — 1 oder 2 Zellen gebildeten Ringes (Textfig. 93 — 96, 98 hz). Daß aber, selbst wenn Koenenia wirklich kein Herz hätte, ein solches Verhalten auf keinen Fall etwas sehr Ursprüngliches sein könnte, braucht wohl nicht weiter ausgeführt zu werden. Ob übrigens Grassi das wirkliche Herz von Koenenia gesehen hat, welches sich nach ihm ,,in corrispondenca dell' addome e della parte posteriore del cefalotorace" durch Pulsation ausgezeichnet haben soll, erscheint mir zweifelhaft. Mir gelang es an lebenden Koenenien nicht, eine eigentliche Herz- pulsation zu konstatieren, wenn ich auch das Herz in der Ausdehnung der Textfig. 39 habe sehen können, eine Beobachtung, deren Richtigkeit mir die später vorgenommenen Schnitt- serien gezeigt haben. Im Prosoma fiel mir aber jene merkwürdige rhytmische Bewegung auf, die durch eine regelmäßige, bisweilen jedoch unterbrochene und dann wieder beschleu- nigte Kontraktion und darauf folgende Erweiterung des prosomalen Darmdivertikels erzeugt wurde. Vielleicht ist diese Schluckbewegung es gewesen, welche Grassi zu seiner Aussage geführt hat. — Besonders kräftig fand ich bei den Uro- und Ainblypygcn nur die Ringmuskelschicht des Herzens entwickelt, während eine ausgesprochene Längsmuskelschicht zu fehlen scheint; nur wenige, zarte, längsgerichtete Fasern, deren muskulöse Natur sich nicht sicher feststellen ließ, fand ich dorsal über den Ringmuskeln gelegen. In der Umgebung der Ostiolen haben diese einen sehr charakteristischen Verlauf, indem sich stets je 2 Fasern zu einer Schleife zusammenlegen, und nehmen an der Bildung der Ostiolenklappen teil. XII. Die Ventralsäcke des Mesosoma. Das Verdienst, zum erstenmal bei einem unzweifelhaften Vertreter der Arachniden aus- stülpbare Ventralsäckchen beobachtet zu haben, hat W. M. Wheeler (74). Seine Entdeckung bezog sich ?i\xi Koenenia wkeeleri Rucker, welche von Wheeler ursprünglich für K. mirabilis gehalten worden war. Der Fund Wheeler's erregte ein umso berechtigteres Aufsehen, als ähnliche Ventralsäcke sonst nur von Myriopoden und Hexapoden bekannt ge- worden waren. Ihr Entdecker nannte sie ,,Lung-books" oder ,,Lung-sacs". Hansen (30) fand diese lung-sacs noch bei einigen anderen Koc7ienia-hxt&n^ und kriti- sierte gleichzeitig die Ansicht "Wheeler's, daß diese Organe als die Vorläufer der Lungen oder Tracheen zu betrachten seien, was auch ich in keiner Weise glauben möchte. Auch bestritt er die Angaben Wheeler's und Rucker's, denen zufolge die Dorsoventralmuskeln die Wiedereinstülpung der ,, lung-sacs" besorgen sollten, ohne jedoch die wirklichen Retraktor- muskeln derselben gefunden zu haben. Zu gleicher Zeit etwa fand ich bei verschiedenen Tarautulidcn ein Paar ausstülp- barer Ventralsäcke, deren Lage zwar nicht mit derjenigen eines der drei Säckchenpaare der ausgewachsenen Koenenia wheeleri übereinstimmt, aber deshalb umso interressanter ist, als sie dem 3. mesosomalen Segmente angehören, in dem außerdem das 2. hintere Lungen- paar gelegen ist. Diese Tatsache spricht somit entschieden gegen die von Wheeler eingeleitete und von Miß Rucker noch etwas weiter ausgeführte Ansicht. Die Ventralsäcke der Pedipalpen, wie ja auch jene der verschiedenen Ateloceraten, — 107 — sind keine ursprünglichen Bildungen, sondern neuerworbene Organe, die bei den ersteren keinenfalls mit primären Respirationsorganen in Beziehung zu I)ringen sind. Die Ventraisäcke der Amblypygen finden sich (stets nur in einem Paar) bei allen Phryni- chinae Sim. und Charontinae Sim. mit Ausnahme der Gattungen C/tarinus E. Sim. xmcXCatagius Thoreil, kleiner Formen, bei denen wir wohl eine Rückbildung der fraglichen Organe an- nehmen dürfen. Eine ähnliche Rückbildung trifft auch für Dämon varicgatns (Perty) zu, welche bei dieser Art jedoch nur die eigentlichen Säckchen betroffen hat. Wir unterscheiden nämlich außer den eigentlichen, ausstülpbaren Säckchen noch je 1 ,,Dec kpl ätt chen", die am Hinterrande der Bauchschiene des 3. Hinterleibsringes dicht nebeneinander liegen (Taf. IV, Fig. 31, dp). Diese Deckplättchen wurden von Kraepelin (35 b, 36), der merkwürdigerweise zwar von ihnen, aber nicht auch von den Säckchen Kennt- nis genommen hat, als ,, abgegliederter Randsaum" oder ,,Randplättchen" bezeichnet, und der Gedanke, daß wir es in den ,, Deckplättchen" mit Schnürstücken des entsprechenden Uro- sternits zu tun haben, ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Die beiden Säcke, welche man nicht selten an den in Alkohol konservierten Tieren weit ausgestülpt findet, können eine ziemlich ansehnliche Größe erreichen (Taf. IV, Fig. 32, 34, vnts) ; wenn sie au.sgestülpt sind , fallen sie schon dem unbewaffneten Auge bei den größeren Arten auf. Ihr Integumcnt ist sehr zarthäutig und unpigmentiert; auch fehlen Poren- kanäle in demselben, wenn ich nach den diesbezüglich von mir untersuchten Säckchen von Phrvnichus retiifoniiis (L.) einen Schluß ziehen darf. Die Hypodermis zeigt überall einen normalen, nicht drüsigen Charakter (Taf. IV, Fig. 33); ihre Kerne sind relativ groß und chromatinreich. Die Ausstülpung der Säckchen erfolgt durch den Blutdruck, der seinerseits durch die Tätigkeit der Muskulatur des Hinterleibes hervorgerufen wird. Schnitte durch die weit- ausgestülpten Säcke eines Plirynichus reniforviis 9 erwiesen diese auch tatsächlich dicht mit geronnenem Blut und Blutkörperchen (Taf. IV, Fig. 33, blk) erfüllt. Bei Dämon variegatus fand sich übrigens ein Kanal (Taf. VI, Fig. 91, ca), welcher die beiden hinteren Lungen unterhalb der segmentalen Muskulatur (153) miteinander verbindet und vermutlich bei der Zufuhr des Blutes zu jenen Säckchen eine Rolle zu spielen hat. Die Einstülpung der Ventralsäcke bewirken bei Phryniclms rcniformis (L.), Dämon variegatus und Charon grayi (Gerv.), die auf diesen Punkt hin untersucht wurden, 2 relativ lange Muskeln (154), welche schräg zur Körpcrlängsaxe gestellt sind, seitlich, am Vorder- rande des 3. Urosternits, oder gar noch von der die Tergite und Sternite verbindenden Zwischenhaut abgehen und zum Teil am Vorderrande der Deckplättchen, mit zahlreichen Fasern aber auch an der zarten Membran des Säckchens inserieren. Bei Dämon variegatus ^ fand ich außerdem noch einige kleine Fasern (154 a), welche von der zarthäutigen Hinter- wand des Uterus externus nach hinten verlaufen (und sich ebenfalls als Retraktoren der Ventralsäckchen, resp. ihrer Deckplättchen betätigen dürften?). Die Palpigraden sind nach den Angaben von Wheeler, Rucker und Hansen entweder mit 3 Paar Ventralsäckchen ausgestattet, oder sie entbehren derselben. Zu den ersteren gehört Koenenia zülieeleri Rucker, zu den letzteren Koenenia mirabilis Grassi. Wo sie vor- kommen, liegen jene Ventralsäckchen (wenigstens bei ausgewachsenen Individuen) im 4. bis — 108 — 6. Hinterleibssegmente/ und ihre Öffnungen werden von starken Borsten geschützt. In der Nähe der Säckchen finden sich Haufen von eigentümlichen kleinen Körperchen, die Hansen als Blutkörperchen angesprochen hat, eine Ansicht, die viel Wahrscheinlichkeit für sich hat. Zwei in ihrer Ausdehnung ziemlich wechselnde Haufen derartiger Körperchen finden sich auch bei Kocncnia mirabilis ^ die schon Grassi (26) aufgefallen waren, und welche er als Sinneszellen interpretiert hatte. Dieselben liegen hauptsächlich im 4. und 6. Hinterleibssegment und machen allerdings, wenn man nur oberflächlich zuschaut, den Eindruck von Ganglien, für welche auch ich sie (11), als ich meine Untersuchungen über Pedipalpen begann, beein- flußt von Grassi 's Annahme zunächst ansah. Auffällig war mir aber schon von Anfang an die geringe Größe der vermeintlichen Sinneszellen gegenüber den Ganglienkernen des mesosomalen Ganglions. Als ich später die Rucker 'sehe Arbeit (57) über die mit Ventral- säckchen versehene texanische Koenenia erhielt, brachten die Angaben dieser Forscherin von dem Vorkommen dreier derartiger Körperkomplexe in unmittelbarer Nähe jener Ventral- säcke einmal die Gewißheit, daß die fraglichen Gebilde sich bei den Kocnenicn entsprächen, und daß wir es dabei ferner mit blutkörperchenartigen Bildungen zu tun hätten, eine Mei- nung , die dann auch bald von Hansen (30) selbständig ausgesprochen wurde. Weiter bestärkt wird diese Erklärung durch Beobachtungen, welche ich während meines zweiten Auf- enthaltes in Kalabrien machen konnte. Lebende Kocnaiicn zeigten nämlich, daß die Bauch- partien des Hinterleibes, in denen die bekannten starken Schutzborsten stehen (4. und 6. Seg- ment), in fortwährend zitternder Bewegung sind, die sich auch an jenen Borsten wahrnehmen ließ. Diese zitternde Bewegung wird von einem Blutstrom hervorgerufen, der, mit rhyht- mischer Pulsation, sich an der Bauchseite des Hinterleibes vom 2. oder 3. Segment an nach vorn bewegt, ein Blutstrom, der auch den anderen Pedipalpen zukommt und von Blan- chard (10), Claparede (19) und anderen Forschern bei anderen Arachniden nachgewiesen worden ist. Derselbe enthält frisch oxydiertes Blut, welches auf dem früher angegebenen Wege (wenigstens bei Uro- und Aniblypygot) zum Herzen weiter geleitet wird. Bemerken.swert ist ferner das Vorhandensein von 4 Muskelpaaren (38^ Textfig. 21, 98) im 4. bis 7. Hinterleibssegment bei Koenenia mtrabilis, die auffallend an die Retraktormuskeln der Ventralsäcke der Amblypygen erinnern ; da sie gerade in den Segmenten jener Blutkörper- akkumulate liegen, so legt uns ihr Vorkommen den Gedanken an das ehemalige Vorhanden- sein von Ventralsäckchen gewiß nahe, wie ich andererseits auch bestimmt annehmen möchte, daß diese Muskeln bei Koenenia wheeleri gleichfalls und zwar als wirkliche Retraktoren der Ventralsäcke ausgebildet sind. Die physiologische und biologische Bedeutung der Ventralsäckchen jener wenigen Pedipalpen ist leider noch gar nicht aufgeklärt , was uns bei der kurzen Zeit , die seit ihrer Entdeckung vergangen ist, nicht wundern kann. Daß sie ähnlich, wie die Abdo- minalsäcke der Thysanuren^ Collenibolen etc., neben anderen, in diesem Falle unbekannten Zwecken den der Unterstützung der Atmung haben werden, ist wohl nicht gerade unwahr- scheinlich. ' Augusta Rucker hat in einer schon öfter zitierten Abhandlung (58) nachgewiesen, daß diese Ventralsäckchen bei Koenenia wheeleri Rckr. in der Jugend zunächst im 2. und 3. Hinterleibssegment erscheinen, dann aber wieder rück- gebildet und von zwei neuen Paaren im 4, und 5. Segment ersetzt werden, zu denen sich bei ausgewachsenen Tieren noch ein drittes Paar im 6. Segment gesellt. — 109 — Vergleichend mo r pholotJ is c li möchte ich (he Ventralsäckchen als Coxalorgane auffassen, da wir die Urosternite, ähnlich wie bei den Ateloccraten, als das Verwachsungs- produkt des ursprünglichen Mediosternums und der bt'iderseitigen Coxen des betreffenden Segmentes ansehen müssen, die Ventralsäcke selbst aber als paarige Organe nicht, median gelagert sein können, folglich also in genetischer Beziehung zu den seitlichen Teilen des Urosternits stehen dürften. (Man vergleiche diesbezüglich auch den Abschnitt über die äu- ßeren Geschlechtsanhänge.) Vom vergleichend systematischen Gesichtspunkt aus ist das V^'orkommen der Ventralsäckchen bei Palpigradcii und Taraiäuliden sehr eigentümlich , da sie bei den (Jro- pygcn, soweit wir bis jetzt wissen, fehlen und auch von anderen Arachniden bis jetzt nicht bekannt geworden sind. Da nun die Uropygen in mancher Hinsicht die zwischen jenen bei- den Pedipalpengruppen vermittelnden Formen sind, so bleibt uns zur Erklärung jener Er- scheinung vorläufig nur die Annahme übrig, daß Ventralsäckchen bei den Ahnenformen der Pedipalpen weiter verbreitet gewesen sind. XIII. Das Genitalsystem. Die Geschlechtsorgane der Pedipalpen sind erst wenigemale einer speziellen Unter- suchung unterzogen worden. Wieder ist es E. Blanchard (10), dem wir die erste, leider nicht gerade mustergiitige Darstellung des Genitalsystems der Tlielyplioniden und Taraiituliden verdanken. Seit dem Erscheinen seines Werkes im Jahre 1852 haben die Geschlechtsorgane der Amblypygcn (Tarantnliden) meines Wissens keine Bearbeitung mehr erfahren, wenn ich von einer in ihren Resultaten gänzlich verfehlten Arbeit Bernard's (4) absehe. Ebenso fehlt bis heute eine genaue Beschreibung der Genitalien der Palpigraden, die von Grassi (26) und Ruck er (57) nicht genügend behandelt worden sind, der Tartaridcn^ von denen außer meiner vorläufigen Mitteilung gar keine Angaben vorliegen , wie auch der Tlielyplioniden^ bei denen allerdings Tarnani (65) die fraglichen Verhältnisse mit einiger Vollständigkeit klar- gelegt hat. Diese letzte Tatsache macht mir übrigens die ungenügende Darstellung, welche L a u r i e (41) von den männlichen Geschlechtsorganen der Thelyphonidengattung Mastigo- proctus Poe. gegeben hat, unerklärlich. I. Bau der weiblichen Geschlechtsorgane. Ihre einfachste Gestaltung treffen wir bei den Amblypygen an. Diese besitzen in der Regel ein paariges Ovarium, welches sich vom 4. oder 5. bis 8. Hinterleibssegmente an der Bauchseite zwischen den Dorsoventralmuskeln ausdehnt. Jedes Ovar stellt einen, meist dorsoventral stark zusammengedrückten geraden Schlauch dar, an dessen Ventralseite sich die Eier in der für die Arachniden bekannten Weise in ziem- licher Anzahl entwickeln. Nur einmal beobachtete ich ein der ganzen Länge nach unpaares Ovarium bei einer nicht sehr großen Tarantula viarginetnaculata (C. L. Koch), das seine Ent- stehung offenbar der Verschmelzung der sonst paarigen Ovarialschläuche verdankt (Textfig. 56). — 110 ovd urst 2 OlHi. anh. dvnt 5 Diese verschmälern sich nach vorn zu in die Eileiter (ovd), deren Längsaxe seitlich gerich- tet ist, und welche ziemlich an der vorderen Grenze des Genitaloperculums nach unten in die geräumige Höhle des Uterus internus femininus umbiegen (Taf. III, Fig. 14, Taf. V, Fig. 63; Textfig. 56, ut.int.). Kurz vor der Einmündung der Ovidukte in den Uterus internus fand sich bisweilen (bei Tarantula-Axten) eine sackartige Erweiterung des Endabschnittes der Eileiter, die man als Receptaculum seminis anzusprechen geneigt sein könnte (Textfig. 56, ovd. anh.); ihr Zusammenhang mit dem Ovidukt und das Fehlen einer chitini- sierten Intima beweisen aber die Unrichtigkeit einer solchen Annahme; bei den meisten weiblichen Amblypygcn^ die ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, fehlte dieser sackartige Anhang. Der Uterus internus, dessen Epithel sich durch das Fehlen einer Chitinbekleidung von dem des Uterus extern US unterscheidet, geht nach hinten zu, ohne einen be- sonderen Chitinring zu passieren, in den leztgenannten Abschnitt über, der dann am Hinterrande des großen sogenannten Geni- taloperculums in der Mitte zwischen den Offnungen des ersten Lungenpaares nach außen mündet (Taf. V, Fig. 63 — 65). Nur am äui.sersten hinteren Rande bilden Uterus externus und die Lungenöffnungen einen einheitlichen flachen Raum, dessen Außen- öffnung der Breite des Genitaloperculums ent.spricht. Wie es aus den Fig. 64, 65, Taf. V und dem Schema der Textfig. 66 hervorgeht, stellt der Uterus externus eine mediane Einstülpung der Verbindungshaut der 2. und 3. Bauchplatte des Hinterleibes dar, welche nach innen (vorn) unmittelbar in den Uterus internus übergeht; diese Stelle nennen wir die innere Genitalöffnung. An der Übergangsstelle der Höhlung des Uterus externus in den oben erwähnten gemeinsamen Raum der Lungen- und Ge- schlechtsöffnung ist ein kleines, zarthäutiges Aj)odem ausgebil- det (Taf. V, Fig. 63, No. 88), welches der Anheftung des im VI. Abschnitte dieser Arbeit aufgeführten 3. Dorsoventralmuskel- paares, sowie einiger anderer Muskeln dient. Dieses Apodem gehört, wie wir oben bereits sahen, vergleichend morphologisch dem 3. mesosomalen Segment an. An der ventralen, vorderen Wand des Uterus externus, nahe der äußeren Öffnung desselben, finden wir endlich bei den meisten Amblypygcn ein ursprünglich wohl paariges Gebilde, das ich früher (13) gemäß seiner Funktion ,,Coconhal t er " genannt habe (Textfig. 57, Taf. V, dvm 8 Fig. 56. Tariuiliila marginemaculata (C.L.K.) 9- Etwas schematisierte Darstellung des Ovariums (ov), der Ovidukte (ovd) und des Uterus (ut. int.) ; zur Orien- tierung sind die Dorsoventralmuskel- paare 2 — 8, einige Segtnentgrenzen und das Genitaloperculum gezeichnet; von oben gesehen. Das Ovarium ist unpaar und besitzt einen sackartigen Anhang (ovd. anh.) am Ende der Ei- leiter. i.57 156 156 gophk gophk hkapd Fig. 57. Tarantula palmata (Hbst.) 9- Der Coconhalter von oben gesehen, etwas schematisch, mit durchschei- nenden Muskeln ; hkapd ist ein Apo- dem des beweglichen Hakens (gophk); links ist nur Muskel 156 gezeichnet (vergl. auch Fig. 65 u. 66 auf Taf. V). Fig. 65, go[a]p). Entsprechend der näheren phylogenetischen Verwandtschaft, welche die Charontinae , im Gegensatz zu den Tarantuliuac ^ mit den Phrynicliinac verbindet, finden wir im Allgemeinen zwei verschiedene Formen des Coconhalters. Bei den Phrynichinen und Charo)ilincn stellt er eine mehr oder weniger einheitliche , etwas stärker als der übrige Teil — 111 — des Uterus externus chitinisierte Platte dar, auf der sich symmetrisch linilypygcn ihre abgelegten Eier in einem lockeren Cocon an der Bauchseite des Hinterleibes, indem sie die Bauchschienen des 3. — 10. oder 11. Segmentes der Wölbung des Cocons entsprechend einbiegen, während die zarteren Ver- bindungshäute der Tergite und Sternite sich seitlich etwas um den Cocon herumlegen, sodaß dieser in einer seichten, mit der Öffnung nach unten gerichteten Höhlung des Hinterleibes des Muttertieres ruht. Bei den größeren Formen der Amblypygen scheint diese Befestigung des Cocons nicht zu genügen, und es mag dies wohl den Anlaß für die Ausbildung des Cocon- halters gegeben haben. Bei je einem ihren Cocon tragenden Weibchen von Tarantula mar- ginemactdata (L. L. Kch.) und Charon grayi (Gerv.) ließ sich sehr schön beobachten, wie der Cocon fest an dem Coconhalter haftete; namentlich von dem hakentragenden Organ der Taran- tulinen ließ sich dies schon von vornherein erwarten. Bei Charinus scyclmllantm Krpln. vermißte ich jegliche Andeutung eines Coconhalters, während sich bei Sarax saravakensis (Thor.) die Reste desselben noch deutlich wahrnehmen ließen. Da diese Formen relativ klein sind, .so dürfte für sie die Annahme einer Reduktion des in Rede stehenden Organes wohl ziemlich wahrscheinlich sein. (Ob der kleine Catagius pusillus Thor, einen Coconhalter besitzt, konnte leider wegen Mangel von Untersuchung.s- material nicht ermittelt werden.) — 112 — dvm 1 drm 4 dvm *i Es welariCT mir nicht, ein echtes Receptaculum seminis bei irgend einem Taran- tulidcn-V^ eihch&n aufzufinden; es ist daher anzunehmen, daß dasselbe dieser Pedipalpengruppe überhaupt fehlt, eine Eigentümlichkeit, der wir bei den Palpigradcii ebenfalls begegnen. Die Palpiqraden {Kociicnia niirahilis [Grassi] und Prokociienia wliccleri [Rucker]) zeigen uns im wesentlichen dieselben Bauverhältnisse des weiblichen Geschlechtsapparates. Infolge der sehr Lrerincren Größe der Zellen des eigentlichen Ovarialschlauches , sowie der Ovidukte, ist es bisher nicht gelungen, diese Teile des weiblichen Geschlechtsorganes richtig zu ver- stehen, und zu beschreiben. Weder Grassi (26), noch Miss Ruck er (57) kannten die Ovarialhöhle und die Eileiter, und das, was Miss Rucker für die letzteren gehalten hat, ist in Wirklichkeit der Endabschnitt der in einem früheren Kapitel beschriebenen Coxaldrüse. Meine Untersuchungen, die ich an gut konserviertem Material mit Hülfe lückenloser Schnittserien vornahm, führten mich zu dem Resultate, dafi das Ovarium von Koenciiia {mirabilis) keineswegs stets unpaar ist, wie man bisher annahm, daß die Unpaarigkeit vielmehr bisweilen nur durch die starke Ent- wicklung der Eier an der Ventralseite des unpaaren oder paa- rigen Ovarialschlauches vorgetäuscht wird. Das eigentliche Ovarium dehnt sich meist vom 3. — 6. oder 7. Hinterleibssegment in der Höhlung , welche durch die seitlich das Ovar über- hängenden Darmdivertikel , die Bauchwand des Körpers und die 4 letzten Dorsoventralmuskelpaare begrenzt wird, aus (Text- fig. 58, 98 — 100, ov). Eier entwickeln sich wie bei den Ainbly- pygen und Thelyphoniden nur an der Ventralseite des Ovariums, das meist einen der ganzen oder den größten Teil seiner Länge nach unpaaren, dorsoventral stark zusammen gepreßten Schlauch darstellt (Taf. V, Fig. 70, 71, ov). Zweimal hatte ich jedoch Gelegenheit, 2 getrennt nebeneinander verlau- fende O varialschläuche (Textfig. 