ZOOLOGICA Original -Abhandlungen aus dem Gesamtgebiete der Zoologie Herausgegeben von Willy Kükenthal in Berlin Siebenundzwanzigster Band 1913 — 1922 STUTTGART 1922 E. Seh weiz erb art' sehe Verlagsbuehhandlung (Erwin Nägele). Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. A. Bonz' Erben In Stuttgart. PRINTEO IN GERMANY Inhalt. Heft 68. Oligochäten vom tropischen und südlich - subtropischen Afrika. II. Teil. Von W. Michaelsen. Mit 2 Tafeln und 11 Textfiguren 1918 Heft 69. Bau und Entwicklung des Knorpelschädels vom Buckelwal. Von Hans Honigmann. ^Nlit 2 Tafeln und 28 Textfiguren 1917 Heft 70. Bau und Entwicklung des Knorpelschädels vom Didelphys marsupialis. Von Charlotte Toeplitz. Mit 3 Tafeln und 26 Textfiguren 1920 Heft 71. Betrachtungen über die Entwicklung der Nahrungsaufnahme bei Wirbel- tieren. Von L. DÖderlein. Mit 32 Texttiauren 1921 Heft 72, Die Hautdrüsen des Menschen und der Säugetiere, ihre biologische und rassenanatomische Bedeutung, sowie die muscularis sexualis. Von P. Schiefferdecker. Mit s Tafeln und 1 Textfigur 1922. Jl^ff j ZOOLOGICA Original-Abhandlungen aus dem Gesamtgebiete der Zoologie Herausgegeben von Carl Chun in Leipzig Heft 68 Oligochäten vom tropischen und südlich -subtropischen Afrika, n Teil Von W. Michaelsen Mit 2 Tafeln und 11 Textfiguren STUTTGART 1913 E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser Oligochäten vom tropischen und südlich-subtropischen Afrika Von W. Michaelsen, Hamburg IL Teil Mit 2 Tafeln und 11 Textfiguren v\J^^ STUTTGART 1913 E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung Nägele & Dr. Sproesser Alle Rechte vorbehalten Chr. Belser'sche Buchdruckerei, Stuttgart. Oligochäten vom tropischen und südlich-subtropischen Afrika. Von W. Michaelsen, Hamburg. II. Teil.) Mit Taf. I und II und 11 Textfiguren. Farn. Megascolecidae. Subfam. Ocnerodrilinae. Kerria Gunningi n. sp. Fundnotiz. T r a n s v a a 1, P i' e t o r i a, im U t" e r m o r a s t des A a p i e s - F 1 u s s o s im Z o o 1 o g i s c li e n Garten; Prof. W. Michaelsen leg. 30. VIII. 1911. Vorliegend zahlreiche Exemplare, darunter viele geschlechtsreif e. Äusseres. Dimensionen der geschlechtsreifen Exemplare: Länge 30 — 55 mm, maximale Dicke cu. 1,2 mm, Segmentzahlen sehr wenig verschieden, bei 4 Exemplaren (darunter das kleinste und das größte) zwischen 118 und 122 schwankend. F ä r b u n g der lebenden Tiere schmutzig fleischfarben bis blutrot. Konservierte Tiere hellgrau mit durchscheinenden inneren Organen; pigmentlos. K o p f undeutlich epilobisch. Seitenränder des hinten offenen dorsalen Kopflappenfortsatzes nach hinten konvergierend. Borsten ziemlich groß, am Mittelkörper ca. 0,15 mm lang, schlank, an den Körperenden ungefähr ebenso lang, aber etwas dicker. Borsten eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz etwas kleiner als die mittleren lateralen {aa = ca. V,o hc). Dorsalmediane Borstendistanz viel kleiner als der halbe Körperumfang, fast nur Vs so groß wie der ganze Körperumfang {dd = ca. Vi4 ^)- Gürtel am 13. — 20. Segment (= 8), sattelförmig, ventralmedian zwischen den Borsten- linien a unterbrochen. P r o s t a t a - P o r e n 2 Paar, am 17. und 19. Segment ungefähr an Stelle der fehlenden Borsten b. Borsten a des 17. und 19. Segment vorhanden, am 18. Segment beide ventralen Borsten (a und b) geschwunden. Prostata-Poren nicht aiif deutlichen Papillen, sondern nur um- geben von winzigen Drüsenhöfen, die lateral von den Sanienrinnen durchschnitten werden und direkt in die Begleitwälle der Samenrinnen übergehen. S a m e n r i n n e n scharf ausgeprägt, zunächst von den Prostata-Poren eine sehr kurze Strecke lateralwärts verlaufend und dann scharf in die Längsrichtung einbiegend, in dieser mittleren, in der Längsrichtung verlaufenden Partie etwas medial eingebogen, lateral konkav. Samenrinnen beiderseitig von schmalen, wenig erhabenen Drüsenwällen begleitet. Männliche Poren in den Samenrinnen auf der Borstenzone des 18. Segments. Weibliche Poren vor den Borsten b des 14. Segments. ') Dieser 11. Teil schließt, sich an den in Hel't 67 der ., Zoologien" veröffenüichltni I. Teil niil !,'leiehem Titel an nnil liildet den Schluß der ganzen Arbeit. ?:oologLca. Hett G8. l Fig. 1 . Kenia Cuiinlngi n. sp. S a m e n t a s c li t! n - P ü r e u 2 Paar, auf IntersegmeiitaU'iirchc 7/8 und 8/0 etwas unterhalb der Borstenlinien c, diesen deutlicli näher als den Borstenlinien b (,_|:|_6 = 1:3). Innere Organisation. Dissepiment 4/5 ungemein zart, aber anscheinend vollkommen ausgebildet. Dissepiment 5/6 — 8/9 stark verdickt, 9/10 halb stark, 10/11 schwach verdickt, die folgenden zart. Darm: Lappige, kleinzellige Speicheldrüsen im 3. — 6. Segment, am massigsten im 5. Segment. Im 7. Segment bildet sich der Ösophagus zu einem nicht sehr großen, aber deutlichen, schon bei der Öffnung des Tieres durch seinen muskulösen Glanz in die Augen fallenden Muskelmagen um. Der Muskelmagen ist nur wenig dicker als der Ösophagus in den benachbarten Partien, zylindi'isch, meist etwas gebogen, mit hellem Irisgianz. Seine Wandung ist sehr dick, muskulös. Im 9. Segment trägt der Ösophagus ein Paar schlank zwiebeiförmige (oder umgekehrt-birnförmige, am blinden proximalen Pol verschmälerte) Chylustaschen. Diese entspringen seitlich hinten, etwas vor Dissepiment 9/10, und ragen unterhalb des Ösophagus nach vorn hin. Ihr Lumen ist mäßig weit und bis in das äußerste vordere Ende ausgebildet, dabei fast einheitlich, nicht durch Falten verengt oder gar gekammert. Die Wandung der Chylustaschen ist ziemlich dick und zeigt ein reiches Kanalsystem von anscheinend intrazellulären Chylusgefäßen. Die Chylustaschen bilden in ilirem gröberen und feineren Bau ein Mittelglied zwischen typischen Ocnerodrilus- und Gordiodriluft- Chylustaschen. Im 12. Segment geht der Ösophagus in scharfem Absatz in den allerdings nur wenig weiteren Mitteldarm über. Blutgefäßsystem: stark angeschwollene Herzen im 10. und 11. Segment. Exkretionsorgane: Makronephridien mit großen, hellen Blasenzellen. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Ein Paar sehr große Hoden und mäßig große Samentrichter frei im 10. Segment. Zwei Paar mehrteilige Samensäcke ragen von Dissepiment 9/10 und 10/11 in das 9. und 11. Segment hinein. Die des 9. Segments sind kleiner als die des 11. Segments und bestehen aus einer geringeren Zahl von Teilstücken. Hintere männliche Geschlechtsorgane: Die distalen Samenleiter-Enden sind kaum merklich dicker als die mittleren Partien der Samenleiter, aber keineswegs muskulös verdickt. Die geringfügige Verdickung scheint lediglich auf geringer Erweiterung des Lumens zu beruhen. Die Prostaten sind winzig, nur ca. % mm lang und im Maximum 0,06 mm dick, ganz auf das Segment ihrer Ausmündung beschränkt, schlauchförmig, unregelmäßig verbogen. Der Ausführ- gang ist nicht scharf vom Drüsenteil abgesetzt, muskulös, viel kürzer, aber zugleich etwas dicker als der Drüsenteil. Weibliche Geschlechtsorgane: Ein Paar große Ovarien ragen vom ventralen Rand des Dissepiments 12/13 in das 13. Segment hinein. Die größten noch am Ovariura sitzenden Eizellen haben einen Durchmesser von etwa 75 [j.. Ein Paar verhältnismäßig große, blumenförmige, unregelmäßig gefältelte Eitrichter vor Dissepiment 13/14 münden durch je einen gerade gestreckten, ziemlich kurzen Eileiter aus. Samentaschen klein, einfach schlauchförmig, imrcgelmäßig verbogen. Muskulöser Ausführgang viel kürzer als die Ampulle, aber proximal nur wenig dünner, nicht scharf von der Ampulle abgesetzt, distal etwas verengt. Divertikel sind nicht vorhanden. Bemerkungen. Kerria Gunningi, die erste afrikanische Kerna-Avt, steht wohl der K. Garmani Rosa^) von Zentral-Paraguay am nächsten. Sie unterscheidet sich jedoch von dieser südamerikanischen Art scharf durcli die Winzigkeit ihrer Prostaten, durch das Fehlen deuthcher Prostata- Papillen und andere Charaktere, wie geringere dorsalmediane B o r s t e n d i s t a n z und Kopf f o r m. / I Gen. Gordiodrilus. 1S'.I2. Cordiodriliis. Beddard, On a new Genus of OligochafUi, coinjji-isiiig Fivc iiew Si)f(;ies, beluiigiiig tu the Family Ocuero- drilidae. In: Ann. xAlag. Nat. Hist. (6) X, p. 75, 93. ISy'i. yannodrilus, Beddard, On Tvvo new Genera, comprising Three new S|K'ric.s, df Kai-lhworm.s fioni \\'i'steni Tinpical .\fiii;a. In: Proc. Zool. Soc. London 1894, p. 388. 1908. Diaphorodrilus, Cognetti, Lombrichi raccolti dal Cav. Leonardo Fea nellc Isi.ila . IGl. — 5 — jede Direktion vcrlüreii; die bei allen acautliodrilinen Formen am 17. und 19. Segment liegenden Prostata-Poren finden sich in der Gattnng Gordiodrilus einmal am 17. und 18. Segment (bei G. zanzi- baricus Bedd.^), ein andermal am 18. und 19. Segment (z. B. bei G. elegans Bedd., 1. c. 1892, p. 84) oder gar am 20. und 21. Segment (bei G. tenuis Bedd.. 1. c. 1892, p. 75). Aber nicht nur die Orte der Ansmündung sind ins Schwanken geraten, anch die Zahl dieser Organe, und zwar nicht nur bei ver- schiedenen Arten, sondern sogar innerhalb einer Art (bei Gordiodrilus [Nannodrilus] Staudei Mich., 1. c. 1897, p. 34: 3 oder 2 Paar Prostaten, bei G. elegans Bedd., 1. c. 1892, p. 84, dem meiner Ansicht nach G. difheca Bedd.. 1. c. p. 90. zuzuordnen ist, 2 oder 1 Paar Prostaten). Daß die Prostata-Poren bei diesen weitgehenden Schwankungen auch eiiimal um eines Segmentes Länge weiter nach vorn geraten können, ist einleuchtend. Das ist sicher kein Grund für eine generische Sonderung. Ich habe gerade kürzlich eine neue DicJiogaster- Avt untersuchen können, bei der eine derartige Verschiebung der Prostata-Poren nach vorn hin sogar individuell auftritt, also nicht einmal als Art-Charakter (vergleiche I. Teil, p. 150 [12], die Beschreibung von DicJiogaster ufipana n. sp., bei der die Prostata-Poren nach Zahl — 2 oder 3 Paar — imd Anordnung schwanken). Ebenso belanglos wie dieser Prostaten- Charakter des Diaphorodrilus ist sein Samentaschen- Charakter. Die Samentaschen-Poren stehen ja, als die Empfängnis-Poren, in Korrelation mit den Prostata -Poren, den Begattungs-Poren. Sehen wir diese letzteren nach Zahl und Anordnung ins Schwanken geraten, so kann es uns nicht auffallen, daß auch die ersteren ihre ursprüngliche Festigkeit verlieren, imd daß auch einmal eine Vermehrung auf 3 Paar eintritt. Diese Vermehrung ist syste- matisch ebenso bedeutungslos wie die Vermehrung ihrer männlichen Partner, der Prostaten, auf 3 Paar, und die letztere ist nachweisbar bei gewissen Arten {Gordiodilus [Nannodrilus] Staudei Mich.) nur individuell, also nicht einmal als Artcharakter zu betrachten. Diese Vermehrung der Samen- taschen kommt ja auch bei anderen Unterfamilien der Megascolecidae vor, ohne daß ihretwegen eine generische Sonderung der betreffenden Formen erfolgte, z. B. bei Diplocardia Eiseni Mich.-), bei der als individuelle Eigenheit 3 Paar Samentaschen auftreten können, oder bei D. communis Garman.-') bei der die Dreizahl der Samentaschen-Paare ein fester, artlicher Charakter geworden zu sein scheint. Ich bezeichne demnach die Cognettische xArt als Gordiodrilus Doriae (Cogn.). Gordiodrilus Habessinus n. sp. Tafel II, Fig. 30, 31. Fundnotiz. Abessinien; E. Wache leg. Vorliegend 3 Exemplare, zwei geschlechtsreife und eiiL unreifes. Äusseres. Dimensionen der geschlechtsreifen Stücke: Länge 32 mm, Dicke im Maximum 1.4 mm, Segmentzahl ca. 90. F ä r b u n g schmutzig gelbgrau, Nephridien weißlich durch die Haut hindurchschimmernd, Hautgefäße eine schmutzig braunrote Zeichnung bildend. Kopf undeutlich epilopisch. Borsten eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz etwas kleiner als die mittleren ') F. E. Beddard, A. Contribution to our Knowledge of Ihe Oligochaela of Tropical Eastern Africa. In: Quart. Jourii. micr. Sc. (N. S.) XXXVI, 1894, p. 233. = 1 W. Michaelsen, Die Regenwurm-Fauna von Florida und Georgia. In: Zool. Jahrb., Syst., VIII, 1894, p. 187. '} H. Garman, On the Anatomy and Histology of a New Earthwnrm füiplocardia communis, gen. et sp. nov.). In: Bull Illinois Lab. 111, p. 47. 6 — l'ig. 2. Gordio- (Iriliis Habessinus 11. sp. lateralen (aa = V4 ^c). Dorsalmediane Borstendistanz sehr wenig kleiner als der halbe Körperumfang (dd u). Gürtel ringförmig, ungefähr vom 12. — 20. Segment (= ca. 9), weder vorn noch hinten scharf begrenzt, zumal am 12. Segment nur undeutlich. Prostata-Poren 2 Paar, auf kreisrunden Papillen am 18. imd 19. Segment. Die Papillen des vorderen Paares am 18. Segment sind fast doppelt so breit und lang wie die des hinteren Paares am 19. Segment; ihre Kuppe mit dem Prostata-Porus liegt in den Borsten- linien b, während die Kuppe der hinteren Prostata-Poren zwischen den Borstenlinien a und b, etwas weiter medial, liegt. Medial reichen sämtliche Prostata-Papillen ungefähr bis an die Borstenlinien a ; lateral überragen die vorderen Prostata-Papillen deutlich die Borstenlinien b, während die hinteren Prostata-Poren gerade bis an die Borstenlinien b reichen. Die Prostata-Papillen des hinteren Paares am 19. Segment stehen meist auf einem gemeinsamen quer-ovalen, medianen Drüsenfelde, das manchmal flach, und dann von einem weißlichen Drüsenstreifen umgrenzt, manchmal auch etwas er- haben, anscheinend dann aber nicht umgrenzt ist. Die Borsten a des 18. imd 19. Segments sind er- halten geblieben, die Borsten b dieser Segmente sind dagegen geschwunden. Männliche Poren am 18. Segment in den Borstenlinien b. dicht lateral an den Prostata- Poren des vorderen Paares, wenn nicht verschmolzen mit diesen. Die Verschmelzung der männlichen Poren mit den vorderen Prostata-Poren ist jedenfalls nur eine ganz äußerliche. Schon an einem Schnitt in einer Tiefe, die geringer als die Breite des äußeren gemeinsamen Porus ist, erscheinen Samenleiter und Prostata- Gang gesondert. Es münden Samenleiter und Prostaten des vorderen Paares dicht nebeneinander am Grunde eines winzigen gemeinsamen Grübchens aus. Weibliche Poren, winzige Querschlitze, vor den Borsten b des 14. Segments. Samentaschen-Poren 2 Paar, winzige Löcher, vor den Borsten b des 8. und 9. Segments, ungefähr in der Mitte zwischen den Borstenzonen und den vorhergehenden Intersegmen- talfurchen. Innere Organisation. D i s s e p i m e n t 7/8 mäßig stark verdickt, 6/7 etwas schwächer, 5/6 und 8/9 noch schwächer, nur noch schwach verdickt, die übrigen zart; besonders zart, aber dabei vollständig ausgebildet, Dissepiment 4/5, das erste deutliche Dissepiment. Darm: Septaldrüsen zart gelappt, fast traubig, bis in das 7. Segment reichend, am stärksten im 5. Segment, im 6. Segment kleiner; im 7. Segment finden sich niir noch geringe Partien. Ein Muskelmagen ist nicht vorhanden. Im 9. Segment liegen ein Paar Chylustaschen. Sie entspringen hinten seitlich aus dem Ösophagus vermittelst eines dünnen, ziemlich kurzen Stieles, der in gleich- mäßiger Krümmung nach unten und dann nach vorn verläuft und bald in die eigentlichen Taschen übergeht. Diese eigentlichen Chylustaschen sind gerundet tonnenförrmg; sie liegen dicht und parallel — 11 — uebeuenauder unter dem Ösophagus. Das enge Lumen des Stieles führt zunächst in ein kleines einfaches Basallumen der Chylustasche. und dieses setzt sich nach vorn in einige wenige, bis 5, mäßig eng kanalförmige Lumina fort, die sich dann fast bis in die vordere Spitze der Chylustaschen hin- ziehen. Die äußere Wandung und die Uewebemasse zwischen den kanalförmigen Lumina ist ziemlich dick und weist die für die Chylustaschen der Gattung Gordiodrüus charakteristische Struktur auf, ein feines Kanalsystem, begleitet von zahlreichen, meist in der Längsrichtung verlaufenden Blut- gefäßen, die sich am vorderen Ende der Tasche zu einem dicken Gefäß vereinen. Diese Chylustaschen bilden ihrem äußeren und inneren Bau nach eine Zwischenstufe zwischen den typischen Gordiodrilus- Chylustaschen und den offenbar einfacheren der Gattung Ocnerodrilus, sowie der meisten Kerria- Arten. Nicht nur die durchaus paarige äußere Gestaltung, auch die deutliche Ausbildung eines, wenn auch verengten, Lumens entspricht dei- Bildung bei Ocnerodrilus u. a., während die Striiktur der Wandung schon typisch Gordiodrilus-aTtig ist. Ln 12. Segment erweitert sich der Ösophagus plötzlich zum umfangreichen Mitteldarm. E X k r e t i o n s o r g a n e: Nephridien ungefähr vom 15. Segment an mit Blasenzellenbesatz. B 1 u t g e f ä ß s y s t e m: Letzte Herzen im 11. Segment. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Hoden nicht deutlich erkannt. Zwei Paar große Samentrichter liegen frei in der ventralen Partie des 10. imd 11. Segments. Die Samentrichter des hinteren Paares ragen mit einem großen Teile, ungefähr zur Hälfte, in eine nach hinten in das 12. Segment hineinhängende bruchsackartige Aussackung des Dissepiments 11/12 hinein. Da in dieser Aussackung außerdem, wenn auch spärliche, Samenmassen liegen, so macht dieses Organ ganz den Eindruck eines Samensackes. Meines Wissens ist eine derartige Einrichtung (das Hineinragen der Samentrichter in eine samensackartige Bildung xmd mit dieser in das folgende Segment) in der Subfam. Ocnerodrilinae bisher nicht bekannt gewesen. Diese Bildung erscheint mir um so interessanter, als sie die Vorstufe der komplizierteren Einrichtung des Samentrichter- Apparats bei vielen Eudrilinen repräsentiert, also jener Formengruppe, die sich nach meiner jetzt wohl allgemein angenommenen Ansicht aus den Ocnerodrilinen entwickelt hat. Ein Paar unregel- mäßig gestaltete einfache Samensäcke ragen dorsal-lateral neben diesen bruchsackartigen Bildungen von Dissepiment 11/12 in das 12. Segment hinein. Andere Samensäcke sind nicht erkannt worden. Die Samenmassen des 10. und 11. Segments (tatsächlich auch die letzteren?) sind frei, oder lassen wenigstens keine deutliche membranöse Umhüllung erkennen. Ln 9. Segment finden sich überhaupt keine Samenmassen, also auch keine Samensäcke. Hintere männliche Geschlechtsorgane: Prostaten sehr lang (ca. 14 mm), eng schlauchförmig, unregelmäßig gewunden, mehrere Segmente einnehmend. Drüsenteil weißlich, ungefähr 0,1 mm dick, und sein Lumen annähernd so dick wie die Wandung. Der muskulöse Aus- führgang nimmt ungefähr den sechsten Teil der ganzen Länge der Prostata ein; er ist nicht scharf vom Drüsenteil abgesetzt, deutlich verengt, proximal ca. 0,04 mm dick, distal etwas muskulös ver- stärkt bis zu einer Dicke von etwa 0,07 mm. Die in unregelmäßigen Schlängelungen von vorn her- kommenden Samenleiter, die beiden einer Seite anscheinend miteinander verschmolzen (nicht deutlich erkannt!), sind im allgemeinen sehr dünn, nur ca. 0,015 mm dick. Ihr distales Ende verdickt sich etwa auf das Vierfache, erreicht jedoch mit seiner Dicke von etwa 0,06 mm nicht ganz die Dicke des distalen Prostata-Endes. Die verdickten Samenleiter- Enden treten lateral an die distalen Enden der vorderen Prostaten heran und schmiegen sich eng an sie an. Während die muskulösen Umhüllungen von Samenleiter und Prostata hier miteinander verschmelzen, bleiben die Lumina dieser Organe, — 12 — dicht nebeneinander verlaufend, bis an die Ausmündung (hn Grunde des winzigen äußeren Grübchens auf der Kuppe der vorderen Prostata-Papillen) voneinander gesondert. S a m e n t a s c h e n (Fig. 21) mit großer, unregelmäßig sackförmiger Ampulle, die sich distal verengt imd schließlich in einen kurzen, engen Zapfen fortsetzt, der das Aussehen eines Aus- führganges hat, aber wohl noch zur Ampulle zu rechnen ist. Das distale Ende dieses Zapfens geht in ziemlich scharfem Absatz in den sehr dünnen, kurz-fadenförmigen eigentlichen Ausführgang über, der nur etwa den fünften Teil der ganzen Samentaschenlänge einnimmt. Divertikel sind nicht vor- handen. Bemerkungen. Gordiodrilus Luykerleni n. sp. ist besonders interessant wegen der streng paarigen Gestaltung der Chylustaschen. Nur bei einer einzigen Art seiner Gattung, nämlicli bei G. robustus Bedd.^), ist eine Verdoppelung der Chylustasche bei einem Individuum beobachtet worden, während das Originalstück dieser Art eine durchaus unpaarige, ventrale Chylustasche besitzt. Es handelt sich hier also wahrscheinlich um eine Variabilität oder Abnormität. Leider hat Beddard die Gestaltung dieser Verdoppelung nicht näher geschildert und nicht angegeben, ob diese Verdoppelung die ganze Chylustasche samt ihrem Stiel betrifft. Da aber bei der unpaarigen Chylustasche des Originalstückes von G. robustus die Mündung der Chylustasche ventral-median am Ösophagus liegt, so ist anzunehmen, daß die Mündungen in dem Falle der Verdoppelung dicht nebeneinander, also auch ventral liegen, wenn nicht gar eine gemeinsame unpaarige, ventralmediane Mündung vorhanden war. Bei G. Luykerleni liegen aber die Mündungen der Chylustaschen weit voneinander entfernt, seitlich am Ösophagus. Es liegt bei G. Luykerleni sicherlich keine abnorme Verdoppelung, sondern eine als ursprünglich anzusehende Paarigkeit der Chylustaschen vor. Gordiodrilus togoensis n. sp. Tafel II, Fig. 22, 23. Fundnotiz. Togo, Kete Kratji; Mi schlich leg. A^orliegend mehrere, meist jugendliche Exemplare; nur wenige Stücke lassen einige Geschlechts- Charaktere erkennen. Bei keinem ist ein Gürtel ausgebildet. Äusseres. Dimensionen des größten Stückes: Länge 90 mm. Dicke l'o — 2 mm, Seg- mentzahl ca. 150. Färbung gelb; die Nephridien scheinen heller, die Blutgefäße dunkel durch die Haut hindurch. Kopf pro-epilobisch : Hinterrand des Kopflaj^pens median leicht nach hinten ausgebogen. Borsten eines Segments sehr verschieden groß, mediale der ventralen Paare (Borsten a) sehr groß, deutlich größer als die lateralen der ventralen Paare, und viel größer als die unter sich gleich großen oder vielmehr gleich kleinen Borsten der lateralen Paare (Borsten « > 6 > c = c^). Die Borsten stehen sämtlich an der Ventralseite. Die dorsalmediane Borstendistanz ist viel größer als der halbe Körperumfang {dd = ca. Va u). Die ventralmediane Borstendistanz ist etwas kleiner als die mittleren lateralen (aa < bc). Die Weite der Paare entspricht der Größe der betreffenden Borsten. Die Weite der ventralen Paare ist im allgemeinen nur um ein Drittel kleiner als die ventral- mediane Borstendistanz, nur am Kopfende, wo die Vergrößerung der ventralen Borsten etwas weniger ') F. E. Beddai'd, On a new Genus of Oligocliaeta, compi-ising Five ncw Specips, >iolouKint!' to Ihe Family Ocnerodrilidae In: Ann. Mag. Nat. Ilist. (6) X, p. 83, Fußnote. — 13 / "> 1 1 1 1 ■....' 1 . . . ■ © . Ol Fig'. 5. Cunlio- dnlns logoensis n. sp. beträelitlicli ist, nimmt auch die Weite der ventralen Paare etwas ab, bis etwa auf die Hälfte der ventralmedianen Borstendistanz {ab ~ Y2 — Vs ««)• I^ie kleinen late- ralen Borsten sind überall eng gepaart. Gürtel nicht ausgebildet. Prostata-Poren (Prostata-Poren verschmolzen mit männlichen Poren) 1 Paar, am 18. Segment auf der Kuppe nicht scharf umrandeter, aber deutlich er- habener quer-ovaler Papillen dicht unterhalb der Borstenlinien c. Die Borsten des 18. Segments sind sämtlich vorhanden. Weibliche Poren imscheinbar, äußerlich nicht erkannt, nach Maßgabe des Eileiterverlaufs ungefähr in Borstenlinieii a vorn am 14. Segment. S a m e n t a s c h e n - P o r e n 2 Paar, auf Intersegmentalfurche 7/8 und 8/9 dicht unterhalb der Borstenlinien c. Innere Organisation. Bisse p i m e n t 5/6—11/ 12 ziemlich stark verdickt, 12/13 etwas weniger stark, 13/14 zart, nur wenig stärker als die sehr zarten Disse- pimente des Mittelkörpers. Darm: Es ist keine Spur eines Muskelmagens vorhanden. Im 9. Segment trägt der Öso- phagus eine unpaarige ventrale Chylustasche, die wie eine dicke, breite, gerundete Schuppe von der hinteren Üsophaguspartie des 9. Segments nach vorn hin ragt. Die Chylustasche ist, abgesehen von dem System feinster Kanäle, ganz kompakt; sie besitzt kein Zentrallumen. Ihre proximale Partie bildet geradezu die ventrale Wand des Ösophagus hinten im 9. Segment und ragt sogar noch etwas in das Lumen des Ösophagus hinein, dasselbe auf diese Weise etwas verengend. B 1 u t g e f ä ß s y s t e m: Rückengefäß einfach. Letzte Herzen im 11. Segment. E X k r e t i o n s o rg a n e: Meganephridien, im Mittel- und Hinterkörper von fettkörper- artigem Aussehen. Vordere m ä n n 1 i c h e Geschlechtsorgane anscheinend holoandrisch. Hoden und Samentrichter nicht genau erkannt. Zwei Paare gedrängt traubige Samensäcke ragen von Dissepiment 10/11 und H 12 in das 11. und 12. Segment hinein. Hintere männliche Geschlechtsorgane (Fig. 23) : Im 18. Segment liegt jederseits eine große, ca. 1 mm lange und 0,6 mm dicke, gerundet zylindrische, oberflächlich glatte, muskulös glänzende Bursa propulsoria {bp), die mit halsartiger Verengung durch den männlichen Porus ausmündet. Das Lumen der Bursa propulsoria ist eng, proximal etwas übergekippt. Die Wandung der Bursa ist sehr dick, muskvüös. Zwei Paar Prostaten {pr \ pr -) liegen im 17. und 18. Segment, je eine Prostata vor und hinter jeder Bursa propulsoria. Die Prostaten sind schlauch- förmig, schlank, in mehreren nicht ganz regelmäßigen breiten Schlängelimgen zusammengelegt. Sie ver- engen sich distal allmählich. Ihre Wandung verliert dabei die Drüsennatur imd wird dünn, nicht muskulös. Die hintere Prostata im 18. Segment (pr -) tritt bald, nachdem die Verengung begonnen, in die Hinterseite der Bursa propidsoria ein und zwar dicht oberhalb der halsartigen Verengung der Bursa. Innerhalb der dicken muskulösen Wandung steigt der hier noch etwas dünner werdende enge Prostata- Schlauch in die Höhe. Das distale Ende der vorderen Prostata im 17. Segment (pr^) weicht in Gestalt und Verlauf beträchtlich von dem der hinteren Prostata ab. Es ist viel länger und erlangt infolgedessen schon das Minimum der Dicke, solange es noch frei verläuft. Als sehr dünner und dünnwandiger Schlauch zieht es sich an der Leibeswand nach hinten hin und am Halsteil der Bursa propulsoria hinauf, um (ungefähr dem Eintrittspunkt der hinteren Prostata gegenüber, dicht — 14 — UÜl' berhalb des Halses der Bursa) in die Vorderseite der Bursa propulsoria einzutreten. Innerhalb der muskulösen Wandung der Bursa zieht sich auch dieser Prostata- Schlauch in die Höhe. In der proxi- malen Partie der Bursa propulsoria nähern sich die beiden hier gleich dünnen Prostata- Schläuche einander und vereinen sich schließlich. Die von vorn her kommenden Samenleiter (sl) sind noch im 17. Segment ziemlich dick. Ich glaube an der einen in einer Schnittserie näher untersuchten Seite deren zwei unabhängig voneinander verlaufende erkannt zu haben, wie es dem mutmaßlich holoandri- schen Zustand dieser Art entsprechen würde. Ich kann das jedoch nicht als sichere Beobachtung hinstellen; vielleicht täuschte mich der Doppellauf einer Schleifenbildung des vielleicht einfachen Samenleiters. Im 18. Segment ist jedenfalls nur ein einfacher und sehr dünner Samenleiter vor- handen, ob aus Verschmelzung zweier entstanden, oder in ursprünglicher Einfachheit, muß dahin- gestellt bleiben. Dieser einfache, sehr dünne Samenleiter legt sich eng an den engen distalen Teil der vorderen Prostata an und tritt dicht neben demselben in die Bursa propulsoria ein. Innerhalb der dicken Wandung der Bursa entfernt er sich wieder etwas von dem vorderen Prostata- Schlauch, jedoch nicht weit. Auch der Samenleiter steigt in der Wandung der Bursa propulsoria in die Höhe und vereint sich mit den beiden Prostata- Schläuchen gerade an der Stelle, wo dieselben aneinander- stoßen. Der aus der Verschmelzung der drei Schläuche, der beiden Prostata- Schläuche und des Samenleiters, hervorgehende Schlauch, der anfangs imgefähr die Weite je eines Prostata- Schlauches hat, also ein Geringes dicker als der Samenleiter ist, erweitert sich bald etwas und mündet dann in das übergekippte Lumen der Bursa propulsoria ein. Dieser Verlauf der Prostaten und des Samen- leiters konnte an einer lückenlosen Schnittserie genau festgestellt werden. Das Verfolgen der ver- schiedenen Schläuche in der Bursa und auch in ihrem noch freien Verlauf wurde sehr durch das Ver- schiedene Aussehen der Schlauch- Querschnitte erleichtert, zumal durch die Ausstattung des Samen- leiters mit Flimmerwimpern, die den Prostata- Schläuchen fehlen. Es ist nun zunächst fraglich, in welcher morphologischen Beziehung die drei Schläuche zueinander und zu der Bursa propulsoria stehen. Münden die Prostata- Schläuche in den Samenleiter, oder mündet der Samenleiter in die verschmolzenen Prostata- Schläuche ? Ist die Bursa propulsoria als das äußerste distale Ende der Prostaten anzusehen, als gemeinsamer muskulöser Prostaten-Ausführgang, oder als muskulös ver- dicktes distales Samenleiterende ? Die Homologie mit verwandten Formen führt mich zu der letzteren Annahme. Wir finden ja vielfach bei Ocnerodriliden ein muskulös verdicktes distales Samenleiterende, und zwar in den verschiedensten Ausbildungsstufen und vielfach ganz unabhängig von den Ausmündungen der Prostaten. Zweifellos ist auch hier die Bursa propulsoria das muskulös verdickte Ende des Samenleiters, das zunächst schleifenförmig zusammengebogen ist, und bei dem dann der eine Schleifenast, der muskulös verdickte, den anderen, dünnen Schleifenast umwallt und in sich aufgenommen hat. Die Prostaten haben sich erst sekundär an diesen Endapparat des Samen- leiters angeschlossen. Weibliche Geschlechtsorgane: Ein Paar große, gefältelte Eitrichter hinten im 13. Segment. Die gerade gestreckten, mäßig langen und verhältnismäßig dicken Eileiter gehen von den Eitrichtern fast gerade medialwärts. Samentaschen (Fig. 22) : Ampulle dünnwandig, Hauptteil breit und plattgedrückt, sackförmig, proximal in «inen überhängenden Zipfel auslaufend, der durch eine halsarfcige Verengung von dem Hauptteil deutlich abgesetzt ist. Ausführgang sehr kurz, kaum halb so lang wie die Ampulle, breit, eng, dickwandig, in situ zum Teil unter der Ampulle verborgen, quer zur Längsrichtung der Ampulle verlaufend. — 15 — Bemerkungen. Bei der ersten Betrachtung des zur Untci-suchung vorliegenden Mateiials von Kete Kratji glaubte ich Exemplare des Gordiodrilus tenuis Bedd.^) v(ir mir zu haben, so sehr glichen die Stücke im Habitus imd selbst in spezielleren Bildungen, wie der auffallenden Größen- verscliiedenlieit zwischen den Borsten eines Segments (a > & >• c = rf), dieser Beddardschen Form. Es fiel mir jedoch bei näherer Betrachtung ein bedeutsamer Unterschied in der Lage der G e s c h 1 e c h t s - P o r e n auf. G. tenuis soll 2 Paar Prostata-Poren am 20. und 21. Segment und ein Paar gesonderte männliche Pcu'en vorn am 21. Segment besitzen. Bei der mir vorliegenden Form, G. togoensis, war nur am 18. Segment ein Paar entsprechende Poren zu erkennen. Einen sehr bedeutsamen Unterschied aber ergab die Untersuchung der inneren Organisation: Bei G. togoensis liegt zwischen den vorderen und hinteren Prostaten, die übrigens ganz anders geschlängelt sind als bei G. tenuis, jederseits eine große, mixskulöse Bursa jiropulsoria frei in der Leibeshöhle. Es erscheint mir ausgeschlossen, daß Beddard ein solches Organ übersehen haben könne, hat er doch die Aus- mündungen der Prostaten und Samenleiter, wie aus seiner Schilderung klar hervorgeht, deutlich erkannt. Übrigens weicht G. togoensis auch in der Gestalt der Samentaschen sehr von G. tenuis ab. Pygmaeodrilus Paulae n. sp. Tafel 11, Fig. 32, 33. Fundnotiz. R h o d e s i a , bei B r o k e n Hill a n d e m Fluß IM o 1 u n g u s li i (links- seitiger Zufluß des Sambesi); Fräulein Paula Timm leg. 1911. Vorliegend ein geschlechtsreifes und ein halbreifes Stück. Äusseres. Dimensionen des geschlechtsreifen Stückes: Länge 32 mm, Dicke 0,9 bis 1,5 mm, Segmentzahl 99. Färbung grau; pigmentlos. Nephridien, Prostaten und andere Organe weißlich, Darm- inhalt dunkelgrau durch die Haut hindurchscheinend. Kopf epilobisch (ca. H). Borsten mäßig eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz etwas kleiner als die mittleren lateralen {aa <1 bc). Dorsalmediane Borstendistanz etwas kleiner als der halbe Körperumfang {dd < 1/2 u). Gürtel nicht ausgebildet. Männliches G e s c h 1 e c h t s f e 1 d: Am 17. Segment und an den angrenzenden Teilen der benachbarten Segmente liegt ventral jederseits neben der Medianlinie ein in gebogener Linie verlaufender schmaler, weißlicher Wall. Die beiden symmetrisch zueinander verlaufenden Wälle haben die Form eines C bezw. eines Spiegelbild-C, dessen hintere Hälfte etwas gegen die ventrale Medianlinie abgebogen ist. Die Konvexitäten dieser Wälle sind lateralwärts gerichtet, die Offnungen zwischen den eingebogenen Enden medialwärts. Lateral stoßen diese Wälle fast an die Borstenlinien c, nach vorn und hinten reichen sie nicht ganz an die Borstenzonen des 16. bezw. des 18. Segments, medial nähern sich die hinteren (etwas medialwärts abgebogenen) C'-Äste der ventralen Medianlinie etwas mehr als die vorderen C-Aste. Die innerhalb dieser Wälle liegenden Felder sind etwas eingesenkt, von dunklerer Farbe. Im Zentrum jedes dieser beiden dunkleren Felder, also ungefähr an der Stelle der fehlenden Borsten h des 17. Segments, sieht man eine kleine weißliche Papille mit zentralem ') F. E. Beddard, Oii a new Genus ot Oligochaeta, comprising Five iiew Spt>cie.s, helonging lo tlif Fiimily Ociierodj'ilidae. Ann. Mag. Nat. Hist. (6) X, p. i:,, t. 7, f. 6 C. 16 — Fig. fi. Pygmaeodrilus Paulae n. sp. \)rus. Von diesen Poren gehen je zwei kurze Samenriniien aus. eine / ' 1 ' hinten medial, eine gerade nach vorn. »Sie enden anscheinend in winzigen Poren I in den innersten Winkelräumen der beiden C'-Figuren. Die großen mittleren Poren, in der Borstenzone des 17. Segments in der Borstenlinie h, sind offenbar die Prostata- Poren. Die feinen hinteren Poren, auf Intersegmentalfurche 17/18 oder etwas vor ihr in den Borstenlinien a, glaube ich, nach Maßgabe der inneren Organisation (Verlauf der Samenleiter) als männliche Poren ansprechen zu sollen. Die feinen vorderen Poren, auf Intersegmentalfurche 16/17 oder dicht hinter derselben, in den Borsten- linien h, scheinen rudimentär zu sein. Wenigstens konnte ich bei der Betrachtung der auseinander gebreiteten Leibeswand von innen keine Organe erkennen, die in diesen Poren ihre Ausmündung finden könnten. Weibliche Poren iinscheinbar, vor den Borsten h des 14. Segments. Samentaschen -Poren 1 Paar, auf Intersegmentalfurche 8/9 in den Borstenlinien h, feine Löcher, die von großen quer-ovalen, fast bis an die Borsten- zonen des 8. und 9. Segments reichenden Drüsenhöfen umgeben sind. innere Organisation. Darm: Chylustaschen groß, dick-eiförmig, seithch entspringend, aber der Hauptsache nach unter dem Ösophagus liegend, in der Mediane fest gegeneinander gepreßt. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Zwei Paar ziemlich große, metal- lisch glänzende Samentrichter frei ventral im 10. und 11. Segment. Samensäcke von Dissepiment 9/10 und 11/12 in das 9. bezw. 12. Segment hineinragend, mehrteilig? Hintere männliche Geschlechtsorgane (Fig. 33) : Prostaten ungemein lang (nach ziemlich unsicherer Schätzung ca. 15 mm lang), in einigen weiten Windungen und vielen engen, streckenweise ziemlich regelmäßigen Schlängelungen durch viele (23) Segmente nach hinten (und bei dem vorliegenden Stück selbst ein kleines Stück wieder zurück) verlaufend. Drüsenteil {fr) ca. 180 — 200 \^. dick. Ausführgang {ag) etwa den sechsten Teil der Prostatenlänge einnehmend, scharf vom Drüsenteil abgesetzt, anfangs (proximal) sehr dünn, allmählich (distalwärts) dicker werdend. Mit der Dickenzunahme geht eine Änderung im Aussehen Hand in Hand. Während die dünne proximale Partie des Ausführganges weißlich und durchscheinend ist, zeigt die dickere distale Partie einen gelblichen, stark metallischen (muskulösen) Glanz und ist ganz undurchsichtig. Der Ausführgang ist etwa in der Mitte der distalen Hälfte am dicksten (ca. 150 ij. dick). Am distalen Ende nimmt er wieder etwas ab und tritt schließlich in das Zentrum eines großen, kreisrunden, anscheinend muskulösen Polsters ein. Dieses Polster (bf) ist zweifellos homolog dem sog. ,, muskulösen Bulbus" von P. quilimanensis Mich.^), wenngleich er ihm im Bau nicht ganz gleicht. Er scheint bei P. Pavlae etwas kompakter zu sein als bei P. quilimanensis. Auch konnte ich bei P. Paulae keinen eigent- lichen, in einem zentralen Lumen sitzenden Penis erkennen, wie er bei P. quilimanensis schon äußerlich erkennbar war. Ich sprach in der Beschreibung von P. quilimanensis die Öffnung dieses Penis als männhchen Porus, als Ausmündung des Samenleiters an. Das war irrtümlich. Zweifellos mündet nicht der Samenleiter, sondern die Prostatadrüse auf diesem Penis aus. Die Mündung des Samenleiters ist bei P. quilünanensis nicht erkannt worden. Einen vom Prostata-Porus gesonderten und durch eine Samenrinne mit ihm verbundenen männlichen Porus, wie er für P. Paulae charakteristisch ist, kann ich auch jetzt bei Nachprüfung des Originals an P. quilimanensis nicht erkennen. Hier scheint ') VV. Michilfclsen, Bescliruibuiig der von Heri'ii Dr. Fi'äiiz Sliililinniiii irji Miiiidiiiigsge'liifl des .Sambesi gesaiiiinelteti Terricolen. In: Ml. Mus. Ilaralimg VII, p. 13, t. 3, 1'. 15 hm. — 17 — die bei P. Paulac frei liegende Partie der Prostaten- nnd Samenleiter- Ausmündungen in das Innere des muskulösen Bulbus zurückgezogen zu sein. Es ist jedoch hier zu bemerken, daß ich wegen des spärlichen Materials weder bei P. quilimanensis noch bei P. Paulae eine genauere Feststellung an Schnittserien machen konnte imd mich ganz auf das äußerlich Sichtbare beschränken mußte. Nach der Betrachtung des männlichen Ausführapparates von der Innenseite der nach Präparation ausgebreiteten Körperwand verläuft der Samenleiter bei P. Paulae ebenso wie bei P. quilimanensis. Der im allgemeinen etwa 45 [i. dicke Samenleiter (sl) verdickt sich distal plötzlich zu einem muskulösen Bulbus (vd) von metallisch (muskulös) glänzendem Aussehen. Dieser Bulbus ist aber bei P. Paulae verhältnismäßig noch dicker als bei P. quilimanensis und von der Gestalt eines Schweinemagens, ca. 230 jj. dick und 320 jj. lang. Der Samenleiter tritt nicht gerade in den proximalen Pol ein, sondern medial-unten hinter der Mitte, und so ist auch das aus dem Bulbus heraustretende dünne und kurze Ausmündungsende medial nach unten und etwas zurückgebogen. Der ganze End-Apparat macht den Eindruck einer durch enorme muskulöse Verdickung umgebildeten kurzen, breiten Samenleiter- schleife. Das kurze enge Ausmündungs-Ende des Bulbus (des muskulös verdickten Samenleiter- Endes) tritt schräg lateral hinter dem distalen Prostata-Ende in das kreisrunde muskulöse Polster ein, also nicht genau entsprechend der äußeren Lage des männlichen Porus, der ja weiter medial als der Prostata-Porus liegt. Es muß also angenommen werden, daß das Ausmündungsende des Samenleiters innerhalb der Wandung des Muskelpolsters noch weiter medial verläuft. Ein der- artiges mehr oder weniger weites Umkreisen des distalen Prostata -Endes ist etwas ganz Normales für das distale Samenleiter-Ende, das ja phyletisch von hinten her (vom 18. Segment, der Ausmündungs- stelle bei der acanthodrilinen Urform) an die Ausmündung der vorderen Prostata herangerückt ist. Weibliche Geschlechtsorgane nicht untersucht. S a m e n t a s c h e n (Fig. 32) : Ampulle groß, unregelmäßig sackförmig, durch einen kurzen, engen Ausführgang ausmündend. Der Ausführgang ist von einer unregelmäßig lappigen Divertikel- masse, die in situ ganz unter der Ampulle liegt, kranzförmig umgeben. Diese Divertikelmasse wird von einem engen Konvolut sehr feiner und wahrscheinlich sehr langer Schläuche gebildet, die eine Dicke von 35 — 45 [j. besitzen. Wie viele einzelne derartige Divertikelschläuche sich an der Bildung dieses Divertikelkranzes beteiligen, konnte ich leider nicht feststellen. Ich glaubte an der etwas beträchthcheren Dicke der (distalen) Basalpartien deren zwei zu erkennen; doch ist diese Feststelhmg sehr unsicher. Sollten tatsächlich nur zwei Divertikel vorhanden sein, so müßte deren Länge eine ganz enorme sein. Bemerkungen. Pyymaeodrilus Paulae steht zweifellos dem P. quilimanensis Mich. (1 c.) nahe. Das geht zumal aus der auffallenden Bildung des distalen männlichen Ausführapparates hervor. Dieser bietet in seinem feineren Bau zugleich charakteristische Unterschiede zwischen beiden Arten. Der hauptsächlichste Unterschied liegt aber in der Gestaltung der S a m e n t a s c h e n. Pygmaeodrilus rhodesiensis n. sp. Tafel II, Fig. 24, 25. Fundnotiz. R h o d e s i a, am mittleren Sambesi bei den Viktoria- Fällen, in humusreicher Erde am Flußufer; Prof. W. Michaelsen leg. 18. VIII. 1911. Vorliegend einige wenige, zum Teil geschlechtsreife, aber noch gürtellose, Exemplare. Äusseres. Dimensionen des größten Stückes: Länge 25 mm, Dicke 1 — l^/^ mm, Seg- mentzahl 94. Zoologici. Tieft G8, T — 18 r — ■ 1 \ i ■ 13 & o 18 21 1 • l 1 ■ Fig. 7. Pygmaeodrilus r/wdesicnsis n. sp. r ä r b u n g weißlich bis gelbgrau ; pigmentlos. Verschiedene innere Organe; zumal die Nephridien, weißlich durch die Haut hindurchschimmernd, Darminhalt desgleichen dunkelgrau. Kopf epilobisch (ca. 1/2)- Dorsaler Kopflappenfortsatz hinten offen. Borsten mäßig groß, mäßig eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz um ca. Vs kleiner als die mittleren lateralen {aa = ca. Vs bc). Dorsalmediane Borstendistanz etwas kleiner als der halbe Körperumfang {dd = ca. y, u). R ü c k e n p o r e n sind nicht vorhanden. Ein Gürtel ist bei keinem der vorliegenden Exemplare deutlich ausgebildet. Männliche Poren (Fig. 47) an Stelle der fehlenden ventralen Borsten- paare {ab) des 17. Segments, auf der Kuppe je eines kleinen keulenförmigen Penis ip), der meist aus der zentralen Einsenkung einer kleinen quer-ovalen Papille mehr oder weniger herausragi. Samentaschen -Poren 1 Paar, kleine rundliche Löcher im Grunde querschlitzartiger Einsenkungen auf Intersegmentalfurche 8/9 etwas (wenig) lateral von den Borstenlinien b. Innere Organisation. Dissepimente anscheinend sämtlich ziemlich zart. Darm: Ein Muskelmagen ist nicht vorhanden; doch zeigt der enge Ösophagus im 6. (?) Segment einen besonderen, von der Muskulatur herrührenden Glanz, aus dem geschlossen werden kann, daß die Muskulatur an dieser Stelle etwas stärker ausgebildet sei. Im 9. Segment trägt der Ösophagus ein Paar schinkenförmige Chylustaschen. Dieselben entspringen seitlich am Ösophagus in der hinteren Partie des Segments und ragen nach vorn hin. Sie sind hinten (proximal) am breitesten, vorn (distal) verschmälert. Die in der äußeren Wandung der Chylustasche in der Längsrichtung verlaufenden Blutgefäße treten am schmalen, gerundeten vorderen (distalen) Pol der Tasche zusammen und treten dann als ein freies Blutgefäß in die Leibeshöhle ein. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Zwei Paar Samentrichter an- scheinend frei ventral im 10. und 11. Segment. Zwei Paar einfache Samensäcke ragen von Dissepiment 9/10 und 10/11 in das 9. und 12. Segment hinein. Hintere männliche Geschlechtsorgane (Fig. 24) : Die distalen Enden der Samenleiter (sl) sind nicht verdickt. Die von vorn herkommenden, in der Zone des 16. Segments noch ca. 60 [j. dicken Samenleiter gehen lateral an den männlichen Poren vorbei und biegen dann, zugleich dünner werdend, medialwärts ein, um von hinten in den Penis (p) einzutreten. Die Prostaten (pr), l Paar, sind lang schlauchförmig, unregelmäßig verbogen und verschlungen, etwa 8 mm lang, wovon ca. 1 mm auf den dünneren (ca. 0,09 mm dicken), scharf vom Drüsenteil abgesetzten Ausführgang kommt. Der Drüsenteil ist distal, nahe am Übergang in den Ausführgang, am dicksten, ca. 0,2 mm dick, und wird proximalwärts allmählich dünner. Der Drüsenteil ist kreidig weißlich, äußerlich glatt; sein Lumen ist eng, seine Wandung dick. Der Ausführgang mündet, sich schnell und beträchthch verengend, dicht neben dem Samenleiter durch den männlichen Porus aus. W^ eibliche Geschlechtsorgane nicht beobachtet. Samentaschen (Fig. 25): Ampulle groß, mehrfach, zum Teil sehr tief, eingeschnitten, gelappt. Die beiden Samentaschen- Ampullen des näher untersuchten Stückes waren gleicherweise in 3 große Lappen geteilt, deren einer fast bis zur Basis der Ampulle gesondert erschien. Die Ampulle mündet durch einen sehr kurzen, mäßig breiten Ausführgang aus. Der Ausführgang ist so kurz imd — 19 — so wenig abgesetzt, daß die Samentasche fast sitzend erscheint. In den Ausführgang münden 2 oder 3 einfach birnförmige, meist gekrümmte, verschieden große Divertikel ein. Das größte Divertikel ist kanm halb so lang wie die Ampulle. In situ sind die Divertikel ganz unter der Ampulle verborgen. Während die Ampulle große Massen einer fein-körneligen Substanz^enthält, finden sich in dem ein- fachen Lumen der Divertikel Spermatozoenbündel magaziniert. Subfam. Eudrilinae. Viktoria- Sectio Pareudrilacea. Platydrilus Agnes n. sp. Tafel I, Fig. 5. Fundnotizen. R h o d e s i a, am mittleren Sambesi bei den Fällen, in humusreicher feuchter Erde; Prof. W. Michaelsen leg. 18. VIII. 1911. Rhodesia. Insel Kandahar, im mittleren Sambesi, einige Kilometer ober- halb der Viktoria-Fälle, in humusreicher feuchter Erde; Prof. W. Michaelsen leo-. 17. VIII. 1911. Zahlreiche Exemplare, darunter mehrere geschlechtsreife. Äusseres. Dimensionen der geschlechtsreifen Stücke : Länge 45—60 n^m, maximale Dicke IVs — 1/2 mm, Hinterende dünner, V4 — 1 mm dick, Segmentzahl 124 — 128. Färb u n g der lebenden Tiere schmutzig gelbgrau bis hell fleischfarben, der konservierten Tiere hellgrau; pigmentlos; Nephridien und andere Organe weißlich durch die Haut hindurchschimmernd. Kopf epilobisch (Vg) ; Kopflappen niedrig kuppeliörmig, dorsaler Kopf- lappenJortsatz breit und kurz, undeutlich vom eigentlichen Kopflappen abgesetzt, mit nach hinten konvergierenden Seitenrändern, .hinten durch eine mideutliche Querfurche (Segmentringelfurche ?) begrenzt. Borsten mäßig zart und ziemlich gleichmäßig, sämtlich ventral gestellt, eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz gleich den mittleren lateralen (aa = bc) ; dorsalmediane Borstendistanz annähernd gleich zwei Dritteln des ganzen Körper- umfanges {dd = ca. -/s ■"). R ü c k e n p o r e n auf Intersegmentalfurche 5/6 undeutlich, von Inter- segmentalfurche 6/7 an deutlich. Gürtel ringförmig, ventral etwas schwächer ausgebildet, dorsal vom 10. bis 1/218. Segment (= 854), ventral vom 10.— V4I8. Segment (= 8V4). Bei voll- reifen Tieren Borsten im hinteren Teil des Gürtels, vom 16. Segment an, geschwunden. Männlicher P o r u s unpaarig, ventralmedian ganz hinten am 17. Segment, wenn nicht auf Intersegmentalfurche 17/18, auf einer meist stark vorspringenden quer-ovalen Papille, die die hintere Hälfte des 17. Segments einnimmt und auch auf das 18. Segment hinüberragt. Weibliche Poren dicht hinter der Borstenzone des 15. Segments zwischen den Borsten- Unien b und c, meist auf sehr kleinen, aber deutUch vorspringenden Papillen. Samentaschen-Porus auch bei vollständig geschlechtsreifen Stücken meist geschlossen, nur bei wenigen Exemplaren offen, ventralmedian auf einer mehr oder weniger stark 'W^ =iSi= Fig. 8. PlatydrUas Agnes n. sp. — 20 — vorspringenden Papille vorn am 13. Segment. Meist ist das 13. Segment ventralmedian in ganzer Länge fast papillenartig drüsig modifiziert. Innere Organisation. Dissepiment 4/5 ungemein zart, aber anscheinend vollständig aiisgebildet, 5/6 etwas verdickt, 6/7 und 7/8 ziemlich stark verdickt, 8/9 etwas verdickt, 9/10 kaum merklich verdickt, 10/11 und die folgenden sehr zart. Darm: Lappige Septaldrüsen im 3. — 5. Segment, durch den dorsalen Schlundkopf im 3. Segment ausmündend. Ein ziemlich großer, dickwandiger Muskelmagen in den hinteren drei Fünfteln des 5. Segments, das zarte Dissepiment 4/5 setzt sich eine beträchtliche Strecke vor dem Beginn des Muskelmagens an die Schlundwandung an. Ln 6. — 15. Segment trägt der Ösophagus je ein Paar (also im ganzen 10 Paar) fettkörperähnliche Anhänge. Ihre Gestalt ist die eines von den Kanten her eingerollten Bandes. Sie umschließen mehr oder weniger vollkommen, stellenweise fast röhrenförmig, je ein Blutgefäß; diese Blutgefäße scheinen paarweise dorsal aus dem Darmgefäß- plexus zu entspringen und münden, den Darm seitlich locker und unter Bildung von unregelmäßigen Krümmungen umspannend, in ein Paar ventral-lateral vom Darm verlaufende Längsgefäße ein. Die Zellmasse der ösophagealanhänge ist schwärzlich grau, grob imd gleichmäßig granuliert. Im 17. Segment erweitert sich der Ösophagus zum umfangreicheren Mitteldarm. B 1 u t g e f ä ß s y s t e m: Rückengefäß einfach. Letzte Herzen im 11. Segment, die des 10. und 11. Segments stark angeschwollen. Exkretionsorgane: Nephridien von feinen Blutgefäßnetzen dicht umsponnen, die des postclitellialen Körpers mit dichtem Besatz von kleinen Blasenzellen. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Zwei Paar kleine Hoden ragen vom ventralen Rande der Dissepimente 9/10 und 10/11 frei in das 10. und 11. Segment hinein. Zwei Paar große Samensäcke hängen an der Hinterseite der Dissepimente 10/11 und 11/12 im 11. und 12. Segment. Die Samensäcke sind vielkammerig; die mäßig großen Kammern sind an eine zentrale Achse angelegt. Freie Samenmassen füllen den ganzen von anderen Organen frei gelassenen Teil der Leibeshölile des 10. Segments aus. Zwei Paar große, vielfach gefältelte Samentrichter liegen frei, bezw. in die freien Samenmassen eingebettet, ventral im 10. und 11. Segment. Hintere männliche Geschlechtsorgane: Prostaten überall fast gleich dick, zylindrisch, ca. 3 mm lang imd 0,35 mm dick, unregelmäßig verkrümmt, am proximalen Ende gerundet. Weißlich, äußerlich glatt. Unter geringer Verschmälerung vereinen sie sich ventralmedian, um dann sofort durch den gemeinsamen Porus auszumünden. Meist sind beide Prostaten unter Störung der Symmetrie nach einer und derselben Seite hin gebogen. Ein besonderer Ausführgang ist nicht vorhanden, ebensowenig wie irgend welche Anhangsorgane, als da sind Kopulationstasche und Bm'sa propulsoria; doch ist die unpaarige Papille, durch welche die Prostaten ausmünden, kom- pakt und muskulös. Das Lumen der Prostaten ist ziemlich eng, meist viel weniger dick als die Wandung. Die dicke Wandung ist der Hauptsache nach drüsig. Die Drüsenpartie wird nach außen hin durch einen nur sehr dünnen Muskelbelag überkleidet. Ein Paar Penialborstensäcke münden von den Seiten und etwas schräg von hinten her in das gemeinsame Prostaten- Ausmündungsstück ein. Jeder derselben enthält eine einzige Penialborste. Die Penialborsten (Fig. 5) sind schwach säbelförmig gebogen, ungefähr Vi rnm lang und im Maximum, proximal, 45 (x dick, gegen das distale Ende zuerst langsam, dann schneller verengt. Nur proximal sind sie im Querschnitt drehrund; in der distalen Hälfte (Fig. 28a) sind sie an der Konkavseite der Borstenkrümmung abgeflacht, an der Konvexseite gewölbt. Die flache Bauchseite und die gewölbte Rückenseite der Penialborsten — 21 — stoßen in zwei wenig scliaifen Kanten zusammen. Das distale Ende der Penialborste (Fig. 5) ist mäßig scharf zugespitzt und zu äußerst noch in einen winzigen, nicht aus der allgemeinen Längs- richtung heraustretenden Zahn ausgezogen. Die Penialborsten zeigen keine besondere Ornamen- tierung; sie sind ganz glatt. Sie sind fast wasserhell, nur mit einem schwachen gelblichen Ton ver- sehen. Weibliche Geschlechtsorgane: Eine unpaarige, in der vorderen Partie abge- plattet schlauchförmige, in der hinteren Partie erweiterte, schlank sackförmige Samentasche erstreckt sich von der Mitte des 12. Segments nach hinten, bis etwa in das 17. Segment, anfangs ventralmedian fest an die Leibeswand angeheftet, weiter hinten, etwa vom 15. Segment an , aus der Mediane herausgebogeu rmd die Leibeshöhle frei durchsetzend. Die Wandung der Samentasche ist überall ziemlich dick, infolge einer imieren zottigen Drüsenauskleidimg. Die Muskulatur der Samentasche ist sehr zart, nur in der vorderen Partie etwas stärker. Ein deutliches muskulöses Atrium ist nicht vorhanden, überhaupt kein Atrium, man müßte denn die nicht scharf abgesetzte vordere engere Partie der Samentasche als Atrium ansprechen. Eine Ausmündung der Samentasche kommt wahr- scheinlich nur vorübergehend, während der Begattungsperiode, zur Ausbildung, und zwar nicht am vorderen Ende der Samentasche, sondern etwas hinter demselben. Bei geschlossener Samen- tasche ist kaum der genaue Ort des Porus zu finden; doch erkennt man manchmal an der betreffenden Stelle eine den Durchbruch vorbereitende Verdünnung der beiden sich glatt und fest aneinander legenden Wände, der Leibeswand und der Samentaschenwand. In Hinsicht auf cölomatische Säcke brachte P. Agnes dieselbe Unsicherheit, wie die kürzlich von mir beschriebene P. [Stuhlmannia] Sandersi Mich.i). Es ist mir auch bei P. Agnes nicht ganz klar geworden, ob die fraglichen Gebilde richtige Cölomsäcke darstellen, oder ob es nur besondere Modifikationen des die Leibeshöhle ausklei- denden Peritoneums sind, deren Inhalt sich bei der Konservierung stellenweise als kompakte Masse von der Wandung zurückgezogen hat. Ich glaube, daß im vorliegenden Falle, und vielleicht auch bei P. [StuJilmannia] Sandersi, die letztere Deutung mit größerer Wahrscheinhchkeit angenommen werden kann, und lege sie deshalb der folgenden Beschreibung zugrunde. Das Peritoneum der Leibeshöhle des 13. Segments zeigt besonders in den ventralen Teilen einen dichten Drüsenbesatz, der jedoch nur etwa halb so hoch ist, wie der Drüsenbesatz im Innern der Samentasche, dem er übrigens ähnlich ist. Die Leibeshöhle des 13. Segments (oder der unpaarige Cölomsack ?) zieht sich ventral, der Samentasche folgend und dieselbe in ganzer Breite als platt gedrückter Schlauch über- deckend und seitlich noch etwas umfassend, bis etwa zur Mittelzone des 12. Segments nach vorn hin. In dieser vorderen ventralen Partie von Samentasche und Leibeshöhle des 13. Segments (bezw. Cölomsack?) mag zeitweilig eine Kommunikation auftreten. Es war zwar keine Durch- brechung der AVandimgen nachweisbar; doch zeigten die trennenden Wände vorn lateral eine so starke Verdünnung, daß die Wahrscheinlichkeit eines zeitweiligen Durchbruches nicht von der Hand zu weisen ist. Derartige zeitweilige Kommunikationseinrichtungen sind ja nichts Außergewöhnliches bei Eudrilinen. Ungefähr gegenüber der Intersegmentalfurche 12/13, dort, wo dieser schlauchförmige Teil in den breiten Teil der Leibeshöhle (des Cölomsackes ?) übergeht, hängt jederseits neben dem vorderen Teil der Samentasche ein Ovarium nach hinten in die Leibeshöhle (in den Cölomsack?) hinein. Die Leibeshöhle des 13. Segments (der Cölomsack?) ist prall gefüllt mit einer anscheinend kompakten Masse kleiner grobgranulierter, mit Kernen versehener Zellen, in die mehr oder weniger >) W. Michaelseii, Oligochaten von verschiedenen Gebieten. In: Jlt. Mus. Hamburg XXVII, p, 120. — Ich halte e.'; jetzt für richtiger, auch diese Art der Gattung Plalijdrilus zuzuordnen. — 22 — spärliche losgelöste Eizellen eingestreut sind. Die Eileiter samt Anhangsorganen sind unsymmetrisch ausgebildet; der der einen Seite ist viel größer (länger und dicker) als der der anderen Seite, und nur der erstere trägt einen Eiersack. Der größere Eileiter zeigt folgende Gestaltung: Vom weiblichen Porus zieht sich der anfangs ziemlich dünne Eileiter unter schwacher Dickenzunahme nach vorn hin, zunächst in fast gerader Streckung, fernerhin unter Bildung enger und unregelmäßiger Krümmungen. Ungefähr auf der Höhe der Borstenzone des 13. Segments angelangt, wendet er sich zurüclv und geht, unter beträchtlicher Dickenzunahme und unter Bildung weiterer enger Krümmungen, an den vor- laufenden Teil angeheftet, wieder zurück, auf diese Weise eine enge, unregelmäßige, weit nach vorn ragende Schleife bildend, deren Aste sehr verschieden dick sind. Diese Schleife liegt ganz im 14. Segment, drängt aber das Dissepiment 13/14, das sich fest um diesen Teil des Eileiters herumlegt, sackartig vor, so daß es fast den Anschein hat, als dringe diese Schleife in das 13. Segment ein. Das dickwandige, breite hintere (proximale) Ende dieses Eileiters öffnet sich unter Gabelung einerseits, das Dissepiment 13/14 nach vorn hin (bezw. bei der starken nach hinten hingehenden Ausbauchung desselben nach oben hin) durchbrechend, in das 13. Segment (oder den problematischen Cölomsack, dessen Wandung hier ganz mit dem Dissepiment 13/14 verwachsen zu sein scheint). Diese Öffnimg des Eileiters wird durch einen niedrigen, schnörkeligen Eitrichter gebildet. Andererseits setzt sich das proximale Ende des gegabelten Eileiters in einen breit- und kurz-gestielten nierenförmigen Eiersack fort, der samt seinem Stiel ganz im 14. Segment liegt. Der Eileiter der anderen Seite ist in all seinen Teilen kleiner, kürzer und dünner, dabei weniger stark gekrümmt. Sein proximales Ende gabelt sich nicht und trägt demgemäß auch keinen Eiersack. Es öffnet sich ungeteilt in das 13. Segment, und zwar durch einen Eitrichter, der ebenfalls kleiner ist als der der anderen Seite. Metadrilus Bittkaui n. sp. Tafel II, Fig. 26—39. Fundnotizen. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, \V a 1 d r e s e r V a t e S ü d - N g u r u u n d M t i b w a, S i w a 1 e - T a 1 im N g u r u - G e b i r g e (ca. 600 m ü. d. M.), a m Ost h a n g des Mgondja-Berges (ca. 850 — 900 m ü. d. M.) und ca. 5 km südlich vom Nguru-Gebirge (ca. 300 m ü. d. M.); Forstassistent P. Bittkau leg. XII. 1911. Vorliegend zahlreiche, meist vollkommen geschlechtsreif e, zum Teil halbreife und junge Exemplare. Äusseres. Dimensionen der geschlechtsreif en Stücke: Länge 80 — 125 mm, maximale Dicke 4 — 414 mm, Segmentzahl 190 — 200. Zu bemerken ist, daß das größte Exemplar, dessen Maße hier als die extremen angegeben sind, ein regeneriertes Hinterende besaß, daß also seine normalen Dimensionen wahrscheinlich noch größer waren. Färbung? (kastanienbraun?, vielleicht durch farbstoi'f haltigen Alkohol gefärbt!) Kopf epilobisch (-/ä). Dorsaler Kopflappen-Fortsatz hinten durch eine zarte Querfurche abgeschlossen; Seitenränder nach hinten konvergierend. Borsten gleichmäßig, eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz ungefähr gleich den mittleren lateralen (aa = hc); dorsalmediane Borstendistanz etwas. größer als der halbe Körper- umfang {M = ca. Vä u). Gürtel ringförmig, am 13. — ^2^8. Segment (= ö^i). Männlicher Porus unpaarig, ventralmedian am 17. Segment, ein ziemlich großes, quer-ovales Loch mit häufig wulstig vorquellenden Rändern. Bei einem Stück stehen auf der bruch- — 23 — sackartig vorgequollenen Wundung des distalen Kopulations-Apparats ein Paar warzenförmige Papillen. Weibliche Poren an Stelle der ausgefallenen Borsten d des 14. Segments oder dichtH:.-: lateral von diesen Stellen. Bei vielen Stücken fand sich ein üljerzähliges Paar weiblicher Poren , '' am 13. Segment an den gleichen Stellen. Samentaschen-Porus unpaarig, ventralmedian aiif Intersegmentalfurche 14/1,5, manchmal etwas zur Seite gerückt, ein quer-ovales Loch mit wulstigem, papillösem Rande. Innere Organisation. Dissepiment 5/6—12/13 verdickt, 8/9—11/12 mäßig stark, 12/13 und 5/6 sehr wenig, 6/7 und 7/8 stufenweise etwas stärker. Darm: Ein großer Muskelmagen im 5. vSegment. Fettkörperartige Anhänge am Ösophagus nicht erkannt. Eigentliche Kalkdrüsen imd ventrale Chylustaschen fehlen. Blutge fäßsystem: Rückengefäß einfach. Stark angeschwollene Herzen im 10. und 11. Segment. E X k r e t i o n s o r g a n e: Meganephridien. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Zwei Paar sehr große, vielfach gefältelte Samentrichter frei im 10. und 11. Segment. Zwei Paar kleine, dick zungenförmige, ober- flächlich unebene, höckerige Samensäcke ragen von Dissepiment 10/11 iind 11, 12 in das 11. und 12. Segment hinein. Hintere männliche Geschlechtsorgane (Fig. 26). Im 17. Segment liegen ein Paar oberflächlich glatte, muskulös glänzende zuckerhutförmige, aber etwas gebogene Taschen ("phs). Diese Taschen sind quer gestellt. Ihre dünneren, gerundeten, etwas zurückgebogenen proxi- malen Pole sind durch kurze, dicke Muskelstränge {rt) an die seitliche Leibeswand angeheftet; ihre dicken distalen Enden stoßen median gerade aufeinander und verschmelzen hier so innig, daß die beiden Taschen zusammen wie ein ungeteiltes Organ aussehen, dessen LTmriß, von oben gesehen, regelmäßig viertelmondförmig ist. Diese Taschen besitzen eine dicke muskulöse Wandung. Das von einer Epithelschicht ausgekleidete Lumen ist durch Kollabierung verengt und unregelmäßig gestaltet. Die Taschen münden durch einen kurzen, engen gemeinsamen Ausführgang (ag) aus. Diese Taschen sind als Penialborstensäcke anzusehen, wenngleich sie meist keine Penialborsten enthalten. An einer Schnittserie durch das noch sehr kleine, unausgebildete Organ eines jüngeren Tieres fand ich jedoch einerseits im kompakten proximalen Ende der Tasche, andererseits frei im Lumen des mittleren Teils der Tasche eine kleine Penialborste. Später gelang es mir auch, solche Penialborsten freihändig aus den Penialborstensäcken halbreifer Tiere herauszupräj^arieren. Diese Penialborsten (Fig. 27) haben ungefähr die Gestalt der distalen Hälfte einer noduluslosen normalen Hakenborste. Sie sind ungefähr 0,1 mm lang und 13 ;j. dick, distal ziemlich stark gebogen und einfach zugespitzt, im übrigen gerade gestreckt. Ihre distale Hälfte ist mit Ausnahme der glatten Spitze mit einer Anzahl zerstreut stehender, schlanker, enganliegender Spitzchen besetzt. Diese Penialborsten, deren geringe Größe im Mißverhältnis zu der Größe der Penialborstensäcke steht, fallen offenbar aus, bevor das Tier seine Geschlechtsreife erlangt hat, also bevor sie in Tätigkeit treten konnten. Sie müssen demnach als rudimentäre Organe angesehen werden. Die Penialborstensäcke machen dagegen bei ausgewachsenen Tieren durchaus nicht den Eindruck des Rudimentären. Wahrscheinlich haben sie sich einem Funktionswechsel unterzogen und dienen mehr als Biu'sae propulsoriae. Darauf deutet die starke Muskulatur ihrer Wandung hin. Vielleicht haben sie auch die drüsige Fimktion der Euprostaten, die, wie wir sehen werden, meist abortiert sind, mit übernommen. Bei den meisten geöffneten Stücken — 24 — waren diese anscheinend zu Bursae propulsoriae umgewandelten Penialborstensäcke die einzigen Anhangsorgane an den distalen Samenleiter- Enden, die direkt in die Basis dieser Säcke einmündeten. Die für Eudrilinen so charakteristischen Euprostaten fehlten anscheinend ganz. Um so mehr war ich überrascht, als ich bei dem zehnten genauer untersuchten Stück rechtsseitig eine unpaarige große Euprostata fand. Als ich daraufhin noch mehr, bis etwa 30, Individuen genauer untersuchte, entdeckte ich schließlich bei zweien derselben ein regelrechtes Paar Euprostaten. Diese Euprostaten (Fig. 49 pr) sind etwas verbogen wurstförmig, ca. 7 mm lang und 1 m dick, oberflächlich glatt, stark muskulös glänzend. Sie münden unter Verengerung gesondert in die Basis der Penialborstensäcke ein. Die Samenleiter {sl) treten hier in das distale Ende der Euprostaten ein. Weibliche Geschlechtsorgane (Fig. 28, 29) : Eine ähnliche Variabilität oder vielmehr eine ähnliche Zurückbildung gewisser Organe bei einem Teil der Individuen, wie wir sie am Prostaten- Apparat finden, zeigt der weibliche Geschlechtsapparat, insofern viele Stücke einen muskulöses Samentaschen-Atrium vermissen lassen. Eine besondere Beziehung zwischen dem Fehlen der Euprostaten und dem Fehlen des muskulösen Samentaschen-Atriums schien nicht zu bestehen. Bei den meisten Stücken führt der unpaarige Samentaschen- Porus in ein dickwandig- muskulöses Samentaschen-Atrium (Fig. 28 at) , das sich in Gestalt eines Paares niedriger, breiter Taschen schräg nach hinten und nach den Seiten hin auszieht. Das Lumen dieser Taschen ist durch einige wenige (2 oder 3) halbkugelige Polster verengt. Diese Polster sitzen an der muskulösen Wandung. Ihre Innenmasse scheint ein elastisches Gewebe zu sein; äußerlich sind sie muskulös, wie die Wandung des Atriums, mit der ihre Außenschicht in Zusammenhang steht. Die Taschen des muskulösen Atriums gehen proximal in einen kurzen, dicken muskulösen Zapfen über, der von einem feinen Achsen- kanal durchzogen wird. Dieser Achsenkanal kommimiziert mit dem Lumen der Taschen. Distalwärts wurde er undeutlich ; doch vermute ich, daß er den Zapfen ganz durchzieht und eine Kommunikation der Taschen des muskulösen Atriums mit den Eitrichterblasen (Fig. 28 eb ') herstellt. Bei einzelnen Individuen konnte ich diesen durchbohrten Zapfen nicht erkennen. Die muskulösen Taschen schienen hier proximal ganz geschlossen zu sein. Vielleicht handelt es sich um eine nur zeitweilig auftretende Verbindung, wie man ja vielfach bei gewissen Eudrilinen (z. B. den Arten der Gattung Pareudrilus) nur eine zeitweilige Kommunikation zwischen Samentaschen und cölomatischen Säcken nachweisen konnte. Bei einigen Stücken fehlte das muskulöse Samentaschen- Atrium ganz, bei anderen Stücken war es nur einseitig ausgebildet, und in letzterem Falle war die äußere Öffnung, der unpaarige Samen- taschen-Porus, etwas nach der betreffenden Seite hin verschoben (siehe oben!). Im 14. Segment liegen ein Paar große cölomatische Säcke (Fig. 28 eb -) , die als Eitrichterblasen angesehen werden müssen, und die ventral durch einen mehr oder weniger dicken Querschlauch (es) miteinander ver- bunden sind. Die Eitrichterblasen lehnen sich seitlich an die muskulösen Taschen des Samentaschen- Atriums an und überdecken sie dabei etwas und undiüUen den zapfenförmigen Anhang, falls ein solcher vorhanden ist. Bei einem Exemplar sandten die Eitrichterblasen, die sich hier etwas von den mus- kulösen Taschen entfernt hielten, einen kurz schlauchförmigen Anhang (Fig. 28, vs) nach dem zapfen- förmigen Ende der muskulösen Taschen hin. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die Taschen des muskulösen Samentaschen-Atriums durch die wenigstens anfangs durchbohrten zapfenförmigen Spitzen in die Eitrichterblasen oder in deren Anhänge (die Verbindungsschläuche) einmünden. Samentaschen- Ampullen fehlen bei dieser Art wohl ganz, und die Samentaschen sind auf die musku- lösen Atrien beschränkt. Die Eitrichterblasen ziehen sich als unten und oben eingeschnürte Säcke seitlich vom Ösophagus in die Höhe. An ihrem oberen Ende tragen sie je einen durch scharfe — 25 — Emscluiünuig abgesetzten großen, uiiiegelmäßig eifr)rniigeu Eiersiick (Fig. 28 es). Der Eiersack besitzt in seiner durch reiche Fältehmg entstandenen Rindenschicht zahlreiche Eierkämmerchen, deren jedes eine Eizelle (bei dem ncäher untersuchten Stück bis ca. 60 ;;. dick) enthält. Die Wandung der oberen Partie der Eitrichterblasen weicht in ihrer Struktur von der der übrigen Partien ab. Sie ist dicker und stellt den mit der eigentlichen dünnen Wandung der Eitrichterblase verwachsenen Eitrichter dar, der auch noch das Lumen des kurzen Eiersackstieles auskleidet. Der aus diesem Eitrichter entspringende Eileiter (el), ein dickwandiger schlanker Schlauch, tritt auf der durch Ein- schnürung markierten Grenze von Eiersack und Eitrichterblase hervor und geht, eng an die mittlere Partie der Eitrichterblase angelegt, nach unten. Nachdem er noch eine kleine Windung beschrieben hat, verläßt er die Eitrichterblase, um durch den weiblichen Porus auszumünden. Der hier geschilderte weibliche Ausführapparat liegt mit seinen Anhangsorganen ganz im 14. Segment. Das Dissepiment 14/15 wird anscheinend durch die auf Intersegmentalfurche 14/15 ausmündenden Taschen des mus- kulösen Atriums vmd den Eitrichter-Eiersack- Apparat etwas zurückgedrängt, das Dissepiment 13/14 setzt sich an den Vorderrand der c^uergestellten medianen Verbindungspartie der cölomatischen Säcke und an die untere Partie der Eitrichterblasen an. Bei fast allen Stücken fand sich noch ein über- zähliges unvollkommenes Paar Eileiter-Apparate (Eileiter, Eitrichter, Eiersack und Eitrichterblase) ein Segment weiter vorn, an der Hinterseite des Dissepiments 12/13. Die einzelnen Teile dieses über- zähligen Apparats waren stets viel kleiner als die des eigentlichen Apparats, gleichsam verkümmert, auch fanden sich nie Eizellen in seinen Eiersäcken. Es geht daraus hervor, daß diese unvollkommenen Apparate nicht in Funktion traten. Sie konnten es schon deshalb nicht, weil nicht zugleich ein über- zähliges, ihnen zugehöriges Ovarien-Paar vorhanden ist. Ein Paar ziemlieh große Ovarien (Fig. 28 ov) sitzen ziemlich hoch an der Hinterseite des Dissepiments 12/13 frei im 13. Segment, falls nicht über- zählige weibliche Ausführapparate fehlen (was nur selten vorziikommen scheint), eng an die Eitrichter- blasen dieses Apparats angeschmiegt. Diese Ovarien fanden sich anscheinend in ganz normaler Form auch noch bei den vollkommen geschlechtsreifen Stücken, bei denen der weibliche Ausführ- apparat mit den Eiersäcken gegen die Leibeshöhle des 13. Segments, in der sich die Ovarien befinden, vollkommen abgeschlossen ist. Es war nun die Frage : Auf welchem Wege gelangten die vom Ovarium abgelösten Eizellen von der Leibeshöhle des 13. Segments in die jetzt vollkommen abgeschlossenen Räume der Eiersäcke im 14. Segment ? Diese Frage fand ihre Lösung durch die Untersuchung einiger jüngerer Stücke, die äußerlich nur die ersten Spuren von Geschlechtsorganen zeigten. Bei diesen zeigte der noch sehr kleine weibliche Ausführapparat bedeutsame Abweichungen von dem voll ent- wickelten Organ. Nur die Eiersäcke (Fig. 29 es) waren fast vollkommen ausgebildet, wenn auch noch etwas kleiner. Die Eitrichterblasen (Fig. 28 eb), die an ihrem freien Ende die Eiersäcke tragen, waren dünner, kürzer und fester als in dem ausgebildeten Apparat, an dem sie gleichsam aufgebläht erscheinen. Eine vordere mediane Querverbindung zwischen den Apparaten der beiden Seiten fehlt noch ganz, und auch die noch kompakten Anlagen der muskulösen Taschen des Samentaschen-Atriums (at), die lateral durch einen cölomatischen Verbindmigsschlauch (ra) mit den Eitrichterblasen in Verbindung stehen, sind noch getrennt-paarig. Sie lassen noch einen breiten medianen Zwischenraum zwischen sich, auf dem auch die noch nicht durchbrochene Anlage des Samentaschen- Porus paarig erscheint. (Auf dieser Paarigkeit der ersten Anlage des Samentaschen- Porus beruht es wohl, daß der fertige Porus zur Seite geschoben, nicht median ist, falls das muskulöse Samentaschen-Atrium nur einseitig zur Ausbildung gelangt.) Die Eitrichterblasen zeigen in diesem Stadium einen viel innigeren Zu- sammenhang mit dem Dissepiment 13/14 als im ausgebildeten Stadium. Sie sind in der ganzen Breite Zoologica. Heft 08. 4 — 26 — ihrer Basis mit diesem Disscpiinent verwachsen, und ihr Lumen — das ist das Wesentliche — öffnet sich in voller Breite durch dieses Dissepiment hindurch in das 13. Segment. Das Lumen dieser Ei- trichterblasen ist aber ausgekleidet durch die modifizierten Eitrichter, deren Randpartien aus den Löchern im Dissepiment 13/14 noch etwas auf die Vorderseite dieses Dissepiments, also in das 13. Segment hinein, überzutreten schienen. Leider war der Konservierungszustand des Unter- suchungsmaterials nicht derartig, daß feinere histologische Verhältnisse festgestellt werden konnten. Die Ovarien (Fig. 28 ov) waren in diesem Stadium schon vollkommen ausgebildet. Es besteht also in einem der frühesten Stadien der Ausbildung des weiblichen Geschlechtsapparats eine Kommuni- kation zwischen dem Ovarialraum. nämlich der Leibeshöhle des 13. Segments, und den Eiersäcken, vermittelt durch die sich einerseits in das 13. Segment öffnenden, zu Eitrichterblasen zusammen- gerollten Eitrichter, deren Höhlung andererseits in das Lumen der Eiersäcke übergeht. Damit ist der Weg, den die vom Ovarium losgelösten Eizellen nehmen, klargestellt. Erwähnen will ich mir noch, daß auch die überzähligen weiblichen AusführajDparate in diesem Stadium mit der Leibeshöhle des voraufgehenden Segments (des 12. Segments) kommunizieren. Bemerkungen. Metadrilus BiUkaui steht dem einzigen Gattungsgenossen, M. Rukajurdi I\Iich.i) nahe. Er unterscheidet sich von dieser Art hauptsächlich durch die Gestaltung der G e- schlechtsapparate. Zunächst sind die bei M. Rtihajurdi anscheinend konstant ausgebildeten E u p r o s t a t e n (1. c, t. 3, f. 21 pr) ganz anders gestaltet (bei M. Rukajurdi eiförmig), und auch die P e n i a 1 b o r s t e n s ä c k e (1. c, t. 3, f. 21 pb) sehen anders aus. Die Rückbildung der Penialborsten scheint bei M. Rukajurdi noch weiter gegangen zu sein als bei M. Bittkaui, bei M. Rukajurdi erlangen die rudimentären Penialborsten überhaupt keine bestimmte Gestalt. Der weibliche Geschlechtsapparat zeigt bei M. Rukajurdi im wesentlichen die gleiche Bildung wie bei M. Bittkaui, doch beträchtliche Abweichungen im einzelnen. Die bei M. Rukajurdi einfach kurz-röhrenförmigen Taschen des muskulösen S a m e n t a s c h e n - A t r i u m s münden gerade in die cölomatischen Säcke ein, die direkt miteinander kommunizieren, nicht durch Vermittlung eines queren Verbindungsstückes, wie bei M. Bittkaui. Die Ovarien habe ich bei M. Rukajurdi nicht nachweisen können. Wahrscheinlich liegen sie hier, wie bei M. Bittkaui, frei im 13. Segment, nicht innerhalb des cölomatischen Sackes, wo ich sie vergeblich suchte (1. c, p. 31). Chuniodrilus n. gen. Diagnose. ,,B o r s t e n eng gepaart. Männlicher P o r u s und S a m e n t a s c h e n- P o r u s unpaarig, ventralmedian, ersterer auf Intersegmentalfurche 17/18 oder am 17. Segment, letzterer auf Intersegmentalfurche 12/13. Weibliche Poren lateral. Ein M u s k e 1 m a g e n im 5. Segment und niehrere intestinale M u s k e 1 m a g e n hinter der Geschlechtsregion. Chylustaschen vmd K a 1 k d r ü s e n (und auch andere akzessorische ösophageale Organe wie fettkörperähnliche Anhänge ?) fehlen. 2 Paar freie Hoden und S a m e n t r i c h t e r im 10. und 11. Segment; Samenmagazine fehlen. Penialborsten vorhanden. S a m e n- t a s c h e mit unpaarigem muskulösem Atrium. 0 v a r i a 1 - E i t r i c h t e r b 1 a s e n vorhanden; Eileiter mit S a m e n k ä m m e r c h e n und freiem E i e r s a c k ; eingerollte Ei- trichter in die Ovfirial-Eitrichterblasen mündend." Typus. Chuniodrilus Schomburgki n. sp. ') W. Michaelsen, Beschreibung der von Herrn i)r. Fr. Stuhhnanu auf Sansibar und dem gegenülierliegenden Festland gesammelten Tenicole«. In: Mt. Mus. Hamburg IX, p. 28, t. 3, f. 21—24. — 27 — Bemerkungen. Die tTattimg Chuniodnlus steht der Gattung Lihyodrilus Bedd. mit dem Ty[)us L. violaceus Bedd.^) so nahe, daß ich anfangs geneigt war, die neue Form dieser älteren Gattung zuzuordnen. Eine genauere Vergleichung ergab jedoch so schwerwiegende Unterschiede, daß ich es für richtiger hielt, die beiden Formen generisch zu trennen. Es würde mich aber nicht überraschen, wenn etwa später zu unserer Kenntnis kommende vermittelnde Formen eine Verschmelzung der jetzt von mir getrennt gehaltenen Gattungen Lihyodrilus und Chuniodrilus notwendig machten. Chuniodrilus unterscheidet sich von jener verwandten Gattung zunächst durch den Besitz eines wohlausgebildeten, wenn auch kleinen, M u s k e 1 m a g e n s im 5. Segment. (Den Unterschied in der Zahl der intestinalen Muskel magen halte ich für generisch belanglos.) Der hauptsächlichste Unterschied liegt in der Gestaltung des weiblichen Geschlechtsappa- r a t e s. Clmniodrilus besitzt eine richtige Samentasche mit Ampulle und muskulösem Atrium (homolog dem muskulösen Ausführgang der Samentaschen anderer Oligochäten). Bei Lihyodrilus dagegen fülirt der Samentaschen- Porus in einen Raum, der eher als cölomatisclier Sack zu bezeichnen ist, und an dessen Abschluß auch ein Uissepiment beteiligt ist. Clmniodrilus besitzt einen freien Eiersack mit freien Samenkämmerchen am eingerollten Eitrichter. Bei Libyodrilus ist der Eiersack ganz in die Wandung des cölomatischen Sackes eingebettet. Lihyodrilus steht in dieser Hinsicht der südost-afrikanischen Gattung Nemertodrilus näher. Chuniodrilus Schomburgki n. sp. Tafel I, Fig. 1, 2. Fundnotiz. West-Liberia, Mana gola; H. Schomburgk leg. Vorliegend ein einziges geschlechtsreifes Stück. Äusseres. Dimensionen: Länge 30 mm, Dicke 1 — 1 -/s mm, Seg- mentzahl ca. 140. F ä r b u n g schmutzig gelbgrau, fleckig, verschiedene Organe hell durch die Leibeswand hindurch schimmernd, besonders hell (metallisch glänzend) die Samentrichter und Samenmassen. Vorn dorsal ein sehr schwacher violetter Schimmel'. Borsten eng gepaart, sämtlich ventral gestellt. Ventralmediane Borsten- distanz kleiner als die mittleren lateralen {aa = Vs i>c)- Dorsalmediane Borsten- distanz größer als der halbe Körperumfang {dd = ca. Vs u). Gürtel nicht deutlicli ausgebildet. Männlicher Porus unpaarig, ventralmedian hinten am 18. Segment, dicht vor Litersegmentalfurche 17/18. Er ist ein großer Querspalt, der median spitzig vorspringt, und von einem quer-ovalen, durch einen schmalen Wall begrenzten Hof umgeben ist. Weibliche Poren unscheinbar, lateral, (auf Intersegmentalfurche 14/15 ?). S a m e n t a s c h e n - P o r u s unpaarig, ventralmedian auf Intersegmental- furche 12/13, auf einer Ideinen, undeutlich begrenzten Papille. Vorn am 15. Segment findet sich ventralmedian ein unscharf begrenzter heller Fleck mit einem Paar zarter Längsfurchen, vielleicht ein Pubertätsorgan. ') Beddai'd, On the Struelure of an Earthworni allied to Nemertodrilus, Mich., vvith Observations on the Post-embrycmlc Development of Certain Organs. In: Quart. Journ. micr. Sei. (N. S.) XXXII, p. 540, t. 38, 39. Fig. <1. Chuniodrihiü Schomburgki ii. sp. — 28 — Innere Organisation. D i y s e p i m o n t 4/5 vollständig ausgebildet, aber selir zart, 5/6 mäßiw stark verdickt, 6/7 — 8/9 an Stärke zunehmend, 9/10 — 13/14 stufenweise an Dicke abnehmend. Darm: Ziemlich kompakte Speicheldrüsen im 3. und 4. Segment, anscheinend durch den dorsalen Schlundkopf im 3. Segment ausmündend. Ein ziemlich kleiner, aber deutlicher, scharf abgesetzter, mit dicker, muskulöser Wandung ausgestatteter Muskelmagen im 5. Segment. Öso- phageale Anhänge konnten nicht erkannt werden; doch möchte ich deshalb nicht behaupten, daß sie fehlen. Infolge des sandigen Darm-Inhalts mißlang die Schnittserie, in die das Vorder-Ende des einzigen Stückes zerlegt wurde, in dem Teil, der den Darm in sich faßte-, fast ganz. Chylustaschen und eigentliche Kalkdrüsen sind sicherlich nicht vorhanden. Der Mitteldarm ist in der Region hinter dem Gürtel (im 20. — 25. Segment? — sehr unsichere Segment-Angabe!) zix 5 kleinen, aber deuthchen Intestinal-Muskelmagen umgewandelt. Exkretionsorgane: Meganephridien. B 1 u t g e f ä ß s y s t e m: Letzte Herzen im 12. Segment. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Zwei Paar ziemlich kleine Hoden und zwei Paar große, unregelmäßig gefaltete Samentrichter frei im 10. und 11. Segment. Samen- magazine (Verdickungen der proximalen Samenleiter-Enden) sind nicht vorhanden. Mehrteilige Samensäcke ragen von Dissepiment 10/11 und 11/12 in das 11. und 12. Segment hinein. Im 10. Seg- ment finden sich nur freie Samenmassen. Hintere männliche Geschlechtsorgane: Prostaten lang und dick zylin- drisch, unregelmäßig verbogen, durch mehrere Segmente nach hinten ragend, äußerlich glatt, hell, etwas muskulös glänzend. Ein eigentlicher Ausführgang ist nicht deutlich ausgeprägt; distal ver- engen sie sich etwas und münden dann vollständig voneinander gesondert hinten-lateral in eine gemeinsame, kreisnmd-polst erförmige Kopulationstasche ein. Vor jeder Prostata mündet auch ein Penialborstensack durch diese Kopulationstasche aus. Jeder Penialborstensack enthält eine einzige Penialborste. Die Penialborsten (Fig. 2) sind ca. 1,2 mm lang imd proximal ca. 40 u. dick, proximal und in der mittleren Partie fast gerade gestreckt, distal einfach und stark gebogen. Distalwärts nimmt die Dicke der Penialborsten ab bis zu einem Durchmesser von ca. 16 \j.. Das distale Ende ist wie die übrigen Partien zyhndrisch, am Ende gerade abgestutzt. Die Abstutzungsf lache des distalen Endes erscheint körnehg; ihr Rand quillt, gleichsam als ob das Ende der Borste senkrecht gegen die Abstutzungsfläche gestaucht sei, wallartig über die normale Zylinderfläche des Borsten-Endes vor, aber nicht allseitig gleich stark, sondern unregelmäßig. Die Verbreiterung des Borsten-Endes in dieser Stauchungszone ist aber nur geringfügig. Beide Penialborsten zeigten diese Gestaltung des distalen Endes in gleicher Weise. Die Penialborsten sind mit Ausnahme der Abstutzungsfläche ganz glatt und wasserhell, ohne äußere Ornamentierung und sichtbare innere Struktur-Besonderheiten. Weiblicher Geschlechtsapparat leider nur nach einer unvollkommenen Schnittserie nicht ganz lückenlos feststellbar. Der unpaarige ventralmediane Samentaschen-Porus auf Intersegmentalfurche 12/13 führt in ein großes Samentaschen- Atrium mit sehr dicker muskulöser Wandung ein. Dieses Samentaschen-Atrium setzt sich unsymmetrisch, schräg nach hinten und entgegengesetzt schräg nach vorn, in je einen ebenfalls muskulös-dickwandigen Schlauch fort. Der vordere Samentaschen- Schlauch ist ziemhch klein. Er ragt bis an Dissepiment 11/12 nach vorn und endet hier bUnd, ohne daß sich die muskulöse Natur seiner Wandung veränderte. Der hintere Samen- taschenschlauch ist größer als der vordere und zunächst auch dicker. Er zieht .sich in zwei breiten Schleifen nach hinten und wird allmählich dünner. Schließlich geht er proximal in scharfem Absatz — 29 — in eine dicke, dünnwandige Ampulle über. Die Ampulle ist unregelmäßig sackförmig, ziemlich breit. Sie ragt bis in das 18. Segment nach hinten. Vom ventralen Rande des Dissepiments 12/13 ragt jederseits ein großes Ovarium nach hinten und oben. Jedes Ovarium ist von einer besonderen Ovarial- Eitrichterblase umschlossen. Ich habe den Umfang dieser Blasen, die ganz auf das 13. Segment beschränkt sind, nicht genau feststellen können. Ihre Hinterseite wird von Dissepiment 12/13 ge- bildet; ihre Seiten- und Hinterwände schmiegen sich eng an die Wandungen der Leibeshöhle des 13. Segments an und sind anscheinend ganz mit diesen verwachsen. Die Beziehung ihrer ventralen Wand konnte ich nicht erkennen. Nur dorsal scheinen sie eine selbständige, die Leibeshöhle des 13. Segments frei durchsetzende Wandung zu besitzen. Diese beiden Ovarial-Eitrichterblasen ent- halten außer Eizellen viele annähernd kugelige Zellen von durchschnittlich etwa 12 y. Dicke und mit deutlichem Kern. Eine Kommunikation zwischen den Ovarial-Eitrichterblasen und der Samen- tasche habe ich nicht nachweisen können. Ich glaube aber annehmen zu dürfen, daß eine Kom- munikation der Samentasche mit einer (der linksseitigen) (Jvarial-Eitrichter vorhanden, wenn nicht vorhanden gewesen und wieder geschlossen worden ist. Ich schließe das daraus, daß die Ovarial- Eitrichterblase der linken Seite große Massen von reifen Spermien enthält, die doch wohl nur nach der Empfängnis aus der Samentasche in die Ovarial-Eitrichterblase eingewandert sein können. Diese Spermien, die wegen ihrer bedeutenden Länge bemerkenswert sind, bilden einen dichten und regel- mäßigen Besatz an der Vorderwand der Ovarial-Eitrichterblase, also an der Hinterseite von Disse- piment 12/13. Mit ihren Köpfen eng und parallel aneinander geschmiegt, ragen sie wie viele dichte Schöpfe langer Haare nach hinten, auch das Ovarium einhüllend. In der Ovarial-Eitrichterblase der rechten Seite war keine Spur von Spermien zu finden. Ich schließe daraus, daß die problema- tische Kommunikation mit der Samentasche diese Seite nicht mit berührte, und daß auch eine Ver- bindung zwischen den beiden Ovarial-Eitrichterblasen nicht existiert. Auch die beiden weiblichen Ausführapparate zeigen eine verschiedene Ausbildung, die zweifellos mit dieser verschiedenen funk- tionellen Wertigkeit der beiden Ovarial-Eitrichterblasen korrespondiert. Der weibliche Ausführ- apparat der linken Seite (Fig. 1) ist nicht nur in all seinen Teilen größer als der der rechten Seite, sondern auch komplizierter gebaut: Der schlanke, mäßig dicke Eileiter (el) ist proximal verdickt und bildet hier eine kleine enge Schleife, die schließlich in einen eingerollten Eitrichter (et) übergeht. Das Lumen des eingerollten Eitrichters öffnet sich einerseits durch einen breiten Spalt in die Ovarial- Eitrichterblase und geht andererseits in das enge Lumen eines Eiersackes über. Der Eiersack (es) hängt ganz frei in das 14. Segment hinein. Er ist ziemlich groß und trägt zahlreiche Eierkämmerchen, die als freie, dick-birnförmige bis kugelige Anhänge über seine Oberfläche hervorragen und dem Eier- sack ein traubiges Aussehen verleihen. Aus dem Eileiter entspringt dicht vor seinem Übergang in den eingerollten Eitrichter ein verhältnismäßig imgemein großes, keulenförmiges Samenkämmerchen (sk), das, den Hals des Eiersackes eng umfassend, frei in das 14. Segment hineinragt. Dieses auf- fallend große Samenkämmerchen ist im Maximum 0,09 mm dick, während ich seine Länge nach der Schnittserie auf etwa ^i mm schätze (unsicher!). Ein Bündel lang ausgestreckter Spermien findet trotz ihrer auffallenden Länge in diesem Samenkämmerchen Platz. Die Spermien sind zweifellos aus der Ovarial-Eitrichterblase der linken Seite durch den Eitrichter hindurch in dieses Samenkäm- merchen gelangt. Der weibliclie Ausführapparat der rechten Seite ist in all seinen Teilen kleiner als der der linken Seite, imd außerdem fehlte ihm anscheinend das Samenkämmerchen, zum mindesten ein so hervorragend großes, wie der Ausführapparat der linken Seite es besitzt. Dieser Mangel eines Samenkämmerchens an der recliten Seite und zugleich wohl die Kleinheit der einzelnen Teile dieses — 30 — Auslührapparates hängt wolil mit dem Mangel von Spermien in der reclitsseitigen Ovarial-Eitricliter- blase zusammen, im letzten Grunde also mit dem Mangel einer Kommunikation zwischen der Samen- tasche und der rechtsseitigen Ovarial-Eitrichterblase. Ob diese verschiedene Ausbildung der weib- lichen Geschlechtsorgane beider Seiten einen normalen Zustand darstellt, muß einstweilen fraglich bleiben. Eudriloides Gnu n. sp. Tafel I, Fig. 11. Fundnotiz. Sansibar, B u b u b u, in lehmiger Erde neben einem kleinen, von einer Wasserleitung abgeleiteten Rinnsal; Prof. W. Michaelsen leg. 29. IX. 1911. Vorliegend ein einziges fast geschlechtsreifes, noch gürtelloses Stück. Äusseres. Dimensionen: Länge 40 mm, Dicke lYz mm; Segmentzahl ca. 130. Färbung weißlich; schwach irisierend; pigmentlos. Kopf? Borsten im allgemeinen ziemlich zart, in der Mitte des antecliteUialen Körperteils mäßig stark vergrößert, besonders die ventralen Borsten eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz am Vorder- und Mittelkörper doppelt so groß wie die mittleren lateralen, am Hinterkörper noch größer, ca. 3 mal so groß wie die mittleren lateralen {aa = 2 — ca. 3 bc). Dorsalmediane Borstendistanz größer als der halbe Körperumfang, besonders am Hinterende. (Am Mittelkörper dd = ca. Vg u, am Hinterkörper dd = ca. Vs «)• Gürtel nicht ausgebildet. Männlicher P o r u s unpaarig, ventralmedian am 17. Segment, auf einer quer-ovalen Papille. Weibliche Poren unscheinbar, in der Borstenzone des 14. Segments zwischen den Borstenlinien b und c, den letzteren etwas genähert. S a m e n t a s c h e n - P o r u s unpaarig, ventralmedian am 13. Segment, auf einer großen quer-ovalen, fast kreisrunden Papille. Innere Organisation. Dissepiment 5/6 — lO/ll verdickt, besonders stark 6/7 — 9/10, 5/6 und 10/11 etwas weniger. Dissejjiment 11/12 zart, aber ein Geringes stärker als die sehr zarten folgenden. D a r m: Ein ziemlich großer Muskelmagen im 5. Segment. Je ein Paar verhältnismäßig große fettkörperähnliche Anhänge am Ösophagus im 7. — 12. Segment, also deren 6 Paar. Im 13. Segment sind keine solche Organe vorhanden. Die fettkörperähnlichen Anhänge haben die charakteristische Gestaltung; es sind breite, am Ösophagus hängende Bänder, die von den Rändern her zu mehr oder weniger vollkommenen Röhren zusammengerollt sind. Das Röhren-Lumen \vird von einem Blutgefäß durchzogen. Im 14. Segment erweitert sich der Ösophagus plötzlich zum um- fangreichen Mitteldarm. E X k r e t i o n s o r g a 11 e : Meganephridien. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Ein Paar kleine fächerförmige bis blattförmige Hoden ragen vom ventralen Rand des Dissepiment 10/11 in das 11. Segment hinein. Ihnen gegenüber, vor Dissepiment 11/12 im 11. Segment, sitzen ein Paar fast blumenförmige Samentrichter mit faltigen Rändern. Ein Paar bei dem vorliegenden Stück noch Ideine Samensäcke ragen von Dissepiment 11/12 in das 12. Segment hinein. Die Samensäcke sind zylindrische Aus- — 31 — stülpungen des Dissepinients. lln mäßig weites achsiales Lnineii koininuniziert mit der Leibeshöhle tl(>s 11. Segments, und ihre Wandung ist in zahlreiche Falten krausenartig zusammengelegt. Die Faltenhohlräume, die sicli durcli Zusammenschluß ihres Halsteiles absondern, dienen als Raum für die sich entwickelnden S^iermien. Hintere männliche Geschlechtsorgane: Die Prostaten sind bei dem vor- liegenden Stück noch sehr klein, nur 0,6 mm lang bei einer Dicke von 0,12 mm, anscheinend noch nicht vollkommen ausgebildet. Sie sind schlauchförmig, nicht besonders muskulös; sie erstrecken sich durch wenige (2 ?) Segmente gerade nach hinten. Ihre distalen Enden verschmelzen miteinander, um gemeinsam und direkt (ohne Vermittlung einer Kopulationstasche) auszumünden. Der ganze Prostaten-Apparat hat die Gestalt einer kurzstieligen Stimmgabel. Jederseits schräg neben den Prostaten liegt ein neben den Prostaten ausmündender Penialborstensack, deren jeder eine einzige Penialborste enthält. Die verhältnismäßig sehr großen Penialborsten (Fig. 11), deren heller Glanz am intakten Tier durch die Haut hindurch leuchtet, sind ungemein charakteristisch gestaltet und genügen allein zur Wiedererkennung dieser Art, deren Name sich von der Gestalt der Penialborsten herleitet. Sie sind ca. 1,4 mm lang, in den mittleren Partien fast gerade gestreckt. Ihr proximales Ende ist gerundet -rechtwinklig abgebogen, ca. 60 •^. dict; gegen das distale Ende verdünnen sie sich bis auf eine Dicke von ca. 40 [>.. Das distale Ende ist in zwei verschieden gestaltete Hörner gespalten. Das eine Hörn ist schlank, ca. 160 ij. lang und dicht oberhalb der etwas verbreiterten und abgeplatteten Basis ca. 14 p. dick. Dieses schlanke Hörn hält in der basalen Partie die ursprüngliche Richtimg der Penialborste bei und biegt sich dann zu einem etwas unregelmäßigen Halbkreis oder Dreiviertel- Kreisbogen ein. Zumal sein recht schlankes Ende zeigt einige schwache Unregelmäßigkeiten in der Biegung. Das andere Hörn ist plumper, nur etwa 100 \>. lang, in ganzer Länge etwas abgeplattet und ziemlich stumpf endend. Es ist in anderer Weise gebogen als das schlanke Hörn, und zwar erinnert seine Biegung an die eines Gnu- Gehörnes. Es ist an der Basis scharf zurückgebogen und dann spiralig-halbkreisförmig vorgebogen. Die beiden an der Basis scharf auseinander gebogenen Hörner nähern sich mit ihren distalen Enden bis zur Berührung oder fast bis zur Berührung. Beide Penial- borsten zeigten diese charakteristische Gestaltung in gleicher Weise. Weiblicher Geschlechtsapparat: Der Samentaschen-Porus ventralmedian am 13. Segment führt in ein drüsig-muskulöses, dickwandiges Samentaschen-Atrium ein, dessen Wan- dung an der Innenseite einige kleine Fältelungen aufweist. In diesem Samentaschen- Atrium liegt ein Gebilde von eigenartigem Aussehen. Es ist abgestutzt trichterförmig, an einer Seite sehr breit, an der anderen Seite schmäler. Der weitere distale, den Samentaschen-Porus umfassende Rand ist breit und zweischneidig, die Schneiden durch eine Hohlkehle getrennt; der engere proximale Rand ist stumpflich gerundet. Dieses Gebilde weist keine Zellen auf, sondern besteht aus einer fast homo- genen, sich aber in verschiedenen Schichten verschieden stark färbenden Masse, wie geronnenes Eiweiß. Es handelt sich hier zweifellos um ein Absonderungsprodidct gewisser Zellen, wahrscheinlich der Epithelzellen des Samentaschen-Atriums. Seiner Funktion nach mag dieser Körper zu einer (unvollendeten?) Spermatophore in der Samentaschen- Ampulle in Beziehung stehen (Spermato- phoren-Kopf oder -Hals ?). Nach hinten geht das Samentaschen- Atrium in eine ebenfalls unpaarige, dünnwandige, anfangs sehr weite, hinten in scharfem Absatz enger, schlauchförmig werdende und hier etwas gekrümmte Ampulle über. Der erweiterte distale Teil der Ampulle enthält einen unregel- mäßig eiförmigen Körper von sehr heterogener Struktur, eine wohl noch unvollkommen ausgebildete Spermatophore. Ein Paar sehr kleine Ovarien sitzen ziemlich hoch an Dissepiment 12/13, von dessen — 32 — Hinterscite sie frei in das 13. Segment hineinragen. ( >varialblasen sind nicht vorhanden; dafür ist das 13. Segment dorsal stark verengt, stellenweise, und zwar neben dem Darm, durch Verwachsung der Dissepimente 12/13 und 13/14 ganz reduziert. Die Eileiter-Poren seitlich am 14. Segment führen in ziemlich lange, gerade gestreckte, schlanke Eileiter ein, die sich, durch Dissepiment 13/14 hindurch in das 13. Segment eintretend, muskulös verdicken imd zugleich in eine enge Schleife zusammen- biegen, um sich schließlich durch einen kleinen Eitrichter in das 13. Segment zu öffnen. An der Hinter- seite dieses Eitrichters, frei in das 14. Segment hineinragend, sitzt ein kleiner Eiersack, dessen Lumen mit dem des Eitrichters und nnt dem des proximalen Eileiter-Endes kommiiniziert. Samen- kämmerchen sind am weiblichen Ausführapparat nicht erkannt worden. Eine Kommunikation zwischen der Samentasche und den weiblichen Ausführapparaten scheint nicht gebildet zu sein. Bemerkungen. EudrUoides Gnu. unterscheidet sich schon durch seine P e n i a 1 b o r s t e n scharf von allen Gattungsgenossen. Eudriloides albus (Mich.) IS'Jl. MeaachaeUi alba, Michaelsen, Beschreibung der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann auf Sansibar und dem gegenüberliegenden Festlande gesanuiielten Terricolen. In: Mt. Slus. Hamburg IX, p. 19, t. 4, f. 26 — 28. 1900. Megachaetina alba. Michaelsen, Oligochaeta. In: Tierreich X, p. 393. Verbreitung. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, M b u s i n i am Ufer des R u k a j u r d (U s e j u r d) (t. Michaelsen). Die nahe Verwandtschaft dieser Art mit dem nach neuem Material genauer untersuchten Eudriloides callichaetus (Mich.) (siehe unten!), und die Zuordnung dieser letzteren Art zur metandri- schen Gruppe der Eudriloides veranlaßte mich, auch Megachaetina alba an Cotypen noch einmal näher zu untersuchen. Diese Untersuchung ergab, daß auch M. alba der Eudriloides- GruTp])e angehört. Ich stelle sie nun zur Gattimg Eudriloides, eine Zuordnung, die aber noch nicht als endgültig angesehen werden darf. Eine Revision und eventuell auch eine Aufteilung der nach diesem ziemlich weiten Gattung Eudriloides muß der Zukunft vorbehalten bleiben. Zur inneren Organisation dieser Art kann ich nach der neueren Untersuchung folgendeAngaben machen : Die Dissepimente 5/6 — 10/11 sind verdickt, wie in der Originalbeschreibimg angegeben, jedoch nur die Dissepimente 6/7 — 9/10 sehr stark, die Dissepimente 5/6 und 10/11 sehr wenig. Darm: Der Ösophagus trägt in jedem Segment ein Paar große fettkörperartige Anhänge, jene Organe, die ich in der Originalbeschreibung irrtümlich als fettkörperähnliche Wucherungen der Segmentalorgane ausgab (1. c. 1891, j). 20, t. 4, f. 27), Vordere männliche Geschlechtsorgane: Ein Paar Hoden ragen von Dissepiment 10/11 in das 11. Segment hinein. Ihnen gegenüber, vor Dissepiment 11/12, liegen ein Paar Samentrichter frei im 11. Segment. Ein Paar Samensäcke ragen vom Dissepiment 11/12 in das 12. Segment hinein. Ich habe diese Samensäcke auch am Originalmaterial gesehen, jedoch ihre Natur durchaus verkannt. Ich hielt sie für drüsige Wucherungen des Dissepiments 11/12, die anfangs selbständig sind, später aber mit dem weiblichen Geschlechtsapparat, mit den Wucherungen am Samentaschen- Vorraum, in Verbindung treten. Eine erneute Untersuchung, und zumal eine Ver- gleichung mit den homologen Organen von Eudriloides callichaetus (Mich.) (siehe unten!), ergab, daß wir es hier mit Samensäcken zu tun haben, und daß die vermeintliche Verbindung mit dem weiblichen Geschlechtsapparat nicht vorhanden ist. Irrtümlich ist zunächst auch meine Angabe, — 33 ~ daß diese Organe aus vielen nierenförmigen Teilstücken bestehen (1. c. p. 21). Sie bestehen aus einem kompakten, im Querschnitt meist nierenförmigen Strang, der sich in ganzer Länge eng an einen dünnwandigen Schlauch anlehnt. Da der Strang eng geschlängelt ist und die Wendepole der Schlängelung meist scharf zusammengeloiickt sind, so ergab eine Schnittserie gewisse Bilder, die zu der irrtümlichen Angabe von den nierenförmigen Teilstücken führten. Tatsächlich handelt es sich um einen einheitlichen Strang, der an der einen Seite eine rinnenförmige Auskehlung besitzt. Jeder- seits an dieser Auskehlung inserieren sich die Eänder einer Membran, die einen dünnen und dünn- wandigen, stellenweise kollabierten Schlauch bildet. Sowohl der kompakte Strang wie die dünne Schlauchmembran gehen am proximalen Ende kontinuierhch in das Dissepiment 11/12 über, und das Lumen des frei in das 14. Segment hineinragenden Schlauches steht hier, am proximalen Ende, in direkter Kommunikation mit der Leibeshöhle des 13. Segments. E'ieses Organ zeigt also die tvpische Struktur einer Öamensack- Anlage, einer Anlage, die sich noch nicht zum fertigen, funktionsfähigen Samensack vervollkommnet hat. (Diese Schilderung des fraglichen Organs beruht übrigens der Hauptsache nach auf der Untersuchung an Eudriloides callichaetus, siehe unten! Für Eu. albus begnügte ich mich mit der Feststellung, daß es sich um ein in der Struktur damit übereinstimmendes homologes Organ handelt.) Eudriloides callichaetus (Mich.) 1891. Platydrilus (?) callichaetus, Michaelsen, Beschreibung der von Herrn Dr. Fr. Sluhhiiann auf Sansibar und dem gegen- überliegenden Festlande gesammelten Terricolen. In: Mt. Mus. Hamburg IX, p. 15, t. 3, f. 25. 1900. Platydrilus callichaetus, Michaelsen, Oligochaeta. In: Tierreich X, p. 392. Fundnotiz. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a. W a 1 d r e s e r v a t e S ü d - N g u r a und Mtibwa, Siwale-Tal im Nguru -Gebirge (ca. 600 m ü. d. M.), am 0 s t h a n g des Mgondja-Berges (ca. 850 — 900 m ü. d. M.) und ca. 5 km südlich vom Nguru- Gebirge (ca. 300 m ü. d. M.); Forstassistent P. Bittkau leg. XII. 1911. Weitere Verbreitung. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, M b u s i n i am Ufer des R u k a- j u r d (U s e i u r d) (t. Michaelseu). Vorliegend mehrere, z. T. unreife, z. T. halbreife Exemplare dieser nach einem zerfetzten Bruchstück (Vorderende) aufgestellten Art, deren systematische Stellung ich oben (p. 32, 33) unter Eudriloides albus (Mich.) erörtert habe. Da bisher nur eine sehr lückenhafte Beschreibung dieser Art vorliegt, so gebe ich hier eine vollständigere. Diejenigen Angaben, die lediglich der Original- beschreibung entnommen sind, setze ich in eckige Klammern. Äusseres. Dimensionen des größten halbreifen Exemplares: Länge 185 mm, Dicke 3 — 5 mm, Segmentzahl ca. 305. Körpergestalt sehr schlank. Kopfende meist fast keulenartig angeschwollen. Färbung kastanienbraun ? (Tiere durch farbstoffhaltigen Alkohol gefärbt ?) ; [pigmentlos]. Kopf pro-epilobisch. Hinterrand des Kopflappens stumpfwinklig. Segmente des Vorderkörpers mehrringlig. Borsten sämtlich sehr zart, besonders am Mittelkörper ; eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz viel größer als die mittleren lateralen {aa = ca. Vg hc). Dorsalmediane Borstendistanz etwas größer als der halbe Körperumfang {dd = ca. */? u). [Gürtel stark erhaben, sattelförmig, am 14. — 18. (19.?) Segment (= 5, wenn nicht 6).] Männlicher Porus unpaarig, ventralmedian am 17. Segment, ein kleines quer-ovales Loch. Zoologica. Heft GS. 5 — 34 — W c i l) 1 i c li e P o r e n paaiig, lateral (am 14. Segment ?). S a m e n t a s c h e n - P () r u s unpaarig, ventralmedian hinten am 13. Segment, ein kleiner quer-ovaler Schlitz. Innere Organisation. Dissepiment 5/6— 11/12 verdickt, 5/6 und 11/12 sehr wenig, noch als zart zu bezeichnen, 6/7 und 10/11 etwas stärker, 7/8 — 9/10 sehr stark. Darm: Ein großer Muskelmagen im 5. Segment. Ösophagus im 6. bis zum 15. Segment mit je einem Paar großer fettkörperartiger Anhänge [in der Originalbeschreibung irrtümlich als fettkörperähnliche Anhänge der Segmentalorgane bezeichnet]. Chylustaschen imd eigentliche Kalkdrüsen fehlen. Blutgefäßsystem: Letzte stark angeschwollene Herzen im 11. Segment. Exkretionsorgane: Meganephridien. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Ein Paar große, krausenartig zu- sammengeraffte Hoden ragen vom Dissepiment 10/11 frei in das 11. Segment hinein. Ein Paar große Samentrichter liegen frei im 11. Segment, ventral vor Dissepiment 11/12. Ein Paar lang strangförmige Samensäcke ragen von Dissepiment 11/12 in das 12. Segment hinein. Diese bei dem nur halbreifen Untersuchungsobjekt noch unvollkommen ausgebildeten Samensäcke haben die gleiche Struktur wie bei den halbreifen Exemplaren von Eu. albus (Mich.) (siehe oben p. 32). Hintere männliche Geschlechtsorgane: Ein Paar lange, schlanke, schlauch- förmige Prostaten [die sich in ausgebildetem Zustande weit nach hinten erstrecken] münden durch den gem.einsamen männlichen Porus direkt aus. Ein Paar schräg zur Seite und nach hinten gehende Penialborstensäcke schließen sich vorn an die distalen Enden der Prostaten an, um gemeinsam mit ihnen auszumünden. Jeder Penialborstensack enthält eine einzige Penialborste. Penialborsten ca. 3 mm lang und proximal ca. 50 [j. dick, gegen das distale Ende bis auf ca. 26 [j. dünner werdend. ■ im allgemeinen schwach und einfach gebogen, am distalen Ende stärker zurückgebogen. Das distale Ende läuft in drei schlanke, gerade gestreckte, einfach-spitzige Zinken aus. Die mittlere Zinke ist beträchtlich länger als die beiden seitlichen, die etwas vorgebogen sind. Eine schwimmhautähnliche Membran spannt sich zwischen den Zinlcen aus und läßt nur die äußersten Zinken-Enden frei. Die seitlichen Zinken sind auch an der Außenseite schmal gesäumt. Der Rücken der seithchen Zinken ist mit sehr feinen, zerstreuten Si:)itzchen besetzt, die Rückenseite und der Seitenrand der schwimm- hautähnlichen Membran sind zart granuUert. Weibliche Geschlechtsorgane: Die Samentaschen-Öffnung hinten am 13. Segment führt in ein großes, muskulös-dickwandiges Atrium, dessen Lumen durch zwei dicke, an der ventralen Leibeswand sitzende Muskelpolster eingeengt wird. Nach hinten geht dieses Samen- taschen-Atrium in eine anfangs noch muskulös-dickwandige, weiter hinten dünnwandige, imregel- mäßig angeschwollene, breit-schlauchförmige Ampulle über, die sich bis etwa an die Region des männlichen Porus erstreckt. Seithch neben dem Samentaschen-Atrium, eingekeilt in den Winkelraum zwischen Leibeswand und Samentaschen- Atrium, finden sich bei halbreifen Exemplaren saumförmige Wucherungen, die seitlich in je zwei breite, kurze Zipfel auslaufen und, das Samentaschen- Atrium an der Vorderseite umfassend, vorn median ineinander übergehen. Leider ist es mir nicht möglich anzugeben, was bei weiterer Entwicklung aus diesen Bildungen wird. Wahrscheinlich entstehen cölomatische Säcke daraus. Schon in diesem frühen Stadium glaube ich einen Spaltraum im Inneren dieser Wucherungen und die Sonderung einer Art Rindenschicht zu erkennen. Nach Ovarien suchte ich in der vorderen Partie dieser Wucherungen vergebens. Zweifellos sind diese Wucherungen homolog — So- den ganz ebenso aussehenden Bildungen bei Eu. albus Mich. (1. c. 1891, jJ- -ö). Die Eileiter sind ver- hältnismäßig schlank und lang, gerade gestreckt. Sie sind proximal muskulös verdickt und zu einer engen, ziemlich langen Schleife zusammengelegt, die nach Durchbruch durch das Dissepiment 13/14 sich weit in das 13. Segment hinein erstreckt. Die Eitrichter öffnen sich frei in das 13. Segment. Das Lumen der Eitrichter und der proximalen Enden der Eileiter kommuniziert mit dem Lumen je eines Eiersackes, der hinten, am Übergang vom Eileiter zum Eitrichter, am weiblichen Ausführ- apparat sitzt imd in das 14. Segment hinein ragt. Die Eiersäcke waren bei dem halbreifen Unter- suchungsobjekt noch nicht fertig ausgebildet. Sie erscheinen als einfacher, nierenförmiger Sack, in dessen dicker Wandung noch keine Eikämmerchen erkennbar waren. Bemerkungen. Eudriloides caUichaetus (Mich.) steht zweifellos dem Eu. albus (Mich.) sehr nahe. Wie bei diesem, so ist auch bei jenem die Einordnung in die Gattung Eudriloides nicht als endgültig zu betrachten. Sollte es sich herausstellen, daß sich die Wucherungen am Same n t a s c h e n - V o r r a u m zu ganz besonderen Organen auswachsen, so müßte wohl für diese beiden Arten eine besondere Gattung gebildet werden. Ob die noch fragliche Megachaetina tenuis (Mich.) (= Megachaeta tenuis Mich., I. c. 1892, p. 17). der Typus der Gattung Megachaetina, der gleichen Gattung angehört, ob also der Gattungsname Megachaetina für diese fragliche Gattung anzuwenden sei, muß einstweilen dahingestellt bleiben, da wir von den weiblichen Geschlechtsorganen der Megachaetina tenuis gar nichts kennen. Zu bemerken ist noch, daß bei dem neuen Untersuchungsmaterial von Eudriloides caUichaetus zahlreiche ziemlich große sackförmige Cysten, in denen ziemlich große Nematoden enthalten sind, von der Leibeswand in die Leibeshöhle hineinragen. Eudriloides minutus (Mich) lü'.H. Reilhrodrilus ininutus, Micliaelsoii, Beschreibung der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann auf Sansibar und dem gegenüberhegenden Festlande gesammelten Terricolen. In: Mt. Mus. Hamburg IX, p. 21, t. 3, f. 17, 18. Verbreitung. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, (.) s t - U n g u r u, am Bach M s a n g a s i im M a k a k a 1 1 a - T a 1 (t. Michaelsen). Auch diese Art ordne ich jetzt, wie Megachaetina alba (Mich.) und Platydrilus't caUichaetus Mich, (siehe oben!) der weiter gefaßten Gattung Eudriloides zu. Die Nachuntersuchung des Original- stückes ergab nämlicli mit großer Wahrscheinlichkeit, daß Reithrodrilus minutus meroandrisch, also wohl aucli wie alle anderen meroandrischen Eudrilaceen metandrisch sei. Ich habe zwar bei der Nach- untersuchung weder Hoden und Samentrichter, noch Samensäcke erkennen können, wohl aber die Samenleiter, und diese Samenleiter sind, wenigstens schon im 13. Segment, in einem einzigen Paar vorhanden. Da die Samenleiter von Eudriliden bei doppelpaarigem Auftreten in der Regel bis zum Eintritt in die Euprostaten doppeljjaarig bleiben, so darf mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß sie bei Reithrodrilus minutus überhaupt in ganzer Länge einpaarig, und somit auch die Samentrichter und die übrigen vorderen männlichen Geschlechtsorgane in einem einzigen Paar auftreten. Die übrigen Charaktere, die ich in die Diagnose der Gattung Reithrodrilus aufgenommen habe (1. c. p. 50). sind nach unseren jetzigen Kenntnissen generisch belanglos, so zumal der Charakter der unsymmetrischen Ausbildung der hinteren männlichen Geschlechts- organe und der G e s c li 1 e c h t s b o r s t e n. (Jb Reithrodrilus minutus auch der engeren Gattung Eudriloides im alten Sinne angehört, muß dahingestellt bleiben. .^' — 36 — Borgertia papillifera Mich. Tafel I, Fig. 15, 16. 1905. Borgertia papillifera, Michaelsen. Die Oligochäten Deutsch-Ostafrikas. In: Zeitsclir. wiss. Zool. LXXXII, p. 332, t. 19, f. 14, 15. Fundnotiz. Sansibar, B u b u b u, in lehmiger Erde neben einem kleinen, von einer Wasserleitung abgeleiteten Rinnsal; Prof. W. Michaelsen leg. 29. IX. 1911. Weitere Verbreitung. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, A m a n i (t. Michaelsen). Vorliegend vier geschlechtsreif e Stücke, die mich in den Stand setzen, manche Lücken in der Originalbeschreibung auszufüllen. Äusseres. Dimensionen: Länge 22 — 27 mm, maximale Dicke 1 — IV3 mrn, Segmentzahl 84—88. Färbung hellgrau; pigmentlos. Borsten eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz ein wenig größer als die mittleren lateralen {aa = "/12 hc). Dorsalmediane Borstendistanz etwas größer als der halbe Körperumfang {dd = V? u). Gürtel sattelförmig, dorsal am 14. — 16., 14 17. Segment (= 3—31/2)- Männlicher Porus unpaarig, ventralmedian am 17. Segment, auf einer großen kreisrunden, gerundet-kegelförmigen Papille. Weibliche Poren unscheinbar, auf Intersegmentalfurche 14/15 ^- — -J, ... ! ö • ' tfCD ♦ " 1 .. zwischen den Borstenlinien h und c. Samentaschen-Porus unpaarig, ventralmedian am 13. Segment, '^ 7Z7 Micli ' '^^^ einer großen quer-ovalen, fast kreisförmigen Papille. Pubertätsorgane in etwas verschiedener, meist unsymmetrischer Anordnung. Bei 3 Stücken des neuen Materials fand sich eine einseitige Pubertätspapille am 15. Segment ungefähr in der rechtsseitigen Borstenlinie ah, bei dem vierten Stück in derselben Linie am 16. Segment (bei dem Original- stück ventralmedian auf Intersegmentalfurche 15/16). Auch die Papillen in der Nachbarschaft des männlichen Porus sind bei dem neuen Material stets unsymmetrisch angeordnet. Es fand sich stets eine links dicht neben der Papille des männlichen Porus, also am 17. Segment in der Borstenlinie ah der linken Seite. Bei einem Stück war postclitellial nur diese vorhanden, bei den drei anderen Stücken außerdem noch eine rechts am 18. Segment in der Borstenlinie ab (beim Originalstück ein Paar am 17. Segment in den Borstenlinien ah). Innere Organisation. Hintere männliche Geschlechtsorgane: Die Aus- mündungspartie der Prostaten ist in der Originalbeschreibung nicht ganz genau dargestellt. Die Papille, die auf ihrer Kuppe den männlichen Porus trägt, ist kompakt, stark muskulös, von dem engen distalen Ende des männlichen Ausführapparates und von den Penialborstensäcken durchbohrt. Die kompakte Masse dieser Papille springt sogar etwas in die Leibeshöhle vor. Ihr ist nach innen zu eine ungefähr ebenso große beutelförmige, muskulös-dickwandige Kopulationstasche angelagert. Der gemeinsame ventralmediane Prostaten-Ausführgang tritt an der Hinterseite oben in diese Kopu- lationstasche ein, geht innerhalb derselben dicht unter der oberen Wandung bis etwas über die Mitte hinaus nach vorn, um sich dann nach unten-hinten zurückzubiegen und diu'ch die dicke Masse der Papille hindurch auszumünden. Die Penialborsten sind ca. 0,85 mm lang und proximal ca. 40 \^. dick, distal bis auf ca. 25 [). verengt, im allgemeinen schwach gebogen, doch am proximalen Ende stark — 37 — hakenförmig gekrümmt. Das abwärts gebogene äußerste distale Ende trägt jederseits einen fliigel- förmigen, gerundet dreiseitigen Saum. Diese beiden Säume sind gegen die Konkavität der Borsten- krümmung hin gebogen, dem Borstenende ziemlich eng angelegt. Eine feinere Ornamentierung ist nicht vorhanden (Fig. 15, 16). Weiblicher G e s c h 1 e c h t s a p p a r a t. Das Samentaschen-Atrium ist distal ver- breitert, im übrigen dick-schlauchförmig, proximal nach hinten hin gebogen, um hier in die äußerlich nicht scharf abgesetzte schlank-sackförmige Ampulle überzugehen. Das Samentaschen-Atrium ist in der mittleren Partie mit einer dicken Muskelschicht ausgestattet (die anders lautende Angabe in der Originalbeschreibung ist irrtümhch), die im Maximum noch dicker als die sehr dicke Epithel- schicht ist. Über die Natur der Masse, in die die birnförmigen proximalen Enden der Samentaschen- Di vertikel eingebettet sind, kann ich leider auch jetzt nichts Genaueres aussagen; zu bemerken ist jedoch, daß diese Massen nicht so glatt und einfach umrandet sind, sondern um-egelmäßig vorragend und ausgebuchtet, gleichsam eng-wellig, erscheinen. Jederseits neben dem Samentaschen-Apparat hängt ein kleines, zierliches, rosenkranzförmiges Ovarium vom ventralen Rand des Dissepiments 12/13 frei und weit in das 13. Segment hinein. Die Eitrichter münden direkt in die Leibeshöhle des 13. Seg- ments. Eine Kommunikation zwischen dem Samentaschen-Apparat und dem weiblichen Ausführ- apparat scheint nicht vorhanden zu sein. Puber tat s Organe: Den äußeren Pubertätspapillen entsprechen eigentümhch gestaltete, als kugeHge Körper weit in die Leibeshöhle hineinragende Organe. Der Porus auf der Kuppe der äußeren Papillen führt in ein ziemlich kleines, von einem niedrigen Zylinder epithel ausgekleidetes Lumen ein. Die Hauptmasse der Organe scheint aus lang gestreckten, lockeren Drüsenzellen und Bindegeweben zu bestehen. Eine mäßig dicke Muskelschicht schließt das ganze Organ gegen die Leibeshöhle ab. Sectio Eudrilacea. Eudrilus simpIex n. sp. Tafel I, Fig. 3, 4. Fundnotiz. Togo, Atakpame; Leutnant Stockhausen leg. VL 10. Zur LTntersuchung vorliegend mehrere sehr stark erweichte geschlechtsreife Exemplare. Äusseres. Dimensionen nicht genau feststellbar, da die Tiere abnorm gestreckt sind. Normale Dimensionen schätzungsweise etwa: Länge 180 mm, maximale Dicke 8 mm. Segment- zahl etwa 180. P i g m e n t i e r u n g braunviolett. Kopf? Borsten eng gepaart. Ventralmediane Borstendistanz an den ersten borstentragenden Segmenten um die Hälfte größer als die mittleren lateralen (bis etwa zum 8. Segment aa = 'V3 hc), weiter hinten wenig größer als die mittleren lateralen Borstendistanzen bis gleich groß [aa ~> hc). Dorsalmediane Borstendistanz sehr wenig kleiner als der halbe Körperumfang {dd = "/15 u). Nephridialporen zwischen den Borstenlinien c und d. R ü c k e n p o r e n fehlen. Gürtel (Fig. 4) ringförmig, oder manchmal fast ringförmig, zwischen den Borstenlinien a schwächer entwickelt, am 14.— 17. oder 14 13.— i; 18. Segment (= 4—5) . — 38 — Männliche Poren (Fig. 4) auf Intersegmentalfurche 17/18 etwas medial von den Borstenlinien a, kleine Löcher, umgeben von je einem elliptischen, fast kreisförmigen Drüsenhof. Weibliche Poren (Fig. 4) (verschmolzene Samentaschen- und Eileiter- Poren) auf Intersegmentalfurche 13/14 dicht medial an den Borstenlinien a, kleine Löcher, umgeben von je einem verwaschenen kreisförmigen Drüsenhof. Pubertätsbildungen (Fig. 4) : Ein quer-ovales Drüsenfeld liegt ventral-median auf Intersegmentalfurche 16/17. Dasselbe bildet zusammen mit den Höfen der männlichen Poren ein männliches Geschlechtsfeld von gerundet- und geschweift-dreiseitigem Umriß; dieses Geschlechts- feld verursacht im Bereich des 17. Segments und der hinteren Hälfte des 16. eine ventrale Unter- brechimg des Gürtels. Auch im Bereich der weiblichen Poren findet eine Unterbrechung des Gürtels statt, und zwar durch ein medianes, etwas verwaschen umrandetes quer-ovales Drüsenfeld. Die weiblichen Poren markieren die Brennpunkte der Ellipse dieses Drüsenfeldes. Innere Organisation. Dissepiment 7/8—10/11 zum Teil ziemlich stark verdickt, 6/7 und 11/12 schwach verdickt. Dar m: Ein großer Muskelmagen im 6.( ?) Segment. Je eine herzförmige ventrale Chylus- tasche im 10. imd 11. Segment. Ein Paar ziemlich kleine Kalkdrüsen im 12. Segment. Vordere männliche Geschlechtsorgane: Je ein Paar menschenmagen- förmige Samenmagazine im lU. und 11. Segment. Zwei Paar große, unregelmäßig sackförmige Samensäcke von Dissepiment 10/11 und 11/12 in das W. und 12. Segment hineinragend. Testikel- blasen ? Prostaten einfach wurstf örmig, wenig gebogen , oberflächlich glatt und muskulös glänzend, proximal gerundet, distal ohne Bildung eines deutlichen Ausführganges, nur unter schwacher Verengung direkt durch die männlichen Poren ausmündend. Penialborsten , Kopulation.staschen und irgend welche andere Anhangsorgane fehlen. Weibliche Geschlechtsapparate (Fig. 3) vollständig paarig-getrennt. Durch die weiblichen Poren ventral auf Intersegmentalfurche 13/14 gelangt man in je ein mäßig dickwandiges, schwach muskulöses zylindrisches Samentaschen- Atrium {at), das sich proximal in eine kaum dickere, dünnwandige Samentaschen-Ampulle (ap) von etwas unregelmäßiger, schlank birnförmiger Gestalt fortsetzt. Die ganze Samentasche (infolge der Erweichung etwas gestreckt) ist ca. 12 mm lang; ilir proximaler Ampullenteil ist unregelmäßig verbogen. Am distalen Ende des Samentaschen- Atriums sitzt einerseits (medial) ein eiförmiges, kurz- und undeutlich gestieltes, mäßig dickwandiges Divertikel {dv) ohne deutlichen Muskelmantel, andererseits (lateral) ein lang-gestielter Eiersack. Der Stiel des Eiersackes {est) ist ca. l^^ "^n^ lang, zylindrisch, etwas verbogen, mit muskulöser Wandung. Der Eiersack (es) ist unregelmäßig nierenförmig, nur wenig breiter als der Stiel. Ein Paar kleine Ovarien {ov) sitzen ventral an der Hinterseite des Dissepiments 12/13. Sie sind von je einer Ovarial- blase eng umhüllt. Die Ovarialblasen setzen sich nach hinten in je einen langen, sehr dünnen, gerade gestreckten Ovarialschlauch (os) fort, der etwas proximal von der Basis des Divertikels in das Samen- taschen-Atrium eintritt. Bemerkungen. Eudrilus simplex unterscheidet sich von allen anderen Arten seiner Gattung durch die paarweise Annäherung der Geschlechtsporen (o und $ Poren medial von den Borstenlinien a) und durch die Einfachheit des männlichen A u s f ü h r a p p a r a t s. Bei keiner anderen Art der Gattung Eudrilus münden die Prostaten direkt durch die männlichen Poren aus. Bei allen anderen Arten findet sich hier eine große, annähernd kugelige Kopulationstasche ein- — 39 — geschoben, bei Eu. Euqenine (Kiiib.) ') außerdem nocli ein besonderer Y-förniiger Anhang von frag- licher Bedeutung an der Kopulationstasche. Der weibliche G e s c h 1 e c h t s a p p a r a t ist bei Eu. simplex einfacher als bei Eu. pallidus Mich. '^) gestaltet, ähnlich wie bei Ek. kamerunensis Mich . ■'') und Eu. Eugeniae '). Eudrilus Eugeniae (Kinb.) Literatur und Syiionyinie siehe unter: 1900. Eudrilus Eugeniae. .Michaelsen, Oligochaeta. In: Tierreich .\. p. 402. Fundnotiz. S ü d - N i g e r i a, 0 1 d C a 1 a b a r; Obermaschinist C. Manger leg. Weitere Verbreitung. In den Tropen c i r c u m m u n d a n. Bemerkungen. Diese weitverschleppte Art, deren Urheimat zweifellos dem neuen Fundort mindestens nahe liegt, ist bereits von Liberia, Togo und Kamerun, aber noch nicht von Nigeria, bekannt. Eudrilus pallidus Mich. (s. 1.) Literatur niid Syiionyinie siehe unter: 1900. Eudrilus paüidus, Miehaelsen, Olignriiaeta. In: Tierreicll X, p. A02. Bemerkungen. In dieser Art habe ich 1900 (1. c.) zwei verschiedene Formen zusammengefaßt, den älteren Eu. pallidus Mich, von 1891 und den jüngeren Eu. Büttneri Mich, von 1892. Neuere Untersuchungen an reicherem Material veranlassen mich, diese beiden Formen als Varietäten einer Art wieder zu sondern und ihnen eine neue, dritte Varietät, var. atakpamensis n. var., zur Seite zu stellen. Diese Varietäten lassen sich am besten nach der Lage der Geschlechts-Poren charakterisieren. f. typica. 1891. Eudriluji pallidus, Michaelsen, Terricolen der Berhner Zoologischen Samndung 1. Afnl^a. In: Anh. Natnrg. LMIS j). 216. t. 8, f. 9. Diagnose. ..L ä n g e ca. 160 mm, S e g m e n t z a h 1 ca. 196. Am Vorderkörper Borsten- distanz aa annähernd gleich bc; männliche Poren hinten am 17. Segment, ihre Mitte ungefähr in den Borstenlinien ab; weibliche Poren vorn am 14. Segment, ihre Mitte ungefähr in den Borstenlinien fl." Verbreitung. Britisch A s c h a n t i , A c c r a (t. Michaelsen). var. Büttneri (Mich.) 1892. Eudrilus Büttneri, Michaelsen. Terricolen der Berliner Zoologischen Sammlung 11. In: .\rcli. Xaliirg. lA IIP. p. 2.5»). tf. .1. Diagnose. ,,L ä n g e ca. 1 lO mm, S e g m e n t z a h 1 ca. 145; am Vorderkörper Borsten- d i s t a n z aa viel größer als bc; m ä n n 1 i c h e P o r e n auf Intersegmentalfurche 17/18, ihre Mitte in den Borstenhnien b; weibliche Poren auf Intersegmentalfurche 13/14, ihre Mitte sehr wenig unterhalb der Borstenlinien c." Verbreitung. Togo, B i s m a r c k b u r g (t. Michaelsen). ') Vergl. Eu. syli'icoh Bedd. [= Eu. Eugeniae (Kinb.)J in: F. E. Beddard, o. Contribulions to the Anatoniy of Earlh- worms. 1. On the Structure ot Eudrilus sylvicola. In: Proc. Zool. Soc. London 1887, t. 23, f. 15 /;/■', und p. 381, tf. cp. ■) W. Michaelsen, Terricolen der Berliner Zoologischen Sammlung I. Afrika. In: Arch. Xaturg. LVII', t. 8, f. 9. ') W. Michaelsen, Neue Oligochaeten und neue Fundorte alt-bekannter. In: Mt. Mus. Hamburg XIX, p. 28, t. f. 6. ') ^'ergl. Eu. roseus Mich. [ = Eu. Eugeniae (Kinb.i] in: \\'. Michaelsen, Terricolen der Berliner Zoologischen Sammlung II. In: Anh. Natnrg. LVHI', p. IT,, t. 13, f. 10. — 40 — var. atakpaniensis n. var. Diagnose. ,,L äuge ca. 2U0 luni, Ö e g m o n t zahl ca. 240; am Vorderkörper Borste n- d i s t a 11 z aa etwas größer als 6c; männliche Poren dicht vor Intersegmentalfurche 17/18, ihre Mitte ungefähr in den Borstenlinien ab; weibliche Poren am 14. Segment dicht vor der Borstenzone, zwischen den Borstenlinien b und c, den ersteren etwas näher." Fundnotiz. Togo, Atakpame; Leutnant Stockhausen leg. VI. 1910. Togo, S o- kode; Fr. Schröder leg. VIII. 1910. Vorliegend zahlreiche stark erweichte Exemplare. Äusseres. Dimensionen der Originale von Atakpame nicht genau festzustellen, da die Tiere meist abnorm gestreckt sind. Normale Dimensionen schätzungsweise etwa: Länge [130—] 200 mm, maximale Dicke 7 — 8 mm; Segmentzahl [140 — ]240. [Kleinstes Stück wahrscheinlich unvoll- ständig, mit regeneriertem Hinterende.] Cotype von Sokode 175 mm lang, 7 — 7 fi mm dick und aus 183 Segmenten bestehend. Pigmentierung ziemlich dunkel violett. Borsten eng gepaart. Am Vorderkörper ventralmediane Borstendistanz etwas gTÖßer als die mittleren lateralen, dorsalmediane annähernd gleich dem halben Körperumfang (am Vorder- körper aa = ca. Vs bc, dd = ca. Yo u). Gürtel am 13. — 18. Segment (= 6), sattelförmig, ventralmedian zwischen den Borsten- linien a unterbrochen. Männliche Poren, große, meist bogenförmige, vorn konvexe Schlitze oder unregel- mäßigere, quer-ovale Löcher, sehr dicht vor Intersegmentalfurche 17/18, ihre Mitte in den Borsten- linien ab oder ein Geringes lateral davon. Die medialen Partien der männlichen Schlitze überragen jedenfalls deutlich die Borstenlinien a medialwärts. Weibliche Poren, deutliche, von je einem großen, quer-ovalen, medial unscharf begrenzten Hof umgebene Querschlitze, am 14. Segment dicht vor der Borstenzone, dicht oberhalb der Borstenlinien b. Die Höfe der weiblichen Poren überragen nach hinten die Borstenzone des 14. Segments und drängen vorn die Intersegmentalfurche 13/14 etwas vor; lateral reichen sie fast bis an die Borstenlinien c, während die Borsten b und a des 14. Segments, deren Platz von den Drüsen- höfon mit eingenommen wird, abortiert sind. Innere Organisation wie bei der typischen Form. Als geringfügiger Unterschied ist vielleicht zu bemerken, daß die beiden muslculösen Anhangsblasen am muskulösen S a m e n t a s c h e n- Atrium bei var. atakpamensis viel größer sind als bei den anderen Formen dieser Art, und nicht birnförmig, wie bei diesen, sondern gebogen- und gerundet-zylindrisch. Auch stehen sie nicht am distalen Ende des Samentaschen-Atriums, sondern etwas mehr proximal, allerdings immer noch deutlich unterhalb des Ansatzes des eigentlichen Divertikels und des Eiersack- Stieles. Der Eiersack sitzt, wie bei der typischen Form, auf einem deutlichen, zylindrischen, knieförmig gebogenen mus- kulösen Stiel. Hauptcharaktere und Verbreitung der Eudrilus-Arten. In der Tabelle auf Seite 42 und 43 gebe ich eine Zusammenstellung der alt-bekannten Eudrilus-Aiten samt der neuen Art und Varietät, mit den hauptsächlichsten, die Bestimmung ermöglichenden Charakteren und der Verbreitung. — 41 — Hyperiodrilus africanus Bedd. '■ ' Literatur und Synonyiiiie siehe \u)ler: 1900. Hi/pcn'odrihis njricantis, Micliaelseii, Olignchaeta. In: Tierreich X, p. 110. Fundnotizen. Togo. A t a k p a m e, Leutnant Stockliausen leg. VT. 1910 (mehrere sehr stark erweichte Exemphire). Togo, Sokode; Fr. Sehröder leg. VIII. 1910. Weitere Verbreitung. Togo. B i s m a r c k b u r g (t. Michaelsen) ; S ü d - N i g e r i a L a g o s (t. Beddard) ; S ü d - N i g e r i a , zwischen W a r i und S a p e 1 1 i (t. Micha- elsen) ; P o !■ t u g i e s i s c h Kongo, am C h i 1 o a n g o - F 1 u ß (t. Michaelsen). Bemerkungen. Hyperindrihts africanus ist eine der wenigen Eudrilinen, die innerhalb des Eudrilinen- Gebietes eine weitere Verbreitung aufweisen. Es ist fraglich, ob es sich hier um eine autochthone Verbreitung handelt, oder ob Verschleppung durch den Menschen mitspielte. Neumanniella Frommi n. s]). Tafel I, Fig. 6, 7. Fundnotiz. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, M s a m w i a - L a g e r i m S ü d e n d e r Landschaft Ufipa (östlich vom Süd-Ende des Tanganjika-Sees); Hauptmann Fromm leg. Ende XII. 1908. Vorliegend ein einziges stark erweichtes Exemplar. Äusseres. Dimensionen: Länge 65 mm, Dicke 2 ^^ — 4 mm, Segmentzahl ca. 190. F ä r b u n g gelbbraun bis grau, vorn gelbgrau, etwas irisierend. Kopf prolobisch. Borsten lateral mäßig eng gepaart, ventral weit getrennt. Weite der ventralen Paare fast so groß wie die ventralmediane Borstendistanz, ungefähr dreimal so groß wie die mittleren lateralen Borstendistanzen {ah = Vjo aa = S bc). Mittlere laterale Borstendistanzen ungefähr zwei- bis dreimal so groß wie die Weite der lateralen Paare (bc = 2 — 3 cd). Dorsalmediane Borstendistanz etwas kleiner als der halbe Körperumfang {dd = V- ^)- Di^ Borsten stehen nicht ganz regelmäßig, zumal die Weite der lateralen Paare ist etwas schwankend. N e p h r i tl i n 1 p o r e n zwischen den Borstenlinien c und d. Gürtel bei dem vorliegenden Stück nicht deutlich ausgebildet. Männlicher Porus xmpaarig, ventralmedian auf Intersegmentalfurche 16/17, ein Querschlitz, der von einem weißlichen Drüsenwall umgeben ist. Der Drüsenwall bildet eine quer- ovale Figur. Die Lage des männlichen Porus auf Intersegmentalfurche 16/17 ist für eine Neumanmella- Art ungewöhnlich. Bei den bisher bekannten Arten dieser Gattung fand sich der männliche Porus stets um eines Segmentes Länge weiter hinten, nämlich auf Intersegmentalfurche 17/18. Diese Ab- weichung der N. Frommi ist jedoch nicht schwerwiegend, finden wir doch eine ebensolche Abweichung bei einer Art der nahe verwandten Gattung Eminoscolex individuell auftretend. Von den 5 Original- stücken des E. variabilis Mich. ') besaß nur eines den männlichen Porus in der normalen Lage auf Intersegmentalfurche 17/18, während er bei den übrigen 4 Stücken wie bei dem vorliegenden Stück von Neumanniella Frommi auf Intersegmentalfurche 16/17 lag. Wie bei Eminoscolex variabilis, so 'j W. Michaelsen, Die Oligochäten Nordost-Afrikas nach den Ausheuten der Herren Oskar Neumann und Carlo Freiherr von Erlanger. In: Zool. Jahrb., Syst. VIII, 1903, p. 489. Zoologica. nett - aa). Dorsalmediane Borstendistanz sehr wenig geringer als der halbe Körperumfang {dd ;. llaniljurg XIV, p. 57. Fundnotiz. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, C h u n g r u m - S e e in K o n d e (Nord- westlich vom Nord-Ende des Nyassa-Sees); Prof. Fülleborn leg. 10. X. 1899 (1 Exemplar). Weitere Verbreitung. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a, D u n d a a m K i n g a n i (t. Mich.). Bemerkungen. Die Untersuchnng eines reichen Materials verschiedener Formen bringt mich 7Ai der Überzeugung, daß Callidrilus dandaniensis Mich, artlich nicht von dem Typus der Gattung C. scrobifer Mich. ^) zu trennen, sondern höchstens als besondere ,, forma" anzusehen und zusammen mit der unten beschriebenen neuen forma reservationis der forma typica zur Seite zu stellen ist. Das neue Exemplar des C. scrobifer f. dandaniensis vom Chungrum-See zeigt infolge anderer Konservierung das ventrale P u b e r t ä t s ]) o 1 s t e r nicht so deutlich wie die Originalstücke ; es erscheint hier lediglich als eine Aufblähung, die wie eine Folge postmortaler Erweichung aussieht. Auffallend ist dagegen das drüsige Aussehen der Seitenränder des Pubertätspolsters, die an die Puber- tätsstreifen und -wälle gewisser Rhinodrilus- Äxten erinnern. Callidrilus scrobifer Mich. f. reservations n. f. Fundnotizen. D e u t s c h - 0 s t a f r i k a , W a 1 d r e s e r V a t e S ü d - N g u r u und Mtibwa, Siwale-Tal im Nguru-Gebirge (ca. 600 m ü. d. M.) und ca. 5 k m südlich vom Nguru-Gebirge (ca. 300 m ü. d. M.); Forstassistent P. Bittkau leg. XII. 1911. Vorliegend zahlreiche zum großen Teil geschlechtsreife Exemplare. Äusseres. Dimensionen eines der größeren geschlechtsreif en Exemplare: Länge 140 mm, Dicke 3 — 5 mm, Segmentzahl ca. 330. Gürtel vorn unscharf, hinten meist ziemlich scharf begrenzt und ziemhch konstant, am 15. oder 16. — 36. oder 37. Segment (= 22 oder 23). Die hauptsächlichste Besonderheit dieser Form beruht auf der Anordnung der akzesso- rischen Pubertätsorgane. Das unpaarige, gerundet rechteckige ventrale Pubertäts- polster erstreckt sich vom 17. — 20. Segment. Häufig erscheint aber auch die Ventralseite der nächst- folgenden Segmente, des 21. und 22. Segments, etwas modifiziert, aber in etwas anderer Weise als die des Pubertätspolsters. In dieser Hinsicht vermittelt f. reservationis zwischen f. typica und f. danda- niensis. Sehr konstant sind die vorderen Pubertätspapillen hinten am 12. — 16. Segment. Selten finden sich auch paarige hintere Pubertätsjiapillen am 21. — 24. Segment oder an einem Teil dieser Segmente. Besonders charakteristisch für diese Form sind unpaarige ventralmediane Pubertäts- papillen meist am 21. — 23. Segment, selten am 21. — 24. Segment oder nur am 23. oder am 23. und ^) W. Michaelsen, Beschreibung der von Herrn Dr. Fr. Stuhlmann im Mündungsgebiet des Sambesi gesammelten Terri- colen. lu: Mt. Mus. Hamburg VII, p. 20, t. 3, f. 16, t. 'i, f. 18. — 57 — 24. Segment. Manchmal waren diese impaarigen Pubertätspapilleu infolge ungünstiger Konservieruna selir schwer zu erkemien, und auf den ungünstigen Konservierungszustand führe ich es auch zurück, daß sie bei einigen wenigen sonst vollkommen geschlechtsreifen Stücken garnicht zu erkennen waren. Die S a m e n t a s c h e n - P o r e n scheinen konstant die beiden Intersegmentalfurchen 13/14 und 14/15 einzimehmen. Im übrigen wie die typische Form und wie f. dandaniensis Mich. Bemerkungen. F. reservationis unterscheidet sicii von den beiden anderen Formen von Calli- drilus scrobifer durch den Besitz unpaariger Pubertät spapillen, von f. dandaniensis (auch von f. typica ?) durch die Länge des Gürtels und von f. typica durch die Verteilung der Samentaschen-Poren auf zwei Intersegmentalfurchen. Diese Charaktere sind syste- matisch nicht besonders schwerwiegend, zum Teil noch dazu schwankend. Von einer artlichen Trenmmg dieser Formen kann also nach diesem nicht mehr die Rede sein. Subfam. Criodrilinae. Alma sp. Fundnotiz. R h o d e s i a, im mittleren Sambesi etwas oberhalb der V i k t o r i a - F ä 11 e, im Grundschlamm und zwischen den Wurzeln von Wasserpflanzen nahe dem Ufer; Prof. W. Michaelsen leg. 18. VIII. 1911. Vorliegend zahlreiche, leider durchweg unreife und demnach unbestimmbare Exemplare. Bemerkungen. Die vorliegende Art scheint zu den kleineren Formen zii gehören. Die größten Stücke waren ca. 130 mm 1 a n g, im Maximum 5 mm dick und bestanden aus ca. 360 Segmenten. Da die ersten Spuren der Geschlechtsanlage bei diesen Stücken schon erkennbar waren, so dürfen war annehmen, daß sie das Mindestmaß geschlechtsreifer Tiere nahezu erreicht haben. Die Färbung der lebenden Tiere beruhte auf einer rauchbraunen Pigmentierung des Vorderendes, während Mittel- und Hinterkörper bleich, gelblich grau, waren. Die konservierten Stücke lassen nur zum Teil noch Spuren der rauchbramaen Pigmentierung erkennen und sind im übrigen hellgrau. Kopf und K ö r 25 e r s e g m e n t e zeigen die für die Gattung Alma charakteristische Gestaltung. Kiemen fehlen. Auch die Borsten und ihre Anordnung zeigen nichts von den bekaimten Arten Abweichendes. Die erste Anlage der äußeren Geschlechtsorgane zeigt sich bei einigen Stücken m einer Verkürzung der Segmente 18^20, zumal ventral, in einer geringen Verschiebung der Borsten b des 17. Segments lateralwärts, in dem Ausfall der Borsten a des 18. — 20. Segments imd schließlich in der Bildung eines Paares weißlicher, schwach erhabener Polsterchen am 19. Segment zwischen den Borstenlinien a und b. Die innere Organisation zeigte keine Abweichungen vom Normalen. Alma pooliana n. sp. Tafel II, Fig. 19, 20. Fundnotiz. Belgisch Kongo, St a nl e y v i 1 1 e, im Uferschlamm des Kongo; G. J. A. Pool, Chef de Secteur de N. A. H. V. leg. 1911. Zoologißv. Heft 08. 8 — 58 — Vorliegend 8 Exemplare, darunter eines mit vollkoninien entwickelten Geschlechtslappen, wenn auch ohne Gürtel. Äusseres. Dimensionen des größten Exemplares: Länge 170 mm, Dicke 3 — 5 mm, Segmentzahl ca. 410. Das mit Geschlechtslappen versehene Exemplar ist nicht vollständig; es scheint etwas kleiner gewesen zu sein als das größte unreife. Färbung gelbgrau bis graubraun ; pigmentlos. Kopf zygolobisch. Kopflappen geringelt. Segmente des Vorderkörpers dreiringlig. Körper: Vorderkörper drehrund. Mittelkörper etwa vom 20. Segment an vierkantig, im Querschnitt trapezförmig, mit etwas breiterem Rücken. Hinterkörper dorsal eingesenkt, fast kahn- förmig. After rückenständig, ein hinten verbreiterter Längsschlitz, der mehrere der hier sehr kurzen, unvollkommen gesonderten Segmente einnimmt. Borsten am Vorderkörper sehr weit gepaart, dorsal noch etwas weiter als ventral; am Mittel- und Hinterkörper enger gepaart. Dorsalmediane Borstendistanz etwas größer als die ventral- mediane und diese gleich den mittleren lateralen (am Vorderkörper aa : ab:hc: cd: dd = 6:2:6: 3:8; am Mittelkörper ab ^ cd = 4: — 5 aa). Die Geschlechtslappen (Fig. 19) mit ziemlich schmaler Basis, in den ventralen Borstenlinien, der Hauptsache nach am 19. Segment. Die Ansatzfläche erstreckt sich außerdem nur wenig auf das 18. imd 20. Segment. Sie sind ca. 26 mm lang und überragen, nach vorn an den Körper angelegt, das 16 mm lange Kopf-Ende beträchtlich. Sie haben die Gestalt eines proximal schmalen und dicken, distalwärts anfangs nur wenig verbreiterten und von den Kanten her nach der Innenseite eingerollten, in der distalen Hälfte stärker verbreiterten und löffeiförmig ausgebeulten Bandes. Das distale Ende ist am tiefsten eingesenkt, gerundet, im Maximum 4 mm breit, die dünne proximale Hälfte etwa 1 mm, nach gewaltsamer Auseinanderrollung etwa 2 mm breit, geringelt. Die Geschlechts- lappen tragen an der Medialseite zwei dicke, halbkugelige Papillen {fp), eine etwas proximal von der Mitte, ca. 12 mm von der Basis entfernt, die andere eine kleinere Strecke, ca. 4 mm, von der Basis entfernt. Diese Papillen sind von den eingerollten Seitenrändern des Geschlechtslappenstieles fast ganz verdeckt. Außerdem besitzen die Geschlechtslappen an der Medialseite noch eine große Zahl von Geschlechtsborsten-Näpfchen {gbn). Ich zählte deren an dem einen Lappen 32, an dem anderen Lappen 34. Sie stehen meist an dem breiten löffeiförmigen Teil. In dessen tiefster distaler Einsenkung bilden sie eine unregelmäßige Gruppe von 10 oder 11, weiter proximal bilden sie drei mehr oder weniger deutliche Längsreihen, deren mittlere besonders regelmäßig ist, während die äußeren iindeutlicher, verkürzt oder auseinandergezerrt sind. Einige wenige Geschlechts- borsten-Näpfchen finden sich auch an dem schmalen, eingerollten Stielteil, zwei (oder drei ?), oberhalb der obersten Papille, ein (zwei ?) auch zwischen den beiden Papillen. Der proximale Teil unterhalb der untersten Papille scheint dagegen keine zu besitzen. Diese Geschlechtsborsten-Näpfchen am Stielteil sind durch die Einrollung ganz verborgen und ohne Lädierung des Stückes, da sich die Ein- rollung am konservierten Tier nur gewaltsam und stückweise flach legen läßt, nur schwer nach- weisbar. Ich verzichtetie deshalb auf eine genaue Feststellung ihrer Anzahl. Die Geschlechtsborsten- Näpfchen sind annähernd kreisrunde, ca. 0,7 mm breite Grübchen, die von einer feinen Haut über- spannt sind; diese Haut ist zentral von einem ca. 0,25 mm breiten, unregelmäßig rautenförmigen Loch durchbohrt. Jedes Geschlechtsborsten-Näpfchen trägt eine einzige, aus dem Loch hervorragende — 59 — Geschlechtsborste. Die G e s c h 1 e c li t s b o r s t e n (Fig. 20) sind ca. 0,6 mm lang und im Maximum ca. 35 ij. dick, schwach S-förmig gebogen und etwas seitlich abgeplattet. Das ziemlich scharfspitzige distale Ende ist etwas gegen die konkave Krümmungsseite des distalen Borsten-Endes vorgezogen, mit schwach verdicktem konvexen Rande, fast vogelschnabelförmig. Mit Ausnahme des glatten äußersten Endes ist das distale Drittel der Geschlechtsborsten mit eng stehenden und dichten Ringelreihen imgemein zarter, schräg abstehender Spitzchen besetzt. Ich konnte diese Spitzchen nur bei günstiger Beleuchtung und nur im Profil am Borstenrande deutlich erkennen, auf der Fläche der Borstenseite schienen sie zu undeutlichen Ringelstreifen zu verschmelzen. Bemerkungen. Alma pooliana steht zweifellos der A. Aloysii-Sabavdiae Cogn. i) nahe. Sie ähnelt dieser in den östlichsten Distrikten von Belgisch Kongo vorkommenden Art vornehmlich in der allgemeinen Gestalt der Geschlechtslappen, unterscheidet sich von ihr jedoch durch die Zahl (bei A. Aloysii-Sabaudiae 10-15) und Anordnung (bei A. Aloysii-Sahaudiae in zwei rand- ständigen Reihen) der G e s c h 1 e c h t s b o r s t c n - N ä p f c h e n, durch die Zahl und Anordnung der P a p i 1 1 e n an den Geschlechtslappen und vor allem durch die Gestalt der Geschlechtsborsten (bei A. Aloysii-Sahaudiae glatt, mit rautenförmigem distalen Ende). Zu erwähnen ist noch, daß ein näher untersuchtes Stück hauptsächlich am Rande der rinnen- förmigen dorsalen Einsenkung des Hinterendes zahlreiche winzige Ectoparasiten, keulen- förmige Rotatorien, trug. Da diese Parasiten genau an dem Platz stehen, an dem sich bei einigen Alma-kxten zarte Kiemenbüschel finden, so ist es begreifhch, daß ich sie anfangs, vor Untersuchung bei stärkerer Vergrößerung, für Kiemen hielt. Zu erklären bleibt der Grund für die Zusammenrottung der Parasiten gerade an dieser Stelle — nur ganz vereinzelt traf ich sie auch in den mittleren Partien der Rückenfläche an. — Der Grund hierfür liegt meiner Ansicht nach darin, daß die rinnenförmige dorsale Einsenkung des Hinterendes von Ahrut eine Gleitrinue für die Fäces des Tieres darstellt, und daß die Parasiten sich von diesen Fäces ernähren. Alma Millsoni (Bedd.) 1891. Siplioiioj-aaier Millso/ii, Beddard, Üii an Earlhworm of tiie Genus Siphonog;ister from West-Afrika. In: Proc. Zool. Soc. London 1891, p. 48, tf. 1—3. 1893. Siphonogaster Millsoni, Beddard, Two New Genera and .some New Species of Earthwornis. In: Quart. Journ. inicr. Sei. (N. S.) XXXIV, p. 264. t. 26, f. 17—22. Fundnotiz. Togo, Sokode, beim Stationsberg im Fluß, der zur Trockenzeit stehendes Wasser enthält; Fr. Schröder leg. 23. HI. 1900. Weitere Verbreitung. S ü d - N i g e r i a, Lagos (t. Beddard). Vorliegend 2 vollständig geschlechtsreife, mit Penis und Gürtel ausgestattete Exemplare, von denen aber nur eines vollständig ist; daneben einige Fetzen. Bemerkungen. Von dieser westafrikanischen Alma-Ait waren bisher nur gürtellose Exemplare bekannt. Wie bei anderen Arten dieser Gattung, so ist auch hier tlie Erstreckung des Gürtels großen Schwankungen unterworfen. Bei dem einen der beiden vorliegenden Stücke erstreckt er sich, wenn man Segmente der geringsten Spiu'en einer Gürtelbildung durch eingeklammerte Zahlen, die Segmente mit voller Gürtelbildung durch offene Zahlen markiert, vom (33.) 35. — 49. (54.) Segment [= 15 (22)], bei dem anderen Exemplare vom (34.) 36.-63. (65.) Segment [= 28 (32)]. Der Gürtel liegt also bei dieser Art viel weiter vorn, als bei anderen Alma-Ajcten.. ') L. Cognetti de Mai'tiis, Lombrichi del Buvvenzori e dell' Uganda. In: U Ruvvenzori. Relaz. scient. I, p. 44, 1.25 [4] f. 59—63. — 60 — Beachtenswert ist eine große Variabilität in der Zahl und Ajiordnung der Geschlechts- borsten-Näpfchen und auch der Unterschied in der Geschlechtsborsten- Ausstattung am unausgebildeten und beim ausgebildeten Penis. Am unausgebildeten, noch sehr kurzen Penis finden sich nach Beddard (1. c. 1891, p. 50, Textfig. 2) 8 oder 9 Geschlechtsborsten in je einer Längsreihe, die sich parallel dem Rande fast über den ganzen Penis bis an dessen breiten distalen Pol hinzieht und nur seine Basis freiläßt. An dem ausgebildeten Penis bilden die Geschlechtsborsten nach Beddard (1. c. 1903, Tafel 26, Fig. 18) nicht mehr zwei so regelmäßige Kantenreihen, und vor allem lassen sie hier das gerundete distale Ende des Penis frei, während an seiner proximalen Basis Geschlechtsborsten stehen. Es war mir von vornherein unwahrscheinlich, daß diese über die mittleren und proximalen Teile des ausgebildeten Penis zerstreuten Borsten den am mittleren und distalen Teil des unfertigen Penis stehenden Borsten homolog sein sollten. Die Untersuchung der Stücke von Togo klärte mich über diese Verhältnisse auf. Bei den genauer untersuchten Penis-Anhängen des einen Stückes zeigte sich folgendes: Das breit gerundete distale Ende des Penis besitzt an der Medialseite eine breite Ein- senkung, wie sie auch an der Beddard' sehen Abbildung des ausgebildeten Penis (1. c. 1893, Tafel 26, Fig. 18) zu erkennen ist. Bei meinem Stück ist diese Einsenkung aber nicht so einfach gestaltet wie die der Beddard' sehen Abbildung. Sie zeigt zwei regelmäßige, symmetrisch zur Mittellinie des Penis verlaufende, von imregelmäßigen Wällen begleitete Längsfurchen. In jeder dieser Längsfurchen steht eine Anzahl Geschlechtsborsten, die demnach mehr oder weniger deutliche Reihen bilden, und zwar Längsreihen, deren distale Glieder sich einander nähern. Diese Längsreihen von Geschlechts- borsten sind aber offenbar lückenhaft. Stellenweise erkennt man in diesen Längsreihen Borsten- säckchen, die keine Borste enthalten. Offenbar sind hier die Borsten ausgefallen, und daraus erklärt sich auch ihre so stark variierende Zahl. Ln Maximum fand ich in einer Längsreihe 7 Borstenstellen, aber nur 4 Borsten. Der andere Penis desselben Tieres wies nur 2 Borsten in jeder Längsreihe (also 4 im ganzen) auf. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß bei dem von Beddard 1893 in Fig. 18 der Tafel 26 abgebildeten Penis die sämtlichen Geschlechtsborsten des am distalen Ende des Penis liegenden Borstennapfes ausgefallen sind, und daß die Geschlechtsborsten-Reihen am jungen Penis (Beddard 1891, Textfig. 2) den von mir beobachteten Reihen im distalen Borstennapf entsprechen; während die weiter proximal und zerstreut stehenden Geschlechtsborsten jüngere Bildungen sind. Der distale Borstennapf von A. Millsoni mit seinen zwei Borstengruppen entspricht dem mit je einer Geschlechtsborste ausgestatteten distalen Borstennapf-Paar von A. Zebanguü Duboscq^), einer Art, die A. Millsoni nahe zu stehen scheint. Nach meiner Anschauung würde der größte Teil des kleinen, unausgebildeten Penis (1. c. 1891, Textfig. 2) lediglich dem distalen Ende des ausgebildeten Penis (1. c. 1893, Tafel 26, Fig. 18) homolog sein. Die mittleren und proximalen Teile des ausgebildeten Penis würden durch vorwiegendes Wachstum der proximalen Basis des Penis gebildet worden sein. Farn. Lumbricidae. Helodrilus (Eiseniella) tetraedrus (Sav.) f. typica und f. bernensis (Ribauc.) Literatur und Synonymie sielio unter: Eiseniella tetraedra, f. typica u. subsp. bernensis, Michaelsen, Oligochaeta. In: Tierreich X, p. 473, 473. ') 0. Duboscq, Alma Zebanguü n. sp., et les Alminae, Ohgochötes de la Familie des Glossoscolecidae Mich. In: Arch. zool. exper. g6n6r. (3) X, 1902, Textfig. 2 et. (auf p. 4 des Separatums). — 61 — Fundnotiz. Transvaal, P r e t o r i a, im Ufermorast des Aapies-Flusses im Zoologischen Garten; Prof. W. :Michaelsen leg. 30. VIII. 1911. /^ Bemerkungen. Eine vielfach verschleppte nördUche Oligochäte. Helodrilus (Allolobophora) caliginosus (Sav.) f. typica und f. trapezoides (Ant. Dug.) X!^ Liferufur und Syuoiiyiiiie siehe unter: Helodrilus (Allololopliorn) cnli^inosus (Sav.) f. lypica u. subsp. irapezoides, Michaelsen, Üligocliaeta. In: TieiTei(;h X, p. 483, 483. Fundnotiz. Transvaal, Johannisburg, in Gärten; Dr. P. Nehring leg. 1911. Bemerkungen. Eine durch ^Verschleppung nahezu kosmopolitische Art. \ r Liste der angeführten Gattungen und Arten. Niclit anerkannte Bezeichnungen (Synonyme) in eclvigen IClaniniern. Ausführliche Beschreiljuugeu und neue An- gaben über Organisationsverhältnisse durch Fettdrucli der Seitenzalü gelvtnnzeichnet, Erörterungen über geographische Ver- liilltnisse din-ch ein an die Seitenzahl angefügtes „g" gelvcnnzeichuet. Die Seitenzahlen beziehen sicli auf die Separat- Abzüge; für den 1. Teil müßten sie um \'A8 erhöht werdrn, um die Seitenzahl des Heftes zu ergeben; für den II. Teil sind sie mit letzteren identisch. Alliiroides I 3 g. Alluroides Pordagei I 3 g, 8. — Tangamjikae I 3 g, 7—8, Taf. XIX F. 9. Alma II 57. Alma Aloysii-Sabaiuliae II 5!(. — Mülsoni II 59^60. — pooliana II 57—59, Taf. II F. 19, 20. — sp. I 3 g, II 57. — Zebaiigiiii II 60. [Amyntas] heterochaetus I 9. Borgertia papillifera II 36 — 37, Tf. 10. [ Branchiura] I 5. Callidrilus [dandaniensisj II 56. — scrobifer II 56 — 57. — scrobifer dandaniensis II 56, 57. — scrobifer reservalionis II 56 — 57. — scrobifer iypicus II 56, 57. Chilota Wahlbergi I 8—9, Taf. XIX F. 1—3. Chuniodrilus I 2 g, II 26—27. Chuniodrilus ScJiombnrgki I 2 g, 3 g, II 26, 27 — 30, Taf. I F. 2, 3, Tf. 9. [ Diaphorodrilus] II 3, 4, 5. Dichogaster I 2 g, 14, 15 g. Dichogasier affinis I 10, 10 g. — Austeni 12 g. — Bolaui I 10, 10 g. — Damonis I 14, 15 g, 16, 18. — Frickei I 2 g, 15. — golaensis 1 22—24, Taf. XIX F. 6—8, Tf. 7. — ■ gracilis I 9 — 10. — Hiipferi I 27 g, 27—28. — inermis guttata I 28—30, Taf. XIX F. 22, 23. — inermis typica I "28. — • liberiensis I 24. — Lönnbergi I 10 — 11. — Mangeri I 20—22, Taf. XIX F. 4, 5, Tf. 6. Dichogaster mimns I 14, 32. — nyassana I 2 g, 15, 16 — 18, Taf. XIX F. 17, Tf. 4. — Schomburgki I 18—20, Taf. XIX F. 12—14. Tf. 5. — sokodeana I 30—32, Taf. XIX Fig. 10, Tf. 8. — Stockhauseni I 24—27, Taf. XIX F. 18—21. — taborana I 2 g, 14, 15—16, Taf. XIX F. 15, 16, Tf. 3. — iifipana I 2 g, 11—13, 14, Taf. XIX F. 11, Tf. 2, II 5. — wangaensis I 2 g. Diplocardia coramimis 11 5. — Eiseni II 5. Eminoscolex I 3 g, II 41, 48. Eminoscolex variabilis II 41. Eudrilinae I 2 g. Eiidriloides II 35. Eudriloides albus II 32 — 33, 34, 35. — caUichaetus II 33, 33 — 34. — Gnu II 30—32, Taf. I F. 34 — rninutus II 35. Eudrilus I 2 g, II 38, 40, 42— 43 g. Eudrilus [Büttneri] II 39. — Eugeniae II 39, 39 g, 42—43. — kaJ7ieruii.ensis II 39, 42 — 43. — pallidus II 39, 39—40. — pallidus atakpamensis II 40, 42 — 43. — • pallidus Büttneri II 39, 42 — 43. — pallidus typicus II 39, 40, 42 — 43. — [roseus] II 39. — Simplex II 37—38, 42—43, Taf. 1 F. 3, 4. — [srjlvicola] II 39. Eupolytoreulus I 3 g, II 48. Eupolytoreutus armatus I 3 g, II 46 — 48, Taf. I F. 12—14, Tf. 11. — 63 Eiipolytoreiilus Graueri 11 48. — Schubotzi 11 48. Gordiodrilus I 2 g, 11 3 — 5, 7. Gordiodrilus Chuni II 7—9, Taf. II F. 17, Tf. 13. Gordiodrilus [ditheca] 11 5. — Doriae II 5. — elegans II 3, 5, 7. — Habessinus II 5—7, Taf. II F. 30, 31, Tf. 2. — Luykerleni II 3, 4, 9—12, Taf. 11 F. 21, Tf. 4. — rohustus II 4, 12. — Staudei II 5. — tenuis II 5, 15. — togoensis II 4, 12—14, 15, Taf. II F. 22. 23, Tf. 5. — zanzibaricus II 5, 7. Helodrilus ( Allolobophora) cnliginosus ti/pirus und trapezoidcs II 61, 61 g. — (Eiseniella) tetraedrns lypiciis u. hcnimsis- II 60, 61 g. Hyperiodrilus ajricanus II 41, 41 g. f Uyodrilus] 1 5. [ Ilyodrilus] coccinens 1 5. Ä>7t/« I 2 g, II 2— 3 g. Kerria Garmani 11 2. — Gunningi 1 2 g, II 1—2. Tf. 1. Lihyodrilus 1 2 g, II 27. Libyodrilus violaceus II 27. Lumbricillus lineatus I 5. [ Lurnhricas] lineatus 1 4. [Megachaeta] alba II 32. / — ] tenuis II 35. [ Megachaetina] alba 11 32, 35. — tenuis II 35. Megascolex I 14. Mesenchytraeus 1 5. Meladrilus Bittkaui 11 22—26, Taf. II F. 26—29. — Rukajurdi II 26. Monopylephorus 1 2 g. Monopylephorus africanus 1 2 — 3 g, ö — 7, Tf. I, II Taf. II F. 18. — lacteus I 7. — ■ rubroniveus I 4. f Nannodrilus] II 3, 4. [ Nannodrihis] africanus 11 3, 4. / — ] j/hreoryctes 11 4. A — y Staudei II 3, 4, 5. Nematogenia I 2 g. Nemertodrilus 11 27. Nemertodrilus Kellneri I 3 g. Neumanniella 1 3 g, 11 43. Neunianniella uvquatorialis II 45, 46. Neumanniella Fromnii I 3 g, II 41 — 4($, Taf. I F. 6, 7. Ocncrodrilinae I 2 g. Ocnerodrilus I 2 g. [ Pachydrilus] I 4. [ Pachydrilus germanicusj 1 4. A — rivalis] 1 4. Pareudrilus II 24. Pheretima I 14. Pheretitna heterochaeta I 9, 9 g. Platydrilus I 3 g. Platydrüus Agnes I 3 g, 11 19—22, Taf. I F. 5. Tf. 8. / — ] callichaetus II 33, 35. — Sandersi II 21. Polyioreutus I 3 g, II 48, 50, 55. Pnlytoreutus annnlatus II 51 — 53. — Eichelbaumi II 55. — Finni II 55. — Füllebor ni II 50. — gregorianus II 55. — Hindei II 55. — Hiibnen II 48—5«, Taf. I F. 8—10. — kenyaensis II 53. — kilindinensis II 55. — minutus II 53 — 55. — violaceus 11 55. — ciolaceus typicus 11 55 — 56. — violaceus variabilis 11 55 — 56. Pygmaeodrilus 1 2 g. II 4, 7. Pygmaeodrilus Paulae II 4. 15 — 17, Taf. II F. 32, 33, Tf. 6. — quilimanensis II 4, 16 — 17. — rhodesiensis W 17—19, Taf. II F. 24, 25, Tf. 7. [ Reithrodrilus] ntinulus II 35. [ Rhizodrilus] I 4. I Rhizodrilus] lacteus I 6. Rhyacodrilas I 5. Rhyacodrilus coccineus I 5. I Siphonogaster] Millsoni II 59. f Stuhlmannia] Sandersi II 21. ■f T aupodrilus] 1 5. Teleutoreutns II 48. Trigastrinae 12 g. Tubificidae 13 g. / Vermiculus] I 4. [Vermiculus pilosus] I 4. Tafel I. Zoologica. Heft 08. Tafelerkläriing. Tafel I. Fig. 1. Chuniodrilus Schombiirgki n. sp. Weiblicher Ausfülirapparat der linken Seite; ^%. ds 13/14 = Dissepiment 13/14, el = Eileiter, es = Eiersack, et = Bitrichter, sk = Samenkämmerchen. Fig. 2. — Distales Ende einer Penialborste; ^""/i- Fig. 3. Eudrilus sim.plex n. sp. Weiblicher Geschlechtsapparat der rechten Seite; %. ap = Samentaschen-Ampulle, at = Samentaschen-Atrium, ds 12/13 = Dissepiment 12/13, dv = Samen- taschen-Divertikel, es = Eiersack, est = Eiersack-Stiel, os = Ovarialschlauch, ov = Ovarium. Fig. 4. — Gürtelregion von der Ventralseite; Vi- Fig. 5. Plaiydrilus Agnes n. sp. Distales Ende einer Penialborste; ^^°/\. a = Umriß eines Querschnittes durch dasselbe. Fig. 6. Neumanniella Frommi n. sp. Weiblicher Geschleclitsapparat; Vi- ap = Samentaschen-Ampulle, at = Samentaschen-Atrium, es = cölomatischer Schlauch, ds 12/13 = Dissepiment 12/13, el = Eileiter, es = Eiersack, et = Eitrichter, oeb = Ovarial-Eitrichterblase, oi' = Ovarium, es = Verbindungsschlauch. Fig. 7. — Prostaten- Apparat; 7i- hp = Bursa propulsoria, pr = Euprostata. sl = Samenleiter. Fig. 8. Polytoreutus Hübneri n. sp. Medianer und rechtsseitiger vorderer Teil des weiblichen Geschlechts- apparats; Vi. el = Eileiter, es = Eiersack, et = geschlossener Eitrichter, ga = vorderer Gabelast der Samentasche, st = Samentasche, es = Verbindungssclilauch. Fig. 9. — Prostaten- Apparat; %. bp = Bursa propulsoria, pa = Prostaten- Anhang, pr = Euprostata, sl = Samenleiter, (J = männlicher Perus. Fig. 10. — Samentasche, von der Seite; Vi- ap = Samentaschen-Ampulle, at = Samentaschen-Atrium, dv = Samentaschen-Divertikel, es = Verbin- dimgsschlauch. Fig. 11. Eiidrüoides Gnu n. sp. Distales Ende einer Penialborste; 2'^%. Fig. 12. Eupolytoreuius armatus n. sp. Weiblicher Geschlechtsapparat und Prostaten-Apparat von oben; Vi- Buchstabenbezeichnung wie in folgender Figur. Fig. 13. — Dasselbe von unten; Vj. at = Samentaschen-Atrium, hp = Bursa propulsoria, es = cölomatischer Sack, ds 12/13 = Dissepiment 12/13, dv = Samentaschen-Divertikel, el = Eileiter, es = Eiersack, et = Eitrichter, oeb = Ovarial- Eitrichterblase, ov = Ovarium, pbs = Penialborstensack, pr = Euprostata, rt = Retraktoren des Penialborstensackes, sk = Samenkämmerchen, sl = Samenleiter, st = Samentasche, sip = Samen- taschen-Porus, es = Verbindungsschlauch, $ = männlicher Porus. Fig. 14. — Distales Ende einer Penialborste; ^v^. Fig. 15. Borgertia papillifera Mich. Distales Ende einer Penialborste von vorn; ^*/i. Fig. 16. — Distales Ende einer Penialborste von der Seite; ^^Vi- Zoologica Heft LXVHI. Taf. (bij li 'A'M:.