98, 99) zu beobachten, von denen nach vorne jeder in den zugehörigen, engröhrigen und zartwandigen Eileiter überging. Es walten also bezüglich der Paarig- oder Unpaarigkeit des Ovariums bei den Palpigraden dieselben Verhältnisse ob wie bei den übrigen Pedipalpen, wenn auch ein unpaarer Eierstock bei ihnen die Regel zu sein scheint, wie bei den A/iiblypygcn verlaufen die Ovidukte in etwas seitlicher Richtung nach vorne, um auch hier ventralwärts umzubiegen und in die geräumige Höhle des unpaaren Uterus internus femininus zu münden. An diesen schließt sich wieder unmittelbar der Uterus externus, der sich hinter seinem Beginn zunächst etwas verjüngt, sich dann aber stai'k verbreitert und — wie bei allen Pedipalpen — mit einer breiten Querspalte nach außen öffnet (Textfig. 58, 59, 96, 97). Der Uterus externus wird in derselben Weise gebildet wie bei den Ambiypygcu, nur ist seine Öffnung infolge des Fehlens der Atmnngsorgane einheitlich. Seitlich, nahe der Grenze zwischen dem 2. und 3. Segment, Fig. 58. Kocnenia mirahilis (Gr.) 9- Schematisierte Darstellung des Hin- terleibes nach Wegnahme der Rücken- decke, mit eingezeichnetem Ovarium, Dorsoventral- und Longitudinalmus- keln, Endplatte des Entosternums (ntst) und dem hinteren Abschnitt der lin- ken Coxaldrüse (cdr). Das Ovarium trägt an der Unterseite Eier und ist fast ganz unpaar, nur hinten läßt es noch seine ursprüngliche Paarigkeit erkennen. Rückenansicht. In der gleichen Weise ttce i^rurS — 113 — finden wir an ihm ebenfalls jederseits ein winzit^^cs, dem 3. Dorsoventralmuskelpaar zur, In- sertion dienendes Apodem, welches hier mehr den Anschein eines „muskulär Stigma" Ray Lankesters hat. Seine dorsale Wand zeigt uns eine unpaare, mediane, sich breit in das Lumen des Uterus externus öffnende, kurze Einstülpung, die viel- leicht als die letzte Andeutung eines Receptaculum seminis aufzufassen wäre (Taf. V, Fig. 69, ut. ext. f). Miss Rucker gibt für Prokoenenia zoheeleri sogar das Vorhandensein eines echten, sack- artigen Receptaculums an dieser Stelle an, doch trifft dies Ver- halten für Kocncnia inirabilis keinesfalls zu , da man die eben beschriebene Einstülpung, die eher einer Falte entspricht, nicht mehr als Receptaculum seminis determinieren kann. Zudem fand '^' • II- n vuij • roi,. . 1. Koenenia mirabilis (Gr.) 9. ich bei einer groben Zahl der von mir auf Schnitten untersuchten Tiere die S p e r m a t o z o e n b a 1 1 e n, die bei Thehphonm und "^"f"^ GescMechtsöffnung, die ' ^ ' nicht pubeszierten Gonopoden Trithyrcus in den Receptaculis beobachtet werden konnten, stets (a , = i. Paar derselben) und im Uterus externus (Taf. V, Fig. 69, Textfig. 96, spm). 'J'^. Porenöffnungen der acces- . • 1 T-^ .. 1 1 i\/r ■ T-> 1 sorischen Drüsen des Uterus ex- Accessorische Drusen, welche Miss Rucker temus (acc. drus.) zeigend. beschreibt, ließen sich bei unserer europäischen Koenenia auch Seitenansicht, finden. Sie stellen 2 Zellkomplexe dar, welche sich zu beiden Seiten und dorsal vom Uterus externus ausdehnen und bis ins 3. mesosomale Serment hinein- reichen. Das Fettgewebe grenzt unmittelbar an sie an, und oft macht es den Eindruck, als gehörten die beiden Zellkomplexe zum Fettgewebe selbst (cf. Taf. V, Fig. 69, 72, 73). Dies ist aber einmal deshalb unwahrscheinlich, weil man schon an Totalpräparaten die fraglichen accessorischen Drüsen als selbständige Bildungen erkennen kann, deren feiner histologischer Bau doch nicht ganz mit dem des Fett-Zwischengewebes übereinstimmt, dann aber auch des- halb, weil wenige kurze chitinisierte Kanälchen in diese Zellkomplexe hineinragen, welche zu beiden Seiten nahe der Außenöffnung des Uterus externus, zur Hälfte auf seiner ventralen, zur Hälfte auf seiner dorsalen Wand in jenen münden, resp. von ihm ausgehen (Taf. V, Fig. 72). Auf Kalilaugepräparaten kann man sie, und vor allem ihre Öffnungen sehr leicht erkennen (Textfig. 59). Da nun, wie wir noch sehen werden, nicht unähnliche Drüsen- öffnungen, allerdings in großer Zahl und über den größten Teil des Uterus externus verstreut, auch bei den größeren Pedipalpen vorkommen, so möchte ich die beschriebenen Kanälchen und die zu ihnen gehörenden Zellelemente von Koc7ienia als die Äquivalente jener ansehen, folglich die so eigenartig aussehenden Drüsenzellen vorläufig als umgewandelte Hypodermis- zellen auffassen. An der gleichen Stelle, an der sich bei den meisten Amblypygcn der Coconhalter be- findet, h&'&xX.zt Koe7icnia ein Paar kleiner, glatter, zäp fchenförmige r Anhänge, denen ein ähnliches Paar am folgenden (3.) Segment entspricht (Textfig. 59, 68). Diese beiden Anhangs- paare sind anscheinend für sämtliche bis heute bekannt gewordenen weiblichen Palpigraden typisch (cf. H. J. Hansen, 30). Bei den Schizonotiden begegnen wir im Prinzip wieder den gleichen Verhältnissen. Wie es meist bei Koenenia zutrifft, so fand ich bei dem einzigen von mir untersuchten weiblichen Exemplar von Trithyreus cambridgei (Thor.) einen unpaaren Ovarialschlauch, der vom 4. bis an das Ende des 8. Segmentes des Opisthosoma reichte. Die Mehrzahl der Eier Zoologica. Heft 42. , . 114 hatte sich auf der ventralen Wand desselben, teilweise schon zu beträchtlicher Größe, entwickelt; im Unterschiede zu den Palpigradcn, Thclyphouidcn und .Imblypygcn waren aber auch zahlreiche, meist ziemlich junge Eier an der dorsalen Wand des Ovariums ausgebildet (Textfig. 80). Am vorderen Rande des 4. Segmentes geht das unpaare Ovarium in die paarigen, encfröhritren Eileiter über, die wie bei den bisher betrachteten Formen in den Uterus internus femininus münden, der auch hier direkt in den chitinisierten Uterus externus übergeht, um sich ähnlich wie bei Amhlypygcn und den nahe verwandten Tliclyphoncu nach außen zu öffnen (Taf. V, Fig. 62, go). Auch hier finden wir der ventralen Wand des Uterus externus einen an der Spitze paarigen Anhang eingelagert, der jedenfalls dem entsprechenden von Kocnenia homolog ist; das 3. Segment ist jedoch bei den Schizonotidcn anhangslos (Taf. V, Fig. 62, goap). Auf der Ventralseite des Uterus externus münden urst 1 iit. ml. ^ Receptacula seminis, deren Gestalt aus Fig. 62, Taf. V und Textfig. 78 a zu ersehen ist; sie sind stark chitinisiert, meist einfach, doch fand ich einmal 2 Endbläs- /?/ 1 chen in Verbindung mit einem Ausführungsgang; die Aus- führungsgänge sind relativ lang und sehr engröhrig. Die Endbläschen waren bei jenem einen von mir auf Schnitten untersuchten Tier dicht mit spirillenköp figen Sperma- tozoen erfüllt. Die Thelyphoniden zeigen im Bau der weiblichen Ge- schlechtsorgane nur wenige Unterschiede von dem bereits Gesagten. Das Ovarium i.st für gewöhnlich paarig und erstreckt sich vom Ende des 4. bis ins 8. Segment des Hinterleibes. Die Ovarialschläuche, an denen nur ventral und seitlich sich Eier entwickeln, sind bei erwachsenen Tieren so breit, daß sie durch die sie seitlich begrenzenden Dorsoventralmuskeln merklich eingeschnürt werden (Text- fig. 60, ov). An zwei Exemplaren von Tliclyp/iouiis caii- datiis gelang es mir übrigens , eine Anastomose zwischen den beiden Eierschläuchen nahe der Übergangsstelle in die Eileiter zu beobachten, von der bereits Tarnani (65) berich- tet hat. Die Ovidukte sind entsprechend der Größe der ovd dvm ; l&P ■ dvm 8 Fig. 60. Mastigoproctus gigantcns (H. Luc.) 9- Das Präparat entspricht im wesentlichen dem der Textfig. 58. Das Ovarium (ov) ist T/ielyphoiien relativ breite Schläuche, die sich kurz vor ihrer seiner ganzen Länge nach paarig, von den Einmündung in den unpaaren Uterus internus femininus Lungen sind die Blätter entfernt worden und nur die äußeren Luftkammern gezeichnet. etwas erweitern; ihre Mündungen liegen seitlich am Vorder- rande des Uterus internus, wie bei den Amblypygcn und Schizonotidcn. Der letztere ist, wie bei den übrigen Pedipalpen , bedeutend breiter als lang und geht ohne Einschnürung in den Uterus externus über (cf. Taf. V, Fig. 58 u. 60). Dieser ist durch den Besitz zweier, seitlich gelegener, relativ großer Receptacula seminis ausgezeichnet, welche Tarnani zuerst aufgefunden hat (rc. sem., Taf. V, Fig. 57 bis 61). Um deren Eingang ist meist eine kräftige, dunkel pigmentierte Chitinspange aus- gebildet, welche 2 verschiedenen Muskeln zur Anheftung dient; die Chitinspange ist dorsal — 115 — gelegen und nicht zu einem Ringe geschlossen (Taf. V, Fig. 60, rc. sem. shl.). Der ßine der beiden Muskeln geht seitlich von dem Vorderrande des Genitaloperculums aus, um an dem vorderen Ende der Spange zu inserieren (162, Tat". V, Fig. 58, 60). Der andere, dessen Insertion mir nur bei einem Mastigoproctus giganteus 9 an der Chitinspange wahrscheinlich erschien (cf. Taf. V, Fig. 58, No. 169, rechts), geht innenseitlich vom vordersten Zipfel des auch hier in besonderer Größe vorhandenen Apodemes des 3. Dorsoventralmuskels (No. 93) aus. Der letztgenannte Muskel ist bei Tliclyphomis cmuiahis nur undeutlich, wenn überhaupt ausgebildet. Die Wirkungsweise der beiden Muskeln ist mir nicht klar geworden; vielleicht bewirken sie bei ihrer Kontraktion eine Senkung der bewußten Chitinspange und somit ein Schließen des Receptaculums. Dieses ist selbst von einer deutlichen Muskularis umgeben, die bei der Entleerung seines Inhaltes in Aktion tritt. — Bei Mastigoproctus 'giganteus finden 121 130 ovd ^^_ sem. shl. isp'i opn i/t. ex/. rc. sem. ovd opn iit.ext. 1il. Jirst '■! 11t. iiit. — 131 — Fig. 86. Der Schnitt ist dicht hinter dem der Textfif);. 85 g;eführt; man erkennt die gleichen Teile, außerdem aber nciih dir llnUc Coxaldrüse, die Vorilerhörner des Entosternums inid die von ihnen ausjjehenden Apophysenmuskeln 29 und 30 (rf. Textfig. 17). Fig. 87. Schnitt ziemlich dicht hinter der 3. Extremität gefülirt; die .Siitenlappen des Gehirns werden wieder kleiner, der Oesophagus wird weiter und besitzt nur noch eine äußerst zarte Chitinbekleidun};. Fig. 88. Schnitt durch die postcerebrale Schlundpumpe mit ihren seitlichen Dilatator-Muskeln (15); die Kommissur- brucke zwischen osgl und usgl ist nicht mehr getroffen, der entosternalc Apophysenmuskel 34 und die Wurzel der No. 33 sind zu sehen. Das Vorderende des dorsalen prosomalen Liingsmuskels 16 (cf. Textfig 28) ist durchschnitten. Fig. 89. .Schnitt durch die Basis der 4. Extremität; das Gehirn nimmt merklich an Größe ab, die Ganglien des Nerven der 4, P2xtremität (ng 4), die vordere Querbrücke des Entosternums, der vorderste Teil des prosomalen Mitteldarmes (psd) und der Divertikel (psdv) und Coxalmuskeln der 4. Extremität sind getroffen worden außer den aus den vorlier- gehenden Figuren bekannten Organen. Fig. 90. Schnitt durch die Hüfte der 5. Extremität; das prosomale Mitteldarmdivertikel kommuniziert ähnlich wie bei Trithyreus (Textfig. 73) mit dem Mittelrohr Ipsdl, Gehirn und Unterschlundganglion haben an Größe abgenommen, der Längsmuskel 16 hat fast sein hinteres Ende erreicht, und das Entosternum ist hinter dem Apophysenmuskel 35 (Text- fig. 17) durchschnitten. Fig. 91. .Schnitt durch die Hüfte der 6. Extremität; man sieht nur noch den prosomalen Mitteldarm (psd), die CoxaldrUsen (cdr), das Unterschlundganglion, die Ganglien der 6. Extremität (ng 6), und die Endplatte des Entosternums mit dem ventralen Muskel 37. Fig. 92. Schnitt durch den Vorderteil des Genitalsegnientes, etwas schräg geführt ; man sieht u. a. außer dem 1. rechten Chylusdarmdivertikel und dem Hinterleibsganglion rechts den Übergang des mittleren in den hinteren -Abschnitt der Coxaldrüse. Fig. 93. Der Schnitt ist etwas weiter hinter dem der Textfig. 92 geführt; außer den Organen der genannten Figur, von denen das 1. Darmdivertikel weit mit dem Mittelrohr kommuniziert, sieht man das Herz (hz) und die Hinterleibs- längsmuskeln (17 und 18); die Coxaldrüsen sind nur in ihrem hinteren Abschnitt getroffen (cdrel. Fig. 94. Schnitt durch den mittleren Teil des Genitalsegmentes; der Uterus internus (ut. int.i, das Herz, das 1. Darmdivertikel und das Hinterende der Coxaldrüsen sind durchschnitten. Fig. 95. Schnitt, der den vorderen Teil des Uterus externus getroften hat; man sieht außerdem die Ovidukte (ovd) und einen Teil der accessorischen Drüsen (acc. drüs.) des Uterus und zwischen diesen jederseits ein Accumulat geronnenen Blutes (blt); von den in Textfig. 94 gezeichneten Organen sind der Uterus internus und die Coxaldrüsen nicht mehr durch- schnitten. Fig. 96. Schnitt, der durch das 3. Dorsoventralmuskelpaar geführt ist; das Hinterleilisganglion (opg) ist in seinem hintersten Ende durchschnitten und weist nur noch 3 Ganglienkerne auf, der Uterus externus zeigt die Ausführungsgänge der accessorischen Drüsen, diese selbst auf seiner Ober- und Unterseite, und in seinem Innern ein Spermatozoenconglomerat (spm) [cf. Taf. V, Fig. 69]; das 2. Chylusdarmdivertikel ist angeschnitten (opdv 2); sonst noch die Organe der Textfig. 95. Fig. 97. Schnitt durch den hinteren Teil des Uterus externus; das Genitaloperculum ist auf der rechten Seite be- reits frei und die äußere Geschlechtsöft'nung seitlich zu sehen ; außerdem erkennt man noch die accessorischen Drüsen und 4 ihrer Ausführungskanälchen, sowie die Eileiter. Fig. 98. Schnitt durch das 1. Paar der Lungensackmuskeln (38, cf. Textfig. 21), der gleichzeitig den vordersten Teil des Ovariums (ov), 2 Eier (o) und die ventrale Wand des Chylusdarmes (opdw) zeigt; das Ovarium war bei dem der Figur zugrundeliegenden Präparat völlig paarig. Fig. 99. .Schnitt durch das 4. Dorsoventralmuskelpaar (dvm 4l; zu sehen sind noch das Herz (hz), das 3. Chylus- darmdivertikel (opdv 3), das paarige Ovarium mit Eiern (ov) und ein Haufen geronnenen Blutes (blt), welcher dem Blut- körperchenaccumulat des 1. Lungensackpaares bei Koenenia wheeleri Rucker entspricht; diese Stelle wird durch eine Serie steifer, starker Borsten (ss) geschützt; ferner sieht man in der Figur deutlich, daß die Hinterleibslängsmuskeln dorsal (17) innerhalb, ventral (18) außerhalb der Dorsoventralmuskeln liegen (cf. Textfig. 21). Fig. 100. Schnitt durch den hinteren Teil desselben Blutaccumulates (blt), der im übrigen der Textfig. 98 entspricht, doch war das Ovarium bei diesem Exemplar unpaar. Fig. 101. .Schnitt durch die Übergangsstelle von Mittel- und Enddarm; die Zellen dieser beiden Darmabschnitte sind deutlich von einander verschieden. Zum besseren Verständnis dieser Schnittserie vergleiche man auch die Textfig. 17, 21, 31, 39 — 41, 58 und 68. 144 chsp.ut. dlr> tili cksp. iit. ut. int. all 1 chsp vi. dh eil /'s alfkl iil. e.\'l. til. inl. Igp 1 106 ,//; ursi : chsp. iit. ^ clifs dl, 1 iKpl urst 2 ut.ext. vli dh 2 110 chsp. ul. dli f xr- \ 107 tust 2 ut.ext. iit.htt. jj^ I chsp. ut. dh Ulli fä msof 'SP urst '. ut.e.xt. fh löO 111 chst. ut. dh ut. ext. d. chfs y/^^ - - -, 121, n, ^. ■ ASi> ^ 143 urst 2 ut. ext. vh chsp. ut. ut. ext. d. 112 L^^ urst :i ut. ext. vh urst 2 Sop.lt. goaf.md. til.ext. gop.lt. — 133 — Fig. 102— 114. Silin ittserie durcli diu A us f ii li r u n ^ s t;änn e des männlichen Ge n i t al ap p a ra te.s vim Tarantula palmata iHhst.) q. Fig. 102. Schnitt durch den vorderen Teil der Gesclilechtsausfahrunf;s^anne; man sieht die noch nicht vereinigten Uteri intcrni (ut. int.) resp. die Ausfuhrungsgänge der Samenreservoire (cf. Fig. 94, Taf. VI), die dorsale Abteilung des Uterus externus (dh) mit den Chitinspangen (chsp. ut), sowie zwischen ihr und dem Uterus internus eint- mit der unteren Höhlung des Uterus externus in Verbindung stehende Falte (dh 1). Fig. 103. Ein ähnlicher Schnitt etwas hinter jenem gelegen; die Uteri interni sind einander schon genähert, ebenso die dorsalen Höhlungen des Uterus externus (dh); seitlich neben den Uteris internis sieht man die vordersten Zipfel des Uterus externus (ut. ext.), der nicht scharf von der inneren Geschlechtshöhle getrennt ist, wie es bei den Thelyphoniden r/ der Fall ist. Fig. 104. Schnitt durch den vorderen Teil des Genitalsegmentes; die Uteri interni sind in der Mitte vereinigt, jedoch sind Divertikel wieder abgeschnürt, der Uterus externus hat an Umfang zugenommen ; die dorsalen Höhlungen des Uterus externus (^ dhvz der Thelyphoniden) sind einander noch mehr genähert; außerdem sieht man die mittlere Nerven- kette des Hinterleibes (opn), die Blätter des 1. Lungenpaares (Igp 1), das Herz (hz), Chylusdarm (opd) und seitlich von ihm die Samenreservoire (srs) ; die Hauptmuskeln sind gleichfalls eingezeichnet. Fig. 105. Ein weiter hinten geführter Schnitt (entsprechend denen der Textfig. 102 — 103); der Uterus externus ist geschlossen, vom Uterus internus sind nur noch Divertikel zu sehen (cf. Schema Textfig. 70) und zwischen den beiden Ab- teilungen des Uterus externus (ut. ext. und dh) ist eine neue Falte angeschnitten (dh 2), deren obere Wandung mit einem Polster von eigenartig faserigem Chitin ausgestattet ist (chfs). Fig. 106. Schnitt durch eine ein wenig weiter hinten gelegene Partie des Uterus und seiner nächsten Umgebung; die Höhlungtii (dh 2) sind in der Mitte bereits vereinigt. Fig. 107. Noch weiter hinten geführter Schnitt (entsprechend der Textfig. 105i; die dorsale Höhlung des Uterus externus ist geschlossen (dh) und sendet bereits einen Ausläufer in der Mediane des Körpers nach unten ; die untere Höhlung des Uterus externus (ut. ext.) ist in zahlreiche Falten gelegt und mit der in Textfig. 102 schon vorgefundenen Falte dh 1 verbunden ; seitlich von den Lungenblättern sieht man die vorderen Zipfel der äußeren Luftkammer (alfk 1 ). Fig. 108. Die mittlere Partie der Textfig. 107 noch weiter hinten; die Falten von ut. ext. haben sich gemehrt und erscheinen teilweise als selbständige Räume; dh 1 ist wieder vom ut. ext. abgetrennt. Fig. 109. Abermals weiter hinten geführter Schnitt (entsprechend der Textfig. 107); die dorsale Abteilung des Uterus externus (dh) ist durch den mittleren senkrecliten Gang (mh) mit der unteren Abteilung, die noch stark gefaltet ist (ut. ext.), verbunden; eine ventrale Höhlung des Uterus externus (vh) beginnt aufzutreten und ebenso sieht man noch die vordersten Enden der Divertikel des Uterus internus (ut. int.); die äußeren Luftkammern der Lungen communizieren mit den Pneumostomen. Fig. 110. Mittlere Partie der Textfig. 109 ein wenig weiter hinten; von den Lungen (Igp 1) sind nur ein paar Blätter gezeichnet, im übrigen ein ziemlich ähnliches Bild, doch sind die Falten des Uterus externus etwas vereinfaclit und die Höhlung (vh) hat an Umfang zugenommen. Fig. 111. Schnitt am Vorderrande der ventralen Jnsertionsfläche des 3. Dorsoventralmuskelpaares geführt; die Falten des Uterus sind wieder verwickelter geworden (ut. ext.), die Lungenblätter sind nur noch ganz schmal (Igp 1) und zwischen ihnen und dem Uterus externus sind die Muskeln 150 und 88 gelegen, verbunden durch ein entosternales Band (msop). Fig. 112. Der Schnitt liegt abermals ein Stück weiter hinten; die dorsale Abteilung des Uterus externus (dh) öffnet sich seitlich nach außen, und die „Penisfalten" samt der unteren Höhlung des Uterus (ut. ext.), die noch mit dem Genital- operculum (urst. 2) verbunden sind, liegen frei unter der Rückenwand des Uterus (ut. ext. d.); die ventrale Höhlung (vh) nähert sich gleichfalls der äußeren Genitalöffnung. Fig. 113. Schnitt durch das Genitalsegment in der Breite der 3. Dorsoventralmuskel idvm 3 [88]); die Höhlung vh ist nun auch nach außen geölTnet und der „Penis" liegt ganz frei zwischen dem Hintertnde des Genitaloperculums (urst. 2) und der Rückenwand des Uterus externus (über dli); die Falten des ut. ext. sind wesentlich vereinfacht (einige Muskelfasern, die sie in grosser Zahl durchziehen, sind eingezeichnet), und ihre Höhlung communiziert durch den mittleren Gang mit dh und somit mit der Außenwelt; im übrigen Teil der Figur sieht man die mittlere Nervenkette opn), das Herz (hz), den Chylusdarm (opd), die zahlreicheji Divertikel der Samenreservoire (srs), die Samenleiter (oben neben dem Herzen, vd), die beiden genannten Dorsoventralmuskeln i88), die Blätter des 2. Lungenpaares (Igp 2) und einige andere Muskelbündel. Fig. 114. Schnitt durch den hintersten freien Teil der Gonopoden (Penisfalten), über denen die Rückenwand des Uterus externus (ut. ext. d.) liegt; die (seitlichen) Gonopoden (gop. lt.) und die mittlere (goap. md.l Gonapophyse sind un- verbunden und die dorsalen Chitinspangen (chsp. ut.) haben sich verflacht (cf. Fig. 95 a u. b, Taf. VII). In allen Textfig. (102 — 114) ist das Innere des Körpers grau gehalten, in etwas dunklerem Tone nur in den Text- fig. 107; — 114 die Umgebung des Uterus externus, um dessen Falten deutlicher hervortreten zu lassen; weiß sind alle Hohl- räume der Geschlechtswege und des Chylusdarmes (durch die autotj^e Reproduktion allerdings von ganz hellem Tone überdeckt), nicht dagegen des Herzens belassen ; die Wandung des Uterus internus ist grau, des Uterus externus und der Samenreservoire schwarz gezeichnet. — 134 — o-roßen Arten der übrigen Gattungen (Fhryuichus, Dämon, Tarantula). In ihrem vorderen Teile sind sie bisweilen nicht von Chylusläppchen des Mitteldarmes bedeckt, und präpariert man ein Tier vom Rücken auf, so fallen sie alsbald auf. Als Uterus internus möchte ich den vordersten (innersten), nicht chitinisierten Ab- schnitt der Genitalhöhle auffassen, der seiner ganzen Breite nach mit dem chitinisierten Uterus externus kommuniziert (ut. int, Textfig. 102 — 109). Im Vergleich mit dem der Tliclyphoindcn ist er verschwindend klein und vermutlich durch die mächtige Entwicklung des Uterus ex- ternus und seiner Anhänge in seiner Größe reduziert worden. Letzterer ist insofern gegenüber dem der TlicLypIionidcn einfacher gebaut, als an ihm keine Samenblasen gefunden werden. Er öffnet sich nach außen in derselben Weise wie der entsprechende Abschnitt der weiblichen Geschlechtsorgane, und wie bei diesen, so sind auch hier die L ungen stigm en vollständig vom Uterus externus getrennt, so- daß sich in dieser Beziehung die männlichen Taviiiilulidcii von den männlichen Thelyphonidcn abweichend verhalten. Die eigentliche Höhlung des äußeren Geschlechtshofes zerfällt, deutlicher als bei den Thclyplwiiidcn, in zwei Haupträume, einen oberen und einen unteren, die natürlich an gewissen Stellen ineinander übergehen. Seine Rückendecke ist, im Gegensatz zu den Thclvplionideii, stets weichhäutig und bildet einen nach hinten bis ins dritte oder vierte Leibessegment reichenden Sack, der zur Aufnahme der Gonopoden (= Penis) wäh- rend der Ruhe dient, um weiter nach vorn, zwischen den beiden vorderen Lungen und dem an deren Innenseite liegenden Apodem des 3. Dorsoventralmuskels hindurch, sich dorsal von ihnen bis in die vordere Hälfte des Genitalsegmentes auszudehnen. Halten wir diese Stelle als den vorderen Endrand des Uterus externus fest, so ist es nicht mehr schwer, den sogenannten ,,Penis" als einen hinten frei vorragenden, mehrspitzigen Anhang seiner vorderen (unteren) Wand zu erkennen, der folglich vorn den Rest des Uterus internus (und gewissermaßen auch die beiden Öffnungen der Samenreservoire und Samen- leiter) umfaßt und letztere infolge seiner großen Dicke oben weit überragt (Taf. VI, Fig. 92, Taf. VII, Fig. 95). Schneidet man des besseren Verständnisses halber nach der nötigen Vorpräparation den Uterus externus in der Weise auf, daß man seine Rückendecke von einer der Seiten her zurückklappen kann (vergl. die Fig. 92 Taf. VI und 95 Taf. VII), so erkennt man — zumal bei Tieren, welche kurz nach einer Häutung getötet wurden, ehe ihr Chitinskelett eine merk- liche Stärke erlangte — , speziell bei Tarantula Jusciiuana, drei nach hinten frei vorragende Falten, die an ihrer Spitze noch in kleinere Lappen zerfallen, wie die seitlichen (go[a]p. It), oder nur einspringend ausgerandet sind, wieder mittlere untere (vordere; goap. md., Taf. VI, VII, Fig. 92, 95). Die beiden seitlichen Falten gehen seitlich (natürlich vor ihrem freien Ende) in die ventrolaterale Wand, vorn in die eingebuchtete dorsale Wand des Uterus externus über; in ihrer basalen Hälfte sind sie mit einander verwachsen, in der distalen gegenseitig unabhängig, sodaß man von oben her zwischen ihnen hindurch nach unten steigend in die innere, untere Höhlung des äußeren Geschlechtshofes gelangen kann, vor welcher der Uterus internus und die Öffnungen der Samenreservoire etc. gelegen sind. Die untere (vordere) Wand des Uterus externus geht hinten nicht unmittelbar in den Umschlag des Genitaloperculums über, wird von diesem vielmehr durch eine dritte zungen- — 135 — förmige Falte getrennt, die an ihrer Wurzel mit den beiden seitlichen zusammenhängt (gpap. md.) und von der wir erst schon sprachen. Fertigt man Querschnitte durch den vorderen, mittlert^n und hinteren Teil des Uterus masculinus an, so wird man dementsprechend vorn nach Passierung des Uterus internus je einen geschlossenen oberen und unteren Abteilungsraum des äußeren Geschlechtshofes an- treffen (cf. Textfig. 102 — 108, dh, ut, ext), in oder etwas hinter der Mitte wieder den unteren, der aber durch eine mittlere Spalte mit dem oberen verbunden ist, und vielleicht auch schon einen noch mehr ventral gelegenen, selbständigen kleinen Raum (cf. Textfig. 109 — 111, dh, vh, mh, ut. ext.); hinten endlich ist die Höhlung des Uterus externus einheitlich geschlossen, oder bereits an den Seiten nach außen geöffnet, und in ihrem Lumen liegen die freien Enden des ,, Penis" entweder noch miteinander verbunden und nur oben 'getrennt, oder alle drei selbständig (cf. die Textfig. 112 — 114, dh, mh, vh, ut. ext.). Soweit interessieren uns die wesentlichen Bauverhältnisse der Anhänge des Uterus ex- ternus. Von einer primären ,, Gliederung" der lateralen Geschlechtsanhänge, die Bernard (4) bei Phrynus s/>. beobachtet haben will, sind in Wirklichkeit keine Spuren nachzuweisen. Schneiden wir jetzt die oben zusammenhängenden lateralen Falten in der Mitte aus- einander und breiten sie dann aus , so sehen wir in das Innere der unteren Kammer des Uterus externus und bemerken, wie seine Wände mit zahlreichen, schwer zu entwirrenden Fältchen besetzt sind, die sekundäre Nebenkammern bilden, und, namentlich auf Querschnitten durch das unverletzte Organ, eine Orientierung und ein Verständnis seines wirklichen Baues überaus erschweren. Ich halte es nicht für angemessen, hier eine nähere Beschreibung dieser sekundären Falten, ihrer bisweilen eigenartigen Chitinisierung zu geben, zumal diese bei den einzelnen Vertretern der A7nblypygen sehr wechselt und daher besser zum Gegenstand einer speziellen Arbeit gemacht würde, die auszuführen es mir leider augenblicklich an Zeit gebricht. Variabel ist auch die Länge des freien hinteren Teiles der ,,Penisanhänge", der bei manchen Formen (z. B. Charinus scychellarmn Krpln. Taf. VI, Fig. 94) nur sehr kurz ist, und der Penis den größeren Teil seiner Länge ,, röhrenförmig geschlossen" erscheint; ebenso schwankt die Länge des unpaaren unteren (vorderen) Lappens, die Zahl der sekundären Spitzen der lateralen An- hänge u. s. w. Besonders aufmerksam sei aber noch auf ein Spangenpaar gemacht, welches auf der Rücken-(Hinter-)seite der lateralen Anhänge, ziemlich nahe der Mittellinie des Körpers, ange- troffen wird und eine Wandversteifung derselben darstellt (chsp. ut., Taf. VI, Fig. 90, 92, Taf. VII, Fig. 95 a). Gestalt und Länge der Spangen ist bei den einzelnen Gattungen und Arten manchen Verschiedenheiten unterworfen. Ihre Bedeutung ist durch einen Vergleich mit den oben beschriebenen Spangen der Lappenbildungen des Uterus externus der Thcly- phoniden nicht mehr schwer zu erkennen, und meiner Ansicht nach, ist ihre Homologie mit den beiden seitlichen dorsalen Spangen, die wir über den Öffnungen der seitlichen Vesiculae seminales bei den Tliclyphoniden fanden (chsp. ut., Taf. VI, Fig. 74 — 77, 81), ganz zweifellos; zum Unterschiede von diesen sind sie aber gegenseitig nie durch eine mediane Chitinplatte verbunden und versteift. Erwähnt sei noch, daß die Anhänge des Uterus externus in ihrem Innern stark mus- kulös sind und ein großer Teil dieser Muskelfasern eben an jenen Spangen angeheftet ist; — 136 — durch diese Muskeln können sie bei der Begattung jedenfalls ziemlich beträchtlich ausgestülpt werden und verdienen daher mit Recht die schon von Blanchard eingeführte Bezeichnung eines „Penis". Die ventralen Segmentalmuskeln sind in bekannter Weise auch bei den männlichen Taraiiiulidcn über den Uteris gelegen und gehen z. T. von der Basis des 3. Dorsoventral- muskels (No 14-4), z. T. von der Rückendecke des Uterus externus an das Sternit des prae- o-enitalen Segmentes, um mit einem Teil ihrer Fasern noch weiter ins Prosoma zu verlaufen (vgl. Kapitel VI, C und Taf. III, Fig. 14, Taf. VI, Fig. 89, 90). Andere, kürzere Muskelfasern (No. 147) heften sich an dem Hinterende des hinteren Blindsackes des Uterus externus Taf. VI, Fig. 89), vom Vorderrande des 4. Hinterleibssternits ausgehend, an. Bernard's (4) ,, Spinndr üsen" sind natürlich nirgends zu finden, und ebenso entbehrt seine eigenartige Vermutung, daß der ,, Penis" nicht zur Geschlechtsbestimmung der Anibly- pygen geeignet sei, sondern bald dem ^, bald dem 9 zukomme, jeglicher realen Beobachtung. Der Bau der männlichen Geschlechtsorgane der Palpigraden ist bisher nur von der texanischen Koenenia wheeleri Rucker durch Miss A. Rucker (57) bekannt geworden. Trotz der großen Individuenzahl, welche bis heute von K. niirabilis Grassi gesammelt worden sind (über 800 Exemplare), ist es noch nicht gelungen, von dieser Spezies ein männliches Tier zu erbeuten. Leider ist nun die Beschreibung, welche Miss Rucker diesem Thema gewidmet hat, nicht klar und sicher genug, um unzweifelhafte Schlüsse auf die Organisation der männlichen Genitalien der Palpigradoi zuzulassen, und die folgenden, derselben entlehnten Angaben be- dürfen jedenfalls einer genauen Nachprüfung. Die Hoden sind paarig, entsprechen in ihrer Lage ganz denen der Thclyphojiidoi, in- dem sie ventral vom Darmkanal, zwischen den großen opisthosomalen Dorsoventralmuskeln und über dem Nervensystem gelegen sind, und dehnen sich nach hinten bis ins 7., nach vorn bis ins 3. Hinterleibssegment aus; merkwürdigerweise sollen sie einige Male eingeschnürt sein, was ich bei Tliclvpliomden und Tarantulidcn nie beobachtet habe. Die Samenleiter werden als lange, in große Windungen gelegte Schläuche beschrieben und abgebildet, die zunächst aufsteigen, dann horizontal gelagert sind, um dann wieder nach der Ventralseite zu verlaufen und zu einer kleinen „Samenblase" anzuschwellen. Die An- gabe dieser Verhältnisse ist aber zu unbestimmt, als daß ich sie ohne Weiteres acceptieren könnte. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Miss Rucke r ähnlich — wie im weiblichen Geschlecht als Eileiter — hier als Samenleiter den hintersten Abschnitt der Coxaldrüse angesehen hat, daß ihr die echten Vasa deferentia dagegen entgangen sind. Die von ihr be- schriebenen ,, Samenblasen" sind wohl, wenn sie vorhanden sind, Samenreservoire, da sie dem inneren, nicht chitinisierten Abschnitt des Geschlechtsapparates angehören. Vermutlich münden sie dann in einen kleinen Uterus internus, von dem Miss Rucker nicht spricht, und dieser dann erst in den Uterus externus, der mit mehreren kleinen Anhängen ausge- stattet ist, die wohl, wie bei den anderen Pedipalpen, als Gonopodenreste anzusehen sind. Eine gute Beschreibung derselben verdanken wir Hansen (30) — man versäume jedoch nicht, die wertvolle neuere Arbeit der amerikanischen Forscherin (58) zu vergleichen — , welcher von ihnen sagt: ,,The lobe from the second segment (der hintere, zumal freie Teil des Genital- operculums) is proximally much thicker in the male than in the female ; the distal part of — 137 — the lobe is formed almost similarly in hoth sexes, but with fewer and much lonjfer hairs; the front wall of the lobe presents as usual no protubcrances in the female, but in the male we find in front of and above the distal part of the lobe five pairs of slender subcylindrical processes and tvvo pahs of big, distallv roundcs processes, each cif all seven pairs terrrtinatin,^ in a stiff seta; and all these fourtccn processes form allmost a bündle wich on the sides and especially in front surrounds the distal part of the lobe". Diese Paare von Anhängen entsprechen in ihrer Gesamtheit jedenfalls dem lateralen Anhangspaar der anderen Pedipalpen, falls dies nicht etwa nur für das eine innere und als besonders kräftig dargestellte Paar gilt, und die anderen äußeren den gelappten hinteren Rand des Genitaloperculums darstellen, eine Frage, die ich nach den bis jetzt vorliegenden Mitteilungen noch nicht zur Genüge habe be- antworten können. Trifft das letztere zu, so befinden sich die männlichen Koencnia wliecleri in diesem Punkte in einem bemerkenswerten Gegensatz zu den anderen männlichen Pedipalpen. Am postgenitalen Segment finden wir dann noch das uns schon von den Weibchen her bekannte zweite Anhangspaar, dessen Gestalt nur unerheblich von der jener abweicht. Auffällig ist schließlich nur noch die Angabe von accessorischen Drüsen des Uterus externus auch bei den Männchen, leider ist die Darstellung derselben aber nicht ausreichend, um einen Schluß auf ihren vergleichend-morphologischen Wert zu gestatten. In einem solchen kritischen Sinne habe ich es denn gewagt, das Schema in Textfig. 71 zu entwerfen, dessen Richtigkeit aber erst noch einer Bestätigung auf Grund neuer Nach- untersuchungen bedarf. Entspricht es den Tatsachen, so ist die Übereinstimmung zwischen Palpigradcii und „Pedipalpen^' auch im Bau der männlichen Geschlechtsorgane in den wesent- lichen Punkten vorhanden, und nur das eventuelle Vorhandensein accessorischer Drüsen ist ein nennenswerter Unterschied, dem aber keine weittragende Bedeutung zukommt. Über den histologischen Bau der männlichen Geschlechtsorgane seien nur wenige An- gaben gemacht. Die Hoden sind bei Tliclvphonidcii und Tarantididcn einfach röhrenförmig, und die Lager der verschiedenen Teilungsstadien der Geschlechtszellen dementsprechend conzentrisch angeordnet (cf. Textfig. 64 d). Von den Hoden der Koenenia wheeleri gibt Miss Rucker an: ,,in the posterior ends of the testes are numerous cells which are undoubtedly sperm mother- cells, while the anterior portion appears to be crowded with small dotted packets". Es ist ja zwar möglich, daß die verschiedenen Keimzellenlager im Hoden von Koencnia in longitu- dinaler Richtung hinter einander gelegen sind, wie es aus der zitierten Bemerkung Ruckers hervorzugehen scheint, doch möchte ich diesen Punkt einer erneuten Prüfung empfehlen. Eine Muscularis- Schicht habe ich nie in der Wandung eines Pedipalpen-Hodens angetroffen, und wenn Miss Ruck er sie für Koenenia wheeleri angibt, so halte ich diese Beobachtung vorläufig ebenso wie jene vom Vorhandensein einer Muscularis des Ovarialschlauches (cf. pg. 116) nicht für richtig. Die Vasa deferentia, denen, wie auch den folgenden Genitalabschnitten, eine Mus- cularis-Schicht zukommt, werden von kubischen bis zylindrischen Zellen gebildet, die sich bei den Tbelyplioniden intensiv, bei den Taranhdiden anscheinend schwächer färben. Die Wände der Samenreservoire sind bei den Tarantnliden ziemlich dünn, bei den Tlielvphoniden aber von ganz besonderer Dicke und nur an einigen streifenförmigen Stellen Zoologica. Heft 42. 