•h^el•..'^. ,;e-. ■l Sc!twii2-'-ba''is:}u 'tirijx-i^huuuhiindluriij.Ni^ujrif a I/.''i)iWfsser. Sm-taurt ;*'>".?■' !L Wuiu:': F^a.-.'^u'^'. V'^ Tafel II. Zoologica. Heft 68. Tafelerkläruug. Tafel II. Fig. 17. Gordiodrilus Chuni n. sp. Region des mannlichen Geschlecht sfeldcs von der Ventralseite; -%. Fig. 18. Monopijlephorus africanus n. sp. Linksseitige Hälfte der Geschlechtsregion durch einen Sagittal- schnitt zur Anschauung gebracht, etwas scheniatisch ; "Vi- at = Samenleiter-Atrium, ds 9/10 — 11/12 = Dissepiment 9/10 — 11/12, hd = Hode, kl — Kopulalions- tasche, hf = Leibeswand, ov = Ovarium, pb = Penialborsten, pr = Prostatadrüsen, sl = Samen- leiter, sp = Samentasche, spph = Spennatophoren, st = Samentricliter. Fig. 19. Alma pooliana n. sp. Vorderkörper von der Ventralseite; %. gbn = Geschlechtsborstennäpfchen, pp = Geschlechtslappen-Papillen. Fig. 20. — Distales Ende einer Geschlechtsborste; *-Vj. Fig. 21. Gordiodrilus Luyherleni n. sp. Samentasche: ^%. Fig. 22. Gordiodrilus togoensis n. sp. Samentasche; -Vi- Fig. 23. — Distale Partie des männlichen Ausführapparates und der Prostaten, im optischen Neben- sagittalschnitt, schematisch; ^Vi- bp = Burja propulsorla, hv = Leibeswand, /)/•' = vordere Prostata, pr^ = hinter: Prostata, sl = Sameideiter. Fig. 24. Pygmaeodrilus rhodesiensis n. sp. Distales Ende des rechtsseitigen männlichen Ausführapparates und der Prostata; '%. p = Penis, pr = Prostata, sl = Samenleiter. Fig. 25. — Samentasche; ^Vi- Fig. 26. Metadrilus BiUkaui n. sp. Prostaten- Apparat von der Unterseite; ^"^f^. ag = Ausführgang der Penialborstensäcke, pbs — Penialborstensack, pr = Euprostata, n = Retraktor des Penialborstensackes. Fig. 27. — Penialborste eines halbreifen Exemplares; ^^Vi. Fig. 28. — Weiblicher Geschlechtsapparat; i%. at = Samentaschen-Atrium, es = cölomatischer Sack, eft', eb- = Eitrichterblasen, elK eP = Eileiter, es\ es- = Biersäcke, ov — Ovarium, vs = \'erbindungsschlauch. Fig. 29. • — Weiblicher Geschlechtsapparat eines jüngeren Stückes; ^%. Buclistabenbezeichnung wie bei voriger Figur. Fig. 30. Gordiodrilus Hahessinus n. sp. Samentasche; *%. Fig. 31. — Querschnitt durch den Ausführgang einer Samentasche; ^^,\. Fig. 32. Pygmaeodrilus Paulae n. sp. Samentasche von der Unterseite; ^Vi. Fig. 33. — Distales Ende des linksseitigen männlichen Ausführapparats und der Prostata; ^%. ag = Ausführgaug der Prostata; bp = Bursa propvdsoria, pr = Drüseiiteil der Prostata, sl = Samenleiter, vd = Verdickung am distalen Ende des Samenleiters. Zoologica Heft LWIII Taf.U. 701 'V :9. 3. Regio otica und Regio occipitalis. Drei Merkmale geben der Regio otica ihr charakteristisclies Gepräge, nämlich erstens die Stellung der Schneckenkapseln, die einander stark genähert und nach unten verlagert sind, zweitens die auffallende Loslösung der Pars canalicularis vom umgebenden Knorpelkomplex und drittens die ungewöhnliche Höhe und Steilheit der Schädelseitenwand oberhalb der Capsula auditiva. Ziehen wir nun noch die Gehörknöchelchen in den Kreis der Betrachtung, so fällt sofort auf, daß der Ein- gang zur Paukenhöhle so eng ist, daß Ambos und Stapes fast hermetisch von der Außenwelt abge- schlossen erscheinen. Gleich hier möchte ich auch darauf hinweisen, daß bei unserem Primordial- schädel die Regio occipitalis mit der Regio otica so eng verbunden ist, daß ihre Besprechung im Zusammenhange erfolgen soll. Die Gesamtheit der Regio otica läßt sich nicht ohne Schwierigkeit in der üblichen Weise in B a s a 1 p 1 a 1 1 e, Capsula auditiva und L a m i n a s u p r a c a p s u 1 a r i s teilen, denn wenn auch die beiden letzten leicht von einander zu trennen sind, so ist eine Trennung von Basal- platte und Ohrkapsel — wenigstens soweit es sich um deren cochlearen Teil handelt — nicht ohne weiteres möglich: geht doch fast die ganze Dorsalwand der Pars cochlearis architektonisch ganz homogen in die Oberseite des planum basale über (Tafelfig. 3). Erst auf Schnittbildern erkennt man, daß die ,, Loslösung" auch des cochlearen Teils von unten her schon recht weit vorgeschritten ist. Die Pars otica der Basalplatte hat also auf dem Modell stellenweise scheinbar einen viel zu breiten Durchmesser. Die Verhältnisse werden deutlicher, wenn ich auf die beim Primordialkranium von Balaenoptera (de Burlet 1914, 1) deutlich vorhandenen Pissurae basicochleares hinweise, die dort eine exakte laterale Begrenzung der Basalplatte ermöglichen. Genau wie bei Balaenoptera finden sich auch hier flügelartige laterale Fortsätze der Basalplatte, die die oralen Pole der Schnecken- kapseln überlagern. (Lamina supracochlearis Fig. 20.) Die einheitliche, nur schwach konkave Fläche, die aus der Basalplatte + der ge- nannten dorsalen Wand der Cochlea (bzw. + d e n L a m i n a e s u p r a- cochleares) gebildet wird, hat etwa c[uadratische Form. Ihre Lage wird charakterisiert durch ihre vier Ecken, als die wir vorn die beiden Carotidenlöcher, hinten die medialen Enden der Foramina jugularia ansehen können. Vorn geht die Fläche in steilem Knick in die Fläche der Fossa hypo- physeos über, getrennt durch eine nicht sehr scharfe Kante, die bereits als Crista transversa bezeichnet wurde. Seitlich entsendet die genannte Fläche je zwei breit ansetzende und sich verschmälernde Fortsätze: proximal einen breiteren an den dorsolateralen Pol der Schneckenkapsel, der auch homo- kontinuierlich mit der später zu besprechenden Commissura suprafacialis in Verbindung steht, und weiter kaudal, durch ein weites ins Innere führende Foramen (For. acusticum inferius) getrennt, eine schmälere Knorpelbrücke zum medialen Teil der Pars canalicularis, die etwa gerade zum Foramen endolymphaticum hingeht. Die kaudale Begrenzung dieser ziemlich flachen Brücke bildet zugleich — 19 die luedial-vordcre Begrenzung des hier außerordentlich großen Foramen jugulare. — Hinten geht die Pars otica des Planum basale ganz unmerklich in die der Occipitalregion angehörende basale Knorpelmasse über. Es bleibt uns noch die Betrachtung von unten, oder richtiger gesagt: schräg von vorn und unten. Diu'ch die schon bei Besprechung der vorigen Region erwähnte Knickung der basalen Knorpel- teile, die in der Regio otica freilich nur noch schwach zunimmt, hat sich die Schädelaehse um etwa 45 " gegen die Gerade gedreht, die wir von der Rostrumspitze bis zum Ende der Regio ethmoidalis als Achse ansehen können (Tafelfig. 1). Da nun die Frontalschnitte senkrecht zu dieser ersten Achse geführt wurden, so sind die Schnitte durch die Regio otica nicht meht im strengen Sinne als Querschnitte zu bezeichnen, da sie natürlich gleichfalls nur um etwa 45 " — anstatt 90 " — gegen die basale Achse geneigt liegen. Die Folge davon ist, daß alle scheinbar rein dorsoventralen Maße auf den beigegebenen Querschnittbildern zu groß sind. Das Modell zeigt uns, daß auf ,, wahren" Querschnitten der Höhendurchmesser den Breiten- durclimesser nie übersteigt, auch wenn wir diesen Betrachtungen die enge Definition der Balken- platte zugrunde legen. Der stumpfe Kiel, den wir schon auf der kaudalen Fortsetzung des Inter- orbitalseptums ventral antrafen, setzt sich auch hier weiter fort, indem er immer mehr abflacht, um weiter kaudal — etwa zwischen den Schneckenkapseln — zu verschwinden. Wir wenden uns jetzt zur Betrachtung der Capsula auditiva. Bei der Deutung ihrer Teile machte sich die Jugend des bearbeiteten Embryos öfters sehr störend bemerkbar. Die bekannten einzelnen Hohlräume des inneren Ohrs sind zum Teil noch sehr wenig differenziert, der sie trennende und umgrenzende Knorpel ist auch noch sehr jung und stellenweise ohne scharfe Begrenzung. Die genannten Um- stände, zu denen sich noch das (färberiscli) sehr schwache Hervortreten des nervösen Gewebes gesellt, erschwerten natürlich die Deutung sehr. Ich habe mir schließlich durch Anfertigung eines plastischen Modells des häutigen Labyrinths zu helfen gesucht (Fig.9). Bei der Betrachtung der Gesamtform der Ohrkapsel fällt uns die ganz besonders weitgehendeTeilung in eine medial-vordere Pars cochlearis und eine lateral-kaudale Pars canalicularis auf. Die Trennung beider Teile bewirkt dorsal die ausgedehnte Rinne, die schon außerhalb des Foramen suprafaciale beginnt, durch diese Öffnung hindurchgeht und bis zum medial-kaudalen Ende des Foramen acusticum inferius zieht (Meatus auditorius internus). Proximal werden beide Teile getrennt durch den hier ganz merkwürdig verlagerten Eingang zur Paukenhöhle, unten und teilweise hinten durch ein sehr großes Foraraen perilymphaticum. An Volumen dürften beide Teile etwa gleich sein während die größere Oberfläche der Pars cochlearis mit ihrer auffallend flachen, nierenförmigen Gestalt zuzusprechen ist. Eine knorpelige Verbindung beider Teile findet sich nur an wenigen Stellen. Die relativ schmale Knorpelbrücke, die das Foramen suprafaciale vom Foramen ovale und von der Paukenhöhle trennt, ist die am meisten ausgedehnte Verbindung beider Teile. Eine zweite schmälere . Vua. coiUiar. - S'jcculus ,. Antj} . aiit. - Call. weinbr. an). _ üucl. , eiuloliiiiiph. - Cms commune . Call. vtembr. lat. _ Can. iiieiiibr. post. PiK. t. ID: 1. Fig. 14. Serie IX, Objelvttr. 257. Vergr. 7,.5: 1. Parietale Lainina sufracaps . Can. semicirc. anl. Duct. endolymph. Crus commune Can. seiniciro. post. Vena jugul . Chorda Lamina alarie, Wurzel des Proe. paracondyl . AUas Fig. l.=>. Serie IX, Olijekltr. 366. Vergr. ;,5: 1. nach oben gedrängt. Es hat dann annähernd runden Querschnitt und liegt nur noch oberhalb der Cartilago ductus nasopalatini. Das Größenverhältnis verschiebt sich immer mehr zugunsten des Maxillare, wie Fig. 13 zeigt. Der dorsale plumpe Fortsatz des Incisivum, der beim Em- 30 — bryo V seitlich vom Vorderrand des Nasendaches vorhanden ist, fehlt auch beim Embryo IX nicht und legt sich hier den kompliziert gebauten lateralen Ausläufern des Tectum anterius eng an (Tafelfig. 3). Etwa lateral von der Prominentia superior hört das Incisivum auf, während das Maxillare, nur wenig schmäler werdend, als relativ immer noch dicke, hochgestellte Knochenplatte weiter nach hinten und unten zieht. Auf der beim Embryo IX nicht mehr so einheitlichen Paries superior der Nasenkapsel tritt ein neuer Deckknochen auf (Fig. 8), das Frontale Es zeigt sich hier zunächst als flache, senkrecht stehende Knochenlamelle, die sich auf die Crista lateralis nasi aufstützt. Im Gegensatz zum jüngeren Embryo V erreicht das Frontale hier schon seitlich von der Spina mesethmoidalis fast die Höhe dieses Knorpeldorns, der auch hier zwischen die ventralen Teile der Großhirnhemisphären gleich- sam eingebettet erscheint. Die Frontalia nehmen hier also schon weiter vorn an der lateralen Be- grenzung des Hirns teil. Unterhalb des knorpligen Processus paranasalis, der beim Embryo IX übrigens nicht mehr so deutlich ausgeprägt ist, wie beim Embryo V, liegt dem Maxillare ein kleines, beinahe horizontal liegendes Knochenstäbchen aiif, nämlich das Lacrimal e, und ebendort beginnt lateral vom Maxillare eine relativ kräftige schräg von innen und oben nach außen und unten ziehende Knochen- leiste, das Os zygomaticum. Dieser Deckknochen zieht, sich verschmälernd, nach unten und hinten und gelangt so unter den Bulbus, von dem es nur wenig (etwa um seinen eigenen Durch- messer) entfernt bleibt. Nicht größer ist sein Abstand von der Körperoberfläche. Weiter kaudal finden wir das Zygomaticum in der Basis des Unterlids, wie Fig. 14 zeigt. Unter der Mitte des Bulbus etwa erreicht es sein kaudales Ende. Die Frontalia des älteren Embryos zeigen im allgemeinen die gleichen Formverhält- nisse, wie die am Modell dargestellten Deckknochen, wenigstens in ihrem oralen Verlaufe. Kaudal dagegen ist das Frontale hier in dorsaler Eichtung stark vergrößert, wie die sehr dünne, flache Knochenlamelle auf Fig. 10 zeigt, die unten der Commissura orbitoparietalis anliegt und von da aus dorsalwärts zieht. Das kaudale Ende des Frontale berührt die hier in ihrer Höllenausdehnung etwas reduzierte La- mina sujjracapsularis überhaupt nicht mehr, sondern liegt als äußerst dünne, blattartige Bildung dorsal vom Parietale, das die Verbindung mit der Knorpelwand vermittelt und hier gleichfalls zur latera- len Schädelbegrenzung dient (Fig. 15). Das Parietale tritt hier zum Aiiffallenderweise liegt sein oraler Teil ventral, vom Frontale nämlich lateral von der Stelle, wo die Commissura suprafacialis in die Lamina supracapsularis übergeht. Es ist gleich- falls, wie der kaudale Teil des Frontale, in seinem ganzen Verlaufe ein sehr dün- - Frontale . N. oculomotor. .- N. trochlear. Parielale Squamoswn — liam. aup. n. vestibul N. cochlear. orales Ende des Saccutus ersteU Male auf , Ram. int. n. vestibul. Duct. cochlear. N. facialis Crista parotica Proc. paracondyl. Fig. 16. Serie IX, Objektti-. 337. Vergr. 7,5: 1. — 31 — Frontale Ala orbii. N . trocklear. iV. oculovioior. R, Ophthal m. irig. N. äbducenH Trig. II Eypopkysis Lam. asc. alae tenip. Trig. III N. parabasal. Sguaviosum Qoniale Cav. tuboiynip. Cart. Mechel. Tympanicum Duct. nasophai. (^ _// Byale Fig. 17. Serie I\\ Objekttr. 290. VergT. 7,5: 1. Ftotdalü N. trochlear. Ala orbit. A'. oculomot. li. opthalm. trigem. iV. zygomatk. N. abducens Hypophysis Trigem. II Ala temp. N . parabasal. Trigem. III farasphenoid Sguamosum Goniale Chorda tymp. Cav. iubotymp. Cart. Meckel. Tympanicum Duct. nasophar. „ Hyale 0-^ Fig. 18. Serie IX, Objckitr. 289. Vergr. 7,5: 1. ner flach gewölbter Knochen, der von der Lamina supracapävilaris aus schräg nach hinten und oben bis fast zum Tectum posterius zieht. Hier ragt er etwas über denDorsah-and der Knorpelwand hinaus. Im Vergleiche zum Stadium V ist die hier zu konstatierende Vergrößerung des S q u a m o s u m sehr aufiallend. Sein kaudales Ende liegt als dünne, flache Lamelle der Pars canalicularis der Ohr- kapsel an, und zwar etwa zwischen Prominentia semicircularis anterior und posterior. Es hat also im Vergleiche zum Embryo V schon hier bedeutend an Ausdehnung gewon- nen. Dort reichte das Squamosum nämlich nur bis etwa zur Crista parotica, die hier lateral vollständig von ihm be- decktwird (Fig. 16). Weiter vorn wird das Squamosum kräftiger und setzt die knorplige Begrenzung der Paukenhöhle gewissermaßen fort (Fig. 10). Allmäh- lich bekommt es auf Querschnittbil- dern die Gestalt eines Dreiecks, dessen Seiten nach medial-oben (der Ala tempo- raliszu),medial-unten (dem Meckelschen Knorpel zu) und nach außen gerichtet sind (Fig. 17). Jetzt zieht das Squa- mosum weiter dorsal und wird plumper, ohne zunächst seinen vorwiegend dorso- ventral liegenden größten Durchmesser Frontale Ala orbit, N. trochlear. It. ophthalm. Trig . N. opticus N. oeulorrwtor. Proc. paroptleus Trig. II. Parasphenoid Epithelresl des U lipophysengangs Proc. Zf/goiiiat. sqttainosi Trig. III. Duct. nasophar. Cart. Mechel. Fig. 19. 0- ' Serie IX, Objoktlr. 275. Vergr. 7,5: 1. — 32 — einzubüßen (Fig. 18). Unter dem Auge jedoch wird dieser Processus zygomaticus, wie wir jetzt sagen müssen, bedeutend schwächer (Fig. 19) und endet in der Basis des Unterhds liegend kurz vor dem Kaudalende des Os zygomaticum (vgl. Fig. 14). Die Form und Lage von Vomer, Palatinum und Parasphenoid sowie der oralen Belegknochen des Meckelschen Knorpels hat sich im Vergleiche zum Embryo V nur wenig geändert. Da- gegen zeigt sich im aboralen Verlaufe des Meckelschen Knorpels eine neue Deckknochenanlage, das G 0 n i a 1 e, als flache, wenig ausgedehnte Bildung, die dem Meckelschen Knorpel eng anliegt (Fig. 17 — 18). Daß sie von der Chorda tympani durchbohrt wird, wurde bereits erwähnt. Das T y m p a n i c u m, das beim Embryo V noch sehr wenig differenziert war, läßt hier seine Form schon etwas genauer erkennen. Die Figur 18 zeigt es uns medioventral vom Meckelschen Knorpel und ventral vom tubotympanalen Räume, dem es — wie das Cjoniale lateral — von unten her eng anliegt. Nach hinten zu gabelt sich das Tympanicum deiitlich. Der schwächere laterale Ast bleibt unter dem Meckelschen Knorpel und endet bald, während ein flacher stärkerer horizontaler Teil, der mehr medial liegt (Fig. 17), sich etwas weiter nach hinten erstreckt. Fassen wir die Fortschritte der Deckknochenentwicklung beim Embryo IX gegenüber den jüngeren Stadien noch einmal zusammen, so können wir sagen, daß die Konsistenz der Knochen- anlagen sich nur wenig geändert hat. Die Spongiosa ist überall noch sehr spärlich, das Periost freilich stellenweise viel deutlicher als bei jüngeren Embryonen. Neu hinzugekommen sind als Deckknochen Zygomaticum, Lacrimale, Parietale und Goniale. Bedeutend modifiziert erscheint das Frontale, das kaudal stark vergrößert ist, und vor allem das Squamosixm, das hier erst den bedeutenden Processus zygomaticus entwickelt. Von den enormen Umbildungen, die der k a u d a 1 e Teil des Squamosum im weiteren Verlaufe der Embryogenese erfährt, ist freilich noch nicht die geringste Andeutung festzustellen. Ebenso findet sich auch hier noch keine Spur von dem kräftigen Fortsatz des Maxillare, der bei erwachsenen Bartenwalen bis über das Stirnbein reicht. Deckknochen des Embryo XII. Die Deckknochen des Embryo XII zeigen gegenüber Stadium IX eine Reihe von Form- und Lageverschiedenheiten — sowohl untereinander als auch zu andern Teilen des Kopfskeletts. Die I n c i s i v a zeigen in ihrem oralen Verlaufe allerdings kaum etwas Neues. Weiter hinten jedoch, nämlich oberhalb des Tectum anterius der Nasenkapsel, erscheinen sie jetzt nicht mehr als imdeutlich begrenzte rundliche Knochenstäbe, sondern als schmale, hochgesteUte Leisten. Diese Formänderung erklärt sich durch die Bildung der N a s a 1 i a, die hier im Stadium XII zum ersten Male auftreten und die Enden der Zwischenkiefer seitwärts drängen. Die Nasalia sind kräftige, gedrungene Knochenspindeln, die in ihrer Mitte einen annähernd quadratischen Querschnitt haben. Die paarigen Knochenanlagen liegen stets dicht nebeneinander, ohne jemals zu verschmelzen. Nach hinten zu flachen sie allmählich ab und erreichen ihr kaudales Ende kurz vor dem Sulcus supraseptalis. Auch die M a x i 1 1 a r i a zeigen in ihrem vorderen Verlaufe nichts Ungewöhnliches. Da- gegen bilden sie in der Gegend des Kaudalendes der Incisiva einen scharfen dorsalen Kamm aus, — 33 — der die eben genannten Knochen lateral begrenzt. (Sehr ähnlich bei Balaenoptera: de Burlet 1914, 1, Fig. 25, 26.) Dieser schmale Kamm setzt sich auch nach dem Kaudalende der Incisiva weiter nach hinten zu fort und umschließt nunmehr lateral die Nasalia, noch weiter hinten die oralen Spitzen der Frontalia, die hier oberhalb der Nasalia — also auffallend weit vorn — liegen. Etwa an der Grenze von Pars respiratoria und olfactoria der Nasenkapsel teilt sich der mächtige Knochenbalken des Maxillare in einen lateral-oberen imd einen medial-unteren Fortsatz. Dieser letzte Teil (Processus palatinus) liegt zunächst stets lateral vom Vomer, bis sich der vor- derste Teil des Palatinum dazwischendrängt. Mit diesem zusammen (lateral davon) beteiligt er sich an der Bildung des harten Gaumens. Der Hauptteil des Maxillare zieht schräg nach außen und unten und wird unterhalb des hier viel weiter ventralwärts reichenden Frontale zu einer flachen, liegenden Knochenleiste, die bis unter den vorderen Pol des Augajifels zieht. Kurz vor dem kaudalen Ende dieses Teils findet sich das immer noch sehr kleine L a c r i m a 1 e zwischen Maxillare und Frontale eingeklemmt und medial davon der Anfang des Z y g o m a t i c u m, das ähnlich wie beim Stadium IX verläuft, nur etwas weiter kaudal reicht, so daß es hier zur Berührung von Zygomaticum und Processus zygomaticus des Squamosum kommt. Beide Bildungen liegen eine Strecke lang nebeneinander und zwar das Zygomaticum medial vom Processus zygomaticus squamosi. (Vgl. dazu die abweichende Lage der den Jochbogen bildenden Knochenelemente beim erwachsenen Schädel: Eschricht 1849, Tafel 9, Fig. 2, 3 und True 1904, Tafel 33, Fig. 1.) Der Vomer, der beim Embryo XII nicht mehr so deutlich paarig erscheint, wie bei jüngeren Stadien, reicht sehr weit nach vorn, nämlich beinahe ebenso weit wie die Cartilagines ductus naso- palatini. Wir finden hier also wieder einmal das für Walembryonen so charakteristische Auswachsen von Skelettelementen in rostraler Richtung. Kaudal reichen die Vomeranlagen auch etwas weiter, als bei kleineren Feten, nämlich bis hinter die ventrale Mündung des Canalis craniopharyngeus, der hier beim Stadium XII den basalen Knorpel vollständig durchsetzt. So erklärt sich also die Tatsache, daß bei erwachsenen Barten walschädeln oft ein vollständiger Kanal im Keilbein vorhanden ist, der ventral vom Vomer verschlossen wird. Dieser Verschliiß ist aber, wie wir gesehen haben, sekundär und kann durchaus nicht als Beweis gegen eine Deutung des Kanals als Rest eines iirsprünglichen Hypophysengangs angeführt werden. Die Palatina beginnen, wie schon gesagt wurde, oral jederseits zwischen Vomer und Processus palatinus des Maxillare. Sie unterlagern und umgreifen lateral die paarigen Nasenrachcn- gänge, bis diese verschmelzen. Von da ab werden die Palatina von den Parasphenoiden abgelöst, deren orale Enden sich zwischen die Nasenrachengänge und Palatina eingedrängt haben. (Beim Embryo IX lagen die oralen Enden der Parasphenoide nur unterhalb der Palatina, nicht medial davon.) Das Parasphenoid umgibt also zimächst den einheitlichen Ductus nasopharyngeus schaufeiförmig, um sich weiter kaudal — unterhalb der Wurzel der Ala temporalis — in eine kräftige dorsale Platte und einen ventralen, stark knorpeligen, fast drehrunden Fortsatz zu teilen, der als Hamulus des Knochens aufzufassen ist. Dieser Fortsatz reicht hier schon bis unter den vorderen Pol der knorpligen Schneckenkapsel, während er beim Stadium IX sich eben erst bildete. Konstant ist die Lagebeziehung der Tuben zum Parasphenoid: in beiden Stadien münden sie nämlich medial von der Wurzel des Fortsatzes in den Pharynx und ziehen dann zwischen Corpus und Hamulus des Parasphenoids nach außen. Die Dorsalplatte des Parasphenoids teilt sich bald hinter der Wurzel des Hamulus in einen medialen und einen lateralen Knochenbalken auf, die sich beide kaudalwärts verjüngen. Der Zoologica. Heft 69. 5 — Bi- laterale Fortsatz reicht nicht weiter als der Hamulus und tritt bald in Beziehung zur medialen Lamelle des Squamosum, das hier also zum ersten Male eine Verbindung mit dem Parasphenoid erhält. Der mediale Fortsatz bleibt stets in unmittelbarer Nähe des basalen Knorpels und zieht als schmale dreikantige Knochenspange in dem Winkel zwischen Basalplatte und Schneckenkapsel nach hinten, übernimmt also jetzt gewissermaßen ventral die Verbindung von Schneckenkapsel und Planum basale, da nunmehr im Stadium XII die dorsalen flügelartigen Verbindungsplatten (Planum supracochleare) wiederum rückgebildet werden. Am stärksten entwickelt haben sich im Vergleich zu den Deckknochenanlagen des Stadium IX die F r o n t a 1 i a. Erstens einmal erstrecken sie sich bedeutend weiter nach vorn als bisher : sie reichen nämlich hier bis auf den vorderen Teil des knorpeligen Nasendachs und bedecken mit ihren oralen Enden die Kaudalspitzen der Nasalia. Diese vorderen Teile der Frontalia berühren sich fast in der Medianebene; es sind kräftige Knochenschalen, die von medial-unten — wo sie kolbig verdickt der paries superior der Nasenkapsel aufliegen — schräg nach außen und oben ziehen, Sie umgreifen also die vordersten Teile des Großhirns nicht nur lateral, sondern unter lagern sie auch, und zwar etwa bis zur Gegend der Spina mesethmoidalis. Dieser merkwürdige Teil des Frontale entsteht, wie ich hervorheben will, höchstwahrscheinlich als eine selbständige Knochenlamelle vor und medial von der ursprünglichen Frontalanlage, die sich nur lateral, nicht oberhalb der Nasenkapsel bildete. Daß es sich nicht etwa um ein einfaches Vorwachsen der schon im Stadium IX und V vorhandenen Knochenanlagen handelt, beweist im Stadium XII erstens die Anordnung der Spongiosa und zweitens eine tiefe, von Periost ausgekleidete Spalte, die den massiven Ventralteil des Frontale an dieser Stelle in einen medial-oberen und einen lateral- unteren Abschnitt zerteilt. Für diese Auffassung spricht auch das Vorhandensein einer noch ganz jungen, aber immerhin deutlichen Knochenanlage medial und oberhalb vom Vorderrand des Frontale beim Embryo IX, eine Bildung, die ich nicht deuten konnte, ehe ich den Embryo XII untersucht hatte. Auffallend ist übrigens, daß sich bei dem 105 mm langen Embryo von Balaenoftera acuto- rostrata, den de B u r 1 e t beschrieben hat und der in der Entwicklung der Deckknochen oft stark an den viel größeren Megaftera-^mbxjo XII erinnert, anscheinend keine Spur dieser akzessorischen Lamelle des Frontale findet. Jedenfalls lassen die beigegebenen Mikrophotogramme nichts derartiges erkennen. Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, will ich noch betonen, daß man durchaus nicht anzunehmen braucht, im Frontale sei nunmehr ein fremdes Knochenelement aufgegangen. Jeden- falls ist die Tatsache der ,,polyzentrischen" Entstehung eines Knochens allein — wie G a u p p wiederholt nachgewiesen hat — ,, durchaus nicht ohne weiteres ein Beweis dafür, daß der Knochen vergleichend-morphologisch einen Knochenkomplex darstellt, und die selbständig auftretenden Knochenpunkte sind nicht ohne weiteres als Repräsentanten von morphologisch selbständigen Stücken anzusprechen." (G a u p p, 1915, S. 78.) — In ihrem weiteren kaudalen Verlaufe sind die Frontalia zunächst ähnlich gebaut, wie in früheren Stadien; es sind kräftige Knochenschalen von spitzwinklig-dreieckigem Querschnitt. Seitlich von der Commissura sphenethmoidalis und der Ala orbitalis bilden sie im Anschluß an diese die laterale Begrenzung des Gehirns. Oberhalb des Bulbus beginnt in diesem Stadium der Ventralteil des Frontale lateralwärts auszuwachsen; es bildet sich also der Anfang der starken und breiten supraorbitalen Platte, die das Frontale des erwachsenen Schädels zeigt. Medial vom vorderen Pol — 35 — des Bulbus geht hier übrigens ein kleiner beim Embryo IX noch nicht vorhandener Fortsatz von der medial-unteren Kante des Frontale aus, der dem Kaudalteil der knorpeligen Nasenkapsel lateral stets eng anliegt. Oberhalb des letzten kaudalen Drittels des Augapfels findet sich noch ein weiterer kaudal- wärts gerichteter Fortsatz des Frontale, der im Stadium IX noch nicht abgegliedert war. Das dort noch einheitliche Kaudalende des Frontale erscheint hier also in eine mediale hochstehende Knochenlamelle und einen ziemlich langen supraorbitalen Fortsatz zerlegt. Diese Zerteilung kommt dadurch zustande, daß die mächtigen von der Mandibula ausgehenden Kaumuskelanlagen sich jetzt an der oberen Lateralfläche des Frontale anheften; sie schneiden also von hinten her in das Frontale ein und sprengen gewissermaßen den lateralen Fortsatz von der medialen Lamelle ab. Dieser supraorbitale Fortsatz, der als kaudale Fortsetzung der sich bildenden supraorbitalen Platte auftritt, krümmt sich hinter dem Bulbus etwas nach unten und endet oberhalb des Processus zygomaticus des Squamosum, ohne daß es vorläufig zur Berührung beider Fortsätze kommt. Am erwachsenen Megaptera-fichädel zeigt die supraorbitale Platte des Frontale keinen Ein- schnitt mehr, sondern höchstens noch eine plumpe Verlängerung ihres lateral-kaudalen Endes. Das Kaudalende der dünnen medialen Lamelle des Frontale beim Embryo XII erscheint im Vergleich zum Stadium IX schon wieder etwas reduziert: sie reicht jetzt nur noch bis zur Commissura orbitoparietalis, aber nicht weiter nach hinten. Ihre Funktion, nämlich die seitliche Begrenzung des Cavum cranii oberhalb der Commissura orbitoparietalis und der Lamina supra- capsularis übernimmt hier schon etwas weiter vorn als bisher das Parietale, das in Form und Lage gegenüber Stadium IX kaum etwas Neues zeigt. Stark verändert dagegen erscheint das Squamosum. Sein kaudaler Teil bedeckt als dünne Knochenschale fast die ganze pars canalicularis der Ohrkapsel. Der obere Rand dieses Teils berührt den Ventralrand des Parietale. Weiter vorn — etwa lateral vom Foramen faciale — wird die flache Knochenlamelle zu einem sehr kräftigen Balken, an dessen Ventralseite sich die Gelenkfläche für die Mandibula auszubilden beginnt. Lateral von der oralen Kuppel der knorpeligen Schneckenkapsel teilt sich dieser Balken in eine mediale Lamelle, die sich am seitlichen Abschluß der Fenestra spheno- parietalis beteiligt und bis zu dem lateralen Ausläufer der Parasphenoidplatte zieht (s. o.), und in eines kompakten lateralen Teil, der — sich ganz allmählich verjüngend — nach vorn zieht und zum Processus zgyomaticus wird. Daß der Jochbogen im Stadium XII zum ersten Male geschlossen auf- tritt, wurde schon erwähnt. Die M a n d i b u 1 a reicht beim Embryo XII oral bis zur Vereinigung der Meckelschen Knorpel. Auch kaudal ist sie jetzt stark vergrößert: beim Embryo IX erreichte sie schon ventral vom Augapfel ihr Ende- (Fig. 14, 19), während ihr kaudaler Gelenkfortsatz jetzt ventrolateral von der Schneckenka^jsel liegt. Dieses Endstück enthält sehr viel Knorpel. Auch noch manche andere Knochen, die bisher als reine ,,Bindegewebsknochen" entstanden, zeigen jetzt in ihrem Innern stellenweise Knorpelgewebe, keiner aber so viel und so deutlich wie die Mandibula. 6. Verlauf der Hirnnerven. Es wurde bereits erwähnt, daß die Untersuchung der Nerven des Embryo V Schwierigkeiten machte. Einzelne, wie z. B. der Facialis und Trigeminus, ließen sich auf den Schnittserien gut ver- folgen, feinere Aste dagegen nur schwer oder gar nicht. Erfreulicherweise ergab die Untersuchung der Schnittserie IX (Embryo von 11,4 cm Rückenlänge) ein günstigeres Resultat. Daher lege ich die Schnitte dieser Serie der nun folgenden Beschreibung und Abbildung fast ausnahmslos zugrunde. Prinzipielle Verschiedenheiten im peripheren Verlaufe der einzelnen Hirnnerven haben sich bei den älteren Altersstufen angehörigen Embryonen nicht gezeigt. Beim jüngsten Embryo III liegen freilich manche Teile noch mehr zentral, so z. B. das Ganglion Gasseri, das hier noch halb in der pri- mären Schädelhöhle liegt. Der Nervus olfactoriusist bei den beiden Embryonen äußerst kurz, relativ viel kürzer, als bei älteren Feten oder Erwachsenen, wie die Abbildungen von Megapteragehirnen bei G u 1 d b e r g (1885, Tai. II, Fig. 17) und Reinhardt-Eschricht (1869, Tai. IV) beweisen. Er muß also, obgleich er bekanntlich rudimentär wird, im Laufe der Embryonalentwicklung noch erheblich wachsen. Bei den hier untersuchten Embryonen liegen die Lobi olfactorii als breite flache Gebilde unter dem sie überwölbenden Großhirnlappen auf den Anfängen der knorpeligen Siebplatte und entsenden senkrecht nach unten und etwas kaudalwärts durch das offene Foramen cribrosum zahlreiche feine Fäden an die Riechschleimhaut (Fig. 5). Die Nervi optici treten als starke Nervenstränge aus dem Foramen opticum, das sie mit ihren häutigen Scheiden fast vollkommen ausfüllen. Zunächst laufen sie nun schräg nach außen, vorn und oben über die als Processus paropticus bezeichneten Knorpelvorsprünge, biegen aBer sehr bald in sanfter Krümmung nach unten, vorn und außen und ziehen zum Bulbus. In ihrer unmittel- baren Nähe verläuft der Nervus ophthalmicus sowie der fortlaufende Ast des Oculomotorius, der erste oberhalb, der andere unterhalb vom Sehnerven. Beide laufen an dieser Stelle annähernd parallel zueinander nach vorn und kreuzen den Nervus opticus in einem fast rechten Winkel (Fig. 19). Der Nervus oculomotorius entspringt jederseits als schwacher Nerv vom Boden der Großhirnschenkel. Die beiden Wurzeln (rechts und links) sind im Verhältnis zum erwachsenen Tiere weit voneinander entfernt: ihr Abstand beträgt hier nämlich etwa die Hälfte, beim er- wachsenen Tiere jedoch nur ein Viertel der Gehirnbreite. Von der Lage der Wurzeln kann man sich einen Begriff machen, wenn man sie sich auf einer Geraden denkt, die die beiden wellenförmigen Ausläufer der Lamina supracapsularis (kaudal vom Hinterende der Frontalia) miteinander verbindet. Von dieser aufiallend weit dorsal gelegenen Ursprungsstelle zieht der Oculomotorius nunmehr schräg nach vorn und unten (Fig. 16), zugleich ein wenig nach außen. Er verläuft über die lateralen Teile des Pons und damit über die Ursprungsstelle des Trigeminus, auf dessen Dorsalseite er von nun an lange verbleibt. — 37 — Beim Vergleich mit den Lagebeziehungeu, die sich beim erwachsenen Gehirn finden, mag die Lage der Oculomotoriiiswurzeki k a u d a 1 vom Trigeminusansatz am Pons befremden. Diese Verlagerung ist durch die embryonale Hirnknickung zu erklären. Oberhalb des Trigeminus zieht nun der Oculomotorius ins Cavum supracochleare, und zwar medial von dem Vorsprung der Lamina supracapsularis, der von hinten und obenher sich dem Temporalflügel entgegen neigt. Oberhalb des Vorderrandes der Ala temporalis gibt der Oculomotorius seinen Ramus dorsahs ab, der deutlich einen dorsalen Augenmuskel innerviert. Schon vorher nähert er sich dem Ramus ophthalmicus trigemini und legt sich ihm eng an. Etwas weiter vorn gesellt sich noch der Abducens zu diesem Nervenpaar, so daß eine kurze Strecke lang der Ophthalmicus, Oculomotorius und Abducens unmittelbar übereinanderliegen, und zwar der Ophthal- micus dorsal, der Abducens ventral, und der Oculomotorius in der Mitte. Der Oculomotorius ist nämlich in oralen Teile des Cavum epiptericum vom Ophthalmicus, dem er zunächst auflag, gleichsam herabgeglitten (um dessen mediale Seite herum) und liegt dann direkt unter ihm. Betrachten wir Schnitte, die nur wenig oral von den eben beschriebenen liegen, so zeigt sich, daß jetzt die Berührung mit dem Ophthalmicus aufgehört hat, dagegen liegt immer noch unter dem Oculomotorius der Abducens, der hier sein peripheres Ende erreicht. Nunmelu" ziehen Ophthalmicus und Oculomotorius in der oben geschilderten Weise ober- und unterhalb des Sehnerven vorbei. Der Oculomotorius zieht noch ein wenig oral war ts; dann biegt er nach unten um und verzweigt sich sehr deutlich im ventralen schiefen Augenmuskel (Ramus ventralis). Damit erreicht der Oculo- motorius sein peripheres Ende. Die Lage der Wurzel des Trochlearis, des zweifellos schwächsten Hirnnerven der Bartenwale, kann ich nicht mit Bestimmtheit angeben. Zuerst feststellen läßt sich dieser Nerv als sehr dünnes Gebilde genau lateral von der Oculomotorius würze! , und zwar in der Mitte zwischen dieser und der knorpeligen Schädelseitenwand. Während des intrakranialen Verlaufs bleibt nun der Trochlearis, wie de Burlet (1914, 1) es auch für Balaenoftera angibt, stets lateral vom Oculo- motorius (Fig. 10, 16) und tritt auch lateral und ziemlich nahe von diesem Nerven ins Cavum supra- cochleare. Jetzt steigt der Trochlearis allmählich auf die Dorsalseite des Ocidomotorius und bleibt von nun an dauernd der am meisten dorsal liegende Hirnnerv der Orbitotemporalregion. Er ist auf Schnittbildern zunächst dorsal vom Oculomotorius, später — während dessen Verlauf unter dem Ophtalmicus — dorsal von diesem letzten Nerven (Fig. 19) und ventrolateral vom Oberrand der Ala orbitalis zu finden. Li noch weiter oral gelegenen Teilen liegt der Trochlearis unter der Mitte des Os frontale und zwar beinahe in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Deckknochenanlage, bis er in den Musculus obliquus superior von oben her eindringt (Fig. 14). Der Trigeminus, der unstreitig stärkste Nerv, entspringt beim Embryo IX über der Lamina supracochlearis seitlich aus oralen Teilen der Brücke, zieht auf die laterale Kuppel der knorpeligen Schneckenkapsel und schwillt allmählich kaudal \^on der Ala temporalis zu einem typisch halbmondförmigen und im Gegensatz zu Balaenoftera einheitlichen Ganglion an, das sich dem Pro- cessus ascendens des Temporalflügels von innen, hinten und außen her anlegt. Schon oberhalb der Ala geht von der Dorsalseite des oberen Astes ein relativ schwacher Ramus ophthalmicus ab, der zunächst stets dorsal vom Ramus maxillaris verbleibt. Dieser letzte Ast ist auffallend stark, von fast kreisrundem Querschnitt und zeigt noch längere Zeit teilweise gangliösen Charakter. Der Ramus mandibularis endlich ist ebenso kräftig wie der Ramus maxillaris und zieht ventrolateral vom Processus ascendens aus dem Cavum epiptericum heraus. Dabei liegt er eng an — 38 — einer sehr flachen konkaven Ausbuchtung des Temporalflügels, den wir mit de B u r 1 e t als Incisura ovalis bezeichnen. Auch der Ramus mandibularis, der einen oblongen Querschnitt mit dorso- ventraler größter Achse hat, zeigt in seinem oralen Verlaufe noch weiter Ganglienzellen, die freilich hier nicht so weit peripher liegen, wie beim Ramus maxillaris. Der Verlauf des Ramus ophthalmicus wurde schon im Zusammenhang mit dem Verlaufe des NerATus oculomotorius geschildert. Zu erwähnen ist noch, daß er, nachdem er mit den übrigen Augenmuskelnerven bis zum Bulbus gezogen ist, am Vorderrand des Augapfels lateralwärts abbiegt und hier deutlich mehrmals Fasern in das obere Augenlid entsendet. Der fortlaufende, nicht mehr sehr kräftige Stamm teilt sieh in einen dorsalen und einen ventralen Ast, die sich beide in der äußeren Haut verzweigen. Ein Nervus ethmoidalis läßt sich nicht nachweisen und ist auch anscheinend nicht vorhanden. Vom Ramus maxillaris geht oral von der Ala temporalis als erster Ast ein Nerv ab, der als Nervus zygomaticus zu bezeichnen ist. Der Ramus maxillaris liegt hier oberhalb des Parasphenoids und ziemlich genau lateral von der Mitte des knorpeligen Interorbitalseptums. Er enthält im Innern noch Ganglienzellen und ist außerordentlich kräftig, nämlich etwa ebenso stark wie der Meckelsche Knorpel ! Der Nervus zygomaticus biegt sofort rechtwinklig nach oben ab und tritt in Beziehung zum Ramus ophthalmicus (Fig. 18), mit dem er sich durch einen Zweig verbindet. Darauf biegt er jedoch sogleich wieder nach unten, hinten und außen ab und zieht an der kaudalen Kalotte des Bulbus entlang zum unteren Augenlide, in das er sich allerdings nicht hinein verfolgen läßt. Als zweiter wichtiger Ast des als Ramus infraorbitalis fortlaufenden Maxillaris-Stammes ist der Nervus sphenopalatinus zu nennen. Der Stamm des Maxillaris liegt hier noch auf dem oralen Teile des Parasphenoids, kurz vor dem kaudalen Ende des Palatinum, und gibt medial einen Ast ab, der sogleich die stark verzweigten Ganglia sphenopalatina bildet. Diese Ganglien liegen typisch medial (und dorsomedial) vom Nervus infraorbitalis, also zwischen ihm und den basalen Knorpel- teilen, und entsenden einige für die Topographie des knorpeligen Walschädels wichtige Nerven, näm- lich den Nervus parabasalis (Vidia- nus) und den Nervus septi narium. Der Nervus parabasalis geht von dem am meisten kaudal ge- legenen Knoten des Sphenopa- latingeflechtes aus und wendet sich sofort nach hinten und unten. Er zieht nun als einheitlicher Nerv in dem annähernd rechten Winkel, der vom Parasphenoid und dem basalen Knorpel gebildet wird, nach hinten, rückt allmählich immer weiter ventral und gelangt so unter der Wurzel der Ala temporalis unmittelbar zwischen diese und das kaudale Ende des Parasphenoids (Fig. 18). Er Frontale Comm. orbilopariet. (Sgl. semilunare Lamina supracocMear. N. petros. superfic. Suct. cochlear. Squatnosum Cart. M ecket. Cav. tymp. Fig. 20. Serie IX, Objektiv. 310. Vergr. 7,5:1. — 39 — liegt nun medial vom Ramus mandibularis oder (weiter kaudal) medial vom unteren Teil des Ganglion semilunare und verbindet sich mit starken nervösen Geflechten (Nervus petrosus profundus), die teilweise zusammen mit der Carotis in dem Winkel zwischen Schneckenkapsel und Basalplatte herauf- gezogen sind. Von hier aus zieht der Nervus petrosus superficialis major, wie dieser Teil des Nervus parabasalis jetzt zu bezeichnen ist, stets genau lateral von der dorsalen Kuppel der knorpeligen Schneckenkapsel nach hinten (Fig. 10, 20) und dringt dann, immer eng am Knorpel der Schnecken- kapsel bleibend, in den Raum unterhalb der Commissura siiprafacialis ein, wo er sich in einem spitzen Winkel mit dem Facialis verbindet, der hier sein Ganglion geniculi bildet. Auf die Bedeutung speziell des zuletzt geschilderten Verlaufes werde ich im vergleichenden Teile zurückkommen. Wir wenden uns nun wieder zum oralen Verlaufe des Nervus sphenopalatinus. Seine Geflechte bleiben stets medial oder mediodorsal vom Ramus maxillaris und ziehen mit ihm zunächst auf die obere, dann auf die laterale Fläche des Palatinums. Medial vom vordersten Teil des Bulbus gibt der Nervus sphenopalatinus einen Ast ab, der sich nach oben und der Mitte zu wendet und in einen oben vom Nasenboden, medial vom Nasenseptum und unten vom Vomer begrenzten Raum zieht. Nachdem dann in Frontalschnitten, die etwas oral von der Spina mesethmoidalis liegen, die Choanen sich mit dem Lumen der Nasenhöhle vereinigt haben, liegt der erwähnte Nerv, der als Nervus septi narium zu bezeichnen ist, jederseits im Bindegewebe zwischen dem unteren Spalt der Nasenhöhle und dem Septum, dorsal von der Kante des Vomer (Fig. 8). Weiter vorn rücken die Nerven etwas mehr dorsal und liegen dann etwa seitlich von der Mitte des Septums, wo sie — von den als Cartilago Jacobson! bezeichneten kleinen Knorpeldornen (vgl. Fig. 22, 23) nur sehr wenig entfernt — ihr peripheres Ende erreichen. Vom Ramus mandibularis ist zu erwähnen, daß er unterhalb und außerhalb des Processus alaris die Schädelhöhle verläßt und als ziemlich einheitliches Gebilde dem Meckelschen Knorpel entgegen schräg nach vorn und unten zieht. Er erreicht ihn etwa am kaudalen Ende der Mandibel und spaltet sich jetzt in drei kompakte Äste (Fig. 14), nämlich zwei laterale übereinander und einen medialen, die noch lange nebeneinander rostralwärts ziehen. Der mediale Ast teilt sich bald; seine ventrale Hälfte geht nach unten ab und verzweigt sich in der Zunge (Nervus lingualis). Der Nervus a b d u c e n s entspringt fast unmittelbar oberhalb der Basalplatte mit mehreren Wurzeln (drei sind nachweisbar) aus einer ventralen Vorwölbung an der Grenze von Medulla oblongata und Pons. Die rechte und linke Ursprungsstelle liegen einander außerordentlich nahe, nämlich fast genau dorsal von den auf Figur 10 sichtbaren Fissurae basicapsulares. Der Nerv zieht nun zunächst lateralwärts bis zum Rande der Oberfläche der Schneckenkapsel (bzw. auf den lateralen Rand der Lamina supracochlearis) und biegt jetzt, immer im Kontakt mit dem darunter liegenden Knorpel, nach vorn um. Er liegt jetzt medial vom Ganglion semilunare und zieht oberhalb der Commissura alieochlearis, fast parallel zu ihr und natürlich lateral von der Carotis, nach vorn, außen und oben, wobei er sehr nahe an den jetzt schon getrennt laufenden Ramus maxillaris trigemini gelangt, dem er medial beinahe anliegt (Fig. 17). Weiter vorn finden wir ihn dorsal von diesem Nerven und ventral von Ophthalmicus und Oculomotorius. Mit dem letzten verläuft er eine Strecke zusammen in direkter Berührung. Kurz bevor es nun zu der mehrfach erwähnten Kreuzung der genannten Augenmuskelnerven und des Sehnerven kommt, biegt der Abducens lateral ab und ver- zweigt sich in den Muskelanlagen, die sich medial am Bulbus ansetzen und als Retraktoren des Augapfels anzusehen sind. Der Nervus facialis entspringt mit mehreren Wurzeln von der ventrolateralen Fläche — 40 — Frontale Parietale der MeduUa (gleich hinter dem Pons) und zwar medial vom Foramen faciale. Er zieht sofort unter die Commissura suprafacialis, wo die Portio intermedia, die sich deutlich als ein besonderer Nervenstrang oberhalb und lateral vom eigentlichen Facialisstamm unterscheiden läßt, das außer- ordentlich langgestreckte Ganglion geniculi entwickelt. Es beginnt unter der Commissur und zieht bis in den vordersten dorsalen Teil der knorpeligen Paukenhöhle mit hinein, wo es den Nervus petrosus superficialis aufnimmt. Der Facialisstamm zieht, der lateralen knorpeligen Begrenzung der Paukenhöhle sehr eng anliegend, zwischen Steigbügel und Crista parotica schräg nach unten und hinten ins Innere der Paukenhöhle. Ventral vom Steigbügelende und medial von der Wurzel des Hyale biegt er wieder nach vorn um und gibt einen ziemlich starken Zweig ab, der mitten auf dem breiten Processus paracondyloideus nach hinten läuft, sich dort teilt und bald an der lateralen Wand der Vena jugularis verzweigt, die hier mediodorsal vom Processus paracondyloideus liegt. Der Facialis liegt nun in seinem weiteren peripheren Verlaufe direkt zwischen Hyale und Processus paracondyloideus und zieht, nachdem dieser Fortsatz sein orales Ende erreicht hat, auf die laterale Seite des Reichert- schen Knorpels. Hier ent- sendet der Facialis die Chor- da tympani (Fig. 21), die sofort scharf nach oben ab- biegt. Der Facialis zieht nun in annähernd oraler Richtung nach vorn und entfernt sich daher etwas von dem medial- wärts abbiegenden Hyale, ist aber noch lange lateral von ihm anzutreffen. Die Chorda tympani geht vom Facialis aus sofort dorsalwärts an die laterale Wand der oberen Hälfte der häutigen Paukentasche. An dieser Wand zieht die Chorda nun bis zu der Stelle, wo der Hammerhandgriff sich in die Paukentasche gleichsam einzwängt (Fig. 10). Jetzt bleibt die Chorda zwischen der häutigen Paukenhöhle und dem Meckelschen Knorpel, zwei Gebilden, die auch noch weiter oral eng benachbart liegen, wie Fig. 17 zeigt. Dieselbe Abbildung läßt auch deutliche Spuren eines Goniale erkennen, das hier beim Embryo IX zum ersten Male auftritt. Die Chorda zieht durch den dorsalen Teil dieses Deckknochens hindurch auf dessen laterale Seite. Auf Fig. 18, also etwas weiter oral, finden wir die Chorda mithin lateral von der Gonialebildung und oberhalb des Meckelschen Knorpels, von dem sie sich, schräg nach oben ziehend, allmählich entfernt. Immer aber bleibt sie dorsal vom Meckelschen Knorpel, und während der in drei Äste gespaltene Ramus mandibularis trigemini allmählich auf den Unterkiefer herabsteigt, geht die Chorda in seinen medialen Ast über (Fig. 14), der sich später als Nervus lingualis in der Zunge verzweigt. Der Nervus acusticus entspringt sehr dicht hinter dem Facialis und zeigt sofort N. Vestibül. N. cochlear. SquanwsuM — Stapes Incus Duct. eochl. N. facialis Chorda ti/mp. Cavum. tymp. Hyale Fig. 21. Serie IX, Objekttr. 331. Vergr. 7,5:1, — 41 — deutlich seine beiden Äste, den Ramus vestibularis und den Ramus cochlearis. Die Ursprungsstelle liegt etwa dorsal von der Knorpelbrücke, die das Foramen acusticum superius vom Foramen acusticum inferius trennt. Der Nervus vestibularis entwickelt auf dieser Brücke sofort sein Ganglion vestibuli, das sie halbmondförmig, nämlich medial, dorsal und lateral umgreift. Der Nervus cochlearis steigt oral vom medialen Teil des Ganglion vestibuläre durch das Foramen acusticum inferius ins Innere der Ohrkapsel hinab und zieht zur Spitze der Spirale des Ductus cochlearis. Fast in seinem ganzen Verlaufe gibt er sehr dünne Fasern ab, die zum Ganglion Spirale ziehen, das kaudal und medial vom Ductus cochlearis und stets sehr nahe an ihm liegt (Fig. 10). Bemerkenswert ist, daß der Nervus vestibularis nicht nur Fasern seines durch das Foramen acusticum inferius verlaufenden unteren Endastes, sondern auch nicht unbeträchtliche Fäden seines Ramus superior zum Sacculus entsendet; ein Verhalten, das Vo i t (1907) für Säugetiere zum ersten Male nachgewiesen hat. Inzwischen hat sich gezeigt, daß diese Verbindung auch noch bei sehr vielen anderen Säugern besteht. Bei Balaenoptera soll sie nach de B u r 1 e t fehlen; bei Megaptera ist sie jedenfalls vorhanden, wie Fig. 16 aufs deutlichste zeigt. Der weitere Verlauf des Nervus vestibularis zeigt nichts UngewöhnHches. Der lateral vom Sacculus nach hinten verlaufende Ramus superior (der also hier an den Sacculus schon einen Zweig abgegeben hat) teilt sich in drei Äste. Ein medialer Ast geht zum Utriculus, und von den beiden lateralen Ästen geht der obere zur Ampulle des Ductus semicircularis anterior, der untere zur Ampulle des Ductus semicircularis lateralis. Der fortlaufende Ast des Ramus inferior des Nervus vestibularis läuft medial vom Sacculus nach hinten, dann ventral von Ductus endolymphaticus und Utriculus und mündet von unten her in die Ampulle des hinteren Bogenganges. Zoologlca. Heft < II. Vergleichender Teil. Am Schädel von Megaptera ist im Laufe der Entwicklung eine starke Veränderung der Gesamtform nachweisbar. Der bei sehr jungen Stadien relativ breite Schädel wird bald viel schmäler (Stadium V und IX), um sich dann schließlich wieder langsam zu verbreitern. Ich will keine Zahlen angeben, da es wenig Sinn hat, hier Messungen vorzunehmen, wo noch gar keine Basis für zahlenmäßige vergleichende Betrachtung gegeben ist. So viel aber steht fest, selbst wenn man die starken Schwankungen im Längen-Breiten- quotienten bei erwachsenen Bartenwalschädeln (vgl. T r u e, 1904, Taf. 32) in Betracht zieht: das Knorpelkranium von Megaptera V ist relativ schmäler als der erwachsene Schädel. Aus diesem entwicklungsgeschichtlichen Vorgange einen Rückschluß auf die Schädelform der Vorfahren der heute lebenden Furchenwale zu ziehen, erscheint mir aber doch völlig unstatthaft, obgleich manche fossile Waltiere, wie z. B. das schon sehr balaenopteridenähnliche Cetoiherium, in der Tat außerordentlich schmale Schädel besessen haben (vgl. Gervais und B e n e d e n, 1880, Atlas, Tafel 17, Fig. 6), Ich habe schon darauf hingewiesen, daß die Schwankung im Längen-Breitenverhältnis während der Entwicklung des Schädels wahrscheinlich als typische Heterochronie aufzufassen ist. Diejenigen Teile nämlich, die im Laufe der Stammesgeschichte am stärksten modifiziert wurden, werden offenbar auch in der Ontogenese am frühesten abgeändert. Bei den Bartenwalen ist das nun die enorme orale Verlängerung der Regio ethmoidalis, besonders des Rostrums und der Kiefer. 1. Regio ethmoidalis. Rostrum, Septum nasi. Während die Homologisierung der basalen Nasenknorpel zuweilen recht schwierig ist, besteht kaum ein Zweifel über die Auffassung des für alle Cetaceen so charakteristischen Kostrums. Es zeigt sich auch bei den jüngsten Stadien als völlig homokontinuierliche Fortsetzung des Septum nasi. Nirgends bietet sich ein Anhalt für die Vermutung, daß nicht-septale Knorpelgebilde mit dem Rostrum verschmolzen sind, eine Hypothese, die Freund (1908) für den einem Rostrum ähnlichen Processus incisivus der Sirenen aufstellte (vgl. Matt h es 1912, 1). Ein wichtiger Unterschied zwischen den Primordialkranien von Zahn- und Bartenwalen besteht darin, daß bei Zahnwalen ein oraler freistehender, vom Septum losgelöster Teil des Nasendaches fast vöUig fehlt, da das Tectum nasi hier gänzlich rückgebildet ist. Eine gewisse freilich nur äußerliche Ähnlichkeit mit der Überlagerung des freien Septums oder Rostrums durch Reste des Nasendaches findet sich beim Primordialkranium von Lagenorhynchus alhirostris (de B u r 1 e t 1914, 2), wo sich eine in der Medianebene liegende Öffnung unter dem oralen Ende des Dachrestes befindet. Die Gründe der so radikalen Rückbildung des Tectums bei Zahnwalen werden später besprochen werden. Die so auffallend starke Sichtbarkeit des Nasenseptums (von der Seite) im Gegensatz zu Landsäugetieren hat de Burlet (1914, 1) ausreichend erklärt; ich verweise auf seine Aus- führungen, denen ich nichts hinzuzufügen habe. Umformung der oralen Teile des Nasendaches während der Primordialentwicklung. Während der Embryonalentwicklung treten am vordersten Teil des Nasendaches bei Megaptera starke Umbildungen auf, die ein Bild von den Änderungen geben, die sich im Laufe der Zeit bei den Vorfahren der rezenten Bartenwale abgespielt haben müssen. Gehen wir von der Betrachtung der beiden vordersten Knorpelfortsätze am Tectum anterius aus, die mit den Cartilagines cupulares am Primordialkranium der Landsäugetiere zu homologisieren sind, so können wir feststellen, daß diese Bildungen, die beim Embryo IX stark gehoben sind und komplizierte Verbindungen mit lateralen Knorpelteilen besitzen (Fig. 22 — 23), beim Stadium V noch viel einfacher und niedriger sind, d. h. in sehr flachem Winkel ins Nasendach übergehen. (Tafel- fig. 1 u. 3). In einer vorläufigen Mitteilung über diesen Gegenstand (1915, S. 118) habe ich die Ansicht — 44 — ausgesprochen, daß wir auch bei jungen Walembryonen ein „indifferentes Säugerstadium" zu erwarten haben, wo — wie etwa bei Lefus — diese Fortsätze vom Tectum aus nach unten hingen oder wenigstens ohne Biegung in es übergingen. Damals nahm ich an, daß dieses Verhalten bei Walen nur deshalb noch unbekannt sei, weil die untersuchten Embryonen schon zu alt gewesen wären. Die inzwischen Carl, eupular Carl, eupular Proc. alar. sup. Carl, paraseptal. Seplum nasi Fig. 22. Rekonstruktion des vorderen Nasen- daches und eines Teils des Nasenseptums vom Embryo IX. Ansicht schräg von vorn und der Seite. Fig. 23. Rekonstruktion des vorderen Naseii- dachs und eines Teils des Nasenseptums vom Embryo IX, Ansicht schräg von hinten und etwas von der Seite. erfolgte Untersuchung des jüngsten Megapteraemhryo III von nur 3 cm direkter Länge zeigt aber, daß diese Bildungen am Tectum anterius sich hier kaum von den beim Embryo V beobachteten Strukturen unterscheiden. Ich glaube auch jetzt nicht mehr, daß bei noch jüngeren Feten mehr festzustellen ist, denn der Knorpel beim Embryo III ist so jung, daß man erwarten muß, bei noch kleineren Embryonen überhaupt keine deutlichen Knorpelmassen mehr anzutreffen. Immerhin läßt die Untersuchung der drei Stadien deutlich erkennen, daß die Hebung der Cartilagines cupulares auf die scheitelwärts gerichtete Verschiebung der Nasenlöcher bei Walen zurückzuführen ist, die zur Folge hatte, daß auch die äußeren Nasengänge nicht mehr rostro-kaudal, sondern fast dorso-ventral verlaufen. Ich neige auch jetzt noch zu der Annahme, daß bei den Barten- walen die äußeren Nasengänge bei ihrer Verlagerung sich zunächst dorthin wandten, wo der geringste Widerstand durch schon vorhandene Skelettelemente bestand, nämlich in die Incisur zwischen den Cartilagines cupulares und den auf jeder Seite lateral und darunter befindlichen Fortsätzen die als Processus alares superiores anzusprechen sind. Da nunmehr aber der erreichbare Höhepunkt der Anpassung, nämlich die völlig dorsale Lage der Nasenöffnungen, noch nicht erreicht war, so mußten jetzt die Nasengänge, die den kaudalwärts weiter wandernden Nasenlöchern notgedrungen folgten, tiefer in den Knorpel eindringen, wodurch noch weitere Modifikationen am vorderen Nasendach zustande kamen. Diese Änderungen können wir nur verstehen, wenn wir uns vergegenwärtigen, w i e bei Bartenwalen diese Verlagerung der Nasenöffnungen zustande kommt. Ich weise hier nochmals auf die von Kükenthal (1914) in ihrer ganzen Wichtigkeit erkannten Unterschiede in der Art der Verlagerung der Nasenlöcher bei Zahn- und Bartenwalen hin. Bei Odontoceten bleiben die sehr — 45 — früh verschmelzenden Nasenlöcher stets transversal, wie sie auch vor der Verschmelzung gestanden hatten. Bei Bartenwalen dagegen kommt es niemals zu einer Verschmelzung der Nasenlöcher, dagegen zeigt sich nach K ü k e n t h a 1 s Untersuchungen außer der Verschiebung nach oben und hinten auch eine typische und ganz deutlich zu verfolgende Änderung in der Richtung der schlitzförmigen Nasenöffnungen. Die bei sehr jungen Bartenwalembryonen fast transversal stehenden Löcher konvergieren im Laufe der Ontogenese immer mehr und mehr, so daß sie bei großen Feten und erwachsenen Bartenwalen fast parallel stehen (K ü k e n t h a 1, 1914, Taf. I, Abb. 1,5; Taf. II, Abb. 18). Die Anordnung der Nasenlöcher bei erwachsenen Exemplaren von Balaenoptera (physalus und muscvlus) ist deutlich zu erkennen bei D e 1 a g e (188,6 Taf. VI) und T r u e (1904, Taf. XV, Abb. 4). Die von Kükenthal aufgedeckten Unterschiede sind ein recht lehrreiches Beispiel für einen Fall, wo infolge konvergenter Anpassung an das Leben in der Hochsee das gleiche Ziel, nämlich die dorsale Verlagerung der Nasenlöcher, auf gänzlich verschiedene Art und Weise erreicht wird. Die Form der Anpassung, die wir bei Odontoceten ontogenetisch verfolgen können und stammesgeschichtlich anzunehmen haben, ist zweifellos radikaler, als bei Mystacoceten, schon deshalb, weil der immerhin nicht ganz unkomplizierte Apparat, der sich zum wasserdichten Abschluß der äußeren Nasenöffnung anlegt, bei Zahnwalen nur einfach, nicht paarig gebildet werden muß. Andererseits kann man sagen, daß — soweit es sich um die Richtung der schlitzförmigen Nasenöffnungen handelt — die Bartenwale besser angepaßt erscheinen. Hier stehen diese Schlitze nämlich sagittal, in der Richtung der Körperachse; bei Zahnwalen dagegen transversal und doch zeigt sich sonst am Walkörper naturgemäß überall die Tendenz, alle irgendwie prominenten Gebilde sagittal zu stellen (z. B. die Furchen der Balaenopteriden). Jedenfalls geben die verschiedenen Wege der Anpassung eine Erklärung dafiü-, daß beim Primordialkranium der Zahn- und Bartenwale das Nasendach so verschieden ausgebildet erscheint. Das einheitliche, quergestellte, in der Medianen liegende Nasenloch und der daran anschließende äußere Nasengang brachte naturgemäß diejenigen Teile des Nasendaches zum Schwinden, die auch medial lagen. Da nun aber die Verbindung des Daches mit dem Septum nasi medial liegt, so verlor das Nasendach hier seine Verbindung mit ihm fast vollständig und wurde nun ganz beseitigt, nachdem es seinen Halt verloren hatte. Bei Bartenwalen war dies alles nicht der Fall. Hier blieb infolge der paarigen Ausbildung der äußeren Nasengänge ein großer Teil der Verbindung zwischen Dach und Septum und infolge- dessen ein relativ stark ausgedehntes Stück des Nasendaches erhalten. Nach der Betrachtung dieser Momente, die den Gegensatz in der Entwicklung des knorpeligen Nasendaches bei Zahn- und Bartenwalen erklären, wenden wir uns zu den Faktoren, die den Schlüssel zum Verständnis der Knorpelbildungen enthalten, die sich beim knorpeligen Nasendach älterer Bartenwalembryonen vorfinden, während sie in frühen Stadien fehlen. Es handelt sich um die beim Megaftera-'Emhijo IX vorkommenden Fortsatzbildungen, die auf Fig. 22 und 23 zu sehen sind. Zweifellos handelt es sich in der Hauptsache um die Cartilagines cupulares, die aber hier stark gehoben und einander genähert erscheinen, so daß sie stellenweise parallel zu einander in dorsoventraler Richtung verlaufen. Wie kommt es nun zu dieser Verlagerung? Es unterliegt keinem Z-weifel, daß wir diese Verlagerung auf die oben erwähnte, von Kükenthal festgestellte allmähliche Richtungsänderung der paarigen Nasenöffnungen und Nasengänge zurückzuführen haben. Die Cartilagines cupulares wurden zunächst von den kaudalen — 46 — Teilen der Schlitze umfaßt, während diese noch schräg standen. Als sie nun immer mehr konver- gierten (s. o.), drückten sie die Cartilagines cupulares mechanisch immer enger zusammen und, da sie unten mit dem Tectum zusammenhingen, nach oben. Außer den Cartilagines cupulares erscheinen auch die Cartilagines alares superiores beim Megaptem-l^mhTyo IX gegenüber Stadium V etwas komplizierter. Hier handelt es sich aber wahrscheinlich um Neubildungen, wie der stellenweise noch sehr junge Knorpel beweist. Diese Neubildungen dienen im wesentlichen offenbar zur Stütze und Umliüllung der häutigen Nasengänge, was die Abbildungen noch älterer, aber doch nicht völlig verknöcherter Balaenoptera- Schädel bei Eschricht (1869, Tai II) wahrscheinlich machen. Als einen Beweis für die bei den vorstehenden Erörterungen vorausgesetzte Annahme, daß die Wanderung von Weichteilen die Formbildung der so viel wiederstandsfähigeren Skelettsubstanz beeinflussen kann, habe ich bereits früher auf die Form- und Lageverhältnisse am knorpeligen Nasen- dache der Rhinolophiden hingewiesen, die G r o s s e r (1902) geschildert hat. Bei dieser den Cetaceen doch völlig fernstehenden Tiergruppe kommt es — freilich aus völlig anderen Gründen als bei Walen — gleichfalls zu einer distalen Verlagerung der Nasenöffnungen. Ferner finden sich aber auch hier Knorpelbildungen am Nasendach, die den Strukturen am Primordialschädel von Megaptera IX stark ähneln. Wir sehen also, daß diese Gebilde nicht etwa als spezifische Artcharakteristika der Bartenwale zu betrachten sind, sondern daß sie durch rein mechanische Wirkung immer dort entstehen, wo aus irgend welchen Gründen eine Ver- lagerung der Nasenaperturen erfolgt. Die Bedeutung der vorderen ventralen Fortsätze. Die Homologisierung der im beschreibenden Teil als Cartilago ductus nasopalatini bezeichneten Knorpelspange, die rechts und links vom Septum neben ihm nach vorn zieht, ohne mit ihm eine Verbindung einzugehen, stieß zunächst auf Schwierigkeiten, solange nur die Untersuchung eines einzigen Exeraplares möglich war. Nicht einmal die Frage, wo die Wurzel der Spange anzunehmen sei, ließ sich lösen, da es nicht sicher war, ob der vom Seitenrand des Nasendaches absteigende Teil morphologisch mit zu der weiter nach vorn ziehenden Spange gehörte oder nicht. Ehe noch der technische Teil der Arbeit, nämlich der Bau des Plattenmodells, vollendet war, erschienen die ersten Arbeiten von de B u r 1 e t zur Entwicklungegsschichte des Walschädels. Die Primordialkranien der dort behandelten Phocaenaembryonen zeigen jedoch keine Bildungen, die mit den bei Megaptera angetroffenen Knorpelspangen ohne weiteres vergleichbar sind. Der ältere Phocaenafetus besitzt zwar eine Knorpelleiste, die, wie die Tafel I und II der de Burletschen Arbeit (1913, 2) zeigen, scheinbar an die bei Megaptera vorhandenen Verhältnisse erinnert. Die Lateralansicht (Taf. III) zeigt jedoch, daß es sich in Wahrheit um eine breite Knorpelplatte handelt, die de B u r 1 e t mit dem Namen Cartilago paraseptalis bezeichnet. Wir werden später sehen, wie unwahrscheinlich es ist, daß die Auffassung von de B u r 1 e t (der mit dieser Benennung den Knorpel in Beziehung zum Jacobsonschen Organ bringt) den Tatsachen entspricht. Einige Ähnlichkeit mit den langen Paraseptalspangen des Me^apto-a-Primordialkraniums zeigten die schlanken Fortsätze, die sich beim Knorpelschädel von Manatus latirostris (M a 1 1 h e s 1912, 1) auf beiden Seiten des Processus incisivus finden. Dieser letzte Fortsatz entspricht ja dem — 47 — Rostrum der Cetaceen, aber in anderen Punkten weicht der Bau der basalen Nasenknorpel bei Sirenen von den viel mehr reduzierten Knorpelstrukturen der Wale so stark ab, daß eine unmittelbare Vergleichung der beiden Gebilde zunächst noch unmöglich war. Vor allem erweist sich das Fehlen einer morphologisch deutlich begrenzten Lamina transversalis (anterior) bei Walen als sehr störend. Es war daher zuerst nötig festzustellen, ob eine solche Bildung bei Walen überhaupt jemals zur Ausbildung gelangt und ferner, falls sie in der Tat existiert, wo wir sie zu suchen haben. Zu diesem Zwecke sei es mir gestattet, zuncächst einmal auf den ,, allgemeinen Bauplan" der vorderen basalen Nasenknorpel der Säugetiere einzugehen. Schon seit längerer Zeit zeigt sich das Bestreben, durch möglichst allgemeine Bezeichnungen eine Basis für vergleichende Betrachtungen auf diesem Gebiete zu gewinnen. Die früher üblichen Methoden der freien Präparation und der isolierten Färbung des Knorpels sind aber wenig geeignet, Aufschlüsse über feinere Strukturverhältnisse des Primordialkraniums zu geben, was die Abbildungen in den älteren Arbeiten von H e r z f e 1 d, D e c k e r u. a. beweisen. Später wurden bessere und exaktere Resultate durchxlas Studium von Schnittserien erzielt. Ein weiterer Fortschritt von größter Bedeutung war die Einführung der Born sehen Platten- modelliermethode in das Gebiet der Untersuchung des K n o r p e 1- schädels, eine Neuerung, die wir G a u p p verdanken. Diese relativ einfache und lohnende Methode zeigt sich gerade hier, wo es sich hauptsächlich um die Erlangung klarer räumlicher Vorstellungen handelt, besonders fruchtbar, wie allein die von Jahr zu Jahr wachsende Anzahl von Arbeiten beweist, die sich auf diesem Wege mit der Analyse des Knorpelschädels beschäftigen. Hier sind die Vorzüge der klaren plastischen Anschauung mit der Möglichkeit genauester mikroskopischer Untersuchung aller Einzelheiten aufs glücklichste vereinigt. Unter den Arbeiten, die noch ohne Hilfe der Methode der plastischen Rekonstruktion entstanden, erweist sich eine Abhandlung von Grosser (1902) über die Anatomie der Nasenhöhle und des Rachens der einheimischen Chiropteren für unsere Zwecke besonders fördernd. Einmal nämlich benützt dieser Autor die schon früher von Herzfeld (1889) und S p u r g a t (1896) gewonnenen Resultate und geht andererseits nicht nur auf die Stützfunktionen der basalen Knorpel, sondern auch auf ihre Beziehungen zum Jacobsonschen Organ und zum Ductus nasopalatinus ein. Grosser stellte nämlich fest, ,,daß keine glattnasige Fledermaus ein Jacobsonsches Organ besitzt; aber bei allen ist der Ductus incisivus vorhanden, ja sogar weit offen. Wir werden daher eine Reduktion des Jacobsonschen Knorpels erwarten, ohne Rückbildung des Knorpels des Stensonscheu Ganges". Bei den Walen finden sich nun — ganz zufällig natiü'lich — • ähnliche Verhältnisse. Zwar fehlen beim erwachsenen Tier sowohl die Nasenrachengänge, wie das Jacobsonsche Organ, aber eine ganze Reihe von Tatsachen weist darauf hin, daß früher beide vorhanden waren und daß die Ductus nasopalatini erst viel später verloren gegangen sind, als die Jacobsonschen Organe. Deutliche und sehr spät auftretende Rudimente Stensonscher Gänge bei Bartenwalen haben nämlich E s c h r i c h t (1849, S. 108), Weber (1886, S. 145 und Abb. 22—24) und K ü k e n t h a 1 (1893, S. 349) nachgewiesen. Auch bei Zahnwalen hat K ü k e n t h a 1 Reste Stensonscher Gänge angetroffen. — 48 — In all diesen Fällen handelt es sich um relativ alte Embryonen. Bei jungen Feten, wie sie d e B u riet und ich untersucht haben, sind Rudimente von Nasenrachengängen nicht nach- zuweisen. Erst relativ spät kommt es zu den von den genannten Autoren beschriebenen Epithel- einsenkimgen und zwar offenbar ganz unabhängig von den Skeletteilen, die sonst mit diesen Gängen in Beziehung treten. Diese Art der Entwicklung erinnert etwas an die selbständige Formbildung von Teilen des Integumentes, deren funktionelles Verhältnis zu bestimmten Organen durch Mißbildung verloren gegangen ist. So bildet sich z. B. bei Säugetieren, bei denen es infolge von Großhirndefekten zum Zyklopismus gekommen ist, zuweilen ein häutiger Rüssel in der Medianebene, obgleich dann Nasenknorpel und äußere NasenöSnungen oft vollkommen fehlen. Die Existenz eines Jacobsonschen Organs war bei Cetaceen bisher noch nicht einwandfrei festgestellt worden. De Burlet (1914, 1) beschreibt bei Balaenoptera eine Bildung, die ,,an das Jacobsonsche Organ dort, wo es mit der Nasenhöhle in Verbindung ist, erinnert". Nachdem der starke, nach oben gerichtete bindegewebige Wulst, der dem vorderen Nasenlumen der Bartenwale das charakteristische fl förmige Qerschnittsbild gibt, nach hinten zu alln^hlich am Septum ver- strichen ist, bleibt als letzter Rest eine Rinne oder Kerbe in der Schleimhaut zwischen Septum und einer Leiste, die als kaudale Fortsetzung des ,, Gipfels dieses Wulstes" aufzufassen ist. Ich möchte hier nochmals darauf hinweisen, daß meines Erachtens die Lage des von d e Burlet beschriebenen Gebildes nicht ohne weiteres als Beweis gegen dessen Homologie als Organon Jacobson! angeführt werden darf. Denn wenn auch die von Mihalkovics (1899) aufgestellte strengere Definition des Organs imd die Feststelhmg seiner Genese, ,,als einer Ausstülpung des Nasen- höhlenepithels in den ventralen Teil des medialen Nasenfortsatzes" für die Mehrzahl aller untersuchten Säugetierembryonen richtig zu sein scheint, so dürfen wir nicht vergessen, daß das so stark modifizierte und vergrößerte Nasenseptum der Cetaceen sicherlich nicht in seiner Gesamtheit der Nasenscheidewand anderer Arten homolog ist. Ich halte es für recht wahrscheinlich, daß die häutigen Teile der Pars respiratoria bei Walen bedeutend nach oben verlagert wurden, während die konservativeren Elemente des Skelett- und Nervensystems in ihrer ursprünglich ventralen Lage verblieben sind. Weiter unten werde ich noch einige Tatsachen anführen, die sich bei der Unter- suchung des Megaptera-^mbryo IX ergeben haben, mid die als Beweise für die eben ausgesprochene Annahme dienen können. Immerhin war es noch sehr zweifelhaft, ob die von de Burlet beschriebene Schleimhautkerbe wirklich als Anlage eines später wieder verschwindenden Jacobsonschen Organs anzusehen sei, da sich doch ähnliche Bildungen leicht ganz mechanisch infolge Schrumpfung während der Konservierung bilden können, so nicht nur in der Nase, sondern z. B. sehr häufig auch an den Epithelien des inneren Ohres. An dem von mir zuerst untersuchten Embryo V (Modell) war überdies eine derartige Rinne oder Kerbe nicht aufzufinden, da der erwähnte bindegewebige Wulst hier kaudal ganz glatt ins Septum überging. Ich habe schon früher berichtet, daß die Untersuchung des Embryo IX de Burlets Annahme doch noch bestätigt hat. Am Nasenseptum des Embryo IX zeigt sich eine völlig entsprechende Bildung, nämlich eine Rinne oder Kerbe in der Schleimhaut, die sich aber hier auf einigen Schnitten dorsal schließt, so daß wir ein vollständiges epitheliales Rohr beobachten können. Die Fig. 24 zeigt diese Bildung, die natiü'lich kein Kunstprodukt sein kann, selbst wenn man davon absieht, daß beim Embryo IX im Gegensatz zum Stadium V die Epithelien ausgezeichnet erhalten sind. — 49 Nasendach Anlage des Jacob- 8(msehen Organs . Dorsaler Teil des Septum 7iasi Fig. 24. Sprie IX, Objekttr. 184. Vergr. 10n:l. Nunmehr halte ich es freilich für ganz sicher, daß wir es mit einem typischen Jacobsonschen Organe 7Ai tun haben, das — nach der Terminologie von M i h a 1 k o 1 v i c s — hier sogar in seiner „voll- kommenen" Form vorliegt. In dieser Anschauung bestärken mich wesentlich noch zwei Punkte, nämlich erstens das Auftreten der noch zu besprechenden Cartilagines paraseptales (Cartilagines Jacobsoni) und ferner der Verlauf der von mir als Nervi septi narium gedeuteten, zum Nervus spheno- palatinus gehörigen Nervenstränge. Daß sich hier die Jacobsonschen Organe nicht wie sonst nach Art einer Drüse anlegen, wie dies etwa S e y d e 1 (1899) beschrieben hat, sondern durch Tiefersinken einer epithelialen Rinne entstehen (also etwa entsprechend der Bildung einer Zahnleiste), ist auch für andere Säugetiere nachgewiesen worden. Ähnliches läßt sich nach Garnaiilt bei der Ratte und nach Mihalkovics bei Katzen und Eichhörn- chen beobachten. Die Genese des Organs bei Bar- tenwalen ist also durchaus nicht ungewöhnlich. Wenn wir jetzt unsere bisherigen Betrachtungen nochmals überschauen, so können wir sagen, daß die beiden für die Auffassung der basalen Knorpel so wichtigen Gebilde, nämlich die Stensonschen Gänge und das Jacobsonsche Organ, beide zweifellos in der Ontogenese noch nachweisbar sind und daß ferner aus der zeitlichen Aufeinanderfolge ihres Auftretens der Schluß gezogen werden darf, daß die Stensonschen Gänge sich in der Stammesgeschichte viel länger erhalten haben, als das Jacob- sonsche Organ. Somit haben wir auch hier zu erwarten, daß die Knorpel der Stensonschen Gänge (Cartilagines ductus nasopalatini) sich länger erhalten haben, als die sonst zur Stütze der Jacobsonschen Organe dienenden Cartilagines paraseptales. Es handelt sich jetzt nur noch darum, die theoretisch anzunehmenden und höchst wahrscheinhch vorhandenen Cartilagines ductus nasopalatini morpho- logisch zu isolieren. Wenn wider alles Erwarten auch diese Knorpel aus der Ontogenese des Barten- walschädels verschwunden sein sollten, so könnten die langen paraseptalen Spangen, zu deren Betrachtung wir jetzt wieder zurückkehren, nur enorm verlängerte und nach vorn ausgezogene Laminae transversales darstellen. Dann freilich müßte ein (oraler) Übergang ins Septum nachgewiesen werden. Bei Balaenoptera konnte de Burlet (1914, 1) nicht feststellen, wie weit die Spange oral reicht und ob sie ins Septum übergeht, da ihm einige Schnitte verloren gegangen waren. Ging die Spange wirklich ins Septum über, wie es de Burlet für möglich hielt, so konnte sie natürlich nur als Lamina transversalis anterior aufgefaßt werden. Es war aber nach allen andern Befunden viel wahrscheinlicher, daß die Cartilagines ductus nasopalatini doch vorhanden wären. Dann sind sie im oralen Ende der Spangen enthalten, und deren kaudaler Teil ist als Nasenseitenwand + einem Teil der Lamina transversalis anterior aufzufassen. Eine Verschmelzung der oralen Teile der Spange mit dem Septum ist auch in der Tat nirgends nachzuweisen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, den hypothetisch postulierten Knotenpunkt von Lamina trans- versalis anterior und Cartilago ductus nasopalatini nachzuweisen. Da diese Gebilde beim Embryo V und auch bei jüngeren Stadien architektonisch vöUig homogen ineinander übergehen (wie Tafelfig. 1 und 2 zeigen), so müssen wir sehen, ob nicht bei älteren Embryonen noch weitere Reste vorhanden Zoologica. Heft 09. ' — 50 — sind, die uns bei der Festlegung dieses morphologisch so wichtigen Punktes helfen. In der Tat fanden sich bei der Untersuchiing des Mega'ptera-Yjmhvyo IX an der Ventrokaudalseite der Spange kleine Knorpeldornen, die uns diesen Dienst leisten. (Vgl. Fig. 22 und 23.) Dieses Gebilde können wir nämlich nur als Anlagen der Cartilagines paraseptales (Jacobsoni) auffassen. Sowohl der allgemeine Bauplan der Nasenknorpel wie auch die Lagebeziehungen dieser Knorpel zu den Rudimenten des Jacobsonschen Organs und dem Nervus septi narium lassen keine andere Deutung zu. Die Ansatzstelle dieser Knorpeldornen bezeichnet aber natürlich den so lange gesuchten ,, Knotenpunkt", von dem aus die Cartilagines ductus nasopalatini nach vorn abgehen. Die bisher gewonnenen Unterlagen für die Beurteilung der basalen Nasenknorpel der Bartenwale habe ich (1915) folgendermaßen zusammengefaßt: 1. Ein oraler Übergang der Spange ins Septum erscheint ganz unwahrscheinlich, da nunmehr an drei Embryonen verschiedenen Alters ein orales freies Ende nachgewiesen werden konnte. 2. Für die Auflassung des vordersten horizontalen Teils der Spange als Cartilago ductus nasopalatini spricht außer allgemeinen Erwägungen (Bauplan) die Tatsache, daß ganz deutliche, verhältnismäßig sehr spät auftretende Reste von Stensonschen Gängen übereinstimmend von mehreren Forschern bei Walen vorgefunden wurden. 3. Das relativ (d. h. jetzt im Vergleich zum übrigen Knorpelschädel) späte Auftreten einer sehr rudimentären Cartilago paraseptalis steht in Übereinstimmung mit dem völligen Obliterieren des Jakobsonschen Organs, von dem sich in der Entwicklung nur ganz geringe Spuren finden, und das jedenfalls viel früher verloren ging als die Ductus incisivi. 4. Daß im Gegensatz dazu die Cartilagines ductus nasopalatini so sehr gut erhalten sind, glaube ich — abgesehen von dem unter 2 genannten Grunde — darauf zurückführen zu dürfen, daß diese Gebilde schon während des Embryonallebens noch zu anderen Funktionen herangezogen wiu'den. Die Teile des werdenden Walschädels zeigen vorn eine deutliche Tendenz, sich rostral auszudehnen, so Septum, Maxillare, Incisivum. Anscheinend wurde alles verfügbare Material, wenn ich so sagen darf, zur Verstärkung und Versteifung des ,, Schnabels" gebraucht, wobei dann die Cartilagines ductus nasopalatini mithalfen, oder — was wohl noch wahrscheinlicher ist — mit nach vorn gedrängt wurden. 5. Was die auffallende Aufrichtung und Schrägstellung der Lamina transversalis anterior anlangt, so ist die letztere wenigstens auch durch die eben angedeutete orale Verschiebung mächtiger Skelettelemente zu erklären. Die Aufrichtung steht nicht ohne Beispiel da; sie findet sich vielmehr in ganz ähnlicher Weise auch bei Lepus, wo sie V o i t gleichfalls auf mechanische Ursachen zurückführt. Die nachträgliche Untersuchung des Megaptera-'EiTnbTyo XII hat gezeigt, daß die beim Stadium IX zuerst erscheinenden sehr kleinen Knorpeldornen jetzt zu spangenartigen Fortsätzen kaudalwärts ausgewachsen sind. Wenn also über die Bedeutung der nur etwa 0,1 mm langen relativ winzigen Fortsätze des Embryo IX noch Zweifel herrschen konnten, so zeigen die ungefähr 1 mm langen — an genau derselben Stelle entspringenden — Knorpelspangen des Stadium XII aufs deutlichste, daß es sich hier um Paraseptalknorpel handelt. Eine röhrenförmige Anlage des Jacobsonschen Organs, wie sie beim Embryo IX vorhanden ist, läßt sich übrigens beim Stadium XII nicht nachweisen. Bemerkenswert ist noch, daß die Form der Paraseptalknorpel, wie sie der Primordialschädel eines 105 mm langen Embryo von Balaenoptera acuto-rostrata zeigt (de Burlet 1914, 1, Fig. 27 und 30), bei illegrajotera- Embryonen erst verhältnismäßig viel später auftritt, nämlich erst bei einem — 51 — Exemplar \ oii 210 mm Rückenlänge (Stadium XII), während bei einem J 14 mm messenden Fetus (Stadium IX) diese Bildungen eben erst entstehen. Spina mesethmoidalis. Die merkwürdige Bildung eines etwa in der Mitte der Nasenkapsel nach oben ragenden Knorpelzapfens \nirde zuerst von Freund (1908) mit dem Namen Spina mesethmoidalis benannt. De B u r 1 e t (1914, 1, S. 159) wies darauf hin, daß sie schon von Esch rieht beim ,,Vaagewal" (Balaenoptera acuto-rostrata) gesehen worden sei und beschreibt sie bei einem jüngeren Embryo der gleichen Art, wo sie sich an der vorderen Begrenzung der Hirnkapsel beteiligt Die gleiche Lage- beziehung zum Vorderhirn zeigt die Spina bei Sirenen, wo sie auch als typischer Bestandteil des Primordialkraniums auftritt und nicht nur vor, sondern auch teilweise oberhalb des Vorderhirns liegen kann. Bei den beiden älteren Megrap^eraembryonen, deren Schädel hier beschrieben wurden (Stadium V und IX), liegt die Spina, wie die Schnittbilder zeigen, etwas anders, nämlich unterhalb des vordersten Teils des Vorderhirns, zwischen dessen beiden Hemisphären gleichsam eingebettet. Da sich ähnliche Verhältnisse bei dem von K ü k e n t h a 1 beschriebenen und abgebildeten Balaenopteraietaa (1893, Taf. XXIV) finden, so müssen wir wohl annehmen, daß die Lagebeziehung von Gehirn und Spina ziemlich großen Schwankungen unterworfen ist. Ebenso scheint es mit der Form der Spina zu stehen. Bei den beiden älteren Megaptera- embryonen ist sie übereinstimmend kräftig und relativ kurz, bei Megaptera III sogar noch deutlich in der Entwicklung begriffen. Bei den drei abgebildeten £«/aeno/)^erakranien erscheint sie sehr verschieden geformt. Beim jüngsten Embryo (B u r 1 e t 1914, 1), der 105 mm lang ist, zeigt die Spina eine für Wale auffallend schmale und schlanke Form, während der Embryo der K ü k e n- t h a 1 sehen Schnittserie von 201 mm Länge einen relativ viel kürzeren und plumperen Mesethmoidal- dorn zeigt. Bei dem von E s c h r i c h t (1849, Taf. XIII, Fig. 2) abgebildeten Fetus ist die Spina dagegen wieder viel schlanker und knickt deutlich erst nach hinten um, ehe sie senkrecht emporsteigt. Bei Zahnwalen kommt übrigens die Spina gleichfalls vor. Das de B u r 1 e t sehe Schädel- modell der jüngeren Phocaena (1913, 1) zeigt deutlich die fragliche Bildung, die allerdings beim älteren Embryo stark nach unten verlagert und wenig auffallend ist. Auch bei Lagenorhynchus (d e B u r 1 e t, 1914, 2) ist eine Spina vorhanden, die aber, wie die Abbildung zeigt, mehr kaudal ansetzt, als sie bei anderen Formen zu tun pflegt. Fassen wir unsere geringen Kenntnisse über die Spina mesethmoidalis zusammen, so können wir sie als einen stets unpaaren, in der MittelUnie und am Vorderrande des Foramen cribrosum (oder der Lamina cribrosa) vor oder unterhalb des Vorderhirns liegenden Knorpeldorn bezeichnen, der wohl als eine exzessiv vergrößerte Crista galli aufzufassen ist. Morphologisch ist diese Bildung also gut charakterisiert, während sicli über ihre Funktion vorlävifig nicht das geringste aussagen läßt. Es ist aber jedenfalls sehr auffallend, daß die Spina bisher einmal nur bei W a s s e r s ä u g e t i e r en gefunden wnirde, andererseits aber auch bei allen bearbeiteten Primordialkranien typischer Wassersäugetiere (Halicore, Manatus, Balaeno- ptera, Megaptera, Pliocaena) angetroffen wird. Man müßte also die Bildung als Anpassung ans Wasser- leben ansehen, wenn sie nicht während der Entwicklung wieder verschwände, wodurch auch diese Annahme natürlich hinfällig wird. 2. Regio orbitotemporalis. Basaler Knorpel der Regio orbitotemporalis, Verschmelzung einzelner Knorpelzentren. ij0i- X Ala orbit. Trigem. II Os Trigem. III Cart. Meckel. Fig. 25. Serie III, Ohjekttr. 97. Vergr. 10 :t. Der basale Knorpel der Regio orbitotemporalis zeigt bei allen Megapteraembryonen starke regionäre Verschiedenheiten, die sich in allen Stadien sehr ähnlich wiederholen. Das relativ schmale, hochgestellte Nasenseptum geht stets erst in einen sehr breiten Teil über (etwa zwischen den Augen), ehe es die charakteristische breit-herzförmige oder dreieckige Gestalt der Basalplatte vor und zwischen den Schneckenkapseln annimmt. Der Übergang vom Nasenseptum in das hier so enorm verbreiterte Septum interorbitale — das seinen Charakter als Septum teilweise beinahe verloren hat — vollzieht sich beim jüngsten Embryo ganz allmählich (Fig. 26). Das rührt daher, daß sich hier noch kein so hohes und schlankes Nasenseptum ausgebildet hat, wie bei den älteren Stadien. Dagegen ist die auffallende Breite des Septum interor- bitale beim Embryo III noch deuthcher aus- geprägt als bei den älteren Feten. Zwischen den Foramina optica ist der basale Knorpel hier ungefähr dreimal so breit als hoch. (Vgl. Fig. 25.) Die gleiche Figur zeigt uns eine sehr merkwürdige Eigentümlichkeit des jüngsten Megaptera- schädels, nämlich eine horizontale vorknorpelige Trennungsschicht im basalen Knorpel. Diese Trennungsfläche beginnt nur wenige Schnitte weiter vorn in der Mitte zwischen den Foramina optica und zieht beiderseits bis zur Ansatzstelle der Radix posterior der Ala orbitalis (Fig. 11). Aus diesem Befunde geht hervor, daß hier eine Verschmelzung von über- einander liegenden Knorpelteilen stattgefunden haben muß. Das obere Skelettstück hatte homokontinuier- liche Verbindung mit den beiden Hinterwurzeln der Ala - orbitalis und muß bald hinter dem Ansatz der Wurzeln ihr Ende gehabt haben. Ala orbüalit Septum inter- orbitale Oa Trigem. III Cart. Meckel. Mandibula Fig. 26. Serie III, Objekttr. 85. Vergr. 10: 1. — 53 — Es erhebt sich nun die Frage, ob dies Verhalten, das sicherlich ursprünglich ist, schon bei einfacheren Formen anzutreffen ist. Die Betrachtung des Schädelmodells von Lacerta agilis zeigt uns sofort ein Skelettstück, das dem soeben beschriebenen Knorpelgebilde höchst wahrscheinlich homolog ist: es ist die von Gau pp (1900, S. 471) als Subiculum infundibuli bezeichnete Knorpel- platte (vgl. auch N i c k, 1912, S. 110). Die Ähnlichkeit ist architektonisch so groß, daß es kaum der Heranziehung weiterer topographischer Einzelheiten bedarf, um die Übereinstimmung zu beweisen. Vorn geht diese Knorpelplatte bei Lacerta kontinuierlich in das Septum interorbitale über und knickt hinten rechtwinklig in die Taenia metoptica um, ohne sonst eine Verbindung mit den Trabekeln ein- zugehen. Beim älteren Lacertoembryo von 47 mm Gesamtlänge findet sich freilich eine knorpelige Verbindung mit den Trabekeln, a b e r n u r a u f der r e c h t e n Seit e, und beim jüngeren Embryo von 31 mm Gesamtlänge fehlt sie auf beiden S e i t e n (G a u p p). Dazwischen findet sich das Chiasma und lateral der Austritt des Sehnerven. In allen P ii n Ic t e n besteht also völlige Übereinstimmung mit den für noch jüngere Stadien von Megaptera anzunehmenden Verhältnissen. Bei diesen Betrachtungen haben wir vorausgesetzt, daß das Solum (Planum) supraseptale der Saurier der Ala orbitalis der Säugetiere homolog ist, was Gaupp (1900, S. 539; 1902, S. 194) gezeigt hat. Freilich fehlt bei Lacerta noch eine paarige Anordnung der die Foramina optica oral begren- zenden Knorpelteile, aber wir müssen nimmehr wohl annehmen, daß einerseits die starke kaudal- wärts gerichtete Weiterentwicklung der Nasenkapsel sowie die Vergrößerung des Großhirns bei Säugetieren eine Verlagerung des Planum (Solum) supraseptale der Saurier nach unten hinten und außen bewirkt hat. Besonders die starke Entwicklung des Gehirns hat diese Platten wahrscheinlich immer mehr auseinander gedrängt (und zwar besonders vorn), so daß allmählich der ,, scharfe Hinter- rand" des Septum interorbitale, der die vordere Begrenzung der Fenestra optica bei Lacerta bildet (G a u p p 1900) und der natürlich mit den vordem Wurzeln der Ala orbitalis bei Säugetieren zu vergleichen ist, allmählich auch in einen rechten und einen linken Teil auseinander gespalten wurde. Dieser in der Stammesgeschichte anzunehmende Vorgang zeigt sich bei Lacerta bereits deutlich ontogenetisch angedeutet, indem hier der ältere von G a u p p modellierte Schädel schon eine Spaltung des Solum supraseptale in zwei Plana supraseptalia aufweist. Wenn auch die eben beschriebenen morphologischen Verhältnisse des basalen Teiles der Regio orbitotemporalis sich nur beim jüngsten Embryo III und auch hier nur andeutungsweise finden, so sind diese Andeutungen, wie ich gezeigt zu haben hoffe, doch deutlich genug, um Beziehungen zum Reptilienschädel nachzuweisen. Während nun in anderen Fällen die scheinbare Primitivität einzelner Organe oder Organteile bei Walen sich bei näherer Untersuchung oft als sehr komplizierte sekundäre (oder tertiäre) Um- bildung erweist, haben wir es hier zweifellos mit einem recht ursprünglichen Verhalten zu tun, das bei dem sonst funktionell und morphologisch so stark spezialisierten Walschädel besonders auf- fallend erscheint. Ala orbitalis. In allen drei untersuchten Stadien von Megaptera ist die Ala orbitalis gut ausgebildet und zeigt ein typisches Verhalten, nämUch den Besitz von zwei Wurzeln und ferner die übliche Verbindung — 54 — mit Nasenkapsel und Lamina parietalis diu-ch die Commissurae splienethmoidalis und orbito- parietalis. Dasselbe gilt übrigens von allen bisher untersuchten Balaenopteraieten, so daß nunmehr der Schluß berechtigt erscheint, daß bei Bartenwalen stets beide Wurzeln der Ala orbitalis erhalten bleiben. Bei Zahnwalen dagegen (Phocaena II und Lagenorhynchus) , die stets eine viel kleinere Ala orbitalis besitzen, geht die Radix posterior anscheinend regelmäßig verloren. Wahrscheinlich haben wir in dieser Verschiedenheit die entwicklungsgeschichtliche Erklärung für die Angabe Webers (1904, S. 557), daß der Nervus opticus bei Walen ,,in der Regel" nicht durch ein besonderes Foramen opticum, sondern durch die Fissura sphenorbitalis zieht. Die ,, Regel" bestände dann naturgemäß bei den Zahnwalen. Der eigenartige, anscheinend typische Fortsatz am oberen Kaudalende der Ala orbitalis schien mir ein Anzeichen dafür zu sein, daß die Verbindung zwischen Ala orbitalis und Lamina parietalis bei Walen erst sekundär zustande kommt. Es zeigte sich jedoch selbst bei dem so jungen Embryo III keine Spur der Trennung. Ein völlig entsprechender Fortsatz findet sich auch an Modellen von Balaenoptem (de B u r 1 e 1 1914, 2, Taf.VII) und ferner ganz deutlich bei der Abbildung eines größeren Balaenopterascliädeh bei Eschricht (1849, Tai XIV). Dieser Autor nennt ihn ,,den zwischen Stirnbein und Scheitelbein eingeschobenen Strang des Kopfknorpels". Diese Bezeichnung scheint mir den Schlüssel zum Verständnis dieser Bildung zu liefern. Es handelt sich hier höchstwahrscheinlich um einen Faktor, der mechanisch das Lageverhältnis von Frontale und Parietale reguliert. Freilich läßt sich vorläufig noch nichts Definitives über diese Frage sagen, da die mir zur Verfügung stehenden Schnittserien von Megafteraembryonen zu ihrer Beantwortung nicht herangezogen werden können. Der Embryo V besitzt nämlich überhaupt noch kein Parietale und beim Stadium IX ist es auch noch recht unentwickelt. Processus paropticus. Im beschreibenden Teile wurden Bildungen erwähnt, die zunächst außerordentlich an die von V o i t (1909) beim Primordialschädel des Kaninchens beschriebenen Alae hypochiasmaticae erinnern. Diese Ähnlichkeit besteht aber nur bei dem Embryo V (Modell), wo es sich wirklich um eine breite Knorpelplatte handelt, die zwischen beiden Wurzeln der Ala orbitalis liegt, eine Bildung, die freilich im Gegensatz zu den Verhältnissen bei Lepus von unten her ausgehöhlt erscheint. Da hier übrigens diese Bildungen beiderseits ziemlich, weit auseinanderliegen, also nicht mehr in direkter Lagebeziehung zum Chiasma stehen, bezeichne ich sie mit dem Namen Processus paropticus, ein Name, der mir aus naheliegenden Gründen hier geeigneter erscheint, als die Bezeichnung Processus subopticus, die sich schon für ähnliche Bildungen in der anatomischen Literatur findet. Beim älteren Megapteraembryo IX ist der Processus paropticus nicht mehr völlig erhalten. Er findet sich hier nur lateral von der vorderen Wurzel des Orbitalflügels (Fig. 19), während er weiter kaudal langsam verstreicht. Beim jüngsten untersuchten Embryo III dagegen (Fig. 25) ist er wieder ähnlich wie beim Embryo V, nur noch nicht so deutlich vom basalen Knorpel abgesetzt und in seinem oralen Teil sogar noch vorknorpelig. Daß der Processus paropticus bei Walen aus der basalen Knorpelmasse und nicht etwa aus den Wurzeln der Ala orbitalis hervorgeht, zeigt besonders deutlich die Betrachtung der jüngsten Stadien. Außer bei Lepus finden sich ähnliche Bildungen beim Primordialkranium des Hundes und des Schweines. Bei dieser Art fand M e a d (1909, S. 197) zwei Vorsprünge lateral von den Wurzeln — 55 — des Orbitalfliigels, eine größere lateral von der hinteren und eine schwächere lateral von der vorderen Wurzel. Diesen letzteren Vorsprung erwähnt M e a d nicht, aber er ist auf den Abbildungen seines Modells deutlich zu sehen (Taf. III und besonders Taf. I). Bei Canis (0 1 m s t e a d 1911) liegen die Verhältnisse insofern etwas anders, als hier der in Frage kommende Knorpelfortsatz von der Hinterwurzel der Ala orbitalis selbst ausgeht und wenigstens morphologisch zweifellos zu ihr gehört. Bei Zahnwalen hat d e B u r 1 e t einen Fortsatz beschrieben, der an die Bildungen beim Primordialkranium von S u s erinnert. Dies gilt besonders für den jüngeren Pltocaenaexribryo (de Burlet 1913, 1), der, wie die Abbildungen auf Tafel XVI zeigt, lateral von beiden Wurzeln des Orbitalflügels plumpe Fortsätze besitzt. Beim älteren Phocaenaemhryo (d e Burlet 1913, 2), wo die Radix posterior des Orbitalflügels vollständig geschwunden ist, fehlen auch diese Fortsätze. Dagegen zeigt das Primordialkranium von Lagenorhynchus alhirostris wieder kaudal vom Ansatz der hier allein vorhandenen Taenia prooptica einen Fortsatz, der hier — wie die Figur VIIT der Ai-beit de Burlets (1914, 2) deutlich zeigt — architektonisch wieder auffallend an die einheitliche Ala hypochiasmatica von Lepus erinnert, wenn auch — ähnlich wie beim Primordialkranium von Mega- ftera V — die beiden Flügel, durch das hier relativ kräftige Septuni interorbitale von einander getrennt, viel weiter auseinander liegen, als bei Lepus. Ganz entsprechend wie beim Megapteraemhijo IX verhält sich der Fortsatz beim Knorpelschädel von Balaenoptera acuto-rostrata. Nach de B u r 1 e t ist er dort ,, besonders unter dem vordersten Teil des Sehnervenloches stark entwickelt'' und verstreicht langsam nach hinten zu, wie die Abbildungen zeigen. Was nun die Funktion des Fortsatzes anlangt, so ist de Burlet der Ansiclit, daß es sich bei Balaenoptera um eine Stütze für den austretenden Sehnerven handelt. Dieser Ansicht kajin ich mich aber nicht anschließen, da der Teil des Sehnervens, der gestützt wird, im Vergleich zur gesamten Nervenlänge sehr klein ist und kaum in Betracht kommt. Auf die Theorie V o i t s, daß die Alae hypochiasmaticae bei Lepus dem späteren Processus ethmoidalis des vorderen Keilbeins homolog seien, kann. ich hier natürlich nicht eingehen. So viel ist jedenfalls sicher, daß im Falle der Richtigkeit der V o i t sehen Ansicht die Ala hypochiasmatica von Lepus einerseits mit dem bei Cetaceen und Sus andererseits beobachteten Processus paropticus funktionell nichts miteinander gemein haben. Dafür spricht auch, daß beim Kaninchen diese Bildungen stark auswachsen und die Tendenz zeigen, selbständig zu werden, während die bei Walen — ohne sich von den basalen Knorpelmassen je zu trennen — schon während der Ausbildung des Primordialkraniums eine deutliche Rückbildung erfahren (Megaptera III-IX, Phocaena I-II). V o i t deutet die MögHchkeit an, daß die Entstehung der Alae hypochiasmaticae auf mecha- nische Momente zurückzuführen sei. Es soll sich hier gleichsam ein Widerlager für die hintere Kuppel der Nasenkapsel anlegen. Ein Blick auf das Schädelmodell von Lepus zeigt uns, daß diese Hypothese V o i t s durchaus gerechtfertigt ist. Freilich nur, soweit es sich um Lepus handelt, denn bei allen anderen Formen, die den Processus paropticus besitzen, liegt die hintere Kuppel der Nasenkapsel viel weiter vorn, als der Fortsatz. Das Studium der Schnittserien verschiedener Embryonen bringt mich zu der Ansicht, daß die besprochenen Fortsätze zur Insertion von Augenmuskeln dienen, und zwar besonders zur An- heftung des Musculus obliquus inferior. Die gleiche Beobachtung machte M e a d (1909, S. 197) beim — 56 — Primordialkranium des Schweineembryos; er sagt, daß der Fortsatz an der Taenia metoptica zur Anhei'tung einiger Augenmuskeln diene. Wie mir scheint, handelt es sich hier um ein prinzipiell wichtiges Problem, das noch weiter verfolgt werden muß. Die Kleinheit der Fortsätze darf uns hier nicht beirren: finden sich doch am definitiven knöchernen Schädel relativ viel kleinere Vorsprünge und Tuberkel, die sicherlich nur der Anheftung von Muskeln dienen. Das Merkwürdige liegt nur darin, daß diese Bildungen hier schon während der Ausbildung des knorpeligen Schädels wieder langsam verschwinden. Zu erwähnen wäre schließlich noch, daß sich beim Embryo von Mus rattus außerordentlich stark ausgebildete typische Alae hypochiasmaticae finden, die hier zweifellos — wie die Schnitt- bilder zeigen — zur Anheftung von Muskeln dienen. Diese wohl neue Tatsache ist deshalb bemerkens- wert, weil bei Lepus, wenigstens soweit es sich nach der Figur 16 der V o i t sehen Ai'beit (1909) beurteilen läßt, die Augenmuskeln über die laterale Kante der Ala hypochiyasmatica hinwegziehen, ohne sich dort anzuheften. Knorpellatnellen am Interorbitalseptum. Die im beschreibenden Teil erwähnten blattartigen Knorpellamellen am Septum inter- orbitale (vgl. Fig. 1) kommen deutlich nur beim Embryo V vor und lassen sich weder beim Stadium III noch beim Stadium IX mit Sicherheit nachweisen. Zunächst erinnern diese Bildungen an die von F r e t s beschriebenen und abgebildeten Cristae septi (1912; 1914, S. 276 und Fig. 47 — 50), mit denen sie aber nichts zu tun haben. Diese Bildungen sitzen nämlich viel weiter ventral am Septum und gehen ferner in die Lamina terminalis über, während die hier beschriebenen Lamellen bis in die Nasenkapsel hineinziehen, was dadurch ermöglicht wird, daß der hintere Teil der Nasenkapsel bei Megaptera nur ganz oben mit dem Septum in Verbindung steht. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Reduktion des Knorpels während der Ausbildung des Primordialkraniums. Die relative Verschmälerung des kaudalen Nasenseptums und des Septum interorbitalc bei Megaptera IX gegenüber den jüngeren Stadien spricht jedenfalls für diese Auffassung. Canalis craniopharyngeus. Mit dem Namen Canalis craniopharyngeus werden in der anatomischen Literatur sowohl die im knorpeligen, wie die im knöchernen Schädelboden vorkommenden unpaaren Kanäle bezeichnet, die sich im Gebiete der Hypophyse finden. Damit wird stillschweigend vorausgesetzt, daß die in verschiedenen Entwickhmgsstufen des Schädels aiiftretenden Gänge mit einander identisch sind, wofür jedoch der Nachweis bisher durchaus noch nicht für alle Fälle erbracht worden ist. Vergleichen wir die Häufigkeit des Vorkommens bei primordialen und fertigen Schädeln, so fällt zunächst auf, daß angeblich fast alle Säugetierschädel den Kanal besitzen öder richtiger besitzen köimen. Nach den Angaben von M a g g i, die K o 1 1 m a n n (1904) zitiert, existiert eine untere Öffnung (nur wenige der untersuchten Schädel waren durchsägt) bei Monotremen, Marsupialiern, Edentaten, Cetaceen, Perisso- und Artiodactyliern, Sirenen, Nagetieren, Insektivoren, Carnivoren — auch bei Prosimiern. Demgegenüber fällt sofort auf, daß der Kanal bei Primordialschädeln viel seltener auftritt und — 57 — innerhalb einzelner Ordnungen und Familien stark variiert. Ein allseitig vom Knorpel umschlossener Kanal fehlt z. B. vollständig bei Echidna (G a u p p 1908), bei Didelphys (T o e p 1 i t z 1917), beim Hunde (0 1 m s t e a d 1911), bei älteren Stadien des Primordialschädels des Kaninchens (Stadium I und in der V o i t sehen Arbeit), Auch bei Talpa (Fischer 1901) findet sich nur eine seichte Grube und eine Schnittserie durch einen Pferdeembryo zeigte mir, daß auch hier kein Canalis craniopharyngeus vorhanden ist. Schon diese Verschiedenheit im Verhalten des knorpeligen und des fertigen Schädels ist sehr auffallend. Zu irgend einer Zeit muß natürlich eine Verbindung zwischen Rachendach und Schädelhöhle bestanden haben, aber wie kann der Kanal, der sich in der knorpligen Schädelbasis schon geschlossen hat, in der verknöcherten wieder von neuem auftauchen? Ähnliche und andere Erwägungen haben nun Voit (1909) veranlaßt, die Homologie der knorpelig und knöchern begrenzten Kanäle beim Kaninchen anzuzweifeln. Voit weist die Ansicht von A r a i (1908), daß der beim Kaninchen im knöchernen Postsjjhenoid stets vorhandene ,, Kanal" ein Überrest des primären Hypophysengangs sei, zurück. Die ventrale Mündung des definitiven Kanals liegt nämlich viel weiter kaudal als das bei (nur sehr jungen) Knorpelschädeln vorhandene Hypophysenfenster. Voit hält also diese Bildung für sekundär und erklärt sie durcti das Ein- wachsen von venösen Blutgefäßen kurz vor und während der Verknöcherung der Basalplatte, ein Vorgang, der in der Tat auch an anderen Stellen häufig zu beobachten ist. Selbst V o i t s jüngste Serie zeigte schon kaudai vom Hypophysenfenster eine grubige Aushöhlung, in der sich venöse Gefäßplexus befanden. Voit iiat nun meines Erachtens durchaus Recht mit seinen Ausführungen. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß die Bezeichnung des Canalis craniopharyngeus für die Öffnung im Os sphenoidale posterius des definitiven Kaninchenschädels nicht mehr angebracht erscheint, da dieser Name iinplicite Beziehungen zur Entwicklung der Hypophysis andeutet, die in Wahrheit offenbar nicht vorhanden sind. Ehe ich nun auf die Verhältnisse eingehe, die ich bei den von mir untersuchten Megaplera- embryonen vorfand, sei es mir gestattet, einen vergleichenden. Überblick über das bisher bei Cetaceen Festgestellte zu geben. E s c h r i c h t (1849) sah an der knorpeligen Schädelbasis eines etwa 35 cm langen Embryo vom Vaagewal (Balaenoptera acufo-rostmta) ,,in der Mitte des zum hinteren Keilbein gehörigen Anteils eine kleine Vertiefung für den Hirnanhang . . ." Bei einem größeren Fetus von 6/4 Fuß Länge mit schon fast völlig verknöchertem Keilbein war ,,an der oberen Fläche die Vertiefung für den Hirnanhang nur schwach angedeutet, vorn aber in der Mitte tiefer eingesenkt und mit einigen kleinen Löchern versehen, worin am kleinen Fetus noch Fäden saßen, dem Anschein nach Nervenfäden". In beiden Fällen, die E s c h r i c h t beschreibt, ist also ein durchgehender Kanal nicht fest- gestellt worden. Der 10,5 cm lange Embryo von Balaenoptera acuto-rostrata, den de Burlet (1914, 1) untersuchte, zeigte ,,in der oberen Fläche der Balkenplatte eine trichterförmige Einsenkung, welche in einen den Knorpel vollständig durchbohrenden Kanal führt, Penestra hypophyseos, Canalis craniopharyngeus . . . Epithelreste finden sich in demselben nicht, nur einige Blutgefäße sind vorhanden." Diese Befunde de B u r 1 e t s können streng genommen zunächst nicht als Beweise dafür gelten, daß hier ein echter primärer Hypophysengang vorliegt. Das Auftreten von Blutgefäßen weist Zoologica. Heft UM. ü — 58 — wenigstens auf die Möglichkeit einer sekundären Biklung (als Einleitung der Verknöchcrung) hin, wie dies oben angedeutet wurde. Ein entsprechender, auch die knöcherne Schädelbasis vollständig durchbohrender Kanal findet sich übrigens auch an erwachsenen Walschädeln, was bisher anscheinend nicht beachtet wurde. Ich untersuchte die Balaenopteridenschädel des hiesigen zoologischen Museums und fand bei einer jungen Balaenoptera acuto-rostrata von 1,15 m ScliädeUänge einen völlig erhaltenen Kanal im Keilbein, der nur wenig (etwa 1 cm) oral vom kaudalen Ende des Vomer mündete. Die untere Öffnung, ein sagittal gestellter spitzwinklig-dreieckiger Schlitz, wurde also vom Vomer völlig ver- deckt. Durch den Kanal, der die beträchtliche Länge von mehr als 5 cm besitzt, läßt sich eine dicke Borste unschwer hindurchführen. Eine Abbildung, die ähnliches zeigt findet sich übrigens schon bei Weber (1904, S. 563), Es handelt sich um einen Medianschnitt durch den Schädel einer jungen Balaenoptera acuto-rostrata von 5,80 m Länge, der deutlich einen weiten Kanal in der Schädelbasis erkennen läßt. Oben beginnt er etwas hinter der übrigens deutlich ausgeprägten Hypophysengrube und wird auch hier unten durch das kaadale Ende des Vomer verschlossen, Weber hat diese Bildung auf der Figur nicht bezeichnet uiid geht auch im Text leider nicht darauf ein. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß es sich hier um die auffallend gut erhaltenen Reste eines primären Kanals handelt. Auffallend mag erscheinen, daß der Kanal nicht von der tiefsten Stelle der Hypophysengrube ausgeht, sondern etwas weiter hinten ansetzt. Demgegenüber weise ich aber darauf hin, daß speziell die Lage der dorsalen Öffnung des Kanals, falls er im knöchernen Schädel überhaupt vorkommt, stark variiert, und verweise im besonderen auf die Abbildung eines abnormen Canalis craniopharyngeus des menschlichen Schädels in der schon erwähnten Arbeit von K o 1 1 m a n n (1904), wo der Kanal auch nicht in der tiefsten Stelle der Sella, sondern ausnahmsweise etwas weiter vorn mündet. Einen nicht unwichtigen Beitrag zu der uns hier beschäftigenden Frage liefert eine Beobachtung von G u 1 d b e r g, die sich in dessen Arbeit über das Zentralnervensystem der Bartenwale (1885) findet. Guldberg bespricht die Ossifikation der Basalteile des Kraniums eines kaum ^ m langen Megapferaietus. Nachdem die Ossifikationspunkte für die einzelnen Keilbeinknochen genannt sind, fährt der Autor fort: ,, Höchst interessant war die Tatsache, daß durch das zweite dieser Ver- knöcherungszentren (Os sphenoidale posterius) sich noch ein kleiner Bindegewebsstrang hindurchzog, als ein Überbleibsel der ursprünglichen Verbindung zwischen dem die Hypophysis umgebenden und dem suprapharyngealen Bindegewebe." Guldberg illustriert diese Mitteilung durch eine Zeichnung (1885, Taf. II, Fig. 17), einen Sagittalschnitt des Kopfes mit dem Gehirn in situ in natür- licher Größe. Man sieht den Bindegewebsstrang, der durch eine feine Linie angedeutet ist, mitten durch den Knochenkern des Postsphenoids ziehen und ventral in einer trichterförmigen Vertiefung münden. Dorsal mündet er ungefähr an der tiefsten Stelle einer deutlichen Hypophysengrube, aber kaudal von der Hypophyse selbst, da diese nur im vorderen Teil der Grube liegt. Der Wert dieser Mitteilung von Guldberg liegt nun hauptsächlich darin, daß er auf die epithelialen Rudimente des ehemaligen Hj'pophysenganges und damit auf einen exakten Nachweis dieser Bildung hinweist. Die Möglichkeit dieses Nachweises bleibt natürlich auch be- stehen, wenn sich der. im Knorpel verlaufende Kanal schon geschlossen hat. Auch bei Zahnwalen sind die Verhältnisse wechselnd. Bei einem PhocaenaemhTyo von 4,8 cm fand de B u r 1 e t (1913, 1) nur eine leichte Vertiefung für die Hypophyse, aber keinen Kanal, Dagegen zeigt ein älterer Embryo eine Bildung, die de B u r 1 e t (1913, 2) wieder Canalis cranio- — 59 — pharyngeus nonnt. Dieser vom Knorpel umschlossene, oben trichterförmig erweiterte Kanal ist aber nicht vollständig erhalten: „nahe seinem vorderen Ende fehlt er auf einigen Schnitten." Seine untere Öffnung wird vom distalen Ende des Vomer bedeckt. De B u r 1 e t hält also diesen unvollständigen Kanal für den Kest des H>'pophysenganges, sagt aber leider nicht, ob er noch Epithelreste oder Blut- gefäße enthält. Bei Lagenorhynchus albirosfris erwähnt d e B u r 1 e t (191-i, 2) auch nur das Vor- handensein des Kanals, ohne ihn näher zu beschreiben. Von den drei Megapteraemhvyonen, die mir zur Bearbeitung vorlagen, untersuchte ich zuerst den Embryo V von 9,2 cm Rückenlänge, bei dem sich oben nur eine sehr seichte und kaum begrenzte Grube für die Hypophysis fand. Dagegen zeigte die Ventralseite der Balkenplatte eine relativ tiefe grubige Aushöhlung, deren Verlängerung gerade die Hypophyse getroffen haben würde (Tafelfig. 4). Der größere Embryo IX von 11,4 cm Rückenlänge ließ von dieser Bildung nichts mehr erkennen. Ich hoffte, beim jüngsten zur Untersuchung gelangten Embryo III ein durchgehendes Foramen oder wenigstens eine deutlichere Hypophysengrube zu finden. Es zeigte sich jedoch gerade das Gegenteil: hier fehlte auch die untere Aushöhlmig, so daß sich die Basalplatte des jüngsten Embryo von der des Stadium IX kaum unterschied. Man könnte aus den bisher gegebenen Daten den Schluß ziehen, daß schon in relativ frühen knorpeligen Stadien sekundäre Vertiefungen von oben und unten her (Phocaena u. -a.) oder auch nur von unten her (Megaptera) einwachsen, nachdem sich der ursprüngliche Hvpophvsengang abge- schnürt hat, der möglicherweise überhaupt niemals von Knorpel umgeben war (Echidna, Didelphys, vielleicht auch Talpa). Aber für viel wahrscheinlicher halte ich es, daß die v o r- k o m m e n d e n Verschiedenheiten in der Ausbildung des Kanals nicht als Altersunterschiede, sondern als i n d i v i d u e 1 1 e V a r i a t i o n e n aufzufassen sind. Die Canales craniopharyngei variieren nämlich nicht nur innerhalb einzelner Ordnungen, wie z. B. ihr Fehlen bei Didelphys (T o e p 1 i t z 1917) und ihr typisches Vorkommen bei Perameles (Cords 1915) beweist, sondern auch innerhalb engbegrenzter Familien und selbst Arten, wie die Befunde von F r e t s (1913, S. 721) an platyrrhinen Affen beweisen. Dieser Autor fand den Kanal, der (nach den beigegebenen Abbildimgen zu schließen) primärer Natur ist, bei Cebus und den meisten untersuchten Exemplaren von Mycetes. — Bei Chrysothrix, Ateles und einem Exemplar von Mycetes dagegen, das dem Alter nach zwischen den anderen Embryonen der gleichen Art stand, wurde er vermißt. Die Befunde von drei verschieden alten Embryonen von Megaptera stützen wiederum die auch von F r e t s ausgesprochene Ansicht, daß das Vorhandensein des Kanals im knöchernen Schädel auf fetale Variation zurückzuführen ist. Ich möchte hinzufügen, daß es sich meiner Ansicht nach schon bei dem Kanal im Primordialkranium um das Gleiche handelt. Der primäre Kanal schließt sich, wenn er überhaupt zur Entwicklung kommt, individuell früher oder später. Bei Megaptera V hat er sich in seinem vöntralen Verlaufe länger erhalten, als bei Megaptera III, und es besteht absolut kein Grund zu der Annahme, daß der Embiyo III, wenn er sich weiter entwickelt hätte, später die entsprechenden Zustände, wie wir sie beim Embryo V finden, reproduziert hätte. Und es ist natürlich absurd anzunehmen, daß im Laufe der indi\'iduellen Embryonalgenese ein und dasselbe Foramen, das sich im Knorpel schon geschlossen hat, im Knochen wieder auftaucht. In diesem Falle kann es sich eben nur um sekundäre Bildungen handeln, die dann aber zur Vermeidung von — 60 — begrifflicheü Irrtümern nicht mit denselben Namen bezeichnet werden dürfen, wie die primären Kanäle. Schließlich muß ich noch den Nachweis erbringen, daß es sich bei der Aushöhlung in der knorpeligen Basalplatte von Megaptera V wirklich um einen Rest des primären Hypophysen- ganges handelt. An diesem Präparat selbst ist nun dieser Nachweis nicht anmittelbar zu erbringen. Es läßt sich nämlich zwar ein sehr deutlicher Epithelstreifen nachweisen, der direkt vom Epithel des Ductus nasopharyngeus schräg nach oben und hinten abgeht und durch die dazwischenliegende im Vergleich zu vielen anderen Säugetieren recht beträchtliche Bindegewebsschicht hindurch- ziehend bis zur Knorpelaushöhlung geht, aber in die Höhlung hinein läßt er sich nicht verfolgen. Dieser Epithelstreifen, der histologisch dem Pharynxepithel ähnlich ist, geht von der Mitte der Dorsal- wand des schon einheitlichen Ductus nasopharyngeus aus nur wenig kaudal von der Stelle, wo die paarigen Nasenrachengänge verschmelzen und nur wenig rostral von der Mündung der beiden Eustachischen Tuben. Genau an derselben Stelle finden sich Bpithelstränge beim Embryo IX (Fig. 19), die aber liier nicht einmal den Ventralrand des basalen Knorpels erreichen. Erst die Untersuchung des Embryo III von 3 cm direkter und 6,2 cm Rückenlänge, des kleinsten aller bisher mikroskopisch untersuchten Bartenwalembryonen, gab befriedigenden Aufschluß über das behandelte Problem. Hier läßt sich nämlich der gleiche Epithelstrang bis zur Mündung in den vordersten Zipfel der Hypophyse verfolgen. Er beginnt wieder rostral von den Tubenmündungen an der Dorsalwand des Pharynx (die Trennung in paarige Nasenrachengänge ist in diesem Stadium noch nicht erfolgt) und dringt von unten her in die Basalplatte ein, die hier nur eine ganz seichte Vertiefung zeigt (Fig. 11), die mit der tiefen Aushöhlung beim Embryo V nicht zu vergleichen ist. Im Knorpel selbst wird der Epithelstrang weniger deutlich, läßt sich hier jedoch mit genügender Sicherheit durch ihn hindurch bis zum Übergang in die Hypophyse selbst verfolgen. Es ist somit außer allem Zweifel, daß wir es hier mit dem Rudimente eines ursprünglichen Hypophysenganges zu tun haben. Da aber bei allen drei Stadien diese Epithelreste der Lage nach und, soweit sie vorhanden sind, im mikroskopischen Bilde vollkommen übereinstimmen, so stehe ich jetzt nicht mehr an, auch für die bei Megaptera V und IX beobachteten Bildungen Beziehungen zur Hypophyse anzunehmen. Ich glaube damit den Nachweis erbracht zu haben, daß der beim Embryo V noch am deutlichsten erhaltene Knorpelkanal wirklich einen primären Hypophysengang darstellt. Wir fassen das wenige bisher über den Canalis craniopharhyngeus der Bartenwale Bekannte noch einmal kurz zusammen: 1. Eine starke fetale Variation ist vorhanden, die nicht mit Altersverschiedenheiten ver- wechselt werden darf, 2. Bleibt der primäre Canalis craniopharyngeus im Knorpel erhalten, wenn das Primordial- kranium schon seine höchste Ausbildung erreicht hat (Balaenoptera: de B u r 1 e tj, so kann sich der Kanal auch am erwachsenen knöchernen Schädel wiederfinden (Abbildung bei Weber und der von mir festgestellte Fall). 3. Ist der Kanal schon im Knorpel rudimentär oder nicht v^orhanden (drei junge Stadien von Megaptera der Kükenthal sehen Serie, ein älteres Exemplar von G u 1 d b e r g), so ist es aus- geschlossen, daß er sich am knöchernen Schädel wieder vorfindet. Existiert dann dort ein Kanal, so wird stets eine Neubildung im Sinne V o i ts anzunehmen sein. — ■ Nachträglich hat die Untersuchung des Megaptera-l^vahvjo XII ergeben, daß hier ein 61 vollständiger, breiter Kanal besteht, eine Tatsache, die mich in der oben aus- gesprochenen Meinung bestärkt. Parachordale Knorpelkerne. Während die basalen Knorpel in der Umgebung der Hypophyse selbst beim jüngsten Mecjapleraetnhryo einen vollkommen emheitliehen Eindruck machen, zeigen sich im kaudalen Teile der Orbitotemporalregion deutlich einige Knorpelkerne, aus deren Zusammenschluß hier erst die Basalplatte entsteht. Ich fasse diese Knorpelkerne als Reste ursprünglich isolierter parachordaler Knorpel auf. Die Trennung beginnt hinter den Wurzeln der Temporalflügel. Hier finden sich jederseits Knorpelherde und zwischen ihnen die Chorda, die hier noch stets von vorknorpeligem Gewebe umgeben ist (Fig. 27). Etwa in der gleichen Gegend zeigt sich noch ein unpaarer ventraler Knorpelkern, der jedoch weiter kavidal bald mit den beiden getrennt bleibenden dorsalen Knorpelbalken verschmilzt, so daß diese jetzt ventral eine Verbindung besitzen. Inzwi- schen macht die Chorda eine scharfe Bie- gung nach unten, kehrt aber sofort wieder in den dorsalen Teil der Schädelbasis zurück und liegt in der allmählich nach hinten zu immer flacher werdenden vorknorpeligen Furche, die zwischen den Parachordal- knorpeln liegt. Die Carotichm ziehen natürlich, wie offenbar bei allen höheren Säugetieren, 1 a t e r a 1 von den genannten Balken in die Schädelhöhle. Bei den älteren Embryonen V und IX ist die Bildung des basalen Knorpels aus einzelnen Kernen nicht mehr nachweisbar. Ich brauche wohl nicht zu versichern, daß ich weit davon entfernt bin, aus dem hier geschilderten Gange der Verknorpelung Schlüsse über genetische Beziehungen zu ziehen. (Vgl. G a u p p, besonders 1900, S. 527—535.) Comm. orbitopa- riet. ^ A. ^Cd Cart. Meck. Cav. lymp^ Fi- Sciii' HI, Oliji.kllr. li:!. \'iri;r. Hl : 1. Commissura alicochlearis. Nur wenige Worte will ich hier über die Verbindung von Temporalflügel und Pars cochlearis der Ohrkapsel sagen. Bei Zahnwalen kommt sie nicht immer vor. Beim jüngeren PltocaenavmhvyQ ist sie nur durch kleine Knorpelreste angedeutet. Beim älteren P/;oc«cwaembryo fehlt sie völlig. Bei Lagenorhynchus findet sich zwar eine seitliche Begrenzung der Carotis durch Knorpel, der jedoch den Temporalflügel nicht direkt, sondern durch Vermittlung der Lamina supracochlearis mit der Ohrkapsel verbindet (de B u r 1 e t). Ähnlich verhält sich nach dem gleichen Autor die Commissura alicochlearis bei Balaenoftera acuto-rostrata. — 62 — Auf die sehr interessante Frage, ob diese „indirekte" Verbindung primitiv oder sekundär abgeändert ist, werde ich erst bei Besprechung der Ohrregion eingehen können. Hier will ich nur noch soviel bemerken, daß beim jüngsten untersuchten MegapteraemhTyo III der seitliche Abschluß der Carotidenlöcher noch unvollständig ist, während beide ältere Stadien und ebenso Balaenoptera einen vollständigen lateralen Abschluß besitzen. Bei Phocaena dagegen geht dieser seitliche Abschluß schon während der Ausbildung des Primordialkraniums verloren. Wir finden hier also, wie so oft, diametrale Gegensätze in der Entwicklung von Zahn- und Bartenwalen. Ala temporalis. Wie beim Primordialschädel anderer Säugetiere, so läßt sich auch bei Bartenwalen eine deutliche Trennung der Ala temporalis in Processus alaris und Lamina ascendens nachweisen, die bei Zahnwalen — jedenfalls bei Pliocaena — viel weniger scharf ausgeprägt ist. Bei Balaenoptera findet sich nach de Burlet (1914, 1) ein Kanal in der Ala temporahs, der sie in dorsoventraler Richtung durchbohrt und weder Nerven noch Gefäße enthält. Bei Megaptera V und IX habe ich vergebens nach einem Analogon zu diesem Kanal gesucht — hier ist der ganze Temporalflügel eine vollkommen einheitliche Knorpelmasse. Bei Megaptera III dagegen ist der Temporalflügel vom basalen Knorpel deutlich abgesetzt durch vorknorpelige Lücken, die von vorn her tief in die Wurzel der Ala temporalis einschneiden. In diesen Lücken findet sich beider- seits deutlich ein kurzer Strang (anscheinend nur Bindegewebe), der sich jedoch weder nach oben noch nach unten weiter verfolgen läßt, so daß ich leider über die Bedeutung dieser Bildung nichts sagen kann. Die Lage dieser Trennimgszone scheint übrigens nicht die Grenze vom Processus alaris und Lamina ascendens, sondern von Balkenplatte und Processus alaris anzudeuten, da die Lamina ascendens hier deutlich viel weiter lateral und vorn liegt. Um dasselbe handelt es sich meines Erachtens auch bei dem Kanal in der Ala temporalis von Balaenoptera. Betrachten wir nämlich die Tafel V der de Burlet sehen Arbeit (1914, 1), so zeigt sich, daß der Kanal nicht an der Knickungsstelle des Temporalflügels, die wohl die wirkliche Grenze zwischen Processus alaris und Lamina ascendens bezeichnet, sondern bedeutend weiter medial liegt. Allerdings erscheint bei dieser Auffassung die Basalplatte an dieser Stelle außerordentlich breit. Eine Verbreiterung der basalen Knorpelpartien ist aber hier zwischen den Wurzeln der Ala temporalis und weiter kaudal (als Lamina supracochlearis) als ganz sicher anzunehmen, was später noch nachgewiesen werden wird. Hinweisen möchte ich noch auf die Tatsache, daß die selbständige Verknorpelung der Ala temporalis, wie wir sie hier anzunehmen haben, nach W i n c z a (zitiert bei G a u p p, 1906, S. 827) stets bei Carnivoren (Katze, Hund, Eisbär) vorkommt, bei Ungulaten (Pferd, Schwein, Schaf, Kalb) dagegen fehlt. Wenn nun auch eine Reihe von Faktoren auf Beziehungen der Cetaceen zu den Ungulaten hindeutet, so ist es doch gewiß beachtenswert, daß in diesem Punkte, der Carnivoren und Ungulaten aufs deutlichste trennt, die Wale zweifellos auf Seiten der Carnivoren stehen. Die Ala temporalis beim jüngsten Embryo III ist etwas mehr nach unten abgebogen, als bei den älteren Stadien von Megaptera. Auch liegt hier die Lamina ascendens mehr imterhalb als lateral von den oralen Teilen des hier relativ sehr großen und noch halb in der primären Schädel- — 63 — höhle liegenden Ganglion semilunare, so daß die Knickung des TeniiDoralflügels hier noch nicht so scharf ausgeprägt erscheint. Zu erwähnen wäre schließlicli noch, daß die Ala temporalis im Gegen- satz zur Ala orbitalis beim Megapteraemhryo III noch mitunter recht unscharf begrenzt ist, besonders in ihren lateralen Teilen. Eine Verknöcherung von Teilen der Ala temporalis, die sonst — u. a. beim Primordial- kranium von Lagenorhynchus alhirostris — häufig angetroffen wird, ist bei Megaptera in keinem untersuchten Stadium nachweisbar. 3. Regio otica. Pars otica der Basalplatte. Die Basalplatte der knorpeligen Regio otica bei Bartenwalen zeichnet sich, wenn man die Modelle von Balaenoptera und Megaptem von oben betrachtet, durch eine außerordentliche Breite aus, die nach hinten zu in der Regio occipitalis noch zunimmt. Diese ungewöhnliche Breite ist aber einmal bei jüngeren Stadien noch nicht vorhanden und bei näherer Untersuchung älterer Embryonen zeigt sich, daß nur eine relativ schmale dorsale Knorpellamelle, die der eigentlichen Basal- platte beiderseits lateral ansitzt, oder auch die Dorsalwand der Ohrkapsel eine allzugroße Breite des basalen Knorpels vortäuscht. Dies gilt besonders fiü' Megaptera. Freilich finden sich auch hier ..Fissurae basicochleares", aber diese Öffnungen sind noch schmäler, undeutlicher und unregel- mäßiger als bei dem von de Burlet (1914, 1) beschriebenen Exemplar von Balaenoptera. Genau wie bei Megaptera finden sich bei Balaenoptera Laminae supracochleares, die deutlich der Basalplatte angehören und die n u r 1 a t e r a 1 in die Schneckenkapsel übergehen (siehe z. B. die dafür sehr instruktive Figur 16 bei de Burlet 1914, 1). Oder mit anderen Worten: die von medial-unten kommenden basikapsulären Schlitze oder Spalte erstrecken sich bis u n t e r die von der Basalplatte abgegliederten lateralen Knorpel- commissuren. Es erhebt sich nunmehr die wichtige Frage, ob diese Verbindungen zwischen Ohrkapsel und Basalplatte primär oder sekundär sind. De Burlet konnte natürlich durch Untersuchung eines einzigen Exemplares diese Frage nicht lösen, kommt aber ,,in Hinblick auf das künftige Schicksal des Petrotympanicum der Wale" zu der Vermutung, daß der Höhepunkt der Ausbildung der knor- peligen Verbindung schon vorbei ist und daß die jetzt noch bestehenden Commissuren als Rest einer früher mehr oder weniger einheitlichen Verbindung aufzufassen sind. Die Ergebnisse der Untersuchung des älteren Megaptera^mhxyo IX, bei dem sich viel breitere und deutlichere Fissurae basicapsulares finden (vgl. Fig. 10), schienen die Hypothese einer sekundären Loslösung der Schneckenkapsel von der Basalplatte zu unterstützen. Die Überlagerung der Schneckenkapsel durch seitliche Ausläufer der Basalplatte, Laminae supracochleares, findet sich hier nur vorn und eine sehr schwache Verbindung dieser Ausläufer mit der knorpeligen Oberwand der Schneckenkapsel ist nur auf sehr wenigen Schnitten festzustellen (Fig. 20). Danach schien es mir kaum noch zweifelhaft, daß die Loslösung der Ohrkapsel, über deren funktionelle Bedeutung uns die ausgezeichneten Arbeiten von B ö n n i n g h a u s (1903) aufgeklärt haben, bei Walen als ein seloindäres Moment gegenüber einer ursprünglich festen Verbindung mit der Basalplatte aufzufassen sei. Immerhin war auffallend, daß bei manchen Säugetieren eine völlig isolierte Anlage der Schneckenkapseln nachgewiesen war, eine Tatsache, die in gewissem — wenn auch durchaus nicht — 65 — unüberbrückbarem — Gegensatze zu der bekannten Hypothese G a u p p s steht, die das Material für die knorpeligen Schneckenkapseln teilweise aus der Basalplatte selbst hervorgehen läßt. G a u p p s Untersuchungen an Echidna und die Befunde an vier verschieden alten Knorpelschädeln von Didelphys (T o e p 1 i t z 1917) lassen diese Theorie sehr wahrscheinlich erscheinen. Fraglich war es mir nur, ob sie auch für Placentalier gilt. Bei Lepus findet sich, wie N o o r- d e n b o s (1905) und V o i t (1909) nachgewiesen haben, in frühen ontogenetischen Stadien eine Fissura basicochlearis, die die ganze Pars cochlearis von der Basalplatte trennt. Wir haben hier also eine isolierte Anlage der knorpeligen Schneckenkapsel. Auch bei Bradypus cuctdli, offenbar einem sehr jungen Embryo, konnte nach d e B u r 1 e t (1914, 1, S. 150) das gleiche Verhalten konstatiert werden. Somit erschien es möglich, wenn auch sehr unwahrscheinlich, daß es sich bei den Walen ebenso verhielte. Die Untersuchung des jüngsten M e g a p t e r a q mh v y o III zeigt nun aber in der Tat, d aß die S c h n e c k e n k a p s e 1 sich völlig i s o 1 i e i t anlegt. Die gesamte knorpelige Pars cochlearis der Ohrkapsel ist hier durch eine relativ breite, von Bindegewebe erfüllte Spalte von dem basalen Knorpelbalken getrennt (Fig. 28) und nur vorn findet sich auf wenigen Schnitten eine vor- knorpelige Verbindung , die ganz entsprechend der Lamina sup- racochlearis liegt. Selbst die Pars canalicularis besitzt niu' kaudal sehr schwache, undeutliche vorknorpelige Verbindungen mit der Basalplatte. Wir haben hier also die sehr interessante Tatsache vor uns, daß die Verbindung zwischen ( ) h r k a p s e 1 u n d B a s a 1 p 1 a 1 1 e doch einen sekundären Zustand repräsentiert und daß die wieder er- folgende und nunmehr definitive Loslösung als ein entwicklungs- geschichtlicher Vorgang 3. Ordnung aufzufassen ist. Ziehen wir nun die wahre Bedeutung dieser Vorgänge in Betracht, so kommen wir zu Auf- schlüssen über zahlreiche morphologisch wichtige Elemente der knorpeligen Regio otica. Zunächst ergibt sich, daß die Lamina supracochlearis, die dorsale flügelartige Verbreiterung der Basalplatte über den vorderen Polen der Schneckenkapseln, aus der Basalplatte selbst und nicht etwa aus der oberen Wand der Pars cochlearis hervorgeht. Freilich ist bisher noch kein Stadium untersucht worden, bei dem die Laminae supracochleares n u r mit der Basalplatte und nicht mit den Ohrkapseln in Verbindung stehen. Aber als indirekten Beweis für die hier vertretene Anschauung führe ich die Tatsache an, daß beim Megapteraembryo III die Laminae (knorpelig) vollständig fehlen und beim nächsten mikroskopisch untersuchten Stadium V, wo sie schon sehr deutlich vor- handen sind, mit der Basalplatte stets in deutlichstem homokonti- nuierlichen Zusammenhange stehen, während sich der zuweilen schein- bar breite Übergang in die Schneckenkapseln bei genauerer Untersuchung der Schnitte Zoologica. Heft G9. 9 Comm. orbitopnriet. Ogl. semilun. Duct. cochlear. N. peiros. superfic. Chorda Incus Cavum luhoiymp. Hyale N. facüilis Fig. 28. Serie III, Objekür. 120 'Sü ist z. B. der Abstand des ventralen Rands der Schneckenkapseln vom tubotympanalen Raum beim Embryo IX im Vergleich zum Embryo III stark vermindert, der Abstand der Basalplatte vom dorsalen Larynxepithel dagegen verhältnismäßig kaum verändert. Canalis facialis, Commissura suprafacialis. Die Befunde an manchen Primordialschädeln (Lepus, Talpa, ältere Stadien von Homo) beweisen, daß der definitive Facialiskanal ursprünglich drei getrennte Strecken unterscheiden läßt, nämlich eine innere suprafaciale Commissur, deren Öffnung den Durchtritt durch die primäre Schädelwand be- zeichnet, zweitens eine zunächst offenbar stets ungedeckte, freie Kanalstrecke, die erst später knorpelig oder knöchern verschlossen wird, und schließlich eine Strecke, die wieder von Knorpel umgeben sein kann, der dann eine zweite Öffnung, das Poramen faciale secundarium, begrenzt. Zwischen beiden Commissuren geht aus dem mittleren Teil des knorpeligen Facialiskanals der Nervus jjetrosiis superficialis nach vorn ab, entweder durch eine große Lücke, wie bei Lepus, oder durch eine engere Öffnung (Hiatus canalis facialis [Pallopii]), wie bei Talpa u. a. Diese topographischen Verhältnisse hat V o i t sehr klar und übersichtlich geschildert. Vor allem ist es ein Verdienst dieses Autors, darauf hingewiesen zu haben, daß zuweilen die äußere ,, sekun- däre" suprafaciale Commissur fehlt, sei es, daß sie am Knorpelschädel überhaupt nicht oder erst sehr spät zur Entwicklung kommt. Trotzdem darf man in solchen Fällen natürlich die primäre Pa- cialisöffnung, hinter welcher der Nervus petrosus superficialis abgeht, nicht mit der äußeren tympanalen Pacialisöffnung verwechseln. Aus dem eben Gesagten geht nun aber klar hervor, daß wir in der Lagebeziehung der Facialiskanal teile zum Nervus petrosus superficialis ein ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteilung der Pacialiskanäle besitzen, das folgendermaßen ausgesprochen werden kann: die Knorpelkommissuren zentral von der Vereinigungsstelle des Facialis und Petrosus sind als innere, die peripher von dieser Stelle gelegenen als äußere Pacialiscommissuren aufzufassen. Die Bezeichnungen ,, primär" und ,, sekundär" für beide Commissuren oder Poramina ver- meide ich, da sie außer der lokalen Verschiedenheit eine Differenz der zeitlichen Entstehung aus- drücken — eine Differenz, die durchaus nicht immer vorhanden ist. Infolgedessen können diese Bezeichnungen Anlaß zu Mißverständnissen geben. Für ebenso ungeeignet halte ich die Bezeichnung ,, Commissura praefacialis", die de Burlet (1914, 1) der inneren Facialiscommissur bei Balaenoptera gibt. Er wählt diesen Namen deshalb, weil die Commissur ,,nur die vordere, nicht die obere Begrenzung" des Facialiskanals bilde. Nun liegt freilich die Commissur hier, wie auch ganz entsprechend bei Megaptera, viel weiter lateral-vorn als bei anderen Primordialschädeln, aber wir haben durchaus keinen Grund zu der Annahme, daß wir hier nur einen (den äußeren) Teil der inneren suprafacialen Commissur vor uns haben. Der Name Canalis praefacialis kann andererseits natürlich zu der Annahme verleiten, daß es sich im Gegensatz zu der s u p r a facialen inneren hier um eine praefaciale äußere Facialiscommissur handelt. Davon kann natürlich nicht die Rede sein und das wollte de Burlet mit seiner neuen Bezeichnung auch keinesfalls sagen, denn er erklärt ausdrücklich, daß es sich um den ,, weiten primären" Kanal handelt. — 71 — Daß die Facialcommissur hier so weit nacli vorn und außen verlagert ist, hat seinen Grund in der Drehung der Ohrkapsel um ihre schräg von hinten-außen nach vorn-innen ziehende Längs- achse, eine Drehung, die hier bei B a r t e n w a 1 e n offen b a r i h r M a x i ni u m i n der Reihe der Säugetiere erreicht. Bei den meisten Landsäugetieren, etwa Lepus, liegt z. B. der orale Teil des Canalis semicircularis anterior nahezu parallel zur Schädelachse der Regio otica, bei Bartenwalen liegt dieser Teil mehr außen (Drehung um die vertikale Achse der Öhrkapsel) und oben (Drehung um die Längsachse der Ohrkapsel), so daß nunmehr durchaus keine Parallelität mehr besteht. Als einen weiteren Beweis für diese Drehung führe ich die Verlagerung des Foramen endolymphaticum an. Beim Primordialkranium von Lepus ist dieses Foramen von oben her kaum zu sehen (man verwechsele es dabei nicht mit der kaudal davon liegenden Lücke in der Ohrkapselwand), da es sich direkt nach innen öffnet. Bei anderen Species blickt die Öffnung medio-dorsalwärts, aber stets mehr nach innen als nach oben. Bei Cetaceen dagegen sieht das Foramen endolymphaticum. wie die Abbildungen von Balaenoptera (de B u r 1 e t, 1914, 1 Taf. V) und Megaptera (Tafelfig. 3) deutlich zeigen, direkt nach oben und ein wenig nach hinten. So kann es uns schließlich nicht wundernehmen, wenn auch die Facialiscommissur stark nach vorn und außen verlagert erscheint, so daß sie hier nunmehr scheinbar der äußeren Facialiscom- missur entspricht, die jedoch, wenn sie vorhanden ist, vom Tegmen tympani ausgeht. Daß es sich aber wirklich um die innere suprafaciale Knorpelbrücke handelt, geht — falls alle bisher angeführten Beweise nicht stichhaltig sein sollten — aus dem Verlauf des Nervus petrosus superficialis hervor, der erst vor und außerhalb der Commissur vom Facialis abgeht. Hier ist also die innere suprafaciale Commissur so weit nach außen verschoben, daß sie von der Schneckenkapsel einerseits in die Kanalkapsel + S c h ä d e 1 s e i t e n w a n d andererseits übergeht, wie dies im beschreibenden Teile schon erwähnt wurde. Die Abbildungen lassen dies deutlich erkennen. Bei den Reptilien war die Suprafacialcommissur eine basicapsuläre Verbindung, bei den meisten Säugetieren ist sie eine intercapsuläre Brücke (G a u p p). Die Umlagerung ist nun bei den Bartenwalen noch weiter gegangen und wir können, wenn wir wollen, hier von einer c a p s u 1 o p a r i e t a 1 e n Brücke reden, unter welcher der VIL Hirnnerv den p r i m ä r e n Schädelraum verläßt. Cavum supracochleare. Zwei Faktoren erschweren die Beurteilung des Cavum supracochleare, wie Voit den kaudalen Teil des Cavum epiptericum (G a u p p ) nennt, bei Bartenwalen besonders, nämlich erstens die im Gegensatz zu anderen Säugern nachweisbare Drehung der Ohrkapscl um ihre eigene Längsachse und zweitens die außerordentlich starke laterale Verbreiterung der Basalplatte über den vorderen Polen der Schneckenkapseln (Lamina supracochlearis). De B u r 1 e t. der die Entstehung der Lamina siipracochlearis noch nicht kennen konnte, entwirft zw^ei verschiedene Hypothesen zur Erklärung der Zustände, die sich bei Balaenoptera (und übrigens ganz entsprechend bei Megaptera) vorfinden. Einmal nämlich könne man den spaltförmigen Raum zwischen Schneckenkapsel und Lamina supracochlearis als Cavum supracochleare auffassen; dann wäre das Dach dieses Raums, eben die Lamina sujjracochlearis, — 72 — als ein primitiver Teil der Hirnkapselwand, als „Restknorpel" aufzufassen. Andererseits hält es de Burlet für möglich, daß die Lamina supracochlearis doch eine von der Ohrkapsel abgegliederte Lamelle darstelle. Dann wäre der Spalt zwischen ihr imd der Ohrkapsel eine sekundäre Bildung und die Dorsalfläche der Lamina supracochlearis entspräche dem Planum supracochleare des Primordialkraniums anderer Säugetiere. Diese Auffassung hält de Burlet für die richtige. Inzwischen hat jedoch die Untersuchung des Megapteraembryo III gezeigt, daß die Laminae supracochleares Neubildungen sind, die aus der Basalplatte hervorgehen und erst sekundär mit den Schneckenkapseln in Beziehung treten. Damit fällt natürlich zunächst die zweite von de Burlet vertretene Auifassimg. Aber auch die zuerst genannte Hypothese ist meines Erachtens zurückzuweisen. Beide Annahmen beruhen nämlich auf der gleichen, unbewiesenen Voraus- setzimg, daß entweder die Lamina supracochlearis oder die darunter liegende Dorsalwand der Schneckenkapsel als Boden des Cavum supracochleare aufzufassen ist. Diese Deutung ist aber nicht zulässig. Der Begriff des „Cavum supracochleare" ist von V o i t 1909 klar definiert worden. Es handelt sich hier nämlich durchaus nicht nur um einen Raum, der über der Pars cochlearis liegt, sondern lediglich um den bei Säugetieren neu erwor- benen Teil des Schädelraums. Dieser neue Teil ist aber gerade medial-hinten aufs deutlichste gegen das ursprüngliche Cavum cranii abgegrenzt, nämlich durch die C'ommissura suprafacialis interna, die eben den Rest der ursprünglichen Schädelseitenwand repräsentiert. Erst diejenigen Raumteile, die sich vor und lateral dieser Knorpelbrücke befinden, können als sekimdär erworbene Abschnitte, als Cavum supracochleare, angesehen werden. Wie nun aber infolge der mehrfach besprochenen, bei Bartenwalen besonders weit fort- geschrittenen Drehung der Ohrkapsel um ihre Längsachse die Suprafacialcommissur sehr weit nach außen verlagert worden ist, so hat sich auch der Boden des bei Säugern in den primären Schädelraum einbezogenen Cavum supracochleare bei B a r t e n w a 1 e n gewissermaßen wieder mit nach außen gedreht. Damit ist das Cavum supracochleare, das sonst mehr oder weniger im Bereiche der architektonisch homogenen erweiterten Schädelhöhle liegt, etwas anders gelagert als etwa bei Lepus. Prin- zipielle Unterschiede zwischen dem Cavum supracochleare der Wale und anderer Säugetiere bestehen jedoch nicht. Wir haben also durchaus keinen Grund, diesen Raum anderswo zu suchen, als lateral von der Suprafacialcommissur auf der dorso-lateralen Fläche der Schneckenkapsel. t-i 4. Regio occipitalis. Bei der Untersuchung der Regio occipitalis der drei verschieden alten Stadien von Megaptera haben sich keine durchgreifenden Altersunterschiede gezeigt, jedoch lassen sich aus der mehr oder weniger fortgeschrittenen Ausbildung einiger Skeletteile Schlüsse über ihre Bedeutung ziehen. Vergleichen wir die Regio occipitalis von Bartenwalen mit den bei anderen Säugetieren vor- kommenden Strukturen, so fällt die Vollständigkeit und starke Ausdehnung der Knorpelpartien auf, die als kaudale Fortsetzung der Lamina parietalis erscheinen. Hierin stimmen die Bartenwale mit den Zahnwalen überein, die auch stets in der Regio occipitalis eine hohe und gut ausgebildete knorpelige Seitenwand als Begrenzung der Schädelhöhle besitzen, während im Gegensatz dazu eine bei Bartenwalen stets gut erhaltene Lamina supracapsularis bei Zahnwalen meist fehlt. Bei Megaptera sind nun die seitlichen Knorpelpartien der Occipitalregion ganz besonders stark entwickelt, viel stärker noch als bei Balaenoptera. Damit steht in Einklang, daß wir bei dieser Art die relativ höchsten Gehirnformen antreffen, und zwar nicht nur embryonal, sondern auch beim erwachsenen Tier, worauf schon G u 1 d b e r g (1885, S. 53) hinwies. Im beschreibenden Teil wurden Foramina besprochen, die sich beim Embrvo V beiderseits in der lateralen Knorpelwand der Regio occipitalis fanden. An der Innenseite dieser Löcher finden sich dort auf beiden Seiten die blinden kaudalen Enden des Ductus endolymphaticus, so daß die Ver- mutung nahe liegt, daß diese Gänge dort die Hirnkapsel verließen. Beim Megapteraembryo IX haben diese Öffnungen die Lagebeziehung zum distalen Ende des Ductus endolymphaticus einge- büßt und bei dem viel jüngeren Stadium III fehlen sie. Zieht man jedoch die bei Walen so oft zu konstatierende fetale Variation in Betracht, so folgt aus diesem letzten Befunde noch nicht, daß die oben ausgesprochene Annahme falsch sein muß. Jedenfalls sind aber noch weitere Unter- suchungen notwendig, um diese Frage zu entscheiden. Foramina hypoglossi. Beim Primordialkranium von Balaenoptera, acuto-rostrata fand de B u r 1 e t eine Asym- metrie in der Anlage der Hypoglossuslöcher, nämlich nur links ein abgeschlossenes Foramen, rechts dagegen eine Verschmelzung mit dem Foramen jugulare. Merkwürdigerweise konnte de B u r - 1 e t genau das gleiche Verhalten an dem Schädel einer erwachsenen Balaenoptera acuto-rostra feststellen, wo nur links eine dünne Knochenspange das Foramen hypoglossi vom Foramen jugulare trennte. Trotz dieser vollkommenen Übereinstimmung hat de Burlet voll- ständig recht, wenn er die hier angetroffenen Verhältnisse für zufällig und inkonstant erklärt. Ähnliche Schwankungen finden sich übrigens auch bei Sirenen (Manatus inunguis). Zoologica. Heft 69. 10 — 74 — Ein vollständiges Fehlen der Foramina hypoglossi beim erwachsenen Schädel fand cVe B u r 1 e t bei den meisten erwachsenen Bartenwalen, jedenfalls bei Balaenopteriden. Er schließt daraus, daß bei Bartenwalen allgemein eine Tendenz zur Verschmelzung von Foramen hypoglossi und Foramen jugulare vorhanden ist, was ich auch für die hier untersuchten Megapteraembryonen bestätigen kann. Auch beim jüngsten Fetus ist kein isoliertes Foramen hypoglossi vorhanden, so daß wir hier das Durchtreten des Nervus hypoglossus durchs Foramen jugulare als R e g e 1 ansehen können, was bisher nur für Monotremen angenommen wurde (G a u p p 1908). Bei Zahnwalembryonen ist dagegen stets mindestens ein wohlausgebilcletes Foramen hypoglossi vorhanden, so z. B. bei den beiden von de B u r 1 e t (1913, 1, Taf. I— II; 1913, 2. Taf. I— II) unter- suchten Phocaenaembryonen. Beim Primordialkranium von Lagenorhynchus dagegen findet sich wieder eine Asymmetrie (de Burlet 1914, 2, S. 395), nämlich links noch eine Öffnung, die durch eine dünne Knorpel- platte vom Foramen jugiüare abgetrennt ist. Daraus kann man wohl den Schluß ziehen, daß auch rechts bei diesem Exemplar mindestens e i n Hypoglossusast mit diu'chs Foramen jugulare geht, während der Rest des XII. Hirnnerves das Schädelcavum durch ein besonderes Foramen verläßt. Ob bei anderen Zahnwalen embryonal ein ähnliches Verhalten vorkommt, ist bisher unbekannt. Bei Phocaena ist es nicht der Fall. Es ist jedenfalls lohnend, hier noch weiteres Tatsachenmaterial zu sammeln. Jedenfalls ist hier wieder ein durchgreifender Unterschied in der Entwicklung von Zahn- und Bartenwalen zu konstatieren. Wie schon oft, so können wir auch hier feststellen, daß Lagenorhynchus den Bartenwalen ähnlicher ist als Phocaena. Processus paracondyloideus. Wir kommen jetzt zur Besprechimg des Processus paracondyloideus (oder Processus par- occipitalis mancher Autoren), einer Bildimg, die gerade beim Primordialkranium von Mega/ptera so außerordentlich stark entwickelt erscheint, wie bei keinem anderen knorpeligen Säuge- tierschädel. Selbst bei nahe verwandten Formen (Balaenoptera) ist er nicht annähernd so groß, wie bei Megaptera. Von seiner Ausdehnung geben nur die Lateralansichten der Modelle eine richtige Vor- stellung. Auf Tafelfig. 4 erscheint er relativ zu klein, da sich infolge der starken Krümmung der Schädelachse keine rein ventrale Ansicht anfertigen läßt. Einen relativ wohlausgebildeten Processus paracondyloideus besitzen u. a. die Primordialkranien von Schwein und Hund, doch reichen sie hier vorn nicht einmal bis zur Wurzel des Hvale. wie die Ventralansichten der betreffenden Modelle zeigen (M e a d 1909; 01ms te ad 1911). Stellt man sich bei Sus z. B. eine Verschmelzung der hier sehr großen Hypoglossuslöcher mit den Foramina jugularia vor, so würde der Processus paracondyloideus oder paroccipitalis, wie ihn M e a d nennt, auch hier bedeutend an Größe gewinnen, indem dann seine Wurzel weiter nach hinten rückte. In gleicher Weise ist die Entstehung des enormen Processus paracondyloideus bei Megaptera zu erklären. Hier ist das Foramen jugulare ganz besonders groß und entspricht hier auch stet s der Summe von Foramen jugulare und Foramen hypoglossi. Wir haben anzunehmen. — 75 — d aß de r a r c li i t e k t u n i s c Ii vollständig e i n li e i 1 1 i c h c F u r t s a t z ii u r in seinem oralen Teil dem Processus p a r a c o n d y 1 o i d e u s anderer S ä u g e r p r i m o r d i a 1 k r a n i e n li o m o 1 o g i s t. Sein kaiidaler Teil dagegen ist nur als Lamina alaris aufzufassen. Die Frage, ob der Fortsatz bei Megaptera Je eine mediale Verbindung mit der Basalplatte (wie beim Schwein) oder mit der Pars canalicularis der Ohrkapsel (wie bei sehr vielen anderen Formen) besessen hat, ist bei den hier untersuchten Embryonen nicht zu entscheiden. Auch beim jüngsten Stadium III ist der Fortsatz, dessen Wurzel sich auch hier schon deutlich als Lamina alaris dokumentiert, nicht nur ohne jede sonstige Verbindung mit anderen Knorpelteilen, sondern nocli weiter davon entfernt als später. Daraus ergibt sich, daß er lediglich aus basalem Knorpelmaterial hervorgeht. Der Raum, den der Processus paracondyloideus in seiner Gesamtheit unten und hinten begrenzt, und den ich im beschreibenden Teile Cavum metoticum genannt habe, entspricht größtenteils dem Recessus jugularis, wie er sich etwa beim Primordialkranium von Lepus findet. Bei Megaptera ist aber noch eine erhebliche Vergrößerung des eigentlichen Recessus jugularis zu konstatieren, da hier infolge der starken Isolation der Pars canalicularis und der kaudalen Ausweitung der knorpehgen Wände der Regio occipitalis ein neuer Raum hinter der Ohrkapsel entstanden ist. Daß dieser Raum wirklich sekundär in das Schädelcavum einbezogen ist, beweist der Verlauf der Dura, die gerade hier sehr deutlich zu verfolgen ist und die dorsal-kaudale Begrenzung dieses Raumes bildet. Um einen Begriff von seiner recht beträchtlichen Ausbildung zu geben, will icli nur bemerken, daß er etwa einhalbmal so groß ist wie die Pars canalicularis der Ohrkapsel. In ihm verlaufen die letzten vier Hirnnerven und die Vena jugularis, ehe sie durchs Foramen jugulare die Schädelhöhle verlassen. Daß bei Balaenoptera teilweise ähnliche, wenn auch nicht gleiche Verhältnisse bestehen, zeigt die Figur 2 der Arbeit von de Burlet (1914, 1, S. 123). Chorda dorsalis. Über den Verlauf der Chorda ist nur wenig zu sagen. Beim jüngsten Embryo III, wo sie sich mit vollster Deutlichkeit verfolgen läßt, tritt sie von unten her in die Basalplatte und zieht schräg nach vorn und oben, um etwa zwischen der Mitte der Partes canaliculares der (Jhrkapsel die Dorsal- fläche der Basalplatte zu erreichen. Hier bleibt sie nun, ohne über das Niveau des Knorpels hinaus- zuragen, bis sie etwa in den Teil der Basalplatte gelangt, der zwischen dem ersten oralen Drittel der Schneckenkapseln liegt. Hier macht sie zwischen den trabekelartigen Knorpelherden (s. o.) plötzlich eine scharfe Biegung nach unten — etwa bis in die Mitte des basalen Knorpels — kehrt aber sofort wieder zur Dorsalfläche zurück und bleibt nun oben, bis sie nach wenigen Schnitten, kaudal von der Hypophysis, ihr orales Ende erreicht. Sehr ähnlich verläuft die Chorda auch bei den älteren Stadien der Megapteraembryonen. Der auffallendste Unterschied gegenüber dem Stadium III besteht darin, daß die dort so enge und steil nach unten gerichtete Schleife beim Embryo IX z. B. erstens etwas weiter kaudal liegt imd ferner keine so scharfe Biegung mehr aufweist. Hier ist die Chorda in ihrem dorsalen Verlauf übrigens oft nur mit Mühe erkennbar. De Burlet hatte schon bei Balaenoptera den Verlauf der Chorda näher zu erforschen gesucht, — 76 — konnte sie aber nur bis zur Oberfläche der Basalplatte verfolgen. Daraus schloß de B u r 1 e t ganz richtig, daß der größte vordere Teil der Basalplatte eine hypochordale Lage hat, da die Chorda sich länger erhalten hätte, wenn sie i n, nicht auf der Basalplatte gelegen hätte. Die Befunde bei Megaptera bestätigen also diese Vermutung vollständig, wenn man von der kurzen, zwischen den Schneckenkapseln in die Tiefe der Basalplatte eindringenden Chordaschleife absieht. Da bei Balaenoptera der kaudale Teil der Basalplatte über der Chorda liegt, so hält es d e B u r 1 e t für unwahrscheinlich, daß es sich hier um „hypochordale Spangen" handelt, viel- mehr wäre auch der ,, Körper des hypothetischen letzten Schädelwirbels in diesem Fall am Aufbau der Schädelbasis beteiligt. Zwar ist die Möglichkeit, daß frühere Stadien andere Verhältnisse zeigen und wir es hier mit sekundär abgeänderten Zuständen zu tun haben, offen zu halten." Diese Möglichkeit verliert nun aber sehr an Wahrscheinlichkeit, da drei verschieden alte Stadien von Megapteraembryonen, die sämtlich relativ jünger sind als der von de B u r 1 e t unter- suchte Balaenopterafetus, prinzipiell gleiche Lageverhältnisse zwischen Chorda und Basalplatte aufweisen. III. Zusammenfassung. Rückblick. Von vornherein konnte man annehmen, ilaß der Schädel der Cetaceen, der von dem der übrigen monodelphen Säugetiere enorm abweicht, auch schon als Primordialkranium sich stark vom allgemeinen Typus des knorpligen Säugerschädels unterscheiden würde. Dennoch überrascht die große Anzahl von Einzelheiten, die schon ganz früh die Spezialisierung und einseitige Anpassung von Teilen des Schädels andeuten. Gegen alles Erwarten zeigt sich, daß wichtige Merkmale, die sich infolge konvergenter Anpassung sowohl bei Zahn- wie auch bei Bartenwalen finden, bei den Bartenwalen früher und deutlicher auftreten als bei den Odontoceten. Die Rückbildung der Nasenkapsel, besonders der Pars olfactoria, ist allerdings bei den Zahnwalen viel radikaler durchgeführt und tritt auch onto- genetisch viel eher auf. Die mutmaßlichen Gründe dieser Verschiedenheit sind im vergleichenden Teile erörtert worden. Von den Merkmalen, die bei Bartenwalen früher auftreten, ist in erster liinie die orale Ver- längerung des knorpligen Nasenseptums, das Rostrum, zu nennen. Die bisher untersuchten Primor- dialschädel von Zahnwalen zeigen nämlich ein weniger gut entwickeltes Rostrum, als selbst relativ jüngere Barten walembryonen. Ähnlich steht es mit der Durchführung der Isolation der Ohrkapsel, die bei Bartenwalen eher nachweisbar ist als bei Zahnwalen. Oder richtiger gesagt: bei den Barten- walen kommt es nach unseren bisherigen Kenntnissen im Laufe der Entwicklung niemals zu so starken Verbindungen wie bei den Zahnwalen. Auch die für den erwachsenen Walschädel charakteristische Breite und hohe Form der eigentlichen Hirnkapsel sowie die typische Gestalt und Anordnung mancher Deckknochen (besonders Maxillare, Incisivum) ist bei Bartenwalen schon eher deutlich nachweisbar als bei Zahnwalen. Wir müssen hier also die merkwürdige Tatsache konstatieren, daß bei den Bartenwalcu, die nach den Feststellungen der Palaeontologie zweifellos bedeutend jünger sind als die Odontoceten, doch eine Reihe von Merkmalen entwicklungsgeschichtlich bedeutend zeitiger auftritt, als bei den Zahnwalen. Die Frage, ob sich die Wale von einem gemeinsamen Stamme herleiten oder ob sie diphy- letischen Ursprungs sind, wie es K ü k e n t h a 1 annimmt, kann hier natürlich nur gestreift werden. Ich muß gestehen, daß ich mir früher kaum vorstellen konnte, daß zwei Tiergruppen, die in so vielen Punkten auffallend übereinstimmen, diese Ähnlichkeit lediglich diuch konvergente Anpassung er- — 78 — Würben haben sollten. Der äußerlich zuerst auffallende Unterschied zwischen beiden, nänüich das Vorhandensein des Bartensiebapparates und das Fehlen der Zähne bei den Mystacoceten, ist ja auch sicher erst sekundär und sehr spät aufgetreten. Die sich lange erhaltenden Zahnrudimente und die (im Vergleich zu anderen durch Anpassung ans Wasserleben bedingten Neubildungen, wie etwa Rücken- und Schwanzflosse) außerordentlich spät auftretende Anlage der Barten machen es wahr- scheinlich, daß die Bartenwale, als sie schon ausgesprochene Wassertiere waren, sich noch lange genau ebenso ernährten, wie die Zahnwale. Aber gerade die Entwicklung des primordialen K o p f s k e 1 e 1 1 s der Z a h n - und B a r t e n w a 1 e hat mich zu der Überzeugung gebracht, daß wir es hier mit zwei verschiedenen T i e r s t ä m m e n zu tun haben, die nur darin übereinstimmen, daß sie beide von c a r n i v o r e n, sicher- lich schon m o n o d e 1 p h e n Säugetieren abstammen und sich voll- kommen ans W a s s e r 1 e b e n angepaßt haben. In zahlreichen Fällen entwickeln sich nämlich Teile des Primordialkraniums bei Bartenwalen ganz anders als bei Zahnwalen, wenn auch der definitive Zustand am knöchernen Kranium scheinbar der gleiche ist. Hier zeigt sich wieder einmal deutlich, wie wichtig die von G a u p i^ wiederholt ausgesprochene Mahnung ist, das Studium des Kopfskeletts nicht auf den fertigen knöcheren Schädel zu beschränken, sondern auch die Entwicklung seiner Teile zu untersuchen. Ich erinnere hier nur etwa an die Isolation der Schneckenkapsel, die bei Megaptera von Anfang an besteht, während am Knorpelkranium der Zahnwale ( Phocaena) direkte kontinuierliche Verbindungen mit basalen Knorpelmassen von d e B u r 1 e t konstatiert und abgebildet wurden. Von einzelnen Punkten, die freilich — wie ich ohne weiteres zugebe — bei der Beurteilung der uns hier beschäftigenden Frage recht verschieden zu bewerten sind, seien folgende in aller Kürze zusammengefaßt: Bartenwale : Zahnwale: Foramina hypoglossi Meist mit den Foramina jugularia verschmolzen (stets bei Megaptera) Stets mindestens ein eigenes Foramen hypoglossi vorhanden Lamina supracapsularis Gut ausgebildet, von der Kanalkapsel fast ganz getrennt Auf ein Minimum beschränkt, mit der Kanalkapsel verbunden Schneckenkapsel Nur lateral durch Vermittlung der Lamina supracochlearis in Verbindung mit der Basalplatte Medial in direkter Verbindung mit der Basalplatte ( Phocaena) Commissura alicochlearis Bildet sich während der Entwicklung des Primordialkraniums (Megaptera) Die Rudimente der C'ommissur werden während der Entstehung des Primorr dialkraniums noch weiter zurückge^^ bildet (Phocaena) — 79 — Bartenwale Zahnwale : Ala orbitalis Groß; ihre Radix posterior bleibt stets erhalten, daher ein besonderes Fo- ramen opticum Klein, die Radix posterior geht wäh- rend der Entwicklung des Primordial- kraniums verloren, daher kein eigenes Foramen f)pticiimi) Commissura sphenethmoidalis Stets vorhanden Fehlt vollständig bei Phocaena, in Rückl)ildung bei LagenorhynclmH Nasenkapsel, be- sond. Tectum nasi Relativ gut erhalten Fast ganz geschwunden Laiiiina cribrosa Statt der Laniina cribrosa eine weite Fenestra cribrosa Laniina cribrosa mit nur wenigen engen Öffnungen vorhanden. ') AusnaliiiK': LiluljiüLi'iihaliis ii:i»la.s. Ergebnisse. Nach diesen allgemeinen Betrachtungen folge noch eine kurze Zusammenstellung der Punkte, die sich speziell auf die Entwicklung des Schädels von Megaptera beziehen. 