18 — 138 — dünn, an denen dann der meist bräunliche Inhalt der Reservoire durchscheint. Dement- sprechend sind natürlich ihre Zellen bald niedrig kubisch, bald sehr hoch zylindrisch und ihre leicht färbbaren Kerne dann in mehreren Schichten angeordnet (cf. Taf. VII, Fig. 98, srsw). Die Dorsalschläuche der Thclyphonideii bestehen in der Jugend aus einem einfachen Epithel , das aber bei erwachsenen Tieren infolge fortgesetzter Zellteilungen mehrschichtig wird, während ihr Lumen sehr eingeengt wird. Von diesen Zellteilungen hat früher schon Tarnani (65) berichtet und angegeben, daß ihre Teilungsprodukte im Uterus internus und den Samenreservoiren wieder gefunden werden. Leider war der Konservierungszustand meiner Untersuchungsobjekte für ein feineres Studium der Zell- und Kernteilungen, die in den Dorsalschläuchen vor sich gehen, nicht geeignet; ich kann aber mitteilen, daß die Zellen derselben sich zunächst auf mitotischem Wege in 2 und 4 Tochterzellen zerlegen, daß jede derselben sich dann weiter auf mir unbekannte Weise teilt, bis wir den Raum der ursprüng- lichen Mutterzellen von einer großen Zahl (über 30) kleiner, körnchenartiger Gebilde ein- genommen sehen, in deren Mitte je ein winziger Chromatinrest nachzuweisen ist. Diese ge- langen dann in das Lumen der Schläuche und werden gleichzeitig mit einem flüssigen, strukturlosen Sekret weiter nach ihrem Bestimmungsorte befördert. Letztgenanntes Sekret, das eine hell oder dunkler braune Färbung besitzt, ist bei in Alkohol konservierten Tieren zu zwei bis mehreren zähen Massen im Samenreservoir und dem Uterus externus erstarrt, die Laurie (41) als ,,entoskeletale Bildungen" des männlichen Geschlechtsapparates beschrieben hat! Außer ihnen findet sich eine große Menge jenes Sekretes an den gleichen Stellen in grobkörnigem Zustande (cf. Taf. \TI, Fig. 99), in verschiedener Weise mit den Zerfallpro- dukten der Zellen der Dorsalschläuche gemengt und an der einen oder anderen Stelle große Mengen von reifen Spermatozoen enthaltend. Es liegt daher die Vermutung nahe, es möchte das bewußte Sekret zur Bildung von Spermatophoren verwendet werden. Dies scheint mir aber deshalb sehr unwahrscheinlich zu sein, weil es seine harte Konsistenz offenbar erst im Alkohol angenommen hat und folglich genau der Gestalt des Organes angepaßt ist, in dem es sich gerade befindet. Wir haben es hierbei wohl eher mit einer Samenflüssigkeit zu tun, wie sie ähnlich aus Sekreten und Zellzerfallprodukten zusammengesetzt bei den Säugetieren beobachtet wird. Ihre Reste fanden sich denn auch ganz unzweifelhaft in den Receptaculis seminis befruchteter weiblicher Thelyphomdcn (Taf. VII, Fig. 98) samt den Spermatozoen. Diese zeigen bei Tliclvphoiiidcn und Tarantiilidcn einen korkzieherartig gedrehten Kopf (Taf. VII, Fig. 99), von dessen Schwanzende ich leider nichts zu sagen weiß, da sie nicht hin- reichend gut erhalten waren. Bei Tritliyreus cmnbridgci haben die Spermatozoen den gleichen gedrehten Kopf. Die Samenfäden von Kocncnia whcelcri sollen nach Miss Rucker unbe- weglich und ,,imbedded in gelatinous spermatophores" sein und folglich sich nicht recht mit Kernfarben färben lassen. Ob die amerikanische Forscherin aber wirklich Spermatophoren, resp. Spermatozoen, und nicht vielmehr körnige Bestandteile einer Samenflüssigkeit vor sich gehal)t hat, möchte ich vorläufig dahingestellt sein lassen. Die von mir im Uterus externus von Kocncnia mirabilis aufgefundenen und weifer oben beschriebenen Massen scheinen mir eher auf das Vorhandensein von Samenfäden mit gedrehten Köpfen auch bei Kocncnia hin- zudeuten. Der Utervis internus entspricht in seinem Bau vollständig dem der weiblichen Ge- schlechtsorgane. Der Uterus externus und seine Anhangsorgane sind wie bei den Weibchen, — 139 — chitini.sicrt, dies Chitin ist aber an manchen Stellen ganz besonders weich und nachgiebig und wieder an anderen zwar fester, jedoch mehr lederartig, dick und von eigentümlich faseriger Struktur (cf. z. B. Taf. VII, Fig. lOJ!, chfs); natürlich fehlt es im Uterus externus auch nicht an normalem, starrem Chitin, in dem allein ich die gewöhnlichen Porenkanäle auf- fand, während diese an anderen Stellen nicht vorzukommen scheinen. Eine nähere Beschrei- bung der feineren Bauverhältnisse der verschiedenen Differenzierungen des Integumentes des männlichen Uterus externus muß leider zukünftigen Studien überlassen bleiben, aber nicht möchte ich unterlassen, zu diesem Zwecke namentlich die Tarantulidcn zu empfehlen. Die Zellschicht des äußeren Geschlechtshofes ist eine normale Hypodcrmis und verhältlich niedrig. Nur die Samenblasen der ThcLyphonidcii zeigen ein hohes Zylinderepithel, dessen Zeilkerne meist der inneren Wandungsfläche genähert sind (Taf. VII, Fig. 9S, 101. 3. Zusammenfassung. Aus den vorstehenden Abschnitten ergibt sich, daß die Geschlechtsorgane der Pedi- palpen stets bestehen, im weiblichen aus einem paarigen oder unpaaren Ovarium, den stets paarigen Ovidukten, dem stets unpaaren Uterus internus und externus (der meist als Vagina bezeichnet wird), welch letzterer mit Receptaculis seminis versehen sein kann; im männlichen Geschlecht aus den stets paarigen unverzweigten Hoden (man vergleiche allerdings die beschriebene Abnormität von Dämon vanegnüis), den gleichfalls paarigen einfachen Samenleitern, deren endwärtiger Teil zu einem mehr oder weniger komplizierten, verzweigten oder mit Anhangsschläuchen versehenen Samenreservoir differenziert ist, dem stets unpaaren Uterus internus und externus , von dem Samenblasen ausgehen können. Der Uterus ex- ternus ist allein und zwar in seiner ganzen Ausdehnung chitinisiert. Er ist im weiblichen Geschlecht mit accessorischen Drüsen ausgestattet, die entweder durch zahlreiche und über einen großen Teil seiner Oberfläche zerstreute (Uro- und .Iniblypygi) oder durch wenige, in zwei gesonderten Komplexen an den Außenecken des äußeren Geschlechtshofes gruppierte (Palpigradi) umgewandelte Porenkanäle nach außen münden; derartige Drüsen werden von Miss Rucker auch für die männlichen Kociicnicn beschrieben, kommen aber bei den männlichen Tliclyplwniden und TarajituLiden anscheinend nicht vor. Ferner ist der Uterus externus gewöhnlich durch Anhänge ausgezeichnet, von denen ein Paar besonders bemerkens- wert ist, welches ursprünglich (bei den Weibchen der Palpigradcn, Scliizonotidcn und Ambly- pygen) von seiner ventralen Wand ausgeht , die man , wenigstens in ihrem hinteren Teile, gewissermaßen als Innenseite des Genitaloperculums auffassen könnte. Dies Anhangspaar, welches z. B. bei gewissen Tarantulidcn selbständig beweglich ist, entspricht jedenfalls den kurzen ,,Endopoditen" der Blattfüße und speziell auch des Genital- operculums der Liniuliden (und Eurypterideii)^ welche die Telopodite der ursprünglichen nor- malen Extremitäten des Genitalsegmentes darstellen. Ihre Lage erklärt sich in beiden Fällen bei Berücksichtigung der Umwandlungen , welche die einzelnen Komponenten des Genital- segmentes der Mcrostoinata bei den Araclinideu und speziell den Pcdipalpcn erfahren haben, als identisch. Wir sind folglich im Hinblick auf die Tatsache, daß die einstigen Hüftglieder (Coxen) der Extremitäten des Genitalsegmentes mit in die Bildung des ,,Genitaloperculum" aufgegangen sind oder dieses gar ganz darstellen, berechtigt, die äußeren Geschlechts- — 140 — anhänge der Pedipalpen [und natürlich auch die anderer Arachniden), soweit sie paarig auftreten, in der gleichen Weise wie bei den Ateloceraten, als Telopodit- Reste des Genital Segmentes anzusprechen. Bei den männlichen Thclyplioniden^ PaLpi- o-raden und Tarantididcn sind sie auch entwickelt, aber nicht mehr von ursprünglichem Bau, und können bei ihnen, speziell den Tarantitlidcii, auch echte Faltenbildungen, Gonapophysen, zu den Gonopoden hinzutreten, die unpaar sind. Eine primäre Gliederung ist an den Gono-Telopoditen, trotz Bernard's Schema dc^ l'araiifiilidcii-Vcms^ nicht mehr nachweisbar. Die Tatsache, daß die „Genitalanhänge" erst verhältlich spät in der Ontogenie auf- treten, spricht keineswegs gegen ihre ,, Extremitätennatur." Bei allen Diskussionen über diese Frage, die namentlich bei den opisthoi^oncatoi . intciinatcn lange Zeit erbittert gepflogen sind, hat man meist in embryonalen Extremitätenanlagen der sonst ,, beinlosen" Körper- abschnitte (Abdomen der Hexapodeii, Opisthosoma der Arachniden etc.) mit den ganzen Extremitäten der betreffenden Körpersegmente identifiziert. Diese Betrach- tungsweise ist aber ganz ungerechtfertigt. Die embryonalen Extremitätenanlagen, die nicht bestimmt sind, sich zu allgemein anerkannten Extremitäten auszubilden, repräsen- tieren nur die Anlagen der Coxen oder allenfalls der Basipodite (Coxa -|- Sub- coxa) der betreffenden Extremitäten. In dieser Anlage ist die des zugehörigen Telo- podits mit enthalten, welche aber oft erst viel später (ontogenetisch) zur Selbstän- digkeit gelangt. Wie die Cerci z. B. bei vielen Dipteren^ Hyniicnoptercn u. a. erst in der Imago zur Ausbildung kommen, so erscheinen die Telopodite der verschiedenartigen Gono- poden meist erst zu Beginn der Geschlechtsreife der fraglichen Tiere. Eine eigentliche Rückbildung der in Rede stehenden embryonalen Extremitätenanlagen findet nicht statt, wie schon andere Forscher bei Hcxapodcn dargetan haben. Die betreffenden Coxen oder Basipodite erleiden nur eine Umwandlung, sie nehmen teil an der Bildung der sogenannten Urosternite, an denen vielfach ehemalige ,,Coxalorgane" gefunden werden. (Man vergleiche Chilopodcn, Macliilis und andere niedere Hexapodcn). So auch an den opisthosomalen Segmenten der Araclinideii. Damit stimmt ganz die Bildung der Lungen an der Hinterseite der embryonalen Extremitätenstummel überein, wie sie beim Scorpion (A. Brauer, 17) beobachtet worden ist ; wie bei IJiiiiäus zeitlebens , so liegen die Lungen beim Scorpion wenigstens noch auf einer gewissen ontogenetischen Stufe nachweislich auf der Hinterseite der Coxen der mesosomalen Extremitäten. Betrachtet man, dies im Auge behaltend, den Bau der Urosternite des 2. und 3. Hinterleibssegmentes bei den großen Pcdipalpoi in der richtigen Weise , so erscheinen plötzlich diese Urosternite als die abgeflachten , mit den Mediosternen verschmolzenen Coxen, hinter denen (im Innern) die Lungen liegen (wie bei Limulus). Im 2. Segment sind dann auf der Hinterseite der hier anscheinend verschmolzenen beiderseitigen Hüftglieder, zwischen den Lungen, die zugehörigen Telopoditreste (Gono- poden) gelegen. Es erweisen sich somit in den letztgenannten Charakteren die Pedipalpen^ speziell die Uropygen und Amblypygcn^ als die ursprünglichsten Arachniden. Es erübrigt noch anzuführen, daß die Geschlechtsorgane der Pedipalpen sich in ihrem Bau am engsten an die gewisser Araneen anschließen. — 141 — Schluß betrachtungen. Die systematisch-phylogenetische Verwandtschaft der verschiedenen Vertreter der Pedipalpen und ihre Beziehungen zu den übrigen Arachniden. Daß in dem vorangegangenen speziellen Abschnitt dieser Abhandlung Kociicnia als ein Vertreter der Ordnung der Pedipalpen aufgefaßt und dementsprechend behandelt worden ist, wird gewiß auf Grund der vielen zwischen den Palpigradoi und den anderen Pedipalpen herrschenden Übereinstimmungen in der Organisation ihres Körpers als zweckmäßig einleuchten. Da aber die Frage nach der Selbständigkeit der Palpigraden den anderen Arachnidenord- nungen gegenüber mehrmals, zumal durch Grassi (26), Hansen und Sörensen (29), behandelt worden und zu deren Gunsten entschieden ist, ferner auch in allerneuester Zeit Pocock (53) sich der Auffassung dieser Forscher angeschlossen zu haben scheint, so halte ich es tür an- gemessen, mich etwas eingehender über dies Thema auszulassen, als es vielleicht nötig er- scheinen könnte. Die hervorragendsten Charaktere, welche die Palpigradoi, zu einer eigenen Ordnung stempeln sollen, sehen Hansen und Sörensen in der Bildung des Mundes, der Cheliceren (1. Extremitätenpaar), der übrigen Extremitäten und der Anzahl der Hinterleibssegmente. Im Folgenden ist es nun meine Aufgabe zu zeigen, daß der Wert dieser Merkmale keines- wegs ein so großer zu sein braucht, wie die berühmten dänischen Forscher es angenommen haben. Was zunächst den Bau des MundeS anbetrifft, so müssen wir allerdings gestehen, daß darin die Palpigraden eine merkwürdige Sonderstellung unter fast allen Arachniden einnehmen, und diese Tatsache scheint man bisher auch als Hauptmoment zur Abtrennung der fraglichen Gruppe ins Feld geführt zu haben. Es ist aber von Bedeutung, daß wir eine zweite Arach- nidenordnung kennen, die in der Bildung des Mundes im wesentlichen mit den Palpigraden übereinstimmt; die Solifugen. Bei beiden konstatieren wir die völlige Unab- hängigkeit der Mundöftnung von den Extremitäten, speziell den Coxen des zweiten Paares, und das Vorhandensein eines Prosternums als Labium. Dadurch erlangt Koenenia zwar ein theoretisch wertvolles Interesse für uns, indem wir in ihr ein ,, echtes Arthropod ohne eigent- liche Mundbeine" besitzen, aber der phylogenetische Wert dieser Eigenschaft ist deshalb ein zweifelhafter, weil wir Koenenia sicher von Arachniden ableiten müssen, die noch ein Gnatho- podenpaar (2. Extremität) besaßen. Denn daß sie primitiver und folglich älter sei als die Merostomata und Scorpione z. B. wird heute doch wohl kein Forscher mehr ernsthaft glauben können. — 142 — Wieder sind es die Solifugen, die uns die letztgemachte Annahme sehr wahrscheinlich machen, da wir bei ihnen trotz der oben erwähnten Selbständigkeit der Mundöffnung, des \'orhandenseins eines sogen. ,, Rostrums", einen ganz unzweifelhaften Gnathocoxit (Kaufortsatz) an der 2. Extremität vorfinden, der doch gerade bei den anderen Arachniden, allein oder gleichzeitig mit noch einem oder zwei folgenden Paaren (Opilioiws, Scorpioncs), wenn zwar in mannigfacher Variation, so doch stets tätig und in unmittelbare Beziehung zur Bildung des Mundes getreten ist. Die Kaufortsätze der Soli/ugcii lassen keine eigentliche Kaufläche mehr erkennen, die sie ehedem wohl sicher besessen haben, und denken wir uns nun die Rückbildung der bereits mehr oder weniger zwecklos gewordenen Coxopodite weiter fortge- schritten, so kommen wir schließlich zur normalen Hüfte zurück, wie sie Kocneiua trägt. Diese Betrachtung hat das Zurücktreten des Wertes des in der Mundbildung zwischen Pedipalpcn und Palpigraden obwaltenden Unterschiedes notwendig im Gefolge, und noch mehr wird dies der Fall sein, wenn wir bedenken, daß gerade in diesem Merkmal selbst die beiden Hauptgruppen der Pedipalpen, die Uro- und Ainblypygi, sehr von einander abweichen, ohne daß wir deshalb berechtigt wären, auch diese Abteilungen als eigene Ordnungen aufzufassen. — Weit wichtiger ist der Bau der Chelicereil, der bei den Palpigraden den ursprünglichen Cheliccratcn-Ty^us zeigt, bei den Pedipalpcn dagegen dem der Aranccn nahe steht. Auf den ersten Anblick hat es den Anschein, als wenn dieser Unterschied in der Gliederung der Cheliceren sicher zur ürdnungsberechtigung der l'alpigraden führen müßte, bei näherem Zu- sehen erweist sich dieser Schluß aber keineswegs als notwendig. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Cheliceren von Kocncnia ursprünglicher gebaut sind als die der I\-dipalpcn, und ihre drei Glieder entsprechen in jeder Hinsicht den drei Chelicerengliedern der Merostoviata (Lunulus, Eurypterus) auf der einen, der Opilioncs auf der anderen Seite, indem sie bei den Vertretern dieser Gruppen den gleichen Bau und die gleiche Lagerung teilen; gleichwertig sind ihnen natürlich auch die dreigliedrigen Cheliceren anderer Arachniden (Scorpioncs, manche Acari). Die 2 Glieder der Cheliceren der Pedipalpen sind den beiden Endgliedern derselben Extremität von Koeiienia homolog, und die Unter- schiede, welche sie zwischen den i'ro- und .hndlypygen zeigen, sind von nur untergeordneter Bedeutung im Hinblick auf den, der zwischen diesen Formen und den Palpigraden in dem fraglichen Organ besteht. Doch schon das Vorkommen von drei- bis eingliedrigen Cheliceren inner- halb der ohne Zweifel einheitlichen Ordnung der Acari erweist die Möglichkeit, daß auch bei den Vertretern der Pedipalpen die Zahl der Chelicerenglieder eine ver- schiedene sein kann. Zur Beurteilung der Tragweite dieser Differenz ist aber noch folgender Punkt zu Rate zu ziehen : Wie es durch eine Neubearbeitung einer Reihe fossiler Arachniden aus dem Carbon Pocock (54) dargetan hat, stammen die Opilionen wahrscheinlich von Ambly- /jl'^t'« - ähnlichen Formen, den Antbracomarti, ab, welche mit den heute lebenden Parantuliden die allgemeine Gestalt des Körpers, die Anordnung der prosomalen Extremitäten, den Besitz nur eines Gnathopodenpaares (2. Extremität), die Gliederung des Hinterleibes, namentlich der mesosomalen Segmente, und das Fehlen eines Telsons teilten, durch die Gestaltung der hintersten Leibesringe, die Reduktion des ,,Genitaloperculums", die bedeutende Vergrößerung der Hüften des letzten prosomalen Beinpaares und die Dreigliedrigkeit der Cheliceren aber bereits eine Mittelstellung zwischen den Aniblypygen und den heutigen Opilionen einnahmen; — 143 — die iir.sprün,i,fliche Drcizahl \hvcv Chcliccrcn hat sich dann ohne weiteres auf ihre Nachkommen, die Üpilioncu, vererbt. Diese alten An/l/rncoiiiarfci/ besaßen also, obschon sie sich als Abkömmlinj^je amhlypygen- artiger Pedipalpeii^hnen erweisen, dreigliedrige Cheliceren, und dieser Umstand zwingt uns zu der Annahme, daß den Ahnen der Pedipalpen gleichfalls noch die ursprüngliche Dreizahl derselben eigen war, und daß die Abzweigung der Uro- und Aijiblypy^i erst nach der Tren- nung in Palpigradi und Pcdipalpi erfolgte — wenn überhaupt die Stammesgeschichte dieser Formen so einfach sich gestaltet hat — , jene die Zahl der Cheiicerenglieder unverändert bei- behielten, diese aber deren Basalglied verloren. Legt man dennoch auf den Bau der Cheliceren das Hauptgewicht, so finden wieder bei einer Abtrennung der Palpigraden andere zwischen ihnen und den Pedipalpen übereinstimmende Organisationsmerkmale nicht den richtigen systematischen Ausdruck. SchlieiMich erzwingt das Vorkommen einer Reihe gleichartiger Zähne am Innenrande des beweglichen Scherenfingers (Endglied) der Chelicere bei Trithyreus wie bei Koenenia und die Ausbildung eines wirklichen unbeweglichen Scherenarmes bei Trithyreus — der mit jenem von Koenenia zwar nicht den Besitz ebensolcher Zähne und die entolaterale Lage teilt, ihm (zufolge seiner entoventralen Lage und der von mir anderen Ortes (16) mitgeteilten Beweise) aber nichts desto weniger ganz homolog ist und auch in diesem Punkte Trithyreus zu einer Mittelform zwischen Koenenia und den Tlielyphotiiden macht — die ordomäßige Zugehörigkeit der Palpigraden zu den Pedipalpen. — Der zwischen beiden Gruppen nachgewiesene Unterschied in der Zahl der Hinterleibs- ringe ist ferner garnicht ■ geeignet, einen stichhaltigen Grund für die Ordnungsberechtigung der ersteren abzugeben. Wir brauchen zum Vergleiche nur die gewiß einheitlichen Ordnungen der Araneae, Opiliones und Acari heranzuziehen, um uns davon zu überzeugen, daß die An- zahl der Segmente des Opisthosoma innerhalb einer Ordnung beträchtlich wechseln kann, und bedenken wir, daf.^ bei den Araneen und den Acarinen Formen mit wohlgegliedertem und solche mit fast ungegliedertem, kugelförmigem Hinterleib vorkommen, so nehmen wir an dem einen bei Koenenia fehlenden Segment des /^(j^/^/rtZ/c/deibes, dessen Reduktionszone zudem auf die beiden vor dem ,, Postabdomen" gelegenen Ringe (7 und 8) eingeengt werden konnte, nicht den geringsten Anstoi> mehr. Wie viel eher wäre man dann berechtigt, die Amblypygen wegen des Verlustes des Schwanzfadens von den Uropygen zu trennen und als eine eigene Ordnung zu eruieren. — Die Bauverhältnisse der fünf postoralen Extremitätenpaare endlich beweisen weit eher die Zusammengehörigkeit der beiden fraglichen Ordnungen als ihre gegenseitige Unabhängigkeit. Finden wir doch übereinstimmend in beiden Gruppen, daß nur die drei hintersten prosomalen Beinpaare der Lokomotion dienen und das 3. Extremitätenpaar der Tastfunktion angepaßt ist, außerhalb der Reihe der anderen Beinpaare lateroventral dem Vorderleibe ansitzt und ül^erdies eine mehr oder weniger beträchtliche sekundäre Verlängerung und Zergliederung der distalen Glieder erfahren hat. Vermitteln bei anderen Arachniden auch nur die drei letzten Paare die Fortbewegung, so haben wir es mit Formen (Solifuga, [manche Aearijj zu tun, die nicht nur auf Grund ihrer völlig abweichenden Körperorganisation, sondern auch zufolge ihrer abweichenden Beingliederung (Vorkommen der Zweigliedrigkeit des Tro- chanters und des Femur, Fehlen der Patella) für einen Vergleich außer Frage stehen ; und — 144 — prüfen wir andrerseits die Arachniden mit entwickelter Patella näher, so kann Kocnenia wieder nur ein Pcdipalp sein, da die Aranecu sowohl, wie auch Cryptostoiuna und die Opilionen ihrer- seits scharf umgrenzt sind und verhältlich ferne stehen. Allein die 2. Extremität zeigt bei den Palpigradoi einen ganz anderen Bau als bei den Pedipalpen. Die Coxen derselben sind oben schon besprochen, und ich kann mich folglich auf den sogen. ,,Palpus" beschränken. Ist dieser bei den letzteren dazu bestimmt, die Beute- tiere zu packen und festzuhalten, und dementsprechend mächtig ausgebildet, mit Dornen und Stacheln besetzt, so ist er bei Kocnciiia zart wie die anderen Paare, einfach beinförmig, normal gegliedert und mit einem zweiklauigen Praetarsus versehen. Und trotz dieser Verschieden- heiten eine bemerkenswerte Übereinstimmung im Fehlen der den anderen Beinen zukom- menden Patella, ein Faktum, das ohne die Annahme nächster Verwandtschaft der Palpigrnden und Pedipalpen unverständlich bleibt, da sowohl bei den Aranecu, wie bei den Opilionen die Patella der 2. Extremität genau so gut zukommt, wie den übrigen Beinpaaren. Cryptostemma schließt sich hierin den Pedipalpen an, doch komme ich auf diese aberrante Form in der Folge noch zu sprechen. Weiter geben uns aber die Opilionen den schönsten Beweis, wie wenig die im Bau der ,, Taster glieder" der 2. Extremität zwischen Koenenia und den Pedipalpen vorhandenen Unterschiede bei der Ordnungsabgrenzung maß- gebend sein können, da wir bei ihnen in ganz der gleichen Weise beide Formgestaltungen des ,,Palpus" antreffen: die Laniatorcs mit kräftigen, bedornten ,, Fangarmen", die Palpatores mit schlanken, beinförmigen, wahren ,, Tastern". — — Den im feineren Bau der als ,,Tast-" oder ,, Hörhaare" bekannten Sinneshaare (die an einem oder mehreren Beinpaaren vorkommen, sogen. Trichobothrien oder besser zu sagen Bothriot riehen) zwischen Koenenia und den liolopeltiden Pedipalpen nachweisbaren Unter- schied scheint Tnthyreus camhridgei zu überbrücken, bei dem diese Haare im wesentlichen mit denen der Thelvplioniden übereinstimmen, durch eine feine Wimperung in ihrem Grund- teil aber zu den vierseitig gleichmäßig bewimperten der Koenenien (niirahilis) überleiten (ct. Taf. IV, Fig. 41a— d). Bei einem näheren Vergleich zwischen P'alpigraden, Uro- und .bnblypygen ergibt sich sodann die Tatsache, daß Koenenia in der Anordnung der postoralen Beinpaare sehr mit den Uropygen, speziell den Schizonotiden, übereinstimmt und mit jenen in gleicher Weise von den Aviblypygen abweicht, die in diesem Punkte ja bekanntlich zu den Araneen überleiten. Halten wir uns weiter bewußt, daß die Gestalt und Lagerungsrichtung der Hüften der 3. Extremi- tät bei Koenenia und den Schizouofiden einander geradezu überraschend ähnlich ist, während sie doch bei den Thelvplioniden von beiden deutlich abweicht, und ziehen wir ferner noch andere, gleich zu erörternde Charaktere in Betracht, so erscheint eine Loslösung der I\ilpi- graden von den Pedipalpen künstlich und irreleitend. Die Ähnlichkeiten zwischen beiden Formengruppen, speziell zwischen Koenenia und den Schizonotidcn , sind damit tatsächlich keineswegs erschöpft. Die schlanke Gestalt des Prosoma teilt Koenenia mit diesen, ebenso auch die gleiche Gliederung des prosomalen Carapax in ein großes Pro- und ein kleines Metapeltidium, zwischen denen sich bei den Scliizonotidcn freilich noch zwei kleine, keilförmige Mesopeltidia einschieben, die bei Koenenia weichhäutig geblieben sind. Ähnliche Gleichheiten sind in der Gliederung des Opisthosoma ausgeprägt; die — 145 — drei letzten Körperringe sind bei /^ilpigrdden und Uropyt^cn ringförmig fest chitinisiert . und bestehen nicht aus Tcrgit und Sternit; ihr letzter trägt zudem bei allen ein schwanzförmiges, von zwei Paaren Rotatormuskeln bewegtes Flagellum : wieder eine größere Übereinstimmung zwischen Koencnia und den (hopygen^ als zwischen diesen und den Amblypygen, die kein Flagellum besitzen und deren drei letzten Ringe aus Tergiten und Sterniten zusammengesetzt sind. — Die anderen Hinterleibssegmente zeigen bei allen Formen normale Tergite (mit Aus- nahme des 1. Segmentes bei Koenenid)^ Sternite freilich nur bei den stärker chitinisierten Uro- und Amblypygen, während solche bei den Palpigraden infolge der Kleinheit der Tierchen und ihres weichen Panzers mit Ausnahme des „Genitaloperculums" fehlen. (Ich lasse dies nicht unerwähnt, weil Hansen und Sörensen darauf Gewicht gelegt haben, daß bei Koencnia Tergite und Sternite nicht ausgebildet seien ; sollten sich einmal größere Arten von Koenenien finden, so wird man sicherlich in typischer Form Rücken- und Bauchplatten wahr- nehmen ; die Erscheinung, daß kleine Formen, zumal wenn sie schon an und für sich zart chitinisiert sind, ihrer Sclerite verlustig gehen, ist doch garnicht selten in verschiedensten Gruppen der Arthropoden). Auffällig ist auch der prinzipiell gleiche Bau des Ge nitaloperculums hei Palpigraden und Pedipalpen^ das sich in dieser Gestalt, mit alleiniger Ausnahme der Ära neen, bei keinem anderen Arachnid wiederfindet. — Ein Vergleich der inneren Anatomie unserer Spinnentiere lehrt uns endlich auch die Zugehörigkeit der Koenenien zu den Pedipalpen. Das Nervensystem besitzt bei den Uropygen und Palpigraden im Opisthosoma ein Ganglion, welches bei den Thelyphoniden etwa im 14. Leibessegment, bei den anderen im Genitalsegment, dorsal über dem Uterus, gelegen ist. Die A?nblypygen entbehren eines Hinter- leibsganglions und trennen sich darin nicht allein von den Palpigraden^ sondern in gleicher Weise von den Uropygen. Der Vorder- und prosomale Mitteldarm zeigt ebenso eine größere Ähnlichkeit bei Palpigraden und den Schizonotiden ^ als im Vergleich zu den holopeltiden Formen. Bei Koenenia und den Uropygen lernten wir das Vorhandensein einer oberen und unteren Gaumen- platte kennen, die den Amblypygen fehlt, sodann bei Trithyreus und Koenenia die Ausbildung eines einfachen ungelappten prosomalen Darmdivertikels, das bei Tlielvpho)iideii und Tarantu- liden in 4 mehr oder weniger lange Schläuche gespalten ist. Um vom Muskelsystem auch ein Faktum zu nennen, so konnte ich oben zeigen, wie Trithyreus in der Zahl der opisthosomalen Dorsoventralmuskeln eine Mittelstellung zwischen den holopeltiden Pedipalpen und Koenenia einnimmt, indem wir bei jenen 8, bei Trithyreus 7, bei Koenenia nur 6 Paar in den ersten 6 — 8 Hinterleibssegmenten antreffen ; das erste Paar zeigt bei allen 3 Gruppen, die gleiche Verlagerung seiner ventralen Insertionspunkte vom 1. Hinterleibssternit auf die Hinterfläche des prosomalen Entosternums; der 2. Dorsoventral- muskel ist bei Koenenia normal auf der Vorderfläche des ,, Genitaloperculums" angeheftet, während er bei den Uro- und Amblypygen gleichfalls nach vorn vorgerückt ist und mit seinem Bauchende dem 1. Urosternit aufsitzt. Das Entosternum des Prosoma von Koenenia weist in seinem Bau die meisten Be- ziehungen zu dem der Uropygen auf und läßt sich folglich mit der gleichen Bildung keines anderen Arachnids näher vergleichen ; die Unterschiede, die es dem der Uropygen gegenüber Zoologica. Heft 42. ^9 — 146 — erkennen läßt, sind weit geringer, als die, welche das Entosternum zwischen den geschwänzten und ungeschwänzten megoperculaten Lipoctena zeigt. Die Genital Organe sind bei Palpigradcu und I'cdipalpen nach demselben Grund- schema o-ebaut, wie oben dargetan ist, und die Verschiedenheiten, welche sich in ihnen zwischen diesen Gruppen finden, werden zur Genüge durch die zwischen den einzelnen Vertretern der alten Pedipalpen vorhandenen aufgehoben. Das einzige für die Koenenien spezifische Merk- mal ist die Ausbildung von 2 Gonopodenpaaren (je 1 am 2. und 3. Segment des Hinter^ leibes), deren die anderen Formen nur 1 Paar (am Gcnitalsegment) besitzen, falls sie ihnen nicht etwa ganz (weibliche Thclyphoniden) fehlen. Die Coxaldrüsen münden bei allen fraglichen Formen gleichmäßig an der Basis der Coxa der 3. Extremität auf deren inneren Seite, und die eigentümliche Tatsache, daß die- selben bei Kooicuia in das Mesosoma hineinreichen und überdies in 3 hintereinander liegende Abschnitte zerfallen, deren bei Uro- und Amblypygen nur 2 unzweifelhaft nachzuweisen sind (wie bei den meisten anderen Cheliceraten exclusive der Opilioiicii) hängt wahrscheinlich mit dem Verlust der Malpighischen Gefäße zusammen, der aber ebenfalls an systematischer Bedeutung verliert, wenn wir bedenken, daßs dieselben auch manchen Milben fehlen, anderen daeeeen in normaler Weise zukommen. In der Lagerung der Coxaldrüsen im Prosoma stimmen sodann die Falpigradcn im Gegensatz zu den .hnblypygen ganz mit den Uropygcn überein. Bezüglich der R e s p i r a t i o n s o r g a n e nehmen die Schizojtotiden vifahrscheinlich den Platz einer die liolopcltidcn I'cdipalpcii mit 2 Paaren, mit den Pulpigradcii mit fehlenden Atmungs- organen verbindenden Gruppe ein, indem ihnen nur noch das vordere Lungenpaar eigen ist, das überdies von geringer Grölte ist. Schließlich kann man zum Beweise des ,,/'('(///>(?//'(7/charakters" der Palpigradeii noch das Vorkommen ausstülpbarer Ven tralsäckch enp aare am Mesosoma bei Kociieiiia (in 3 Paaren am [2. und 3.,| 4. — 6. Segment) und einigen .hublypygoi (in 1 Paar am 3. Seg- ment), die in beiden Fällen durch gleichartige Muskeln retrahiert werden, heranziehen, da solche von anderen Arachniden nicht bekannt geworden sind. Ein nennenswerter Unterschied zwischen Falpigradcn und Pedipalpen ist endlich der völlige Mangel von Porenkanälen und den mit diesen in genetischer Beziehung stehenden Spaltorganen bei Koenenia, die den P'edipaipen^ wie allen stärker chitinisierten Arachniden in typischer Ausbildung eigen sind. Es steht dieser Unterschied wohl unmittel- bar mit der Zartheit des Chitins bei den Koenenien in Zusammenhang und verliert an Be- deutung nicht nur durch die Tatsache, daß es unter den Milben Formen mit und ohne Hautporen und Spaltorgane gibt, sondern auch durch jene, daß umgewandelte Porenkanäle bei Koenenia im Uterus externus der Weibchen nachgewiesen werden konnten, die uns an- zeigen, daß bei den Ahnen dieser kleinen Geißelspinnen die fraglichen Organe weiter ver- breitet waren. — So sehen wir denn, daß außer den Merkmalen, welche für jede der drei Gruppen der Palpigraden, Uropvgen und Amblypygen spezifisch sind, eine nicht geringe Anzahl solcher vor- handen ist, welche teils die Palpigraden mit den Uropygen^ teils diese mit den Amblypygen derart nahe verbinden, daß eine Trennung dieser drei Formenkreise in dem von Grassi, Hanse Uj Sörensen und ihren Nachfolgern gewollten Sinne unmöglich wird, wenn wir ihre gesamte Organisation im Auge behalten und uns nicht durch das eine oder andere unter- — 147 — i^eordnetf Merkmal beeinflussen lassen. Älmlich wie die Amblypygen zwischen den Uro- pygen und Araneen, so vermitteln die Uropygen zwischen jenen und den Pa/pigraden, im engeren die Schizonotiden zwnschcn The/yphoniden und Koenenien, imd es ist schwer zu sa,<;en, welche der 3 Gruppen naher miteinander verwandt sind. Ich möchte sie als die gegenwär- tigen Enden dreier, bereits in praecarboner Zeit herausdifterenzierter, gleichwertiger Ent- wicklungsreihen dieser ältesten uns bekannten Lipoctenenordnung auffassen, welche in einer gleichfalls vor der Steinkohlenformation gelegenen Erdperiode zur Stammordnung der übrigen lipoctenen Arachniden geworden ist. Eines seltsamen Arachnids muß hier noch gedacht werden, für welches Thoreil (68) die Ordnung der „Meridogaslni" errichtet hat, und welches Karsch (33) als letzten Aus- läufer der fossilen Anthracomarli auffassen und unter den recenten Arachniden den Pedipalpcii am meisten nähern möchte. In der Tat schließt sich Crypfosfciin/ui durch mehrere Merkmale eng an die Pcdipalpcn an: so durch die Gestaltung des Labrums und der Hüften des 2. Ex- tremitätenpaares, sowie deren gegenseitige Verbindung an die Uropygen, an dieselbe Gruppe durch den Besitz einer Schere an der 2. Extremität, durch die lateroventrale Insertion der 3. Extremität, durch das Fehlen einer den 4 letzten Beinpaaren zukommenden Patella an der 2. Extremität an die Pcdipalpcn im allgemeinen. Folgende Charaktere trennen die Mcvido- i^astra aber deutlich von den Pcdipalpcn und machen ihre systematische Selbständigkeit notwendig: Die Form der Cheliceren, die Zweigliedrigkeit des Femur der 2., 5. und 6. Ex- tremität, die speziellere Gestaltung des Telopodits der 2. Extremität, das Fehlen des Prae- genitalsegmentes, sowie des für die Jllcgopcrculatcn typischen großen Genitaloperculums, die eigenartige Gliederung des Carapax und endlich die Gliederung des Hinterleibes. Von der inneren Anatomie der Cryptostonincn ist mir leider nichts bekannt, auch vermag ich nichts über ihre Atmungsorgane auszusagen, doch könnte deren Gestaltung vielleicht eine weitere Annäherung der fraglichen Gruppe an die Pedipalpen, niemals aber eine Einreihung der- selben in diese Ordnung gestatten. Aus diesem Grunde erschien es mir auch gegeben, Cryptostciiima in dieser Schrift nur vorübergehend in den Kreis der Betrachtung hereinzu- ziehen. Der Übersicht halber möge noch eine kurze Diagnostik der Pcdipalpi und ihrer Unter- ordnungen folgen, an die weiter einige Bemerkungen über die Verwandtschaft der Unter- familien der Tarautulidcn angeschlossen seien. — 148 Ordo Pedipalpi Latr. (Die Merkmale der übergeordneten Unterklasse und Überordnung bleiben unerwähnt.) Prosoma: Nur die 3 hinteren Extremitätenpaare, welche in keinem Falle der Patella entbehren, dienen der Lokomotion. Das 2. Extremitätenpaar, mit oder ohne Gnathocoxen, ist normal beinförmig oder in kräftige Fangarme mit oder ohne Endschere umgewandelt, stets ohne Patella. Das 3. Extremitätenpaar ist im Gegensatz zum 2. und 4. — 6. seitlich in- seriert, dem Tastsinne angepaßt, verlängert, Tarsus oder Tarsus und Tibia mehr oder weniger weitgehend sekundär gegliedert, mit oder ohne Patella. Öffnung der Coxaldrüsen stets am Innenrande des Hüftgrundes der 3. Extremität, spaltförmig. Carapax einfach oder sekundär gegliedert. Opisthosoma: Von den 11 — 12 Segmenten bildet das 1. (Praegenitalsegment), welches stets erhalten bleibt, eine mehr oder weniger enge Vorder- und Hinterleib verbindende Taille. 2. Urosternit stellt ein großes ,,Genitaloperculum" dar, hinter dem die Genitalöffnung gelegen ist. Der ventrale Insertionspunkt der 1. Dorsoventralmuskeln nach vorn auf die Hinterfläche des prosomalen Entosternums verschoben. Atmungsorgane als Lungen ausgebildet oder fehlend. Telson: Als 1 — vielgliedriges Flagellum vorhanden oder fehlend. I. Subordo Palpigradi (Thoreil, ut. ordo ) (== Microtlielyplioinda [Grassi].) Cheliceren 3gliedrig, die beiden Endglieder eine Schere mit außenseitlich inseriertem beweglichem Finger bildend. 2. Extremitätenpaar einfach beinförmig, mit normaler Gliede- rung und 2 klauigem Praetarsus. 3. Extremitätenpaar mit Patella und Praetarsus. Prosoma länger als breit, Carapax in ein großes Pro- und ein kleines Metapeltidium gegliedert (Meso- peltidia weichhäutig). Hüften der 4 letzten Beinpaare nicht strahlig angeordnet. Labiales Prosternum und äußere Mundhöhle vorhanden; Gnathocoxit fehlt. Prosomales Entosternum mit 1 Foramen. Prosomales Darmdivertikel einfach, Malpighische Gefälle und Analdrüsen fehlen. Coxaldrüsen lang schlauchförmig, aus 3 hinter einander liegenden Abschnitten be- stehend, bis ins Genitalsegment reichend. Die 3 letzten Körperringe ein Postabdomen bil- dend, jeder ringförmig chitinisiert. Flagellum vorhanden. Familie Koeneniadae Grassi (et Calandr.). 11 Hinterleibsringe. Augen fehlen, am Vorderrande des Propeltidiums eine mediane und 2 laterale Sinneshaargruppen. Respirationsorgane fehlen; bisweilen ausstülpbare Ventralsäck- chen (am 2,-6. Hinterleibsring). 6 opisthosomale Dorsoventralmuskelpaare im 1.— 6. Segment. Nervenkette mit Hinterleibsganglion im Genitalsegment. Gonopoden vorhanden (im Genital- und Postgenitalsegment), Samenreservoir des ,-f einfach, Ovarium meist unpaar, selten paarig. Integument zart, ohne eigentliche Porenkanäle und Spaltorgane; Hinterleib mit nur 8 zarten Ter- giten, eigentliche Sternite fehlen mit Ausnahme des Genitaloperculums. Flagellum vielgliedrig. — 149 — Gattuno Koenenia Grassi (et Calandruccio). Typus : Kocnciiia iiiirabilis Grassi (et Calandruccioj 9- Untergattung Prokoenenia CB., Rucker. (Von der typischen Koenenia durch den Besitz ausstülpbarer Ventralsäckchen unterschieden.) Typus : K. zvliceleri Rucker. II. Subordo Uropygi Thorell. Cheliceren 2gHedrig, Endglied dorsal inseriert. 2. Extremitätenpaar als Fangarme aus- gebildet, mit 1 klauigem Praetarsus oder Scheinklaue. 3. Extremität ohne Patella und Prae- tarsus. Prosoma länger als breit. Hüften wie bei I. angeordnet. Labiales Prosternum fehlt, äußere Mundhöhle und Gnathocoxit vorhanden. Malpighische Gefäße vorhanden. Coxal- drüsen einen mehrfach gewundenen Schlauchkomplex darstellend, im Prosoma seitlich vom Entosternum. Die 3 letzten Körperringe und Flagellum wie bei I. 12 Hinterleibsringe. Inte- gument normal. Tribus 1: Schizopeltidia CB. (-— Taylaridi Cambr., Thor.) Carapax in ein großes Propeltidium, 2 kleine, keilförmige Mesopeltidia und 1 wieder etwas größeres Metapeltidium gegliedert. Unbeweglicher Scherenfinger der Chelicere lang. 2. Extremität mit Iklauigem Praetarsus. Untere Gaumenplatte mit Pharyngealrinne (Pseudo- trachea). Augen fehlen. 1 Lungenpaar im Genitalsegment. Die beiden Längsstämme des prosomalen Entosternums außer durch die hintere Ouerplatte nur durch 1 vordere Querbrücke verbunden. 7 opisthosomale Dorsoventralmuskelpaare. Nervenkette mit Hinterleibsganglion im Genitalsegment. Gonopoden (im Genitalsegment) und (ventrale) Receptacula seminis beim 9 vorhanden. Ovarium unpaar. Analdrüsen fehlen. Caudalorgane fehlen. Flagellum 1- bis Sgliedrig. Prosomales Darmdivertikel einfach. Familie Schizonotidae Thor. Mit den Merkmalen der Tribus. 2 Gattungen : Scliizonotus Thor, und Trithyreus Krpln. Tribus 2: Holopeliidia CB. ( Oxypoeei Thorell.) Carapax ungegliedert. Unbeweglicher Scherenfinger kurz. 2. Extremität mit Scheinklaue (echter Endschere). Untere Gaumenplatte ohne Pharyngealrinne. Median- und Lateralaugen vorhanden. 2 Lungenpaare im 2. und 3. Hinterleibssegment. Die beiden Längsstämme des Prosoma außer durch die hintere Querplatte durch 2 vordere Querbrücken verbunden. 8 opistho- somale Dorsoventralmuskelpaare. Nervenkette mit Hinterleib.sganglion im 8. bis 9. Segment. Gonopoden nur beim (j^, dessen Samenreservoir kompliziert und mit Dorsalschläuchen aus- gestattet; beim 9 (laterale) Receptacula seminis; Ovarien meist paarig. Analdrüsen vorhanden. Caudalorgane vorhanden. Flagellum vielgliedrig. Prosomales Darmdivertikel mit 4 seitlichen Blindsackpaaren. — 150 — Familie Thelyphonidae H. Lucas. Mit den Merkmalen der Tribu.s und anderen weniger wiclitigen Charal:teren. Mehrere Gattungen. III. Subordo Amblypygi Thorell. Cheliceren wie bei IL, unbeweglicher Scherenfinger fast ganz rückgebiidet. 2. Extre- mität wie bei II. 3. Extremität mit Patelia und rudiment. Praetarsu.s. Prosoma so breit oder breiter als lang. Hüften der Heinpaare strahlig angeordnet. Labiales Prosternum und äußere Mundhöhle fehlt, Gnathocoxit vorhanden, mit ,,Pseudotrachea" nahe der Mundöffnung. Mal- pighische Gefäße vorhanden. Coxaldrüsen ähnlich wie bei IL, auf dem Entosternum ruhend. Alle 12 Hinterleibssegmente normal mit Tergit und Sternit. Integument normal. Flagellum fehlt. Familie Tarantulidae. Carapax einheitlich, rundlich, so breit oder breiter als lang. Augen wie bei II, 2. 