1. Die Cartilagines cupulares am vorderen Nasendach werden infolge der Verlagerung der äußeren Nasengänge während der Ausbildung des Primordialkraniums gehoben und einander genähert, so daß die bei jüngeren Stadien annähernd horizontal liegenden Fortsätze später vertikal stehen. 2. Die vorderen ventralen Fortsätze, die neben dem Rostrum oralwärts ziehen, sind als Cartilagines ductus nasopalatini aufzufassen, die hier das Rostrum in seiner Stützfunktion verstärken. Sie sind schon bei den jüngsten untersuchten Stadien wohl ausgebildet und reichen sehr weit nach vorn. 3. Im CTCgensatz dazu treten die Paraseptalknorpel (Cartilagines Jacobsoni) sehr spät auf in Form kleiner, kaudalwärts gerichteter Knorpeldornen. Erst das Auftreten dieser Knor- pel zeigt, wo wir die Grenze von Lamina transversalis (anterior) und Cartilago ductus nasopalatini zu suchen haben. 4. Während des Höhepunktes der knorpeligen Entwicklung des Schädels findet sich die Anlage eines Jacobsonschen Organs in seiner ,, vollkommenen" Form, nämlich ein epitheliales Rohr, das ziemlich genau dorsal von der Cartilago Jacobsoni liegt. 5. Von Nasenmuschelbildungen treten auf ein Maxilloturbinale, das mit der Crista semicircularis verschmolzen ist, ein bis zwei Conchae frontales und zwei Ethmoturbinalia, die zunächst ohne jede knorpelige Stütze sind. Bei älteren Stadien findet sich ein Knorpelstab im Ethmoturbinale I, der jedoch isoliert im Bindegewebe liegt (genau ebenso bei Balaenoftera), ferner ist die Zahl der Conchae frontales vermehrt (bis auf fünf) und es treten die Anlagen von Ektoturbinalia auf. Ein Nasoturbinale, das sich nach de B u r 1 e t bei Balaenoftera findet, ist bei den untersuchten Megapteraembryonen nicht nachzuweisen. 6. Der basale Knorpel der Regio or bitote mporalis zeigt beim jüngsten Embryo zwischen den Foramina optica zwei übereinander liegende Knorpelherde. Die dorsale Knorpelplatte geht kontinuierlich in die Hinterwiu-zeln der Ala orbitalis über. Dies Verhalten ent- spricht fast vollständig dem, das wir am ausgebildeten Primordialkranium von Sauriern antreffen; die obere Knorpelplatte entspricht dem Subiculum infundibuli (G a u p p 1900) am Chondro- kranium von Lacerta. Im Gegensatz zur scheinbaren Primitivität andere entwicklungsgeschichtlicher Vorgänge am Walschädel, die sich bei näherer Untersuchung als komplizierte sekundäre oder tertiäre Umbildimgen erweisen, können wir hier nur ein durchaus ursprüngliches Verhalten annehmen. 7. Die Ala orbitalis bei Meyaftera und anderen Balaenopteriden ist eine ausgedehnte Knorpelplatte. Sie besitzt stets zwei Wurzeln und kräftige Verbindungen mit Nasenkapsel und Lamina parietalis. 8. Die knorpeligen Fortsätze (Processus par optici) lateral von den Wurzeln der Ala or- — 81 — bitalis, über die der Nervus opticus wegzieht, dienen höchstwahrscheinlich zur Insertion von Augen- muskeln. Entsprechendes wurde für das Primordialkranium von Sits nachgewiesen. Auffallend ist, daß diese Fortsätze während der Ausbildung des Knorpelschädels wieder verschwinden. 9. Ein Canalis craniopharyngeus, also ein den Knorpel völlig durchziehender Gang, der dorsal in die Fossa hypophyseos mündet, wird bei Megaptera nicht regelmäßig angetroffen. Beim Stadium V sind deutliche Reste des Kanals vorhanden, nämlich sein ventrales Ende. Der Embryo XII besitzt eine weite, vollständige Öffnung im basalen Knorpel. Dagegen fehlt der Gang bei den Embryonen III und IX. Daß es sich hier wirklich um das Rudiment eines Hypo- physenganges handelt, beweist das Vorhandensein eines Epithelstranges, der vom Pharynxepithel ausgeht und sich beim jüngsten Stadium bis in den rostralen Zipfel der Hypophyse verfolgen läßt. Abgesehen von dieser auffallenden fetalen Variation ist beachtensv\'ert, daß bei der Me- gaptera nahe verwandten Balaenoptera acuto-rostrata sehr häufig ein vollständig erhaltener Canalis craniopharyngeus — auch am erwachsenen Schädel — vorhanden ist. 10. Beim jüngsten untersuchten Megapteraembryo besteht der basale Knorpel kaudal von den Wurzeln der Ala temporalis noch aus zwei Knorpelh erden, die als Reste isoliert liegender Para- chordalia aufgefaßt werden können. In der Mitte findet sich eine trennende vorknorplige Schicht, in der die Chorda verläuft. Ein dritter unpaarer ventraler Knorpelherd verschmilzt nach hinten zu mit den beiden dorsalen Knorpelbalken, so daß diese dann unten verbunden erscheinen. Schon beim Embryo V ist von diesen Knorpelkernen nichts mehr nachzuweisen. Der basale Knorpel ist hier völlig homogen. 11. Eine C o m m i s s u r a a 1 i c o c h 1 e a r i s bildet sich bei Megaptera erst während der Entwicklung des Primordialkraniums. Wie bei Balaenoptera (und merkwürdigerweise auch bei Lagenorhynchus), existiert keine unmittelbare Verbindung zwischen Schneckenkapsel und Temporal- flügel, vielmehr kommt sie erst durch Vermittlung der Lamina supracochlearis zustande. 12. Die Ala t e m p o r a 1 i s ist ein plumper Knorpelstab, der — wie die Untersuchung des jüngsten Stadium lehrt — isoliert entsteht. Während der Entwicklung des Primordialkraniums wird der als Lamina ascendens aufzufassende laterale Teil, der zuerst etwa unterhalb des Ganglion semilunare liegt, allmählich dorsalwärts abgeknickt, so daß er lateral von der oberen Hälfte des Ganglions liegt, das dann den mittleren Teil des Temporalflügels halbmondförmig umgreift. Ver- knöcherungen von Teilen der Ala temporalis sind auch beim Stadium IX noch nicht nachweisbar. 13. Die von der Pars otica der Basalplatte ausgehenden flügelartigen Fortsätze (L a m i n a e s u p r a c o c h 1 e a r e s), die beim Embryo V und IX die oralen Teile der Schneckenkapsel über- lagern, entstehen erst während der Ausbildung des Primordialkraniums. Sie sind als Derivate des basalen Knorpels und keinesfalls als Teile der Schneckenkapseln aufzufassen, die sich bei Megaptera isoliert anlegen. Die Verbindung von Basalplatte und Ohrkapsel vermittelst der Lamina supra- cochlearis ist infolgedessen als ein entwicklungsgeschichtlicher Vorgang zweiter Ordnung, die wieder erfolgende und nunmehr endgültige Loslösung als tertiärer Process aufzufassen. 14. Die Pars canalicularis der Ohrkapsel entsteht bei Megaptera von vornherein ohne Zusammenhang mit kaudalen oder ventralen Knorpelpartien. Eine Commissura occipito- capsularis, die bei den meisten Säugerprimordialkranien (auch bei Balaenoptera) vorhanden ist, fehlt bei Megaptera stets: wir haben hier also einen typischen Artunterschied vor uns. Da die Commissur fehlt, umgreift die Fissura capsuloparietalis die Kanalkapsel nicht nur kaudal, sondern Zoologie». Heft GS. ^ ^ — 82 — auch dorsal. Dadurch wird eine so vollständige Isolation erzielt, wie sie sich bei keinem anderen Säugerprimordialkraniuni findet. 15. Die Lage der Ohrkapsel wird während der Entwicklung des Primordialkraniums nur wenig geändert. Der medial- vordere Pol der Ohrkapsel sinkt ein wenig ventralwärts, ohne daß es zu wesentlichen Änderungen in der Richtung der Schneckenkapsel käme. Dagegen ist die Ohr- kapsel im Vergleich zum Primordialkranium anderer Säugetiere von vornherein wesentlich anders orientiert. Diese in der Stammesgeschichte der Wale anzunehmende und in der Entwicklungsge- schichte nicht mehr nachweisbare Umlagern ng kann in der Hauptsache als Drehung um zwei Achsen angesehen werden, erstens nämlich um die Längsachse der Ohrkapsel, wodurch erreicht wird, daß das sonst medialwärts gerichtete Foramen endolymphaticum bei Walen dorsalwärts gerichtet ist und daß ferner die Commissura suprafacialis mehr lateral als sonst liegt. Zweitens ist eine Drehung um eine dorsoventrale Achse anzimelimen, als deren Folge die starke Annäherung der Schnecken- kapseln und die noch auffallendere Divergenz der kaudalen Pole der Kanalkapseln anzusehen ist. Das zu- letzt genannte Verhalten gehört zu den Merkmalen, die für das Primordialkranium der Wale typisch sind. 16. Obgleich bei Barten walen die Knorpelbrücke, unter welcher der Nervus facialis den Schädelraum verläßt, in der eben angedeuteten Weise so verschoben ist, daß sie ebenso gut aLs capsulo- parietale wie als intercapsuläre Brücke bezeichnet werden darf, so besteht doch kein Zweifel, daß sie als innere S u p r a f a c i a 1 c o m m i s s u r aufzufassen ist. Erwiesen wird dies durch den Verlauf des Nervus petrosus superficialis, der erst lateral von dieser Commissur vom Facialis abgeht. 17. Das Cavum supracochleare, das lateral und oral von der primären Schädel- seitenwand liegt, ist weder unterhalb noch oberhalb der Lamina supracochlearis zu suchen. Es liegt vielmehr auf dem oro-lateralen Pole der Schneckenkapsel und erst lateral von der Facialiscommissur, von der eben gezeigt wurde, daß sie trotz üirer lateralen Lage als Rest der ursprünglichen inneren Schädelwand aufzufassen ist. 18. In der Ausbildung der Foramina hypoglossi zeigt sich eine starke Variabilität (de B u r 1 e t). Bei Balaenoftera kann ein getrenntes Foramen hypoglossi vorkommen. Bei den meisten erwachsenen Bartenwalschädeln — wenigstens bei Furchenwalen — ist dagegen die Ver- schmelzung der Foramina hypoglossi mit den Foramina jugularia die Regel, ein Verhalten, das bei Megaptera stets — auch schon bei den jüngsten untersuchten Stadien — angetroffen wird. 19. Der Processus paracondyloideus erscheint bei Megaptera gegenüber dem ent- sprechenden Fortsatz an anderen Primordialkranien außerordentlich vergrößert, da er infolge der eben besprochenen Verschmelzung der Hypoglossuslöcher mit den Foramina jugularia architek- tonisch homogen in die lateralen Teile der Lamina alaris übergeht. Er ist also nur in seinem oralen Teile dem Processus paracondyloideus anderer Säugerprimordialkranien homolog. Die ventrale Aus- buchtung der Wurzel des Fortsatzes schafft einen neuen Raum, Cavum metoticu m, der dorsal von der Dura gegen die primäre Schädelhöhle abgeschlossen wird. 20. Bei der Entwicklung der Deckknochen, die überall außerordentlich locker gebaut erscheinen, zeigt sich, daß die Maxiilaria und Incisiva sehr früh und in der für Bartenwale typischen Lage auftreten, andere dagegen — wie etwa das Frontale — sich zunächst ähnlich anlegen, wie bei anderen Säugetieren. Sehr spät treten auf Nasale, Parietale, ferner Lacrymale, Tympani- cum und Goniale. Wahrend der Ausbildung des Primordialkraniums erfährt das Maxillare und ganz besonders das Squamosum starke Veränderungen, Literaturverzeichnis. Di-:' mit * bezi'ichneten Abhandlungen sind nach Abschluß der Arbeit erschienen. A b e 1, 0., Die Vorfahren der Bartenwale. Denkschr. d. Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Math.-naturw. Klasse, Bd. 90. Wien 1914. Arai, H., Der Inhalt des Ganahs craniopharyngeus. Anat. Hefte, Abt. 1. H. 1000 (ßd. 33, H. 2) 1908. ß 0 e n n i II g h a u s, G., Das Ohr des Zahnwales. Zoolog. Jahrb., Abt. 1. Anat. und Ontog. Bd. 19, 1903. B u r 1 e t, H. M. d e, Zur Entwicklungsgeschichte des Walschädels. — I. Über das Primordialkranium eines Embryo von Phocaena communis. Morpholog. Jahrb. Bd. 4.5, H. 4, 1913 (1). — II. Das Primordialkranium eines Embryo von Phocaena communis von 92 nim. Ebenda Bd. 47, H. 3 und 4, 1913 (2). — III. Das Primordialkranium eines Embryo von Balaenoptera rostrata (105 mm). Ebenda Bd. 49, H. 1, 1914 (1). — IV. Das Primordialkranium eines Embryo von Lagenorhynchus albirostris. Ebenda Bd. 49, H. 3, 1914 (2). * — V. Zusammenfassung des über den Knurpelsrhädel der Wale Mitgcteilti n. Ebenda Bd. 50, H. 1, 1916. Cords, E., Über das Primordialkranium von Perameles spec? Anat. Hefte, Bd. 52, H. 156, 1915. Decker, Fr., Über den Primordialschädel einiger Säugetiere. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 38, 1883. D e 1 a g e, Y., Histoire du Balaenoptera musculus. Arch. de Zool. experim. 1885. Denker, A., Vergleichend anatomische Untersuchungen über das Gehörorgan der Säugetiere. Leipzig 1899. — Zur Anatomie des Gehörorgans der Cetacea. Anat. Hefte. Abt. I, Bd. 19. 1902. E 1 1 e n b e r g e r, W. und Bau m, H., Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere. Berlin 1912. E s c h r i c h t, D. F., Untersuchungen über die nordischen Waltiere. Leipzig 1849. — Ni Tavler til oplysning af hvaldyrenes bygning. Kjobenhavn. Vidensk. Selsk. Skr. 5. Raekke. Natur- vidensk og math. Afd. 9, Bd. I. 1869. 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(Wiesbaden 1905.) — Die Entwicklung des Kopfskeletts. 0. H e r t w i gs Handbuch d. vergl. u. experim. Entwicklungs- lehre der Wirbeltiere. Bd. 3, 2. Abt. 1906. (1.) — 84 — G a u p p , E., Über allgemeine und spezielle Fragen aus der Lehre vom Kopfskelett der Wirbeltiere. Verhandl. d. Anat. Gesellsch. auf d. 20. Versammlung in Rostock i. M. 1906 (2). — Zur Entwicklungsgeschichte und vergleichenden Morphologie des Schädels von Echidna aculeata var. typica. Jen. Denkschr. Bd. 6, Teil 2. (Semon Zoolog. Forschungsreisen, Bd. 3) 1908. — Säugerpterygoid und Echidnapterygoid. Anat. Hefte, Bd. 42. 1910 (1.). — Die Verwandtschaftsbeziehimgen der Säuger, vom Standpunkt der Schädelmorpholigie aus erörtert. Verh. des VIIl. int' rnationalen Zool.-Kongr. Graz 1910 (2.). — Über den Nervus trochlearis der Urodelen und über die Austrittstellen der Gehirnnerven aus dem Schädelraum im allgemeinen. Anat. Anz. Bd. 38, 1911. — Die Reichertsche Theorie (Hammer-, Amboß- und Kieferfrage). Ai'ch. f. Anat. u. 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Zeitschr. f. wissensch. Zuol. Bd. 69, H. 4. 1901. Übersicht über die Abbildungen. Tafel I. Figur 1: Moduli des Knorpelschädels von Megaptera nodosa (Stadium V) von links. Figur 1: Dasselbe von rechts. Figur 3: Dasselbe von oben. Figur 4: Dasselbe von unten. Tafel H. Textfiguren: Serie III, Ohjikttr. 85 Fig. 26 52 ,. III, ,, 97 „ 25 52 „ III. .... 101 „ 11 96 • ^- IIJ- ,, 113 „ 27 .".'■■ 61 „ III, ,. 120 ,. 28 65 „ V, Schnitt 329 „ 2 3 . V, „ 337 „ 3 ....'.'.'.'. 8 » V, „ 340 „ 4 ■ 9 „V, „ 359 „ 5 9 ,, V, ,, 363 ,. 6 ■ ■ 9 „V, „ 400 .. 1 " ' 8 „ IX, Objokttr. 100 ,, 12 ' ' 29 „IX, ,. 150 „ 13 29 „IX, „ 184 „ 24 49 „ IX, „ 208 „ 7 ; 13 >, IX, ,, 218 „ 8 13 „IX, „ 257 „ 14 ■ 29 „IX, „ 275 „ 19 31 „IX, „ 289 „ 18 '31 „IX, „ 296 „ 17 31 „IX, „ 310 „ 20 38 „IX, „ 318 „ 10 25 „IX, „ 331 „ 21 40 „ IX, „ 337 „ 16 30 ,, IX, ,, 366 ,, 15 29 Nasendach von Megaptera IX von vorn Fig. 22 44 „ ,, „ „ von hinten Fig. 23 44 Häutiges Labyrinth von Megaptera V Fig. 9 19 Die Objektträger der Serien III und IX enthalten je zwei Schnitte. Die Nummerierung beginnt stets an der oralen Spitze. Sämtliche Schnitte sind 30 V- dick. Zoologie a Heft LXtS. Taf. [. -, __ Coj-til ciipiLl Jfostrtiin . ^ Procpa/rtnn& Aastrum. Cart. Aux^t. nasop \ Fror alai':snfj Spina. Tneset?im.- Fr-viitale. Corrurv. suprafbic. -Lfirn Kiip7Yii:aps Cartrneckel MacciUarc Mandjhu/n Voiner- Proc-paracondyh. TctlatiniiTTh. Ala teTnp Stape- Tecturn post. J^'nr optic- laiii supjxicaps Ala teinp I Frvntaie S^/ia mesethm. Maa:illa7re Prom semicirc -post i T'rvc. ' panx' Front. •^V'^'"^-*' PctLatuaun Mafidihu7a „ ; cond- , , Pro7n . semirf/y\ant .sreTfizarr-. lal . Par-asp?ie.7i . Postjum Cart mecTcel H.Limpi~ic>itc'.el. LuhAnst v.EA.Füjvtt-.Lt ■z^^y. Zoologica Heft r.XIX. Taf. H. > 3 §• ■^ S. D li i^irr.priclitdel ' -JT. Anst vEA . Funk- l c 7 • ^ur. ZOOLOGICA Original-Abhandlungen :ius dem Gesamtgebiete der Zoologie Herausgegeben von WiUy Kükenthal in Berlin Heft 70 Bau und Entwicklung des Knorpelschädels von Didelphys marsupialis Von Dr. Charlotte Toeplitz (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau) Mit 10 Figuren auf Taf. I— 111 und 26 Texifiguren STUTTGART 1920 E. Seh wei ze rb a rt' sehe Verlagsbuehhandlung (Erwin Nägele). Bau und Entwicklung des Knorpelschädels von Didelphys marsupialis. Von Dr. Charlotte Toeplitz. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau). Mit 10 Figuren auf Taf. I — III und 26 Textfiguren. STUTTGART 1920 E. Seh wei zerbar t 'sehe Verlagsbuchhandlung (Erwin Nägele). Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. Clir. Belsersche Buclidriu-kerei Stultgait Einleitung. Zur Untersuchung des Prinuu-clialcraniums von Didelphi/s marsupialis überließ mir Herr Professor Küken thal ein Beutelj imges dieser Spezies, das eine Länge von 45,5 mm besaß. Das Köpfchen wurde zunächst mit Hämahiun nach Meyer gefärbt, darauf in Paraffin eingebettet und in Schnitte von 30 ;x Dicke zerlegt. In 33 V3 facher, linearer Vergrößerung wurde hierauf jeder Schnitt gezeichnet und nach der Peter- Bornschen Methode ein Plattenmodell des Primordialcraniums mit Deckknochen hergestellt. Als Yergleichsmaterial stand mir zunächst nur eine Serie durch den Kopf eines Beuteljungen von Didelphys zur Verfügung, die als einzige Maßangabe die Länge des Kö^ifchens (1 cm) trug, und ferner Schnitte durch die Nasenregion eines Beuteljungenkopfes von 2,5 cm Länge. Im Laufe der L^ntersuchung stellte es sich als sehr wünschenswert heraus, noch jüngere Entwicklungsstadien als die vorliegenden in den Kreis der Betrachtungen zu ziehen, und Herr Professor Dr. E. Bresslauin Straßburg besaß die große Liebenswürdigkeit, mir noch zwei Köpfchen von Beuteljungen von Didelphys zur Verfügung zu stellen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche. Das kleinste Köpfchen, das ich nun zum Vergleich heranziehen konnte, stammt von einem Beuteljungen von DidelpJiys marsupialis (D. aurita) von 19 mm Länge. Es ist in der nachfolgenden Arbeit als Stadium IV bezeichnet. Das im Alter nächstfolgende Stadium III entspricht einem Beuteljungen von 32,5 mm Länge, Stadium II wurde das Köpfchen von 1 cm Länge und Stadium I die zum Modell benutzte Serie benannt. Schließlich habe ich noch die Nasenregion des Schädels von 2,5 cm Länge als Stadium 0 bezeichnet. Lassen sich auch an dieser Folge von vier Entwicklungsstadien bei weitem nicht alle bei der Bearbeitung auftauchenden Fragen in befriedigender Weise beantworten, so war ich doch imstande, gerade aus den im Laufe der ontogenetischen Entwicklung auftretenden erheblichen Umformungen, die das Primordialcranium erleidet, eine ganze Reihe von Schlüssen zu ziehen. Für eine erschöpfende Behandlung des Themas wäre vor allem die Untersuchung noch jüngeren Materials wünschenswert gewesen. Bei der LTntersuchung ergab sich, daß ich es mit dem zur Herstellung des Modells benutzten Entwicklungsstadium in mancher Beziehung außerordentlich günstig getroft'en hatte. Zwar finden sich in dem Knorpel schon einige Verknöcherungsherde, doch zeigt sich zum größten Teil das Prim- ordialcranium gerade auf der Höhe seiner Ausbildung, und noch keiner seiner Teile ist der später ein- tretenden Reduktion anheimgefallen. Die Deckknochen sind sämtlich bereits in ziemlich ausgedehntem Maße angelegt und lassen mit Leichtigkeit die Form des späteren knöchernen Schädels erkennen. Bis vor wenigen Jahren lagen über die Entwicklung des Schädels der Marsupialier noch keine Untersuchungen vor. Die Kenntnisse beschränkten sich auf wenige Bemerkungen bei Peters Zoologica Heft 7(1. 1 o (1868), Doran (1878), Parker (1886), Parsons (1899), Gaupp (1905/10/11). Bender (1906) und Fuchs (1906/09/15). Im Jahre, 1909 erschien als erste, speziell das Primordialcranium der Beuteltiere behandelnde Arbeit eine Abhandlung von B r o o m, die den Knorpelschädel von Tricliosurus vulpecida und Dasyurus viverrinus behandelt; doch ist sie so wenig eingehend und aus- führlich, daß auch sie zur Erweiterung unserer Kenntnisse nur sehr wenig beigetragen hat. Während ich bereits mit meinen Untersuchungen beschäftigt war, erschien 1915 die von Cords verfaßte Bearbeitung des Primordialcraniums von Perameles spec. als erster den Forderungen der modernen Schädelforschung angepaßter Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Marsupialierschädels. Er ergab für meine Untersuchungen eine ganze Anzahl neuer Anregungen. Konnte ich doch nun bis in die Einzelheiten den Knorpelschädel von Didelphys mit dem eines andern Marsupialiers vergleichen. Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor ])r. K ü k e n t h a 1, für die freundliche Überlassung des Materials, sowie für das stete wohlwollende Interesse, das er dem Fortgange meiner Arbeit entgegengebracht hat, meinen herzlichsten Dank aus- zusprechen. Auch Herr Dr. M a 1 1 h e s, Assistent am Zoologischen Institut, hat mir, bis er im August 1914 ins Feld zog, in reichem Maße seine Unterstützung zuteil werden lassen, wofür ich ihm vielmals danke. Ich möchte auch nicht verfehlen, Herrn Professor Dr. G a u p p in Königsberg für seine freundliche Anteilnahme an meinen Untersuchuno;en meinen besten Dank zu sagen. Die vorliegende Arbeit wurde im März 1916 zum Druck angenomnieii. Ihr Erscheinen ist durch den Krieg bis jetzt verzögert worden. A. Beschreibender Teil. 1. Neurocranium. Das Primordialoraiiiuni von Diddplnjs entspriflit in seiner Kunfiguration durchaus den übrigen bekannten Säugercranien. Wie bei diesen ist das Neurocranium deutlich in zwei hintereinander liegende Abschnitte gegliedert. Der orale wird gebildet von dem knorpeligen Skelett der Regio eth- moidalis, der kaudale durch eine flache, dorsal offene Schale, die zur Aufnahme des Gehirns bestimmt ist. Dort, wo beide aneinander stoßen, an der Grenze zwischen Ethmoidal- und Orbitotemporal- region ist die Schädelbasis schwach geknickt und bildet einen Winkel von etwa 150". Die Länge der beiden Abschnitte der Schädelbasis ist infolge der starken Ausbildung des Nasenskeletts fast ganz gleich. Im oralen Teile des Schädels sind vor allem das Knorpeldach und die Seitenwände voll- ständig ausgebildet, während der Nasenboden starke Lückenbildungen aufweist. Die Hirnschale dagegen zeigt gerade eine vollständige Basis. Die Seitenwand ist in der Orbitotemporalregion durch die außerordentlich große Fenestra spheno-parietalis unterbrochen, sonst in der Ohr- und Occipital- region sogar sehr massiv. Das Schädeldach aber ist auf kleine, dorsale Partien der Commissura orbito-])arietalis und den dorsalen Teil des Tectum synoticum reduziert. Die große, dorsale Lücke wird bei dem vorliegenden Stadium I durch Deckknochen bereits fast ganz verschlossen, und zwar beteiligen sich hieran die Frontalia, die Parietalia und das Literparietale. Auf alle Einzelheiten soll bei Besprechung der Regionen eingegangen werden. a. Regio ethmoidalis. Wenden wir uns bei Besprechung der einzelnen Regionen des Primordialcraniums zunächst der am meisten oral gelegenen, der Regio ethmoidalis, zu. Wir finden eine sehr vollständig entwickelte Knorpelkapsel, die fast allseitig den häutigen Nasensack umgibt. Auf den ersten Blick lassen sich an ihr zwei Hauptteile unterscheiden: ein vor der Hirnkapsel gelegener (p r ä c e r e b r a 1 e r) und ein sich unter das Gehirn hinunterschiebender (s u b c e r e b r a 1 e r). Am deutlichsten ist diese Einteilung am Nasendache wahrzunehmen, wo die beiden Teile in einem Winkel von etwa 140° gegen einander abgeknickt sind. Im Nasendache besteht der präcerebrale Teil aus massiver Knorpel- substanz, während der subcerebrale sehr lückenhaft ist. Betrachtet man die Nasenseitenwand, so scheint der subcerebrale Teil nochmals aus zwei Teilen sich zusammenzusetzen: oral aus einem in lateraler Richtung stark ausgebuchteten, der nach hinten zu in einen glatt und einfach gebauten — 4 — übergeht. In diesem am weitesten kaudal gelegenen Teil der Etlimoidalregion verschmälert sie sich zusehends, um dem Auge Platz zu lassen. Ich möchte hier noch einen Blick auf die L ü c k e n b i 1 d u n g o u im Nasengerüst werfen. Im Nasendach befinden sich die Foramina cribrosa (siehe Tafelfigur 3), die den Fäden des Nervus olfactorius Durchtritt gestatten, an der Grenze von Nasendach und Seitenwand das Foramen epi- phaniale (Tafelfigur 1) für den Kamus lateralis des Nervus ethmoidalis. In der Seitenwand selbst liegt die Fenestra narina, durch die einerseits der häutige Nasensack sich in die Oberhaut umschlägt, andererseits der Ductus nasolacrimalis zum Nasensack tritt. Die größten Lücken zeigt der Nasen- boden (Tafelfigur 4). Fast seine ganze Länge wird ausgefüllt durch die Fenestra basalis. Sie wird lateral von der Paries, medial vorn von dem Paraseptalknorpel, hinten vom Septum begrenzt. Ihren oralen Abschluß bildet die Lamina transversalis anterior, ihren kaudalen die Lamina transversalis posterior. Zwischen Paraseptalknorpel und Septum befindet sich noch eine enge, bindegewebig verschlossene Spalte, die Fissura paraseptalis. An drei Stellen ist die Etlimoidalregion mit dem übrigen Primordialkranium verbunden. Die festeste Verbindung ist die mediale. Hier geht das Nasenseptum, niedriger und breiter werdend, homokontinuierlich in das Septum interorbitale, den Boden der Orbitotemporalregion über. Diese beiden Regionen sind gegen einander in einem Winkel von etwa 150" abgebogen. Ferner entspringt an der Grenze zwischen präcerebralem und subcerebralem Teil des Nasendaehes, vorn beginneiul und in kaudaler Richtung an der Grenze zwischen subcerebralem Nasendach imd Nasenseitenwand weiterziehend, jederseits die Commissura spheno-ethmoidalis mit breiter Basis. Diese verläuft dann als breite, nach außen etwas konvexe Platte, parallel zum lateralen Rande der Lamina cribrosa nach hinten, um dann in medialer Richtung in die Wurzel der Ala orbitalis umzubiegen. Zwischen ihr und der Nasenkapsel befindet sich die Fissm-a orbito-nasalis. Wir können am Nasengerüst deutlich folgende Teile unterscheiden: Als dorsale Begrenzung das Nasendach (Tectum nasi), als laterale Begrenzung zwei Seitenwände (Parietes nasi), ventral den Nasenboden (Solum nasi) und je eine kleine Vorder- und Rückwand (Cupula anterior bezw. posterior). Im Inneren der Nasenkapsel befindet sich die Nasenscheidewand (Septum nasi), die in oro -kaudaler Richtung die Nasenhöhle in zwei gleiche Teile teilt, und komplizierte Muschelbildungen, die der Nasenseitenwand im Innern ansitzen. Das N a s e n d a c h zerfällt, wie erwähnt, in zwei Teile, einen präcerebralen und einen sub- cerebralen Teil. An der Umschlagstelle finden wir in der Medianlinie zwei Erhebungen, eine größere vorn und eine kleinere etwas weiter hinten, die Crista galli. Von der vorderen Erhebung der Crista galli aus zieht nach lateral hinten ein deutlicher Wulst, der bis zum Ansatz der Commissura spheno- ethmoidalis reicht und homokontinuierlich in diese übergeht. Von derselben Stelle an fällt der prä- cerebrale Teil des Daches in oraler Richtung ziemlich schnell ab, nachdem er ein kleines Stückchen mit dem Grenzwulst die gleiche Höhe behalten hatte. Am Vorderende des Nasenskelettes reicht das Nasendach etwas weiter in oraler Richtung als das Septum, wodurch der vorderste Teil der Nase eine eigenartige Form erhält. In der Medianlinie des präcerebralen Daches wird die Anheftungs- stelle deutlich durch eine breite, flache Rinne, den Sulcus supraseptalis, durch den es in zwei gleiche Teile der Länge nach geteilt wird. An der Umbiegungsstelle des Nasendaches in die Seitenwand, etwa dort, wo der steile Abfall des Nasendachs nach vorn beginnt, liegt das Foramen epiphaniale, durch das der Ramus .lateralis des Nervus ethmoidalis aus der Nasenkapsel austritt, um dann in einer flachen Rinne über die Nasenseitenwand nach vorn zu verlaufen. Am oralen Ende der Nase ver- breitert sich (las Nasendach ein wetiig in der Gegend der Fenestra narina, untl biegt in eine wohl- — 5 — entwickelte Cartilago cupularis um, die die Voiderwand der Nase darstellt. Der sul)terel)iale Teil des Nasendachs wird fast ganz von der Lamina cribrosa eingenommen. Diese zerfällt durch eine breite, solide Knorpelbrücke, die Crista intercribrosa, in einen kleineren vorderen und einen größeren hinteren Teil. Die Crista intercribrosa verläuft von der Ansatzstelle der Commissura spheno-ethmoi- dalis nach medial vorn bis zum Septum. Das vordere Fenster der Lamina cribrosa führt ins Innere der Nase in den Recessus lateralis, der äußerlich die starke seitliche Ausbuchtung der Nasenwand bildet. Unter den anderen Löchern der Siebplatte dieses Abschnitts ist deutlich jenes zu erkennen, welches dem Nervus ethmoidalis Eintritt gewährt, das Foramen cribro-ethmoidale. Zu bemerken wäre noch, daß im Bereich des Recessus lateralis sich die Siebplatte unter dem Grenzwulst ein Stückchen nach vorn erstreckt; auch setzt ihre hintere Begrenzung, die Lamina infracribrosa, etwas erhöht gegen ihren Hinterrand an, so daß die Siebplatte ventral von der durch die vordere und hintere Begrenzung gelegten Ebene liegt. Die Lamina cribrosa liegt fast ganz horizontal unter dem Gehirn, nur an ihrem kauclalen Ende ein wenig in ventraler Richtung verschoben. Das Nasenseptum setzt mit ziemlich breiter, sich in der ganzen Länge der Siebplatte etwa gleichbleibender Fläche am Nasen- dach an, so daß ein solider, breiter Knorpelstreifen in der Medianlinie erscheint, der in einer Ebene mit den Bälkchen der Siebplatte liegt. Kaudal von der Lamina cribrosa reicht das Nasendach noch ein Stück als breite, solide Lamina infracribrosa nach hinten, um dann m die Cupula posterior um- zubiegen. An der Nasenseiten wand kann man, wie schon erwähnt, äußerlich drei Teile unter- scheiden. Der mittelste ist stark seitlich vorspringend und durch eine tiefe Furche, den Sulcus lateralis anterior, von dem vorderen, durch eine seichte Furche, den Sulcus lateralis posterior, von dem hintersten getrennt. Der kaudale Abschnitt der Seiten wand ist am einfachsten gebaut. Er zeigt nahezu die Form eines Vierecks, dessen dorsaler Rand horizontal liegt, während sein ventraler ziemlich schnell von vorn nach hinten zu ansteigt. Am kaudalen Ende der Nasenkapsel, dort, wo die Seitenwand die geringste Höhe besitzt, biegt sein Unterrand scharf nach innen und oben in die Lamina transversalis posterior, weiter vorn in den Boden des Recessus glandularis um. Oben setzt der Wandabschnitt an der Lamina cribrosa an, und zwar an dem Teil, der im Lmeren dem Recessus ethmoturbinalis entspricht. Der mittlere Teil der Seitenwand ist nach außen stark vorspringend. Die Abgrenzung nach vorn, der Sulcus lateralis anterior, ist so tief, daß ein kleiner Teil des dahinter liegenden Abschnittes der Seitenwand direkt nach vorn sieht. In ihm liegt das Foramen epijihaniale, von welchem aus der Nervus ethmoidalis in einer tiefen Rinne ein Stückchen senkrecht nach unten über die Seiten- wand verläuft. Der Sulcus lateralis anterior zieht von vorn oben ziemlich schräg nach hinten unten. Im Innern entspricht diese Linie der Crista semicircularis und unten hinten der Grenze zwischen Recessus maxillaris und Recessus glandularis. Am oberen Rande des Mittelteils setzt die Commissura spheno-ethmoidalis an. Der Ansatz befindet sich an dem Teil der Siebplatte, der vor der Crista inter- cribrosa liegt. Dort, wo diese sich mit der Seitenwand verbindet, löst sich die Commissura spheno- ethmoidalis von ihr los. An der Außenwand des Recessus lateralis lassen sich, wenn auch nicht sehr deutlich, drei kleine Vorwölbungen unterscheiden, die seiner inneren Architektur entsprechen. Der Recessus frontalis zeichnet sich als Prominentia superior, der Recessus lateralis inferior anterior als Prominentia anterior und der Recessus maxillaris als Prominentia posterior an der Außenwand ab. Der vorderste Teil der Nasenseitenwand gehört dem respiratorischen Teil der Nase an. Er beginnt kaudal bei dem Sulcus lateralis anterior und reicht nach vorn bis zur Cupula anterior. Dieser — 6 — Teil clor \\'aud hat etwa die Fonn eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Spitze bei der Cupula anterior liegt, und dessen Grundlinie mit dem Sidcus lateralis anterior zusammenfällt. Der ventrale Rand des Dreiecks nimmt eine fast horizontale Lage ein, während der dorsale ziemlich steil nach vorn zu abfällt. Ich möchte diesen oralen Abschnitt der Nasenwand nochmals in zwei Teilen besprechen. Den vorderen rechne ich von der Cupula anterior bis zum Vorderrand der Lamina trans- versalis anterior, den hinteren von dort bis zum Sulcus lateralis anterior. Dieser letztere Teil schiebt sich in seiner kaudalen Hälfte ventral unter den Recessus lateralis und bildet eine fast lotrecht stehende Fläche. Auf seiner vorderen, bis zum Nasendach reichenden Hälfte befindet sich etwa in halber Höhe ein kleiner Kamm, der sich zwischen Incisivum und Nasale schiebt, und unter dem der Ramus lateralis nervi ethmoidalis entlang zieht. Nach kaudal unten ziehend, verstreicht der kleine Kamm allmählich; eine größere Bedeutung kommt ihm wohl nicht zu. Der untere Rand dieses Abschnitts der Öeitenwand biegt in die Lamina transversalis anterior um. Den vordersten Teil der Faries möchte ich im Zusammenhang mit dem oralen Abschluß der Nasenkapsel besprechen. Ich erwähnte bereits, daß das Nasenseptum nicht ganz bis an den Vorderrand der Nasenkapsel reicht, der vor dem oralen Ansatz des Septums liegende Teil ist paarig. Bei Betrachtung des Modelles hat man den Eindruck, als säße dem Vorderrande des Septums jederseits eine Blase an, die sich in kaudaler Richtung mit der Nasenseitenwand verbindet. In der Seitenwand dieser Auftreibung, nach vorn durch die sehr gut ausgebildete Cartilago cupularis begrenzt, befindet sich eine große Lücke, die Fenestra narina (siehe Tafelfigur 1). An dieser sind zwei Teile deutlich zu unterscheiden: der viel größere und breitere, oral liegende dient dem Umschlag des Epithels des Nasensackes in die äußere Körperhaut (Apertura nasalis externa). Durch den nach hinten zu folgenden, kurzen, spaltförmigen Teil der Fenestra erfolgt der Eintritt des Tränennasenganges in die Nasenhöhle. Die Grenze zwischen beiden Teilen bilden zwei sehr gut und stark ausgebildete Knorpelfortsätze. Von oben, d. h. richtiger gesagt, von hinten oben nach vorn unten springt der Processus alaris superior vor; diesem entgegen von vorn unten nach hinten oben steht der Processus alaris inferior. Die beiden Fortsätze nähern sich einander sehr stark, so daß am knorpeligen Skelett eine fast vollständige Teilung der Fenestra narina in zwei Teile zustande kommt. Der Boden der N a s e n k a p s e 1 wird gebildet von der Lamina transversalis anterior, der Cartilago paraseptalis und der Lamina transversalis posterior, an die sich ein in oraler Richtung ziehender, kurzer Processus paraseptalis ansetzt. Sowohl die Lamina transversalis anterior als auch die Lamina transversalis posterior sind lateral und medial, mit Paries und Septum homokontinuierlich verbunden. Unser Cranium besitzt also zwei wohl ausgebildete Zonae anulares. Die L a m i n a transversalis anterior bildet die hintere Begrenzung der Fenestra narina, die vordere der Fenestra basalis. Sie ist ziemlich breit und erstreckt sich vom Kaudalrande des Processus alaris superior bis zum oralen Beginn des Maxilloturbinale. In ihrem vordersten Teile liegt sie horizontal, senkt sich aber nach hinten zum Abgange der Cartilago paraseptalis ziemlich stark herab. Diese setzt am hinteren medialen Rande der Lamina transversalis anterior dicht neben dem Septum an. Von vorn nach hinten zieht über den Boden der Zona anularis eine seichte Farche, in welcher der Ductus naso-lacrimalis liegt. Die Lamina transversalis posterior bildet den Boden für das Gebiet der Cupula posterior und des vierten Ethmoturbinale. Sie ist eine kurz 3, kompakte Knorpelplatte, die liomokontinuierlich sowohl in das Septum als auch in die in dieser Gegend sehr dicke Seitenwand übergeht. Nach vorn entsendet sie einen Knorpelfortsatz, den Processus paraseptalis, der auf der 7 — horizontalen Lamelle des Vomer ruht. In oraler Richtung gelit die Lainina transversalis posterior homokontinuierlich in die Sammelleiste (S e y d e 1) der Ethmoturbinalregion über. Der P a r a s e p t a 1 k n o r p e 1 zeigt die Form einer dorsal und lateral offenen Rinn(\ Er verläuft vom Hinterrande der Lamina transversalis anterior bis etwa zur Mitte des Septums. Ganz kurz hinter seinem Abgang von der Lamina transversalis anterior ist er zur Röhre geschlossen durch einen drehrunden Knorpelstab, der sich vorn oben an den medialen, hinten unten an den lateralen Teil der Rinne ansetzt. Der ganze Paraseptalknorpel setzt sich aus einer lateralen und einer medialen Lamelle zusammen. Die letztere steht vertikal und reicht in oraler Richtung erheblich weiter als die laterale. Sie erstreckt sich noch ein ganzes Stück dorsal von der Lamina transversalis anterior nach vorn und macht deren Knickung mit. Dieser orale Fortsatz verläuft innerhalb der Nasenhöhle dicht neben dem Septum, ist jedoch nicht mit ihm verschmolzen, sondern ist durch ein dünnes Peri- chondrium von ihm getrennt (siehe Figur 1). Hinter der Lamina transversalis anterior gewinnt die mediale Lamelle in ventraler Richtung rasch an Ausdehnung. Zugleich entfernt sie sich ein wenig vom Septum und begrenzt lateral die bindegewebig verschlossene Fissura paraseptalis. In dem ganzen weiteren Verlauf des Paraseptal- knorpels liegt der Oberrand der medialen Lamelle etwa in der Höhe des ventralen Septumrandes, ihr Unterrand erheblich tiefer. Auch in kaudaler /3/n. träiisi/ Richtimg reicht die Mediallamelle etwas weiter Nasale Jncistvum Duct.glanü. ,ids lat Oraler Fortsatz il Cartilparasept Sctileimtiauiwulst zw Atrio-u Maxillolurb Duct nasolacr Jncisiv. Qüct nasppal. Fig. 1. Schnitt tlurcii die Zoua anularis antiTior. Serie I. Vergr. 12,5 : 1. Das hintere Ende des Paraseptal- als die laterale und schließt die Rinne nach hinten zu blind ab und zwar in der Gegend des Abganges der Septaldrüse vom Jacobsonschen Organ, knorpels liegt ungefähr an der Stelle, wo die Nasenkapsel ilire größte HöhenausdeLnung besitzt. Die laterale Lamelle ist in ihrem vordersten Teile in der Gegend, wo der bereits erwähnte Knorpelstab den Paraseptalknorjiel zur Röhre schließt, sehr klein. So sieht man zwischen der Lamina transversalis anterior imd dem Knorpelstabe eine etwa kreisrunde Öffnung, durch die der Stenson- sche Gang, nachdem er aus der Mundhöhle in die Nasenhöhle eingedrungen ist, von unten her zum Jacobsonschen Organe tritt. Eine besondere knorpelige Stütze besitzt der Ductus nasopala- tinus nicht. Dort, wo der äußere Knorpelstab des Paraseptalknorpels an die Laterallamelle ansetzt, beginnt ihre Verbreiterung. Sie biegt nach lateral oben um und bildet nun die untere und seitliehe Begrenzung des Jacobsonschen Organes. Die Paraseptalknorpel beider Seiten nähern sich ein- ander bis auf eine ganz kurze Entfernmig. Getrennt werden sie nur noch durch die Processus palatini mediales der Incisiva. Der Processus paraseptalis besteht nur aus einem kurzen, horizontalen Knorpelstück, das von der Lamina transversalis posterior aus dicht neben dem Septum nach vorn verläuft. Die hintere Nasenkuppel ist nicht frei, sondern ziemlich fest fixiert. An der Ventral- seite geht sie homokontinuierlich in das Septum interorbitale über. Dorsal ist die Nasenkuppel mit dem Septum verschmolzen; es fehlt ihr aber eine hintere Begrenzung. Jederseits des Septums finden wir eine ovale, durch Bindegewebe verschlossene Lücke, hinter der das Septum nasi in das, zuerst noch hohe, doch rascli abfallende Septum interorbitale übergeht. Lateral — 8 -- legt sich an die liintere Nasenkuppel die Wurzel der Ala orbitalis an. Sie verschmilzt aber nicht mit ihr; ein dünner Streifen Bindegewebe lagert sich dazwischen. Innenraum der Nasenkapsel. Der I n u e n r a u m der N a s e n k a p s e 1 wird durch das Septum nasi in oro-kaudaler Richtung in zwei gleiche Hälften geteilt. Das S e p t u m hat, von der Seite betrachtet, etwa die Form eines stumpfwinkligen Dreiecks, dessen stumpfer Winkel bei der Crista galli liegt, und dessen Grundlinie mit dem Ventralrande des Septums zusammenfällt. Betrachten wir die Querschnitte durch die Nasenscheidewand, so finden wir, daß sie in ihrem vordersten Teile, in der GJegend der Lamina transversalis anterior, von oben bis unten die gleiche, nicht übermäßig große Dicke besitzt. Bald hinter der Lamina transversalis anterior fängt der ventrale Rand des Septums an, sich etwas zu ver- dicken. So behalten die Querschnitte die gleiche Form bis zur Crista galli, wo es seine höchste Höhe erreicht. Während das Septum nun nach hinten zu an Höhe abnimmt, verdickt sich sein Unter- rand immer mehr, dicht unter seinem Ansatz an das Nasendach wird das Septum dagegen schmäler. So erhalten wir allmählich, vor der Lamina transversalis ■Cupukpost posterior, ein Querschnittsbild, das etwa den Umriß einer - im.irmsypost. Y\-^^^^^ \\SiX. Dlc Lauilua transversalis posterior setzt nicht wie die Lamina transversalis anterior am untersten DMifiasophsr^jj^^^^^^^^^^^^^^^p^i^^-^^^ Rande des Septums an, sondern dort, wo es seine größte Breite hat, so daß der Unterrand frei ist (siehe Fig. 2). Fi":. 2. .Sclu.ilt durch die Cupula posterior nasi. ,... ■ i i-ni ij.jc(j. -u-j Serie I Veror 12 5 -1 Längs semes dorsalen Randes geht das Septum beider- seits in das Tectum nasi über. Dieser Ansatz liegt jedoch nicht horizontal, sondern ein wenig nach oben aufgebogen, so daß auf dem dorsalen Rande des Septums sich eine flache Rinne, der Sulcus supraseptalis, bildet. Betrachten wir nun die Innenfläche der N a s e n s e i t e n w a n d, wie sie Tafel- figur 5 nach Entfernung des Septums zeigt, so können wir an den komplizierten, dort ansetzenden Bildungen deutlich drei Abschnitte unterscheiden. Der am weitesten oral gelegene wird charakteri- siert dmch das Vorhandensein des Maxillo- und des Atrioturbinale ; darum möchte ich ihn mit Pars maxillo-atrioturbinalis bezeichnen. In kaudaler Richtung schließt sich direkt an das Maxilloturbinale der R e c e s s u s glandularis an. Dorsal von diesem, kaudal und lateral von der eigentlichen Pars maxillo-atrioturbinalis liegt der Recessus lateralis, hier noch viel deutlicher ausgeprägt als an der Außenwand der Nasenhöhle. Medial und kaudal von diesem folgt der Recessus e t h m o t u r b i n a 1 i s, der mit der Cupula posterior den hinteren Abschluß der Nasenhöhle bildet. Die Pars maxillo-atrioturbinalis wird nach vorn zu durch die Cupula anterior begrenzt; ihren Unterrand bildet im hinteren Teil das Maxilloturbinale, im vorderen wird sie durch die Lamina trans- versalis anterior ventral abgeschlossen. Nach hinten zu wird sie durch die Crista semicircularis vom vordersten Teil des Recessus lateralis getrennt. Wie bereits erwähnt, bilden die Charakteristica dieses Teiles der Nasenhöhle das Atrio- und das Maxilloturbinale. Das Atrioturbinale beginnt ganz vorn, noch im Gebiet der Fenestra narina, als kleine, verdickte Umkrempelung der Seitenwand. Kurz hinter dem Vorderrande der Lamina transversalis anterior löst es sich von seiner Unterlage los und reicht als Knorpelstab frei nach hinten bis fast zum Kaudalrande der Lamina transversalis anterior, \v(i ('S ulcicjilalls frei env Lnsra coaii. Mpefros super/jc /Heck. Kn. C/iorda tymp. Ooniale Tympanicum Schnitt durch den oralen Teil der Schneckenkapsel. Serie I. Vergr. 12,5 : 1. Pole aus zieht in dorso-lateraler Richtung ein sehr deutlicher, scharfer, spitzer Kamm bis auf die Höhe der Schneckenkapsel, der die mediale Begrenzung des Cavum tympani bildet. Ich habe ihn Crista cochlearis benarmt. (Siehe Figur 6.) Auf seine Bedeutung komme ich später bei Besprechung der Nerven zurück. Als Cochlearteil im engeren Sinne kann man eigentlich nur den vordersten Abschnitt der Pars anterior der Ohrkapsel bezeichnen, der die Windungen des Schneckenganges birgt. Den intermediären Teil zwischen ihm und der Pars canalicularis, den vestibulären Teil, möchte ich, wie V o i t dies auch tut, damit im Zusammenhange besprechen. Die Pars vestibularis erhält ihr charakteristisches Gepräge durch das Vorhandensein einer ganzen Anzahl von Lücken in ihren Wänden. Betrachten wir zunächst die laterale Knorpelwand, so sehen wir darin die große Fenestra vestibuli (siehe Tafelfigur 2), die durch die Fußplatte des Stapes zum größten Teil verschlossen wird. Die Hinterwand des vestibulären Teils wird fast vollständig durch das Foramen perilymphaticum eingenommen, aus dem medial der Ductus perilymphaticus in die Schädelhöhle -einmündet, lateral der Aquaeductus Cochleae herauszieht. (Siehe Seite 23, Figur 7.) Die Andeutung einer Aufteilung des Foramen perilymphaticum in zwei gesonderte für die beiden erwähnten Gänge ist noch nicht zu sehen, es ist noch ganz einheitlich. An seinem — 19 — Hinterrand vsetzt eine kurze, Ivräftige Membran, die Membrana tympani secmidaria, an. Der zwischen den beiden besprochenen Lücken liegenden Knorpelbrücko schmiegt sich von der Innenseite her der Ductus cochlearis eng an; und zwar ist es sein aufsteigender Teil, der die Verbindung zwischen den Windungen der Schnecke nud dem Sacculus herstellt. Die nach dem Schädelcavum hinschauende Wand der Pars vestibularis ist gleichfalls von mehreren Lücken unterbrochen. Am meisten ventral gelegen befindet sich die größte, das Foramen acusticum inferius. Es nimmt an Länge mehr als die Hälfte des vestibulären Teils, und zwar den kaudal gelegenen Abschnitt ein. Unvollständig wird das Foramen acusticum inferius durch eine in dorso-ventraler Richtung verlaufende Knorpelbrücke, die sich im Innern der Ohrkapsel in ventral-medialer Richtung in das Septum spirale cartilagineum fortsetzt, in zwei Teile geschieden. Der vor der Brücke liegende, kleinere Teil des Foramen dient dem Durchtritt des Nervus cochlearis, während der größere, kaudal vom Septum spirale liegende den Ramus inferior des Nervus vestibularis in die Ohrkapsel eintreten läßt. Dieser besteht aus zwei Nervenästen, von denen der größere zur hinteren Ampulle, der kleine zum kaudalen Teil des Sacculus gelangt. Die Knorpelbrücke selbst wird nochmals von einem kleinen Foramen durchbohrt (siehe Tafelfigur 7), das der medialen Knorpelbegrenzung des Foramen acusticum inferius gerade gegenüber liegt. Es gehört eigentlich noch seinem Gebiete an und gewährt dem hauptsächlichsten der den Sacculus versorgenden Nervenäste, dem Ramulus saccularis inferior Durchtritt, ich nenne es daher Foramen sacciüare inferius. Dorsal von dem vorderen Teil des Foramen acusticum inferius liegt eine zweite, weit weniger umfangreiche Lücke, das Foramen acusticum superius. Es durchbricht die dor- sale Wandung der Pars vestibularis und dient dem Ramus superior des Nervus vestibularis, der erst nach seinem Eintritt in das Innere der Ohrkapsel sich in seine einzelnen Äste aufsplittert, zum Durch- tritt. Der Knorpel, welcher die beiden Foramina acustica voneinander trennt, zeigt eine seichte Einbuchtung, aus der später der Meatus acusticus internus wird. Dieser wird dorsal durch die Commissura suprafacialis, ventral durch den medialen Rand des Foramen acusticum inferius begrenzt. Medial wird er überlagert von dem großen Ganglion vestibuläre, das mit seinem kaudalen Zipfel noch bis in das Gebiet des Foramen acusticum inferius hinabreicht. Dorsal wird das Foramen acusticum superius durch ein breites Knorpelband, die Commissura suprafacialis, überbrückt. Sie stellt eine Verbindung her zwischen dem oralen Teil der Pars canalicularis mid dem dorsalen der Schneckenkapsel. Unter ihr hindurch zieht der Nervus facialis nach der Paukenhöhle und bildet, zum Teil ventral von ihr liegend, sein Ganglion geniculi. Die Pars canalicularis der Ohrkapselist erheblich größer als der cochleare Teil; ihre Außenwände zeigen bereits mit ziemlicher Deutlichkeit die Lage und Konfiguration der ihnen von der Innenseite der Ohrkapsel her anliegenden Teile des häutigen Labyrinths. Als starker Gegen- satz zu dem lückenhaften vestibulären Teil der Ohrkapsel wirkt die fast völlige Lückenlosigkeit ihrer Knorpelwände, die nur durch das kleine Foramen endolymphaticum durchbrochen wird. Begrenzt wird der Kanalteil dorsal durch die Lamina supracapsularis, kaudal durch den Occipitalpfeiler. Oral endet der Kanalteil frei, vor ihm liegt die große Fenestra spheno-parietalis, und ventral stößt im -vorderen Teile die Pars vestibidaris des Ohres an ihn an, während kaudal das Foramen jugulare seine untere Begrenzung bildet. Wie ich schon oben erwähnte, liegt der Kanalteil steil aufgerichtet zixt Seite. des Gehirns imd wird nicht von ihm überlagert. Die Form der Pars canalicularis hat V o i t treffend mit einer dreiseitigen Pyramide verglichen. Ihre Spitze liegt an der dorsal kaudalen Ecke, und von den Seitenflächen kann man deutlich folgende Dreiecke imterscheiden: Eine Außenfläche, die die ganze Höhe der Ohrkapsel einnimmt, eine niedial-dorsale Fläche, deren untere Kante medial — 20 — gegen das Gehirn vorspringt, und eine medial untere, die nur etwa zur Hälfte sichtbar ist. Ihr ventral und mehr lateral gelegener Teil wird von der Lamina alaris des Occipitalpfeilers gedeckt. Die Grund- fläche der Pyramide wäre durch folgende Grenzen bestimmt: Die Vorderecke des Foramen jugulare, den Dorsalrand des Foramen acusticum inferius fortlaufend im Meatus acusticus internus zum Foramen acusticum superius, den Dorsalrand des letzteren und die Fenestra vestibuli. Betrachten wir zunächst einmal die Außenfläche, deren Begrenzungen gleichfalls deutlich zu erkennen sind. Ihre dorsale Kante wird durch eine flache Hervorragung gebildet, die im Inneren dem Canalis semi- circularis anterior sive superior entspricht, der Prominentia semicircularis anterior sive superior. (Siehe Tafelfigur 1.) Sie zieht oral, direkt über der Anlagenmgsstelle des Incus beginnend, in gerader horizontaler Lage bis zur Spitze der Pyramide. Die zweite, am meisten ventral liegende Kante dieser Seitenfläche bildet gleichfalls eine längsaus ziehende Vorragung. Es ist die Prominentia semicircularis lateralis, die im Innern dem seitlichen Bogengänge entspricht. Sie springt eigentlich sogar sehr scharf nach außen vor, doch wird durch die direkt von ihrem lateralen Rande herabhängende Crista parotica dieser Eindruck fast völlig verwischt. Die dritte Kante der Außenfläche wird durch die Prominentia semicircularis posterior, die Vorragung des hinteren Bogenganges, gebildet, die gleichfalls nur eine ganz flache Vorragung darstellt. Sie zieht von ventral vorn nach dorsal hinten, dort gleichfalls in der Pyramidenspitze endend, während sie sich am ventral-oralen Ende der Prominentia lateralis sehr eng anlegt. An der medial-oberen Fläche sind die Grenzen ganz besonders gut ausgeprägt. Die dorsale und vordere Kante wird durch die nach der Schädelhöhle zu scharf vorspringende Prominentia semi- circularis superior gebildet, die nach vorn zu in die Prominentia utriculo-ampuUaris superior übergeht. Die ventrale Kante wird durch die Prominentia cruris communis sive sinus superioris gebildet, die sich nach vorn zu ebenfalls an die Prominentia utricularis, aber an deren unteren Teil, ansetzt. Von hervorragender Deutlichkeit werden die Kanten, die diese Fläche begrenzen, vor allem dadurch, daß diese zwischen ihnen zu einer tiefen Höhlung, der Fossa subarcuata, eingesunken ist. Sie wird zum größten Teil ausgefüllt durch den Flocculus des Gehirns. Am tiefsten ausgehöhlt ist die Fossa in ihrem kaudalen Teile, wo sie von den hier zusammenfließenden Prominentien steil überrragt wird. Nach vorn zu gegen die Prominentia utriculo-ampullaris superior wird sie immer flacher und ver- streicht schließlich ganz. Die Vereinigungsstelle von Prominentia semicircularis superior mid Cruris communis bildet zugleich die Spitze der Pyramide. Die medial-ventrale Fläche schaut nur etwa zur Hälfte gegen das Schädelcavum, der ventrale Teil ist vom Inneren des Schädels aus nicht zu sehen. Sie wird von unten her verdeckt durch die Lamina alaris des Occipitalpfeilers, und so bildet sich zwischen beiden eine Höhlung, die V o i t bei Lepus, wo sie gleichfalls vorhanden ist, als Recessus supraalaris bezeichnet. Nur in seinem vorderen Teil, wo das Foramen jugulare nach außen führt, ist der Spalt zwischen Ohrkapsel und Basalplatte durchgängig. Die Grenzen der dritten Pyramidenfläche ergeben sich durch die bereits oben beschrie- benen Prominentiae semicircularis posterior und Cruris commimis. Nach vorn zu begrenzt ist sie durch die Prominentia utriculo-ampullaris posterior, die die Ampulle des hinteren Bogenganges, einen Teil des Utriculus und das einfache Ende des lateralen Bogenganges birgt. Diese Fläche wird in ihrem oberen Teile durch ein kleines Foramen durchbohrt, das ein wenig ventral von der Mitte der Prominentia cruris cqmmunis liegt. Durch diese kleine Lücke tritt der Ductus endolymphaticus aus der Ohrkapsel in das Innere der Schädelhöhle, nachdem er die Knorpelwand durch einen ziemlich langen, in oro-kaudaler Richtung verlaufenden Kanal durchbohrt hat. Außerhalb der Ohrkapsel — 21 — legt er sich der Seitenwand in einer seichten, an der Ventralseite der Prominentia cruris communis liegenden Furche an, die auch ihrerseits dazu beiträgt, diese Vorragung deutlich hervortreten zu lassen. In dem ersten Stück nach seinem Austritt aus der Ohrkapsel wird der Ductus endolymphaticus bei Stadium I durch einen dünnen Knorpelstab überbrückt, der ihn vom Gehirn trennt. An der linken Seite endet dieser frei, rechts dagegen setzt er wieder an die Ohrkapsel an, beides ein langes Stück vor dem kaudalen Ende des Ductus endolymphaticus. (Siehe Tafelfigur 7.) Nun möchte ich die F o r t s a t z b i 1 d u n g e n an der lateral unteren Kante der Ohr- kapsel besprechen. Kaudal von der Anlagerungsstelle der Gehörknöchelchen an der Ohrkapselwand geht diese an ihrem ventralen Rande in die stark ausgebildete Crista parotica über. Sie verläuft von der beschriebenen Stelle aus nach hinten zu im Bogen bis zum Processus paracondyloideus, wo sie direkt in die Lamina alaris übergeht. Am oralen Ende der Crista setzt die Wurzel des Reichert- schen Knorpels an (siehe Tafelfigur 1). Medial von ihr liegt, da sie weit nach unten vorragt, eine Höhlung, die dorsal von der Prominentia semicircularis lateralis, medial von der Ohrkapselwand begrenzt wird, und die sich in ventraler Richtung öffnet. Ich nenne sie mit G a u p p Cavum infra- cristale. Durch seinen vorderen Teil läuft der Nervus facialis, der unmittelbar hinter der Wurzel des Reichertschen Knorpels definitiv den Schädel verläßt. Nur ein schwacher Einschnitt im Unter- rand der Crista parotica deutet die Stelle an, wir können sie als Incisura stylomastoidea bezeichnen, obgleich ein Processus mastoideus nicht ausgebildet ist. Dorsal vom Facialis liegt im Cavum infra- cristale noch die Vena capitis lateralis, die kaudal von ihm den Schädel verläßt. Die Crista parotica erreicht nicht wie bei manchen andern Formen kurz hinter der Austrittsstelle des Facialis ihr kaudales Ende, sondern sie setzt sich nach hinten fort, um schließlich homokontinuierlich in den Processus paracondyloideus überzugehen. In diesem Teil des Cavum infracristale liegt der Musculus stapedius, der im hinteren, blinden Ende der Höhlung an der Knorpelwand ansetzt. Medial wird dieser kaudale Abschnitt, der schon kaudal von dem Foramen perilymphaticum liegt, durch einen Knorpelbalken abgeschlossen, der sich mit der Ohrkapsel von hinten her verbindet und gleichzeitig eine Scheidewand gegen den Processus paracondyloideus und den Recessus supraalaris bildet. Ein Tegmen tympani besitzt das Primordialcranium von Didelphys nicht; die Gehörknöchelchen liegen nach außen hin völlig unbedeckt im Cavum tympani. An seiner Stelle sitzt nur ein kleiner Knorpelhöcker der Seiten- wand des Kanalteils auf, der mit dem kurzen Fortsatz des Amboß artikuliert, und den ich als Tuber- culum tympani bezeichnet habe. Es liegt am Vorderrande der Crista parotica in einer Linie mit dem Ansatz des Hyale. Die zwischen beiden liegende Furche ist als Fossa incudis zu bezeichnen. Der kaudale Teil des Hammerkörpers artikuliert mit dem Vorderrande der Crista parotica. (Siehe Tafelfigur 1.) Um zum Verständnis des Innenraums der Ohrkapsel zu kommen, möchte ich zunächst eine kurze Beschreibung des häutigen Labyrinths liefern. Der Ductus cochlearis macht bei Stadium I bereits zwei vollständige Windungen, ehe er sich in dorsaler Richtung zum Sacculus begibt. Die Schneckenachse liegt etwa horizontal, jedoch nicht in direkt oro-kaudaler Richtung. Sie geht vielmehr von medial vorn nach lateral hinten und bildet mit der Basalplatte einen Winkel von etwa 45 Grad. Das blinde vordere Ende des Schneckenganges liegt ventral, aber nicht am vorderen Pole der Kapsel. Nach Vollendung seiner zweiten Windung zieht der Ductus cochlearis in dorsaler Richtung an der Seitenwand der Schnecke hinauf zum Sacculus. Durch einen kurzen, breiten Canalis reuniens findet die Verbindung statt. An seiner Einmündungsstelle knickt der DuctvLS cochlearis nach hinten in horizontaler Richtung um, und bald darauf erreicht er sein 2!> blindes Ende. Der Sacculus, der kräftig nach vorn und unten vorspringt, ist mit dem Utriciüus durch den Canalis utriculo-saccularis verbunden, der gleichfalls sehr kurz und breit ist. Von seiner Medialseite aus zieht in kaudaler dorsaler Richtung der Ductus endolymphaticus nach hinten, der zunächst an seinem Ansatz sehr dünn ist, sich aber bald nach seinem Austritt aus der Ohrkapsel zu einem flachen, breiten Saccus endolymphaticus verbreitert. In bekannter Weise setzen am Utriculus die drei Bogengänge an. Von ihnen ist nur zu bemerken, daß die Ampullen wohl entwickelt sind, imd daß sie nicht genau in den drei Dimensionen des Raumes stehen, da der hintere Bogengang mit dem vorderen keinen rechten Winkel bildet. Ich will mm dazu übergehen, den I n n e n r a u m der 0 h r k a p s e 1 zu beschreiben. Auch dieser zerfällt deutlich in eine Pars anterior (inferior) und eine Pars posterior (superior). Jede von ihnen läßt sich mit Leichtigkeit wiederum in zwei Räume trennen, die mit breiter Fläche mit- einander kommunizieren. Die Pars anterior zerfällt in das C a v u m vestibuläre und in das eigentliche Cavum cochleare, und die Pars posterior in das C a v u m u t r i c u 1 o- a m p u 1 1 a r e und die Räume für die Bogengänge und das Crus commune. Die mediale Seite des Cavmn vestibuläre kommvmiziert mit der Schädelhöhle durch das Foramen acusticum inferius und das Foramen sacculare inferius und die laterale Seite mit der Paukenhöhle durch die Fenestra vestibuli. Das Cavum vestibuläre stellt eine weit offene Höhlung dar, die mit ihrem vorderen Teil sich medial oral in das Cavum cochleare, lateral dorsal in das Cavum utriculare fortsetzt. Letztere Verbindung findet kurz vor dem Hinterrande des Foi'amen acusticum inferius statt. Von diesem aus nach hinten zu bekommt das Cavum vestibuläre ein knorpeliges, horizontal liegendes Dach, das von hier aus bis zum Foramen perilymphaticum reicht und so die Trennung des hinteren Teils vom Cavum utriculo-ampuUare posterius bewirkt. Das Knorpeldach setzt am hinteren oberen Rande des Foramen perilvmphaticum an, so daß dieses ganz deutlich dem Cavum vestibuläre zugeteilt wird. Nach vorn zu findet eine Abtrennung gegen das Cavum cochleare " statt. Eine vertikal stehende Knorpelwand schiebt sich zwischen dieses und den lateral vorderen Teil des Cavum vestibuläre. Diese Scheidewand setzt an der Seitenwand der Ohrkapsel nur wenig oral von der Fenestra vestibuli von innen an, ihr medial-dorsal gelagerter Teil verbreitert sich bedeutend und geht in den Knorpelboden für den Meatus acusticus internus über. Zugleich vollzieht die Knorpelbrücke eine Trennung der beiden Foramina acustica. Der medial-ventrale Teil der knorpeligen Scheidewand setzt sich, nach vorn zu niedriger werdend, in die Lamina spiralis cartilaginea fort. Das Ca\'Tim vestibuläre wird ausgefüllt von Bindegewebe, in das in der Hauptsache der Sacculus und der aufsteigende Schenkel der Cochlea eingelagert ist. Ersterer liegt der lateralen Wand zwischen Fenestra vestibuli imd Foramen perilymphaticum an. Im Gebiet der Fenestra selbst zieht er aber zur medialen Seite des Cavum hinüber, und zwischen ihm und der lateralen Wand erscheint ein perilymphatischer Raum, die Scala vestibuli. Stadium I zeigt erst den Beginn ihrer Entwicklimg, sie ist dort zwar im Gebiet der Fenestra vestibidi außerordentlich deutlich zu sehen, nach vorn in das Cavum cochleare aber nicht mehr zu verfolgen. Lateral und kaudal vom Saccidus liegt der Seitenwand der Beginn des Ductus cochlearis an. Sein kaudales, blindes Ende reicht weit nach hinten und oben bis in das Cavum utriculo-ampuUare posterius. 'Dort liegt es in einer eigenen kleinen Höhle lateral von der AmpuUa posterior. Außer der Scala vestibuli birgt das' Cavum vestibuläre noch einen zweiten perilymphatischen Raxim, die Scala tympani, die schon fast in ihrer endgültigen Ausdehnung zu finden ist. Mit. ihrem hintersten Teile, dem Saccus perilymphaticus, sehen wir sie das gleichnamige Foramen durchsetzen. Nach vorn zu erfüllt sie den ganzen Teil des Cavum vestibuläre zwischen diesem und dem Hinterrand des Foramen — 23 acusticum inferiiis, der, wie ich oben erwähnte, dorsal durch ein Knorpeldach abgeschlossen ist. Darauf begibt sich die Scala tympani auf die Medialseite des aufsteigenden Teils des Ductus cochlearis und zieht, seinen Windungen folgend, im Cavum cochleare nach vorn zu. Sie läßt sich fast bis zum oralen, blinden Ende des Ductus cochlearis verfolgen, zeigt mit der Scala vestibuli aber noch keinerlei Verbindung. Das Cavum cochleare, das sich nach vorn zu an das Cavum vestibxilare ansetzt, wird seiner ganzen Länge nach in eine obere iind eine untere Hälfte geteilt. Dies geschieht durch das Septum Spirale cartilagineum, das sich zwischen die Windungen des Ductus cochlearis schiebt. Es beginnt medial unten und zieht von dort nach lateral oben, über die Dorsalfläche der Cochlea wieder nach unten und geht schließlich nach oben zu in den Boden des Meatus acusticus internus über. Außer dem Ductus cochlearis und der Scala tympani enthält das Cavum cochleare noch einen Binde- gewebszug, in dem der Nervus cochlearis sich aufsplittert und in sein Ganglion spirale übergeht. Dieser Gewebsstrang folgt gleichfalls den Windungen des Ductus cochlearis und legt sich an der Stelle, wo bereits beide vorhanden sind, zwischen die Scala tympani und die Scala vestibuli. Nach hinten und oben zu schließt sich an das Cavum vestibuläre das Cavum utriculo- a m p u 1 1 a r e an. Es ist gleichfalls eine weite Höhlung im Knorpel und umschließt den Utriculus und die Ampullen der Bogengänge. Durch einige ins Innere vorspringende Knorpelbalken wird die Höhlung in verschiedene Teile unvollständig getrennt. Am weitesten vorn und dorsal liegt der größte Hohlraum, der Recessus utriculo-ampullaris superior, der mit dem Cavum vestibuläre kommuniziert. Er wird erfüllt durch den Recessus utriculi, den vorderen Teil des Utriculus selbst und die Ampulla superior. Die größte Ausdehmmg dieses Raums liegt in dorso-ventraler Richtung, 'doch ist seine Achse ein wenig hintenüber geneigt. Ventral von der Ampulla superior, von dieser durch eine vorspringende Knorpelecke geschieden, liegt der Recessus ampuUaris lateralis. Er erstreckt sich in kaudaler Richtung etwas weiter als der Recessus ampuUaris superior und geht gleichfalls direkt in das Cavum utriculare über. Sein kaudaler Teil jedoch wird durch eine Knorpelwand, das Septum semicircidare later- ale, vom Utriculus vollständig abgetrennt. Die Ampulla posterior liegt über dem Knorpeldach, das den kaudalen Teil des Cavum vestibuläre bedeckt. Zusammen mit dem Crus simplex des Canalis semicircularis lateralis ist sie in eine einzige Höhlung eingebettet. (Siehe Figur 7.) Lateral von dieser liegt, wie ich oben erwähnte, das blinde Ende des Ductus cochlearis. Über den Boden des Recessus ampuUaris posterior zieht eine tiefe Rinne, in welcher der Ramulus ampuUaris posterior nach seinem Eintritt durch das Foramen acusticum inferius in die Ohrkapsel zur Ampulla posterior zieht. Die Bogengänge, sowie das Crus commune liegen in eine dicke Knorpelmasse ein- gebettet, die Massa angularis, die alle Zwischenräume zwischen ihnen ausfüllt. In ihr liegt dorsal der Canalis semicircularis superior, lateral der Canalis semicircularis lateralis und kaudal der Canalis Jnfprpäriefäle — C3n semicicc sup. Crt/s commtjne Afassj angutsns Oucr endolymph C^ sem/cirC'fsf. Oft semicrc-ljr. Muse shped Crista p^rot- SdCL perily/pph Fig. Schnitt durch das Foramen perilymphaticuiii.' Serie I. Vergr. 12.5 : 1. — 24 — seraicircularis posterior. Medial, von ventral vorn nach dorsal hinten verlaufend, liegt darin das Crus commune des oberen und hinteren Bogenganges. Medial von diesem wiederum durchbohrt der Ductus endolymphaticus in einem langen Kanal die Knorpelwand. Mit ihrer Umgebung ist die Ohrkapsel sehr fest verschmolzen. Die Lamina supra- capsularis, in welche sie längs ihres ganzen Oberrandes homokontinuierlich übergeht, bildet nur ein schmales Knorpelband, das dorsal an der Prominentia semicircularis superior ansetzt. Sie besitzt in ihrer ganzen Längenausdehnung die gleiche geringe Höhe. Nach vorn zu geht sie homo- kontinuierlich in die Commissura orbito-parietalis über, nach hinten und ventral biegt sie in den Occipitalpf eiler um, während an ihrem Dorsalrand das Tectum posterius ansetzt. Auch mit dem Occipitalpfeiler ist die Ohrkapsel homokontinuierlich verschmolzen, wenn sie sich auch an dem Ober- flächenbilde die Prominentia cruris communis sehr scharf dagegen absetzt. Das Tectum posterius besitzt eine große Höhenausdehnung und bildet den hinteren und mit seinen dorsalen Partien den oberen Abschluß des Schädels. Es ist zum großen Teil bereits verknöchert als Anlage des Supraoccipitale. Nun will ich noch einige Worte über die Nerven und Gefäße der Ohrregion hinzu- fügen. Wie ich bereits oben erwähnte, gehört der kaudale Teil des Ganglion gasseri des Trigeminus der Regio otica an, und zwar der Abschnitt, der kaudal vom Eintritt des noch einheitlichen Nervs in das Ganglion Hegt. Er reicht nach hinten zu bis an die Commissura supra- facialis heran und lateral davon sogar noch ein Stückchen darüber hinaiis. Von der Dorsalseite her überdeckt er den oralen Teil des Ganglion geniculi des Facialis. Lateral wird das Ganglion gasseri durch die Crista cochlearis abgeschlossen. Der Nervus facialis verläßt das Gehirn nahe dem Hinterrande des Pons. Er tritt darauf über das vordere Ende des Ganglion vestibuli des Acusticus hinweg unter die Commissura suprafacialis. Unter und vor dieser bildet seine Pars intermedia das Ganglion geniculi, das sich nach lateral und vorn direkt an das Ganglion vestibuli des Acusticus anschließt. Mit seiner Hauptmasse liegt das Facialisganglion in der flachen Höhlung, die sich auf dem Dach der Schneckenkapsel zwischen der Commissura suprafacialis und der Crista cochlearis befindet. Wir haben in dieser Furche also wiederum ein Stück sekundären Schädelraums vor uns und zwar den, welchen Voit als Cavum supracochleare bezeichnet hat. Seine laterale Abgrenzung von dem extracraniellen Raum ist sehr deutlich. Sie besteht zunächst aus der Crista cochlearis, und an diese schließt sich in dorso- lateraler Richtung ein Bindegewebszug an, der bis zum Unterrande der Commissura orbito-parietalis reicht und am Tuberculum tympani sein kaudales Ende findet. Er ist ähnlich jenem Gewebsstrang, der den Abschluß des Cavum epiptericum bildet; doch findet sich keine Verbindung zwischen beiden. Das Ganglion geniculi gibt von seiner oralen Spitze aus, die vor der Commissura suprafacialis liegt, den Nervus petrosus superficialis ab, dessen Verlauf ich weiter unten beschreiben will. Der Facialis- stamm selbst zieht vom Hinterrande des Ganglion geniculi dorsal über die Crista cochlearis hinweg in lateraler Richtung. Nun biegt er nach hinten um mid legt sich dicht in eine Furche in der Außen- wand der Ohrkapsel. (Siehe Figur 8.) Zunächst zieht er medial von Hammer und Amboß weiter und überkreuzt darauf dorsal das Amboß-Steigbügelgelenk. Über dem Steigbügelstiel geht sein Verlauf weiter nach hinten. Hier wird der Facialis von der Seite her überdeckt durch die Crista parotica, während vor dieser der Abschluß durch die Gehörknöchelchen auf der Lateralseite der einzige ist. Etwa am kaudalen Ende des Steigbügelstiels kreuzt der Facialis dorsal die Sehne des Musculus stapedius, indem er sich auf seine Lateralseite begibt und zieht nmi direkt hinter der Wurzel des Hyale fast senkrecht nach unten aus dem Schädel heraus. Während dieses Verlaufs in ventraler Richtung entläßt der Facialis an seiner Medialseite die Chorda tympani. (Siehe Seite' 26, Figur 11.) Sein Stamm biegt ventral nach vorn um und zieht, nun erst auf die Lateralseite des Hyale tretend, nach vorn. Der Nervus jd e t r o s u s s ii p e r- f i c i a 1 i s verläßt das Ganglion geniculi, wie ich erwähnte, an seiner oralen Spitze zwischen Commissura suprafacialis und Crista cochlearis und zieht zunächst unter dem kaudalen Teil des Ganglion semilunare hinweg nach vorn bis zum Vorderrande der Schneckenkapsel. Über ihre orale Fläche verläßt er darauf in ventraler Rich- tung die Schädelhöhle; kurz vor und medial von der Schneckenkapsel verbindet er sich mit dem Nervus petrosus profun- dus, einem starken, sympathischen Nerven- stamm, der, lateral neben der Carotis ff3Fn amp sup Ram ufriculi rar acust. sop Ogl.vestJnitlfam saccsi/p /?am amp lat for acushmf Nerf/us cocht Du et cochlearis. mit 9gl Spirale Sinus sigmoideus Parietale Ampulla sup. Tuöercultjm tympani 'Squamosum Jticus Mattrus L Gtjniate tOürrtibotirang ' (Jurcti li Chorda tywpj Manuhrium Mallei Mealauditext Tympafiicum Fifi. S. Schnitt durch die Foramina arustica. Serie I. Vergr. 12,5 : 1. liegend, mit dieser in dem Winkel zwischen Basalplatte und Ohrkapsel heraufgezogen ist. Ein Teil des Petrosus profundus läßt sich von der Vereinigungsstelle aus noch nach hinten und oben bis zum Ganglion gasseri verfolgen. Der verschmolzene Nerv, Nervus parabasalis (Vidianus) zieht nun nach vorn in medialer Richtung weiter bis in den Vrinkel zwischen Ala temporalis und Trabekel- platte. Von dort aus geht seiii Lauf in oraler Richtung zunächst zwischen Balkenplatte und Pterygoid, noch weiter vorn zwischen der ersteren und dem Palatinum. Darauf vereinigt sich der Nervus parabasalis, nach Durchbohrung der Pars perpendicularis des Palatinum, mit dem Ganglion sphenopalatinum. Die Chorda tympani trennt sich, wie ich oben erwähnte, etwa dort vom Facialis ab, wo er in ventraler Richtung das Cavum infracristale verlassen hat. (Siehe Seite 26, Figur 11.) Nun begibt sie sich von hinten her sofort auf die Medial- seite des Hyale zwischen dieses und das Cavum tympani. (Siehe Seite 26, Figur 10.) Nach vorn zu zieht sie nun in den Raum dorsal vom Manubrium mallei. (Siehe Figur 9.) Hierauf läuft sie ventral unter der Sehne des Musculus tensor tympani hindurch an die medial-ventrale Ecke des Hammers. Weiter vorn, wo an dieser Stelle das Goniale auftritt, wird dieses von der Chorda durchbohrt (Figur 8) und zwar von hinten unten nach vorn oben, Zoologica. Heft jO. \ ^in sigiu. tarn supracaps Can sem/c sup Amp sup SijuamBSum Vena cap lat m Jncus Art staped - Muse tensor tyir.p Chorda tymp Malleus Cavtymp Meatauditext Tympan fi saerut inC Fig. 9. Schnitt durch das Foramen saciulan Serie I. Vergr. 12,5 : 1. int'erius. — 26 — so daß nun die Chorda zwischen den M eck eischen Knorpel und das Goniale in den Canalis primor- dialis zu liegen kommt. Darauf zieht die Chorda an der Medialseite des M eck eischen Knorpels in die Höhe, wo sie lange Zeit bleibt, und begibt sich schließlich zum Nervus Jfamu/us Sdcc mf.post. C^ngl veshbulare ^cryt/s cochiearis fissura basicochleans Sc3t3 fympuni üucr. cucMtans Parietale lingualis. Can semic supen'or Ampulla lateralis Utriculus yena cap.taferalis Ram ampull iat. m. Saccuius Stapes Ctiurda tympani — Hyate Meat audit ext Ouct cocfitearis m Sff/. Spirale tubo tympannlerRaum Fig. 10. Schnitt durch den Ramuhis sacc. inf. post., zeigt die Chorda tympani medial vom Hyale. Serie I. Vergr. 12,.5 : 1. Der A c ti s t i c u s tritt kurz hinter dem Facialis aus dem Gehirn aus, und sofort lassen sich seine beiden Teile, der Nervus c o c h 1 e a r i s und der Nervus vestibularis, deutlich voneinander unterscheiden. Zunächst will ich den Verlauf des Nervus vestibu- laris beschreiben, dessen Wurzel nur wenig kaudal von der des Nervus cocli- learis liegt. Sofort nach seinem Austritt aus dem Gehirn bildet er das große Ganglion vestibuli, dem als knorpelige Unterlage der Boden des Meatus acusti- cus internus dient. Es liegt also mit seiner Hauptmasse zwischen Foramen acusticum superius und inferius, reicht aber mit seinem dorsalen Zipfel bis über das Foramen acusticum superius, mit seinem ventralen bis über den Kaudalteil des Foramen acusticum inferius hinaus. Der dorsal vordere Zipfel des Ganglion vestibuli liegt imter der Commissura suprafacialis und reicht bis an den Hinterrand des Ganglion geniculi heran. So bilden die drei großen Ganglien der Ohrregion eine unimterbrochene Kette, indem sich das Ganglion vestibuli oral bis zum Ganglion geniculi erstreckt und dieses wiederum an seinem oralen Ende von dem kaudalen Abschnitt des Ganglion gasseri überlagert wird. Vom Ganglion vestibuli gehen zwei große getrennte Äste des Nervus vestibiüaris aus, ein Ramus s u j) e r i o r und ein Ramus in- ferior. Der erstere tritt durch das Foramen acusticum superius in die Ohr- kapsel ein und splittert sich sehr bald f,ss öasmcMems fossa subarcuata Utriculus Saccuius R amp post ^ coctilearis Scala tymp. Ggl Spirale Parietale lamina supracaps. Sin. sigmoid Can. semicfcc. sup Ca/i. semicirc. lal Cr isla parot Meat aud/t ext jC/iorda tymp Cavu/n tymp. Ouct- cac/i/. auf. (Siehe Seite 25, Figur 8.) Der me- dialen Ohrkapselwand anliegend, zieht zunächst ein kurzer Ast zur Maciüa utriculi, der Ramulus utricularis. Lateral von ihm, in dorsaler Richtimg höher reichend, geht der Ramulus ampullaris superior vom Stamme des Ramus superior ab und zieht zur Ampulle des oberen Bogen- ganges. Darauf folgt in lateraler Richtung ein dritter Zweig, der an derselben Stelle abgegeben wird Fig. 11. Schnitt durch den Abgang der Chorda tympani vom Facialis. Serie I. Vergr. 12,5 : 1. — 27 — wie die beiden vorerst erwähnten. Er zieht in kaudal-lateraler Richtung und innerviert die Ampulla lateralis. Ventral vom Ramus superior zwischen diesem und dem Ramus inferior des Vestibularis geht ferner noch ein kleines, selbständiges Nervenästchen vom Ganglion ab, das mit dem Ramus superior durch den ventralen Zipfel des Foramen acusticum superius zieht und den oralen Teil der Macula sacculi versorgt, der R a m u 1 u s s a c c u 1 a r i s superior. Im Gebiet des Foramen acusticum inferius gibt das Ganglion vestibuli von seinem ventralen Rande aus zunächst einen kleinen, kräftigeren Nervenast ab, der gleichfalls zur Macula acustica des Sacculus zieht. Er durchbohrt den Boden des Meatus acusticus internus in dem kleinen Foramen sacculare inferius. (Siehe Seite 25, Figui" 9.) Nur wenig kaudal hiervon geht vom Unterrande des Ganglion vestibuli zum dritten Mal ein feiner Nervenast zum Sacculus und zwar diesmal durch den dorsalen Teil des Foramen acusticum inferius. Ich nenne diesen Ramulus saccularis inferior posterior. (Siehe Figur 10.) Der mittlere dieser drei Äste ist der kräftigste und zugleich der, welcher bei den Säugern allgemein zu finden ist. Der kaudale Zipfel des Ganglion vestibuli geht in den Ramulus ampullaris posterior über, der durch den kaudalen Teil des Foramen acusticum inferius in die Ohrkapsel zieht. (Siehe Figur 11.) Er ist während seines langen Verlaufs bis zur Ampulla posterior, der von medial vorn nach lateral hinten erfolgt, ziemlich fest im Knorpel fixiert. Zwar zieht er nicht durch einen allseitig geschlossenen Knorpelkanal, jedoch in einer ziemlich tiefen, nach oben und vorn offenen Knorpelrinne. Für den Nervus acusticus, der sich bei Didelphys in recht komplizierter Weise aufsplittert, würde sich also folgendes Schema ergeben: Nervus vestibularis Nervus cochlearis Ramus superior (utriculo ampullaris) Ramulus saccularis super Ramus inferior Ramulus utriculi „ ampullaris sup. lat. or Ramulus saccularis inf. For. sacculare inf. Ramulus saccularis inf. posterior. Ramulus ampullaris posterior. Fora m e n acusticum superius F o r a m e n acusticum inferius. Der Nervus cochlearis zieht medial als dicker Stamm am Ganglion vestibuläre vorbei imd tritt durch den oralen Teil des Foramen acusticum inferius in die Ohrkapsel ein. Im Cavum cochleare splittert er sich sehr bald auf und bildet das große Ganglion spirale, das in seinem Verlauf den Windimgen des Ductus cochlearis folgt. Es liegt ihm an den einander zugekehrten Kanten an. An der Grenze der Ohr- und Occipitalregion verlassen der Nervus glossopharyn- geus, vagus und accessorius den Schädelraum; sie passieren den kurzen Recessus supra- alaris vor ihrem endgültigen Austritt. Der Glossopharyngeus bildet schon außerhalb des Schädels sein Ganglion petrosum, der Vagus noch im Recessus supraalaris das Ganglion jugulare, außerhalb — 28 — desselben das Ganglion nodosum. Vom Ganglion jugulare aus zieht der Nervus auricularis steil nach dorsal und vorn. Er steigt medial von der Vena jugularis in die Höhe, zieht am Ganglion petro- sum des Glossopharyngeus vorbei und gelangt in das Cavum infracristale. Über den Dorsalumfang des Musculus stapedius fort tritt er kurz hinter dem Facialis durch die Incisura stylomastoidea end- gültig aus dem Schädelraum aus. Von arteriellen Gefäßen ist vor allem die Carotis i fi t e r n a zu erwähnen, deren Verlauf ich bereits im vorhergehenden Teile beschrieb. Ferner ist eine sehr kleine Arteria stapedialis vorhanden, die durch den Stapesring zieht. (Siehe Seite 25, Figur 9.) Ihre Verbindung mit der Carotis interna ist nicht mehr festzustellen, dagegen sieht man nach ihrem Durchtritt durch den Steigbügel die Arterie von medial nach lateral über den dorsalen Umfang des Nervus facialis ziehen und darauf in ventraler Richtung das Cavum infracristale verlassen, um sich schließlich mit der Carotis externa zu vereinigen. Sehr reich ist die Ohrregion des Schädels an venösen Bahnen. Am Unterrande der Commissura orbito-parietalis tritt ein kräftiger Venenstamm entlang, der sich vor der Commissura suprafacialis in zwei Teile teilt. Der mediale Venenast tritt in den Schädel ein und zieht über dem dorsalen Rand der Ohrkapsel nach hinten als Sinus s i g m o i d e u s. Am kaudalen Rande der Ohrkapsel führt er in ventraler Richtvmg als Vena jugularis das venöse Blut durch das Foramen jugulare aus der Schädelhöhle hinaus. Dieser Durchtritt erfolgt oral und medial von der Vagusgruppe. Im Gegensatz zum Sinus sigmoideus ist die Vena jugularis nur sehr klein, da sie kurz vor ihrem Eintritt in das Foramen jugulare zwei Äste abgibt, die den Schädel durch die Foramina hypoglossi verlassen. Von der Teilungsstelle an der Commissura orbito-parietalis aus zieht der laterale Venenstamm um ihren Ventralrand herum imd teilt sich dort nochmals in zwei Teile. Die dorsale Vene durchbohrt das Squamosum und verläuft in einer Rinne über das Tuberculum tympani nach hinten, um darauf an der Lateralseite der Ohrkapselwand in die Höhe zu steigen. Es handelt sich bei diesem Venenast wohl um ein Homologon des Gefäßes, das bei anderen Sängern durch die Fissura capsulo-parietalis tritt, bei Didelphys aber, da dieser Spalt fehlt, seinen Weg um den Unter- und Vorder- rand der Lamina supracapsularis aus dem Schädelraum nimmt. Das ventrale Teilstück wird zur Vena capitis lateralis und zieht in das Cavum infracristale. Dorsal vom Facialis liegend, verläßt sie erst weit hinter ihm die Höhlung, indem sie über den medialen Rand des Musculus stapedius in ventraler Richtung hinabzieht. Im Recessus supraalaris vereinigt sie sich darauf mit der Vena jugularis. Ein anderer Venenast versorgt das Innere der Ohrkapsel und läßt sich besonders gut im Innern der Schneckenkapsel verfolgen. Kaudal verläßt er das Foramen perilymphaticum mit der Scala tympani zusammen durch den medialen Teil der Lücke und begibt sich nun gleichfalls zur Vena jugularis. Schließlich wären noch feine Venenästchen zu erwähnen, die den Schädelboden durch die Fissura basicochlearis durchziehen. d. Regio occipitalis. Den kaudalen Abschluß des Craniums bildet die Occipitalregion, die bei weitem den geringsten Umfang besitzt. An ihrem Boden liegt der kaudale Teil der Basalplatte, an den Seiten- wänden die Occipitalpfeiler. Nach vorn zu geht die Basis der Hinterhauptsregion homokontinuierlich in die Basalplatte der Ohrregion über, ihr kaudales Ende befindet sich am Foramen magnum. Der occipitale Teil der B a s a 1 p 1 a 1 1 e ist erheblich breiter als der oticale; er ist am Modell bereits — 29 — zum Teil verknöchert, und dieser Kern entspricht dem späteren B a s i o c c i p i t a 1 e. Lateral sehließen sich an die Basalplatte die P i 1 a o c c i p i t a 1 i a an; sie bilden zum kleineren Teil die ventrale, zum größeren die kaudale Begrenzung der Ohrkapseln. Der mediale, sich an die Basal- platte anschließende Teil ist gegen diese nur wenig abgeknickt. Er wird von den beiden F o r a- niina hypoglossi darchbohrt und reicht lateral bis zum Foramen jugulare. Der laterale oder, richtiger gesagt, dorsale Teil steht dagegen vertikal an der Kaudalseite der Ohrkapsel. Bei Stadium I geht das Gewebe des Occipitalpfeilers homokontinuierlich in den Knorpel der Ohrkapsel über und ist nirgends durch einen Spalt von ihm getrennt. Die orokaudale Ausdehnung des Pfeilers ist nur sehr gering. Sein medialer Teil wird von den Hypoglossuslöchern senkrecht durchbohrt, ihre inneren Öffnungen sind demnach ebenso weit voneinander entfernt wie die äußeren. Durch beide Foramina gehen außer den Ästen des Hypoglossus noch Venen, die sich dorsal von der Basalplatte von der Vena jugularis trennen und ventral davon wieder mit ihr vereinigen. Der lateral und dorsal vom Foramen jugulare liegende Teil des Occijjitalpfeilers geht nach oben und hinten zu in das Tectum posterius, nach oben und vorn in die Lamina supracapsularis über. In dem Gebiete hinter und imter dem Foramen jugulare verlängert er sich in ventraler Richtmig und bildet dort die breite, knorpelige Lamina alaris, die das Foramen perilymphaticum der Ohrkapsel von hinten her abdeckt. Nach miten und vorn zu setzt sie sich in einen kurzen Processusparacondyloideus fort, durch den nur eine geringe Unterlagerung der Ohrkapsel stattfindet. Durch das Foramen jugulare ziehen, wie ich oben schon erwähnte, der Glossopharyngeus, Vagus und Accessorius und die kleine Vena jugularis aus der Schädelhöhle. Sie gelangen aber nicht sofort an die Außenseite des Schädels, sondern treten erst für einen kurzen Verlauf in den Raum zwischen die Lamina alaris und die Ohrkapsel, den V o i t als Recessus supraalaris bezeichnet. Hierauf erfolgt der Austritt aus dem Schädel. In den Occipitalp feilern finden wir auch bereits je einen Knochenkern, die Anlage des Pleurooccipitale. Diese Verknöcherungszentren beginnen ventral bei dem hinteren Foramen hypoglossi und setzen sich dorsalwärts fort, wo sie dann in die Knochenkerne des Tectum posterius übergehen. Die Occipitalpfeiler und das Tectum posterius begrenzen das große F o r a m e n o c c i p i- tale m a g n u m. Es ist fast kreisförmig und liegt zum größten Teile in einer Vertikalebene; nur ein kleiner Abschnitt, die I n c i s u r a i n t e r c o n d y 1 o i d e a, ist in die Horizontale um- gebogen. An seinem Dorsalrande verlängert sich das Foramen magnum zu einer kleinen, in das Tectum jiosterius einschneidenden Incisura occipitalis posterior. Nur der ventrale Teil des Foramen dient dem Durchtritt der Medulla oblongata, der dorsale ist durch Bindegewebe fest verschlossen. Der kaudale Rand der Basalplatte ist verdickt durch die Bildung der kräftigen, knorpeligen C o n d y 1 i o c c i p i t a 1 e s. Medial werden diese durch die Incisura intercondyloidea voneinander getrennt, dorsalwärts greifen sie noch ein Stück weit auf die medialwärts gerichteten kaudalen Kanten der Occipitalpfeiler über. Das A 1 1 a n t o - o c c i p i t a 1 - G e 1 e n k ist bei Stadium I nicht mehr einheitlich, dagegen ist dies bei allen vorliegenden jüngeren Stadien noch der Fall. 2. Visceralskelett. Von dem Visceralskelett habe ich den M eck eischen Knorpel, Hammer, Amboß, Steigbügel und die Wurzel des Hyale an der Ohrkapsel mit modelliert. Der Meckelsche Knorpel liegt mit seinem proximalen Ende, das in den Hammer übergeht, dem cochlearen Teil der Ohrkapsel — so- sehr dicht an. Als verhältnismäßig dünner, fast drehrunder Stab geht er vom Hammerkopf aus nach kurzem, fast horizontalem Verlauf sehr steil in einem Winkel von etwa 45 Grad nach vorn zu herab, bis er am Unterrande des Mandibulare angelangt ist. Errichtet man in diesem Punkt, wo nun der Me ekel sehe Knorpel wieder in die Horizontalrichtimg umbiegt, ein Lot auf dem Unterrande des Kiefers, so trifft dieses in seiner ganzen Länge den Vorderrand des Processus coronoideus. Von dieser Umbiegungsstelle aus verläuft der M ecke Ische Knorpel in horizontaler Richtimg weiter nach vorn and nähert sich zugleich dem der andern Seite. Bereits ziemlich nah an seinem Vorderende ist er für eine kurze Strecke verknöchert und derart im Gewebe der Mandibula aufgegangen, daß er davon nicht mehr zu unterscheiden ist. Eigenartig ausgebildet ist die orale Synchondrose. Die M eck ei- schen Knorpel beider Seiten legen sich nämlich nicht einfach aneinander und verschmelzen in der Medianlinie, sondern zwischen ihnen erscheint ein knorpeliges Schaltstück, an das sie sich beiderseits ansetzen. (Siehe Tafelfigur 1.) Diese Copula reicht sowohl oral als auch kaudal ein ganzes Stück über die Ansatzstellen des M e c k e 1 sehen Knorpels hinaus und besitzt die Form eines breiten, glatten Knorpelstreifens. Ihr oraler Teil liegt in der Symphyse des Unterkiefers fest eingekeilt, während der kaudale hinter dem Ansatz des M e c k e 1 sehen Knorpels sich frei im Bindegewebe zwischen den schon auseinander gewichenen Mandibulae befindet. Bei Stadium I ist das Schaltstück gegen den M e c k e 1 sehen Knorpel beiderseits durch ein Perichondrium geschieden. Aus dem proximalen Endstück des M e c k e 1 sehen Knorpels geht unmittelbar der Hammer hervor, der sich bei Stadium I bereits auf der Höhe seiner Ausbildung zeigt. Mit dem M eck eischen Knorpel homokontinuierlich verbunden ist der H a m m e r k o p f , der eine breite und ziemlich dünne Scheibe bildet, die von vorn her das schmale Sattelgelenk für den Amboß, das auf der Dorsal- seite des Corpus mallei liegt, begrenzt. Hinter dieser tief eingeschnittenen Gelenkfläche erhebt sich der Dorsalrand des Hammers wiederum steil, um bald darauf senkrecht abzufallen und kaudal mit scharfem Knick in das Manubrium überzugehen. Dieses hat die Form einer verhältnismäßig breiten Platte, die medial über den Rand des Hammerkörpers hinausragt. Sie verläuft fast parallel mit seinem Ventralrande und verjüngt sich ein wenig an ihrem vorderen Ende, welches die Wand des tubo-tympanalen Raumes eindrückt. Auf der medialen Seite ist die Hammerfläche völlig glatt, während die laterale nur wenig ventral von der Incusarticulation einen Kamm zeigt, der von ihrem vorderen Ende bis zum Kaudalrande des Corpus verläuft. Außerdem befindet sich an der Übergangs- stelle in das Manubrium ein kleiner, nach außen und vorn gerichteter Knorpelfortsatz (Processus lateralis), der sich gegen das Trommelfell stemmt. Dieses ist als dünne Bindegewebsplatte angelegt, in die das Manubrium mallei eingebettet ist. Am Incus lassen sich mit großer Deutlichkeit drei Teile unterscheiden: ein Corpus, das ventral imd vorn die Gelenkfläche für die Artikulation des Hammers trägt, ein Processus 1 o n g u s und ein Processus brevis. Das Corpus ist vorn ziemlich stark verbreitert und von der Ventralseite her etwas ausgehöhlt. Diese orale Verbreiterung sitzt in dem tief eingeschnittenen Sattelgelenk des Hammers. Von dem dorsal hinteren Ende des Corpus aus geht der Processus brevis, der als kurzer, nahezu drehrunder Stab nach hinten verläuft und sich in die Fossa incudis zwischen das Tuberculum tympani und die Crista parotica legt. Der Processus longus erreicht einen erheblich größeren Durchmesser. Er geht ventral vom hinteren Ende des Corpus ab, zieht zunächst nach hinten und biegt darauf in medialer Richtung um und endet mit einern Knopf. Hier befindet sich die Anlagerungsstelle für deii Stapes, 31 Der Steigbügel zeichnet sich durch seine kleine, gedrungene Form aus. Der Stiel ist kurz imd sehr breit, in der Mitte nur von einem winzig kleinen Foramen durchbohrt, durch das noch em Überrest der Arteria stapedialis hindurchzieht. In kaudaler Richtung schließt sich an den Stiel noch em kurzer Knorpelfortsatz an, der zum Ansätze des Musculus stapedius dient. Die Fußplatte des Steigbügels ist breit rmd massiv und liegt in die Fenestra vestibuli eingebettet. Sie füllt diese aber nicht völlig aus, rund herum ist noch ein Streifen Bindegewebe zu sehen. B. Vergleichender Teil. 1. Neurocranium. a. Regio ethmoidalis. Praecerebraler Teil der Nasenkapsel. Betrachten wir unser Modell von vorn, so fällt sofort der sehr vollständige orale Abschluß der Nasenkapsel auf. Dorsal, ventral und oral wird der vorderste Teil der Nasenhöhle von Knorpel- massen umschlossen. Vergleichen wir diese Region mit den am weitesten oral gelegenen Partien der Primordialcranien anderer Wirbeltiere, so sehen wir im allgemeinen, wie von den niederen zu den höheren der Knorpel an Vollständigkeit verliert. Bei Lacerfa, Echidna, den Marsupialiern und auch bei Canis ist das knorpelige Schnauzengerüst recht vollständig, bei Sus, Lepus, den Cetaceen, Sirenen und Primaten dagegen erheblich lückenhafter. Trotzdem wäre es falsch, wollten wir hieraus einfach schließen, daß das Knorpelgerüst der Schnauze bei höheren Säugern die Tendenz zeigt, mehr und mehr zu schwinden ; denn es sind die verschiedensten Faktoren, die hierzu beitragen. In erster Linie ist da die Beweglichkeit der Schnauze, die mit ihrer Beanspruchung als Spür organ zusammen- hängt, anzuführen, die zum Schwunde des Knorpelskeletts beiträgt. Sie kann bewirken, daß Teile des Knorpelseptums atrophieren, wodurch es dann zu der Bildung einer Fenestra septi kommt, wie Echidna sie besitzt. Auch Teile des knorpeligen Nasendachs können membranös werden, wie die Bildung der Fenestra superior nasi bei Lepus zeigt. Als weitere Ursache für den Schwund der oralen Knorpelpartien müssen wir auch das Vorkommen sehr starker I n c i s i v a oder M a x i 1- 1 a r i a auffassen, wie etwa bei Lepxis, wo die ersteren den Nagezähnen als Unterlage dienen. Meist wird in solchen Fällen der zum Schwund gebrachte, basale Knorpel auch ontogenetisch nicht mehr angelegt. In stärkerem Maße als bei Lepus trägt bei Cetaceen und Sirenen das Aus- wachsen der Maxillaria und Incisiva zur Rückbildung des knorpeligen Nasengerüstes bei; dort bleiben von der Umwandung des respiratorischen Teils der Nase nur kleine Partien des Dachs und der Seiten- wand erhalten. Im allgemeinen kann man sagen, daß das vollständige Schnauzenskelett den ur- sprünglicheren Zustand darstellt, doch ist es natürlich kein Kriterium für die niedrige systematische Stellung eines Säugers, da die Anpassung an eine bestimmte Lebensweise bei Vertretern aller Ord- nungen zum Schwunde des oralen Knorpels führen kann. Didelphys besitzt ein ganz besonders vollständiges Sclmauzenskelett, das auch nach vorn zu durch die sehr kräftige Cartilago cupularis — n — abgeschlossen ist. Der Einschnitt zwischen den vorderen Kupiiebi ist ganz besonders tief. Er erinnert stark an den I n t e r n a s a 1 r a u m, wie ilm P e y e r am Primordialcranium von Vifera asfis abgebildet hat, und entspricht der Stelle, an die sicli bei Reptilien der praenasale Fortsatz des Prae- maxillare legt, der den paarigen Knochen beider »Seiten zu einem medialen, unpaaren vereinigt. Über den Fortsatz selbst will ich in dem Abschnitt, der die Deckknochen behandelt, noch berichten. In der Gestaltung der F e n e s t r a n a-r i n a unseres Craniums finden sich gleichfalls die primitiven und für Säuger noch typischen Verhältnisse vor. Es ist eine Lückenbildung im vordersten Abschnitt der lateralen Nasenwand, die durch zwei von oben und hinten her einspringende Fortsätze unvollständig in zwei Einzelöffnungen zerlegt wird. Die gleichen Verhältnisse finden wir bereits bei Rana fmca, so daß also in der Wirbeltierreihe die Fenestra narina einen sehr konservativen Charakter zeigt. Schon dieses Tier (siehe G a u p p s Modell) besitzt einen von dem vordei'sten Teile der Nasenwand herabhängenden Knorpel, der die Fenestra narina unvollständig in zwei Teile teilt. In dem vorderen liegt die Ajiertura nasalis externa, durch den hinteren tritt der Ductus nasolacrimalis zur Nasenhöhle. Die beiden Öffnungen dienen also bei Rana dem Durchtritt derselben Organe wie bei Säugetieren, was ilire Gleichwertigkeit belvräftigt. Bei Sauriern ist diese Zweiteihmg vollständiger geworden. Ein vom vordersten Teil der Nasenwand nach unten verlaufender Knorpelfortsatz (Processus a 1 a r i s s u jj e r i o r) umfaßt die Apertui'a nasalis externa von hinten. Diesejn steht ein vom vordersten Teil des Nasenbodens nach hinten verlaufender und etwas aufbiegende! Fortsatz (Processus a 1 a r i s i n f e r i o r) entgegen, der die Apertura von unten her umfaßt. So trennen diese beiden Fortsätze die Nasenöffniuig fast vollständig vom hinteren Teil der Fenestra narina. Wir haben also hier bereits genau die gleichen Verhältnisse wie bei Säugetieren: die unvoll- ständig zweigeteilte Fenestra und die beiden Fortsätze. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß in der hinteren Öffnung bei Sauriern und Schlangen nicht die Ausmündung des Ductus naso- lacrimalis liegt. Bei Schlangen ist sie zum Ductus nasopalatinus hin verschoben, bei Sauriern dagegen in kaudaler Richtung an eine andere Stelle verlegt. Sie erfolgt bei ihnen in gleicher Weise, wie dies unter den Säugern auch bei einzelnen Formen der Fall ist, an der Stelle, wo sich bei ihnen ganz all- gemein eine starke Annäherung des Ductus nasolacrimalis an die Schleimhaut der Nasenhöhle zeigt, d. h. kaudal von der Lamina transversalis anterior, ventral vom Maxilloturbinale. Wie bei Säugern noch nachzuweisen ist, daß diese kaudal verschobene Ausmündungsstelle als eine sekundäre aufzu- fassen ist, da im Laufe der ontogenetischen Entwicklung das oral von ihr liegende Stück des Ductus nasolacrimalis zwar angelegt wird, aber wieder obliteriert, so ist nach B o r n s Untersuchungen auch die Annahme berechtigt, daß es sich bei Sauriern um eine sekundäre Verschiebung handelt, die die Einmündimgsstelle des Tränennasenganges in die Nasenhöhle erleidet. Durch den hinteren Teil der Fenestra narina tritt hier der Ausführgang der äußeren Nasendrüse. Bei Mammalien finden wir im allgemeinen an der Fenestra narina dasselbe Verhalten wieder wie bei Rana, das man wohl als das primitive den Reptilien gegenüber ansehen darf. Im vorderen Teil der Fenestra narina liegt die Apertura nasalis externa, im liinteren bis auf einzelne abgeänderte Fälle der Zutritt des Ductus nasolacrimalis zur Nasenhöhle. Die Zweiteilung der Fenestra narina wird wie bei niederen Wirbel- tieren durch Knorpelfortsätze vorgenommen, die vom vorderen Teil der Nasenseitenwand und des Nasenbodens her die Apertura nasalis externa umgreifen. Es sind nun in manchen Fällen beide bei Sauriern vorhandenen Knorpelfortsätze ausgebildet, bisweilen ist aber der eine nicht mehr zur Entwicklung gekommen. Ganz zu fehlen scheinen die Fortsatzbildimgen nur an den Primordial- cranien von Homu, den S i r e n e n und den W a 1 e n, d. h. dort, wo die Knorpelmassen des Zoulogica. Heft 70. 5 — 34 — vordersten Nasenabschnittes am stärksten reduziert sind, wälircnd sie bei Affen noch in einzehien Fällen zu finden sind. Bei fast allen übrigen bisher untersuchten Säugerformen ist aber eine Zwei- teilung der Fenestra narina vorhanden. Bei Ornithorhynchus finden wir eine etwas abgeänderte Form ; dort verschmelzen die beiden Fortsätze miteinander, so daß die Apertura nasalis externa von einem vollständigen Knorpelringe umgeben ist, der sie gegen den übrigen Teil der Fenestra narina abschließt. Über diese Knorpelfortsätze, die G a u p p Processus alaris superior und inferior genannt hat, herrscht nun in den älteren Arbeiten, die sich mit Schnauzenknorpeln beschäftigen, eine ziemliche Unklarheit. Das liegt meiner Ansicht nach daran, daß i h r e B e z i e h u n g e n zur A j;) e r- t u r a nasalis externa und zum T r ä n e n n a s e n g a n g nicht genügend berücksichtigt wurden, und diese sind doch wohl durchaus ausschlaggebend für ihre Homologisierung. Bei S p u r g a t, der die Schnauzenknorpel einer ganzen Reihe von Säugerspezies beschreibt, befindet sich nur beim Schwein ein Hinweis darauf. Dort schreibt er: ,,Hart vor dem vorderen Ende seiner Anlief tungslinie auf dem ventralen Lateralfortsatz entläßt der kahn- förmige Knorpel eine 0,5 cm breite, dünne Knorpelspange, die ventralwärts schräg nach vorn und außen wieder zu dem freien Außenrande der au.sgeschweiften Knorpelspitze zurückverläuft und sich an diesen schräg anlegt, ohne aber dabei eine feste Verbindung einzugehen. In dem so entstandenen Dreieck liegt die Ausniündung des Ductus nasolacrimalis." Den beschriebenen Knorpelfortsatz nennt er Cartilago accessoria. Ist mir einer der beiden Processus alares entwickelt, so wird er von S p u r g a t ein für allemal Cartilago accessoria genannt, gleichviel ob es sich um den in ventraler Richtung ziehenden Processus alaris superior handelt, der die Apertura nasalis externa von hinten begrenzt, oder um den vom Boden ausgehenden Processus alaris inferior, der die Nasenöffnung von unten her umfaßt. Durch eine komplizierte Erklärung sucht S p u r g a t die Verschiebung, die um den Rand der Fenestra narina stattfinden müßte, um den einen Fortsatz in den andern überzuführen, verständlich zu machen. Er übersieht dabei ganz, daß er oft dieselbe Bildung mit zwei verschiedenen Namen belegt. Das, was er bei Lemur, Erinaceus und Nasua als Cartilago accessoria bezeichnet, ist in Wirklichkeit ein Fortsatz, den er in anderen Fällen (bei Bos, Lutra, Canis) Processus late- ralis septi cartilaginei anterior nennt oder wenigstens zu diesem rechnet. Diese verschieden benannten Bildungen entsprächen nach G a u p p s Nomenklatur beide dem Processus alaris inferior. In Fällen, wo zwei Processus alares vorhanden sind, wird der Processus alaris superior als Cartilago accessoria bezeichnet, während der Processus alaris inferior den oben erwähnten Namen trägt. Diese Namen hat Fischer bei Talpa übernommen und bezeichnet infolgedessen gleichfalls den Processus alaris superior als Cartilago accessoria, den Processus alaris inferior als Processus lateralis septi anterior. Betrachten wir in Freu n d s Arbeit ,,Z u r Morphologie des Nasenknorpels" die Figuren 10 und 11 von Thallassarctos maritimus. so wird uns ohne weiteres klar, daß auch seine Cartilago accessoria und Lamina trapezoides nichts anderes darstellen als die Processus alares. Wenn die Lamina trapezoides auch keine Aufbiegung zeigt, wie sie meist am Processus alaris inferior vorhanden ist, so weist doch ihre ganze Lage und Beziehung zur Cartilago accessoria auf die Fimktion der beiden Knorpelteile, die Zweiteilung der Fenestra narina, hin. Danmi halte ich eine Identifizierimg der Lamina traj^ezoides (Freund) mit dem Processus lateralis anterior Spurgats (beide gleich Processus alaris inferior Gaupp) für durchaus berechtigt, während der Verfasser sie wegen der völlig ventralen Lage seiner Lamina trapezoides von der Hand weist. Am Modell von Didelfhys finden wir nun, wie oben beschrieben, die Fortsätze der Fenestra narina in ihrer ursprünglichen Form wieder. Processus alaris superior wie inferior sind gut entwickelt und — 35 — treuneii fast vollständig die Öffnungen für die Apertura nasalis externa und d(>n Duc-tus nasolacrinialis voneinander. Solum nasi. Der Nasenboden von Didelphys zeigt durch die feste Verschmelzung der Laniina transversalis posterior mit dem Septuni dasselbe \^erhalten, wie es G a u p p von Echidna, B r o o m von Dasijurus und C o r d s von Perameles beschreibt. Diese Verschmelzung faßt G a u p p als sekundär auf gegenüber dem primitiven Zustand einer freien hinteren Nasenkuppel, wie sie unter den Beuteltieren Halmaturus und Trichosurus zeigen. A^ielleicht läßt sich ein Überrest der primitiven Art des hinteren Nasenabschlusses am Boden darin erblicken, daß einmal die L a m i n a trans- versalis posterior nicht am Unterrande des Septums ansetzt, und daß der Knorpel an der Verbindungsstelle erheblich dünner ist als in der Umgebung, so daß sie sich schon rein äußerlich diux-h eine deutliche, orokaudal verlaufende Rinne am Nasenboden ausprägt. (Siehe Seite 8, Figur 2.) Die Lamina transversalis anterior zeigt eine ziemlich erhebliche Breite; sie ist mit Septum und Paries verschmolzen und bildet den Bodenteil der vorderen Zona anularis. Als dritte Bildung des knorpeligen Nasenbodens bleibt noch die C a r t i 1 a g o p a r a s e p t a 1 i s zu besprechen. Sie liegt dem Unterrande des Nasenseptums in seinem mittleren Drittel an. Der dahinter liegende Teil des Paraseptalknorpels ist geschwunden, doch ist ein kleiner Überrest davon als Processus paraseptalis erhalten, der von der Lamina transversalis posterior, auf der Horizontal- lamelle des Vomers ruhend, nach vorn zieht. G a u p p bringt die Reduktion des mittleren Teils des Paraseptalknorpels zur Fixierung der hinteren Nasenkuppel in Beziehung, während V o i t annimmt, daß die vollständige Ausbildung resp. teilweise Rückbildung des Knorpels durch die stärkere oder schwächere Ausbildung des Jacobsonschen Organs bedingt sei. Beide Hypothesen vermögen nicht völlig zu befriedigen. Gegen die zuerst erwähnte sprechen () 1 m s t e a d s Befunde bei Canis, wo trotz der völlig freien hinteren Nasenkuppel ein Teil des Paraseptalknorpels geschwunden ist, gegen die letztere dagegen spricht, daß M a 1 1 h e s bei Manatus trotz völliger Abwesenheit des Jacobsonschen Organs einen Paraseptalknorpel fand, der von der Lamina transversalis anterior bis zur Lamina transversalis posterior reicht. In einer ausführlichen Arbeit bespricht Z u c k e r k a n d 1 die Schicksale des Paraseptalknorpels bei der Katze. Er fand, daß dieser vollständig knorpelig angelegt wird und von der Lamina transversalis anterior bis zur Lamina transversalis jjosterior reicht. Später aber, wenn sich der Vomer ausbildet, werden die kaudalen Partien des Knorpels, in deren Umgebung er entsteht, direkt zum Aufbau dieses Deckknochens herangezogen und verknöchern mit ihm. Nun ist in den meisten Fällen eine derartige Verwendung von Teilen des Paraseptalknorpels zum Aufbau des Vomer ontogenetisch nicht mehr nachzuweisen. Meistens wird er, wie dies auch bei Didelphys der Fall ist, gar nicht mehr vollständig zur Verknorpelung kommen. Ich halte es jedoch sehr wohl für möglich, daß uns Zuck e r k a n d 1 s Befunde bei Felis einen Hinweis geben, wie es j) h y 1 o g e n e t i s c h zum Schwunde eines Teils des Paraseptalknorpels gekommen ist, der bei Sauriern und einer Anzahl von Säugern noch eine homokontinuierliche Verbindung zwischen den Laminae transversales bildet. Bekanntlich ist der Vomer bei Reptilien noch paarig und umfaßt von der Ventralseite her die Paraseptalknorpel, während er noch keine Beziehungen zum Septum aufweist. Diese werden erst bei den Säugern erworben, wo die Vomeres beider Seiten medialwärts zusammenrücken und am Unterrande des Septum nasi miteinander verschmelzen. Eine Neu- erwerbung der Säuger ist außerdem die Beziehung des Paraseptalknorpels zum Jacobsonschen Organ, zu dessen Stütze der orale Teil herangezogen und in seiner Form weiter ausgestaltet wird. Der kaudal von dem Organ liegende Teil geht nun aber häufig zugrunde. Ich halte es für recht wahrscheinlich, — 36 — clalj diese Atrupliie dort, wo sie eintritt, (.lurch d i e V e r 8 e li i e b ii ii g tl e s V u in c r hert)ei- geführt wird, selbst wo dies ontogenetisch nicht mehr nachweisbar ist. Bei Didelphi/s z. B. reicht das orale Ende des Vomer fast genau bis an den Hinterrand des Paraseptalknorpels und stellt seine Fortsetzung am Unterrande des Septums in kaudaler Richtung dar, und genau so ist es bei einer ganzen Anzahl anderer Säuger, z. B. bei Talpa. Andererseits ist bei den Formen, wo der Paraseptal- knorjjel noch vollständig zur Ausbildung kommt, das vom Vomer umfaßte Stück meist nur in Cxestalt einer ganz dünnen Knorpellamelle vorhanden, selbst wo im übrigen der Paraseptalknorpel eine recht vollständige Ausbildung zeigt (z. B. bei Lepus). Diese Gründe scheinen mir dafür zu sprechen, daß wir in dem Vomer die Hauptursache für den Schwund des Paraseptalknorpels zu suchen haben, wenn natürlich auch der Grad der Ausbildung des Jacobsonschen Organs dabei eine Rolle spielt. Bei Manatus, wo trotz völliger Abwesenheit des Jacobsonschen Organs ein vollständiger Paraseptal- knorpel vorhanden ist, liegt dieser in dorsaler Lage zum Vomer und kommt bei dem untersuchten Stadium noch an keiner Stelle mit ihm in Berülirung. Es würde sich also beim Schwunde eines Teils des Paraseptalknorpels meines Erachtens im Prinzip um einen ähnlichen Vorgang handeln, wie ich ihn bereits bei Besjjrechung der oralen Knorpelbildungen geschildert habe, wo ich erwähnte, daß z. B. die starke Ausbildung des Incisivum zum Schwunde der basalen Knorpelteile an der Schnauzenspitze führen kann, wie dies bei Lepus, den Walen und Sirenen der Fall ist. Der Paraseptalknorpel bei iJidelphys wird also, wie ich erwähnte, nicht vollständig angelegt, und zwar verknorpeln seine oral gelegenen Teile früher als die kaudalen. Darauf dürfte es auch zurückzuführen sein, daß Cords den hintersten Abschnitt des Jacobsonschen Organs bei Perameles ohne knorpelige Umhüllung fand. Genau die gleiche Beobachtung machte ich nocli bei Stadium II, während bei Stadium I der Knorpel das Jacobsonsche Organ in kaudaler Richtung um ein kleines Stück überragt. Daß bei manchen Formen (Canis, Didelphjs) der hinterste Teil des Paraseptalknorpels als kleiner Processus parasep- talis erhalten bleibt, glaube auch ich, wie H o n i g m a n n dies tut, darauf zurückführen zu müssen, daß er durch seinen Zusammenhang mit der Lamina transversalis posterior einen festeren Halt besitzt. Der Paraseptalknorpel besitzt bei Dklelphys eine eigenartige Form. Wie ich schon oben beschrieb, setzt sich die mediale Lamelle der Rinne, in welcher das Jacobsonsche Organ liegt, in oraler Richtung am Septum fort, so daß wir sie als schmalen Fortsatz nocli dort finden, wo das Knorpel- skelett der Nase bereits allseitig geschlossen ist. (Siehe Seite 7, Figur 1.) Einen ähnlichen Fortsatz beschreibt B r o o ni bei Dasyurus, Fisch e r bei Talpa mit den ^^^)rten: „Die innere Wand der Rinne geht — jetzt aber ziemlich flach geworden — neben dem Septum weiter nach vorn, verschmilzt mit ihm und bildet noch eine Strecke weit innerhalb der zur Röhre geschlossenen Schnauze eine kleine Hervorragung am Septum." Nachdem ich die ontogenetische Entwicklung des Schädels genauer studiert habe, glaube ich nicht, daß diesem Knorpelfortsatz eine größere Bedeutung beizumessen ist. Er entsteht sehr spät, erst auf Stadium II ist er deutlich zu sehen, und wächst vom oralen Ende der medialen Lamelle des Paraseptalknorpels aus nach vorn. Eine Verschmelzung mit dem Septum, wie sie bei Talpa vorhanden ist, zeigt sich nirgends; in seiner ganzen Länge ist der Fortsatz durch Perichondrium von ihm getrennt. Auf eine andere Bildung am Paraseptalknorpel möchte ich noch hinweisen. Es ist dies der Stab, den B r o o m ,, Outer bar of Jacobson's organ" nennt, und den er als rudimentäre Muschelbildung des Jacobsonschen Organs auffaßt, wie Echtdna und Ornithorhi/nchus sie besitzen. Daß hiervon bei Didelphjs keine Rede sein kann, zeigen deutlich die Figuren 12 und 13. Um von einer Muschel sprechen zu können, müßte dieser Stab irgendwelche Beziehungen zu dem Schleimhautwulst besitzen, der in das Jacobsonsche Organ hineinragt; dies ist aber nicht der Fall, 37 — M-itillofurb Duct n^sp/scr. -AußcreWänddCurt ■ Carl p^rsr,cpt Adif Jacobs. Jncisivum ÜucL ndbop^i. Fitr. 12. Schnitt durcli den Diulus lui.sopalaliiius. SiTio I. Vei'f^r. 22,.") : I. sondern es handelt sicli mir um eine Knorpelumwandung des Eintritts des Ductus nasopalatinus in das Jacobsonsche Organ. Eine Besonderheit der Marsuj^ialier ist diese Bildung auch durchaus nicht, sondern sie stellt nichts anderes vor als den von V o i t bei Lepus beschriebenen Knorjjelstab, der dicht hinter der Eingangsöffnung die Rinne des Paraseptalknorpels auf eine ganz kurze Strecke zum Rohr schließt. S jni r g a t beschreibt dieselbe Bildung bei Erinaceus und Nasua rufa, C h r i s t i e Linde ganz allgemein bei Insektivoren. Paries nasi. Von der Außenseite tler Nasenwand im praecerebralen Teil ist wenig zu erwähnen. Dem oben be- schriebenen kleinen Kamm kommt eine besondere Bedeutung wohl nicht zu. Medial legt sich ihm der Unterrand des Nasale, lateral der ()berrand des Incisivum an. Vom Nasenseptum möchte ich nur erwähnen, daß der Knorpel an keiner Stelle eine Verdünnung oder gar eine Lückenbildimg zeigt, wie dies z. B. bei Echidna und Lepus der Fall ist. Dies spricht ebenso wie die sehr starke knorpelige Ausbildung des Knorpelgerüstes für die geringe Beweglichkeit der Schnauze. Inneres der Nase. Im vordersten Abschnitt zeigt die Iimenseite der Nasenwand die vorher beschriebene, vorläufig recht geringe Skulpturierung. Das M a x i 1 1 o- und das A t r i o t u r b i- n a 1 e zeigen in Lage und Ausbildung eine vollständige Übereinstimmung mit anderen Formen, und auch der von G a u p p vertretenen Homologisierung des ersteren mit der Muschel der Reptilien schließe ich mich in allen Stücken an. Das N a s o t u r b i n a 1 e ist bei dem vorliegenden Stadium I noch nicht angelegt, seine Ausbildung erfolgt also bei Didelphys ontogenetisch sehr spät, denn erst auf Schnitten der Serie 0, wo die Ethmoturbinalia schon fast völlig verknöchert sind, ist es in Gestalt einer sehr kleinen Knorpellamelle zu sehen. Obgleich das Nasoturbinale an unserem Modell noch fehlt, sind der Processus uncinatus und tlie Crista semicircularis bereits voll ent- wickelt, was deutlich für ihre völlige Unab- hängigkeit von dieser Muschel spricht. Die Pars olfactoria des knorpeligen Nasenskeletts zeigt in allen Stücken die von V o i t beim Kaninchen beschriebene Konfiguration , wie schon aus dem beschreibenden Teil hervor- geht. Auch auf die Entwicklung der Nasen- muscheln brauche ich nicht ausführlich einzu- gehen, denn sie geht ganz so vor sich, wie Peter und V o i t dies vom Kaninchen beschrieben haben. Im Gegensatz zu den Untersuchungen Blendingers möchte ich nur nochmals hervorheben, daß die Entwicklung der von ihm Cribralsäcke genannten Ausstülpungen des Nasensackes regelmäßig von vorn nach h inten zu erfolgt, und SchiiUt durrli das Jinolisonsclu' Organ. Serie I. VergT'. 22.5 : 1. 38 — außerdem daß Didelp/i(/s deren im E,eces«us 1'roiitali.s (Procribrum F 1 e i s c li m a n n) am aus- gebildeten Primordialcranium vier (drei nach Blendinge r) besitzt. Die Zerlegung des Kecessus frontalis tritt erst ein, nachdem die Endoturbinalia gebildet sind, ebenso wie das Ecto- turbinale erst nach Entwicklung der medialen Muschelreihe entsteht. Was diese letztere betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, daß die beiden ersten Riechwülste nicht zusammen einer Muschel angehören. Sie entstehen getrennt und setzen weit voneinander entfernt an der lateralen Nasenwand an, sind also jedes als ein selbständiges Ethmoturbinale zu bewerten. Wir finden hier einen Fall, der nicht mit S e y d e 1 s Ansichten in Einklang steht. Dieser stellt nämlich bei den von ihm unter- suchten Säugern fest, daß bei allen denjenigen, die vier mediale Riechwülste besitzen, die beiden ersten durch eine gemeinsame Ursprungslamelle mit der Nasenseitenwand in Verbindung stehen, d. h. einer einzigen Muschel angehören. Ja, er spricht direkt den Satz aus: ,,D. h. also, bei den Mammaliern, die neben dem Nasoturbinale vier dem Septum benachbarte Riechwülste besitzen, bestehen drei Hauptmuscheln". Auch ein erwachsener Schädel von Thylacinus cynocephalus zeigte die Endoturbinalia in der gleichen Anordnung, das erste und das zweite weit voneinander entfernt und jedes selbständig an der Nasenseitenwand ansetzend. Das gleiche Verhalten fand ich an einem Schädel von Macropus giganteus. Der Befund an einem H.almaturuss,ch^&^Q\ wich dagegen von dem vorher beschriebenen erheblich ab. Dort ist der Ansatz des ersten und zweiten Riechwulstes an der Siebplatte gemeinsam mit einer einzigen Ursprungslamelle, und so ziehen sie auch noch ein Stück an der Nasenseitenwand nach unten. Dann teilt sie sich allerdings, und wie zwei selbständige Ethmo- turbinalia verlaufen sie sehr dicht nebeneinander bis zur Sammelleiste. Wir sehen also, daß in der Gruppe der Marsupialier die Nasenmuscheln kein einheitliches Verhalten zsigen. G a u p p hat nachgewiesen, daß die S i e b p 1 a 1 1 e nicht in der Ebene der ursprünglichen Feuestra olfactoria liegt, wie sie bei Reptilien noch den oberen Abschluß des kaudalen Nasenabschnitts bildet, sondern ventral von dieser und zwar in einem Gebiet, das bei den Nichtsäugern noch dem Nasenrauni selbst angehört. Hierdurch verleibt die Siebplatte ein ursprünglich zur Nase gehöriges Gebiet (Recessus supracribrosus) dem Schädelcavum ein. Ein recht deutlicher Beweis hierfür ist neben dem Verlauf des Nervus ethmoidalis in der Lage der Siebplatte an unserem Cranium zu finden. Der dorsale Rand des Septum ragt zwar nur im Gebiet der kräftig entwickelten Crista galli über den Ansatz der Siebplatte hinaus, doch sieht man an ihrer oralen und kaudalen Begrenzung deutlich die Ventral- lageiung gegenüber der eigentlichen Fenestra olfactoria. Die Begrenzung dieser letzteren hätten wir kaudal am Vorderrand der Lamina infracribrosa, lateral am Limbus paracribrosus und oral an dem Grenzwulst gegen das präcerebrale Nasendach anzunehmen. Der Hinterrand der Siebplatte liegt nun ganz deutlich tiefer als der Vorderrand der Lamina infracribrosa, der daran stößt. Erheb- licher noch erscheint der Niveauunterschied am oralen Ende der Lamina cribrosa. Sie setzt nicht an dem Grenzwulst selbst an, sondern erstreckt sich ventral von diesem noch ein Stück weit nach vorn bis in den vordersten Teil des Recessus frontalis. Besonders deutlich zu sehen ist sie an einem Schnittbilde (Figur 14), das der Serie 0 entnommen ist. Hier liegt unter dem völlig intakten Knorpel- Kig. li. öchniii durch den oralen Teil dw Subplaiic. öeriü 0. Vurgr. 2,5 : 1. tlach der Nase das orale Ende der Tec/um /ijsi loöas Nassle Conchd front Cnsta semicirc- 39 — Lobi olfactorii juit den abgehenden Fila, und zwischen diesen die Knorpelbrücken der Siebplatte. Die Entwicklung der Lamina cribrosa beginnt mit der Anlage der Crista intercribrosa. Sie ist bereits völlig fest und solide vorhanden und medial mit dem Nasenseptum, lateral mit dem Limbus paracribrosus verbunden, ehe noch eine Spur der übrigen Knorpelbälkchen ent- wickelt ist. So grenzt sie an unserem Nasenmodell von Serie II (siehe Tafelfigur 6) den noch ganz leeren Recessus frontalis gegen den Recessus ethmoturbinalis ab, der hier erst die drei ersten Endo- turbinalia enthält. Die Crista intercribrosa entspricht der Insertion des Ethmoturbinale I an der Siebplatte. Letztere, wie überhaupt der ganze subcerebrale Teil der Nasenkapsel, zeigen eine recht bedeutende Längenausdehnung, die ganz gewiß mit der enorm starken Ausbildung der Lobi olfactorii am Gehirn zusammenhängt und Hand in Hand geht. Ziehen bezeichnet das Gehirn von Dklelphys als ,,m a k r o s m a t i s c h im höchsten Maße". Die Ethmoturbinalia sind zwar nicht wie bei Ecliidna stark vermehrt, aber sehr kräftig ausgebildet imd auf einen verhältnismäßig großen Raum verteilt. In dem Stadium, das unser Modell I zeigt, besitzen sie zwar noch nicht die Entfaltung, die sie am knöchernen Schädel erlangen, sind aber sämtlich schon angelegt und knorpelig gestützt. Ihre Ursprimgslamellen stehen senkrecht auf der Siebplatte; sie haben vertikale Richtung, und die Lamina cribrosa liegt fast horizontal imter dem Lobus olfactorius. Der Grund für diese Erscheinung ist wie bei Eckidna in der starken Ausbildung des Geruchsorgans zu suchen. Nach h i n t e n zu gegen die Schädelhohle besitzt, wie ich oben beschrieb, die Nasenkapsel keinen vollständigen knorpeligen Abschluß, sondern es befindet sich jeder- seits vom Septum eine ovale Lücke in der C\ipula posterior, die durch Bindegewebe ausgefüllt ist. Dorsal davon ist das Septum mit der Lamina infracribrosa, ventral mit der Lamina trans- versalis posterior fest ver- schmolzen. (Siehe Figur 15.) Bei Musterung der jüngeren Stadien sehen wir, daß diese Lücken überall, auch bei Didel- phys IV, bereits vorhanden sind. Es kann sich also nicht um eine Rückbildungserscheinung des Knorpels handeln, die auf das Alter des Stadiums I zurückzu- führen wäre. Nun hat, wie ich oben schon ausführte, G a u p p die Ansicht ausgesprochen, daß wir d e n Zustand an der Nasenkapsel der Säuger als primitiv aufzufassen haben, wo die hintere Kuppel wie bei Reptilien völlig frei vom Septum ist. Diese Verhältnisse haben sich bei Lepus erhalten. Den entgegengesetzten, d. h. eine feste Verbindung der ganzen Cupula posterior nasi mit dem Septum, und zwar an seiner Dorsal-. Kaudal- und Ventralseite, finden wir bei Echidna und Perameles. Über- gänge zeigen Canis und Talpa, wo dorsal die Verschmelzung zwischen Lamina infracribrosa und Septum bereits eingetreten ist, die kaudalen und ventralen Knorpelpartien der Cupula dagegen noch keine Verbindung mit ihm zeigen vmd durch einen breiten Spalt von ihm getrennt sind. Die Ver- hiUtnisse, wie sie bei Didelpliys vorhanden sind, haben wir nun meines Erachtens als weiteres Zwischen- Cup posf. n3si Duc/. njsofi/iar.. froriljle A/j orbit. La in inj IfifräLrib. Ijm. trjnsv/jost /'ä/^firium Mäxiflare Fig. 15. Schnitt diircli die hiiitcie Xaseiikiippel. Serie III. Vi-r^r. : 1. — 40 — Stadium zwischen der freien und der fixierten C'upula aufzufassen. Außer dem Nasendach ist hier auch der Boden mit dem Septum verschmolzen, während sein Hinterrand noch frei bleibt. Die nächste Stufe stellt nun Echidna dar, wo auch diese letzte Verschmelzung eingetreten ist. b. Orbitotemporalregion. Vorderer Teil der Orbitotemporalregion. Ala orbitalis. Die eigentliche Ala orbitalis zeigt keinerlei Besonderheiten. Sie ist eine recht kräftig entwickelte, nach außen konvexe Platte, die mit der Nasenregion durch die breite Commissura spheno-ethmoidalis verbunden ist; nach der Ohrregion zu setzt sie sich homokontinuierlich in die Commissura orbito-parietalis fort, die an Breite bedeutend gegen den Orbitalflügel zurücksteht. In der Gegend des Orbitalflügels ist das Schädelkavum nicht ganz so breit wie oral und kaudal davon, durch ihn kommt gewissermaßen eine Einschnürung der Schädelhöhle zustande. Dadurch, daß der Oberrand der Ala orbitalis in medialer Richtung ein wenig umbiegt, erhalten die am weitesten lateral gelegenen Gehirnpartien eine Überdachung. Durch ihren Anschluß an die basale Knorpelmasse zeigt jedoch die Ala orbitalis von DidelpJiys einen fundamentalen Unterschied von den übrigen bisher bekannten Säugerprimordialcranien mit Ausnahme von Perameles: sie ist nur durch eine einzige Wvu'zel mit ihr verbunden. Diese Besonderheit kommt den Marsupialiern ganz allgemein zu, wie man auch an den allerdings durchaus nicht einwandfreien Abbildungen von B r o o m s Modellen von Trichosurus und Dasyurus erkennen kann. Das Fehlen einer zweiten Wurzel der Ala orbitalis, d. li. eines kaudalen Abschlusses des Foramen opticum, bedeutet für die Konfiguration des Schädels den Zusammenfluß des Foramen opticum mit der Fissura orbitalis superior. Diese Eigentümlichkeit zeigen auch ganz allgemein alle erwachsenen Beutlerschädel, so daß man sie von jeher als Besonderheit dieser Ordnung erwähnt findet. Ein Zusammenfließen der beiden erwähnten Lücken findet sich außer bei ihnen noch bei einer ganzen Anzahl erwachsener Monodelphierschädel, z. B. bei den Pinnipediern. Doch ist diese Vereinigimg zum mindesten nicht in allen Fällen auf ein Fehlen der hinteren Ala orbitalis- Wurzel (Pila metoptica) schon im embryonalen, knorpeligen Zustand zurück- zuführen, denn Weber schreibt (p. 47): ,,Eine schmale Knochenbrücke deutet zuweilen noch eine Trennung der Löcher an." Bei Echidna und Omithorhynchus dagegen fehlt die Pila metoptica auch ganz allgemein. Zwar besitzt Echidna eine zweite Wurzel für die Ala orbitalis in der Taenia clino- orbitalis, doch ist diese der Pila metoptica nicht vergleichbar. Sie bildet nicht die kaudale Begrenzung eines eigentlichen Foramen opticum, durch das nur der Opticus austritt, sondern eines Foramen pseiido-opticum, wie G a ;i p p es nennt, durch das außer den Sehnerven der Oculomotorius den Schädelraum verläßt imd in die Orbita eintritt. Bei Didelphys wie bei allen Beuteltieren zieht der Opticus gemeinsam mit dem Oculomotorius, Trochlearis, dem ersten Aste des Trigeminus und dem Abducens durch die Fissura orbitalis superior aus dem Schädelraum in die Augenhöhle. Recht interessant zu verfolgen ist die Ausbildung, die die W u r z e 1 der Ala o r b i t a 1 i s im Laufe der ontogenetischen Entwicklung erfährt. Bei den jüngsten Stadien ist sie genau so gebildet, wie wir sie bei allen übrigen bekannten Säugern finden. Als schmaler, in seiner ganzen Ausdehnung ziemlich gleichmäßig breiter und dicker Knorpelstreif ist sie homokontinuierlich mit dem Basal- knorpel (Mnerseits und der Ala orbitalis andererseits verbunden, und zwischen ihr und der Cartilago spli('ni)-ctlinini(|;ilis einerseits und der hinteren Nasenkuppel andererseits liegt die in iiirer ganzen — 41 — Länge ziemlich gleich breite Fissura orbito-nasalis. In genau dei-selhen Konfiguration fiiulen wir diese Knorpelteile an den Chondrocranien von Lepus, Sus uml (\ims. Mit Einsetzen der Verknöche- rung aber gewinnt die Wurzel eine bedeutend kompliziertere Form, wie wir sie an unserem Modell deutlich sehen können. (Tafeltigur 3.) Ein wenig lateral vom Ansatz an den Basalknorpel entwickelt sich zunächst ein kleiner Fortsatz, der in kaudo-oraler Richtung nach vorn zieht und sich der hinteren Nasenkujipel stark nähert. Er ist hier noch nicht mit ihr verschmolzen, aber nur noch durch das Perichondrium von der noch knorpeligen Nasenkapsel getrennt. Fischer fand denselben Fortsatz an einem größeren Entwicklungsstadium von Talpa, und nach der von L u seh k a für Honu) eingeführten Bezeichnung benannte er ihn Ala minima. Durch diesen kleinen Fortsatz findet bereits eine Zweiteilung imd ein teilweiser Verschluß der Fissura orbito-nasalis statt, der im Laufe der Ent- wicklung immer weiter fortschreitet. An unserem Modell hat die Ala orbitalis- Wurzel aber bereits noch eine andere Ausbildung erfahren, die diesem Verschluß Vorschub leistet. Betrachten wir einmal den medial von der Ala minima gelegenen Wurzelteil, zwischen ihr und der Schädelbasis. (Tafelfigur 1.) Wir sehen einen kurzen, plattenförmigen, breiten, ebenfalls bereits verknöcherten Fortsatz, der sich der Hinterwand der Nasenkapsel, die sich noch in knorpeligem Zustande befindet, ganz dicht bis zur Berührung anlegt. Auch dieser zeigt am Modell noch ein ihn von der Nasenkapsel trennendes Peri- chondrium. Auf dem nächsten Stadium aber, wo auch die Nasenkapsel bereits verknöchert ist, können wir von einer trennenden Zone nichts mehr erblicken. Wir finden bereits die vom erwachsenen Schädel her bekannte Verwachsung des Keilbeinkörpers mit der Hinterwand der Nasenkapsel. Diese Ausgestaltungen deuten darauf lün, wie die eben beschriebene Verschmelzung zustande kommt, die am knöchernen Säugetierschädel ganz allgemein zu finden ist. Fische r hat von Talpa gleicli- falls die Entwicklung der vorderen Ala orbitalis- Wurzel später Embrvonalstadien beschrieben, und wir sehen, daß sie der von mir bei Didelphys beobachteten recht ähnlich ist. Nur ein erheblicher Unterschied besteht zwischen beiden. Bei Talpa findet die Verschmelzung der Radix anterior der Ala orbitalis mit der Hinterwand der Nasenkapsel statt, wenn beide Anteile noch knorpelig sind und noch keine Spur von Verknöcherung zeigen; bei Didelphys dagegen verwächst di(> Wurzel der Ala orbitalis erst mit der Nasenkapsel, wenn beide bereits völlig verknöchert sind. Die Ursache für diesen Unterschied ist wohl darin zu suchen, daß bei Didelphys, wie wir an allen Teilen des Schädels sehen können, die Verknöcherung äußerst frühzeitig eintritt. Septum interorbitale. An das Nasenseptum setzt sich in kaudaler Richtung der mediale basale Knorpel zunächst wie ein echtes Septum interorbitale der Saurier und Vögel als sagittal stehender Knorpelbalken an. Im Gegensatz zu der verhältnismäßig großen Ausdehnung aber, während welcher das Septum interorbitale, wie es V o i t bei Lepus gefunden hat, seine typische Form behält, sehen wir es bei Didelphys nur ein ganz kleines Stückchen als sagittal stehende Platte. Der Oberrand fällt sehr schnell ab, und zugleich nimmt es erheblich an Breite zu. Zwischen den beiderseitigen Wurzeln der Ala orbitalis zeigt sich auf der Oberfläche sogar eine seichte Einsenkung. Diese dient aber nicht etwa als Unterlage für das Chiasma der Sehnerven, welches erheblich weiter kaudal dem Basalknorpel aufliegt. Trotz dieser Abweichungen von der ursprünglichen Form, wie sie die Reptilien zeigen, können wir aber das Stück des Schädelbodens von der Nasenkapsel bis kurz vor die Hvpophysen- grube dem Septum interorbitale von Sauriern und Vögeln direkt für homolog erachten. Betrachten wir einmal die Ventralseite des Schädels, so sehen wir fast von der H}^ophysengrube an, nach voin ziehend und oral direkt in das Nasenseptum übergehend, einen ganz deutlichen Kiel, der auf di(^ einstige sagittale SteUung des Mittelbalkens noch hindeutet, (lanz besonders deutlich kr)iineii wir Zoologica. Heit 7o. G — 42 — diese Bildung ;m tlen jüngsten Stadien, die mir zur Verfügung standen (III und IV) selien (siehe Seite 13, Figur 5), wo das Septum interorbitale einen etwa -sagittal gestellten, oben abgeplatteten und an den Seiten etwas verdickten Körper darstellt, der ventral mit einem ganz deutlichen, spitzen Kiel versehen ist, welcher kurz vor der Hvpophysengrube verstreicht. Recht bezeichnend für die Richtigkeit der Homologisierung ist ferner der Umstand, daß die Wurzeln der Ala orbitalis gerade am oberen Rande des Knorpelbalkens ansetzen, genau so wie das Solum supraseptale von Lacerta am Septum interorbitale. Recht gut vergleichbar den Verhältnissen bei Didelfliys sind die, welche Lepus zeigt. Auch dort sehen wir das Septum interorbitale zunächst zwischen den hinteren Nasen- kuppeln beider Seiten als sagittal stehende Platte, deren dorsaler Rand schnell in kaudaler Richtung abfällt. Die ventrale Kante dagegen behält ihre zugespitzte Form als Kiel, genau so wie bei Didel- fhys bei, der erst kurz vor der Hypophysengrube verstreicht. Im Laufe der ontogenetischen Ent- wicklung verlieren sich bei Didelfhys die Ähnlichkeiten des basalen medialen Knorpelbalkens mit dem Septum interorbitale der Reptilien immer mehr. Mit zunehmendem Alter wird der vorher so deutliche ventrale Kiel immer flacher, und schon an unserem Modell ist er kaum noch und zwai' nur im vordersten Teile des Septum interorbitale zu entdecken. Hinterer Teil der Orbitotemporalregion. Trabekelplatte. Die Fortsetzung des Septum interorbitale in kaudaler Richtung, die Trabekelplatte, zeigt wenig Besonderheiten. Auffällig ist nur zunächst ihre frühe Verknorpelung, später ihre verhältnismäßig frühzeitige Verknöcherung. Bei meinem jüngsten Stadium, einem Köpfchen von 4 mm Länge, an dem sowohl die Nasenkapsel als auch die Ohrkapsel noch zum großen Teile vorknorpelig sind, ist doch der Balkenboden bereits vollkommen solide. Er zeigt keinerlei Andeutung einer paarigen Anlage oder einer anderen Art selbständiger Verknorpelung mehr. Von einer Fenestra hypophyseos ist nicht das Geringste mehr zu entdecken. An imserem Modell ist die Trabekelplatte zum größeren Teile bereits verknöchert. Ala temporalis. Die Ala temporalis des Schädels von Didelpliys unterscheidet sich in ihrer großen Einfachheit ganz wesentlich von den zum Teil höchst komplizierten Bildungen höherer Säuger. Wie ich schon früher ausführte, können wir an ihr zwei streng voneinander getrennte Teile unterscheiden, einen knorpeligen und einen knöchernen Anteil. Beide sind denkbar einfach gebaut. Der knorpelige Teil entspringt lateral von der Hypophysengrube an der Balkenplatte, mit der er in breiter Linie homokontinuierlich verbunden ist. Er ist sehr kurz und zieht in lateraler imd ein wenig ventraler Richtung von der Trabekelplatte ab. Seine lateral vordere Ecke besitzt einen Ausschnitt, der gerade noch einen Teil des Foramen rotundum für den zweiten Ast des Trigeminus bildet. Geschlossen wird dieses durch den knöchernen Teil der Ala temporalis. Fragen wir uns nun, inwiefern diese einfache Bildung der Ala temporalis anderer Säuger vergleichbar ist, so kommen wir zu dem Schluß, daß wir hier ein Homologon des Processus alaris der Schädel höherer Säuger vor uns haben. Das können wir aus folgenden Überlegungen schließen. Der Processus alaris verknorpelt in engem Anschluß an die Balkenplatte und zeigt nicht die große Selbständigkeit wie die Lamina ascendens und die Lamina pterygoidea. Dies ist auch bei der knorpeligen Ala temporalis von Didel- fhys der Fall. Die laterale Grenze des Processus alaris finden wir (ich ziehe hier zum Vergleiche Lepiis heran) dort, wo der Ala temporalis der zweite Ast des Trigeminus aufliegt, um bald darauf aus dem Caviim epijjtericum auszutieten. Der medial davon liegende erste Ast des Trigeminus zieht — 43 — bis zum Verlassen des Cavum epiptericum direkt über den Processus alaris hinweg. Dem lateralen Teile der knorpeligen Ala liegt das Ganglion semilunare auf, zum Teil allerdings auch noch dem knöchernen Anteile des Temporalflügels. Typisch ist ferner seine einfache, ungegliederte Gestalt. Bei jüngeren Stadien zeigt die Ala temporalis an ihrer Ventralfläche allerdings noch einen kleinen Knorpelhöcker, den Gaupp auf Abbildungen von Perameles in seiner Arbeit ,,S ä u g e r p t e r y g o i d und E c h i d n a p t e r y g o i d" als Processus pterygoideus bezeichnet hat. Da der Fortsatz im Laufe der späteren Entwicklung wieder rückgebildet wird und nicht mit dem Pterygoid verschmilzt, da er ferner nach meiner Homologisierung zum Processus alaris und nicht zur sekundären Ala tem- poralis gehört, so kann man ihn wohl nicht mit den bei vielen Monodelphieren auftretenden Laniina pterygoidea der Letzeren homologisieren. (Siehe Seite 46, Figur 17.) Zuerst hat die knorpelige Ala temporalis einen deutlich dreieckigen Querschnitt. Die ventrale Spitze dieses Dreieckes bildet der kleine Knorpelhöcker. Mit fortschreitender Entwicklung geht diese Querschnitts- form ganz allmählich in eine ovale über, deren größter Durchmesser eine Richtimg von dorsomedial nach ventrolateral hat. Auch an unserem Modell zeigt sich die Ala temporalis nur noch als dünne, ventral abgebogene Platte. Der Processus pterygoideus an der Ventralseite der Ala temporalis bei den Marsupialiern entspricht am Echidnacranium der Umbiegungsstelle der Ala temporalis aus der dorsoventralen in die laterale Richtung. Betrachten wir nun einmal den k n ö c h e r n e n Anteil der Ala temporalis. Er besteht aus einer flachen, nach oben konkaven, dünnen Schale, deren lateraler, oberer Rand sich von außen her über die ventrale Kante der Ala orbitalis legt. Diese knöcherne Lamina ascendens bildet, zu- sammen mit der knorpeligen Ala temporalis die ventrale mid laterale Begrenzung des Cavum epi- ptericum. Wenn nun im allgemeinen die Ala temporalis von Didelphys auch große Ähnlichkeit mit der von Perameles zeigt, so findet sich doch hier ein erheblicher Unterschied. Bei Didelphys hat die Lamina ascendens keine Spur von knorpeliger Präformation, während sie bei Perameles, wie Cords ausführt, sogar zum großen Teil knorpelig angelegt ist. Verfolgen wir ihre Entwicklung in den ver- schiedenen Altersstufen, so finden wir sie bei den jüngsten (Stadium III und IV) als verdichteten Bindegewebsstrang vorgebildet. Hierauf (Stadium II) sehen wir den Beginn der Verknöcherung und zwar dort, wo dieser an der Ala temporalis ansetzt. Schließlicli (Stadium I) erblicken wir eine ausgebildete, aber ganz dünne Knochenlamelle. Nach hinten und nach vorn zu geht diese in Binde- gewebe über, das kaudal bis zur Ohrkapsel, oral bis zur Wurzel der Ala orbitalis reicht. Hieraus erkennen wir, daß wir die Lamina ascendens genau mit der Membrana spheno-obturatoria von Echidna homologisieren können. Für die laterale Begrenzung d es F o r a m e n c a r o t i c u m gebraucht C o r d s l)ei Perameles die Bezeichnung ,,C o m m i s s u r a a 1 i c o c h 1 e a '■ i s", die auch bei G a u ]) p (lOlU, Seite .327, Figur 9) dafür zu finden ist. Unter dieser Bezeichnung versteht man nun aber bei anderen Säugern eine knorpelige Verbindung zwischen der lateralen Grenze des Processus alaris und der Vorderwand des cochlearen Teils der Ohrkajisel. Hiermit ist der Knorpelabschnitt lateral vom Foramen caroticum bei Marsupialiern aber nicht vergleichbar. Bei ihm handelt es sich ganz einfach um den lateral und kaudal vom Foramen caroticum stehen gebliebenen Knorpel, der noch zur Trabekelplatte gehört. Kaudal vom Foramen caroticum vereinigt er sich wieder mit der vor der Ohrkapsel verbreiterten Basalplatte. Deutlich ist an Stadium IV zu sehen, daß wir den Knorpel lateral von der Carotis noch der Trabekelplatte zuzurechnen haben. (Siehe Figur 16.) Wäh- rend in ihrem größten Teile schon bei diesem jungen Tier die Ala temporalis mit der Trabekelplatte — 44 Manditiulare Csrtpteryg Fig. 16. Ctjf q^sscri Tuba £ust. /'rocar/icil Msnd Mecli Kit Tymp A^andiituljre Ala femp Carotis mt Schnitt durch den Ivaudalu i Teil der Ala teinporalis (rechts Serie IV. Vergr. 22.5 : 1. liomokontiiuüerlich verbunden ist, wird sie gegen ihr kaiidales Ende von größerer Selbständigkeit. Der Beginn der Ablösung geschieht nun aber lateral vun der äußeren, knorpeligen Begrenzung des Foramen caroticum, wie wir es an dem Schnittbilde deutlich sehen können. Einen weiteren Beweis für die Zugehörigkeit der lateralen Begrenzung des Foramen caroticum zur Trabekelplatte finden wir bei dem commmiropariet. jüngstcn vou B r o o ui modellierten Schädel von Trichosurus. Dort besitzt die Ala temporalis noch einen eigenen Knorpelkern, während die Umrandung des Foramen caroticum mit der Balkenplatte homokontinuierlich ver- bunden ist. Dieses Exemplar von Trichosurus ist der jüngste bisher untersuchte Marsupialier. Daß dort das Foramen caroticum schon knor- pelig begrenzt ist, spricht deutlich dafür, daß wir es nie h t mit einer Commissura alicochlc-aris zu tun haben, da diese ganz allgemein ontogenetisch sehr spät verknorpelt. Cavum epiptericum. Die Grenzen des Cavum epiptericum haben wir ventral und lateral, wie oben erwähnt, in der Ala temporalis und Membrana spheno-obturatoria zu erblicken. Seine übrigen Grenzen haben wir dort anzunehmen, wo ein verdichteter Bindegewebsstrang sich, von der Balken- platte ausgehend, über das Ganglion seniilunare hinweg, nach dem Unterrande der Ala orbitalis zieht Dieses Bindegewebe entspricht der primären Seitenwand des Knorpelschädels. Einen derartigen Strang als Überrest der ursprünglichen Schädelseitenwand erwähnt und bildet G a u p p von Mus ab. Irgendwelche knorpelige Bildungen, die ihr entstammen, wie sie V o i t in den Restknorpeln der Orbitotemporalregion bei Lepus, G a u p p in der Taenia clino-orbitalis von Echidna gefunden hat, sind bei Biddfhys nicht vorhanden. Das Cavum epiptericum ist erfüllt von Bindegewebe, in welches Nerven eingelagert sind. Von dem Cavum supracochleare in oraler Richtung ziehend, liegt da vor allen Dingen das große, stark entwickelte Ganglion seniilunare, welches in der Orbitotemporal- region einen kleinen lateralen Anteil der knorpeligen Ala temporalis und mit seiner Hauptmasse den daran ansetzenden proximalen Abschnitt der knöchernen Lamina ascendens überlagert. Über den Hinterrand der letzteren tritt der dritte Ast des Trigeminus (Ramus mandibularis) aus dem Cavum epiptericum und damit aus dem Schädel heraus. Der zweite Ast des Trigeminus verläßt das Cavum epiptericum durch ein geschlossenes Foramen rotundum in der Ala temporalis, das, wie ich früher beschrieb, an der Grenze von Knorpel und Knochen liegt i). Der Ramus maxillaris des Trigeminus ^) Ich Ivann an dieser Stelle nicht umhin, einer von H. V u i h s 1915 ausgeführten Ansicht entgegen zu treten. Icli h.ilic IUI' in Frage kommende Arbeit (Über den Bau und die Entwicklung des Schädels von Chelone iinbricata) erst nach der AliliiiViinig meiner Arbeit (am 1. 3. 1916) in die Hand bekommen, kann daher meinen Ausführungen keinen breiten Raum nielii' liiu-aumen. Fuchs homologisicrt bekanntlich im Gegensatz zu Gaupp den aufsteigenden Teil der Ala temporalis bei den Säugern mit dem Epiplerygüid (der Coluuella) der R'.'plilien. Störend bei dieser Homologisierung war bisher der Verlauf des zweiten Trigeminusastes, der bei den Reptilien hinter der Columella, gemeinsam mit dem dritten Ast, (las spätere Cavum epiptericum verläßt, während er bei den Mammaliern über die Ala temporalis hinweg zieht. Nun glaubt F u c li s 1915 bei />(de//)/j)/sembryonen einen Verlauf des zweiten Trigeminusastes gefunden zu haben, der mit (h'Ui der Itcptiürn uheri'inslimnil. Betonen niOchlc ich. daß Fuchs glciih mii' die knorjielige Ala Icnipoi-aUs von Diilcl/i/ii/n mit dem — 4:5 — tritt duicli die Fissuni orbitalis superior aus dem Cavum epiptericum heraus. Außer dem Nervus trigeminus finden wir noch die Nervi oculomotorius, trochlearis und abducens zum großen Teil durch das Cavum epiptericum veriaufend. Sie verlassen es gleichfalls durch die Fissura orbitalis superior. So weit liegen die Verhältnisse ganz ähnlich denen, die V o i t von Lepus beschreibt; einen funda- mentalen Unterschied dagegen zeigt der Verlauf der Axteria carotis interna und die Stelle ihres Eintritts in den Schädel. Zur Veranschaulichung der Topographie dieser ganzen Gegend habe ich ein kleines Teilmodell angefertigt, das auf Tafelfigur 8 abgebildet ist. Es ist gleichfalls nach der Modellserie I hergestellt und dürfte, mit dem Modell der gleichen Region von Lepus ver- glichen, das V o i t bringt, recht geeignet sein, die Unterschiede, die sich hier zwischen Marsupialiern und Monodelphiern zeigen, zur Anschauung zu bringen. Carotis, Foramen caroticum. Ehe ich noch auf den Verlauf der Carotis bei Didelphys und den Marsupialiern eingehe, muß ich kurz zwei einander gegenüberstehende Ansichten besprechen. Es handelt sich um die Verschiedenheiten, die sich in den Bahnen der Carotis cerebralis bei Reptilien und Echidna einerseits und bei den Monodeljjhiern andererseits zeigen, und ferner um die Lage und Identität des Foramen caroticum bei diesen Gruppen. Die verschiedenen Meinungen w^erden von V o i t und von G a u p p vertreten. Bei Lacerta und Echidna tritt die Carotis durch ein Foramen caroticum in den Schädel ein, welches ein ganzes Stück medial vom Nervus abducens liegt. Sofort nach ihrem Eintritt in die Schädelhöhle begibt sie sich unter Durchbohrung der Dura Mater zum Gehirn, d. h. es führt das Foramen caroticum, das durch den trabekulären Teil der Schädelbasis geht, in das primäre Schädelcavum. Bei Lepus dagegen beobachtete V o i t einen wesentlich anderen Verlauf. Das Foramen caroticum ist dort verlegt und zwar befindet es sich hinter dem Processus alaris zwischen ihm und der Ohrkapsel. Seitlich wird es geschlossen durch die Commissura alicochle- aris, deren Verlauf ich schon früher beschrieb. Nicht immer ist eine laterale Begrenzung vorhanden, bei Siis z. B. fehlt sie. Dort erfolgt der Eintritt der Carotis in der Ecke zwischen dem kaudalen Rande des Processus alaris und der Trabekeiplatte. Lateral \^om Abducens zieht die Carotis bei Lepus in den Schädel, verläuft zunächst ein ganzes Stück durch das Cavum epijitericum, ehe sie die Dura durchbohrt, um zum Gehirn zu treten. Während dieses Stücks, das im Cavum epiptericum liegt, kreuzt sich die Carotis mit dem Abducens, d. h. sie tritt unter ihm hinweg auf seine mediale Seite, Processus alaris der höheren Säuger, den knöchernen Anteil mit ihrer Lamina aseendens homologisiert. (Siehe S, 261, l''ig. 166; S. 265, Fig. 16'Ja — c.) Nur der linöcherne Anteil wäre also dem Epipterygoid der Reptilien gleich zu setzen. Icli liann Fuchs' Bet'unile über einen vom Verhalten der übrigen Säuger abweichenden und mit den Reptilien iiber- einstimmenden Verlauf des zweiten Trigeminusastes bei DidHjihys nicht bestätigen. Fuchs selbst betont, daß sein Austritt aus dem Cavum epiptericum weit vorn, der des dritten Astes dagegen im kaudalen Teil der Membrana spheno- obturatoria erfolgt. \'on einem g e m e i n s a m e n \'erlauf der beiden Äste hinler dem Epipterygoi:!, wie wir dies bei Reptilien finden, ist also nach seinen eigenen Angaben keine Rede. Auch veranlaßt mich die weil orale Lage des von Fuchs gefundenen Knorpelslücks, hinter dem der zweite Trigemin\isast das Cavuni epiptericum verläßt, eine Homologisierung mit dem Epipterygoid von vornherein aufzuschließen. Die eigentliche Lamina aseendens ist l)ei so frühen Eiitwickluiig^stadien, wie die sind, an denen F u c h s seine Entdeckung machte, noch gar nicht entwickelt. Seine Ansichten über den abweichenden Verlauf des zweiten Trigeminusastes bei Didel/ihija liekräftigt F u c h s durch drei Schniltbilder (Fig. 169a — c). Bei richtiger räumlicher ^'orstellung des fraglichen Schädelabschnitles sprechen auch sie gegen die von Fuchs vertretene Ansicht. Eine Rekonstruktion im Kopfe nach einzelnen SchniUbildern isl aber stets eine gewagte Sache. — Ich vermag jedoch eine e i n w a n d f r e i e Stütze für meine Ansichten zu bringen und verweise nur auf meine in Tafelfigur 8 abgebildete p I a s t i s c h i> Rekonstruktion der Ala temporalis mit Nerven und Gjfaßen. Hinzufügen möchte ich nur noch, daß es sich bei dem von F u c h s als „in sagittaler Richtung wenig ausgedehnte" Anlage der Lamina aseendens gedeuteten, unbedeutenden Knorpelstreif wohl nur um die dem Processus alaris zuzuzählende vordere Begrenzung des Foramen rotundum handeln kann, die durch den Knochen der Lamina aseendens vervollständigt wird. Somit besteht der von Ga u p p erhobene Einwand gegen d'w Homologisierung der Lamina aseendens mit diMii Epipterygoid zu recht und isl nicht durch F u c h s' Befunde Ijei Didelphys lünfallig geworden. — 46 — was bei Echuhta und Lacerla niemalri der Fall ist, da dort der Eintritt in den Schädel bereits medial zum Abducens erfolgt. V o i t deutet mm den Carotisverlauf bei den Monodelphiern, von Lepus ausgehend, in folgender Weise: Er hält das Foramen caroticum der Placentalier gar nicht für homolog dem der Monotremen und Saurier und seine äußere Begrenzung, die Commissura alicochlearis, für eine Neuerwerbung der höheren Säuger. Da durch dieses Foramen die Carotis nicht in das primäre Schädelcavum, sondern zu einem längeren Verlauf in das Cavum epiptericum eintritt, so glaubt er, dieses Stück der Gefäßbahn bei Leptis sei gar nicht homolog dem gleichliegenden bei Echidna. Es müsse sich um eine ganz neue Bahn, etwa ein kollaterales Gefäß handeln, das bei niederen Tieren sehr wenig ausgebildet wäre, und das nun als einziges zur vollen Entwicklung gelange, während das ursprüngliche Hauptgefäß, das bei Monotremen und Sauriern gut ausgebildet sei, atrophiert. V o i t stützt diese Hypothese erstens durch seine Beobachtungen über den Verlauf der Carotis im Cavum epiptericum und zweitens durch die verschiedene Lage der Carotis zum Abducens. Gegen eine Ver- allgemeinerung der nur bei Lepus festgestellten Befunde wendet sich nun G a u p p (1910, Seite 337) und zwar aus folgenden Gründen: 1. hat er bei Mus vmd Talpa, die er untersuchte, einen Verlauf der Carotis durch das Cavum epiptericum nicht finden können. Sie durchbohrte sofort nach ihrem Durch- tritt durch das Foramen caroticum die Dura und begab sich zum Gehirn. 2. Es ist ein derartiges kollaterales Gefäß, wie es V o i t s Theorie bei niederen Tieren voraussetzen muß, noch bei keinem einzigen gefunden worden. G a u p p spricht nun eine andere Ansicht aus, wie die Lateralverlagerung der Carotis bei den Monodelphiern zustande gekommen sein soll. Er ist der Meinung, daß durch das Gefäß eine ,,D u r c h s c h n e i d u n g" des Knorpels stattgefunden habe, wie das in anderen Fällen schon beobachtet worden ist. Die Carotis wurde durch die Vergrößerung des Gehirns zur Seite gedrängt und wich dem Druck, in- dem sie dabei den Knorpel durch- schnitt. Ist dies der Fall gewesen, so wäre das Foramen caroticum der Placentalier homolog dem der Apla- centalier, nur durch diese Durch- schneidung in lateraler Richtimg verlagert. Der lateral begrenzende Knorpelstreif wäre der zur Seite gedrückte Rand der Trabekelplatte. Wenn ich nun auf meine Be- funde bei Didelphys eingehe, so wird zunächst einmal festzustellen seiii, ob es sich um einen primären Verlauf der Carotis, wie ihn EcliidiM besitzt, handelt oder um einen sekundären, wie er bei Lepus vorhanden ist. Wie ich im ersten Teil der Arbeit beschrieb, tritt die Carotis über die medial- ventrale Fläche der Schneckenkapscl nach oben bis in den von der Trabekel- platte imd der Cochlea gebildeten Winkel, zieht hierauf in medial-oraler Richtung weiter über die Ventralfläche der Ala temporalis und durchbohrt die Schädelbasis direkt neben der Hypophyse medial vom Ansatz der Ala an der Trabekelplatte. (Siehe Figur 17.) Ich habe diese Stelle absichtlich von meinem jüngsten Stadium abgebildet, da bei ihm alles, was in Betracht kommt, am besten zu Cotrim nrbitopancf. Ggl gössen f^psl derprim. Schädelw^ntt d /ila lemp- Fig. 17. ScIiiüU durch d;is Foramrn inrnlis. Sriic IV. N'urgr. tt.h : 1. 