2 Lungenpaare wie bei II, 2. Prosomales Entosternum mit breiter einheitlicher Fläche, ohne Foramina; opisthosomale Dorsoventralmuskel wie bei II, 2. Nervenkette ohne Hinterleibs- ganglion. Gonopodcn (am Genitalsegment) vorhanden ; Samenreservoire verzweigt, ohne Dor- salschläuche; Receptacula seminis fehlen; Ovarium meist paarig. Analdrüsen fehlen. Proso- males Darmdivertikel ähnlich wie bei II, 2. Die Gattungen gruppieren sich in 3 Unterfamilien, von denen die Phrynichinac Sim. und Charoutinac Sim. näher miteinander verwandt sind als die ersteren mit den Taraiiliilu/ac Sim. 1. Coconhalter der 9 9 ^^s 2 einfachen Papillen bestehend, oder mit je 1 seitlichen schwachen, unbeweglichen Dorn oder fehlend; 3. LIinterleibssegment mit 1 Paar ausstülp- barer Ventralsäckchen, deren jedes 1 Deckplättchen besitzt, oder die Ventralsäckchen sind mehr oder weniger rückgebildet; in den letzteren Fällen (auch bei fehlendem Coconhalter) ist das Endglied der 2. Extremität mit deutlich abgegliedertem , 1 klauigem Praetarsus ver- sehen, sonst ist es eine Scheinklaue. a) Praetarsus der 4. — 6. Extremität ohne Pulvillus, Endglied der 2. Extremität stets eine Scheinklaue, Tibia des letzten Beinpaares 1- oder 2gliedrig, Tarsus (inkl. Basitarsus) stets Sgliedrig, Tibienenddornen der 2. Extremität nach vorn gerichtet, den Grund der aus- ge.streckten ,,Hand" weit überragend: Phrynichinae Sim. Hierher die Gattungen : l'/iryiiiclius Karsch, Dainoii C. L. Koch. b) Praetarsus der 4. — 6. Extremität mit Pulvillus, Endglied der 2. Extremität eine Schein- klaue oder ein echter Praetarsus (alte Nomenklatur: Finger 1- oder 2gliedrig), Tibia des letzten Beinpaares 3- oder 4gliedrig, Tarsus (inkl. Basitarsus) ögliedrig, Tibienenddornen der 2. Ex- tremität seitlich gerichtet, den Grund der au.sgestreckten ,,Hand" kaum überragend: Charontinae Sim. Hierher die Gattungen: Churoit Karsch, Stygop/iry//us Kri)ln., Sarax Sim., Cliiiniius Sim., Catagius Thor. -- 151 — 2. Coconhalter der 9 9 aus einer testen, 2 teiligen, mit je 1 beweglichen Haken seitlich versehenen, Platte bestehend; 3. Hintcrlcibssegment ohne Ventralsäckchen; Endglied der 2. Ex- tremität stets eine Scheinklaiie. — l'raetarsus der 4. — 6. Extremität ohne Pulvillus, Tibia des letzten Beinpaares stets Sgliedrig, Tarsus (inkl. Basitarsus) r)gliedrig; Tibienenddornen der 2. Extremität wie bei 1. b): Tarantulinae Sim. Mierher die Gattungen: Aatnlhophyynus Krpln., Tarantnla F., Adiiiclus C.L.Koch, und der durch einen langen, nach hinten gerichteten Griffelfortsatz am Trochantcr der 2. Extremität abweicheade Hctcropliryniis Poe. Erst in allerjüngster Zeit hat Pocock (56) die von E. Simon (61) aufgestellte und von H. |. Hansen (28) und Kraei)elin weiter gefestigte Einteilung der Amblypynrcn zu Gunsten einer neuen fallen lassen, jedoch ohne dies näher zu begründen. Er teilt die Taniiitii- liden nach dem Fehlen und Vorkommen des letzterwähnten Trochanterfortsatzes von Hctcro- phrvnus Poe. in : Phryninae Poe. ( l^iranliilidac Karsch exkl. Hctcrophrynns Poe.) und Heterophryninae Poe. (mit der Gattung Hctcropliryniis Poe.). Diese Einteilung ist aber genau so künstlich, wie wenn man die Collcmbolcn z. B. in 2 Gruppen zerlegen wollte, deren eine den mit einer kronenartigen Dornenbildung auf dem 5. Abdominaltergit versehenen ProctostcpJianus CB., deren andere die übrigen Collembolen umfassen würde. Vielmehr ist die Simon'sche Einteilung der Tarantnlidcn in die 3 von ihm benannten Unterfamilien eine durchaus natürliche und mit den Bauverhältnissen der verschiedenen Ver- treter in Einklang stehende zu nennen. Nur über den Verwandtsehaft.sgrad derselben sind die bisherigen Anschauungen noch etwas zu modifizieren. Während Simon dieselben in der Reihenfolge: Cliarontinac, Phrynichinnc, Tarantulinae zusammenstellte, reihte sie H. J. Hansen später als Phrynichinae, Tarantulinae und Cliarontinac aneinander und Kraepelin folgte ihm darin. Doch sagt dieser Forseher schon, ,,daß es zum mindesten zweifelhaft ist, ob die Tarantulincn oder die Ctiaronfincn den Plirynichincn am nächsten stehen." Ja, nach Aufzäh- lung einer Anzahl von wichtigen Merkmalen kommt er zu dem Schlüsse, daß ,,es den Tat- Sachen am besten entsprechen dürfte, wenn wir mit Hansen die Plirynichinac als den Aus- gangspunkt der ganzen Gruppe betrachten, die beiden anderen Subfamilien aber als gleich- wertige und gleicherweise von den Plirynictiincn, nicht aber aus einander abzuleitende Gruppen anerkennen." Dieser letzte Satz ist gewiß richtig, und Pocock hätte sich bei Abfassung seiner neuen Einteilung desselben besser erinnert. Freilich sind die Plirynichincn relativ ursprünglich, doch dürfen wir nicht versessen, daß z. B. die Cliarontincn mit Praetarsus an der 2. Extremität in diesem Merkmal zweifellos noch ursprünglicher sind als die Plirynichincn. Dennoch möchte auch ich .sie als die Au.sgangsgruppe betrachten, mit der die Cliarontincn durch Cliaron so eng verbunden sind, daß man versucht ist, beide zu einer höheren Einheit zusammenzufassen. Der Bau des Coconhalters und der Besitz der VentraLsäckchen (die nur selten fehlen, bei Charinns und Ccitaoius] beweisen die im Hinblick auf die Tiranliitincn engere Verwandtschaft — 152 — beider Unterfamilien. Aber auch die Taranlidinen zeigen Beziehungen zu den riirynichinen^ doch fehlt zwischen beiden ein Bindeglied, wie es Cliaron zwischen den Charontincn und Plirvuicliiiicn darstellt. Aus diesem Grunde erscheint es mir besser, die alte Anordnung Simons mit alleiniger Umstellung der letztgenannten Unterfamilien wieder in Anwendung zu bringen, wie es in der obigen Übersicht geschehen ist. Die Beziehungen der Pedipalpen zu den übrigen Arachnidenordnungen erscheinen nach den bereits mehrmals erwähnten neuen Entdeckungen Pocock's (54), die sich auf die Ableitung der Opilionen aus amblypy gcu'ixx'iix'gQn Vorfahren beziehen, und nach der Einreihung der Palpi- graden in ihren Formenkreis etwas anders, als ich sie früher (12) durch ein Schema au.szu- drücken versucht hatte, bei dessen Aufstellung mich vor allem anatomische Merkmale geleitet hatten. Zwar gibt mein Schema die verwandtschaftliche Stellung der einzelnen Pedipalpen- Typen so wieder, wie ich sie auch heute noch annehmen möchte, aber die Errichtung einer besonderen Reihe ,Jiolotraclieatcr" Formen ist unter Voraussetzung der Richtigkeit der Ent- deckungen Pocock's unhaltbar geworden, wie andrerseits auch seine ,,Caulogastra" keine systematisch-phylogenetische Einheit mehr darstellen. Die Ordnung der Pedipalpen nimmt vielmehr, wie es bereits früher von anderen Forschern angedeutet worden ist, eine weit mehr centrale Lage im System der Lipoctenen ein, als ich es damals annahm. Es ergibt sich damit aber auch gleichzeitig die Annahme, daß die Ahnen der Pedi- palpen (in praecarboner Zeit) noch sehr viel polvmorpher waren, als es die heutigen Reste derselben sind, und ihre Vielgestaltigkeit muß sich sowohl auf die Gliederung der prosomalen Extremitäten, wie auf die Mundbildung, Lage und Form der Respirationsorgane, den Besitz des Telsons und andere, weniger wichtige Merkmale und solche der inneren Ana- tomie erstreckt haben. Unter den heutigen Arachniden sind es nur die Milben, die in ähnlicher Weise überaus polymorph sind, doch bezieht sich bei ihnen dieser Charakter nicht auch auf die gleichen Merkmale. Die hypothetischen Ahnen der Pedipalpen müssen unter den Arachniden eine ähnliche Kollektivgruppe dargestellt haben, wie es für die Säugetiere die Formen des Alttertiärs gewesen sind. Die den Pedipalpen nächst verwandte Gruppe, die Araneen, sind ja noch so eng mit ihnen verbunden, daß beide als Megoperculata zusammengefaßt werden konnten, und wie die Araneen^ so verdanken auch die Opilionen^ ihren Ursprung höchstwahrscheinlich aii/plypygcii- ' In einer wertvollen Arbeit über die Systematik der Opilioucn (55) glaubt P o c o c k eine Richtigstellung meiner Angabe (12) über die prosomalen Sternalgebilde einiger Formen dieser Araclinidenordnung bringen zu müssen. Er sagt pag. 508 : „It appears to me in all Opiliones, including the Anepignathi {Lcplopsalis etc.), the sternal sclerite that lies behind the labium represents the sternal Clements of the posterior four somites of the prosoma, and is strictly homologous through- out the Order." Veranlassung fand P o c o c k dazu in meiner Vergleichstabelle der prosomalen Sternalgebilde der Cheli- ceraten, in der an Stelle der Stern a des letzten (Leptopsalis, Pachylus)^ der 2 (Trogubis) oder 3 (Nemastoma) letzten proso- malen Segmente der Genitaldeckel verzeichnet worden war, der das 3. Urosternit morphologisch darstellt. Daß ich aber bereits damals eine ähnliche Ansicht vertrat, wie die oben zitierte von Pocock, beweist die Anmer- kung 16 auf Seite 445 (12), in der es heißt: „Der Genitaldeckel bedeckt ventral die Sternalpartie der 2 letzten Beinpaare (bei Trogulin\ welch letztere so gleichzeitig die Decke der Geschlechtsöffnung darstellt; durch die Lage des Genitaldeckels — ] 53 — artit^en Vorfahren und gelangten zu ihrer heutigen Gestaltung durch die Rückbildung des Genital- und Praegenitalsegmentes — die sich bereits bei ihren Ahnen, den Antliracomarli Karsch, (im Hinblick auf die Amblypygeii) deutlich geltend gemacht hat — und durch die Neuerwerbung eines zweiten Gnathocoxitpaares (der :\. Extremität), die Vergrößerung der Hüften des letzten Beinpaares und die meist mächtige Entwicklung der Gonopoden. Die Chelicercn behielten ihre ursprüngliche Gliederung bei, von Atmungsorganen blieb nur 1 Paar (des 4. mesosomalen Segmentes) erhalten, und wie bei den Araiiccn, Cryptostevima ^ Chcloiicllicn und vielen .kari, finden wir bei ihnen 4 Gangbeinpaare. — Cryptostemma stellt wahr- scheinlich auch einen Abkömmling der alten rcdipalpen dar; in die Verwandtschaftsgruppc der Mcgopercnlaten und Opilioncn gehört es zweifellos durch den Besitz einer Patella an der 3. — 6. Extremität, und an die Uropygen speziell erinnert es unter anderem durch die Ge- staltung des Labrums und der Hüften der 2. Extremität, deren Verwachsung aber noch weiter gediehen ist; ferner deutet die lateroventrale Insertion des 3. Beinpaares auf Pcdi- palpen hin. Auf die Opilioncn weist aber wiederum hin die Rückbildung des praegenitalen Segmentes und die Lage der Geschlechtsöffnung hinter den Coxen der letzten Beine, und auf die Chelonethen die zweigliedrigen Cheliceren, deren beweglicher Finger wie bei diesen außenseitlich inseriert. Entgegen meiner früheren, mit derPocock's im Einklang stehenden Anschauung glaube ich jetzt, daß die Tailleneinschnürung der Caulogasira Pocock's, die ihren höchsten Grad bei den Amblypygen und Araneen erreicht hat, dagegen bei den Uropygen, Koenenia und Cryptostemma unbedeutend ist, nur von untergeordnetem phylogenetisch-systematischem Wert ist. Weit wichtiger scheint mir vielmehr der Besitz einer Patella zu sein, der die Pcdipalpen^ Araneen, Opilioncn und Mcridogastra eng mit einander verbindet, wie es schon früher von M. Laurie (41) angedeutet wurde. Nichts desto weniger entstehen bei einer derartigen Gruppierung der fraglichen Ord- nungen neue Schwierigkeiten in der Ableitung der Acari, CJuloncfhi und Solifuga. Die Acarinen mit den Opilionen in phylogenetische Beziehung zu bringen, ist auch heute noch die einzig haltbare Möglichkeit, zumal in Anbetracht der erst jüngst bekannt gewordenen iVolosligmala Wight (cf. 79). Da diese Milben wie die Opilionen und Araneen an allen Beinen eine typische Patella besitzen, die bei den übrigen Gruppen dieser Ordnung (soweit bis jetzt mit Sicher- heit bekannt ist) nicht mehr in ihrer echten Gestaltung auftritt und daher noch nicht un- zweideutig hat nachgewiesen werden können, so dürften die Acari zweifellos in die Gruppe der patellaten Arachniden gehören. Die Mundbildung zeigt bei vielen ihrer ursprüng- erklärt sich wahrscheinlich auch der Schwund eines eigentlichen, besonders chitinisierten Sternunis, das gemäß der Lage der Coxae der betreffenden Beinpaare bei Trogulideji und anderen Palpatores sehr wohl hätte entwickelt sein können." Bei den von mir damals untersuchten Typen, mit Ausnahme von Pachyhis, ist der fragliche Körperteil tatsächlich nicht mit einem „Sklerit" bedeckt, man kann also von einem eigentlichen Sternum gar nicht sprechen. Da nun weiter das Labium der Opilionen dort, wo es in typischer Gestaltung auftritt [Plialniigideti, Gonyleptideii etc.) als Sternit des 3. prosomalen Segmentes erscheint (daher von mir als „labiales Tritostern im" aufgefaßt worden ist), so kann die weiche Sternalpartie hinter ihm bei Plmlangiden, Trogiiliden etc. zunächst nur die verschmolzenen und rück- gebildeten Sterna der 3 letzten prosomalen Segmente darstellen. Es erstreckt sich aber bei Trognlus (tricarinatusj und Xcmastoma {bimaculata) a. e. diese Sternalpartie nach vorn bis zwischen die Coxen des 3. Extremitätenpaares, sodaß die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß hier das ursprüngliche Tritosternum zum Teil (Xcmnstoma) oder ganz (Trogulus) mit in ihr enthalten ist. Das Sternum der 3 hinteren prosomalen Segmente bei Pacliylus und Verwandten war leider s. Z. von mir infolge seiner Schmalheit übersehen worden. Zoologica. Heft 42. 20 — 154 — lieberen Formen so viele Übereinstimmungen mit der der Pcdipalpcn (cf. 14), daß wir nur annehmen können, daß die Acnri in diesem Merkmal den alten Pcdipalpenc\id.x-ak\.(tx bewahrt, diesen die Opilioncn dagegen sehr modiiiziert haben; und so viele Milben es auch gibt, die nicht die mindeste t?/>/7/o«f«verwandtschaft verraten, so ist diese durch unzweifelhafte Binde- o-lieder (Opilioacarus Wight) doch wissenschaftlich gesichert, solange die Ordnung der Acari monophyletisch aufgefaßt werden kann und muß. — Die Chelonethen sind nach Kenntnis- nahme der morphologischen Bedeutung des Scherenarmes der 2. Extremität, den sie nicht nur mit Aen Scorpioncii wnd Jllcrosfoiiien {und Cnistacecii)^ sondern in ganz der gleichen Weise mit den Thelyphoniden teilen, mit den geschwänzten Pedipalpen {Uropygen) in noch engeren Zusammenhang zu bringen, als es bisher möglich war. Die Mundbildung, die normale Gliederung des I^eibes und das Bauprinzip der 2. Extremität z. B. dürften sie mit nur geringen Modifikationen von den alten Pedipalpenahnen übernommen haben. Von ihren 2 Paar Respi- rationsorganen ist aber vielleicht nur das vordere mit dem hinteren der heutigen Pedipalpen homolog zu setzen (cf. Anmerkung 1 auf Seite 54). — Am meisten verwischt bleiben immer noch die Beziehungen der Solifugen, deren Convergenz zu den hypothetischen Pedipalpenahnen der ih-opygenrelhe nur unsicher ist ; aber wieder ist es die Mundbildung, welche eine ver- bindende Brücke zu ihnen zu schlagen scheint, wenn wir an den Bau der Coxen der 2. Extremität und an die Tatsache denken, daß noch ein zweiter /'t'(?'//'rt//t'«-Abkömmling, die Palpigraden (Stcrnartltron, Kociienia), sich ein ganz homologes ,, Rostrum" erworben hat. Pocock's ehemalige Annahme, der auch ich mich anfänglich anschloß, daß ,,die Um- wandlung der Kiemenlungen zu Tracheen einmal an die Wurzel der Dipneu- 7no)ies, sodann an die Wurzel der Mycctophora und Holosomata Pocock's verlegt werden müsse" kann nun im Hinblick auf die hypothetische Ahnengruppe der Pedipalpen dahin modifiziert werden, daß sich in eben dieser Gruppe bereits die Tendenz zur Bildung der Tracheen geltend machte, die Opilioncn, Acari, Lliclonctlicn und Soli- fugen die Tracheen unmittelbar von ihren Ahnen übernahmen, diese aber in der Amblypygo- Aranccnreihe erst relativ spät zur Entwicklung gelangten. Auch muß die Entstehung der Chelo)icthcn und Solifngen (auch der Opilioncn) offenbar lange vor der Carbonzeit stattgefunden haben, als die Ahnenreihe der Lipoctenen noch eine größere Zahl der Respirationsorgane und die normale Zahl der Chelicerenglieder besaßen ; und ähnliches gilt für das Telson, dessen Fehlen keine nähere Verwandtschaft der betreffenden Formen bedingt. Die jetzige Gruppierung der 7 recenten Ordnungen der lipoctenen Araclinidcn ist auf Grund der vorhergehenden Absätze in mehreren Punkten gegen die älteren von Pocock (50) und mir (12) verschoben worden. Die beiden von Pocock aufgestellten Unterklassen der Ctenophora (Sco?pioiics) und Llpoctena sind aber zu recht bestehen geblieben , und darf man deshalb mit einiger Zuversicht erwarten, daß nun auch aus den verschiedenen zoo- logischen Lehrbüchern die alten Unterklassen der Arthrogastra und Sphaerogastra, die den An- forderungen einer modernen Systematik nicht gerecht werden können, verschwinden werden. Folgende Einteilung der Arachniden dürfte dagegen bei gleichzeitiger Berücksichtigung der leider nicht zahlreichen palasontologischen Funde alle systematisch verwertbaren Merkmale in richtiger Weise zum Ausdruck bringen. 155 — 1. Unterklasse der Arachniden: Ctenopbora l'ocock (1893) (- Clcidophora Börner 1902). Ursprünglich 13 opisthosomale Segmente, deren erstes (Praegenitalsegment) wahrend der Embryonalentvvicklung rückgebildet wird. Beine ohne Patella. 2. Extremität mit primär- echter vSchere, wohl unmittelbar von Mcrostonicn- K\ix\<;.r\ übernommen. Primäre Kauladen (Coxognathen) an der 2. — 4. Extremität. Telson. Lungen. 2 laterale und 1 mediane Augen- gruppe. Spezialisierte Beine am 3. mesosomalen Segment (Pectines). 1. Ordnung: Scorpioties Hempr. und Ehrenbg. 2. Unterklasse der Arachniden: Lipociena Pocock (1893). Unzweifelhaft nachweisbar höchstens 12 opistho.somale Segmente. 2. Extremität wahr- scheinlich nie mit primär-echter, doch bisweilen mit sekundär-echter Scheere. Primäre Kau- laden nur an der 2. Extremität, oder auch hier rückgebildet (Palpigradi, Solifugae). Sekun- däre Kauladen bisweilen an der 3. und 4. Extremität {Opilioncs). Lungen oder Tracheen. Die beiden Augengruppen der Skorpione bleiben erhalten oder machen verschiedene Wand- lungen durch. Mesosomale Beinreste (als solche) wohl nirgends (Spinnwarzen, bezw. -beine der AraiieenT)^ mesosomale Telopoditreste oft erhalten in verschiedenster Form. Telson vor- handen oder fehlend. 1 . Sectio: Patellata mihi . Alle Beine oder einige Paare derselben mit Patella, d. h. zweigliedriger Tibia; unter den Milben trifft dies sicher bei den Notostizmata Wiifht, vielleicht auch bei den übrigen Gruppen zu. 1. Subsectio: Mcgoperculata Börner (1902). 2. Urosternit (des Genitalsegmentes, Genitaloperculum) mächtig entwickelt, fest chitini- siert oder weich, die äußere Geschlechtsöffnung liegt als Querspalt hinter ihm. Praegenital- segment bleibt mit Tergit oder Sternit oder nur mit ersterem erhalten. Lungen oder diese und Tracheen. Telson vorhanden oder fehlend. 2. Ordnung: Pcdipalpi Latr . 3 . Ordnung: Arancac Sundv . 2. Subsectio: Cryptopoculata Börner (1902). Ein großes Genitaloperculum ist nicht entwickelt (nur bei den fossilen Antliracomarti hat es die Größe eines normalen Sternites). Die Genitalöffnung liegt hinter oder zwischen den Hüften der hinteren prosomalen Beinpaare, in einigen Milbengruppen sekundär wieder — 156 — nach hinten verschoben. Tracheen (bei C}yptostcmma}). Telson fehlt. Prasgenitalsegment (als solches) stets, bisweilen auch das eigentliche Genitalsegment (Opiliones) rückgebildet. 4. Ordnung: Meridogastra Thor. 5. Ordnung: Antliracoiiiarfi Karsch (fossil). 6. Ordnung: Opiliones Sundv. 7. Ordnung: Acarina Nitzsch. 2. Sectio: Haplocnemata mihi. (äjiXovii einfach, xpt'jfii] — Schienbein, Tibia). Patella fehlt allen Beinen, d. h. Tibia stets eingliedrig. Die beiden Ordnungen dieser Sektion sind für sich den Subsectionen der Patella ta gleichwertig, doch unterlasse ich es, entsprechende Kategorien für sie aufzustellen. 