47 CoiTim urtiitop^ntt. sehen ist. Das Schnittbild zeigt uns den Durchtritt der hier nuch winzig kleinen Carotis interna durch die Schädelbasis. Sehr deutlich ist hier der Abschluß des primären Schädelcavum gegen das Cavum epiptericum zu sehen, als ein verdichteter Bindegewebsstrang, der lateral vom Foramen carotis an der Basalplatte ansetzt luid in bekannter Weise bis zum Unterrande der Commissura f)rbitoparietalis hinaufzieht. Demnach ist wohl ein Zweifel daran ausgeschlossen, daß das Foramen caroticum direkt in das primäre Cavum cranii führt. Diese Tatsache scheint für Marsupialier ganz allgemein zu gelten, und sie dokumentiert sich am knöchernen Beutlerschädel genau so wie an dem der Monotremen darin, daß der Eintritt der Carotis in den Schädelraum durch ein Foramen erfolgt, welches das Basisphenoid durchbohrt, während es bei Monodelphiern zwischen Basisphenoid, Ali- sphenoid und Petrosum liegt. Die einzige Ausnahme unter den Beuteltieren soll Acrobafes pygmaeus l)ilden. bei dem nach Untersuchungen von W i n c z a die Carotis zwischen Alisphenoid und Petrosum in den Schädel zieht. Nun gelangt C o r d s in der Arbeit über das Primordialcranium von Pera- meles zu dem Schlüsse, daß dort die Carotis einen ^"erlauf habe, wie bei den höheren Säugern. Sie führt als haujitsächlichstes Argument an, daß die C-arotis ,,d u r c h d a s F o r a m c n caroticum in der Wurzel der A 1 a t e m ji o r a 1 i s i n d e n S i n u s c a v e r n o s u s r e s p. d a s C a v u m e p i ])- t e r i c u m eintritt. Daß das Foramen caroticum nicht durch die Wurzel der Ala temporalis, sondern noch durch die Trabe- kelplatte geht, habe ich oben bereits ausgeführt. An älteren Beuteljimgen von Dklelfhys, auch an meiner Modellserie, ist die Konfiguration offenbar ganz dieselbe wie sie Cords von PerameJes beschreibt. (Siehe Figur 18.) Der Sinus cavernosus liegt, wie auch neuerdings S h i n d o ausgeführt hat, allerdings m\ Cavum epiptericum. Die venösen Gefäße aber, die die Carotis bei ihrem Eintritt in den Schädel umgeben, halte ich nicht mehr für den eigentlichen Sinus cavernosus. Ich führte im beschreibenden Teil schon aus, daß den Hinterrand der Hypophyse der Sinus i n t e r e a v e r n o s u s poste- rior umfaßt, der quer über die Trabekelplatte zieht imd die beiderseitigen Sinus cavernosi ver- bindet. Bei Reptilien ist in genau der gleichen Konfiguration sein Vorgänger, die Vena retrohypo- physea, vorhanden, die quer über die Trabekel hinwegzieht und eine Verbindung herstellt zwischen den Venae capitis mediales beider Seiten, also zum mindesten zum größten Teile innerhalb des Cavum cranii liegt. Da auf meinen Serien durch die fragliche Region bei Didelfhys sich die Vereinigmig der beiderseitigen Venenstämme bereits wenige Schnitte nach dem Foramen caroticum befindet, so bin ich mehr geneigt anzunehmen, daß es sich bei den erwähnten Venen in der Umgebung des Carotisloches bereits um den Sinus intercavernosus posterior oder zum mindesten um seine Ver- bindung mit dem Sinus cavernosus handelt, wo eine Entscheidung, ob sie im primären Schädelraum, oder ob sie bereits im Cavum epiptericum gelegen sind, kaum zu treffen ist. Demnach möchte ich Hypophyse Sin. iittercavempost. Sgl gasseri m Art. Carot.int äJa /emp. Duct.nasophar. Cär or/s Verirr. VI.. — 4S — dieses Kriterium ausschalten und an meiner Ansicht festhalten, wonach der Carotisverlauf bei Marsu- pialiern der primitive, bei Echidna und Reptilien vorhandene ist, zumal da ich nachweisen konnte, daß die Carotis bei Didelphys sofort in das primäre Schädelcavum eintritt. Es ist ja auch zum mindesten höchst unwahrscheinlich, daß bei Perameles. nachdem embryonal die sekundäre Lateral- verschiebung der Carotis, wie sie höhere Säuger zeigen, bereits vorhanden ist, die Arterie im Laufe der postembryonalen Entwicklung wiederum medial verschoben sein sollte, wie es sein müßte, um zu dem definitiven Foramen caroticum im Basisphenoid zu gelangen. Betrachten wir nun einmal das F o r a m e n c a r o t i c ti m selbst und seine Beschaffenheit in den verschiedenen Altersstufen. Auf dem jüngsten Stadium (siehe Seite 46, Figur 17) ist es so eng, daß es nur eben die noch winzig kleine Carotis hindurchläßt. Am Modell ist es ein klein wenig weiter, und ein kleiner Zipfel des Sinus intercavernosus posterior hängt von der Dorsalseite her hinein; es wird aber durch die Gefäße auch völlig ausgefüllt. Während die Carotis an der Ohrkapsel heraufsteigt, liegt sie ventral und lateral vom Abducens, durch den Schädelboden von ihm getrennt. Auf seine mediale Seite tritt sie etwa dort, wo sie in medial-oraler Richtung umbiegt, d. h. immer noch auf der Ventralseite der Schädel- basis, kurz hinter der Fossa hypophvseos. Der Eintritt in den Schädel erfolgt weit medial vom Abducens. Betrachten wir zum Vergleich nun einmal die Carotidenbahn des Pferdes. Die Lage des Foramen caroticum brauche ich nicht ausführlich zu schildern, sie ist genau so, wie wir sie von Lepus kennen. Das Foramen caroticum liegt hinter dem Processus alaris und wird lateral durcli die Coni- missura alicochlearis abgeschlossen. Nach dem Eintritt in das Schädelcavum durch das Foramen caroticum finden wir die Carotis eine Zeitlang im Cavum epiptericum nach vorn verlaufend, wobei sie gleich nach ihrem Eintritt einen Knick in medial-oraler Richtung macht. Während ihres ganzen intracraniellen Verlaufes, was ja allein hier in Betracht kommt, liegt die Carotis medial vom Abducens. Dieser bleibt beim Pferde während seines ganzen Verlaufes im Cavum epiptericum, dem Ganglion semilunare ziemlich eng angeschmiegt. Aus der Lage der Carotis zum Nervus abducens beim Pferde ziehe ich den Schluß, daß dieses Kriterium für eine primäre oder sekundäre Carotisbahn kein absolut einwandfreies ist. Denn im vorliegenden Falle erfolgt der Eintritt der Carotis in den Schädel medial vom Abducens, während es sich ganz offenbar um einen sekundären Verlauf handelt. Die Ursache für diese Lage beim Pferde dürfte wohl in dem engen Anschluß des Abducens an den Trigeminus und die Augenmuskelnerven liegen. Eine Serie durch den Kopf eines Embryo von Mus rattus zeigte dieselben Verhältnisse wie Lepus, wenn auch nicht in so aus- geprägter, extremer Form. Was nun die Eintrittsstelle der Carotis in das Schädelcavum betrifft, so vertrat, wie erwähnt, V o i t die Ansicht, es handle sich bei den Monodelphiern um eine Neu- bildung des Foramen caroticum, d. h. die Commissura alicochlearis wäre eine Neuerwerbung der höheren Säuger und ihr Fehlen eine Zwischenstufe zwischen dem primären und dem sekundären Foramen caroticum. G a u p p dagegen hält an seiner Ansicht fest, daß das ursprüngliche Gefäßloch nur in lateraler Richtung verlagert worden sei. Betrachten wir einmal auf Schnitten, wie diese Gegend bei Lepus (V o i t Tafel 7, Figar 19), wie bei Didelphys (Figur 17, 18) aussieht, so wird uns der Unterschied ohne weiteres klar. Das Foraraen caroticum von Didelphys, das als das primäre anzusehen ist, stellt, wie ich schon oben beschrieb, nichts weiter als ein richtiges (Jefäßloch dar, das von dem durchtretenden Gefäß auch wirklich ausgefüllt wird, und genau ebenso steht es bei Echidna. Bei Lepus dagegen erblicken wir eine weite, von lockerem Bindegewebe erfüllte Lücke, durch deren medial vordere Ecke die Carotis in den Schädel eintritt. Außer der viel größeren Weite des Foramen caroticum l)ei Lepus bestimmt mich gerade dieser letztere Umstand, die beiden Forainina cai'otica — 49 — als einander nicht homolog anzusehen. Bei Lefus tritt die Carotis durch die medial-vordere Ecke des Foramen caroticum in den Schädel, d. h. lateral und k a u d a 1 von ihr ist dieses noch weit geöffnet oder vielmehr nur durch Bindegewebe ausgefüllt. Hätten wir nun in der Commissura alicochlearis nichts anderes zu sehen, als die durch die Verlegung der Carotis lateral verschobene seitliche Begrenzung des primären Foramen caroticum, so müßte sie mit ihrem medialen Rande in nächster Nähe der Carotis liegen. Ich halte es nicht für möglich, daß die laterale Verschiebimg der Knorpelspange sich fortgesetzt hat, während die Carotis sich schon an der Stelle befand, wo sie ver- bleibt; denn gerade durch ihr Seitwärtsrücken soll ja auch die Verschiebung des Knorpels statt- gefunden haben. Ähnlich steht es, wenn man die Erwägung anstellt, daß kaudal vom Eintritt der Carotis die Lücke noch eine beträchtliche Weite besitzt. Demnach wäre, wie V o i t es verlangt, die Commissura alicochlearis als eine Neuerwerbung der P 1 a c e n t a 1 i e r anzusehen, und ihre Abwesenheit {Sus) als eine Zwischenstufe zwischen der mit dem primären eigentlichen Foramen caroticum versehenen ursprünglichen Gefäßbahn der Saurier, Mono- tremen und Marsupialier und der sekundären der Monodelphier, die auch durch ein Foramen caro- ticum in den Schädel geleitet wird, das aber mit dem der Aplacentalier nichts zu tun hat. Was nun die Art betrifft, auf die die Verschiebung zustande gekommen ist, so vermag ich ein bestimmtes, durch Beobachtungen gestütztes Urteil nicht abzugeben. Jedoch neige ich mehr G a u p p s Ansicht zu, daß es sich um eine Durchschneidimg des Knorpels durch die Carotis handelt. Freilich bin ich nicht der Meinung, daß der lateral vom Foramen carotis liegende Knorjjelteil davon verschont geblieben und mit dem Gefäß zugleich lateral verlagert worden ist, sondern ich glaube, daß die DiU'chschneidung eine vollständige war, d. h. daß die Carotis auch an seine Lateralseite verlegt wurde, sodaß wir anstatt von einem allseitig begrenzten Foramen caroticum, das die Schädelbasis durchbohrt, etwa von einer Umschlagstelle sprechen könnten, wo die Carotis um den Schädelbalken herum an seiner lateralen Kante von der Ventralseite, die außerhalb des Schädels liegt, auf seine Dorsalseite, d. h. in das Schädelinnere, eintritt. Dieser lateral und auch etwas kaudal verschobene Carotiseintritt (er liegt bei Monodelphiern hinter, bei niederen Säugern medial vom Processus alaris) führt, wenn die Lateralverschiebimg groß genug ist, nicht mehr in das primäre Schädelcavum, sondern in das Cavum epiptericum. Eine solche Konfiguration, wie die eben beschriebene, sehen wir bei Sus und Homo. Bei vielen andern Säugern, z. B. Lepus, Mus, Equus, Talpa und Canis, wird sekundär von dem eigentlich extracraniellen Raum, durch den die Carotis herauftritt, durch die Bildimg der Commissura alicochlearis ein Foramen caroticum abgetrennt, das aber mit dem primären nichts zu tun hat. Das Gebiet dieses sekundären Foramen caroticum gehört dann mit zur ventralen Begrenzung des Cavum epiptericum. c. Regio otica. Pars otica der Basalplatte. Die Basalplatte bildet den größten Teil des Schädel- bodens in der Ohrregion. Sie ist ein breiter, unpaarer, medianer Balken, der nach hinten sich in der Occipitalregion bis zum Foramen magnum fortsetzt, und der nach vorn zu in die Trabekelplatte der Orbitotemporalregion homokontinuierlich übergeht. Etwa in der Mitte der Ohrkapsel besitzt sie die geringste Breite und wird hier durch einen schmalen, bindegewebig verschlossenen Spalt von der Ohrkapsel getrennt, durch den mehrere kleine Venen hiudurchtreten. Nun ist es eigen- artig zu beobachten, daß dieser Spalt, die Fissura basicochlearis, erst eine sekundäre Bildung ist, von der bei dem jüngeren Stadium III noch nicht das Geringste zu sehen ist. Während bei Serie I Zoolo^ica. Heft 'iD. 1 — 50 — (siehe Seite 18, Figur 6) auch vor und hinter ihr das Knorpelgewebe der Ohrkapsel gegen das der Basalplatte sich durch ein deutliches Perichondrium abgrenzt, findet man bei Serie III noch nichts dergleichen. Dort geht der Knorpel des Ohres in den des Schädelbodens in seiner ganzen Ausdehnung homokontinuierlich über. Bei II sehen wir bereits ein trennendes Perichondrium, und bei I ist zwischen der schon verknöcherten Basalplatte und der Ohrkapsel ein schmaler Bindegewebspalt vorhanden. Betrachten wir nun Stadium IV, so sehen wir, daß dort wenigstens in den kaudalen Teilen der Cochlea der Übergang zwischen Ohrkapsel mid Basalplatte auch nicht homokontinuierlich erfolgt. Hier werden sie jedoch nicht durch einen Spalt oder durch ein Perichondrium voneinander getrennt, sondern es befindet sich dazwischen eine schmale Zone vorknorpeligen Gewebes, die, wie wir bereits bei Stadium III sehen, Basalplatte und Ohrkapsel später homokontinuierlich verbindet. Wir können hieraus den Schluß ziehen, daß die Ohrkapsel kein einheitliches, selbständiges Gebilde vorstellt, sondern daß wenigstens ihr cochlearer Teil eng mit der Basal- platte z u s a m m e n g e h ö r t. Weiter imten bei Besprechung der Lage der Ohrkapsel imd der Pars cochlearis will ich auf diese Frage nochmals näher eingehen. In der Entwicklung des vorderen Teils der Ohrkapsel gemeinsam mit der Basalplatte sehen wir einen Punkt großer Ähnlichkeit mit Echidna: Auch hier erfolgt die Verknorpelung des vorderen Teils der Schneckenkapsel gemeinsam mit der Schädelbasis. Von einer sekundären Ablösung ist allerdings auch bei älteren Beuteljmigen- stadien nichts zu sehen. Merkwürdig dagegen ist der große Unterschied, der sich zwischen Perameles und Didelfliys zeigt. Bei ersterem nämlich ist die Ohrkapsel sehr stark von der Basalplatte abgelöst, wie Cords gezeigt hat. Eine lange und verhältnismäßig breite Fissuxa basicochlearis trennt dort die Basalplatte von der Ohrkapsel, oral fast bis zum Vorderrand der Cochlea, kaudal bis zum Foramen jugulare reichend, mit dem sie zusammenfließt. Ob die Ablösimg sekundär erfolgt, ist leider nicht verfolgt worden. Die meisten Placentalier zeigen eine getrennte Entwicklmig von Basalplatte und Ohrkapsel. Bei ihnen ist die Fissura basicochlearis dann als ein Überrest dieser Trennungszone aufzufassen, der nicht mehr zur Verknorpelung kommt. Größe und Lage der Ohrkapsel. Daß die Ohrkapsel von Didelphys eine aidJerordentliche Größe besitzt, betonte ich schon früher. Eine Messung, wie sich ihr Rauminhalt zu dem des gesamten Hirnschädels verhält, habe ich nicht angestellt. In der V o i t sehen Arbeit findet sich eine Tabelle, die auf solchen Messungen beruht, und die mit einiger Deutlichkeit zeigt, wie sich das Verhältnis der beiden Volumina von den Amphibien aufwärts bis zu den Säugern immer mehr zu Ungunsten der Ohrkapseln verschiebt. Dieses Messungsverfahren innerhalb des Säugerstammes fortzusetzen, halte ich jedoch für etwas gewagt. Es machen sich, wie auch V o i t ausführt, die Veränderungen der ontogenetischen Entwicklung zu sehr geltend, und bei der geringen Anzahl von Säugerformen, die bisher bearbeitet worden sind, wird es wohl nicht möglich sein, auch nur zwei Primordialschädel der gleichen Entwicklungsstufe zu finden. Bei der Bestimmvmg des Rauminhalts der Hirnkapsel kommt es aber in ganz hervorragendem Maße auf die Beteiligung der Deckknochen an ihrem Abschluß an, oder — wo diese noch wenig entwickelt siird — auf das Vorhandensein hoher Suprakapsularplatten imd ihrer Fortsetzungen in oraler Richtung. Sind sie an einem Schädel wenig entwickelt, und zeigen zugleich die Deckknochen noch nicht in genügender Weise die spätere Form des Hirn- schädels an, so erhalten wir naturgemäß ein ganz falsches Bild. Die Ohrkapsel von Didelphys besitzt jedenfalls eine außerordentliche Größe, sie füllt die ganze Ohrregion sowohl in der Länge wie fast in der Höhe aus. Daß die Höhe des Knorpelschädels fast genau der des knöchernen entsprechen wird, das sieht man daraus, daß die Deckknochen, die schon ziemlich vollständig — 51 — entwickelt sind, um den Oberrand der Lamina supracapsularis etwa rechtwinklig in medialer Richtmig umbiegen. Es ist allgemein bekannt, daß bei den Säugern die immer mehr überhandnehmende Größe des Grehirns eine L a g e v e r ä n d e r u n g der 0 h r k a p s e 1 n gegenüber dem Zustande hervor- gebracht hat, wie wir ihn bei Amphibien und Reptilien finden. Dort stand die Ohrkapsel fast vertikal an der Lateralseite des Gehirns und bildete die Seitenwand der ganzen Ohrregion. Bei den Säugern dagegen fand durch die Ausdehnung des Großhirns ein Druck auf die Ohrkapseln statt, welcher ihre Verlagerung bewirkte. So finden wir bei fast allen Säugern die Ohrkapsel von der Schädelseitenwand zum größten Teil an den Schädelboden gerückt. Eine Ausnahme davon macht nur Echidna, wo sie noch etwa so steil steht wie bei Lacerta. Auch bei Perameles ist noch eine teilweise Beteiligung der Ohrkapsel an der Bildung der Schädelseitenwand zu sehen, ebenso bei Trichosurus und Dasyurus, soweit man dies aus den B r o o m sehen Abbildungen erkennen kann. Ganz außerordentlich ins Auge fallend ist die Beteiligvmg des Kanalteils der Ohrkapsel an der lateralen Begrenzimg des Hirn- schädels bei Didelphys, und wir haben darin ein sehr primitives Merkmal des Primordialcranium zu erblicken. Die Lage der Ohrkapsel an der Seite des Gehirns ist ganz steil. Sie erinnert an die Ohrkapsel von Lacerta mehr als bei irgend einem anderen bekannten Säugerschädel, selbst mehr noch als bei Ecliidna. Wie ich bereits beschrieb, füllt die Ohrkapsel die Schädelseitenwand der Ohrregion nicht wie bei Echidna nur in ihrem ventralen Teil, sondern fast in ihrer ganzen Höhe aus, vmd auch von dem Gehirn ragen nur kleine, dorsal gelegene Partien über den Oberrand der Ohrkapsel hinaus. Da der Kanalteil seine ursprüngliche, steile Lage beibehalten hat, so stand zu erwarten, daß sich auch seine einzelnen Teile in den ursprünglichen Lagebeziehungen zeigen würden; und dies ist in der Tat auch der Fall. Es liegt der Canalis semicircularis anterior am Dorsalumfange der Ohrkapsel in völlig horizontaler Lage, wie dies bei Lacerta und Echidna der Fall ist. Wir können ihn daher bei Didelphys besser, wie G a u p p dies auch bei Echidna tut, als Canalis semicircularis superior bezeich- nen. Den oberen, hinteren Pol der ganzen Ohrkapsel bildet in der ursprünglichen Weise die Auf- teilungsstelle des Grus commune in die Canales semicirculares superior imd posterior. Ferner finden wir das Foramen endolymphaticum nicht nur kaudal, sondern auch dorsal vom Foramen acusticum inferius gelegen, und der Canalis endolymphaticus verläuft nach seinem Austritt aus der Ohrkapsel noch weiter in kaudaler und zugleich dorsaler Richtung, parallel mit dem Crus commune. Er bildet mit der Horizontalrichtimg einen Winkel von etwa 45 Grad. Auch die Annäherung der hinteren Pole der Ohrkajjseln, wie sie Lacerta zeigt, hat Didelphys beibehalten. Freilich ist diese Eigenschaft nicht von vornherein in.s Auge fallend, da durch die stark in medialer Richtung ausgedehnten Schneckenkapseln zunächst der Eindruck hervorgerufen wird, daß die Ohrkapseln nach vorn zu konvergieren. Da aber, wie G a u p p ausführt, und was ich weiter unten noch ausführlicher besprechen will, mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß der orale Teil der Cochlea der Säuger den seitlichen Teilen der Basalplatte der Saurier zu homologisieren ist, konnte ich für den obigen Vergleich nur den utriculo-ampullären Teil heranziehen. Wie stark seine Konvergenz am kaudalen Pole ist, das erkennen wir daran, daß sich die Abstände der Spaltungsstellen des Crus commune zu dem der Recessus utriculi beider Seiten etwa verhalten wie 7 : 10. Auch in der Stellung des-Tectuni posterius spricht sich die ursprüngliche Lage der Ohrkapsel aus. Wenn auch ein großer Teildä von eine vertikal stehende Platte "bildet, so sind doch die am weitesten dorsal gelegenen Partien fast rechtwinklig dagegen abgebogen und bilden ein kurzes Dach für den hintersten Teil des Gehirns, während der vertikale Teil seine kaudale Begrenzung darstellt. Genau in der gleichen Ausbildung — 52 finden wir das Tectum posterius bei Echidna, während Lepus nur eine einfache, sclimale, vertikal stehende Pktte besitzt. Die Lageveränderungen, welche die Ohrkapsel im Laufe der phylogenetischen Entwicklung durchmacht, sucht Voit in drei verschiedene Drehungen zu zerlegen: Erstens in eine Drelimig um die transversale Achse, durch die der vertikale Längsdurchmesser in einen horizontalen umgewandelt wird. Durch diese Drehung hauptsächlich wird die Ohrkapsel von der Schädelseitenwand in die Tiefe, an den Schädelbogen, gerückt. Zweitens macht der Kanalteil des Ohres eine Drehung durch, die um die Längsachse stattfindet; hierdurch wird die vorher noch fast senkrecht stehende, mediale Wand in lateraler Richtung umgelegt und dadurch die Schädel- höhle erheblich verbreitert. Drittens erfährt die Ohrkapsel eine Drehung um die vertikale Achse, so daß im G-egensatze zu Reptilien die Hinterpole der Ohrkapseln sich voneinander weiter entfernen und die vorderen Pole näher aneinander treten. Fragen wir uns nun einmal, wie es mit diesen Lageveränderungen bei Diclelphys steht. Die zuerst angeführte Drehimg hat, wie ich oben schon ausführte, überhaupt nicht stattge- fimden. Der Kanalteil des Ohres liegt dorsal vom hinteren Teil der Cochlea und bildet fast ausschließlich die Schädelseitenwand der Ohrregion. Auch die an dritter Stelle erwähnte Umlagerung hat sich nicht vollzogen. Ich betone hierbei nochmals, daß ich von dem vor dem Kanalteil gelegenen Stück der Cochlea voll- kommen bei der Beurteilung dieser Frage absehe, da es bei Lacerta noch gar nicht vorhanden ist und wir bei einer Vergleichung natürlich in der Hauptsache nur von dem Kanalteil sprechen können, der der gesamten Großhirn Co mm orbitoponet ■ Pons. ■ Co mm suprafjcial. m -Jncus Mälleus Chorda tymp. CjifJubo ' /ymp. Schnitt durch die Schneclvenlvapseln. (Vorknorpel weit punktiert) Serie IV. Vergr. 22,5 .- 1. Ohrkapsel von Lacerta homolog zu setzen ist. Eine Drehung um die Vertikalachse hat also nicht statt- gefunden, obgleich die vorderen Pole der Ohrkapsel, d. h. der Cochlea, einander viel näher stehen als die kaudalen. Auch an dem Modell von Lepus habe ich dieselbe Messung angestellt wie bei Didelphys, d. h. die Abstände der Utriculi beider Seiten, sowie der Spaltungsstellen der Crtixa communia konstatiert. Der Abstand der Prominentiae utriculi beider Seiten beträgt an dem Z i e g 1 e r sehen Modell 80 mm, der Abstand der hinteren Pole der Ohrkapsel 64 mm. Wir finden also im Grunde genommen dieselben Verhältnisse wie bei Didelphys. So wird es sich wohl in vielen anderen Fällen auch verhalten. Oft wird eine Täuschung durch das starke Auswachsen der bei Reptilien noch unbedeu- tenden, kleinen Cochlea nach vorn und medial, in das Gebiet der Basalplatte hervorgerufen werden. Was mm die unter Zweitens erwähnte Drehung betrifft, so ist gerade im Gebiete des Kanalteils, wo sie Voit vorzugsweise feststellt, nichts davon zu sehen. Seine mediale Wand ist nicht schräg gelagert, sondern steil und schiebt sich auch nicht unter das Gehirn. Sie verläuft nicht weniger steil in dorso-ventraler Richtung als bei Lacerta und bei Echidna. Dagegen läßt sich aber an der Cochlea, und zwar an dcxu von den Säugern neu erworbenen, vor dem Kanalteil gelegenen Abschnitt — 53 — Großhirn Comm.orl3ifBpdrie/: eine deutliche Richtungsverändemng feststellen. Seine dorsale Begrenzung liegt völlig horizontal am Boden des Gehirns. Außerordentlich interessant ist nun, daß sich diese Verlagerung der Schneckenkapsel ontoge netisch noch nachweisen Läßt. Wir sehen in Figur 19 einen Schnitt, der der Serie IV entnommen ist. Er führt durch den vorderen Teil der Schnecken- kapsel und zeigt, wie die Cochlea dort homokontinuierlich mit der Basalplatte verbunden ist, die einen außerordentlich schmalen Querschnitt besitzt und in einem Winkel von etwa 120 Grad gegen sie abgeknickt erscheint. Betrachten wir dagegen Figur 20, einen Schnitt durch dieselbe Gegend, der aus Serie III stammt, so finden wir, daß die Oberfläche der Basalplatte mit der Dorsalkante der Cochlearkapsel fast genau in einer Linie in der Horizontale liegt. Der größte Teil des Volumens der hier schon erheblich mehr ausgewachsenen Schneckenkapsel liegt nun ventral von der Basalplatte. Während der Entwicklung vom Stadium IV zu Stadium III muß also die Umlagerung der Schnecken- kapsel vor sich gegangen sein. Durch ihre Drehung hat eine ganz erhebliche Vergrößerung der Schädel- höhle stattgefimden. Deutlich ist auch zu sehen, aus welcher Ursache diese Erweiterimg eintrat, und auf welche Weise der gewonnene Raum ausgenutzt wird. Vergleichen wir auf Figur 19 und Figur 20 einmal das Gehirn. Beide Schnitte führen durch die Austrittsstelle des Nervus trigeminus, die an der Lateralseite des Pons liegt. Wir sehen also übereinan- der liegend ventral einen Querschnitt des Pons, dorsal des Großhirns. In Figur 19 sehen wir, daß letzteres noch auffallend klein erscheint mid wesent- ^^"'''^"' ' lieh gegen das erhebliche Volumen des Pons zurücktritt. Bei Serie III ist das Fig. 20. Schnitt durch die Schnerkenkapsel. Verhältnis aber bereits ein anderes geworden: Das Großhirn hat sich stark entwickelt und drückt nun auf den darunter liegenden Pons. Durch den starken Druck von oben wird diese Masse breit gedrückt; ihre vertikale Aus- dehnung kann sie nicht beibehalten, und da sie auch ventral in der starken, verknorpelten Basalplatte einen Widerstand findet, so sucht sie in lateraler Richtung einen Ausweg, wo dieser am geringsten ist. So erfolgt die Umlagerung der Schneckenkapsel in die horizontale Richtung, und der gewonnene Schädelraum wird auf beiden Seiten durch die lateral vorderen Partien des Pons ausgefüllt. Pars COChlearis der Ohrkapsel. Daß die Ohrkapsel der Säugetiere ein Gebilde dar- stellt, welches man nicht in allen Teilen derjenigen der niederen Wirbeltiere gleichsetzen kann, ist eine allgemein bekannte und unbestrittene Tatsache; und zwar hat die Cochlea bei den Säugern einen ganz erheblich größeren Umfang' angenommen, während die Größe der Bogengänge relativ zurückgetreten ist. Nun liegt die stark vergrößerte Schnecke gleichfalls umgeben und geschützt von Skelettmaterial, das mit der übrigen Ohrkapsel homokontinuierlich verbunden ist, und es bestehen Meinungsverschiedenheiten, wo der Ursprung dieses Knorpels zu suchen ist. Während verschiedene Autoren die Ausiciit vertreten, die Ohrkapsel wäre ein einheitliches Gebilde, und der Knorpel, der <Ä/f /! cffrA/. Gg/ gasserr f^-pefr superfic Meaf.^ad/^ext. Serie III. Vergr. 22,5. — 54 — den neuerworbenen Teil der Säugercochlea umgibt, wäre durch Auswachsen des übrigen Kapsel- knorpels nach vorn entstanden, ist G a u p p wesentlich anderer Meinung. Auf Grund seiner Unter- suchungen an Rana, Lacerta und Echidna ist er zu dem Schlüsse gekommen, daß das Skelettmaterial, welches zur Umhüllung der nach vorn auswachsenden Cochlea herangezogen wird, nicht der primi- tiven Ohrkapsel selbst, sondern dem vor und medial von ihr liegenden Teil der Basalplatte ent- stammt, d. h. daß gewissermaßen der Ductus cochlearis in die Masse der Basalplatte hineingewachsen ist. Als ein Hauptargument für diese Ansicht erwähnt G a u p p die Lage des primären Facialis- kanales. Bei Lacerta noch tritt der Nervus facialis durch ein Foramen aus dem Schädel aus, welches die Basalplatte vor und über dem Vorderende der Cochlea durchbohrt. Bei den Säugern dagegen findet sich ganz allgemein das Verhalten, daß sich der Knorpelkanal, durch den der Austritt des Nervus facialis aus dem primitiven Schädelcavum erfolgt, nicht mehr vor, sondern auf der Cochlea befindet. Die Commissura suprafacialis, unter der der Facialis hindurchtritt, verbindet die Oberwand der Schneckenkapsel und zwar in ihrem hinteren Teile mit der Vorderwand des Kanalteils. Daraus zieht G a u p p den Schluß, daß sich die Cochlea in das Gebiet ventral und oral von der Commissura suprafacialis (der präfacialen basicapsulären Commissur der Nichtsäuger) ausgedehnt hat. Die mit- unter vorkommende Verknorpelung der Schneckenkapsel im Zusammenhange mit dem Kanalteil, wie sie sich bei höheren Säugern findet, und die als Hauptargument für die Einheitlichkeit der ganzen ( )hrkapsel angeführt wird, erklärt G a u p p durch die Umlagerung der Ohrkapsel. Als primitiv wäre seiner Auffassung nach natürlich die gemeinsame Verknorpelung von Schneckenkapsel und Basal- platte aufzufassen, wie er sie bei Echidna gefunden hat. Über die einheitliche Verknorpelung der ganzen Ohrkapsel äußert sich G a u p p bei Besprechung der Befunde von Noordenbos {Echidna- Arheit p. 686) folgendermaßen: ,,Da dies ein Vorgang (die Lageveränderung der Ohrkapsel) jungen Datums ist, der sich erst in der Klasse der Säuger abspielt, so ist es, wie oben schon bemerkt wurde^ reclit wohl denk- bar, daß er teilweise noch in der Ontogenese im Anschluß an die Entfaltung des Gehirns abläuft. Ließe sich dies aber nachweisen, so würde damit auch der längere Bestand einer nachgiebigen Trennungszone zwischen der Gesamtkapsel und der Basalplatte motiviert erscheinen. Damit würde auch die gemeinsame Verknorpelung der Pars cochlearis mit der Pars vestibularis der Ohrkapsel verständlich werden, die zur Folge hat, daß die Gesamtkapsel der Basalplatte gegenüber den Eindruck einer in sich einheitlichen, selbständigen Bildung macht, und auch die Fissura basicochlearis anterior, die bei manchen Säugern besteht, würde nicht mehr ganz unverständlich sein: Man könnte sie als einen Rest jener sekundär auftretenden Trennungszone betrachten, dessen nachträgliche Ausfüllung durch Knorpel unterbleibt, vielleicht weil die übrigen Verbin- dungen der Ohrkapsel dieselbe bereits in genügender Weise mit dem sonstigen Knorpelschädel verbinden." Meine Befunde bei Didelpliijs stützen ganz offensichtlich diese Ansicht von G a u p p in fast allen ihren Punkten. Ich führte oben schon aus, daß sich die von ihm bei manchen Formen voraus- gesetzte Verlagerung der Schneckenkapsel in der Ontogenese hier in überraschend deutlicher Weise zeigt. Der vorderste Teil der Schneckenkapsel verknorpelt, wie ich oben gleichfalls schon erwähnte, in homokontinnierlicher Verbindung mit der Basalplatte, dahinter dagegen £ndet sich zwischen. Basalplatte und Olirkapsel eine schmale, nachgiebige Zone vorknorpeligen Gewebes-, die bei Stadium III, wo sich die Umlagerung der Pars cochlearis bereits vollzogen hat, gleichfalls verknorpelt ist.- Nirgends dagegen findet sich bei dem großenteils noch vorknorpeligen Zustande der Ohrkapsel von — 55 — Stadium IV eine knorpelige Verbindung zwisclien der eigentlichen Schneckenkapsel und dem Kanalteil. Sie machen beide den Eindruck völlig selbständiger Gebilde. Auch die Beschaffenheit der Schnecken- kapsel selbst bei diesem jungen Tier stimmt wunderbar mit G a u p p s Ansicht, es handle sich um einen Teil der Basalplatte, in den die Schnecke einwächst, überein. Die dorsalwärts gegen sie abgebo- genen Querschnitte durch die Schneckenkapsel zeigen kaum überhaupt eine größere Dicke als die Basalplatte selbst, und vor dem Vorderende der häutigen Cochlea besitzt die Schneckenkapsel noch eine dicke, massive, knorpelige Vorderwand, die mit der Basalplatte homokontinuierlich verbunden ist und die gleiche Dicke zeigt wie diese selbst. Ja, man hat bei der Betrachtung den Eindruck eines dorsalwärts abgebogenen Teils von ihr. (Siehe Seite 58, Figur 21.) Vergleichen wir hiermit die Ver- hältnisse, wie sie das Primordialcranium von Lacerta zeigt, so finden wir eine völlige Übereinstimmung. Der bei Didelphys im Schnitt getroffene Teil der Basalplatte würde bei Lacerta dem Gebiete der Fenestra basicranialis posterior entsprechen, die an sie ansetzende Vorderwand der Ohrkapsel dem vor dem Foramen faciale gelegenen Abschnitte der Basalplatte. Wie bei Lacerta dieser mit der Ebene der Fenestra einen stumpfen \Mnkel bildet, so ist dies bei Didelphys zwischen Basalplatte und Schneckenkapsel der Fall, und ich glaube mit G a u p p, daß sich diese Knorpelgebiete, die in Lage und Beschaffenheit eine so außerordentliche Übereinstimmung zeigen, direkt luiteinander homologi- sieren lassen. Bei dem besser entwickelten Stadium III ist die Konfiguration eine wesentlich andere. Dort hat die Umlagerung bereits stattgefimden, und was bei IV als Lateralwand der Schneckenkapsel zu bezeichnen war, ist zum Teil ziu' ventralen, die mediale Wand zur dorsalen geworden. Außerdem ist auch der Schneckengang erheblich weiter entwickelt und bewirkt so eine blasige Auftreibung der Knorpelkapsel, die auch später bestehen bleibt und bei Placentaliern ganz allgemein ist. Auf dieser Entwicklungsstufe ist ein Vergleich mit der gleichen Region von Lacerta luit solcher Leichtigkeit nicht mehr durchzuführen. Nur in einem Punkte stimmen meine Befunde mit der oben zitierten Ansicht G a u p p s nicht überein, und das ist die Entstehung und Deutung der Fissura basicochlearis. Bei der Besprechung der Basalplatte habe ich bereits geschildert, daß wir in der Fissura basicochlearis eine sekundär entstehende Lückenbildung zu sehen haben. Der bei Stadium IV vorhandene Spalt schließt sich durch Knorpel (Stadium III) und erst später entsteht zunächst durch die Bildung eines trennenden Peri- chondriums und darauf folgende Ablösung die Fissura als eine neue, ganz schmale Lücke. Ihre Lage stimmt auch nicht genau mit der bei Stadium IV vorhandenen Trennungszone überein, sondern liegt gegen diese in kaudaler Richtung verschoben. Wir haben also offenbar in dem am Modell vorhandenen Spalt nicht einen Überrest dieser Zone zu erblicken. Ich meinerseits glaube als Ursache für die Ablösung die feinen Venenstämme ansehen zu müssen, die bei jüngeren Stadien an der Grenze von Basalplatte und Ohrkapsel entlang verlaufen und bei Stadium I durch die Fissura basicochlearis hindurch auf die Ventralseite des Schädels treten. Doch bin ich nicht der Meinung, daß die Fissura basicochlearis bei allen Formen den gleichen Ursprung hat. Die mit diesem Namen bezeichnete Lücke, die bei weitem den meisten Säugern zukommt, ist sowohl in ihrer Lage wie in ihrer Weite und Aus- dehnung so wenig übereinstimmend, da:ß es wohl möglich ist, daß sie bei verschiedenen Tieren auch verschiedenen Ursachen ihre Entstehung verdankt. Dort, wo es sich nicht, wie bei Didelphys, um eine sekundäre Ablösung handelt, wird mit aller Wahrscheinlichkeit G a u p p s Erklärung die zu- treffende sein. Jedenfalls läßt diese, welche die Fissura basicochlearis als Überrest einer iirsprünglich längeren und weiteren Lücke auffaßt, die größten Variationen in der Lage und der Ausbildung zu. Das Verhalten von Didelphys, das in einer großenteils einheitlichen Verknorpelung und homokonti- — 56 — nuicrlichen Verbindung von Basalplatte und Cochlearkapsel besteht, wobei erst sekundär die Ver- schmelzung auf einer kleinen Strecke gelöst wird, müssen wir unbedingt als primitiv ansehen und an G a u p p s Befunde bei Echidna anschließen, wo diese Ablösung auch späterhin nicht erfolgt. Bei der Pars vestibularis möchte ich noch auf eine besondere Aufteilung des Fora ra e n a c u s t i c u m i n f e r i u s hinweisen. Während die Foramina acusticum superius und f aciale primitivum genau die gleiche Stellung und Ausbildung zeigen wie bei allen andern bekannten Säugern, weist das Foramen acusticum inferius bei älteren Stadien eine weitergehende Spezialisierung auf. Die mediale Ohrkapselwand mit den Foramina für Acusticus und Facialis stellt die Partie der Ohrkapsel dar, die zu allerletzt verknorpelt. Sie ist bei Stadium IV noch völlig vorknorpelig, und die Nerven durchbohren direkt die Bindegewebsschicht, die das häutige Labyrinth von der Hirnhöhle trennt. Stadium IV zeigt in dieser Beziehung einen ähnlichen Entwicklungszustand, wie er an G a u p p s Modell von Echidna zu sehen ist. Dort fehlt gleichfalls eine mediale Knorpelwand fast völlig, sonst ist allerdings die knorpelige Ohrkapsel bei Didelphys IV noch erheblich unvollständiger. Bei Stadium III ist zum größten Teil die Verknorpelung auch der medialen Wand bereits erfolgt, und in den übrigen Teilen ist die Knorpelkapsel schon ganz vollständig. Das Foramen acusticum superius hat schon eine knorpelige Umrandung erhalten; allerdings ist es nur ein ganz dünnes, schmales Knorpelbälkchen, welches seine Trennung vom Foramen acusticum inferius bewirkt. Während Stadium II fast genau denselben Entwicklungszustand zeigt wie Stadium III, ist bei Didelfhys I, auch am Modell sehr deutlich zu sehen, eine weitere Entwicklung und knorpelige Aufteilung der medialen Ohrkapselwand eingetreten. Außer der Trennung der beiden Foramina acustica voneinander ist das Gebiet des Foramen acusticum inferius nochmals zerlegt worden._ Der Knorpelbalken, der die beiden Foramina acustica voneinander trennt, und der bei Stadium III noch sehr schmal war, ist nun bei Stadium I zum Septum spirale cartilagineum ausgewachsen, das bei den jüngeren Stadien noch nicht vorhanden war. Sein dorsaler Teil, der zugleich den Boden des Meatus acusticus internus bildet, bewirkt eine rmvollständige Trennung des Foramen acusticum inferius in einen oral und einen kaudal von ihr gelegenen Teil. Durch den ersteren zieht der Nervus cochlearis zur Cochlea, durch den letzteren im wesentlichen der Ramulus ampullaris posterior des Acusticus zur AmpuUa posterior. Im dorsalen Teile des Septum spirale selbst befindet sich noch eine kleine Öffnung, die ich als Foramen sacculare inferius bezeichnet habe, um anzudeuten, daß der Ramulus saccularis inferior hierdurch in die Ohr- kapsel eintritt. Dieses kleine Foramen ist bisher, soweit ich es finden konnte, nur von G a u p p bei Echidna, Stadium 50 beschrieben worden. Die dort von ihm gegebene Bezeichnung — ■ Foramen acusticum medium — habe ich nicht gewählt, da das Foramen zum Gebiet des Foramen acusticum inferius gehört. Immerhin wäre es möglich, daß es auch bei anderen Formen vorhanden ist, daß es aber am knöchernen Schädel mitunter seiner Kleinheit wegen übersehen wird. Daß es an den bekannten Säuger-Primordialcranien außer Echidna bisher noch nirgends gefunden worden ist, könnte daran liegen, daß keins der untersuchten Entwicklungsstadien im Alter dem von mir modellierten Stadium I von Didelphys gleichkommt. In der Entwicklung des Ohrs muß Lepus z. B. meinem Stadium II am ähnlichsten sein. Der Innenraum der Ohrkapsel von Didelphys bietet wenig Besonderheiten. Er stimmt bis ins einzelne fast genau mit Lepus überein, nur ist naturgemäß die Orientierung der einzelnen Räume gegeneinander etwas anders, was dadurch bedingt wird, daß bei Didelphys eine Umlagerung des Kanalteils nicht stattgefunden hat. Die Haupträume der Ohrkapsel, das Cavum vestibuläre und utriculo-ampuUare stehen in ziemlich weiter, ofi'ener Verbindung miteinander, nur das Cavum ampullare — 57 -- posterius ist durch eine horizontal liegende, kräftige Knorpelwand von dem Cavum vestibuläre abgetrennt, die — wie ich oben beschrieb — vom Hinterrande des Foramen acusticuni inferius zum Oberrande des Foramen perilymjihaticum zieht. In ähnlicher Weise findet nur bei Perameles eine Abtrennung statt, wo — wie C o r d s sagt — die Grenze beider Abschnitte leicht angedeutet wird durch eine Leiste, welche vom medial ventralen Rande des Foramen acusticuni inferius zur dorsal- kaudalen Begrenzung des Foramen perilymphaticum verläuft. Die Endstücke des Crus simplex des lateralen Bogenganges und des Crus ampuUare des hinteren liegen dicht nebeneinander in einer gemeinsamen Höhlung (siehe Seite 23, Figur 7), wie V o i t dies bei Lepus, Fischer bei Talpa auch gefunden hat. Nach vorn zu gegen das Cavum cochleare ist das Cavum vestibuläre durch eine vertikal stehende Knorpelwand abgeschlossen, welche zwischen lateraler Ohrkapselwand und Septum Spirale liegt, genau wie dies bei Perameles der Fall ist, während bei Lepus beide Räume weit miteinander kommunizieren. Bemerkenswert ist ferner, wie stark ausgebildet die knorpelige Massa angularis ist, in der die Bogengänge eingebettet liegen, im Gegensatz zu der Wand des weiten Hauptraumes der Ohrkapsel, die verhältnismäßig recht dünn ist. Cavum SUpracochleare. Wir haben oben gesehen, daß bei Didelphjs noch während der Ontogenese eine erhebliche Vergrößerung der Schädelhöhle dadurch bewirkt wird, daß die ursprünglich steilstehende Pars cochlearis durch den Druck des stark wachsenden Großhirnes in die Horizontale an den Schädelboden verlegt wird. Außer diesem Raum, der die Schädelhöhle erweitert, ist dem knöchernen Schädel aber noch ein weiteres Gebiet einverleibt, das bei Sauriern ganz außerhalb des Craniums lag. Es wurde zuerst von V o i t (1909) bei Lepus beschrieben und Ciavum supracochleare benannt. Aus der oben behandelten Umlagerung der Ohrkapsel ist es uns ein Leichtes zu sehen, daß V o i t s Ansicht, die Einbeziehung des Cavum supracochleare in den Schädelraum ha])e darum stattgefunden, weil die Schneckenkapsel nicht wie der Kanalteil umgelagert werden konnte, da sie sofort bei ihrer Entstehung am Schädelboden lag, nicht das Richtige trifft. Didelphys zeigt uns, daß nicht der eine Modus der Schädelvergrößerung für den anderen eingesetzt wurde, sondern daß beide nebeneinander sich vollziehen können. Im übrigen ist ja der Raumgewinn durch die Einbeziehung des Cavum supracochleare in die Schädelhöhle für das sich vergrößernde Gehirn kein wesentlicher, da der neue SchädeLraum schon zum größten Teil durch die dort liegenden gangliösen Gebilde ausgefüllt ist, die mit ins Innere des Schädels verlegt werden, während durch die Umlagerung der Schneckenkapseln gerade die Hirnhöhle um ein erhebliches Stück erweitert wird. Ein Cavum supracochleare ist auch bei Didelphys mit großer Deutlichkeit zu sehen. Seine mediale Begrenzung bildet die Commissura suprafacialis, die als Teil der ursprünglichen Schädelseitenwand zu deuten ist. Von ihr dehnt sich nun in lateraler und oraler Richtung das Cavum supracochleare auf der Schnecken- kapsel aus, und seinen lateralen Abschluß bildet die Crista cochlearis, die am Modell mit außerordent- licher Deutlichkeit zu sehen ist. (Siehe Tafelfigur 1, sowie Seite 18, Figur 6.) Nach vorn zu reicht es bis zum oralen Ende der Crista cochlearis, also etwa bis zum vorderen Pole der Schneckenkapsel. Suchen wir nach einem weiteren lateralen Abschluß des Cavum supracochleare, so finden wir dorsal von der Crista einen kräftigen Bindegewebsstrang, der am Oberrand seine ventrale, am Unterrande der Commissura orbito-parietalis seine dorsale Begrenzung findet. Von Bedeutung scheint mir zu sein, daß dieser Gewebszug, der offenbar einen Teil der späteren, sekundären Schädelseitenwand darstellt, gerade bis zum Vorderrande des von mir als Tuberculum tympani bezeichneten Knorpel- höckers reicht und dort sein Ende findet. Ausgefüllt wird das Cavum supracochleare im wesentlichen durch den Facialisstamm, das Ganglion geniculi des Facialis und durch den kaudalen Teil des Ganglion Zoologica. Heft "o. 8 — 58 C^l gössen /^estknorpel . Kand/bu/äre Npefros sup P.coc/il d Ohrtapse/ /iesfknorpel Afasse^er Sgl.gasseri -Jncus Malleus Ggl genicuti Mealaudit exl Can lympant ÜUCt. CBCltl gasseri des Trigemimis. die durch die Einverleibung dieses ursprünglicli extracraniellen Raumes ins Innere der Schädelhöhle verlegt worden sind. Dorsal und medial von den erwähnten Ganglien wäre also die primäre Schädelseitenwand zu suchen, wie sie noch der Saurierschädel zeigt. Fragen wir uns nun. ob bei Didelphys noch etwas von den Resten dieser ursprünglichen Schädelseitenwand vorhanden ist, so müssen wir in erster Linie die Commissura supra- facialis anführen, deren Homologie mit der präfacialen basicapsulären Coramissur von Lacerta außer jedem Zweifel steht. Doch hat uns außer diesem noch am erwachsenen Schädel vorhandenen Rest die Entwickkmgsgeschichte noch einen weiteren aufbewahrt. Betrachten wir nämlich die Schnitte der Serie IV, so finden wir über dem medialdorsalen Rande der Schneckenkapsel einen Knorpelstab, der sich medial vor den Ventral- rand des Ganglion gasseri schiebt 'Commorbiiopariet vuicl clicses vom Gcliim trennt. (Siehe Figur 21.) Nach vorn zu reicht er fast bis zur oralen Kuppel der Schneckenkapsel, nach hinten zu geht er in den Vorderrand der Commissura suprafacialis über, und zwar ist er in seinem vordersten Teile frei, weiter hinten zunächst mit dem Oberrand der Schnecken- kapsel und darauf mit der Com- missura suprafacialis verschmolzen. Es handelt sich hierbei um einen ähnlichen Rest der primären Schädelwand, wie ihn V o i t in seinem Restknorpel a bei Lepus beschreibt, mit dem auch der Knorpelstab bei Didelphys in der Lage fast völlig übereinstimmt. Bei Stadium III ist er bereits geschwunden. Betrachten wir nun die laterale Begrenzung des Cavum supracochleare, aus der sich allmählich die definitive Schädelseitenwand entwickelt. Bei Stadium IV sehen wir einen Abschluß nur in Gestalt eines recht undeutlich sich abzeichnenden Bindegewebszuges, der von der Lateral- kante der Ohrkapsel zum Unterrand der Commissura orbito-parietalis zieht. Beim nächstfolgenden Stadium III hat sich der Zug ein wenig verdichtet, und zugleich beginnt die lateraldorsale Kante der Schneckenkapsel sich gegen den übrigen Knorpel abzuheben: Sie bekommt eine kantige Gestalt. Bei Stadium II und ganz besonders bei I ist aus ihr ein deutlicher, scharfer Kamm geworden, der der Schneckenkapsel an ihrem ganzen dorsallateralen Umfange aufsitzt, und den ich Crista cochlearis genannt habe. (Siehe Seite 18, Figur 6.) Diese bildet nun den lateralen Abschluß der Fovea geniculi und zugleich des ganzen Cavum supracochleare. Über den Dorsalrand der Schneckenkapsel ragt sie noch etwas fort und engt so von ventral her den Raum ein, durch den der Facialisstamm von der Fovea geniculi aus ins Cavum tympani zieht. An dem Oberrande der Crista setzt die Membran an, die die sekundäre Schädelseitenwand dieser Gegend vervollständigt. Fragen wir uns, was für eine Bedeutung diese Bildungen, die das Cavum supracochleare begrenzen, der Restknorpel und die Crista cochlearis in der Entwicklungsgeschichte haben. Wir erkennen, daß wir in dem Restknorpel ein Gebilde mit regredienter Entwicklung vor uns haben, das bei ganz jungen Tieren noch auftritt, aber bereits sehr bald im Laufe der ontogenetischen Entwickhmg wieder schwindet. Es stellt, wie seine Fig. 21. Schnitt durch den vorderen Pol der Ohrkapsel. (Vorknorpel weit punktiert.) Serie IV. Vergr. 22,5:1. — 59 — Lage beweist, ganz offenbar einen Überrest der primären Seitenwand dar. Die Crista cochlearis dagegen sehen wir in progredienter Entwicklung begriffen. Sie ist an den jüngsten Stadien überhaupt noch niclit vorhanden, tritt bei Stadium III erst auf und entwickelt sich immer kräftiger, und wir können mit Bestimmtheit sagen, daß sie auch bei Stadium I ihre höchste Entwicklungsstufe noch nicht erreicht hat. Bei der Untersuchung eines jugendlichen knöchernen Schädels fand ich nämlich folgendes: Die Leiste, die an der lateraldorsalen Kante der Cochlearkapsel vom vorderen Pole nach hinten verläuft, überbrückt hier den Nervus facialis und verbindet sich dorsal mit der Seitenwand des vordersten Teiles der Kanalkapsel, d. h. also, wie durch die Commissura suprafacialis der primäre Facialiskanal gebildet wird, so schließt die Crista cochlearis, dorsalwärts auswachsend bei älteren Stadien den sekundären Teil bis zur Apertura tympanica. Wir haben also in der Crista cochlearis eine wenn auch vorläufig noch unvollständige Bilchmg zu sehen, die der zweiten, äußeren Über- brückung des Facialisstammes, wie sie Lepus und Talpa zeigen, entspricht. Der kaudale Teil des Cavum supracochleare zwischen Commissura suprafacialis und Crista cochlearis ist als Fovea geniculi aufzufassen, da sie vom Ganglion geniculi erfüllt ist. Aus seiner vordersten Spitze erfolgt der Austritt des Nervus petrosus superficialis. Beobachten wir die Veränderungen, die das Cavum supracochleare im Laufe der ontogenetischen Entwicklung dui'chmacht, so müssen wir sagen, daß es durch die Um- lagerungen und die Vergrößenmg der Schneckenkapsel gleichfalls sehr an Ausdehnung gewinnt. Bei Stadium IV haben wir nvu* den schmalen Bindegewebsstreifen auf dem Dorsalumfange der Schnecken- kapsel als Cavum supracochleare anzusehen, der medial vom Restknorpel begrenzt wird und lateral bis zu der steil abfallenden Kante der Kapsel reicht. Mit der allgemeinen Vergrößerung der Cochlea hat sich aber auch ihre dorsale Fläche vergrößert, die V o i t Planum supracochleare nennt, imd die den Boden des Cavum supracochleare bildet, und bietet nun den gleichfalls stark vergrößerten Granglien eine LTnterlage. Verlauf des Facialis. An der Hand dieser im letzten Abschnitt erörterten Homologien will ich nun daran gehen, den Verlauf des Nervus facialis zu besprechen. Wie wir oben gesehen haben, tritt er nach dem Verlassen des Gehirns über dem Ganglion vestibuläre fort unter die Commissura suprafacialis. Dort bildet die Pars intermedia das Ganglion geniculi, aus dessen oraler Spitze zwischen Commissura suprafacialis und Crista cochlearis der Austritt des Nervus petrosus superficialis erfolgt. Hier also, zwischen den beiden Knorpelbegrenzungen des Cavum supracochleare, haben wir die Stelle des definitiven Facialiskanales anzunehmen, wo auch am knöchernen Schädel noch der Austritt des Petrosus erfolgt, d. h. den Hiatus Canalis Fallopii. Die Commissura suprafacialis stellt den jirimären Facialiskanal dar, der schon bei Reptilien vorhanden ist. Nun unterbleibt bei Didelphys aber nicht wie bei Echidna die Bildung des sekundären Teiles des Facialiskanales zwischen dem Hiatus und dem Cavum tympani, sondern diese Funktion wird von der Crista cochlearis übernommen, die nach oben auswächst und schließlich den Facialisstamm überbrückt. Am Modell ist sie noch nicht so weit ent- wickelt, doch müssen wir jetzt schon sagen, daß der Übertritt des Facialisstammes über die Crista cochlearis der Apertura tympanica des späteren Facialis- kanales entspricht, nicht der Durchtritt unter der Commissura sujjrafacialis. Nachdem nun der Facialis über die Crista cochlearis hinweg ins Cavum tympani gezogen ist, wendet er sich nach hintan. Seine Lage zu den Gehörknöchelchen beschrieb ich oben schon. Während er nun unter der Crista parotica hervor in ventraler Richtung, zieht, gibt" er die- Chorda tympani ab, die nun von hintenher auf die Medialseite des Hyale gelangt und dort herabsteigt und sich nicht, wie das im all- gemeinen bei den Säugern der Fall ist, über seinen Lateralumfang schlingt. Diese abweichende Lage — 60 — der Chorda tympani wurde zuerst von G a u p p 1905 für Didelphys, von Cords 1915 für Dasyurus und für Manis 1905 von v a n K a m p e n festgestellt. Bei allen übrigen bisher untersuchten Säugerformen verlief die Chorda tympani über den lateral vorderen Umfang des Hyale. Um über die Ursache des abweichenden Verlaufs bei Didelphys etwas sagen zu können, will ich zunächst die Topographie jenes Abschnitts des Facialis bei Didelphys rekapitulieren, und zum Vergleiche Mus rattus heranziehen, eine Form, bei der die Chorda tympani ganz den typischen Verlauf zeigt. Der Facialis verläßt k a u d a 1 vom Ansatz des Hyale an der Crista parotica den Sulcus facialis und zieht, während er die Chorda tympani abgibt, parallel zum Reichertschen Knorpel nach unten. Bei Mus rattus, wo das Hyale nach seinem Abgange von der Crista parotica zunächst nach hinten umbiegt, erfolgt seine Überquerung durch den Facialis sofort, imd auch die Abgangsstelle der Chorda tympani liegt bereits lateral vom Hyale. Die Abzweigungsstellen der Chorda tympani unter- scheiden sich bei Mus und Didelphys in ihrer Lage zum Reichertschen Knorpel nicht, weil das Verhalten des Nerven variiert, wie Fuchs meint, der Lepus und Didelphys verglichen hat, sondern weil die Gestalt des Hyale selbst eine andere ist. Der Abgang erfolgt bei beiden von mir untersuchten Tieren vom Medialrande des Facialisstammes dort, wo dieser durch die Incisura stylomastoidea primitiva soeben den Schädel verlassen hat, und die Chorda tympani zieht nun sofort in medial ventraler Richtung zum Cavum tympani. Bei Mus rattus biegt das Hyale von seinem Ansatz an der Crista parotica aus zunächst ein Stück nach hinten um und schließt (wie z. B. auch bei Lepus) dadurch die Austrittsstelle des Facialis von der Ventralseite her ab. Infolgedessen muß der Nerv beim Verlassen des Schädels die Lateralseite des Hyale sofort kreuzen, und die nur wenig ventral vom Foramen stylomastoideum liegende Ausgangsstelle der Chorda befindet sich auch bereits lateral vom Reichertschen Knorpel, und nur durch seine Überkreuzung kann sie zum Cavum tympani gelangen. Bei Didelphys liegt aber die Sache anders. Dort zieht der Reichertsche Knorpel sofort senkrecht vom Unterrande der Crista parotica nach unten, ohne erst eine Biegung nach hinten zu machen. Die Wendung des Facialis in ventraler Richtung erfolgt kurz hinter ihm. Eine Überkreuzung des Hyale durch den Facialisstamm findet zunächst nicht statt, da ihr Verlauf parallel ist. Erst viel weiter ventral kommt der Facialis auf die Lateralseite des Hyale zu liegen, dort, wo er direkt in oraler Richtung umbiegt. Die Chorda wird naturgemäß aber längst vor dem Übertritt des Facialis auf die Lateralseite abgegeben; infolgedessen imterbleibt auch die Umschlingung, und sie gelangt von hinten hier auf die mediale Seite des Hyale, ohne es zu überkreuzen. Die Stellen, wo bei Mus rattus und Lepus einerseits und bei Didelphys andererseits der Facialisstamm auf die Lateralseite des Hyale gelangt, sind somit gar nicht miteinander zu vergleichen, und ich halte Fuchs' Ansicht, der ihre Verschiedenheit nicht sieht und auf die ungleiche Lage der Kreuzungspunkte zum Abgang der Chorda tympani die Ansicht zu gründen sucht, daß der Nerv, nicht das Skelettstück, ein variables Verhalten zeigt, für völlig unbegründet. Zwar war keins der mir vorliegenden Ent- wicklungsstadien jung genug, um festzustellen, wie die Anlage des Hyale im Verhältnis zur Chorda erfolgl, doch bin ich nach dem Verlauf, den der Reichertsche Knorpel in gleicher Weise auf allen Entwicklungsstufen von Didelphys zeigt, überzeugt, daß wir in i h m die Ursache für die abweichende Lage der Chorda zu suchen haben. Ln übrigen ist dieser ganzen Frage, da Variationen bei so hetero- genen Gruppen, wie Edentaten und Marsupialiern vorkommen und andererseits bei letzteren auch unter näheren Verwandten sowohl das typische Säugerverhalten als auch das abweichende von Didelphys zu finden ist, meiner Ansicht nach kein großer Wert beizulegen. In ihrem peripheren Verlauf zieht die Chorda tympani genau so wie bei allen anderen Säugern, und ich konnte auch bei — 61 — allen meinen Serien, wo das Goniale bereits angelegt war, seine Durchbohrung durch die Chorda feststellen. Der Durchtritt ventral von der Sehne des Musculus tensor tympani ist, wie Bender feststellte, bei Marsupialiern ganz allgemein vorhanden. Für die Maus wurde er von D r ü n e r, für das Kaninchen von V o i t festgestellt. Im allgemeinen aber kann man sagen, daß auch das Ver- halten der Chorda diesem Muskel gegenüber in der Säugerreihe sehr schwankt. Nervus acusticUS. Während im ganzen der Nervus acusticus die gleichen Verhältnisse zeigt wie bei anderen Säugern, weist die Versorgung des Sacculus Besonderheiten auf, die ich irAt einigen Worten besj^rechen will. Für gewöhnlich wird bei den Säugern dieser Teil des Labyrinths nur durch ein Nervenästchen versorgt, das dem Ramus inferior angehört und durch das Foramen acusticum inferius in die Ohrkapsel eintritt. Nun hat bereits V o i t von Lepus, Talpa, Erinaceus, Galeopithecus und Semnopithecus, H o n i g m a n n für Megaptera nachgewiesen, daß der Sacculus bei diesen Formen nicht allein durch ein Ästchen vom Ramus inferior des Acusticus innerviert wird, sondern außerdem durch Nervenfasern, die vom Ramus superior kommen und durch das Foramen acusticum superius ziehen. Bei Echidna und Perameles fehlt dieses zweite Ästchen (Ramulus sac- cularis superior). Deutlich konnte ich es dagegen bei Didelphys finden. (Siehe Seite 25, Figur 8.) Es nimmt seinen Ursijrung direkt vom Ganglion vestibuläre und zieht durch das Foramen acusticum superius zu dem Vorderende der Macula sacculi. Nach hinten zu folgt nun ein stärkerer Nervenast, der durch das Foramen sacculare inferius geht. (Siehe Seite 25, Figur 9.) Er stammt vom Ramus inferior des Acusticus und ist als der normale, allgemein verbreitete anzusehen. Außer diesen beiden aber erhält der Sacculus bei Didelphys noch eine dritte nervöse Versorgung. (Siehe Figur 10.) Ein feines Nervenästchen, das ich Ramulus saccularis inferior posterior nannte, tritt hinter dem Ramulus saccularis inferior durch das Foramen acusticum inferius zur Macula sacculi. An Stärke ist es etwa dem Ramulus saccularis superior gleich, bedeiitend schwächer als der Ramulus saccularis inferior. Ich glaube nicht, daß dieser Nerv schon für eine andere Form beschrieben worden ist, doch handelt es sich wohl nur um eine unbedeutende Eigentümlichkeit des Nervus acusticus von Didelphys. Tuberculum tympani, Crista parotica. Bei Betrachtung der Lateralansicht des Knorpelschädels von Didelphys (siehe Tafelfigur 1) ist recht auffallend das völlige Freiliegen der Gehörknöchelchen. In gleicher Weise liegen sie bei Echidna und Perameles, während sie bei Lepus, Homo und anderen Formen durch das Tegmen tympani in ausgedehntem Maße gegen die Außenwelt abgeschlossen sind. Dieses stellt, wie van Kampen nachwies, eine Neuerwerbung des Säuger- schädels dar, die in progredienter Entwicklung begriffen ist. Neben seiner Funktion der lateralen BedecJcung der Paukenhöhle wird der mediale Teil des Tegmen tympani zur Überdachung des sekun- dären Facialiskanals herangezogen. Ein Maximum der Ausbildung zeigt es wohl beim Kaninchen, wo schon in frühen knorpeligen Stadien sowohl der mediale als auch der laterale Teil gut entwickelt sind. Späterhin dehnt sich dann das Tegmen tympani noch erheblich stärker nach vorn und lateral aus und bildet entlang der ganzen Schneckenkapsel noch ein Dach für das Cavum tympani. Von der beschriebenen Knorpelbildung ist bei Didelphys noch nichts zu sehen; dagegen finden wir an der lateralen Wand der Pars utriculo-ampuUaris anterior einen kleinen Knorpelhöcker, den ich als Tuber- culum tympani bezeichnet habe. Er liegt dorsal zur Fossa incudis. ihr vorgelagert und artikuliert mit dem Crus breve des Amboß. Zugleich bildet er den dorsalen Abschluß der Fossa incudis und die orale und dorsale Fortsetzung der Crista parotica. Ferner betonte ich' oben bereits, daß der Binde- gewebszug, der an die Crista cochlearis ansetzt und den lateralen Abschluß des Cavum supracochleare bildet, nach hinten zu bis zum Tuberculum tympani reicht. Aus diesen Lagebeziehungen folgere ich, — 62 — daß wir es in diesem Höcker mit einem Vorläufer des Tegmen tympani zu tun haben, das den Marsu- pialiern fehlt, und daß von ihm aus sich das Tegmen tympani der höheren Säuger entwickelt. Das Ansetzen des später verknöchernden Bindegewebes, das die Überdachung des sekundären Facialis- kanales bis zur Apertura tympanica übernimmt, schließt an die Verhältnisse von Lepus an, wo der mediale Teil des Tegmen tympani dieselbe Funktion, allerdings bereits in knorpeligem Zustande, übernimmt. Bei Didelphys scheint diese zweite Überdachung des Facialisstammes erst mit der Ver- knöcherung des Bindegewebes einzutreten; wenigstens konnte ich bei keinem der Stadien Knorpel in der Bindegewebsschicht finden. Die Überdeckung der Gehörknöchelchen, die bei höheren Säugern durch das Tegmen tympani geschieht, findet hier durch Deckknochen, und zwar durch das Squamosum, statt. Nach hinten und ventral zu schließt an das Tuberculum tymjjani die Crista parotica an. Sie ist ein stark ausgeprägter, außerordentlich langer und umfangreicher Fortsatz. An ihrem ventral-vorderen Rande setzt in bekannter Weise der Reichertsche Knorpel an. Bei Stadium IV sehen wir noch, daß diese Verschmelzung sekundär ist, dort geht das Gewebe der Crista parotica und des Hyale nicht homokontinuierlich ineinander über. Die Höhlung, die von der Crista parotica lateral begrenzt wird, bezeichnen wir besser mit Gaupp als Cavum inf racristale ; Sulcus facialis ist darum weniger zutreffend, weil der Facialis nur einen kleinen Teil dieses Raumes in Anspruch nimmt. Dorsal von ihm finden wir noch bei Stadium I die Vena capitis lateralis in wohlentwickeltem Zustande vor, wenn auch nicht mehr in so großer Ausdehnung wie bei Stadium IV und III. Bei höheren Säugern geht sie im Embryonalleben schon sehr zeitig zu Grunde, während sie bei Echidna lebenslang persistiert. Ob dies bei Didelphys auch der Fall ist, kann ich nicht sagen, jedenfalls erhält sie sich dort ebenso, wie Cords dies bei Perameles gezeigt hat, erheblich länger als bei Monodelphiern. In seinem hinteren Teile birgt das Cavum infracristale die Sehne des Musculus stapedius, der in seinem kaudalen, blinden Ende ansetzt. Lamina SUpracapSUlaris. Dorsal von der Ohrkapsel finden wir noch einen schmalen Knorpelstreifen, der mit ihr homokontinuierlich verbunden ist. Ich habe ihn nach G a ii p p s Vorgehen im ganzen als Lamina supracapsularis bezeichnet. Eine Zerlegung in einzelne Teile, wie V o i t sie bei Lepus vornimmt, wäre bei Didelphys völlig verfehlt, da der ganze Knorpelstreifen gleichen Ursprungs ist und einen einheitlichen Eindruck macht. Er ist nirgends durch einen Spalt von der Ohrkapsel getrennt. Eine derart feste ^^erbindung ist vorläufig außer bei Didelphys nur noch von G a u p p bei Echidna festgestellt worden, bei sämtlichen übrigen bekannten Formen findet sich dorsal von der Ohrkapsel eine Lücke, die Fissura capsulo-parietalis s. Foramen jugulare spurium. Merkwürdigerweise weicht auch Perameles, der das gleiche Verhalten zeigt wie höhere Säuger, hierin wiederum stark von Didelphys ab. In welchem Maße bei Dasyurus und Trichosurus eine dorsale Ab- lösung der Ohrkapsel vorhanden ist, läßt sich nach den Abbildungen von B r o o m nicht bestimmen. Daß die Lamina supracapsularis mit der Taenia marginalis von Lacerta zu homologisieren ist, hat G a u p p nachgewiesen. Der Form der Taenia marginalis, d. h. eines schmalen Stabes, ist sie bei Didelphys entschieden von allen Säugern am ähnlichsten, während ihre feste Verbindung mit der Ohr- kapsel als etwas Sekundäres anzusehen ist. Der hauptsächliche Grund für die stärkere Verbreiterung der Lamina supracapsularis bei den Monodelphiern mag wohl in der Basalverlagerung der Ohrkapsel liegen, deren Platz als laterale Begrenzung des Gehirns nun von dieser ausgefüllt werden muß. Tectum posterius. Zwischen den hinteren Polen der Ohrkapsel spannt sich fast gerade wagerecht hinüber das Tectum posterius aus. Ich erwähnte bereits oben bei der Beschreibung, daß — 63 — es ziemlich ausgedehnt ist und zum Teil einen hinteren Abschluß für das Gehirn, zum kleineren ein Dach für die am meisten kaudal gelegenen, dorsalen Hirnpartien bildet. In seiner völlig dorsalen Lage und darin, daß ein Teil wenigstens noch als Schädeldach fungiert, haben wir wiederum primitive Merkmale zu erblicken. Bei Lacerta spannt sich das schmale Tectum synoticum direkt dorsal über das Gehirn fort, bei Säugern dagegen findet wegen der starken Vergrößerung des Gehirns eine Um- lagerung aus der horizontalen in die vertikale Lage statt, und es bildet nunmehr den kaudalen, nicht den dorsalen Abschluß des Schädels. Bei Echidna und ähnlich bei Didelphys ist jedoch noch ein Teil des Tectums wenigstens zur Überdachung herangezogen. An Stadium III können wir deutlich erkennen, daß das ausgedehnte Tectum, wie wir es bei I finden, sich aus zwei Komponenten zusammen- setzt. Der dorsale, zugleich oral liegende Teil erscheint dort als schmaler, dünner Knorpelstreif an der Vereinigungsstelle von Lamina supracapsularis und Occipitalpfeiler über die MeduUa gespannt, der ganze kaudal und ventral davon liegende Abschnitt aber, der den hinteren Abschluß des Gehirns bildet, entsteht nicht im Anschluß an den dorsalen Teil, sondern vereinigt mit dem Occipitalpfeiler. ßeginn d sekundären Teils des Tectum posterius Tcc/um synoticum rec/utn synoUcutti Sekundärer Teil d Tectum posterius Fig. 22. Schnitt durch das Tectum synoticum und den oralen Beginn des sekundären Tectum posterius. Serie III. Vergr. 22,-5 : 1. Fig. 2.'3. Schnitt durch das liaudale Ende des Tectum synoticum und das Tectum posterius. Serie III. Vergr. 22,5 : 1. Beide Teile nebeneinander zeigen die Figuren 22 und 23. Bei der letzteren sehen wir beide Ver- bindungen übereinander liegend vmd eine Lücke zwischen sich lassend. Bereits zwei Schnitte weiter in kaudaler Richtung ist die dorsale geschwunden, und nur die ventrale bildet als kompakte Knorpel- platte vertikal stehend den kaudalen Abschluß des Schädels. Ich bin nun entschieden der Meinung, daß nur die dorsal und oral liegende Komponente des Tectum posterius, die hier noch isoliert ist, dem Tectum synoticum von Lacerta homolog ist. Sie steht in gleicher Verbindung mit den hinteren Polen der Ohrkapseln und dem Oberrande der Lamina supracapsularis wie dort und entspricht in ihrer Ausbildung als schmaler Knorpelstreif, der sich dorsal über die hintersten Partien des Gehirns spannt, dem Tectum synoticum von Lacerta völlig. Daher möchte ich diesen Abschnitt als Tectum synoticum bezeichnen, im Gegensatz zu dem ganzen Tectum posterius, zum mindesten hier, wo sie sich trennen lassen. Ich bin überzeugt, daß bei einer großen Anzahl von Säugern, wenn nicht bei allen, das Tectum posterius, wie G a u p p es schon vermutete, nicht allein aus dem eigentlichen Tectum synoticum, sondern phylogenetisch zum mindesten aus zwei Komponenten entsteht, von denen die ursprüngliche die Hinterpole der Ohrkapseln miteinander verbindet, während die sekundäre eine feste Verbindung des Tectum mit den Occipitalpfeilern herstellt, so wie dies bei Didelphys onto- genetisch noch nachweisbar ist. Alis diesem Grunde erkläre ich mir auch die Zwiespältigkeit in der Literatur, ob das Tectum posterius der Ohrregion oder der Occipitalregion zuzurechnen ist. Meine — 64 — Ansicht geht dahin, tLiß der primäre Schädelabschluß nach hinten und oben der 0 h r- region angehört, wie ich es im nächsten Abschnitt noch näher ausführen werde; die Verbindung mit der Occipitalregion dagegen halte ich für sekundär. Bei Didelfhijs entsteht der Anschluß des Tectum synoticum an die Ohrregion auch ontogenetisch früher als der sekundäre an die Occipital- pfeiler, doch ist es wohl möglich, daß hierin bei höheren Säugern eine Abänderung eintritt. Bei Didelphys IV ist das Tectum synoticum noch gar nicht verknorpelt, jedoch bereits vorknorpelig in fester Verbindung mit der Lamina supracapsularis beider Seiten. Ob es später von einem unpaaren oder von paarigen Zentren aus verknorpelt, ist nicht zu sehen und ja auch unwesentlich. Eine Ver- bindung des Tectum mit den Occipitalpfeilern ist dort überhaupt noch nicht vorhanden. d. Regio occipitalis. Wie bei den übrigen Regionen des Primordialcraniums von Didelphys, so lassen sich auch an der Occipitalregion vorwiegend primitive Charaktere nachweisen. Vor allen Dingen sehen wir dies an der Zweizahl der Hypoglossuslöcher, der vertikalen Stellung des Fora m e n m a g n u m und der steilen Lage der Occipitalp feiler. Das Vorhandensein zweier Durchtrittsstellen für den Hypoglossus findet sich bei Marsupialiern nicht allgemein. Nach Cords besitzen Perameles und mitunter auch Dasyurus nur ein gesondertes Foramen, während B r o o m für Trichosunis und Dasyurus deren zwei angibt. Ich kann die Liste noch dahin vervollständigen, daß ich an Schädeln von Macropus und Halmafurus zwei, bei Thylacinus dagegen nur ein Hypoglossusloch fand. In der Mehrzahl dieser Foramina haben wir bekanntlich eine Andeutung der Metamerie des hintersten Schädelabschnitts' zu sehen, und in ihrem Zusammen- fluß nichts weiter als eine Durchschneidung der trennenden Skelettbrücke. Die Occipit alpfeiler zeigen, wie ich oben beschrieb, bei Didelphys noch die ursprüng- liche Vertikalstellung, wie wir sie bei Echidna imd Lacerta finden. Bei allen übrigen bekannten Formen sind sie durch die Vergrößerung des Gehirns mehr oder weniger nach hinten umgebogen und dadurch in eine schräge Lage gekommen, was zugleich eine Umlagerung des Foramen magnum aus der vertilcalen in eine geneigte Lage bedingt. Bei Didelphys besitzt auch dieses noch die ursprüng- liche Lage. Nur die Incisura intercondyloidea, in der der Zahnfortsatz des Epistropheus ruht, ist horizontal gelagert. Die Occipitalpfeiler sind wie bei Echidna mit der Ohrkapsel homokontinuierlich verbunden. Hierdurch unterscheiden sie sich wesentlich einerseits von Lacerta, wo sie ihr nur anliegen, und andererseits von den höheren Säugern, wo sie, zum Teil wenigstens, durch die Fissura occipito-capsularis von ihr getrennt sind. Bei Stadium IV sehen wir noch deutlich, daß die Ver- schmelzung auch bei Didelphys nur sekundär ist. Überhaupt zeigt die Occipitalregion dieses jungen Tieres eine überraschende Ähnlichkeit mit Lacerta. Wir sehen ihrer ganzen Ausdehnung nach die Occipitalpfeiler zunächst basal durch einen Spalt, später mehr dorsal durch ein deutliches Peri- chondrium von der Ohrkapsel getrennt, während sie mit der Basalplatte homokontinuierlich ver- bunden sind. Genau wie bei Lacerta legen sich die Occipitalpfeiler dem Kaudalpole der Ohrkapsel von der Medialseite her an und ziehen vertikal nach oben, wo sie frei enden. Der hintere Pol der Ohrkapsel dagegen geht homokontinuierlich in die Anlage des Tectum synoticum über. (Siehe Fig. 24 und 25.) Aus diesen Befunden bei Didelpliys IV erhellt deutlich, daß wir das eigent- liche Tectum synoticum der Oticalregion zuzuzählen haben. Seine erste Anlage bei Didelphys I V stellt erst einen schmalen, vorknorpeligen Streif dar, der in Lage imd Ausbildung dem gleichen 65 — Anf^ede& Tecf. synot. Atlas Skelettstück bei Lacerta genau entspricht. Die große Ausdelinung, die das Tectiun ^posterius bei Didelfhys I besitzt, ist, wie wir oben gesehen haben, erst ein Erwerb der späteren ontogenetischen Entwickhing. Die neu hinzukommenden Partien sind dann sowohl mit dem dor- salen, zur Ohrregion gehörigen Abschnitt des Tectum posterius als auch mit den Occipitalpfeilern verbunden. Bei Echidna läßt sich die Zugehörigkeit des Tectum posterius zur Ohrregion nicht mehr ontogenetisch nachweisen, dagegen ist deutlich ersichtlich, daß auch dort die Verschmelzung der Occipitalpfeiler mit den Ohrkapseln erst sekundär eintritt. In dieser Beziehung zeigen die Placen- talierschädel (Lepus, Canis, Sus, Talpa, Megaptera) wie Perameles, bei denen einen ursprünglicheren Zustand. Mit der Steilstellung der Occipitalpfeiler hängt zusammen, daß aiich die Ebene des Foramen magnum nahezu vertikal steht. Das A 1 1 a n t o - o c c i p i t a 1 - G e 1 e n k macht im Laufe der Entwicklung starke Veränderungen durch. Zunächst bei Stadium IV, III und II ist es noch einheitlich und fließt mit dem Atlanto-epistropheal-Gelenk zusammen, bei I dagegen ist sowohl das erstere in zwei Gelenkhöhlen geschieden, als auch gegen das letztere Gelenk abgeschlossen. Wir finden also dieselben Verhältnisse, wie sie Talpa zeigt, wo auch im Laufe der ontogenetischen Ent- wicklung die zunächst einheitlichen Gelenkhöhlen gegeneinander abgegrenzt werden, im Gegen- satze zu Eclridna, wo ihre ^'ereinigung auch im erwachsenen Zustande persistiert. iam supr3C3ps. Cän semicirc post öccipirs/pfeiler Conif. occipit Fig. ■Dais epistn Schiiiü (liirrh die Anlage des Tectum synoüeum. Serie IV. Vorgr. 22, .5 : 1. ein Ti'il des Spaltes zwischen beiden bestehen bleibt, llin/ererPol if. 0/irkapsd Üccipil3lpfeiler Cstnioccip AtJjs Flg. TecA sy/joh'cum lam supracaps. 2. Visceralskelett. Nur wenige Worte will ich noch über den U n t e r k i e f e r und die Gehör- k n ö c h e 1 c h e n sagen. Um die erste Anlage von Hammer und Amboß nachzu- prüfen, waren die vorliegenden Stadien sämt- lich schon zu weit entwickelt. Daher will ich auf die Befunde von F u c h s nicht ein- gehen, nach denen der Beginn der Entwick- lung vom Meckelschen Knorpel getrennt vor sich gegangen sein soll. Später bei Besprech- ung der Deckknochen werde ich allerdings auf die von Fuchs bei Didelphys gefundenen Ver- hältnisse der Knorpelbildung im Unterkiefer zurückkonmien müssen. Jedenfalls haben mich seine Ausführungen nicht zu überzeugen vermocht, und ich habe keine Ursache, die von den meisten Forschern anerkannte und vorzüglich gestützte Reichertsche Theorie für unrichtig zu h.ilten. Von M a 1 1 e u s und I n c u s ist wenig zu sagen. Der erstere steht auch bei Stadium IV Zoiilogica. Hi'ft 7(1. . ü Sehiiitl dureh die Anl.ige des Teetiim syiiotirum. Serie IV. Vergr. 22,.^j : 1. — »16 — in lioniokontinuierlichL'r, knorpeliger ^'erbin(lung mit dem Meckelsclien Knorpel, doch differenziert sich seine Form erst allmählich aus dem zunächst kolbig verdickten, proximalen Ende des Primordial- Unterkiefers heraus. Bei dem jüngsten Stadium ist er vom Incus nur durch ein Perichondrium getrennt, bei Stadium I dagegen ist ihre Scheidung bereits vollständig, doch ist auch dort von der Bildung einer Gelenkhöhle noch nichts zu sehen. Ferner möchte ich nur noch betonen, daß das vorknorpelige Manubrium des Stadiums IV bereits homokontinuierlich mit dem Hammerkörper verbunden ist. Der S t a p e s ist, wie ich schon oben erwähnte, durch eine kleine Öffnung für die Arteria stapedialis durchbohrt. Trotzdem zeigt seine Form eigentlich viel größere Ähnlichkeit mit der undurchbohrten Steigbügelform, wie sie Perameles und Echidna besitzen, wo der Stapes noch säulen- förmig ist, als mit der typischen wie sie bei Lepus und den meisten höheren Säugern vorkommt. Der Stapes von Didelphys entspricht völlig der Beschreibung, die G a u p p für den von Echidna gibt, nämlich einer kurzen, soliden Keule mit etwas verjüngtem Stiel (siehe Tafelfigur 10). So stellt er gewissermaßen einen Übergang von der primitiven, columellaähnlichen Form, wie sie der Stapes von Echidna und Perameles besitzt, zu den eigentlichen Steigbügelformen der höheren Säuger dar, da seine Gestalt mehr dem j^rimitiven Stapes entspricht, seine Durchbohrung durch die Arterie aber dem Steigbügel höherer Formen. Der M e c k e 1 s c h e Knorpel weist, wie ich oben beschrieb, an seinem oralen Endo eine eigenartige Komplikation auf. Bei Stadium I legen sich die Knorpel beider Seiten von der Lateral- seite her an ein unpaares, knorpeliges Schaltstück an, das sie sowohl oral wie kaudal überragt. Be- trachten wir die jüngeren Serien, so finden wir von dieser Copula noch keine Andeutung, sondern nur eine sehr breite und lange Synchondrose des Meckelschen Knorpels, bei welcher das Knorpel- gewebe der einen Seite homokontinuierlich in das der andern Seite übergeht. Weder oral noch kaudal ist der mediale Teil verlängert. Vor und hinter der Synchondrose aber befindet sich ein deutliches Bindegewebsband, das die Mandibulae beider Seiten verbindet. Ich bin nun der Meinung, daß wir in dem medialen Schaltknorpel keine selbständige Bildung zu erblicken haben. Bekanntlich fällt der orale Teil des Meckelschen Knorpels der Verknöcherung anheim, und diese beginnt hier sehr zeitig, denn bereits bei Stadium III sehen wir, daß der Knorpel an seinem lateralen Umfange groß- blasig wird. Bei Stadium I ist die Degeneration schon weiter fortgeschritten, an seinem lateralen Umfange ist er in Knochengewebe übergegangen. Der mediale Teil der Synchondrose wird vor- läufig aber nicht in Mitleidenschaft gezogen, sondern er behält das Aussehen jüngeren Knorpels und beginnt nun sogar, sich gegen die lateralen, verknöchernden Partien durch ein dünnes Perichondrium abzuschließen (siehe Seite 12, Figur 4). Gleichzeitig kommt es in den Bändern oral und kaudal davon zur Bildung von Knorpel, der mit der Synchondrose in Zusammenhang tritt. So entsteht ein langer, medialer, unpaarer Knorpelstab in der Mandibularsymphyse. Dieser erhält sich am längsten in knorpeligem Zustande und ist noch vorhanden, wenn die oralen Teile des Meckelschen Knorpels bereits völlig in der Mandibula aufgegangen sind. Da nun, wie ihre Entstehung das lehrt, die Copula in ihrem mittleren Teil der Synchondrose selbst entstammt, wozu noch oral und kaudal neue Partien durch Verknorpelung der Bänder kommen, welche die außerordentlich lange Mandibularsymphyse zusammenhalten, bin ich der Meinung, daß sie der Bildung entspricht, die G a u p p bei älteren Stadien von Echidna schildert. Er schreibt dort Seite 634: ,,Im Gegensatz zu den Zerstörungs- prozessen, die am Knorpel selbst beobachtet werden, hat die mediane Verdichtung des Bindegewebes, die schon auf Stadium 49 zwischen den vordersten Enden des Meckelschen Knorpels auftrat, zuge- noininen und so eine vor der Mandibularsynchondrose gelegene und nicht mit ihr zusammenhängende - G7 — vordere, intermandibtiläre Verbindung geschaffen, deren Material Bindegewebe ist, stellenweise jedoch auch knorpelähnlichen Charakter besitzt." .\iiderer Art sind dagegen die Bildungen, die bei Perameles (nach C o r d s) und bei neugeborenen Katzen und älteren Schweinsembryonen (nach B a u m ü 1 1 e r) zu hnden sind. Dort handelt es sich um akzessorische Knorpelkerne in der Gegend der Mandibularsymph}'se, die mit dem Meckelschen Knorpel verschmelzen können. C. Deckknochen. Die Deckknochen sind sämtlich bereits angelegt und weisen bei .Stadium I einen recht hohen Entwicklungsgrad auf, so daß sie die Form des knöchernen Schädels bereits mit großer Deutlichkeit erkennen lassen. Das I n c i s i V u m läßt deutlich einen Körper sowie drei Fortsätze, einen Processus }) a 1 a t i n u s m e d i a 1 i s, einen Processus palatinus lateralis und einen P r o- c e s s u s f r o n t a 1 i s miterscheiden. Der Körper liegt der Ventralfiäche der Nasenkapsel an und bildet die knöcherne Bedeckung der Lamina transversalis anterior. Er stimmt in Länge und Form fast genau mit ihr überein. In lateraler Richtung überragt das Incisivum die Lamina trans- versalis ein wenig und bildet so eine Unterlage für den Ductus naso-lacrimalis und zwar für den Abschnitt, der der Fenestra narina zunächst liegt. In kaudaler Richtung verläuft der Tränennasen- gang hierauf zwischen dem Incisivum und der Nasenkapsel, wie bereits oben erwähnt, in einer seichten Rinne des Knorpels. Der Körper trägt zwei Zahnalveolen. Die vordere, medial gelegene, enthält die Anlage des ersten Incisivus, während in der zweiten, in dem Abschnitt, der zum Körper des Incisivum gehört, der zweite und dritte Schneidezahn liegen. Nach hinten zu ist diese Alveole nicht abgeschlossen, sondern greift auf den Processus palatinus lateralis über, und hier trägt sie noch die Anlagen des vierten und fünften Incisivus. Die Anlagen des ersten, zweiten und fünften Schneidezahns über- treffen die, allerdings verschwindend kleinen, des dritten und vierten beträchtlich an Größe. Am Hinterrande der Lamina transversalis anterior teilt sich das Incisivum in die beiden Ciaumenfortsätze, den Processus palatinus medialis und lateralis. Der letztere bildet die direkte Fortsetzung des Körpers, ja wie ich oben beschrieb, geht die zweite Zahnalveole ohne Trennung vom Corpus auf ihn über. Der Processus j^alatinus lateralis ist stark entwickelt und besteht aus zwei Lamellen, einer medialen und einer lateralen, die die Begrenzung der Zahnalveole bilden. Der mediale Gaumenfortsatz spaltet sich von dem lateralen an der Stelle ab, wo der Ductus naso-palatinus aus der Mundhöhle in die Nasenhöhle eintritt und folgt dem Paraseptalknorpel bis an sein kaudales Ende. Dieser liegt dem knöchernen Fortsatz von der Lateralseite her angeschmiegt in einer Rinne desselben und wird medial und ventral von ihm umfaßt. Vom Hinterrande des Körpers und dem Oberrande des Processus palatinus lateralis aus zieht in dorsaler Richtmig der Processus frontalis. Er besteht aus einer ziemlich dünnen und breiten Platte, die sich mit ihrem dorsalen Teile fest auf das Nasale legt und nach hinten zu bis an das Maxillare reicht, gegen welches das Incisivum mit fast vertikaler Kante abschließt. B r o o m beschreibt nun außer diesen Fortsätzen bei Trichoswus noch einen Processus praenasalis, wie ihn die Reptilien dauernd und Echidna vorübergehend besitzen. Er fand an der fraglichen Stelle, d. h. zwischen den vorderen Polen der Nasenkapsel, nach hinten und oben — 68 — zvi bis an das Nasale reichend, einen verdichteten Gewebsstrang, von dem er annimmt, er stelle dege- neriertes Knochengewebe dar, es handle sich also um einen rückgebildeten Processus praenasalis, der nicht mehr zur Verknöcherung gelangt. Worauf B r o o m diese Ansicht stützt, wird nicht angegeben. Auch bei DidelpJiys fand ich zwischen den oralen Teilen der Nasenkapsel genau an der- selben Stelle wie Broom bei Trichosiirus einen verdichteten Gewebsstrang, den ich aber wesentlich anders deute. Bei näherer Betrachtung ergibt sich nämlich, daß dieser Strang mit dem Körper des Incisivum keinerlei Verbindung besitzt. Er zieht oral an ihm vorbei und verbindet sich dagegen nach vorn zu mit der Epidermis, die die Nasenspitze überzieht. Es handelt sich also bei dem Gewebsstrang um nichts anderes als eine Epidermislamelle, die sich zwischen die beiderseitigen Vorder- enden der Nasenkapsel schiebt. Ob der ,, Processus praenasalis", den Broom beschreibt, einen ebensolchen Ausläufer der Epidermis darstellt oder wirklich degeneriertes Knochengewebe, das vermag ich nach seiner wenig eingehenden Schilderung nicht anzugeben. Das Maxillare läßt die bekannten Teile unterscheiden: Corpus, Processus a 1 V e o 1 a r i s, Processus frontalis, Processus p a 1 a t i n u s und Processus z y g o m a t i c u s. Es schließt sich in kaudaler Richtung an das Incisivum an und zwar mit dem Vorderrande des Körpers, des Processus alveolaris, des Processus palatinus und des Processus fron- talis. Seine hintere Begrenzung findet der Processus palatinus durch das Palatinum, der Processus zygomaticus durch das Jugale, und zwischen die Verbindungsstelle von Processus frontalis und zygo- maticus und die Nasenkapsel schiebt sich von hinten her das Lacrimale. Der Körper ist klein und bildet eigentlich nur den Ausgangspunkt für die verschiedenen Fort- sätze. Von ihm aus in dorsaler Richtung geht der Processus frontalis ab; er besteht aus einer schmalen aufsteigenden Platte, die sich zum Teil an das Lacrimale, in seinem vorderen und oberen Teile der Nasenkapsel direkt anlegt. Der Fortsatz zieht kaudal vom Nasale nach oben und legt sich zwischen dieses und das Frontale; auf dem vorliegenden Stadium verschmilzt er noch nicht mit ihnen, sondern bleibt durch schmale Spalte getrennt, in denen der Knorpel sichtbar wird. Ventral setzt sich dem Körper der Processus alveolaris an. Er besteht aus zwei Lamellen, einer medialen und einer lateralen, die zwischen sich die Zahnalveolen fassen. Deren sind wie am Licisivum zwei vorhanden: oral liegt eine außerordentlich große und tiefe, in der sich nur die Anlage des stark vergrößerten Caninus befindet, und kaudal davon eine flache, einheitliche, langgestreckte, die alle übrigen Zahnanlagen enthält. Getrennt sind die beiden Höhlungen durch ein vertikal stehendes, knöchernes Septum, das die Hinter- wand der Alveole für den Caninus bildet. Der mediale Rand des Processus alveolaris ist verdickt und bildet so eine fortlaufende oro-kaudal verlaufende Erhebung, die über die ganze Gaumenflächc verläuft und die Grenze zwischen Processus alveolaris imd Processus palatinus bildet. Ein zweiter derartiger, längsverlaufender Wulst zieht über den Processus palatinus selbst und zwar ziemlich genau in seiner Medianlinie. Der Processus palatinus, der sich medialwärts an den Processus alveolaris anschließt, reicht in kaudaler Richtung bedeutend weiter als dieser. Im vorderen Teile stoßen die Gaumenfortsätze beider Seiten in der Mitte zusammen, und die Verbindung zwischen beiden wird gebildet durch einen paarigen Streifen accessorischen Knorpels. In der gleichen Weise fand Cords bei Perameles die Maxillaria beider Seiten in der Medianlinie miteinander ver- bunden. Oral reicht der Processus palatinus bis zum Hinterrande des Foramen incisivum, dessen kaudale Begrenzung er "bildet. Vorn wird es vom Körper des Incisivum. medial von seinem Processus palatinus medialis und lateral vom Processus lateralis umschlossen. An der Stelle, wo der Körper des Maxillare in den Processus zygomaticus übergeht, wird er — 69 — durch das große Forameii infraorbitale durchbohrt, durch welches der Ranius niaxillaris des Trige- minus tritt. Von dort aus zieht der Processus zygomaticus in kaudaler Richtung und legt sich in seinem Verlaufe der medialen Seite des Jugale fest an. In bekannter Weise bildet das P a 1 a t i n u m in der Hauptsache den hinteren Teil des knöchernen Gaumens. Man kann an ihm mit großer Deutlichkeit ein Pars h o r i z o n t a 1 i s sive p a 1 a t i u a und eine Pars p e r p e n d i c u 1 a r i s unterscheiden. Der horizontale Teil schließt sich medial und kaudal an den hinteren Abschnitt des Gaumenfortsatzes des Maxillare an und reicht nach hinten zu etwa bis zum Foramen rotundum. Im vorderen Teile wird die mediale Verbindung zwischen den Palatina beider Seiten wie beim Maxillare durch einen paarigen Streifen akzessorischen Knorpels gebildet. Der Processus palatinus zeigt drei Lückenbildungen, die bekannten Foramina palatina der Marsupialier. Nur das am weitesten oral gelegene, das sich etwa an der Grenze zwischen Maxillare und Palatinum befindet, dient als Nervendurchtrittstelle, die beiden anderen, die weiter kaudal, nahe dem Hinterrande des Palatinum liegen, sind fest verschlossen. Die Pars palatina liegt als breite Platte völlig horizontal und bildet den knöchernen Boden für den Ductus naso-pharyngeus. An der Lateralseite wird dieser umgeben von der Pars jierpendicularis des Pala- tinum, die in oraler Richtung ein ganzes Stück über den Gaumenteil hinausragt und mit ihrem vorderen Zipfel fast das Lacrimale berührt. Mit ihrer Dorsalkante legt sie sich im vorderen Teile dem Unter- rande des Frontale an und ist dort der Nasenkapsel fest aufgelagert. Weiter hinten bildet sie, wie gesagt, die laterale und teilweise auch die dorsale Begrenzung des Ductus naso-pharyngeus und ver- läuft, mit ihrem medialen Rande neben der Wurzel der Ala orbitalis und der Trabekelplatte liegend, längs dieser nach hinten. Auch die Pars perpendicularis wird von drei Löchern durchbohrt. Durch das hinterste erfolgt der bereits oben erwähnte Durchtritt des Nervus parabasalis (Vidianus) von der Medialseite des Palatinum auf seine Lateralseite und sein Zutritt zum Ganglion spheno-palatinum, das der Pars perpendicularis von der Lateralseite her anliegt. Von der Medialseite des Ganglion aus zweigt sich der Nervus naso-palatinus ab, tritt durch das mittlere der drei Foramina hindurch und zieht zum Nasenseptum. Schließlich geht die vordere Spitze des Ganglion spheno-palatinum in den Nervus spheno-palatinus über, der durch das vorderste der drei Foramina, das Foramen spheno- j^alatinum zieht; weiterhin durchbohrt er kurz darauf die Pars horizontalis des Palatinum in dem vordersten der drei Foramina palatina und zieht nun zur Gaumenschleimhaut. Das ,,S ä u g e r p t e r y g o i d" schließt sich an das Palatinum nach hinten zu an und hilft den knöchernen Gaumen vollenden. Es begrenzt wie jenes den Ductus naso-pharyngeus von der Lateralseite und der Ventralseite und zum Teil auch von oben her, besteht also gleichfalls aus zwei Laraellen. Die dorsal gelegene schmiegt sich der Ala temporalis an ihrem knorpeligen Teil eng an. Sie bildet eine flache, schmale Platte, die nach hinten zu bis zum Vorderrande des Foramen caroticum reicht. Dieser Teil des Säugerpterygoid liegt dorsal und lateral vom Ductus naso-pharyngeus; an seiner lateral-ventralen Ecke biegt es scharf in die Horizontalrichtung um und bildet mit der hier anschließenden Lamelle die ventrale Unterlage für die Choane. Vom Hinterrande des horizontalen Abschnitts aus geht noch ein kleiner Fortsatz nach hinten, ein H a m u 1 u s p t e r y g o i d e u s, der aus knorpelähnlichem Gewebe besteht. Wie G a u p p bereits ausgeführt hat, verläuft bei Didelphys der Nervus parabasalis vom Foramen caroticum aus in einem engen Kanäle (Canalis para- basalis) zwischen Pterygoid und Basalplatte nach vorn. Indem ich mich seiner Homologisierung des Säugerpterygoids mit dem Grus transversum des Parasphenoids der Reptilien anschließe, habe ich in diesem Nervenverlaufe ein primitives Merkmal zu erblicken, da die Nervenbahn in bezug 70 auf das lioiuologo Skelettstuck die gleiche ist wie bei Reptilien. Echidna besitzt hierin bereits ein abgeändertes Verhalten, während Perameles das gleiche zeigt wie Didelphys. Von dem Vorderrande des Pterygoid aus tritt dann der Nervus parabasalis auf die Ventralseite der Pars perpendicularis des Palatinum, die er dann wie erwähnt durchbohrt, um zum Ganglion spheno-palatinum zu gelangen'. Von den Deckknochen, die an der Bildung des harten Gaumens beteiligt sind, wäre als letzter noch der V o m e r zu besprechen. Mit seiner oralen Spitze reicht er bis an das Hintereude des Paraseptalknorpels und zieht von dort aus am Unterrande des Nasenseptums kaudalwärts bis zum kaudalen Ende der Lamina transversalis posterior. In seinem vordersten Teile ist der Vonier paarig und besteht aus zwei ganz dünnen Knochenlamellen, die sich, nach unten zu konvergierend, dem Septum anlegen. Nach kurzem, paarigem Verlaufe gelangen die beiden Lamellen zur Verschmelzung, und zwar geschieht dies durch eine ganz dünne Knorpelbrücke, die sich nahe den unteren Kanten zwischen beiden ausbildet. Nun ändert der Vomer seine Form. An der Ventralkante, die in seinem weiteren Verlaufe mit der der anderen Seite verschmolzen erscheint, bildet sich noch eine horizontale, lateralwärts vorspringende Lamelle aus, die bis zum Hinterende des Vomer reicht, während die fast vertikal stehende, die am Vorderende beginnt, vor der Lamina transversalis posterior verschwindet. Die Balken des Hinterendes sind untereinander in der Medianebene wiederum unverbunden und legen sich in die Längsfurche an der Unterseite der Lamina trans- versalis posterior, die ich bereits bei Besprechung der Nase beschrieb. Wenn wir die ontogenetische Ent- wicklung des Vomer betrachten, so finden wir, daß seine Anlage in ihrer ganzen Länge paarig erfolgt. Nicht nur in den am weitesten oral und kaudal gelegenen Ab- schnitten sind die Lamellen beider Seiten getrennt, _ 26. Schnitt dur. h dm [Jecossus ,;thniolurbiiialis. sondern der ganzen Länge des Knochens nach fehlt die Serie III. Vcr^T **- 5 ; 1 mediane Verbindung. Erst verhältnismäßig spät, bei Stadium IL erfolgt der Zusammenschluß zu einem unpaaren Knochen, während Stadium III (siehe Figur 26) noch zwei getrennte Vomeres zeigt. Die Verschmelzung erfolgt durch eine dünne Knochen- lamelle, wie sie bei Stadium I im vorderen Teile des Vomer noch vorhanden ist. Diese Art der Entsteh- ung des unpaaren Deckknochens aus einem Vomerpaar spricht außerordentlich für Gaupps Annahme, daß der Vomer der Säuger dem Vomerpaar der Reptilien gleichzusetzen sei, das von seiner Anlage- rungsstelle am Unterrande des Paraseptalknorpels an den Ventralrand des Septums rückt und dort in der Medianlinie verschmilzt. Bei Betrachtung der Unterseite des Schädels ist der Vomer nicht sichtbar, da er in seiner ganzen Länge bedeckt ist, und zwar im oralen Teile vom Processus palatinus des Maxillare, im kaudalen von der Pars horizontalis des Palatinum. Das L a c r i m a 1 e schiebt sich, wie ich oben schon erwähnte, zwischen die Nasenkapsel und das Maxillare ein. Der vom Maxillare gedeckte Teil besteht aus einer dünnen, knöchernen Platte, die in ihrem ganzen Verlaufe der knorpeligen Nasenkapsel ganz eng anliegt. Der unbedeckte Teil ist in lateraler Richtung stärker verbreitert und trägt zwei Foramina lacrimalia, durch welche die beiden Tränenkanäle den Knochen durchbohren, die sich bald darauf zu einem einzigen vereinigen. Dieser freiliegende Teil des Lacrimale besitzt einen in dorsaler Richtung vorspringenden spitzen Fort- ll/imoturb J MoxiZ/are. -Tronfale fil.D/fiicf. ffec front ^ec- maxri/. Fi'j ' Von der Anlage liiios niditnentären Parasphenoids, wie es F u ( h s meiner Serien aueh run- die s'erinMte Andeutung fiiiileri Uöiinen. in />((/('//'/(//.■•■ lesihreibt, habe ich Ixi Iveiner — 71 — Satz, der sich von der Lateralseite her auf das Frontale legt. Ganz außerordentlich sprechen die Befunde bei Didelfhys für die von G a u p p vertretene Homologie des Lacrimale der Säuger mit dem Praefrontale der Reptilien. Zunächst ist es die ganze Form des Knochens und seine Lage zu der knorpeligen Nasenkapsel und dem Maxillare und die des aufsteigenden Fortsatzes zum Frontale, die uns diesen Schluß sehr wahrscheinlich machen. Sodann kommen vor allem auch die Beziehungen des Knochens zum Ductus naso-lacrimalis in Betracht: ich erwähnte bereits, daß die Tränenkanäle das Lacrimale an zwei Stellen durchbohren. Nach der Durchsetzung des lateralen Abschnitts des Knochens kommt der Tränennasengang lateral von ihm zu liegen und zieht nun zwischen ihm und dem Maxillare, bis er über den Ventralrand des Lacrimale direkt an die knorpelige Nasenkapsel gelangt. Dieser Verlauf ist typisch gleich dem des Ductus naso-lacrimalis bei den Reptilien, wo er lateral von dem Praefrontale, zwischen diesem und dem Maxillare hindurchzieht. Auch in seiner recht erheblichen Größe zeigt das Lacrimale von Didelphys Ähnlichkeit mit dem Praefrontale der Reptilien. Das J u g a 1 e bildet eine flache, dünne Knochenplatte, die nach vorn zu mit dem Processus zygomaticus des Maxillare, nach hinten zu mit dem Processus zygomaticus des Squamosum verbunden ist. Dem ersteren lagert es sich von der Lateralseite, dem letzteren von der medialen her an und bildet mit einer schwachen, nach außen konvexen Krümmung den größten Teil des Jochbogens und die untere Begrenzung der Augenhöhle. In kaudaler Richtung schließt sich an das Jugale das Squamosum an. Es besteht aus zwei deutlich gegeneinander abgesetzten Teilen. Der eigentliche Körper wird gebildet durcli eine dünne Platte, die im wesentlichen der Außenwand der Ohrkapsel aufgelagert ist. Er findet sein kaudales Ende kurz hinter der Ansatzstelle des Hyale an der Crista parotica; von dort aus zieht das Squamosum oralwärts und während sein dorsaler Teil der Ohrkapsel aufliegt, bedeckt der ventrale die Crista parotica und reicht in ventraler Richtung sogar noch ein Stück darüber hinab. Dieser frei herabhängende Abschnitt bildet die laterale Begrenzung der Paukenhöhle. Vor der Ohrkapsel legt sich das Squamosum ein kurzes Stück weit der Gommissura orbito-parietalis von der Außenseite her an, iind ein ganz kurzer Fortsatz reicht noch bis an die Lamina ascendens der Ala temporal is. Der größte Teil des eigentlichen Squamosums bleibt also von der Begrenzung der Schädelseiten- wand ganz ausgeschlossen. Die Ursache für diese als primitiv anzusehende Lage des Squamosum an der Außenwand des Kanalteils der Ohrkapsel haben wir darin zu suchen, daß die Pars canali- cularis bei Didelfhys keine Umlagerung erfährt, wie dies bei den Placentaliern der Fall ist. Dalier behält auch das Squamosum in der Hauptsache die ursprünglichen Lagebeziehungen bei. Noch in höherem Maße als bei Didelfhys ist diese Lage bei Echidnn erhalten. Dort wird der Knochen an keiner Stelle zur Bikhing der Schädelseitenwand herangezogen, und der Processus zygomaticus ist nur eine Verlängerung des Squamosumkörpers. Bei Didelfhys hingegen setzt er sich oral vom Abgang des Processus noch ein Stück weit nach vorn zu fort, und dieser Teil liegt nun in der Seitenwand des Schädels. Am Squamosum von Echidna ist dieser Abschnitt gar nicht voi'handen. Nicht in seiner ganzen Ausdehnung liegt das Squamosum dem Knorpelschädel eng an; abge- sehen davon, daß sein ventraler Teil die Außenwand der Paukenhöhle bildet, und die Gehörknöchelchen von der Lateralseite her bedeckt, tritt zwischen der Ohrkapselwand und dem Squamosum ein Venen - ast hindurch, den ich bereits oben beschrieb. Es handelt sich wohl um das gleiche Gefäß, das ])ei Peranieles das Squamosum durchbohrt. Etwa am Vorderrande des Kanalteils geht der ventrale Abschnitt des S(|uainosum, indem er — 72 - etwas in lateraler Richtung umbiegt, in den Processus z y g o m a t i c u s über. Dem Körper zunächst besitzt dieser den Querschnitt eines Dreiecks, dessen Spitze dorsal liegt. Die ventral liegende Seite bildet die Gelenkfläche für das Unterkiefergelenk. Nach vorn zu gewinnt der Fortsatz darauf die Form eines seitlich komprimierten Stabes, der sich dem Jugale von der Lateralseite her anlegt. Zu bemerken wäre noch, daß weder Stadium I noch eins der jüngeren die geringste Spur von Knorpel oder knorpelähnlichem Gewebe an der Gelenkfläche trägt. Die Bildung des Gelenks hat bei Stadium I gerade begonnen. Das Nasale bildet den vordersten Deckknochen auf der Dorsalseite des Schädels. Im Verhältnis zu der Größe des Frontale und vor allem im Verhältnis zu seiner Längenausdehnung am erwachsenen Schädel ist es am Modell klein zu nennen. Nach vorn zu reicht es etwa bis in die Gegend des Hinterrandes der Fenestra narina; es legt sich fest an das Dach und an die Seiten wand des prae- cerebralen Teils der Nasenkapsel an. Hierauf macht es die starke Verbreiterung der Nase mit, die im Inneren dem Recessus lateralis entspricht, bildet aber im wesentlichen nur die Vorderwand dieses Teils. Nur ein kleiner verschmälerter Fortsatz geht auf dem Nasendach weiter nach hinten und legt sich über den Vorderrand des Frontale. Im Gegensatz zum Nasale ist das Frontale ein sehr ausgedehnter Deckknochen. Oral reicht er bis zum Nasale und bildet von dort aus in kaudaler Richtung ein Dach über dem Lobus olfactorius. Weiter nach hinten zu erstreckt er sich sogar bis zum Vorderrande der Ala temporalis. In der Medianlinie berühren sich die Frontalia beider Seiten fast. Lateral biegt das Frontale mit scharfer Kante in vertikale Richtung um, und diese Umbiegungsstelle bildet einen Arcus supra- orbitalis. Die vertikale Wand ist konkav als Innenwand der Augenhöhle. Sie ist dem hinteren Teil der Nasenseitenwand und der Commissura spheno-ethmoidalis aufgelagert und verschließt die Fissura, orbito-nasalis fast vollständig. Nur von ihrem kaudalen Teil, kurz vor der Wurzel der Ala orbitalis bleibt hinter dem Frontale eine kleine Lücke offen. Weiter hinten liegt es fest auf der Ala orbitalis, die es später zum Teil zum Schwinden bringt. Nun schließt sich kaudälwärts das Parietale an. Es gehört mit seinem medialen Teil gleichfalls zum Schädeldach, und sein lateraler Abschnitt liegt der Commissura orbito-parietalis und der Lamina supracapsularis auf. Die ventrale Kante des Parietale schneidet mit dem Oberrand der Ohrkapsel ab. In der Mittellinie stoßen die Parietalia beider Seiten fast aneinander. Kaudal vom Parietale, dieses mit seiner oralen Spitze noch überdeckend, folgt ein unpaares, großes Interparietale. Es bildet den kaudalen und dorsalen Abschluß des Schädels und reicht hinab bis auf das als Supraoccipitale verknöcherte Tectum posterius. Ontogenetisch entsteht das Interparietale wie der Vomer durch die mediale Verschmelzung ursprünglich paariger Knochen. Diese ist erst bei Stadium I eingetreten, bei allen übrigen sind die Interparietalia noch getrennt. In dem Vorhandensein eines Interparietale finden wir wiederum einen Punkt, in dem Didelplujs von Perameles abweicht, der kein freies Interparietale besitzt. Wir kommen nun zum Schluß noch zu der Besprechung der Deckknochen des Unterkiefers. Als größter und wichtigster ist da das große Mandibulare zu nennen, das die Alveolen für die Zähne trägt und in seinem Hauptteil dem Dentale der Reptilien homolog ist. Nur die beiden vordersten Zahnalveolen für die Incisiven sind begrenzt, alle übrigen gehen ohne Grenze ineinander über. Das Mandibulare besteht aus zwei etwa vertikal stehenden Lamellen, von denen die laterale hölior ist, und tlie zwischen sich die Zahnalveolen lassen, die eine lange, tiefe Furche bilden. Ventral sind die beiden l.ainelleii verbunden durch einen ziemlich massigen Körper. In einer flachen Rinne — 73 — am ventral-modialen Rande des Mandibulare verläuft der Meckelsche Knorpel naeh liinton. Erst kurz vor seinem proximalen Ende wird die Form des Unterkiefers komplizierter. (Siehe Tafelfigvir !).) Die laterale Lamelle nimmt zunächst erheblich an Breite zu und erhebt sich dann zu einem hohen Processus coronoideus. der sich von der Medialseite her dem Jugäle anlegt. Die laterale Fläche des Mandibulare ist am Ansatz des Processus coronoideus tief ausgehöhlt und bildet die Ansatz- stelle für den Masseter. Die mediale Begrenzungslamelle des Alveolarraums findet etwa am Hinter- rande des Processus coronoideus ihr kaudales Ende; sie ist dort durch einen vertikalen Knochen- balken mit der lateralen verbunden. Durch eine große Lücke in diesem Verbindungsstück zieht der Ramus mandibularis des Trigeminus zwischen dem Meckelschen Knorpel und dem Mandibulare in das letztere hinein. Dem vertikalen durchbohrten Knochenabschnitt legt sich von hinten her der aufsteigende Teil des Meckelschen Knorpels fest an. Hinter dem Processus coronoideus verdickt sich der dorsale Teil des Mandibulare sehr stark zu dem Processus c o n d y 1 o i d e u s, der die Gelenkfläche für das Unterkiefergelenk trägt. Von ihm aus zieht nach unten zu noch eine dünnere Knochenplatte, die den Meckelschen Knorpel, das Goniale und das Tympanicum von der Lateralseite umgibt. Sie trägt an ihrer ventral-kaudalen Ecke einen kleinen aus Knorpel bestehenden Processus angularis. Das Mandibulare besitzt zwei Knorpelkerne: einmal den schon erwähnten Processus angularis und zweitens einen ausgedehnten Knorpelüberzug über der Gelenkfläche. Ich möchte mit aller Bestimmtheit betonen, daß ich beide für akzessorischen Knorpel halte. Vor allem scheinen mir der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung dafür zu sprechen. Während sich nirgends irgendwelche Verbindungen nach dem Meckelschen Knorpel und den Gehörknöchelchen zeigen, sind die Beziehungen zum Mandibulare außerordentlich deutlich. Der Condylus- und Angulusknorpel bilden sich überhaupt erst, wenn die primordialen Knorpelteile bereits den höchsten Grad ihrer formellen Ausbildung erreicht haben, und zwar im engsten Anschluß an den Deckknochen. Weder Stadium III noch Stadium IV (bei dem ersteren ist das ganze Primordialkranium bereits vollständig) zeigen die geringste Spur von Knorpel im Gelenk. Erst bei Stadium II ist der Condylusknorpel und bei Stadium I auch der Angulus- kern gebildet. Sie entstehen in dem straffen Bindegewebe, das den Knochen und insbesondere die Gelenkfläche überzieht. Bezüglich des Zeitpunkts ihres Auftretens stimmen sie völlig mit allen übrigen akzessorischen Knorpelkernen überein, die sämtlich viel später entstehen als die primordialen Skeletteile. Ich erinnere da nur an den Lidknorpel und an den medialen Verbindungsknorpel im Processus palatinus des Maxillare, der auch nur bei Stadium I zu finden ist. Ich glaube daher F u c h s' Meinung, der den Condylusknorpel für homolog dem Articulare der Reptilien hält, zurückweisen zu müssen. Dem Mandibulare von innen her angeschmiegt finden wir noch zwei kleinere Deckknochen. Der Ventralrand des Meckelschen Knorpels wird umfaßt vom Geniale, das später den Pro- cessus F o 1 i a n u s des Hammers bildet. Es ist ziemlich ausgedehnt und reicht als flache Rinne vom oralen Rande des Condylus bis an den Hammerkopf. Ventral vom Goniale legt sich als typischer Deckknochen des Unterkiefers das T y m p a n i- c u m dem Mandibulare an. Es beginnt vorn an gleicher Stelle mit dem Goniale als unpaarer Stat), der sich nach kurzem Verlaufe in zwei Teile teilt. Der ventrale zieht nach unten zu bis etwas über den Processus angularis hinaus, wo er frei endet, und der dorsale verläuft zunächst ventral vom Goniale und parallel mit ihm. Darauf schlingt sich der Stab um den Ventralrand des Goniale herum auf seine Lateralseite, wo er mit dem (iimialc zugleich endet. Zoolüau;ii. Uclt 7u. 10 — 74 - Peters war der erste, der fand, daß sich das Tympanicuni bei den Marsupialiern als Deck- knochen des Unterkiefers anlegt, und daß wir es wohl als Homologon eines derartigen Skelettstückes der Reptilien aufzufassen haben. Welchem freilich das Tympanicum homolog zu setzen ist, dafür bieten auch die Verhältnisse bei Didelphys keine neuen Anhaltsjiunkte, es hat jedoch die von van Kaminen zuerst durchgeführte Homologisierung mit dem Angulare der Reptilien viel Wahrscheinlichkeit für sich. D. Ergebnisse. Ehe ich daran gehe, die Hauptergebnisse der vorstehenden Arbeit zusammenzufassen, möchte ich noch eine Frage allgemeiner Natur behandeln, die sich mir bei den Untersuchungen aufgedrängt hat. Wenn wir die ontogenetische Entwicklung von Didelphys studieren, so fällt uns sofort auf, wie außerordentlich früh das Primordialcranium zur V e r k n o r p e 1 u n g gelangt. Stadium IV, ein Beuteljunges von 19 mm Länge, dessen Köpfchen nur 4 mm maß, zeigte bereits eine völlig ver- knorpelte Basalplatte, ja, bis auf einzelne Partien der Ohr- und Nasenkapsel und das Tectum synoticum, die sich noch in vorknorpeligem Zustande befinden, iiiacht die äußere Umwandung des Primordialcraniums einen fertigen Eindruck. Auch die Deckknochen sind fast alle bereits angelegt. Fragen wir ims nun, was wir von dieser außerordentlich frühen Versteifung des Schädels zu halten haben, so müssen wir sagen, daß der Grund wohl in erster Linie darin liegen wird, daß die Tiere so außerordentlich früh geboren werden; stellt doch selbst Stadium IV keinen Fetus mehr, sondern bereits ein Beuteljunges dar. Ist nun das Junge auch während des Aufenthalts im Beutel noch geschützter als außerhalb, so ist seine Sicherheit dort doch mit der des intrauterinen Lebens nicht zu vergleichen. Daher erhalten die Skeletteile des Schädels, denen der Schutz so zarter Organe wie des Gehirns obliegt, ontogenetisch schon sehr frühzeitig eine möglichst große Festigkeit durch Ver- knorpelung und später durch verhältnismäßig ebenso frühe Verknöcherung. Gehen wir nun zur Zusammenfassung der einzelnen Ergebnisse dieser Arbeit über, so müssen wir sagen, daß sich, wie das bei einem im System so niedrig stehenden Säuger nicht anders zu erwarten war, eine große Anzahl jjrimitiver Merkmale auch am Schädel gezeigt hat, die seinen Anschluß an reptilienähnliche Formen gestatten. Es überwiegen jedoch die Säugermerkmale ent- schieden, wie wir ja überhaupt in dem Primordialcranium von Didelphys einen typischen Säuger- schädel zu sehen haben. Außer diesen beiden Kategorien von Eigenschaften, die ihn für die Phylo- genie der Säuger sehr interessant machen, besitzt der Schädel noch eine dritte Gruppe von Merk- malen und zwar die, welche auf einer einseitigen Ausbildung einzelner Organe oder dem Schwunde einzelner Teile beruhen und teils für die ganze Ordnung der Marsupialier, teils für die Organisation der Art charakteristisch sind. Im ganzen können wir sagen, daß der Knorpelschädel von Didelphys ein typisches Säugerprimordialcranium darstellt, das in vieler Beziehung durch primitive Merkmale zu saurierähnlichen Formen hinüberleitet. Einseitige Spezialisierungen zeigt er weniger als die syste- matisch niedriger stehende Echidna, und darum ist er zu einem Vergleich mit den Sauriern einer- und den Säugern andererseits ganz besonders gut geeignet. Auch gegen Perameles, den einzigen Marsupialier, dessen Knorpelschädel bisher eingehender untersucht worden ist, zeigt Didelphys in der Hauptsache primitive Eigenschaften. Nur bei wenigen müssen wir sagen, daß die bei Perameles vorgefundenen Bildungen den primären Zustand gegenüber den entsprechenden bei Didelphys darstellen. — 75 - In dem Nachfülgcnden will ich nun die Hauptergebnisse meiner Untersuchung kurz zusainnu-n- fassen. I. Die am weitesten o r a 1 gelegenen Partie n des Primordialcraniums zeigen in der großen Vollständigkeit ihrer Knorpelteile Verhältnisse, wie wir sie schon bei den Nichtsäugern finden, und wie wir sie als die primitiven anzusehen haben. Auch die Fenestra narina besitzt in ihrer Konfiguration und der Zweiteilung durch die Processus alares Merkmale, wie sie schon bei Rana vorhanden sind und bei Reptilien, sowie einem großen Teil der Säuger noch erhalten bleiben. Tritt ein Schwund der oralen Knorpelpartien ein, so ist die Ursache hierfür in verschiedenen Momenten zu suchen. Die Beanspruchung als Spürorgan kann dazu führen, doch kann auch tue starke Ver- größerung aufgelagerter Deckknochen den Knorpel zum Schwinden bringen, der dann auch onto- genetisch meist nicht mehr angelegt wird. II. Der P a r a s e p t a 1 k n o r p e 1 zeigt durch eine orale Fortsatzbildimg im Innern tler Zona annularis und durch einen Knorpelstab, der ihn während einer kurzen Strecke zur Röhre schließt, eine besondere Ausbildung. Der äußere Knorpelstab ist nicht als Muschelbildung, sondern nur als Umwandung der Eingangsöftnung für den Ductus nasojjalatinus aufzufassen. III. Der Schwund des mittleren Teils des P a r a s e p t a 1 k n o r p e 1 s ist weder auf die Fixierung der hinteren Nasenkuppel, noch ausschließlich auf den Ausbildungsgrad des Jacobsonschen Organs zurückzuführen. Ich bin der Meimmg, daß die phylogenetisch zwischen dem Reptilien- und dem Säugerstadium stattfindende, mediale Verlagerung des Vomer vom Para- septalknorpel an den Unterrand des Septum nasi zum Schwunde dieses eng benachbarten Knorpelteils beiträgt. IV. Die hintere N a s e n k u p p e 1 von Didelphys zeigt sich insofern gegen die primitiven Verhältnisse abgeändert, als sie zum größten Teil mit dem Septum verschmolzen ist. Während am Nasendach und am Nasenboden eine sehr feste Verbindung vorhanden ist, zeigt der Hinterrand des Septum keine Verschmelzung mit der Cupula. Wir haben dies als letzten Überrest der freien Nasen- kuppel, wie sie bei Reptilien und einzelnen Säugern vorhanden ist, aufzufassen. V. Der ganze olfaktorische Teil des Nasenge rü st s zeigt durch seine starke Ausbildung deutlich an, daß wir Didelphys zu den makrosmatischen Säugern zu rechnen haben. Die Muschelzahl ist zwar nicht übermäßig vermehrt, doch sind die Ethmoturbinalia sehr gut entwickelt und auf einen großen Raum verteilt. Die Siebplatte liegt fast horizontal unter dem Gehirn und ist außerordentlich lang. VI. Die A 1 a o r b i t a 1 i s ist nur durch eine Wurzel mit dem Schädelboden verbunden. Diese Eigentümlichkeit besitzen alle Marsupialier im Gegensatz zu den meisten übrigen Säugern. Dem ursprünglichen Zustand gegenüber, bei welchem außer dieser Taenia prooptica noch eine Taenia metoptica entwickelt ist, stellt dies ein einseitig spezialisiertes Verhalten dar. VII. Von der W u r z e 1 der A 1 a o r b i t a 1 i s gehen im Lauf der späteren Entwicklung Bildungen aus, die schließlich zu der bei älteren Schädeln allgemein bekannten Verschmelzung des Keilbeinkörpers mit der Hinterwand der Nasenkapsel führen. Es handelt sich um plattenartige Fortsätze, die im Anschluß an die Wurzel der Ala orbitalis als Bindegewebsverknöcherungen ent- stehen und sich an die noch knorpelige Rückwand der Nasenkapsel eng anlegen. VIII. Daß der vordere Teil des S c h ä d e 1 b o d e n s in der ( )rbitotemporalregion als Homologon des S e p t u m i n t e r o r b i t a 1 e der Reptilien aufzufassen ist, zeigt deutlich seine ontogenetische Entwicklung. Bei jüngeren Stadien besitzt es noch die Form eines Verhältnis- — 76 — mäßiü; sclmuik'ji, sagittal Hk'heiidon Balkens, die aber mit zunelunendeni Alter immer mehr ver- achwindet. IX. Die A 1 a t e m p o r a 1 i s besteht aus zwei Teilen, einem medialen, knorpeligen und einem lateralen, knöchernen. Der mediale Teil ist dem Processus alaris anderer Säuger und somit dem Processus basipterygoideus der Saurier homolog. Der knöcherne Teil, die Lamina ascendens, bildet sich ohne knorpelige Praeformation als Ossifikation eines verdichteten Bindegewebsstranges, der Membrana spheno-obturatoria. X. Die äußere, knorpelige Begrenzung des F o r a m e n c a r o t i c u m ist nicht als Commissura alicochlearis aufzufassen, sondern sie ist noch der Trabekelplatte zuzurechnen. Erst lateral von ihr erfolgt der Ansatz der Ala temporalis. XI. Das F o r a m e n c a r o t i c u m bei den Reptilien, Echidna und den Marsupialiern einerseits, sowie der Mehrzahl der Monodelphier andererseits ist nicht als homolog aufzufassen. Bei den zuerst genannten stellt es ein richtiges Gefäßloch dar, das die Trabekelplatte durchbohrt und von der durchtretenden Carotis ganz ausgefüllt wird, bei den letzteren jedoch eine weite, bindegewebig verschlossene Lücke, durch deren medial-vordere Ecke die Carotis tritt. Sie befindet sich zwischen der Ala temporalis und dem Vorderrande der Ohrkapsel, und ihr lateraler Abschluß durch die Com- missura alicochlearis stellt einen abgeänderten Zustand dar. Wo diese zuletzt beschriebene Lücke vorhanden ist, hat der V e r 1 a vi f der Carotis in der Gegend ihres Eintritts in den Schädel eine Verlagerung in lateraler Richtung gegen den ursprünglichen Verlauf erfahren, wie ihn Lacerta, Echidna und Didelphys zeigen. Hierbei hat meines Erachtens das Gefäß den basalen Knorpel durch- schnitten, wodurch der Eintritt in den Schädel außerhalb der Trabekelplatte verlegt worden ist. XII. Die F i s s u r a b a s i c o c h 1 e a r i s ist als eine sekundäre Lückenbildung aufzufassen. An jüngeren Entwicklungsstadien ist sie noch nicht vorhanden, sondern dort steht der Knorpel der Ohrkapsel mit dem der Basalplatte in homokontinuierlicher Verbindung. Erst spät erfolgt die Treimung und dadurch die Bildung dieser Lücke, die als Venendurchlaß dient. Den Bildungen gleichen Namens bei anderen Säugern, soweit diese einen Überrest der nachgiebigen Verbindungs- zone, die beim Beginn der Verknorpelung zwischen Ohrkapsel und Basalplatte erhalten bleibt, dar- stellen, ist sie daher nicht homolog. XIII. Die Ohrkapsel besitzt eine außerordentliche Größe. In ihrer Lage zeigt sie durchaus primitive Zustände, indem der Kanalteil steil vertikal neben dem Gehirn aufragt und in der Schädelseitenwand liegt wie bei Reptilien, während er bei allen höheren Säugern durch die Vergrößerung des Gehirns an die Schädelbasis verlagert worden ist. XIV. Von der Ohrkapsel von Didelphys macht nur der cochleare Teil eine B a s a 1- verlagerung durch. Diese läßt sich ontogenetisch noch nachweisen. Bei Didelphys IV liegt er wie der Kanalteil noch in der Schädelseitenwand und entspricht so in seiner Lage dem lateralen Teil der Basalplatte von Lacerta. Im Laufe der Entwicklung wird die Cochlea jedoch in horizontale Lage an die Schädelbasis verlegt. Als Ursache für diese Verlagerung ist die starke Vergrößerung des Gehirns aufzufassen. Bewirkt wird eine erhebliche Raumvergrößerung der Hirnhöhle, und der gewonnene Raum wird durch die lateral vorderen Partien des Pons ausgefüllt. XV. Die S c h n e c k e n k a p s e 1 verknorpelt gemeinsam mit der Basalplatte, jedoch völlig getrennt von dem Kanalteil. Die Querschnitte der Schneckenkapsel und der Basalplatte besitzen bei ihrer Verknorpelung fast genau die gleiche Dicke. Hieraus, wie aus ihrer Lage bei Didelphys I V erhellt, daß das Skelettmaterial, aus dem die Schneckenkapsel sich aufbaut, der Basal- — 77 — platte entstammt, ebenso wie dies sch(jn die Befunde von G a u p p gezeigt haben. Es gilt dem- nach seine Ansicht, daß der Öchneckengang, der größtenteils eine Neuerwerbung der Säuger darstellt, gewissermaßen in die Basalplatte, wie sie bei niederen Wirbeltieren vorhanden ist, einwächst. XVI. Das auf dem Dach der Schneckenkapsel liegende Gebiet ist, wie V o i t ausführt, bei den Säugern als C a v u m s u p r a c o c h 1 e a r e in den Schädelraum einbezogen worden. Als Rest der ursprünglichen Schädelseitenwand haben wir in erster Linie die Commissura suprafacialis aufzufassen; ferner ist bei Didelpliys noch ein Restknorpel vorhanden, der sich zwischen das Ganglion gasseri und das Gehirn schiebt, und der gleichfalls die Lage der ursprünglichen Schädelseitenwand andeutet. Seiner Lage nach entspricht er dem Restknorpel a, den V o i t bei Lepus fand. Bei Stadium III ist er bereits verschwunden. XVII. Die s e k u n d ä r e S c h ä d e 1 s e i t e n w a n d, d. h. zugleich die Lateralwand des Cavum supracochieare, zeichnet sich mit fortschreitender Entwicklung immer deutlicher ab. Sie besteht in Embryonalstadien aus der Crista cochlearis, einem Kamm, der dem Dorsalumfange der Schneckenkapsel aufsitzt, und einem Bindegewebszug, der von seinem Oberrande nach oben zu bis zur Commissura orbito-parietalis und nach hinten zu bis zum Tuberculum tympani reicht. Die Crista cochlearis ist eine Bildung mit progredienter Entwicklung, sie legt sich bei Stadium III an und wird höher und spitzer bei Stadium I. Am verknöcherten Schädel geht von ihr aus die zweite Uberbrückung des Facialisstammes, d. h. das Stück des Facialiskanals zwischen dem Hiatus und der Apertura tympanica. XVIII. Ein Tegmen tympani besitzt Didelpliys, wie überhaupt die Marsupialier, nicht. Es zeigt sich aber bereits ein kleiner Knorpelhöcker, das Tuberculum tympani, das genau seine Stelle einnimmt, am Vorderrande der Fossa incudis als orale Fortsetzung der Crista parotica. Da er wie auch das Tegmen tympani der höheren Säuger, später zur sekundären Überbrückung des Facialis in Beziehung tritt, so können wir ihn als Vorgänger des Tegmen tympani auffassen. Die hauptsächlichste Funktion dieses letzteren, die laterale Bedeckung der Gehörknöchelchen übt das Squamosum aus. XIX. Am Facialis k a n a 1 haben wir die Stelle zwischen Commissura suprafacialis und Crista cochlearis als Hiatus c a n a 1 i s F a 1 o p i i aufzufassen, da dort die Abzweigung des Nervus petrosus superficialis erfolgt. Die Stelle, wo der Facialis über die Crista cochlearis hinweg- tritt, entspricht der Apertura t y m p a n i c a, sein endgültiger Austritt aus dem Schädel hinter der Wurzel des Hyale, der I n c i s u r a s t y 1 o m a s t o i d e a. XX. Die Chorda t y m p a n i geht bei Didelpliys von ihrer Abzweigung vom Facialis aus von hinten her sofort auf die Medialseite des Hyale, ohne seine Lateralseite zu überkreuzen. Die Ursache dieser von der bei den meisten Säugern vorhandenen abweichenden Lage ist nicht in einer Verschiebung des Verlaufs der Chorda oder des Facialis zu suchen, sondern in der Ausbildung des proximalen Endes des Hyale. Dieses schiebt sich bei Didelpliys nicht von seiner Wurzel aus nach hinten unter den Facialis, sondern verläuft in ventraler Richtung parallel zu ihm. Da sich dies besondere Verhalten der Chorda nur bei vereinzelten Arten verschiedener Ordnungen findet (bisher sind bekannt Didelphys, Dasyurus, Manis), ist es höchst wahrscheinlich nur als eine Ausnahme von der Regel anzusehen und ihm ein besonderer Wert nicht beizumessen. XXI. Am Nervus a c u s t i c u s weist nur die Versorgung des Sacculus eine Besonderheit auf. Sie geschieht durch drei Nervenäste, die alle vom Ganglion vestibuläre ausgehen. Der orale (Ramulus saccularis superior) tritt durch das Foramen acusticum superius, der mittlere (Ramulus .- — 78 — s.iccularis inferior) durch eine eigene Öffnung, die den Buden des Meatus acusticus iii,teruus durch- bohrt (Foramen sacculare inferius). Er ist der normale, bei allen Säugern verbreitete und zugleich der stärkste Ast. Der kaudale (Ramulus saccularis inferior posterior) tritt durch das eigentliche Foramen acusticum inferius in die Ohrkapsel ein. XXII. Die Vena capitis lateralis, die bei höheren Säugern im Embryonalleben sehr früh wieder zugrunde geht, bleibt bei üidelphys sehr lange erhalten ; ob dauernd wie bei Echidna, konnte ich nicht nachweisen. XXIII. Die L a m i n a s u p r a c a p s u 1 a r i s entspricht in ilirer Form der Taeuia mar- ginalis von Lacerta, der sie homolog ist. Ihre völlige Verschmelzung mit der Ohrkapsel dagegen ist sekundär abgeändert. Hierin weisen sogar die höheren Säuger in der teilweisen Trennung der Ohr- kapsel von der Lamina supracapsularis durch die Fissura capsulo-parietalis ein primitiveres Verhalten auf als Didelphys und Echidna. Die größere Breite der Lamina supracapsularis bei den meisten höheren Säugern ist auf die Verlagerung der Ohrkapsel an die Schädelbasis zurückzuführen, weshalb die Lamina die seitliche Begrenzung des Gehirns übernehmen muß. XXIV. Das Tectum posterius entsteht sowohl phylogenetisch wie bei Didelphi/s auch ontogenetisch aus zwei Komponenten. Die primäre, die sich bei Didelphys auch ontogenetisch früher anlegt, entspricht dem Tectum synoticum der Reptilien und gehört der Ohrregion an. Sie liegt dorsal und oral von der sekundären, welche die Verbindung des Tectum mit den Occipitalp feilern herstellt und in der Hauptsache den kaudalen Abschluß des Gehirns bildet. XXV. Die Occipitalpfeiler weisen durch ihre vertikale Stellung, mit der die gleiche Richtung des Foramen magnum zusammenhängt, ein primitives Merkmal auf. Der H y p o- g 1 o s s u s tritt durch zwei F o r a m i n a aus dem Schädel aus. XXVI. Daß die feste Vers c h m e 1 z u n g der Occipitalpfeiler mit den 0 h r- kapseln eine sekundäre Abänderung darstellt, ist ontogenetisch noch deutlich zu sehen. Auf jungen Stadien befindet sich zwischen ihnen noch eine Trennungszone, imd die Occipitalpfeiler enden dorsal frei wie bei Lacerta. XXVII. Das A 1 1 a n t o - o c c i p i t a 1 - G e 1 e n k wird einheitlich angelegt und fließt zuerst noch mit dem Atlanto-epistrophal-Gelenk zusammen. Im Laufe der späteren Entwicklung findet aber eine Trennung der Gclenkhöhlen statt. XXVIII. Der S t a p e s bildet einerseits durch seine columella-ähnliche Form, andererseits durch das A^orhandensein einer kleinen Öffnung für die Arteria stapedia einen Übergang zwischen dem einfach säulenförmig gebauten Stapes, wie ihn Perameles und Echidna zeigen, und der eigentlichen Steigbügelform der höheren Säuger. XXIX. Der M e c k e 1 sehe Knorpel weist in älteren Stadien an seiner oralen Synchon- drose eine eigenartige Komplikation auf. Ihr medialer Teil differenziert sich gegen die verknöchernden Partien des Meckelschen Knorpels heraus und verschmilzt mit verknorpelnden Partien oral und kaudal von der Synchondrose. Es handelt sich bei diesen nicht um akzessorische Knorpelkerne im Deckknochen, sondern um eine Verknorpelung der Bänder, welche die Mandibularsymphyse zusammenhalten. Der Symphysenknorpel erhält sich am längsten und ist noch vorhanden, wenn der orale Teil des Meckelschen Knorpels bereits völlig verknöchert ist. Unter solchen angeführten Eigenschaften des Primordialcraniums von Didelphys müssen wir folgende als direkt an die Reptilien anschließend deuten: Die Vollständigkeit des oralen Teils der Nasenkapsel, die wenigstens teilweise Freiheit der _ 7Ö — hinteren Nasenkuppel, die paarige Anlage des Vomer, ferner den Verlauf der (.'arotis und die Lage und Beschaffenheit ihrer Eintrittsstelle in den Schädel und das Fehlen einer C'onimissura alicochlearis. In der Ohrregion sind es vor allem die dauernd steile Lage des Kanalteils der Ohrkapsel zur Seite des Gehirns, die Form und ontogenetisch nachweisbare Umlagerung der Schneckenkapsel, sowi(> das Vorhandensein eines Eestknorpels als Überrest der ursprünglichen Schädelseitenwand. Schließlich sehen wir an der Entwicklung des Tectum posterius, daß diese Bildung des Säugerschädels nur zum Teil dem Tectum synoticum der Reptilien entspricht. Die Lage und Entwicklung der Occipitalregion sind gleichfalls typisch reptilienähnlich. Als für die M a r s u p i a 1 i e r charakteristisch ist vor allen das Fehlen einer Taenia metoptica und die einfache Form der Ala temporalis zu nennen. Alle übrigen Eigenschaften des Knorpelschädels von iJidelphys entsprechen denen, die am Säuger Schädel ganz allgemein vorhanden sind. Natürlich besitzen sie, da sie von starken mecha- nischen wie biologischen Faktoren beeinflußt werden, eine große Variationsbreite, und daher sind auch die mannigfachen Unterschiede zwischen nahe verwandten Formen zu erklären. Erklärung von Tafelfigur 1—10 auf Taf. I— III. Tafolfigur 1: Ansicht des Knorpclschädels von links ohne Dcckknochcn. (Modell liergeslelll naili Serie I.) T a f e 1 f i g u r 2: Ansicht desselben Modells von rechts mit Derkknociien. T a f e 1 f i g u r 3: Ansicht desselben Modells von der Dorsalseite. Tafelfigur 4: Ansicht desselben Modells von der Ventralseite. Tafelfigur 5: Ansicht des Inneren der Nasenkapsel desselben Modells. Tafelfigur 6: Subcerebraler Teil der Nasenkapsel und Ala orbitalis. (Modell nach Serie 11.) Tafelfigur 7: Ohrkapsel des Modells nach Serie I von oben gesehen. Tafelfigur 8: Ala temporalis mit Nerven und Gefäßen. (M()d( 11 nach Si ric I.) Tafelfigur 9: Gelenkende des Unterkiefers vom Modell nach Serie I. 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Mit 32 Text-Abbildungen. STUTTGART 1921 E. Schweizerbart 'sehe Verlagsbuchhandlung (Erwin Nägele). Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. Chr. Belsereche Buchdruckerei StiiLtgart. Inhalt. Seite Einleitung 1 I. Teil. Nahruiigsaufnahnif bei Tierfrebsein 4 1. Nahrungsaufnahme des Wolfes 4 2. Carnivcire und omnivore Raubtiere 5 3. Nahrungsaufnahme bei Amphibien und Reptilien 11 II. Teil. Entstehung der Säugetiere und X'ögel 15 4. Die Kauzähne der ältesten Saugetiere 15 5. Die Zahnwurzeln 17 6. Folgen des Auftretens getrennter Zahnwurzeln 21 7. Die Körperwärme, ihre Herkunft und ihre Bedeutung 24 8. Das Rätsel der Homöothermie 26 9. Schutz und Störungen der Homöothermie 28 10. Brutpflege 30 11. Zusammenfassung 31 12. Enlstehimg der Vögel 32 III. Teil. Über vei'schiedene Gruppen von Säugetieren 35 13. Entwicklung von Mahlflächen auf Kauzähnen 35 14. Entstehung von W'irbeltierfressern 37 15. Entstehung von Pflanzenfressern 39 16. Entwicklung der Säugetierfresser 43 17. Die Robben und Waltiere 49 18. Lykodonte und myodonte Stämme bei Säugetieren 55 Einleitung. Den ersten Anlaß zu den folgenden Betrachtungen gab mir ein Vortrag „über Nahrungs- aufnahme und Cxebiß bei Raubtieren", den ich schon vor längerer Zeit in Straßburg gehalten hatte, und der den wesentlichen Inhalt der 3 ersten Abschnitte bildet. Die Gedanken, die ich dabei ent- wickelte, führten mich, als ich sie weiter verfolgte, mit Notwendigkeit zu der Frage nach den Ur- sachen, welche das Entstehen der Säugetiere und ihrer großen Gruppen zur Folge hatten. Bei diesen Betrachtungen leitete mich hauptsächlich der Wunsch, die besonderen Antriebe herauszufinden, welche einzelne Stämme der Wirbeltiere dazu gebracht hatten, bestimmte Entwicklungsrichtungen einzuschlagen, indem ich diese als notwendige Folgen der Wirkung dieser Antriebe ansah. Ich wollte dabei zeigen, daß bei der Entwicklung der Wirbeltierstämme gewisse einheitliche Gedanken erkennbar sind, welche als mächtige, in ihrer Umgebung begründete Antriebe oder Motive auftraten. Stets bereit, sich geltend zu machen, äußerte sich aber immer nur dann ihre Wirkung und ließ einen großen Erfolg sehen, wenn im Bau gewisser Organe durch bestimmte, oft aus anderen Ursachen hervorgegangene Änderungen ein Zustand eingetreten war, welcher einen günstigen Boden für sie darstellte. In diesem Falle werden sie zu mächtigen Leitmotiven, welche die ganze Entwicklungs- richtung angeben und beherrschen. Man muß aber das eigentliche Leitmotiv oder den Antrieb, welcher die Entwicklungsrichtung angibt, von der morphologischen Grundlage unterscheiden, auf Grund deren sich die Wirkung des Motivs erst äußern kann, und welche die Umsetzung des Motivs in die sichtbare Wirklichkeit ermög- licht. So ist als das mächtige, einheitliche Leitmotiv, welches zur Entstehung sowohl der Säugetiere wie der Vögel geführt hat, das Streben nach reichlicherer Ernährung durch mechanische Zerkleine- rung der aufgenommenen Nahrung zu betrachten mit ihren mannigfachen günstigen Folgen für das Gedeihen des Organismus. Die morphologische Grundlage dagegen, welche die Auswirkung dieses Motivs ermöglichte, war für die Säugetiere das Auftreten getrennter Zahnwurzeln, für die Vögel das Auftreten eines leistungsfähigen Muskelmagens. Diese morphologische Grundlage kann als das äußere Zeichen gelten, unter dem das Leitmotiv in die Erscheinung tritt, so daß es selbst als das Leitmotiv angesehen werden kann. Die Antriebe, unter deren Einwirkung neue Tierstämme entstanden, sind nichts weiter als die Bestrebungen des Organismus, alles, was die umgebende Natur bietet, nach seinem Vermögen aufs beste zu seinem Vorteil auszunützen. Dies Vermögen, auf Grund dessen neue, bisher wirkungslos gebliebene Antriebe wirksam werden, stellt sich bei solchen Gelegenheiten ein, da ein Organ unter dem Zwang der darauf einwirkenden Verhältnisse sich abändert. Dabei kann es eine besondere, vielleicht gar nicht sehr auffallende Ausbildiing erreichen, die aber das Wirksamwerden des Antriebes erst ermöglicht. Zoologica. Heft 71. — 2 — Icli verfolgte speziell die Antriebe, welche von den mancherlei Versuchen der luftatmenden Wirbeltiere (Tetrapoda) dargestellt werden, sich die verschiedenen Nahrungsquellen in ihrer Um- gebung nutzbar zu machen, und möchte mich hier auch ganz darauf beschränken. Die Nahrungs- quellen, die zur Verfügung stehen, und die Art, wie sie am besten auszunützen sind, gehören ja zu den mächtigsten Antrieben, welche oft die ganzen Entwicklungsrichtungen bestimmen. Den AVirbel- tieren stand zu allen Zeiten sowohl das Tierreich wie das Pflanzenreich als ausgiebige Nahrungs- quelle zu Gebote. Während sie aber das Tierreich von Anfang an auszunützen vermochten, mußten erst bedeutende Änderungen in ihrer Organisation vor sich gehen, bis sie nach manchen weniger erfolgreichen Versuchen endlich in der Lage waren, in vollem Umfange auch das Pflanzenreich als Nahrungsquelle zu gewinnen. Die Säugetiere hielten sich zuerst nur an wirbellose Tiere. Es bedeutete für sie aber einen starken Antrieb, auch Wirbeltiere zu bewältigen, und erst nach und nach lernten sie es, diese als wesentliche Nahrungsr^uelle zu benutzen. Erst als sie soweit waren, konnten sie dem Antrieb folgen, den das Pflanzenreich als Nahrungsquelle auf sie ausübte. Denn erst nachdem sie als Wirbeltier- fresser größere Mahlflächen auf ihren Kauzähnen erworben hatten, war der große Erfolg möglich, der aus ihnen die pflanzenfressenden Säugetiere entstehen ließ. (Es ist aber vielleicht nicht gerecht- fertigt, diesen Entwicklungsgang für alle Pflanzenfresser anzunehmen.) Erst als einmal Pflanzen- fresser in erheblicher Menge vorhanden waren, konnten auch sie als neue ausgiebige Nahrungsquelle in Betracht kommen. Denn jetzt wirkte ihre Gegenwart als mächtiger Antrieb auf die AMrbeltier- fresser, bis aus diesen die typischen Säugetierfresser oder Carnivora entstanden waren. Säugetiere, welche im Meere ihre Nahrung suchten, kamen erst nach und nach dazu, die verschiedenartigen dort vorhandenen Nahrungsc^uellen aufzufinden und richtig auszunutzen. Während aber unter den Antrieben, welche von den Nahrungsquellen des festen Landes ausgingen, die Kaufähigkeit des Gebisses auf eine hohe Stufe gesteigert worden war, wurde sie unter den Antrieben, welche die Nahrungsquellen des Meeres ausübten, allmählich wieder abgebaut und schließlich das ganze Gebiß aufgegeben. Auch als unter den Tierfressern spezielle Säugetierfresser entstanden waren, stellte sich ganz allgemein auf allen ihren Linien der Trieb ein, bei dieser Art von Nahrung das Zerkauen der Nahrung im Mund wieder ganz aufzugeben. Bei der Entwicklung der tierfressenden Säugetiere ließ sich beobachten, daß jedesmal, wenn ein Fortschritt in der Ausbildung des Gebisses erreicht war, der einem vorhandenen Bedürfnis ent- sprach, von dieser neuen Plattform aus sich neue Lebensmöglichkeiten eröffneten. Es traten neue, vorher nicht vorhandene Bedürfnisse auf, da Antriebe wirksam wurden, die vorher niclit zur Geltung kommen konnten. Während ich versuchte, die Wirkung der Motive zu verfolgen, von denen icli annahm, daß sie wesentlichen Einfluß auf die Geschichte der Wirbeltiere ausgeübt hatten, drängten sich mir eine Anzahl von Fragen nach der Bedeutung einzelner bei den Wirbeltieren zu beobachtender Erschei- nungen auf. Ohne ihre befriedigende Beantwortung mußte mir eine weitere Fortsetzung des Weges, den ich bei meinen Betrachtungen verfolgte, erfolglos erscheinen, während ich von ihrer richtigen Beantwortung reiche Förderung erhoffen durfte. Es handelte sich dabei unter anderem um die Frage nach der eigentlichen Bedeutung getrennter Zahnwurzeln, oder nach der Bedeutung ver- größerter Prämolaren, um die Frage nach der Bedeutung und den Ursachen der Homöothermie, oder — 3 — iiarh den Ursachen der ^^'a^•mblütigkeit der \'ögel. Ich darf gestehen, daß mich einige solcher Fragen lange beschäftigt hatten, ohne daß ich eine befriedigende Antwort fand, da ich ihren Kern nicht richtig erfaßt hatte, bis ein glücklicher Gedanke mir eine mitunter verblüffend einfache Lösung gab, die ein helles Licht auf die Zusammenhänge warf. Bei diesen Ausführungen ließ es sich nicht vermeiden, verschiedentlich auch allgemein bekannte Fälle aus der Stammesgeschichte wiederzugeben, die zur Erläuterung dienen konnten. Im übrigen lag mir bei der Fülle des Stoffes die Absicht fern, eine irgendwie erschöpfende Darstellung aller hieher gehörigen Vorgänge zu geben. Ich beabsichtigte eben nur eine Anzahl Beispiele zu geben, die ein Licht werfen können auf die Art und Weise, wie unter Einwirkung bestimmter Antriebe die Entwicklung verschiedener Wirbeltierstämme vor sich gegangen sein mag. Die Anregung und die Grundlage zu diesen Betrachtungen hatten mir die osteologischen Sammlungen des Straßburger Museums gegeben, welche ich während einer 38jährigen Tätigkeit als Konservator dieses Museums angelegt hatte. Infolge meiner Vertreibung aus dem Elsaß ist mir das Fundament zur Fortsetzung solcher Studien entzogen. Ein Abschluß in der vorliegenden Form gelang mir aber am Zoologischen Museum München, wo durch das freundliche Entgegenkommen des Direktors, Herrn Professor Dr. Zimmer sowie der übrigen Beamten des Museums mir in weit- gehendem Maße die Benutzung der Sammlungen ermöglicht wurde. Mit der mir fehlenden Literatur unterstützte mich in ganz besonders zuvorkommender Weise Herr Professor Dr. Stromer von Reichenbach. Allen diesen Herren spreche ich dafür meinen besten Dank aus. M ü n c h e n, Zoologische Sammlung, im März 1920. I. Teil. Nahrungsaufnahme bei Tierfressern. 1. lieber die Nahrungsaufnahme des Wolfes. Im Gebiß des Wolfes fallen auf jeder Seite des Oberkiefers (Fig. 1) die drei größten Zähne auf, die völlig verschiedene Gestalt zeigen. Im vorderen Teil des Kiefers ist es der höchste Zahn des Gebisses, der kegelförmige, ,,haplodonte" Eckzahn (C), der einem Dolch gleicht. In der Mitte der Backzahnreihe fällt der längste Zahn des Gebisses, der ,,sekodonte" Reißzahn (R)^) auf, dessen schmale schneidende Krone eine Klinge darstellt; und unmittelbar hinter ihm steht der breiteste Zahn des Gebisses, der ,,bunodonte" erste Mahlzahn oder Molar (M), der einen Stempel darstellt, dessen Oberfläche mit einer Ajizahl von Höckern ausgerüstet ist. Im Unterkiefer (Fig. 8, S. 7) finden sich dieselben drei Zahnformen, mit der Modifikation, daß infolge der alternierenden Stellung der Zähne in den gegenüberstehenden Zahnreihen nur die hohe vordere Hälfte des unteren Reißzahnes dem oberen Reißzahn entspricht, während die niedere hintere Hälfte zusammen mit dem folgenden Zahn dem oberen Mahlzahn gleichwertig ist. Die Eck- zähne des Ober- und Unterkiefers wirken miteinander wie eine Greifzange, die Reißzähne wie eine Schere und die Mahlzähne wie ein Mörser. Wenn der Wolf ein Tier reißt, das ihm an Größe etwa gleichkommt oder ihn darin übertrifft, etwa ein Schaf oder einen Hirsch, so treten dabei zuerst die mächtigen Eckzähne in Tätigkeit. Sic dienen zunächst zum Festhalten der Beute und durclidringen dabei die Haut. Auf ihrer hinteren Seite verläuft eine scharfe Kante. Mit einem kräftigen Ruck reißt der Wolf damit tiefe, lange Wunden in das Fleisch. Gelingt es dem Raubtier, beim Angriff einen empfindlichen Teil seines Opfers zu packen, etwa den Hals, so werden durch die wie Dolche wirkenden Eckzähne große Blut- gefäße oder die Luftröhre zerrissen. Die Folge ist ein rascher, durch Verblutung oder Erstickung herbeigeführter Tod. Nun macht sich der Räuber an das Zerfleischen der Beute. Dabei sind es zunächst immer noch die Eckzähne, die die Hauptrolle spielen. Mit ihnen wird die Haut aufgerissen, die Eingeweide heraus- gerissen sowie losgerissen, was sich in mundgerechten Bissen mit diesen Werkzeugen los- und ausein- anderreißen läßt. Unterstützt werden sie dabei von den benachbarten kleinen Schneidezähnen und den sekodonten vorderen Backzähnen, die zum Zerschneiden weicher Organe geeignet sind. Finden sich nun zwischen den m den Rachen gelangten Bissen Knochen, die das Verschlingen erschweren, so treten die großen Mahlzähne in Tätigkeit, die von dahinterstehenden kleineren unterstützt werden. Zwischen ihre breiten, mit Höckern versehenen Kronen wird dieser Bissen gebracht und hier so lange zer- malmt, bis er schluckgerecht geworden ist und ohne Schwierigkeit in den Magen gleiten kann. ^) Eine Änderung dieses allgemein geliraiicIiliMi Ausdruckes vorzunchnicii halte irh lui' unntilig: wäre eine solche erforder- lich, so miiBle ..Sc'herenzahn"' oder ..ZwirUzahn" ilalTii' eintreten, nicht alii'f ..lii'cchzahn". wie neuerdings vorgeschlagen wurde. — o Zum Zerlegen des übrigen, von dem fest zusammenhängenden Knochengerüst durchzogenen großen Tierkörpers in mimdgerechte Bissen genügen jedoch die Eckzähne nicht. Soll solche Beute richtig ausgenützt werden, so ist ein ^^'e^kzeug zum Zerteilen der Knochen nötig, am besten eine Knochenschere. Ein solches Werkzeug besitzt der Wolf in der Tat in seinen mächtigen Reißzähnen. Sie treten bei ihm in Tätigkeit, wenn durch bloßes Zerreißen der Beute die Bissen nicht mehr klein genug geraten, um sie in den Rachen und zwischen die Mahlzähne bringen zu können. Sie ermög- lichen dem Räuber mit ihrer Hilfe von den Knochen größere oder kleinere Stücke scharf abzuzwicken. Auf diese Weise ist er imstande, aus dem von größeren Knochen durchsetzten Körper seiner Beute mundgerechte Bissen von beliebiger Größe abzuzwicken und auf diese Weise größere Beutetiere fast restlos regelrecht zu tranchieren. Die einzelnen Bissen werden dann nach Bedarf noch zwischen den Mahlzähnen zermalmt. Kleineres Wild wie Hasen wird vom Woli mit den Eckzähnen gepackt, durch kräftiges Schütteln betäubt und durch Bisse getötet. Es wird dann lediglich mit Hilfe der von den benach- barten kleineren Zähnen unterstützten Eckzähne und der bekrallten Vorderfüße in mundgerechte Bissen zerrissen, die dann noch zwischen den Mahlzähnen schluckgerecht gemacht werden können. Die Verwendung der Reißzähne ist zum Zerkleinern solcher Beute meist nicht notwendig. C4anz kleine Beutetiere wie Mäuse werden mit den Vorderzähnen gefaßt mid ohne weiteres ganz verschluckt. Sie stellen nur einen einzigen Bissen dar, der nicht zerkleinert oder im Mund verarbeitet zu werden braucht. Reißzähne und Mahlzähne treten dabei gar nicht in Tätigkeit. Auch gibt sich der Räuber keine Mühe, sein Opfer vor dem Verschlucken zu töten. Sollte es nicht ohne weiteres geschluckt werden können, so kann es zwischen den Mahlzähnen zuerst gekaut werden. Diese verschiedene Behandluno; der Beute zeigt uns heute noch beim Wolf die verschiedenen Stufen in der Art derXahrungsaufnahme, wie sie sich bei den Raubtieren im Laufe der Erdgeschichte entwickelt hat. Ursprünglich wurden kleine lebende Tiere unzerstückelt und unzerkaut verschluckt. Auf der nächsten Stufe wurde der Bissen vor dem Verschlucken zwischen den Backzähnen zerkaut. Auf einer höheren Stufe wurden die Raubtiere fähig, eine gefangene größere Beute zu bewältigen, indem sie sie mit~den belcrallten Vorderfüßen festhalten, mit den vorderen Zähnen zerreißen und die einzelnen Stücke nach Bedarf zerkaut oder imzerkaut verschlucken. Auf der höchsten und zuletzt erreichten Stufe wird der Körper großer Tiere mit den Reißzähnen zerlegt, nachdem die Beute getötet worden war. 2. Carnivore und omnivore Raubtiere. Wie der Wolf, so verhalten sich beim Verzehren ihrer Beute auch die übrigen Canidae, Hund, Schakal, Fuchs usw., die im wesentlichen das gleiche Gebiß besitzen. Sehr charakteristisch ist nun für die Familie der Ganidae die Zahl ihrer Molaren oder Mahlzähne (Fig. 1 und 8). Sämtliche lebende Arten mit zwei Ausnahmen (Otocyon und Icticyon) besitzen im Oberkiefer zwei, im Unter- kiefer drei bunodonte Molaren (einschließlich des unteren Reißzahnes, dessen hintere Hälfte ja mahl- zahnartig ausgebildet ist). Auch ist es sehr bezeichnend für die Canidae wie für sämtliche fleisch- fressende Säugetiere, deren hintere Backzähne als Mahlzähne ausgebildet sind, daß diese Molaren gegen das Ende der Zahnreihe an Größe abnehmen, so daß der letzte der kleinste ist. Der letzte untere Molar ist bei der Gattung Canis ganz verkümmert und besitzt nur noch eine einzige Wurzel. während normal entwickelte Backzähne bei allen Säugetieren wenigstens zwei getrennte \Vurzeln aufweisen. Das gänzliche Verschwinden so kleiner rudimentärer Zähnchen dürfte die Lebensführung einer Tierform in keiner Weise beeinflussen. In der Tat haben ausgestorbene Canidae, die als die Vorfahren jetzt lebender Formen gelten müssen, noch drei obere Molaren besessen, deren letzter sehr klein war. Dieser letzte obere Molar ist bei der Weiterentwicklung der Familie zu den jetzt lebenden Formen ganz verschwunden, so daß bei diesen statt der ursprünglichen 3 oberen Molaren nur noch 2 vorhanden sind. Es bedeutet das eine wenn auch geringe Verkleinerung der Mahlfläche an den zum Zerkauen der Nahrung allein geeigneten bunodonten Molaren. Diese Verkleinerung wird aber bedeutender, da auch die noch übrig bleibenden oberen und unteren Molaren sich gleich - (jebiß des linken Oberkiefers von der KMutläclie. J Schneidezäline, C Eckzahn, R Reißzahn, M erster Mahlzahn. Fig. 1. Canis lupus. Fig. 2. Viveira zibelha. Fig. 'i. Miistela foina. Fig. 4. Felis sp. Fig. 5. Ursus ardos. Fig. 6. Procyon lotor. Fig. 7. MeUs taxus. (Fig. 1 u. 5 verkleinert, die andern vergrößert.) zeitig etwas verkleinern. Die Fähigkeit zum eigentlichen Kauen, also zum Zerkleinern der auf- genommenen Nahrungsbissen zwischen den Mahlzähnen, wird dadurch herabgesetzt, während die Fähigkeit zur Aufnahme von Fleischnahrung, die den vorderen sekodonten Backzähnen, vor allem den großen Reißzähnen gegeben ist, voll erhalten bleibt. Diese Entwicklungsrichtung spielte nun die Hauptrolle bei der Weiterentwicklung der Carnivora. Die Kaufläche der Molaren wurde immer mehr verkleinert dadurch, daß abwechselnd im Oberkiefer und im Unterkiefer der jeweils letzte Molar immer kleiner wurde, bis er rudimentär und einwurzelig war und zuletzt ganz verschwand. So entsteht aus einem Gebiß mit 2 oberen und 3 unteren Molaren, wie es für die modernen Canidae eigentümlich \st, unter Verlust des letzten verkümmerten unteren Molar ein Gebiß mit 2 oberen und 2 unteren Molaren, wie es die lebenden Viverridae (Fig. 2) besitzen. Aus einem solchen entsteht wiederum unter Verlust des letzten oberen Molar ein Gebiß mit 1 oberen und 2 unteren Fio-. 8. Molaren, wie es die modernen MusteUdae (Fig. 3) zeigen. Aus diesem (lebil.) ergibt sieh wieder unter Verlust des nunmehr letzten unteren Molar ein CTebiß mit 1 verkümmerten oberen und 1 unteren Molar, wie es die Felidae (Fig. 4) auszeichnet, wie es aber auch den Hyaenidae eigentümlich ist und V'y, ebenso der Gattung Cryptoprocta. V Aus diesen Ausführungen soll aber keineswegs geschlossen werden, daß etwa die Felidae von MusteUdae abzuleiten sind, diese von Vivenidae usw. Es soll damit nur festgestellt werden, daß die Vorfahren der Felidae ein Gebiß besessen haben dürften, das in der Zahl der Molaren dem der modernen MusteUdae entsprach und die gleiche Entwicklungsstufe darstellte, und daß deren Vor- fahren ein Gebiß von der Entwicklungsstufe der Viverridae besaßen. Ob diese selbst aber zur Familie der Viverridae bezw. MusteUdae in dem Sinne zu zählen waren, wie wir diese Raubtierfamilien zur Zeit auffassen, bleibt eine Frage für sich. Tatsächlich verkörpern die Familien der rezenten fleischfressen- den Raubtiere, welche wohlentwickelte Reißzähne nach Art des Wolfes besitzen, in ihrem Gebiß vier voneinander ableitbare Entwicklungsstufen, die durch eine stufenweise erfolgte Reduktion der Molaren von einander unterschieden sind. Auf der ursprünglichsten Stufe, bei den Canidae, ist der zum Zermalmen der Knochen dienliche Teil des Gebisses stark entwickelt und bildet eine umfang- reiche Kaufläche. Diese Kaufläche ist bei den Viverridae bereits verkleinert, noch mehr bei den MusteUdae und ist bei den Felidae usw. so weit reduziert, daß sie praktisch nicht mehr in Betracht kommt. Der einzige übrig gebliebene obere Molar ist ganz verkümmert, und der einzige untere Molar besteht nur noch aus dem wohlentwickelten vorderen Teil, der den Reißzahn dar- stellt, während seine hintere, ursprünglich mahlzahnartige Hälfte kaum noch durch ein winziges Höckerchen angedeutet ist. Die Fähigkeit zum richtigen Kauen ist diesen am weitesten entwickelten Carnivoren völlig verloren gegangen. Die scharfe Klinge, die der obere Reißzahn wie der vordere Teil des unteren Reißzahnes beim Wolfe darstellt, und die miteinander die wirkungsvolle Knochenschere bilden, ist bei all den ver- schiedenen Formen fleischfressender Carnivora in wenig veränderter Form erhalten geblieben, möge ihr Gebiß auf der Entwicklungsstufe des Wolfes, der Viverren, der Marder oder der Katzen stehen. Begleitet und unterstützt sind diese sekodonten Reißzähne auch stets von einer wechselnden Zahl vorderer Backzähne. Auch Eck- und Schneidezähne bleiben bei all diesen Raubtieren im wesent- lichen unverändert. Wir sehen an der Schritt für Schritt sich vollziehenden Verkleinerung der Kaufläche der Mahl- zähne, daß das Zermalmen der Knochen innerhalb des Rachens, das bei den ursprünglichsten unserer Carnivoren, den Canidae, noch eine wichtige Aufgabe des Gebisses war, bei den moderneren Formen immer mehr eingeschränkt und schließlich völlig aufgegeben wurde. Bei den Hvänen wird das Zertrümmern der großen Knochen, das vor dem Verschlingen nötig ist, schon bei der Nahrungs- aufnahme von den ungemein kräftigen vorderen Backzähnen übernommen, soweit es nicht durch die Reißzähne geschieht. Im übrigen darf man annehmen, daß, je kleiner die einzelnen von Knochen durchsetzten Bissen sind, um so geringer die Aufgabe ist, die den Molaren noch zur nachherigen Verarbeitung dieser Bissen zufällt. Sind die von der Beute abgebissenen Stücke, wie es bei den Canidae der Fall ist, verhältnis- (^anis liipii.f. Zähne des linken IJntei'kii'fer:^ von anßen. R Reißzalm. mäßig groß, SU tindeii die das weitere Zerlvleinern besorgenden Molaren reiclilielie Arbeit und müssen groß und leistungsfähig sein. Die Katzen schneiden mit ihren Reißzähnen sehr viel kleinere Bissen ab, die dann ohne weiteres verschlungen werden können. Grobe Knochen, die von gleich großen Canidae ohne weiteres aufgefressen werden, scheinen von ihnen gewöhnlich überhaupt nicht ver- schlungen, sondern mit den Reißzähnen nur entfleischt zu werden. Es scheint mir, daß durch immer sorgfältigeres Verarbeiten des Fraßes mittelst der Reißzähne bei Viverriden und Musteliden die Auf- gäbe der Molaren immer mehr eingeschränkt wurde, bis sie bei Feliden überhaupt überflüssig waren. Die Canidae begnügen sich mit ihren Reißzähnen mundgerechte Bissen herzustellen, die dann durch die Molaren erst schluckgerecht gemacht werden; die Felidae machen mit den Reißzähnen die Bissen gleich schluckgerecht und können daher die Molaren entbehren. Bemerkenswert ist der Unterschied zwischen Hund und Katze in ihrem Benehmen einem größeren Bissen gegenüber, der ihnen zugeworfen wird. Der Hund nimmt womöglich sofort den ganzen Bissen in den Rachen und bearbeitet ihn nut den Molaren, aber nur im Falle er ihn nicht ohne weiteres hinunterschlucken kann. Die Katze faßt einen entsprechend großen Bissen mit den Vorderzähnen, trägt ihn zur Seite und schneidet dann mit den Reißzähnen fein säuberlich Stückchen um Stückchen davon ab. Hunde und Katzen bilden in Bezug auf Nahrungsaufnahme und Gebiß die beiden Extreme unter den modernen fleischfressenden Carnivora; unter Yiverride'ii und Musteliden sind wie im Gebiß, so vermutlich auch in der Art der Nahrungsaufnahme die Übergangsformen verkörpert. Das einheitliche Leitmotiv bei der Fortentwicklung der Raubtiere war vor allem Einschränkung der Kautätigkeit der Molaren. Es machte sich auf allen Entwicklungslinien der Carnivora geltend, so daß unabhängig von einander auf ganz verschiedenen Linien die einzelnen Entwicklungsstufen, wie sie von den heutigen Camdae, Vvverndae, Mustelidae und Felidae dargestellt werden, durchlaiifen wurden. Die Endstufe wurde unabhängig von einander von drei der noch lebenden Gruppen, den Felidae, Hyaenidae und Cryptoproctinae erreicht. Während nun die Einschränkung der Kautätigkeit das Hauptziel bei der Entwicklung des Raubtierstammes bildete und immer weitere Fortschritte machte, übte die bequem zu erlangende Pflanzennahrung fortgesetzt eine außerordentliche Anziehung auf dieselben Raubtiere aus und wirkte jener Entwicklungsrichtung entgegen. Diese beiden Motive beeinflussen die ganze Entwicklung des Raubtierstammes aufs tiefste. Einerseits werden durch das Bestreben, die Kautätigkeit einzu- schränken, die allein zum Kauen geeigneten Molaren nebst Teilen der Reißzähne allmählich ganz beseitigt und damit die Fähigkeit, auch Pflanzennahrung aufzunehmen, schließlich völlig aus- geschlossen; andererseits werden durch das Streben nach Pflanzenkost eben dieselben Molaren und Teile der Reißzähne, soweit sie noch vorhanden sind, konserviert und mächtig entwickelt, so daß schließlich das ganze Gebiß ein ausgesprochen omnivores Gepräge erhält. Dieser Widerstreit zwischen zwei entgegengesetzten Entwicklungsrichtungen ist das Charakte- ristische bei der Entwicklung des Raubtierstammes, da auf den verschiedensten von einander unab- hängigen Verwandtschaftslinien diese beiden Motive immer und immer wieder zum Ausdruck kommen. Die ursprüngliche Aufgabe der Mahlzähne der Canidae dürfte wohl das Zermalmen von Knochen gewesen sein, die in den in den Rachen genommenen großen Bissen sich fanden und dem Sqhlucken hinderlich waren. Sie sind vorzüglich dazu geeignet, nicht nur durch die Gestalt ihrer Kronen, die eine breite, mit Höckern versehene Kaufläche darbieten. Auch ihre Lage in nächster — 9 — Nähe des Kiefergelenks, das den Drehpunkt des vom Unterkiefer dargestellten Hebels bildet, ist die ihrer Aufgabe am besten entsprechende, die darin besteht, harte Gegenstände mit großer Kraft zu quetschen. Solche bunodonten Zähne nun, die zum Zermalmen von tierischen Knochen geeignet sind, können ebensogut zum Zerquetschen von vegetabilischen Stoffen benutzt werden, die unzer- kleinert verschluckt kaum verdaulich wären, in zerquetschtem Zustand aber ein wohlbekömmliches Nahrungsmittel darstellen. Nachdem die Raubtiere einmal solche Mahlzähne für ihre aus Fleisch mit Knochen bestehende Nahrung erworben hatten, ist es leicht zu verstehen, daß sie diese Werkzeuge auch verwenden, um sich weitere Nahrungsquellen aus dem Pflanzenreich zu erschließen, die oft außerordentlich ergiebig sind. Ihre bunodonten Mahlzähne haben eben Omnivoren Charakter. Im allgemeinen nehmen die Canidae nur gelegentlich Pflanzenkost neben vorwiegender tierischer Kost an. Die gleiche Beobachtung läßt sich bei Viverridae und Mustelidae machen, soweit auch bei ihnen wohlentwickelte Mahlzähne noch vorhanden sind. Nur einzelne Gattungen wie Paradoxurus bevorzugen Pflanzenkost. Bei den Felidae und Hyaenidae ist aber Pflanzenkost ganz ausgeschlossen, da von Mahlzähnen nur noch ganz verkümmerte Reste übrig sind. Während nun den 3 Familien der Canidae, Viverridae und Mustelidae zwar die Fähigkeit zur Verwendung vegetabilischer Kost gegeben ist, bewahrt ihr Gebiß aber durchaus den Charakter des echten Fleischfressers, indem ein mächtig entwickelter sekodonter Reißzahn mit scharfer Klinge stets vorhanden bleibt. Da ist es nun sehr bemerkenswert, daß neben jede dieser Familien mit aus- gesprochenem Fleischfressergebiß eine andere Gruppe von Raubtieren gestellt werden kann, die zwar in der Zahl der Molaren ganz mit ihr übereinstimmt, bei der aber nicht nur die noch vorhandenen Molaren ganz bedeutend vergrößert sind, sondern bei der auch ein richtiger Reißzahn nicht mehr entwickelt ist. Ein dem Reißzahn der Fleischfresser homologer Zahn findet sich freilich. Er besitzt aber nicht mehr die eigentümliche scharfe Klinge eines sekodonten Zahnes, sondern die niedrigen Höcker eines bunodonten. Auch zeichnet er sich nicht mehr durch besondere Größe aus, sondern die hinter ihm stehenden Mahlzähne kommen ihm an Größe mindestens gleich oder übertreffen ihn noch; im Unterkiefer ist es die vordere Hälfte des Reißzahnes, die die sekodonte Ausbildung verliert, während die hintere Hälfte, die von jeher mahlzahnartig war, bedeutend an Größe zunimmt. Die ganze Backzahnreihe gewinnt dadurch bei diesen Formen rein omnivoren Charakter. So lassen sich neben die Canidae mit Fleischfressergebiß (Fig. 1, S. 6) die Ursidae (Fig. 5) mit omnivorem Gebiß stellen, welche beide oben 2, unten 3 Molaren besitzen. Neben die carnivoren Viverridae (Fig. 2, S. 6) treten die omnivoren Procyonidae (Fig. 6), beide mit 2 oberen und 2 unteren Molaren. Bei der nächsten Stufe der Mustelidae mit 1 oberen und 2 unteren Molaren entspricht der carnivoren Unterfamilie der Mustelinae (Fig. 3, S. 6) die omnivore Unterfamilie der Melinae (Fig. 7). Bei deren Hauptvertreter, unserem Dachs, ist der einzige noch vorhandene obere Molar mächtig entwickelt, während der zweite Molar im Unterkiefer bereits zu sehr verkümmert war, um noch zu einem wirkungsvollen omnivoren Zahn sich ausbilden zu können. Dafür trat der mahlzahnartige hintere Teil des Reißzahnes ein, der stark vergrößert das Gegenstück zu dem großen oberen Mahlzahn bildet. Auf diese Weise konnte sich selbst auf dieser von den Mustelidae dargestellten Entwicklungs- stufe des carnivoren Gebisses, auf der die bunodonten Mahlzähne schon sehr stark zurückgebildet waren, noch eine Gruppe omnivorer Formen entwickeln, die Melinae. Es war die letzte Möglichkeit in der Entwicklungsreihe der Raubtiere; denn auf der nächsten Stufe, die von den Felidae dargestellt Zoologica. Heft 71. 2 — 10 — wird, war der bunodonte Teil des Gebisses ganz verküniinert, und es war im Gebiß kein Element mehr vorhanden, das sich zu größeren Kauflächen hätte ausbilden lassen. Das Kapital an Omnivoren Gebißelementen, das die Canidae ursprünglich in reichem Maße besessen hatten, war nach und nach verloren gegangen. Auf der Stufe der Mustelidae hatte es gerade noch gereicht, daraus ein Gebiß von omnivorem Charakter zu formen, auf der letzten Stufe der Felidae war es erschöpft und eine omnivore Parallelgruppe zu den Felidae unmöglich geworden. Es ist jedenfalls eine sehr bemerkenswerte Erscheinung, daß jeder Stufe, die die Raubtiere durchliefen, bis aus dem zur Hälfte bunodonten Gebiß der Canidae das rein sekodonte der Felidae entstand, sich ein umfangreicher Stamm zur Seite stellt, der ein rein bunodontes omnivores Gebiß annahm. Tatsache ist, daß wir annehmen müssen, daß wenigstens zu drei verschiedenen Malen völlig unabhängig von einander von dem Stamm der modernen fleischfressenden Carnivora mit wohl- entwickelten Reißzähnen sich omnivore Formen abgespaltet haben, um unter völliger Aufgabe des carnivoren Charakters ihrer Backzähne sich zu artenreichen Gruppen von Pflanzenfressern zu entwickeln. Die Annahme ist ausgeschlossen, daß etwa aus den Ursidae sich die Procyonidae unter Ver- lust eines unteren Molaren und aus diesen die Melinae unter Verlust eines oberen Molaren direkt entwickelt haben. Nur bei tierfressenden Säugetieren kann der letzte Zahn der Backzahnreihe der- artig verkümmern, daß sein völliger Verlust leicht eintreten kann, wie das tatsächlich in der Ent- wicklungsreihe der fleischfressenden Raubtiere in auffallendster Weise geschehen ist. Hat die Back- zahnreihe aber einmal ein rein omnivores oder herbivores Gepräge erhalten, so tritt eine weitere Reduktion der Zahnzahl niemals mehr am hinteren Ende der Reihe auf. Bei Säugetieren mit omnivorem oder herbivorem Gebiß ist ja die Zahl der Backzähne manchmal außerordentlich reduziert, bei Nagetieren oft auf vier, drei und selbst auf zwei Zähne gesunken. Auch das Warzenschwein, PhacocJioerus, behält oft mir noch zwei Backzähne. Stets aber sind es die vorderen Backzähne, die dann verschwunden sind, der letzte Molar bleibt stets erhalten. Es gibt wohl keine wirkliche Ausnahme. Wenn in dem Omnivoren Gebiß der Hapalidae der letzte Molar fehlt, so ist das nur dadurch zu erklären, daß dessen Verlust schon zu einer Zeit eingetreten ist, da das Gebiß noch insektivores Gepräge hatte. Bei weiterer Fortentwicklung eines rein Omnivoren Gebisses wie des der Ursidae wäre es undenkbar, daß der letzte wohlentwickelte Molar im Unterkiefer verloren ginge, wie es der Fall gewesen sein müßte, wenn aus den Omnivoren Ursidae die Omnivoren Procyonidae entstanden wären. Ebenso wenig lassen sich von letzteren Formen wie die Melinae ableiten. Eine Reduktion der letzten Molaren ist nur erklärlich bei Raubtieren, deren Gebiß ausgesprochen carnivoren Charakter hatte, wie das bei der Reihe Canidae — Viverridae — Mustelidae — Felidae der Fall ist. Übrigens bleiben die mit rein omnivorem Gebiß ausgestatteten Carnivora immer noch echte Raubtiere, jagen auch vielfach noch auf lebende Beute. Sie wissen ihren mächtigen Eckzahn noch recht wohl zu gebrauchen, nicht nur zum Greifen der Beute, sondern auch zum Zerreißen des erlegten Wildes, soweit es nicht unzerstückelt in den Rachen eingeführt werden kann. Von regelrechtem Zerschneiden mittelst sekodonter Reißzähne ist freilich keine Rede. Zwischen den großen Kauflächen ihrer Mahlzähne wissen sie aber jeden Bissen gut zu zerkauen. Ihre Hauptnahrung nehmen sie jedenfalls aus dem Pflanzenreich, wenn auch einzelne Arten sich eigentümlichen Verhältnissen angepaßt haben und wie der Eisbär wieder ausschließliche Fleischfresser geworden sind. — 11 — 3. Nahrungsaufnahme bei Amphibien und Reptilien. Betrachten wir nun im Gegensatz zu den höchst entwickelten modeDien Raubsäugetieren die ursprünglichsten Räuber unter den Tetrapoda.^) Wir finden sie unter den Amphibien und Reptilien, und es ist fast gleichgültig, welche vun den noch mit Zähnen versehenen bekannten Formen wir der Betrachtung zu Grunde legen. Mögen es Molche oder Eidechsen oder Schlangen sein, sie stimmen in der Nahrungsaufnahme darin überein, daß ein von ihnen ergriffenes Beutetier in der Regel noch lebend und unzerstückelt, und ohne im Rachen einer Bearbeitung durch Zähne zu unterliegen, verschluckt wird. Jedes erbeutete Tier ist ein Bissen, der auf einmal hinuntergewürgt wird. Die Beute kann daher nur aus verhältnismäßig kleinen Tieren bestehen. In der Regel wird ein größeres Tier, das nicht auf einmal verschluckt werden kann, gar nicht angegriffen. Die große 3Iehrzahl von lebenden wie fossilen Amphibien und Reptilien weist im Gebiß nur kegelförmige Faugzähne auf. Mögen diese, wie es besonders bei den Stegocephalen vielfach der Fall ist, als feine Hechelzähne in großer Zahl bürstenförmig die Mundknochen bedecken, oder mögen sie als einzelnstehende größere oder kleinere Fangzähne vorhanden sein, sie sind nur zum Ergreifen und Festhalten von lebenden Tieren, nicht zum Töten, Zerlegen oder Zerkauen der Beute geeignet. Gerade die ältesten der bekannten Tetrapoda, die Stegocephalen, tragen ausschließlich ein solches Gebiß, auch fast alle paläozoischen Reptilien, und es darf mit Sicherheit angenommen werden, daß dies die ursprünglichste Gebißform der Tetrapoda ist. Daraus darf wieder mit Sicherheit geschlossen werden, daß die ältesten Tetrapoda Raubtiere waren, die andere Tiere erschnappten und sie lebendig, unzerlegt und unzerkaut verschlangen. Diese Art des Nahrungserwerbs läßt sich gelegentlich noch bei den höchstentwickelten Landraubtieren der Jetztzeit beobachten. Jede andere Art des Nahrungs- erwerbs bei Tetrapoda muß sich aus dieser ursprünglichsten Form entwickelt haben. Sie hat sich bei den Amphibien und ReiJtilien durch alle geologischen Zeiten hindurch erhalten, und nur ver- hältnismäßig wenige Formen unter den Reptilien haben wesentliche Abänderungen gegenüber dieser ursprünglichen Form der Nahrungsaufnahme erworben. Der Anlaß zu solchen Abänderungen liegt zunächst in der Möglichkeit, Tiere zur Nahrung zu erbeuten, die zu groß sind, als daß sie ohne Schwierigkeit auf einmal verschluckt werden könnten. Die Versuchung ist sicher groß, bei Gelegenheit auch eine solche zu umfangreiche Beute anzugreifen und den Versuch zu machen, sie zu verschlucken. Es ist bekannt, daß solche Angriffe durch Wirbeltiere, die die Beute nicht zerkleinern können, gelegentlich vorkommen. Der Ausgang ist dann der, daß die oft schon halbverschluckte Beute schließlich wieder ausgespieen wird, oder daß der Räuber durch die vergeblichen Bemühungen, des übergroßen Bissens Herr zu werden, so erschöpft wird, daß er infolge davon zu Grunde geht. Solche Fälle sind keineswegs sehr selten und verschiedentlich in der Literatur erwähnt. Ich persönlich konnte einige interessante Fälle feststellen: Ein tot aufgefundener Vogel, Oedicnemus crepitans, der mir gebracht wurde, war an einer großen Feldmaus erstickt, die ihm noch im Schlünde steckte; eine Forelle ging an einer Ringelnatter zu Grunde, die sie bereits zum größten Teil verschluckt hatte. Auch unter fossilen Formen beobachtete ich ähnliche Beispiele. In der schönen Benecke'schen ^) Unter dem Xamea Quadrupeda habe ii-h zuerst (IS'.Kii die Aiiiplubia. .Saiiioiisida und .Mamniaüa zu einer nalurlielirii Gruppe zusammengefaßt und den Fischen gegenüber gcstelll. hli limulzc jfdoih hier den später ftir denselben r4rup|)i'nl)egril'r eingeführten Namen Teti'a|inda. — 12 — Sammlung von SphaerosideritknoUen aus Lebach bei Saarbrücken fand ich nicht weniger als drei verschiedene Exemplare von Pleuracanthus sessilis, die ein fast ebenso großes Exemplar von Arche- gosaurus decheni im Leibe hatten. Die Haifische waren offenbar kurz nach oder noch während des Verschluckens dieser krokodilartigen Stegocephalen verendet. Es ist sehr begreiflich, daß sich bei den Reptilien verschiedene Einrichtungen einstellten, die es bestimmten Formen ermöglichten, auch größere Beutetiere zu bewältigen, deren Umfang es schwierig machte, sie zu verschlucken. Da ist es nun lehrreich, zu sehen, wie bei den Krokodilen diese Aufgabe gelöst wurde. Gerade sie machen sich mit Vorliebe an verhältnismäßig große Beutetiere, und zwar nicht nur an Fische, ihre ursprünglichste Nahrung, sondern auch an Wasservögel oder an Säugetiere, die sie vom Wasser aus oder bei Nacht am Lande unversehens erschnappen können. Die Krokodile beißen die Beute, die zu umfangreich ist, als daß sie ohne weitere Ver- arbeitung hinuntergewürgt werden könnte, zwischen ihren kräftigen Zähnen so lange, bis sie schluckgerecht geworden ist. Ihre vorderen Zähne sind spitz und werden nur zum Festhalten der Beute benutzt. Ihre hinteren Zähne sind aber stumpfer, und sie vermögen damit auch stärkere Knochen zu zerbrechen. So können sie einen Bissen, der eben noch in ihrem mächtigen Rachen Platz findet, durch längeres Kauen in einen derartigen Zustand bringen, daß er leicht in den Magen hinabgleitet. Der Zweck ihres Angriffs auf Menschen und größere Säugetiere ist wohl zunächst nur der, einen ihnen mundgerechten Bissen von ihrem Opfer abzureißen, um ihn dann nach Verarbeitung mit den Zähnen auf einmal zu verschlucken. So wird Kühen das Euter, Menschen ein Arm von den Krokodilen abgerissen. Glückt es ihnen aber, eine solche große Beute ganz ins Wasser zu ziehen, so wird sie zunächst durch Ertränken widerstandslos gemacht. Der Räuber hat aber keine sehr geeigneten Werkzeuge, ein solches Opfer in mundgerechte Bissen zu zerlegen. Es scheint, daß dann durch ruckweises Zerren oder durch Schlagen des mit den kräftigen Zähnen gefaßten Körpers auf den Boden einzelne mundgerechte Stücke abgerissen werden. Herr Professor Lorenz Müller erzählte mir, daß die Krokodile in Brasilien die von seinen Leuten enthaupteten großen Kadaver ihrer eigenen Genossen jedesmal in einer Nacht restlos aufgeräumt haben. Es sind drei verschiedene Aufgaben, die einem. Raubtier bei der Bewältigung eines großen und kräftigen Beutetieres vom Augenblick seiner Ergreifung an bis zu seiner völligen Bergung im Magen erwachsen. Sie bestehen 1. in der Tötung, 2. in der Zerlegimg zu einzelnen mundgerechten Bissen und 3. in deren Zerkauung zu schluckgerechten Bissen. Bei den Krokodilen werden, wie wir sahen, diese drei Aufgaben sämtlich gelöst, allerdings in sehr primitiver Weise, und zwar nur mit Hilfe der ursprünglichen, kaum noch abgeänderten Fangzähne. Ein ähnliches Kauen großer Bissen, wie bei Krokodilen, um sie schluckgerecht zu machen, findet sich bei vielen der lebenden Eidechsen, bei denen die hinteren Zähne oft stumpfer sind als die vorderen. Auffallend stumpf und dick werden die hinteren Zähne bei vielen Arten der Gattung Varanus. Hier werden sie benutzt zum Zerbrechen der Schalen von Landschnecken ; so nimmt z. B. F. niloticus mit Vorliebe Acliatinen zu sich. Diese Kauzähne zeigen bei älteren Exemplaren sogar sehr deutliche Usurflächen. Noch viel auffallender sind die breiten, polsterförmigen Zähne, die die südamerikanische Dracaena guyanensis (Fig. 9, S. 14) besitzt, deren Hauptnahrung aus Schnecken der Gattung Ampullaria besteht. Noch umfangreichere polsterförmige Zähne weisen aber schon — 13 — die triassischen Placodontia auf, die von gepanzerten Fischen, von hartschaligen Crustaceen, Mollusken oder Seeigeln gelebt haben dürften. Absichtliches Zerlegen von Beutetieren in einzelne Bissen dürfte bei anderen bezahnten Reptilien in der Gegenwart kaum vorkommen. Die eigentümliche Ausbildung der Zahnkronen bei den zu den Dinosauriern gehörigen Theropoda, die als Raubtiere von teilweise gigantischer Größe im Mesozoikum lebten, deutet aber darauf hin, daß sie diese Kunst ausübten. Ihre zahlreichen, sehr großen Fangzähne zeigen eine bald wenig, bald stark komprimierte spitze Krone mit scharfen, oft gekerbten Kanten, die die Kieferränder zu schneidenden Sägen gestalteten. Mit diesem furcht- baren Gebiß waren sie vermutlich imstande, andere große, aber schwerfälligere Tiere, wohl pflanzenfressende Dinosaurier, anzugreifen und deren Gliedmaßen oder Stücke aus ihrem Körper abzubeißen, die aber unzerkaut verschluckt werden mußten. Die fast wehrlosen, aber wahr- scheinlich sehr zählebigen Opfer mögen auf diese Art stückweise bei lebendigem Leibe auf- gefressen worden sein. Das absichtliche Töten eines erbeuteten Tieres vor seiner Aufnahme in den Rachen ist außer bei Krokodilen nur bei gewissen Schlangen gebräuchlich, hier aber in raffinierter Weise ausgebildet. In der Regel wird bei den Amphibien und Reptilien die Beute vor dem Verschlingen nicht getötet, aber auch nach dem ersten Ergreifen nicht wieder losgelassen. Als Beutetiere kommen für die meisten von ihnen wesentlich die Wirbellosen sowie die niederen, kaltblütigen Wirbeltiere in Be- tracht. Abgesehen von einigen Insekten, die schon durch leichtes Quetschen rasch zu töten sind, sind diese im allgemeinen sehr zählebig im Gegensatz zu den Warmblütern. Letztere spielen auch erst seit dem Tertiär eine größere Rolle. So ist schon aus diesem Grund ein Töten der Beute vor dem Verschluck n sehr erschwert und unterbleibt daher auch selbst bei verhältnismäßig sehr großen Tieren. Der Molch, der einen Wurm verschlingt, die Ringelnatter, die einen Frosch hinabwürgt, denken nicht daran, die schwierige Aufgabe zu lösen und ihre Beute vorher zu töten. Ist die gepackte Beute so groß, oder ist der Widerstand so bedeutend, daß dies beim Schlucken hinderlich wäre, oder daß während des oft langwierigen Schluckaktes ein Entkommen der Beute leicht möglich wäre, so wird das zappelnde Opfer durch Quetschen zwischen den Kiefern oder durch derbes Aufschlagen auf den Boden betäubt und widerstandslos gemacht, wie man es bei Eidechsen beobachten kann. Denn dann kann es leichter zwischen den Kiefern in die bequemste Lage gebracht werden, die zum Verschlucken geeignet ist. Krokodile ertränken dazu ihr Opfer. Die Schlangen sind nun Spezialisten im Verschlingen besonders großer Bissen, wozu sie durch die außerordentliche Beweglichkeit der einzelnen Kopfknochen befähigt sind. Dadurch sind sie in Stand gesetzt, verhältnismäßig größere Beutetiere sich auszuwählen als irgend ein anderes Reptil, obwohl auch sie ihre Beute nicht zerstückeln können. Es ist ein gewaltiger Fortschritt gegenüber andern Reptilien, daß eine Anzahl von ihnen die Kunst versteht, ihre Opfer schnell zu töten, die einen durch Erwürgen, die andern durch rasch wirkendes Gift. Das so getötete Tier kann losgelassen werden, und die Schlange kann nun in aller Ruhe ihre Vorbereitungen zu dem langwierigen Schlingakte treffen. Ihnen fallen besonders Warmblüter zur Beute. Tiere so zu verwunden, daß der Tod rasch durch Verblutung oder durch absichtliche Hirn- verletzungen eintritt, wie es die gewöhnliche Tötungsart bei Raubsäugetieren ist, das ist bei Rep- tilien noch unbekannt. Denn wenn auch als Folge eines Angrifis durch ein Krokodil der Tod öfter durch Verblutung erfolgt, so war das keineswegs der Zweck des Angriffs, der nur der Erbeutung eines mundgerechten Bissens galt. 14 Wie wir bei den verschiedensten Gruppen der fleisclifressenden Carnivora immer wieder das Bestreben antreffen, mit mehr oder weniger großem Erfolg sich der Pflanzenkost zuzuwenden, so finden wir dasselbe Bestreben auch schon bei den tierfressenden Reptilien der verschiedensten Gruppen. Es sind eine Anzahl Arten von Eidechsen der alten wie der neuen Welt bekannt, die mehr oder weniger ausschließlich Vegetarier geworden sind {Uromastix, Tiliqua, Iguana usw.). Am weitesten haben es in dieser Beziehung mesozoische Dinosaurier gebracht, unter denen besonders die das Land oder Süßwasser bewohnenden Praedentata ganz ausgesprochene Pflanzenfresser waren. Die meisten pflanzenfressenden Reptilien benutzen die Zähne nur zum Anschneiden von saftigen Blättern oder Früchten; aber bei einigen der fortgeschrittensten Dinosaurier bildete sich durch Abnutzung der Zahnspitzen sogar eine richtige Kaufläche aus. Bei allen diesen Änderungen in der Nahrungsaufnahme entfernen sich aber die Zähne der Reptilien nie weit von der ursprünglichen Form einfacher Fangzähne. Sie behalten stets einen einfachen Sockel oder einfache Wurzel, und nur die Krone wird bald stumpf abgerundet, bald mehr oder weniger komprimiert, öfter mit gekerbten Kanten oder mit Nebenspitzen versehen. So läßt sich feststellen, daß unter den Reptilien, und zwar ganz besonders bei den landbewohnen- den, zahlreiche Versuche unternommen worden sind zu dem Zweck, die altererbte Art der Nahrungs- aufnahme abzuändern, um unter gleichzeitiger Abänderung des Gebisses neue Nahrungsquellen ausnutzen zu können, die die umgebende Natur in reicher Auswahl bot. Meist waren die Fort- schritte in diesen Richtungen nur sehr unbedeutend, und in den wenigen Fällen, in denen unter beträchtlicher Umbildung des Gebisses größere Fortschritte erzielt worden waren, wie bei den pflanzenfressenden Dinosauriern, war die Lebenskraft dieser Formen bald erloschen, und sie ver- schwanden aus der Erdgeschichte. Nur die ziemlich häufig unternommenen Versuche, unter völliger Aufgabe der Bezahnung neue Lebensmöglichkeiten zu erschließen, führten bei den Sauropsiden in zwei Fällen zu einem außerordentlichen und dauernden Erfolg. Schildkröten und vor allem Vögel, Fig. 'J. üracaena giiynnensis (Lact-rtilia), Brasilien Fig. 10. Bauria n/anops (Cynodmita). Tri^s. Kn|il;incl. Gebiß des Oberlviel'ers und L aterliiefers von der Kaullaehe. Fio-. II. Ci/n()gnniJiiis crali'ninoliix (C.vnodoiila i. 'j'j'i.T-, Ka])lan(l, — 15 — die beide anstatt der Zähne einen Hornsclmabel annalmien, gehören noch heute zu den lebenskräf- tigsten GrupjDen unter den Wirbeltieren. Andere ähnliche Versuche, z. B. bei den Pterosauriern, endeten nach kurzem anfänglichem Erfolg mit dem raschen Erlöschen der ganzen Gruppe. Interessant ist es nun. daß gerade in jener formenreichen Ordnung von Reptilien, aus der aller Wahrscheinlichkeit nach die Säugetiere entsprungen sind, unter den Theromorphen, auffallend viele Versuche festgestellt sind, die Form des Gebisses zu ändern. So treten bereits im ältesten Perm unter- ihnen Formen auf, die nach Abel Insektenfresser waren (Diadectes) , und in der Trias finden sich Formen, die durch ihre langen Eckzähne an moderne Carnivora erinnern {Bauria, Fig. 10); einige zeigen mehrspitzige Backzähne (Cynognathus. Fig. 11), andere stumpfe Kauzähne {Diademodon), die denen der schneckenfressenden Dracaena (Fig. 9) sehr ähneln, wieder andere sind zahnlos wie die Schildkröten. Wie bei den übrigen Reptilien ei\tfernte sich aber die große Mehrzahl auch der Theromorphen nicht oder fast nicht von dem reinen Fangzahngebiß, und auch sie kamen niemals über einwmrzelige Zähne hinaus. Als im Jura die ersten unzweifelhaften Säiigetiere mit getrennten Zahnwurzeln auftraten, war die ganze Ordnung der Theromorpha längst erloschen. 11. Teil. Entstehung der Säugetiere und Vögel. 4. Die Kauzähne der ältesten Säugetiere. Während bei allen Amjjhibien und mit wenigen Ausnahmen auch bei den Reptilien überein- stimmend ein Gebiß vorhanden ist, welches nur aus einfachen Fangzähnen besteht und vor dem Verschlucken keine die Verdauung erleichternde Bearbeitung der Beute zuläßt, ßndet sich schon bei den ältesten Säugetieren, die wir kennen, in allen Fällen ein Gebiß mit ganz anderen und viel komplizierter gebauten Backzähnen, die auch auf eine ganz andere Behandlung der Nahrung schließen lassen. Die ältesten Reste, die wir mit Sicherheit auf Säugetiere beziehen können, stammen aus dem •Jura von England und Nordamerika. Um ihre Kenntnis haben sich besonders Owen, Marsh, Goodrich und Osborn sehr verdient gemacht. Ihre systematische Stellung ist zweifelhaft, da bisher nur Kiefer mit Zähnen (nur sehr w^enige Oberkiefer) gefunden wurden. Die meisten waren unzweifel- haft rein tierfressende Formen, einige wenige mit völlig verschiedenem Gebiß (Multituberculata) waren Omnivoren oder Pflanzenfresser. Phylogenetische Beziehungen zwischen beiden waren bisher nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Uns interessieren hier zunächst nur die Tierfresser, durchgehends sehr kleine Formen, höchstens von Rattengröße, da nv;r sie als Vorfahren der späteren Säugetiere in Betracht kommen können. Das auffallendste Merkmal, welches sie aufweisen, in dem sie auch alle übereinstimmen, besteht darin, daß jeder ihrer Backzähne (mit wenigen Ausnahmen) mehrere (2 — 3) lange, getrennte Wurzeln besitzt (Fig. 14). Ferner sind deren Kronen mit mehreren (3 — 4) scharfen Spitzen und Zacken versehen, die aber an den vorderen Backzähnen (den gern sekodont ausgebildeten Prämolaren) nur angedeutet sind. Die Vorderzähne bleiben einfache Fangzähne. Bei einer Gruppe, den Triconodonta {Phascolotherium, Fig. 13, S. 16). waren obere wie untere Backzähne sämtlich länger als breit, mit je zwei Wurzeln hintereinander, und ihre Spitzen lagen alle ungefähr in einer Längsreihe. So erinnern sie, abgesehen von ihrer geringen Größe, an 16 die zweiwurzeligen Backzähne der Pinnipedier oder an die vorderen Backzähne der Carnivoren. Da sie gedrängt standen, bildeten sie miteinander eine scharfe Säge im Oberkiefer, dem eine gleiche mit alternierenden Zacken im Unterkiefer gegenüber stand. Bei der anderen Gruppe mesozoischer Tierfresser, den Pantotheria oder Trituhercalata {Phas- colestes, Fig. 14), bilden je drei der scharfen Zacken, die jeder der hinteren Backzähne trägt, mit- einander eine dreikantige Krone mit einer dreieckigen Kaufläche (Fig. 17, S. 36). Zwischen diesen „Tri- gonen" der oberen Molaren bleiben dreieckige Lücken, in welche die schmäleren ,,Trigonide" der unteren, alternierend stehenden Molaren ein- greifen. Die breiteren oberen Molaren trugen je 3 Wurzeln, eine an jeder Ecke, die schmäleren unteren nur je 2 hintereinander. Diesen Typus von Backzähnen finden wir heute noch unter den primitivsten unserer In- sectivora, den Zaiambdodonta, ver- treten. Höchst wahrscheinlich bestand die Nahrung dieser kleinen, ältesten Säuger, die gewiß als Landbewohner anzusprechen sind, hauptsächlich aus Wirbellosen, aus Lisekten, Schnecken, Würmern und dergl. wie bei unseren heutigen kleinen Insektenfressern. Die mit den Vorderzähnen ergriffene Beute wurde jedenfalls mit den Back- zähnen gekaut. War sie zu groß für einen Bissen, so konnte sie wohl mit den vorderen Backzähnen zerschnit- ten werden. Denn diese waren bei vielen Formen auffallend groß. Die hinteren Backzähne konnten dann mit ihren scharfen Spitzen und Kanten den nicht zu starken Chitin- panzer der gekauten Insekten zerbrechen und die Weichteile zerreißen. Die so zwischen den scharfen Sägezähnen der Triconodonten oder den kantigen und zackigen Stempeln der Pantotheria zerkauten Bissen gelangten dann in breiartigem Zustand in den Magen. Im Gegensatz zu einfachen Fangzähnen waren die als ,, Kauzähne" dienenden hinteren Back- zähne zu kräftigem Kauen befähigt, und zwar dadurch, daß ihre Kronen mehrspitzig und ihre Wurzeln getrennt waren. Als „Kauen" muß bei den Tetrapoda jede Bearbeitung des in den Rachen aufgenommenen Nahrungsbissens zwischen den oberen und unteren Backzähnen bezeichnet werden. Der Zweck des Kauens ist aber oft nur der, einzelne schwer verschlingbare Bissen durch Quetschen Fig. 12. Dromathcrium syli-estre (Prototheria), Trias, Nordkarolina. Unter- kiefer (ergänzt). Fig. 13. Phascolotherium (Triconodonta), unterer Jura, England. Unterkiefer (ergänzt). Fig. 14. Phascolestes (Pantotheria), oberer Jura, England. Unterkiefer (ergänzt). 7 Schneidezähne, C Eckzahn, P Prämo- laren, M Molaren. (Alle Figuren sehr stark vergrößert.! — 17 — zwischeu den Zähnen in eine geeignete schluckgerechte Form zu bringen, wobei Auch harte wider- spenstige Teile wie z. B. Knochen oder Kalkschalen zerbrochen werden können. Solches unechte Kauen ist oft bei Reptilien zu beobachten, so bei Krokodilen und vielen Eidechsen. Es genügt dazu ein Gebiß mit etwas abgestumpften Fangzähnen. Das echte Kauen bewirkt aber eine Zerkleinerung der einzelnen Nahrungsbissen durch länger fortdauerndes Zerreißen oder Zerdrücken ihrer Gewebe zwischen den Zähnen zu dem Zwecke, ihre Verdaulichkeit dadurch zu befördern. Einspitzige Fangzähne sind zum richtigen Kauen nicht ge- eignet, da damit die Gewebe nur an einzelnen Stellen durchbohrt, nicht in kleine Teile zerrissen werden können. Echtes Kauen ist nur möglich zwischen Zähnen, deren Kronen mehrspitzig sind oder eine verbreiterte Mahlfläche besitzen. Bei den jurassischen Pantotheria geschieht das Kauen ursprünglich nur mit hohen mehr- spitzigen Zähnen ohne Mahlfläche (Fig. 17, S. 36). Sie wirken nicht direkt auf einander, da sie alter- nierend stehen, sondern die Kronen einer Zahnreihe greifen nur in die Lücken zwischen den Kronen der gegenüberstehenden Zahnreihe. Dabei wird ein zwischen die beiden Reihen geschobener Bissen einige Zeit hindurch immer wieder von den mehrspitzigen Zahnkronen, die wie kurzzackige Gabeln wirken, gefaßt und in die Lücken zwischen den gegenüberstehenden scharfrandigen Zähnen gepreßt. Er wird dadurch zerbrochen oder zerschnitten, nicht bloß durchbohrt wie bei einspitzigen Fangzähnen. Da sowohl die oberen wie die unteren Zähne gleichzeitig den Bissen in dieser Weise angreifen, so werden seine einzelnen Teile in entgegengesetzter Richtung geschoben und seine so gekauten Gewebe werden, seien sie hart oder weich, vielfach gebrochen und zerrissen. Das ist die ursprünglichste Form des echten Kauens, wie sie sich bei den ältesten Säugetieren findet. Dabei wirken die beiden Zahnreihen nur in vertikaler Richtung gegen einander, ohne sich in nennenswerter Weise seitlich gegen einander zu verschieben. Die Kauflächen dieser Zähne stellen keine Mahlflächen dar. Die geringe seitliche Verschiebung, deren die Kiefer fähig sind, dient nur zu dem Zweck, daß die dadurch genäherten scharfen Ränder der Zahnkronen miteinander eine scherende Wirkung ausüben können. Mahlflächen entstehen bei Säugetieren erst auf den Kauflächen von höher entwickelten Zähnen, die beim Kauen direkt aufeinander treffen. 5. Die Zahnwurzeln. Die Gestalt der Kronen an den Backzähnen der ältesten Säugetiere zeigt, daß sie zum Kauen befähigt waren. Daß sie aber zu kräftigem und andauerndem Kauen bestimmt waren, das beweisen ihre getrennten, langen Wurzeln, mit denen jeder von ihnen tief in den Kieferknochen eingelassen war. Das Vorhandensein von zwei oder mehr getrennten Wurzeln an den Backzähnen ist eines der Merkmale, durch das sich Säugetiere mit Sicherheit unterscheiden lassen von Reptilien, die stets nur einwurzelige Backzähne besitzen (mit Ausnahme von wenigen hochspezialisierten Dinosauriern). Die Eigenschaft ihrer Backzähne, mit mehreren Wurzeln in den Kieferknochen befestigt zu sein, mag zunächst nur als ein nebensächliches Merkmal der Säugetiere erscheinen. Denn seine größte wissen- schaftliche Bedeutung bestand bisher darin, daß es das einzige Merkmal war, welches den sicheren Schluß erlaubte, daß gewisse, in mesozoischen Gesteinen gefundene kleine Kieferchen von Säuge- tieren stammen und nicht von Reptilien. Andere Merkmale, die sie ebenfalls mit voller Sicherheit als Säugetiere hätten erkennen lassen, wie etwa das Fehlen von Knochennähten im Unterkiefer, sind oft sehr schwierig festzustellen. Zoolosica. Heft 71. 3 — 18 — In Lehrbüclieni wird bei Aufzählung der wichtigsten Merkmale von Säugetieren dieser Eigen- schaft in der Regel kaum Erwähnung getan. Die Trennung der Wurzeln muß aber als ein gewaltiger Fortschritt betrachtet werden gegenüber den Reptilien, deren Backzähne nur mit einer einfachen Wurzel befestigt waren. Es ist wichtig, die Bedeutung dieses Unterschiedes zu verstehen. Kegelförmige, spitze Zähne, die nur als Fangzähne zu dienen haben, sind vorzüglich befestigt, wenn sie mit einer einfachen, kegelförmigen Wurzel etwa ebenso tief in den Kieferknochen eingelassen sind, als die Höhe ihrer freien Krone beträgt (Fig. 15 C). Beim Festhalten eines kräftigen Beutetieres Fig. 15. A Akrodonter Zahn. B Protothekodonter Zahn. C Thekodonter Zahn mit oinfaclior Wurzel. Zahn mit zwei ^^'u^zeln. D Thokodonter ist es ihre Aufgabe, einem Druck zu widerstehen, der ihre Krone von der Seite trifft. Obwohl die Wurzel mit dem Knochen nicht fest verkittet ist, kann sie bei solchem seitlichen Druck in ihrer engen Alveole nicht ausweichen, und der Zahn kann, so lang er nicht entzwei bricht, nicht aus seiner Lage gebracht werden. Es ist klar, daß eine solche Befestigungsweise mittelst einer langen Wurzel (thekodont) viel zuverlässiger ist, als es die ursprünglichere Art der Befestigung der Zähne innerhalb der Tetrapoda war, bei der die Basis der Krone mit ihrer unteren oder seitlichen Fläche auf der Oberfläche des Knochens festgewachsen oder festgekittet ist (akrodont, Fig. 15 A, oder pleurodont), selbst wenn der Sockel der Krone dabei in einer Grube eingesenkt ist (protothekodont, Fig. 15 B). Unter allen Um- ständen wird die Krone bei starkem seitlichem Druck sich leichter an einer Nahtstelle vom Knochen lösen als von ihrer Wurzel abbrechen. Bei einer ganzen Anzahl von Reptiliengruppen, die besonders kräftige, nur in einer Reihe auf die Kieferränder beschränkte Fangzähne trugen, stellte sich seit der Trias die neue thekodonte Befestigungsart ein, die mehr Sicherheit bot gegen ein Losbrechen. Der zu einer langen Wurzel umgebildete Sockel des Zahnes senkte sich in eine tiefe Grube (Alveole) des Kieferknochens ein. In dieser Alveole war die Wurzel nicht mehr starr mit dem umgebenden Knochen verwachsen, sondern stand nur durch Weichteile mit ihm in sicherer, aber etwas elastischer Verbindung. Der tief in den Knochen eingelassene Zahn wat nun zweifellos besser befestigt als der oberflächlich aufgekittete. Die ältere akrodonte (pleurodonte und protothekodonte) Bezahnung findet sich noch bei allen Am- phibien, ferner bei fast allen paläozoischen Reptilien und denen, die eine Gaumenbezahnung besitzen, nämlich bei den meisten Theromorpha, bei allen Rhynchocephala und Lepidosauria. Die neuere thekodonte Bezahnung findet sich dagegen bei allen Archosauriern (Crocodilia, Pseudosuchia, Dino- sauria, Pterosauria, Aves), ferner bei den Sauropterygia und Ichthyopterygia, sowie unter den -- 19 — Therumorplien besonders bei den Cynodonta, unter denen die Vorführen der Säugetiere vermutet werden. Bei allen thekodonten Reptilien besitzt aber jeder der Zähne nur eine einfache Wurzel. Nun mußte aber vielfach das Bedürfnis auftreten, die gefangene Beute mit den Zähnen nicht nur festzuhalten, sondern auch kräftig zu quetschen, zunächst wohl nur zu dem Zweck, das zappelnde Opfer durch die dadurch veranlaßten Verletzungen zu lähmen, dann aber auch um größere Bissen schluckgerecht zu machen; sie wurden dabei durch wiederholtes Beißen in eine zum Verschlucken geeignete Form gebracht, wobei auch Schalen, Knochen usw. zerbrochen werden konnten. Ein Teil der Zähne wird zu diesem Zweck gerne stumpfer und niedriger. Diese Tätigkeit geht schon bei Reptilien unmerklich in richtiges Kauen über, wobei ursprüng- lich die Zähne längere Zeit wie Hämmer oder wie Backen eines Nußknackers auf die zwischen ihnen hin und her geschobenen Bissen wirken. Die Zähne erhalten dabei entweder eine verbreiterte flache Krone, die sie zum Zerquetschen eignet (für Schalentiere, Fig. 9, S. 14), oder sie werden mehrspitzig wie kurzzackige Gabeln und sind besser zum Zerreißen der tierischen Gewebe geeignet (für Insekten). Der Druck, der bei solcher Kautätigkeit auf die Zähne geübt wird, wirkt senkrecht von oben auf die Zahnkrone. Die Ausbildung solcher Kauzähne läßt sich unter rezenten wie fossilen Reptilien sowohl bei akro- donter wie thekodonter Bezahnung beobachten. Doch sind weder bei den einen wie bei den anderen sehr erhebliche Fortschritte in der Kautätiokeit gemacht worden. Bei den akrodonten Formen ist der Grund vielleicht der, daß andauerndes Hämmern die aufgekitteten Zähne leicht lockert. Die Befestigung akrodonter Zähne ist weder für Fangzähne noch für Kauzähne größeren Ansprüchen gewachsen. Bei thekodonten Kauzäiinen lieot der Grund des mangelnden Erfolaes aber auf der Hand. So vorzüglich sich eine einfache, lange konische Wurzel für Fangzähne bewährt, bei denen die Zahn- krone nur einem von der Seite wirkenden Druck standzuhalten hat, so große Mängel zeigt diese Befestigung, wenn ein hämmernder Druck längere Zeit senkrecht von oben auf die Kaufläche fällt. Die einfache Wurzel muß dabei wie ein Keil wirken, der durch Hanunerschläge in seine Unterlage eingetrieben wird. Bei den pflanzenfressenden Dinosauriern aus der Kreide wurde diesem Übelstand bekanntlich in der Weise auszuweichen gesucht, daß erstens die Ebene der Kaufläche mehr parallel zur Längsachse der Zähne gestellt ist, so daß der beim Aneinanderreihen der Kauflächen auf sie geübte Druck fast senkrecht auf die Längsachse der einwurzeligen Zähne wirkt. Zweitens wurden die einzelnen Zähne immer kleiner, aber immer zahlreicher und bildeten miteinander eine innig zusammenhängende Masse, so daß der auf die gemeinsame Kaufläche ausgeübte Druck sich stark verteilte. Bei Trachodon mirabilis setzen nach Cope im ganzen 2072 kleine Zähne die 4 für die Größe des Tieres ziemlich bescheidenen Kauflächen zusammen. Aus der Sclvvvierigkeit, bewurzelte Zähne zum kräftigen und ausgiebigen Kauen zu benutzen, gab es aber einen viel günstigeren Ausweg, den in der Tat zu allerletzt auch die Dinosaurier in der oberen Kreide noch fanden. Bei den Ceratopsidae nämlich trennte sich die Wurzel der Kauzähne in zwei Schenkel, aber der Triumph dieses Gedankens sollte ihnen nicht lange mehr zu gut kommen. Dinosaurier überlebten das Ende der Kreidezeit nicht. Ein Kauzahn mit zw^ei getrennten Wurzeln (Fig. 15 D) wirkt bei seiner Betätigung nicht mehr wie ein Keil, der den Knochen zu sprengen droht, oder wie ein Nagel, dessen Spitze sich dabei immer weiter einbohrt. Seine Krone sitzt auf der Knochen- — 20 — brücke, die seine beiden Alveolen trennt, wie ein Reiter auf dem Sattel und wird einen starken, auch hämmernden Druck senkrecht von oben mit Leichtigkeit aushalten, ohne verschoben zu werden. Auch durch seitlichen Druck auf die Krone, wie er ja auch beim Kauen leicht vorkommen kann, können die langbewurzelten Zähne nicht aus ihrer Lage gebracht werden. Getrennte Wurzeln bilden die ideale Befestigung für Kauzähne. Ihre Erscheinung war eines der bedeutungsvollsten Ereignisse in der Geschichte der Wirbeltiere. Denn durch sie wurden die Kauzähne erst wirklich leistungsfähig. Als sie sich entwickelten unter den Theromorphen, entstand das Säugetier. Leistungsfähige Kauzähne mit mehreren Wurzeln waren das äußere Zeichen des Leitmotivs, mit dem die Säugetiere in die Erdgeschichte eintraten. Das Auftreten mehrwurzeliger Kauzähne hat die Entstehung der Säugetiere nicht nur begleitet, sondern sie wahrscheinlich erst ermöglicht und sogar veranlaßt. Nicht die Verbreiterung der Zahnkronen, nicht das Auftreten von mehreren Spitzen austeile der einzigen Spitze der Fangzähne ist es, was den großen Fortschritt bedeutete, der zur Entstehung der Säugetiere führte. Solche Erscheinungen treten bei sehr verschiedenen Gruppen von Reptilien auf, besonders von landbewohnenden, z. B. Cynognathus (Fig. 11, S. 14), ohne daß sie eine größere Bedeutung erhielten. Auch wenn im Zusammenhang damit eine Änderung der Nahrung eintrat, wie bei den verschiedenen Pflanzenfressern unter den Reptilien, so blieb sie doch nur auf einen kleineren Kreis von Formen beschränkt und zeitigte keine tiefergreifende Änderung der Organisation. Die betrefienden Formen blieben immer Reptilien. Erst die getrennten Zahnwurzeln schufen das Säugetier. Den Anlaß zur Trennung der Wurzeln mag eine Vergrößerung der Backzähne gebildet haben, deren eigentliche Ursache sich wohl nicht sicher feststellen läßt. Es läßt sich jedenfalls nicht nachweisen, daß die Veränderungen, welche die Zahnkronen zum Kauen befähigten, die Veranlassung waren zur Trennung ihrer Wurzeln; denn wir beobachten solche Veränderungen häufig genug bei Reptilien, ohne daß es zu dieser Trennung kam. Die Wurzel blieb trotzdem einfach, wie sie es bei den nächsten Verwandten war, deren Zähne einfache Fangzähne geblieben waren. So ist es auch noch bei allen Cynodonta gewesen trotz ihrer sonstigen Säuger- ähnlichkeit. Es läßt sich auch nicht etwa eine allgemeine Tendenz annehmen, die sich in einer Vermehrung der Zahnwurzeln äußerte. Denn die Schneidezähne bleiben stets einwurzelig, nur die Zähne, die zum Kauen sich eignen, die Backzähne, erhalten mehrere Wurzeln. Der Eckzahn schließt sich bald den Schneidezähnen, bald den Backzähnen in dieser Beziehung an. Den unmittelbaren Anstoß zur Teilung der Wurzeln sieht Schlosser wohl mit Recht in einer Streckung der Backzähne. Bei den einwurzeligen Zähnen ist der Querschnitt in der Regel etwa so lang als breit. Bei den mesozoischen Triconodonta (Fig. 13, S. 16) ist aber der Querschnitt der oberen und unteren Backzähne beträchtlich in die Länge gestreckt. Eine solche Streckung bedeutete ursprünglich wohl nur eine Vergrößerung der einzelnen Zahnkronen. Die Wurzel, die an der Streckung der Krone teilnimmt, erlitt dabei leicht aus Mangel an genügendem Material eine Teilung, so daß zwei Wurzeln hintereinander traten. Bei den gleich- zeitigen Pantotheria verhalten sich aber nur die vorderen Backzähne, die Prämolaren, wie die der Triconodonta. Der dreieckige Querschnitt ihrer hinteren Backzähne (vergl. Fig. 17, S. 36) aber ist nicht länger wie breit, im Oberkiefer sogar viel breiter als lang. Trotzdem besitzen auch sie die 2 in der Längsrichtung hintereinander stehenden Wurzeln. Das läßt sich wohl nur so erklären, daß auch bei ihnen zunächst nur eine Längsstreckung der Zähne eingetreten war, welche zur Teilung — 21 — der Wurzeln führte wie bei den Tricunodonta. Dieser Längsstreckunü- folgte erst nacliträglicii eine Verbreiterung der hinteren Backzähne, die aber nur an den oberen Backzähnen, wo sie viel bedeutender war als an den unteren, zu einer nochmaligen Teilung der Wurzeln führte, aber einer Querteilung, so daß hier noch eine dritte Wurzel nach innen von den beiden ersten Wurzeln entstand, die den unteren Backzähnen fehlt. Daraus ist vielleicht der Schluß zu ziehen, daß die trituberkulären und trigonalen Zähne der Pantotheria tatsächlich, wie von manchen angenommen wird, von trikonodonten Zähnen abzuleiten sind; nur ihre Prämolaren haben diesen altertümlicheren trikonodonten Zustand bewahrt, den heute auch noch die Prämolaren der Carnivora deutlich zeigen. Nur unter dieser Annahme erscheinen mir die drei Wurzeln der oberen und die zwei Wurzeln der unteren Backzähne der Pantotheria erklärlich, die diese Ausbildung den späteren Säugetieren vererbt haben. Die An- ordnung der Zahnspitzen steht einer Ableitung der Pantotheria von den Triconodonta nicht im Wege, denn bei Phascolotherimn z. B. stehen die Nebenspitzen noch seitlich von der Hauptspitze, und nur bei den extremeren Formen wie Triconodon selbst stehen alle Spitzen in einer Längsreihe. Erst zur Jurazeit erscheinen die getrennten Wurzeln in Verbindung mit mehrspitzigen Kronen. Und erst diese Formen sind als vollendete Säugetiere zu bewerten. Die Trennung der Wurzeln wurde aber schon vorher angekündigt durch eine oberflächliche Furche auf der sonst emfachen konischen Wurzel. Wir können diese Furche sowohl bei gewissen Cynodonta {Diademodon) beobachten, wie bei den als Dromatherium (Fig. 12, S. 16) und Microconodon bekannten kleinen Kiefern aus der Trias von Nord-Carolina, welche gewöhnlich als die ältesten Säugetiere gelten. Ob diese Formen wirklich schon Säugetiere sind, oder ob sie vielleicht doch noch Reptilien waren, wird erst zu entscheiden sein, wenn einmal vollständigere Reste dieser rätselhaften Tetrapoda vorliegen. Als Zwischen formen wenigstens müssen sie zweifellos gelten. Einfache Wurzeln mit einer Längsfurche auf der Außenseite finden sich oft, u. a. auch an den Backzähnen von //aZic/(oerMs grypiis (Fig. 27, S. 51). Nur bedeutet hier diese unvollständige Trennung von zwei Wurzeln ein Stadium der Rückbildung, während sie bei Dromatherium ein Stadium der Fortbildung darstellt. 6. Folgen des Auftretens getrennter Zahnwurzeln. Das Auftreten von mehrwurzeligen Backzähnen muß ich für eines der allerbedeutsamsten Merkmale der Säugetiere halten, sogar für dasjenige, welches das Entstehen von zahlreichen anderen wichtigen Merkmalen, durch die sich die Säugetiere vor den Reptilien auszeichnen, zum Teil erst veranlaßt hat, zum^ Teil deren Erhaltung und Ausbildung wenigstens begünstigt hat. Mehrwurzelige Zähne sind gebaut für starken Druck, welcher bei kräftigem und andauerndem Kauen auf die Zahnkrone ausgeübt wird. Voraussetzung für ihre Betätigung ist aber, daß auch die Kieferknochen, in denen diese Zähne stecken, widerstandsfähig genug sind, den stärkeren Druck auszuhalteu, der auf sie übertragen wird. Da ist es nun sehr beachtenswert, daß eines der zuver- lässigsten Merkmale, durch das sich Säugetiere von Reptilien unterscheiden lassen, darin besteht, daß jeder Unterkieferast bei den Reptilien aus mehreren getrennten Knochen (Fig. 10, S. 14) zu- sammengesetzt ist, welche durch Nähte miteinander verbunden sind, während bei den Säugetieren jede Unterkieferhälfte einen einheitlichen Knochen ohne Nähte darstellt. Sicher ist nun ein einheit- licher Knochen viel widerstandsfähiger, als ein aus mehreren Stücken zusammengesetzter, bei weichein die Zähne, die Ansätze der Kaumuskeln und das Kiefergelenk auf verschiedene Knochen verteilt sind. — 22 — Letzterer Zustand genügt wohl für ein Gebiß, das beim Kauen keinen allzugroßen Druck ausübt. Das Kaugebiß von Säugetieren stellt aber höhere Ansprüche an die Festigkeit der Kiefer, besonders wenn diese, wie bei den ältesten Säugetieren, stark verlängert sind. Diesen Ansprüchen wird genügt, wenn das die Zähne tragende Dentale, einer der verschiedenen den Unterkiefer bildenden Knochen, sich auf Kosten der übrigen so stark ausdehnt und schließlich mit deren Resten so vollständig ver- wächst, daß es allein den ganzen Unterkiefer darstellt. Auf diese Weise dürfte tatsächlich bei den Säugetieren der einheitliche Unterkiefer entstanden sein, während die ihnen am nächsten stehenden Reptilien, die Cynodonta, noch die Nähte zwischen dem schon sehr groß gewordenen Dentale und den Resten anderer Knochen deutlich zeigen. Es liegt nahe, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den niehrwurzeligen Backzähnen und dem einheitlichen Unterkiefer der Säugetiere anzu- nehmen. Ist die obige Annahme beim Unterkiefer richtig, dann müßten auch am Oberkiefer der Säuge- tiere eigentümliche Einrichtungen zu erwarten sein, die geeignet sind, seine Festigkeit zu erhöhen. In der Tat finden wir an den die Backzähne tragenden Maxillaria der Säugetiere charakteristische Gaumenplatten entwickelt, die beiderseits in der Mittellinie zusammenstoßen und, ergänzt durch ähnliche Fortsätze der Praemaxillaria und der Palatina, eine knöcherne, quer durch die Mundhöhle ziehende horizontale Wand darstellen, den sekundären harten Gaumen. Durch ihn wird eine Ver- steifung der Maxillaria erzielt, die dem ganzen Oberkiefer eine beträchtlich erhöhte Festigkeit ver- leiht. Von den Reptilien haben nur die modernen Krokodile einen in ähnlicher Weise gebauten harten Gaumen. Einen Beginn dieser Gaumenbildung zeigen aber gewisse Cynodonta, die ihre Back- zähne ohne Zweifel schon zum Kauen benutzten. Als die Säugetiere entstanden, brauchten sie den für sie so wichtigen Apparat nur noch weiter auszubilden. In diesem Zusammenhang erscheint auch der durchgehends so feste und solide Bau des ganzen Säugetierschädels in einem neuen Lichte, wenn man ihn mit dem oft so lockeren und hinfälligen Aufbau vergleicht, der den Schädel bei vielen Reptilien auszeichnet. Dem harten Gaumen der Säugetiere kommt bekanntlich auch Bedeutung zu als Widerlager für die Bewegungen der Zunge, deren Aufgabe es ist, beim Kauen die Bissen zwischen die Zähne zu schieben. Eine ähnliche Aufgabe wie die Zunge erfüllen bei den Säugetieren auf der labialen Seite der Zähne die muskulösen Wangen und Lippen. Sie fehlen den Reptilien noch vollständig, sind ein charakteristisches Merkmal der Säugetiere, und ihr Vorhandensein bei diesen ist nur im Zusammenhang mit der wichtigen Kautätigkeit der Backzähne verständlich. Die mehrwurzeligen Backzähne sind dazu bestimmt, die im Rachen aufgenommenen Nahrungs- bissen längere Zeit hindurch kräftig zu zerkauen und sie dadurch zu einer breiartigen, mit Speichel durchsetzten Masse zu verarbeiten, ehe sie an den Magen weitergegeben werden. Dem Magen und Darm wird damit seine Ar'beitsleistung erleichtert, und er ist dadurch befähigt, in kürzerer Zeit die ihm noch verbleibenden Leistungen in der Verarbeitung der Nahrungsbissen auszuführen. Eine gründliche mechanische Zerkleinerung, wie sie zwischen den Kauzähnen im Munde erfolgt, muß die chemischen Vorgänge, welche im Magen und Darm die Verdauung bewirken, ganz beträchtlich abkürzen. Daher werden Heuschrecken, die von einer Eidechse unzerstückelt und höchstens etwas gequetscht hinuntergeschluckt werden, sehr viel langsamer verdaut werden als bei einer Spitzmaus, die sie vorher zu Brei zerkaut, ehe sie sie schluckt. Eine gesättigte Spitzmaus wird daher sehr viel früher wieder hungrig, d. h. zu einer neuen Mahlzeit bereit sein können, als eine mit einer gleich — 21i — grüi.5en Portion satt gewordene Eidechse gleicher (Tröße. Die Folge muß sein, daß die Spitzmaus, das Säugetier mit mehrwurzeligen Kauzähnen, im gleichen Zeitraum eine sehr viel größere Quantität von Nahrung zu sich nehmen und verdauen kann und wird als die Eidechse, das Reptil mit einfachen Fang- und Quetschzähnen. Einige Beobachtungen, die ich in der Literatur über das Nahrungsbedürfnis gefangen gehaltener Reptilien und tierfressender Säuger fand, bestätigen diese Annahme. Eine Eidechse, Lacerta viridis (vermutlich 24 — 30 g Gewicht), fraß nach Erber in neun Monaten (Februar bis November) über 30(»() Insekten, meist Mehlwürmer. Das CTewicht dieser Menge dürfte auf etwa 500 g zu schätzen sein, so daß auf den Tag nicht mehr als durchschnittlich 2 g kommen. Eine Spitzmaus, >Surex vulgaris, von 12 g Gewicht fraß nach Rörig in 88 Tagen 3733 Mehl- würmer, 4 Engerlinge, 3 Frösche und 1 Maus, was einem Gesamtgewicht von etwa 700 g entsprechen dürfte. Das würde auf den Tag durchschnittlich etwa 8 g betragen. Demnach würde, auf gleiches Körpergewicht berechnet, die Spitzmaus etwa der 8 — lOfachen Nahrungsmenge bedürfen, die eine Eidechse braucht. Eine Spitzmaus frißt täglich eine Maus auf, die größer ist als sie selbst. Ein Maulwurf verzehrt täglich das IVofache seines Gewichts an Regenwürmern. Schlangen nehmen bekanntlich eine sehr große Menge von Nahrung auf einmal zu sich. Es dauert dann aber lange Zeit, bis sie wieder das Bedürfnis haben, eine neue Mahlzeit zu halten. Eine Anaconda (Eiinecics murinus) von 6 m Länge und 75 kg Gewicht hielt (nach Vaillant 1892) im Laufe von 5 Jahren durchschnittlich jährlich fünf Mahlzeiten, verschlang dabei aber jedesmal ein ganzes Tier von durchschnittlich 7 kg, also jälirlich etwa 35 kg. Das ergibt für einen Tag ein Nahrungsbedürfnis von 100 g. Nach Beobachtungen an 36 Krokodilen war (nach Gaudrv 1896) der tägliche Nahrungsbedarf durchschnittlich 300 g für jedes Tier. Dagegen erhielt eine Hyäne täglich 3 kg, ein Panther ebenfalls 3 kg, ein Löwe 5 kg. Die Gewichtsmenge Fleisch, die also einer sehr großen Riesenschlange für 2 Monate, einem Krokodil für fast 3 Wochen genügt, würde für eine Hyäne oder einen Panther nur für etwa 2 Tage ausreichen. Diese Raubsäugetiere fressen also im gleichen Zeitraum etwa zehnmal so viel als ein Krokodil und etwa dreißigmal so viel als eine Riesenschlange von mindestens gleicher Größe. Mögen die angeführten Zahlen auch sehr veränderlich sein, die Tatsache steht fest, daß die warmblütigen Säugetiere eine außerordentlich viel größere Menge von Nahrung verlangen als die kaltblütigen Reptilien. Die nach der Verdauung in den Körper übergegangenen Nahrungsstoffe werden durch den Blutstrom in den Körpergeweben verteilt. Dort können sie als Baustoffe für neue Gewebe dienen zum Zweck des Wachstums oder der Fortpflanzung. In der Menge der dazu benötigten Nahrungs- stoffe ist bei Säugetieren und Reptilien ein wesentlicher Unterschied nicht festgestellt und wahrschein- lich auch nicht vorhanden. Was zu diesen Zwecken nicht verwendet wird, unterliegt früher oder später der Oxydation und muß dann in Gestalt von Kohlensäure, Wasser und Harnstoffen aus dem Körper wieder ausgeschieden werden. Wenn Wachstum und Fortpflanzung nicht in Betracht kommt, muß angenommen werden, daß der Körper durchschnittlich innerhalb des gleichen Zeitraums etwa dieselbe Menge, welche er in Gestalt von Nahrungsstoffen in sein Blut aufgenommen hat, in Gestalt der genannten Oxydations- — 24 — Produkte als Abi'allstofte wieder abgibt. Ein Teil der aufgenommenen Nahrungsstoffe wird ja ver- wandt zum Ersatz einer entsprechenden Menge abgenützter Gewebestoffe, welche aber dafür an seiner Stelle oxydiert werden. Ein anderer Teil kann in Form von Reservestoffen im Körper längere Zeit abgelagert werden, kommt aber zu seiner Zeit auch wieder zur Oxydation. Auch die in Form von Verdauungssäften in den Darmtraktus entleerten Stoffe kehren zum allergrößten Teil aus dem Darm wieder in das Blut zurück. Wenn also ein Säugetier dauernd im gleichen Zeitraum eine mehrfach größere Menge von Nahrung verdaut und in sein Blut aufnimmt als ein gleich großes Reptil, dann muß auch dauernd in den Geweben seines Körpers eine entsprechend größere Menge von Stoffen, teils von neu eingeführten oder in Reserve gehaltenen Nahrungsstoffen, teils von abgenutzten Gewebestoffen, oxydiert und ausgeschieden werden. Der Stoffwechsel muß daher beim Säugetier ein sehr viel lebhafterer sein als beim Reptil. Infolgedessen steigt auch der Bedarf an Sauerstoff ganz erheblich. Um diesen zu decken, muß beim Säugetier eine beträchtliche Vergrößerung der Lungenoberfläche vorhanden sein, verbunden mit einer bedeutend erhöhten Atem- und Pulsfrequenz. In innigem Zusammenhang mit diesen Anforderungen steht auch die Durchführung einer vollständigen Trennung der beiden Herzkammern, wodurch eine Vermischung des arteriellen und venösen Blutes völlig ausgeschlossen und der Blutkreislauf der Säuger vollkommener wird. Da nun die Oxydation stets unter Wärmeentwicklung von statten geht, muß bei der erheb- lichen Steigerung der Oxydationen im Säugetierkörper dauernd eine beträchtlich größere Menge von Wärme erzeugt werden als in dem des Reptils, und die Folge muß eine dauernde Erhöhung der Körpertemperatur sein. Je mehr Nahrungsstoffe dem Blute durch die Verdauung dauernd im gleichen Zeitraum zugeführt werden, um so höher muß seine Temperatur steigen. Welche Bedeutung hat nun die Wärme für den Organismus? 7. Die Körperwärme, ihre Herkunft und ihre Vorteile. Alle Lebewesen bedürfen der Wärme, um ihre Lebenskraft entfalten zu können. Bei den Tetrapoda vor allem ist eine gewisse, bei den verschiedenen Formen außerordentlich verschiedene Höhe der Körpertemperatur nötig, damit die Lebensäußerungen sowohl des ganzen Tieres wie seiner einzelnen Organe sich in geeigneter Weise abspielen können. Die Wärmequellen können außerhalb oder innerhalb des Organismus liegen. Die nötige Wärmemenge kann daher direkt von außen bezogen werden. Entweder ist nämlich das iimgebende Medium, Wasser oder Luft, schon warm genug, oder das Tier muß sich der direkten Sonnenbestrahlung aussetzen. Die nötige Wärmemenge kann aber auch im Körper des Tieres selbst erzeugt werden, indem darin befindliche Stoffe, Träger potentieller Energie, einen Oxydationsprozeß durchmachen und verbrennen. Die Ergiebigkeit dieser Wärmequelle ist vollkommen abhängig von der Menge der aufgenommenen Nahrung, welche die oxydierten Stoffe fortdauernd zu ersetzen hat. Ist nun die Nahrung nicht sehr reichlich und die Zufuhr neuer Nahrungsstoffe ins Blut etwas spärlich, wie es in der Regel bei Reptilien der Fall ist, so wird damit allein der Wärmebedarf des Tieres nicht gedeckt; bei ihnen ist daher höhere Luft- oder Wassertemperatur, bezw. stärkere Sonnenbestrahlung notwendig, um die Lebensgeister des Tieres genügend zu wecken. Je höher nun die Zufuhr an Wärme ist, die den Tieren aus diesen Quellen zukommt, desto lebhafter werden alle ihre Lebensäußerungen, bis ein Optimiim in der Durchwärmung des Körpers erreicht ist. Eine — 25 — Steigerung der Temperatur über dieses Optimum ist verhängnisvoll für das Leben und wird mit allen Mitteln vermieden. Je tiefer aber die Körpertemperatur unter diesem Optimum bleibt, desto träger werden alle Lebensäußerungen, bis bei einer gewissen niederen Temperatur ein Erstarrungs- zustand eintritt, bei dem alle Lebensäußerungen nahezu ganz aufhören. Innerhalb dieser beiden Temperaturgrenzen zeigen die Reptilien jedoch normale Lebensäußerungen. Nur gilt allgemein für sie der Grundsatz: ,,je wärmer, desto lebhafter". Die Steigerung der Lebensenergie bei höherer Temperatur bezieht sich auch auf die Nahrungs- aufnahme und Verdauung, die bei höherer Temperatur sehr ausgiebig ist, bei niederer schließlich ganz unterbleibt.^) Reptilien sind außerordentlich abhängig von den Außentemperaturen und vom Sonnen- schein, da diese die Hauptcjuellen der ihnen nötigen Körperwärme sind, welche durch die Nahrung nur zum geringsten Teil gedeckt wird. Aber gerade, wenn die Außentemperatur niedrig ist, versagt die Nahrungsaufnahme als Wärmequelle ebenfalls ganz. Reptilien sind daher am lebhaftesten im Sonnenschein und in warmen Klimaten; in unseren Breiten verfallen sie alle in Winterschlaf. Umgekehrt bildet bei den Säugetieren die Nahrung die Hauptcjuelle der nötigen Körperwärme. Bei der viel reichlicheren Nahrungsaufnahme bleibt ein großer Teil davon verfügbar lediglich zur Befriedigung ihres Wärmebedarfs. Der Körper der Säugetiere ist daher nicht oder viel weniger angewiesen auf außerhalb des Körpers liegende Wärme(|uellen. Er ist wenig von der Außentempe- ratur abhängig. Auch bei den Säugern besteht ein Optimum der Körpertemperatur. Dieses muß aber bei ihnen unter allen Umständen erreicht sein, wenn ihre Lebensäußerungen überhaupt normal vor sich gehen sollen. Dies Optimum schwankt bei jeder Art nur unbedeutend. Die Körpertempe- ratur muß daher konstant bleiben, Säugetiere sind homöotherm. Es ist eine auffallende Erscheinung, daß die warmblütigen Tiere, auch die Vögel, dauernd eine gleichbleibende Körpertemperatur haben müssen. Ein merkliches Sinken ihrer Temperatur unter dieses Optimum bedeutet die gleiche Lebens- gefahr für sie wie ein merkliches Steigen darüber. Im Gegensatz dazu vertragen die kaltblütigen Wirbeltiere, denen ein merkliches Steigen ihrer Körpertemperatur ebenso verhängnisvoll wird wie den Warmblütern, ohne weiteres das Sinken ihrer Körpertemperatur im weitestgehenden Maße; ja bei vielen von ihnen dürfte während ihres ganzen Lebens das Optimum ihrer Körperwärme nur selten erreicht werden. Zweifellos besitzen die Säugetiere in der Homöothermie einen großen Vorzug gegenüber den poikilotherm gebliebenen Reptilien, obwohl es feststeht, daß diese Kaltblüter bei einem viel geringeren Nahrungsbedürfnis in geeigneter Umgebung gleichfalls vorzüglich gedeihen. Es ist aber ein ungeheurer Vorteil der Warmblüter, daß sie unabhängig von der wechselnden Außentemperatur, die gewöhnlich niederer ist als das Optimum ihrer Körpertemperatur, dauernd im Vollbesitz ihrer Lebenskräfte sind, während die von der Außentemperatur abhängigen Kaltblüter vielfach einen großen Teil ihres Lebens das Optimum ihrer Körperwärme nicht zu erreichen vermögen und daher als Poikilotherme in dem Vollbesitz ihrer Lebenskräfte sich nur dann befinden, wenn die Witterung ihnen besonders günstig ist. Säugetiere zeigen in den Tropen wie in kalten Zonen, zur warmen wie zur kalten Jahreszeit, bei Tag, wenn die Sonne scheint, wie zur Nacht durchschnittlich die gleiche volle Lebensintensität. Mit Ausnahme von einigen, meist kleinen winterschlafenden Arten ist die große Mehrheit der Säuger verhältnismäßig unabhängig von der Außentemperatur in der Fähigkeit, ihre Lebenskraft zu äußern; 1) Bei einer großen Riesenschlange, Python niulwus, nanni naili H. M. Phipson die Dauer der ^'erdauung einer großen Beute während der heißen Zeit 8 Tage in Anspruch (von der Alahlzeit bis zur Kotentleerung), wahrend kälterer Witterung bis 38 Tage. Ähnliche Zahlen gil)t Vaillant für Etinecles niurinus an. In der kalten Zeit blieb P. molunis 118 Tage ohne Xahrnng. Zofiiogica, Heft 71. 4 — 26 — mir ihre Lobensgewohnheiteii richten sie einigennaßeii nach dem Wechsel der Temperatur und der Sonnenbescheinung ein. Durch die Homöothermie ist dafür gesorgt, daß, reichliche Ernährung vorausgesetzt, zahl- reiche Landsäugetiere die kalten Winter ihrer Heimat aushalten und zahlreiche Seesäugetiere die kalten Meere bewohnen können, ohne merklich an ihrer Lebensintensität einzubüßen, wozu kein Reptil imstande wäre. Doch gibt es vor allem unter den kleinen Säugern eine Anzahl, die während der kalten Jahreszeit il\ro Homöothermie aufgeben, poikilotherm werden und den Reptilien gleich in einen lethargischen Zustand, den Winterschlaf verfallen, während dessen ihre Lebensäußerungen auf ein Minimum herab- gesetzt sind. Wenn bei mildem Frühlingswetter die Möglichkeit besteht, durch reichliche Nahrung die Körpertemperatur wieder dauernd auf der notwendigen Höhe des Optimum zu erhalten, geht der Winterschlaf zu Ende. Er befällt aber nur solche Säugerarten, welche während des Winters durch Nahrungsmangel so bedroht sind, daß keine Aussicht besteht, mit der verfügbaren Nahrungsmenge die Körpertemperatur dauernd auf der nötigen Höhe zu erhalten. Bei den warmblütigen Vögeln tritt dieser Zustand nicht ein, da sie bei drohendem Nahrungsmangel auszuwandern vermögen. Notwendig ist den Warmblütern andauernde reichliche Ernährung. Längeres Hungern, das von den Reptilien meist leicht ertragen wird, besonders bei niederen Temperaturen, kann der Warm- blüter, der nicht Winterschläfer ist, nicht ertragen. Er geht dann übrigens daran zu Grunde, daß sein Organismus bestrebt ist, vor allem das nötige Optimum an Körpertemperatur aufrecht zu er- halten. Li diesem Bestreben bringt er, wenn die dafür aufgespeicherten Reservestoffe verbraucht sind, immer mehr Baustoffe der Organe zur Oxydation, ohne sie ersetzen zu können, bis der ganze Bau zusammenbricht. 8. Das Rätsel der Homöothermie. Es ist zweifellos, daß der Körper der Tetrapoda zur höchsten Entfaltung seiner Lebensinten- sität viel mehr Wärme braucht, als von einem poikilothermen Reptil innerhalb seines Körpers erzeugt werden könnte. Für das werdende Säugetier mußte es aber ein eminenter Vorteil sein, wenn es ihm gelang, einen möglichst großen Teil der dazu nötigen Wärme selbst zu erzeugen und nicht mehr so ganz von der Gunst des Klimas und der Witterung abhängig zu sein wie die Reptilien. Es ist daher verständlich, daß, sobald die Möglichkeit gegeben war, die innere Wärmeerzeugung zu erhöhen, diese Gelegenheit von einem Organismus auch ausgenutzt wurde; denn je mehr die inneren Wärmequellen leisteten, um so unabhängiger war er von den äußeren. Dem Säugetier war nun diese Gelegenheit gegeben mit seinen leistungsfähigen Kauzähnen. Mit diesen Werkzeugen war es möglich, dem Blut eine viel größere Menge verdauter NahrungsstofEe zuzuführen, als das Reptil es vermochte. Je nach der Menge dieser Nahrungsstoffe mußte durch deren Oxydation sich eine mehr oder weniger beträcht- liche Erhöhung der Körpertemperatur einstellen, verglichen mit der der Reptilien. Die erhöhte Temperatur macht sich bei den Säugetieren natürlich auch im Magen und Darm geltend, wo die chemischen Vorgänge der Verdauung sich abspielen. Diese werden naturgemäß durch erhöhte Temperatur außerordentlich begünstigt und beschleunigt. (Vergl. S. 25 Anmerk.) Es darf, wie mir scheint, angenommen werden, daß mit steigender Temperatur die spezifische Wirkung der Verdauungssäfte -stetig zunimmt bis zu einem Optinmm und dann rasch sinkt. Dieses chemische Optimum beträgt wohl mindestens 46" C, es liegt aber wesentlich höher als das physiologische Optimum der Körpertemperatur. •27 iSo veranlaßte bei dem werdenden Säugetier der etwas raschere Verlauf der Verdauung, welcher nur als Folge kräftiger Kautätigkeit eintrat, zunächst auch nur eine etwas erhöhte Körper- wärme. Als deren Folge mußte aber eine noch raschere Verdauung und damit noch weiter erhöhte Körperwärme auftreten, die wieder die Verdauung noch mehr beschleunigen mußte, bis eine bestimmte Grenze erreicht war. Es liegt hier ein geschlossener Kreis von Ursachen und Wirkungen vor, die sich wechselseitig begünstigen, ein richtiger Circulus felix. Infolge dieser zwei günstigen Bedingungen, die sich gegenseitig immer w^eiter und weiter steigerten, mußte wie auf einer Leiter die Körper- temperatur von Sprosse zu Sprosse in die Höhe klettern. Auch der Stoffwechsel in den Geweben des Körpers mußte mit zunehmender Körpertemperatur immer lebhafter werden und erforderte immer reichlichere Zufuhr von neuen Stoffen zum Ersatz der abgenützten Gewebe- opt- Stoffe, die in immer reichlicheren Mengen zur Oxydation verfügbar wurden und so ^^ 1 *" auch ihrerseits zur Erhöhung der Körperwärme beitrugen. Je mehr Wärme der Körper erzeugte, um so größer wurde sein Bedarf an Nahrung, um so größer die Menge von Nahrungsstoffen, die er verdauen und in das Blut aufnehmen konnte; je mehr Nahrungsstoffe er aber aufnahm, um so mehr Wärme mußte er erzeugen, bis ein Optimum erreicht war, das nicht überschritten verden konnte. Auf nebenstehender Figur 16 wurde versucht, diesen Vorgang in schematischer Weise graphisch darzustellen: Skala N gibt einen Maßstab der Nahrungsmengen, die in einem bestimmten Zeitraum in den Körper aufgenommen und ausgenutzt werden. Als Nahrungseinheit gilt die Menge, welche von einem Reptil (R) in diesem Zeitraum unzerkaut auf- genommen und verdaut werden kann. Skala W bezeichnet die Körpertemperaturen. Als Wärmeeinheit gut die Wärmemenge, um welche die Körpertemperatur steigt infolge der Oxydation einer Nahrungseinheit. Der Ausgangspunkt (z) der Wärmeskala bezeichnet die Höhe der Körpertemperatur, welche unabhängig von der inneren Oxydation erreicht wird, die also von der schwankenden Außentemperatur (A) veranlaßt und abhängig ist. Durch Aufnahme der ersten Nahrungseinheit beim Reptil (R) macht sich eine Erhöhung der Körpertemperatur noch nicht bemerkbar; sie bleibt auf dem Ausgangs- punkt (z) stehen. Erst durch Aufnahme einer 2. Nahrungseinheit, die durch Kauen Fig. if>. (K) beim Säugetier ermöglicht ist, steigt die Körpertemperatur um 1 Wärmeeinheit von z auf 1. Diese 1. Wärmeeinheit ermöglicht die Aufnahme einer 3. Nahrungseinheit. Sie liefert dem Körper eine 2. Wärmeeinheit. Diese ermöglicht eine 4. Nahrungseinheit, welche eine 3. Wärme- einheit liefert und so fort, bis das Optimum (Opt.) erreicht ist. W Der Organismus ist also imstande, die ihm günstigste Körpertemperatur selbst zu erzeugen, vor- ausgesetzt, daß er die Fähigkeit und die Gelegenheit hat, die dazu notwendigen Nahrungsmengen aufzu- nehmen und zu verdauen. Auf diese Weise dürfte, wie man sich jetzt vorstellen kann, das werdende Säugetier infolge seiner Kauzähne befähigt gewesen sein, das Optimum der Körperwärme automatisch zu erreichen. Dies Optimum konnte aber nicht überschritten werden, so wenig wie bei Reptilien; denn bei noch höherer Temperatur wäre sofort der Bestand des ganzen Organismus gefährdet gewesen. Schon Amphibien und Reptilien sind ja sehr empfindlicli gegen zu hohe Temperaturen. Um z. B. — 28 — größere Krokodile in unverletztem Zustande iür wissenschaftliche Zwecke zu erhalten, wissen, wie mir erzählt wurde, Sammler kein bequemeres und rascher wirkendes Tötungsmittel, als die gefangenen Tiere einige Zeit der vollen Tropensonne auszusetzen. Wenn nun der Organismus einmal darauf eingerichtet ist, so viel Wärme, als ihm vorteilhaft ist, automatisch selbst zu erzeugen, solange sich nur genügende Nahrung findet, dann ist es fast selbstverständlich, daß er die Körpertemperatur dauernd auf der Höhe des Optimum zu erhalten bestrebt ist. Um diese Homöothermie trotz der meist stark abweichenden Temperatur des um- gebenden Mediums sicherzustellen, war die Ausbildung besonderer Regulatoren notwendig. Es mußten schon bei den Reptilien im normalen Organismus notwendigerweise Regulatoren tätig sein, welche die Entstehung zu hoher, verhängnisvoller Wärmegrade völlig ausschließen. Zu diesen mußten bei den Säugetieren Einrichtungen kommen, die ein Sinken der Körpertemperatur möglichst ver- hindern. So war mit der Erwerbung der Warmblütigkeit bei dem werdenden Säugetier fast un- trennbar verbunden die Erwerbung oder weitere Ausbildung einer Anzahl von Einrichtungen, deren Aufgabe es ist, die Wärmeerzeugung im Körper zu regeln und nach Bedarf Wärmeverlust vorzu- beugen oder ihn zu beschleunigen. Es mußten Schutzeinrichtungen für die Homöothermie geschaffen werden, welche das Entstehen zu hoher oder zu niederer Körpertemperaturen verhinderten. Ihre automatische Wirksamkeit wird natürlich von einem Nervenzentrum ausgelöst. 9. Schutz und Störungen der Homöothermie. Regulatoren der Körperwärme sind u. a. die Bestände an Fett und Glykogen, die zu Zeiten von Nahrungsüberfluß in den Organen der Säugetiere aufgespeichert werden. Die sofortige Um- setzung dieser Träger potentieller Energie in Wärme zur Zeit ihrer Aufnahme in den Körper würde leicht Überwärmung des Körpers hervorrufen. In Zeiten von kärglicher Nahrungsgelegenheit stehen diese aufgespeicherten Stoffe aber jederzeit zu sofortiger Lieferung fehlender Wärme bereit. Bei den kaltblütigen Wirbeltieren findet Aufspeicherung solcher Reservestoffe meist nur in ganz beschränktem Umfange statt. Größere Fettansammlungen z. B. bei Schlangen dürften nicht der Wärmeerzeugung dienen, sondern eher der Erhaltung der Muskelkraft oder andrer Lebeusäußerungen wie der Fortpflanzung, oder nur des Stoffwechsels angesichts der Möglichkeit langen Fastens. Die Abkühlung geht hauptsächlich durch die Hautoberfläche vor sich. Spezielle Einrich- tungen zur Abkühlung der Körperwärme stehen den Säugetieren aber in ihren Schweißdrüsen und vor allem in den Lungen zur Verfügung. Wenn durch gesteigerte Atemfrequenz eine lebhafte Wärme- produktion im Körper der Säugetiere zum Ausdruck kommt, wird gleichzeitig eine erheblichere Abkühlung der Körperwärme erzielt durch größere Mengen warmer, mit Wasserdampf gesättigter Atemluft, die der Körjjer abgibt. Solche Einrichtungen, durch Verdunstung von Wasser Abkühlung zu erzielen, sind für Reptilien selten nötig; auch sie öffnen aber zu solchem Zwecke den Rachen. Der Abkühlung durch die Hautoberfläche sind die Säugetiere überall fast dauernd ausgesetzt, da die Temperatur sowohl des von ihnen bewohnten Wassers wie die der Luft selbst in den Tropen meist geringer ist als ihre Körperwärme. So wird die Entwicklung eines Haarkleides bei den Säugern als besonderen Schutzmittels gegen diese Abkühlung sehr verständlich. Es ist durchaus nicht nötig anzunehmen, daß die Entstehung der Säuger nach Gegenden mit kaltem Klima verlegt werden muß, um die Entstehung des Haarkleides erklärlich zu machen. Selbst in den Tropen tritt das Bedürfnis nach einem Schutz gegen Abkühlung dringend auf, wie jeder weiß, der sich einige Zeit dort aufhielt. — 29 - Auch dort zeigen sehr häufig die Lufttemperaturen einen fühlbaren Wechsel innerhalb kürzerer oder längerer Zeiträume. Nicht nur die Säugetiere in kälteren Gegenden, sondern auch in den heißen Zonen haben daher fast alle ein wohlentwickeltes Haarkleid nötig. Nur ganz wenige Tropenbewohner haben es abgelegt, darunter bezeichnenderweise gerade die größten Arten, früher als ,, Dickhäuter" zusammengefaßt. Ihre dicke, bei Nilpferden wie bei Schweinen außerdem mit Fett durchsetzte Haut verleiht ihnen offenbar genügend Wärmeschutz. Außer ihnen sind nur einige kleine, unterirdisch lebende Nagetiere {Heterocephalus) haarlos, sowie einzelne Fledermäuse (CJnwmeles), die wohl in Baumhöhlen Wärmeschutz finden. Auch die Vorfahren des Menschen müssen durch ähnliche Lebensweise Ersatz für das verloren gehende Haarkleid gefunden haben. Die übrigen nackthäutigen Säugetiere, Cetacea und Sirenia, sind Wassertiere, zum Teil Be- wohner ausgesprochen kalter Gewässer. Im Wasser versagt das Haarkleid als Schutz gegen Ab- kühlung, und es treten dafür größere Speckablagerungen unter der Haut als Ersatz ein. In der Literatur konnte ich keine Angaben darüber finden, welcher Zusammenhang besteht zwischen der Dichtigkeit des Haarkleides und der Dicke der Haut. Es ist aber wohl bekannt, daß z. B. das Reh im Sommer eine viel dickere Haut besitzt, als wenn es sein dichtes Winterkleid trägt. Im Handel soll sein Sommerfell den doppelten Wert des Winterfelles haben. Die sehr kurzhaarigen Antilopen und andere Tiere aus dem tropischen Afrika besitzen eine auffallend dicke Haut, bei den ebenfalls sehr schwach behaarten Zebra-Arten ist die Haut auf der hinteren Hälfte des Rückens von fast panzerartiger Dicke. (Beim Wildschwein ist die panzerartige Schwarte ein Geschlechtscharakter, der nur dem Eber zukommt.) Dagegen besitzen Säugetiere mit sehr dichtem, langem und wolligem Haar eine verhältnismäßig sehr dünne Haut. Daß Regulatoren der Körpertemperatur in Tätigkeit sind, läßt sich unter anderem auch erkennen, wenn Störungen der Homöothermie eintreten. Solche stellen sich gerne bei Erkrankungen im Organismus ein. In der Regel äußern sich dabei die Störungen in einer als Fieber bezeichneten Steigerung der Körpertemperatur. Eine solche kann vielleicht bei gewissen Erkrankungen oder Ver- letzungen innerhalb des Zentralnervensystems durch die Annahme erklärt werden, daß dabei die Hemmungen beseitigt werden, welche die unnötige Oxydation der im Körper vorhandenen Träger potentieller Energie über den Bedarf hinaus verhindern sollen. Deren infolge davon eintretende zwecklose Verschwendung veranlaßt Überwärmung des Körpers, welche leicht verhängnisvoll wird. In der Regel dürfte aber die Temperatursteigerung darauf zurückzuführen sein, daß infolge der Erkrankung bestimmte Stoffe sich im Körper befinden, deren Anhäufung schädlich ist und ver- hängnisvoll werden kann, so daß ihre schleunige Beseitigung eine Notwendigkeit ist für den Bestand des Organismus. Solche Stoffe können Gewebeteile sein, die von den erkrankten Organen abgestoßen werden, oder es können Stoffe sein, welche auf die Gegenwart pathogener Mikroben zurückzuführen sind, die bei der Erkrankung eine Rolle spielen. Auf das Vorhandensein dieser Stoffe reagiert der Organismus durch ihre Oxydation auch trotz der dabei oft unvermeidlichen Überwärmung des Körpers. Viele der bekannten Fiebererscheinungen wie schneller Puls, hohe Atemfrequenz und das durch den größeren Wasserbedarf hervorgerufene Durstgefühl in Verbindung mit heißer trockener Haut und konzentriertem Urin lassen sich wohl als notwendige Folgen der gesteigerten Oxydation betrachten. Die bei Fieber gern eintretende Appetitlosigkeit kann vielleicht als eine Schutzeinrichtung angesehen werden, bei der eine Aufnahme weiterer Träger potentieller Energien verweigert wird angesichts der bestehenden Anhäufung solcher Stoffe im Blut. Aber die Folge davon ist, daß die für die — 30 — Wiederherstellung der erkrankten Organe notwendigen Baustoffe sowie die zur Aufrechterhaltung des normalen Stoffwechsels benötigten Stoffe nunmehr bei Abwesenheit von Nahrungszufuhr aus- schließlich den im Körper aufgespeicherten Reservestoffen entnommen, und wo diese nicht aus- reichen, aus anderen Organen herausgeholt werden müssen; deren Abbau macht die starke Abmagerung und Schwächung des fieberkranken Organismus verständlich. Die das Fieber oft begleitenden nervösen und psychischen Erscheinungen wie Fieberfrost, Apathie, Fieberphantasien, Kopfschmerzen dürften sich hauptsächlich aus dem Vorhandensein der schädlichen und giftigen Stoffe im Blute erklären lassen. Manche von ihnen mögen aber direkt durch die Temperatursteigerung verursacht sein. Während des ganzen Fieberverlaufs findet im Organismus ein Wettkampf statt zwischen den Regulatoren, welche die schleunigste Unschädlichmachung und Entfernung der im Körper sich anhäufenden schädlichen Stoffe erstreben, und denjenigen, welche die Homöothermie aufrecht zu halten bestrebt sind. 10. Brutpflege. Auf eine weitere Reihe von Erscheinungen, die mit dem Entstehen der Säugetiere zusammen- hängen, und die sich auf die Fortpflanzung und die Brutpflege beziehen, soll hier nur kurz hingewiesen werden. Es ist meine Überzeugung, daß das Auftreten von Milchdrüsen mit dem ganzen Komplex der dadurch bedingten Anpassungserscheinungen erst als eine Folge der von den Säugetieren erworbenen Warmblütigkeit angesehen werden kann. Bei den kaltblütigen Reptilien ist eine Brutpflege nicht nötig. Die Jungen kommen in so hoch- entwickeltem Zustande zur Welt, daß sie von der Stunde ihrer Geburt an imstande sind, ganz selb- ständig zu handeln und nach Aufzehrung der mitgebrachten Nahrungsreserve selbst weitere Nahrung zu erwerben. Sie erblicken nur dann das Licht der Welt, wenn eine günstige, warme Witterung herrscht, so daß sie reichlich Nahrung finden und rasch wachsen können. Wird aber die Außen- temperatur für sie ungünstiger, so wird damit auch ihre Lebensenergie geringer und ihre Ernährimg wird dadurch kärglicher; die Folgen äußern sich aber lediglich in langsamerem Wachstum. Eine Fürsorge der Eltern, die in gleicher Weise von der Witterung beeinflußt werden, würde ihre Lage keineswegs bessern können. Von dem neugeborenen Ursäugetier können wir annehmen, daß es zunächst noch ebenfalls imstande war, unabhängig von den Eltern Nahrung zu finden. Trat aber der Fall ein, daß die Nah- rung kärglicher wurde, so mußte bald der Augenblick kommen, daß sie dem jungen Ursäugetier nicht mehr genügte, um aus eigenen Kräften seine Körpertemperatur daiiernd auf der nötigen Höhe zu halten. Wenn auch ^Säugetiere in ihrer ersten Lebenszeit weniger empfindlich gegen vorüber- gehendes Sinken ihrer Körpertemperatur sind als später, so ist es doch auch für sie eine Notwendigkeit, ihre Temperatur dauernd auf gleicher Höhe zu halten. Es ist kaum anzunehmen, daß dem jungen Ursäugetiere schon in seiner ersten Lebenszeit ein verhältnismäßig ebenso leistungsfähiges Kaugebiß zur Verfügung stand wie einem erwachsenen. Aber selbst diesen unwahrscheinlichen Fall angenommen, ist es zweifellos, daß es, auf sich allein angewiesen, leicht auf die größten Schwierigkeiten stoßen mußte, die ihm etwa fehlenden Wärme- mengen durch genügende Nahrungsaufnahme selbst zu erzeugen. Die Annahme ist unabweisbar, daß wenigstens von dem Augenblick an, da die Ursäugetiere eine dauernd erhöhte Körpertemperatur erworben hatten, ihre Jungen auf die Fürsorge der Mutter — ;n — angewiesen waren, um von ihrem Körper die ihnen fehlende Wärme zu erhalten. Humöothermie wäre ohne Brutpflege gar nicht denkbar. Von Anfang an ist das warmblütige Säugetier gezwungen, tlurch innige Berührung mit seinem Körper seinen Jungen die ihnen nötige Wärme mitzuteilen, selbst wenn diese Jungen die zum Wachstum und zur Aufrechterhaltung des Stoffwechsels nötige Nahrung sich selbst verschaffen konnten wie die jungen Reptilien. Wenn nun die Jungen der werdenden Säugetiere der Wärme wegen auf die Pflege der Mutter angewiesen waren, dann liegt es nahe, daß sie sich von ihr auch Nahrung geben ließen, sobald die Mutter auch zu einer solchen Leistung imstande war. So ist es recht wohl denkbar, daß die hungern- den Jungen, die sich zunächst nur Wärme heischend an die schwächer behaarten Stellen des mütter- lichen Körpers drängten, dort in dem Sekret von Talgdrüsen, das ursprünglich ganz anderen Zwecken diente, eine neue und ganz originelle Nahrungsquelle entdeckten. So mag man sich den Ursprung der Milchdrüsen bei den Säugetieren vorstellen. Aus diesen Betrachtungen geht hervor, daß bei den Ursäugetieren die Jungen verhältnismäßig selbständig waren und in hochentwickeltem Zustande zur Welt kamen. Erst infolge der frühzeitig einsetzenden Brutpflege konnten sie hilfloser zur Welt kommen und waren immer mehr auf die Für- sorge der Mutter angewiesen. Daraus folgt, daß der Zustand der Brutpflege und der Entwicklungs- höhe der neugeborenen Jungen, wie er bei den primitiveren Placentalia vorliegt, dem bei den Ur- säugetieren anzunehmenden Zustande viel näher steht als der, den die Marsupialia zeigen. Nach dieser Anschauung müßte die sehr niedrige Entwicklungshöhe der neugeborenen Jungen bei den Beuteltieren und die damit zusammenhängende eigentümliche Einrichtung der Brutpflege in einem Beutel eine erst sekundär erworbene Eigenschaft der Marsupialia sein. 11. Zusammenfassung. Auf den vorhergehenden Seiten ist eine Reihe von eigentümlich ausgebildeten Eigenschaften besprochen, durch die sich die Säugetiere vor den Reptilien, aus denen sie entsprossen sind, aus- zeichnen. Wir finden alle diese Eigenschaften in einem ursprünglicheren Zustand bei den Reptilien. Ich glaubte nachweisen zu können, daß ihre Entwicklung zu dem Zustande, in welchem wir sie bei den Säugetieren antreffen, in letzter Linie bei allen auf eine und dieselbe Ursache zurückzuführen ist. Als diejenige äußere Erscheinung, die meines Erachtens den Anstoß gab zu der ganzen langen Reihe von tiefgreifenden Veränderungen, muß ich das Auttreten von leistungsfähigen Kauzähnen in Gestalt von mehrwurzeligen Backzähnen ansehen, welche an Stelle von den ursprünglicheren ein wurzeligen erschienen, wie sie den Reptilien eigentümlich sind. Diese anscheinend unbedeutende Veränderung brachte die ganze Bewegung in Fluß, die sich lawinenartig ausdehnte und zu einem der folgenreichsten Ereignisse in der Tierwelt wurde. Eine Veränderung veranlaßte mit Notwendigkeit die andere, bis schließlich der ganze Organismus gründlich umgebildet und das Gleichgewicht wieder- hergestellt war. Aus dem Reptil war ein Säugetier geworden. Das Auftreten von getrennten Zahnwurzeln war die Voraussetzung und der Anlaß, daß Back- zähne, die schon bei Reptilien Neigung hatten, sich zu vergrößern und mehrspitzig zu werden, nun- mehr zu ausgiebigem und wirksamem Kauen befähigt wurden. Damit mag die Ausbildung jeder Unterkieferhälfte zu einem einheitlichen Knochen sowie die A;isbildung des harten Gaumens und muskulöser Wangen der Säuger in Zusammenhang stehen. Vorhandensein leistungsfähiger Kau- zähne war die Voraussetzung, daß die einzelnen Nahrungsbissen noch im Munde zerkleinert und für — 32 — die Verdauung vorbereitet wurden. Die Folge war, daß der Verdauungsprozeß selbst rascher beendet werden konnte. Dies hatte zur Folge, daß Nahrungsaufnahme häufiger und daher reichlicher erfolgen konnte. Dadurch erhielt das Blut eine reichlichere Zufuhr an Nahrungsstoffen. Dies war wieder der Anlaß zu einem lebhafteren Stoffwechsel, der sich in lebhafterer Oxydation in den Körpergeweben äußerte. Dazu war reichlichere Zufuhr von Sauerstoff nötig. Zu diesem Zweck mußte die Lunge leistungsfähiger werden, die Atemfrequenz und Pulsfrequenz wurde höher, und im Zusammen- hang damit trat die vollständige Trennung der Herzkammern ein. Die gesteigerte Oxydation verursachte Erhöhung der Körperwärme. Diese beschleunigte aber gleichfalls die Verdauungstätigkeit und den Stoffwechsel, was wieder eine noch mehr gesteigerte Oxydation und noch höhere Körperwärme mit all ihren Folgen veranlaßte, so daß auf diese Weise mit Leichtigkeit das Optimum der Körperwärme erreicht werden konnte. Die Notwendigkeit, weitere Steigerung zu verhüten und der große Vorteil, den das dauernde Festhalten am Optimum der Körperwärme mit sich brachte, führte zu wirksamen Schutzeinrichtungen gegen Überwärmung sowohl wie gegen Unterkühlung des Körpers. Diese bestanden in Aufspeicherung von Fett und Glykogen im Körper sowie in Ausbildung eines Haarkleides oder von Fettschichten unter der Haut zum Schutz gegen Abkühlung einerseits, und in Ausbildung von Schweißdrüsen und gesteigerter Atemfrec^uenz zum Schutz gegen Überwärmung andererseits. Die auf diese Weise ermöglichte Homöothermie setzt die Säugetiere in Stand, verhältnismäßig unabhängig gegenüber der Kälte zu sein und an jedem Ort der Erde, solange er genügend Nahrungs- mittel bietet, dauernd die volle Lebensintensität zu entfalten. Homöothermie ist jedenfalls auch Vorbedingung für das Auftreten von Milchdrüsen. Die ganze große Kette dieser Erscheinungen, die das Säugetier gegenüber dem Reptil aus- zeichnet, steht in innigster Verbindung miteinander. Es ist anzunehmen, daß, nachdem einmal der erste Schritt in dieser Richtung getan war, verhältnismäßig rasch alle die notwendigen Folgen sich zeigten, die zusammen das fertige Säugetier darstellen. Die Entwicklung vom Reptil zum Säugetier dürfte innerhalb eines verhältnismäßig kurzen geologischen Zeitraums erfolgt sein. 12. Entstehung der Vögel. Mit der Warmblütigkeit hängt offenbar die Homöothermie unzertrennlich zusammen. Das sehen wir an den Vögeln, deren Warmblütigkeit auf jeden Fall gänzlich unabhängig von den Säuge- tieren erworben sein muß. Denn darüber kann gar kein Zweifel sein, daß die Vögel von einer ganz anderen Gruppe kaltblütiger Reptilien, wohl von einem Zweige der Dinosaurier, abstammen, während die Säugetiere auf die Theromorphen zurückgehen. Die Erwerbung der Warmblütigkeit ist aber ein Vorgang, der sich in ganz ähnlicher Weise bei den Vögeln abgespielt haben muß, wie wir ihn uns bei den Säugern vorstellen können. In beiden Fällen ist er darauf zurückzuführen, daß sich Organe ausbildeten, die eine mechanische Zerkleinerung der aufgenommenen Nahrung ermöglichten und dadurch die eigentliche Verdauung dieser Nahrung erleichterten und beschleunigten. Bei den Säugetieren waren es leistungsfähige Kauzähne, die diese Aufgabe übernehmen, ehe die einzelnen Nahrungsbissen an den Magen weitergegeben werden und dort gesammelt bleiben, bis sie zur vollständigen Verdauung in den Dünndarm gleiten. Bei den Vögeln werden die Nahrungsbissen in unzerkleinertem Zustande im Drüsenmagen, bezw. dem Kröpfe, angesammelt und erst zerkleinert, bevor sie den Magen verlassen und in den Dünndarm gleiten. - 33 -- Dies mechanisciie Zerkleinern geschieht bei ihnen in dem Kau- oder Muskelmagen, der besonders bei körnerfressenden Vögeln eine überaus leistungsfähige Einrichtung besitzt, um selbst die härtesten Körner völlig zu zerreiben. Die ganze innere Oberfläche des Muskelmagens besteht bei körnerfressenden Vögeln aus einer sehr dicken, lederartig harten, gerunzelten Haut, die die ,, Reibplatten" bildet. Sie stellt das erstarrte Sekret der Drüsen des Muskelmagens vor. Die Wände dieses Magens zeigen eine ungemein dicke Muskelschicht. In diesem Muskelmagen wird die Nahrung durch Drücken und Reiben mechanisch zerkleinert, wobei die Wirkung der Reibplatten noch durch kleine Steinchen erhöht wird, die mit der Nahrung geschluckt werden. Die Kraft, die dieser Muskelmagen entwickeln kann, ist erstaunlich; im Magen eines Truthahns wurde eine eiserne Röhre, die eine Belastung von 437 Pfund aushielt, platt gedrückt und aufgerollt, im Magen von Hühnern wurden Glasröhrchen und hohle Glaskugeln zu Pulver zerrieben. Wenn auch nur körnerfressende Vögel eine solche gewaltige Druck- und Reibwirkung ihres Muskelmagens zeigen, so findet ein Muskelmagen sich doch ganz allgemein bei den Vögeln verbreitet, je nach der Nahrung zu größeren oder geringeren Leistungen befähigt. Am geringsten ausgebildet ist er bei Fischfressern und solchen Vögeln, die wie Etiphonia nur weiche, saftige Früchte verzehren. Der Muskelmagen der Vögel ist eine Einrichtung, die in ihrer zerkleinernden Wirkung den Kauzähnen der Säugetiere völlig gleichwertig an die Seite zu stellen ist. In beiden Klassen ist sie je nach der Nahrung zu höheren oder geringeren Leistungen befähigt, am leistungsfähigsten bei harter Pflanzennahrung, überflüssig bei sehr weicher oder bei Fischnahrung. Ich muß annehmen, daß die ursprünglichsten Vögel, die wir uns als kletternde und springende, mit Fallschirm ausgestattete Baumbewohner vorzustellen haben (Vorläufer der Archaeopteryx), Insektenfresser gewesen sind wie die ursprünglichsten Säugetiere. Die mit ihren einfachen Fang- zähnen ergriffene Beute wurde unzerstückelt verschluckt. Sie dürften bereits einen leistungs- fähigen Muskelmagen besessen haben, in welchem die Nahrung in wirksamer Weise zerquetscht und zerrieben wurde, so daß sie, mit den Sekreten von Kropf und Drüsenmagen vermischt, in brei- artigem Zustande in den Dünndarm kam, wo der wichtigste Teil der Verdauung stattfindet. In ganz analoger Weise wie bei den Säugetieren muß bei den Vögeln durch die mechanische Zerkleinerung der Nahrung der Verdauungsvorgang beschleunigt uiid damit eine reichlichere Er- nährung ermöglicht worden sein. Dadurch wurde naturgemäß der Anstoß gegeben zu der gleichen langen Kette von Erscheinungen, wie wir sie im Gefolge der in ähnlicher Weise entstandenen Warm- blütigkeit bei den Säugetieren haben kennen lernen. Aus dem dinosaurierartigen, poikilothermen Reptil wurde hier ein homöothermer Vogel. Alle die Begleitungserscheinungen der Homöothermie, wie sie bei den Säugetieren auftraten, stellten sich in analoger Ausbildung auch bei den Vögeln ein, sind aber offenbar von ihnen selbständig und unabhängig von den Säugetieren erworben. Es ist eine verblüffende Anhäufung von Konvergenzerscheinungen, wie sie in diesem Maße nur selten im Tierreiche nachzuweisen ist: Warmblütigkeit verbunden mit Homöothermie, großes Nahrungs- bedürfnis, komplizierte Ausbildung der Lungen, hohe Atemfrequenz, getrennte Herzkammern, schützende Hautbekleidung, Brutpflege, dauernde volle Lebensintensität, große Unabhängigkeit von Außentemperaturen, die das Leben in allen Klimaten ermöglicht. Nachdem bei den insektenfressenden ältesten Vögeln die Warmblütigkeit einmal erworben worden war, konnte sich, wie bei den Säugetieren die Leistungsfähigkeit der Kauzähne, so bei den Vögeln die des Muskelmagens in der verschiedensten Weise weiter entwickeln. Bei den Formen, Zofilcigioa. Heft 71. 5 — 34 — die zunächst omnivor mul schließlich reine Pflanzenfresser wurden, nahm sie nach und nach außer- ordentlich zu durch immer stärkere Entwicklung der Muskeln und der Reibplatten, bei rein fleisch- fressenden Formen nahm sie ab, und bei fischfressenden Formen, zu denen wohl auch die noch be- zahnten Vögel der Kreidezeit, Ichthyornis und Hesperornis gehörten, ist wie bei den Cetaceen undPinni- pediern die Fähigkeit, die Nahrung zu zerkleinern, nach und nach ganz oder fast ganz aufgegeben worden. Die Muskulatur und die Reibplatten des Muskelniagens sind bei ihnen ganz zurückgebildet, und ihr Magen ist sekundär wieder auf den ursprünglicheren Zustand der poikilothermen Reptilien zurückgesunken. Ebensowenig aber wie bei den fischfressenden Säugetieren wurde damit die Homöo- thermie wieder aufgegeben. Ihre Vorzüge sind so ausschlaggebend, daß, wenn sie einmal erworben ist, sie auf das hartnäckigste festgehalten wird. Wenn Fischnahrung auch nicht im stände war, den Anstoß zur Entstehung der Homöothermie zu geben, so ist sie doch so reichlich zu erlangen und offenbar auch ungekaut für einen Warmblüter so rasch verdaulich, daß die schon vorhandene Homöothermie durch sie unschwer aufrecht erhalten werden kann, wie sich das ja auch bei den Meeressäugetieren erweist. Übrigens ist die Tatsache interessant, daß gerade bei denjenigen Reptilien, die als die nächsten lebenden Verwandten der Vögel gelten müssen, nämlich bei den Krokodilen, der Versuch gemacht ist, einen Muskelmagen zu erwerben, der dem der Vögel etwas ähnelt. Es kann angenommen werden, daß die Neigung dazu auch bei den Dinosauriern zum Ausdruck kam und in dieser gestaltenreichen Ordnung von Landreptilien nicht nur Anlaß zur Entstehung der Vögel wurde, sondern vielleicht auch das Entstehen der pflanzenfressenden Formen von Dinosauriern selbst begünstigte. Doch liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß dadurch noch in irgend einer Gruppe der Dinosaurier selbst der Anstoß zur Entwicklung von Warmblütigkeit gegeben worden wäre. Auch der ganze Bau der eben- falls in diese Verwandtschaft gehörigen Pterosaurier gibt uns keinerlei Andeutung, die es wahr- scheinlich machte, daß sie etwa Warmblüter gewesen sein könnten. Das schärfste Argument gegen eine solche Annahme ist das vollständige Fehlen einer schützenden Hautbekleidung, die den Haaren oder Federn gleichwertig wäre. Der mächtige einheitliche Gedanke, unter dessen Wirkung Säugetiere und Vögel entstanden, war tatsächlich derselbe bei beiden Gruppen. Es war in beiden Fällen das Bestreben, durch mecha- nische Zerkleinerung der aufgenommenen Nahrung deren Verdauung zu erleichtern und zu beschleu- nigen, was eine lange Reihe von günstigen Folgen auslösen mußte. Die morphologische Grundlage aber, welche das Eintreten dieser Wirkungen erst ermöglichte, war in beiden Gruppen völlig ver- schieden. Im einen Fall, der zum Entstehen der Säugetiere führte, ist sie im Auftreten getrennter Zahnwurzeln zu erblicken, im andern Fall, der die Vögel hervorrief, erfüllte das Auftreten eines Muskelmagens diese Aufgabe. 35 III. Teil. Ueber verschiedene Gruppen von Säugetieren. 13. Entwicklung von Mahlflächen auf Kauzähnen. Im ältesten Tertiär, dem unteren Paleocän, spielen Säugetiere eine hervorragende Rolle und überraschen durch die Zahl und Mannigfaltigkeit ihrer Arten. Ihre stattlichsten Vertreter erreichen etwa die Größe eines Schakals. Unter ihnen treffen wir einzelne Formen (z. B. DeÜatherium), die mit ihren scharfzackigen hohen Backzähnen als die größer und kräftiger gewordenen Nachkommen der jurassischen Pantotheria angesehen werden könnten. Während aber die Pantotheria vielfach zahlreichere Zähne besaßen und ein Zahnwechsel bei ihnen noch nicht nachgewiesen werden konnte,^) haben diese frühtertiären Säuger stets nur eine beschränkte Zahl von Zähnen (höchstens 3 Schneide- zähne, 1 Eckzahn, 7 Backzähne jederseits), aber ein vollständiges Milchgebiß. Es sind Placental-Säugetiere, die im unteren Paleocän zum ersten Male im Lauf der Erd- geschichte auftreten, wenigstens als solche hier zum ersten Male unzweifelhaft sich nachweisen lassen. Seither sind auf der ganzen Erde mit Ausnahme von Australien und Patagonien die Säugetiere fast nur noch durch Placentalia dargestellt. Im Paleocän selbst gehören nicht nur die spärlichen Formen mit scharfzackigen Backzähnen, die als reine Tierfresser anzusehen sind, zu den Placentalia, sondern auch die sämtlichen übrigen Säugetiere mit Ausnahme weniger Multituberculata. Bei den reinen Tierfressern des Paleocän sind (in ähnlicher Weise wie bei Sinopa. Fig. 19) die hinteren Backzähne im Oberkiefer von ausgesprochen dreieckiger Gestalt (Trigone). Sie sind von einander durch dreieckige Lücken getrennt, in welche alaer nur die hohe dreieckige Vorderhälfte, das ,,Trigonid"' (tr) der unteren Backzähne beim Kauen eingreift, während die viel niederere hintere Hälfte, das ,,Talonid" (ta) dabei auf den gegenüberstehenden Innenhöcker, das ,,Protokon" (p) der oberen Backzähne trifft. Solche Backzähne, deren obere nach Cope in der Literatur als ,,tri- tuberkuläre", die ihnen entsprechenden unteren als ,.tuberkulo-sektoriale" bezeichnet werden, habe ich, um einen bequemeren einheitlichen Ausdruck zu benutzen, schon 1890 als ,,trigonodonte" bezeichnet, welchen Ausdruck aber Rütimeyer bereits in etwas anderem Sinne verwendet hatte. Ich ziehe daher vor, solche Zähne als ,,trigonale" und ein Gebiß mit solchen Zähnen als ,,trigonales Gebiß" zu bezeichnen. Trigonale Backzähne finden sich in dieser Form bereits bei den spärlichen uns bekannten tierfressenden Säugetieren der Kreidezeit, deren besterhaltene wegen ihrer Ähnlichkeit mit der rezenten Didelphis (Fig. 21) als Marsupialia angesehen werden. Derartige Zähne weisen auf rein tierische Nahrung hin, und zwar auf solche, bei der härtere Teile, wohl vornehmlich Knochen von Wirbeltieren, zu zerdrücken sind. Denn das kann nur zwischen Zahnteilen geschehen, welche beim ;j[| ^) Neuerdings hat Brooni 1916 bei Cynodonta (Diademodon) einen Wechsel der Schneide-, Eck- und vorderen Backzähne nachweisen können. Diese Feststellung ist von fundamentaler Bedeutung. Damit ist eine der schwierigsten Fragen in der Geschichte der Säugetiere auf die einfachste Weise gelöst, die nach dem Ursprung des Zahnwechsels bei den Placental-Säugetlereii. Denn wenn die Cynodonta, die den Säugetierahnen am nächsten stehenden Reptilien, nicht monophyodont sind, wie man bisher annahm, sondern einen Zahnwechsel besaßen wie die Placentalia, dann ist zu erwarten, daß auch unter den ältesten Säugetieren, bei einigen den Pantotheria ähnlichen Formen der gleiche Zahnwechsel sich finden muß. Die Frage nach einem Neuerwerb des Zahnwechsels durch die Placentalia wird damit gegenstandslos. Die Marsupialia aber sind nunmehr sicher nur als ein von dem Hauptstamm der Säugetiere abzweigender Seitenstamni zu betrachten, der den im Hauplslamm siels zäh festgchalli'uen Zalin- weclisel stufenweise (Sparassodontia) fast ganz aufgegeben hat. — 36 — Kauen direkt aufeinander treffen, wie es hier bei dem wohlentwickelten Talonid (ta) der unteren und dem ihm gegenüberstehenden Protokon (p) der oberen Backzähne der Fall ist. Solange das Talonid (ta) nur ein unbedeutender Zacken am Hinterrande der unteren Backzähne war wie bei dem mesozoischen Amblotherium (Fig. 17), griff noch die ganze dreieckige Krone der oberen Backzähne nur in die Lücken zwischen den hohen Trigoniden (tr) der unteren. Die in diesem Zustande noch stark vorragende Hauptspitze der oberen Backzähne, das Protokon (p), traf zwar im Grunde der Lücke schon auf das kleine Talonid (ta), berührte es aber nur mit einer Spitze. Diese ursprünglichsten Kauzähne der Säugetiere besaßen noch keine Mahlfläche, und ein Zerdrücken von harten Nahrungsteilen war noch nicht möglich. Dagegen eignete sich ein solches Gebiß vorzüglich 19 A > ^ 18 20 Obere und untere Backzähne, -•1 von der Kaufläche, B von der lingualen Seite. Fig. 17. Amblotherium (Pantotheria: ergänzt). ,,Prototrigonal." Obere Zähne mit hohem Protokon (/>), untere mit hohem Trigonid [tr) und sehr schmalem, kurzem Talonid (ta). Fig. 18. Centetes (Zalambdodonta). ,,Mesotrigonal." Obere Zähne mit hoher Krone, aber niederem Protokon (p) und Andeutungen eines Hypokon (h); untere Zähne mit hohem Trigonid [tr) imd kurzem aber breitem Talonid {ta). Fig. 19. Sinopa (Creodonta). ..Trigonal" (känotrigonal). Obere Zähne mit niederem Protokon (/>), untere mit mäßig hohem Trigonid {tr) und langem, breitem Talonid (ta). Fig. 20. Gymnura (omnivore Insectivora). ,,Tetragonal." Obere Zähne mit niederem Protokon {p) und wohlentwickeltem Hypokon {h). untere mit fast gleich hohem Trigonid {tr) und Talonid {ta). zum Zerreißen von weicheren Tierleibern beim Kauen, besonders auch zum Zerbrechen der Chitin- hüllen von Insekten. Es findet sich hauptsächlich bei den jurassischen Pantotheria und kommt j etzt noch bei einigen der primitivsten Insectivora (Chrysochloris) und Marsupialia (Notoryctes) vor. Diese altertümlichste Form von trigonalen Backzähnen mit sehr kleinem oder ganz fehlendem^) Talonid, welche stets hoch und scharfzackig sind, aber noch keine eigentliche Mahlfläche aufweisen, möchte ich als ,,prototrigonal" bezeichnen. (Vergl. S. 17.) Erst wenn bei solchen Zähnen das Talonid (ta) sich so vergrößert hat, daß es beim Kauen auf einen umfangreicheren Teil des nunmehr niedriger gewordenen Protokons (p) trifft, können da, ^) Das vollständige Fehlen eines Talonid.3 bei den rein ,,trituberkuläpen'' unteren Molaren von Menarodon oder Chrysoch'oris möchte ich nur als eine Rückbilduagserscheinung auffassen. — 37 — wo beide sich berühren, nennenswerte Mahlflächen auf ihnen entstehen, welche beim Kauen aufein- ander wirken wie ein Hammer auf einen Ambos, oder wie zwei Backen eines Nußknackers. So entstand zunächst das „mesotrigonale" Gebiß mit noch kleinen Mahlflächen wie bei Gentetes (Fig. 18 u. 22), das noch die meisten der lebenden Zalambdodonta zeigen, das aber auch schon mehrere der jurassischen Pantotheria (Diplocynodontidae) besaßen. Das Talonid (ta) zeigt schon die ganze Breite des Trigonid (tr), ist aber noch sehr kurz. Zuletzt aber hatte sich ein Gebiß ausgebildet, an dessen Backzähnen das nunmehr auch länger gewordene Talonid (ta) die volle Ausdehnung des hohen Trigonid (tr) erreicht und eine entsprechend große Mahlfläche besitzt wie bei Sinopa (Fig. 19) oder Didelfhis (Fig. 21). Gleichzeitig mit den unteren Molaren verlängern sich auch die oberen, die nun nicht mehr breiter sind als lang. Diese Form ist es, die als ,,trigonales" Gebiß im eigentlichen engeren Sinn des Wortes zu verstehen ist (mit „trituberkulären" oberen und ,,tuberkulosektorialen" unteren Zähnen), die auch seit der Kreide Fig. 21. Didelplüs aurita (Marsupialia) ; Trigonales Gebiß A des Oberkiefers von der Kaul'lache; B des Oberkiefers und Unter- kiefers von außen. Oben erster Schneidezalin vergrößert; zweiter und dritter Prämolar {p) stark vergrößert; Molaren ausgesprochen trigonal. die typische Backzahnform der tierfressenden Säuger darstellt. Nur zum Unterschied gegenüber den altertümlicheren Formen des trigonalen Gebisses könnte sie auch als ,,känotrigonar' bezeichnet werden. Mit diesen Zähnen war den Säugetieren das Zerdrücken oder Zerstampfen von harten Nahrungsteilen wie Knochen ermöglicht. Die bisher hohen scharfen Zacken der Backzähne wurden dabei niederer. Der gewaltige Fortschritt und der entscheidende Vorgang bei dieser Umbildung der Zähne lag darin, daß damit zum erstenmal, abgesehen von den Multituberculata, die Backzähne der Säugetiere ansehnliche Mahlflächen erhielten, zwischen denen harte Nahrungsstoffe zerquetscht werden konnten. Mit solchen trigonalen Backzähnen, wie sie die Tierfresser des Paleocän und der Kreide tragen, sind stets verlängerte Eckzähne vereinigt, sowie kräftige Prämolaren, die oft höher sind als die hinteren Backzähne (vergl. Didelfhis Fig. 21). Mit dieser Ausrüstung waren vermutlich erst die Voraussetzungen gegeben zum Auftreten von richtigen Wirbeltierfressern. 14. Entstehung von Wirbeltierfressern. Die ursprünglichsten Tierfresser unter den Tetrapoden mußten sehr viel größer sein als ihre Beutetiere, da sie diese ja unzerstückelt als einen einzigen Bissen verschlingen mußten. Das ist in — .38 der Tiit die Kegel bei den Aiiqjlübien und Reptilien, die ihre Beute im Wasser suchen, und ändert sich nicht, wenn sie auf dem festen Lande jagen. Nicht anders dürften sich diejenigen mesozoischen Säuger verhalten haben, die als Insektenfresser oder richtiger ,,Wirbellosenfresser" anzusehen sind. Aber diese mesozoischen Säuger müssen bald die Fähigkeit erworben haben, auch etwas erößere Tiere zu erbeuten, die nur stückweise zu verzehren waren. Dies dürfte zunächst nur in der Weise geschehen sein, daß sie die lebende Beute mit den bekrallten Vorderfüßen festhielten und mit den vorderen Zähnen dann Stück um Stück davon abrissen. Bei schwächeren Tieren, Insekten, Schnecken, Würmern hatte das meist keine besonderen Schwierigkeiten. Immerhin mußte es für das Zerlegen solcher Beute oftmals recht vorteilhaft sein, wenn die vorderen Backzähne dabei als Schere mitwirken konnten. Dazu waren sie in der Tat vielfach befähigt, sowohl bei den Triconodonta wie bei den Pantotheria, deren wesentlich einspitzige Prämolaren eine mehr oder weniger komprimierte ,,sekodonte" Krone zeigen. Bei vielen Arten sind mehrere dieser Prämolaren besonders groß und kräftig und oft auffallend höher als die hinteren Backzähne wie bei Phascolestes (Fig. 14, S. 16). Es ist kein Zweifel, daß mit solchen ansehnlichen Prämolaren das Zerlegen von schwerer zerreißbaren Beutetieren in mundgerechte Bissen wesentlich erleichtert wurde. Wenn das Auftreten von großen Prämolaren zu- nächst auch nur dem Zerlegen von Wirbellosen galt, so ermöglichten vermutlich erst sie ihren Besitzern den Genuß von Wirbeltieren. Denn sobald einmal solche große Prämolaren in Begleitung von verlängerten Eck- zähnen vorhanden waren, war für die damit ausge- rüsteten mesozoischen Tierfresser auch die Möglichkeit angebahnt, auf kräftigere und gewandtere Beutetiere, wie es eben kleinere Wirbeltiere sind, mit Erfolg zu jagen. Bei der Bewältigung einer solchen Beute mußte sich ja gleich das Bedürfnis einstellen, sie erst zu töten oder sonst widerstandsunfähig zu machen, ehe sie zerlegt und verspeist wurde. Dazu eignete sich nämlich das Gebiß vortrefflich. Durch Bisse mit den großen Prämolaren in den Schädel und die Wirbelsäule konnte das mit den Fangzähnen erbeutete Opfer zunächst getötet oder widerstandslos gemacht werden. Sodann konnte aber auch der wegen des fest zusammenhängenden Knochengerüstes schwerer zerreißbare Wirbeltierkörper mit denselben kräftigen Prämolaren in Stücke zerbissen werden. Gegenüber den kleinen Wirbeltieren fällt diesen sekodonten Prämolaren dieselbe Aufgabe zu, welche die sekodonten Reißzähne der modernen Raub- tiere gegenüber größeren Säugetierkörpern zu erfüllen haben. Das ist ihre Bedeutung. Sie stellen die primitiven Reißzähne dar, dazu bestimmt die Beute zu zerteilen. Wenn nun durch das Auftreten großer Prämolaren ein Teil der jurassischen Pantotheria auch in der Lage war, kleine Wirbeltiere in mundgerechte Bissen zu zerlegen, so genügten ihre hinteren prototrigonalen Backzähne (Fig. 17) doch nicht, die gewonnenen Bissen richtig zu zerkauen, wenn sie von etwas derberen Knochen durchsetzt waren. Sie mußten sich daher zunächst auf sehr kleine Wirbeltiere beschränken, deren Knochen zart genug waren, dem Zerkauen keinen größeren Wider- stand zu bieten als Chitinhüllen von weicheren Insekten. Aber die Gelegenheit, dann auch etwas größere Wirbeltiere mit derberen Knochen zu bewältigen, gab den Antrieb, die Kauzähne auch diesem Zweck anzupassen. Das konnte leicht erfolgen, zumal dazu nur die Vergrößerung eines bereits vorhandenen Kig. 22. Cenieles ecaudulns (Zalambdodonla) ; Meso- Lrigoiiales Gebiß des Ober- und Unterkiefers, von der Seite. Zwei Pramolaren {p) stark vergrößert. — 39 - Zahnteils, des Talonids der unteren Backzähne, nötig war (vergl. Fig. 18 u. 19, >S. 36). So vervoll- kommnete sich das ursprünglich prototrigonale Gebiß immer mehr, bis die Kauzähne ausgesprochen ,,trigonal" waren und eine umfangreiche Mahlfläche entstanden war. Es wurde erst durch diese Kom- bination speziell zum Verzehren von mit Knochen durchsetzter Nahrung geeignet. Denn ich halte ein trigonales Gebiß vereinigt mit großen Prämolaren (Fig. 21) geradezu als charakteristisch für die älteren Wirbeltierfresser. Die großen Prämolaren (meist ist es der dritte neben dem vierten oder dem zweiten) finden sich daher nicht nur bei Triconodonta und Panto- theria (Fig. 14, S. 16) sowie einigen der ursprüng- lichsten Insectivora {Centetes, Fig. 22), sondern vor allem in Verbindung mit ausgesprochen trigonalen Molaren bei den ursprünglichsten Marsupialia (Thlaeodon, Eodelfhis und Didelphis , Fig. 21, S. 37) und den ältesten Creodonta (DeUatlierium). Ja diese auffallend großen und kräftigen Prämolaren begegnen uns noch bei einer Menge altertüm- licher omnivorer Formen unter den Insectivoren (Gymnura, Fig. 23) unter den Primaten (Pely- codus) und Ungulaten (Mioclaenus, Petiptychus , Jchaenodon). Sie sind, wie die verlängerten Eckzähne, als ein altes Erbstück der Primaten, Ungulaten usw. aus den Zeiten zu betrachten, da ihre mesozoischen Vorfahren kleinen Wirbeltieren nachstellten. Das erste Auftreten von großen Prämolaren war wohl nur erfolgt, um das Verzehren von Wirbellosen zu erleichtern. Erst ihr Vorhandensein ermöglichte auch die Bewältigung kleiner Wirbel- tiere. Um diese neue Nahrungsquelle besser auszunützen, entstand das trigonale Gebiß mit Mahl- flächen, das nunmehr auch zum Genuß größerer Wirbeltiere befähigte. Das Vorhandensein von Mahlflächen aber eröffnete erst die Möglichkeit, auch das Pflanzenreich als Nahrungsquelle heranzu- ziehen. Die Ausbildung eines trigonalen Gebisses mit Mahlflächen muß übrigens, vor allem bei kleinen Tierformen, auch bei reiner Insekten- (d. h. Wirbellosen-) Nahrung erfolgt sein- Fig. 23. Cn-hiR A Cyninura rafflest (Insectivora); Telragonales des Oberkiefers von der Kaufläche; B des Oberliiefers und Unterkiefers, von außen. Erster Schneidc- zaliii ((). stark vergrößert. Oberer Eckzahn zweiwurzelig; ih-itti'r \in(l virrler Prämolar (p) sehr groß. Molaren Im) tetragonal. 15. Entstehung von Pflanzenfressern. Dadurch, daß die Tierfresser in ihren trigonalen Zähnen mit großem Talonid ein zum Zer- malmen harter Teile ihrer Nahrung sehr gut geeignetes Gebiß erworben hatten, hatten sie damit gleichzeitig ein Werkzeug erhalten, das auch zum Zerquetschen von Pflanzenstoffen sich eignete. Der mächtige Antrieb zur Erschließung des Pflanzenreichs als Nahrungsquelle für die Säugetiere war wohl stets latent vorhanden, konnte aber seine Wirkung bei ihnen nicht äußern, solange sie kein geeignetes Werkzeug besaßen, diese Nahrung genügend zu zerkleinern. Erst mit dem Auf- treten trigonaler Zähne war diese Möglichkeit nahe gerückt und der Weg dazu geebnet. Denn diese Zlilme können sich verhältnismäßig leicht zu noch wirkungsvolleren Mahlzähnen umbilden. — 40 — Denn nachdem nun einmal durch Vergrößerung des Talonid der unteren Backzähne die Lücken zwischen diesen ausgefüllt und das Stadium des trigonalen Gebisses (Fig. 19) erreicht war, ging die Entwicklung des Gebisses in gleichem Sinne weiter, indem nunmehr auch die oberen Backzähne sich in ähnlicher Weise vergrößerten. Am Hinterrand der oberen Backzähne hatte sich neben dem Protokon ein zweiter Innenhöcker, das ,,Hypokon"i) (h in Fig. 18) angelegt, das nunmehr die großen dreieckigen Lücken zwischen den oberen Zähnen allmählich ausfüllte und so dem gleichzeitig niedriger werdenden Trigonid (tr) der unteren Backzähne gegenübertrat. Die Lücken verschwanden mit dem Größerwerden des Hypokon mehr und mehr, und die bisher dreieckigen oberen Zähne wurden nach und nach viereckig wie bei Gymnura (Fig. 20 u. 23). So entstand das ,,tetragonale" Gebiß aus dem ,, trigonalen". Dabei konnten die ursprünglich scharfkantigen Höcker der Backzähne erhalten bleiben, was auf noch vorhandene Vorliebe zu tierischer Kost wie bei Insektenfressern gedeutet werden muß. Meist aber wurden die Höcker niedrig und stumpf und eigneten sich so ganz besonders für weichere Pflanzenkost, wie sie von Omnivoren bevorzugt wird. Abgesehen von sehr weichen und saftreichen Früchten u. dergl. verlangen vegetabilische Nahrungsstoffe im allgemeinen eine sehr viel ausgiebigere und sorgfältigere Zerkleinerung und Zer- quetschung beim Kauen zur Vorbereitung für die Verdauung, als das für animalische Nahrungsstoffe nötig ist. Diesen Leistungen waren offenbar die trigonalen Backzähne (Fig. 19, S. 36) noch nicht recht gewachsen mit ihrer verhältnismäßig kleinen Mahlfläche, welche oben nur aus dem Protokon (p), unten aus dem Talonid (ta) besteht und fast nur zum Zerdrücken sich eignet. Erst als durch das neu hinzugekommene Hypokon (h, Fig. 20) auf diesem und dem gegenüberstehenden Trigonid (tr) eine weitere Mahlfläche entstanden war und dadurch die bisherige Mahlfiäche der Backzähne erheblich vergrößert wiirde, waren die mehr und mehr tetragonal gewordenen Zähne zu den höheren Kau- leistungen befähigt, wie sie die Bewältigung vegetabilischer Nahrung erfordert. Denn jetzt waren die ganzen Kaufiächen der zuletzt lückenlos aneinander stoßenden Backzähne zu zusammenhängenden Mahlflächen geworden. Durch Erniedrigung des Trigonid (tr) kommen sie jetzt auch ungefähr in eine Ebene zu liegen, und dadurch wurde ein ausgiebiges Verschieben der Kiefer beim Kauen in hori- zontaler Richtung gegeneinander möglich, bei dem ein richtiges Zerreiben oder Zermahlen der Nah- rung wie zwischen zwei Mahlsteinen zustande kommt. Bisher konnte das nur m geringem Maße geschehen, da die Kjonen der unteren Backzähne zum Teil tief zwischen die der oberen griffen. Auf diese Weise erst wurde die Aufnahme von Pflanzenkost in umfangreicherem Maße ermög- licht und damit das Auftreten von Omnivoren Pflanzenfressern. Die Omnivoren Säuger des Paleocän zeigen alle Übergänge zwischen dem rein trigonalen Gebiß zu einem ausgesprochen tetragonalen Gebiß. Letzteres läßt sich aus dem ersteren direkt ableiten. Beim Übergang vom trigonalen Tierfressergebiß zum tetragonalen Omnivorengebiß ist aber der vordere Teil des Gebisses im wesentlichen unverändert geblieben. Die Omnivoren des Paleocän zeigen noch dieselben fangzahnartigen Eckzähne und dieselben kräftigen Prämolaren wie ihre carni- voren Zeitgenossen. Die Omnivoren des älteren Paleocän waren offenbar noch alle imstande, tierische Nahrung zu erwerben. Das große Ereignis in der Geschichte der Säugetiere bei Beginn der Tertiärzeit war vielleicht weniger das unvermittelte Erscheinen einer reichen Säugetierfauna, als vielmehr die Tatsache, daß ^) Wie vor allem Stehlin es betont, wird das sogenannte Hypokon bti verscliiedenen Säugetiergruppen in verschiedener Weise angelegt und darf nicht als homologe Bildung betrachtet werden, wenn es auch funktionell die gleiche Aufgabe erfüllt. — 41 — sich unter ihr eine auffallende Menge von Pflanzenfressern befand. Zwar waren sie sämtlich noch Omnivoren, die sich alle noch mehr oder weniger gut auch auf tierische Kost verstanden. Aber immerhin waren sie alle darauf eingerichtet, sogar in erster Linie Vegetabilien zu verzehren. Bis dahin waren die Säugetiere (immer abgesehen von den Multituberculata) ausschließlich auf tierische Nahrung angewiesen gewesen, wie die niederen Wirbeltiere fast alle. Noch in der obersten Kreide sind die Säugetiere ausschließlich Tierfresser. Und nun findet sich plötzlich im unteren Paleocän eine reiche Fauna von Plazental-Säugetieren, in der mindestens zwei Drittel der Arten als Pflanzenfresser gelten können. Nachdem an Stelle der ursprünglichen scharfzackigen Backzähne solche mit mehr niederen, stumpferen Höckern getreten waren, und nachdem gleichzeitig ihre Mahl- fläche sich vergrößert hatte, war die Befähigung zur Ausnützung der Pflanzenkost entstanden. Der erste Schritt in dieser Richtung war das Signal zur Eroberung des Pflanzenreichs als neuer Nahrungs- quelle für die Säugetiere. Es war eine der folgenreichsten Entscheidungen in der ganzen Geschichte der Wirbeltiere. Der Versuch, das Pflanzenreich als Nahrungsquelle zu erobern, ist oft genug schon von den Reptilien unternommen worden, doch stets mit ungenügenden Mitteln und ohne größeren Erfolg. Auch von den Säugetieren war es schon einmal wenigstens versucht worden. Im Jura erscheint unvermittelt die hochspezialisierte Gruppe der Multituberculata, die aber ein dünner, steriler Zweig am Säugetierstamm geblieben ist, der mit dem Paleocän verschwand. Der durchschlagende Erfolg war den Placentalia vorbehalten, als sie gegen Beginn der Tertiär- zeit an ihren mehrwurzeligen, zum ausdauernden und kräftigen Kauen vorgebildeten Backzähnen auch die notwendige Größe der Mahlflächen sich erworben hatten. Mit diesen zweckmäßigen Werk- zeugen gelang der Angriff und war von dem außerordentlichsten Erfolg begleitet. Denn es war völliges Neuland, das sich den Säugetieren auftat. Das Pflanzenreich bot ihnen, die bisher ganz auf Tiere angewiesen waren, seine unerschöpflichen und leicht erreichbaren Nahrungsstoffe, deren Ausbeutung ihnen nunmehr frei stand. Die bis dahin sehr einseitig ausgebildete Tiergruppe fand hier unendliche Entwicklungsmöglichkeiten, die nur ausgenutzt werden mußten. Die Folge war, daß die Entwicklung neuer Säugetiergestalten geradezu explosionsartig vor sich ging. Sofort zeigt sich auch die divergierende Entwicklung der Formen unter Berücksichtigung der verschiedenen Lebensmöglichkeiten. Wir erkennen, oft nur mit Mühe, unter den Placental- Säugetieren des Paleocän schon die ersten Spuren der wesentlichsten Eigenschaften, durch die sich später und noch heutigen Tages die großen Gruppen der Placentalia voneinander scharf unterscheiden. So werden gewisse Formen unter den Omnivoren Placentalia des Paleocän als die ältesten Vertreter der Affen angesehen, andere stellen die ursprünglichsten Huftiere dar; wieder andere zeigen Merkmale, die zu den künftigen Nagetieren oder zu den Edentata führen. Die ein rein trigonales Gebiß sich bewahrten, gelten als die ältesten Vertreter der eigentlichen Raubtiere, und es ist interessant, daß von diesen Urraubtieren, den Creodonta selbst eine Gruppe mit ausgeprägt omnivorem Gebiß sich nicht trennen läßt, die Arctocyonidae, welche sich zu den carnivoren Formen verhält wie heute die Bären zu den carnivoren Raubtieren. Aber alle diese in verschiedenster Richtung divergierenden Placentalia des Paleocän stimmen in zahlreichen ursprünglichen Merkmalen dermaßen überein, daß sie untereinander viel mehr Ähnlich- keit zeigen und miteinander näher verwandt erscheinen, als mit den späteren, hochentwickelten Ver- tretern der Gruppen, als deren ursprünglichste Vertreter sie gelten. Die Abgrenzung der heutigen großen Gruppen der Placentalia ist im ältesten Tertiär noch so wenig scharf, daß es bei manchen Zoologini. Heft 71. 6 — 42 — Formen sogar zweifelhaft ist, ob sie besser zu den Huftieren oder zu den Raubtieren oder zu den Insektenfressern oder zu den Affen zu stellen sind, und daß es der scharfsinnigsten Argumente gewiegter Spezialforscher bedarf, sie einer dieser Gruppen zuzuweisen. Es scheint mir die Annahme gerechtfertigt, daß die Trennung der verschiedenen großen Gruppen pflanzenfressender Placentalia von einander (Primates, Ungulata, Rodentia, Edentata), die heute sich vollständig fremd einander gegenüberstehen, und ihre Abzweigung von dem gemeinsamen Stamm der tierfressenden Säugetiere nicht sehr lange vor Beginn der Tertiärzeit stattgefunden hat, vielleicht erst in der oberen Kreide. Die geringe Größe der paleocänen Säuger und ihre doch verhältnismäßig wenig weit fortge- schrittene Differenzierung machen es nicht nötig, einen größeren geologischen Zeitraum dafür in Anspruch zu nehmen, wenn man damit die Fortschritte vergleicht, die in dieser Beziehung in der Zeit zwischen dem Paleocän und dem unteren Eocän oder zwischen diesem und dem mittleren Eocän eingetreten sind. Mit der Erschließung des Pflanzenreichs als Nahrungsquelle ist der erfolgreichste Schritt getan worden, den die Geschichte des Säugetierstammes zu verzeichnen hat. Wie verlockend und aussichtsreich es für landbewohnende Tiere ist, sich der Pflanzennahrung zuzuwenden, zeigt der in der Stammesgeschichte der Säugetiere bei den verschiedensten Gruppen von Tierfressern immer und immer wiederkehrende Versuch, die speziell für animalische Nahrung angepaßten Teile ihres Gebisses abzuändern und dafür Anpassungen für vegetabilische Nahrung zunächst an den hinteren Backzähnen vorzunehmen, soweit diese überhaupt noch dazu geeignet sind. Bei jeder Gelegenheit wird der Trieb zur Pflanzenkost zum Leitmotiv einer neu entstehenden Tiergruppe, die in dieser Richtung versucht, sich weiter zu entwickeln. Unter den lebenden wie unter den ausgestorbenen Säugetieren finden sich zahlreiche Beispiele dafür. Solche Versuche sind wiederholt unabhängig voneinander bei den modernen Carnivora unter- nommen worden und abgesehen von unbedeutenderen Fortschritten in dieser Richtung mindestens in 3 verschiedenen Fällen in weitgehendem Maße gelungen; sie führten zur Entstehung der omnivoren Ursidae, Procyonidae und Melinae. Unter den Creodonta entstand die omnivorc Familie der Arclo- cyonidac, imd die großen, wenigstens ursprünglich omnivoren Säugetiergruppen der Primates, der Ungulata, der Rodentia und der pflanzenfressenden Edentata sind mit größter Wahrscheinlichkeit auf verschiedene Gruppen primitiver Tierfresser zurückzuführen. Unter den Insectivoren sind neben anderen die omnivoren Erinaceidae, unter den Chiroptera die frugivoren Pteropidae von tierfressenden Formen abzuleiten. Die gleiche Beobachtung läßt sich auch innerhalb der Marsupialia machen, wo es sehr wahrscheinlich ist, daß die ursprünglich omnivoren Dijjrotodontia von tierfressenden Polyprotodontia herzuleiten sind. So wird auch für die ältesten der pflanzenfressenden Säuger, die mesozoischen Multituberculata, zu erwarten sein, daß ihre Herkunft von tierfressenden Formen sich noch erweisen wird. Bei weiterer Entwicklung von omnivoren Formen, die ja meist neben vorwiegender Pflanzen- kost zur Aufnahme von animalischer Kost noch befähigt bleiben, wird die letztere bald ganz aufgegeben, und es entstehen reine Pflanzenfresser, vor allem unter den Ungulata, Rodentia, Edentata und Diprotodontia. Gewöhnlich zeigt sich im Gebisse das darin, daß auf den bisher bunodonten hinteren Backzähnen die Höcker sich zu Querjochen oder zu halbmondförmig gebogenen Längsjochen um- ändern und die Zähne damit lophodont oder selenodont werden. — 43 — Eine der auffallendsten Erscheinungen bei den rein herbivoren Säugetieren ist die seit dem üligocän beginnende Neigung zur Hypsodontie, die sich durch ein mehr oder weniger lange andauern- des Höhenwachstum der Backzahnkronen kundgibt. R. Kowalewsky erklärt bekanntlich diese Erscheinung durch den mächtigen Antrieb, den das Überhandnehmen von steppenbildenden Grami- neen auf die Entwicklungsrichtung der Pflanzenfresser ausübte. Durch das langandauernde Nach- wachsen der Zahnkronen wird der Substanzverlust, den die Zähne beim Kauen der harten, kiesel- haltigen Gräser erleiden, wieder ausgeglichen. Der Antrieb, diese neu auftretende Nahrungsquelle sich nutzbar zu machen, fand einen günstigen Boden in den bereits sehr leistungsfähig gewordenen Kauzähnen der oligocänen Pflanzenfresser, und auf zahlreichen Linien zeigen sie von da an das Bestreben hypsodont zu werden. Während wir nun m zahlreichen Fällen die Umbildung von ursprünglich reinen Tierfressern zu Omnivoren und schließlich rein herbivoren Formen annehmen dürfen, dürfte bisher noch kein Fall vorliegen, der die Entstehung von tierfressenden aus rein herbivoren Formen wahrscheinlich erscheinen ließe. Auch die Rückbildung omnivorer Formen zu reinen Tierfressern wie beim Eisbären ist jedenfalls äußerst selten. Den interessantesten dieser Fälle stellt der zu den Diprotodontia gehörige Thylacoleo carnifex dar, der wohl aus der Omnivoren Familie der Phalangeridae herzuleiten ist. Seinem Gebiß nach muß er als ausschließlicher Fleischfresser und zwar Aasfresser gelten, der seine mächtigen sekodonten Backzähne nach Art der Hyänen zum Abbeißen von Knochen benützte und abnutzte. Zum richtigen Kauen war sein Gebiß nicht mehr geeignet. Ohne Zweifel ist es die bequeme Art der Ernährung, die dem Pflanzenfresser unter den Land- säugetieren einen außerordentlichen Vorteil vor dem Tierfresser gibt, so daß der Trieb zur Pflanzen- nahrung eines der mächtigsten Motive für die Bestimmung der Entwicklungsrichtungen unter den Säugetieren werden konnte. Der Tierfresser ist in der Regel gezwungen, jedes Beutetier einzeln mit Anstrengung aller seiner Sinne aufzusuchen und es dann mit List oder Gewalt unter oft großer Kraftanstrengung zu erjagen und zu erlegen, bis er sich daran sättigen kann. Der Pflanzenfresser hingegen braucht im allgemeinen von seinem Ruheplatz aus nur eine Ortsveränderung vorzunehmen, um die meist in überreicher Fülle gedeihende Nahrung zu finden und in beliebiger Menge sich einzu- verleiben, d. h. sie ,, abzuweiden". Wie gut ihnen diese bequeme Ernährung bekommt, zeigt sich einmal in dem oft massenhaften Vorkommen der kleineren und dem meist herdenweisen Vorkommen der größeren Pflanzenfresser, und zweitens in der bemerkenswerten Körpergröße, die die Pflanzen- fresser vielfach besitzen. Die Größe, welche Pflanzenfresser aus den verschiedensten Gruppen der Ungulata, der Edentata und der Marsupialia erreicht haben, läßt die der gewaltigsten Raubsäugetiere, welche es je auf dem festen Lande gegeben hat, weit hinter sich. Auch bleibt naturgemäß die Indi- viduenzahl der Raubtiere stets weit hinter der der Pflanzenfresser zurück, von welchen sie sich haupt- sächlich nähren; was für die letzteren die Regel ist, ist für die andern die Ausnahme. 16. Entwicklung der Säugetier fresset. Die ersten Wirbeltierfresser im Mesozoikum waren jedenfalls ganz beträchtlich größer und kräftiger als ihre Opfer, welche sie sonst nicht hätten bewältigen können. Ihre Beute bestand wohl hauptsächlich aus kleinen Sauriern, daneben vielleicht auch Vögeln und Säugetieren. Größere Saurier vermochten sie nicht z\i erbeuten, da diese zu zählebig sind. Ein verhältnismäßig großes Beutetier. . — 44 — das zum Verspeisen in einzelne Bissen zerlegt werden muß, muß vorher getötet oder widerstandslos gemacht werden können. Dazu eignen sich Saurier wenig. Auch die modernen Raubtiere vergreifen sich nur selten an solchen. Von Säugern standen den mesozoischen Wirbeltieriressern mit Ausnahme der spärlichen Multituberculata nur ihre eigenen nächsten Verwandten zur Verfügung, welche, gleich- falls Raubtiere, je nach ihrer Größe ebenso wehrhaft waren wie sie selbst. Schon aus diesem Grunde dürften die mesozoischen Wirbeltierfresser auch unter den Säugetieren nur verhältnismäßig sehr kleinen Formen nachgestellt haben. Erst als gegen Beginn der Tertiärzeit die Auswahl an Säugetieren reicher wurde und unter ihnen zahlreiche Pflanzenfresser auftraten, welche naturgemäß weniger wehrhaft sind, dürften die Wirbeltierfresser, die jetzt hauptsächlich von Creodonta dargestellt wurden, sich auch an etwas größere Säuger gewagt haben. Da werden sie jedenfalls bald die Erfahrung gemacht haben, daß Säugetiere sehr viel leichter zur Strecke zu bringen sind als Saurier, und daß ferner ihre Eckzähne, die bisher beim Angriff hauptsächlich zum Festhalten der Beute dienten, Säugetieren gegenüber ein vortreffliches Tötungswerkzeug darstellen, so daß überlegene Größe und Kraft des Angreiters nicht mehr die allein ausschlaggebende Rolle spielen wie bisher. An den größer werdenden Pflanzenfressern werden die Creodonta die neue Tötungsart erprobt haben, die darin besteht, daß sie beim Angriff ihren Opfern mit den Eckzähnen schwere Verletzungen der Weichteile beibringen, welchen diese Tiere rasch durch Verblutung erliegen. Nur den warm- blütigen Säugetieren gegenüber konnte diese Tötungsart durch ,, Erdolchen" den notwendigen raschen Erfolg haben. Reptilien war damit nicht beizukommen gewesen. Aber Säugetieren gegenüber war es ein außerordentlicher Fortschritt, der dazu führen mußte, daß diese ihre Hauptnahrungs- quelle wurden. So wurden sie Säugetierfresser. Über die Stammesgeschichte der Creodonta hat uns vor allem Matthew durch seine vorzüglichen Darstellungen 1909 Klarheit verschafft. Daraus muß aber auch der Schluß gezogen werden, daß eine scharfe systematische Trennung der landbe- wohnenden Carnivora in Creodonta und Fissipedia nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Bedeutung dieser Namen besteht nur darin, daß sie eine kurze Bezeichnung für ,, ältere" und ,, modernere" Carnivora darstellen. So steht die Entwicklung der Landraubtiere in innigstem Zusammenhang mit dem Auftreten und der Entwicklung der pflanzenfressenden Säugetiere, vor allem der Ungulata und Rodentia, welche zu allen Zeiten die hauptsächlichsten Nahrungstiere für die Carnivora darstellten. Andere Wirbeltiere oder gar Wirbellose spielen bei ihrer Ernährung nur eine untergeordnete Rolle. Erst das Vorhandensein dieser Pflanzenfresser, welche zum Teil wahrscheinlich selbst aus den ursprüng- lichsten Formen der Creodonta hervorgegangen waren, bot den Raubtieren die Möglichkeit zu der großartigen Weiterentwicklung, die bei ihnen stattfand. Es war eine neue und überaus ergiebige Nahrungsquelle, welche in den Pflanzenfressern entstanden und bald überall anzutreffen war. Ihr wandten sich die Creodonta frühzeitig zu und paßten sich ihr durchaus an, sind auch, wie heute noch die Fissipedia, fast völlig von ihr abhängig. Das war eben dem Umstand zuzuschreiben, daß die Pflanzenfresser warmblütige Tiere sind, deren Tötung so rasch erfolgen kann, daß selbst ein kleines Raubtier ein sehr viel größeres und sogar viel kräftigeres Beutetier verhältnismäßig leicht zur Strecke bringen kann, vorausgesetzt, daß es gewandt genug ist, beim Angriff sofort eine der empfindlichsten Stellen seines Opfers mit seinen Dolchen zu treffen. Für einen behenden Räuber ist aber selbst bei einem mißglückten Angriff nicht allzuviel Gefahr vorhanden, da die Pflanzenfresser bei ihrem Größerwerden allmählich ihre ursprüngliche Hauptwaffe, die verlängerten Eckzähne, oft verkümmern — 45 — ließeu und auch beim Vorhandensein guter Waffen eher geneigt sind, sich durch die Fiuclit als durch Gegenwehr vor ihren Feinden zu retten. Bei den ursprünglichsten Pflanzenfressern im älteren Tertiär hätten es die Raubtiere aller- dings kaum noch wagen können, ein gleich großes oder gar größeres Tier anzugreifen, da damals auch die Pflanzenfresser noch ebenso gute Waffen an ihren Eckzähnen hatten, wie die Raubtiere selbst. Die Räuber mußten größer sein als ihre Opfer. Während des ganzen Paleocän und noch während des unteren Eocän gehören daher die Raubtiere zu den größten Säugetieren ihrer Zeit. Sie sind durchschnittlich ebenso groß wie die neben ihnen lebenden Pflanzenfresser, aus denen sie ihre Beute zu wählen hatten. Der größte Creodonte des älteren Paleocän (Puerco) in Nordamerika, Triisodon quivirensis (von Schakalgröße) ist etwa ebenso groß wie Periptychus rhahdodon, das größte und häufigste Huftier dieser Zeit; ebenso kommt der größte Creodonte des oberen Paleocän (Torrejon), Dissacus saurognathus (von Wildschweingröße) an Körpergröße dem größten Hiiftier seiner Zeit, Pantolambda cavirictus, etwa gleich, und im unteren Eocän (Wasatch) ist die gewaltige Pdchyaena gigantea (von Eisbärengröße) dem Cori/pJwdon anax, einem der größten Huftiere seiner Zeit, fast ebenbürtig an Größe. Bei der noch größeren Pachyaena boulei aus dem Pariser Grobkalk erreicht der Unterkiefer eine Länge von 0,470 Meter. Wenn man nun auch im späteren Eocän und in allen darauf folgenden geologischen Epochen noch eine ganze Reihe gewaltiger Raubtiere antrifft, so ist doch bei ihnen eine weitere Größenzunahme nicht mehr zu bemerken. Die Raubtiere hatten bereits im unteren oder mittleren Eocän die Größe eines sehr starken Eisbären erreicht, die nicht mehr überschritten wurde. ^) Im Gegensatz dazu erreichten die Huftiere, die hervorragendsten Gestalten unter den Pflanzen- fressern, denen wohl auch hauptsächlich die Nachstellungen der größeren Raubtiere galten, im Ver- lauf der geologischen Zeiten zusehends immer größere Dimensionen. Schon vom mittleren Eocän (Bridger) ab übertrafen die Huftiere (bis Rhinocerosgröße) im Durchschnitt an Größe die Raubtiere beträchtlich. Dies Verhältnis steigerte sich im Oligocän (Huftiere bis Elefantengröße) und vielleicht noch im Miocän, blieb aber von da bis zur Gegenwart etwa gleich. Wie die erste Ausbildung der Creodonta mit dem ersten Auftreten von Pflanzenfressern, ihrer Beutetiere, ungefähr zusammenfiel und vermutlich dadurch bedingt war, so mußten sie und die aus ihnen entsprossenen Fissipedia sich auch in ihrer Weiterentwicklung durchaus an die ihrer Beute- tiere anpassen. In Bezug auf Größe konnten sie, wie wir sahen, mit ihnen nicht lange Schritt halten, in Bezug auf Schnelligkeit gelang es nur wenigen von ihnen, in Bezug auf List und Gewandtheit sowie in der Ausbildung von Angriffswaffen nmßten sie sie aber überbieten. Sie erreichten es im allge- meinen, daß sie Pflanzenfresser, welche so groß waren wie sie selbst, ja selbst solche, die ganz be- deutend größer waren, verhältnismäßig leicht bewältigten. Wenn wir heute auch oft beobachten können, daß große Raubtiere mit Vorliebe kleinen, selbst sehr kleinen Beutetieren, die reichlich vor- handen sind, nachstellen, wie es ihre Vorfahren, die ältesten Creodonta, wohl ausschließlich getan haben, so besteht daneben die Tatsache, daß sie meist gegebenen Falls auch sehr große Beutetiere leicht bewältigen, eine Fähigkeit, welche ihren Vorfahren nicht gegeben war. Die Fähigkeit, mit den langen Eckzähnen die Beute nicht nur festzuhalten, sondern rasch zu töten, muß wohl schon im Paleocän von den Creodonta erworben sein. Und als Huftiere von riesen- M Die rein tarnivoreii I!aulitii>rc mil wcihlaiisycliililrlcMi Hciß/.ahiit'ii IkiIhmi wnlil iiii- dir ( iniLic i'iiics slarki'ii Löwrii oder Tigei' ; ubei'schiitten. — 46 — liafter Größe, welche wohl als richtige „Dickhäuter" auftraten, erschienen waren, da stellten sich, zuerst im üligocän, die Säbeltiger ein, deren mächtige säbelartige Eckzähne die richtigen Waffen waren, jenen Ungeheuern trotz ihrer dicken Haut den Todesstoß zu geben. Welch großer Erfolg die Ausbildung dieser Waffen war, zeigt die weltweite Verbreitung, welche die Säbeltiger bald er- reichten, und der Umstand, daß sie fast überall noch während des Pleistocän zu finden waren. In Amerika jagten sie wohl auch die großen Edentata. Wie die Kaubtiere Hand in Hand mit der Weiterentwicklung der Pflanzenfresser ihre Fähig- keiten vervollkommneten, sie zii fangen und zu bewältigen, so vervollkommneten sie auch ihre Fähigkeit, die erlegte Beute zu zerstückeln und als Nahrung aufzunehmen. Die alte Weise, mit Fangzähnen, großen Prämolaren und Krallen die Beute in Stücke zu reißen, wurde wohl noch von den ältesten Creodonta, den Oxyclaenidae ausgeübt; sie war aber nicht mehr leistungsfähig genug gegenüber einem wirklich großen Beutestück, welches auf diese Weise nicht genügend ausgenützt werden konnte. Es handelte sich darum, ein Gebiß zu erwerben, welches das fest zusammenhängende Knochengerüst eines verhältnismäßig großen Beutetieres zu zerlegen vermochte. So läßt sich zunächst das Auftreten der verhältnismäßig riesigen Mesonychidae mit ihren grotesk großen Köpfen verstehen, welche Backzähne mit sehr kräftigen runden Höckern besaßen, oft von ungewöhnlicher Dicke, wie sie bei Hyänen bekannt sind. Die Molaren waren rein trigonal und deuten auf ausschließliche Fleischnahrung. Dies waren die richtigen Knochenbrecher, deren Zähne stärkere Knochen zermalmen konnten, sich dabei aber auch entsprechend stark abnutzten. Sie konnten auch mit einem verhältnismäßig großen Beutestück fertig werden. Es ist nicht nötig, anzunehmen, daß diese gewaltigen Raubtiere hauptsächlich Aasfresser gewesen seien. An Pflanzen- kost ist aber bei ihrem Gebiß auf keinen Fall zu denken. Gerade die MesonycJiidae waren es, die es versuchten, an Körpergröße mit den Huftieren ihrer Zeit zu rivalisieren. Dissacus und Pachyaena aus dem Paleocän und dem vmteren Eocän war dies auch noch annähernd gelungen, selbst gegenüber den Amblypoda, den größten Huftieren ihrer Zeit. Aber die größte Art in Nordamerika, Harpctgolestes iw/manis aus dem oberen Eocän (Uinta), deren Schädel die liänge von einem halben Meter erreichen konnte, blieb an Größe um ein Bedeutendes hinter den gleichzeitigen Dinocerata zurück. Mit dem Ende des Eocän sind diese Mesonychidae aber verschwunden. Die anderen fleischfressenden Creodonta aber, von bescheidenerer Körpergröße, lösten die Auf- gabe, die sich ihnen stellte, in einer anderen Weise, welche für die ganze Weiterentwicklung der Raubtiere entscheidend war. Im unteren Eocän erscheinen bei einer größeren Anzahl von Creodonta trigonale hintere Backzähne in der charakteristischen Form von sekodonten Reißzähnen, wie sie bei den fleischfressenden Raubtieren der Jetztzeit bekannt sind (R in Fig. 1 und 8, S. 6). Diese Zähne, bei welchen die beiden Außenhöcker miteinander eine scharte Schneide bilden, wirken beim Beißen als kräftige Knochenscheren, mit denen Stück für Stück von der erlegten Beute abgezwickt oder abgeschnitten werden kann. Welch treffliche Errungenschaft das war, zeigt sich darin, daß schon vom mittleren Eocän ab mit Ausnahme von wenigen großen Mesonychidae keine Creodonten mehr lebten, die nicht mit solchen Reißzähnen ausgerüstet waren. Mit diesen Reißzähnen waren die typischen Carnivora oder Fleischfresser, d. h. Säugetierfresser in die Erdgeschichte eingetreten. Das Auftreten von echten Reißzähnen bei Raubtieren ist nur erklärlich unter der Voraus- setzung, daß verhältnismäßig große Beutetiere damit zerlegt werden sollen. Zum Zerlegen kleinerer — 47 - Tiere wären sie nicht notwendig gewesen. Sie fehlen aueh noch zu den Zeiten, da die Creo(h)nten unter den Säugern, unter denen sie ihre Opfer zu wählen hatten, nur solche nahmen, welchen sie an Größe bedeutend überlegen waren. Solange die Beutetiere nur von mäßiger CIröße waren, war es die Aufgabe der oft stark ver- größerten Prämolaren, die Beute in einzelne Bissen zu zerlegen, während die trigonalen hinteren Backzähne nur das Zerkauen der Bissen übernahmen. Als die Beutetiere aber größer wurden, for- derte das Zerteilen von deren Knochen einen bedeutenderen Kraftaufwand. Dieser Aufgabe waren die weiter vom Gelenke, dem Drehpunkt des vom Unterkiefer dargestellten Hebels, entfernten Prä- molaren nicht mehr gewachsen. Da übernahmen weiter hinten, dem Gelenke näher stehende Zähne, welche einen stärkeren Druck ausüben konnten, die Aufgabe des Zerlegens und bildeten sich zu sekodonten Knochenscheren aus. Daneben hatten sie aber auch noch ihrer ursprünglichen Aufgabe zu genügen, als bunodonte Kauzähne zu wirken. Dieser doppelten Aufgabe konnte nun in der Weise genügt werden, daß an jedem der trigonalen hinteren Backzähne die beiden Außenliöcker sekodont wurden, um die Schere zu bilden (Fig. 24, S. 48); es waren dann immer noch die anderen Zahnteile übrig, besonders die Innenhöcker (i) und das Talonid (ta), welche bunodont blieben und das Zerkauen besorgen konnten. Diesen Weg schlugen in der Tat die beiden Familien der Oxyaenidae und Hyaenodontidae ein. Die reißzahnartige Ausbildung erstreckte sich bei ihnen auf die sämtlichen hinteren Backzähne, soweit sie nicht schon verkümmert waren. Jeder Kauzahn diente zugleich als Reißzahn. Daß es aber zur Herstellung einer durchaus wirkungsvollen Knochenschere auch schon ge- nügte, wenn nur ein einziger Zahn in jeder Zahnreihe, und zwar einer der mittleren Backzähne (oben der letzte Prämolar, unten der erste Molar) die sekodonte Umbildung zum Reißzahn erwürbe, das erwies sich an der Familie der Miacidae. Nur nuißte dieser Zahn eine entsprechende Größe erreichen, so daß er der mächtigste Zahn im Gebiß wurde. Dabei blieben die noch hinter ihm stehenden Zähne in ihrem ganzen Umfange als bunodonte Kauzähne erhalten. Die vor ihm stehenden sekodonten Prämolaren, die bisher als Schere gedient hatten, blieben kleiner und dienten nur noch zui' Unter- stützung des eigentlichen Reißzahnes. Es war entschieden die glücklichste Lösung der Frage. Das zeigte der Erfolg. Denn als die Oligocänzeit anbrach, war von allen C'reodontengeschlechtern nichts weiter übrig geblieben als einige wenige Hyaenodontidae, welche aber ebenfalls bald ausstarben. Die zahlreich vorhandenen fleischfressenden Raubtiere aber, welche als Fissipedia von da an die Erde bevölkerten, erwiesen sich sämtlich als die ?um Teil nur wenig abgeänderten Nachkonimen von Miacidae, deren Gebiß die ursprünglichsten der Fissipedia, die Canidae und Viverridae, fast unverändert übernommen haben. Als auffallendstes Erbteil von Seiten der Miacidae ist allen fleischfressenden Fissipedia der einzige große Reißzahn geblieben (Fig. 1 — 4 u. 8, S. 6). Die sekodonten Raubtiere waren in ihren ursprünglicheren Formen sämtlich befähigt, die einzelnen Bissen zwischen ihren hinteren Backzähnen zu zerkauen. Diesem Zwecke dienten die ursprünglich wohlentwickelten Innenhöcker (i, Fig. 24) der oberen und unteren, sowie das Talonid (ta) der unteren Backzähne, außerdem die bunodonten hinteren Backzähne der Miacidae und FLssipedia (Fig. 1 u. 8, S. 6). Es sind dieselben Zähne und Zahnteile, die auch bei einer Umbildung eines carnivoren in ein omnivores Gebiß bei den Fissipedia in Betracht kommen. — 48 — Es ist min liöchst bemerkenswert, tlaB bei sämtlichen Gruppen der mit sekodonteni Gebiß versehenen Carnivora, bei Creodonta wie Fissipedia, die Weiterentwicklung der rein carnivoren Formen das gleiche Ziel verfolgt, nämlich das Zerkauen der einzelnen Nahrungsbissen völlig aufzu- geben und zu diesem Zwecke die das Kauen besorgenden, nicht sekodonten Teile der hinteren Back- zähne allmählich ganz abzubauen. Es war ein mächtiger, auf alle Säugetierfresser wirkender An- trieb, welcher jedenfalls mit der Beschaffenheit ihrer Nahrung zusammenhängt; er brachte überall die gleiche Änderung in der Nahrungsaufnahme wie in der Form des Gebisses zustande. Das End- resultat ist in allen Fällen ein Gebiß, dessen hinterster nicht verkümmerter Backzahn oben und unten fast nur noch aus den beiden sekodont gewordenen Außenhöckern besteht (Fig. 4 R, S. 6 u. Fig. 25). Auf nicht weniger als 5 verschiedenen Entwicklungslinien ist bei den Carnivora das gleiche Endresultat unabhängig voneinander ganz oder fast ganz erreicht worden. Dabei ist die überraschende Ähnlich- keit hervorzuheben, welche diese unabhängig voneinander zustande gekommenen, rein sekodonten oberen wie unteren Zähne miteinander zeigen. Dieser extreme Zustand ist in der Familie der Oxyaenidae von Patriofelis bereits im mittleren Eocän erreicht worden, unter den Hyaenodontidae cn^ Fig. 2i. Unterer Reißzahn von Geneita, von innen, Fig. 25. Unterer Reißzalin von Felis oiine Innen- niit großem Innenliöelver (() und großem Talonid (/o), liöclcer nnd mit ganz rudimentäi'em Talonid (m). von Hyaenodon im oberen Eocän, unter den Felidae von verschiedenen Gattungen im Oligocän, unter den Hyaenidae von Hyaena im Pliocän, unter den Yiverridae von der rezenten Cryptoprocta vielleicht schon seit langer Zeit. Die ursprünglich hinter diesen Reißzähnen stehenden, nicht seko- dont gewordenen Molaren sind im Verlaufe dieser Entwicklung ganz verschwunden oder nur durch ein funktionsloses Rudiment noch vertreten (Fig. 4, S. 6). Die Zahl der verlorenen Molaren ist bei den verschiedenen Entwicklungslinien sehr verschieden. So hat Hyaenodon einen einzigen, nur den letzten oberen Molar eingebüßt und behielt so die gleiche Gesamtzahl von Zähnen wie die Gattung Canis; Patriofelis büßte oben 2, unten 1 Molar ein; Felis, Hyaena und Cryptoprocta haben oben 3 (1 rudimentär), unten 2 Molaren verloren. Bei allen diesen extrem sekodont gewordenen Formen müssen die mit den Reißzähnen abgeschnittenen Bissen unzerkaut verschlungen werden. Vergl. auch S. 6—8. Während die eben besprochenen Säugetierfresser der alten und der neuen Welt Placentalia sind, finden sich unter den Marsupialia von Australien Raubtiere, Thylacinus und Sarcophilus , deren Gebiß eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem gewisser Hyaenodontidae hat, und ganz ähnliche Formen begegnen uns auch unter den Marsupialia aus dem mittleren Tertiär von Patagonien, den Sparasso- donta. Auch hier sind die hinteren Backzähne zu sekodonten Reißzähnen umgebildet, auch hier ging die Fähigkeit, die einzelnen Bissen zu zerkauen, schließlich vollständig verloren, und die Reiß- zähne gewannen zuletzt die gleiche Gestalt wie bei den fortgeschrittensten placentalen Raubtieren. Es liegt bei diesen Beuteltieren der gleiche Entwicklungsgang vor, wie wir ihn bei den placen- talen Hyaenodontidae kennen. Auch hier nimmt er von Formen mit rein trigonalem Gebiß und großen Prämolaren seinen Ausgang, wie wir sie in der Familie der Didelphidae noch heute vor uns haben — 49 — (Fig. 21, S. 37), uml wie sie schon aus der nbeistcn Kreide (Eudelphis hrvwni) hekunnt sind. Sie zeigen durchaus die gleiche Entwicklungsstufe der Backzähne wie die ältesten Creodonta, die Oxyclaenidae, und sind wie diese als primitive Wirbeltierfresser anzusprechen. So verschieden untereinander alle diese mit sekodontem Gebiß versehenen placentalen und marsupialen Raubtiergruppen auch sind, so zeigt sich bei ihnen allen doch derselbe Antrieb als Leitmotiv ihrer Stammesentwicklung. Stets lief er darauf hinaus, daß sie die von ihren fernen Ahnen einst erworbene Fähigkeit, die in den Rachen aufgenommenen, von Knochen durchsetzten Bissen zwischen ihren hinteren Backzähnen zu zermalmen, wieder aufgaben. 17. Die Robben und Waltiere. ^^ Ein Gebiß nur aus Fangzähnen bestehend, wie es bei der großen Mehrzahl der Amphibien und Reptilien zu finden ist, ist auch bei den Säugetieren nicht unbekannt, aber nur bei wasserbe- wohnenden Formen. Die sämtlichen bezahnten Cetaceen der Jetztzeit sowie die fortgeschrittensten Pinnipedia (wie Otaria, Fig. 28) besitzen nur einwurzelige Fangzähne. Diese werden ausschließlich zum Ergreifen der Beute benutzt, welche sofort lebend verschluckt wird, ohne zuvor getötet, zer- legt oder zerkaut zu werden. Es wird jetzt wohl allgemein zugegeben, daß die Meeressäuger von Landsäugetieren abzuleiten sind und ursprünglich auch ein diesen entsprechendes Gebiß mit mehrwurzeligen trigonalen Back- zähnen besessen haben müssen, das zum Töten und Zerkleinern der Beute sich eignete. Unter den Pinnipedia zeigen noch viele der lebenden Arten stark komprimierte, sekodonte, mit mehreren Neben- spitzen versehene zweiwurzelige Backzähne (z. B. Phoca, Fig. 26), die große Ähnlichkeit mit den vorderen Backzähnen der Landraubtiere (vergl. Fig. 8, S. 7) haben. Unter den Cetacea sind es nur die ältesten, schon seit dem Miocän ausgestorbenen Formen, die wie z. B. Zeuglodon (Fig. 29) ähnliche Backzähne aufwiesen. Es muß angenommen werden, daß die fangzahnartigen, ein- wurzeligen Backzähne der Meeresraubtiere durch Rückbildung aus komplizierteren mehr- wurzeligen Zähnen von Landraubtieren entstanden sind, und daß die erwähnten zweiwurzeligen hinteren Backzähne nur ein Übergangsstadium in der Rückbildung darstellen. Anders wären sie nicht zu erklären. Zur Nahrungsaufnahme für fischfressende Wassertiere ist ein nur aus Fangzähnen bestehendes Gebiß offenbar am besten geeignet, da es fast allgemein bei solchen auftritt, mögen es Amphibien, Reptilien, bezahnte Vögel oder Säugetiere sein. Es wird das verständlich, wenn man den Nahrungs- erwerb eines Fischotters, also eines fischfressenden Landtieres mit dem eines Seehundes oder Del- phins, also eines fischfressenden Meerestieres vergleicht. Der von Fischen (und Krebsen) lebende Fischotter ist ein Mustelide und trägt in der Tat noch ein ausgesprochenes Mardergebiß (vergl. Mustela, Fig. 3, S. 6) mit wohlentwickelten Eckzähnen, Reißzähnen und Mahlzähnen. Fängt er, der ein vorzüglicher Schwimmer ist, einen größeren Fisch, so ist er offenbar außer Stande, ihn im Wasser schwimmend gleich zu verzehren. Er bringt vielmehr die mit den Eckzähnen gefaßte Beute ans Ufer, hält sie dort mit den Vorderfüßen fest und ver- sucht zunächst das zappelnde Opfer zu töten oder wenigstens, da es meist sehr zählebig ist, zu be- wußten Fluchtversuchen unfähig zu machen, indem er den Schädel oder die Wirbelsäule zerbeißt. Dann wird nach Raubtierart Stück für Stück mit den Vorderzähnen abgerissen oder mit den Reiß- zähnen abgebissen, nach Bedarf auch gekaut und dann verschluckt. Ziiuloüii':!. Heft ?1. 7 — 50 — Der Fischotter findet seine Beute in der Regel in nicht allzu großer Entfernung vom Ufer. Die Robben haben ihre Jagdgründe dagegen oft in bedeutender Entfernung vom Lande. Das würde das Verbringen der Beute aufs Trockene zu zeitraubend und umständlich machen. Es wird das in der Tat auch von keinem der Meeresraubtiere mehr versucht. Sie müssen ihre Beute im Wasser verzehren. Zum Festhalten seiner Beute im Wasser verfügt der Seehund aber nur über die mit Zähnen versehenen Kiefer. Wollte er eine größere Beute längere Zeit schwimmend im Wasser festhalten, um sie Stück für Stück zu verzehren, so müßte er dazu über besondere, außerhalb der Kiefer gelegene Greifwerkzeuge verfügen. Kein wasserbewohnendes Wirbeltier besitzt aber ein solches Werkzeug. Landtiere können eine kleinere Beute einfach dadurch festhalten, daß sie sich daraufstellen und durch das Gewicht ihres Körpers ihr Opfer zu Boden drücken. Das ist bei Wassertieren ganz ausgeschlossen, deren spezifisches Gewicht dem ihres Mediums ungefähr gleichkommt. Sonst dienen bei Landtieren die Vorderfüße zum Festhalten der Beute während der Mahlzeit, soweit das überhaupt nötig ist. Sie vermögen infolgedessen jede Beute stückweise aufzuzehren. Es ist aber überhaupt keinem wasserbewohnenden Wirbeltier gegeben, untergetaucht oder im Wasser schwimmend die vorderen Gliedmaßen zum Festhalten der Beute während der Mahlzeit zu benutzen. Dies Gesetz gilt nur für Wirbeltiere. Bei wasserbewohnenden Arthropoden, den Krebsen und Wasserinsekten, auch bei Tintenfischen, sind es gerade die Extremitäten, die fast regelmäßig zum Festhalten der Beute während der Mahlzeit dienen. Diese Formen sind daher auch zum Erbeuten verhältnismäßig großer Tiere befähigt, die sie nur stückweise verzehren können. Auch den Echino- dermen und anderen Wirbellosen, selbst manchen Protozoen (Acineta) stehen entsprechende Werk- zeuge in Gestalt von Tentakeln, Füßchen usw. zur Verfügung. Nur eine einzige Gruppe von Wasser- wirbeltieren ist bekannt, die ihre große Beute während des Fressens im Wasser festhält. Es sind die Cyclostomen, deren Mund zu diesem Zwecke einen Saugnapf bildet, in dessen Inneren Zähne wirken zum Loslösen der einzelnen Bissen. Doch sind diese Tiere kaum mehr als freilebende Räuber zu betrachten, sondern zu Parasiten degeneriert. Zum Festhalten der Beute steht also den Seehunden kein anderes Werkzeug zur Verfügung als die Zähne. So stoßen sie auf Schwierigkeiten, wenn sie ein Tier als Speise für sich verwenden wollen, das zu groß ist, um unzerstückelt verschlungen werden zu können. Sie sind wesentlich auf solche Beutetiere angewiesen, die einen einzigen Bissen für sie darstellen. Entschädigt werden sie für die geringere Größe ihrer Beutetiere dadurch, daß diese meist schwarmweise vorkommen. Aller- dings werden aber diejenigen unter ihnen, welche ein altertümlicheres Gebiß mit sekodonten zwei- wurzeligen Backzähnen besitzen, immer noch imstande sein, einen Fisch, der zu groß ist, um als Ganzes verschluckt zu werden, damit entzwei zu schneiden. Das abgebissene Stück dürfte dann als besonderer zweiter Bissen von dem Räuber oder einem seiner Genossen von neuem erschnappt werden. Denselben Erfolg können wohl auch noch die Formen erzielen, deren Backzähne bereits alle oder fast alle zu einwurzeligen Fangzähnen geworden sind, die aber so eng aneinander gerückt sind, daß sie eine fast zusammenhängende Schneide bilden wie Otaria (Fig. 28) und Halichoerus (Fig. 27). Auch sind die Robben offenbar noch fähig, von einem größeren Tier im Wasser Stücke abzubeißen, wenn dieses in irgend einer Weise festgehalten wird. Denn es ist Tatsache, daß sie größere Fische von der Angel oder aus Netzen stückweise wegfressen. Immerhin dürfte ein Zerlegen der Beute nicht mehr die Regel bei ihnen sein. Ihre großen Eckzähne in Verbindung mit meist wohlentwickelten Backzähnen deuten darauf hin, daß sie im Stande sind, verhältnismäßig große und kräftige Beutetiere zu greifen, die allenfalls - 51 - mit den Backzähnen von ihnen nach Art der Krokodile so lange gequetscht werden können, bis sie- ohne Schwierigkeit sich schlucken lassen. Die Pinnipedia haben sich mit ihrer Nahrungsaufnahme den Lebensbedingungen ihres Mediums zunächst so weit angepaßt, daß ihr Gebiß fast nur noch zum Ergreifen einer aus größeren Tieren bestehenden Beute geeignet ist, allerdings noch mit der Fähigkeit, besonders große Bissen 26 ^:^z^~^r~^ 30 27 31 Fig. 26. Phoca vituiina (Pinnipedia). Zähne des linl^en ünterkielers, von außen. Fig. 27. Halichoerus gri/pus (Pi.inipedia), ebenso. Fig. 28. Olaria sp. (Pinnipedia), ebenso. Fig. 29. Zeuglodon osiris (Cetac'ea), Obereocän, Ägypten. Zahne des linken Unterkiefers, von außen. X 0.2. Fig. 30. Prolocetus atavus (Cetacea), Mitteleocän, Ägypten. Gebiß des Oberkiefers, von unten. 