8 . Ordnung: Chelonetlii Thor. 9. Ordnung: Solißigae Sundv. * * * Nachstehendes Schema gibt meine jetzigen Anschauungen über die gegenseitigen Be- ziehungen der Arachnidentypen wieder, welches sich unter Berücksichtigung meines früheren Schemas (12) und der vorstehenden Ausführungen unschwer ergibt. Jc^l. Jcar/jx Trotz aller systematischen Versuche, trotz aller phylogenetischen Spekulationen sind aber noch manche in dem Schema ausgedrückten Punkte verschleiert. Die Natur hat sich auch hier zu plastisch erwiesen, als daß die bis heute konstruierten Schemata (oder Stamm- — 157 ~ bäume) allen Anforderungen hätten gerecht werden können. Nur eines scheint festzustehen, daß das Studium der Pedipalpen und der anderen Lipoctena eine phyletische Konvergenz von sehr kompliziertem Charakter lehrt, die mit der Collektivgruppe der hypothetischen Pedipalpenahnen die heutigen Lipoctenen verbindet, von denen allein die Araneett und Aca- rincn jüngeren Alters und einerseits auf Amblypygcn^ andererseits auf Opilioncn zurückzu- führen sind. Den kollektiven Charakter ihrer Ahnen haben die heutigen Pedipalpen nur bis zu einem gewissen Grade bewahrt, und ihre einzelnen Vertreter sind in ihrer jetzigen Gestalt zum Teil gewiß noch relativ junge Typen; allein die TIielyphoiie7t scheinen ein hohes Alter zu besitzen und sich seit der Carbonzeit nur unbedeutend verändert zu haben. Aber auch sie sind noch jung im Vergleich zu den Scorpionm^ die bereits im Silur ihre heutige Gestalt im wesentlichen besaßen. Ihre Beziehungen zu diesen sind nicht zahlreich und erstrecken sich in erster Linie auf den Besitz der gleichen Augengruppen, der Kiemenlungen, der Scheren- arme an der 2. Extremität (was jedoch wahrscheinlich keine primäre Übereinstimmung ist), eines Telsons und anderer Merkmale, die ihnen allen als Arachniden eigentümlich sind. — 158 — Literatur-Verzeichnis. 1. (1895) Adensamer, T h. — Die Coxaldrüse von Thelyphonus caudatiis. Zoolog. Anzeiger, Bd.XVIII, p. 424. 2. (1896) Barrois, I- — Memoire sur le d^veloppe- ment des Chelifer. Revue Suisse Z. T. 3. 3. (1893) Bernard, H. M. — The Endosternite of Scorpio compared with the homologous structures in other Arachnida. Ann. Mag. Nat. Hist.(6)Vol. 13. 4. (1895) Derselbe. — • On the Spinning-Glands in Phrynus; with an Account of the so-called ,, Penis" and of the morphology of the Operculum. Journ. Linn. Soc. Vol. XXV, No. 161. 5. (1896) Derselbe. — The comparative Morphology of the Galeodidae. Transact. Linn. Soc. London. Vol. 6. 6. 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(1 5) ap. seh. arm bfi blk blt bsni bwk ca cdorg cdr (1 und 2) e „ k(1und2) n (1 und 2) ch chal chfs chil = accessorische Drüsen (des Uterus externus), = Ausführungsgang derselben, = Zellkerne „ , = Außenöffnung „ , = Afterklappe, = äußere Luftkaninier, = äußere Mundöffnung, = AnaldrUse (linke und rechte), = Schießklappe der Analdrüsen, wohl = akl, = eigentliche Afterüffnung, = Anastomose zwischen dorsalen Wurzel- nerven bei Tarantuliden, hza) = Aorta cephalica, = apodemartiger Anhang d. Uterus externus, = vorderes Coxalapodem (d. 2. -6. Extremität), = labrales Apodem, ^= untere kielartige Leiste an apd. ant. 1, = medianes (inneres) Coxalapodem, = hinteres Coxalapodem (d. 2.-6. Extremität), = Apodem der Chelicerenscheidewand (? = apd. Ibr), = äußere Grenze der Einfassung der Tricho- bothrien, ^= arthrodiale Membran, = beweglicher Scherenfinger der Chelicere, = Blutkörperchen, = Haufen von Blut(?)zellen bei Koenenin^ ^= Basalmembran, = Zellkern des Bindegewebes, = ein die beiden ausstülpbaren Ventralsäck- chen der Tarantuliden verbindender = Caudalorgan, [Kanal, = Coxaldrüse (mittlerer u. hinterer Abschnitt derselben bei Koeiieniä^, ^= Ausführungsgang derselben, = Endabschnitt derselben bei Koenenia (= cdr 2), = Kerne der Coxaldrüsenzellen (1 und 2 der beiden Absclinitte bei Koenenia), = Coxaldrüsennerv (1. und 2. Paar), = Öffnung der Coxaldrüse, = Chitin, = äußere Chitinschicht, Cuticula, = faseriges Chitin, = innere Chitinlamelle, ch. seh = clin = chsp. m. ut. = ., ut. = „ V. ut. = vi. ut. = chy n k cl cly cn CO cohw comr (in Fig. 32 cond ^= Clip =: crt = cxap = cxn = cxp = d. a fe = d. fe = dh = dhvz = dlt. dors . ant. = 11 1» post = „ lat. ant. = JI 11 post. = „ ph. ds. = dp = Zoologica. Heft 42. Chelicerenscheidewand, Chitinplättchen auf sh bei den Amblypygi, der Insertion von Muskel 55 dienend, mittlere (obere) Chitinspange des Uterus externus (J', seitliche (obere) Chitinspange des Uterus externus (f, untere (vordere) Chitinplatte des Uterus externus cf, seitlicher Spangenteil der letzteren, Chylusdarm, Zellkerne desselben (bei Koenenia), Hüftleiste (der 2. Extremität), Clypeus, proximaler Teil des Labrums, Rinne auf dem Carapaxumschlag bei Coxa, Hüfte, [Tr/tl/yreus, hintere (untere) Wand der Hüfte der 2. Extremität, comz) = Commissur des Unterschlund- und Hinterleibsganglions, Condylus, Complementärspangen zwischen Tro- chanter und Femur der Laufbeine, vordere (obere) Wand der Hüfte der 2. Extremität, Zone ,,corticaler Streifung" der Coxal- Coxalapodem, [drüsenzellen, Schnittfläche durch den vwlco der Gna- thocoxen von Thelyphonus, Coxopodit od. Gnathocoxit (der 2. Extr.), depressor femoris accessorius, depressor femoris, ob. Höhlungsraum des Uterus externus cf, vorderer Apodemzipfel desselben, dilatator dorsalis anterior des Vorder- darmes, dilatator dorsalis posterior des Vorder- darmes, dilatator lateralis anterior des Vorder- darmes, dilatator lateralis posterior des Vorder- darmes, dilatator der oberen Pharynxlamelle, Deckplättchen der mesosomalen Ventral- säckchen, 21 162 — dpi. CO drk dro drscr dschl „ ag(lu.2): „ o (i u. a) ■■ dvm dw eir e. pr. e. ta (I u. 11) : ext. (1—6) fe flgl f. pati f. pr. acc. : „ „ inf. „ „ sup. f. ta (I u. II) = f. ti ftz -, k goapod.gop(d) goap z „ hk ,. It „ nid : grbl likapd hw : liyp „ k hz ilfk ipnst (e) : ir kbli kl ks ks 1 la Ibm Ibr Ibrh 1. fe IgP (1- Ipf -2) = Iphl bewegliches Plättchen in der dorsalen Wand der letzten Hüfte der T/ie/y- Drüsenzellkern, {pkomii, Drüsenöffnung, Drüsensekret, Dorsalschlauch (des cT Samenreservoires), Ausführungsgang desselben (1. u. 2. Paar), opisthosomaler Teil der Dorsalschläuche (innerer und äußerer Längsstamm), prosomaler Teil derselben, Dorsoventral(Tergosternal)muskel des Opisthosoma, Rückenvvand der unteren Hühlungsabtei- lung des Uterus externus, innerer Rand der Innenöffnung eines Porenkanals (Fig. 41, Taf. IV), extensor praetarsi, „ tarsi (I und II), Extremität (1.— 6. Paar), Femur, Flagellum, flexor patellotibiae (= f. tibiae), flexor praetarsi accessorius, „ „ inferior, „ „ superior, flexor tarsi (I und II), flexor tibiae, Fettzellen (des Bindegewebes), Kerne derselben, Geschlechtsöffnung (äußere). Gonopod (rechter), Gonopodenpapille, Gonopodenhaken (der TaranluUnen), lateraler, d. h. eigentlicher Gonopod, medianer Genitalanhang = Gonapophyse, geronnenes Blut, Apodem des Gonopodenhakens, Hinterwand der äußeren Luftkammer, Hypodermis, Zellkerne derselben, Herz, innere Luftkammer, inneres Pneumostom (e =^ Plural), innerer Öflfiungsrand der Trichobothrien, Kolbenhaare an den Endgliedern der 3. Extremität liei den Amblyfygi, medianer Kiel des „Umschlages" am Carapax der ThelyphoniJen, Flexor-Krallensehne, Extensor-Krallensehne, Lateralauge, zwischen den Gnathocoxen und vor der uphl gelegene zarte Haut bei den Uro- Labrum, Oberlippe, {pySh dorsale Haare derselben, levator femoris, (1. und 2.) Lunge(npaar), Kerne der zwischen den Lungenblättern befindlichen Pfeiler, laterale Pharynxspange, m ma mk mll mpg msop mspl mtpl n (1 -19) n (2—6) a— e n (2) ex (1 u. 2) ncdr "K nla nlbr (1 und 2) nma nph n (19) q nsy nsy ? ntst „ hpl „ k „ Ist „ qv n (4—6) V n (4—6) X „oc" od ok opd „ w OPg ophl ophl 1 opn opnl opnw ops osgl. 11 „ ml oslg osp ost ov ovd ovd. anh. Muskel, Medianauge, Kerne von Muskelzellen, Muskeln der Lungenblätter, Malpighi'sche Gefäße, opisthosomale Muskelsehne (Textfig. 111), Mesopeltidium, Metapeltidium, Hauptnerv (1. — 19. Paar), dorsale Wurzelnerven des 2.-6. Paares, Gnathocoxitnerv des 2. Paares (bei Ambly- cdrn, \pygi 2 Paar), Nervenganglion, Nerv der Lateralaugen, ,, des Labrums (1. u. 2 Paar bei den „ der Medianaugen, \Amhlypygi)^ „ des Pharynx, ■Querschnitt durch n 19 (Fig. 25, Taf. III), sympathischer Nerv (des oslg), (?) „ (des uslg), Entosternum (Entochondrit), hintere Platte desselben, Zellkerne des Entosternums (Fig. 30, Scitenstamm desselben, [Taf. III), hintere Querbrücke desselben, vordere „ „ ventrale Wurzelnerven (d. 4. — 6. Paares), kleine obere „ (Fig. 2, Taf. I und Textfig. 32), Verzweigungen der Hauptnerven, Eizelle, sogenannte „Ocellen" von Trithyrens^ Eidotter, Oesophagus, jüngere Eier, Eikern, ; opisthosomaler Darm, „ s Darmdivertikel, durchschnittene Wandung des letzteren, Hinterleibsganglion, obere Gaumenplatte, ,, Spange des Pharynx, hintere Ver- längerung von ophl, Hinterleib-snerven, laterale Nerven des Hinterleibes (der vor- deren Segmente), Wurzel von opn bei den Tlielyphoiiea, Hinterleibssegment, seitlicher Lappen des Oberschlundgang- lions bei Koeiicnia, Mittellappen des Oberschlundganglions bei Kociieitic7, Oberschlundganglion, die die innere cf Geschlechtsöfifnung bei den Thelyphoneu umschließende Spange, Ostiole (des Herzens), Ovarium resp. Ovarialschlauch, Ovidukt, Anhang desselben bei Tarantula^ — 163 pe ph phd phgr pk pkh pm. fe „ ti pnst (1 und 2) po pr prpl psd V V psmd pstr „ i pub rc. sem. rc. sem. shl rct rm. fe rngm s sbh sbl , shl sh snz spm i s obere (behaarte) Lamelle der Lungen- Penis, [blätter, : Pharynx (Querschnitt), ; der uphl und uphl I trennende Querwulst der Urofygi, ■ Pharyngealrinne, vielleicht = pstr, Porenkanal, ,, eines Haares (Fig. 25, Taf. III), ; promotor femoris, „ tibiae, Pneumostom (1. und 2. Paar), pk (Fig. 51, Taf. V), Praetarsus, Propeltidium, prosomaler Mitteldarm, prosomales Mitteldarmdivertikel, „ Mitteldarmrohr, Pseudotrachea, Pseudotrachealfeld, Pubescierung, Receptaculum seminis, Ausfuhrungsgang desselben, (dorsale) Schließspange desselben. Rectum, : remotor femoris ( = depressor femoris), ; Ringmuskel, : Sinnesborste der sogen. Trichobothrien (Fig. 41, Taf. IV), : Siebhaare der äußeren Mundöffnung der i'rv/ygi, ■■ Vesicula seminalis (Samenblase), Öffnung derselben, : mediane Samenblase (der Thelyphotiiden)^ ■■ Öffnung derselben, Schließlappen der seitlichen Samenblasen^ (durchschnittene) Wandung der seitlichen Samenblasen, Schnittfläche derselben (Fig. 79, Taf. VI), weichhäutiges Haarfeld auf der Innenseite der Coxa der 2. Extremität, Neuroepithelialzellen, Spermatozoen, Samenreservoir, Anhangsschlauch desselben b. Tarantula, äußerer Lobus des Samenreservoires (bei Thehfhoiiiden)^ Ausführungsgang des Samenreservoires, innerer Lobus ,, ,, Schnecke des Samenreservoires bei Mastigoproctus, st (I— VI) stap t ta (I und II) ta I- pr ti tl tm tr ubfi uphl uphl 1 urst n hr " (2) vr u urt usig ut. ext M )» d. ') 1) d. apd " '1 dh vr 5> Ut. 1t int. o „ ,, d utkl uw vd vdo vh vnts vwlco zcn zfd (4) apd = ., ., lt. = = Sternum (d. 1 . —6. prosomalen Segmentes), = Sternalapodem, = Hoden, = Tarsus (I u. II), Tarsus I = Metatarsus, = Scheinklaue, = Tibia, = lateraler Hodenschlauch 1 bei Danton = medianer „ j variegatus, = Trochanter, = unbeweglicher Finger der Chelicere, = untere Gaumenplatte, ^= untere Spange des Pharynx, hintere Ver- längerung der uphl, = Urosternit, d. h. Bauchschiene der Hinter- leibsringe, vorderes Apodem des 4. Urosternits, seitlicher Teil desselben, Hinterrand eines Urosternits, „Umschlag" des 2. Urosternits (Genital- operculumsi, Vorderrand eines Urosternits, Urotergit, d. h. Riickenschiene der Hinter- leibsringe, Unterschlundganglion, Uterus externus, dorsale (hintere) Wand desselben, Apodembildung in der Rückenwand des- selben bei 9 Masligoproctus^ Vorderrand der dorsalen Höhlung des Uterus externus (o"), innere Geschlechtsöffnung, Uterus internus, dorsale (hintere) Wand desselben, Sekretinhalt desselben (bei Koenenta 9)i innere Öffnung desselben, ventrale (vordere) Wand desselben, ventraler Kiel des Uterus externus der Thclyphonen, untere (unbehaarte) Lamelle der Lungen- Vas deferens, [blätter, Mündung desselben, ventrale (vordere) Höhlung des Ut. ext. bei (3^ Taraniuliden, Ventralsack (des 3. Segmentes des Opisthosoma), ventrale Verwachsungslinie der Gnatho- coxen der Thdyphoncti^ Zahnkanal \ der Chelicere von Zahnreihe j Trilkyreus. 164 Erklärung der Tafelfiguren. Tafel I. Nervensystem. Fig. 1. Thelyphoims caiidatns (L.)- Ober- und Unterschlundganglion und die von diesen abgehenden Nerven; von den Hinterleibsnerven ist nur der proximale Teil zu sehen, desgleichen von den Hauptnerven der 6 pro- somalen Extreraitätenpaare und von einigen ihrer Wurzelnerven. Ansicht von oben; die Nerven sind mit Aus- nahme des hintersten gezeichneten Teiles der Unterschlund- und Hinterleibsganglion-Kommissur (comr), die etwas beiseite gelegt ist, mehr oder weniger genau in situ abgebildet. Vergr. 12 mal. Fig. 2. Dasselbe von einer Tarantulide, der Hauptsache nach von Tarantula mixrginemaculata (C. L. Koch), in unwesentlichen Punkten ergänzt von Danton mcdius (Hbst.) und Phrynichus reiüformis (L.). Alle Nerven in situ gezeichnet. Wie in F'ig. 1 sind auch hier die beiden Augenpaare ma und la angedeutet. Die dorsalen Wurzelnerven sind alle auf der linken Seite ausgezeichnet, auf der rechten jedesmal nur der hintere der zwei durch eine kurze Kommissur (anst 1 — 5) miteinander verbundenen (n 2a, n 3b, n 4c, n 5c, n 6c), mit Aus- nahme von n 2b und n 6 e, die ja außerhalb des Bereiches jener Anastomosen liegen; die vorderste derselben (anst 1) ist fraglich und deshalb nicht so deutlich dargestellt. Vergr. 12 mal. Fig. 3. Tarantula marginemactdata (C. L. K.) Unterschlundganglion und die von ihm abgehenden Nerven des 2. — 6. Extremitätenpaares mit ihren 3 Paaren ventraler Wurzelnerven (n 4 — 6 v) ; mit Ausnahme dieser nur die proximalen Teile der Nerven gezeichnet. Ansicht von der Ventralseite; Vergr. 5 mal. Prosomales Entoskeletalsystem. Fig. 4. Mastigoproctiis giganteus (H. Luc.) 9. Prosoraa, nach Entfernung des Carapax, sämtlicher Weichteile und des Coxolabralapodemes (des 2. Paares), von oben (innen) gesehen. Die Cheliceren sind ebenfalls entfernt und von den übrigen Extremitäten nur die grundwärtigen Glieder gezeichnet; die dorsale Wandung der Hüfte des letzten Beinpaares ist auf der rechten Seite aufgeschnitten und umgelegt, um das dort gelegene bewegliche Skelettstück (dpi. co.) von innen zu zeigen; hinter dem Metasternum ist das Sternit des 1. Hinterleibsringes (urst 1) zu sehen. Vergr. 3'/2mal. Fig. 5. Danion variegatus (Party) cT. Dasselbe, jedoch ist das vordere Coxalapodem des 1. Beinpaares (apd. ant. 1) nur links entfernt, und das weichhäutige Haarfeld des Coxopodits eingeschnitten, wodurch eine geringe Lage- verschiebung der ganzen Coxa gegenüber jener der rechten Seite eingetreten ist. Der Trochanter der 3. Ex- tremität liegt über dem der 4. Die vorderen Coxalapodeme der 3. — 6. Extremität (apd. ant. 2 — 5) sind rechts zum Teil längs den (vorderen) Hüftleisten abgeschnitten, um die Höhlung der Hüften zu zeigen. Von Hinterleibssterniten ist das 1. (urst 1, zweiteilig) und der vordere Teil des 2. (urst 2 vr.) zu sehen. Vergr. 4'/3 mal. 165 — Tafel II. Hinterleibsganglion und die angrenzenden Körperteile von Thelyphonus; Fig. 6. Mastigoproctus giganteus (H. Luc.) 9. Die 6 letzten Hinterleibssegmente, vom Rücken her aufpräpariett, nach Entfernung der Tergite, des Herzens, des Darratraktus (mit Ausschluß des Rectums), der Geschlechtsorgane und der IVIehrzahl der Muskeln. Man sieht von oben her auf das Hinterleibsganglion und die von ihm ausgehen- den Nerven, ferner die Ijeiden letzten Dorsoventralmuskelpaare, die großen, asymmetrisch gelagerten Analdrüsen, die Muskeln des Flagellums und des Rectums, und den Basalleil des Schwanzes. Vergr. 7 mal. Muskelsystem. Thelyphonus caiidalus (L.). Fig. 7 — 9 sollen gewissermaßen verschiedene Präparationsstadien darstellen, die man bei der Untersuchung des prosomalen Muskelsysteras durchlaufen muß, wobei, um Platz zu sparen, in jeder Figur 2 derartige Stadien gezeichnet worden sind. Der Carapax ist entfernt, von den 5 hinteren Extremitätenpaaren sind nur die grund- wärtigen Glieder und vom Hinterleib die ersten beiden Ringe ganz oder teilweise abgebildet. Vergr. etwa 4 ','2 mal. Fig. 7. Außer dem Carapax ist in der linken Hälfte des Bildes nichts entfernt, nur der hintere Teil des Muskels 4 schräg abgeschnitten, um 7 und 8 sichtbar zu machen; die Medianaugen liegen zwischen den Cheliceren, die Lateralaugen sind nicht gezeichnet; wir sehen den prosomalen Abschnitt des Herzens (hz) und darunter und zwischen den Muskeln die Läppchen der prosomalen Darmdivertikel. Die beiden ersten Urotergite (urt. 1 u. 2) sind in toto dargestellt, und man sieht, wie das vordere (urt. 1) aus mehreren Teilstücken besteht, wie man sie in ähnlicher Form bei allen Thelyphoniden findet. In der rechten Bildhälfte fehlen bereits die Muskeln 2, 3, 9, 21. Fig. 8. Entfernt worden sind weiter die linke Chelicere und ihre Muskeln, der pro- und opisthosoraale Mitteldarm, die rechte Hälfte der beiden ersten Urotergite, das Herz bis auf die gegabelte Aorta cephalica (hza), die rechte Coxaldrüse (cdr) und die Muskeln 1, 4—6, 8, 11, 13 — 24. Man erkennt deutlich in situ das Ober- schlundganglion, das Entosternum und die linke Coxaldrüse. Von den auf der linken Seite gezeichneten Muskeln fehlen rechts Nr. 19, 25, u. 41, abgesehen von 34, der durch 32 rechts verdeckt wird. Ferner sind hinten das 1. Urosternit und der rechte 2. Dorsoventralmuskel (92) zu sehen, vom 1, Paar dieser Muskeln (91) nur die Insertionsstellen auf der Hinterfläche des Entosternuras ; durch die Foramina entosterni scheinen das Unterschlundganglion und einige von ihm nach hinten abgehende Nerven durch. Fig. 9. Die rechte Chelicere, die linke Coxaldrüse, das Entosternum, das Oberschlundganglion und die Aorta cephalica, die linke Hälfte der beiden ersten Urotergite und die Muskeln 7, 10, 12, 27—34, 37, 38, 40 sind weiter entfernt worden ; man sieht das nun ganz frei gelegte Gnathopodenpaar mit der zwischenliegenden Ober- lippe und dem Coxolabralapodera, das Unterschlundganglion und die von ihm ausgehenden Hauptbeinnerven, deren letzter rechts auf einer kurzen Strecke ausgeschnitten worden ist, damit man das apd. med. 4 (der 5. Extremität) erkennen kann. Die auf der Ventralseite des Entosternums ansitzenden Muskeln (48 — 59) sind mit Ausnahme des letzten auf der rechten Seite der Figur nicht gezeichnet. Die dorsale Wand der Hüfte des letzten Beines ist auf der rechten Seite zurückgeklappf, sodaß der links nicht sichtbare Muskel 67 ganz zu sehen ist. Außerdem erkennt man noch den schmalen, das Zentralnervensystem durchbohrenden Oesophagus (oes). Tarantnla palinata (Hbst.) und Pliry)iichus rcniforiiiis (L.). Fig. 10 — 12 sintl das Gegenstück zu Fig. 7 — 9, doch ist die Präparation nicht ganz in derselben Weise durch- geführt, was ein Blick auf die fraglichen Figuren zur Genüge besagt. Fig. 10. Tarantula palmata (Hbst). Außer dem Carapax ist in der linken Bildhälfte nur der Lateralaugenkomplex — 166 — rechts sind dagegen die Mehrzahl der Rumpfhüftrauskeln (9, 11, 13 — 29) und die Rotatoren der Chelicere (2 u. 3) entfernt worden, und man erkennt auf dieser Körperseite deutlich die drei großen, blattartigen vorderen Coxalapodeme der 3 hinteren Beinpaare, wie auch die prosomalen Darmdivertikel (psdv), zwischen deren Wurzeln die Apophysenmuskeln des Entosternums (32 b, 34 — 37) hervortreten. Die ersten beiden Hinter- leibstergite (urt 1, urt 2) zeichnen sich auch hier durch eine eigenartige Gestalt aus, am Vorderrande des ersten liegt das uns schon von den Thelyphoniden her bekannte kleine Plättchen, an dem der Muskel No. 95 (cf. Fig. 14) ansitzt. Vergr. 