7 Schneidezähne (ergänzt nach Zeuglodon), C Eckzahn, P Prämolaren. ;¥ 3-wiirzelige Molaren. X 0.2. lüg. 31. Potamonalc i'elox (Zalambdodonta), Kamerun: ebenso. X 3. schluckgerecht zu machen. Sie haben die Fähigkeit größtenteils schon aufgegeben, große Beute zu bewältigen, die sie nur stückweise zu sich nehmen könnten. Sie haben aber auch längst die Fähigkeit völlig aufgegeben, ihre Nahrung vor dem Verschlucken zu zerkauen, denn selbst ihre zweiwurzeligen Zähne sind dazu nicht mehr geeignet. Offenbar sind Wassertiere in unverletztem Zustande besonders leicht zu verdauen gegenüber Landtieren. Wir finden bei den tierfressenden Wasserbewohnern zwar vielfach sogenannte Kau- — 32 — zähue mit stumpfen, oft verbreiterten Kronen, welche aber nur den Zweck haben, harte Öclialen und Panzer, durch welche die Nahrungstiere geschützt sind, vor dem Verschlucken zu zertrümmern. Sie sind aber weniger dazu da, um nach dieser Leistung die aufgenommenen Bissen im Munde noch weiter in kleine Teile zu zerreißen oder zu zerquetschen, was bei den Landtieren der eigentliche Zweck des Kauens ist. Es scheint mir, daß die Verdauungssäfte den unverletzten Körper eines Wassertieres leichter zu durchdringen vermögen, als den eines Landtieres. Jedenfalls ist das bei konservierenden Flüssigkeiten wie Alkohol oder Formol der Fall. Ein Krebs, ein Fisch, selbst ein Frosch, die in ganz unverletztem Zustande in eine solche Flüssigkeit gelegt werden, lassen sich auf diese Weise noch ziemlich befriedigend konservieren, wenn man ihrem größeren Wassergehalt Rech- nung trägt, während ein Reptil oder Säugetier gleicher Größe, selbst ein großes Insekt bei gleicher Behandlung sehr geneigt sind, in Fäulnis überzugehen, wenn bei ihnen nicht durch Einschnitte Sorge dafür getragen wird, daß die Konservierungsflüssigkeit leicht ins Innere dringt. Vielleicht ist dies die Erklärung, warum das typische Gebiß eines reinen Fischfressers allgemein nur aus Fang- zähnen besteht und ein Zerkauen der Nahrung unnötig ist. Einige Robben, und bezeichnenderweise gehören gerade die größten Arten dazu wie Seeelefant und Walroß, zeigen nur noch kleine, fast rudimentäre Backzähne, was sich wohl dahin deuten läßt, daß ihre Beutetiere schwach sind und sich fast ohne Widerstand fangen und schlucken lassen. Die Nahrung des Walrosses besteht in der Tat vielfach aus Muscheln, deren Schalen es mit den kleinen, stumpfen Backzähnen zerdrücken kann. Größere, kräftige Fische und ähnliche Beutetiere im Wasser einzeln zu verfolgen und sie dann unzerstückelt zu verschlingen, das stellt eine bestimmte Entwicklungsstufe der Nahrungsaufnahme dar, auf der der größte Teil der Robben heute steht. Auf dieser Stufe stehen auch die meisten Delphine. Sie haben aber dazu ein Gebiß, das nur noch aus einwurzligen Fangzähnen besteht. Bei den Pinnipediern bedeutet ein solches Gebiß den fortgeschrittensten Zustand, auf dem noch nicht die Hälfte der lebenden Arten erst angelangt ist, während dieser Zustand der altertümlichste ist, den die lebenden Cetaceen noch zeigen. Die Cetaceen sind eben den Pinnipediern in der Anpassung an das Meeresleben weit voraus. Sehr viel früher als die Pinnipedier haben sich die Vorfahren der heutigen Cetaceen entschlossen, ihr Jagdgebiet vom Land in das Meer zu verlegen. Der Zustand der Anpassung an das Meeresleben, auf dem die viel später diesem Beispiel folgenden Pinnipedier heute noch verharren, ist von vielen lebenden Cetaceen längst überholt worden. Die Notwendigkeit, wenigstens noch zur Geburt der Jungen das trockene Land aufzusuchen, das Festhalten am Haarkleid, an Krallen, an Stimm- äußerungen und zahlreiche andere Eigentümlichkeiten in ihrem Bau und ihrer Lebensweise zeigen, daß die Pinnipedier die Erinnerungen an das ursprüngliche Landleben viel weniger abgelegt haben als die Cetaceen. Das gilt auch von der Nahrungsaufnahme. Die Möglichkeiten bequemsten Nahrungs- erwerbes, die das Meer seinen tierfressenden Bewohnern in unendlich viel reicherem Maße bietet, als es das feste Land vermag, sie sind von den Cetaceen in viel weitergehendem Maße aufgefunden und ausgenutzt worden als von den Pinnipediern. Letztere jagen mit wenigen Ausnahmen immer noch auf einzelne größere, kräftigere Tiere, die sie eben noch unzerstückelt verschlingen können. Von den Cetaceen tut das nur noch der größere Teil der Delphine, die -mit ihren zahlreichen gleichartigen Fangzähnen hauptsächlich größere Fische verfolgen. Nur von einer der größten Arten, der berüchtigten Orca glaäiator, wird erzählt, daß sie große Wale angreift, um mit ihren besonders kräftigen Fangzähnen Stücke aus deren Körper zu reiüen. Aber auch ihre gewöhnliche Nahrung sind Fische, kleinere Delphine und Robben, die sie unzerstückelt hinunterschlingen. Viele andere und zwar meist größere Cetaceen aber sind schon dazu übergegangen, kleinere und schwächere Tiere, die in ungeheuren Schwärmen die Meere bevölkern, als Hauptnahrung anzu- nehmen. Solche lassen sich ohne Mühe einzeln in beliebiger Zahl wegschnappen und ohne merkliche Gegenwehr verschlucken. Zähne sie festzuhalten sind kaum mehr nötig. Wir kennen eine größere Zahl von Cetaceen, die ihre Zähne bis auf geringe Reste aufgegeben haben, wie Narwal, Weißwal und die meisten Ziphioiden. Die allerbequemste Art des Nahrungserwerbs im Meer ist aber sicherlich die, die kleinen Beute- tiere nicht mehr einzeln zu schnappen, sondern sich mitten in einen der dichten Schwärme von kleinen Fischen, Mollusken oder Krebsen zu legen, das von diesen Tieren wimmelnde Wasser durch ein Sieb zu schicken und die im Sieb zurückgebliebenen Dutzende oder Tausende von Tieren mit einem Schluck in den Magen zu befördern. Auf diese wenig aufregende Weise ernähren sich die Bartenwale, bei denen als Sieb ihre ungeheure, von Barten umstellte Mundhöhle dient. Eine Be- zahnung haben diese Wale vollständig abgelegt. Daß diese Ernährungsweise die denkbar günstigste und gedeihlichste ist, bezeugt die Tatsache, daß zu den heutigen Bartenwalen die größten und massigsten aller Tiere gehören, die jemals auf der Erde lebten, und daß sie in großen Scharen die Weltmeere belebten, ehe der Mensch sie mit modernen Vernichtungsmitteln verfolgte und einige der größten Arten nahezu ausrottete. Man kann geradezu als Regel aufstellen, daß die im Wasser jagenden Raubsäugetiere im all- gemeinen um so größer sind, je kleiner verhältnismäßig ihre Beutetiere sind. Am kleinsten sind die im Wasser jagenden Landraubtiere wie der Fischotter, dessen Beutetiere vielfach so groß sind, daß er sie nur stückweise verzehren kann. Ganz beträchtlich größer sind durchschnittlich Robben und Delphine, deren Beutetiere so groß sind, daß jedes nur einen Bissen darstellt, der auf einmal ver- schlungen wird. Weitaus am größten sind im Durchschnitt die Bartenwale, deren Beutetiere so klein sind, daß eine größere Anzahl von ihnen auf einen Schluck verschlungen werden. Diese Größenzunahme entspricht auch der phylogenetischen Entwicklung, indem am kleinsten diejenigen sind, die noch auf der Stufe der Landtiere stehen, die größten diejenigen, die sich am weitesten von diesem Zustand entfernt haben. Selbstverständlich ist hier der Fischotter nur als der bekannteste Repräsentant einer be- stimmten Entwicklungsstufe der Nahrungsaufnahme und des Gebisses gedacht, auf der die Vorfahren der Robben oder der Waltiere einmal gestanden haben dürften, und nicht etwa als die Stammform einer dieser beiden Tiergruppen selbst. Wenn überhaupt ein lebendes Säugetier genannt werden mag, das einigermaßen den Vorstellungen entspricht, die man sich von Ahnen der Cetaceen machen darf, als sie noch zu den Landbewohnern zählten, so ist das Potamorjale velox, ein fischfressender Insektivore aus Kamerun. Dieses merkwürdige und sehr primitive Säugetier besitzt bereits infolge seines langen, dicken, vom Rumpfe gar nicht abgesetzten, am Ende komprimierten Ruderschwanzes die spindelförmige Fischgestalt, die auch die Waltiere auszeichnet, und die außer ihm kein mir be- kanntes Landsäugetier erkennen läßt. Auch das Gebiß, wie es für Protocetus (Fig. 30), die ursprüng- lichste Form der bisher bekannten Cetaceen, angenommen werden kann, läßt sich von einem Gebiß, das mit dem von Potamogale (Fig. 31) in den wesentlichsten Zügen übereinstimmt, leichter ableiten als von dem irgend eines andren bekannten Landsäugetiers. Vor allem erinnern die zu beiden Seiten der langen und schmalen Schnauze in Abständen hintereinander angeordneten Schneide-. — 54 — Eck- und vorderen Backzähne von Potamogale lebhaft an die betreffenden Verhältnisse bei den ältesten Waltieren. Die hinteren Backzähne von Protocetus aber sind rückgebildete trigonale Zähne, noch mit 3 Wurzeln, die vor ihrer Rückbildung denen von Potamogale sehr wohl geglichen haben können. Natürlich lassen sich Gründe in reichlichster Auswahl anführen, daß Potamogale selbst nicht der Walfischahne sein kann. Unter anderem fehlt ihr der erste Prämolar, den die ältesten Wale noch besitzen. Ich möchte sie auch nur als die Form unter den lebenden Säugern bezeichnen, die uns die beste Vorstellung von dem vermutlichen Aussehen der wirklichen Stammform geben dürfte, muß aber hinzufügen, daß es doch sehr wahrscheinlich die Ordnung der Insectivora ist, unter der die lang- und spitzschnauzigen Landraubtiere zu suchen sind, die als Ahnen der Cetaeeen gelten können. Unter den lebenden und fossilen Insectivora ist aber bisher keine Form bekannt, die eine so weitgehende Anpassung an das Wasserleben zeigt wie gerade Potamogale. Bei der Stammesentwicklung der Pinnipedier und der Cetaeeen ist das treibende Motiv in dem Bestreben zu sehen, die bequemste Art des Nahrungserwerbs zu erreichen, welche im Meere, ihrem neuen Medium möglich ist. Zvierst mögen sie auf große Wassertiere, die sie eben noch gut bewältigen konnten, gejagt haben. Die Beute wurde an Land geschleppt, dort stückweise mit trigonalen Zähnen gekaut und verzehrt. Dann gewöhnten sie sich daran, die Beute gleich im Wasser zu verzehren. Sie jagten zunächst aber immer noch auf kräftige große Fische, die sie einzeln ver- folgten. Sehr früh müssen sie aber dieser Nahrung entsprechend das Zerkauen der Beute aufgegeben haben. Ihre Backzähne verloren die trigonale Form und damit die Kaufähigkeit, blieben aber noch sekodont, zum Zerlegen der Beute geeignet. Da es im Wasser aber Schwierigkeit machte, diese zu zerstückeln, so beschränkten sie sich allmählich auf solche Beute, die auf einmal zu verschlucken war. Dadurch wurden auch sekodonte Zähne unnötig, und sie behielten nur noch einwurzelige Fangzähne. Allmählich wurden die Beutetiere noch kleiner und schwächer, sie wurden nicht mehr einzeln gejagt und verfolgt, sondern nur noch aus einem Schwärm heraus einzeln gepflückt. Dabei wurden die Zähne unbedeutender und spärlicher. Zuletzt entstanden die ganz zahnlosen Planktonfresser, welche ganze Schwärme kleiner Beutetiere auf einmal in den Mund aufnehmen und schlucken. Das dürfte in großen Zügen der unter der Einwirkung des gleichen Leitmotivs bei allen Stämmen der tierfressenden Meeressäuger unabhängig voneinander eingehaltene Entwicklungsgang gewesen sein, welcher bei den einzelnen Stämmen mehr oder weniger weit durchgeführt wurde. Für das tatsächliche Vorkommen einer Reversibilität oder Umkehrung der phylogenetischen Entwicklung, d. h. für die Erscheinung, daß bei retrogressiver Entwicklung alle einzelnen Stadien wieder auftreten, die bei progressiver Entwicklung zurückgelegt wurden, ist kaum ein überzeugenderes Schulbeispiel zu finden, als es sowohl die Pinnipedier wie die Cetaeeen übereinstimmend in ihrem Gebiß zeigen: 1. Stufe (progressiv) mit ,,haplodontem" Gebiß: Sämtliche Zähne mit einfacher Wurzel und ein- spitziger Krone, alle fangzahnartig, z. B. Bauria (Fig. 10, S. 14). 2. Stufe (progressiv) mit ,,protodontem" Gebiß: Backzähne mit einfacher Wurzel, die eine Längs- furche zeigt, und mit Krone, die neben der Hauptspitze einige Nebenspitzen zeigt, z. B. Dromathenum (Fig. 12, S. 16) und Cynognathus (Fig. 11, S. 14). 3. Stufe (progressiv) mit ,,trikonodontem" Gebiß: Backzähne mit zwei Wurzeln und mit kom- primierter Krone, die neben der Hauptspitze einige Nebenspitzen zeigt; alle Backzähne gleichen den Prämolaren der Raubtiere, z. B. Phascolothermm (Fig. 13, S. IG). ~ ^6 ~ -i. Stufe (progressiv, Höliepunkt) mit ,,trigonalem" Gebiß: Hintere Backzähne üben mit 3, unten mit 2 Wurzeln und mit trigonaler Krone, z. ß. Potamogale (Fig. 31) und Protocetus (Fig. 30). 5. Stufe (retrogressiv) mit ,,trikonodontem" Gebiß, genau wie auf der 3. Stufe, z. B. Phoca (Fig. 26, S. 51) und Zeuglodon (Fig. 29, S. 51). 6. Stufe (retrogressiv) mit ,,protodontem" Gebiß, genau wie auf der 2. Stufe, z. B. HalicJioenis, dessen letzter Backzahn aber noch zweiwurzelig ist (Fig. 27, S. 51). 7. Stufe (retrogressiv) mit „haplodontem" Gebiß, genau wie auf der 1. Stufe. Nähren sich wesentlich von größeren Fischen, z. B. Otaria (Fig. 28, S. 51) und Delphinus. Es folgt noch: 8. Stufe (retrogressiv). Zähne an Zahl und Größe stark zurückgegangen. Nahrung aus einzelnen kleineren und scliwächeren Tieren bestehend, z. B. Macrorhinus und Beluga. 9. Stufe (retrogressiv). Völlig zahnlos. Nahrung aus Schwärmen von Planktontieren bestehend. Mystacoceti. 18. Lykodonte und myodonte Stämme bei Säugetieren. Die Urplacentalia, von denen wir die sämtlichen späteren Placental-Säugetiere abzuleiten haben, waren ohne Zweifel reine Tierfresser mit noch primitivem trigonalem Gebiß. Aus der Kreide- zeit, zu der sie gelebt haben müssen, liegen uns aber keine Reste vor, die uns ein sicheres Urteil über ihr Aussehen erlauben könnten. Wenn wir uns eine Vorstellung von ihnen machen wollen, haben wir an diejenigen placentalen Tierfresser zu denken, deren Gebiß dem der jurassischen Pantotheria am meisten ähnelt; denn von letzteren ist ja überhaupt nur das Gebiß bekannt. Die Pantotheria selbst müssen eine schmale und spitze Schnauze besessen haben. Ihr Unter- kiefer war vor den Eckzähnen so verlängert, daß die Schneidezähne jederseits in einer Längsreihe standen, und zwar in kurzen Abständen hintereinander, die der rechten Seite mehr oder minder parallel zu denen der linken. Nicht nur der Eckzahn, sondern auch der erste oder zweite Schneidezahn war meist etwas verlängert (Amblotherium. Phascolestes, Fig. 14, S. 16). Beide waren als Fang- zähne zum Ergreifen einer Beute geeignet in ähnlicher Weise, wie das auch bei den verlängerten vorderen Fangzähnen der Krokodile (im Unterkiefer der 1. und der 4. Zahn) der Fall ist. Der Eck- zahn war öfter zweiwurzelig. Im wesentlichen das gleiche Aussehen dürfte auch das Vordergebiß des Oberkiefers gezeigt haben. Die mit den Fangzähnen ergriffene, wesentlich aus Wirbellosen bestehende Beute konnte mit den oft großen Prämolaren zerlegt werden und wurde mit den prototrigonalen hinteren Backzähnen zerkaut, an denen ein Talonid fehlte oder nur unbedeutend entwickelt war. In der Tat finden wir unter den Zalambdodonta, der primitivsten Gruppe der lebenden Insectivora, Formen, deren Gebiß dem der Pantotheria noch recht nahe kommt. Ich muß mich aus voller Überzeugung den Autoren anschließen, welche in dieser Gruppe die altertümlichsten der uns bekannten Placentalia sehen. Sie dürfen mit Recht als die noch lebenden Vertreter der Urplacentalia gelten. Besonders charakteristisch für sie ist der verlängerte vorderste Teil der Kiefer mit den in Abständen hintereinander stehenden Schneidezähnen, von denen meist einer der vordersten einen verlängerten Fangzahn darstellt (vergl. Microyale, Fig. 32, S. 56). Nun kennen wir aber aus dem älteren Paleocän, in dem uns zum ersten Male unverkenn- bare Placentalia entgegentreten, alsVertreter reiner Tierfresser ausschließlich die Carnivora Creodonta. Doch kann gar kein Zweifel sein, daß zu dieser Zeit auch bereits Vertreter der Insectivora gelebt haben müssen, obwohl die ältesten Reste von solchen erst im oberen Paleocän bisher festgestellt wurden ( Palaeorycfes, Mixodectes). Sie werden in Gestalt von Zalambdodonta wohl auch schon während 66 — der Kreidezeit vorhanden gewesen sein und damals die Urplacentalia dargestellt haben. Bei diesen Urplacentalia werden zum Ergreifen ihrer lebenden, hauptsächlich aus Wirbellosen bestehenden Beute sowohl die verlängerten vorderen Schneidezähne wie die Eckzähne befähigt gewesen sein. Übrioens wird es unter den Urplacentalia auch einzelne Formen gegeben haben, bei denen überhaupt keiner der Vorderzähne eine nennenswerte Verlängerung aufwies. Jedenfalls kommt das unter den Zalambdodonta ( Hemicentetes) und den übrigen Insectivoren (Twpaja) vor, und die gleiche Beobach- tung läßt sich auch unter den Pantotlieria machen (AmphitJienum). Es ist anzunehmen, daß von diesen Urplacen- talia ein Stamm sich abzweigte, der es ganz aufgab, die Schneidezähne als Fangzähne zu benutzen. Die vorderen Schneidezähne blieben klein, dafür erstarkten die Eckzähne, die nunmehr ausschließlich als Fangzähne dienten. Ich möchte ihn als den ,,lykodonten" Stamm bezeichnen, dessen ursprüng- lichste Vertreter die Creodonta sind. Nur die Eckzähne blieben bei ihnen zum Ergreifen der Beute befähigt. Sie sind stets einwurzelig, aber sehr kräftig. Die Schneidezähne werden dagegen sämt- lich klein, besonders die ersten und bilden, dicht gedrängt, miteinander einen ziemlich flachen Quer- bogen zwischen den beiderseitigen Eckzähnen wie bei den modernen Raubsäugetieren (Fig. 1, S. 6); der sie tragende Kieferteil vor den Eckzähnen bleibt kurz, breit und abgerundet. Die hinteren Backzähne wurden dabei ausgeprägt trigonal mit großem Talonid (Fig. 19, S. 36). Die Creodonta stellen so den Typus der reinen Tierfresser dar, wie er uns bei Beginn des Tertiär entgegentritt. Die nach dem Ausscheiden des lykodonten Stammes noch übrig bleibenden Urplacentalia behielten wohl zunächst noch die Fähigkeit, sowohl mit den verlängerten Eckzähnen wie mit den vorderen Schneidezähnen ihre Beute zu fangen, sie entwickelten sich aber haui^tsächlich in der Rich- tung, daß den Schneidezähnen immer ausschließlicher diese Aufgabe zufiel; diese erstarkten mehr und mehr, während die Eckzähne immer mehr an Bedeutung verloren. Ich möchte diese Richtung als den ,,myodonten" Stamm bezeichnen, dessen ursprünglichste Vertreter Insectivora sind. Bei ihnen bleibt vor allem der schmale, weit vor die Eckzähne verlängerte vordere Teil der Kiefer erhalten, der zuerst noch die getrennt hintereinander stehenden Schneidezähne trägt. Während wir aber schon bei den Creodonten des älteren Paleocän den fertigen Zustand des lykodonten Gebisses finden, zeigen uns selbst die lebenden Insectivoren noch alle Stadien des in seiner Entwicklung begriffenen myo- donten Gebisses. So wird das noch bei allen Zalambdodonta klein gebliebene Talonid der unteren Backzähne erst allmählich größer. Während nun bei den auf dem primitiveren Zustand der Urplacentalia gebliebenen Formen der Insectivora die vorderen Schneidezähne noch nicht sehr stark entwickelt waren und das Zerlegen Fig. 32. Microgale dobsoni (Zalambdodonta). Mesolri- gonales Gebiß A des Oberlviefers von der Kaufläche, B des Ober- und Unterkiefers von außen. / Schneidezahne. c Eckzahn, /* Präniolaren. m Molaren. X 4. — 57 — der Beute wie bei vielen Pantotheria olt noch mit großen Prämolaren ausgeführt wurde (vergl. Centetes, Fig. 22, S. 38 und Gymnura, Fig. 23, S. 39 ), mußte sich bei den ausgesprochen myodonten Formen, deren Schneidezähne eine bedeutendere Größe erreichten, die Art der Nahrungsaufnahme in durchgreifender Weise ändern. Schneidezähne von beträchtlicher Größe dienten jedenfalls nicht nur als Fangzähnc zum Ergreifen der Beute, sondern sehr bald auch zum Zerlegen der Beute. Es ist fast selbstverständ- lich, daß diese am vordersten Ende der schmalen Schnauze gelegenen Zähne dazu benutzt wurden, um damit kleine Stückchen aus dem Körper eines erbeuteten Tieres herauszureißen oder, sobald die Zähne eine geeignete Schneide erhalten hatten, herauszubeißen. Diese Zähne eigneten sich auch vor- trefflich dazu, Löcher in den Körper eines größeren Beutetiers zu fressen und auf diese Weise alles daran Genießbare in lauter kleinen Bissen in den Rachen zu befördern. Die Größe der Beute spielte bei dieser Art der Nahrungsaufnahme keine Rolle mehr. Sobald diese Schneidezähne eine beträchtlichere Größe annahmen, sind auch andre Zähne sowohl zum Ergreifen wie zum Zerlegen der Beute überflüssig; daher werden bald hintere Schneidezähne, Eckzähne und Prämolaren klein und verschwinden ganz. In wohlentwickeltem Zustand zeigt das myodonte Gebiß der Insectivora große vordere Schneidezähne, kleine oder ganz fehlende Eckzähne und Prämolaren, sowie trigonale hintere Back- zähne, wie z. B. die Soricoidea. Primitivere Merkmale sind bei ihnen verhältnismäßig kleine vordere Schneidezähne, große Eckzähne oder Prämolaren und Backzähne mit kleinem Talonid. Bei den Formen mit größeren Eckzähnen ist auch innerhalb des myodonten Stammes eine sekundäre Weiterentwicklung in lykodontem Sinne keineswegs ausgeschlossen, wie das z. B. bei unserem Maulwurf eingetreten ist. Die Beute der Insectivoren besteht hauptsächlich noch aus Wirbel- losen. Zu ihnen gehören von Anfang an die kleineren Formen der tierfressenden Placentalia. Ihre geringe Größe dürfte der Grund sein, daß fossile Reste myodonter Tierfresser so sehr viel spärlicher bekannt sind als solche der lykodonten Creodonta, die als Wirbeltier- und Säugetierfresser die größeren Formen der placentalen Tierfresser umfassen. Daher finden sich zwar unter den fossil erhaltenen tierfressenden Säugetieren des unteren Paleocän bisher nur Vertreter des lykodonten Stammes, die Creodonta; es kann aber kein Zweifel sein, daß auch die Insectivora des myodonten Stammes damals schon mehr oder weniger weit entwickelt waren. Als Angrilfswaffe auf flinke und kräftige Beutetiere, wie es Wirbeltiere sind, eignen sich die Schneidezähne allerdings wohl weniger als Eckzähne, daher treten die myodonten Formen nicht ernstlich in Wettbewerb mit den lykodonten Formen gegenüber solcher Jagdbeute. Immerhin machen auch sie sich die leichte Tötbarkeit der Säugetiere gern zu Nutzen. Der Antrieb aber mit dem Größer- werden ihrer Beutetiere ebenfalls an Größe zuzunehmen, wie er sich bei den wirbeltierfressenden Creodonten geltend machte, fehlte bei den Insectivoren, die daher auch in bezug auf Körpergröße sich nicht weit über den Zustand der Urplacentalia erheben. Der eigentliche Beruf der Insektenfresser und geradezu ihr Leitmotiv ist es, ihre aus Wirbel- losen, also aus Würmern, Schnecken und Arthropoden bestehende Beute in ihren Schlupfwinkeln aufzusuchen und dort zu greifen. Schon ihre geringe Körpergröße weist sie darauf hin, und ebenso eisnen sich gerade die am vordersten Ende der Kiefer stehenden Zähne besser wie andere dabei als Fangzähne; ihr beweglicher Rüssel ist sehr geeignet zum Aufspüren versteckter Beute. Auf diesem ihrem eigensten Gebiet treten sie auch nicht als Konkurrenten der lykodonten Tierfresser auf, die dem Triebe folgen, ihr größeres Wild gewöhnlich dann zu erbeuten, wenn es seine Verstecke verlassen hat. So folgten die beiden Stämme altertümlicher Tierfresser schon von vornherein ganz verschie- denen Antrieben. Zoolog ica. Heft 71. 8 — 58 — Es ist nun auch leicht verständlich, daß den Insectivora die unterirdische, grabende Lebens- weise ganz besonders zusagt, was sich schon darin kundtut, daß wir in zwei durchaus verschiedenen Familien von Insektenfressern diese Lebensweise antreffen, bei den Chrysockloridae und Talpidae. Ebenso gut nun, wie die Insectivora ihre großen Vorderzähne zum Anbeißen von tierischen Körpern benutzen können, werden sie imstande sein, damit auch weichere Pfianzenstoffe wie Früchte u. dergl. zu benagen. Unter Umbildung der trigonalen Backzähne mit scharfzackigen Höckern in tetragonale mit stumpfen Höckern wird auch im myodonten Stamme das Gebiß für Pflanzennahrung sehr geeignet, und es ist sehr wahrscheinlich, daß zu wiederholten Malen sich aus myodonten Tier- fressern myodonte Pflanzenfresser zunächst von omnivorem Gepräge entwickelt haben. Schon inner- halb der Insectivora selbst treffen wir omnivore Formen an wie die Erinaceidae {Gymnura, Fig. 23, S. 39). Es ist aber als sicher anzunehmen, daß auch einige der großen Gruppen von Pflanzenfressern, die zu den Placentalsäugetieren gehören, unter den Insectivora ihre Vorfahren gehabt haben. Überhaupt ist es sehr wahrscheinlich, daß die sämtlichen Gruppen von Placentalsäugetieren sowohl von tierfressenden wie von pflanzenfressenden, auf einen dieser beiden Stämme, den myodonten oder den lykodonten zurückgeführt werden müssen, welche sich wohl im Verlaufe der Kreidezeit voneinander getrennt hatten. Zu dem myodonten Stamm werden vor allem die Nagetiere gehören. Gerade sie verstehen es, unter der Erde zu graben und im Boden zu wühlen, eine Tätigkeit, die auch schon den Insektenfressern besonders zusagte. Damit hängt auch die geringe Körpergröße zusammen, die im allgemeinen die Nagetiere auszeichnet. Sie sind diejenigen Pflanzenfresser, die es verstehen, mit ihren meißeiförmig gewordenen Vorderzähnen sich Zugang zu verschaffen zu solchen nährenden Pflanzenstoffen, die durch härtere Schalen vor den Angriffen anderer Pflanzenfresser geschützt sind. Es ist von Be- deutung, daß die ältesten Insectivoren, die bisher aus dem Tertiär bekannt sind, Mixodectes und Olbodotes aus dem oberen Paleocän, von Osborn als ,,Proglires" bezeichnet wurden wegen ihrer ver- muteten Verwandtschaftsbeziehungen zu den Rodentia. Die ersten echten Nagetiere kennt man jedoch erst aus dem unteren Eocän. Zu den Pflanzenfressern, die dem myodonten Stamm angehören, scheinen mir auch eine Anzahl von Huftiergruppen zu zählen zu sein, nämlich diejenigen, deren Eckzähne schon bei den primitivsten Vertretern unbedeutend sind, während ihre Schneidezähne sich von vornherein stark entwickelt zeigen. Es ist das eines der auffallendsten Merkmale der sämtlichen dem älteren Tertiär von Süd- amerika eigentümlichen Huftiere, also der Notungulata im weitesten Sinn mit den Homalodotheria, Astrapotheria, Toxodontia, Typoiheria, Litopterna und Pyrotheria. Dasselbe ist auch sehr bezeichnend für die dem älteren Tertiär von Afrika eigentümlichen Huftiere, die Subungulata mit den Hyracoidea, Embrithopoda, Proboscidea und Sirenia. Die lange, schmale, an die der altertümlichsten Insectivora erinnernde Schnauze mit den hintereinander in eine Längsreihe angeordneten vorderen Zähnen ist bei den altertümlichsten Vertretern dieser Huftiere oft sehr auffallend {Interatherium, Mixohyrax, Protosiren). Auch die Primaten dürften dem myodonten Stamm entsprossen sein, da, wie besonders Gregory betont, ihre primitiven Formen viele Beziehungen zu Insectivora (Tupaja) erkennen lassen. Ihre Abgrenzung von Jnsectivora ist vielfach noch unsicher. Die Primaten sind Baumtiere, die es allmählich verlernt haben, ihre Nahrung, sei sie tierischer oder pflanzlicher Natur, direkt mit den Zähnen zu packen. Sie ergreifen sie zuerst mit den Händen \ind führen sie damit erst zum Munde. — 59 — Das mag die kurze abgerundete Schnauze erklären, die sie lueislens zeigen. Stehliu schreibt den primitivsten Afien nur schwache Eckzähne zu. Dagegen Ivonnte er gerade bei primitiven Formen große Schneidezähne wie bei Chiromys in vielen Fällen nachweisen. Die Chiroptera nebst den Dermoptera sind wohl ebenfalls auf Insectivora oder ältere Primaten zurückzuführen. Dem myodonten Stamme sind schließlich noch die Cetacea zuzuweisen. Der auffallenden Über- einstimmung des Vordergebisses von Zeuglodon mit dem von primitiven Insectivoren (Cenlefidae) habe ich schon früher gedacht, ebenso des Umstandes, daß von allen lebenden Säugetieren Pofaniogale am meisten dem Bild entspricht, das man sich von den landbewohnenden Ahnen der Cetaceen machen muß. Auf den lykodonten Stamm möchte ich dagegen diejenigen Ordnungen von Huftieren zurück- führen, deren primitivste Formen die kräftig entwickelten Eckzähne der Creodonta aufweisen neben verhältnismäßig kleinen in einem Querbogen augeordneten Schneidezähnen. Dazu zähle ich die dem älteren Tertiär der nördlichen Kontinente (Holarktische Region) eigentümlichen Ordnungen der Condylarthra, Amblypoda, Perissodactyla und wohl auch die Artiodactyla. Ferner müssen hieher die Taeniodonta gestellt werden, welche als die ältesten Vertreter der Edentata angesehen werden, und deren älteste, paleocäne Formen wie Onychodectes, Conoryctes, Hemiganus tatsächlich nahe Beziehungen zu den Creodonta zeigen. Auf die lykodonten Creodonta sind natürlich auch die Fissipedia und Pinnipedia zurückzuführen. Derselbe Vorgang, der sich bei den Placentalia ereignete, die Trennung eines lykodonten von einem myodonten Stamm, läßt sich auch bei den Marsupialia feststellen. Hier ist allerdings ein großer Teil der Polyprotodonta noch ziemlich indifferent, den Insectivora vergleichbar, und verharrt auf einem primitiven Zustand. Formen wie Myrmecobius und Notoryctes erinnern noch an Pantotheria. Auch die DidelpJndae und Dasyiiridae sind noch nicht entschieden lykodont. Ausgesprochen lyko- donte Formen sind erst die Thylacinidae, sowohl die australischen wie südamerikanischen (Sparassu- donta). Pflanzenfresser haben sich im lykodonten Stamm bei den Beuteltieren überhaupt nicht entwickelt. Dagegen ist von ausgesprochen myodonten Tierfressern (außer Thylacoleo) nur wenig bekannt, wenn nicht einige der ältesten Caenolestidae dazu gehören. Dem myodonten Stamm gehören jedoch bei den Beuteltieren die sämtlichen Omnivoren und herbivoren Pflanzenfresser an, die den Namen Diprotodontia ihren vergrößerten unteren Schneidezähnen verdanken, und zwar die australischen Formen sowohl wie die südamerikanischen Caenolestidae. ZOOLOGICA Original- Abhandlungen aus dem Gesamtgebiete der Zoologie Herausgegeben von Willy Kükenthal in Berlin Heft 72 Die Hautdrüsen des Menschen und der Säugetiere, ihre biologische und rassenanatomische Bedeutung, sowie die Muscularis sexualis. Von P. Schiefferdecker. (Ausgeführt mit Untersttitzung der Preussischen Akademie der Wissenschaften in BerHn und der Rheinischen Gesellschaft für wissenschaftliche Forschung.) Mit 1 TextAbbildung und VIII Tafeln. STUTTGART 1922 E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Erwin Nägele). Die Hautdrüsen des Menschen und der Säugetiere, ihre biologische und rassenanatomische Bedeutung, sowie die Muscuiaris sexualis. Von P. Schiefferdecker. Mit 1 Text-Abbildung und VIII Tafeln. STUTTGART 1922 E. Seh w e iz er b ar t ' sehe Verlagsbuchhandlung (Erwin Nägele). Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. A. Bonz' Erben in Slutlgart, Inhalt. Seite Einleitiing VII Über Bau und Bczeiihniiny floi' Hautdrüsen der Säugetiere und des Mensehen 1 Die Verteilung der Hautdrüsen bei Mensehenrassen und Tieren 7'i Die Art der Tätigkeit der Hautdrüsen lieim Mi'iisiiieii und bei den übrigen Säugetieren ... 91 1. Die Tätigkeit der Haardrüsen 91 2. Die Tätigkeit der apokrinen und der ekkrinen Drüsen 93 Zusammenstellung der Ergebnisse 119 Literatur- Verzeichnis 140 Erklärung der Abbildungen Tat". I — VI 11 150 Einleitung Man hat bi« jetzt die charakteristischen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Eassen und Stämme des Menschen hauptsächlich durch Untersuchungen am Skelette und hier wieder vornehmlich am Schädel festzustellen versucht. Außerdem durch Berücksichtigung des gesamten Äußeren, wie der Hautfarbe, der Beschaffenheit der Haare, der Augenfarbe, Körpergröße usw. Auch das Verhalten der Haare innerhalb der Haut ist neuerdings vergleichend untersucht worden. In letzter Zeit sind dann auch verschiedene sonstige Weichteile in mehr oder weniger großem Umfange herangezogen worden. Meine bisherigen Untersuchungen des feineren Baues der Haut und der Muskeln ließen es mir aussichts- voll erscheinen, durch genauere vergleichende mikroskopische Untersuchungen dieser Organe Näheres über die Verschiedenheit und die Zusammenhänge der menschlichen Eassen und Stämme zu erfahren. Es würde damit auch der mikroskopischen Anatomie ihr Anteil an derartigen Untersuchungen ge- wahrt werden, und ich bin der Meinung, daß dieser sogar mit der Zeit recht groß und wichtig werden dürfte. Was die Muskeln anlaugt, so kann ich hier auf meine Arbeit verweisen, welche das meusch- Hehe Herz behandelt (Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol., Bd. 165, 1916, S. 499 — 564), auf eine weitere über die Kaumuskeln als Sprachmuskeln (ebenda, Bd. 173, 1919, S. 265 — 384) und eine andere über die elastischen Fasern der Wangenhaut (Arch. f. mikr. Anat., Bd. 95, Abt. 1, 1921, S. 134 — ^185, mit 6 Tafeln). Diese haben auch anthropologisch sehr wichtige Tatsachen ergeben. Die Haut ist bekannt- lich ein sehr kompliziert gebautes Gebilde, und so ist es möglich, zunächst einmal den einen oder anderen Bestandteil in den Bereich der Untersuchung zu ziehen, ebenso wie man bei den Muskeln zunächst den einen oder den anderen zur Untersuchung benutzen wird. Auch sind die Menschenstämme so zahlreich, daß man zunächst nur einige wenige einer Untersuchung unterziehen kann. Erst allmählich, im Laufe der Zeit, wird man, je nach Möglichkeit, weitere Teile der Haut, andere Muskeln und mehr und mehr Menschenstämme in die Untersuchung einbeziehen können. Je mehr das untersuchte Material zu- nimmt, um so weitreichendere, interessantere und wichtigere Eesultate werden die Arbeiten ergeben. In der vorliegenden Arbeit auf diesem so weit ausgedehnten Gebiete werdeich mich im wesentlichen auf die sogenannten Schweißdrüsen beschränken, die Talgdrüsen nur streifen, und auf einige wenige Menschenstämme, an deren Vertretern ich bisher Gelegenheit hatte, Untersuchungen auszuführen. Im Verlaufe der vorliegenden Untersuchung, über deren erste Ergebnisse ich schon am 11. Mai 1914 in der medizinischen Abteilung der Niederrheiniscben Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Bonn berichtet habe, stellte sich heraus, daß die als ,, Schweißdrüsen" bezeichneten Hautdrüsen, wenn man die Verhältnisse beim Menschen überhaupt verstehen wollte, einer ne^^en Untersuchung von Grund aus unterzogen werden mußten, einer Untersuchung, die sich auf die Säugetiere in möglichst weiter Ausdehnung und auf die Entwicklung der Drüsen zu erstrecken hatte. Dieser Teil der Unter- suchung konnte allerdings bei der ungeheueren Ausdehnung des Gebietes nur in sehr beschränktem — VIII — Maße zur Ausführung kommeu, aber doch so weit, daß mit Zuhilfenahme der schon vorliegenden Ar- beiten sich ein ziemlich klares Bild ergeben hat. Die vorliegende Arbeit zerfällt demnach in einen „all- gemeinen Teil", der sich auf die Drüsen als solche bezieht, und in einen ,, speziellen Teil", der ihr Ver- halten bei verschiedenen Menschenstämmen oder Menschenrassen behandelt. Bei dem vielfach sehr engen Zusammenhange beider Teile wird diese Trennung nur bis zu einem gewissen Grade durchzuführen sein. Sie hat sich auch in keiner Weise als wichtig erwiesen. Wichtig ist nur, daß eben beides behandelt wird, denn erst das Verständnis der Drüsen an sich eröffnet die Möglichkeit einer Betrachtung ihrer Beziehungen zum Menschen und der Bedeutung ihres Vorkommens bei den verschiedenen Stämmen resp. Eassen. Es liegt eine recht große Anzahl von Arbeiten vor über die Hautdrüsen, Talgdrüsen und Schweiß- drüsen, und namentlich über die letzteren. Trotzdem sind diese Drüsen bisher immer nur teilweise richtig erkannt worden, das eigentliche Verständnis für sie ist mir auch erst während dieser Arbeit gekommen, und auch jetzt fehlt, namentlich inbezug auf ihre Stammesgeschichte noch so manches, was erst durch weitere Untersuchungen zu finden sein wird. Was die Beziehungen der Drüsen zu den Eassen anlangt, so fehlt natürlich noch sehr vieles, was erst durch sehr extensive Arbeit wird gefunden werden können, aber ich mache hier den Anfang und auf ihm als Fundament kann weitergebaut werden. Ich bemerke hier endlich noch, daß diese Arbeit schon im Januar 1917 abgeschlossen worden ist, und daß ich jetzt, da sie endhch gedruckt werden kann, natürlich nur sehr wenig ändern kann. Ich habe allerdings während der langen Wartezeit auch keine Arbeit kennen gelernt, welche eine Änderung nötig gemacht hätte, aber natürlich ist mir während dieser Zeit auch nur ein kleiner Teil der Literatur zur Gesicht .gekommen. Ich muß daher den Leser bitten, hierauf Eücksicht zu nehmen. Immerhin möchte ich hier besonders betonen, daß gegenüber dem Inhalte meiner vorläufigen Mitteilung über die Ergebnisse dieser Arbeit (1917) zwar keine umfang- reichen, aber doch wesentlichen Änderungen an manchen Stelleu getroffen worden sind, so daß jene Inhaltsübersicht nicht mehr als solche für die jetzt erschienene Arbeit dienen kann. Ich mußte das hier anführen, da es selbstverständlich für den Leser und Benutzer von wesentlicher Bedeutung ist. Bonn a. Ehein, Mai 1922. über Bau und Bezeichnung der Hautdrüsen der Säugetiere und des Menschen Daß uusere grundsätzlichen Kenntnisse über die Drüsen bisher noch so mangelhaft geblieben sind, liegt hauptsächlich an folgendem: „Wie wohl bei allen Organen sind die ersten und auch meisten eingehenden Untersuchungen derselben von menschlichen Anatomen ausgeführt worden, die natur- gemäß bei diesen Untersuchungen vom Menschen ausgingen. Nun ist der Mensch aber bekanntlich ein sehr eigenartig, teilweise auch sehr hoch differenziertes Wesen, und auch seine Haut ist von der der Tiere in mehrfacher Beziehung verschieden. So kam es, daß die durch die TJntersuchung des Menschen gefundenen Ergebnisse viel zu einseitig waren, um die Drüsen als solche verstehen zu lernen. Diejenigen Forscher aber, welche vom Tiere ausgingen, verstanden die Verhältnisse wieder deshalb falsch, weil sie den anders gebauten Menschen, bei dem manches weit klarer zii erkennen war, zu wenig berück- sichtigten. Dazu kommt zweitens, daß der Mensch das Vermögen besitzt zu ,, schwitzen", und daß dieses für ihn sehr wichtig ist. D. h. er besitzt die Fähigkeit, aus Hautdrüsen eine Flüssigkeit ab- zusondern, welche für die Entgiftung seines Körpers, namentlich aber für die Wärmeregulierung von größter Bedeutung ist. Diese Flüssigkeit wird bei ihm in der Tat aus Knäueldrüsen abgeschieden, welche in sehr großer Menge in seiner Haut verbreitet sind. Diese sind daher mit Recht als ,, Schweiß- drüsen" bezeichnet worden. Bei der Untersuchiing der Tiere wurde nun naturgemäß diese Bezeich- nung übertragen auf die Knäueldrüsen dieser, ohne daß dabei beachtet \\urde, daß viele Tiere über- haupt nicht schwitzen, wenigstens nicht in dem Sinne, wie der Mensch es tut, daß die Tätigkeit ihrer Knäueldrüsen daher auch mit der Wärmeregulierung nichts zu tun hat, und daß diese Drüsen über- haupt ganz andersartige Drüsen sein können als die des Menschen. Es waren ,, Knäueldrüsen" der Haut, also ,, Schweißdrüsen", das war einfach, klar und bequem. T^Tatürlich liefern auch diese Drüsen ein Sekret, aber es ist kein Sekret, das dem der menschlichen ,, Schweißdrüsen" entspricht. Hierdurch wurde aber verhindert, daß man auf die Unterschiede zwischen den Drüsen aufmerksam wurde. Anderer- seits wurden durch die Untersuchungen an Tieren die Forscher zu Ansichten über das Wesen der Drüsen verleitet, welche wieder sehr einseitig waren und nicht nur für den Menschen nicht paßten, sondern auch zu einem falschen Verständnisse der Drüsen an sich führten. Es ist selbstverständlich, daß die hier aufgeführten Mängel, zum größten Teile wenigstens, immer wieder von dem einen oder anderen Forscher auch schon im einzelnen erkannt worden sind, aber diese einzelnen Erkenntuisblitze haben noch zu keiner klaren Beleuchtung des Tatbestandes geführt. Ich habe die für* diese Ai'beit in Betracht kommende Literatur, soweit es mir nötig erschien, bis zum Jahre 1914 möglichst vollständig am Ende derselben angeführt. Ob es mir möglich sein wird, bei der Besprechung meiner Befunde jedes- mal sämtliche dazu gehörige Zitate anzuführen, ist mir allerdings immer zweifelhafter geworden, je mehr die Menge meiner Literaturaiiszüge anwuchs. Ich hatte ursprünglich die Absicht, diese Lite- ratiu'auszüge nach den Jahren geordnet in dieser Ai-beit niederzxilegen, um so die historische Ent- Zoologica. Heft 72. j_ — 2 — wic'keliuig unserer Keuntnisse klarzulegen und jedem Forscher gerecht zu werden — in dem Literatur- verzeichnisse sind die Arbeiten alphabetisch nach den Namen der Autoren geordnet — so hätte man eine Übersicht nach beiden Richtungen gehabt, aber, als ich sah, daß diese Literaturauszüge allein schon zu einem dicken Buche anwuchsen, habe ich diesen Plan notgedrungen aufgegeben und die ein dickes Manuskript bildenden Auszüge nur als Material benutzt, aber, wie gesagt, ich glaube, auch niir das kurze Zitieren dieses Materials wird in einiger Vollständigkeit wohl kaum möglich sein. Da muß ich dann den Leser auf das Literaturverzeichnis im ganzen verweisen. Wird es doch bei jeder Arbeit immer schwerer, der Literatur gerecht zu werden, mitunter, kaum mehr möglich. Wie soll das erst in Zukunft werden! Jedenfalls bitte ich, mir etwaige Mängel in Zitaten nicht als Xachlässigkeit aus- zulegen; ich habe das Mögliche getan, um mir die Literatur zu verschaffen und durchzusehen, ich fürchtete aber, daß das Lesen dieser Arbeit durch ein ganz vollständiges Zitieren sehr erheblich erschwert werden würde, und damit Tvürde die Arbeit schließlich ihren Zweck verfehlt haben. Es handelte sich also darum, eine Mittelstraße zu finden, ich weiß nicht, wie weit das gelungen sein wird. Zunächst ist es nötig, sich darüber klar zu werden, was für Arten von Hautdrüsen A'or- kommen, und welche Bezeichnung man ihnen am besten gibt, denn sonst ist eben jede Verständigung unmöglich. Dies ist ja auch der Grund, weshalb ich so umfassende Voruntersuchungen für diese Arbeit ausführen mußte. Von altersher besteht die Einteilung in „Talgdrüsen" und „Schweißdrüsen". Die ersteren wurden, dabei auch als ,, Haarbalgdrüsen" und als ,,acinöse" Drüsen bezeichnet. Die letzteren wurden auch bezeichnet als ,,tubulöse" Drüsen und als ,,Kuäueldrüsen". AUe diese Bezeichnungen werden auch jetzt noch verwendet. Öchon die lange Benutzung dieser Bezeichnungen spricht dafür, daß sie, bis zu einem gewissen Grade wenigstens, charakteristisch sein müssen und für die gewöhnliche Verständigung geeignet, es fragt sich nur, ob sie nach unseren jetzigen Kenntnissen noch alle als berechtigt bzw. als ausreichend anzusehen sind, und welche von ihnen dann zu bevorzugen sind, bzw. ob sie alle zu ver- werfen und durch neue zu ersetzen sind. Schon daß diese Bezeichnungen so lange Jahre hindurch von den bedeutendsten Forschern immer wieder benutzt worden sind, gibt ihnen ein gewisses Anrecht darauf, auch weiter verwendet zu werden, wozu dann noch der nicht unwichtige Umstand kommt, daß sie allen jetzigen Gelehrten in Fleisch und Blut übergegangen sind und allgemein vertanden werden. Immerhin hat es auch im Laufe der Zeiten nicht an Forschern gefehlt, welche darauf aufmerksam gemacht haben, daß diese oder jene Bezeichnung aus bestimmten Gründen nicht richtig sei, und zur Änderung derselben aufgefordert haben. So hat schon 1S79 Graff in seiner Dissertation, in der er den Bau der Hautdrüsen der Haus- säugetiere und des Menschen vergleichend-anatomisch behandelt, mit besonderer Berücksichtigung der Präputialdrüsen, hervorgehoben, daß es nicht richtig sei, wenn man, wie dies bis jetzt geschehen sei, die acinösen und tubulösen Hautdrüsen schlechtweg als Talg- bzw. Schweißdrüsen bezeichne, also eine physiologische Tätigkeit schon aus der Form der Drüsen folgere. Manche tubulöse Drüsen liefern ein fettiges Sekret, daher sei die Bezeichnung sämtlicher tubulösen Drüsen als ,, Schweißdrüsen" un- richtig. Man nenne sie einfach ,, tubulöse" oder, falls die Form eine solche ist, ,, Knäueldrüsen". Im Jahre 1887 ging dann Ranvier einen Schritt weiter. In seinen Vorlesimgen über den Mechanisnms der Sekretion behandelte er den Bau und die Tätigkeit der Talgdrüsen, der Schweißdrüsen, der Hautdrüsen des Frosches und der Schleimdrüsen. Er benutzte als Erster zur Einteilung das Verhalten der Drüsenzellen bei der Absonderung und teilte danach die Drüsen ein in ,,holokrine", d. h. solche, bei denen das Sekret durch den Zerfall der ganzen Zellen entsteht, und in ,, merokrine", bei denen die Drüseiizellen selbst intakt bleiben inid das in ihnen gebildete Sekret ausstoßen. Zu den „holokriuen" Drüsen gehören die Talgdrüsen, zu den „merokrinen" die Schweißdrüsen. Er unterscheidet weiter die „Erzeugung" des sich in den Drüsenzellen ansammelnden Materiales als eigentliche „Sekretion" von der „Ausstoßung" desselben aus der Zelle und auch aus der Drüse, von der ,,Exkretion". Auch eine Einteilung der Talgdrüsen gibt Ranvier in dieser Arbeit, bzw. er verweist auf die schon früher von ihm gegebene. Er unterscheidet: 1) die ,, Forme diffuse", die nur bei Embryonen vom IV. bis V. Monate sich findet; 2) die ,, Forme glomdruMe entreepidermique", wie sie in der äußeren epithelialen Scheide der Tasthaare von Säugetieren vorkomme, gebildet durch eine mit Hauttalg vollständig er- füllte intraepitheliale Einsenkung, die über die Bindegewebsgrenze des Epithels nicht hinausgreift, und 3) die ,, Forme sebacee vraie", die gewöhnlichen Talgdrüsen. Bei dieser letzteren Form weisen die Zellen der tiefsten, dem Bindegewebe anliegenden Schicht reichlich Mitosen auf, werden aber nicht alle zu fetthaltigen Zellen, sondern verhornen an einigen Stellen des Follikels. Infolgedessen werden innerhalb des Follikels die Talgzellen durch Scheidewände, die aus verhornten Zellen bestehen, in Gruppen abgeteilt. Ranvier hebt in dieser Arbeit auch hervor, daß die Drüsen in der Flughaut der Fledermäuse aus einer eiförmigen Ampulle und einem Ausführungsgange bestehen, was Leydig schon früher (1859) gefunden hatte. Auch Weber macht 18SS darauf aufmerksam, daß es wünschenswert sei, die Ausdrücke ,, Schweiß"- und ,, Talgdrüsen" zu verbannen, um Platz zu machen für ,,tubulöse" und ,,acinöse" Drüsen ; nach dem Vorgange von Graff hatte er sich schon früher nach dieser Eichtung aus- gesprochen. Der Begriff ,, Schweißdrüse" ist bei verschiedenen Säugetieren durchaus nicht am Platze, obwohl dieselben tubulöse Drüsen besitzen. „Schweiß nennt man doch eins der wasserreichsten, tropfbar flüssigen, farblosen Selirete, das entweder sauer oder alkalisch reagiert. Schon der sogenannte Ohrenschmalz, das Sekret tubidöser Drüsen, verdient den Namen Schweiß nicht jnehr, ebenso wenig das schleimige Hautsekret tubulöser Drüsen, das ich früher von Hippopotamus amphibius beschrieb, (ilcichfalls widersetzt sich dem Begriffe Schweiß die eiweißhaltige Abscheidung, die wir von der Antilope kennen lernten. Der Begriff Schweißdrüse ist somit der engere, tubulöse Drüse der weitere." (S. 536.) ,,Auch acinöse Drüse und Talgdrüse decken sich nur teilweise, denn auch tubulöse Drüsen können eine talgartige Masse abscheiden und umgekehrt bereiten die solitären acinösen Drüsen im Flotzmaule der nacktnasigen Ungulaten ein schleimiges Sekret. Weiter darf die Masse, die durch die acinösen Drüsen unserer Antilope geliefert wird, gewiß nicht ,, Hauttalg" genannt werden, auch nicht ihrer Kon- sistenz nach." (S. 536 und 537.) Sicher, sagt Weber, wird es auch bei Säugetieren hin und wieder schwierig sein, festzustellen, was echt acinös oder tubulös ist, so daß man mit Gegenbaur von Mischformen sprechen kann und zugeben wird, daß ,, nichts zum starren Festhalten an den beiden traditionellen Typen zwingt". Bei den echten Integumentaldrüsen der Säugetiere scheint es Weber aber stets leicht zu sein, auszumachen, mit welchem Typus man es zu tun hat. (S. 537.) Gegenbaur hatte sich 1886 in einer längeren Anmerkung in seiner Arbeit über die Mammarorgane der Monotremen über diese Frage ausgesprochen. Er sagt dort (S. 15): ,,Wenn Drüsen, in denen der Acinus sich scharf von seinem Ausführungsgange absetzt und in beiden die ausgesprochenste Epitheldifferenz besteht, als Muster für die acinöse Form gelten sollen, so gibt es, wenigstens bei den Säugetieren, wohl nur sehr wenige dieses Schema reahsierende Formen. Denn selbst bei den Mundspeicheldrüsen geht ein Ausführgang ganz all- mähhch aus dem Acinus heraus, so daß nur das Epithel entscheidet, wo der sekretorische Acinus endet." Er führt noch weitere solche Beispiele au und meint, es sei natürlicher, solche Befunde, wenn man sie nicht als Modifikationen der acinösen Form gelten lassen wiU, als Mischformen anzusehen. Weiter hebt Benda (1S94) hervor, daß die Unterscheidung in acinöse und tubulöse Hautdrüsen nicht ganz zutreffend und vor allem nicht erschöpfend sei. Entwickelung, feinerer Bau und Funktion geben bessere Handhaben, um die Gruppe der Talgdrüsen von der mannigfaltigeren Gruppe der Knäueldrüsen scharf abzutrennen. Die ,, Talgdrüsen" bilden schon in ihrer ersten embryonalen Anlage in ihrem — 4 — luuern Talgzellen. Die Knäiieldrüsen sind bei ihrer Entwicklung von einer Haaranlage oder von der Epidermis aus vor allem dadurch charakterisiert, daß die beiden Zellschichten des Schlauches zueinander nicht das Verhältnis von Deckschicht und Ersatzzellenschicht einnehmen, sondern zwei qualitativ differenzierte Schichten bilden. Im Bezirke der eigentlichen Drüse wandelt sich die Innenschicht in das secerniereude Epithel um, während die Aussenschicht eine Lage von kontraktilen FaserzeUeu bildet. Im Gebiete des Ausführungsganges bleibt die ursprüngliche Doppelschichtung erhalten. Auch Jeß (1S96) spricht sich dahin aus, daß man nicht die ,,Form" der Drüsen ihrer Unterscheidung zugrunde legen dürfe; die Trennung nach dem ,, gelieferten Sekrete" in Talg- und Schweißdrüsen ist für die vergleichende Anatomie ganz unbrauchbar. Jeß stellt sich daher auf den histogenetischen Staudpunkt und läßt Form und Produkt, die beide vielfachen Veränderungen unterliegen, unberücksichtigt. Die als Schweiß- di'üsen bezeichneten Abkömmlinge der Epidermis steigen im fünften Fötalmonate senkrecht in das Corium hinab, sie stammen direkt oder primär von der Epidermis, Verfasser bezeichnet sie daher als ,, primäre Hautdrüsen". Die als Haarbalg-, Talg- und acinöse Drüsen bezeichneten epidermoidalen Gebilde entstehen dagegen nicht direkt von der Epidermis, sondern indirekt oder sekundär als Aus- wüchse der äußeren Wurzelscheide, daher bezeichnet sie Jeß als ,, sekundäre Hautdrüsen". Von den von Jeß imtersuchten Tieren besitzen nur Pferd imd Eind ,, primäre Hautdrüsen" und zwar von tubu- lösem Charakter, sie fehlen dem Hunde. ,,Sekimdäre Hautdrüsen" haben Pferd, Kind und Hund, bei letzterem kommen sowohl acinöse wie auch tubulöse sekundäre Hautdrüsen vor. v. Eggeling (1900) hebt ebenfalls hervor, daß eine Einteilung der Hautdrüsen nach ihrem Sekrete einmal für den Mor- phologen wertlos und dann auch nicht durchführbar sei, da das Sekret zahlreicher Hautdrüsen noch nicht genauer bekannt ist. Eine allgemeine Sonderung in Schweißdrüsen und Talgdrüsen sei daher zu verwerfen. Auch eine Einteilung nach der Form der Drüsenschläuche läßt sich nicht durch- führen. Man habe auch versucht, zu unterscheiden zwischen solchen Drüsen, welche unmittelbar innerhalb der Membrana propria einen Belag von glatter Muskulatur besitzen, ,, Knäueldrüsen", und solchen, bei denen dieser fehlt, ,, Talgdrüsen". Hier ist aber die Schwierigkeit vorhanden, die Milchdrüsen der Säuger einzureihen, bei denen ein Belag von glatter Muskulatur noch nicht allgemein erw lesen ist, und die doch von den Talgdrüsen beträchtlich verschieden sind. Auch sind Schweißdrüsen beschrieben worden, die der glatten Muskulatur entbehren sollen, v. Eggeling empfiehlt dagegen als Prinzip der Einteilung zwei andere Eigentümlichkeiten: 1) das Verhalten des Epithels zum Lumen: Sämtliche Knäueldrüsen haben ein scharf abgegrenztes Lumen, das sich bis in die feinsten Verzweigungen der Drüsen erstreckt. Ein solches fehlt den Talgdrüsen und ist bei diesen nur in sehr schwankendem Verhalten je nach dem Tätigkeitszustande vorhanden. 2) Die Art der Sekret- bildung: Das Sekret der Knäueldrüsen wird gebildet durch einen vitalen Prozeß, durch chemische Vorgänge innerhalb der Drüsenzelle, ohne daß diese dabei untergeht. Das Sekret der Talgdrüsen aber entsteht durch einen nekrobiotischen Prozeß: Jede Drüsenzelle geht zugrunde, indem sie ihren Anteil zur Sekretbildimg liefert. Das Sekret einer Drüse ist ein rein physiologischer Charakter, die Art der Sekretbildung aber kann zweifellos als ein morphologischer verwertet werden. „.Jedenfalls .... können wir sämtliche Knäueldrüsen und mit ihnen die Milchdrüsen der höheren Säuger als stationär kanalisierte, vital secernierende Hautdrüsen zusammenfassen. Dagegen würden die Talgdrüsen und eventuell mit ihnen die eigentümhehen Drüsenorgane der Reptilien als temporär kanalisierte, nekrobiotisch secernierende Hautdrüsen darzustellen sein." Aiich im Jahre 1905 kommt v. Eggeling bei seinen Untersuchungen über die Stellung der Milch- drüsen zu den übrigen Hautdiüsen bei der Untersuchung der Hautdrüsen der Beuteltiere noch einmal auf diese Einteilung zurück: — 5 — „Die Hautdrüsen der Beuteltiere verteilen sich wie diejenigen der Monotrenien und der höheren Säuger auf zwei große Gruppen, die vital secernierenden, dauernd kanalisierten, merokrinen und die nekrobiotisch (unter Zugrundegehen der Zellen) secernierenden, zeitweise kanalisierten, holokrinen Hautdrüsen. Die erstere Gruppe umfaßt neben den verschiedenen Arten von Schlauchdrüsen und sogenannten Schweißdrüsen auch die Milchdrüsen, die zweite die sosenannten Talgdrüsen." (S. .3.30.) V. Eggeling hat also, wie Ranvier, zurüekgegrili'en auf die verschiedene Art der Sekretion der Drüsen, so weit sie morphologisch erkennbar ist. Demgegenüber hat der neueste Bearbeiter dieser Frage, Brinkmann, in zwei im Jahre 1911 erschienenen Arbeiten, in deren einer er die Hautdrüsenorgane einer großen Anzahl von Wiederkäuern sehr eingehend untersucht hat, als das richtigste angenommen, die Hautdrüsen nach dem Vorkommen oder Fehlen der Muskulatur einzuteilen: Die tubulösen oder Schweißdrüsen besitzen eine solche, den acinösen oder Talgdrüsen fehlt sie. Allerdings bevorzugt er dieses Einteilungsprinzip weniger aus wissenschaftlichen als aus praktischen Gründen, da, wie er meint, diese Drüsenmuskulatur verhältnismäßig leicht überall nachzuweisen ist, und es daher leicht ist, die Art der Drüse festzustellen. Außer dieser Sonderung der Talgdrüsen von den Schweißdrüsen hat man aber auch von jeher schon versucht, die Schweißdrüsen selbst wieder in zwei Gruppen einzuteilen. Es lag das sehr nahe, da beim Menschen die Schweißdrüsen verschiedener Körpergegenden sich in der Tat sehr deutlich durch ihre Gesamtgröße und durch die Größe ihrer Drüsenschläuche voneinander unterscheiden. Von menschlichen Anatomen ist daher diese Einteilung auch ausgegangen. Schon Karl Friedrich Theodor Krause betont 1844, daß die Drüsen der Achselhöhle besonders groß seien, während die Zahl ihrer Mündungen verhältnismäßig gering sei, wobei er allerdings nur die ganze Drüse als besonders groß ansieht, nicht ihren Drüsengang, meist, wenn auch nicht immer, ist ja auch in der Tat nicht nur der Drüsengang selbst, sondern die ganze Drüse besonders groß gegenüber den gewöhnlichen Schweiß- drüsen. Sehr scharf betont den Unterschied zwischen den beiden Schweißdrüsenarteu Rohin (1S4-J). Wenn Krause schon gefunden hatte, daß die größten Drüsen an ganz bestimmten Stellen lagen, so hatte er doch noch außer der Gesamtgröße keinen besonderen Unterschied zwischen ihnen und den kleineren Drüsen festgestellt. Das zu tun, versuchte erst Robin. Er sprach sich dahin aus, daß es außer den Schweißdrüsen und Talgdrüsen noch eine dritte Art von Drüsen gäbe, die sich in sehr großer Menge in der Achselhöhle und in geringerer Menge in der Inguinalfalte finde. Ihr Ausführungsgang sei nicht spiraljg gewimden, wie der der Schweißdrüsen, und sei außerdem gewöhnlich dicker als der Drüsen- schlauch. Diese letzte Bemerkung ist sehr auffallend, da alle Forscher sonst das Gegenteil augeben. Auch ich habe das Gegenteil gefunden und nur in einem Falle bis jetzt, in einer bestimmten Drüse beim Schweine, den Ausführungsgaug weiter gefunden. Ich bemerke hier indessen gleich, um jedes Mißverständnis auszuschließen, daß auch dieser Befund beim Schweine sich nicht auf den ganzen Aus- führungsgang, sondern nur auf einen Teil desselben bezieht, und daß auch die Beobachtung von Rohin sich voraussichtlich in dieser Weise erklären lassen wird. Ich werde weiter unten noch näher auf diesen Punkt einzugehen haben. Rohin spricht übrigens nur von den menschlichen Drüsen. Von den Scliweiß- drüsen unterscheiden sich diese besonderen Drüsen nach ihm in den folgenden Punkten: 1) Diese be- sonderen, großen Drüsen liegen in dem gelben Fette, von dem sie sich durch ihre rötliche oder rosa Färbung deutlich abheben, und zwar mitunter in Gruppen von zweien oder dreien. Sie sind für das bloße Auge deutlich sichtbar. Die ,, Schweißdrüsen'' dagegen liegen niemals zu solchen Gruppen vei- einigt, haben keinen rötlichen Ton und sind nicht für- das bloße Auge sichtbar. 2) Die ,, Schweißdrüsen" liegen ebenso tief wie die großen Drüsen, sind aber nur mit dem Mikroskope sichtbar. Ihr Ausführungs- gang und ihr Drüsenrohr sind im Durchmesser 3 — 4mal kleiner als die der großen Drüsen. Die Drüsen- masse ist 5— 6mal geringer. Das Drüsenrohr der großen Drüsen ist weniger dicht aufgerollt, als das der Schweißdrüsen. Auch die Funktion dieser beiden Drüsenarteu ist verschieden, da der Schweiß der Achseldrüsen saurer ist, als der der anderen Körperteile, und einen weit stärker ausgesprochenen Geruch besitzt, bei manchen Menschen endlich ist die von diesen Drüsen gelieferte Flüssigkeit erfüllt von einem rötlichen oder braunen Farbstoffe und besitzt einen bestimmten, stark ausgesprochenen Geruch, der dem Schweiße des ganzen Körpers eigen zu sein scheint, indessen nur von den Drüsen dieser Gegend herrührt. Robin gibt dann noch an, daß diese beiden Drüsenarten sich in der Haut der Achselhöhle zusammen vorfinden, dort miteinander gemischt und ungefähr in gleicher Anzahl vor- handen sind. Koelliker unterscheidet 1850 in seiner ,, Mikroskopischen Anatomie" auch große und kleine Schweißdrüseu, trennt sie aber nicht so scharf voneinander wie Robin. Die größeren Drüsen haben nach ihm breitere Kanäle mit dickerer Wandung (hierin auch Muskulatur) imd erhalten hier- durch ein ganz eigentümliches Aussehen, ,,das neben anderem verschiedene Forscher (Homer, Rohin) bewogen zu haben scheint, sie für ganz eigentümliche Drüsen zu erklären." Er hat ausnahmsweise auch in den größeren Drüsen des Warzenhofes eine an oft sehr stark gefärbten Körnern reiche Flüssigkeit gefunden und hält es nicht für richtig, die größeren Achseldrüsen von den anderen Schweißdrüsen bezüglicli des Sekretes zu trennen. In der 6. Auflage seiner Gewebelehre gibt Koelliker 1889, also 39 Jahre später, eine neue eingehende Beschreibung der Schweißdrüsen, die er jetzt aber als ,, Knäueldrüsen" (Glandulae glomiformes, Meißner) bezeichnet. Es sind Drüsen, die je nach den einzelnen Gegenden des Körpers ein verschiedenes Sekret liefern, das Fett, Fettsäuren Eiweißkörper, Harnstoff, Salze und Wasser in verschiedenen Mengen enthält und vom tropfbar Flüssigen bis zum fast Weichen, Talgartigen wechselt. Alle Kuäueldrüsen besitzen glatte Muskelfasern. Koel- liker geht jetzt auch näher auf den feineren Bau der DrüsenzeUen ein und zieht für die großen Drüsen die Möglichkeit in Betracht, daß die Drüsenzellen vorübergehend ihre Basalmembran verlieren und sich emes Teiles ihres Inhaltes entledigen. Damit wäre dann auch der Übertritt von Fettropfen und Pigmentkörnern aus den Zellen in das Sekret erklärt. An ganz frischen Präparaten der Achseldrüsen hat Koelliker auch gesehen, daß manche Epithelzellen wie pfropfartige helle Aufsätze oder An- hänge trugen. Diese letzte Beobachtung von Koelliker ist sehr interessant und wesentlich. Ranvier hatte schon zehn Jahre früher (1879) mitgeteilt, daß die Drüsenzellen der menschlichen Schweißdrüsen keine Cuticula besitzen, daß aber in gewissen Gegenden des Drüsenrohres bei den Drüsen aus der Fingerbeere des erwachsenen Menschen sich ein Saum (une bordure) finde, aus welchem sich Tropfen oder vielmehr kugelartige Gebilde einer kolloiden Substanz ablösen. Bei Fledermäusen häufe sich diese abgesonderte Substanz während des Winters in den ampuUenförniigen Schweißdrüsen dieser Tiere an. Auch Heule (1873) beschreibt die Schweißdrüsen als ,, Knäueldrüsen" und unterscheidet ., kleine" und ,, große" Drüsen, letztere in der Achselgrube, im äußeren Gehörgange, in der Umgebung des Afters, vereinzelt in der Weichengegend (Krause, Robin) und an der vorderen und Seitenwand des Thorax (Sappey). Auch Stieda unterscheidet 1888 wieder ,, große" und ,, kleine" Schweißdrüsen, die aber prinzipiell gleich gebaut sind. Während die kleinen Drüsen am ganzen Körper verbreitet sind, finden sich die großen nur an bestimmten Körperstellen, z. B. in der Achselhöhle, in der luguinalgegend, in der Umgebung des Afters, in dem Warzenhofe des Weibes us-w . Er bemerkt weiter, daß einige Autoren (S. 481) die Schweißdrüsen an verschiedenen Stellen des Körpers als mit verschiedenen Eigenschaften versehen beschrieben haben und sie infolgedessen auch mit verschiedenen Namen bezeichnet haben, z. B. Glandulae ceruminosae, circumanales usw., ihrem anatomischen Baue nach sind diese Drüsen aber sämtlich übereinstimmend, nur die Molhchen Drüsen der Aiigenlider zeigen keine Kuäuelbildung, sondern nur eine Schlängelung'. Im Jahre vorher unterschied Bonnet (1887) die acinösen Talg- drüsen, die in ihrer großen Mehrzahl an das Vorhandensein von Haaren gebunden sind, Haarbalg- drüsen. A'on den schlauchförmigen Drüsen, Knäueldrüsen (Schweißdrüsen), die in der Mehrzahl in Haarbälge münden. Er bemerkt weiter, daß viele Tiere (Katze, Hund, Schaf, Schwein) zwar Schlauch- oder Knäueldrüsen besitzen, aber normalerweise nicht schwitzen in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes. Für die gewöhnliche Hauttranspiration können nach Bonnet übrigens, wie jene Säuger, welchen im allgemeinen Knäueldrüsen fehlen, wahrscheinlich machen, die Haarbalgmündungen vikariierend die Knäueldrüsen vertreten. Diese letzteren bestehen aus zwei physiologisch und ana- tomisch scharf zu trennenden Teilen: dem das Sekret nur ableitenden Exkretionsgange und dem mehr oder weniger aufgeknäuelten und dann den Drüsenkörper bildenden, das Sekret liefernden Sekre- tionsgange. Rabl (1902) unterscheidet die Talgdrüsen, mit denen alle Haare versehen sind, und die Knäueldrüsen, dl*' über die ganze Oberfläche des Körpers mit Ausnahme weniger Stellen ver- breitet sind. Mit Ausnahme der Ciliar-, Oircumanal- und Ohrenschmalzdrüsen werden die übrigen Knäueldrüsen als ,, Schweißdrüsen" bezeichnet. Zwischen den ,, großen" und , .kleinen" Drüsen wird dem Baue nach kein besonderer Unterschied gemacht. Die Drüsen der Achselhöhle, des Warzenhofes und die Circumanaldrüsen (Gay, 1871) zeichnen sich durch besondere Größe aus, doch findet man, besonders in der Achselhöhle, neben den weiten Querschnitten großer Drüsen auch solche von gewöhn- lichem Aussehen, so daß Heynold (1874) und Koelliker ,, große" und ,, kleine" Drüsen der Achselhöhle unterschieden haben. Eabl kann diese Angaben nicht bestätigen ; nach seinen Untersuchungen glaubt er, daß man nicht berechtigt ist, in der Achselhöhle zweierlei Drüsen zu unterscheiden, man nmß nach ihm die Ursachen für den anfallenden Gegensatz der Schläuche, wie er auf den Schnitten hervortritt, in verschiedenen Funktionszuständen eines und desselben Drüsenschlauches suchen. Morphologische Unterschiede zwischen den verschiedenen Knäueldrüsen des Körpers lassen sich nicht nachweisen, wenngleich dieselben wohl sicher verschiedene Sekrete absondern. Der seceruierende Abschnitt des Knäuels wird von BabI auch als ,, Ampulle" bezeichnet und ist stets weit dicker als der ausführende. Die weiteren Kauälchenabschnitte in den Knäueldrüsen der Achselhöhle, der Aftergegend, des Warzen - hofes und des äußeren Gehörganges zeigen die Sekretionszellen ^on sehr verschiedener Höhe. Manchmal sind sie ganz platt (4/< Höhe), ein anderes Mal zylindrisch und 44 h hoch. Zuweilen sind solche Zellen an ihrerer freien Seite kelchartig verbreitert. Die Zylinderzellen sind stets vollgepfropft mit stark lichtbrechenden Sekretköruchen , die in Reihen hintereinander liegen, so daß der Zellkörper ein längs- gestreiftes Aussehen darbietet. Nur ein verschieden breiter Raum an der freien Seite ist davon frei, der zuweilen eine deutliche, feine Längsstreif ung zeigt und als Cuticula bezeichnet wird. Bei der Sekretion gehen die Zellen normalerweise nicht zugrunde. Nur bei stärkster Abflachung der Zellen verschwindet die Cuticula und wird durch ein dünnes, stark lichtbrechendes Häutchen ersetzt, das jenem gleicht, das die Zellen der kleinen Schweißdrüsen begrenzt. Die Zellen können auch gelb- braune Pigmentkörner enthalten, die besonders zahlreich sind in den Ohrenschmalzdrüsen, sicli zu- weilen aber auch finden in den Drüsen des Warzenhofes und der Achselhöhle. Auch Lüneburg (1902) nahm bei seiner Untersuchung über die Entwickelung und Histologie der Knäueldrüsen in der Achsel- höhle des Menschen ebenso wie Rabl an, daß in der Achselhöhle die kleinen Knäueldrüsen allmählich größer werden und sich in große umwandeln. Es ist sehr merkwürdig, daß Rabl und Lüneburg beide annehmen, daß die kleinen und die großen Drüsen der Achselhöhle miteinander identisch sind. Gerade die Achselhöhle, in der die beiden Drüsenarten miteinander vermischt auf dem Schnitte unmittelbar uebeneinander liegen und so den bequemsten Vergleich erlauben, der denkbar ist, ist meiner Meinung nach die geeignetste Körperstelle, um die Verschiedenheit der beiden Drüsenarteu zu erkennen. Talke (1903) hat übrigens bald darauf diese Ansicht von Lüneburg als unrichtig erkannt und die Ver- schiedenheit der beiden Drüsenarten betont. Die Untersuchung von Lüneburg ergab aber außer diesem Irrtume auch einen wesentlichen Fortschritt. Eine Sekretion der Achseldrüsen findet nach ihm aus- nahmslos erst zur Zeit der Pubertät statt. Er fand nun, daß mit Beginn dieser Sekretion die ursprüng- lich kubisch gestalteten Drüsenzellen eine mehr zylindrische Form annehmen und deutlich einen ba- salen, kernhaltigen, dunkler gefärbten Teil, mit leichter Längsstreif ung von einem distalen, helleren, mehr homogenen Teile unterscheiden lassen, der mehr oder weniger kuppeiförmig in die Lichtung des Tubulus vorragt und sich aus einem schmalen, hellen Saume entwickelt. Diese ganze Außenzone der Zelle wird bei der Sekretion abgestoßen und es bleibt der dunkle, kernhaltige Teil zurück, der zu- nächst im Zustande der Untätigkeit ohne hellen Außensaum verharrt. An der Grenze des kernhaltigen, protoplasmatischen Zellteiles und der hellen Sekretiouspfropfen findet sich eine Art von Kittleiste, welche die sich bei der Sekretion voneinander abhebenden Zellen zusammen zu halten scheint. Die in diesem Stadiiim zwischen den Zellen deutlich festzustellende spaltförmige Lücke läßt keinerlei weitere ZeUverbindung etwa in Gestalt von Protoplasmabrücken erkennen. Im Zustande der Ruhe legen sich die Zellen wieder dicht aneinander. (S. 31.) Damit hatte Lüneburg bei den Drüsen der menschlichen Achselhöhle zuerst einen sehr wichtigen Sekretionsvorgang genauer festgestellt, den Koelliker, wie ich oben angegeben habe, 1889 ebenfalls beim Menschen zum Teile schon gesehen hatte, und der 1896 (1897) von Tempel schon in den Drüsenzellen der zusammengesetzten tubulösen Drüsen der Zwischen- klauenhaut (des Klauensackes) des Schafes ziemlieh eingehend beschrieben worden war. Tempel hatte dabei auch schon angegeben, daß eine lebhafte Kerrivermehrung dabei eintritt, so daß einzelne Zellen mehrere Kerne aufweisen. Diese Kernvermehrung soll nach Tempel nur durch Mitose geschehen. Diese ganz eigentümliche Art der Sekretion hat Folke Henschen 1904 zuerst mit dem Namen der ,, Blasen- oder Ballonsekretion" bezeichnet. Sie war schon lange vorher durch R. Heidenhain bei der Milchdrüse entdeckt worden. Im Jahre 1883 hat Heidenhain in seinem großen ,, Handbuch der Physiologie" eine durch Abbildungen verdeutlichte Beschreibung von den Vorgängen in der Milchdrüse des Hundes gegeben. Diese Beschreibung war schon recht genau und die Abbildungen sind so charakteristisch, daß Heidenhain damals zweifellos schon im wesentlichen die ganze Art dieser eigentümlichen Sekretion gesehen hat. Zu jener Zeit waren unsere Kenntnisse noch nicht so weit gefördert, daß man einen Zu- sammenhang zwischen der Milchdrüse und den Schweißdrüsen angenommen hätte, und so wui'de diese Sekretionsform zuerst von Tempel (1896, 1897) bei den Hautdrüsen des Schafes und dann von Lüne- burg (1902) bei den Drüsen der Achselhöhle des Menschen neu gefunden. Tempel hob allerdings schon die überraschende Ähnlichkeit des von ihm beobachteten Vorganges mit den schon von der Milchdrüse her bekannten Erscheinungen hervor. Talke hat dann 1903 weitere derartige Beobachtungen an den großen Achselhöhlen drüsen des Menschen gemacht, welche nach ihm den von Tempel untersuchten Klauensackdrüsen ihrer Struktur nach sehr nahe stehen. Nach Talke erfolgt die Sekretentleerung so, daß, nachdem oberhalb des Kernes in dem nach dem Lumen zu belegenen Teile der Zelle die Sekret- anhäufung ihre Grenze erreicht hat, sich aus der Kuppe der Zelle ein verschmälerter Fortsatz ent- wickelt, und so allmählich die ganze Sekretmasse herausquillt. Die Zelle kann nun in den Ruhezustand zurückkehren, meist tut sie es aber nicht, sondern geht zugrunde. Eine Neubildung von Zellen erfolgt ausschließlich auf dem Wege der indirekten Kernteilung. (S. 548 und 549.) In demselben Jahre 1903 fand dann noch Coitrant ganz ähnliche Erscheinungen bei den Präputialdrüsen des Kaninchens und — 9 — etwas später Groß in den Aualdrüseu des Maulwurfes (1905). Diese „Blasen- oder Ballonsekretion" oder auch „blasenförmige Sekretion" ( Mislaivsky, 1908) war nun aber inzwischen von verschiedenen Forschern bei ganz anderen Drüsen gefunden worden, so von Lebedeff in der Niere 1883 und in demselben Organe von Lorenz 1889. Ferner 1890 von Allmann in der embryonalen Niere eines 13tägigen Hühner- embryos. In der Urniere wurde sie weiter von Nicolas 1891 genauer beschrieben. Aus der Beschrei- bung geht hervor, daß der Vorgang hier durchaus übereinstimmt mit dem in den Sehweißdrüsen. In demselben Jahre 1891 gab van Gehuckten eine genaue Beschreibung derselben Art der Drüsensekretion aus dem Darmepithel einer Dipterenlarve, wo sich wieder genau dieselben Erscheinungen zeigten. Folke Henschen hat dann 1904 ebenfalls das Darmepithel von Insekten, Mollusken, Fischen, Batrachiern, Eei^tilien, Vögeln und Säugetieren untersucht, bei allen, mit Ausnahme der Säugetiere wurde diese Sekretionsart gefunden. Auch bei den Drüsen des Harn- und Geschlechtsapparates ist sie von ver- schiedenen Forschern gefunden worden, so von van der Stricht 1892 in dem Nieren- und Nebenhoden- epithel von Lacerta, von Holmgren in den Analdrüsen von Lepidopterenlarven, sodann, wie ich oben schon augeführt habe, von Nicolas (1891) in dem Urnierenepithel der Säugetiere, von Hammar (1897) im Nebenhoden des Himdes und von Bisse (1892) ebenfalls in der Niere. Brinkmann (1914) hat sie bei den Viverriden und Gerstenberg (1919) beim Hunde gefunden. Mislaicsky hat diese Sekretions- art dann gefunden in der Glandula mandibularis superficialis des Kaninchens, also einem Hautdrüsen- organe. ^Yie man aus dem Gesagten ersieht, findet sich diese Art der Sekretion also bei sehr verschiedenen Drüsen jmd ist weit durch die Tierwelt verbreitet. Da liegt es dann nahe, nach der physiologischen Bedeutung derselben zu fragen. Folke Henschen (1904) hebt in seiner Ai'beit schon hervor (S. 587), daß diese leider noch sehr unklar ist und daß sie, seiner Meinung nach, bei verschiedenen Tierordnungen eine wechselnde sein dürfte. Daß die betreffenden Zellen im Darme der Wirbellosen ein für- die Verdauung nützliches Sekret absondern, ist nach Henschen wohl sehr wahrscheinlich, bei den Wirbeltieren liegen die Verhältnisse aber schwieriger. Jedenfalls scheine hier das Vorkommen der Ballonsekretion kaum an die Füllung des Darmes mit Nahrung ge- bunden zu sein, immerhin werde sie wohl auch hier mit der Verdauung zu tun haben. Henschen führt als bemerkenswert an, daß das Aufhören der Ballonsekretion, falls dieses wirklich bei den niedrigen Säugetieren eintritt, mit dem ersten Auftreten der Metanephros zusammenzufallen scheint. Man würde dann annehmen können, daß die Ballonsekretiou im Darme der Wirbeltiere zm- Exkretion fremder Stoffe dienen könne. „Eine Exkretion gewisser Harnbestandteile durch Ma^en und Darm ist ja beim Menschen unter pathologischen Ver- hältnissen so gut wie festgestellt, und in den Knäueldrüsen, die ja exkretorische Funktion zeitweise haben, ist ja die blasen- förmige Abscheidung des Exkretes seit langer Zeit bekannt. Irgend welche Beweisfähigkeit für die physiologische Deutung der Ballonsekretion im Darm in jene oder andere Richtung haben die jetzt erwähnten Sachverhältnisse nicht." (S. 589.) Auch 3[islaicsky (1909b) bemerkt in dieser Hinsicht (S. 688): ..Schließlich haben wir noch einen bei Durchsicht der einsclilägigen Literatur ins Auge fallenden und bereits von Henschen bemerkten Umstand zu notieren, nämhch daß die blasenförmige Sekretion liur auf solche Organe sich bezieht, welche zur Ausscheidung aus dem Organismus bestimmte Stoffe produzieren resp. produzieren können." Ich möchte hier gleich bemerken, daß mir diese Anschauung doch nicht richtig zu sein scheint. Wenn diese Sekretionsart bei Darmdrüsen vorkommt, welche für die Verdauung nützliche Stoffe ab- scheiden, und wenn sie bei der Milchdrüse \ orkommt, welche zur Ernährung der Jungen dient, so kann man doch wirklich nicht sagen, daß es sich hier um einfache ,,Exkrete" handelt, d. h. um Stoffe, die aus dem Körper ausgeschieden werden, weil sie für ihn unnütz oder sogar schädlich sind. Gerade, daß diese Sekretionsart in so verschiedenen Drüsenarteu vorkommt, so daß es sehr Zoologica. Heft 72. *- — 10 — schwer ist, festzustellen, welchem physiologischen Zwecke sie dient, spricht meiner Meinung nach dafür, daß sie mit einem physiologischen Zwecke überhaupt nichts zu tun hat, sondern nur mit der physikalischen oder chemischen Beschaffenheit der Stoffe, die von den betreffenden Zellen ausgeschieden werden sollen. Meiner Meinung nach spricht auch die ganze Art und Weise dieser Sekretion entschieden für diese Anschauung. Auch daß z. B. in manchen Fällen Pigment in dieser Weise ausgeschieden wird, wie das Talke (1903) z. B. sehr klar aus den menschlichen Achseldrüsen dargestellt hat, spricht hierfür. Die Stoffe, die in dieser Weise ausgeschieden werden, können aber augenscheinlich, wie ich hier auch gleich bemerken will, ihrer chemischen BeschaiSenheit nach sehr verschieden sein (Fett, Eiweiß, Pigment usw.) und ebenso auch ihrer physikalischen Beschaffenheit nach (Körnchen, Tröpfchen von mehr oder weniger flüssiger Beschaffenheit, Teile des Zellprotoplasmas usw^), immer aber sind es augenscheinlich mehr oder weniger deutlich geformte Gebilde und Teile des Zellprotoplasmas, die mehr oder weniger stark verändert sind. Jedenfalls handelt es sich immer um Drüsen, die ein ver- hältnismäßig stoffreiches Sekret absondern, das imter Umständen, wie bei der Milchdrüse, so stoff- reich wird, daß das Kind allein davon leben kann. Daher wird diese Art der Sekretion den Körper auch verhältnismäßig stark angreifen, wie das vom Stillen bekannt ist. Man kann daher wohl an- nehmen, daß diese Drüsen auch für die Ausscheidung mancher Exkrete sehr geeignet sein werden. Immerhin ist die Umwandlung recht merkwürdig und interessant, daß Drüsen, welche zunächst zur Ausscheidung giftiger Exkrete dienen, später umgewandelt werden zu solchen, welche die Jungen ernähren. Die Ursache für diese Umwandlung ist jedenfalls noch ganz dunkel. Man könnte demnach diese Drüsen auch, um das eben Gesagte schon im Namen hervorzuheben, als ,, Stoffdrüsen" be- zeichnen, im Gegen satze zu den übrigen, welche ein Sekret abgeben, in dem die wirksamen Stoffe im wesentlichen in einer Flüssigkeit gelöst sind. Sehr eingehend hat Brinkmann (1911a) diese ,, Blasen- oder Ballonsekretion" untersucht bei einer großen Anzahl von Hautdrüsenorganeu verschiedener Wiederkäuer. In dieser Arbeit wurde nicht nur eine große Anzahl von verschiedenen Organen und von verschiedenen Tieren untersucht, sondern auch dasselbe Organ bei einer größeren Anzahl von Individuen, die nach Geschlecht, Alter und Lebensperiode resp. Jahreszeit verschieden waren, um Aufschlüsse über die Funktion und Be- deutung der Organe zu erhalten. Auf einer großen Anzahl von schönen Tafeln werden die Mitteilungen weiter erklärt. Ich will hier gleich bemerken, was ich schon oben kurz erwähnt habe, daß Brinkmann die Hautdrüsen einteilt nach dem Vorkommen oder Fehlen der epithelialen Muskulatur. Er unter- scheidet demgemäß: Glandulae musculatae (hierzu die Schweißdrüsen gehörig) und immuscii- latae (hierzu die Talgdrüsen gehörig). Ich habe oben schon bemerkt, daß er dies tut, weil seiner Meinung nach das Vorkommen und Fehlen der Muskulatur bei den Drüsen in jedem Falle leicht nach- zuweisen ist, und weil man daher in jedem Falle rasch zu einer Entscheidung darüber kommen kann, was für eine Drüsenart man vor sich hat, also eine Einteilung aus rein praktischen Gründen. Ich muß sagen, daß mir diese Einteilung doch nicht so praktisch zu sein scheint und daß ich eine andere vorziehen würde. Vom rein praktischen Standpunkte aus schon deshalb, weil es meiner Erfahrung nach „Schweißdrüsen" gibt, die entweder gar keine Muskelfasern besitzen oder doch nur so wenige, daß es recht schwierig ist, sie nachzuweisen, aber auch aus theoretischen Gründen. Ich werde darauf noch näher einzugehen haben. Für den gewöhnlichen Gebrauch hält Brinkmann es übrigens für prak- tisch und auch für ausreichend, die Ausdrücke: „Talgdrüse" oder „Haarbalgdrüse" und „Schweiß- drüse" oder „Knäueldrüse" weiter zu benutzen. — 11 — Brinkmann beschreibt den Bau der Schweißdrüsen sehr eingehend. Er fand stets eine scharfe Grenze zwischen dem secernierenden und dem ausführenden Teile. Das Epithel ist in beiden ver- schieden, es findet sich kein allmählicher Übergang. Die einfachste Form der Schweißdrüsen bei den Wiederkäuern ist ein kurzer, breiter, sackförmiger Drüsengang, der durch einen engen Ausführungs- gang in einen Haarbalg mündet. Während gewöhnlich mit einem Haare nur eine Drüse verbunden ist, finden sich mitunter auch zwei bis drei. Die Höhe und das Aussehen der Drüsenzellen ist nach dem Funktionszustande verschieden. Eine wirkliche ,,Cuticula" an der Oberfläche der Drüsenzelleu konnte Brinkmann nicht finden, sondern nur manchmal eine verdichtete, gegen den übrigen Zelleib nicht scharf abgegrenzte, oberflächliche Protoplasmazone, die er nach dem Vorgange von F. E. Schulze (1896) als „Crusta" bezeichnet. Auch in manchen Ausführungsgängen findet sich diese. Die Sekretion geschieht stets nach dem ,, kuppeiförmigen" Typus', der dem von anderen Autoren als ,,blasenförmige" oder ,,baUonförmige" Sekretion beschriebenen Vorgange entspricht, wie er auch für die Milchdrüse beschrieben worden ist. Die Befunde von Brinkmann stimmen im wesentlichen überein mit den schon oben angeführten von Mislawsky. Die Drüsenzellen sind zunächst kubisch oder niedrig zylindrisch, ihr feinkörniges Protoplasma enthält keine Granula und läßt an der Oberfläche eine verdichtete Zone erkennen. Es treten acidophile Granula im basalen Teile der Zelle unterhalb des Kernes oder in dessen Umgebung auf. Zugleich mit der Zunahme dieser Sekretgranula vergrößert sich die Zelle, und es tritt eine Vorwölbung der Zellkuppel in die Lichtung des Drüsenschlauches hinein auf. Diese sehr ver- schieden großen Zellkuppeln trennen sich allmählich mehr und mehr vom Zellkörper, mit dem sie zunächst noch durch ein schmäleres Verbindungsstück zusammenhängen. Bei hohen Zellen in engen Schläuchen sind die Zellkuppelu schärfer voneinander getrennt, als bei flacheren Epithelzellen in weiten Schläuchen. Weiterhin nehmen die Sekretgranula, wahrscheinlich durch Quellung, vielleicht auch durch eine chemische Umwandlung, an Größe zu, während ihre Acidophilie abnimmt und während sie durch Protoplasmaströmung in den oberhalb des Kernes befindlichen Zellabschnitt verlagert werden. Im Inneren der Zellkuppel fließen dann die Sekretgranula zu größeren Massen zusammen, die sich spezifisch färben. Der Übergang des Sekretes und der dieses umschließenden Protoplasmateile der Zelle in die Lichtung der Drüse kann in doppelter Weise vor sich gehn : entweder durch Abstoßung der Zellkuppel nach Durchreißung des dünnen Verbindungsfadens oder auch durch eine allmähliche Auflösung der Zellkuppel. Beide Arten sind nicht prinzipiell voneinander verschieden, sondern gehen in denselben Drüsen ineinander über. Ihr Vorkommen scheint abzuhängen von der Stärke der Ab- sonderung und der Dicke des Verbindungsstückes. Unterhalb der sich auflösenden Zellkuppeln ent- steht ein neuer verdichteter Protoplasraastreifeu, der weiterhin die freie Zelloberfläche begrenzt, und unter dem sich eine neue Zellkuppel bildet; bei wiederholter Absonderung werden die Zellen immer niedriger, bis sie stark abgeplattet erscheinen. Jetzt hört die Bildung der Sekretgranula auf, die ' Ich schreibe liier „kup p eiförmig" und nicht „kupp en förmig', wie die Bezeichnung von Brinkmann im Deut- schen wiederj^egeben worden ist. In seiner dänischen Arbeit schreibt Brinkmann „Kuppel", was ..Kuppel", so auch ..Glocke" (Lampenglocke) bedeutet, also dem deutsclien Worte ..Kuppe-' durchaus nicht entspricht. Brinkmann gibt in seiner großen dänischen Arbeit (1911 a) auf Seite 164 in einer Anmerkung an. daß er die Bezeichnung „kuppel- formet Sekretion" eingeführt habe in seiner Arbeit über die Rückendrüse von Dicotyles, da ihm die Bezeichnung ,,blasen- förmige Sekretion" von Menschen nicht charakteristisch zu sein schien. Wie ich schon erwähnt habe, steht in dieser deutsch geschriebenen Arbeit von Brinkmann aber „Kuppe" und nicht „Kuppel". Es scheint mir daraus hervorzugehen, daß Brinkmann die Bezeichnung „Kuppel" gemeint hat, aber im Deutschen versehentlich statt dessen „Kuppe" geschrieben hat, was ja bei einem Ausländer in Anbetracht der Ähnlichkeit der beiden deutschen Worte, nicht so auffallend sein würde Dem deutschen Worte rKuppe" entspricht im Dänischen ein ganz anderes Wort, fibrigens scheint auch mir der Ausdruck .-Kuppel' für die hier zu bezeichnende Form nur allein in Frage zu kommen, nicht „Kuppe". — 12 — Zelle befindet sich in einem Euhestadium oder stirbt ab; das letztere seheint mitunter in ganzen Ab- schnitten der Drüse einzutreten, es tritt ein Ersatz ein durch Bildung neuer Drüsenschläuche. Der Zellkern scheint an dem Sekretionsprozesse einen wesentlichen Anteil zu haben. Er vergrößert sich zuerst sehr stark und teilt sieh dann amitotisch. So entstehen mehrkernige Zellen, bei denen bis zu 22 Kernen in einer ZeUe auftreten können. Manche von diesen Kernen treten ohne wesentliche Ver- änderangen mit in die Lichtung der Drüse aus und so wird dem Sekrete eine bedeutende Menge von Nukleoproteinen beigemischt. In den meisten Fällen aber wird der Kern nicht direkt ausgestoßen, sondern Kernelemente treten in das Protoplasma über und werden zu Vorstufen der ,, Basalfilamente". Diese konnte Brinkmann in vielen Schweißdrüsen finden. Sie treten zuerst auf mit dem Beginne des Sekretionsvorganges und nehmen mit dem Fortschreiten desselben wieder ab. Wo sie über die ganze Zelle zerstreut vorkommen, verschwinden sie zuerst am basalen Teile. Sie stellen augenschein- lich Vorstufen der Sekretgranula dar. Pigment findet sich in den Drüsenzellen in verschiedener Form: einmal melanotisches Pigment, sodann große, schwach gelbliche Pigmentkörner, die, wie es scheint, nicht lipochrom sind und mit dem Sekrete zusammen ausgestoßen werden. Die Epithel- zellen des Ausführungsganges zeigen nichts von einer absondernden Tätigkeit. Ich habe die von Brinkmann gelieferte Beschreibung des Sekretionsvorganges hier so genau wiedergegeben, da sie mich der Verpflichtung enthebt, selbst weiterhin eine solche Beschreibung zu geben, wo ich die von mir gesehenen Bilder zu besprechen haben werde. Brinkmann hat die Sekretionsvorgänge in den verschiedenen Drüsen außerdem weit genauer untersucht als ich, der ich in dieser Arbeit ganz andere Zwecke verfolgte, als eine genaue Feststellung dieser Vorgänge. Über das Wesen der ,, kuppeiförmigen Sekretion" spricht sich Brinkmann (1911a) in folgender Weise aus (S. 165): „Skal man i faa Ord praecisere, hvad der skiUer den kuppelformede Sekretionsmode fra alle andere, saa er det den staerke Celle-og Kernevaegst med mere eller mindre udtalt Kuppel- dannelse, der folges af et partiell Cellehenfald." (Deutsch: Soll man in wenigen Worten genau angeben, was die kuppeiförmige Sekretionsart von allen anderen unterscheidet, so ist es das starke Zellen- und Kernwachstum mit mehr oder weniger ausgesprochener Kuppelbildung, das gefolgt wird von einem partiellen Zellenzerfall.) Dieser prinzipielle Vorgang kann im einzelnen bei den ver- schiedenen Drüsen wieder zahlreiche Modifikationen zeigen. Das ist selbstverständlich, wesentlich ist aber die überall hervortretende Grundform. Talgdrüsen fand Brinkmann in allen Hautdrüsenorganen der Wiederkäuer, doch bilden sie, nicht überall einen wesentlichen Bestandteil, da sie nicht größer sind, als die der umgebenden Haut. Er unterscheidet: ,, primäre Talgdi'üsen" : solche, die bereits im Embryo ausgebildet werden, und ,, sekundäre Talgdi-üsen", die erst im späteren Leben auftreten. ,, Zusammengesetzte Talgdrüsen" sind solche, deren Alveolen mehr oder weniger stark gelappt sind. Eine scharfe Grenze zwischen dem absondernden und ausführenden Abschnitte ist niemals sichtbar. Das mehrschichtige Plattenepithel des letzteren geht ganz allmählich in das Epithel des ersteren über. Die Talgdrüsen dieser Hautdi-üsen- organe funktionieren schon beim Embryo, die Schweißdrüsen treten aber erst nach der Geschlechts- reife in Tätigkeit. Die Arbeit von Brinkmann enthält z. Z. wohl die genauesten Angaben über die Sekretion der Schweißdrüsen, die außerdem noch durch die zahlreichen und schönen Tafeln sehr klar verdeuthcht werden. Studien, die sich besonders auf die Beteiligung der Mitochondria an dem Sekretions- prozesse in den Schweißdrusen und Talgdräsen beziehen, haben dann aber noch Nicolas, Begaud und Favre (1912 u und b) gemacht. Sehr eingehend sind ferner die Sekretionsverhältnisse der Milchdrüse — 13 — immer wieder und wieder untersucht worden, so daß die Literatur hierüber schon recht umfangreich geworden ist. Da in der Milchdrüse die Sekretionsvorgänge vollkommen die gleichen sind, wie in dem Teile der Schweißdrüsen, der die kuppeiförmige Sekretion zeigt, so sind alle Arbeiten über die Milch- drüse auch für diese Schweißdrüsen verwendbar, mit Ausnahme dessen selbstverständlich, daß diese letzteren keine Milch erzeugen, doch ist die Milcherzeugung nur als eine bestimmte Modi- fikation des prinzipiellen Sekretionsvorganges in einem Teile der Schweißdrüsen anzusehen. Von umfassenderen neueren Arbeiten, in denen zum Teile auch die Literatur sehr ein- gehend berücksichtigt worden ist, sind da zu nennen die Arbeiten von Brouha (1905b, c), die Arbeit von Arnold (1914) und die von Guillebeau (1916). Aber auch eine größere Anzahl von früheren Ar- beiten über die Milchsekretion sind hier natürlich von Wichtigkeit, ich verweise dieserhalb auf die von mir gegebene Literaturzusammenstellung. In den weiteren umfassenden Arbeiten von v. Brunn (1895, erschienen 1897), Stoß (1906) und der neuesten von Jesionek (1916) ist nicht mehr über die Drüsen angegeben, als in den früheren, wenigstens soweit die Unterscheidung der verschiedenen Drüsenarten in Frage kommt. Aiich in der neuesten Auflage seines großen ,, Lehrbuches der Anatomie des Menschen" (1916, 10. Aufl.) unter- scheidet Kopsck nur kurz: 1) Glandulae sudoriferae, 2) Gl. ciliares (Molli), 3) Gl. cerumiuosae, 4) Gl. circumanales, eine Einteilung, die die wesentlichen L^nterschiede nicht berücksichtigt und wohl nur auf der Annahme von verschiedenen Qualitäten des Sekretes beruht resp. auf der Lage. Ich will nun zu dem übergehen, was ich selbst nach meinen Untersuchungen über die Ein- teilung der Schweißdrüsen zu sagen habe. Meiner Ansicht nach gibt es zwei Arten, die ihrem ganzen Wesen nach scharf voneinander zu trennen sind. Auf Taf. VII Fig. 63 sieht man ein Übersichtsbild (Vergr. 106) einer Schweißdrüse aus der Eückenhaut des Maulwurfes. Dieses Bild zeigt zugleich die einfachste Grundform der einen von den beiden Schweißdrüsenarten, welche ich unterscheide: einen einfachen geraden Schlauch. Ich will hier gleich bemerken, daß ich diese eine Art kurz bezeichnen will als ,,a- Drüse", die nähere Erklärung und Begründung hierfür werde ich später geben. Diese einfachste Drüsenform zeigt uns einen ziemlich gerade verlaufenden schlauchförmigen „Drüsenkörper" von einer bestimmten Weite und einen aus diesem hervorgehenden sehr viel engeren ,, Ausführungsgang", der natürlich ebenfalls schlauchförmig ist und sich nach seiner Ausmündung hin allmählich verbreitert, so daß man das letzte Ende auch mit einem lang ausgezogenen Trichter vergleichen kann. Trichterförmig ist diese Ausmündung bei den verschiedensten Tieren gewöhnlich. Sie befindet sich in dem vorliegenden Falle auf der Oberfläche der Haut, dicht neben der Au»mündung eines Haarbalges, kann aber, wie ich hier gleich bemerken will, bei dem Maulwurfe auch ebensogut noch im Bereiche des Haarbalges liegen, wie sie das bei den meisten sonstigen Tieren auch tut. Eine ganz ähnliche Form des Drüsenkörpers sieht man auf Taf. I Fig. 1 bei 50 f acher Vergrößerung von der Katze dargesteUt, doch zeigt hier der schlauchförmige Drüsenkörper schon eine leichte Schlängelung. Noch stärker ist diese Schlängelung bei der auf Taf. I Fig. 2 dargestellten a-Drüse der Katze (Vergr. 31). Bei beiden Bildern tritt wieder sehr deutlich die starke Verschmälerung des Ausführungsganges hervor gegenüber dem Drüsenkörper. Auf der letzten Abbildung erkennt man, daß der Ausführungsgang in den äußersten Teil der Ausmündung des Haarfollikels mündet. Auf Taf. I Fig. 3 sieht man dann zwei a-Drüsen vom Schweine, bei denen aus der ursprünglichen leichten Schlängelung des Drüsenkörpers bereits ein gut ausgebildeter „Knäuel" geworden ist. Gleich- zeitig sieht man, daß die eine dieser beiden ganz gleichartigen a-Drüsen frei auf der Oberhaut aus- mündet, die andere dagegen in den Haarbalg. Sehr deutlich tritt auch bei dieser schwachen Ver- — 14 — größerung (31) schon hervor, daß auch bei dieser „Knäueldrüse" der Drüsenkörper wesentUch breiter ist, als der Ausführungsgang. Auf Taf. VII Fig. 61 ist dann der oberste Teil der auf Fig. 63 dargestellten Drüse des Maulwurfes bei stärkerer Vergrößerung (-115) wiedergegeben. Man erkennt deutlich, wie der Ausführungsgang zwischen zwei Talgdrüsenstücken hindurchzieht, um dann weiter nach oben zu laufen und mit dem langen trichterförmigen Stücke auszumünden. Der zwischen den beiden Talg- drüsenstücken liegende Abschnitt ist ungünstiger im Schnitte getroffen, erst weiter oben sieht man das der Länge nach getroffene Lumen mit seiner Epithelbegrenzung. Der hier noch dargestellte oberste Teil des Drüsenkörpers läßt ein einschichtiges Drüsenepithel erkennen. Nur hin imd wieder findet sich noch außerhalb dieses ein der Länge nach eingestellter, mäßig langer Kern, der der epithelialen Muskulatur angehört, so rechts etwas unterhalb der Mitte und hnks in der Mitte und oben. Ganz außen liegt eine Anzahl von langgestreckten Bindegewebskernen. Aus den wenigen, hier sichtbaren Muskelkernen geht schon hervor, daß die Muskulatur dieser Drüsen nur recht schwach entwickelt ist und das wird auch durch die Oberflächenansicht der Drüsen bestätigt. Das Drüsenepithel besteht hier aus hohen, weit in das Lumen hineinragenden Zellen, es befindet sich also bei dieser Drüse in dem Stadium der hohen Kuppelbildung, liurz vor dem Abstoßen resp. Entleeren der Kuppeln. Hier, nun ich zu der Beschreibung meiner eigenen Befimde komme, habe ich noch etwas über die anzu- wendende Bezeichnung anzugeben. Ich habe oben {S. 11) schon auseinandergesetzt, daß ich die Bezeichnung ,, kuppeiförmige" Sekretion als richtiger ansehe als die von Brinkmann im Deutschen gewählte ,,kuppenförmige". Diese Bezeichnung habe ich auch gewählt in meiner ,, Vorläufigen Mitteilung" über diese Arbeit (1917). Bei der jetzigen Korrektur dieser vorliegenden Arbeit aber habe ich gefunden, daß diese Bezeichnung auch nicht recht paßt. Die Bildungen in den Drüsen sind keine Blasen, Ballons, Kuppen oder Kuppeln, man kann sie meiner Meinung nach im Deut- schen einigermaßen richtig nur als ,, Auswüchse" der Zellen bezeichnen. Auswüchse, die sehr ver- schiedene Formen und Größen haben können, aber stets ,, Auswüchse" bleiben, das ist das Charak- teristische von ihnen. Ich werde daher auch die Art der Sekretion als ,, Auswuchs - Sekretion" be- zeichnen. Ich hätte vielleicht auch von ,, Vorwüchsen" oder ,, Fortsätzen" sprechen können, aber das Wort ,, Auswuchs" erschien mir als das beste, weil bezeichnendste. In Fig. 62 sieht mau dasselbe Stück einer anderen Maulwurfsdrüse dargestellt, bei dem die ZeUauswüchse schon abgestoßen sind und mit ihrem Inhalte und ihren Protoplasmaresten das Lumen erfüllen, während die Epithelzellen selbst erheblich niedriger geworden sind. Auch hier sieht man wieder nur drei MuskeLkeme einen rechts und zwei links. Links einen Bindegewebskern. Bei dieser Fig. 62 ist der Ausführungs- gang in seinem Anfangsteile günstiger getroffen, mau sieht deutlich das der Länge nach getroffene liumen. Die Kerne des Ausführungsepithels ließen sich in diesem Falle, schräg gestellt, noch mehr oder weniger weit in der unteren Wand des Ganges verfolgen, so daß sie das Lumen des Aus- führungsganges zu einem Teile umgreifen. Bei diesen beiden Drüsen hebt sich deutlich der erste Teil des Ausführungsganges, dessen Zellen an das Drüsenepithel anstoßen, ab von dem weiteren Ausführungsgange. Dieses Stück gehört sicher schon zu dem Ausführungsgange, dieser setzt sich ganz scharf ab gegenüber dem Sekretionsgange, der den Drüsenkörper bildet, darin hat Brinkmann ganz recht, aber der Ausführungsgang zerfällt, meiner Meinimg nach, wieder in drei Abteilungen: das „Anfangsstück", das „Mittelstück" und das „Endstück", die sich ver- schieden verhalten. Ich führe dies hier zunächst nur an und werde weiterhin noch mehrfache Ge- legenheit haben, auf diese Einteilung einzugehen und an den Abbildungen Beispiele dafür vorzuführen. Am auffallendsten sind hier in diesem „Aufangsstücke" die Kerne: sie sind auf beiden Bildern deut- — 15 — lieh dunkler gefärbt als die des Drüsenepithels und die des weiteren Ausführungsganges. Dabei sind sie auch kleiner und machen den Eindruck, als besäßen sie einen dichteren Bau. Auf Fig. 61 sieht man in diesem „Anfangsstücke" rechts oben zwei durch Mitose entstandene Tochterkerne. Ein sel- tener Fall, da ich in den Schweißdrüsen nur äußerst selten eine Mitose gefunden habe. Auch in Fig. 62 zeigt die letzte Drüsenzelle rechts einen sich zur Mitose anschickenden Kern. In beiden Fällen liegen hier also die Mitosen in dem „Anfangsstücke" oder in dem unmittelbar angrenzenden Teile des Körpers. Es kann dies ja reiner Zufall sein, immerhin möchte ich es hier hervorheben, da, wie erwähnt, Mitosen hier so äußerst selten sind. Eine solche Einteilung des Ausführungsganges in verschiedene Abteilungen ist von den bisherigen Autoren nur insofern ausgeführt worden, als bei der anderen Schweißdrüsenart, der Teil, welcher innerhalb der Epidermis verläuft, als ein besonderer Endabschnitt unterschieden worden ist. Für die a-Drüsen gibt nur Jeß (1896) an, daß beim Pferde der exkretorische Teil der Drüse in den sekretorischen ohne jede Grenze übergehe, beim Rinde dagegen finde sich zwischen den beiden Teilen ein mehr oder weniger langes Sc halt stück, welches den Übergang des weiten Schlauchrohres in den engen Ausführungsgang vermittelt. Ich will hier gleich bemerken, daß ich beim Menschen sehr vielfach ,, Anfangsstücke" gefunden habe, welche sich durch ihre besondere Weite auszeichneten. Ich werde weiter unten hierauf noch näher einzugehen haben. Niemals aber habe ich bisher bei einer Drüse eine derartige Epithelveränderung dieses Abschnittes so klar gesehen, wie hier bei dem Maulwurfe und ich habe aus diesem Grunde auch die beiden Bilder hier wiedergegeben. Weiter möchte ich inbezug auf diese Maulwurfsdrüsen hier noch gleich darauf aufmerksam machen, daß der größte Teil des Ausführungsganges auf Fig. 61 nur ein einschichtiges Epithel erkennen läßt, erst ganz weit oben wird das Epithel doppelschichtig. Auch auf Fig. 62 sieht man nur eine Zellage. Es ist dies auffallend, da beim Menschen und den meisten Säugetieren das Ausführungsgangs- epithel deutlich doppelschichtig ist, die äußere Lage setzt als Epithelzellen die epitheliale Muskulatur des Drüsenkörpers fort. Es ist diese Art des Baues ja bekanntlich auch prinzipiell für den Aufbau dieser Drüsen angenommen worden. Nim haben wir ja schon gesehen, daß bei diesen Maulwurfs- drüsen die epitheliale Muskulatur nur sehr schwach entwickelt ist, dem würde es dann entsprechen, daß auch hier am Ausführungsgange die Zellen der äußeren Lage nur sehr spärlich sind und daher streckenweise auch gar nicht hervortreten. Man würde also annehmen müssen, daß bei diesen Maulwurfsdrüsen das gesamte Epithel der Drüsenanlage im wesentlichen einschichtig ist, immerhin würde aber die stellenweise auftretende Zweischichtigkeit die Eichtig- keit der Annahme bestätigen, daß prinzipiell der zweischichtige Bau der richtige ist, und daß wir es hier nur mit einer irgendwie erworbenen Abweichung zu tun haben. Endlich möchte ich noch gleich aufmerksam machen auf die dunklen Pigmentkörnchen, welche in dem erweiterten Ausmündungsteile des Ganges, dem „Endstücke", in den Epithelzellen auftreten. Ich habe beim Pferde etwas Ähnliches gefunden. Hier habe ich noch zu bemerken, daß neuerdings neben Jeß (1896) auch Brinkmann (1914) ein solches ,, Schaltstück" annimmt. Er sagt (S. 26): .,Um .jetzt zu deu Resultaten dieser Untersuchung- für die allg-emeine Morphologie der Hautdrüsen zu kommen, mache ich auch hier darauf aufmerksam, daß es jetzt gelungen ist. Schweißdrüsen nachzuweisen (Paradoxurus), wo der sezernierende und der ausführende Abschnitt mittels eines besonders gebauten Schaltstückes verbunden sind." Dieses Schaltstück würde meinem ,, Anfangsstücke" entsprechen. Als ich diese Arbeit ausführte, kannte ich diese Arbeit von Brinkmann noch nicht, ich füge sie jetzt hier ein. Auf Taf. IV Fig. 21 — 24 sehen wir dann verschiedene Stadien der Sekretion einer a-Drüse aus — 16 — der Achselhöhle eines deutschen Weibes. In Fig. 22 sieht man unten ein Epithel von mittlerer Höhe, das nach beiden Seiten übergeht in ein immer höher werdendes Epithel, bei dem schon die ab- gerundeten Spitzen der Zellen deutlich voneinander getrennt in das Drüsenlumen vorspringen, während die niedrigeren Zellen noch in ihrer ganzen Ausdehnung mit den Seitenwänden aneinander stoßen. Auf demselben Querschnitte also findet man verschiedene Sekretionsstadien. Nach außen von den Drüsenzellen liegen rings um den ganzen Querschnitt herum sehr zahlreiche Muskelzellen, welche, der Länge nach mit leicht spiraligen Windungen verlaufend, hier im Schrägschnitte zu sehen sind. In Fig. 24, die ein Stück aus einem Schrägschnitte darstellt, sind die Zellen noch höher geworden. Sah man auf Fig. 22 schon in dem zwischen Kern und Lumen gelegenen Teile der Zellen eine größere Anzahl von Körnchen, die immer mehr zunahmen, je höher die Zellen wurden, so tritt dieses Bild hier ebenfalls deutlich hervor, die Auswüchse sind stets dunkler und körnig. In Fig. 21 sind auf dem oberen Teile des Querschnittes die Auswuchszellen noch verhältnismäßig niedrig, wie auf den beiden vorigen Figuren, auf dem unteren Teile des Querschnittes aber sind sie mächtig ausgewachsen und ragen ,, papillenförmig" (wiedasschon von Autoren so bezeichnet worden ist) weit in das Lumen hinein. Überall sind hier wieder die zwischen dem Kerne und dem Lumen liegenden Zellteile dicht mit Körnchen erfüllt. In Fig. 23 endlich sieht man insofern etwas Neues, als hier nicht nur ziemlich scharf abgegrenzte dunkle Massen von meist rundlicher Form, sondern auch größere und kleinere Bläschen in den Auswüchsen auftreten und zwar liegen die Bläschen im wesenthchen an derselben Stelle, an der die dunklen Massen lagen, die bei dem Auftreten der Bläschen ganz oder fast ganz verschwunden sind. Man kann also wohl annehmen, daß diese Bläschen sich durch Verflüssigung jener dunklen Massen gebildet haben. Auf Taf. IV Fig. 25 — 27 sieht man entsprechende Bilder aus den menschlichen a-Drüsen des Augenlides, den ilfo^Zschen Drüsen. In Fig. 25 ist das Epithel auf dem unteren Teile des Quer- schnittes mittelhoch und nimmt nach links und oben zu an Höhe zu. Hier sieht man auch bei vielen Zellen jenen dichteren Protoplasmastreifen, die ,,Crusta", an der dem Lumen zugekehrten Fläche der Zellen. Er zeichnet sich aus durch die dunklere Färbung, ist aber nicht bei allen Zellen gleich gut zu sehen. Ich stimme Brinkmann vollkommen darin bei, daß es sich hier nicht um eine „Cuticula" handelt, sondern um eine „Crusta". In diesem Stadium sind die Zellen zum großen Teile durch ihren ganzen Körper hin noch ziemlich gleichmäßig stark gefärbt. Im Lumen sieht man eine Anzahl von rundlichen Bildungen zusammenliegen: die abgestoßenen Auswüchse aus dem vorhergehenden Se- kretionsstadium, welche im Lumen einer weitergehenden Veränderung unterliegen, indem sie sich mehr und mehr auflösen. Die Zeilen dieses Querschnittes wachsen also gerade wieder heran zu neuer Sekretionstätigkeit, nachdem eine Sekretionsperiode abgelaufen ist, von welcher die in dem Lumen liegenden Auswuchsreste herstammen. In Fig. 27 sind die Zellen schon höher ausgewachsen und zeigen schon wieder eine dichtere Körnung in dem Teile zwischen Kern imd Lumen, dem distalen Abschnitte. Die Körnchen sind also mehr und mehr nach dieser Gegend hingewandert ; die Crusta ist hier nicht mehr sichtbar. Im obersten Teile des Bildes sieht man aus einer tieferen Zellschicht ein paar Auswüchse hervorragen. Ein sehr schönes Bild gibt Fig. 26. Hier sind die Zellen des Querschnittes schon lang ausgewachsen, bei einigen fängt die Auswuchsbildung gerade an, hervorzutreten. Im wesentlichen ist es der distale Abschnitt der Zelle, der so stark ausgewachsen ist und die ZeUverlängerung bedingt hat. Dieser Teil ist denn auch dicht erfüUt von dunkleren Körnchen, den sich allmählich mehr und mehr ausbildenden Sekretionsprodukten der Zelle. Im weiteren Verfolge des Sekretionsvorganges würden diese Zellen nun zu papillenförmigen Gebilden T auswachsen, wie wir das auf den Bildern aus der Achselhöhle gesehen haben. Solche Bilder, wie ich sie soeben von den Jfo??schen Drüsen beschrieben - 17 — habe, oder wenigstens ähnliche, demselben Sekretionsvorgauge entsprechende, gibt auch H. Virchow (1910) in seiner eingehenden Besprechung der Molhchen. Drüsen. Doch spricht er nicht von einer besonderen und charakteristischen Sekretionsform, sondern nur von verschieden hohen Zellen, aus denen Sekrettropfen austreten. In Fig. 28 und 29 gebe ich zwei Bilder wieder aus einer a-Drüse eines Australiers, die hier in der Wangenhaut liegt. In Fig. 29 sieht man ein sehr deuthches Bild aus dem Euhestadium der Drüse: flache, helle Zellen, deren Kern etwa in der Mitte liegt, und die so flach sind, daß der Kern fast an die dem Lumen zugewandte Fläche der Zelle anstößt. Man kann aber noch flachere Zellen sehen, als die hier dargestellten. Diese ganz flachen Zellen folgen auf die Abstoßimg der Zellauswüchse. Die Zelle erholt sich und bereitet sich vor zu der neuen Sekretionsperiode, die sich durch ein erneutes Höherwerden der Zellen einleitet. Das in Fig. 28 dargestellte Bild eines Querschnittes aus dieser Drüse sieht schon wieder ganz anders aus: hier sehen wir wieder die hohen Zellen mit dem Körncheninhalte im distalen Abschnitte, aber noch keine PapiUenbildungen. Sehr zahlreiche Muskelfasern treten au diesem Querschnitte deutlich hervor. Die Weite der Drüsenlumina kann bei derselben Drüse außerordentlich wechseln, je nach dem Sekretionsstadium und je nach dem Kontraktionszustande der Muskulatur. Im allgemeinen kann mau wohl sagen, daß die Teile des Drüsenkörpers, welche sich im Euhestadium befinden, also mit ganz flachen Zellen versehen sind, am weitesten sind: die Menge des durch das vorher- gehende Sekretionsstadium gebildeten Sekretes ist hier am größesten, und dem ent- sprechend ist das Lumen am weitesten ausgedehnt. Das Lumen bietet in diesem Zustande ja so wie so schon mehr Platz, da die Auswüchse fortgefallen sind und sich in Seki-et umgewandelt haben. Am engsten sind die Lumina im allgemeinen zu der Zeit, da die Auswüchse am stärksten entwickelt sind und wo natürlich auch die geringste Sekretmenge vor- handen ist; in diesem Stadium kann die Größe des Lumens mitunter sehr gering werden. Wahr- scheinlich wird entsprechend diesen verschiedenen Sekretionszuständen auch die Drüsenmuskulatur reflektorisch verschieden beeinflußt, denn die in die Breite gezogenen Zellen des Ruhestadiums können natürlich nur dann sich ausbilden, wenn die Muskulatur erschlafft ist. In den verschiedenen a-Drüsen verschiedener Tiere, vei'schiedener Menschenrassen und in den verschiedenen a-Drüsen aus verschiedenen Teilen desselben Körpers sind natürlich auch die Bilder verschieden, die man bei der Untersuchung sieht, das ist ja selbstverständlich, da die Sekrete der Drüsen wechseln, aber prinzipiell sind die Vorgänge immer die gleichen. So sieht man auf Taf . VIII Fig. 75 und 76 'zwei Bilder aus einer a-Drüse aus der Seh wanzwurzel des Pferdes; in Fig. 75 ein Epithel von mittlerer Höhe und in Fig. 76 schon eine deutliche Auswuchsbildung. Die Zellen dieser Drüsen erscheinen auf dem mikroskopischen Bilde auffallend hell und durchsichtig und zwar nicht nur im Ruhestadium, sondern auch in dem Stadium der Auswuchsbildung. Es sind eben weit weniger Körnchen in den Zellen enthalten resp. diese sind durchsichtiger und färben sich nicht so stark als sonst. Auch die Kerne haben hier ein ganz anderes Aussehen : sie sind klein und färben sich mit Hämatoxyhn sehr dunkel; es scheint also, daß sie eine auffallend dichte Struktur besitzen. Ich will gleich bemerken, daß mau an diesen Drüsen des Pferdes eine Muskulatur nicht wahrnehmen kann. Ich habe wenigstens bei mehrfach wiederholter Durchsicht meiner Schnitte nirgends mit Sicherheit Muskelfasern finden können, wohl schien es hin und wieder so, als ob ein Gebilde, das undeutlich hervortrat, eine Muskel- faser sein könnte, aber sicher nachzuweisen war es nicht. Es ist dies ein Beispiel dafür, daß die Ein- teilung von Brinkmann, in Glandulae musculatae und immusculatae doch nicht für alle Fälle jiraktisch Zoukigica. Heft 73. 3 - 18 — sein dürfte, wie ich das oben schon kurz bemerkt habe. Hier beim Pferde haben wir eine richtige a-Drüse, „Schweißdrüse", und finden doch keine Muskulatur. Diese Drüse inüßte also nach der Ein- teilung von Brinkmann zu den Talgdrüsen gestellt werden. Diesem Mangel an Muskulatur entsprechend finden wir in dieser Pferdedrüse nur ein einschichtiges Epithel. Man müßte die Entwicklungszustände dieser Drüse untersuchen, um festzustellen, wie sich dieser einschichtige Bau entwickelt hat. Ich verweise hier auch auf das, was ich oben über die Maulwurfsdrüsen gesagt habe, die im größten Teile ihres Körpers und ihres Ausführuugsganges ebenfalls einen einschichtigen Bau erkennen ließen, an denen aber immerhin doch noch hin und wieder die äußere Zellschicht hervortrat, in Gestalt von Muskel- zellen am Körper und in Gestalt von äußeren Epithelzellen am Ausführungsgange. So haben wir also jetzt schon alle Übergänge gesehen von dem deutlich zweischichtigen Baue, wie er in den menschlichen Drüsen hervortrat, zu dem nur teilweise zweischichtigen Baue, wie wir ihn in der Maulwurfsdrüse fanden, und zu dem völlig einschichtigen Baue, wie ihn die Pferdedrüse zeigt. ..i'.rj'.j ti''"' \^ Noch auf einen Punkt hätte ich hier einzugehen, es ist das die Kernvermehrung, welche wäh- rend des Sekretionsvorganges bei manchen a-Drüsen in den Zellen eintritt. Sie ist schon mehrfach gesehen worden und Brinkmann (1911a) hat sie bei den von ihm untersuchten Hautdrüsenorganen der Wiederkäuer häufig gefunden und abgebildet. Er gibt an, bis zu 22 Kernen in einer Zelle gefunden zu haben. Ich habe sie bei meinen jetzigen Untersuchungen im ganzen nur sehr selten gefunden, ein schönes Beispiel kann ich aber hier vorführen aus einer a-Drüse aus der Nackenhaut von Cercopithecus eallitrichus, auf Taf. VIII Fig. 74 habe ich einen Querschnitt aus dieser Drüse abgebildet. Wie man bemerkt, sind die Drüsenzellen nach einer abgelaufenen Sekretionsperiode— man sieht die Auswuchs- reste dieser noch im Lumen liegen — wieder im Anwachsen begriffen, sie beginnen sich gerade etwas in das Lumen vorzuwölben. In allen Zellen sieht mau nun deuthch mehrere Kerne liegen, in den meisten zwei, in einer vier. Je nach der Breite der Zelle liegen diese Kerne bald nebeneinander, bald übereinander, also je nach dem gerade Platz war. Es ist daher nicht richtig, daraus, daß die Kerne übereinander und nicht nebeneinander liegen, zu schließen, daß einer von ihnen abgestoßen wird und einer zurückbleibt, und daß dies nicht der Fall ist, wenn die beiden Kerne nebeneinander liegen. Die Lage der Kerne hängt augenscheinlieh nur von dem in der Zelle gerade vorhandenen Platze ab. Da die Zellen aber, wie wir wissen, im allgemeinen nicht zugrunde gehen, und da die im Euhezustande befindlichen platten Zellen nur einen Kern besitzen, so muß man annehmen, daß alle überschüssigen Kerne bei der Sekretion ausgestoßen werden. In der Literatur findet man über diesen Vorgang in zahlreichen Arbeiten recht verschiedene Ansichten, namentlich auch in den Arbeiten, welche die Milchdrüsensekretion behandeln. Ich verweise hier zunächst auf eine der neuesten von diesen Arbeiten von Arnold (1914) und erwähne von früheren Arbeiten kurz die von Heidenhain (1883), Nissen (1886), Coen (1887), Michaelis (1898), Bizzozero und Vassale (1887), Unger (1898), Ottolenghi (1901) und andere und verweise weiter auf die Arbeiten von Limon (1902) und Brouha (1905 c). Daß die überzähligen Kerne bei diesem Öekretionsvorgange zugrunde gehen, halte ich für ganz sicher, doch kann die Art und Weise, wie dies geschieht, augenscheinlich verschieden sein. Nach den darüber vorliegenden Angaben werden sie entweder schon in der Drüsenzelle stark verändert resp. aufgelöst, und dann zusammen mit dem sonstigen Kuppelinhalte abgestoßen, oder sie scheinen noch mehr oder weniger im versehrt in das Drüsenlumen gelangen zu können, woselbst sie dann aber aufgelöst werden und sich dem übrigen Sekrete beimischen. Jedenfalls kann man also annehmen, daß in vielen Fällen auch Kernsubstanz in dem Sekrete der a-Drüsen enthalten ist. Wahr- — 19 — scheinlich ist das uacli eleu verschiedeueu Arten der a-Drüsen verschieden: die einen enthalten mehr Kernsubstanz in ihrem Sekrete, die andern weniger, besonders viel scheinen die Milchdrüsen der Milch mitzugeben. Weiter ist es aber auch möglich, daß die sonstigen a-Drüsen der Haut zu 1"^ verschiedenen Zeiten, je nach Beeinflussung durch IS^ervensystem und Blut, ein etwas verschiedenes \'^c Sekret absondern, imd daß dem entsprechend auch die Menge der ausgeschiedenen Kernsubstanz eine wechselnde ist. Man kann diese xVusscheidung von Kernsubstanz als ein charakteristisches Merkmal der a-Drüsen ansehen. Sie würden in dieser Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit besitzen mit den Talgdrüsen, bei denen ja ebenfalls die Kerne zugrunde gehen und mit dem sonstigen Sekrete zusammen ausgestoßen werden. Was die Bnstehung dieser hin und wieder so zahlreichen Kerne an- langt, so kann ich nach meinen Beobachtungen die Erfahrungen von Brinkmann (191 la) durchaus bestätigen, daß sie aller Voraussicht nach nur durch direkte Kernteilung entstehen; ich habe oben schon hervorgehoben, daß ich von Mitosen nur ganz außerordentlich wenige in den von mir untersuchten Drüsen gefunden habe. Die Milchdrüse habe ich bisher nicht untersucht, doch lauten auch für diese die meisten Angaben so, daß die Kerne nur oder fast nur durch direkte Teilung zu entstehen scheinen. Ich habe bis jetzt an den verschiedenen vorgeführten Beispielen versucht, den Leser möglichst kurz und deutlich über das Wesentliche im Baue und in den morphologischen Kennzeichen der Tätig- keit der Schweißdrüsenart, die ich als ,,a- Drüsen" bezeichnen will, zu orientieren. Ich will jezt über- gehen zu der zweiten Art der Schweißdrüsen, die ich unterscheide, und die ich als ,,e-Drüsen" be- zeichnen will. Auf die Erklärung dieser beiden Bezeichnungen werde ich weiter unten näher einzugehen haben. Auf Taf . IV Fig. 30 sieht man den Querschnitt einer e-Drüse aus derselben Hautgegend desselben Australiers dargestellt, wie die a-Drüse in Fig. 28 und 29. Der Unterschied ist ein sehr bedeutender. Der Körper der e-Drüse ist ein mehr oder weniger langer Schlauch mit einem verhältnismäßig engen Lumen, das bei derselben Drüse wohl auch etwas enger und weiter erscheinen kann, aber, nach dem, was ich bisher gesehen habe, niemals so bedeutende Unterschiede in der Weite erkennen läßt, wie sie bei den a-Drüsen die Eegel sind. Ich habe diese e-Drüsen-Schläuche bisher auch nur auf- geknäuelt gesehen, niemals in den so außerordentlich wechselnden Formen, in denen die a-Drüsen auftreten: von einem rundlichen, durchaus einem Acinus entsprechenden Säckchen an durch die verschiedenen Formen von verschieden langen und weiten Schläuchen mit geradem Ver- laufe, durch immer stärker geschlängelte Schläuche bis zu den Bildungen von großen Knäueln. Das Wesentliche an diesen e-Drüsen aber ist, daß sie eine ganz andere Art der Sekretion besitzen, wie die a-Drüsen. Niemals sieht man an ihnen jene verschiedenen Sekretiousformen, wie wir sie von den a-Drüsen kennen gelernt haben ; wohl kann das Lumen der Drüse ein wenig weiter oder enger sein, wohl können die Zellen in ihrer Höhe ein wenig schwanken, wohl mögen sie einmal etwas mehr Körnchen enthalten, als ein anderes Mal, im großen und ganzen aber bleibt sich das Bild immer gleich, von einem Auswachsen der Zellen zur Papillenform, von einer Auswuchsbildung ist nie- mals die Eede und ebensowenig findet mau jene flachen Zellen des Euhestadiums der a-Drüsen. Auf Taf. V Fig. 32 sieht man den Querschnitt einer e-Drüse aus dem Mons pubis eines Kamerunnegers. Dieser Drüsenquerschnitt sieht anders aus, als der des Australiers, er ist weit größer, enthält mehr Zellen, die Zellen sind höher, das Lumen ist größer, aber prinzipiell ist es dasselbe Bild. Auf dieser Fig. 32 zeichnen sich übrigens einige Zellen dadurch aus, daß bei ihnen der Abschnitt zwischen Kern und Lumen einen dunkleren Tou zeigt, als der basale Abschnitt. Es erinnert dies an die Bilder bei den a-Drüseu, aber der Unterschied ist doch ein sehr großer. Es ist indessen wohl möglich, daß bei — 20 — bestimmten Arten dieser e-Drüsen auch Sekretionserscheinungen an den Zellen morphologisch deut- licher hervortreten. Ich will hier gleich bemerken, daß ich mich in dieser Arbeit mit der Untersuchung der feineren Vorgänge bei der Sekretion der Drüsen nicht beschäftigt habe, zu solchen Untersuchungen war mein Material, wenigstens das menschhche, auch in keiner Weise geeignet. Untersuchungen über den feineren Bau dieser Drüsen liegen ja schon in genügender Anzahl vor, mir kam es hier nur darauf an, die verschiedenen Drüsen arten festzustellen und ihre Verteilung bei Tieren und namentlich beim Menschen. Auf Taf. V Fig. 33 sieht man von demselben Kamerunneger ein Querschnittsbild einer e-Drüse aus der Achselhöhle. Querschnitt und Lumen sind kleiner, die Zellen sind ähnlich hoch wie bei der vorigen Drüse, und ebenso sieht man in ihnen wieder, und zwar in noch ausgedehnterem Maße die distalen Abschnitte der Zellen dunkler gefärbt. Wesentlich anders als diese beiden Drüsen erscheint der Querschnitt einer e-Drüse aus der Kopfhaut desselben Kamerunnegers auf Fig. 34. Der ganze Querschnitt und das Lumen sind weit kleiner und die Zellen lassen hier kaum eine dunklere Färbung des distalen Teiles erkennen. Aus den bisher gegebenen Beispielen folgt schon, daß die e-Drüsen desselben Menschen an verschiedenen Körperstellen verschieden beschaffen sein können und ebenso bei verschiedenen Menschen. Auf Taf . VI Fig. 50 findet man das Bild einer e-Drüse aus der Achselhöhle eines deutschen Mannes und auf Fig. 51 das einer e-Drüse aus der Kopfhaut eines anderen deutschen Mannes. Bei der Achselhöhlendrüse ist der innerste Teil der Zellen um das Lumen herum deutlich dunkler gefärbt, bei der Kopfdrüse ist davon nichts zu sehen. In Fig. 52 und 53 gebe ich Bilder von e-Drüsen eines Chinesen aus dem Mons pubis imd aus der Koi^fhaut. Beide unterscheiden sich wieder voneinander sehr deutlich. Auf Fig. 52 erkennt man rings um das Lumen herum eine sehr zarte, dunkler gefärbte Crusta. Ganz anders sehen dagegen die Querschnitte einer e-Drüse aus, welche aus der Achselhöhle desselben Chinesen herstammt: alles an diesem Bilde ist größer, die einzelnen Zellen, das Lumen, der ganze Querschnitt, und dabei erscheinen die Zellen auffallend hell. Also wieder ein sehr deutlicher Unterschied zwischen e-Drüsen von verschiedenen Stellen desselben Menschen. Zu weiterem Vergleiche zeige ich auf Taf. VI Fig. 45 und 46 zwei Bilder von Querschnitten aus e-Drüsen aus der Fußsohle der Katze. Sie sind kleiner, ihre Kerne erscheinen dunkler, aber prinzipiell stimmen sie durchaus überein mit den bisher gegebenen Bildern vom Menschen. Die Fußsohle der Katze zeichnet sich ja vor dem ganzen übrigen Körper dadurch aus, daß auf ihr derartige Drüsen vorkommen. Alle bisher gegebenen Abbildungen von e-Drüsen ließen deutliche und zahlreiche Muskel- fasern erkennen und demgemäß einen deutlich zweischichtigen Bau; ich möchte auf diesen Punkt hier noch besonders aufmerksam machen. Selbstverständlich schwankt aber auch bei den e-Drüsen die Menge der Muskelfasern. Von besonderen Sekretionserscheinungen habe ich bei den von mir untersuchten e-Drüsen bisher nur in einem Falle gesehen, daß kleine, rundliche, strukturlose Gebilde im Innern des Drüsen- lumens lagen und zum Teile dem Eande einer Drüsenzelle direkt anlagen, so daß man den Eindruck hatte, sie könnten aus der Zelle ausgetreten sein. Dabei erschien der Zellrand aber durchaus glatt und unversehrt. Ich werde hierüber in einer weiteren Arbeit noch näheres mitteilen.* Es ist wohl möglich, daß diese Beobachtung der entspricht, die Ranvier schon im Jahre 1879 mitgeteilt hat. Nach * Diese Arbeit ist inzwischen erschienen in dem Arch. f. Dermatologie und Syphilis, Bd. 132, 1921, S 130—132, mit 2 Abb. im Texte. Bei einem Sudanneger fand sich eine solche i!Tröpfchen''-Sekretion in den e-Drüsen des Mons pubis und der b e h a'a r t e n Kopfhaut, in den entsprechenden Drüsen anderer Körperteile fand sie sich nicht. Es spricht dies dafür, daß es sich um einen besonderen Drösenzus t and handelt, über den wir vorläufig nichts wissen. — 21 — ihm besitzen die Drüsenzellen keine Cuticula, wohl aber findet sich in gewissen Gegenden des Drüsen- rohres bei den Drüsen aus der Fingerbeere des erwachsenen Menschen auf der freien Oberfläche ein Öaum (une bordure), aus welchem sich Tropfen oder vielmehr kugelartige Gebilde einer kolloiden Substanz ablösen. Eine Drüse in der Fingerbeere des Menschen kann nur eine c-Drüse sein, da a-Drüsen hier völlig fehlen. Wenn Ranvier dann weiter mitteilt, daß bei Vesijertilio murinus und bei verschie- denen sonstigen Fledermäusen sich diese abgesonderte Substanz während des Winters in den Ampullen, welche die Schweißdrüsen dieser Tiere darstellen, anhäuft, so bezieht sich diese Angabe allerdings auf a-Drüsen. Ott (1879) hat seinerzeit Studien an den e-Drüsen der Katzenpfoten gemacht nach Nervenreizung und Nervendurchschneidung. Er fand, daß die Zellen der gereizten Drüse kleiner und stärker körnig erschienen. Ich führe diese Beobachtung hier an, ohne darüber urteilen zu wollen, wie weit sie zutrifft, und inwieweit sie wichtig ist. Eine Kernvermehrung, wie in den a-Drüsen, scheint bei den e-Drüsen zu Sekretionszwecken nicht vorzukommen. Ich habe oben bei der Besprechung meiner Abbildungen der e-Drüsen schon hervorgehoben, daß diese Drüsen bei demselben Menschen in verschiedeneu Körpergegenden ver- schieden groß sein können und daß ihre Größe auch bei verschiedenen Menschen- rassen wechselt und ebenso bei den Tieren. Um die Größe eines Querschnittes zahlenmäßig, einigermaßen wenigstens, festzustellen, habe ich die Anzahl der Drüsenzelien gezählt. Diese Zählungen ergaben, daß die Anzahl der Zellen bei jeder Drüsenart, innerhalb gewisser Grenzen wenigstens, ziemhch konstant ist. Es scheint also in der Tat die Möglichkeit vorhanden zu sein, auf diese Weise Unterschiede festzustellen. So enthielt der Querschnitt einer e-Drüse vom Mons pubis eines Ka- merunnegers etwa 25 Zellen, ein entsprechender Querschnitt aus der Achselhöhle desselben Kameruunegers etwa 17 — 20 Zellen. Ein entsprechender Querschnitt desselben Negers aus der Hals- haut etwa wieder 25 Zellen, ein solcher Querschnitt aus der Bauchhaut wieder ungefähr 18 Zellen, und ein solcher aus der Kopfhaut etwa 1.3 — ^15 Zellen. Hiernach würden wir also bei dem Kamerun- neger schon etwa 3 Arten verschieden großer e-Drüsen haben feststellen können. Noch auffallender waren die Unterschiede, die bei den e-Drüsen des Chinesen auf Taf. VI Fig. 52, 53 und 57 schon ohne Zählung deutlich hervortraten. Hier war nicht nur die Zahl der Zellen eine verschiedene, son- dern auch die Größe der einzelnen Zellen und ihre Beschaffenheit zeigten sehr deutliche Unterschiede, namentlich die e-Drüsen aus der Achselhöhle des Chinesen waren ganz eigenartig. Es ist nun nicht leicht, Bezeichnungen zu finden, durch welche man diese verschiedenen e-Drüsen bequem unter- scheiden kann. Bei den verschiedenen Drüsen des Kamerunnegers könnte man ja zunächst einfach von ,, größeren" und ,, kleineren" e-Drüsen sprechen und allenfalls zur genaueren Bezeichnung die durchschnittliche Anzahl der Drüsenzellen angeben, also von einer 25zelligen oder 13zelligen Drüse sprechen; weit schwieriger liegt die Sache bei dem Chinesen, bei dem eben auch die Qualität der Drüsenzellen deutlich verschieden ist. Vielleicht könnte man hier von ,, großen, hellen Drüsen" sprechen im Gegensatze zu den sonstigen ,, kleineren und dunkleren Drüsen", die dann unter sich wieder als ,, größere" und „kleinere" ,, dunkle Drüsen" zu unterscheiden wären. Übrigens ist es wohl sehr wahrscheinlich, daß diese kleineren und größeren Drüsen nicht nur verschieden viel Sekret liefern werden, sondern daß dieses Sekret auch qualitativ verschieden sein wird. Vielleicht finde ich später noch charakteristische Bezeichnungen für diese verschiedenen Drüsen-Unterarten, wenn ich erst durch weitere Untersuchungen noch ausgedehntere Erfahrungen auf diesem Gebiete ge- sammelt haben werde. Vorläufig mag das hier Gesagte genügen. Es handelte sich ja jetzt zunächst — 22 — für mich nur darum, auf diese Verschiedenheiten der Drüsen aufmerksam zu machen, um erst einmal eine Grundlage nach dieser Richtung hin zu schaffen. Bei den a-Drüsen habe ich derartige Zählungen nicht ausgeführt, obwohl sie auch hier vielleicht ganz interessante Ergebnisse gehabt haben würden. Es lag das an der Beschaffenheit meines Ma- teriales. Es war schon an sich sehr schwierig, das menschliche Material zusammen zu bekommen und da war es dann mehrfach nicht möglich, die Hautstückchen so frisch zu konservieren, daß die Drüsen vollkommen gut erhalten waren. Nun besteht ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen den a-Drüsen und den e-Drüsen inbezug auf die Widerstandsfähigkeit ihres Drüsenepithels gegenüber den Leichenveränderungen. Die e-Drüsen sind gegen diese viel widerstandsfähiger als die a-Drüsen. Es ist dies eine ganz charakteristische und sofort ins Auge fallende Verschiedenheit, die aber merkwürdigerweise bis jetzt noch nicht hervorgehoben worden ist. Die Beobachtung, daß das Epithel der menschUchen Schweißdrüsen nach dem Tode abfällt und das Lumen mehr oder weniger ausfüllt, ist natürlich schon gemacht worden. So führt z. B. Koelliker (1889) an, daß der von ihm früher beschriebene zellige Inhalt der Drüsenschläuche bei den großen Drüsen aus abgelösten Epithelzellen bestanden habe, bei ganz frisch eingelegten Drüsen fehle dieser Inhalt. So hat im Jahre 1911 dann Veil bemerkt, daß die Schweißdrüsen nach dem Tode außer- ordenthch schnell zerfallen. Diese Beobachtung betrifft die Achselhöhle und kann sich bei dieser nur auf die a-Drüsen dieser beziehen, da er für die e-Drüsen nicht zutrifft. Es ist merkwürdig genug, daß Veil diesen Unterschied gerade in der Achselhöhle nicht bemerkt hat, da hier die beiden Drüsen- arten dicht miteinander vermischt liegen und so die beste Gelegenheit zum Vergleiche bieten. Man hat eben gar nicht daran gedacht, daß die Schweißdrüsen des Manschen sich noch in anderer Weise voneinander unterscheiden könnten, als durch ihre Größe, und infolge dessen solche Verschiedenheiten nicht beachtet. Auch Waelsch (1912) macht die Bemerkung, daß man mit der Deutung der Befunde an den Schweißdrüsen sehr vorsichtig sein müsse, da es eine bekannte Erfahrung sei, daß die Schweiß - drüsenepithelien nach dem Tode ungemein rasch zerfallen. Er behandelt in seiner Arbeit die a-Drüsen der Achselhöhle, und auf diese trifft das auch zu, aber auch er berücksichtigt dabei nicht die hier liegenden e-Drüsen und macht zwischen den beiden Drüsenarten keinen LTnterschied. Dieser hier hervorgehobene Unterschied spricht natürlich ebenfalls für eine starke qualitative Verschiedenheit der a-Drüsen und der e-Drüsen. Wahrscheinlich wird das Sekret der a-Drüsen nach dem Tode rasch stärkeren Veränderungen unterliegen, so daß infolge dessen die Epithel- zellen sich von ihrer Unterlage loslösen. Vielleicht besitzt es auch im Leben schon eine Eeaktion, welche nach dem Tode mazerierend auf die Drüsenepithelien wirkt. Die Erscheinung spricht also für eine wesentliche Verschiedenheit des Sekretes der beiden Drüsenarten. Da dem Gesagten entsprechend bei meinen Präparaten das Epithel der a-Drüsen häufiger abgefallen war, während das der e-Drüsen noch ganz fest saß, so konnte ich bei den letzteren wohl solche Zählungen ausführen, aber nicht bei den ersteren. Ich will jetzt noch kurz auf die Talgdrüsen eingehen, so weit diese bisher nicht schon mit besprochen worden sind. Dieselben sind ja beim Menschen meist als acinöse Drüsen leicht zu er- kennen, bei manchen Tieren aber und hin und wieder auch beim Menschen haben sie in der Tat, wie das schon mehrfach mitgeteilt worden ist, Formen, die sehr an tubulöse Drüsen erinnern. Es ist daher sicher richtig, daß ihre Form allein nicht ausreicht, um sie in allen Fällen deuthch von den tubulösen Schweißdrüsen zu trennen. Es geht also nicht gut an, die Talgdrüsen einfach ihrer gewöhnhchen Form nach als acinöse Drüsen ganz im allgemeinen zu beschreiben. Nun ist es ja - 23 — bekanntlich überhaupt kaum möglich, eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen „acinösen" und „tubu- lösen" Drüsen. Die Formen der organischen Bildungen sind eben nicht mathematisch genau, son- dern können so starke Modifikationen zeigen, daß der „Acinus" durch alle möglichen Mittelformen in den ,,Tubulus'' übergeht. Gegenhaur (18S6) hat in einer längeren Anmerkung in seiner Arbeit über die Mammarorgane der Monotremen ebenfalls die Frage nach dem Formunterschiede zwischen acinösen und tubulösen Drüsen auf Seite 15 besprochen: „Wenn Drüsen, in denen der Acinus sich scharf von seinem Ausfühnmgsgange absetzt und in !)ciden die ausge- sprochenste Epitheldifferenz besteht, als Muster für die acinöse Form gelten sollen, so gibt es, wenigstens bei den Säuge- tieren, wohl nur sehr wenige dieses Schema realisierende Formen. Denn selbst bei den Mundspeicheldrüsen geht ein Aus- führungsgang ganz allmählich aus dem Acinus heraus, so daß nur das Epithel entscheidet, wo der sekretorische Acinus endet." Er führt noch weitere solche Beispiele an und meint, es sei natürlicher, solche Befunde, wenn man sie nicht als Modifikationen der acinösen Form gelten lassen will, als Mischformen anzusehen. Es ist jedem Histologen bekannt, daß es Drüsen gibt, in denen auch ohne Änderung des Epithels ein mehr oder weniger enger Drüsenschlauch mehr oder weniger plötzlich in eine Blase übergeht. Man kann solche Formen als Mischformen bezeichnen, aber viel gewonnen ist damit auch nicht; es geht daraus aber immer wieder hervor, daß mit einer scharfen Formenunterscheidung nicht viel anzufangen ist. Trotzdem wird man in den allermeisten Fällen nicht zweifelhaft sein, ob man es mit einer acinösen oder tubulösen Drüse zu tun hat, aber zu einer ganz allgemeinen und scharfen Definition genügt die Form eben nicht. Dasselbe halben wir ja auch soeben bei der Besprechung der verschiedenen Formen der a-Drüsen erörtert. Ich möchte hier im Anschlüsse an das eben Gesagte noch mitteilen, daß de Meijere (1894) angibt, daß Leydig (1859) schon bei den tubulösen Drüsen von Vespertilio angegeben habe, daß diese merklich von der Knäuelform abweichen können. Bei den Fledermäusen sind es breite Säck- chen, nur leicht gebogen, mit kurzem Ausführungsgange. Diese Form, abgesehen von dem kurzen Ausführungsgange, fand de Meijere in sehr verschiedenen Fällen wieder: sie kommt an mehreren beschuppten Schwänzen vor, z. B. bei Sminthopsis, Phascologale. Aus dem eben Gesagten geht hervor, daß die Form zur Einteilung der Hautdrüsen nicht genügt. Ich halte es nach meinen Erfahrungen für das richtigste, im Anschlüsse an v. Eggeling (1900 und 190-5) die morphologischen Vorgänge bei der Sekretion zur Einteilung zu be- nutzen. Wie ich oben schon angeführt habe, hat v. Eggeling dabei auf die Arbeit von Ranvier (1887 ) zurückgegriffen. Demgemäß würde ich &\i.ch, v!\e v. Eggeling, zunächst zwei große Gruppen von Hautdrüsen unterscheiden: 1) die nekrobiotisch (unter Zugrundegehen der Zellen) se- cernierenden, zeitweise kanalisierten, holokrinen Hautdrüsen (die Talgdrüsen oder Haarbalgdrüsen) und 2) die vital secernierenden, dauernd kanalisierten, merokrinen Drüsen (die Schlauchdrüsen oder Schweißdrüsen, zusammen mit den Milchdrüsen). Ich muß aber natürlich nach dem, was ich bisher auseinander gesetzt habe, noch weiter gehen als V. Eggeling und die zweite Drüsenart noch einmal in zwei Abteilungen zerlegen. Diese merokrinen Drüsen können nach dem Gesagten ja einmal ein Sekret absondern, das aus den Drüsen- zellen ausgeschieden wird, ohne daß ein Teil der Zellen dabei verloren geht. Das Sekret muß also im wesentlichen flüssig sein, wenn es dabei auch nicht ausgeschlossen ist, daß kleine kolloide Körper- chen hin und wieder aus den Zellen austreten. Da solche Drüsen also nur Stoffe aus ihren Zellen ,, ausscheiden", so schlage ich vor. sie zu bezeichnen als „ekkrine" Drüsen, oder für den praktischen — 24 — Gebrauch abgekürzt, als ,,e-Drüsen". Bei der zweiten Art der merokrinen Drüsen dagegen wird, wie wir das oben gesehen haben, ein Teil der Zelle selbst abgestoßen, ich schlage daher vor, diese Drüsen zu bezeichnen als „apokrine" Drüsen, oder einfach als ,,a-Drüsen". Für die Milch- drüse hat Brouha (1905c) schon hervorgehoben, daß die Sekretion derselben teilweise als „nekro- biotisch", teilweise als „vital" zu bezeichnen sei. Dasselbe gilt für die a-Drüsen, die ja mit der Milchdrüse prinzipiell übereinstimmen. Immerhin sind diese Drüsen, wenn bei ihnen auch ein Teil der Sekretion mit mehr oder weniger Berechtigung als ,,nekrobiotisch" angesehen werden kann, doch dadurch von den rein ,,nekrobiotisch" secernierenden Drüsen sehr wesentlich verschieden, daß ein anderer Teil vital secernierend ist und daß ihre Zellen bei der Sekretion nicht zugrunde gehen, sondern sich wieder erholen und weiter arbeiten. Ich würde daher auch vorschlagen, diese ,, teilweise Nekrobiose" bei der Definition der Drüsen ganz fort zu lassen, es genügt meiner Meinung nach voll- kommen, sie als „merokrin" zu bezeichnen, wodurch ausgedrückt wird, daß ein Teil der Zelle bei der Sekretion verloren geht, ob das nun nur einfach eine Flüssigkeit ist, die aus dem Zellkörper aus- tritt, oder ob dabei noch mehr oder weniger viele etwas festere Bestandteile mit abgeschieden wer- den, das ist für die Bezeichnung „merokrin" gleichgültig; das Wesentliche ist, daß nur ein Teil der Zelle A^erloren geht, und daß der übrigbleibende Teil als Drüsenzelle weiter lebt und weiter arbeitet. Was das ,, Lumen" der Drüse anlangt, auf das v. Eggeling in seiner Definition ebenfalls besonderen Wert legt, so kaim ich ihm ja darin nur beistimmen, daß der von ihm gemachte Unterschied durch- aus zu Eecht besteht, aber ich glaube, man kann bei der Definition der Hautdrüsen sich die Be- zeichnung dieses Unterschiedes ersparen, das was noch übrig bleibt, genügt, und die Bezeichnungen werden etwas kürzer und handlicher. Ich würde demnach vorschlagen, die Hautdrüsen in folgender Weise einzuteilen: 1) ,,holokrine Drüsen" (Talgdrüsen oder Haarbalgdrüsen) und 2) ,, merokrine Hautdrüsen", a) ,, ekkrine Drüsen" oder abgekürzt" e-Drüsen" (die sogenannten ,, kleinen Schweißdrüsen"), und b) „apokrine Drüsen" oder abgekürzt „a-Drüsen" (die sogenannten „großen Schweißdrüsen"), die ,,Stof f drüsen". Eine solche Einteilung scheint mir für alle Fälle ausreichend zu sein und dabei einfach und übersichtlich. Daß bei den ,,holokrinen Drüsen" die Zellen zugrunde gehen, liegt in der Definition enthalten, braucht also nicht noch durch das Wort ,,nekrobiotisch" hervorgehoben zu werden. Ebenso müssen die „me- rokrinen Drüsen", da ihre Zellen weiter leben, ,, vital secernierend" sein, auch dieses braucht also nicht besonders hervorgehoben zu werden. Hierbei würde des weiteren dann noch besonders darauf hinzuweisen sein, daß die ,,apokrinen Drüsen", die ich oben auch als „Stoff drüft^en" bezeichnet habe, an sich keine eigentlichen Haut- drüsen sind, sondern eine ganz besondere ,, Drüsengruppe" bilden, welche sowohl bei Wirbellosen wie bei Wirbeltieren vorkouxmt und sich in sehr verschiedenen Teilen des Körpers findet, so namentlich am Darme und in den Geschlechts- und Harnorganen. Bei den Säugetieren können sie aber auch in der Haut vorkommen, und werden so bei diesen Tieren auch zu Hautdrüsen. Sie werden auf diese Weise zu Genossen der ,, e-Drüsen", rein zufällig, möchte ich sagen, haben aber mit diesen Drüsen von vornherein gar nichts zu tun, sondern bilden eben eine ganz besondere, von den sämtlichen übrigen Drüsen durchaus verschiedene Gruppe, was bisher nicht erkannt worden ist, worauf ich hier aber besonders aufmerksam machen möchte: die Gruppe der ,,apokrinen Drüsen" oder der ,, Stoff drüsen". in meiner vorläufigen Mitteilung (1917) hatte ich dies auch noch nicht erkannt. Da man bis jetzt bei den in der Säugetierreihe vorkommenden ,, Schweißdrüsen" keine genaueren — 25 — Unterschiede machte, so war es selbstverständlich etwas sehr Auffallendes, daß ein Teil dieser Drüsen frei auf der Oberfläche der Haut ausmündete, während ein anderer Teil in die Haarbälge einmündete. Je nachdem der betreffende Forscher bei seinen Untersuclningen von den Tieren ausging oder vom Menschen, fand er dabei, daß der bei weitem größte Teil der Schweißdrüsen in die Haarbälge einmündete oder frei auf der Oberfläche der Haut ausmündete, und dieser Unterschied war dann natürlich wieder sehr auffallend. In zahlreichen Arbeiten findet man hierüber Angaben. So teilte Leydig (1SÖ7) mit, daß die Schweißdrüsen mit den Haarfollikeln zusammenhingen, und führte LS59 an, daß bei Affen an der behaarten Haut der Brust sich Knäuel- drüsen mit freier Mündung vorfänden. Chodakoirsky (1871) gibt an, daß der Maulwurf frei auf der Oberfläche mündende Schweißdrüsen besitze. Hesse (1876) fand beim Menschen eine Einmündung in den oberen Abschnitt des Haarbalges häufig bei den großen Drüsen der Achselhöhle und des Anus und zwar lag die Mündung der Knäueldrüse stets höher, der Hautoberfläche näher, als die der Talg- drüse. Im knorpeligen Gehörgange münden nicht die Knäueldrüsen, sondern nur die dort befindlichen kleinen acinösen Drüsen in die Haarbälge (S. 282). Souza Fontes (1879) fand in der Haut des Schna- beltieres sehr zahlreiche Schweißdrüsen, geschlängelte Schläuche, am ganzen Körper, selbst am Schnabel. An dem letzteren Orte mündeten sie frei aus, sonst stets in Haarbälge und zwar in die der Stichelhaare, in die der Wollhaare nur in geringerer Ausdehnung. Aus den sehr klaren Ab- bildungen geht hervor, daß die Einmüudungsstelle auch bei dem Schnabeltiere, gerade so wie bei den übrigen Säugetieren, zwischen Talgdrüse und Oberhaut lag, wenngleich Verfasser, wohl ver- sehentlich, im Texte angibt, daß sie unterhalb der Talgdrüse läge. Auch Bonnet. (1887) läßt die schlauchförmigen Drüsen in der Mehrzahl bei den Säugetieren in Haarbälge einmünden und zwar stets über der Talgdrüsen mündung, seltener findet sich eine selbständige Mündung in nächster Nähe eines Haarbalgtrichters. An den haarfreien Stellen münden die Drüsen natürlich frei. Nach Alz- heimer (1888) entstehen die Ohrenschmalzdrüsen, die er speziell untersuchte, durch Auswachsen der äußeren Wurzelscheide des Haarbalges und münden noch beim Neugeborenen in die Haarbälge. Die Mündung rückt aber langsam und allmählich am Haarbalge höher, um beim Erwachsenen meist auf die freie Haiitfläche auszumünden. Manche Drüsen bleiben bei dem früheren Verhalten stehen. Die Ohrenschmalzdrüsen stehen mit dieser Einmündung in die Haarbälge durchaus nicht vereinzelt da, Tartuferi (1879) hatte bei den i¥o/^schen Drüsen, namentlich bei jungen Individuen, eine voll- ständige Übereinstimmung mit den Ohrenschmalzdrüsen gefunden. Er hatte sich schon dahin aus- gesprochen, daß die Molhch^n Drüsen ihren morphologischen Kennzeichen nach nicht mit den gewöhnhch als „Schweißdrüsen" bezeichneten tubulösen Hautdrüsen zusammen gestellt werden könnten, nur mit den Achseldrüsen hätten sie einige Ähnlichkeit und stimmten völlig überein mit den tubulösen Drüsen des äußeren Gehörganges. Alzheimer erwähnt dabei: „Koelliker, Gegenbaur, Henle, Toldt, Sattler, Tartuferi nelimen an, daß dieselben (die Molhchen Drüsen) in der Regel in die Ciliengänge einmünden, während Waldeyer behauptet, daß die Ausmündung in einer Talgdrüse Regel sei." (S. 224—225.) Er hat weiter eine Ausmündung in Haarbälge beobachtet bei den Circumanaldrüsen der Fleisch- fresser und sagt weiter, ebenso soU bei den großen Drüsen der Achselhöhle, nach manchen Autoren auch in der Haut des Mittelfleisches, in der Leistenbeuge, im Warzenhofe, am After (Koelliker, Unna, Hörschelmann), an der Peniswurzel (Koelliker) die Einmündung in Haarbälge nicht ungewöhnlich sein. Koelliker (1889) gibt an, daß bei gewissen Knäueldrüsen sich eine Einmündung in die Haar- bälge findet. Ganz beständig ist eine solche bei den Mollschen Drüsen, sie kommt vor bei den Ohren- Zoül.igicii. Ilc-ft 7ä. 4 — 26 — Schmalzdrüsen, seltener beim Erwachsenen, häufig beim Kinde, ferner bei den großen Drüsen der Achselhöhle und den Circumanaldrüsen, aber nicht beständig. In allen diesen Fällen besitzt das Ende des Drüsenganges keine Windungen, ist aber beim Ansätze an den Haarbalg gewöhnlieh stark verbreitert. De Meijere (1894) untersuchte 200 Säugetierarten auf ihre Haare und berücksichtigte dabei zum Teile auch die Schweißdrüsen, namentlich was die Art ihrer Ausniünduug betrifft. Er sagt (S. 342): ,,Wie bekannt, kann diese entweder selbständig auf der Oberfläche der Haut stattfinden, oder in einem Haarfollikel. Die Frage ist nun: welche der zwei Möglichkeiten die primitivere ist. Eine Menge von Beobachtungen zwingen mich, der herrschenden Meinung entgegenzutreten, welche behauptet, diese Drüsen seien im allgemeinen selbständig und nur in ein- zelnen Fällen mit den Haarfollikeln verbunden." Er kommt zu der Ansicht, daß die selbständige Ausmündung nur ausnahmsweise sich findet, er konnte sie bestätigen an den folgenden schon in der Literatur verzeichneten Fällen: Talpa, Sus, Hippopotamus, mehrerer Catarrhini und dem Menschen und fand als neuen Fall nur Canis familiaris caraibaeus. Bei jungen Schweinen fanden sich die Drüsen ausschließhch verbunden mit Haarfolhkeln, bei erwachsenen Schweinen dagegen auch freimündend. Was die höheren Affen und den Menschen anlangt, so scheint bei Cynocephalus, Cercopithecus und vielleicht auch anderen die selbständige Ausmünduug die Regel zu sein. „Daß auch dies nur abgeänderte Zustände sind, erhellt daraus, daß bei vielen mehr oder weniger verwandten Arten die Verbindung mit den Haarfolhkeln erhalten ist, bei Cebus z. B. und bei Midas fand ich, daß sowohl am Rücken wie am Schwänze, die Schweißdrüsen regelmäßig in den Haarfollikel münden. Dasselbe ist auffallenderweise auch bei Siniia satyrus der Fall; daß bei weitem die meisten Schweißdrüsen hier mit den Haaren in Verbindung stehen, konnte ich am Rücken, der Brust und den Armen feststellen, nur hier und da liegt eine etwas entfernt vom zugehörigen Haare. Bis- weilen fehlt auch jeder sichtbare Verband mit einem Haarfollikel. Aber auch beim Menschen besteht solche Verschieden- heit. Bei Cercopithecus ist in der Achsel das Verhältnis dasselbe wie beim Menschen, auch dort fand ich die Einmündung in den Haarfollikel." De Meijere gibt dann ein schematisches Bild von der Anordnung, wie er sie am Eücken eines menschhchen Embryos traf. Obwohl hier die Schweißdrüsen einzeln für sich münden, zeigen sie sich doch in ihrer Stellung deuthch an die Haargruppen gebunden, an der Schädelhaut ist genau dasselbe der Fall. Nach dem Gesagten ist de Meijere der Meinung, daß die tubulösen Drüsen, ebenso wie die acinösen, mit Eecht ,,Haarfollikeldrüsen" genannt werden können, und daß sie sich erst sekundär von den Follikeln entfernt haben. Im Gegensatze zu dem vorigen Autor kommt Maurer (1895) in seiner umfangreichen Arbeit über „Die Epidermis und ihre Abkömmhnge" zu der Ansicht, daß die Beziehung der Schweißdrüsen zu den Haarbälgen als eine sekundäre aufzufassen ist. Wenn Haare und tubulöse Drüsen nebeneinander in der Haut stehen, so werden sich hier Beziehungen entwickeln können, die nicht auf einer phylogenetischen Zusammengehörigkeit beider Organe zu beruhen brauchen. Die andere als Talgdrüsen bezeichnete Form von Drüsen in der Oberhaut der Säugetiere kommt nicht selbständig vor, sondern ist an das Vorhandensein von Haarbälgen geknüpft- Wahrscheinlich sind die Säugetiere von Amphibien abzuleiten und nicht von Reptilien. Nur die tubulösen Hautdrüsen kommen bei dieser Ableitung in Frage. Die Talgdrüsen bilden sich bei Säuge- tieren speziell erst aus und zwar lediglich als Hilfsorgane für die Haare. Die Talgdrüsen haben für die Haare in hohem Maße eine funktionelle Bedeutung (S. .335 und 336). In demselben Jahre gibt Marks (1895) nach Untersuchungen an Schaf, Rind, Pferd und Schwein an, daß sich frei- mündende Schweißdrüsen zwischen den Haaren nur beim Schweine häufig fanden, bei den anderen Tieren nur ganz ausnahmsweise. Nach Römer (1898) sind Haare und Schweißdrüsen ontogenetisch und phylogenetisch innig miteinander verknüpft, und dort, wo diese Beziehungen heute nicht mehr — 27 — sichtbar sind, liegen sekundäre Verhältnisse vor (also direkt gegen Maurer). Das Haarkleid wird nach Römer zu einer Zeit entstanden sein, als das Klima eine erhebliche Abkühlung erlitt. Wahr- scheinHch ist der Entstehung des Haarkleides eine Erwärmung des Blutes vorhergegangen oder wenigstens gleichzeitig damit aufgetreten. Mit der Erhöhung der Körperwärme und mit ihrem Schutze mußte noch ein Wärmeregulierungsapparat verbunden werden und das waren die Sehweiß- drüsen. An den Sohlenballen verschiedener Tiere, z. B. der Eatten und der Mäuse, liegen mächtige tubulöse Drüsen, die meistens für Schweißdrüsen angesprochen werden. Bei sonst schweißdrüsen- losen Tieren pflegen sie an diesen exponierten Stellen vielfach noch vorhanden zu sein. Sie haben nun an manchen Stellen eine äußerst regelmäßige Anordnung, wie sie sonst nur den Mittelhaaren zukommt. Das hat Römer auf den Gedanken gebracht, daß hier ursprünglich Haare gestanden haben, die später zu diesen Drüsen geworden sind. Das Vorkommen von Haaren an solchen Stellen hat nach Römer nichts Befremdendes, nachdem wir gesehen haben, daß bei Ornithorhynchus an den Sohlen der hinteren Extremitäten die Mittelhaare samt ihren tubulösen Drüsen noch gut entwickelt sind. Rabl (1902) bemerkt, daß in der Kopfhaut die Knäuel der Knäueldrüsen stets in dichtester Nähe der Haarfollikel von gemeinsamen, horizontalen Maschen des Corium umschlossen liegen. Der Äusführungsgang jedoch wendet sich von dem Follikel ab, da dieser eine schiefe Lage besitzt, während jener in senkrechter Richtung nach außen zieht. Nur an den J/o/Zschen Drüsen läßt sich nachweisen, daß der Gang regelmäßig in den Haarbalg einmündet, häufig in der Weise, daß er sich zuvor mit dem Ausführungsgange der kleinen Talgdrüse der Cilien vereinigt. Talke (1903) hat bei seinen Untersuchungen an den großen Achseldrüsen des Menschen die Einmündung in einen Haarbalg niemals gesehen. Backmund (1904) fand bei der Katze niemals eine auf der Haut freimündende Schweißdrüse, stets nur Mündungen in den Haarbalg. Wimpfheimer (1907) teilte Untersuchungen mit über das Vorkommen, die Gestalt und Entwicklung der Schweißdrüsen bei einer Reihe von Säugetieren. Er konnte bei Maulwurfembryonen die allmähliche Abwanderung der Schweißdrüsen vom Haarbalge bis zur freien Mündung auf der Haut allmählich verfolgen. Auch bei anderen Tieren wurde ein allmähliches Indiehöherücken der Schweißdrüsen an den Haarbälgen während der Ent- wickelung verfolgt, doch scheinen sie an den behaarten Hautstellen nur von den Haarbälgen aus sich zu entwickeln. Auch bei einem Embryo von Tarsius spectrum traten die Schweißdrüsen von den Haarbälgen aus ab, doch fanden sie sich nur an einem kleinen Teile aller Haare. Freimündende Schweißdrüsen wurden nicht gefunden und sind die Schweißdrüsen auch hier wohl sicher aus der Haaranlage entstanden. Auch an der Kopfhaut von zwei menschlichen Embryonen von 12 und 23,5 cm Länge sowie von einem Neugeborenen fand Wimpfheimer zahlreiche, weit entwickelte Schweißdrüsen, die keine Beziehungen zu einem Haare erkennen ließen. Es wurden aber auch Schweißdrüsenanlagen beobachtet, die oberhalb der Talgdrüsen in den Haarbalg mündeten. Er nimmt danach an, daß auch beim Menschen Schweißdrüsen von Haarbälgen aus entstehen; ob daneben noch Schweißdrüsenanlagen im Bereiche der behaarten Haut direkt von der Epidermis ausgehen, bleibt noch offen. In demselben Jahre untersuchte Diem (1907) die Entwickelung der Schweißdrüsen bei Schaf, Schwein, Rind, Hirsch, Reh, Fledermaus und Mensch. Bei den fünf zuerst genannten Säugetieren geht die Entwicklung an den behaarten Körperstellen fast stets von einer Haaranlage aus. Zu jedem Haare gehört eine Schweißdrüse. Ausgenommen sind nur die Sinushaare, einzelne Haare der Lipjje, die Haare des Bastes bei Reh und Hirsch und vielleicht einzelne Haare des sehr dicht behaarten Rückens des Rehes. Bei der Fledermaus fanden sich in der Rückenhaut große individuelle Schwankungen in dem Reichtume an Schweißdrüsen. In den untersuchten spä- — 28 — teren Entwicklungsstadieu stehen sie meist dicht neben einer Haaranlage, nur wenige entspringen frei von der CyUnderschicht. Wahrscheinlich werden sie also wohl auch hier von den Haaranlagen aus entstehen. An den behaarten Körperstellen des Menschen fand Diem die Schweißdrüsenanlagen nur äußerst spärlich im Vergleiche zur Zahl der Haaranlagen. Die Schweißdrüsenanlagen gehen fast ausschließlich frei von der Cylinderschicht zwischen den Haaranlagen aus, wie an der unbe- haarten Haut, und nur als Ausnahme besteht ein genetischer Zusammenhang mit einem Haarbalge. Beim Hunde gehen nach Moscati (1909) die Schweißdrüsen direkt in einen Haarbalg über und zwar unterhalb und in kurzer Entfernung von dem Ausführungsgange der Talgdrüse, nur an der Zwi- schenzehenhaut münden sie oberhalb derselben aus. An dieser Stelle liegt die Mündung allerdings auch nicht selten frei auf der Oberfläche der Haut. Diese Angabe ist sehr merkwürdig, da sonst nach allen Angaben der Forscher die Schweißdrüsengänge oberhalb der Talgdrüsen einmünden, d. h. zwischen Talgdrüse und Oberhaut. Nun führt allerdings Moscati selbst schon an, daß Spatnpani (1898) die Ausmündung der Drüsen beim Hunde stets oberhalb der Talgdrüsen gefunden habe, es scheint die Ausmündungsstelle also bei verschiedenen Hunden verschieden zu liegen, vielleicht hängt das ab von der Hunderasse, was ja allerdings sehr in- teressant sein würde und für die Verfolgung der Abstammung der einzelnen Eassen von Wert sein könnte. Merkwürdigerweise hat auch Le.ydig (1857, S. 87) vom Hunde eine Ab- bildung gegeben, bei der die Ausmündung der Schweißdrüse unterhalb der Talgdrüse liegt. Die Beobachtung von Moscati würde hierdurch bestätigt werden. Zugleich mit dieser Abbildung gibt Leydig noch eine weitere vom Kalbe, auf der die Einmündung des Schweißdrüsenganges wiederum unterhalb der Talgdrüse liegt. Daß ein so ausgezeichneter Beobachter wie Leydig sich bei seineu Abbildungen geirrt haben sollte, kann man als ausgeschlossen ansehen; es müssen also beim Kalbe sich auch solche Verhältnisse finden. Ich selbst habe über Kalb und Eind keine Erfahrungen; bei einem von mir untersuchten Hunde fand ich die Einmündung der Schweißdrüsen oberhalb der Talgdrüsen, wie ich es auch sonst bei meinen Untersuchungen stets gefunden habe. Es würde hier- nach aber jedenfalls interessant und wünschenswert sein, weitere Untersuchungen bei Hund und Eind auszuführen. An den Sohlen des Hundes münden die Schweißdrüsen frei. Nach Kränzle (1911) finden sich in der Haut des Hausschweines sowohl freie wie zu Haarbälgen gehörige Schweißdrüsen. Er führt dabei an, daß beim Menschen freie Schweißdrüsen über den ganzen Körper verbreitet sind, und daß ihre Entwicklung nach Stöhr nur ausnahmsweise von der Haaranlage ausgeht, daß bei Tieren dagegen die Schweißdrüsen bis auf die Hautdrüsenorgane mit den Haaren gepaart sind, und daß nach Stöhr zu jedem Haare eine Schweißdrüse gehöre, ausgenommen seien nur die Sinus- haare, die nur Talgdrüsen besitzen. Die Entwickelung der Schweißdrüsen geht durchweg von den Haaranlagen aus (S. 545). — Interessant ist es, daß nach den Angaben von Kränzle beim Schweine an manchen Stellen die Talgdrüsen sehr reduziert sind, während die Schweißdrüsen verhältnismäßig gut entwickelt sind. So an der Unterbrust und am Bauche, wo die Talgdrüsen kurze, dünne Schläuche darstellen, deren Lumina nur von einer Eeihe verfetteter Zeilen eingenommen werden, so an den Extremitäten, wo die Schweißdrüsen gut, die Talgdrüsen aber sehr schwach entwickelt sind. Am Metacarpus und Metatarsus stellen die Talgdrüsen nur kleine, halbkugelige oder kurzröhrige Aus- buchtungen der Haarbälge dar, die leicht zu übersehen sind. Außer den gewöhnlichen großkalibrigen Schweißdrüsen fand Kränzle in dem dorsalen Abschnitte der ,, Zwischenklauenhaut" stark entwickelte ,,kleinkalibrige" Knäueldrüsen, die aber keine zusammenhängenden Drüsenmassen bilden. Es ist dies eine von den im ganzen nur wenigen Angaben, aus denen hervorgeht, daß auch bei den Tieren — 29 — kleinere und größere Schweißdrüsen vorkommen. Brinkmann (li)lla) fand bei seinen eingehenden Untersuchungen bei Wiederkäuern, daß frei ausmündende Schweißdrüsen gar nicht vorhanden waren; Haar und Drüse gehen nach ihm ursprünglich aus derselben Epidermisanlage hervor. Während gewöhnlich mit einem Haare nur eine Drüse verbunden ist, finden sich mitunter auch zwei bis drei. In seiner zweiten Arbeit, in der er eine Übersicht über die gesamten Schweißdrüsen gibt, spricht sich Brinkmann (1911b) in folgender Weise aus: „Wir dürfen auf einem sehr großen Beobachtungsmateriale fußend jetzt als bewiesen ansehen, daß alle in der be- haarten Haut der Säujjetiere befindlichen Schweißdrüsen ursprünglich aus den Haaranlagen hervorgehen, und nur selten sich so weit von dem zugehörigen Haare durch sekundäre Umlagerungen entfernen, daß sie nicht in diesem Falle im Haar- trichter münden. Kann nun dies auf die Schweißdrüsen der unbehaarten Hautstellen übertragen werden? Ich meine ja." Brinkmann geht dann auf die Untersuchungen von Pinkus (1904 und 1906) näher ein. Er führt dabei an, daß Pinkus an der Vola manus und Planta pedis des Menschen, sowie an den ent- sprechenden Stellen der anderen Säugetiere keine Spur der Haarscheiben nachweisen konnte und es fehlten hier auch die Haare, Arrectores, Talgdrüsen und Schuppenrudimente, es wäre daher mög- lich, daß die Schweißdrüsen hier als besondere Gebilde anzusehen wären, die nie — auch nicht in ihrer Phylogenese — zu den Haaren in Beziehung standen. ,,Wäre aber noch eine der Organellen des Haarbezirkes (Pinkus) hier aufzufinden, dann würde die Sache selbst- verständlich anders aufgefaßt werden müssen. Mir ist dies vor ein paar .Jahren gelungen. .-Xn den Zehenballen einer Beutel- ratte (Chironectes variegatus) kommen die Haarscheiben (fungiforme Papillen) in bis jetzt ungeahnter Größe und Ent- wicklung vor, und sie stehen genau in denselben topographischen Beziehungen zu den Schweißdrüsen, wie in den Haar- bezirken: zu jeder Haarscheibe gehört eine Schweißdrüse, nie mehr, nie weniger. (Brinkmann 1909 oder 1910). Meiner .\nschauung nach ist dieser Fund ein überaus starkes Judicium, daß die Schweißdrüsen, wenn nicht ontogenetisch, so doch auf jeden Fall phylogenetisch auch hier an Haarbezirke geknüpft waren. Ob die Haare an diesen Stellen überhaupt je- mals zur Entwicklung oberhalb der Epidermis kamen, ist zweifelhaft. Sie sind wohl auf jeden Fall gleich von Anfang an durch sofortige Abnutzung während des Gehens auf der Erde und die dadurch entstandene starke Verdickung der Epi- dermis in ihrer Entwiekelung unterdrückt worden, und sind mehr oder weniger rudimentär geworden, so daß sie jetzt nicht mehr als selbständige Gebilde auftreten. Schließlich möchte ich hervorheben, daß alle neueren Untersuchungen darauf hinweisen, daß die Schweißdrüsen der behaarten Haut ontogenetisch stets in Beziehung zu den Haaranlagen stehen, und in der unbehaarten Haut aller Wahrscheinlichkeit nach jedenfalls phylogenetisch dasselbe tun. Freie Schweißdrüsen sind eine sekundär entstandene Eigentümhchkeit." (S. 1187—1189.) Hojer (1914) fand bei der Katze, daß jedes Mittelhaar seine Schweißdrüse besitzt, auch in den seitlichen Gruppen finden sich solche, so daß wahrscheinlich auch jedes seitliche Stammhaar eine Schweißdrüse hat. Die Schweißdrüse findet sich stets an der unteren, der Epidermis abgekehrten, Seite des Mittelhaares. Der Ausführungsgang der Schweißdmse ist weit dünner als der Drüsenschlauch, es ist in ihm kein Lumen oder höchstens ein ganz kleines wahrzunehmen. Der Ausführungsgang durch- bohrt den Haarbalgmuskel, wobei er sich oft ziemlich weit vom Haarbalge entfernt, um im Bogen um die Talgdrüsen herumzukommen und unmittelbar oberhalb derselben unter geringer Zunahme seines Durchmessers dem Haarbalge zuzustreben und sich mit ihm zu vereinigen. Bei der Angora- katze war außer der Schweißdrüsenanlage am Mittelhaare meist noch eine bei den seitlichen Gruppen wahrzunehmen. So ist es möglich, daß jedes Stammhaar ebenfalls seine Schweißdrüse besitzt. Eecht interessant ist es, daß, wie Hoyer (1914) mitgeteilt hat, bei dem in Starunia in Ostgalizien in einem zur Gewinnung von Erdwachs angelegten Schachte gefundenen diluvialen Ehinozeros sich nicht nur Haare, sondern auch Drüsen noch mikroskopisch nachweisen ließen. Die Haare stehen in Bündeln. Unmittelbar unter der Mündung der einzelnen Haarfollikel in den gemeinsamen Follikel des Bündels heßen sich an einzelnen Präparaten die Konturen der Talgdrüsen in Form von kurzen, an ihrem blinden Ende etwas bläschenförmig aufgetriebenen vSchläuchen erkennen. Die Schweißdrüsen konnten — 30 — an der Lippenhaut genauer untersucht werden. Ähnhch wie in der Pferdehaut bilden sie ein recht bedeutendes Konvolut von Schläuchen unterhalb eines jeden Haarbündels. Von demselben verläuft der Ausführungsgaug auf der Seite des stumpfen Winkels, den die Haarbündel mit der Oberfläche der Haut bilden (die „untere" oder nach Pinkus die „hintere" Seite des Haares), dicht an den Haaren aufwärts und mündet in den gemeinsamen Follikel des Haarbündels. Also auch bei diesem so alten Tiere verhalten sich die Schweißdrüsen bereits in derselben Weise wie jetzt bei der großen Mehrzahl der Säugetiere. Ich habe in dem Vorhergehenden versucht, eine möglichst gedrängte Übersicht zu geben über die Ansichten der Forscher betreffs der Ausmündung der Schweißdrüsen und ihrer Beziehung zu den Haarbälgen. Es ist ein auffallend buntes Bild, das diese Übersicht gibt, so bunt, daß es direkt verwirrend wirkt. Ich werde nachher zeigen können, daß diese Verwirrung sich löst, und daß das Bild ganz klar wird, sobald man die von mir hier eingeführte Trennung der Schweißdrüsen in a-Drüsen und e-Drüsen in das Bild einführt. Bevor ich hierzu übergehe, muß ich aber noch erst einen anderen Punkt berühren, nämhch die Entwicklung der Schweißdrüsen, welche für das ganze Verständnis dieser Drüsen von größter Bedeutung ist. Koelliker teilte schon 1850 in seiner „Mikroskopischen Anatomie" (Bd. 2, S. 167 — 172) und dann bald darauf 1852 in seinem „Handbuche der Gewebelehre des Menschen" auf S. 1.52 — 154 mit, daß die Schweißdrüsen des Menschen als ganz solide, leicht flaschenförmige Auswüchse des Stratum Malpighii der Oberhaut sich anlegen und den ersten Anlagen der Haarbälge sehr gleichen. Auch später hat er hierin keine Änderung eintreten lassen. Benda (1894) gibt au, daß die erste Anlage der Knäueldrüsen beim Menschen eine von einer Haaranlage oder von der unteren Seite der Epi- dermis ausgehende zapfenartige Zell Wucherung ist, die sich anfänglich nur durch das Fehlen der Papillaranlage von einer Haaranlage unterscheidet. In einer sehr eingehenden Arbeit über die Ent- wicklung der Haut, insbesondere der Haar- und Drüsenanlagen bei den Haussäugetieren (Schaf, Eind, Pferd und Schwein), hat dann Marks (1895) die Ansicht ausgesprochen, daß die von der Epidermis sich in die Cutis einsenkenden Epithelzapfen, die „primären Epithelkeime", die ge- meinschaftlichen Anlagen für Schweißdrüsen, Talgdrüsen und Haare sind. Es entwickeln sich aus ihnen sekundär an den behaarten Körperteilen in der Eegel alle drei Gebilde. Es kann sich jedoch aus ihnen auch bloß eine Schweißdrüse (an unbehaarten oder dünnbehaarten Stellen), oder unter innerer Verfettung des ganzen Keimes bloß eine Talgdrüse (Achselhöhle, Meibomsche Drüsen), oder ein Haar mit Talgdrüse, oder endlich, indem letztere sich zurückbildet (Schwein), nur ein Haar bilden. Zwischen den älteren Keimanlagen entstehen bis in die spätesten Stadien neue, nach- gebildete, primäre Keime. Die Schweißdrüsen spalten sich am frühesten vom primären Epithelkeime ab und zwar dicht unter der Epidermis. Freimündende Schweißdrüsen zwischen den Haaren finden sich häufig nur beim Schweine, bei den anderen untersuchten Tieren nur ganz aus- nahmsweise. Die Talgdrüsen entstehen später als die Schweißdrüsen, aber vor der Ausbildung des primitiven Haarkegels, auf der Grenze des mittleren und oberen Drittels des primären Epithel- keimes. Die bald beginnende Verfettung der zentralen Zellen der Talgdrüsen setzt sich auf die axialen Zellen des über der Talgdrüsenabzweigung liegenden Drittels des primären Epithelkeimes bis unter das Stratum corneum der Epidermis fort. Durch Zerfall der verfetteten Zellen entsteht hier ein (beim Schafe sehr weiter) röhrenförmiger Eaum. Das Haar selbst entsteht zuletzt in dem basalen (unterhalb der Talgdrüsenabzweigung liegenden) Teile des primären Epithelkeimes. Von der Talg- drüse an wächst nun das Haar in der Eöhre aufwärts, welche von der Talgdrüse aus durch Ver- — 31 — fettung und Zerfall der axialen Zellen im oberen Drittel de.s primären Epithelkeimes stets bereits A'orgebildet ist. Diese E Öhrenbildung vermittelt somit den Haardurchbruch. Wenn das Haar das Stratum corneum der Epidermis erreicht, ist dieses unter Abschuppung bereits von der Eöhre diirch- brochen (Pferd, Eind und Schaf) oder wird durch die Haare abgehoben (Epitrichium beim Schweine). Aus diesem Grunde kann die Anlage von Talgdrüsen nicht gut an einem Haarkeime gänzlich fehlen. Es ist aber möglich, daß sie nach Bildung der Durchbruchsröhre nicht weiter auswachsen, bald wieder völlig in den Bereich der an Umfang gewinnenden äußeren Wurzelscheide einbezogen werden und so als selbständige Drüsenbildung völlig verschwinden. Auch Römer (1898) nimmt an, daß bei der ersten Anlage derselbe Epidermiszapfen die gemeinschaftlichen Anlagen für Schweißdrüsen, Haare und Talgdrüsen enthält, und daß sich verschieden viele von diesen entwickeln können. Stöhr (1903) bemerkt, daß die Haarbalgdrüseu beim Menschen etwa um die gleiche Zeit auftreten wie der Wulst, außer diesen beiden regelmäßigen Ausbuchtungen finde man zuweilen noch eine dritte Ausstülpung. Sie liege über der Drüse auf derselben Seite des Haarbalges. Stöhr hat sie nur ein paarmal und zwar in der Haut des Eückens gefunden und kann über ihre Bedeutung nur negativen Aufschluß geben. Am meisten ähnelt sie nach ihm einer jungen Knäueldrüse, ,, allein da mir — und so weit ich sehe, auch den anderen Beobachtern keine Bilder zu Gesicht gekommen sind, die weiter vorgeschrittenen Stadien entsprächen — auch Lbina bezeichnet sie als eine vergängliche Bildung - muß ich den Beweis dafür schuldig bleiben. Daß Knäueldrüsen in der nächsten Nähe junger Haarbälge stehen, habe ich öfter beobachtet." (S.31.) Die hier von Stöhr zitierte Arbeit von Unna ist schon 1876 erschienen. Unna bildet auf Taf. 32 Fig. 22 eine Haaranlage aus den Augenbrauen eines 14wöchigen Fötus ab und zeichnet an dieser oberhalb der Talgdrüsenanlage einen Vorspruug, den er als ,, vergängliche oberste Ausbuchtirng" be- zeichnet. Diese Ausbuchtung ist sicher dieselbe, die auch Stöhr erwähnt, denn eine andere gibt es hier nicht weiter, und Stöhr hat ebenfalls vollkommen recht, wenn er sagt, daß diese Ausbuchtung ihrem ganzen Baue nach an eine Knäueldrüse erinnert. Es handelt sich nach meinen Erfahrungen in der Tat hier um die vergängliche Anlage einer Knäueldrüse, wie ich das weiter unten näher aus- zuführen haben werde. Nach Backmund (1904), der über die Entwickelung der Haare und Schweiß- drüsen der Katze gearbeitet hat, beginnt die Entwickelung der Schweißdrüse mit dem Eintritte der Haaranlage in das Stadium des Haarzapfens. Die beim Menschen in diesem Stadium auftretenden Talgdrüsenanlagen erscheinen viel später. Die Entwicklung der Schweißdrüsen geht an den behaarten Körperstellen der Katze ausschließlich von den Haaranlagen aus und ist eng verknüpft mit der Ent- wickelung des Haares. Auch die Schweißdrüsen des erwachsenen Tieres sind an das Haar gebunden. Die Schweißdrüsen der Haut des Ober- und Unterkiefers zeichnen sich durch besondere Eigentüm- lichkeiten aus: Sie entwickeln sich rascher und bilden am Ende ihrer Entwicklung lange gewundene Eöhren mit mächtigen Ausbuchtungen, die sich im extrauterinen Leben wieder zurückbilden. Ich möchte auf diese Tatsache hier besonders aufmerksam machen. Ein jedes fötale Haar besitzt eine Schweißdrüse. Von den unbehaarten Teilen der Haut entstehen nur an den Sohlenballen Schweiß- drüsen, und zwar beginnt die Entwickelung dieser später als die der übrigen Schweißdrüsen. Merk- würdigerweise gibt Backmund hierbei noch an, daß die Sohlenballendrüsen im erwachsenen Zustande ihrem histologischen Charakter nach mit dem der übrigen Schweißdrüsen übereinstimmen. Icii will hierzu gleich bemerken, daß das unrichtig ist, denn die Sohlendrüsen sind zweifellos e-Drüsen, während die sonstigen Schweißdrüsen der Katze a -Drüsen sind. Beccari (1909) hat dann über die Entwicklung der Schweiß- und Talgdrüsen bei den Schafen unter Chiarugi gearbeitet. Er konunt ebenfalls zu dem Ergebnisse, daß der Haarbalg und die Schweiß- — 32 — drüsen aus derselben primitiveu Anlage nach Teilung derselben in zwei sekundäre ihren Ursprung nehmen. Die Talgdrüse entwickelt sich erst später, sie bereitet durch die Auflösung ihrer höher gelegeneu Zellen die Höhlung für den Haarkanal vor und damit auch für den Durchtritt des oberen Teiles des Schweißdrüsenausführungsganges durch die Epidermis. Die Höhlung des Haarkanales wird also zuerst ausschUeßlich durch die Tätigkeit der TalgzeUen hergestellt und dann teilweise auch durch die Höhlung des Ausführungsganges der Schweißdrüse. Das vorwachsende Haar vervollständigt nur diese Höhle und bewirkt ihren Durchbruch nach außen hin. Weiter hat Beccari (1910) über die „suborbitalen Drüsenkörper", die sich in entsprechenden Taschen bei vielen Wiederkäiiern unter dem Auge finden, gearbeitet. Er fand in ihnen übrigens eine ganz charakteristische blasenförmige Sekretion. Was die Entwicklung dieser Organe betrifft, so zeigte sich, daß die Anlagen der Schlauchdrüsen hier von vornherein viel größer sind als in der übrigen Haut, und daß infolge dessen die Haaranlagen, die hier ebenfalls vorhanden sind, den Drüsenanlagen gegenüber zurücktreten, während sonst in der Haut das Verhältnis umgekehrt ist. In den Haarbälgen, die zu der Drüsenmündung werden, kann das Haar sich allmählich zui'ückbilden, eventuell völlig verschwinden. Ich möchte hier auf diese Beobachtung besonders aufmerksam machen. Bei seiner Untersuchung über die embryonale Ent- wicklung der Kückendrüse von Dicotyles fand Houy (1910), daß diese ein Komplex von alveolären und zusammengesetzten tubulären Drüsen ist. Die letzteren gehen in der Entwicklung voraus. Beide Drüsenarten stehen anfangs in Beziehung zu Haarbälgen, deren Anlagen früher auftreten und viel dichter stehen als in der benachbarten Haut und die sich später zurückbilden. In der zweiten Auf- lage seiner Entwicklungsgeschichte hat dann Bonnet (1912) sich dahin geäußert (S. 257), daß die Anlagen der Haarbalgdrüsen aus der äußeren Wurzelscheide entstehen. Nur an wenigen Körper- stellen (Vorhaut, roter Lippensaum) entstehen Talgdrüsen unabhängig von Haaranlagen, direkt aus der Epidermis, ..doch ist anzunehmen, daü ihre Anlagen auch an diesen Stellen ursprünglich an allmählich rückbildende Haare geknüpft waren. Denn man hat Beispiele, daß sich Talgdrüsen nach Rückbildung einer Haaranlage oder nach Ausfall 'des Haares als selbständige Gebilde erhalten."' Die Knäuel- oder Schweißdrüsen legen sich von der Epidermis aus an. Hierzu bemerkt Bonnet aber: ,,Auch die erste Anlage der Knäueldrüsen scheint anfänglich an die Anwesenheit von Haaren gebunden gewesen zu sein. Die meisten Knäucldrüscn entwickeln sich nämlich aus dem Epithel des Haarzapfens und sondern sich erst nach- träglich mit eigener Mündung von der äußeren Wurzelscheide. Die Knäueldrüsen der Achselhöhle erreichen ihre volle F^ntwicklung erst mit der Ausbildung der Achselhaare beim Eintritt der Pubertät." (S. 257.) Eine sehr interessante und eingehende Arbeit, wieder unter der Leitung von Chiarugi ent- standen, ist dann von Carossini (1912 — 1913) veröffentlicht worden über die Ent Wickelung der Schweißdrüsen in der menschlichen Haut, besonders in Hinsicht auf ihre Beziehung zu der Entwick- lung des Haarapparates. An den verschiedenen Körpergegenden des Menschen lassen sich die Schweiß- drüsen inbezug auf ihre Entwickelung und ihr Verhalten gegenüber den Haaren in zwei Arten zer- legen: 1) Drüsen, die an den Haarbalg angeschlossen sind, 2) freie Drüsen. Die an die Haarbälge angeschlossenen Drüsen finden sich bei weitem vorwiegend bei dem größten Teile der Säugetiere: Diese Anordnung kann demnach als die primitive angesehen werden. In ihrer Entwicklung zeigt die Schweißdrüse beim Menschen (wenn sie am Ilaarbalge auftritt) nicht eine bestimmte zeithche Reihenfolge inbezug auf die anderen Bildungen des Follikels, sie entsteht bald vor der Talgdrüse, bald nach derselben, mitunter sehr spät bei ziemlich entwickelter Talgdrüse und Vorhandensein eines Scheidenhaares (behaarte Kopfhaut, Stirn usw.). So findet man Haarbälge, in welche eine Schweiß- — 33 — drüse ausmündet, häufiger am Scrotum, Labia majora, Wange, Achselhöhle usw., in anderen Gegen- den dagegen (z. B. an der behaarten Kopfhaut, an der Stirnhaut) verbleiben die Schweißdrüsen, welche an einen Follikel angeschlossen sind, augenscheinlich sehr klein und zeigen alle Anzeichen einer rudimentären Bildung. In den weiter vorgeschrittenen Stadien war es weit schwerer, einen Follikel zu finden, der mit einer Schweißdrüse versehen war, und es ist daher nicht unwahrschein- lich, daß einige Schweißdrüsen, nachdem sie sich vom Follikel aus angelegt haben, atrophieren und völlig verschwinden (Leistengegend). Die freien Schweißdrüsen stammen sicher von freien Keim- anlagen und machen eine Entwicklung durch auch an Stellen, die nicht mit Haaren versehen sind, wie an der Hohlhand oder an der Fußsohle. Carossini fand an verschiedenen Körperstellen Schweiß- drüsen, die in unmittelbarer Nähe der Haarfollikel ausmündeten (behaarte Kopfhaut, Stirn, Wange, Achselhöhle, Oberarm, Unterarm, Leistengegend). In diesen Gegenden fehlte es nicht an früh- zeitigen Entwicklungsstadien, aus denen deutlich hervorging, daß die Schweißdrüsen von Anfang an diese Beziehung zu den Follikeln besaßen. Carossini hält daher die Hypothese von de Meijere (1894), die wieder aufgenommen worden ist von Wimpfheimer (1907), nicht für gerechtfertigt, nach der beim Menschen die Schweißdrüsen sich ursprünglich von einem Haarbalge aus anlegen und später durch Wanderung frei werden. Seine Untersuchung führt im Gegenteil zu dem Schlüsse, daß die Schweißdrüsen sich beim Embryo entwickeln und beim Erwachsenen verbleiben in verschiedenen Beziehungen zu der Haaranlage: unA'ollständige Untersuchungen können Veranlassimg dazu geben, anzunehmen, daß man es mit Wanderungsprozessen zu tun hat, fortgesetzte Untersuchungen aber von Serienpräparaten und von den verschiedenen Entwicklungsstadien haben Carossini das voll- ständige Fehlen einer solchen Wanderung erwiesen. Die Schweißdrüsen entwickeln sich also beim Menschen in etwas anderer Weise wie bei den übrigen Säugetieren. Nur ausnahmsweise imd häufiger oder weniger häufig, je nach den Körperstellen, entwickeln sich die Schweißdrüsen und zeigen ein solches Verhalten auch beim Erwachsenen in derselben Weise, wie man es allgemein in der Haut vieler Säugetiere findet. Eine größere Anzahl von Drüsen dagegen entstehen und erhalten sich un- abhängig von den Haarbälgen. Das Zahlenverhältnis zwischen den verbundenen und den freien Schweißdrüsen ist in den verschiedenen Körpergegenden nicht gleich, in den meisten Fällen sind die freien Schweißdrüsen weit zahlreicher. In der Haut der Geschlechtsorgane sind die an den Haar- bälgen abhängenden Schweißdrüsen vielleicht ebenso zahlreich wie die Haarbälge, auch zeigt diese Körpergegend Eigentümhchkeiten, welche sie der der anderen Säugetiere nähern. Ich habe die Ergebnisse dieser letzten Arbeit ausführlicher mitgeteilt, daß sie in der Tat recht wichtig sind. Die Übersicht der hier angeführten entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten ergibt im ganzen ein ähnliches verwirrendes Bild, wie die vorhergehende Übersicht über die verschiedenen An- sichten, welche die Art der Ausmündung der Drüsengänge betrafen. Auch die entwicklungsgeschicht- lichen Verhältnisse werden aber sofort klar, wenn man die Schweißdrüsen in die a-Drüsen und e-Drüsen zerlegt. Ich will jetzt dem Leser wieder eine Anzahl von Beispielen vorführen über die Art der Drüsenausmünduug und der Drüsenent wicklung für die beiden von mir an- genommenen Drüsenarten. Auf diese Weise wird, wie ich hoffe, der Leser sofort in der Lage sein, eine klare Anschauung über die Verhältnisse zu gewinnen. Auf Taf. I Fig. 2 sehen wir eine a-Drüse von der Katze, deren Ausführungsgang um die Haarbalgdrüse herumzieht und ungefähr zusammen mit dem Haarbalge auf der Haut ausmündet. In Fig. 3 sehen wir zwei a-Drüsen vom Schweine, von denen die eine in den Haarbalg mündet, dicht unterhalb seiner Ausmündung auf Zoolügica. Heft 7S. 5 — 34 — . die Haut, während die andere frei auf der Haut ausmündet. Ich bitte, beachten zu wollen, daß diese a-Drüsen und ebenso ihre Mündungen auf diesen beiden Bildern — und das- selbe gilt für alle folgenden — stets auf der Seite des Haarbalges liegen und aus- münden, die den stumpfen Winkel mit der Oberhaut bildet, also auf der „unteren" oder nach Pinküs „hinteren" Seite des Haarbalges. Diese Lage ist ganz charak- teristisch für die a-Drüsen. Auf Taf. I Fig. 8 sehen wir eine a-Drüse vom Hunde, die deut- lich mit ihrem trichterförmig erweiterten Ende in den Haarbalg mündet. Dies sind drei Beispiele von Tieren, auf den nächsten Figuren derselben Tafel finden wir Beispiele vom Menschen. In Fig. 4 sehen wir die Ausmündung einer Älollschen Drüse in den Haarbalg. Ich möchte hier darauf aufmerksam machen, daß, wie das auch auf der Figur angemerkt ist, die „hintere" Seite des Haarbalges bei den Cilien stets der Haut zugewendet liegt; an dieser ,, Hautseite" münden daher auch die Drüsen in den Haarbalg ein. Ein ganz ähnliches Bild zeigt Fig. 5, auf der auch etwas von der sehr wenig entwickelten Talgdrüse ein Ende unterhalb der a-Drüsenausmündung zu erkennen ist. Auf Fig. 6 sieht man eine a-Drüse aus dem Mons pubis eines deutschen Weibes, deren Ausführungsgang wieder um die Talgdrüse herumtritt, den Haarbalgmuskel kreuzt und schließ- lich in den obersten Teil des Haarbalges ausmündet. Ein ganz ähnliches Bild zeigt Fig. 7 von dem Mons pubis eines Kamerunnegers. Entsprechend ist eine a-Drüse des Chinesen auf Fig. 10 aus derselben Gegend sichtbar. Fig. 11 zeigt eine a-Drüse aus der Achselhöhle eines deutschen Weibes mit ihrer Einmündung in das obere Ende des Haarbalges und Fig. 12 aus demselben Haut- stücke auf einem sehr dicken Schnitte den ganzen Verlauf des Ausführungsganges einer a-Drüse um die Talgdrüse herum in ganz ähnlicher Weise. Ganz abweichend von diesem Verhalten der a-Drüsen ist das der e-Drüsen. Es wird zunächst genügen, wenn ich ein Beispiel davon gebe, das noch aus einem anderen Grunde aus- gesucht worden ist. In Fig. 9 sieht man einen Haarbalg aus der Achselhöhle eines Chinesen. Ihm liegen zwei verschiedene Drüsen an, a-Drüsen und e-Drüsen. Beide sind leicht zu unterscheiden. Die a-Drüsen mit hren großen Lumina und ihrer rötlichen Färbung liegen dem Haarbalge zu beiden Seiten dicht an, die Ausführungsgänge sieht man nicht. Die e-Drüse mit ihren kleinen Lumina, ihrer mehr bläuhchen Färbung und ihrem weit dichter gebauten Knäuel liegt dem Haarbalg auf der ,, vorderen" Seite an und ihr Ausführungsgang wendet sich von dem Haarbalge ab und strebt direkt der Haut zu, also einer freien Ausmündimg auf der Oberhaut, wie sie ja bekanntlich auf Schnitten der menschlichen Haut leicht zu sehen ist. Es kann dies als Beispiel dienen für die An- gabe von Rabl (1902), daß in der Kopfhaut des Menschen der Knäuel ganz dicht am Haarfollikel anliegt, der Alisführungsgang sich aber von dem Follikel abwendet, da dieser eine schiefe Lage besitzt, während jener in senkrechter Richtung nach außen zieht. Ich möchte hier gleich bemerken, daß der wahre Grund für dieses eigentümliche Verhalten sich aus der Entwickelungsgeschichte ergibt, wie ich das nachher werde zeigen können. Ich möchte hier weiter bemerken, daß auch bei Men- schen, welche sehr gerade stehende Kopfhaare besitzen, wie z. B. die Chinesen, die e-Drüse ebenfalls frei zwischen den Haaren ausmündet, trotzdem daß diese außerdem noch recht dicht aneinander liegen, und weiter, daß die Drüsenknäuel in diesem Falle einfach zwischen den Haarbälgen liegen, ohne eine besondere Annäherung an dieselben zu zeigen. Für diesen Fall würde also die von Rabl gegebene Erklärung schon nicht mehr genügen. Wie schon erwähnt, wird die Erklärung durch die Entwicklungsgeschichte gegeben. Ich will jetzt übergehen zur Demonstration einiger Bilder aus der Haut menschlicher — 35 — Embryonen. Auf Taf. VII Fig. 64 >sieht man den „primären Epithelkeim" (Marks, 1895) von einem 4 Monate alten menschlichen Embryo männlichen Geschlechtes aus der Parotidengegend. Auf der hinteren Seite des Haarbalges bemerkt man drei Vorwölbungen : die erste, der Epidermis nächste, ist die Anlage der „Sehweißdrüse", d. h. einer „a-Drüse". Die zweite, etwas heller aussehende Vor- wölbung, welche deutlich rundlich erscheint, ist die Anlage der „Talgdrüse" oder „Haarbalgdrüse". Die dritte, stark bauchig hervortretende Vorwölbung ist der „Wulst". Ganz ähnlich ist das Bild in Fig. 65, bei dem indessen die a-Drüse weniger stark hervortritt, während die Fortsetzung dei' Haaranlage in die Epidermis hinein sehr deutlich sichtbar ist. Auch auf diesem Bilde tritt die Talg- drüse wieder ausgesprochen rundlich und heller hervor. Es findet in ihr eben schon sehr früh eine Verfettung der Epidermiszellen statt. Aus dem ,, primären Epithelkeime" sondern sich also „sekundär" ab die beiden Drüsenanlagen. Statt von dem ,, primären Epithelkeime" kann man ja natürlich auch, wie das meist geschieht, von der ,, Haaranlage" sprechen, mir scheint indessen die von Marks her- rührende Bezeichnung „primärer Epithelkeim" sehr günstig zu sein, da aus ihm erst sekundär das Haar und die beiden Drüsen sich hervorbilden; ich werde daher diesen Ausdruck beibehalten. In Fig. 66 sieht man ein entsprechendes Bild von einem fünfmonatigen Embryo ebenfalls männlichen Geschlechtes. Hier ist nur die a-Drüse sichtbar, die Talgdrüse fehlt. Ob sie noch nicht angelegt ist, oder ob sie nur zufällig auf dem Schnitte nicht getroffen ist, ist mit Sicherheit nicht zu sagen, doch ist das erstere wohl wahrscheinlicher. In Fig. 67 sieht man ein entsprechendes Bild von dem- selben Embryo, bei dem aber alle Teile weiter entwickelt sind: das Haar ist in dem Haarbalge schon deutlich erkennbar, der Wulst tritt sehr scharf hervor, zu ihm hin und an ihm vorbei ziehen die Anlagen des Haarbalgmuskels, die Talgdrüse tritt sehr klar wieder rundlich und hell hervor und die a-Drüse ist schon zu einem ziemlich langen Fortsatze ausgewachsen, der bereits an der Talgdrüse vorbeizieht und bei weiterem Auswachsen den Haarbalgmuskel kreuzen würde, wie wir das ja bei den Bildern der erwachsenen Drüsen immer wieder gesehen haben. Sehr viel weiter ist die Ent- wicklung fortgeschritten in Fig. 70 bei einem 6 — 7 Monate alten Embryo, wieder ans der Parotiden- gegend. Die Talgdrüse zeigt sich hier als ein ziemlich langer und dicker Schlauch, an dessen Ein- mündung in den Haarbalg man ein Fettbläschen liegen sieht, die a-Drüse aber ist sehr weit aus- gewachsen, kreuzt schon den Haarbalgmuskel und hat an ihrem unteren Ende schon ein paar Win- dungen bekommen, die allerdings durch den Schnitt abgetrennt sind. Diese starke Entwicklung der a-Drüse an dieser Hautgegend während der Embryonalzeit ist außerordentlich interessant, da man später hier nichts mehr von diesen Drüsen sieht, es ist also zweifellos, daß sie während der weiteren Entwicklung verloren gehen. Wie sie verloren gehen, hoffe ich in einer späteren Arbeit näher besprechen zu können, daß sie verloren gehen, kann ich aber zunächst als eine Tatsache feststellen. In Fig. 71 sieht man bei etwas stärkerer Vergrößerung den obersten Teil der Haaranlage von einem Embryo von 6 — 7 Monaten. Hier ist das Haar bereits durch die Epidermis durchgebrochen. Man erkennt deutlich, wie es unten eng eingeschlossen inner- halb der Wurzelscheiden liegt, von der Stelle der Einmündung der Talgdrüse an aber sich plötzlich in einem weiten Rohre befindet, das erfüllt ist von Fett, das aus der Talgdrüse herstammt, oder wenigstens im Zusammenhang mit dieser entstanden ist. Das Rohr ist viel zu weit für die Dicke des Haarschaftes, es hat auch mit dem Haarschafte an sich zunächst nichts zu tun, sondern ist, wie das Marks zuerst angegeben hat und wie Beccari (1909) es später beim Schafe bestätigt hat, gebildet worden durch die aus der Talgdrüse austretenden Fettmengen, d. h. durch die verfetteten Epithelzellen, vielleicht noch zusammen mit der Verfettung der an dieser Stelle »selbst gelegenen — 36 — Zellen, entweder noch mit einer späteren Beteiligung der a-Drüse oder ohne eine solche. In dem vorliegenden Falle fehlt die a-Drüse. In den Fig. 68 und 69 sieht man jüngere Stadien der Haar- entwicklung von dem fünfmonatigen Embryo her, sie sind gezeichnet worden einmal, um die Bildung des Haarkanales durch die Talgzellen in früheren Stadien zu zeigen, und auch aus anderen Gründen. Auf Fig. 68 sieht man, wie der Haarkanal, der durch seine Fettfüllung deutlich hervortritt, sich in die Epidermis hinein erstreckt und diese noch nicht durchbrochen hat, d. h. die Hornschicht der- selben, das ,,Epitrichium" liegt noch über ihm. Dasselbe ist in Fig. 69 der Fall. In Fig. 68 sind wieder alle drei Vorbuchtungen des Haarbalges sehr deutlich sichtbar: die a-Drüse, die Talgdrüse und der Wulst, nach der Gegend dieses letzteren hin sieht man wieder die Anlage des Haarbalg- muskels verlaufen. Aus den besprochenen Bildern geht klar und deutlich hervor, daß die a-Drüse entwicklungsgeschichtlich sich von dem Haarbalge aus bildet, und zwar ist sie, das geht aus diesen menschlichen Bildern ebenfalls hervor, gerade so wie es bei Tieren beobachtet worden ist, dasjenige Gebilde, das sich am frühesten herausbildet. Dann erst folgt die Talgdrüse. Auch der ,, Wulst" tritt, wie aus diesen Bildern hervorgeht, sehr früh- zeitig auf, er ist ja aber kein Gebilde, das sich sekundär von dem primären Haarkeime aus abspaltet er gehört mit zur Haaranlage; auf seine Bedeutung habe ich hier nicht näher einzugehen. Gerade so also, wie wir auf den Bildern von den erwachsenen Menschen gesehen haben, daß die a-Drüse und die Talgdrüse sich stets auf der hinteren Seite des Haarbalges befinden, gerade so legen sie sich auch von vornherein an. Auch hier Lageverhältnis zueinander und zu dem Haarbalgmuskel ist von vornherein durch die Entwickelung bestimmt. Vergleicht man diese entwickelungsgeschichthchen Bilder mit den späteren im ausgebildeten Zustande, so erkennt man übrigens sehr klar, daß der Haarbalg in zwei Teile von ganz ver- schiedener Bedeutung zerfällt: einen distalen Teil, aus dem die Talgdrüse und die a-Drüse entspringen und in den sie später dementsprechend ausmünden, den ,, Haarbalgtrichter" nach der jetzigen Bezeichnung, und in einen proximalen, der die Haarwurzel aufnimmt und dementsprechend die Wurzelscheiden enthält. Vielleicht könnte man, um dies Verhalten auch im Namen deutlich auszuprägen, besser von einem ,, Drüsenteile" imd einem „Haarteile" des Haarbalges sprechen. Beide sind ihrem Baue und ihrer Bedeutung nach scharf voneinander zu trennen. Aus dem Drüsen- teile entwickeln sich nur die beiden Drüsen, er ist als eine differenzierte Epidermis anzusehen, aus der eben diese beiden Drüsenarten sich entwickeln können, im Gegensatze zu den e-Drüsen, die sich von der nicht differenzierten Epidermis aus bilden. Der „Haarteil" enthält dagegen eine noch weiter differenzierte Epidermis, welche nur für die Entwickelung des Haares bestimmt ist. Nun liegen Angaben vor, daß außer den Talgdrüsen, welche an der gewöhnlichen Stelle liegen, an bestimmten Haaren auch noch solche sich finden sollen, welche weit tiefer hegen, so von Jeß. Ich werde auf diese Angaben weiter unten noch zu sprechen kommen. Sollte das wirkhch der Fall sein, so würden diese Drüsen voraussichtlich von dem „Haarteile" ihren Ursprung nehmen, was sehr auffallend sein würde. Ich habe diese Angaben nicht nachgeprüft und kann daher nichts Näheres darüber aussagen, sie würden aber wohl noch einmal nachgeprüft werden müssen. j »j Ganz anders als die a-Drüseu legen sich die e-Drüsen an. Auf Fig. 69 sehen wir links von der Haaranlage eine e-Drüsenanlage, die von der Epidermis aus direkt in das Corium hineinwächst. Solche Bilder erhält man in genügender Menge auf jedem Schnitte durch die embryo- nale menschliche Haut. Das sind jene Bilder, wie sie Koelliker schon 1S50 dargestellt hat, jene zapfenförmigen oder fiaschenförmigen, von der Epidermis aus einwachsenden Gebilde. Ich brauche — 37 — auf sie nicht weiter einzugehen, die Entwickelung der e-Drüseu ist hinreichend bekannt. Das, was ich hier besonders hervorheben möchte, ist der große Unterschied, der auch ent- wickelungsgeschichtlich von vornherein zwischen den a-Drüsen und e-Drüsen be- steht. Das sind jene beiden Drüsenarten, die Carossini in seiner Arbeit unterschieden hat, die eine Art, die e-Drüsen, welche stets frei von der Epidermis aus in das Corium hineinwachsen, und die zweite Art, die a-Drüsen, welche von den Haarbälgen aus sich entwickeln. De Meijere (1894) hat vollkommen recht, wenn er nach seinen Untersuchungen an Säugetieren sagt, daß die tubulösen Drüsen ebenso wie die acinösen mit Recht „Haarfollikeldrüsen" genannt werden können. In der Tat haben die a-Drüsen und die Talgdrüsen genau denselben Ursprung: aus der VVurzelscheide der Haaranlage, ganz im Gegensatz zu den e-Drüsen, welche stets von der freien Epidermis aus entspringen. Das ist entwickelungsgeschichtlich schon ein grundlegender Unterschied zwischen den a-Drüsen und e-Drüsen. Ist der Ursprungs- ort ein so verschiedener, so kann man auch verstehen, wie es kommt, daß das Verhalten der Drüsen- zellen bei den beiden Drüsenarten ein so verschiedenes ist. Die e-Drüse entspringt von der Epidermis aus, die a-Drüse aber erst von einer Fortsetzung der Epidermis, die sicher schon als differenziert gegenüber der ursprünghchen Epidermis anzusehen ist. Diese Differenzierung ist dann die Ursache für das andersartige Verhalten des Drüsenepithels. Nach den vorliegenden Untersuchungen ist es wohl als sicher anzusehen, daß die a-Drüsen die primitiveren Drüsen sind, d. h. in dem Sinne, daß sie sich zuerst bei den Säugetieren angelegt haben. Sie sind von vornherein Begleiterscheinungen der Anlage der Haare gewesen, gerade so wie die Talg- drüsen. Daraus, daß die a-Drüsen sich zunächst der Epidermis abspalten, und daß sie, durchschnitt- lich wenigstens, sich früher anlegen als die Talgdrüsen, darf man vielleicht schließen, daß sie die ersten Gebilde gewesen sind, welche sich bei der ersten Ausbildung der Haare, nach dieser oder mit dieser zugleich, entwickelt haben. Erst später sind dann voraussichthch, auch phylo- genetisch, die Talgdrüsen entstanden. Diese frühere Entwickelung der a-Drüsen gegenüber den Talg- drüsen ist ja auch wieder bestätigt worden durch Houy (1910) bei seiner Untersuchung über die embryonale Entwickelung der Eüekendrüse von Dicotyles, welche aus alveolären und zusammen- gesetzten tubulären Drüsen besteht, von denen die letzteren aber in der Entwickelung vorausgehen. Welche Bedeutung diese a-Drüsen bei jenen uralten Säugetieren gehabt haben, bei denen sie sich zuerst anlegten, ist natürlich außerordentlich schwer zu sagen. Vielleicht sind es nur Exkretions- organe gewesen, welche die durch die Haare gebildeten Kanäle benutzten, um ihr Exkret bequem auf die Haut zu entleeren, vielleicht haben sie aber auch von vornherein gleichzeitig noch eine be- sondere Bedeutung für das Haar gehabt. Ob ihnen diese letztere Bedeutung, wenn sie früher über- haupt bestanden hat, bei der weiteren phylogenetischen Entwickelung der Säugetiere, zu einem Teile wenigstens, durch die ,, Talgdrüsen" abgenommen worden ist, oder ob sie jetzt noch dieselbe Be- deutung wie früher für das Haar besitzen, läßt sich vorläufig nicht sagen. Daß die „Talgdrüsen" bei den Haaren phylogenetisch nicht zugleich mit diesen aufgetreten sind, sondern erst später, dafür spricht auch die Beobachtung von Römer (1S9S), daß sich an den Haaren von Echidna die Talg- drüsen embryonal erst sehr spät anlegen (S. 22.5). Auch v. Eggeling (1900) gibt an, daß bei den Mono- tremen im Beutelbezirke Talgdrüsen beim erwachsenen Tiere reichlich vorhanden waren, aber in aUeu untersuchten Entwickelungsstadien fehlten. Sie müssen daher erst sehr spät zur Entwickelung kommen. Schweiß- und Mammardrüsen sind dagegen schon außerordentlich früh in ihren Anfängen erkennbar, sehr bald nach dem Auftreten der Anlage des Haupthaares. Das Späterauftreten der — 38 — Talgdrüsen läßt sich nach Eggeling im Sinne Maurers (1895) verwerten, indem man annimmt, daß die beiden zuerst auftretenden Gebilde, Haupthaar und Knäueldrüse, als die phylogenetisch älteren, die nach ihnen erscheinenden Nebenhaare, und vor allem die Talgdrüsen, als die phylogenetisch jüngeren anzusehen sind. Letztere haben sich nach Maurer erst nach Ausbildung des Haarkleides im Dienste des letzteren entwickelt. Wahrscheinlich werden auch die a-Drüsen von vornherein zu den Haaren Beziehungen gehabt haben, denn sie haben sich wohl wahrscheinlich zusammen mit den Haaren entwickelt. Maurer konnte sich dahin allerdings nicht aussprechen, da er eine wesentliche Beziehung der Schweißdrüsen zu den Haaren nicht annahm; Haare und Schweißdrüsen sind nach ihm unabhängig voneinander. Auch ich würde annehmen, daß die Talgdrüsen sich erst nach den Haaren, im Anschlüsse an diese, entwickelt haben, und eine wesentliche Bedeutung für sie besitzen, eine wesentlichere als die a-Drüsen. Möglicherweise ist aber ein Teil der Bedeutung, welche die a-Drüsen ursprünglich für die Haare besaßen, später auf die spezifisch differenzierten Talgdrüsen übergegangen. Für die a-Drüsen wird voraussichtlich ihre Bedeutung für die Haare von vornherein nur eine Nebenfunktion gewesen sein, ihre Hauptfunktion war eben eine exkretorische. Das späte Auftreten der Talgdrüsen bei den Monotremen ist allerdings gegenüber den Ver- hältnissen bei den sonstigen Säugetieren auffallend und würde in einem gewissen Gegensatze stehen zu der Annahme von Marks, daß die Talgdrüsen den Haarkanal vorbereiten, vielleicht werden weitere Untersuchungen hierfür noch eine Erklärung liefern. Auch für die Katze gibt Backmund (1904) an, daß die Entwickelung der Schweißdrüsen mit dem Eintritte in das Stadium des Haarzapfens beginnt, daß die beim Menschen in diesem Stadium auftretenden Talgdrüsenanlagen aber erst viel später erscheinen. Also auch hier wieder ein späteres Auftreten der Talgdrüsen als der Schweißdrüsen. Aus dem Gesagten ergibt sich weiter, daß die Entwickelung der beiden Drüsen im Verhältnisse zu der des Haares bei den ver- schiedenen Säugern verschieden früh eintritt, das wird eben von der spezifischen Differenzierung der einzelnen Tierarten abhängen, immer aber tritt die Talgdrüse später auf als die Schweißdrüse. Mitunter können sich übrigens nach den vorliegenden Angaben zwei Talgdrüsen an dem- selben Haarbalge in ganz verschiedener Höhe anlegen, so beim Eichhörnchen an den Tast- haaren (Sinushaaren) der Schnauze (Hoffmann, 1898). So an den Haaren in der Vulva des Pferdes, wie Jeß (1896) angibt (S. 229): „von dem gemeinsamen Haarbalg gehen, wie bei einem Quirl, in gleicher Höhe mehrere Gänge ab, und zwar münden hier bis vier Talgdrüsensäcke gleichzeitig. Dann verläuft der Haarbalg nach abwärts ohne jede Unterbrechung; an seinem unteren Ende ergießen sich abermals mehrere Drüsen in Form eines Quirls in den Haarbalggrund (also ein Doppelquirl. Die Schweißdrüsen laufen teils neben den Talgdrüsen einher, teils winden sich dieselben zwischen den einzelnen Säcken hindurch. Charakteristisch ist es jedoch, daß, sobald die Schweißdrüse die Höhe der letzten Talgdrüsen erreicht hat, sich das Lumen sehr stark erweitert (von 0,0054 mm auf 0,0162 mm)." Auch aus diesen Beobachtungen, daß die Talgdrüsen sich hin und wieder ganz weit unten am Haarbalge vorfinden, scheint mir ihre besondere Bedeutung für das Haar hervorzugehen. Es wird aber auch hier noch weiterer Untersuchungen bedürfen, um klarzulegen, aus welchem Grunde sich in diesen beiden Fällen die Talgdrüsen in so verschiedener Höhe am Haar- balge anlegen. Daß die ,, Talgdrüsen'.' eine ganz besondere Bedeutung für die Haare als solche haben müssen, geht vor allem auch daraus hervor, daß sie beim erwachsenen Haare fast niemals vermißt werden. Fehleu sie später wirklich, so sind sie wenigstens entwickelungsgeschichtlich — 39 — nachzuweisen. So z. B. beim Schweine, wo sie nach den vorliegenden Angaben bei dem „englischen Schweine" vermißt werden, im Gegensatze zu unserem Hausschweine (Flatten, 1894), so bei den Sirenen, an den »Sinushaaren, wo sie embryonal noch nachweisbar sind, wenn auch nur sehr schwach, und bei den Cetaceen (Küketithal, 1897). Es gibt genug Haare, bei denen die a-Drüseu fehlen, die Talgdrüsen aber sind fast immer vorhanden. Sehr interessant sind in dieser Beziehung die ,, Sinus- haare", bei denen die a-Drüsen stets fehlen, während Talgdrüsen vorhanden sind. Aus der soeben mitgeteilten Beobachtung von Kükenthal geht aber hervor, daß sie auch bei den Sinushaaren ur- sprünglich angelegt werden und also erst während der weiteren Entwickelung verloren gehen. Warum das geschieht, ist ein Punkt, der noch genauer untersucht werden müßte. Wenn nun die a-Drüsen und die Talgdrüsen beide ,,HaarfolIikeldrüsen" sind oder ,, Haarbalg- drüsen", so ist es unrichtig, speziell die „Talgdrüsen" als ,, Haarbalgdrüsen" zu bezeichnen. Es wäre daher erwünscht, für sie einen neuen Namen zu finden. Die Bezeichnung ,, Talgdrüse" ist ja sicher für viele Fälle durchaus gerechtfertigt, aber, wie das ja schon mehrfach hervorgehoben worden ist, durchaus nicht für alle Fälle. Wissenschaftlich kann man sie ja nun sicher als „holokrine Hautdrüsen" oder, wenn man will, auch als „holokrine Haarbalgdrüsen" bezeichnen und sie dadurch auch unter- scheiden von den ,, merokrinen Haarbalgdrüsen", den a-Drüsen, aber diese Bezeichnung ist für den gewöhnlichen Gebrauch doch wohl etwas zu umständhch. Da diese Drüsen nun, wie es scheint, für das Haar eine ganz besondere Bedeutung haben, so möchte ich vorschlagen, sie als ,, Haardrüsen" zu bezeichnen. Es ist das wenigstens ein einfacher Name, der eine gewisse funktionelle Begründung hat. Das Sekret dieser Drüsen hat ja sicher nicht nur Bedeutung für das Haar, sondern auch für die Haut, aber hauptsächlich doch wohl für das erstere. Für den gewöhnlichen Gebrauch der mensch- lichen Anatomen paßt ja auch die Bezeichnung ,, Talgdrüse" ganz gut, und wird als alteingebürgerter Name wohl auch noch lange beibehalten werden, als allgemeinere Bezeichnung aber würde „Haar- drüse" doch wohl vorzuziehen sein. Für die ,, Haardrüse" ist es übrigens sicher auch nicht ohne Bedeutung, daß sie nicht direkt von der Epidermis ausgeht, sondern von dem schon differenzierten Epithel des Haarbalges. Überall, wo man sogenannte „freie Talgdrüsen" in der Haut findet, kann man wohl mit Sicherheit annehmen, daß sie ursprünglich von einer Haaranlage herstammen, wie das ja auch bis jetzt mit wenigen Ausnahmen angenommen wird (Vorhaut, Lippenrot). Ob an diesen Ausnahme- steilen in der Tat eine freie Anlage stattfindet, müßte wohl noch erst durch weitere Untersuchungen erwiesen werden. Wie Marks seinerzeit schon hervorgehoben hat, können sich eben aus dem ,, pri- mären Epithelkeime" sekundär verschieden viele Gebilde entwickeln, es können sich alle drei ent- wickeln : Haar, Haardrüse und a-Drüse, oder es können sich nur die einen oder die andern von diesen entwickeln, resp. nur kurze Zeit entwickeln und dann wieder zugrunde gehen. So würde bei den sogenannten freien Talgdrüsen die a-Drüse fortgefallen sein, Haar und Haardrüse würden sich ent- wickelt haben, dann würde das Haar rudimentär geblieben sein und ausgefallen sein und die Drüse allein würde übrig geblieben sein. Es sind ja hierfür genug Übergangsformen bekannt, in denen die Haardrüse mächtig entwickelt ist, während das Haar nur ganz unscheinbar, rudimentär noch vorhanden ist. Für eine derartige Entwickelung der freien Talgdrüsen an der Lippe würde auch die Beobachtung von Kränzte (1911) sprechen, daß beim Schweine an der ünterhppe in der ,,Zona cutanea interna" kleine, kaum 1 mm lange Haarbälge mit Talgdrüsen vorhanden sind, die den freien Talgdrüsen des Menschen entsprechend würden. Auch von den großen zusammengesetzten Talg- drüsen, den Meibomschen Drüsen der Lider, gibt v. Eggeling (1904) an: „Meist entstehen die letzteren - 40 — aus Talgdrüsen von Haaren nahe dem freien Lidrande, während die zugehörigen Haare verloren gehen." (S. 40—41.) In Fig. 69 ist noch etwas weiteres zu erkennen, was recht interessant ist. Ich habe schon früher bei der Besprechung der Fig. 9 auf Taf. I angegeben, daß die e-Drüse oft ganz ähnlich wie die a-Drüsen dem Haarbalge dicht anliegt, und daß sich erst ihr Ausführungsgang von dem Haare abwendet, um zur freien Ausmündung nach der Epidermis hinzuziehen. Solche Bilder findet man sehr häufig, ja, man kann wohl sagen, an manchen Hautstellen gewöhnlich. Auch auf Flächen- schnitten tritt diese Lagerung sehr deuthch hervor, namentlich, wenn beide Drüsen demselben Haare anliegen, also an dieser Stelle zusammen vorkommen, was ja selbstverständhch nicht immer nötig ist. So sehen wir auf Taf. II Fig. 15 ein Bild von einem Flächenschnitte aus der Achselhöhle eines Chinesen. Man erkennt einen Haarquerschnitt, um den herum, dicht aneinander gelagert, teil- weise direkt miteinander vermischt, a-Drüsen und e-Drüsen liegen, die sich durch die Größe ihrer Lumina und ihre Färbung deutlich voneinander abheben. Wie auf Taf. I Fig. 9 liegen beide Drüsen- arten dem Haare unmittelbar an. Auf Taf. III Fig. 17 sieht man ein anderes entsprechendes Bild aus der Haut des Mons pubis desselben Chinesen. Auch hier liegen beide Drüsenarten auf dem Flächenschnitte dem Haare wieder dicht an, doch sind beide nicht so groß, namentlich nicht die a-Drüse, so daß das Bild im ganzen klarer ist. Es war nur natürlich, daß dieses enge Anliegen, auch der e-Drüsenknäuel, an dem Haarbalge die Annahme begünstigte, daß auch die „kleinen" Schweiß- drüsen zu den Haaren in Beziehung ständen, machte man doch keinen Unterschied zwischen den Schweißdrüsen im allgemeinen und kannte man doch von den Tieren her den meist so engen Zu- sammenhang zwischen Haar und Schweißdrüsen. Auch mich hat dieses so häufige Anliegen der e-Drüsenknäuel an den Haarbälgen, während die Ausführungsgänge sich, wie ich bald erkannt hatte, von den Haaren direkt abwenden, jedenfalls nichts mit ihnen zu tun haben, länge Zeit in Verlegen- heit gebracht. Ich konnte nicht verstehen, warum die e-Drüsenknäuel, die doch, wie ich durch meine Untersuchungen schon wußte, mit dem Haare absolut nichts zu tun hatten, sich so dicht an dasselbe anlegten. Es sprach dies für das Bestehen irgend einer Beziehung zwischen Haar und e-Drüse, die mir aber zunächst völlig unklar war. Erst die embryonalen Bilder schafften da Aufklärung, und wie so oft, war die Erklärung dieses scheinbar so schwierigen Falles sehr einfach. Auf Taf. VI Fig. 69 habe ich ein Bild wiedergegeben, das die Aufklärung für das besprochene eigentümUche Verhalten ergibt. Fast alle Haare bei uns Deutschen, und wohl bei den Europäern im allgemeinen, haben eine ziemlich schräge Lage zur Oberhaut und legen sich in dieser Weise schon embryonal an. Die e-Drüsen dagegen wachsen mehr oder weniger senkrecht von der Epidermis in das Corium hinein. So kann es leicht kommen, daß eine solche e-Drüsenanlage in der Tiefe des Corium auf ein schräg liegendes Haar stößt und bei der weiteren Entwickelung wird dann der Knäuel dicht an dem Haarbalge anhegen können und zwar im wesenthchen auf der „vorderen" Seite desselben, da diese ja unter spitzem Winkel zur Haut verläuft und dem entsprechend nach oben zieht und daher von der hereinwachsenden Drüse getroffen werden muß. Selbstverständhch sieht man auf embryo- nalen Schnitten nicht überall dieses Verhalten, denn es gibt eine Menge von e-Drüsen auf dieser Entwickelungsstufe, welche gar keine Beziehung zu den Haaren erkennen lassen, aber ein solches Bild, wie das auf Fig. 69 genügt ja vollkommen, um das Verhältnis zwischen e-Drüsen und Haar balg klarzulegen. Bei der Besprechung des Bildes auf Taf. I Fig. 9 habe ich ja auch hervorgeho- ben, daß die e-Drüse auf der „vorderen" Seite des Haarbalges sich befindet. Werden die e-Drüsen- knäuel groß, so können sie sich mehr oder weniger weit um den Haarbalg herumlegen, so daß — 41 — sie dann nicht nur auf der „vorderen", sondern auch auf anderen Seiten dem Haarbalge anHegen, und in noch ausgedehnterem Maße kann ein solches Bild entstehen, wenn andere e-Drüsenanlagen, die sich in der Nähe des Haares befinden, mit ihren Knäueln so nahe an den Haarbalg heranrücken, daß sie auf dem Schnitte mit getroffen werden. Rabl (1902) hat also ganz recht, wenn er. sagt, daß in der Kopfhaut die Knäuel der Knäueldrüsen zwar stets in dichtester Nähe der Haarfolhkel von gemeinsamen, horizontalen Maschen des Corium umschlossen liegen, daß der Ausführungsgang aber sich von dem Follikel abwendet. Als Grund dafür gibt er an, daß der Follikel eine schiefe Lage besitzt, während der Ausführungsgang in senkrechter Eichtung nach außen zieht. Er gibt mit dieser Erklärung aber keine wirkliche Erklärung, sondern nur eine Beschreibung des vorliegenden Bildes. Eine Erklärung ergibt erst die Entwickelung der beiden Teile, wie ich sie soeben vorgeführt habe. Es geht aus dem bisher Besprochenen hervor, daß die e-Drüsen niemals einen Zusammenhang mit einem Haarbalge besitzen, auch nicht embryonal. Sie legen sich stets frei von der Epidermis aus an und behalten diese freie Ausmündung wäh- rend des ganzen Lebens. Sie haben also auch mit den „primären Epithelkeimen" absolut nichts zu tun. Im Gegensatze zu ihnen legen sich die a-Drüsen ursprünglich stets im Zusammenhange mit einem Haarbalge an, von diesem entspringend, als ,, sekundäre Differenzierungen" des „primären Haarkeimes". Wo also eine a-Drüse auf- tritt, ist ganz sieher auch ein ,, primärer Epithelkeim" vorhanden gewesen, höchstwahrscheinlich auch ein Haar, das hier aber eventuell rudimentär geworden und ausgefallen sein kann. Nun haben die Untersuchungen einer größeren Anzahl von Forschern ergeben, daß die a-Drüsen unter Um- ständen an dem Haarbalge während ihrer weiteren Entwickelung in die Höhe wan- dern können und auf diese Weise sogar von dem Haarbalge aus auf die benachbarte Epidermis abwandern können, so daß sie dann ganz frei ausmünden, ganz ähnlich wie die e-Drüsen. Es wird das wohl in der Weise zustande kommen, daß während der Entwickelung der Haarbalgtrichter sich ei'weitert, so daß er teilweise zur Epidermis gezogen wird, dann muß die Ausmündungsstelle der a-Drüse auch entweder in das oberste -Ende des Trichters oder schon auf die Epidermis verlegt werden, aber immer ganz in der Nähe des Haares verbleiben. Augenscheinlich kommen auch weiter Fälle vor, in denen von der primären Anlage aus schließlich nur die a-Drüse übrigbleibt, so daß sie dann erst recht als eine frei ausmündende Drüse erscheint; ich erinnere hier an das Bild, das ich auf Taf. I Fig. 3 vom Schweine gegeben habe. Von verschiedenen Forschern ist angegeben worden, daß gerade beim Schweine verhältnismäßig viel freie Drüsen vor- kommen, aber auch bei anderen Tieren sind sie gefunden worden. Die Abwanderung der Einmündung in den Haarbalg auf die Oberfläche der Epidermis ist z. B. beim Maulwurfe von Wimpfheimer (1907) eingehend untersucht worden, und ich habe oben bei der Besprechung der Bilder auf Taf. VII Fig. 61 und 63 schon dieses Verhalten des Ausführungsganges der a-Drüsen erwähnt. Von e-Drüsen findet man also nur freimündende, von a-Drüsen solche, die in den Haarbalg münden und solche, die frei münden. Wenn nun, wie das bei den bisherigen Untersuchungen stets ge- schehen ist, auf die Art der Drüse weiter nicht geachtet wird, sondern nur angegeben wird, daß sich bei dem Tiere und an der Hautgegend freimündende Drüsen vorfinden im Gegensatze zu den sonst in die Haarbälge einmündenden, so kann man sich nach dem Gesagten leicht vorstellen, daß solche Angaben zu der Frage der Verteilung der beiden Drüsenarten in der Tierwelt nicht klärend, sondern nur verwirrend wirken können. Ich habe diese Einwirkung an mir selbst sehr deutlich empfunden, als ich es zuerst versuchte, mir an der Hand der Literatur ein Bild zu entwerfen von unseren bis- Zoologica. Heft 7ä. 6 — 42 — herigen Kenntnissen über das Verhalten der „Schweißdrüsen". Erst, als ich selbst die Angaben der verschiedenen Autoren an den entsprechenden Präparaten, so weit mir das wenigstens möglich war, nachprüfte, kam eine erlösende Klarheit in die Sache hinein. Nun gibt de Meijere an, daß an dem Rücken eines menschlichen Embryo die Schweißdrüsen wohl einzeln für sich mündeten, sich aber doch in ihrer Stellung deutlich an die Haargruppen ge- bunden zeigten, und an der Schädelhaut war genau dasselbe der Fall. Er ist danach der Meinung, daß auch solche freimündenden Drüsen beim Menschen ursprünglich einmal Beziehungen zu den Haaren gehabt haben. Dieser Schluß ist nicht richtig. Wenn die freimündenden e-Drüsen beim Menschen zwischen den Haaren oder den Haargruppen ausmünden, so müssen sie natürlich topo- graphisch irgendwie so angeordnet sein, daß ihre Mündungen zwischen den Haaren oder Haargruppen zum Vorschein kommen. In der Parotidengegend des Menschen sieht man z. B. deutlich, daß die Ausführungsgänge der e-Drüsen stets ungefähr in der Mitte zwischen zwei Haargruppen in die Höhe ziehen und ausmünden; auf Flächenschnitten läßt sich dieses Verhalten sehr deutlich erkennen. Es besteht hier also ein scheinbar bestimmtes Verhältnis zwischen den Schweiß- drüsen und den Haargruppen, das aber doch nur auf eine zufällige topographische Anordnung der beiden Gebilde zurückzuführen ist. Nun ist es ja zweifellos sehr auffallend, daß bei vielen Tieren, welche sonst nur a-Drüsen besitzen, gerade an den unbehaarten Sohlen e-Drüsen auftreten, am bekanntesten sind ja die Sohlen der Katzen und Hunde, der physiolo- gischen Versuchstiere. Da hat man dann angenommen, daß auch die Sohlen ursprünglich behaart gewesen sind und daß von dieser Zeit her noch die Drüsenanlagen hier übrig geblieben sind, nachdem die Haare zugrunde gegangen sind. Nun sind aber die Drüsen, wenigstens die, welche man bei Katze und Hund auf der Sohle findet, e-Drüsen, die mit Haaren nichts zu tun haben. Für diese Tiere ist also die Annahme von früher vorhandenen Haaren nicht nur nicht nötig, son- dern das Vorhandensein der e-Drüsen spricht sogar sehr deutlich dafür, daß hier niemals Haare vorhanden gewesen sind, denn sonst würden neben den e-Drüsen sich sehr wahrscheinlich noch Reste von a-Drüsen erhalten haben. Die e-Drüsen liegen an diesen Stellen aber auch so dicht, daß für Haar- und a-Drüsenanlagen gar kein Raum vorhanden sein würde. Es geht daraus hervor, daß auf diesen ursprünglich haarlosen Hautstellen e-Drüsen gebildet wurden, da Drüsen nötig waren, und da a-Drüsen infolge des Mangels an Haaren hier nicht entstehen konnten. Nun hat Brinkmann (1911h) sich dahin ausgesprochen, daß seiner Meinung nach sämtliche Schweißdrüsen zu Haaren in Beziehung stehen, und hat zur Erklärung der eigenartigen Verhältnisse an den Sohlenballen angeführt, daß er bei einer Beutelratte (Chiro- nectes variegatus) die Pinkusiichen Haarscheiben in ungeahnter Größe und Entwickelung gefunden habe, und daß diese hier genau in denselben topographischen Beziehungen zu den Schweißdrüsen ständen, wie in den Haarbezirken : zu jeder Haarscheibe gehört eine Schweißdrüse, nie mehr, nie weniger. Nach Brinkmann ist dieser Fund ein überaus starkes Indicium dafür, daß die Schweiß- drüsen, wenn nicht ontogenetisch, so doch auf jeden Fall phylogenetisch auch hier an Haarbezirke geknüpft waren. Ob die Haare an diesen Stellen überhaupt jemals zur Entwickelung oberhalb der Epidermis kamen, ist nach ihm zweifelhaft, sie sind wohl auf jeden Fall gleich von Anfang an durch sofortige Abnutzung während des Gehens auf der Erde und die dadurch entstandene starke Ver- dickung der Epidermis in ihrer Entwickelung unterdrückt worden, und sind mehr oder weniger rudi- mentär geworden, so daß sie jetzt nicht mehr als selbständige Gebilde auftreten. Diese Beobachtung von Brinkmann ist ja an sich äußerst interessant; zunächst würde aber festzustellen sein, um was — 43 — für Drüsen es sich in diesem Falle handelt. Sind es a-Drüsen, so würde die Deutung von Brinkmann leicht verständlich sein, sind es e-Drüsen, so würde die Beobachtung noch an Wichtigkeit gewinnen, denn, dann würde aus ihr hervorgehen, daß nicht nur die Haare niit ihren Anhangsgebilden, sondern auch andere Hautbildungen, die mit den Haaren gar nichts zu tun haben, zu den Pinkusachen Haar- bezirkeu in Beziehung stehen können. Eine Nachuntersuchung war mir in diesem Falle nicht möglich und auch die Arbeit von Brinkmann war mir nicht zugänglich. Ich kenne ihren Inhalt nur aus dem Jahresberichte von Schwalbe und aus den von Brinkmann in seinen anderen Arbeiten gemachten Angaben. Ich würde sonst vielleicht aus den der Arbeit beigegebenen Abbildungen haben ersehen können, um welche Drüsenart es sich handelt. Rötner (1898) bespricht diese Frage, indem er sagt, daß an den Sohlenballen verschiedener Tiere, z. B. der Ratten und Mäuse, mächtige tubulöse Drüsen liegen, die meistens für Schweißdrüsen angesprochen werden. Bei sonst schweißdrüsenloseu Tieren pflegen sie an diesen Stellen vielfach noch vorhanden zu sein. Sie haben nun an manchen Stellen eine äußerst regelmäßige Anordnung, wie sie sonst nur den Mittelhaaren zukommt. Das hat Römer auf den Gedanken gebracht, daß hier ursprünglich Haare gestanden haben, die später zu diesen Drüsen geworden sind. Das Vorkommen von Haaren an solchen Stellen hat nach Römer nichts Befremdendes, nachdem wir gesehen haben, daß bei Ornithorhynchus an den Sohlen der hinteren Extremitäten die Mittelhaare samt ihren tubulösen Drüsen noch gut entwickelt sind. In diesem letzteren Falle werden das voraussichtlich a-Drüsen sein; ich selbst hatte kein Material, um dies nachzuuntersuchen. Nun liegen weiter Angaben vor, nach denen auch bei menschlichen Embryonen au Stelleu, an denen sonst keine a-Drüsen vorkommen, hin und wieder Beziehungen der Drüsen, also in diesem Falle der e-Drüsen, zu den Haarbälgen beobachtet worden sind: Ein- mündungen der Drüsen in die Haarbälge. Da ich durch meine Untersuchungen sicher wußte, daß die e-Drüsen mit den Ilaaren absolut nichts zu tun haben, so erschien mir diese Angabe sehr auffallend und erregte den Zweifel, ob nicht doch eine noch nicht von mir gesehene Beziehung der e-Drüsen zu den Haarbälgen bestehen könnte. Ich suchte daher dauernd nach solchen Beziehungs- bildern. Das einzige, das ich hier gefunden habe, habe ich auf Tafel VIII Fig. 72 dargestellt. Man sieht hier auf einem Querschnitte aus der Parotidengegend eines männlichen Neugeborenen, daß der Aus- führungsgaug einer e-Drüse so unmittelbar neben einem Haarbalge zufällig ausmündet, daß es wohl denkbar ist, daß solche oder ähnliche Bilder es gewesen sind, welche die Angaben in der Literatur bewirkt haben. Daß die e-Drüse aber auch in diesem Falle mit dem Haarbalge nichts zu tun hat, sondern ganz selbständig neben ihm ausmündet, erkennt man deutlich an dem durch die Epidermis hindurchtretenden Ausführungsgange. Auf solche Bilder paßt dann in der Tat der Ausspruch von Maurer, daß, wenn Haare und Schweißdrüsen zusammen in der Haut vorkommen, sich auch zu- fällige Beziehungen zwischen ihnen ausbilden können. Nach dem, was ichbisher gesehen habe, bestehen also in der Tat zwischen e-Drüsen und Ilaarbälgen gar keine Beziehungen. In bezug auf diese Beziehungen der e-Drüsen zu den Haaren, d. h. eigentlich in bezug auf das Fehlen einer Beziehung zwischen diesen beiden Gebilden, liefert das Schwein recht interessante Bilder. Auf Taf . VIII Fig. 77 habe ich ein Bild aus der Carpaldrüse unseres Hausschweines gegeben. Nach Kränzle (1911) kennzeichnen sich die Carpaldrüsen „äußerlich durch Hauteinstülpungen an der medialen Seite des Carpalgelenkes und des Matacarpus. Es sind meist 4—5 (2 — 10) mit Sekret verstopfte Öifnungen, welche eine Weite von 1 — 2 mm und eine Tiefe von 5—10 mm aufweisen. Prä- pariert man die Haut dieser Region vorsichtig ab, so findet man an der Unterseite des Coriums eine scharf begrenzte — 44 — 5—10 cm lange, 1—2 cm breite und 3—5 mm dicke, gelblieh weiße Drüsenmasse. Auf Querschnitten durch vorerwähnte Einstülpungen findet man die Haut haarlos, das Corium etwas dünner als in der nächsten Umgebung und mit einem hohen, spitz kegelförmigen Papillarkürper versehen, über welchem sich die verhornten Epidermiszellen auftürmen. Die dicht gedrängten Drüsenlappen unter dem Corium zeigen 30—40 // starke Sekretröhren mit kubischem Epithel und sekret- erfülltem Lumen. Subepitheliale Muskelzellen sind vereinzelt nachzuweisen, während sie an den umliegenden, bedeutend weiteren Schweißdrüsen leicht zu sehen sind. Sie scheinen also an diesen modifizierten Schweißdrüsen in Rückbildung zu sein. Die Ausführungsgänge sind entgegen dem Verhalten der gewöhnlichen Schweißdrüsen (10—15 f<) weiter als die Sekretröhren (ca. 45 /<) und durchdringen das Corium der Säckchen in geschlängeltem Verlaufe. In einzelnen Fällen waren starke Erweiterungen (bis 180 /a) der Exkretionsröhren innerhalb der Drüsenläppchen zu beobachten." 8o weit die Beschreibung von Kränzle auf Seite 551 und 552, die, wie man sieht, auch für das vorhegende Bild der Hauptsache nach ganz gut stimmt. Ich möchte hier nun aber noch auf einiges aufmerksam machen, auf das Kränzle nicht hingewiesen hat. Kechts oben sieht man einen Haarbalg, unterhalb dessen in Fett eingebettet eine a-Drüse liegt. Der Ausführungsgang zieht zu dem Haarbalge in die Höhe und mündet in ihm aus, was bei der schwachen Vergrößerung (18) allerdings nur in großen Zügen darstellbar war. Man erkennt aber sehr deutlich, wieviel dünner dieser zarte Aus- führungsgang ist als der recht stark auch bei dieser schwachen Vergrößerung schon hervortretende Öekretionsgang der a-Drüse. Also das charakteristische Verhältnis zwischen der Dicke des Aus- führungsganges und der des Drüsenganges bei der a-Drüse. Ganz links sieht man noch ein kleines Stückchen einer solchen a-Drüse, ebenfalls wieder in das Fett eingebettet, liegen. Tiefer als diese a-Drüsen liegen nun gewaltige Lappen einer anderen Drüsenart. Kränzle bezeichnet diese als ,, modi- fizierte Schweißdrüsen", meiner Meinung nach sind es e-Drüsen. In dem Carpaldrüsenorgane des Schweines liegen also a-Drüsen und e-Drüsen zusammen, ganz ähnhch wie z. B. in der Achselhöhle des Menschen. Nur ist das Verhältnis insofern ein umgekehrtes, als beim Menschen die a-Drüsen an Menge und Bedeutung über die e-Drüsen überwiegen, während hier beim Schweine das umgekehrte der Fall ist. Hier überwiegen die e-Drüsen so stark, daß das Sekret des betreffenden Organes augen- scheinlich zum allergrößten Teile von ihnen geliefert wird. Wie auch Kränzle hervorhebt, sind die Ausführungsgänge dieser e-Drüsen hier weit dicker als die Sekretionsgänge, während sonst ja das umgekehrte der Fall zu sein pflegt. Infolge dieser bedeutenden Dicke erkennt man leicht, daß diese Ausführungsgänge schon mitten in den Drüsenläppchen, den gewaltig großen Drüsenknäueln, ent- springen und zum Teile noch mit in diesen Knäueln liegen. Dann ziehen sie, wenigstens im Anfange, ziemlich stark gewunden, dann mehr gerade verlaufend zu der in der Mitte liegenden trichterförmigen Einstülpung des ,, Säckchens" hin, werden schon im letzten Teile ihres Verlaufes im Corium wesentlich enger und durchsetzen dann als ziemlich gerade, nur ganz leicht gewundene, dünne Kanäle die Epi- dermis, um sich schließlich wieder ganz leicht trichterförmig zu erweitern. Diese Ausführungsgänge der e-Drüsen münden nur in diese trichterförmigen Einsenkungen, in denen man auf dem Bilde auch sehr schön die hohen, spitz kegelförmigen Papillen erkennen kann. Wir haben also in der Carpaldrüse des Schweines einen prächtigen Vergleich zwischen dem Verhalten der a-Drüsen und der e-Drüsen: die a-Drüsen verlaufen mit ihrem ganz dünnen Ausführungsgange stets zu einem Haarbalge hin, die e-Drüsen dagegen münden an den einzigen Stellen der Haut aus, die haarlos sind, eben jenen trichterförmigen Vertiefungen. Also auch hier wieder eine absolute Trennung zwischen den beiden Drüsenarten in bezug auf ihre Beziehungen zu den Haaren und zu der freien Hautoberf lache. Was die Aus- führungsgänge dieser e-Drüsen anlangt, so möchte ich hier schon darauf aufmerksam machen, daß nicht die ganzen Ausführungsgänge so dick sind, sondern nur die allerdings ziemlich langen ,.An- — 45 — fangsstücke" derselben. Der letzte noch im Coriuni gelegene Teil, da« „Mittelstück" ist, wie man sieht, erheblich dünner, das in der Epidermis gelegene ,, Endstück" ist zuerst ebenfalls dünn, er- weitert sich dann aber leicht trichterförmig. Wir haben also hier die oben schon erwähnten drei Stücke de.s Ausführungsganges wieder vor uns und sehen, daß sie sich verschieden verhalten. Ich werde weiter unten hierauf noch näher einzugehen haben. Kränzle hat seinerzeit diese Abteilungen des Ausführungsganges nicht erkannt; es ist also nicht, wie er angibt, der ganze Ausführungsgang in diesem Falle so besonders weit, sondern nur das ,, Anfangsstück" desselben. Ein weiteres sehr interessantes Beispiel für das Verhalten der e-Drüsen liefert die Eüssel- scheibe des Schweines. Hier finden sich recht große Drüsenmengen, die Kränzle wieder als „modifizierte Kuäueldrüsen" betrachtet. Ich halte sie wieder für e-Drüsen. Nun ist es interessant, daß auf der Rüsselscheibe nur e-Drüsen vorkommen, gar keine a-Drüsen. Dabei ist die Rüssel- scheibe, zu einem Teile wenigstens, behaart, an bestimmten Abschnitten fehlen allerdings die Haare vollkommen. Daß an den unbehaarten Abschnitten nur e-Drüsen vorkommen, wäre nach dem früher Gesagten leicht verständlich ; warum fehlen nun aber die a-Drüsen auch an den behaarten Abschnitten ? Der Gnind hierfür ist ein sehr einfacher und dabei sehr charakteristischer: die Haare, welche hier vorkommen, sind sämtlich ,, Sinushaare", mit denen zusammen sich auch zahlreiche Nerven finden, also ,, Tasthaare". An den Sinushaaren fehlen nun aber stets die a-Drüsen, folglich können hier auf der Rüsselscheibe keine vorhanden sein, da sie von den Haaren aus nicht entstehen können und von der Epidermis aus auch nicht, von dieser aus entstehen dagegen die zahlreich vorhandenen e-Drüsen. Aus der Literatur geht hervor, daß die a-Drüsen an den Sinushaaren sich embryonal anlegen, später aber zugrunde gehen. Ich habe von diesen Verhältnissen der Rüsselscheibe hier keine Abbildung gegeben, weil ich schon sehr viele Abbildungen zu dieser Arbeit zu geben hatte, und weil die Verhältnisse so einfach liegen, daß man sie sich auch ohne Bild leicht vorstellen kann. Ich will noch bemerken, daß die hier vorkommenden Sinushaare sämtlich kleine Talgdrüsen besitzen, ,, Haar- drüsen", und zwar zu beiden Seiten. Ich wiU jetzt noch kurz eingehen auf das Verhalten der Ausführungsgänge der beiden Drüsenarten. Zunächst möchte ich erwähnen, daß, wie das auch sonst schon angegeben worden ist. die Ausführungsgänge schon innerhalb der Knäuel beginnen, es tritt dieses Verhalten oft auch bei ganz schwacher Vergrößerung schon ziemlich deutlich hervor. Ich verweise hier z. B. auf das Bild eines Schnittes aus der Achselhöhle eines Chinesen auf Taf. III Fig. 18, auf dem man an mehreren Stellen, namentlich in den e-Drüsenknäueln, deutlich die verhältnismäßig großen und dunkel konturierten Lumina der Ausführungsgänge sich von den kleineren und weit schwächer kon- turierten Lumina der sekretorischen Schläuche abheben sieht. Auch auf Fig. 19 aus der Achsel- höhle eines Kamerunnegers sieht man entsprechendes. Ganz allgemein kann man sagen, daß sowohl bei den a-Drüsen wie bei den e-Drüsen der Ausführungsgang ein engeres Lumen besitzt als der sekretorische Gang. Aus diesem Grunde ist dieser letztere ja auch mehrfach als „Ampulle" bezeichnet worden. Dieser Name paßt nun allerdings eigenthch nur gut für die a-Drüsen, da bei diesen der sekretorische Teil wirkhch deutlich und erheblich dicker zu sein pflegt, als der exkretorische, trotzdem ist die Bezeichnung von den Autoren aber für beide Drüsenarten verwendet worden. Der Grund hierfür war eben sicher wieder der, daß man überhaupt keinen wesentlicheren Unterschied zwischen den beiden Drüsenarten machte. Die Bezeichnung ist übrigens sehr bequem, und, wenn man über die Verhältnisse bei den Drüsen genau orientiert ist und weiß, wie sie sich in bezug auf die Weite ihrer Lumina verhalten, auch ungefährlich in der An- — 46 — Wendung. Ich habe oben bei der Beschreibung der Maulwurfsdrüsen schon auf diesen Größenunter- schied zwischen Ampulle und Ausführungsgang aufmerksam gemacht und verweise hier dieserhalb noch einmal auf Taf. VII Fig. 61 — 63. Das Lumen der Ampulle verschmälerte sich dort ziemlich schnell, und im Anfange des Ausführungsganges erschien das Epithel etwas anders beschaffen als weiterhin, so daß dieser Abschnitt als ein besonders differenziertes ,, Übergangsstück" oder ,, Schalt- stück" oder „Anfangsstück" angesehen werden konnte. Ich erwähnte damals auch schon, daß Jeß (1896) bei den a-Drüsen des Eindes ein „Schaltstück" an dieser Stelle annimmt. Er macht auf S. 263 die folgende Angabe: „Der exkretorische Teil geht beim Pferde in den sekretorischen ohne jede Markierung über, beim Rinde dagegen findet sich zwischen dem exkretorischen und sekretorischen Teile ein mehr oder weniger langes Schaltstück, welches den Übergang des weiten Schlauchrohres in den feinen Ausführungsgang vermittelt." Über das Epithel dieses Schaltstückes spricht Jeß sich aber nicht weiter aus. Man sieht nun sowohl bei den a-Drüsen wie bei den e-Drüsen des Menschen, noch in den Knäueln gelegen, oft ganz auffallend große und helle Lumina, die sicher schon zum Ausführungsgange gehören. Nach der Menge dieser Lumina zu urteilen, muß dieses weite und noch im Knäuel liegende Stück des Ausführungsganges oft ziemlich lang und stark geknäuelt sein, nachher verläuft es dann noch in verschiedener Länge im Corium. Bei den gerade verlaufenden Drüsen des Maulwurfes war es ja sehr leicht, den ganzen Gang zu verfolgen und diesen weiten, aber sehr kurzen und rasch trichterförmig enger werdenden Anfang des Ausführungsganges sehr deutlich zu sehen. Bei den so stark gewundenen Kanälen des Menschen liegt die Sache sehr viel schwieriger. In den Figuren 57 — 59 auf Taf. VI habe ich drei entsprechende Bilder aus der Achselhöhle des Chinesen von den hier liegenden großen e-Drüsen gegeben. Auf Fig. 57 sieht man zwei Querschnitte des sekretorischen Schlauches, auf Fig. 59 einen Querschnitt aus dem Anfangsteile des Ausführungsganges und in Fig. 58 einen solchen aus einem etwas höher liegenden Teile; weiter nach oben zu wird der Gang erheblich enger. Man erkennt leicht, wie außerordentlich viel größer das Lumen auf den beiden Ausführungsgangsbildern ist als auf dem ersten Bilde, vom Sekretionsgange. Diese Bilder sind gezeichnet bei einer Vergrößerung von 520. Ein Übersichtsbild bei 106f acher Vergrößerung sieht man auf Taf. V Fig. 41. Auch hier erkennt man wieder sehr deutlich die scharf konturierten Ausführungsgangsschnitte mit ihrem großen Lumen, das aber allmählich kleiner wird. Die Bilder sind so auffallend, daß sie den Beobachter zuerst stutzig machen können. Diese großen e-Drüsen des Chinesen sind ein besonders klares Beispiel, aber mehr oder weniger deutlich treten diese Verhältnisse auch sonst immer hervor. Auch auf dem oben schon besijrochenen Bilde aus den Carpaldrüsen des Schweines (Taf. VIII Fig. 77) sieht man diese Verhält- nisse wieder recht gut, obgleich die Vergrößerung so schwach ist (18). Auch auf dem Übersichtsbilde von der a-Drüse auf Taf. II Fig. 12 erkennt man sehr deutlich, daß der Anfangsteil des Ausführungs- ganges weit dicker ist als der spätere Teil, aber allerdings dünner als der Sekretionsschlauch. Da sowohl bei den a-Drüsen wie bei den e-Drüsen weiter nach oben zu der Ausführungsgang erheblich enger ist, nicht nur als in seinem Anfangsteile, sondern auch als der sekretorische Teil, so hat man diesen letzteren auch, wie ich oben schon anführte, als ,, Ampulle" von dem Ausführungsgange ge- trennt (so V. Brunn, 1895 resp. 1897, so Rahl, 1902), Hierbei hat man allerdings nicht Eücksicht genommen auf diesen öfters erweiterten Anfangsteil des Ausführuugsganges, dem man bisher im ganzen wenig Beachtung geschenkt hat. In der vorliegenden Arbeit habe ich eine eingehendere Unter- suchung der feineren Verhältnisse dieses Abschnittes auch noch nicht vornehmen können, und muß mich hier auf das beschränken, was mir bis jetzt bekannt geworden ist. Aus den Bildern der Fig. 57, — 47 — 58, 59 geht deutlifh hervor, daß die Wand dieses „Anfangsstückes" verhältnismäßig sehr dünn ist. Die innersten Epithelzellen erscheinen ganz flach, das wird in den späteren Teilen des Ausführungs- ganges anders. Dieses Anfangsstück erscheint aber bei den verschiedenen Tieren ver- schieden gebaut und wird daher auch wahrscheinlich verschiedene Funktionen be- sitzen können. Wenn nun dieses Anfangsstück des Ausführungsganges in einem Teile der Fälle ein so weites Lumen besitzt, der spätere Teil ein so viel engeres, wenn das Lumen dieses Anfangsstückes häufig sogar weit größer ist als das des sekretorischen Schlauches, und wenn schließlich das Epitliel dieses Anfangsstückes so flach erscheinen kann, so wird man annehmen können, daß es eine be- sonders große Dehnbarkeit besitzt. Es könnte infolgedessen als ein Eeservoir dienen, um bei einer periodischen Tätigkeit der Drüse das Sekret zunächst aufzuspeichern und es dann mehr gleichmäßig durch den Ausführungsgang abfließen zu lassen, etwa wie eine Art von Windkessel bei einem Gebläse. Man könnte hierbei auch annehmen, daß das Sekret während seines längeren Aufenthaltes in diesem Anfangsteile eine Veränderung erleidet, indem z. B. entweder Wasser resorbiert wird oder auch eine wässerige Lösung von bestimmten Stoffen. Dann würde das Sekret dickflüssiger auf die Oberfläche der Haut entleert werden, als es von der Drüse ursprünglich ausgeschieden worden ist und es würde eventuell auch qualitativ verändert werden können. Ob es wirklich dickflüssiger auf die Oberfläche der Haut gelangt, ist allerdings eine Frage, die ich weiter unten noch besprechen werde bei der Be- trachtung über das Endstück des Ausführungsganges, jedenfalls wird es aber dicker und in geringerer Menge in das „Mittelstück" des Ausführungsganges eintreten, und dem würde dann die geringe Größe des Lumens dieses entsprechen. In anderen Fällen dagegen, so bei den Maulwurfsdrüsen, würde das sehr kurze Anfangsstück einen trichterförmig sich verengernden Übergang bilden von dem sekre- torischen zu dem exkretorischen Schlauchteile und würde von Zellen ausgekleidet werden, deren ganzes Aussehen und Verhalten es möglich erscheinen läßt, daß sie ebenfalls noch seceruieren und dadurch das Sekret verändern. Es ist ja auch schon mehrfach die Annahme gemacht worden, daß die Ausführungsgänge der Drüsen ebenfalls seceruieren, so zuletzt wohl von Nicolas, Begaud und Favre (1912a), welche allen Ausführungsgängen von Drüsen eine sekretorische Funktion zu- schreiben, so auch denen der Schweißdrüsen. Ein besonderes ,, Anfangsstück" haben sie bei diesen aber nicht unterschieden. Zu dem eben Gesagten würde noch hinzukommen, daß, nach Unna (1882) der lange Schlauch des Ausführungsganges von einem für völhge Passivität unerklärlich reichlichem Kapillarnetze um- sponnen wird, welches von dem obersten papillären Gefäßnetze der Haut, nicht von dem Kapillar- netze des Knäuels gespeist wird. Auch dieser Umstand würde für eine besondere Tätigkeit des Aus- führungsganges sprechen. Auf Taf. IV Fig. 30 habe ich ein Bild eines Querschnittes einer e-Drüse aus der Wangen haut des Australiers gegeben und in Fig. 31 ein Querschnittsbild eines entsprechenden Ausführungs- ganges. Wie man sieht, sind die Bilder recht verschieden, das Epithel ist ein ganz anderes geworden und die Muskelschicht ist in EpithelzeUen übergegangen, wie das ja seit langer Zeit bekannt ist. Das Lumen des Äusführuugsganges ist spaltförmig und leicht zackig. Auf Taf. V Fig. 33 sieht man einen Querschnitt durch die Ampulle einer e-Drüse aus der Achselhöhle eines Kamerun - negers, auf Fig. 3ö den Querschnitt eines entsprechenden Ausführnngsganges. Die Verhältnisse sind hier ganz ähnlich, nur ist das Lumen etwas weiter und weniger stark zackig. Sowohl bei dem Australier wie bei dem Kamerunneger sind die Epithelzellen des Ausführungsganges in ihrem inneren Abschnitte stärker rot gefärbt. Auf Taf. VI Fig. 50 sieht man den Querschnitt einer AmpuUe von — 48 — einer e-Drüse aus der Achselhöhle eines deutschen Mannes, auf Fig. 48 einen entsprechenden Querschnitt des Ausführungsganges, allerdings nicht von demselben Manne, sondern von einem Weibe. Auch hier ist das Lumen des Ausführungsganges wieder stark zackig imd wieder sind die Epithelzellen etwas stärker rot gefärbt. Was nun das Verhältnis der Ausführungsgänge der e-Drüsen zu denen der a-Drüsen anlangt, so sind diese letzteren beim Menschen durchschnittlich etwas weiter als die ersteren und nicht zackig, sondern mehr rund. Man vergleiche hierzu die Fig. 48 mit Fig. 49, beide aus der Achselhöhle desselben Weibes, die erstere von einer e-Drüse, die zweite von einer a -Drüse, bei dieser letzteren wieder eine sehr deutliche Eotfärbung der inneren EpithelzeUen. Auf Fig. 47 sieht man dann einen dem Querschnitte auf Fig. 49 entsprechenden Längsschnitt, der eben- falls einen verhältnismäßig weiten Gang erkennen läßt. Auch wenn man Taf. V Fig. 36 und 35 miteinander vergleicht, von denen die erstere den Querschnitt eines Ausführungsganges einer e-Drüse aus der Achselhöhle eines Kamerunnegers darstellt, die letztere einen entsprechenden Quer- schnitt aus dem Ausführungsgange einer a-Drüse, erkennt man wieder deutlich den Größenunterschied. Auf Taf. VI Fig. 60 habe ich dann den Querschnitt eines Ausführungsganges einer a-Drüse aus der Achselhöhle des Chinesen wiedergegeben, der ebenfalls auffallend groß erscheint und deutliche Kotfärbung des Epithels erkennen läßt, und auf Fig. 55 und 56 zwei Querschnitte von e-Drüsen- ausfünnangsgängen aus der Kopfhaut desselben Chinesen und dazu einen entsprechenden Quer- schnitt aus dem Endteile eines e-Drüsenausführungsganges von demselben Chinesen aus der Paro- ti den gegen d. Aus diesen Bildern geht hervor, daß auch die Weite dieser e-Drüsenausführungs- gänge an verschiedenen Stellen des Körpers desselben Menschen schwanken kann; diese Ausführungs- gänge sind auch weit kleiner als die der großen e-Drüsen aus der Achselhöhle desselben Chinesen. Diese Drüsen waren ja aber auch ganz besonders groß imd wichen stark von allen andern Drüsen desselben Chinesen ab. Mit dem Vergleiche der Weite dieser Ausführungsgänge muß man übrigens vorsichtig sein, denn einmal sind dieselben ja an verschiedenen Stellen ihres Verlaufes verschieden weit, und es ist recht schwer, immer die entsprechenden Stellen zu finden, imd zweitens liegt ja auch die Möglichkeit vor, daß sie zu verschiedenen Zeiten verschieden weit sind, je nach der Menge des gerade darin enthaltenen Sekretes. Muskulatur habe ich an den hierauf untersuchten Aus- führungsgängen des Menschen nie gefunden, für Tiere liegen aber Angaben aus der Literatur vor,' daß solche hier und da auftreten soll. Ich habe das nicht weiter untersucht. Soweit ich Tiere be- nutzt habe, habe ich keine Muskulatur gesehen, aber ich habe allerdings auf diesen Punkt bei dieser Arbeit auch keinen besonderen Wert gelegt. Aus dem Gesagten geht also hervor, daß die Ausführungsgänge sowohl bei den a-Drüsen wie bei den e-Drüsen während ihres Verlaufes im Knäuel imd durch das Corium in zwei Stücke zerfaUen, das „Anfangsstück" und das ,, Mittelstück". Dieses letztere ist enger als der Sekretionsschlauch, hat bei den e-Drüsen meist ein zackiges Lumen, und ist der Abschnitt, welcher gewöhnlich als ,, Aus- führungsgang" dem „Drüsengange" gegenüber gestellt wird. Das ,, Anfangsstück" kann aber we- sentlich anders erscheinen als dieses ,, Mittelstück". Es beginnt gewöhnlich schon innerhalb des Drüsenknäuels, falls ein solcher vorhanden ist, und kann in verschieden großer Ausdehnung in diesem liegen, bevor es in das Corium eintritt. In diesem lezteren kann es sehr verschieden weit verlaufen, wie es denn überhaupt bei den verschiedeneu Drüsen und den verschiedenen Tieren sehr verschieden in bezug auf Bau und Ausbildung ist. Je nach den Bildern, die man erhält, kann dieses ,, Anfangs- stück" im wesentlichen in doppelter Weise sich verhalten : es kann verhältnismäßig lang und stark dehnbar sein, wobei die auskleidenden Zellen sich stark abplatten, und es kann kurz sein und Zellen — 49 — besitzen, deren Aussehen für eine Sekretion spricht. Seine Funktion kann hiernach ebenfalls eine doppelte sein: es kann als Eeservoir dienen und dabei gleichzeitig durch Eesorption von Wasser oder von wässerigen Lösungen eine Eindickung oder auch noch eine weitere Veränderung des Se- kretes bewirken, oder es kann durch eine Sekretion seiner Zellen das Sekret chemisch oder auch noch physikalisch verändern. Sowohl bei der Annahme einer Bedeutung als reines Eeservoir wie bei der einer noch dazu kommenden Eesorption würde man die Verengerung des ,, Mittelstückes" gegenüber dem ,, Anfangs- stücke" verstehen können. Übrigens kann die Art dieser Verengerung sehr verschieden sein: sie kann ganz plötzlich eintreten (so bei den Carpaldrüsen des Schweines) und ganz allmählich (so viel- fach beim Menschen). Man kann hieraus schon schließen, daß die Art des Unterschiedes zwischen den beiden Ausführungsgangstück eu bei den verschiedenen Wesen verschieden sein kann. Auch das, was ich oben über den verschiedenen Bau des „Anfangsstückes" gesagt habe, spricht ja schon dafür, daß dasselbe bei den verschiedenen Wesen eine verschiedene Funktion besitzen wird. Ich werde weiter unten noch darauf hinzuweisen haben, daß diese a-Drüsen und e-Drüsen bei den verschiedenen Tieren und an verschiedenen Hautstellen desselben Tieres augenscheinlich sehr verschieden funktio- nieren. Ähnliches gilt übrigens bis zu einem gewissen Grade auch für die Haardrüsen (Talgdrüsen). Alle diese Hautdrüsen scheinen zu den variabelsten Organen des Körpers zu gehören. Ob auch das ,, Mittelstück" noch wieder eigene Funktion hat, oder wirklich nur als Ausführungs- gang dient, muß ich zunächst dahingestellt sein lassen. Nicolas, Regaud und Favre (1912a) nehmen, wie oben schon bemerkt, eine Sekretion des Ausführungsganges an, ohne besondere Abteilungen zu uuter- ■ scheiden. Sie nehmen eine solche aber prinzipiell füi' alle Drüsenausführungsgänge an. Ganz ähnlich hat sich auch Merkel (1908) ausgesprochen (S. 42). Was nun den letzten Abschnitt des Ausführungsganges, das „Endstück" anlangt, so verhält sich dieses bei den a-Drüsen und e-Drüsen wesentlich verschieden und bei den letzteren durchaus eigenartig. Bei beiden besitzt es keine eigene Wandung und liegt im Epithel. Bei den a-Drüsen in der Epidermiseinstülpimg des Haarbalges, bei den e-Drüsen in der Epidermis selbst. In dem letzteren Falle ist es bekanntlich pfropfenzieherartig gewunden, sehr eng und liegt zu einem ver- hältnismäßig großen Teile im Gebiete des Stratum germinativum. Es besitzt demgemäß eine verhältnismäßig sehr große Oberfläche, welche nur von den Zellen der Epidermis gebildet wird. Unna (1882) bemerkt in seiner kritischen und historischen Arbeit über die Schweißsekretion, daß es eigentlich eine Forderung der gesunden Vernunft sei, anzunehmen, daß. der zwischen den Stachel- zellen der Haut frei zirkulierende Gewebssaft leicht bei starker Ansammlung in diesem Niveau in das Lumen des intraepidermoidalen Abschnittes des Ausführungsganges der Schweißdrüse übertreten und als Drüsensekret hervortreten könne. Er macht weiter darauf aufmerksam, daß der lange Schlauch des Ausführungsganges von einem für eine völlige Passivität unerklärlich reichlichen Ka- pillarnetze umsponnen wird, welches von dem oberen papillären Gefäßnetze der Haut, nicht von dem Kapillargefäßnetze des Knäuels gespeist wird. Meißner (1857) hatte schon früher die Ansicht geäußert, daß der Schweiß weniger ein Drüsenprodukt als eine Ausscheidung aus der Haut sei. Unna nimmt eine bedeutende und ganz spezifische Beteiligung des Epithels des Knäuels bei gewissen Schweißen an, er kann nur nicht zugeben, daß auf diem Wege jeder Schweiß erzeugt werden müsse. Er betrachtet es als eine offene Frage, ob die wässerigen, profusen und langdauernden Schweiße des Schwitzbades und die Pilokarpinschweiße nicht vielmehr aus den Kapillaren des Ausführungsganges oder des Papillarkörpers herzuleiten seien: Zoologica. Heft 72. 7 — 50 — ,, Hierfür spricht einmal die veränderte Reaktion, die Alkalescenz dieser Schweiße, zweitens ihr sehr geringer Gehalt an organischen Substanzen und ihrer Annäherung an die Zusammensetzung der Blutflüssigkeit." Der Eiweißmangel braucht nach Unna von dem Gedanken einer Filtration durch die Stachel- zellen in den Ausführungsgang nicht abzuschrecken (S. 95). Für die mangelnde Schweißsekretion in manchen Fällen von heißer Haut ist Unna geneigt, die Ausdehnung der Homschicht durch die Wärme als Grund anzunehmen (S. 97). Es gibt einen Punkt innerhalb der Hornschicht, an welchem der Effekt einer Volums Vermehrung derselben bedeutender ausfällt als an irgend einem anderen, das ist der spaltförmige Durchtritt des Schweißdrüsenkanales durch die basale Hornschicht, durch Oehls Stratum lucidum (S. 98). Ob diese letztere Annahme wirklich zu begründen ist, erscheint mir zunächst noch zweifelhaft, sonst wird man aber diesen Betrachtungen von Unna eine gewisse Be- rechtigung nicht versagen können. Man wird vor allen Dingen wohl als wahrscheinlich annehmen dürfen, daß der zwischen den Stachelzellen befindliche Gewebssaft in das Lumen des Ausführungsganges übertreten kann, und zwar nicht nur bei hohem Drucke, sondern auch unter gewöhnlichen Verhältnissen, bei hohem Drucke natür- lich in größerer Menge. Der Gewebssaft würde dann mit dem Drüsensekrete zusammen auf der Haut als ,, Schweiß" erscheinen. Bei dieser Annahme würde die verschiedene Menge und die ver- schiedene Art des Schweißes, den dieselben Drüsen zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen liefern, der bald sauer, bald alkalisch reagieren kann, auch leichter zu verstehen sein. Heule (1873) hat die Schweißdrüsennerven für die Verschiedenheit der Sekretion herangezogen. Zweifellos werden diese von Bedeutimg sein, sie werden sicher die Menge und die Beschaffenheit des Drüsensekretes innerhalb bestimmter Grenzen ändern können; darauf, daß der Gewebssaft der' Haut sich in verschiedenen Mengen dem Sekrete beimischt, sind sie aber natürlich ohne Einfluß, dieser Vorgang ist ganz unabhängig von ihnen und voraussichtlich abhängig von den Gefäßnerven der Haut. Ich würde es also für wahrscheinlich halten, daß an der Schweißdrüsen- sekretion beteiligt sind: e-Drüsen und Epidermis, Drüsennerven und Gefäßnerven der Haut. Wie weit sich der sonstige Ausführungsgang (Anfangsstück und Mittelstück) wahrschein- lich an dem Vorgange der Schweißsekretion beteiligen wird, habe ich oben besprochen. Aus dem bisher Gesagten geht jedenfalls hervor, daß die Sekretion des Schweißes ein recht kompli- zierter Vorgang ist, komplizierter als man bisher angenommen hat, daß man an dem Schweiße unterscheiden könnte: den ,, Drüsenschweiß" und den ,,Epidermisschweiß", d. h. die zwischen den Keimzellen befindliche Körijcrflüssigkeit, die bei dem starken Schwitzen, bei dem sie zur Geltung kommt, eine andere Beschaffenheit, eine mehr wässerige, haben kann als gewöhnlich, und daß man daher die ,,e-Drüseu" auch bezeichnen könnte als ,, Drüsen für Schweiß und Körper- flüssigkeit", also als die richtigen Verduustungs- und Abkühlungsdrüsen, die zugleich aber auch stark entgiftend durch ihre eigentliche Drüsentätigkeit wirken. Jedenfalls erscheinen sie daher als außerordentlich wichtige Organe. Wesentlich anders verhält sich nun das ,, Endstück" bei der a-Drüse. Der an sich schon weitere Ausführungsgang erweitert sich innerhalb der Epidermis des Haarbalges noch weiter trichter- förmig und tritt geradlinig hindurch. Die Hornschicht zieht dabei ziemlich weit in das Innere des Trichters herab. Auch wenn der Ausführungsgang nicht in einen Haarbalg mündet, sondern frei auf der Epidermis, sind die Verhältnisse ganz ähnlich. Die Form des intraepidermoidalen Ab- schnittes ist also bei den a-Drüsen und e-Drüsen wesentlich verschieden. Es folgt aus dem Gesagten, daß der intraepidermoidale Abschnitt der a-Drüse kaum dazu geeignet ist, Ge- — 51 — webssaft aus der Keimschicht aufzunehmen. Ich möchte annehmen, daß man bei den a-Drüsen einen Übertritt des Gewebssaftes gar nicht weiter in Betracht zu ziehen braucht. Bei den a-Drüsen wird also nur die Funktion der Drüse an sich, zusammen mit der ihres Ausführungs- ganges im Corium, in Frage kommen, bei den e-Drüsen einmal die Funktion der Drüse selbst, die ihres Ausführungsganges im Corium und endlich der eventuelle Übertritt des Gewebssaftes aus der Epidermis in das Endstück des Ausführungs- ganges. Sind die a-Drüsen in bezug auf ihr Drüsenepithel weit komplizierter ge- baut als die e-Drüsen, so sind diese komplizierter in bezug auf den Bau ihres Aus- führungsganges. Jedenfalls unterscheiden sich die beiden Drüsenarten aber deutlich voneinander. Ich möchte jetzt noch eingehen auf die a-Drüsen der Augenlider, die MoZ/schen Drü- sen. Sie sind insofern einfacher, primitiver als die sonstigen a-Drüsen des menschlichen Körpers, als sie keine Knäuel bilden, und lassen manches für die a-Drüsen Charakteristische recht gut erkennen, so daß dadurch die bisher hier schon gegebene Beschreibung dieser Drüsenart noch vervollständigt werden wird. Virchow (1910) hat diese Drüsen sehr eingehend behandelt. Er spricht sich dabei ganz zuerst auch über ihre Bezeichnung als „Mollsche Drüsen" aus. Er sagt darüber S. 381 : „Moll hat an den Drüsen, die nach ihm benannt zu werden pflegen, kein großes Verdienst. Weder hat er sie ent- deckt, noch hat er sie genau geschildert; sie sind nicht einmal aufgenommen in der Figur des Liddurchschnittes, welche Moll im dritten Bande des Archivs für Ophthalmologie gegeben hat." Ferner, ebenfalls S. 381 : „Moll führt auch selbst an, daß schon Koelliker (s. dessen mikroskopische Anatomie, Bd. 1, Fig. 38) die Ein- mündung dieser Drüsen in Haarbälge bekannt war." Moll (1857) sagt nun S. 261 und 262: ,,Auch am freien Rande der Lider kommen Schweißdrüsen vor, von denen, wie Koelliker (Mikroskopische Anatomie, Bd. 1, S. 143, Fig. 38) bereits angibt, einzelne in dem oberen Teile der Haarfollikel ausmünden können. Wir fanden die Schweißdrüsen an diesen Stellen von einer sehr eigentümlichen Form. Fürs erste sind sie sehr sehmal, Ferner be- stehen sie offenbar nur aus einem einzigen gewundenen Kanal, welcher zuweilen rückwärts verlaufende Schlingen macht, in anderen Fällen aber nur im Zickzack aus der Tiefe zur Oberfläche verläuft, um als gerader Ausführungsgang sich in eine Wurzelscheide fortzusetzen." Daß Moll diese Drüsen auf seiner Abbildung nicht wiedergegeben hat, ist richtig, daß Koelliker sie aber vorher schon beschrieben hat, ist nicht richtig. Moll sagt ja in seiner Beschreibung auch nur, daß Koelliker angegeben habe, daß diese iSchweißdrüsen in dem oberen Teile der Haarfollikel ausmünden können, und mehr sagt Koelliker auch wirklich nicht. Weder in der ,, Mikroskopischen Anatomie" (ISöO), noch in seinem ,, Handbuch der Gewebelehre" von 18-52, noch in der fünften Auf- lage dieses Handbuches von 1867 macht Koelliker irgendeine Angabe über diese Drüsen mit Aus- nahme dessen, daß Schweißdrüsen in den Balg der Cilien ausmünden können. Die von Moll zitierte Fig. 38 in der ,, Mikroskopischen Anatomie" von Koelliker ist auch gar nicht für die Drüsen gegeben, sondern für den Haarwechsel und zeigt eine ausgezogene Augenwimi^er eines einjährigen Kindes, an der auf der einen Seite an dem Ilaarbalge drei Gebilde gezeichnet sind, welche von Koelliker als drei „Schweißkanäle" bezeichnet werden, die in den oberen Teil des Haarbalges einmünden. Ob diese Gebilde wirklich alle drei Schweißkanäle gewesen sind, läßt sich jetzt natürhch nicht mehr entscheiden, sehr wahrscheinhch ist es nicht gerade, denn daß drei a-Drüsen mit ihren Aus- führungsgängen an einer Stelle zusammen in den Haarbalg einer Cilie ausmünden, dürfte, wenn es überhaupt vorkommt, ein äußerst seltener Fall sein. AVenn dies nun alles ist, was Koelliker über diese — 52 — Liddrüsen sagt, dann kann man doch wirklich nicht behaupten, daß er damit diese Drüsen beschrieben hätte. Erst in der 6. Auflage seines ,, Handbuches der Gewebelehre" (1889) bildet Koelliker auf einem Liddurchschnitte in Fig. 192, S. 251, eine solche Drüse bei ganz schwacher Vergrößerung ab und gibt auf S. 250 eine kurze Beschreibung: „Die Augenlider besitzen am Ciliar-Rande einfache Knäueldrüsen (Molhche Drüsen), die als eine Varietät der typi- schen Drüsen anzusehen sind und durch die spärlichen Windungen des absondernden Drüsenganges und die bedeutende Weite desselben sich auszeichnen Die am Orbicularis liegende Drüse ist stets kleiner und enger als die anderen und gleicht in dieser Beziehung mehr den gewöhnliehen Drüsen. Die Ausführungsgänge dieser Drüsen münden entweder für sich oder in die Haarbälge (Fig. 192) selbst zu dreien beisammen (Fig. 186)." Diese letzte Figur ist dann wieder die oben erwähnte Fig. 38. Nach dem eben Gesagten scheint es mir nun doch, daß es ganz richtig ist, wenn man diese Drüsen als ,,il/oWsche Drüsen" bezeichnet, Koelliker selbst hat ja diese Bezeichnung auch gebraucht, ohne eine Einwendung gegen sie zu machen. Von diesen Drüsen gibt nun Waldeyer (1874) S. 238 an: „Der Ausführungsgang mündet nach außen stets in eine Talgdrüse und geht nach innen direkt in einen sehr weiten wenig gewundenen länglichen Endgang über, der ebenfalls sehr weit erscheint und auf Durchschnitten Bilder wie von runden Blasen gibt." Auch auf der Abbildung des Liddurchschnittes (S. 234) zeichnet Waldeyer eine solche Drüse und gibt in der Figurenerklärung an „Modifizierte Schweißdrüse in eine Talgdrüse mündend". Nach dieser Abbildung könnte aber, wie mir scheint, der Ausführungsgang der Jfo^Zschen Drüse auch an der Talgdrüse vorbeigehen und in den äußersten Teil des Haarbalges dicht vor dessen Ausmündung, einmünden. Diese Verhältnisse mögen ja nun auf dem Präparate deutlicher gewesen sein, als auf der Zeichnung, und wenn Waldeyer angibt, daß der Ausführungsgang stets in eine Talgdrüse ein- mündet, dann wird er das ja voraussichtlich auch des öfteren gesehen haben. Auch Rabl ( 1902) gibt an, daß an den Mollschen Drüsen der Gang regelmäßig in den Haarbalg einmündet, häufig in der Weise, daß er sich zuvor mit dem Ausführungsgange der kleinen Talgdrüse der Cilien vereinigt. Also auch dieser Beobachter muß eine solche Beziehung zwischen den beiden Drüsen gesehen haben. Ich habe nun 1906 in einem Vortrage über besondere Drüsen Verhältnisse in einem menschUchen Augenhde, bei denen es sich aber hauptsächlich um die Meibomschen Drüsen handelte, und in Be- ziehung auf eine damals eben erschienene Arbeit von Wagener (1906) mich in folgender Weise aus- gesprochen (S. 41): „Was die bekannte Erscheinung anlangt, daß die Molischen Drüsen in die Talgdrüsen der CiUen selbst oder wenig- stens in die Haarbälge einmünden, so macht der Vortragende auf eine neuere Arbeit von Wagener aufmerksam, welche vielleicht zum Verständnisse dieser Erscheinung beitragen könnte. Wagener, .... macht in seiner Mitteilung darauf auf- merksam, daß die Ceruminaldrüsen nicht das Cerumen produzieren. In ihnen ist zwar etwas Fett enthalten, und zwar gebunden an die Pigmentkörnchen; es läßt sich aber im Drüsenlumen kein Fett nachweisen. Das Cerumen wird produziert von den Talgdrüsen des Gehörganges. Die Funktion der Ceruminaldrüsen ist die, das Cerumen fortzuschaffen, da sich dieses leicht mit der von den Ceruminaldrüsen abgesonderten wässerigen Flüssigkeit mischt. Die Pigmente der Ceruminal- drüsen werden nicht ausgeschieden; sie sind morphologisch und chemisch verschieden von den gelben und braunen Kristallen im Cerumen selbst, die sich durch Zersetzung des Fettes bilden. Die J/o?/schen Drüsen stimmen in ihrem Baue mit den Ceruminaldrüsen im wesentlichen überein. Auch in ihnen läßt sich Fett nur in wenigen kleinen Tröpfchen in den Zellen nachweisen (Osmium). Ihr Sekret würde also, wie das der Ceruminaldrüsen, sehr geeignet sein, das Sekret der Talgdrüsen der Cilien zu lösen und so eine leichtere Fortbewegung dieses dickflüssigen Sekretes zu bewirken. Nun würde man freilich fragen können, warum eih solches Hilfsmittel hier nötig ist, während es bei den sonstigen zahlreichen Talgdrüsen der Körper- oberfläche nicht nötig ist? Wir finden eben sonst auch überall an den Haaren einen Haarbalgmuskel angebracht, der, gerade an der Talgdrüse vorbeiziehend, das Sekret dieser mit auszupressen vermag, während am Lide, ebenso wie auch im Gehürgange, solche Muskeln fehlen. Die von dem Orbicularis palpebrarum sich abzweigenden Muskelzüge verlaufen ebenfalls nicht derartig, daß sie auf die Talgdrüsen einzuwirken vermögen. So finden wir denn am Lide und dem äußerea — 53 — Gehörgange eine anderes Hilfsmittel angewendet: bestimmte Drüsen, deren Sekret zur Verflüssigung des Talgdrüsensekretes dient. Es würde hieraus weiter folgen, daß das Sekret der Meibomschen Drüsen eine andere Beschaffenheit besitzen muß, als das der Talgdrüsen. Ihrem Baue nach entspricht die Meibomsche Drüse den Talgdrüsen ja durchaus, trotzdem muß ein Unterschied vorhanden sein, der bewirkt, daß das Sekret ein wesentlich dünnflüssigeres Ist als das der Talgdrüsen." Ich ging dann weiterhin noch näher auf die Lage der Meibomschen Drüsen ein. Und sagte dann noch (S. 42): „Wenn schon die kleinen Talgdrüsen der Cihen die Hilfe der Molkchen Drüsen nötig haben, so würden wir für die Meibomschen Drüsen ganz gewaltiger Hilfsdrüsen bedürfen, wenn das Sekret ähnlich dickflüssig wäre." Ich habe diese Stelle hier ausführUch angeführt, da ich sie auch später noch bei der Besprechung der Funktion der Drüsen brauchen werde. Ich möchte hier weiter bemerken, daß ich selbst damals eine Einmündung einer Mollschen Drüse in eine Talgdrüse nicht gesehen habe, da aber das Vorkommen dieser Einmündung von guten Beobachtern angegeben war, so habe ich es als Tatsache angenommen und mich daher, wie oben angegeben, ausgedrückt. Virckow freilich sagt (S. 396): ,,Aber eine Einmündung in eine Talgdrüse kommt niemals vor. Wohl kann man verstehen aus einer genaueren Kenntnis zahlreicher Präparate, wie ein solcher Irrtum bei der Verwendung von nicht genügend dünnen, ins- besondere von senkrechten Schnitten sich bilden konnte. Es läuft nämhch der Ausführungsgang einer Schweißdrüse häufig hart an einer Talgdrüse entlang bzw. zwischen den Läppehen einer solchen hindurch, und es kann wohl vorkommen, daß, wenn auf einem senkrechten Schnitt die Fortsetzung eines Schweißdrüsenganges weggeschnitten ist, der Anschein erweckt wird, als wenn er an der Talgdrüse aufhöre bzw. in dieser münde. Die Verfolgung der Gänge auf Querschnittserien zeigt jedoch vollständig klar, daß die Mündung stets im Cilienbalge hegt. Da nun, wie geschildert, das Endstück des Drüsenganges noch eine Strecke weit in der Epidermis des Cihenbalges verläuft, so liegt die eigentliche Mündung in das Lumen des letzteren verhältnismäßig weit marginal, ja sie kann sogar, wie erwähnt, unmittelbar ander freien Ober- fläche oder selbst auf dieser getroffen werden." In bezug auf meine oben angeführte Deutung der Wirkung der Mollschen Drüsen fährt Virchow dann fort («. 397): „Man könnte hiernach also eigentüch wohl nur an eine Ausspülung der Mündung des Cilienbalges denken. Doch ist immer auch noch in Betracht zu ziehen, daß ein großer Teil der Cilienbalge der Schweißdrüsen überhaupt entbehrt." Die beiden hier von mir gegebenen Abbildungen der Ausmündung der Mollschen Drüsen auf Tai. I Fig. 4 und 5 zeigen Verhältnisse, die der Beschreibung von Virchow entsprechen. Die Art der Drüsenausmüudung stimmt durchaus überein mit der sonst von den a-Drüsen her bekannten. Nun sind die Talgdi-üsen bei den Cilien auch nach meiner Beobachtung sehr klein und sitzen vielfach mehr oder weniger deuthch gestielt den Haarbälgen auf, wie das auch schon sonst angegeben worden ist. Es ist infolgedessen verhältnismäßig schwer, eine Einmündung einer J/o//sehen Drüse in den Talgdrüsengang anzunehmen, wenn sie nicht wirklich vorhanden ist. Ich möchte es daher vor- läufig dahingestellt sein lassen, ob die so scharfe Angabe von Virchow, daß eine Einmündung in eine Talgdrüse niemals vorkomme, wirklich richtig ist. Bekanntlich huldigt mau sonst auch in der Histo- logie dem Satze, daß eine negative Beobachtung niemals eine positive beseitigen kann. Auch die hier behandelte Frage müßte also wohl erst durch weitere Untersuchungen geklärt werden. Auf Seite 383 gibt Virchow übrigens bei der Besprechung der Stelle der Ausmündung der MoU- schen Drüsen an, daß diese Ausmündung sich auch auf der freien Oberfläche neben der Mündung des Cilienbalges vorfand. Eine 3/o//sche Drüse kann danach auch frei auf dem Lidrande ausmünden. Solche FäUe seien aber nur sehr selten. Auch diese Angabe würde durchaus übereinstimmen mit dem, was ich oben schon im allgemeinen von der Ausmündung der a-Drüsen gesagt habe. — 54 — Ebenfalls auf Seite 383 sagt Virchow weiter, daß die Ausmündung nicht immer an der Vorder- seite eines Oilienbalges läge. Auf einer Horizontalschnittserie, welche 16 Schweißdrüsen enthielt, fand Virchoiv die Mündung zwölfmal an der Vorderseite eines Oilienbalges, zweimal seitlich, einmal seitlich- vorn und einmal hinten. Im letzteren Falle waren aber zwei Drüsen an einem Balge vor- handen, von denen die zweite vorn lag. Virchow hat aber an seinem Materiale noch in vielen anderen Fällen Drüsen an der Eückseite und in zwei Fällen seitlich in Oilienbälge mündend getroffen. ,,Die hintere Einmündung wird besonders an solchen Drüsen gesehen, welche auch mit ihrem Körper eine Lage hinter der hintersten Cilienreihe haben. In einem derjenigen Fälle, in welchem die Mündung hinten lag, fand eine Um- schlingung des Cilienbalges durch das untere Ende des Drüsenganges statt, so wie es auf dem Übersichtsbilde des Lides in der ersten Auflage dargestellt ist." (S. 383 und. 384.) Ich habe oben mich dahin ausgesprochen, daß die Einmündung der a-Drüse in den Haarbalg stets auf der „hinteren" Seite dieses erfolgt, auf welcher Seite auch der a-Drüsenkörper zu liegen pflegt und ebenso die Haardi'üse (Talgdrüse). Die Bezeichnung ,, hintere" Seite ist in diesem Falle die von Pinkus eingeführte. Wenn Virchow, wie ich oben angeführt habe, sich dahin ausspricht, daß die Ausmündung der J/o//schen Drüsen unter 16 Fällen zwölfmal an der ,, Vorderseite" eines Cilienbalges stattfand, so meint er mit dieser ,, Vorderseite" die Seite des Haarbalges, die nach der Haut zu gewendet ist, das ist aber in dem Sinne von Pinkus die „hintere" Seite. Die Angabe von Virchow stimmt also durchaus überein mit dem, was ich oben von den a-Drüsen angeführt habe. Wenn diese Ausmündung außerdem noch zweimal seitlich, einmal seitlich-vorn und einmal hinten vorkam, so sind das eben Verlagerungen der Einmündungsstelle, die sicher ihren Grund in' örtlichen Verhältnissen gehabt haben. Interessant ist in dieser Beziehimg die obige Angabe von Virchow, daß die hintere Einmündung besonders an solchen Drüsen gesehen wird, welche auch mit ihrem Körper eine Lage hinter der hintersten Cilienreihe haben. Auch diese Angabe spricht für eine Ver- lagerung der Drüse infolge von lokalen Verhältnissen. So liegen ja bekanntlich die Cilien sehr nahe aneinander imd dies könnte schon ein Grimd dafür sein, daß die zu der hintersten Cilienreihe gehörigen Drüsen nach der Conjunctivalseite hin ausgewichen sind. Merkel sagt in dem ersten Bande seines Handbuches der topographischen Anatomie (1885 bis 1890) auf Seite 195 das Folgende: ,, Zwischen die CiUen gemischt und häufig in nächste Beziehung zu ihnen tretend, finden sich die Jfo//schen Drüsen, modifizierte Knäueldrüsen mit weitem Lumen. Dieselben münden sehr oft in Haarbälge, im übrigen wie andere Knäuel- drüsen frei auf die Oberfläche. Ihr blindes Ende reicht so tief in das Innere des Lides hinein, daß es im oberen Lid das Niveau der Cilienwurzeln erreicht, selbst noch überragt. Im unteren Lid sind die Drüsen noch größer; sie ragen fast doppelt so weit in die Tiefe, wie die Haarwurzeln, und bedingen durch ihr Andrängen hier die schon erwähnte Verdünnung des Tarsus in seinem Endteil. Ihre Zahl ist sehr groß. Sattler gibt an, daß in der Regel zwischen je zwei Cilien wenigstens eine schlauchförmige Drüse gelegen ist." Trotzdem nun Merkel selbst angibt, daß die Modischen Drüsen zwischen die Cilien gemischt sind, zeichnet er auf seiner Abbildung gerade einen verhältnismäßig seltenen Fall, der auch für die Molhch&a Drüsen keineswegs charakteristisch ist, die Drüse liegt auf dieser Zeichnung nämlich auf der Conjunctivalseite des hintersten Cilienbalges, zwischen ihm und dem Muskel. Zwischen den Cilien sieht man nichts von einer Drüse. Nach Virchow erhält dann weiter (S. 384) nicht jeder Cilienbalg eine Schweißdrüse. Eine unter- suchte Serie enthielt 26 Cilienbälge und von diesen waren nur 14 mit Schweißdrüsen ausgestattet, zwei mit je zwei solchen. Es waren also nahezu ebenso viele Bälge ohne Drüsen vorhanden wie solche mit Drüsen, und es sind keineswegs nur kleine Bälge, welche der Drüsen entbehren. Es kommen — 55 — ferner auch zwei Molluche Drüsen an einem Cilienbalge vor. Virchow fand dies in einer Querschnitt- serie, welche 16 Drüsen enthielt, zweimal. In dem einen Falle mündeten beide Drüsen auf dem gleichen Punkte der Vorderseite des Balges, in dem andern Falle mündete die eine vorn, die andere hinten, jedoch beide fast genau in gleicher Höhe. Auch an anderen Präparaten fand Virchow^ daß zwei Drüsen in einem Balge ausmündeten, einmal so, daß die eine Mündung dicht über der andern an der vorderen Wand des Balges lag. In einem Falle fand er sogar drei Schweißdrüsen an einem Cihenbalge. Nach dieser letzten Angabe ist es ja immerhin möglich, daß die oben erwähnte von Koelliker seinerzeit aegebene Abbildung (Mikroskopische Anatomie Bd. 2, Hälfte 1, Fig. 38) in der Tat einen solchen Fall zeigt, wenngleich es immerhin sehr seltsam ist, daß an jener ausgerissenen Cilie sich gerade etwas derartiges vorfand. Ich habe diese Angaben von Virchow hier ausführlicher wiedergegeben, da sie wohl die ein- gehendsten sind, welche wir über einige bestimmte Verhältnisse von a-Drüsen besitzen, wenigstens, wenn man von den Milchdrüsen absieht, auf die ich weiter unten noch kurz einzugehen haben werde. Sie haben demgemäß nicht nur Wert für die Mollschen Drüsen, sondern für die a-Drüsen im all- gemeinen. Übrigens liegen in der Literatur auch sonst Angaben vor, daß bei Tieren zwei auch drei a-Drüsen zu einem Haarbalge gehören, so auch von Brinkmann. Die Molhchen Drüsen würden sich also auch in dieser Hinsicht in das von den a-Drüsen allgemein Bekannte einfügen. Auch in bezug auf ihr Sekret dürften die it/o//schen Drüsen wohl den übrigen a-Drüsen ähnlich sein. Wir werden weiter unten sehen, daß dieses bei den a-Drüsen in mehr oder weniger hohem Grade fetthaltig zu sein pflegt. Nim wissen wir durch die Untersuchungen von v. Eggeling (1904) und von anderen, daß bei manchen Tieren die Ifeiftomschen Drüsen fehlen und nur die i¥o//schen Drüsen vorhanden sind, und weiter, daß bei schwacher Ausbildung der Meihotmahea Drüsen beim Menschen die iV/o?/schen Drüsen besonders stark entwickelt sind. Da ist es dann wohl sehr wahrscheinlich, daß sie auch das Sekret der ü/eiiowischen Drüsen, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, zu er- setzen befähigt sind; dieses ist aber ein stark fetthaltiges. Im folgenden möchte ich noch einige Abbildungen besprechen, die ich als Beispiele für das allgemeine morphologische Verhalten der a-Drüsen und e-Drüsen ausgesucht habe. Die- selben sind alle bei der gleichen lOßfachen Vergrößerung gezeichnet; es handelt sich um die Figuren 37 — 44. Auf Fig. 38 ist eine Stelle aus einem Querschnitte der Achselhöhlenhaut eines deutschen Weibes dargestellt, an der ein Stück einer a-Drüse und ein solShes einer e-Drüse dicht nebeneinander lagen und so einen bequemen Vergleich gestatteten. Man erkennt leicht, daß die nach unten liegende a-Drüse, von der hier einige Durchschnitte durch die Windungen des sekretorischen Kanales ab- gebildet sind, einen weit dickeren Schlauch mit einem weit größeren Lumen besitzt als die darüber liegende e-Drüse, und man sieht weiter, daß die Windungen des Drüsenschlauches bei der letzteren weit näher aneinander liegen als bei der a-Drüse, daß der Knäuel also ein weit enger gewundener oder dichterer ist. Die a-Drüse besitzt also zwischen den Windungen ihres Drüsenschlauches eine weit größere Menge von Bindegewebe als die e-Drüse, und das ist physiologisch sicher nicht ohne Bedeutung, denn, wie mich meine bisherigen anderweitigen Untersuchimgen immer wieder ge- lehrt haben, steht das Bindegewebe eines Organes sowohl seiner Menge wie seiner Be- schaffenheit nach stets in inniger Beziehung zu den das Organ eigentlich zusam- mensetzenden Teilen, es findet eine Symbiose zwischen beiden statt. Außerdem erkennt man auf der Abbildung weiter, daß dieses Bindegewebe in der a-Drüse reich an Kernen ist. Auf Fig. 37 sieht man einen entsprechenden Durchschnitt aus einer anderen a-Drüse derselben — 56 — Achselhölhe. Man erkennt leicht, daß die Schnitte des Drüsenschlauches hier weit größer sind und ein weit höheres Epithel zeigen als die auf Fig. 38. Es ist das eine für die a-Drüsen ganz charakteristische Erscheinung, daß sogar in derselben Drüse die Größe des Lumens und die Höhe des Epithels außerordentlich stark wechseln können. In dieser Hin- sicht unterscheiden sich wieder die a-Drüsen von den e-Drüsen sehr wesentlich, bei den letzteren kommen nur verhältnismäßig sehr geringe Unterschiede vor. Auf Fig.37 ist das Bindegewebe nur angedeutet, daher fehlen hier die Kerne. In den Fig. 40 und 41 sind zwei e-Drüsen des Chinesen dargestellt. In Fig. 40 eine den sonstigen gewöhnlichen e-Drüsen ent- sprechende aus der Parotidengegend, in Fig. 41 eine von jenen auffallend großen e-Drüsen aus der Achselhöhle. Man erkennt deutlich, daß bei der letzteren der sekretorische Gang dicker ist, als bei der ersteren, vor allem aber, daß das „Anfangsstück" weit dicker ist als bei der Parotiden- drüse. Die mächtig großen Lumina dieses Anfangsstückes treten bei der Achselhöhlendrüse sehr deutlich hervor, auch der übrige Ausführungsgang ist verhältnismäßig sehr weit. Obgleich die e-Drüse aus der Achselhöhle in allen Teilen wesentlich größer ist als die aus der Parotidengegend, zeigen beide Drüsen doch einen gleich eng gewundenen lüiäuel im wesentlichen Unterschiede gegen die weiten Knäuel der a-Drüsen. Die Enge oder Weite dieser Knäuel hängt also bei den a-Drüsen und e-Drüsen nicht davon ab, daß die ersteren weitere Schläuche haben als die letzteren, sondern ist ein charakteristisches Kennzeichnen ihrer ganzen Bau- art. In den Fig. 42, 43 und 44 sind Bilder aus der Wangenhaut (Parotidengegend) eines Austra- liers dargestellt. In den Fig. 43 und 44 sieht man Bilder von a-Drüsen: wieder verschieden weite Lumina des sekretorischen Kanales und wieder verhältnismäßig viel Bindegewebe mit vielen Kernen im Drüsenknäuel. Die e-Drüse in Fig. 42 hebt sich wieder deutlich von diesen beiden Bildern ab. In Fig. 39 endlich ist noch zum Vergleiche mit diesen menschlichen Drüsen eine a-Drüse aus dem Maulwinkel einer Katze gezeichnet. An dieser Stelle sind die Katzen-Drüsen schon verhältnis- mäßig groß, aber, wie man leicht erkennt, doch ganz erheblich viel kleiner, als die des Menschen. Die Drüse bildet hier auch keinen Knäuel, sondern verläuft nur ziemlich stark geschlängelt. Also auch in der äußeren Form unterscheiden sich die a-Drüsen und die e-Drüsen im allgemeinen so deutlich, daß man sie in den meisten Fällen schon bei ganz schwacher Vergrößerung erkennen kann. Ich verweise dieserhalb hier auch auf die Fig. 1-13 auf Taf. I und II. Die e-Drüsen bilden, so weit ich solAe bisher gesehen habe, im erwachsenen Zustande stets einen dichten Kiiäuel, der aber natürlich verschieden groß sein kann, unter Umständen ganz außerordent- lich groß, wie z. B. in dem Carpaldrüsenorgane des Schweines. Die a-Drüsen dagegen können in ihrer Form vom einfachen rundlichen Acinus, durch den weiten, geraden, kurzen Schlauch bis zum lockeren Knäuel von sehr verschiedener Größe wechseln, sind aber in allen diesen Formen natürhch ganz verschieden von den e-Drüsen. Dazu kommt weiter, daß, während bei den e-Drüsen der se- cernierende Schlauch verhältnismäßig eng und überall von annähernd der gleichen Weite ist, bei den a-Drüsen der Schlauch einmal durchschnittlich erheblich weiter ist und dann eine außerordentlich wechselnde Weite erkeimen lassen kann mit einem Epithel von ganz verschiedener Höhe. Man muß sich den Schlavich einer a-Drüse vielfach besetzt denken mit unregelmäßig geformten Erweitenmgen . Es ist dies wenigstens das gewöhnliche Bild, allerdings kann es aber auch vorkommen, daß der Schlauch einer Drüse fast .gleichmäßig weit erscheint und fast überall dasselbe Epithel erkennen läßt. Diese verschiedenen Bilder hängen eben ab davon, ob die ganze Drüse sich im wesentlichen in demselben Sekretionsstadium befindet, oder ob in den verschiedenen Abschnitten ihres sekretorischen — 57 — Schlauches sich verschiedene solche Stadien vorfinden, was sehr häufig der Fall ist. Unter Umständen kann man an einer Drüse die ganze Eeihe von Sekretionsstadien verfolgen. Man hat daher auch schon gesagt, daß dw Sekretionsschlauch einer solchen Drüse eine ,, Arbeitsteilung" aufweist: einige Abschnitte befinden sich im Stadium voller Sekretion, andere im vollen Ruhezustände, andere zeigen Übergangsformen. Ich habe hierauf auch schon oben bei der Besprechung der verschiedenen Formen der Drüsenzelleu während der Sekretion aufmerksam gemacht und Bilder vorgeführt, bei denen sich sogar auf demselben Querschnitte des Kanales verschiedene Sekretionsstadien neben- einander vorfanden. Es erinnern diese Bilder lebhaft an die Hodenkanäle, in denen man ja eben- falls alle Stadien der Spermienentwickhmg nebeneinander vorfinden kann. Ich will jetzt noch auf einen anderen Bestandteil der Haut kurz eingehen, nämlich auf die glatte Muskulatur. Am bekanntesten und auch am weitesten verbreitet von den glatten Haut- muskeln sind ja die ,, Haarbalgmuskeln" (Arrectores pilorum, Eylandt, 1850), die Koelliker zuerst entdeckt hat. Von diesen gibt Koelliker (1889) auf Seite 164 an, daß er früher angenommen habe, sie kämen allen Haaren zu, jetzt aber mit Unna gefunden habe, daß sie an manchen Haaren fehlen und zwar an den Augenwimpern, Augenbrauen, an den Härchen der Augenlider, der Nase, den Vibrissae, den Lippenhaaren und denen der Achselhöhle. Bonnet (1887) gibt an, daß diese Muskeln in ihrem Auftreten an die Existenz von acinösen Haaren gebunden sind und nur den senkrecht in der Haut stehenden Cilien, den Vibrissen, den Sinushaaren und den von willkürhcher Muskulatur versorgten acinösen Haaren der Schnauze fehlen. Rabl (1902) sagt, daß der Haarbalgmuskel fehle den großen stets allein stehenden Haaren am Kinne, den Augenwimpern, Augenbrauen, den Härchen der Augenlider, der Nase, den Vibrissen und den Lippenhaaren, und daß sie an den Haaren der Achselhöhle nur schwach entwickelt seien. Die Angaben über das Fehlen dieser Haarbalgmuskeln stimmen also recht gut untereinander überein. Ich habe nun nicht die Absicht, hier auf das all- gemeine Vorkommen dieser Muskeln näher einzugehen, sondern will nur bemerken, daß ich bei meinen Untersuchungen in der Achselhöhle diese Muskeln meist nicht gefunden habe, mitunter waren sie aber mäßig stark entwickelt vorhanden. Auch bei einem Kamerunneger und einem Chinesen fehlten sie. Dafür fand ich aber in der Achselhöhle eines deutschen Weibes, in der diese Haarbalgmuskeln ebenfalls fehlten, eine Ausbreitung von glatten Muskelbündelu durch das ganze Corium hindurch bis in das Stratum subcutaneum hinein, doch nahmen sie in diesem an Menge ab. Die Bündel verliefen ungefähr horizontal und stets in derselben Richtung. Auf Taf. III Fig. 20 habe ich eine Abbildung dieses Verhaltens von einem Flächenschnitte gegeben, um die Richtung des Muskelverlaufes zu demonstrieren. Wie man erkennt, liegt der Schnitt in der Gegend, in welcher die Haardrüsen (Talgdrüsen) gut entwickelt sind, aber noch oberhalb der Lage der Schweißdrüsen, von diesen sind nur einzelne Stückchen sichtbar. Es geht aus der Abbildung hervor, daß die Muskeln an den Haaren ungefähr in der Richtung von der vorderen zur hinteren Seite der Haarbälge vorbeiziehen. Dieser Verlauf würde also wcfhl als charakteristisch für sie an- zusehen sein. Da der Verlauf der Haare quer zur Achselhöhle gerichtet ist, würden demnach auch die Muskehl quer zur Achselhöhle verlaufen, und würden die Haut in dieser Richtung gespannt erhalten. Ich habe, wie gesagt, an dieser Hautstelle diese Muskulatur im Coiium nur in einem Falle gefunden, auch bei dem Kamerunneger und dem Chinesen fehlte sie. Das Vorkommen von glatten Muskelfasern in der Haut außer den Haarbalgmuskeln ist be- kanntlich auch sonst schon festgestellt worden. Am bekanntesten ist die Tunica dartos im Scrotum. Hier liegen die glatten Muskelfasern im wesentlichen in der Subcutis imd zwar in solchen Mengen, Zoologica. Heft 12. 8 — 58 — daß sie leicht als Haut präparierbar sind. Ich möchte hierzu indessen noch bemerken, daß die glatte Muskulatur an dieser Stelle auch, wenn auch nicht in so dichten Massen, sondern als einzelne Bündel, druch das ganze Corium hindurchzieht. Die Eichtung dieser Muskelfasern ist im wesentlichen sagittal, verläuft also von hinten nach vorne um das Öcrotum herum, ungefähr parallel der Eaphe. In den dem Scrotum entsprechenden Labia majora findet sich ebenfalls Muskulatur, die gleichfalls der Länge nach von hinten nach vorne verläuft. Die Muskelbündel liegen, wie ich es auf Taf. III Fig. 16 dargestellt habe, durch das ganze Corium hindurch, hauptsächlich in den mittleren Teilen dieses und treten recht deutlich hervor. In der Öubcutis finden sich weit weniger und hören sie hier bald auf. HenU (1873) führt das Vorkommen dieser Muskeln auf Seite 454 schon kurz an: „Zunächst der inneren Oberfläche liegt eine mehr oder minder mächtige Schichte eines gelblichen, in longitudinaler, d. h. der Rima pudendi paralleler Richtung spaltbaren Fasergewebes. Dieses enthält, neben reichlichen elastischen Fasern, ziemlich regelmäßig eingestreute, longitudinale Bündel glatter Muskeln, von zylindrischer Gestalt und im Mittel 0,05 mm Durchmesser." Waldeyer (1899) sagt auf Seite 839: „Sie (die Labia majora) bestehen, abgesehen von der sie bildenden Hautfalte, in ihrer hinteren Hälfte aus einem vom Damme her sich entwickelnden Lager glatter Muskelfasern. Diese Lage, Tunica dartos labialis, stellt das Homologen der Tunica dartis scrotalis dar, ist aber geringer entwickelt." Von Ebner (1902) führt diese Muskulatur auf Seite 579 nach der Angabe von Henle an. Merkel (1907) sagt Seite 259: „Die glatten Muskeln sind der Tunica dartos des Hodensackes homolog, jedoch nur schwach entwickelt. Sie halten sich an die mediale, der Vulva zugewandte Fläche der Sehamlippe, wo sie in Bündeln verlaufen, die zwar vielfach longi- tudinal angeordnet sind, aber auch andere Verlaufsrichtungen nicht vermissen lassen. Im hinteren Teile der Schamlippen treten sie in nahe Beziehungen zu den dort befindlichen Bartholin^c\\%n Drüsen." Kofsch (1914) sagt nur ganz kurz auf Seite 306: ,,lm Innern der großen Schamlippen findet sich fettreiches Bindegewebe, welches Nerven, Gefäße und Drüsen, aber auch Züge glatter Muskelfasern enthält." AUe diese Angaben betonen aber nicht, daß gerade in dem Corium hier diese glatte Mus- kulatur sich ausbreitet. Aus diesem Grunde habe ich die Abbildung hier gegeben. Im Scrotum würde die Sache also ganz ähnlich sein, nur daß hier die dicke Muskelhaut in der Subcutis noch dazu kommt. Wie man sieht, ist das Verhalten der glatten Muskulatur in den Labien durch- aus entsprechend dem, welches ich in der Achselhöhle in dem einen Falle gefunden habe. Auf diese glatte Muskulatur der Labien wird wohl das Prallwerden der Labien bei geschlecht- licher Eeizung zurückzuführen sein, das unter Umständen sogar zu einem Klaffen der Eima pudendi führen soll. Wenn die Muskulatur hier eine solche Wirkung auszuüben vermag, so wird man wohl annehmen können, daß sie auch in der Achselhöhle deutliche Wirkungen wird herbeiführen können. Koelliker (1889) sagt Seite 164: „Glatte Muskeln, die nicht an Haarbälge gehn, die Unna reichlich in der Haut der Stirn, Wange und des Rückens beschreibt, habe ich noch nicht gesehn und hat Unna möglicherweise Muskeln, die an große Talgdrüsen gehn, die kleine Härchen enthalten, wie ich solche an den Wangen sah. für selbständige Muskelbündel genommen." Außerdem enthält bekanntlich noch die Haut des Penis glatte Muskulatur. Waldeyer (1899) sagt auf Seite 420: „Bemerkenswert ist die starke Entwicklung der Hautmuskulatur am Damme, am Hodensacke (Tunica dartus), an der Unterfläche des Penis und einem Teile der großen Schamlippen (Homologon der Tunica dartos)." Bekannt ist ja endhch die glatte Muskulatur in der Brustwarze und dem Warzenhofe. Hier ist sie zuletzt von Bauer (1916) genau untersucht worden. — 59 — Ich habe nun das Vorkommen von glatter Muskulatur noch an einer anderen Hautstelle fest- stellen können, nämlich in der Haut des Mons pubis. Es ist mir nicht bekannt, daß hierüber schon eine Mitteilung vorliegt. Von 7 untersuchten deutschen Männern fand ich diese Muskulatur bei vieren. Ein ITjähriger Mann zeigte eine kräftige Muskulatur im Corium, ein 25jähriger ebenfalls, doch lag die Muskulatur hier namentlich in den tieferen Schichten des Corium und vor allem in der Subcutis, also ähnlich wie beim Scrotum. Auch die Dicke der Muskelbündel erinnerte an die Tunica dartos. Bei 2 anderen Männern von 67 und 69 Jahren fanden sich nur wenige Muskelzüge im Corium. Bei den übrigen drei untersuchten Männern fehlte die Muskulatur ganz. Von 5 deutschen Weibern, die imtersucht wurden, fanden sich nur bei einem von etwa 25—30 Jahren (nach annähernder Schätzung) glatte Muskelbündel im Corium. Bei dem von mir untersuchten Kamerunneger und dem Chinesen fand sich keine Muskulatur. Es geht aus diesen Beobachtungen zunächst hervor, daß in der Haut des Mons pubis glatte Muskulatur vorkommen kann. Wie häufig sie vorkommt, läßt sich nach diesen wenigen Beobachtungen nicht sagen. Jedenfalls kommt sie aber bei beiden Geschlechtern vor. In welcher Eichtung die Mviskelzüge hier verliefen, konnte ich au den Haut- stückchen, die mir zur Verfügung standen, nicht feststellen, an geeigneten Präparaten wird eine solche Feststellung aber nicht schwierig sein, ^^'ahrscheinlich wird die Muskulatur des Mons pubis in Zusammenhang stehen mit der Tunica dartos. Diese würde dann eine Art von Mittelpunkt bilden (beim Scrotum ebenso wie bei den Labia majora) für eine Platte von glatter Muskulatur, oder, vielleicht besser, für einen Ausbreitungsbezirk von glatter Muskulatur, der sich nach vorn auf den Mons pul)is und den Penis, nach hinten auf den Damm mehr oder weniger weit und in größerer oder geringerer Stärke erstrecken kann. Vielleicht könnte man diese ganze Muskelaus- breitung als die ,,Muscularis sexualis" bezeichnen, um ihr einen möglichst charakteristischen Namen zu geben. Zu dieser würde dann, wenn auch durch einen weiten Zwischenraum getrennt, prinzipiell die Muskulatur der Brustwarze und des Warzenhofes gehören, denn diese Teile müßte man doch bei beiden Geschlechtern ebenfalls zu den Geschlechtsorganen rechnen. Es folgt aus dem eben Gesagten, daß glatte Muskulatur an verschiedenen Stellen des menschlichen Körpers auch ohne irgend welche Beziehungen zu Haaren oder Drüsen in ziemlich reichlicher Menge auftreten kann, und zwar auch an solchen Stellen, bei denen wir eine Funktion für sie uns nur schwer denken können, wie z. B. in der Achselhöhle und am Mons pubis. Wichtig scheint es mir auch zu sein, daß sie an diesen Stellen nicht regelmäßig auftritt, sondern nur in mehr oder weniger vielen Fällen, und daß sie bei beiden Geschlechtern auftritt. Als Beispiel für die Unregelmäßigkeit ihres Auftretens kann ich anführen, daß ich in einem Falle in der Haut des Dammes keine Spur von glatter Muskulatur habe finden können. Alles dieses scheint mir dafür zu sprechen, daß wir in dieser glatten Muskulatur des Corium resp. der Subcutis einen Überrest haben von einer ausgedehnteren Verbreitung der glatten Muskulatur bei unseren tierischen Vorfahren. Es würden daher wohl weitere Untersuchungen auf den Nachweis solcher Muskulatur bei Tieren zu richten sein. Daß diese Muskulatur in ihren Besten sich beim Menschen im wesentlichen noch an den Geschlechtsorganen erhalten hat, spricht für eine spezifische Bedeutung derselben, die aber vorläufig noch unklar ist. Ich möchte hier auch noch daran erinnern, daß Gegen- baur (1886) bei Ornithorhynchus glatte !\Iuskulatur im Drüsenfelde gefimden hat, also entsprechend dem Mammarbezirke der höheren Tiere. Die Muskulatur bildet hier nach ihm 6 — 8 Schichten von Zügen, welche parallel mit der Oberfläche zwischen den Haarbalggruppen verbreitet sind. Sie nehmen die feinfaserige Partie der Lederhaut ein, von der sie gegen die Epidermis zu eine Strecke frei lassen, — 60 — und reichen nicht ganz bis zum Grunde der größeren Haarbälge. Die Muskelschichten verbinden sich untereinander, Portionen höher gelegener Züge begeben sich zu tieferen. An die Haarbälge selbst gelangt nichts von dieser Muskulatur und auch die Drüsen sind ohne alle Beziehungen dazu. (S. 20.) Wie man sieht, paßt diese Beschreibung sehr gut auch für die Anordnung der Muskeln beim Menschen. Die Monotremen haben diese Muskulatur natürlich auch schon wieder von ihren Vorfahren ererbt, die Tatsache, daß sie sich bei ihnen schon vorfindet, ist also nur ein weiterer Beweis dafür, wie alt diese Muskulatur schon sein muß, eine Aufklänmg über ihre ursprüngliche Bedeutung erhalten wir aber dadurch noch nicht. Wenn man diese ,,Muscularis mammae" zu der „Muscularis sexualis" hinzurechnet, müßte man annehmen, daß an der Bauchseite der Tiere ursprünglich eine zusammenhängende ,, Muskelplatte" oder ,, Muskelausbreitung" die äußeren Geschlechtsteile und die Milchdrüsen zusammenhängend ver- bunden hätte, was ja nicht so unmöglich ist, wenn man bedenkt, daß die Milchlinien auf beiden Seiten des Körpers von der Gegend der Achselhöhle bis zu den äußeren Geschlechtsorganen herunter- ziehen. Bei Tieren findet man ja auch die längeren Zitzenreihen. Dann würde man auch wohl an- nehmen dürfen, daß die von mir in der Achselhöhle gefundene Muskelplatte oder Muskelausbreitung auch ursprünglich noch zu dieser den größten Teil der Bauchseite des Tieres einnehmenden ,, Muscu- laris sexualis" gehört. Damit würde dann gleichzeitig die ganze zwischen den Ursprüngen der vorderen und hinteren Extremitäten gelegene Hautfläche des Tieres, nach hinten bis zum After hin, als eine „Regio sexualis" anzusehen sein. Können doch auch noch beim Menschen in dieser ganzen „Eegio sexualis" Milchdrüsen auftreten. Ich will jetzt noch kurz auf eine a-Drüse eingehen, die eine spezifische und ganz besonders hohe Entwicklung erreicht hat, auf die Milchdrüse, aber nur so weit, als sie für das ganze Verständnis der a-Drüsen von Wichtigkeit ist. Die Milchdrüse zeigt jedenfalls einige Eigentümlichkeiten, die mir in dieser Hinsicht recht wesentlich zu sein scheinen. Die Literatur über die Milchdrüse ist eine sehr große, ich werde aus ihr hier nur einige Arbeiten berücksichtigen, die gerade für das hier für mich Wichtige wesentlich sind. Eine der grundlegenden Arbeiten für unsere Kentnnisse über das Verhältnis der Milchdrüsen zu den sonstigen Hautdrüsen ist die, welche Gegenbaur 1886 über die Mammarorgane der Monotremen veröffent- licht hat. Diese Arbeit ist in mehr als einer Beziehung sehr interessant. Auf Seite 14 sagt Gegenbaur: „Es kann vernünftigerweise nicht gedacht werden, daß die Milchdrüsen gleich von vornherein als solche entstanden, daß bei irgend einem Tiere, welches noch kein Säugetier war, gleich der ganze Drüsenkomplex sich ausbildete, ohne daß für ihn das Vererbungsmoment vorgelegen hätte. Es wird also für jene Drüsen ein Zustand bestanden haben, in welchem sie noch keine Milchdrüsen vorstellten. Da das Integument mancherlei Drüsen birgt, so würden in solchen die Vorläufer der Milchdrüsen zu suchen sein. Die Entstehung der Milchdrüsen ist nur dann begreiflich, wenn wir annehmen, daß sie durch Umwandhing anderer Drüsen, ob indifferenter Art, ist ungewiß, sich hervorbildeten. Von den beiden Hauptformen von Integumentaldrüsen glaubte ich die Talgdrüsen als die Ausgangsform annehmen zu dürfen. Dazu bestimmten mich zwei Gründe. Einmal die Drüsenformen. In den Milchdrüsen ist der acinöse Typus jedenfalls mehr ausgesprochen als der tubuiöse, wie dieser z. B. in den Knäueldrüsen des Integumentes besteht. Auch das Sekret mußte maßgebend sein. An seiner Herstellung sind die Formelemente der Drüsen direkt beteiligt. An dem secernierenden Epithel findet eine Proli- ferierung der Zellen statt, indem von den wandständigen Elementen kernführende Portionen sich abschnüren und ins Lumen gelangen. Daraus geht wenigstens ein Teil der Formelemente der Milch hervor. Wenn nun auch die Milchdrüsen durch viele Eigenschaften von Talgdrüsen verschieden sind, wie auch das Sekret ja nicht das gleiche ist, so sind sie jedenfalls noch mehr different von den tubulösen Drüsen der Haut. Will man die Milchdrüse mit andern Drüsen vergleichen, so bleiben nur die Talgdrüsen als Vergleichungsobjekte. Ein direkter Nachweis für diese Annahme ist noch nicht erbracht, es ist auch für jetzt nicht abzusehn, wie er geliefert werden könne: dagegen ist keineswegs ausgeschlossen, daß durch neue Tatsachen, etwa über den Bau der Milchdrüsen bei den Beutlern, die Entscheidung der Frage gefördert werden könne." — 61 - Gegenbaur kannte damals schon die Untersuchungen von Heidenhain (1883) und äußert sieh auch dahin, daß dieser sicher im Eechte sei, wenn er die Milchdrüsen nicht schlechthin zu den acinösen Drüsen stelle. Den Charakter einer tubulösen Drüse habe die Milchdrüse aber aucli nicht. „Aber das Sekret ist so verschieden! Daß es ein und dasselbe sei, ward von niemand behauptet, wohl aber sind in der direkten Beteiligung an der Bildung der Formbestandteile in beiderlei Drüsen bemerkenswerte Übereinstimmungen unverkennbar. Proliferierende Epithclzellcn, welche die Drüsen auskleiden, lassen ihre Produkte ins Lumen der Drüsen- gänge, resp. deren Alveolen geraten, die dadurch angefüllt werden. Bei der Laktation können diese Elemente und ihre Derivate nur in dem flüssigsten Menstruum sich finden, welches secerniert wird, und damit tritt die Verschiedenheit von Talgdrüsen auf. Diese Verschiedenheit ist aber nicht so groß, als sie wäre, wenn man die Milchdrüsen bezüglich der Sekret- bildung mit anderen Drüsen des Integumentes vergleichen wollte, und so wird also das vergleichende Urteil sich zugunsten der Talgdrüsen wenden müssen. (S. 15.)" Es ist sehr interessant, zu sehen, wie dieser so bedeutende Forscher gerade aus den Beobach- tungen von Heidenhain den Schluß zog, daß die Milchdrüsen eine nähere Verwandtschaft mit den Talgdrüsen besitzen müßten, während diese Beobachtungen den deutlichsten Hinweis darauf ent- hielten, daß eine nähere Verwandtschaft mit den Talgdrüsen gar nicht in Frage kommen konnte, sondern nur eine solche mit den ,, großen iSchweißdrüsen' , den a-Drüsen, der Haut. Hätte Gegenbaur nur eine von den vielen a-Drüsen der Tiere oder des Menschen histologisch genauer untersucht, so würde ihm diese Ähnlichkeit zweifellos aufgefallen sein. Er untersuchte in dieser Arbeit aber die Mammardrüsen der Monotremen an jedenfalls verhältnismäßig wenig gut konservierten Exemplaren und fand daher nicht das histologisch Wichtige, aber sonst des Interessanten genug, denn er fand, daß jedes der Haare am Drüsenfelde eine Verbindung mit einem Drüsenorgane besitzt und zwar mündet ganz dicht an der Mündung des Haarbalges ein Gang aus, der zu einem Läppchen der Mammardrüse führt. Diese Drüsen münden also zusammen mit den Stichelhaaren und zwar stets distalwärts von den Talgdrüsen, in voller Übereinstimmung mit den Schweißdrüsen (S. 20). Die Mammardrüsen bestehen aus eng zusammengeknäuelten Kanälchen. Gegenbaur nannte diese Drüsen ,, Mammardrüsen", da sie seiner Meinung nach verschieden waren von denen der übrigen Säugetiere, deren ,, Milchdrüsen" er von den Talgdrüsen ableiten wollte, während er die der Monotremen als modi- fizierte Schweißdrüsen ansah. Er nahm demgemäß für die Milchdrüsen der Säugetiere einen ,,diphy- letischen IJrspnmg" an, da die ,, Milchdrüsen" sich nicht von den ,, Mammardrüsen" der Monotremen ableiten ließen. Ein weiterer Grmid für den Unterschied dafür, die „Mammardrüsen" der Monotremen nicht als „Milchdrüsen" zu bezeichnen, war für Gegenbaur der, daß das Sekret der ersteren noch ganz unbekannt war. (S. 36.) Benda (1894) sprach sich dahin aus, daß die Milchdrüse eine unzweifelhafte Hautdrüse sei nach ihrer Lage und nach ihrer Entwicklung, und daß sie nach der Art ihres Epithels sicher zu den Knäueldrüsen zu rechnen sei. Das typische Merkmal dieser sei das Auftreten des zweischichtig differenzierten Drüsenepithels und dieses selbe Merkmal besitze auch die Milchdrüse. (S. 97.) Bei der entwickelten Milchdrüse erinnert nichts an den Bau der Talgdrüsen. (S. 98.) Allerdings zeigt sich bei der laktierenden Drüse die äußere Zellschicht nicht bei allen Wesen gut entwickelt, doch ist sie nachweisbar. Auch während des pathologischen Wachstumes der Drüse kann die Eigenart der äußeren Zellschicht fortbestehen. So fand Benda sie in einem Adenome der Mamma neben leb- haft wuchernden Epithelzellen noch so ausgesprochen, daß der Bau der Drüsenräume fast mehr an die großen Knäueldrüsen der Achselhöhle erinnerte. (S. 101.) Auch gibt er an, daß Mitosen wäh- rend der Schwangerschaftsentwicklung reichlieh vorkommen, in der entwickelten Drüse aber völlig fehlen. Es entspricht dies durchaus dem, was ich oben für die a-Drüsen hervorgehoben habe. Die — 62 — so wichtige Beobachtung von Heidenhain über die Vorgänge bei der Sekretion, speziell über die ver- schiedene Höhe der Zellen der Drüse, erklärt Benda auf andere Weise, nämlich durch die Vergrößerung und Verkleinerung des Lumens der Schläuche. Er bestreitet weiter die Bildung von neuen Kernen und das Zugrundegehen derselben. Er nimmt daher auch nicht die von Heidenhain gegebene Deutung au, daß sich kleine Zellkuppen mit Fettropfen abschnüren; er hält diese Bilder für zufällig ent- standene, postmortale. Er nimmt daher nicht an, daß die Milchsekretion auf eine Nekrobiose von Drüsenzellen oder Drüsenzellteilen zurückzuführen ist. (S. 107.) Er kommt nach seinen Untei- suchimgen zu dem Schlüsse, daß die Form der Epithelzellen lediglich von dem Füllungsgrade der Drüsenräume abhängig ist. Mit diesem Fehlen jeglicher Xekrobiose schwindet jede Verwandtschaft der Milchdrüse mit den Talgdrüsen und man ist daher berechtigt, sie in gleichzeitiger Berücksichtigung ihrer Entstehung und ihres Baues den lüiäueldrüseu anzureihen. ,,Sie würde sich damit als letztes und höchst entwickeltes Glied einer Formreihe angliedern, die von den kleinen Schweißdrüsen der Haut über die Molhchtn Drüsen, die Perianaldrüsen, die Ohrenschmalzdrüsen, die großen Achsel- höhlendrüsen zu ihr aufsteigt." Die Ablehnung der H eidenhainfichen Befunde war ein Irrtum von Benda, dieser letzte Satz ist aber durcliaus richtig, nur die kleinen Schweißdrüsen müssen fortfallen. Während also Gegenbaur durch die Beobachtung von Heidenhain über die Nekrobiose zu dem Irrtume veranlaßt wurde, daß die Milchdrüse mehr Ähnlichkeit mit den Talgdrüsen besitze, kommt hier Benda dadurch, daß er die durchaus richtige Beobachtung von Heidenhain leugnet, auf den richtigen Weg und stellt die Milchdrüse zu den Schweißdrüsen. Daß er die Doppelschichtigkeit des Epithels als ein so typisches Merkmal der Knäueldrüsen hervorhob und bei dieser Doppelschichtigkeit noch den besonderen Umstand betonte, daß die äußere Zellschicht nicht als Ersatzzellen der inneren anzusehen sei, sondern sich in ganz abweichender, spezifischer Weise zu Muskelzellen differenziere, war sehr wesentlich, wenn auch die Tatsache längst bekannt war. Hierdurch war zugleich ein scharfer Unterschied gegenüber den Talgdrüsen gegeben. In einer Reihe von Arbeiten haben dann v. Eggeling (1899, 1900, 1901, 1905, 1907) und Bresslau (1901, 1907, 1912) vergleichend-anatomisch imd entwicklungsgeschichtlich den engen Zusammenhang zwischen Milchdrüsen und Schweißdrüsen bei den Monotremen, den Marsupialiern und den höheren Säugetieren nachgewiesen. So fand v. Eggeling (1901), daß die erste Anlage der Mammardrüsen bei Echidna sich schon in sehr frühen Stadien nachweisen läßt, als eine epitheliale Zellwucherung, welche der Anlage des Haupthaares seitlich anhängt, und zwar nahe der Unterfläche der Epidermis. Lange Zeit sind die Anlagen von Schweißdrüsen und Mammardrüsen nicht voneinander zu unterscheiden. Erst spät tritt von einem gemeinsamen Ausgangspunkte eine Differenzierung nach zwei verschiedenen Eichtungen ein, welche zum Ausdrucke kommt durch ein verschiedenes Verhalten in der Länge und Verzweigung der Drüsenschläuche, sowie wahrscheinlich in der feineren Gestaltung des auskleidenden Epithels. Was die Schweißdrüsen anlangt, so besitzen beide Monotremengattungen nach v. Eggeling in wechselnder Verbreitung und sehr verschiedenartiger Differenzierung sogenannte Knäuel- und Schweißdrüsen: eigentliche Schweißdrüsen, Augenliddrüsen, Circumcloacaldrüsen, Mammardrüsen, Parorbitaldrüsen, Ceruminaldrüsen, Sporndrüse ( ?). Also auch bei diesen so niedrig stehenden Säuge- tieren sind die Schweißdrüsen schon sehr stark differenziert nach den verschiedenen Körpergegenden. Wahrscheinlich sind es übrigens sämtlich a-Drüsen, ich hatte leider keine Gelegenheit, das selbst festzustellen. Es scheint mir dies ein deutliches Zeichen dafür zu sein, daß diese so tief stehenden Tiere, schon als haartragende Säugetiere, eine lange Stammesentwickelung hinter sich haben. In — 63 ~ dieser Arbeit führt v. Eggeling übrigens in einer Anmerkung auf Seite 202 noch an, daß am 31. Oktober 1900 in der Berliner medizinischen Gesellschaft ein sehr interessanter Fall vorgestellt worden sei: Bei einem 47jährigen Manne fehlten Schweißdrüsen im Integumente völlig, ebenso die Milchdrüsen, während Talgdrüsen nachweisbar waren. Benda hat damals an diese Vorstellung die Bemerkung geknüpft, daß in der gleichzeitigen Aplasie von Milchdrüsen und Schweißdrüsen eine Bestätigung seiner früher anderweitig begründeten Anschauung zu sehen ist, daß Schweißdrüsen mid Milchdrüsen identische Gebilde sind. Ich möchte auch glauben, daß dieser Schluß einen hohen Grad von Wahr- scheinlichkeit besitzt. Bresslau (1901) fand bei den Beuteltieren, daß von dem Drüsenfelde einfache, solide Sprossen, Primärsprossen, in die Tiefe wuchern, von denen sich zunächst ebensolche sekundäre Sprossen abzweigen. Die Primärsprossen lassen aus sich mächtige Haare samt zugehörigen Talg- drüsen hervorgehen, die sekundären Sprossen bilden die Milchdrüsenanlage. Im Jahre 1904 fand V. Eggeling bei Untersuchung der Milchdrüsen eines 8 Monate alten menschlichen Embryo männlichen Geschlechtes, daß sich von der Einstülpung der Epidermis aus jedesmal drei Sprossen bilden: die Anlage des Milchganges, eine junge Haaranlage imd eine Talgdrüse. Dies Verhalten entspricht also durchaus dem, das Bresslau bei den Beuteltieren gefunden hatte, und dem, wie wir es bei der Entwickelung jeder a-Drüse finden, wie ich das oben an den Ab- bildungen gezeigt habe. v. Eggeling hebt in dieser Arbeit weiter hervor, daß er die Milchdrüsen der Säuger einschließlich der Monotremen nicht für umgewandelte Schweißdrüsen ansehe, sondern daß die Milchdrüsen sowie die zahlreichen verschiedenen Formen von sogenannten Schweißdrüsen divergente Entwickelungsformen einer indiiJerenten tubulösen Hautdrüse seien. Im Jahre 190.5 fand V. Eggeling dann bei der Untersuchung der Milchdrüsen und Hautdrüsen der Marsupialier, daß die Milchdrüsen dieser Tiere zusammengesetzte tubulöse oder tubulo-alveoläre Drüsen sind. Die Drüsen- schläuche zeigen wieder außer dem Drüsenepithel eine verschieden stark entwickelte Muskelschicht. Ein Befund also, der durchaus wieder den a-Drüsen entspricht. Auch er fand bei der Entwickelung der Milchdrüsen dieselbe Sprossenbildung wie Bresslau. In einem Nachtrage zu seinen bisherigen Arbeiten und zwar speziell zu der letzten aus A.em :i&.\iYe\^Qö, 'kommt v. Eggeling (1907 ) dann zu dem Schlüsse, daß die Mammardrüsen der Monotremen nicht die direkten Vorläufer der Beuteltier-Milch- drüsen sind, sondern daß beide divergente Entwickelungsformen derselben indifferenten tubulösen Hautdrüsenart darstellen. (S. .340.) In demselben Jahre 1907 teilte Bresslau ausgedehnte Unter- suchimgen mit über den Mammarapparat bei Echidna. Er ist der Ansicht, daß die ontogenetische Entwickelung bei Echidna ein getreues Abbild der phylogenetischen darstellt. Darnach würde die Entwickelung des Mammarapparates mit dem Auftreten der Primäranlagen beginnen. Diese sind nach Bresslau als Rudimente anderer Organe anzusehen, die lange Zeit vor der Entstehung des Beutels bereits, bei weit zurückliegenden Vorfahren der Säuger, eine Rolle bei der Brutpflege ge- spielt haben. Die einzigen Organe nun bei Nichtsäugern, die in nähere Beziehungen zu den Primäranlagen gebracht werden können, sind die „Brutorgane" oder „Brutflecken" der Sauropsiden. Wahrscheinlich sind die Brutorgane der Vögel den Vorläufern der Primäranlagen analoge, nicht homo- loge Bildungen. Es ist nach Bresslau anzunehmen, „daß die Primäranlagen Rudimente von Brutanlagen darstellen, die bei den Vorfahren der Säugetiere in ähnlicher Weise ausgebildet waren, wie sie noch heute bei den Vögeln vorhanden sind." ,,Wir müssen annehmen, daß die noch vollkommen Oviparen Ahnen der Monotremen ihre Eier mit Hilfe paariger Brutorgane bebrütet haben." Unter den innerhalb des Beutelfeldes zur Ausbildtmg gelangenden Hautdrüsen waren die im Bereiche der ursprünglichen Brutflecken gelegenen Drüsen durch die außerordentlich reiche Blut- — 64 — Versorgung dieser Bezirke von vornherein zu einer stärkeren Sekretion prädisponiert, um so mehr, da die eigentliche Funktion der Brutflecken, Wärme für das auszubrütende Ei zu produzieren, in Wegfall geraten war. So läßt es sich begreifen, daß die Drüsen dieser Bezirke, indem ihre Abson- derung dem im Beutel getragenen Jungen zur Nahrung dienen konnte, unter der erhöhten Be- anspruchung allmählich zu den Mammardrüsen sich ausbildeten und damit- den Funktionswechsel herbeiführten, der die Brutflecken zu den Drüsenfeldern umwandelte. Nur auf diese Weise erklärt sich die frühzeitige Differenzierung der Mammardrüsen gegenüber den Schweißdrüsen der übrigen Haut, wie sie uns die Ontogenie kennen lehrt, v. Eggeling teilte 1907 noch mit, daß die Unterschiede zwischen den Mammardrüsen und den Schweißdrüsen bei Echidna darauf beruhen, daß sich die ersteren viel stärker verzweigen und einen weit größeren Umfang gewinnen, als die letzteren. Da nach den Angaben von Bresslau die Entwickelimg der Milchdrüsen der Marsupialier in etwas anderer Weise abläuft, als die Entwickelung der Mammardrüsen der Monotremen, ist nach Eggeling anzu- nehmen, daß letztere nicht die direkten Vorläufer der Beuteltier-Milchdrüsen sind, sondern daß beide differgente Produkte derselben indifferenten tubulösen Hautdrüsenart darstellen. Bresslau veröffent- lichte weiter 1912 eine umfangreiche Abhandlung über die Entwickelung des Maramarapparates der Monotremen und einiger Placentalier, in der das erwachsene Echidnaweibchen und Marsupialier, In- sectivoren, Nagetiere, Carnivoren und Wiederkäuer behandelt wurden. Ursprünglich sind nach ihm ,, Brutorgane" bei beiden Geschlechtern vorhanden gewesen, damit war die Grundlage zur Entstehung des Maramarapparates bei beiden Geschlechtern gegeben, die Beschränkung des Säugegeschäftes auf das Weibchen mußte schließlich ein Eudimentärwerden der männlichen Mamma nach sich ziehen. Bei den Männchen der Monotremen macht sich dieser Eückbildungsprozeß morphologisch noch nicht bemerkbar, bei den Männchen der Ditremen dagegen findet sich der Mammarapparat nur noch in rudimentärer Gestalt. Da die Marsupialier und Placentalier wahrscheinlich von gemeinsamen Vor- fahren abstammen, zeigen ihre Männchen ursprünglich das gleiche Verhältnis, in dem sie überein- stimmend mit Mamraaranlagen imd Zitzenrudimenten ausgestattet sind. Weiterhin ist aber bei der divergenten Entwickelung beider Ordnungen auch die Ausbildung des Maramarapparates der Männchen hier und dort ihre besonderen Wege gegangen. So ist es bei den Männchen der höheren Marsupialier- arten durch Fortdauer der regressiven Metamorphose allraählich zu sozusagen voUständigera Verschwinden der Mammarorgane gekoraraen. Beiden Placentalierraännchen dagegen hat diese hochgradige Eückbil- dung nicht stattgefunden ; ihrMararaarapparat stellt daher überall ein rudimentäres Abbild der weiblichen Organe dar, ein Verhältnis, das imter den Marsupialiern nur bei den Didelphyiden zu beobachten ist. In dieser Arbeit teilt Bresslau weiter eine sehr wichtige Beobachtung mit: Bei allen Mar- supialiern wachsen von den Mamraaranlagen primäre Sprossen aus, die zu Mammar- haaren werden und aus deren Bälgen als sekundäre Sprossen immer an der dem Zentrum der Mammaranlage zugewandten Seite die Milchdrüse und als paarige ter- tiäre Sprossen die Talgdrüsen hervorgehen. Die Seite der Haarbälge, aus der diese sekun- dären und tertiären Sprossen hervor wachsen, ist nach Pinkus bekanntlich die „hintere". Wenn also bei der Mamraaranlage diese Sprossen immer aus der dera Zentrum zugekehrten Seite hervorwachsen, so müssen die Haarbälgc der Milchdrüsenanlagen stets ihre hintere Seite deraZentrum zuwenden, eine sehr merkwürdige Anordnung derselben, die an einen Haarwirbel erinnern würde. Jedenfafls scheint mir diese Anordnung dafür zu sprechen, daß vor der ersten Anlage der Mamma hier in dem Haarkleide der betreffenden Säugetiervorfahren eine ganz be- sondere Stelle vorhanden gewesen sein muß, über deren Bedeutung sich ja aller- — 65 — dings vorläufig keine Vermutungen aufstellen lassen. Vielleicht hat aber diese eigentüm- liche Anordnung der Haare auch in Verbindung gestanden mit den von Bresslau angenommenen „Brutfiecken". Diese Beobachtung von Bresslau ist in neuester Zeit bestätigt worden durch Hilda Lustig (1915), welche bei ihren Untersuchungen über die Entwickelung der Milchdrüse beim Menschen ebenfalls mitteilte, daß die Haarkeime, projiziert auf den Mittelpunkt der Primäranlage bei den Embryonen immer peripher von den Milchgängen liegen imd somit ein ähnliches Verhalten zeigen, wie es Bresslau bei den Marsupialieni nachgewiesen hat. Es geht hieraus weiter hervor, daß diese Anordnung der Haare und Drüsen jedenfalls eine aus uralter Zeit ererbte und dem- entsprechend prinzipiell wichtige anzusehen ist. Bresslau kommt zu dem Schlüsse, daß Mammardrüseu und Milchdrüsen divergente Entwickc- hmgsformen einer indifferenten, tubulösen Hautdrüsenart darstellen, die zugleich den Ausgangspunkt für die Entstehung der Schweißdrüsen bildete. Die Unterschiede der Mammardrüseu und Milch- drüsen sind nach ihm vielleicht darin begründet, daß bei Monotremen zwei Komplexe von je über 100 Mammardrüsenschläuchen die Ernährung von höchstens zwei Jungen besorgen, während bei Marsupialiern nur selten mehr als 15 Milchdrüsenschläuche auf eine Zitze entfallen. Der ,, Milch- streifen" mit der sich aus ihm differenzierenden ,, Milchlinie" der Placentalier bildet das Homologon der Primäranlagen der Marsupialier. Brouha hat dann 1905 in zwei Ai-beiten (1905 b, c) eingehende Untersuchimgen mitgeteilt über die histologischen Vorgänge bei der Milchsekretion. Er schließt sich nach seinen Beobachtungen am meisten der Theorie von Michaelis (1898) an, der annahm, daß die Milchsekretion sich zusammen- setzt aus teilweise nekrobiotischen Erscheinungen und teilweise reinen Sekretionserscheinungen. Es war dies also eine gemischte Sekretionstheorie. Brouha beschreibt den Vorgang bei der Milchsekretion in allem wesentlichen genau so, wie ich ihn oben an den Abbildungen der a-Drüsen in großen Zügen vorgeführt habe: das innere, kuppeiförmig vorspringende Ende der MilchzeUen, das Fettkörnchen und mitunter auch einen Kern enthält, schnürt sich ab imd fällt in das Lumen der Alveole: Die ,,Dekapitationserscheinung" von Heidenhain, und seinen Schülern. Dieses Stadium, das Brouha als das ,,nekrobiotische" bezeichnet, besteht also in der Ausstoßung einer geringen Masse von Cytoplasma welches sich im Lumen auflöst, wodurch die Fettkörnchen und Kerne frei werden. Hiernach haben die Drüsenzellen wieder mehr eine kubische Gestalt angenommen imd secernieren Fettröpfchen von sehr ungleicher Größe, die sich allmählich der freien Oberfläche genähert haben und durch einfache Cytoplasmakontraktionen in das Lumen entleert werden. Gleichzeitig sondern die Zellen Flüssig- keit in das Lumen ab, hierdurch wird der Acinus wieder mehr und mehr ausgedehnt, und die Drüsen- zellen platten sich mehr und mehr ab. Während dieser ganzen Zeit secernieren die Drüsenzellen weiter unimterbrochen Fettröpfchen, von ihren Zellkörpern selbst wird aber nichts mehr abgestoßen. Dieses Stadium, das den größten Teil des Sekretionscyklus der Milchzellen einnimmt, ist nach Brouha das Stadium der ,, reinen Sekretion" oder das ,, merokrine Stadium". Die Kerne, die während der Laktation in verschiedener Weise degenerieren, werden durch Amitose neu gebildet. Dieser Vorgang ist nicht ein ,, Degenerationsvorgang" im eigentlichen Sinne des Wortes: man muß ihn ansehen als das Hauptkennzeichen der Teilnahme des Kernes an dem Sekretionsprozesse. Der amitotischen Kern- teilung folgt niemals eine Teilung des ZeUkörpers, imd die Zellen, deren Kerne diese Teilung durch- gemacht haben, sterben nicht ab. Diese hier mitgeteilten Beobachtungen von Brouha an der Milch- drüse lassen einmal deutlich erkennen, daß die Milchdrüse auch in bezug auf ihren Sekretionsvorgang sich prinzipiell vollkommen wie eine a-Drüse verhält, zweitens aber lassen sie manche Teile des Vor- Zoologica. Heft 72. 