7 mal. Fig. 11. Tarantula paltnata {ßhsi.). Auch auf der linken Körperseite sind die Rückenhüftmuskeln entfernt worden, ferner die linke Chelicere samt ihren Muskeln (außer 43) und dem Chelicerennerven, die linken Apophysen- muskeln 32 b, 34, 36, die linke Coxaldrüse, der Darmtraktus und die Muskeln la, Ib, 30 u. 31, auf der rechten Seite die Chelicerenmuskeln 4 u. 5 und außerdem noch die Muskeln 1 b u. 54, von Rückenhüftmuskeln sind nur 6 u. 14 gezeichnet. Man sieht ferner das Oberschlundganglion, hinter ihm die schmalen Bögen der Aorta cephalica und die linke Hälfte der Fläche des Entosternums (ntst), auch sind die Coxalapodeme der 2. und 3. Extremität und der Coxopodit der ersteren (links) gut sichtbar. Vergr. 7 mal. Fig. 12. PhrynicJuis reniformis (L.) Von Muskeln sind nur noch die Hüftmuskeln, die von den Hüften an die Unterseite des Entosternums ziehenden Muskeln und das ventrale Längsmuskelpaar, welches Pro- und Opistho- soma verbindet, zu sehen. Die vorderen Coxalapodeme liegen ganz frei, die hinteren sind ein wenig hoch- gestellt gezeichnet worden, damit man die Muskeln 64 — 66 erkennen kann, die obere (vordere) Hüftwand der 2. Extremität ist links teilweise entfernt worden, wodurch der ventrale Apophysenmuskel des Entosternums (55) freigelegt worden ist. Zwischen den beiden großen Gnathocoxen sieht man die Oberlippe (Ibr), darunter den vorderen Teil des labralen Sternums III, dahinter dessen Grundplatte (st. lllj. Vergr. ca. 7 mal. Tafel III. Fig. 13. Thelyphonus candatus (L.) cT. Der Hinterleib ist der Länge nach seitlich, und zwar durch die Muskeln 119, 149 u. 150 hindurch aufgeschnitten, und Rücken- (rechts) und Bauchschienen (links) sind in der aus der Figur zu ersehenden Weise auseinander gelegt. Die Weichteile sind sämtlich mit Ausnahme der Muskeln, der beiden Lungenpaare, des Uterus internus (ut. int. o) und des Rektums (rct) entfernt worden. Die Dorsoventral- muskeln (91 — 98) sind genau von ober, resp, unten gesehen, von den ventralen Segmentalmuskeln der Genital- und Lungensegmente sind die oberen (156 — 159) nur links ausgezeichnet, rechts erkennt man folglich die Rückenwand des Uterus externus (ut. ext. d.) mit seinen Apodemen (dhvz, 93); die vorderen Rückenmuskeln (rechts) sind so dargestellt, daß die linke und rechte Seite sich soweit ergänzen, daß man über die Größe keines jener Muskeln unklar bleibt. Das Gleiche gilt von den Muskeln des sogen. Postabdomens, von denen die 3 dorsalen (109—111) und ventralen (143—145) Längsmuskelpaare über, resp. unter einander gelagert sind ; von diesen ist auf der Bauchseite links und auf der Rückenseite rechts jedesmal nur der vorderste (145 u. 109) gezeichnet; Muskel 111 ist nur mit seinen beiden Enden angedeutet, damit No. 110, der über (im Bilde unter) ihm gelegen ist, sichtbar wurde. Der hinterste Teil des Rektums und der Analdrüsen (andr) ist links zurückgeklappt, rechts nur der innere Abschnitt des Rektums mit den beiden Retraktormuskeln (112) dargestellt, beide Male von unten gesehen; bezüglich der normalen Lage des Enddarmes und der Muskeln 152 — 155 vergleiche man Taf. IV, Fig. 53 u. 54. Vergr. ca. 4'/2mal. Fig. 14. Tarantula marginemaculata (C. L. Koch) 9. Der Figur liegt ein der Figur 13 ganz entsprechendes Präparat zu Grunde. Infolge des Fehlens eines sogen. Postabdomens bei den Amblypygen ist sie weit leichter zu verstehen wie jene. Außer dem Uterus internus ist auch noch der sackartige Anhang des Oviduktes (ovd. anh ) gezeichnet; den Uterus externus (ut. ext. d.) bedecken die Segmentalmuskeln jenes Segmentes (144) fast gar nicht, dennoch ist nur links 144 dargestellt, rechts nicht, um den ventralen Muskel 150 aufzudecken. In der rechten Bildhälfte ist links nur der Muskel 54 fehlend, sonst sind beide Körperseiten symmetrisch gezeichnet. Vergr. ca. 7 mal. — 167 — Cheliceren, Integument, Hypodermis, Coxaldrüsen und Entosternum. Fig. 15. Koenenia mirabilis (Gr.). Die beiden Scherenglieder der Chelicere, von der Außenseite gesehen, h = ein auf einem kleinen Höcker (Läppchen) in der Nähe der Zahnreihe auf dem unbeweglichen Scherenfinger (ubfi) sitzendes Haar, wie es ähnlich von Koen. wheeleri Rucker durch Hansen beschrieben worden ist; nur einmal beobachtete ich an dieser Stelle 2 Haare. Vergr. 450 mal. Fig. IG. Trithyreus cambridgei (Thor.). Ganze Chelicere (rechte) von innen gesehen. Vergr. 60 mal. Die breiten am Endrande des Grundgliedes inserierenden Haare sind in der Reproduktion nicht richtig dargestellt worden. Fig. 17. Dasselbe Tier, nur der bewegliche Sclierenfinger, ebenfalls von innen gesehen; der Flexor tarsi II, bzw. telotarsi (f. ta II) sitzt an einer kurzen starken Chitinsehne. Vergr. 130 mal. Fig. 18. Dasselbe Tier, nur 3 Zähne der Zahnreihe des beweglichen Scherenfingers, von innen gesehen; jeder Zahn besitzt eine feine Längsrinne, die bis an seinen Grund zu verfolgen ist (zcn). Vergr. 300 mal. Fig. 19. Phrynichus reniformis (L ). Endteil des letzten Geillelgliedes der 3. Extremität. An seiner Spitze sieht man ein zweispitziges Haar (x) und einen kleinen Zapfen (pr.?), den vermutlichen Rest des Praetarsus. Vergr. 300 mal. Fig. 20. Taraniida margineniaculata (C. L. K.). Schnitt durch das- Pseudotrachealfeld und die Pseudotrachea (Coxa der 2. Extremität). Der Schnitt ist in der Richtung der Pubeszenshaare annähernd genau geführt worden. Vergr. 200 mal. Fig. 21. Koenenia mirabilis (Grassi). a — d, Sternum II + III mit verschiedenartiger Beborstung (die feine Pubes- zierung ist nicht gezeichnet). Vergr. 250 mal. Fig. 22. Trithyreus cambridgei (Thor.). Teil des „Umschlages" des Carapax (Propeltidium) mit dem Stirndorn und dem Kanal (cn) (cf. pg. 11). Vergr. 650 mal. Fig. 23. Koenenia mirabilis (Gr.). a) Drei große Glieder des Flagellums in normaler Lage, der Länge nach durchgeschnitten und von innen gesehen: a = schmaler Ring mit nackten, anliegenden Borsten; b ^ längliches großes Glied mit gewimperten, abstehenden Borsten (ohne darauf folgenden Ring a); c ^ glockenförmiges großes Glied (wie b aber mit folgendem Ring a); d ^ Verbindungshaut von b und c; e = Verbindungshaut von c und a; f = Verbindungshaut von a und b; x ^= ungleich abgesetzter Basalteil der Glieder b. b) Ein Glied c und 2 angrenzende Glieder b (nicht ausgezeichnet) mit einem zwischenliegenden Ring a in kontra- hiertem Lagezustand. Vergr. 450 mal. Fig. 24. Thelyphonus caudatus (L.). Eine Hautpore, von außen gesehen. Vergr. 800 mal. Fig. 25. Hypoctonus rangunensis (Gates). Querschnitt durch ein Geißelglied, der die verschiedenen Chitinschichten (chal, chil), Porenkanäle (pk, pkh) und die Hypodermis (hpd) zeigen soll. Im Innern sieht man die beiden quergeschnittenen Nerven 19 (n 19 g) und geronnenes Blut (grbl.) Eig. 26. Trithyreus cambridgei (Thor.). Schnitt durch einen sogen. „Ocellus". Einige in der Nähe gelegene Muskelfasern (m) und Bindegewebskerne (bwk) sind mitgezeichnet. Vergr. 250 mal. Fig 27. Hypoctonus rangunensis (Gates). Schnitt durch das Caudalorgan eines Geißelgliedes und angrenzende Partien. Der Schnitt ist der Länge nach durch das Organ und das Schwanzglied geführt. Innen grenzt an die Hypodermis auch hier geronnenes Blut mit Blutkernen (grbl u. blk). Vergr. 250 mal. Fig. 28. Tarantuta marginemaculata (C. L. K.). Schnitt durch die intakte Wandung einer Coxaldrüse; ort ist die sogen. Corticalschicht, die auch bei anderen Arachniden beobachtet wird. Vergr. 450 mal. Fig. 29. Koenenia mirabilis (Gr.). a) Querschnitt durch den Ausführungsgang der Coxaldrüse ; b) Längsschnitt durch den mittleren und hinteren Abschnitt derselben, der einmal die Verschiedenartigkeit der Zellelemente beider Abschnitte, dann aber auch ihre vollkommene Continuität zeigen soll; c) Querschnitt durch die Übergangsstelle beider Abschnitte der Coxaldrüse, je 1 ganze Zelle gehört dem einen wie dem anderen an, eine angeschnittene Zelle dem mittleren (neben cdr 1); d) Querschnitt durch den hinteren Abschnitt der Coxaldrüse. Vergr. 850 mal. Fig. 30. Koenenia mirabilis (Gr.). Querschnitt durch die Endplatte des Entosternums. Man erkennt in ihrem Innern die auch bei andern Arachniden vorkommenden, von Schimkewitsch bei anderen Arachniden ent- deckten, dunkel färbbaren Kerne (ntstk), die vermutlich aus Muskeln hervorgegangene Masse des Entoster- nums (nw) und abgehende Muskelfasern. Vergr. 1500 mal. 168 — Tafel IV. Ventralsäcke, Analdrüse und Atmungsorgane. Fig. 31. Danton medins (Hbst.) 9. 2. — 4. Hinterleibssegment von der Bauchseite gesehen; in der Mitte des 3. Urosternits (urst 3) sieht man die beiden Deckplättchen der Ventralsäcke (dp). Vergr. ca. 4 mal. Fig. 32. Phrynichiis reniformis (L.) 9. Dasselbe, aber die Ventralsäcke (vnts) sind ausgestülpt. Vergr. ca. 7 mal. Fig. 33. Phrynichus reniformis (L.) 9. Schnitt durch die Wandung eines ausgestülpten Ventralsackes; das Innere ist mit geronnenem Blut ausgefüllt. Vergr. ca. 300 mal. Fio-. 34. Phrynichus reniformis (L.) o^. Ganzes Tier mit abgeschnittenen Metapoditgliedern der 3. — 6. Extremität, sichtbar sind die ganz ausgestülpten Ventralsäcke. Vergr. 2 mal. Nach einer Photographie. Fig. 35. Schnitt durch beide Ventralsäcke desselben Tieres; getroffen sind zahlreiche Fasern des Retraktormuskels der Säcke, die ganz mit Blut eifüllt sind. Vergr. ca. 25 mal. Nach einer Photographie. Fig. 36. Jhelyphonus klugi (Krpln.) 9. Schnitte durch die ungefaltete (36 a) und gefaltete (36 b) Wandung der Analdrüse. Vergr. ca. 250 mal. Fig. 37. Thelyphomis klugi (Krpln.) ö". Schnitt durch das an die äußere Luftkammer grenzende Ende zweier Lungenblätter. Vergr. 250 mal. Fig. 38. Tarantula palmata (Hbst.) cf. Dasselbe wie in Fig. 37, nur anders orientiert. Vergr. 300 mal. Fig. 39. Masiigoproctus proscorpio (Latr.) cf. Teil einer oberen Lamelle eines Lungenblattes aus der Nähe der äußeren Luftkammer, Aufsichtsbild, zur Verdeutlichung der auf jener Lamelle stehenden, vielfach miteinander verbundenen Haarbildungen. Vergr. 500 mal. Fig. 40. Thelyphonus klugi (Krpln.) cf. Einzelnes, bäumchenartiges Papillenhaar von der unteren (vorderen) Fläche des Pneumostoms (cf. Schema Textfig. 52). Die aus zahlreichen Lamellen bestehende innere Chitinschicht (chil) ist nur angedeutet, sie ist dicker als das Haar hoch. Vergr. ca. 1000 mal. Sinneshaare der 3, Extremität (Bothriotrichen). Fig. 41a. Thelyphonus caudatus (L.). Sinneshaare vom Basitarsus dieses Beinpaares. Dicht über seiner Basis zeigt das völlig nackte Haar (s) 3 ringförmige Wülste, seine Basis liegt in einer Grube (der Trichobothrie), deren Öffnung durch „ir" markiert ist. Das äußere Integuraent ist durch den Ring ar vom übrigen rings um sie herum abgesetzt; die Höhlung des innerhalb der (äußeren) Trichobothrie gelegenen Porenkanales (pk) öffnet sich durch die ,,eir" bezeichnete Linie nach innen. Vergr. ca. 150 mal. Fig. 41b. Trithyreus cambridgei (Thor.). Dasselbe, nur ist das Sinneshaar (s) an seinem Grundteil äußerst zart bewimpert und unmittelbar an der Basis des Haares findet sich nur ein Ringwulst ; die (äußere) Trichobothrie ist geräumiger als der (innere) Porenkanal. Vergr. 300 mal. Fig. 41c. Koenenia irtirabilis (Gr.). Dasselbe; das Sinneshaar ist mit 4 Reihen kräftiger Wimperchen längs seiner ganzen Ausdehnung besetzt, die Trichobothrie ist noch größer als der Porenkanal, was mit der Zartheit des Integumentes zusammenhängt. Vergr. 1000 mal. Fig, 41 d. Charinus seychellarum Krpln. Dasselbe, Sinneshaar vom Basitarsus der 5. Extremität; es ist nackt, die Trichobothrie grenzt vermittels eines Kranzes blattartiger Integumentverzierungen an das beschuppte Integument der Umgebung. Der Porenkanal ist viel kleiner als die Trichobothrie. Vergr. 200 mal. — 169 — Darmsystem. M u n d 1) i I (1 u n ^. Fig. 42. Koenenia mirabilis (Gr.). Vorderer Teil des Prosoma; iler Carapax (Propeltidium), das Grundglied der linken Chelicere und 2. Extremität, sowie die Telopoditglieder der gezeichneten Extremitäten und alle VVeich- teile sind entfernt. Man sieht vorn die Reste der Chelicerenscheiilewand, das Labrum (Ibr), das labiale Pro- sternum (st. I), die beiden labralen Apodemhöcker (apd. Ibr.), den Pharynx (ph.) und Oesophagus (oes ). Vergr. 250 mal. Fig. 43. Koenenia mirabilis (Gr.). ,, Rostrum", vom Körper abgetrennt und von innen gesehen; unter der sichtbaren oberen Gaumenplatte (ophl) liegt tlie nicht gezeichnete untere; die ventrale Spange des 4 kantigen Pharynx ist durch punktierte Linien angedeutet. Vergr. dieselbe. Fig. 44. Triihyreics cambridgei (Thor.). Dasselbe wie in Fig. 46, jedoch unverletzt und ohne die Pharynx- muskeln. Vergr. 65 mal. Fig. 45. Thelyphonus caudatus (L.). Dasselbe, nur ist die dorsale Wand des Labrums und seines Apodemes, wie auch das vordere Coxalapodem der rechten Seite entfernt, um die obere Gaumenplatte und den coactor co.xarum der 2. Extremität (69) sichtbar zu machen. Vergr. 10 mal. Fig. 46. Tarantula palmata (Hbst.). Die Gnathocoxen (2. Extremität), Oberlippe (Ibr) und der Vorderdarm mit seinen Muskeln; von oben gesehen. Vergr. 7 mal. Fig. 47. Tkelvphonus caudatus (L.). Vorderster Teil des Prosoma, etwa in der Mediane sagittal aufgeschnitten und von innen geseher, nach Entfernung aller Weichteile. Das Labrum (Ibr) ist links angeschnitten, das labiale Deutosternum (st. 11) ist durchgeschnitten, ebenso das Sternum 111 + IV. Die äußere Mundhöhle ist bis zur inneren Mundöfl'nung (phd) angeschnitten; man sieht die obere Gaumenplatte (ophl) von unten, die untere (uphl) ebenfalls. Vergr. 8mal. Fig. 48. Phrynichus bacillifer (Gerst.). Dasselbe, doch sind das Labrum (Ibr) und der labiale Teil des Trito- sternums (st. 111) intakt geblieben. Vergr. 5 mal. Tafel V. Fig. 49. Mastigoproctus giganieus (H. Luc.) 9. Mundkomplex längs der Linie z aus den Gnathocoxen (cxp) herausgeschnitten, Ansicht von der Ventralseite; man sieht die links z.T. entfernte untere Gaumenplatte (uphl), darunter die obere, ferner den eigentlichen Pharynx, dessen untere Spange (uphl 1) durch einen Querdamm, welcher die Stelle der inneren Mundöffnung bezeichnet (phd), von der unteren Gaumenplatte getrennt ist. Vergr. 7 mal. Fig. 50. Dasselbe in der Seitenansicht, arm 1 ist ein Teil der arthrodialen Membran zwischen Coxa und Tro- chanter der 2. Extremität, über der schraffierten Linie z erkennt man noch einen Teil des Labrums (Ibr und cly). Vergr. dieselbe. Fig. 51. Trithyreus cambridgei (Thor.) Äußere Mundhöhle und Pharynx in der der Fig. 49 entsprechenden Präparation ; po sind 2 große Porenkanäle dicht vor der inneren Mundöffnung (phd). Vergr. 140raal. A f t e r b i 1 d u n g bei T h e 1 y p h o n u .s. Fig. 52. Thelyphonus caudatus (L.). Aftersegment etwas schräg von hinten gesehen, der After in der .Aufsicht; vom Flagellum ist nur das Grundstück des Basalgliedes erhalten. Vergr. lümal. Fig. 53. Thelyphonus caudatus (L.). Die letzten 3 Körpersegmente der Länge nach (sagittal) aufgeschnitten, Innenansicht. Man erkennt das ausstülpbare Rectum (rct), Schwanzmuskeln und -nerven der linken Körper- seite, und den Endabschnitt der Analdrüse. Zoologica. Hefl 42. ' 22 — 170 — Fi". 54. Thelyphonus caudatm (L.). Dasselbe Präparat nach Entfernung des Rectums, des einen Nerven des Flacelluras und der Muskeln 151 und 154; man erblickt u.a. die Muskeln der Schließklappen der Analdrüse (152, 155). Vergr. dieselbe. Chylusdarm. Fi". 55. Koenenia mirabilis (Gr.). Schnitt durch ein Mitteldarm-Divertikel des Hinterleibes. Vergr. 850 mal. Genitalsystem. Weibliche Geschlechtsausführu ngsgänge der Uropygen und Amblypygen. Fig. 56. Mastigoprocttis giganteus (H. Luc.) 9. 2. — 4. Urosternit von der Bauchseite gesehen, die Genitalöffnung ist soweit wie möglich geöffnet, folglich das Genitaloperculum (urst 2) nur in seiner hinteren Hälfte sichtbar. Vergr. 4"'/4mal. Fig. 57. Mastigoproctns giganteus (H. Luc.) 9. Die 4 vordersten Hinterleibsringe nach Entfernung der Tergite, des Darmtraktus, der Ovarien und Ovidukte und der Nerven, von oben gesehen. Die Muskeln 156 — 159 sind nur links gezeichnet, 157 und 159 rechts nur mit ihrem hinteren Ende. Die mittlere Partie der Muskeln 158 und 159 ist in der Reproduktion schief ausgefallen. Vergr. 4'/4 mal. Fig. 58. Mastig. giganteus (H. Luc.) 9. Dasselbe Präparat nach weiterer Entfernung der Muskeln mit Ausnahme der Lungenmuskeln und einiger anderer kleiner, der Lungenblätter mit Ausnahme derjenigen der rechten ersten Lunge (Igpl), und des erweiterten Endteiles der Ovidukte. Der Lungenmuskel 171 ist nur rechts gezeichnet. An dem hinteren Lungenpaar (alfk 2) erkennt man am Vorderrande die Ansatzstellen der Lungenblätter an den kleinen parallelen Strichen. Vergr. 4'/« mal. Fig. 59. Thelyphonus caudatus (L.) 9. Das der F'ig. 57 entsprechende Präparat, nur sind die Muskeln etwas anders verteilt und die Ovidukte dicht am Uterus internus (ut. int.) abgeschnitten worden. Vergr. 7 mal. Fig. 60. Thelyphonus caudatus (L.) 9. Dasselbe Präparat, entsprechend der Fig. 58, doch ist außer den meisten Muskeln auch der ganze Uterus internus und von den Lungenapodemen links der vordere Zipfel weggeschnitten worden, um die Höhlung der äußeren Luftkammer anzudeuten. Vergr. dieselbe. Fig. 61. Mastigoproctus giganteus (H. Luc.) 9. Ventrale (vordere) Wand des Uterus externus, Receptacula seminis (rc. sera.) und ein Teil der inneren Pneumostome (ipnstel); längs der doppelt conturierten Linie ist die dorsale Wand des Uterus abgetrennt worden; vom Uterus internus ist nur noch ein schmaler Lappen (ut. int. v.) erhalten. Vergr. 7 mal. Fig. 62. Trithyreus catnbridgei (Thor.) 9. Das 2. und 3. Urosternit von der Unterseite gesehen, mit durch- scheinend gezeichnetem Uterus externus, den Receptaculis seminis, Gonopoden und Uterus internus; außerdem sieht man die beiden Pneumostome (pnst). Vergr. 65 mal. Fig. 63. Charon grayi (Gerv.) 9. Das Präparat entspricht dem der Fig. 59, doch sind die Segmentmuskeln des 2. Hinterleibssegmentes (144, Fig. 14) ganz, jene No. 145 — 148 nur auf der linken Seite entfernt worden; dadurch ist der Retraktor der Ventralsäckchen auf derselben Seite (154) sichtbar geworden; die Reste des 1. Urosternits sind nicht gezeichnet. Vergr. 7 mal. Fig. 64. Tarantula palmata (Hbst.) 9. Das Präparat entspricht im wesentlichen dem der Figuren 58 und 60. Die Lungen sind intakt gelassen, die Rückenwand des Uterus internus ist entfernt; durch die des Uterus externus sieht man die Coconhalter durchscheinen. Vergr. 7 mal. Fig. 65. Tarantula marginemaculata (C. L. K.) 9. Das Genitaloperculum nach Abtrennung vom Rumpfe von innen (oben) gesehen; mit ihm verbunden sind noch das 1. Lungenpaar (Igpl), dessen äußerer Luftkammer die hintere Wand jedoch fehlt, die ventrale Wand des Uterus externus mit dem Gonopodenpaar (goapd), dessen Haltehaken (goaphk) durch eine zarte Haut (y) mit dem festen Grundteil verbunden sind ; die mit 152 und 150 bezeichneten Stellen geben die ventralen Insertionspunkte der entsp rechenden Muskeln an. Vergr. 8 mal. — 171 — Fig. 06. Taraiitida marginemaciilata (C L, K.) V. Hintirraml des Gciiitalopcrculuins nach umgeschlagenem Coconhalter, zur Illustration der Muskeln (loaji mil ^^ o » O 0 » *; ihy.k. bwU 9!) n> o S]lm :)S 100 SfWt 101 .vWfi-/; *iW 'w sWir Wi? -tf.'fSfcv^., n.ka i-lllS i W^.v^ :-.::v;>l: -"is. -?■** :.«'.^- ''*-^:^ .-^: ^-"iSp '*» :. m^-" ? * -. ^ /-•-^ ■- ^.^.^i .>^" -rT: ' jI* ^•**