9 — 66 — ganges noch deutlicher erkennen, als es bei den gewöhnlichen a-Drüsen möglich ist, so die Fortdauer der Sekretion der niedriger werdenden DrüsenzeUen nach der Abstoßung des Auswuchses. Wenn Brouha dieses zweite Stadium der Sekretion speziell als das ,, merokrine Stadium" bezeichnet, im Gegensatze zu dem ,,nekrobiotischen Stadium", so ist das nicht richtig, da „merokrin" und ,,nekrobiotisch" keine Gegensätze sind, sondern nur ,, merokrin" und ,,holokrin". Das ,,nekrobiotische Stadium" der Milch- drüse, und ebenso der a-Drüsen im allgemeinen, würde also gerade so ,, merokrin" sein, wie das zweite Stadium, die Milchdrüse ist eben, gerade so wie alle a-Drüsen, eine „merokrine Drüse" ihrem ganzen Sekretionstypus nach. Zu erwähnen ist endlich noch, daß Hocke (1910) darauf hinweist, daß sich in chronisch ent- zündeten Brustdrüsen vereinzelte Bildungen vorfinden, die den cystischen Adenomen von Schweiß- drüsen gleichen. Für die Homologie der Milchdrüse mit den Schweiß-, Speichel- und Tränendrüsen spricht nach ihm auch die große Übereinstimmung von gewissen epithelialen Tumoren bei allen diesen Drüsenarten. Auf diese Übereinstimmung bei allen mit einer mehr oder weniger ausgebildeten epi- thelialen Muskulatur versehenen Drüsen ektodermaler Herkunft: Milchdrüsen, Schweißdrüsen und Molhchen Drüsen weist auch Letulle (1910) hin. Nach den eben mitgeteilten Ergebnissen der Untersuchungen von Brouha an der Milchdrüse ist es wohl wahrscheinlich, daß auch bei den sonstigen a-Drüsen nach dem Abstoßen der Auswüchse noch eine weitere reine Sekretion eintreten wird, die hier nur schwerer zu beobachten ist als bei der Milchdrüse. In dieser Hinsicht würden die Angaben, welche ich oben über die Sekre- tion der a-Drüsen gemacht habe, zu erweitern sein. Anschließend an das eben Besprochene möchte ich jetzt noch einmal kurz eingehen auf die Bezeichnung der verschiedenen Hautdrüsen. Ich habe schon vorgeschlagen, die ,,holokrinen" Drü- sen (die Talgdrüsen oder Haarbalgdrüsen) als ,, Haardrüsen" zu bezeichnen. Die Gründe dafür habe ich oben angeführt. Was nun die beiden ,, merokrinen" Drüsenarten anlangt, so habe ich sie bisher als die ,,apokrinen" Drüsen, kurz als ,, a-Drüsen", bezeichnet und als die ,, ekkrinen" Drüsen, kurz als ,,e-Drüsen". Diese Namen genügen ja sicher für wissenschaftliche Beschreibungen, aber sie sind vielleicht nicht praktisch für den gewöhnlichen Gebrauch des Mediziners, und so möchte ich auch für diese beiden Drüsenarten noch neue Benennungen vorschlagen. Anknüpfend nun an die Beobach- tungen von Brouha in der Milchdrüse könnte man solche Benennungen wieder beziehen auf die Art der Drüsensekretion. Die a-Drüsen würden Drüsen mit einer ,, gemischten" Sekretion sein (nekrobiotisches Stadium und einfach sekretorisches Stadium), die e-Drüsen würden Drüsen mit einer ,, einfachen Sekretion" sein, demgemäß könnte man dann die ,,apokrinen" Drüsen als ,, gemischte Schlauchdrüsen" bezeichnen und die ,, ekkrinen Drüsen" als „einfache Schlauchdrüsen". Ich habe in diese Bezeichnung das Wort ,, Schlauchdrüsen" aufgenommen, um den a- und e-Drüsen eine gemeinsame Bezeichnung zu geben gegenüber den ,, Haardrüsen". Die Namen ,, gemischte Hautdrüsen" und ,, einfache Hautdrüsen" schienen mir zu wenig bezeichnend zu sein. Die Aufnahme des Wortes ,, Schlauchdrüsen" würde ja prinzipiell unrichtig sein, da die Form, wie wir oben schon gesehen haben, weder für die Talgdrüsen noch für die Schweißdrüsen allgemein charakteristisch ist. Immerhin könnte man für den gewöhnlichen Gebrauch diese Formbezeichnung doch benutzen, da die ,, merokrinen Drüsen" der Haut in der weit überwiegenden Mehrheit in der Tat schlauchförmig sind. Richtiger würde es sodann ja sicher sein, zu sprechen von ,, schlauchförmigen Hautdrüsen mit gemischter Sekretion" und von ,, schlauchförmigen Hautdrüsen mit einfacher Se- kretion", aber diese Namen würden zu umständlich sein für den gewöhnlichen Gebrauch. — 67 — Zu den „gemischten Sohlauehdrüsen" würden von menschlichen Drüsen gehören die „großen Schweißdrüsen": die großen Drüsen der Achselhöhle, des Warzenhofes, des Mens veneris, der Bauch- eventuell auch Brusthaut, der Leistenbeuge, die Molhchen Drüsen, die Ohrenschmalzdrüseu, Drüsen in den Labia majora, im Damme, die Circumanaldrüsen. Außerdem wüi-den hierher gehören die bei weitem meisten Schweißdrüsen der Säugetiere. Sie würden eine ,, Auswuchs-Sekretion" besitzen. Zu den ,, einfachen Schlauchdrüsen" würden gehören alle „kleinen Schweißdrüsen" des Menschen, die ja bekanntlich fast über den ganzen Körper hin verbreitet sind. Bei sonstigen Säuge- tieren die frei mündenden Drüsen, die ich bisher schon als e-Drüsen bezeichnet habe, also z. B. die Sohlendrüsen der Katzen und Hunde, die eigentümlichen großen Drüsen in dem Carpaldrüsenorgane des Schweines, die Drüsen in der Eüsselscheibe des Schweines, und außerdem entsprechende andere, die sich hier nicht alle auffiihren lassen. Die hier von mir vorgeschlagenen Bezeichnungen würden dann auch nicht mehr nur für den Menschen, sondern für die ganze Säugetierreihe gelten, was mir ein wesentlicher Fortschritt zu sein scheint. Endlich vermeiden diese Bezeichnungen die Angabe des Sekretes, die durchaus unpraktisch ist, sie würden das Wort ,, Schweißdrüsen" in besserer Weise ersetzen. Wie weit diese Bezeichnungen bei den Herren Kollegen Anklang und Aufnahme finden werden, kann ich natürlich nicht wissen, ich erlaube mir nur, sie vorzuschlagen, und zwar auch nur als eine Art von Notbehelf. An sich würde ich es für richtiger halten, wenn sich die Herren für die Beibehaltung der wissenschaftlichen Bezeich- nimgen: ,,apokrine" und ,, ekkrine" Drüsen oder ,,a-Drüsen und ,, e-Drüsen" entscheiden würden, was jedenfalls nicht nur das einfachste und kürzeste, sondern auch das richtigste wäre. Lernt der junge Mediziner von vornherein diese letzteren Namen, so werden sie ihm später ebenso geläufig sein wie die deutschen Namen und sie haben den Vorzug, daß sie den wissenschaftlich charakteristischen Unterschied zwischen den beiden Drüsenarten am besten hervorheben. Aus den vergleichend-anatomischen und entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten über die Milch- drüse geht weiter hervor, daß überall da, wo sich Milchdrüsen bilden, auch Haare vor- handen sind. Da die Milchdrüsen als a-Drüsen anzusehen sind, so war dieses Verhalten auch zu erwarten, da die a-Drüsen sich ja von den Haarbälgen ableiten, resp., allgemeiner gefaßt, mit den Haaren gemeinsam aus dem primären Epithelkeime sich differenzieren. Sehr interessant ist in bezug auf das Verhalten der Haare die folgende Bemerkung von Gegenbaur (1886): Er hatte von Ornitho- rhynchus ein Männchen untersucht, von EchidnaWeibchen, und zwar solche, deren Mammardrüsen nicht in Tätigkeit waren, es war somit bei diesen wohl der ursprünglichere Zustand "vorhanden im Gegensatze zu einem anderen Weibchen, dessen Dürsen sich in Tätigkeit befanden, und das seiner- zeit von Owen untersucht worden war. Nim hat, nach den Angaben von Gegenbaur, Owen bei seinen Untersuchungen die Mamniardi'üsen frei mündend gefimden, ohne Haare, während Gegenbaur sie in Haarbälge mündend fand, wie ich das oben angegeben habe. Gegenbaur bemerkt dazu, daß es ihm, angesichts der von ihm gefundenen Tatsache sehr wahrscheinlich sei, daß bei diesem Tiere eine Ver- änderung vor sich gegangen sei, die wohl auf die Tätigkeit der Drüsen sich gründete. Bei den von ihm untersuchten Tieren sei gewiß der ursprünglichere Zustand vorhanden gewesen, der in der Ver- bindung der Mammardrüsen mit den Mündungen der Haarbälge bestehe. Vielleicht komme hier- bei ein Ausfallen der bezüglichen Haare in Betracht. (S. 32.) Diese an sich sehr interessante imd wichtige Bemerkung von Gegenbaur hatte für mich noch besonderes Interesse, da mir ein Fall bekannt ist, in welchem bei einer jungen Frau Haare des Warzenhofes gegen das Ende der Schwangerschaft hin ausgefallen waren, die — 68 — wieder wuchsen, nachdem das Kind abgesetzt worden war, etwa ein Vierteljahr nach der Geburt. Dieser Vorgang wurde bei beiden Schwangerschaften in derselben Weise beobachtet. Man kann wohl annehmen, daß dieser Vorgang funktionell darin begründet ist, daß das Kind durch die in der Nähe der Warze stehenden Haare am Nehmen der Brust gehindert worden sein würde. Dasselbe wird man annehmen düi'fen für die Jungen der Echidna, welche das Sekret der Mammar- drüsen abzulecken hatten. Wenn nun diese Deutung der Gegenbaurschen Beobachtung richtig ist, dann wird man in diesem Vorgange bei der jungen Frau eine altererbte Einrichtung sehen, welche sich durch die Säugetierreihe bis zu dem Menschen hin fortgesetzt hat, und es würde nur wünschens- wert sein, weitere derartige Beobachtungen beim Menschen und in der Tierreihe zu sammeln. Mir als Anatomen ist es nicht bekannt, ob derartige Beobachtungen an Menschen den Geburtshelfern schon bekannt sind, vielleicht sind sie schon in weiter Ausdehnung gemacht worden, dann möchte ich hier nur noch einmal auf sie aufmerksam macheu. Bei der phylogenetischen Entwicklung der Mammardrüse zu der Milchdrüse der höheren Säuger ist insofern noch eine Veränderung eingetreten, als die Haare, welche zu den die Milchdrüse zusam- mensetzenden Mammardrüsen gehören, wohl angelegt werden, aber gar nicht mehr zur vollen Entwickelung kommen, sondern nur noch solche Haare, welche zu kleinen Neben- drüsen gehören, die auf dem Warzenhofe neben der Warze sich befinden, während die eigentlichen Mammardrüsen sämtlich zusammen auf der Warze ausmünden. Wir- haben hier also den Fall einer erwor- benen und dann vererbten Eigenschaft. Es liegen über dieses Verhalten der Haare einige recht interes- sante Mitteilungen vor. So hat Bresslau (1901) bei der Entwickelung der Mammarorgane bei den Beutel- tieren beobachtet, daß die aus den Primärsprossen sich entwickelnden mächtigen Haare im weiteren Verlaufe der Entwickelung auf dem Drüsenfelde unter typischen Involutionserscheinungen zugrunde gehn, so daß auf demselben schließlich nur noch die Milchdrüsen selbst ausmünden (S. 296.) So fand V. Eggeimg (1904) bei der Untersuchung der Milchdrüsen eines acht Monate alten menschlichen Embryo männlichen Geschlechtes, daß sich die aus dem einen Sprosse der Epidermiseinstülpuug entstandene junge Haaranlage später nicht mehr nachweisbar ist. An der ausgebildeten Milchdrüse findet man nur Milchgänge und mit deren Mündung verbundene Talgdrüsen, aber keine Haare. Man kann also an- nehmen, daß diese Haaranlagen, die übrigens weit später auftreten, als die Haaranlagen in der Brust- haut desselben Embryo, sich nicht mehr viel weiter entwickeln und später zugrunde gehen, so daß die mit ihnen verbundenen Talgdrüsen an die Milchgänge Anschluß finden. Auch bei seiner Unter- suchung über die Milchdrüsen und Hautdrüsen der Marsup iaher (1905) teilt v. Eggeling wieder mit, daß die Primärsprossen zu ansehnlichen Haarbälgen werden, die später zugrunde gehen, wenn auch nicht immer vollständig. Die zu diesen Haaren gehörenden Talgdrüsen können nach ihm einen ansehnlichen Umfang erreichen. Ihre Zahl ist entweder dieselbe oder die doppelte wie die der Milchdrüsenaus- führungsgänge. Ihre weiteren Schicksale sind unbekannt. Es seheint, daß sie später ebenfalls wieder verschwinden können wie die Haaranlagen. (S. 323.) Im Jahre 1911 hat dann ö' Donoghue über die Wachstumsvorgänge an der Milchdrüse von Dasyurus viverrinus berichtet. In jeder der 6 Zitzen- taschen von Dasyurus-Beuteljungen finden sich 6 starke Haare, die beim Übergange zum erwachsenen Zustande mit ihren Follikeln und Talgdrüsen verschwinden. Die Zahl der Hauptmilchgänge ent- spricht der der Haare und beträgt also ebenfalls 6. Es ist dieses durchaus verständlich, da man ja annehmen muß, daß von jedem Haare aus eine a-Drüse, in diesem Falle eine Mammardrüse oder Milchdrüse sich" bildet. Die ursprüngliche Zahl der Milchgänge muß demnach der ursprünglichen Zahl der Haare entsprechen. Diesen Beobachtungen des engen Zusammenhanges der Haare mit den Milch- — 69 — drüsen entspricht auch eine schon früher von Bresslau gemachte Beobachtung (1910—1911), nach der bei Eichhörnchen an der Ventralfläche des Rumpfes 4 — 6 starke, einzeln stehende Sinushaare vor- handen sind, die aus zitzenartig vorgewölbten Warzen entspringen und entwickekmgsgeschichtlich mit dem Milchdrüsenapparate zusammenhängen, da sie durch eine Verdoppelung der Milchdrüsen- anlagen dieses hervorgehen. Es folgt hieraus, daß aus einer Milchdrüsenanlage sich ein Sinushaar entwickeln kann, und diese Tatsache spricht wieder für die gleichartige Grundlage der Haar- und Drüsenanlagen. Endlich gibt Hilda Lustig (1915) bei ihrer Untersuchung über die Entwickelungs- geschichte der menschlichen Brustdrüse an, daß sich bei Embryonen von 50 — 60 mm an der Basis der Epitheleinstülpung kleine Einkerbungen finden, aus denen sich weiterhin durch Sprossenbildung die ,, Sekundärsprossen" entwickeln. Werden die Zapfen größer (Embryonen von 150 mm), so be- kommen sie kolbig aufgetriebene Enden. In der übrigen Epidermis findet man deutliche Haare usw. Die Anzahl der Sprossen wechselt nach dem Alter des Individuums, ihre Zahl beträgt etwa 16—25, sie werden zu den Milchgängen und den Milchdrüsen. Eine zweite Ai-t von sekundären Sprossen, die ebenfalls direkt aus dem Grunde der Epithelanlage hervorgehen, konnte Verfasserin sehr gut an einem 200 mm langen männlichen Embryo studieren, diese werden zu Talgdrüsen. Auffallend ist es nun, wie Verfasserin hervorhebt, daß man hier Talgdrüsen findet ohne Haare. Vielleicht fiel die Entwickelung der zu diesen Talgdrüsen gehörigen Haare aber, wie Verfasserin meint, in eine frühere Periode dieses Embryo, die Haare könnten dann nicht weiter zur Entwickelung gekommen sein, bzw. sich zurückgebildet haben. Das hat ja v. Eggeling, wie ich oben schon angeführt habe, schon gefunden. Die Verfasserin führt weiter an, daß man bei älteren Embryonen von 350 — 400 mm Länge ev. Neu- geborenen öfters sekundäre Drüsensprossen findet, die an ihren Enden ijapillenartige Bildimgen be- sitzen. Auch als Anhang dieser Haarfollikel erscheinen dann kleine, aus wenigen Zellen bestehende Talgdrüsen säckchen . Wir finden also bei der Entwickelung der Milchdrüse noch überall die zu den a-Drüsen gehörigen Haare und sehen, daß diese mehr oder weniger spät während der Entwickelung zugrunde gehn. Wenn solche Haare zugrunde gehn, dann werden die in die Haarbälge einmündenden a-Drüsen die leergewordenen Haarbälge als Fortsetzung ihres Ausführungs- ganges benutzen und dieses Stück des Haarbalges wird dann direkt als ihr Aus führungsgang er- scheinen, an dem die Talgdrüsen des früheren Haares sich eventuell noch vorfinden können, falls diese nicht zusammen mit den Haaren zugrunde gegangen sind. Wir würden dann also a-Drüsen- ausf ührungsgänge resp. Milchgänge mit zu ihnen gehörenden Talgdrüsen finden. Dieses Verhalten findet sich in der Tat. So teilt Bauer (1916) mit, daß Talgdrüsen in der Mamilla fast nie vermißt ^vurden, mindestens waren sie rudimentär nachweisbar. Durchschnittlich kamen in der Mamilla 3 — 6 Talgdrüsenkomplexe vor, bei jugendlichen Individuen weniger als bei erwachsenen. Mitunter kann man beobachten, daß die Ausführungsgänge eine Strecke weit von Talgdrüsenkomplexen begleitet werden, letztere gelegentlich auch durchsetzen, so daß beispielsweise das Endstück eines Ausführungsganges inmitten eines Talgdrüsenkomplexes zu liegen kommt. Diese Umwandlung von Haarbälgen zu Drüsenausführungsgängen findet sich übrigens nicht nur bei der Milchdrüse, sondern ist auch sonst schon beobachtet worden. So hat Poulton (1S94) bei seiner Bearbeitung des Schnabels und der Haare von Ornithorhynchns auch die Drüsen dieses Tieres unter- sucht. Die Schnabeldrüsen erinnern sehr an die Schweißflrüsen der Säugetiere, ihre gewundener Drü- senschlauch setzt sich in einen gewundenen Ausführungsgang fort, der in die Basis eines Fortsatzes der Epidermis, eines ,, interpapillären Fortsatzes" eintritt. Dieser Epidermisfortsatz ist indessen aller — 70 — Wahrscheinlichkeit nach als ein modifiziertes Haar aufzufassen, so daß diese Drüsen wie die des übrigen Körpers, ursprünglich zu Haaren gehört haben würden. (S. 152 und 153.) Es würde sich hier also wieder um a-Drüsen handeln, welche in einen Epidermisfortsatz eintreten, der eigentlich eine Haaranlage ist. Römer (1898) spricht sich über dieses Verhalten der Drüsen und Haare bei Ornithorhynchus noch näher aus. Die Epidermis des ganzen Schnabels läuft nach ihm in mächtige Fortsätze aus, die tief in die Cutis hinabsteigen. Zwischen ihnen stehen anders geformte Epithel- zapfen, die tiefer hinabsteigen. Sie endigen unten mit einer kolbigen Anschwellung und zeigen in ihrem oberen Drittel jederseits eine leichte Verdickung. Sie gleichen einem gewöhnlichen Haare, das unten eine Haarzwiebel bildet und oben ein paar Talgdrüsen auszustülpen beginnt. In Innern sind sie von einem hellen, vielfach geschlängelten Drüsenkanale durchzogen, der unten aus der Mitte der kolbigen Anschwellung austritt, noch weit in die Cutis hinein sich fortsetzt und hier in einem Knäuel dichter Drüsenschlingen endigt. Nach Römer sind die kolbigen Epithelzapfen als Überreste der Mittel- haare anzusehen, die ,, Schleimdrüsen" (wie sie von den Autoren genannt wurden) als die zu diesen Haaren gehörigen Schweißdrüsen bei früheren Haargruppen, während die zwischen diesen kolbigen Epithelzapfen liegenden Epithelzapfen die Überreste der Nebenhaare darstellen. In der behaarten Haut ist das Mittelhaar die Hauptperson, welche die Schweißdrüse aus sich hervorgehen läßt und in ihr oberes Ende aufnimmt. In der nackten Haut des Schnabels hat sich dieses Verhältnis zu- gunsten der Drüsen etwas verschoben: die Haarfunktion dieser Gruppe verlor, die Drüsenfunktion gewann an Bedeutung. Nun, dasselbe, wie hier am Schnabel von Ornithorhynchus, finden wir bei der Milchdrüse, auch hier hat sich das Verhältnis zwischen Haar und Drüse verschoben, nur hat die Drüsenfunktion hier noch bei weitem mehr an Bedeutung zugenommen als bei dem Schnabel von Ornithorhynchus. Da ist es denn kein Wunder, daß die ursprünglich stark entwickelten Haare dieser Gegend, die für die Funktion der Drüsen nur schädlich gewesen sein würden, zugrunde gehen, und die Drüsen allein übrig bleiben, eventuell noch zusammen mit den Talgdrüsen, welche zur Ein- fettung der Warze von wesentlicher Bedeutung sind. In dem die Warze umgebenden Warzenhofe bleiben dagegen oft noch Haare erhalten, welche ebenfalls eine recht starke Entwickehmg zeigen können und zu Drüsen gehören, die im Warzenhofe mehr oder weniger reichlich vorhanden sind und mehr oder weniger deutlich über die Oberfläche der Haut hervorragen. Ich selbst habe die Verhältnisse hier nicht näher untersucht, nach v. Eggeling (1904) kann man in dem weiblichen Warzenhofe zwei Hauptforraen von Drüsen unterscheiden: gelappte, oberflächlich gelegene, holokrine (Talgdrüsen) und schlauchförmige, tiefer gelegene merokrine Drüsen. Die ersteren, die Talgdrüsen, sind niemals ganz selbständig: entweder er- scheinen sie als Anhängsel von feinen Haaren resp. von Kolbenhaarbälgeu oder sie umgeben die Mündungen der Schlauchdrüsen. Diese letzteren können wieder Schweißdrüsen sein oder ähnlich gebaut sein wie die Milchdrüsen. Diese münden dann mit einer trichterförmigen Er- weiterung, öfters zu mehreren vereinigt, auf einer mehr oder weniger deutlichen höckerförmigen Vorragung des Warzenhofes aus, meist in der Umgebung der Basis der Brustwarze. Die Mündung ist umgeben von ansehnlichen Talgdrüsen, die wohl hauptsächlich die Vorragung bedingen und sich außerdem vielfach an einen feinen Haarbalg oder den Best eines solchen anschließen. Diese letztgenannten Drüsen sind die Glandulae areolares oder die Montgomeryschen Drüsen. Sie sind also eine Kombination von oberflächlich gelegenen Talgdrüsen mit tief gelagerten mero- krinen Hautdrüsen, von denen die letzteren den wesentlichen Abschnitt bilden. Die Mont- gomeryschen Drüsen sind als Bindeglieder zwischen Schweißdrüsen imd Milchdrüsen anzusehen. Auch — 71 — in dem männlichen Warzenhofe sind die Verhältnisse ganz ähnlich, auch hier kommen vereinzelt 31 o7itgomery sehe Drüsen vor. Wir finden also hier bei diesen Areolardrüsen wieder ganz ähnliche Verhältnisse, wie wir sie oben besprochen haben: Haare mit großen Talgdrüsen und a-Drüsen, die milchdrüsenähulich geworden sind, oder einen Schritt weiter: Verlust des Haares und Bestehen- bleiben von den zusammengehörigen Talgdrüsen und a-Drüsen. Wie ich das oben bei dem Falle der jungen Frau anführte, kann das Ausfallen dieser Haare eventuell auch erst kurz vor oder nach der Geburt stattfinden, also zu einer Zeit, da auch diese areolären Drüsen ganz ähnlich wie die wirk- lichen Milchdrüsen sich vergrößern und eventuell auch eine Milchsekretion erkennen lassen können. Dies letztere ist ja ein weiteres deutliches Zeichen dafür, daß diese Drüsen den Milchdrüsen in der Tat sehr ähnlich sind. Nach Brouha (190öa) entspricht übrigens der menschliche Warzenhof dem peripheren Abschnitte des primitiven Drüsenfeldes. Hieraus erklärt sich dann nach ihm leicht die Teilnahme der Warzenhofdrüsen an der Sekretion der Milchdrüsen zur Zeit der Geburt und die hin und wieder auftretende Erscheinung, daß diese Drüsen, die früher bei der Ernährung des Neu- geboreneu regelrecht mitgewirkt haben, auch jetzt noch fähig sind, Milch abzusondern. Bauer (1916) hat, wenn auch selten, akzessorische ^Milchdrüsen auch in der Papille und zwar bei Stillenden und bei Frauen, die kurze Zeit nach der Stillung waren, gefunden. Es handelte sich hierbei keineswegs um talgdrüsenähnliche Gebilde, sondern um regelrechtes Mammardrüsengewebe. Diese kleinen Drüs- chen kommunizierten durch kleinere Ausführungsgänge mit den großen Gängen der Papille. Sie konnten in der Papille bis dicht unter die Oberfläche verfolgt werden. Wir finden also l)ei der Milchdrüse und dem Warzenhofe ganz allmähliche Übergänge der zentralen, zu großen Milchdrüsen differenzierten a-Drüsen durch die kleineren akzessorischen Milch- drüsen bis zu gewöhnlichen a-Drüsen auch noch beim Menschen. Diese kurze zusammenfassende Betrachtung über die Milchdrüse, die am stärksten und höchsten differenzierte a-Drüse des Körpers, mag diese allgemeinen Betrachtungen über die Hautdrüsen der Säuger abschließen. Ich hoffe, daß diese allgemeine Besprechung der Drüsen das Ergebnis gehabt haben wird, den Leser klar das ganze Gebiet der Hautdrüsen überschauen und durchschauen zu lassen. Wenn man dies Gebiet von dem richtigen Standpunkte aus übersieht, liegen die Verhältnisse ganz einfach, während sie bisher recht verwickelt erschienen. Auf die Frage, in welcher Weise diese Hautdrüsen der Säuger abgeleitet werden können von Drüsen der früheren tierischen Vorfahren, der Amphibien oder Reptilien, will ich hier nicht näher eingehen ; was hierüber bis jetzt in der Literatur von Ergebnissen oder Ansichten vorliegt, so Ranvier (1887), Maurer (1895), v.Eggeling (1904 und 1914) und Bresslau (1912), ist noch so wenig und so wenig sicher, daß es mir nicht lohnend erscheint, im Anschlüsse daran weitere rein hypothetische Betrachtungen anzustellen. Die ganze Frage ist ja sicher äußerst interessant, aber, wie es scheint, auch ungemein schwierig, jedenfalls wird man noch weitere Arbeiten abwarten müssen. 72 Die Verteilung der Hautdrüsen bei Menschenrassen und Tieren Ich will jetzt übergehen zu dem Teile dieser Arbeit, der eigentlich die Veranlassung zu dieser ganzen Arbeit gewesen ist, nämlich zu der Art der Verbreitung dieser Hautdrüsen beim Menschen. Bei einem 30jährigen Chinesen fand ich in der Haut des Mons pubis, an den Haaren der Pubes ansitzend eigenartige große Drüsen, welche mir an dieser Stelle sehr auffallend erschienen. Da es nun sowieso meine Absicht war, die menschliche Haut rassenanatomisch zu behandeln, so veranlaßte mich dieser Drüsenbefund dazu, zunächst die Hautdrüsen für sich zu untersuchen und die Bearbeitung der sonstigen rassenanatomisch interessanten Unterschiede des Aufbaues der Haut auf eine spätere Zeit zu verschieben. Eine solche große Drüse des Chinesen ist auf Taf. II Fig. 10 bei schwacher Vergrößerung (31) dargestellt. Nach dem, was ich bisher besprochen habe, wird der Leser sofort erkennen, daß es sich um eine a-Drüse handelt: die Färbung der Drüse, die Größe der Schlauchdurchschnitte, der lockere Bau des Knäuels, die Lage auf der hinteren Seite des Haarbalges zusammen mit dem Haarbalgmuskel, und der Talgdrüse, von der hier allerdings nur der Ausführungsgang und ein sonstiges kleineres Stück zu erkennen sind, erscheinen charakteristisch genug für diese Drüse. Ihr gegenüber, auf der vorderen Seite des Haarbalges liegen zerstreute Stück- chen einer e-Drüse; der Unterschied zwischen den beiden Drüsen ist sehr auffallend. Ein Stück von einem Flächenschnitte aus dieser Gegend in Taf. III Fig. 17 zeigt einen Querschnitt eines Pubeshaares mit den herumliegenden Drüsenmassen: dem Beschauer zugewendet eine a-Drüse, rechts und links von dem Haarquerschnitte e-Drüsenknäuel, ebenso noch rechts unten. Die Vergrößerung ist dieselbe wie bei dem vorigen Bilde. Die e-Drüsen erscheinen auf beiden Bildern auch ganz gleich, die a-Drüse dagegen ist auf dem Flächenschnitte erhebUch kleiner in allen ihren Teilen, als auf dem Querschnitte der Haut: wieder das charakteristische Zeichen für diese Drüsenart, deren sekretorische Schläuche eine sehr verschiedene Weite besitzen können. Bei der Untersuchimg des Mengenverhältnisses ergab es sich, daß ungefähr zu jedem Haare sich auch eine solche Drüse fand, es waren also ungefähr alle ihrer Anlage nach möglichen a-Drüsen auch zur Entwickelung gekommen, denn, abgesehen von Ausnahmefällen, gehört zu einem Haare nur eine a-Drüse. E-Drüsen waren in größerer Menge vor- handen, das Mengenverhältnis zwischen den beiden Drüsenarten war aber natürhch außerordentlich schwer festzustellen, vielleicht kamen etwa 2 a-Drüsen auf 3 e-Drüsen, doch ist eine solche Schätzung sehr ungenau. Es lag nahe, die Verbreitung dieser a-Drüsen, die ja an dieser Stelle etwas für den menschlichen Körper ganz Ungewohntes waren, auch auf anderen Hautstellen zu verfolgen, soweit mir solche bei dem leider recht beschränkten Materiale zugänglich waren. Es ergab sich dabei, daß sich solche a-Drüsen auch noch fanden in der Haut des Bauches, aber schon seltener als auf dem Mons pubis, und in der Haut der Brust, aber wiederum seltener als in der des Bauches. In der Haut des — 73 — Halses fanden sich gar keine mehr und in den beiden mir zngäugHchen Teilen der Kopfhaut, (Parotidengegend und behaarte Kopfhaut) fehlten die a-Drüsen ebenfalls völlig. E-Drüsen dagegen waren natürlich an allen den genannten Hautstellen vorhanden. Weitere Teile des Chinesen, mit Ausnahme der Achselhöhle, konnte ich nicht untersuchen, auf diese letztere werde ich weiter unten noch einzugehen haben. Es war also die sehr interessante Tatsache festgestellt, daß bei dem Chinesen a-Drüsen an den Pubeshaaren in voller Ausdehnung vorhanden waren und sich auch noch weiter über Bauch und Brust hin ausbreiteten, aber immer seltener wurden, je weiter nach oben die Stellen lagen, so daß Hals und Kopf von ihnen frei waren. Ich untersuchte darauf die entsprechenden HautsteUen eines Kamerunnegers. Ich habe die Präparate unter dieser Bezeichnung erhalten, weiß aber nichts Näheres über den Negerstamm. Da Kamerun von verschiedenen Stämmen bewohnt wird, so würde es natürhch sehr wünschenswert ge- wesen sein, hierüber etwas zu erfahren. Es ergab sich nun, daß bei diesem Neger in der Haut des Mons pubis ganz ähnliche Verhältnisse vorhanden waren wie bei dem Chinesen. Auch hier war wohl ungefähr jedes Haar mit einer a-Drüsc versehen, außerdem lagen zahlreiche e-Drüsen durch die Havit zerstreut, wieder in größerer Menge als a-Drüsen. Auf Taf. I Fig. 7 habe ich eine solche a-Drüse dargestellt, deren Ausführungsgang in den Haarbalg ausmündet und dabei an der Talgdrüse vorbei läuft. Die Vergrößerung ist dieselbe, wie bei der Abbildung von dem Chinesen, die e-Drüsen erscheinen auch wieder ähnlich groß, Haare und a-Drüsen sind etwas kleiner. Bei der weiteren Untersuchung ergab sich, daß die Haut von dem unteren Teile des Bauches noch a-Drüsen aufwies, wenn auch nicht mehr in solcher Menge wie am Mons pubis, daß die Anzahl derselben in der Mitte des Bauches schon erheblich abnahm, imd daß im oberen Teile des Bauches keine a-Drüsen mehr zu finden waren. Ebensowenig fanden sieh solche in der Haut der Brust, des Halses und des Kopfes. Also auch diese Verhältnisse waren ganz ähnlich wie bei dem Chinesen, nur gingen bei dem Neger die a-Drüsen bei weitem nicht mehr so hoch hinauf. Wenn ich soeben gesagt habe, daß an manchen Hautstellen die a-Drüsen fehlten, so ist das allerdings nicht als ganz sicher, aber doch in hohem Grade wahrscheinlich anzunehmen, es konnten ja immer nur kleine Hautstückchen untersucht werden, wenn möghch, mehrere. Auch diese wurden nicht vollständig in Schnitte zerlegt, sondern es wurde immer nur eine Anzahl von Schnitten an- gefertigt. Wenn auf diesen Schnitten von den verschiedenen Stückchen keine a-Drüsen zu sehen waren, so wurde angenommen, daß sie fehlten. Es handelte sich also eigentlich immer mehr um Mengenunterschiede, ich möchte aber annehmen, daß für die vorliegenden Untersuchungen dieser Grad von Genauigkeit noch ausreicht. Zum Vergleiche mit den beiden Exoten untersuchte ich deutsche Männer und Weiber. Wenn auch bisher keine Mitteilungen in bezug auf diese Funde in der Literatur vorlagen, so konnten die Drüsen ja doch trotzdem bei Deutschen vorhanden sein, man brauchte nur nicht auf sie geachtet zu haben. Von 7 deutschen Männern aus ganz verschiedenen Lebensaltern (17—69 Jahre) zeigte kein einziger diese a-Drüsen weder im Mons pubis noch an Bauch oder Brust. Wenn es nun nach dem, was ich soeben gesagt habe, nicht auszuschließen ist, daß doch hin und wieder eine a-Drüse bei diesen Männern vorhanden gewesen ist, oder daß a-Drüsen sich vieUeicht an andern Stellen des Mons pubis vorgefunden haben, die ich nicht untersucht habe, so ist es doch jedenfalls sehr auf- fallend, daß bei keinem einzigen von diesen Männern solche Drüsen von mir gefunden wurden. Jeden- falls sind dieselben, falls sie vorkommen, in so geringer Menge vorhanden, daß der Unterschied gegen- Zoologica. Heft Tä. 10 — 74 — über den beiden Exoten ein sehr erheblicher ist. Jetzt, während des Druckes dieser Arbeit, habe ich bei einem deutschen Manne von 38 Jahren doch noch a-Drüsen gefunden an den Pubeshaaren, aber nur wenige. Man kann hieraus wohl schheßen, daß unsere Vorfahren an den Pubeshaaren auch a-Drüsen besessen haben, daß diese aber in der Eückbildung begriffen sind, aus welchem Grunde ist unbekannt, wahrscheinlich eine höhere Stufe der Entwickelung. Weiter wurden untersucht 5 deutsche Weiber, ebenfalls von sehr verschiedenem Lebensa;lter. Diese verhielten sich ganz anders wie die Männer: Bei allen fanden sich am Mons pubis a-Drüsen in verschieden großer Menge, bei manchen in ähnlicher Menge wie bei den beiden Exoten, bei anderen etwas weniger, außerdem natürlich wieder zahlreiche e-Drüsen. Bei zweien von diesen Weibern hatte ich Gelegenheit, auch die Bauchhaut zu untersuchen. Beide waren zufällig 36 Jahre alt. Bei der einen fanden sich in der Bauchhaut unterhalb des Nabels e-Drüsen und einige seltene a-Drüsen, in der oberhalb des Nabels nur noch e-Drüsen. Bei der anderen fehlten in der Bauchhaut, sowohl oberhalb wie unterhalb des Nabels die a-Drüsen völlig, es fanden sich nur e-Drüsen. Bei diesem letzteren Weibe waren also a-Drüsen nur an dem Mons pubis vorhanden. Auf Taf. I Fig. 6 ist ein Haar mit einer a-Drüse, einer Talgdrüse, dem Haarbalgmuskel und dem in den Haarbalg ausmündenden a-Drüsengange von einem dieser weiblichen Präparate dargestellt. Vergleicht man dieses Bild mit Figur 7 von dem Kamerunneger, so ist die Übereinstimmimg eine außerordentlich große. Bei dem Bilde auf Fig. 10 aus derselben Hautgegend des Chinesen sind da- gegen sowohl Haar wie a-Drüse weit größer, im Prinzip aber entspricht dieses Bild ebenfalls genau den beiden vorigen. Wir haben jetzt also schon eine vollständige Stufenleiter für das Auftreten dieser a-Drü- sen: Am stärksten ist ihre Entwickelvmg bei dem Chinesen, bis auf die Brust herauf, schwächer schon bei dem Kamerunneger, bei dem schon der obere Teil des Bauches frei blieb, diesem entsprechend etwa war das Verhalten bei dem einen deutschen Weibe, bei dem der obere Bauchabschnitt auch bereits frei blieb, dann folgt das andere deutsche Weib, bei dem die gesamte Bauchhaut frei blieb, — wie die Verhältnisse bei den anderen untersuchten deutschen Weibern gewesen sind, von denen mir nur Hautstücke aus dem Mons pubis zur Verfügung standen, kann ich natürlich nicht wissen — dann folgt der eine deutsche Mann mit wenigen a-Drüsen in der Pubes und dann folgen endlich die 7 deutschen Männer, bei denen auch am Mons pubis schon a-Drüsen nicht mehr nachzuweisen waren. Sehr merkwürdig ist bei diesen Beobachtungen der Unterschied zwischen den deut- schen Männern und Weibern. Ich werde weiter unten noch hierauf zu sprechen kommen. Dieser Unterschied veranlaßte mich noch, auch das Scrotum und die Labia majora zu untersuchen. Allerdings hatte ich hiervon nur ein paar Fälle zur Verfügung, die aber, wie mir scheint, genügendes ergaben. In den Labia majora fanden sich wieder a-Drüsen, in dem Scrotum nicht, hier waren nur e-Drüsen vorhanden. Ein Bild aus einem Labium majus gibt Taf. III Fig. 16 wieder, man sieht hier deutlich einen Teil einer a-Drüse und außerdem die Züge der glatten Muskulatur, die ich oben schon besprochen habe. Außerdem fanden sich auch e-Drüsen. Es geht hieraus hervor, daß der oben gefundene Unterschied zwischen dem deutschen Manne imd dem deutschen Weibe sich auch noch fortsetzt auf diese Ab- schnitte der äußeren Geschlechtsorgane. Es spricht dies dafür, daß dieser Unter- schied ein wesentlicher ist. Einen sehr interessanten Befund bot sodann die Haut aus der Parotidengegend eines Austra- liers. Dieses Haut.stück verdanke ich der Freundlichkeit von Herrn Professor Klaaisch, es war be- — 75 — zeichnet als „Australier, alt, männlich (1), mit starkem Bartwuchse". Hier fanden sich nämlich an den mächtigen Barthaaren wieder a-Driisen, allerdings nur in verhältnismäßig geringer Menge, bei weitem nicht zu jedem Haare eine Drüse. Außerdem zahlreiche e-Drüseii. Auf Taf. II Fig. 13 ist ein Stück aus dieser Australierhaut dargestellt worden. Mau sieht den obersten Teil eines Haar- balges mit einer Talgdrüse auf beiden Seiten und dicht unterhalb der einen Talgdrüse, wieder auf der hinteren Seite des Haarbalges einen a- Drüsenknäuel, dessen Ausführungsgang sich, allerdings mit einigen Unterbrechungen, bis zur Ausmündung des Haarbalges hin verfolgen läßt, wo er dann selbst ausmündet. Also wieder ein durchaus charakteristisches Bild. Eechts davon liegt eine e-Drüse, die zum Vergleiche mit gezeichnet worden ist, der Unterschied ist sehr deutlich. Etwas Besonderes hat diese a-Drüse des Australiers nun aber doch: ihr sekretorischer Schlauch ist verhältnismäßig, d. h. im Vergleiche zu den übrigen bisher besprochenen a-Drüsen eng, und auch der ganze Knäuel ist nicht besonders groß. Trotzdem der sekretorische Schlauch hier verhältnismäßig eng ist, ist er doch immerhin wesentlich dicker als der Ausführungsgang, es ist also auch hier wieder das charakteristische Verhalten der a-Drüsen vorhanden. Außerdem liegt in diesem Falle die a-Drüse verhältnismäßig sehr hoch in bezug auf den Haarbalg. Allerdings beginnt dicht unterhalb der Drüse bereits der Panniculus adiposus, es erscheint also wohl die a-Drüse nur aus dem Grunde so hoch gelegen, weil das große Haar so weit in die Tiefe reicht. Das Größenverhältnis dieser a-Drüse zu den sonst hier vorkommen- den e-Drüsen ist noch deutlicher ersichtbar auf den Fig. 42 — 44 auf Taf. V. In den Fig. 4.3 und 44 sind hier bei lOOfacher Vergrößerung Teile aus a-Drüsen dargestellt, in Fig. 42 ein Stück einer e-Drüse. Auch hier sind die Unterschiede wieder durchaus deutlich und auch die Abbildungen 43 und 44 sind wieder dadurch für die a-Drüse charakteristisch, als auf ihnen der sekretorische Schlauch und sein Lumen sehr verschieden dick erscheinen. Auf Taf. IV Fig. 28 und 29 sind dann endlich wieder aus a-Drüsen des Australiers Teile des sekretorischen Schlauches bei starker Vergrößerung dargestellt, die wiederum die charakteristischen Unterschiede in der Höhe und Beschaffenheit des Drüsenepithels erkennen lassen. Leider fand sich bei diesen Drüsen nirgends das Stadium der Auswuchszellen. Zum Vergleiche mit diesen Bildern ist dann auf Fig. 30 noch ein Querschnitt durch eine e-Drüse gegeben und auf Fig. 31 ein solcher durch den Ausführungsgang einer e-Drüse. Nach dem soeben Gesagten ist es jedenfalls zweifellos, daß hier in der Australierhaut a-Drüsen und e-Drüsen nebeneinander vor- kommen. Weder bei den von mir untersuchten Deutschen, noch bei dem Chinesen und dem Ka- merunneger fand sich in der Parotiden gegen d eine Spur von a-Drüsen, stets waren hier nur e-Drüsen zu finden. Leider habe ich nicht Gelegenheit gehabt, von diesem Australier noch andere Hautstücke zu untersuchen. Nach dem, was ich bisher besprochen habe, ist es aber wohl wahrscheinlich, daß bei ihm auch sonst weit hin über den Körper a -Drüseu verbreitet sein werden. Mau kanu wohl anuehmeu, daß bei ihm die a-Drüsen an der vorderen Körperwand bis zum Gesichte hin in die Höhe gestiegen sind. Er würde also voraussichtlich in der oben aufgestellten Stufenleiter noch vor den Chinesen gestellt werden müssen.. Nun habe ich oben schon in dieser Arbeit Gelgenheit gehabt, zu zeigen, daß bei deutschen Embryonen von 4 — 7 Monaten sich in der Parotidengegeud fast bei allen Haaren deut- lich die Anlagen der a-Drüsen nachweisen lassen, und daß diese Anlagen sogar mit- unter schon eine recht beträchtliche Größe erreichen. Ich verweise dieserhalb hier auf die Bilder 64, 65, 66, 67, 68 und 70 auf Taf. VII. Auf Fig. 70 ist die a-Drüsenanlage schon recht weit ausgewachsen. Ich habe oben bei der Besprechung dieser Bilder schon hervorgehoben, daß, trotzdem diese Drüsenanlagen unter LTmständen schon eine so starke Ausbildung erreicht haben, sie — 76 — während der weiteren Entwickehmg doch wieder vollständig zugrunde gehen müssen, da man beim Erwachsenen keine Spur mehr von ihnen findet. Haut aus der Parotidengegend von Kindern zu untersuchen, habe ich bisher keine Gelegenheit gehabt. Diese Drüsenanlagen, die bei den Deutschen und ebenso, wie es scheint, auch bei den Chinesen und Kamerunnegern, während der späteren Entwickelung zugrunde gehen, sind nun augenscheinlich bei den Australiern erhalten geblieben. Vielleicht darf man hieraus den Schluß ziehen, daß der Australier in dieser Hinsicht auf einer tieferen Entwickelungsstuf e stehen geblieben ist, als der Chinese, Kamerunneger und Deutsche. Es wäre ja auch denkbar, daß andere Ursachen gerade hier in der Parotidengegend bei dem Australier eine Weiterentwickelung der a-Drüsen bedingt haben, ohne daß es sich um eine tiefere Stufe der Entwickelung handelt. Wei- tere Untersuchungen der sonstigen Körperhaut dieses Australiers würden nötig sein, um diese Frage zu beantworten, sehr wahrscheinlich ist mir aber eine solche besondere lokale Einwirkung vorläufig nicht. Nun wissen wir durch die Ai'beit von Carossini (1912 — 1913), daß an verschiedenen Stelleu des menschlichen Körpers embryonal a-Drüsenanlagen nachzuweisen sind, die später wieder völlig zugrunde gehen. Ich selbst habe bisher noch nicht so verschiedene Hautteile von Embryonen darauf hin untersuchen können, doch scheinen mir die Angaben von Carossini hinreichend sicher zu sein und für die Parotidengegend habe ich ja hier soeben auch die nötigen Beispiele vorgeführt. Man kann also wohl annehmen, daß in der Tat an verschiedenen Teilen des menschlichen Körpers sich a-Drüsen anlegen, die dann später wieder zugrunde gehen. Ausgedehnte Untersuchungen an Embryonen werden natürlich noch nötig sein, um festzustellen, wie weit diese a-Drüsenanlagen über den Körper hin verbreitet sind, und welche Stellen von ihnen mehr oder we- niger frei bleiben. Zunächst aber kann man wohl als sehr wahrscheinlich annehmen, daß wir von tierischen Vorfahren abstammen, welche über weite Teile ihres Körpers hin neben den e-Drüsen a-Drüsen besaßen; welche Teile auch bei diesen Vorfahren von a-Drü- sen wahrscheinlich frei waren, müßten erst die eingehenden embryonalen Untersuchungen ergeben. Vorläufig kann man aber wohl annehmen, daß die von mir beschriebene Ausbreitung der a-Drüsen auf Labium majus, Mons pubis, Bauch und Brust darauf zurückzuführen ist, daß hier bei unseren Vorfahren, ob nur bei den tierischen oder auch noch bei den menschlichen, a-Drüsen vorhanden waren. Bei der weiteren phylogenetischen Entwickelung des Menschen sind diese Drüsen mehr und mehr verloren gegangen, so daß sie beim deutscheu Manne an diesen Stellen jetzt fehlen. Wir werden hiernach weiter als wahrscheinlich annehmen können, daß sowohl der Australier, wie auch meist der Chinese und die Kamerunneger, in dieser Hinsicht wenigstens, auf einer tie- feren Stufe der Entwickelung stehen geblieben sind, als der deutsche Mann. Hiernach würde dann die Annahme nahe liegen, daß auch das deutsche Weib in dieser Hinsicht tiefer in der Entwickelung stehen geblieben ist als der Mann. Dieser letztere Schluß dürfte aber zunächst nur eine bedingte Berechtigung haben, denn es ist denkbar, daß sich noch andere mit dem Geschlechtsunterschiede in Verbindung stehende Ursachen auffinden lassen, welche eine Er- haltung dieser a-Drüsen bei dem Weibe bedingt haben. Infolgedessen würde es von großer Wichtig- keit sein, Weiber der übrigen Kassen auf diese Drüsenverhältnisse hin zu untersuchen mid mit den entsprechenden Männern zu vergleichen. Wenn solche Untersuchungen ergäben, daß die Weiber stets reicher an a-Drüsen sind als die Männer, würde man annehmen müssen, daß in der Tat eine mit dem Geschlechtsunterschiede zusammenhängende Ursache — 77 — für die Verschiedenheit in der a-Drüsenmeuge in Betracht kommt. Das würde dann allerdings wieder eine sehr interessante Tatsache sein. Es scheint in der Tat manches dafüj- zu sprechen, daß den Schweißdrüsen beim Weibe eine größere Bedeutung zukommt, als beim Manne. Ich werde hierauf noch zu sprechen kommen bei der Betrachtung über das ,, Achselhöhlenorgan". Nachdem diese Drüsenbefunde von mir gemacht worden sind, müßte man möglichst viele An- gehörige der verschiedenen Eassen, Männer, Weiber, Kinder und Embryonen auf ihr Verhalten in dieser Hinsicht untersuchen, um so den allgemeinen Typus jeder Kasse nach dieser Eichtung hin festzustellen. Dann würde sich erst herausstellen, ob wir in diesen Unterschieden der Verbreitung der a-Drüsen wirkliche Eassenmerkmale zu sehen haben. Ich halte dies für wahrscheinlich und werde dementsprechend ,, Wahrscheinlichkeitsschlüsse" aus meinen Beobachtungen in dieser Arbeit ziehen. Auch wo ich das nicht besonders bemerke, bitte ich also meine Schlüsse als solche anzusehen. Wie weit sie begründet sind, geht ja aus den Mitteilungen über das Material hervor. Wie ich oben schon mehrfach hervorgehoben habe, ist aber nicht nur die Menge der Drüsen verschieden, sondern auch ihre Größe, wie das namentlich bei dem Chinesen hervortrat. Ich werde hierauf bei der Besprechung der Achselhöhlendrüsen noch zurückkommen. Diese verschiedene Größe deutet meiner Meinung nach nicht nur darauf hin, daß die Menge des Sekretes eine größere ist, sondern auch darauf, daß die Art des Sekretes eine andere ist, denn es sind nicht einfach umfang- reichere Drüsen mit derselben Art des Sekretionsschlauches, sondern der Sekretionsschlauch selbst ist größer geworden im Querschnitte, was für einen wesentlich anderen Bau der Drüse spricht. Es folgt hieraus, daß auch die Qualität der Drüsen bei den verschiedenen Eassen sicher verschieden sein wird. Ich erinnere hier auch noch au das, was ich oben schon von den e-Drüsen gesagt habe, die nicht nur bei den verschiedenen Eassen Unterschiede zeigten, sondern auch an den verschiedenen Hautstellen desselben Menschen, und zwar auch wieder Unterschiede, welche sich auf die Zahl der das Lumen auskleidenden Drüsenzellen bezogen. Der Mensch besitzt nun au einer Stelle seines Körpers ein besonderes ,, Hautdrüsenorgan", das denen, die man in so weiter Verbreitung bei Säugetieren findet, entspricht. Während bei sonstigen Säugetieren vielfach mehrere derartige Hautdrüsenorgane an verschiedenen Stellen des Körpers und in verschiedener Beschaffenheit vorkommen, ist das ,, Achselhöhlenorgan" beim Menschen bisher als das einzige angesehen worden, ich würde allerdings nach meinen jetzigen Erfahrungen der Meinimg sein, daß man auch ein ,, Gehörgangsorgan" und ein „Circumanalorgan" annehmen müßte. Dieses Organ habe ich nun ebenfalls bei den beiden Exoten und bei Deutschen untersucht. Koelliker (1889) sagt auf Seite 249 ganz kurz: „In der Achselhöhle bilden die großen Drüsen eine zusammenhängende Schicht unter der Lederhaut, während ober- halb derselben kleine Drüsen in wandelbarer Zahl sich finden." Daß die hier liegenden großen Achseldrüsen zu den a-Drüsen gehören, habe ich oben schon mehrfach erwähnt. Auf Taf. II Fig. 14 habe ich eine Abbildung von einem Querschnitte der Achsel- höhlenhaut von einem etwa 24 jährigen deutschen Mädchen gegeben. Die Verhältnisse waren auch bei den sonst imtersuchten Männern und Weibern im wesentlichen dieselben, nur waren die Menge der Drüsen und die Dichte ihrer Aneinanderlagerung etwas verschieden. Wie man aus dem Bilde erkennt, ist die Beschreibung von Koelliker nicht ganz richtig, denn die ,, kleinen Drüsen" liegen nicht oberhalb einer zusammenhängenden Schicht von ,, großen" Drüsen, sondern in derselben Schicht, direkt mit ihnen vermischt. Genau dasselbe habe ich auch bei den Exoten gefunden. Man — 78 — erkennt auf Fig. 14 sehr deutlich wieder di? Verschiedenheit zwischen den a-Drüsen und e-Drüsen in bezug auf die Größe der Knäuel, die Dicke der Schläuche, die Dichtigkeit der Knäuel und die ver- schiedene Färbung. Die a-Drüsen erscheinen bei der Hämatoxylin-Eosin-Färbung immer weit röter als die e-Drüsen. Die e-Drüsen münden natürlich auch hier wieder frei auf der Oberhaut aus, die a-Drüsen an den Haarbälgen und hin und wieder wohl auch dicht neben diesen auf der Oberhaut. Es ist also ganz dasselbe Verhalten, wie es sich schon am Mons pubis fand, und wie es sich überall findet, wo diese beiden Drüsen zusammen vorkommen. Auf Taf. II Fig. 11 und 12 habe ich zwei Abbildimgen aus der Achsel- höhle eines deutschen Weibes gegeben, auf denen man die Ausmündung des a-Drüsenganges in einen Haarbalg deutlich sieht. Auf dem sehr dicken Schnitte, der in Fig. 12 abgebildet ist, erkennt man den Ausführungsgang in sei em ganzen Verlaufe, wie er an dem Drüsenkörper sich aufknäuelt (auf dem Querschnitte würde man dann die Lumina des Ausführungsganges noch in dem Knäuel liegend sehen), wie er dann zwischen den Talgdrüsenlappen nach oben zieht und dort in den Haarbalg einmündet. Die Färbung des Ausführungsganges weicht wieder deutlich von der des Drüsenkörpers ab. Auf Taf. III Fig. 19 ist ein entsprechender Schnitt von dem Kamerunneger abgebildet. Wieder sieht man a-Drüsen und e-Drüsen in derselben Schicht, miteinander abwechselnd, liegen. Die a-Drüsen erscheinen weit größer als bei dem deutschen Weibe (Fig. 14), auch die Lumina sind weiter. Doch will letzteres nicht viel besagen, da die Größe der Lumina bei diesen Drüsen ja sehr wechselt und wir z. B. auf Fig. 14 links unten ganz ähnlich große Lumina sehen. Denken wir uns die übrigen Drüsenknäuel dieser Figur auch mit so großen Lumina versehen, so würde das Bild dem des Negers ganz gut entsprechen. Sehr reich an Drüsen, die außerdem auch noch verhältnismäßig recht groß sind, ist die Achsel- haut des Chinesen (Fig. 18). Auch hier liegen wieder a-Drüsen und e-Drüsen dicht miteinander vermengt in derselben Schicht. Die a-Drüsen zeigen fast durchgehends große Lumina, aber auch die e-Drüsen haben hier verhältnismäßig große Lumina und sind außerdem in ihrem sekretorischen Schlauchabschnitte weit mehr rot gefärbt als bei dem deutschen Weibe und bei dem Kamerunneger. Ich habe das oben schon erwähnt bei der Besprechung der verschiedenen e-Drüsenformen und ver- weise hier dieserhalb auf Taf . VI Fig. 57, 58, 59 und 60. Auch der Flächenschnitt, von dem ein Stück auf Taf. II Fig. 15 abgebildet ist, läßt die Größe der Drüsen, die um ein Haar herumliegen, deutlich erkennen. Es tritt dies sehr klar hervor, wenn man den auf Fig. 17 dargestellten Flächen- schnitt aus dem Mons pubis desselben Chinesen vergleicht. In dem Mons pubis liegen die Drüsen nach meinen bisherigen Erfahrungen niemals so dicht aneinander, daß man von einem ,, Drüsen- organe" sprechen könnte. Auch die Abbildung 9 auf Taf. I läßt erkennen, wie groß bei dem Chinesen sowohl die Haare wie auch die Drüsen in der Achselhöhle sind. Auf dieser Abbildung sieht man ja auch sehr deutlich, wie der Ausführungsgang der e-Drüse von dem Haarbalge sich abwendet, um die freie Oberfläche der Haut zu erreichen, während ihr Knäuel dem Haarbalge dicht anliegt. Ich habe diese Verhältnisse oben schon ausführlich besprochen und verweise hierauf. Der Bau des „Achselhöhlenorganes" ist also bei den Deutschen und bei den drei Exoten im Prinzip durchaus gleich, nur die Größe und die Menge der Drüsen wechselt. Ich möchte hier noch besonders hervorheben, daß sowohl bei den Deutschen wie bei den Exoten stets a- und e-Drüsen zusammen vorkommen, als Ausnahmen finden sich aber auch Fälle, in denen nur oder fast nur e-Drüsen vorhanden sind, in denen die a-Drüsen also auch an dieser Stelle nicht mehr zur Ent- wickehmg gekommen sind, so hat Lüneburg (1902) das von einem Neger angegeben. Nach den hier vorliegenden Beobachtungen hat der Chinese sowohl die meisten wie die größten Drüsen. Auch — 79 — in der Haut des Mons pubis fand sich dasselbe, er scheint also in der Tat am drüsenreichsten zu sein. Selbstverständlich müßten noch weitere Individuen der verschiedenen Rassen untersucht werden, um festzustellen, wie weit es sich hier um individuelle oder um wirkliche Rasseneigenschaften handelt. Im Zusammenhange hiermit möchte ich anführen, daß Daeubler sich 1909 auf der Naturforscher- Versammlung in Salzburg in einem Vortrage dahin ausgesprochen hat, daß die Farbigen in den Tropen weit größere Schweißdrüsen besitzen, als die Europäer, auch breitere Ausführungsgänge und reicheres Gefäßnetz. Die in den Tropen regulatorisch auftretende hohe Schweißsekretion wirke daher bei den Europäern in den Tropen als Nervenreiz für die Schweißzentren. Eine frühere Arbeit über diesen Gegenstand, die er unter seinem Namen zitiert und eine in gleicher Weise zitierte Arbeit von Munk sind mir nicht bekannt geworden. Bemerken möchte ich hier noch, daß aus der Literatur klar hervorgeht, daß die a-Drüsen sich von den e-Drüsen in der Achselhöhle auch dadurch noch deutlich unterscheiden, daß sie erst während der Pubertätszeit ihre volle Größe erreichen und auch erst zu dieser Zeit zu sezernieren beginnen, während die e-Drüsen ja wahrscheinlich, gerade so wie sonst am Körper schon weit früher in Funktion treten. Ob dies bei den a-Drüsen des Mons pubis und der sonstigen oben genannten Köi-perteile auch der Fall ist, weiß man bis jetzt noch nicht, vielleicht besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß auch diese Drüsen sich ebenso verhalten, aber die Sache müßte jedenfalls erst noch näher untersucht werden. Die in der Literatur angeführte Beobachtung, die man ja auch leicht selbst machen kann, daß ein nackter Mensch leicht in der Achselhöhle so stark schwitzt, daß Schweißtropfen an den Seiten seines Körpers herunterlaufen, die bisher so gedeutet worden ist, daß dieser starke Schweißausbruch auf die a-Drüsen zurückzuführen ist, und daß diese also ebenfalls richtigen Schweiß liefern und zwar in großer Menge, entsprechend ihrer Größe, ist hierfür nach dem Gesagten durchaus nicht beweisend, denn es finden sich eben in der Achselhöhle auch e-Drüsen in großer Menge. Die Tätigkeit dieser würde für das starke Schwitzen vollkommen genügen. Daß beim deutschen Weibe die a-Drüsen in der Tat früher und stärker ausgebildet werden und stärker funktionieren, als beim Manne, geht auch aus den folgenden Angaben hervor. So hat Lüneburg (1902) mitgeteilt, daß die Entwickelung der a-Drüsen in der Achselhöhle bei den Knaben mit der Pubertätsperiode zusammen zu fallen scheint, daß sie sich bei den Mädchen aber schon bedeutend früher ausbilden und schon im neunten Lebensjahre vorhanden sein können, bevor sich die größeren Haare in der Achselhöhle gezeigt haben. Seitz (1909) hat dann darauf aufmerksam ge- macht, daß die Schweißdrüsen des Weibes, ähnUch wie die Milchdrüsen, nur in viel geringerem Maße, im Wochenbette regelmäßig, wahrscheinlich unter dem Einflüsse bestimmter Stoffe (Hormone) eine Steigerung ihrer Funktion (Wochenschweiße) erfahren. L^nter nicht näher bekannten Umständen kommt es bei Schwangeren und Wöchnerinnen manchmal zu einer starken Erweiterung der Schweiß- drüsen in der Achselhöhle. Das Lumen der Ausführungsgänge ist zum Teile verengt, zum Teile ob- literiert. Vom 5. bis T.Tage des Wochenbettes ab bilden sich die Schwellungen in der Achselhöhle langsam von selbst zurück und sind nach 14 Tagen meist spurlos verschwimden. Er nimmt dabei an, daß hierbei unter Umständen auch ein milchiges Sekret abgeschieden werden kann, ohne daß man deshalb eine aberrierende Milchdrüse anzunehmen braucht, im Gegenteile haben diese Achsel- drüsen seh wellimgen, die Seitz auch wegen des eventuellen milchigen Sekretes, direkt als ,, Milchdrüsen - Schwellungen" bezeichnet, mit akzessorischen Mammae gar nichts zu tun. Eine gewisse Disposition zu der Ausbildung dieser Anschwelhmg scheint bei Frauen mit stark entwickelten Mammae vorhanden — 80 — zu sein. Dieses letztere würde dafür sprechen, daß bei solchen Frauen überhaupt eine stärkere Ausbildung der ganzen a-Drüsengruppe vorhanden ist. Waelsck (1912) bestätigte diese Beobachtung bis zu einem gewissen Grade. Er fand bei schwangeren Frauen, nament- lich auch gegen das Ende der Schwangerschaft, daß die Drüsenplatte in der Achselhöhle der Höhe und Breite nach bedeutend stärker entwickelt war. Elf solche Fälle konnte er auch mikroskopisch imtersuchen. Es ergab sich, daß die Drüsenschläuche in ihrem sekretorischen Abschnitte eine be- deutende, manchmal ganz enorme Erweiterung erfahren hatten. Auch er nimmt an, daß diese Ver- änderungen an den Schweißdrüsen etwa gleichzeitig auftreten mit den Schwangerschaftsveränderungen an der Milchdrüse. In einem Falle aus dem vierten Monate waren die Schweißdrüsenveränderungen schon sehr ausgesprochen. Am 10. Tage nach der Geburt waren die Veränderungen noch deuthch, wenn auch schon zurückgebildet, nach 3 Wochen waren sie noch weiter stark zurückgebildet, nach 5 Wochen waren sie nicht mehr nachzuweisen. Auch er unterscheidet scharf zwischen einer starken Hypertrophie der Achselschweißdrüsen imd aberrierenden Milchdrüsen. Die Hypertrophie der a-Drüsen der Achselhöhle ist als eine solche anzusehen, die physiologisch bei Schwangeren und Wöchnerinneu eintritt, zu Beginn des Puei-periums ihre Höhe erreicht und sich dann zurückbildet. Wirkhche Milch- drüsen entstehen aus den hypertrophierten a-Drüsen nicht. Auch ihr Sekret entsprach dem sonstigen. Lag wirklich eine aberrierende Milchdrüse innerhalb der a-Drüsenplatte, so wurde neben dem Schweiße auch Milch abgeschieden, doch gingen beide Sekrete durch verschiedene Ausführungsgänge. Auch Waelsch hält es für möglich, daß die Ursache für die stärkere Entwickelimg der Milchdi-üse und für die der a-Drüsen die gleiche ist, vielleicht während der Gravidität im Blute zirkulierende Hormone. Auch das Auftreten der ,, Wochenschweiße" ist nach ihm von Lane-Claypon und Starling (1906) auf solche zurückgeführt worden. Waelsch gibt weiter an, daß im allgemeinen die Achselhöhlenschweiß- drüsen bei Frauen stärker entwickelt sind als bei Männern. Schwangere Frauen haben eine besondere Neigung zu starkem Schwitzen, besonders in der Achselhöhle. Auch während der Menses schwitzen manche Mädchen und Frauen besonders stark. Ob dies stärkere Schwitzen der menstruierenden Frauen und Mädchen und der Schwangeren auf die a-Drüsen oder die e-Drüseu zurückzuführen ist, oder auf beide, läßt sich vorläufig nach den vorliegenden Angaben nicht ent- scheiden. Wir werden aber weiter unten bei der Betrachtung über die Tätigkeit der Drüsen sehen, daß die Bildung des eigentlichen Schweißes im wesentlichen jedenfalls den e-Drüsen zukommt. Ob diese stärkere Tätigkeit der Schweißdrüsen während Schwangerschaft und Wochenbett der Entgiftung des Körpers dient, läßt Waelsch noch dahingestellt, es müßte das erst noch bewiesen werden. Waelsch geht so weit, daß er die a-Drüsen der Achselhöhle in die Gruppe der sekundären Geschlechts- merkmale, im weitesten Sinne genommen, einreihen möchte. Die Brustdrüse ist nach ihm der höchstentwickelte weibliche sekundäre Geschlechtscharakter, die ihr verwandten Schweißdrüsen würden in dieser Beziehung etwas tiefer stehen, aber an der Gravidität gerade so teilhaben wie die Milchdrüse, innerhalb der ihrer Funktionsmöglichkeit gezogenen Grenze, und den gleichen Einflüssen unterliegen, welche von den weibUchen Sexualorganen während der Schwangerschaft ihren Ausgang nehmen. Aus den eben mitgeteilten Beobachtimgen geht einmal der innige Zusammenhang zwischen den Hautdrüsen und dem Stoffwechsel des ganzen Körpers hervor und zweitens die Wahrscheinlichkeit, daß in der Tat für das weibUche Geschlecht die a-Drüsen, vielleicht auch die e-Drüsen, von größerer Wichtigkeit sind, als für das männUche, und daß sie infolgedessen sich stärker anlegen und entwickeln. Das würde dann entschieden dafür sprechen, daß der von mir gefundene 81 l^' «'vi-' , -JA, 'S^rfP-'*, ■ .'A größere Eeichtum an a-Drüsen bei der deutschen Frau gegenüber dem deutschen Manne in der Tat auf den Geschlechtsunterschied zurückzuführen ist, und nicht auf eine entwickelungsgeschichtlich tiefere Stellung der Frau. Immerhin wird man mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß beides in Frage kommt, wissen wir doch, daß die Frau auch nach manchen anderen Eichtungen hin zwischen Mann und Kind steht. Kishi (1907) vermutet, daß die Achselhöhlen drüsen der Ja^janer anders gebaut sind als die der Europäer, weil sich niir bei wenigen Japanern ein riechbarer Achselschweiß findet. Er hatte weiter auch festgestellt, daß auch das Ohrenschmalz der Japaner sich von dem der Europäer unter- scheidet; ich werde weiter unten hierauf noch zu sprechen kommen. Die wenigen Japaner mm, bei denen sich ein riechbarer Achselschweiß vorfindet, sollen dann auch gewöhnlich ein gelblich-bräun- liches Ohrenschmalz haben, ähnlich dem der Europäer. Diese Mitteilung ist recht interessant, da sie einen deutlichen Unterschied erkennen lassen würde zwi- schen den Europäern und den Japanern und zwar gleich für zwei Drüsenorgane. Man würde hieraus wohl schlie- ßen dürfen, daß auch die sonstigen Hautdrüsen sich ver- schieden verhalten würden. ^Yie ich weiter imten bei der Besprechung des Gehörgangsorganes noch anführen werde, hat Tadokoro allerdings die Angabe von Kishi in bezug auf das Gehörgangsorgan bestritten, nicht aber in bezug auf das Achselhöhlenorgan. Als zweites Haut drüsen organ des Menschen möchte ich das ,, Organ des äußeren Gehörganges" oder kür- zer das ,, Gehörgangsorgan", das ,, Ohrenschmalz- organ" anführen, das sich ja auch bei sonstigen Säuge- tieren nachweisen läßt. Für den Menschen weiß man schon seit langer Zeit, daß in diesem Organe sich Knäuel- drüsen finden, die schon von Koelliker zu den ,, großen" gerechnet wurden und außerdem Talgdrüsen. Alzheimer (1888) hat auf Anregung von Stöhr eine eingehende Un- tersuchimg dieser Drüsen vorgenommen. Untersuchungen an menschlichen Embryonen ergaben, daß die Ohren- schmalzdrüsen durch Auswachsen der äußeren Wurzel- scheide des Haarbalges entstehen. Noch beim Neugebo- renen münden sie in die Haarbälge. Die Mündung rückt aber langsam und allmählich am Haarbalge höher, um beim Erwachsenen meist auf die freie Haut- fläche auszumünden. Manche bleiben bei dem früheren Verhalten stehen. (S. 225.) Da sieht man auf dem hier dargestellten Bilde einer a-Drüse aus dem äußeren Gehörgange eines jungen deut- scheu Mannes , die ganz regeh-echt ausmündet iu den Haarbalg eines Haares. Sie verhält sich dabei genau so wie die sonstigen a-Drüsen. Auf der Abbildung sind im wesentlichen nur die Kerne eingezeichnet, die aber die ganze Anordnung gut erkennen lassen. Die Ohrenschmalzdrüsen entstehen somit nicht durch Hineinwachsen eines Epidermiszapfens von der freien Hautfläche aus in das Corium, sondern ähnlich den Talgdrüsen durch lokales Auswachsen aus der äußeren Wurzel- scheide. In diesem Verhalten bezüglich der Ausmündung in die Haarbälge stehen, wie Alzheimer ii Junger deutscher Mann. Ohrenschmalzdrüse, äußerer Gehörgang. Ausführungsgang und Mündung in den Haarbalg. Karminfärbung nach Celloidin- einbettung. Vergr. etwa 60. Zoologica. Heft 11 — 82 — hervorhebt, die Ohrensehmalzdrüsen unter den Knäueldrüsen durchaus nicht vereinzelt da, ganz über- einstimmend ist das Verhalten bei den Molischen Drüsen, bei den Circumanaldrüsen der Fleischfresser und anderen. Tartuferi hat diese Drüsenformen als eine besondere Gruppe den eigentlichen Schweiß- drüsen gegenübergestellt (1879). Aus dieser Beschreibung schon geht zweifellos hervor, daß es sich hier um a-Drüsen handelt. Was die Verhältnisse bei den Tieren anlangt, so fanden sich, nach Alz- heimer, bei Nagetieren keine Knäueldrüsen im äußeren Gehörgange, wohl aber jedes Härchen umgeben von einem Kranze von 4 — 8 gut entwickelten Talgdrüsen. Die großen Haustiere ergaben die schönsten Untersuchungsobjekte, überall, wo sich Knäueldrüsen fanden, zeigte sich aufs deutlichste ihre Be- ziehung zu den Haarbälgen (S. 226). Beim Menschen sind drei Knäueldrüsen zu einem Haarbalge gehörig nicht gerade selten, zwei Drüsen sind schon häufig, vielleicht das Gewöhnliche. Beim Schweine fanden sich nur zuweilen zwei, bei Bind, Ziege, Hund und Katze gehörte zu jedem Haarbalge nur eine Drüse. (S. 228.) Die drüsenreichste Gegend im äußeren Gehörgange liegt beim Menschen und allen untersuchten Tieren, nach Alzheimer, wenn man den knorpeligen Gehörgang in 4 Teile teilt, im zweiten und dritten Viertel und da wieder oben und unten, nicht an den Seiten. Die Talgdrüsen sind in diesen Hauptdrüsengegenden bedeutend schwächer entwickelt als in den anderen Teilen. Nach hinten, gegen das Trommelfell zu, werden sie ganz rudimentär. Eigentümlich ist ihre mehr schlauch- förmige Gestalt. Das Fettgewebe des Stratum subcutaneum steigt gegen die Knäuel herauf und auf Schnitten parallel der Haut sieht man, daß immer Haarbalg, Talgdrüsen und Ausführungsgang von einer kreisförmigen Bindegewebsschicht umzogen werden. Haarbalgmuskeln hat Alzheimer in der Drüsengegend nur beim Binde gesehen. (S. 229.) Am schönsten entwickelt sind die Drüsen bei Neu- geborenen und bei jugendlichen Individuen, im hohen Alter werden sie stark atrophisch (S. 229). Was die Entstehung des Ohrenschmalzes anlangt, so hebt Alzheimer hervor, daß die Talgdrüsen an dem äußeren Teile des äußeren Gehörganges viel stärker entwickelt sind, als da, wo sich Knäuel- drüsen finden. Es ist das beim Menschen leicht zu sehen, viel schöner aber noch bei den großen Haustieren, dennoch ist die Fettabsonderung unmittelbar am Eingange des Gehörganges kaum merk- lich, was es wahrscheinlich macht, daß die immerhin beträchtliche Fettabsonderung, die zur Bildung des Ohrenschmalzes nötig ist, keineswegs allein durch die weit kleineren Talgdrüsen der Drüsengegend geliefert wird. Jedenfalls sind auch die Knäueldrüsen an der Fettbildung beteiligt, ebenso wie die großen Achseldrüsen und Circumanaldrüsen zweifellos ein fettiges Sekret liefern. Schwalbe bestreitet, daß die Drüsen Fett liefern, weil er es nie in ihnen gesehen hat. In dem Drüsenknäuel selbst läßt sich Fett auch mittels Osmiumsäure in größerer Form nicht nachweisen. Verfasser glaubt, daß dies bei der Art der Fettbildung auch ausgeschlossen ist. Es scheint, daß die Fettbildung in den Drüsen - zeUen in der Weise vor sich geht, daß sich im vordersten Abschnitte der das Lumen begrenzenden Zellen eine Menge von Fettkörnchen bildet und ansammelt, die dann ausgestoßen werden, wobei der vordere schmale Zellstreifen häufig mit zu zerfallen scheint. Weiterhin dürfte das gelbe Pigment des Ohrenschmalzes zweifellos den Knäueldrüsen entstammen, da es in cystisch entarteten Drüsen, wie man diese schon zuweilen bei Kindern, im Alter aber gewöhnlich findet, in großer Menge ent- halten zu sein pflegt. (S. 236 und 237.) Wagener (1906) hat dann in einer Mitteilung darauf auf- merksam gemacht, daß die Ohrenschmalzdrüsen nicht das Ohrenschmalz erzeugen. In ihnen ist zwar etwas Fett enthalten, und zwar gebunden an die Pigmentkörnchen, es läßt sich aber im Drüsen- lumen kein Fett nachweisen. Das Ohrenschmalz wird erzeugt von den Talgdrüsen des Gehörganges. Die Funktion der Ohrenschmalzdrüsen ist die, das Ohrenschmalz fortzuschaffen, da sich dieses leicht mit der von den Drüsen abgesonderten wässerigen Flüssigkeit mischt. Die Pigmente der Ohren- — 83 — Schmalzdrüsen werden nicht ausgeschieden, sie sind morphologisch imd chemisch verschieden von dt-n gelben und braunen Kristallen im Ohren schmalze selbst, die sich durch Zersetzung des Fettes bilden. Ich habe im Anschlüsse an diese Arbeit von Wagener seinerzeit hervorgehoben (1906), daß man fragen könnte, warum ein solches Hilfsmittel hier nötig ist, während es bei den sonstigen zahlreichen Talgdrüsen der Körperoberfläche nicht nötig ist, und habe diese Frage dahin beantwortet, daß man sonst auch überall an den Haaren einen Haarbalgmuskel finde, der, gerade an der Talgdrüse vorbei- ziehend, das Sekret dieser mit auszupressen vermag, während im Gehörgange solche Muskeln fehlen. Nach dem, was ich jetzt von den a-Drüsen weiß, glaube ich nicht, daß meine damalige Erklärung für diesen Fall überhaupt nötig ist. Überall da, wo a-Drüsen vorhanden sind, findet man dasselbe oder Ähnliches, trotzdem Haarbalgmuskelu ebenfalls vorhanden sind. Daß das Sekret der Talgdrüsen durch die in die Haarbälge ausmündenden a-Drüsen mit heraus befördert wird, ist selbstverständlich, gilt aber, wie gesagt, für alle solche Fälle. Ebenso ist es selbstverständlich, daß hierbei eine innige Mischung der beiden Sekrete stattfinden wird, beide werden zusammen auf die Haut entleert werden. Trennen sich die a-Drüsen von den Haarbälgen, was ja oft vorkommt, und, wie wir eben gesehen haben, auch im Gehörgange häufig ist, so wird die Mischung dicht neben der Ausmüudung der Haar- bälge auf der Haut vor sich gehen. Es ist daher beim Ohrenschmalze sicher außerordentlich schwer, zu bestimmen, wieviel von demselben von den a-Drüsen und wieviel von den Talgdrüsen gebildet wird. Ich werde noch weiter imten darauf zurückzukommen haben, daß ich der Meinung bin, daß sowohl die a-Drüsen wie die e-Drüsen Fett absondern, je nach den einzelnen Körperstellen imd je nach den einzelnen Menschen oder Tieren in verschieden großer Menge. Die Beobachtung von Alz- heimer, daß die innerste Schicht der Zellen der a-Drüsen bei den Ohrenschmalzdrüsen zerfällt und das in diesem Zellteile gebildete Fett in den Ausführungsgang gelangen läßt, stimmt so genau überein mit dem Verhalten, wie wir es überall bei den a-Drüsen finden, daß ich kein Bedenken trage, sie für richtig zu halten. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden also sowohl die a-Drüsen wie die Talg- drüsen zu dem fettigen Sekrete, das wir als Ohrenschmalz bezeichnen, beitragen. Hierfür spricht ja auch die genaue Angabe von Alzheimer, daß gerade in der Gegend, wo die Hauptmenge des Ohren- schmalzes hauptsächlich gebildet wird, die Talgdrüsen klein sind, während die a-Drüsen gut ent- wickelt sind, woraus dann folgen würde, daß die a-Drüsen wohl die Hauptmenge des Sekretes liefern und ihm seinen spezifischen Charakter verleihen werden. Auch die Pigmentabsonderung möchte ich im wesentlichen jedenfalls den a-Drüsen zuschieben. Dieser Vorgang stimmt durchaus überein mit dem, den man von den großen a-Drüsen der Achselhöhle kennt. Bei manchen Menschen enthalten diese ein sehr reichliches gelbes Pigment, das von ihnen auch nach außen hin entleert wird, wobei es sich auf der Haut natürlich wieder vermischt mit dem Sekrete der e-Drüsen und mit dem der Talgdi-üsen der Haare. Es ist das also in dem Achselhöhlenorgane ein ganz ähnlicher Vorgang wie in dem Ohrenschmalzorgane, nur daß dem letzteren die e-Drüsen fehlen. Selbstverständlich werden die a-Drüsen der Achselhöhle und die des äußeren Gehörganges je ein spe- zifisches Sekret absondern, was durchaus nicht auffallend ist, wie wir es dui'ch die Unter- suchungen der zahlreichen Hautdrüsen organe der sonstigen Säugetiere kennen gelernt haben. Über das Gehörgangsorgan unserer Haussäugetiere liegt eine neuere Arbeit von Hegewald (1913) vor. Je nach der Artverschiedenheit der Gehörgangshaut lassen sich nach ilim die Haustiere in drei Gruppen zerlegen: 1) die Herbivoren (Pferd und Wiederkäuer, 2) die Omnivoren (Schwein), 3) die Carnivoren (Hund und Katze). Bei allen diesen Tieren sind aber zwei Arten von Drüsen vor- handen: die ,,Ohreutalgdrüsen" und die ,,Ohrenknäueldrüsen". Die erstereu sind teils Haarbalg- — 84 — drüsen, teils freie Talgdrüsen, sie erzeugen Fett, wie sich aus der deutlichen Reaktion auf Fettfarben ergab. Die letzteren münden mit einer trichterförmigen Erweiterung ihres Ausführungsganges und erzeugen eine schleimartige Flüssigkeit, die durch Eeaktion auf Mucikarmin festgestellt wurde, und außerdem Pigment, aber kein Fett. Tereg (1906) hatte ebenso wie Ellenher ger -Günther (1908) an- gegeben, daß bei den Fleischfressern die Knäueldrüsen fehlen sollten, das wird hier von Hegewald richtig gestellt. Fei^ner hatte Tereg noch eine besondere Art von acinösen Drüsen angenommen, die von den gewöhnlichen Talgdi'üsen abwichen, die ,, Ohrenschmalzdrüsen". Diese Annahme wird von Hegewald ebenfalls zurückgewiesen. Die Angabe von Hegewald, daß die Knäueldrüsen hier Schleim erzeugen, was er durch Färbung mit Mucikarmin feststellen konnte, erscheint mir sehr auffallend. Auch ich habe Hautdrüsen gefunden, welche ihrem Aussehen nach es als möglich erscheinen ließen, daß sie Schleim erzeugten, so die e-Drüsen der Eüsselscheibe des Schweines und die a-Drüsen aus der Schwanzwurzel des Pferdes, ich habe in diesen aber weder mit Mucikarmin noch mit Mucihämatin Schleim nachweisen können. Die Drüsen des Gehörgangsorganes habe ich nicht selbst untersucht und kann daher über ihren Bau nicht urteilen. Sollten sie wirklich Schleim erzeugen, so würde das Ohrenschmalz der Tiere von dem des Menschen wesentlich verschieden sein müssen, denn bei diesem ist jedenfalls von einer schleimigen Beschaffenheit nicht die Eede. Eine solche Verschiedenheit würde ja vorhanden sein können, denn Alzheimer hat z. B. schon gefunden, daß bei den Nagetieren sich nur acinöse Drüsen im Gehörgange finden, allerdings in ziemlich gi-oßer Menge. Die Nagetiere würden danach also ebenfalls eine Besonderheit aufweisen. Bei ihnen würde voraussichtlich die Haut des Gehörganges nur in ähnlicher Weise eingefettet werden, wie die sonstige Haut, wahrscheinlich etwas stärker, eigentliches Ohrenschmalz würde aber voraussichtlich nicht gebildet werden. Die Angabe von Hegewald müßte jedenfalls nachuntersucht werden. Das ,, Gehörgangsorgan" ist zweifellos ein spezifisches Drüsenorgan, das auch seine spezifische Bedeutung haben muß. Bis jetzt ist aber diese Bedeutung, soweit ich weiß, noch durchaus unbekannt. Selbstverständlich wird das Ohrenschmalz zur Einfettimg der dort liegenden Haut dienen können, wie weit das Trommelfell von ihm mit eingefettet wird, scheint aber ebenfalls noch nicht bekannt, zu sein. Eine solche Einfettung würde aber auch ohne spezifische Drüsen bewirkt werden können. Überlegt man sich, welche Bedeutung diese Drüsen haben können, so liegt es nahe, daran zu denken, daß sie den äußeren Gehörgang schützen sollen gegen das Eindringen von Lebewesen, die ihn schä- digen könnten. Daß Staub und Bakterien auf dem Ohrenschmalzüberzuge des äußeren Gehörganges, haften bleiben werden, ist wohl als sicher anzunehmen und ebenso auch, daß die Bakterien dann zu- grunde gehen werden. Gegen so manche andere Eindringlinge scheint aber dieser Ohrenschmalz- überzug nicht zu schützen, denn, soviel ich teils durch mündliche Mitteilungen, teils aus der Literatur erfahren habe, können in normalem Ohrenschmalze beim Menschen Schimmelpilze verschiedener Art wachsen imd gedeihen und ebenso können bei verschiedenen Tieren, so bei Hund, Ziege, Kaninchen Milben in dem äußeren Gehörgange vorkommen und sich dort ausbreiten. Wie sich die menschlichen Läuse verhalten, ist mir nicht bekannt geworden, bei der jetzt vorhandenen Möglichkeit, so viele stark, verlausten Menschen zu beobachten, würde es sicher interessant sein, hierauf zu achten. Nach Mitteilimgen aus dem Felde scheinen Läuse im äußeren Gehörgange nicht beobachtet worden zu sein. Es würde ja auch äußerst ungünstig sein, wenn solche sich dort ansiedeln könnten. Daß das Ohren- schmalz eine spezifische Schntzbedeutung besitzt, erscheint mir als ziemlich zweifellos. Wenn trotz dieser angenommenen Schutzfunktion des Ohrenschmalzes bei manchen Tieren, wie soeben angeführt Milben in demselben leben und gedeihen, so könnte diese Tatsache als imvereinbarer — 85 — Widerspruch ^egen jene Annahme erseheinen. Daß dies aber nicht der Fall zu sein braucht, scheint mir eine Beobachtung aus dem Pflanzenreiche darzutun. Gertz (1916) hat, um die Ursachen zu er- mitteln, von denen das Gedeihen oder Nichtgedeihen der Cuscuta auf verschiedenen Wirtspflanzen abhängig ist, Versuche mit Cuscuta Gronovii bei zahlreichen Pflanzenarten angestellt. Es ergab sich, daß eine ganze Menge von Arten den Angriffen des Schmarotzers widerstehen. Hierzu dienen ver- schiedene Schutzmittel, sowohl mechanische wie chemische. In manchen besonderen Fällen versagten aber die Schutzmittel und in dieser Hinsicht wichen andere Cuscutaarten von Cuscuta Gronovii ab. So gedeiht Cuscuta epithymum mit Vorliebe auf Thynmsarten, die durch den Besitz von ätherischem öle ausgezeichnet sind. Es handelt sich hier nach Gertz eben um ,, Spezialisten", bei denen die Schutz- mittel durch Gegenanpassung wirkungslos geworden sind. Beispiele hierfür sind auch auf anderen Gebieten nachgewiesen worden, es mag nur an den Wolfsmilchschwärmer erinnert werden, dessen Eaupe sich durch den Milchsaft in keiner Weise abschrecken läßt, gerade Euphorbiablätter als Nah- rung zu wählen. Nach dem Gesagten würden wir die Milben, die sich mit Vorliebe in dem Ohrenschmalze be- stimmter Tiere ansiedeln und die in demselben augenscheinlich vorzüglich gedeihen, als solche ,, Spe- zialisten" anzusehen haben, also als Schmarotzer, die sich bestimmten Lebensbedingungen angepaßt haben. Es würde sich demnach hier gleichzeitig um ein sehr deutliches Beispiel der Vererbung von erworbenen Eigenschaften bei Pflanzen und Tieren handeln. In Übereinstimmung nüt meinen früheren Vorschlägen würde ich für die Drüsen des ,,Gehör- gangsorganes" die Namen: ,, Ohrschlauchdrüsen" und ,, Ohrhaardrüsen" empfehlen. V. Eggeliny (1900) hat bei Eehidna sehr zahlreiche Knäueldrüsen mit weiten Drüsenschläuchen in dem knorpeligen Gehörgange gefunden. Es ist also augenscheinlich auch bei diesem tiefstehenden Säuger ein Gehörgangsorgan vorhanden, was dafür spricht, daß es sieh um ein sehr altes Säuger- organ handelt. In bezug auf die Tätigkeit des Gehörgangsorganes bei Exoten liegt eine interessante Mitteilung vor von Kishi (1907), der angibt, daß das Ohrenschmalz der Japaner ganz anders beschaffen sei, als das der Europäer. Die Ohrenschmalzdrüsen, also die a-Drüsen, unterschieden sich in bezug auf ihre Größe bei beiden Eassen : Dicke des Drüsenschlauches bei den Japanern 0,5 mm, beim Europäer 0,1 mm. Hiernach wären also die japanischen Drüsen bei weitem größer als die europäischen. Da- gegen ist die Knäueldildung beim Japaner weit geringer. Das Epithel ist bei diesem meist platt, protoplasmaarm, ohne Cuticularsaum, reich an gelbbräunlicheu, glänzenden Körnchen, aber ohne Fett- tropfen. Bei einigen Individuen, deren äußerer Gehörgang durch einen großen Ohrenschmalzpfropf verschlossen war, fand sieh eine Hyperplasie der Talgdrüsen, aber nicht der Ohrenschmalzdrüseu, in der Haut des Gehörganges. Kishi schloß daraus, daß das Ohrenschmalz größtenteils von Talgdrüsen geliefert wird, die Schlauchdrüsen aber eine pigmenthaltige Flüssigkeit absondern, die das Austrocknen des Ohrenschmalzes verhindert. Kishi vermutet weiter, daß auch die Achselhöhlendrüsen der Japaner anders gebaut sind als die der Europäer, weil sich nur bei wenigen Japanern ein riechbarer Achsel- schweiß findet. Diese wenigen Leute sollen dann auch gewöhnlich ein gelblich-bräunliches Ohren- schmalz ähnlich dem der Europäer haben. Gegen diese Angaben von Kishi trat 1909 Tadokoro auf, der keinen großen Unterschied zwischen den Ohrenschmalzdrüsen der Japaner und denen der Europäer findet. Er ist geneigt, die von Kishi hervorgehobene Verschiedenheit als eine Alterserscheinimg anzusehen. Mit dem Alter würden die Knäuelkanäle weiter und die Drüsenzelleu niedriger, bei jüngeren Individuen sei»ni die letzteren aber, — So- wie die der Europäer, kubisch oder zylindrisch, protoplasmareich, haben einen rundlichen Kern und seien meist mit einem deutlichen Cuticularsaume versehen. Die Knäuelzahl einzelner Drüsen sei auch keineswegs gering. Ferner konnte Tadokoro im Gegensatze zu Kishi sowohl innerhalb der Drüsen- zellen als auch in dem Drüsenlumen, wenn auch in geringer Menge, Fettröpfchen feststellen. Immerhin scheint nach dem eben Mitgeteilten ein gewisser Unterschied zwischen dem Japaner und dem Europäer in bezug auf die Ohrenschmalzdrüsen zu existieren, und namentlich wohl in bezug auf die Achseldrüsen, über welche Tadokoro sich nicht weiter ausspricht. Vielleicht würde es sich empfehlen, auch den Eing der „Circumanaldxüsen" als ein besonderes Hautorgan, ein ,,Circumanalorgan", zu bezeichnen. Um spezifische Drüsen mit einer spezifischen Funktion handelt es sich hier ja sicher ebenfalls. Außerdem handelt es sich um eine Anlage, die augenscheinlich weithin durch die Säugerreihe verbreitet ist und sich vielleicht bis zu den Amphibien hin verfolgen läßt. Da ich diese Drüsen aber nicht selbst untersucht habe, so will ich hier nicht weiter auf sie eingehen. Daß es sich bei den Circumanaldxüsen wieder um a-Drüsen handelt, ist nach den vorliegenden Angaben wohl zweifellos. In dieser Hinsicht ist auch eine ganz neue Mit- teilung von Solger von Interesse (1916). Dieser gibt an, daß eine übermäßige Ansammlung des deut- lich sauer reagierenden Sekretes der großen Circumanaldrüsen ein intensives Jucken am After er- zeugen könne. Nun hat schon Robin (1845) hervorgehoben, daß das Sekret bei den beiden von ihm unterschiedenen Drüsenarten verschieden sei. Die „großen" Achselhöhlendrüsen (das würden a-Drüsen sein) hätten ein Sekret, das saurer sei als das der gewöhnlichen kleinen Schweißdrüsen. Es würde diese alte Beobachtung also gut stimmen mit dieser neuen von Solger. Ganz ähnliche Hautdrüsenorgane wie beim Menschen finden sich nach den Unter- suchungen von Brinkmann (1909) in der Achselhöhle auch bei den Anthropoiden. Ein gut ausgebildetes Organ dieser Art fand er beim Schimpanse. Dicke Drüsenmassen bilden hier wieder eine ziemlich zusammenhängende Schicht auf dem Querschnitte. Die Drüsen stehen zum Teile so dicht aneinander (in der Mitte des Organes), daß sie durch gegenseitigen Druck mehr eckig werden. An der Stelle dieses Drüsenorganes wird auch die Behaarung weit stärker. Man findet große und kleine Haare, an beiden aber münden die Drüsen aus. Das Drüsenorgan scheint nach der von Brink- mann gegebenen Beschreibung und Abbildung beim Schimpanse nur aus a-Drüsen zu bestehen. Diese zeigen die charakteristische Ausmündung und die charakteristischen Sekretionsstadien am Drü- senepithel. Von Gorilla konnte Brinkmann nur ein ganz junges Tier, etwa ein Jahr alt, unter- suchen, wegen der Jugend des Tieres war das auch hier vorhandene Drüsenorgan noch wenig ent- wickelt. Ganz anders verhielten sich die beiden asiatischen Anthropoiden, von denen ein etwa öjähriger Orang-Utan und ein etwa 4jähriger Gibbon untersucht wurden. Bei dem Orang- Utan war die Haut der Achselhöhle fast nackt, die Drüsen fehlten ganz, nur ein paar, den sparsamen Haargruppen angehörige kleine Schweißdrüsen wurden gefunden. Auch beim Gibbon fehlte das Drüsenorgan, die auch hier an den Haaren mündenden Drüsen waren kleine, kaum aufgerollte Schläuche. Auch diese Angaben sprechen nur für a-Drüsen. Es waren also nach der Untersuchung von Brinkmann bei diesen 4 Anthropoiden stets in der Achselhöhle a-Drüsen vorhanden, nur war die Menge und die Größe derselben wesentlich verschieden, ebenso wie auch die Menge imd Größe der Haare wechselte. Brinkmann hat durchaus recht, daß in dem Auftreten eines ,,Achsel- höhlenorganes" bei den beiden afrikanischen Anthropoiden eine Ähnlichkeit mit den Verhältnissen beim Menschen besteht, trotzdem ist aber auch ein wesentlicher Unterschied darin vorhanden, daß beim Menschen in diesem Organe sowohl a-Drüsen wie e-Drüsen in ähnlich großer Menge vertreten — 87 — sind, während bei allen vier Anthropoiden, also auch in den Organen der beiden Afrikaner, nach der Beschreibung zu urteilen, nur a-Drüsen vorhanden zu sein scheinen. Es würde daraus nur zu folgern sein, daß es bei der Entwickelung der wahrscheinlich mehr nach der a-Drüsenseite neigenden Anthropoiden zu der Entwickelung eines ähnlichen Organes gekommen ist, wie bei dem nach der e-Drüsenseite hin sich entwickelnden Menschen. Es würde also auch diese Beobachtung wieder, in Übereinstimmung mit den sonstigen, für eine divergierende Entwickelung des Stammes der Anthropoiden auf der einen und des Menschenstammes auf der anderen Seite sprechen, wobei es nur bei beiden Stämmen im Laufe der Entwickelung zur Ausbildung von einem ähnlichen Organe gekommen ist. Dies würde ja an sich eine sehr interessante Tatsache sein, welche dafür sprechen würde, daß die beiden Entwickelungsreihen nach einem ähnlichen oder demselben Prinzipe sich aufgebaut haben. Wenn Brinkmann am Schlüsse seiner Mitteilung auf Seite 520 sagt: „Für die Beurteilung der systematischen Stellung der Anthropomorphen ist es fernerhin von Bedeutung, daß es eben die zwei Formen von Menschenaffen sind, die nach den herrschenden Anschauungen dem Menschen am nächsten stehen, bei denen sich das Organ findet, während es dem Orang-Utan und den Gibbonen fehlt, die auch in einer Reihe von anderen Charakteren dem Menschen ferner stehen als Schimpanse und Gorilla," SO ist der hierin liegende Gedanke nicht richtig, denn die beiden afrikanischen Anthropoiden stehen durch die Entwickelung dieses Achselhöhlenorganes dem Menschen keineswegs näher, sondern bilden nur den Höhepunkt einer Entwickelungsreihe, die sich von der Entwickelung des Menschen entfernt. Darin hat Brinkmann aber recht, daß er darauf aufmerksam macht, daß aus seiner Untersuchung die recht interessante Tatsache hervorgehe, daß das Achselhöhlenorgan nicht mehr als etwas dem Menschen Spezifisches angesehen werden könne, da auch zwei Anthropoiden dieses Organ besitzen. Die Anlage dieses Organes scheint mir ein Zeichen einer bestimmten Höhe der Entwickelung zu sein und hieraus würde dann wieder folgen, daß dieses Organ einen bestimmten Wert besitzen muß. Weitere Untersuchungen dieser Organe bei den Anthropoiden nach den hier von mir aufgesteUten Gesichtspunkten würden nötig sein, um die Verhältnisse klar zu übersehen. Über die Hautdrüsen der Affen liegen außer den älteren Mitteilungen von Leydig (1859) einige Angaben von de Meijere (1894) in dessen großer Haararbeit vor. Bei Cynocephalus, Cerco- pithecus und vielleicht auch bei anderen scheint nach ihm die selbständige Ausmündung der Schweiß- drüsen die Regel zu sein. ,,Daß auch dies nur abgeänderte Zustände sind, erhellt daraus, daß bei vielen mehr oder weniger verwandten Arten die Verbindung mit den Haarfollikeln erhalten ist: bei Cebus z. B. und bei Midas fand ich, daß sowohl am Rücken, wie am Schwänze, die Schweißdrüsen regelmäßig in die Haarfollikel münden. Dasselbe ist auffallenderweise auch bei Simia satyrus der Fall: daß bei weitem die meisten Schweißdrüsen hier mit den Haaren in Verbindung stehen, konnte ich am Rücken, der Brust und den Armen feststellen; nur hier und da liegt eine etwas entfernt vom zugehörigen Haare. Bis- weilen fehlt auch jeder sichtbare Verband mit einem Haarfollikel. Aber auch beim Menschen besteht solche Verschieden- heit. Bei Cercopithecus ist in der Achsel das Verhältnis dasselbe wie beim Menschen: auch dort fand ich die Einmündung in die Haarfollikel." S. 344 und .345.) Wie ich oben schon besprochen habe, sind solche Angaben, wie die hier eben zitierten von de Meijere, für meine Zwecke nur sehr mit Vorsicht zu verwenden, da sowohl die a-Drüsen wie die e-Drüsen frei ausmünden können. Nach meinen bisherigen Erfahrungen würde ich mm allerdings annehmen, daß gerade bei den Affen die frei mündenden Drüsen fast stets als e-Drüsen anzusehen sind. Ich habe bis jetzt nur einige Teile von drei Affen untersucht, von Cercopithecus callitrichus, Cercopithecus sabaeus und Cynocephalus mormon. Alle diese sind Ostaff'en und stehen daher dem Menschen verhältnismäßig nahe. Bei Cercopithecus callitrichus fand ich in der Haut der Hohlhand und der Fußsohle nur i>-Drüsen, wie das zu erwarten war, aber ebenso auch nur e-Drüseu in der Haut des Scheitels und der äußeren Fläche des Oberschenkels. In der Haut der Parotidengegend fanden sich sowohl a-Drüsen wie e-Drüsen und in der Haut des Nackens ebenfalls beide Drüsenarten, aber die a-Drüsen überwogen hier deutlich über die e-Drüsen. Die a-Drüsen mündeten hier wieder stets in Haarbälgen aus. Auf Taf. VIII Fig. 73 habe ich ein Beispiel gegeben von a- und e-Drüsen aus der Nackenhaut, die an dieser Stelle dicht zusammenlagen. Man erkennt wieder leicht die größeren Schlauch drüsen durchschnitte der a-Drüse mit ihrer rötlichen Färbung gegenüber den weit kleineren und mehr bläulichen Schläuchen der e-Drüse. Auf Fig. 74, aus derselben Hautstelle herrührend, sieht man dann einen Schlauchdurch- schnitt einer a-Drüse, in welchem die Zellen gerade im Auswachsen zu den Auswuchsformen begriffen "sind und außerdem je eine Anzahl von Kernen enthalten, die durch direkte Teilung entstanden sind. Ein Teil von diesen würde bei der Abstoßung der Auswüchse mit in das Lumen entleert werden. Ich habe oben schon dieses Verhalten besprochen und auf dieses Bild hingewiesen. Bei Cercopithecus sabaeus var. griseo-viridis fanden sich in Hohlhand und Scheitel- haut wieder nur e-Drüsen, in der Parotidengegend überwiegend e-Drüsen, aber hin und wieder auch eine a-Drüse, im Nacken etwa ebensoviel a-Drüsen wie e-Drüsen. Nach diesen Befunden zu schheßen, scheint Cercopithecus sabaeus im ganzen etwas weniger a-Drüsen zu besitzen als Cercopithecus calli- trichus, aber um dies festzustellen, müßten noch weit mehr Hautstellen daraufhin untersucht werden. Bei Cynocephalus mormon fanden sich in der Hohlhand nur e-Drüsen, in der Haut der Schulter, der Seite der Nase, der Schläfe, des Eückens fanden sich a- und e-Drüsen, in der äußeren Haut der Unterlippe nur a-Drüsen. Ich kann diese hier gemachten Mitteilungen nur als vorläufige bezeichnen, da ich damit be- schäftigt bin, diese Untersuchungen in mögUchst ausgedehntem Maße fortzusetzen. Ich habe die bisherigen Befunde indessen hier schon herangezogen, weil sie im Vergleiche mit dem Menschen und den sonstigen Säugetieren doch manches Wichtige erkennen lassen. Zunächst geht aus ihnen hervor, daß diese Ostaffen bisher die einzigen mir bekannten Säugetiere sind (bei den Anthro- poiden kennt man die Verhältnisse noch nicht genügend), bei denen e-Drüsen zwischen den Haaren und neben den in diese ausmündenden a-Drüsen über größere Abschnitte des Körpers hin verbreitet sind. Ja noch mehr: an verschiedenen Teilen der Körper- oberfläche fehlen sogar die a-Drüsen trotz der Behaarung ganz und nur e-Drüsen treten zwischen den Haaren auf. Das ist im Gegensatze zu den übrigen Säugetieren etwas durchaus Neues und Eigenartiges und bringt diese Affen in sehr nahe Ver- bindung mit dem Menschen. Nun wissen wir ja aus sonstigen Untersuchungen der letzten Zeit gerade, so z. B. aus der großen Arbeit von Boule über den Neandertalmenschen, so aus der Arbeit von Schwalbe über das äußere Ohr der Primaten (Zeitschr. f. Morphol. und Anthropol. Bd. 19, 1916, H. 3, S. 545—668), daß die Ostaffen auch nach anderen Eichtungen hin dem Menschenstamme ver- hältnismäßig nahe stehen. Cynocephalus scheint noch mehr a-Drüsen zu besitzen als die beiden (Jercopitheken, vielleicht könnte man hieraus auf eine tiefere Stellung schließen. Zunächst müßten jedenfalls die Untersuchungen an Affen in ausgedehntem Maße fortgesetzt werden und dann müßte man weiter versuchen, Tiere zu finden, bei denen die Verbreitung der beiden Drüsen- arten darauf hindeutet, daß sie als eventuelle Vorfahren (natürlich nicht direkte) der Affen angesehen werden könnten. Zunächst würden da die Halbaffen in Frage kommen, dann aber würde es darauf ankommen, wieder die diesen am nächsten verwandten Tiere zu — 89 - finden. Ich bin zurzeit mit derartigen Untersuchungen beschäftigt, die aber natürlich längere Zeit in Anspruch nehmen und ein günstiges Material voraussetzen. Nach dem bisher Gesagten wird man es verstehen — ich verweise hier z. B. auf den scharfen Unterschied in der Verbreitung der a- und e-Drüsen bei den Affen und den sonstigen Säugetieren — daß ich es für aussichtsvoll halte, unter der Benutzung der Verbreitung der e-Drüsen, den Stammbaum des Menschen durch die Affen und Halbaffen weiter rückwärts zu verfolgen. In einer Beziehung ist ja die Untersuchung der Weichteile für derartige Zwecke weit ungünstiger, als die der Skeletteile, denn, während diese auch von längst ausgestorbenen Geschöpfen uns mehr oder weniger gut erhalten übrig geblieben sind, können wir die Weichteile nur von noch lebenden Arten untersuchen und hieraus dann unsere Schlüsse ziehen, wenn nicht der Zufall es will, daß die Tiere mit ihren Weichteilen uns noch einigermaßen gut erhalten überkommen sind, wie das bei Mammut und Rhinozeros mitunter der Fall ist. Ich möchte hier nicht mißverstanden werden. Um den phylogenetischen Stammbaum genau zu verfolgen, müßte man ja eigentlich stets die sämtlichen Organe eines Wesens zur Vergleichung heranziehen. Je geringer die Zahl der berücksichtigten Organe ist, um so leichter ist ein Irrtum möglich. Da die Untersuchung aller Organe zu solchen Zwecken durch eine längere Tierreihe hin- durch nun aber nicht nur jetzt für mich, sondern wohl noch für lange Zeit für alle Forscher aus- geschlossen sein dürfte, erscheint es meiner Meinung nach als nützlich, solche Organe zur Vergleichung zu wählen, welche besonders günstig dafür erscheinen. Von den a-Drüsen imd e-Drüsen möchte ich nun nach meinen bisherigen Erfahrungen annehmen, daß sie zunächst als eine Art von Leitfaden dienen könnten. Die unter Benutzung dieses erhaltenen Ergebnisse würden dann weiterhin zu kon- trollieren sein durch die Untersuchung der übrigen Organe. Aus den soeben mitgeteilten Untersuchungen an Affen scheint hervorzugehen, daß die Paro- tidengegend für das Erhaltenbleiben der a-Drüsen verhältnismäßig günstig ist. Das bis- her untersuchte Material ist ja allerdings so geringfügig, daß man mit Schlüssen daraus noch sehr vorsichtig sein muß und nur von einer ,, Möglichkeit" sprechen darf. Sollte die Annahme zutreffen, so würde die Beobachtung, daß sich bei dem Australier in dieser Gegend ebenfalls noch a-Drüsen vorfanden, leichter zu verstehen sein. Warum in dieser Gegend gerade die a-Drüsen verhältnis- mäßig dauerhaft sind, entzieht sich vorläufig freilich unserer Kenntnis. Die Beobachtungen, die ich in dieser Arbeit über das Vorkommen dieser Hautdrüsen beim Menschen und bei den Affen mitgeteilt habe, sind ja natürlich nur der erste Anfang einer weit aus- gedehnten Eeihe von Untersuchungen, die hoffentlich, von anderen Forschern ausgeführt, darauf folgen werden. Ich glaube aber, durch diese Arbeit das Fundament gelegt zu haben, auf dem sich ein großes Gebäude errichten läßt. Zunächst mußten eben die Verhältnisse der Hautdrüsen an sich klar gelegt werden und es mußte hingewiesen werden auf ihre rassen an atomische und phylogenetische Be- deutung, das beides habe ich in dieser Arbeit getan. Aus dem bisher Besprochenen geht zunächst jedenfalls hervor, daß, wenn man die Tiere nach den Hautdrüsen einteilt, die bei weitem meisten Säugetiere als a-Drüsen-Tiere zu bezeichnen sind, daß der Mensch das ausgesprochenste e-Drüsen- Wesen ist, und daß die von mir untersuchten Ostaffen, vielleicht auch die übrigen, von den son- stigen Säugern zu ihm eine Überleitung bilden, indem sie sich durch ihren Reichtum an e-Drüsen schon scharf von den sonstigen Säugetieren unterscheiden, aber doch noch nicht so hoch stehen als der Mensch. Sehr interessant und wichtig wird es nun sein, durch eingehende Untersuchungen festzustellen, wie sich die Anthropoiden in dieser Hinsicht ver- Zoologica. Helt 72. 12 — 90 — halten. Ob sie einfach den Typus der Ostaffen — mit denen sie ja doch wohl sicher im Laufe der Stammesent Wickelung zusammenhängen, ebenso wie der Mensch — fortsetzen, oder in welcher Weise sie von ihm abweichen, ob diese Abweichung mehr nach der Eichtung des Menschen hin geht (nach der e-Drüsenseite), oder mehr nach der Richtung der sonstigen Säugetiere (nach der a-Drüsenseite). Die oben von mir mitgeteilten Beobachtungen von Brinkmann über den Bau des ,, Achselhöhlen - organes" bei den Anthropoiden scheinen mir mehr für die letztere Annahme zu sprechen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß, je mehr man in das Verhalten der beiden Drüsen- arten in der Reihe der Säugetiere eindringen wird, sich um so interessantere und wichtigere Resultate ergeben werden. Selbstverständlich sind ja die Hautdrüsen nicht unabhängig von dem übrigen Körperbaue, sondern hängen im Gegenteile auf das Innigste mit ihm zu- sammen. Die Ausscheidungen der Haut werden bei den einzelnen Wesen verschieden sein, je nach dem ganzen Stoffwechsel, der wiederum abhängt von dem Aufbaue. Demgemäß wird auch die Ver- teilung der beiden Drüsenarten bei den einzelnen Tierarten mit abhängig sein von dem Stoffwechsel derselben, sicher nicht allein von diesem, denn die Drüsen werden auch noch andere Funktionen zu erfüllen haben, aber auch diese weiteren Punktionen, so z. B. die der Wärmeregulierung, werden wieder in innigster Beziehung stehen zu dem ganzen Aufbaue des Tieres und damit zu seinem Leben. Aus diesem Grunde ist es ja auch sehr wohl möglich, wie ich das oben schon ausgeführt habe, daß das ausgedehntere Vorkommen der a- Drüsen bei dem deutschen Weibe gegenüber dem Manne zurückzuführen ist auf den Geschlechtsunterschied und ein charakteristisches Zeichen dafür ist, wie verschieden der männliche und weibliche Körper voneinander sind. In dieser Hinsicht würde dann dieser Drüsen unterschied sehr beachtenswert sein. Ebenso würde der Primatenstamm sich von den übrigen Säugetieren in seinem Stoffwechsel wesentlich unterscheiden müssen und ebenso würde man weiter annehmen müssen, daß auch die Menschenrassen einen verschiedenen Stoffwechsel besitzen. Diese Annahmen zu machen, ist ja auch keineswegs schwierig, sondern mehr oder weniger selbstverständlich. Ich führe sie nur an, um zu zeigen, wie weitgreifend die Unterschiede in dem Vorkommen der a-Drüsen und der e-Drüsen sind. Da auch die Funktion der Hautdrüsen nach dem Gesagten für diese Arbeit nicht unwichtig ist, so will ich jetzt noch übergehen zu einer Betrachtung über diese. 91 Die Art der Tätigkeit der Hautdrüsen beim Menschen und bei den übrigen Säugetieren 1. Die Tätigkeit der Haardrüsen Was zunächst die „Talgdrüsen" anlangt, die ich jetzt als ,, Haardrüsen'' zu bezeichnen vorgeschlagen habe, so ist man von jeher der Ansicht gewesen, daß sie ein fettiges Sekret liefern, und daß dieses dazu dient, die Haare und dann auch die Haut einzufetten. Daß die Drüsenzellen verfetten, kann man direkt nachweisen und große und viele Talgdrüsen pflegen an Stellen der Haut zu liegen, die aus bestimmten Gründen dauernd stärker eingefettet werden müssen; hier treten dann die Haare zurück oder fehlen ganz. Auch die großen, als zusammengesetzte Talgdrüsen aufzufassen- den Meibomschen Drüsen der Lider dienen ja zur Einfettung des Lidrandes. Ich habe seinerzeit darauf aufmerksam gemacht (1906), daß das Sekret dieser 3/ei6o?>i sehen Drüsen ein verhältnismäßig dünnflüssiges sein müsse, da es aus diesen großen und langen Drüsen verhältnismäßig leicht heraus- tritt, ohne daß Verstopfungen eintreten, und ohne daß irgend welche Muskelkräfte dabei mitwirken. Allerdings scheint die Sekretion dieser Drüsen eine außerordentlich langsame und daher in der Zeit- einheit eine sehr geringe zu sein. Podwyssozki (1888) hat sich dahin geäußert, daß Mitosen in dem Epithel der ilfeiöomschen Drüsen beim Kaninchen sehr selten sind, was für eine sehr langsame Sekretion sprechen würde. Dieser Umstand würde es verstehen lassen, daß auch ein etwas festeres Sekret doch schließlich ohne besondere Schwierigkeiten aus den Drüsen austreten kann. Unter patho- logischen Verhältnissen tritt dagegen nach Podwyssozki eine sehr frühzeitige Reaktion der Epithel- zellen auf, unter Bildung typischer Mitosen mit Kern- und Zellteilung. Sie besitzt indessen weder große Ausdehnung noch lange Dauer und beschränkt sich auf die periphere Zone der Alveolen. Das Epithel ist also durchaus lebenskräftig und reagiert lebhaft auf Eingriffe, unter gewöhnlichen Ver- hältnissen aber ist seine Tätigkeit eine sehr unbedeutende. Nach v. Michel (1908) hat die chemische Untersuchung des Sekretes der Meibomschen Drüsen nach Pes (1897) verseifte Fette, Fettsäuren und in besonders großer Menge Oholestearin ergeben. Die physiologische Funktion der Drüsen besteht in einer Absonderung von Fett, wobei der Untergang von Zellen im wesentlichen einen sekundären Vorgang darstellt. Buschke und Fränkel (1900) haben auf experimentellem Wege durch subkutane Injektion von salizylsaurem Physostigmin bei Kaninchen und Meerschweinchen eine stärkere Ent- leerung der Meibotnaehen Drüsen erzielt. Es geht aus dem Gesagten hervor, daß die Menge des von diesen Drüsen gelieferten Fettes, die aber doch zur Einfettung der Lider genügt, nur eine sehr geringe sein kann. Ganz Ähnliches wird wohl auch für die an den Haaren ansitzenden Talgdrüsen gelten. Es geht hieraus weiter hervor, daß die Menge des Fettes, die neben dem für das Haar bestimmten noch auf die Haut gelangen kann, um diese einzufetten, nur eine sehr geringe sein kann, namentlich wenn, wie das ja häufiger vorkommt, aber durchaus nicht immer die Regel ist, bei verhältnismäßig starken Haaren die Haardrüsen sehr klein sind, wie — 92 — man das z. B. in ausgeprägtem Maße beim Schweine findet. Mir ist nun bei Überlegung dieser Ver- hältnisse der Gedanke gekommen, ob nicht die a-Drüsen durch ihr Sekret dazu beitragen, das von der Haardrüse gelieferte Fett auf der Haut in der Umgebung des Haares zu verbreiten, und so zur Einfettung der Haut mitzuwirken. Wie wir noch weiter vmten besprechen werden, enthält das Sekret der a-Drüsen ebenfalls Fett, wenn auch bei weitem nicht so viel wie das der Talgdrüsen, — allerdings scheint die Menge desselben sehr wechselnd zu sein — dieses ist aber flüssiger und anders zusammengesetzt, so daß die Mischung mit dem von den Haar- drüsen gelieferten Fette sich sicher besser auf der Haut ausbreiten kann als das der Talgdrüsen allein; ich erinnere hier an den Wollschweiß der Schafe, der ja auch von beiden Drüsenarten ge- liefert wird. Allerdings sezernieren unter gewöhnlichen Verhältnissen die a-Drüsen, im allgemeinen wenigstens, ja auch nur eine so geringe Menge von Flüssigkeit, daß die Gesamtmenge des von Haar- drüse und a-Drüse gelieferten Sekretes sehr unbedeutend sein wird, immerhin aber unter gewöhnlichen Verhältnissen doch ausreicht, um die Haut und die Haare genügend einzufetten. Wagener (1906) hat ein ähnliches Verhalten der beiden Drüsenarten für die Drüsen im äußeren Gehörgange an- genommen. Geradeso, wie die Schweißdrüsen unter Umständen eine sehr bedeutende Größe erreichen und eine sehr bedeutende Massenansammlung bilden können, um besondere Organe entstehen zu lassen, die bestimmten Zwecken dienen, kann dies auch bei den Talgdrüsen vorkommen. So hat in letzter Zeit Reisinger (1916) nachgewiesen, daß die spezifischen Drüsen der Bisamratte als stark ver- größerte und hochgradig differenzierte Talgdrüsen anzusehen sind. Er führt dabei aus der Literatur noch eine Anzahl von Arbeiten au, die auf Ähnliches Bezug haben, so die von Disselhorst (1904), die sich auch auf die Drüsen der Bisamratte bezieht, die von Claus Müller (1902), welche Präputial- drüsen des Kaninchens behandelt, und die von Rauther (1904), welche sich auf die Eatte bezieht. Reisinger neigt dabei der Ansicht zu, daß die biologische Bedeutung dieser Talgdrüsenbildungen mit dem Geschlechtsleben des Tieres zusammenhängt. Nach dieser Eichtung hin haben sich auch schon geäußert Sprinz (1912) bei seiner Untersuchung über die Glandula caudalis des Meerschweinchens und Stamm (1914) auf Grund seiner Untersuchungen der Glandula lateralis der Waldspitzmaus, die aber nicht aus Talgdrüsen, sondern aus Schweißdrüsen besteht. Nicht nur Organe können die Talgdrüsen bilden, sondern auch die Art ihres Sekretes kann sich wesentlich ändern; so hebt Weber (1S8S) hervor, daß die solitären acinösen Drüsen im Flotz- maule der nacktnasigen üngulaten ein schleimiges Sekret liefern; ebenso kann die Masse, welche durch die acinösen Drüsen einer Antilope geliefert wird, die Weber untersucht hat, nach ihm gewiß nicht als Hauttalg bezeichnet werden, auch nicht ihrer Konsistenz nach. (S. 537.) Weber hebt auch hervor, daß es durchaus imrichtig sei, die Drüsen nach ihrem Sekrete zu bezeichnen. Ich habe oben schon angeführt, daß mehrere Autoren sich dahin ausgesprochen haben ; ich kann ihnen nur zu- stimmen, und aus diesem Grunde habe ich ja auch jetzt für die ,, Talgdrüsen" die Bezeichnimg ,, Haardrüsen" vorgeschlagen. Aus den Untersuchungen von Brinkmann (1911a) geht dann weiter hervor, daß die Haardrüsen sich sehr vielfach an dem Aufbaue der Hautdrüsenorgane der Wieder- käuer beteiligen und zwar in sehr verschieden starkem Maße. Da auch hier die Art der Sekrete außerordentlich verschieden sein kann, so werden wohl auch hierbei die Sekrete der Haardrüsen eine verschiedene Beschaffenheit zeigen. Auch bei der Bildung des Ohrenschmalzes wirken die Haar- drüsen des äußeren Gehörganges ja zweifellos mit, doch ist auch in diesem Falle es noch nicht näher bekannt, welchen Anteil sie an der besonderen Beschaffenheit dieses Sekretes haben. — 93 — 2. Die Tätigkeit der apokrinen und der ekkrinen Drüsen Weit schwieriger als bei den Haardrüsen ist es bei den sogenannten „Schweißdrüsen", also unseren a-Drüsen und e-Drüsen, die Art der Funktion zu bestimmen. Das Drüsenprodnkt, welches wir beim Menschen als „Schweiß" bezeichnen, ist jedenfalls eines, das von den bei weitem meisten ,, Schweißdrüsen" in der Säugetierreihe nicht abgesondert wird, trotzdem es, eben nach unseren alltäglichen Erfahrungen vom Menschen her, den Drüsen zu ihrem Namen verholfen hat. Aber selbst für den Menschen ist augenscheinlich das, was wir ,, Schweiß" nennen, noch ein mehr oder weniger zweifelhaftes Produkt der Schweißdrüsen. In dem großen ,, Handbuche der Physiologie des Menschen" von Nagel hat Metzner in Bd. 2, Hälfte 2, 1907, den ,, Schweiß" behandelt. Nach ihm stellt der durch Filtrieren von beigemengten Epidermisprodukten imd Fettröpfchen befreite Schweiß eine klare, ungefärbte, salzig schmeckende Flüssigkeit vom spezifischen Gewichte 1001 — 1010 und von meist saurer Eeaktion dar. Mit Zunahme der Schweißabsonderung nimmt die Acidität ab. Neben saurem kann man auch alkalischen Schweiß erhalten. Da die Säuren des Schweißes Fett- säuren sind, außerdem noch Neutralfette und Cholestearin vorkommen, so ist nach Metzner die An- nahme nicht unwahrscheinlich, daß das Sekret der Schweißdrüsen alkalisch reagiert und nur durch die Beimengung des Hauttalges sauer wird. Daß die Schweißdrüsen selbst, wie Meißner und Unna meinten, Fett absondern, ist nach Metzner nicht anzunehmen, da bei profuser Schweißabsonderung das Ätherextrakt minimal wird. Katzenschweiß reagiert alkalisch, ebenso meist der von Pflanzen- fressern, stark alkalisch fand ihn Smith beim Pferde. Hierzu möchte ich bemerken, daß das Sekret der a-Drüsen mehrfach als deutlich sauer an- gegeben worden ist, und daß auch der von den e-Drüsen gelieferte Schweiß zuerst sauer zu sein, und erst bei starker Zunahme alkalisch zu werden scheint. Es ist für diese Versuche sehr ungünstig, daß sie mit Schweiß angestellt werden müssen, der durch eine besonders starke Schweißabsonderung gewonnen worden ist. Die gewöhnliche, eigentlich normale Schweißabsonderung ist eben so gering, daß sie zu solchen Versuchen nicht benutzt werden kann. Bei einer so starken Schweißabsonderung ist es aber, wie ich in dieser Arbeit mehrfach bemerkt habe, wahrscheinlich, daß es sich bei dem Schweiße nicht mehr um ein reines Drüsensekret handelt, sondern, daß mehr oder weniger viel Gewebssaft aus der Keimschicht der Epidermis dem eigentlichen Drüsensekrete beigemischt ist. Unter solchen Umständen kann natürlich auch die Eeaktion des Schweißes sich ändern. Daß die Bei- mengung des Talgdrüsen Sekretes den Schweiß erst sauer machen soll, erscheint mir äußerst unwahr- scheinlich. Da die Schweißdrüsen meiner Meinung nach auch selbst Fett absondern, so würde eine solche Beimischung von Talgdrüsenfett auch gar nicht nötig sein. Der Schweiß stellt nach Metzner das wasserreichste Sekret des Körpers dar. Die zwischen 4,4 und 22,6 pro 1000 schwankenden festen Stoffe sind zum kleineren Teil organische, zum größeren anorganische, unter denen das Kochsalz bei weitem überwiegt. Das Verhältnis der sezernierten Schweißmengen auf gleichen Flächenstückeu der Stirn, der Wangen und des Unterarmes wird wie 100 : 90 : 45 angegeben. Ich möchte hierzu bemerken, daß Unna seinerzeit darauf aufmerksam ge- macht hat, daß die Menge der Schweißdrüsen an den angegebenen Stellen den gefundenen verschie- denen Schweißmengen nicht entspricht. Metzner hebt dann weiter hervor, daß die Wichtigkeit der Schweißabsonderung für die Ausfuhr von Stickstoff nicht gering ist, doch auch nach der Seite der Wasserhaltung hin können die Schweißdrüsen den Nieren zur Unterstützung dienen. Bei Krank- heiten tritt hervor, daß beide Organe in enger, wechselseitiger Beziehung stehen: Bei funktions- — 94 — untüchtigen Nieren können die Schweißdrüsen bis zu einem gewissen Grade die Eegulation über- nehmen. Doch passen sich die Schweißdrüsen nicht wie die Nieren in der Menge des Sekretes rasch und vollkommen dem Wasserbedürfnisse bzw. dem Wassergehalte des Organismus an. Sobald durch hohe Temperaturen oder durch zentrale Eeize die Schweißdrüsen zur Tätigkeit angetrieben werden, sondern sie ab, trotz gesunkenen Wasservorrates oder trotz anämischer Zustände (Ohnmacht). Auch die fäulniswidrige Wirkung des Schweißes und die Säuberung der Haut durch denselben ist betont worden. Das hier soeben Mitgeteilte wird mau also wohl als das ansehen dürfen, was wir im allgemeinen zurzeit über den „Schweiß" wissen. Demgegenüber ist nun doch hervorzuheben, daß mit dem Ge- sagten die Tätigkeit der a-Drüsen und c-Drüsen bei weitem nicht klargelegt ist. Wenn z. B. Metzner die Fettsekretion der Schweißdrüsen einfach leugnet, so steht dem doch die unumstößliche Tatsache entgegen, welche ja seinerzeit auch für Meißner (1857) die Ursache war, eine Fettsekretion der Schweißdrüsen anzunehmen, daß die Handfläche Fett absondert, individuell verschieden viel, und daß auf dieser Handfläche sich keine Talgdrüsen finden, sondei'n nur Schweißdrüsen und zwar nur e-Drüsen. Das Fett muß also doch wohl aus diesen Drüsen herstammen. So ist denn diese Frage der Fettabsonderung durch die Drüsen der Hohlhand und der Fußsohle auch vielfach und immer wieder von neuem untersucht worden. Ranvier (1879) hat in den Schweißdrüsen Fett an- genommen und hierin ist ihm weit später Renaut (1899) gefolgt, welcher die Schweißdrüsen direkt als ,,pimelogenes" (fettbildend) bezeichnet und angibt, daß infolge dieser Eigenschaft der Drüsen die Haut auch an den Stellen eingefettet wird, wo die Haare und damit die Talgdrüsen fehlen. Weiter hat Unna sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt. In einer Reihe von Arbeiten (1882, 1883, 1894 resp. 1896, 1898 und 1910) hat er immer wieder die Fettsekretion der Schweißdrüsen ver- teidigt. In seiner Arbeit von 1894 bemerkt er übrigens, daß der erste, der Fett im Schweiße be- merkte, F. Simon (1840) war, daß wir den ersten genauen Nachweis des Fettes im Schweiße aber C. F. Th. Krause verdanken, der in dem Schweiße, der von dem Handteller aufgefangen wurde, Fett nachzuweisen vermochte. Meißner schrieb dann 1857 den Schweißdrüsen lediglich die Funktion der Fettbildimg zu. Daß diese letztere Ansicht nicht richtig war, ist ja später bald erwiesen worden. Nach Unna enthalten die Knäueldrüsen der Fußsohle des Menschen normalerweise stets Fettkügelcheu in verschiedener Menge. Weiter geht Unna auf den Nachweis des Fettes in dem von der Hand gelieferten Schweiße ein. Daß eine schwitzende Hand auf Papier Fettflecke zu erzeugen vermag, ist ja eine bekannte Tatsache. Diesen Abklatsch konnte er mit Osmium färben. Er wies damals aber auch nach, daß sich Osmiumsäure den verschiedenen Fetten gegenüber verschieden verhält und haupt- sächlich die flüssigen oder weniger kompakten Teile färbt. W^ahrscheinlich besteht nach Unna das Fingerfett der Hauptsache nach aus Stearin, doch sind Palmitin und selbst Cholestearin nicht ganz auszuschließen. Dieses Fett würde also von den gewöhnlichen Knäueldrüsen des Menschen (den e-Drüsen) abgesondert werden. Es unterscheidet sich aber von dem Fette, das die Talgdrüsen liefern, in ähnlicher Weise wie die Stearinsäure (und Margarinsäure) von der Oleinsäure. Unna hat dann weiterhin (1898) mit einer anderen Osmium-Methode den Fettnachweis von neuem ausgeführt und dabei gefunden, daß nicht nur in der Fußsohle, dem bisherigen klassischen Orte des Knäuel- fettnachweises, die Knäuel beständig Fett, oft in reichlichem Maße enthalten, sondern daß die Knäuel- drüsen der verschiedensten Hautgegenden denen der Fußsohle nicht nachstehen. Sehr fettreich sind die Knäuel der Achselhöhle, der Leistengegend, die circumanalen und cirmummamilläreu Drüsen (das wären also alles a-Drü,sen), ferner die Knäuel der Stirnhaut, der Backen- und Kinnhaut (dieses — 95 — wären e-Drüsen). Die Fettabsonderung ist daher nach Unna als eine allen Knäueldrüsen eigentüm- liche Funktion zu betrachten. Hierin würde Unna also übereinstimmen mit Ranvier und Renaut. In einem Vortrage auf dem Anatomenkongresse in Kiel am 18. April 1898 hob Unna hervor, daß durch seine Befunde es mit aller wünschenswerten Klarheit definitiv bewiesen sei, daß die Einfettung der Gesamtobertläche der Haut von den Knäueldrüsen ausgehe, da nur diese in der Gesamthaut als einfettende Aijparate vorhanden seien. Sata hat dann 1900 die Angaben von Unna nachgeprüft und zwar zunächst mit der von Unna angegebenen Methode. Er hat in den Schweißdrüsen von verschiedenen Körpergegeaden stets reichliche Mengen von Fett gefunden, natürlich in wechselnder Menge, aber oft nicht in der Weise, wie man bisher angenommen hat: So enthalten z. B. die Schweiß- drüsen in der Fußsohle oder an anderen Gegenden des Körpers oft ebenso viel Fett wie in der Achsel- höhle. Er hebt dabei hervor, daß bei einem Smonatigen Embryo des Menschen und bei einem Hunde- embryo in den Schweißdrüsen nur ganz geringe Mengen von Fett beobachtet wurden, dessen Eeaktion gegenüber der Osmiumsäure etwas anders war, als bei den anderen Fetten. Sata kommt zu dem Schlüsse: „Also ist die Schweißdrüse im allgemeinen eine Fett produzierende Drüse. Es wird dadurch natürlich nicht aus- geschlossen, daß die.'^c Drüsen auch den Schweiß absondern. Endlich könnte man noch bemerken, daß die Schweißdrüsen entwiokelungsgeschiclitlich mit der Mainmardrüse, einer typischen Fettabsonderungsdrüse, dieselbe Abstammung haben." (S. 564.) Diese letztere Bemerkung von Sata ist zweifellos durchaus richtig. Da nun die Osmiumsäure nicht als ein ganz sicheres Fettnachweismittel gilt, so hat Sata seine Präparate weiter noch mit Sudan III gefärbt. Er konnte auf diese Weise die früher gemachten Befunde im allgemeinen be- stätigen. Der einzige Unterschied bestand darin, daß das Fett in den Drüsenzellen als viel kleinere Körnchen und oft auch in geringerer Menge erschien, mitunter wurden auch keine rot gefärbten Fett- körnchen gefimdeu, jedenfalls wurde aber auch durch die Sudanfärbung bewiesen, daß die Schweiß- drüsen an verschiedenen Stellen des Körpers Fett enthalten. Im darauf folgenden Jahre hat dann Ledermann (1901) die Untersuchungen über den Fettgehalt der Schweißdrüsen wieder aufgenommen. Der auf chemischem Wege gelieferte Nachweis, daß der Schweiß der Handteller imd Fußsohlen, an welchen Stellen das Talgdrüsenfett fehlt, fetthaltig ist, ist nach ihm nicht ganz beweiskräftig, da auch die Hornzellen autochthones Fett enthalten, welches sich dem Schweiße beimengt. Dieser letztere Erklärungsversuch scheint mir allerdings recht gesucht zu sein. Es ist meiner Meinung nach äußerst unwahrscheinlich, daß das in dem Hand- und Fußschweiße häufig enthaltene Fett nur aus den umgebenden Hornzellen in den Schweiß eintreten soll. Ledermann führte seine Untersuchungen an den Sohlenballen von Katzen aus, bei denen er durch Pilokarpin eine starke Schweißsekretion erzeugt hatte. Als Fettfarbstoffe wurden Sudan III und Scharlach E gewählt. Seine Befunde deckten sich in allen Punkten mit den Feststellungen, die Unna mit seiner Methode der sekundären Osmierung in der menschlichen Haut gemacht hat. Ledermann hatte Wert darauf gelegt, daß nicht nur in den Zellen der Schweißdrüse, sondern auch in den Ausführungsgängen Fett nachweisbar sein müsse, und seine Untersuchungen erwiesen das: die geraden Ausführungsgänge der Schweißsdrüen enthielten an vielen Stellen große, rote Fettropfen, welche das Lumen vollkommen ausfüllten und sich überall der Weite desselben anpaßten. Diese Fettropfen, welche oft reihenförmig in wechselnder Größe das Lumen ausfüllten, machten vollkommen den Eindruck, als ob das Bild eines kontinuierlichen Fett- stromes während seines Verlaufes in dem mikroskopischen Präparate festgehalten worden wäre. Neben den einzelnen Fettropfen fanden sich auch in manchen Schnitten rote, das Lumen der Aus- — 96 — fülirimgsgänge ausfüllende gleichmäßige Fettcylinder, ganz wie sie Uyina beschrieben hatte. Die chemische Beschaffenheit des Fettes der Schweißdrüsen ist nach Ledermann noch unbekannt. Wahr- scheinlich besteht das in dem Schweiße enthaltene Fett aber aus Oleinsäure, vielleicht unter Bei- mischung von Cholestearin, das ja stets im Schweiße gefunden wird, im Gegensatze zu dem Hauttalge, in dem die festeren Fette überwiegen. Mir scheint diese Arbeit von Ledermann recht beweiskräftig zu sein, namentlich in Verbindung mit der vorhergehenden von Sata. Brinkmann (1911a) hat aller- dings auch diese Ergebnisse nicht als genügend sicher betrachtet, da durch das Pilokarpin eine nicht ganz normale Schweißsekretion erzeugt worden sei, bei der sich auch die Ausscheidung des Fettes anders verhalten könne, als unter normalen Verhältnissen. Mir scheint dieser Skeptizismus nicht berechtigt zu sein; wir wissen einerseits, daß die Schweißdrüsen des Handtellers imd der Fußsohle ein Sekret absondern, das Fett enthält, auch ohne daß sie irgendwie besonders gereizt sind, denn der Schweiß des Handtellers und der Fußsohle ist fetthaltig, darüber kann kein Zweifel bestehen. Wenn das Fett dieses Schweißes wirklich aus den verhornten Epithelzellen herstammen sollte, dann dürfte es nur in dem Abschnitte des Ausführungsganges nachweisbar sein, der die Hornschicht durch- bohrt, das ist aber nicht der Fall. Wir wissen weiter, daß der Pilokarpin schweiß sich dadurch aus- zeichnet, daß er besonders viel Wasser enthält, aber in keiner Weise dadurch, daß er besonders fett- haltig ist. Wenn wir also nach Pilokarpinreizung die Ausführungsgänge der Drüsen mit Fett erfüllt finden, so kann das nicht als eine spezifische Einwirkung des Pilokarpins angesehen werden, das befähigt wäre, aus einer für gewöhnlich kein Fett sezernierenden Drüse eine fettsezernierende heraus- zubilden, sondern höchstens darauf, daß die durch das Pilokarpin gereizte Drüse neben einer weit größeren Menge von Wasser auch etwas mehr Fett absondert als gewöhnlich. Das würde dann aber nur ein Beweis dafür sein, daß eine Fettabsonderung auch unter gewöhnlichen Umständen statt- findet. Wie weit die große Wassermenge des Pilokarpinschweißes wirklich durch die Schweißdrüsen selbst abgesondert wird, oder wie weit sie infolge einer Erweiterung der Blutgefäße der Haut durch den erhöhten Saftstrom im Epithel in dem epithelialen Abschnitt des Ausführungsganges eintritt, ist ja nach Unna noch durchaus zweifelhaft, und ich habe mich oben bei meinen morphologischen Betrachtungen den Bedenken von Unna nicht verschlossen. Nehmen wir nun an, es sei so, daß der epitheliale Saftstrom in den Ausführungsgang der Drüse übertritt, daß also die Hauptwassermenge auf diesem Wege dem eigentlichen Drüsensekrete beigemischt wird, und nehmen wir weiter an, daß das Pilokarpin als Eeiz auf die Schweißdrüse einwirke und gleichzeitig eine Hyperämie der Haut er- zeuge, was beides als sicher anzunehmen sein dürfte, so sind die Befunde von Lederrnann durchaus verständlich, ja sie werden durch eine solche Annahme sogar erst wirklich verständlich, denn wenn die Schweißdrüsen selbst diese reichliche Wassermenge sezerniereu würden, dann würden die großen Fettmengen in den Ausführungsgängen und die zusammenhängenden Fettcylinder gar nicht zu erklären sein, das Fett hätte durch die große Wassermenge längst herausgespült sein müssen und höchstens in einigen Tröpfchen noch erhalten geblieben sein können. Die Befunde von Ledermann scheinen mir also durchaus dafür zu sprechen, daß in der Tat Teile des Saftstromes aus dem Epithel in den epithelialen Abschnitt des Ausführungsganges der e-Drüsen übertreten können, und daß die reichlichen wässerigen Absonderungen bei dem Pilokarpinschweiße im wesentlichen hierauf beruhen. Auch Römer (1898) hat für Ornithorhynchus angenommen, daß die großen Schweißdrüsen au der haarlosen Schnauze dieses Tieres die Aufgabe haben, den Schnabel mittels eines fettigen oder öligen Sekretes einzuölen und gegen die Aufnahme von Wasser zu schützen. Die Drüsen verloren damit nach ihm die Bedeutung eines Wärmeregulierungsapparates und erhielten eine neue Funktion. — 97 — Nach meinen jetzigen Erfahrungen würde ich allerdings der Ansicht sein, daß diese a-Drüsen die Funktion der Wärmeregulierung nie besessen haben werden. Römer führt als analoge Beispiele von höheren Säugetieren an, daß den Eatten und Mäusen Schweißdrüsen im behaarten Felle gänzlich fehlen, nur an ihren Sohlenballen finde man tubulöse Drüsen, die wie Schweißdrüsen aussehen. Es ist nach ihm wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß die Drüsen hier auch nicht mehr die Bedeutung von Wärmeregulatoren haben. Sie liefern wahrscheinlich den Ballen der Füße den nötigen fettigen Überzug, verleihen ihnen dadurch Geschmeidigkeit und schützen sie vor Feuchtigkeit. Die an den Sohlen der Ratten und Mäuse liegenden Drüsen werden wohl sicher als e-Drüsen anzusehen sein, gerade so wie bei Katze, Himd und Mensch, ich selbst habe sie nicht imtersucht; die Drüsen an dem Schnabel von Omithorhynchus aber sind wohl sicher als a-Drüsen anzusehen, denn Römer nimmt an, daß die kolbigen Epithelzapfen, durch welche ihre Äusführungsgänge verlaufen, als Reste ehe- maliger Haare anzusehen sind, in deren Follikeln die Drüsen ausmündeten, was sehr wohl möglich ist. Es würde hieraus folgen, daß die Fähigkeit, Fett abzusondern sowohl den a-Drüsen wie den e-Drüsen zukommt. Ich wiU hier gleich bemerken, daß mehrfach gerade den a-Drüsen eine stärkere Fettsekretion als den e-Drüsen zugeschrieben worden ist, so von Joseph (1891), welcher in dieser Hinsicht einen Unterschied macht zwischen den gewöhnlichen kleinen Schweißdrüsen einerseits imd den Achseldrüsen und Ohrenschmalzdrüsen andererseits. Er bemerkt dazu allerdings weiter, daß hier noch eine Vermutimg in Erwägung zu ziehen wäre, welche Benda ihm gegenüber ausgesprochen hat, daß die genannten Drüsen nämlich nur den Geruchsstoif des Schweißes in der Achsel bzw. den Farbstoff des Ohrenschmalzes in dem Gehörgange absondern. Benda (1894) selbst hat sich von einer Fettabsonderung der Schweißdrüsen nicht überzeugen können. (^ima hat in neuerer Zeit noch auf eine andere Weise das Fett auf der menschlichen Haut nachgewiesen. Im Jahre 1910 machte er zusammen mit Golodetz eine Mitteilung über die Oxydation des Chrysarobins auf der menschlichen Haut. Es ließ sich nachweisen, daß diese Oxydation zustande kommt durch das Vorhandensein von Ölsäure auf der Haut. Diese stammt in der Hohlhand und der Fußsohle lediglich her von den ölsäuretröpfchen der Knäueldrüsen, welche eine oxydierende Wirkung besitzen. An anderen KörperstcUen, besonders im Gesichte, stammt die Ölsäure aus den Knäueldrüsen und Talgdrüsen. Die durch Reduktion von Osmiumsäure und durch Oxydation von Rongalitweiß auf Hautschnitten entstehenden ölsäurebilder stimmen völlig überein. Da sowohl in Hohlhand und Fußsohle wie im Gesichte nur e-Drüsen vorhanden sind, so würden diese also wieder für die Fettabsonderung verantwortlich zu machen sein. Endlich haben Nicolas, Regaud und Favre (1912) Mitteilungen über Untersuchungen der Schweiß- drüsen verschiedener gesunder Hautstückchen des ei'wachsenen Menschen aus der Fingerkuppe, Achsel- höhle, dem Scrotum und der Nase gemacht. In den Drüsen aller dieser Gegenden entstehen nach ihnen die Sekretionsprodukte wahrscheinlich durch Umwandlung von Mitochondrien in Sekretgranula und Fettröpfchen. Unter den Mitochondriakörnchen finden sich einige, die größer sind und blasenartig erscheinen, ihr Zentrum ist farblos. Diese bläschenförmigen Mitochondriabildungen sind nach den Verfassern in Beziehrmg zu setzen zu der Bildung von Fettröpfchen, die man ja schon seit langer Zeit in sehr verschieden großer Menge in den Schweißdrüsen kennt. Für diese Deutung spricht das folgende: Es fanden sich mitunter große Bläschen, deren farbloses Zentrum von einem dünnen, schwarz gefärbten Ringe umgeben war. Diese Bildungen sind sicher Fetteinschlüsse, die im Wachsen begriffen sind; sie stellen wahrscheinlich ein weiter vorgeschrittenes Stadium der bläschenförmigen Mitochondrien dar. Diese Fetteinschlüsse in den Schweißdrüsenzellen wechseln sehr nach der unter- Zoologica. Heft 72. 13 — 98 — suchten Hautgegend, die Verfasser stimmen aber darin mit Renaut (1899) überein, daß man den Drüsenzellen eine ,,pim61og^ne" (fettbildende) Funktion zuschreiben müsse. Endlich möchte ich hier noch wieder darauf aufmerksam machen, wie das ja auch von anderen Forschem schon mehrfach geschehen ist, daß die am höchsten ausgebildete a-Drüse, die Milchdrüse, sehr viel Fett erzeugt und absondert. Es ist doch wohl sehr wahrscheinlich, daß sie das nicht tun würde, wenn nicht die Erzeugung von Fett eine den a-Drüsen prinzipiell zukommende Eigenschaft wäre. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich meiner Meinung nach als zweifellos, daß sowohl die a-Drüsen wie die e-Drüsen Fett zu sezernieren vermögen. Da, wie wir schon gesehen haben, die Beschaffenheit dieser Drüsen an verschiedenen Hautstellen desselben Menschen verschieden sein kann, so hat es keine Schwierigkeit anzunehmen, daß die Menge des sezernierten Fettes an verschiedenen Hautstellen verschieden sein wird. Ebenso existieren in dieser Hinsicht sicher bedeutende individuelle Schwankungen und ebenso kann man wohl als sicher an- nehmen, daß in verschiedenen Altersstufen bei denselben Menschen Unterschiede vor- handen sein werden. Daß auch die äußere Umgebung, Temperatur, Luftbeschaffenheit usw. darauf von Einfluß sein werden, ist sehr wahrscheinlich und ebenso psychische Einwirkungen. Hat doch schon Henle (1873) die so wechselnde Tätigkeit der Schweißdrüsen durch den Einfluß der Schweißdrüsennerven zu erklären versucht. Ich erinnere hier daran, daß ich oben schon, als ich von dem Baue der a- und e-Drüsen sprach, betont habe, daß diese augenscheinlich zu den veränderlichsten Organen gehören, die wir in unserem Körper besitzen. Als eine besonders wichtige Tätigkeit der Schweißdrüsen wird die ,, Wärmeregulierung" des Körpers angesehen. Nach Tigerstedt (1909), im Handbuche der Physiologie von Nagel, wird die in regulatorischer Hinsicht stattfindende Abkühlung des Körpers fast ausschließlich durch den Schweiß bewirkt; die Wasserverdampfung aus den Eespirationsorganen spielt in dieser Beziehung nur eine verhältnismäßig untergeordnete Eolle. Mehrere warmblütige Tiere schwitzen aber nur wenig oder gar nicht. Bei ihnen tritt statt dessen als regulatorischer Mechanismus eine sehr beschleunigte Atmung auf, dank welcher große Mengen Wasser von den Eespirationsorganen verdunsten und also den Körper abkühlen. (S. 597.) In seinem Lehrbuche hatte Tigerstedt schon früher (1905) angegeben, daß bei Tieren, welche nur wenig schwitzen, der Körper andere Mechanismen benutzt, um sich, wenn nötig, abzukühlen. Bei großer Hitze wird beim Hunde die Atmung äußerst beschleunigt, die Zunge hängt aus dem offenen Maule heraus, und die Schleimhaut der Zimge und des Eespirationsapparates gibt reichlich Wasserdampf ab, der in ganz derselben Weise wie die Schweißverdampfung den Körper ab- kühlt (Richet). (S. 491.) Luchsinger (1883) hat seinerzeit einige Mitteilungen über das Schwitzver- mögen verschiedener Säuger in dem großen Handbuche der Physiologie von Hermann auf Seite 426 und 427 gemacht. Beim Menschen ist das Schwitzvermögen zu ganz vorzüglicher Ausbildung ge- langt, es kommt, in allerdings wechselnder Stärke, der ganzen Haut zu, als Prädilektionsstellen aber wären zu nennen die Gesichtshaut (Stirn), die Vola und Planta von Hand und Fuß. Beim Affen (Gebus capucinus) zeigte sich nach kleiner Dosis von Pilokarpin eine starke Sekretion an Vola und Planta, eine erheblich geringere auf dem Nasenrücken. Ebenso waren beim Pferde Pilokarpin wie Nervenreizung sehr wirksam, erheblich weniger beim Ein de, gar nicht bei der Ziege. Gar nicht schwitzen ferner Kaninchen, Eatten, Mäuse. Deutliche Sekretion fand sich dagegen beim Igel auf der nackten Pfotenhaut nach Eeizung des Hüftnerven. Das günstigste Feld ist die unbehaarte Sohlenfläche der Katze, am übrigen Körper derselben konnte aber keine Spur von Schweiß be- — 99 — obachtet werden. Aber auch an der Pfote trifft man Ausuahineu. Neugeborene Kätzchen reagieren während der ersten beiden Wochen durchaus nicht. Bei alten Katzen scheint die schwielige Wucherung der Epidermis hinderlich zu sein. Hunde schwitzen an der behaarten Haut ebenfalls nicht, sehr selten sogar an den nackten Pfoten, hier dürfte die schwieligere Beschaffenheit derselben wieder hin- derlich sein. Ein ausgezeichnetes Objekt ist die Eüsselscheibe des Schweines, Nervenreizung und Pilokarpin erzeugten große, stark alkalisch reagierende Tropfen auf derselben. Aus diesen eben zitierten Mitteilungen scheint mir hervorzugehen, daß die a-Drüsen auf Pilo- karpin weit weniger reagieren als die e-Drüsen, stärker nur in besonderen Ausnahmefällen, so beim Pferde. Bei diesem Tiere scheinen die a-Drüsen aber eine besondere Stellung einzunehmen. Ich werde hierauf noch zu sprechen kommen. Auf der Eüsselscheibe des Schweines finden sich ja nur e-Drüsen, und die Keimschicht der Epidermis, durch welche die nur wenig gewundenen ,, Endstücke" der Ausführungsgänge hindurchziehen, ist recht dick, so daß es wohl möglich ist, daß hier der Ge- webssaft der Epidermis in größerer Menge eindringen kann. Auf diese Weise ließe sich dann das starke Schwitzen nach Pilokarpin gut verstehen, und ebenso, daß der so erhaltene Schweiß alkalisch reagiert. Nimmt man an, daß der Pilokarpinschweiß zu einem größeren Teile von der Epidermis ge- liefert wird, so versteht man auch, daß die a-Drüsen auf Pilokarpin weniger zu reagieren scheinen als die e-Drüsen. Kreidl (1902) hat sich in seiner Physiologie der Haut in dem Handbuche der Hautkrankheiten von Mracek in folgender W^eise ausgesprochen : „Ob die in dem Schweiße enthaltenen riechenden Substanzen, welche einen wesentlichen Teil dessen ausmachen, was den eigentümlichen Geruch des Menschen bedingt, irgend welche Bedeutung für das Individuum besitzen, ist nicht näher untersucht. Die wichtigste Aufgabe jedoch, die dem Schweiße zufällt, ist die, als wärmeregulierendes Mittel zu wirken. Die große Menge von Wasser, die dem Körper entzogen wird, die Art und Weise, wie dies geschieht, und vor allem die Umstände, unter welchen die Schweißproduktion auftritt, sprechen sehr deutlich für die außerordentlich hohe Bedeutung des Schweißes als eines wärmeentziehenden Mittels." (S. 199.) Auf die in diesem Zitate erwähnten Geruchsstoffe werde ich weiterhin noch näher einzugehen haben . Hagemann (1906) sagt auf Seite 137 seines ,, Lehrbuches der Physiologie der Haussäugetiere" nur kurz: ,,Von unseren Haussäugetieren hat das Pferd die meisten Schweißdrüsen, dann kommen Schafe, bei welchen die Schweißdrüsen im Vereine mit den sehr reichlich entwickelten Talgdrüsen den Fettschweiß der Wolle liefern, und die Schweine; die wenigsten Schweißdrüsen haben die Rinder, Hunde und Katzen." Er gibt dann weiter an, daß sich ,,auch etwas Eiweiß im Schweiße findet, namentlich in dem Pferdeschweiße (hierauf ist das Schäumen der Pferde, die Bildung des weißen Schaumes zurückzuführen): die Pferde verUeren nicht unerhebliche Mengen von Eiweiß mit dem Schweiße (bis zu 20 g täglich)." Ich habe oben in der Beschreibung der Drüsen schon angegeben, daß die Schweißdrüsen des Pferdes sich von denen der sonst von mir untersuchten Tiere in bezug auf ihr Aussehen deutlich unterschieden: die Drüsenzellen waren eigentümlich hell und durchsichtig, was mich eben veranlaßte, die Schleimreaktion bei ihnen ohne Erfolg zu versuchen. Sie sind also augenscheinlich auch in bezug auf ihre Ausscheidung (Eiweiß) eigenartig. Bonnet (1887) bemerkt in dieser Hinsicht: „Der vielfach gebräuchliche Name ,, Schweißpore" ist nicht exakt. Viele Tiere (Katze, Hund, Schaf, Schwein) be- sitzen zwar Schlauch- oder Knäueldrüsen, schwitzen aber normalerweise nicht im gewöhnlichen Sinne des Wortes, da es nicht zur Absonderung von tropfbar flüssigem Sekrete, sondern höchstens zur Bildung von Dunstschweiß kommt. Für die gewöhnliche Hauttranspiration können übrigens, wie jene Säuger, welchen im allgemeinen Knäueldrüsen fehlen, wahr- scheinlich machen, die Haarbalgmündungen vikariierend die Knäueldrüsen vertreten." — 100 — Für die kaltblütigen Wirbeltiere gibt Tigerstedt (1909) auf Seite 607 an, daß für sie bei der Wärmeabgabe die Wasserverdunstung vor allem wichtig ist. Indessen finden sich zwischen verschie- denen Arten in dieser Beziehung sehr bemerkenswerte Verschiedenheiten. Ich habe im Vorstehenden eine Anzahl von Beispielen zusammengestellt, die sich natürlich noch vermehren ließen, um kurz zu zeigen, wie verschieden sich in bezug auf das Schwitzen die Säugetiere gegenüber dem Menschen verhalten. Der Mensch allein schwitzt in dem Sinne, den wir diesem Worte beizulegen pflegen. Bei ihm ist daher in der Tat das Schwitzen für die Wärmeregulierimg von wesentlicher Bedeutung. Wie wir gesehen haben, ist der Mensch das ausgesprochenste ,,e-Drüsen-Tier", die sonstigen Säugetiere sind als ,,a-Drüsen-Tiere" zu bezeichnen und nur die Affen scheinen eine Art von Übergang, eine Mittelstufe zu bilden, wenigstens so weit ich nach den drei von mir 'untersuchten Ostaffenarten urteilen kann. Man darf wohl als sicher an- nehmen, daß diese verschiedene Art des Schwitzens bei Mensch und sonstigen Säugetieren zurück- zuführen ist auf die so verschiedene Art der Verteilung der a-Drüsen und der e-Drüsen. Ob und wie stark die Affen „schwitzen" ist mir nicht bekannt, es ist aber nach der Drüsenverteihmg bei ihnen wohl möglich, daß sie es deutlich tun. Die e-Drüsen sind augenscheinlich diejenigen Drü- sen, welche wirklich zu „schwitzen" vermögen, d. h. größere Mengen eines tropfbar flüssigen Sekretes abzusondern vermögen. Wo wir bei Tieren e-Drüsen finden, finden wir auch ein richtiges Schwitzen, so an den Pfoten der Katze, so an der Eüsselscheibe des Schweines usw. Die zahlreichen Drüsen, welche sonst sich über den Körper der Katze hin ausbreiten, und welche a-Drüsen sind, schwitzen nicht, auch nicht nach Pilokarpin. Eine gewisse Ausnahmestellung scheint das Pferd ein- zunehmen, dessen zahlreiche a-Drüsen immerhin so viel Schweiß liefern, daß die Haut des Pferdes infolge des Eiweißgehaltes dieses Schweißes mit Schaum bedeckt erscheint. Wie weit bei dieser Schweißerzeugung der e-Drüsen die Drüse selbst beteiligt ist, wie weit der epitheliale Teil ihres Ausführungsganges, muß vorläufig dahingestellt bleiben. Das Wesentliche ist, daß nur diese Drüsen wirklich zur Schweißerzeugung geeignet sind. Wenn beim Pferde die a-Drüsen bis zu einem gewissen Grade etwas Ähnliches leisten, so tun sie es gewissermaßen nur ver- tretungsweise: die Wirkung war für das Pferd ein Bedürfnis, und so haben sich seine a-Drüsen diesem Bedürfnisse angepaßt. Vielleicht ist es noch richtiger, zu sagen, infolge einer uns noch un- bekannten Besonderheit in dem Körperbaue oder in dem Stoffwechsel des Pferdes legten sich seine a-Drüsen so an, wie wir sie finden, und infolgedessen waren sie auch befähigt, eine Art von Wärme- regulierung auszubilden, die sich bei der Lebensweise des Pferdes bis zu dem jetzt vorhandenen Grade entwickelt hat. Es tritt durch diesen Fall um so klarer hervor, wie wenig die Drüsen der meisten anderen Säuger hierfür geeignet sind. Nun ist eine gute Wärmeregulierung für einen Warmblüter zweifellos etwas sehr Wichtiges. Die ersten Säuger, welche sich aus Amphibien oder auf einem wohl nur kurzen Umwege aus Eeptilien entwickelten, werden wahrscheinlich schon Warmblüter gewesen sein und Haare gehabt haben. Haare waren für den Warmblüter nötig wieder wegen der Wärmeregulierung. Wahrscheinlich werden zuerst weder die Erhöhung der Bluttemperatur noch das Haarkleid besonders entwickelt gewesen sein. Aus den primären Epithelkeimen legten sich die Haare an und mit ihnen zusammen die a-Drüsen und etwas später die Haardrüsen. Welchen früheren Gebilden die primären Epithelkeime entsprechen, entzieht sich unserer Kenntnis. Wann und unter welchen Umständen sich die e-Drüsen angelegt haben, und welchen früheren Gebilden sie entsprechen, ist ebenfalls noch unbekannt. Jedenfalls waren sie Aon A^ornherein etwas ganz anderes als die a-Drüsen. Im Laufe der weiteren Entwickelung der — 101 — Säuger verteilten sich die beiden Drüsenarten verschieden auf die verschiedenen Tierstämme. Bei den allermeisten überwogen die a-Drüsen, bei einem oder ganz wenigen Stämmen die e-Drüsen. Wahr- scheinlich wird diese Verschiedenheit schon ganz nahe der Wurzel der Stämme eingetreten sein. Der Stamm, bei dem die e-Drüsen sich stärker anlegten, besaß die Anlage zu einer vollkommeneren Wärme- regulierung und war hierdurch schon zu einer günstigeren Entwickelung befähigt. Er wurde zum Primatenstamme; voraussichtlich natürlich nicht nur infolge der e-Drüsen, sondern weil er noch weitere günstige Eigenschaften besaß, aber auch die e-Drüsen wirkten dabei als ein günstiges Moment mit, da sie den Stamm leistungsfähiger und widerstandskräftiger machten und seine Fähigkeit verstärkten, sich über weite Gebiete der Erde auszubreiten, wodurch dann wieder die Differenzierungsmögliehkeit erhöht wurde. Am vollkommensten war mit diesen e-Drüsen schließlich ausgerüstet der Ast dieses Primatenstammes, der zum Menschen auswuchs, und dieser Menschenstamm wurde auf diese Weise erst recht leistungsfähig und widerstandskräftig und besaß die Fähigkeit, sich über weite Gebiete der Erde auszubreiten, in höchstem Maße. Hieraus folgte dann wieder eine hochgradige Differenzie- rung, die wir in der weitgehenden Eassenbildung des Menschen heute vor uns sehen. Die jetzigen Affen sind als weniger günstig gestellte weitere Äste des Primaten Stammes anzusehen. Hieraus folgt dann aber wieder, daß der Grund der Verbreitung der a-Drüsen gegenüber den e-Drü- sen in der Haut der jetzigen Menschenrassen in der Tat nicht unwesentlich ist zur Bestimmung der Höhe ihrer Entwickelung. Wahrscheinlich werden die e-Drüsen während der phylogenetischen Entwickelung allmählich an Menge zugenommen haben, aus der Untersuchung euro- päischer Embryonen geht aber weiter hervor, daß die a-Drüsen in der Tat mit der weiter fortschreitenden höheren phylogenetischen Entwickelung mehr und mehr zurück- gegangen sind. Wir finden sie embryonal noch angelegt bei Stämmen, bei denen sie im erwachsenen Zustande fehlen, bei denen sie also während der späteren embryonalen oder der kindlichen Entwickelung zugrunde gegangen sein müssen. Wir erkennen aus ihrer embryonalen Anlage aber, daß sie bei den Vorfahren noch vorhanden waren und daß sie erst bei der weiteren phylogenetischen Entwickelung zugrunde gegangen sind und zwar wahrscheinlich vor verhältnismäßig noch nicht so sehr langer Zeit, da sie noch bei älteren Embryonen, so im siebenten Monate, wahrscheinlich sogar noch länger, vor- handen sind. Warum sie zugrunde gegangen sind, ist freilich eine schwer zu beantwortende Frage. Ob eine gewisse Rivalität zwischen den beiden Drüsenarten besteht, oder ob die Stoffwechselverhält- nisse bei der höheren Entwickelung der Stämme sich so geändert haben, daß die a-Drüsen mehr über- flüssig wurden, oder ob noch irgend welche anderen Gründe vorliegen, das ist zurzeit noch völhg dunkel. Daß die a-Drüsen und die e-Drüsen in beiderseits starker Entwickelung unmittelbar zu- sammen vorkommen können, lehrt der Bau der menschlichen Achselhöhle. Das würde gegen eine Eivalität zwischen den beiden Drüsenarten sprechen. Man wird nach dem bisher Gesagten aber mit einem gewissen Eechte annehmen können, daß Menschenrassen, bei denen die a-Drüsen in größerer Verbreitung vorkommen, als bei anderen, entwickelungs- geschichtlich auf einer tieferen Stufe stehen geblieben sind. Allerdings wird man auch in dieser Beziehung wieder sehr vorsichtig sein müssen, denn da die Drüsen augenscheinlich aufs engste verbunden sind mit dem Stoffwechsel des ganzen Körpers, so werden bestimmte Stoffwechsel- verhältnisse vielleicht als Erklärung füi' das Vorkommen der a-Drüsen bei bestimmten Menschen- rassen heranzuziehen sein, ohne daß man deshalb die Rasse im ganzen als tiefer stehend anzusehen braucht. Dazu kommt weiter, daß, wie wir später sehen werden, sowohl die a-Drüsen wie die e-Drüsen für geschlechtliche Eeizwirkungeu in Betracht kommen, und zwar die a-Drü.sen wahrscheinlich — 102 — noch in höherem Maße als die e-Drüseu, und daß auch aus diesem Grunde a-Drüsen an bestimmten Stellen des Körpers in größerer Menge erhalten geblieben sein können, so namentlich in der Achsel- höhle, so aber auch in anderen Abschnitten der ganzen ,,Eegio sexualis". Allerdings wird man dann doch immer, je nach der Menge der Drüsen, auch eine Verschiedenheit des ganzen Körpers annehmen müssen. Solche Überlegungen wird man bei diesen Untersuchungen nicht außer acht lassen dürfen, trotzdem aber, wie mir scheint, zunächst die Verbreitung dieser Drüsen als Leitfaden für die Phy- logenese benutzen können. Daß diejenigen der jetzt lebenden Säugetierstämme, welche fast nur a-Drüsen besitzen, in ihrem Stoffwechsel von den Affen und dem Menschen erheblich abweichen müssen, ist zweifellos, die Stämme haben sich eben im Laufe der Zeiten immer mehr nach verschie- denen Eichtungen hin entwickelt und sind infolgedessen einander immer unähnlicher geworden. Aus dem bisher Gesagten geht hervor, daß die Hautdrüsen bei der bei weitem größten Mehrzahl der Säugetiere für die Wärmeregulierung gar nicht oder kaum von Bedeutung sind. Die ,,Haar- drüsen" dienen zur Einfettung der Haare und der Haut und die a-Drüsen unterstützen sie dabei, indem ihr flüssigeres Sekret in dem ,, Drüsenteile" des Haarbalges sich mit dem dickeren der Haar- drüsen mischt, dieses herausspülen hilft und weiter zu seiner besseren Verbreitung auf Haar und Haut beiträgt. Die a-Drüsen erzeugen die Milch, welche zur Ernährung der Jungen nötig ist, sie können Sekrete bereiten, welche Parasiten abschrecken oder töten und vor allem dienen sie als Exkretions- organe für Stoffe, die dem Stoffwechsel des Tieres entstammen und ausgeschieden werden müssen, da sie das Tier sonst schädigen würden, die also als giftig für das Tier anzusehen sind. Unter diesen Exkreten befinden sich auch solche, die einen starken Duft besitzen, und diese letzteren sind wahr- scheinlich zu einem Teile oder ganz ätherisch. Sie verbreiten sich infolgedessen in der umgebenden Luft und werden von anderen Menschen eingeatmet. Aus der Giftigkeit dieser Stoffe erklärt es sich, daß die Luft in einem Eaume, in dem eine größere Anzahl von Menschen versammelt ist, verhältnis- mäßig schnell ,, schlecht" wird, d. h. ungeeignet zur Einatmung. Die ätherischen Exkrete, mit denen die Luft geschwängert ist, wirken eben giftig. Diese „exkretorische Tätigkeit" wird man wohl sicher als die Grundfunktion der a-Drüsen wie der e-Drüsen ansehen müssen. Nun gibt es zweifellos Tiere, bei denen die e-Drüsen für die Wärmeregulierung gar keine Eolle spielen, da die a-Drüsen fast allein vorhanden sind, und die trotzdem eine große körperliche Leistungs- fähigkeit und Widerstandsfähigkeit besitzen und sich auch weithin über die Erde verbreitet haben, mit zahlreicher Eassenbildung. Ein solches Tier ist z. B. der Hund, bei dem nach den vorliegenden Mitteilungen die Wärmeregulierung bewirkt wird durch die Lungen und die Zunge. Auch das Pferd würde hierher gehören, doch sind bei diesem die a-Drüsen, wie ich schon erwähnt habe, derartig modifiziert, daß sie der Wärmeregulierung zu dienen vermögen, wenn auch wohl nicht in so voll- kommener Weise wie die e-Drüsen. Vielleicht wirken beim Pferde auch die Lungen, ähnlich wie beim Hunde, mit. Diese Beispiele lehren, daß es verschiedene Wege gibt, auf denen Tiere zu einer großen körperlichen Leistungsfähigkeit und zu der Fähigkeit, sich weithin über die Erde auszubreiten, gelangen können, doch scheint die durch die e-Drüsen bewirkte Wärmeregulierung hierin das Voll- kommenste zu leisten. Zu der eben erwähnten exkretorischen Grundfunktiou kommen noch andere Fimktionen hinzu, die ebenfalls von nicht geringer Wichtigkeit für Menschen und Tiere sein können. Auf diese akzessorischen Funktionen oder Nebenfunktionen — es ist hier wie bei vielen Organen, daß sie außer einer Hauptfimktion noch Nebenfunktionen haben können, die unter Umständen sogar die Hauptfunktion allmählich au Wichtigkeit zu übertreffen vermögen — deuten vor allem hin die zahl- — 103 — reichen Hautdrüsenorgane, welche sich bei vielen Säugetieren vorfinden. Weber (18S6) hat bei Hippo- potamus amphibius und (1888) bei anderen Säugetieren hierüber Untersuchungen gemacht. Es ge- lang ihm, bei mehreren Tieren eigentümlich gefärbte Sekrete von tubulösen Hautdrüsen nachzuweisen. So beschrieb er 1886 den ,, roten Schweiß" von Hippopotamus amphibius: eine fadenziehende, schlei- mige Flüssigkeit, die die Farbe von verdünntem Fortwein hat. Sodann 1888 ein ganz andersartiges rotes Hautsekret des Männchens von Halmaturus rufus, ein blaues Sekret des Weibchens von Ce- l)halolophus pygmaeus Fall., endlich bei Grimmia mergens ein schwarz gefärbtes Sekret der maxil- laren Drüse. Er kommt zu dem Schlüsse, daß alle bis jetzt bekannten gefärbten Hautsekrete bei Säugetieren, die ihre Farbe nicht schwarzen Pigmentkörnern verdanken, durch tubulöse Drüsen ge- bildet werden. Auch beim Menschen finden wir ja Ähnliches: die a-Drüsen des Achselhöhlenorganes erzeugen oft ein stark gelbes Pigment, ebenso wie die des Gehörgangorganes. Bei Halmaturus rufus haben die Haare an der Brust und Bauchgegend des Männchens an manchen Stellen einen eigentümlich roten Farbenton, die krapprote Farbe ist dem Haare wie ,,auf- oder eingepudert". Auch die Havit selbst ist an diesen Stellen mit einer ebenso gefärbten Lage des roten Farbstoffes bedeckt. Dieser Farbstoff wird geliefert von großen tubulösen Drüsen, welche in die Haarbälge einmünden und die durchaus übereinstimmen mit den Knäueldrüseu. Der Drüsenteil zeigt sehr weite Kanäle, die sich nach dem Ausführungsgange hin sehr verengern. In dem sekretorischen Abschnitte ist die Muskellage sehr deutlich. Es handelt sich nach dieser Beschreibung also zweifellos um a-Drüsen. Die Haut des Weibchens ist weit dünner imd die hier ebenfalls vorkommenden Drüsen sind kleiner. Sie erscheint nicht rot gefärbt. Der rote Farbstoff kann nur von diesen Knäueldrüsen geliefert werden. Da die Drüsen bei den Männchen so außerordentlich stark entwickelt sind, so können sie so viel Sekret liefern, daß dasselbe, auch wenn es den Farbstoff nur sehr verdünnt enthält, genügt, um die sich vorfindenden roten Farbstoffmassen zu erzeugen. In diesem Falle bewirken die Drüsen also einen auch durch das Auge deutlich erkennbaren Geschlechtsunterschied. Bei einer Zwergantilope vom Congo, Cephalolophus pygmaeus Fall., liefert die große maxi- lare Drüse bei den beiden Geschlechtern wiederum ein verschiedenes Sekret. Die Drüse läßt schon makroskopisch einen vorderen und hinteren Teil unterscheiden. Beim Weibchen ist nun der hintere Teil stark indigoblau gefärbt, der vordere Teil dagegen blaßrot, wie bei so vielen Drüsen. Aus dem hinteren Teile der Drüse tritt auch nur allein ein blaues Sekret heraus, mehr in der Mitte hat das Sekret einen bläulichen Ton, im vorderen Teile der Drüse aber ist es farblos. Die Drüse setzt sich zusammen aus acinösen und tubulösen Drüsen, doch bilden die letzteren den Hauptteil und sie sind es auch, die den blauen Farbstoff abscheiden. Merkwürdig ist es nun, daß diese tubulösen Drüsen in dem vorderen und hinteren Abschnitte der Drüse ganz gleich gebaut erscheinen, aber nur im hin- teren Teile den blauen Farbstoff erzeugen. Die Drüse des Männchens zeigt einen ganz entsprechenden Bau, doch sind bei ihr die acinösen Drüsen stärker entwickelt. Die tubulösen Drüsen erzeugen hier aber kein blaues, sondern ein helles Sekret. Es geht aus diesen Angaben also die sehr interessante Tatsache hervor, daß tubulöse Drüsen, bei denen ein Unterschied im Baue nicht zu erkennen ist, einmal bei den beiden Geschlechtern ein deutlich verschieden gefärbtes Sekret ausscheiden, ja, ein solcher Unterschied ist sogar in den beiden Abteilungen der Drüse des Weibchens vorhanden. Aber der Unterschied geht noch weiter. Das Männchen reibt sein Sekret am Weibchen ab. Dieses Sekret hat im lebenswarmen Zustande einen eigentümlichen, durchdringenden, lange haften bleibenden, echt tierischen Geruch, der als Reiz wirken könnte. Verfasser hat diesen Geruch früher einem oder mehreren Körpern aus der chemischen Eeihe der Buttersäuren zugeschrieben. Entsprechend dieser — 104 — organischen Säure reagiert das männliche Sekret sauer. Das Sekret des Weibchens hingegen scheint geruchlos zu sein, es ist alkalisch. Hiernach würde also das Sekret des Männchens als Eeizmittel auf das Weibchen wirken; die Bedeutung des weiblichen Sekretes bleibt dunkel, ebenso wie die seiner blauen Farbe. Von den morphologisch gleichartig erscheinenden Drüsen wird also nicht nur ein ver- schieden gefärbtes, sondern auch ein spezifisch verschieden riechendes Sekret geliefert. Wieder ein deutliches Beispiel dafür, wie stark veränderungsfähig in bezug auf ihre Tätigkeit diese Hautdrüsen sind. Ich habe diese Fälle als Beispiele für solche Hautdrüsenorgane bei Tieren angeführt, ich ver- weise hier aber weiter auch auf das, was ich oben über den Bau des Carpalorganes des Schweines gesagt habe und über die Drüsen der Eüsselscheibe des Schweines. In diesen beiden letzteren Fällen waren es nicht a-Drüsen, sondern e-Drüsen, welche bei dem Carpalorgane die Hauptmasse, bei der Eüsselscheibe die Gesamtmasse der Drüsen bildeten. Es können also augenscheinlich alle drei Hautdrüsenarten, die Haardrüsen, die a-Drüsen und die e-Drüsen an dem Aufbaue dieser Drüsenorgane in verschieden großer Menge beteiligt sein. Ich habe soeben den besonderen Geruch erwähnt, den das Sekret der männlichen Drüse der Zwergantilope besitzt, und der als Eeizmittel auf das Weibchen zu wirken scheint. Solche Gerüche werden von den Hautdrüsen der Säuger sehr häufig abgegeben, ja wohl fast immer. Wie ich oben schon bemerkte, besitzen eben einige Exkrete einen starken Geruch. Es liegen über die Bedeutung solcher „spezialisierten Duftdrüsen" ziemlich zahlreiche Beobachtvmgen vor. So hat Pocock (1910) über die Drüsen der Wiederkäuer eine umfangreiche Abhandlung erscheinen lassen, deren Inhalt ich allerdings nur nach dem Jahresberichte von Schivalbe kenne. Er fand, daß die Hautdrüsen imd na- mentlich die Fußdrüsen bisweilen die Bestätigung der Verwandtschaft zwischen Genera ergaben, die schon aus anderen Gründen in Verbindung gebracht wurden, und daß sie andererseits größere Di- vergenz zeigten zwischen manchen Genera, als zu vermuten war. Aber die Anwesenheit wie auch das Fehlen von Drüsen konnte niemals allein ohne Berücksichtigung anderer Charaktere als ein Beweis von Verwandtschaft angesehen werden, da natürlich in Genera, die ganz verschiedenen Gruppen an- gehören, unabhängig voneinander die Drüsen verloren gegangen sein können. Was den Zweck der Hautdrüsen anlangt, so hält Pocock es für möglich, daß der Geruch der Drüsen dazu diene, Indi- viduen einer Art zusammen zu halten, auch wenn Drüsen bei manchen in Herden lebenden Formen fehlen und bei manchen einzeln lebenden Antilopen arten vorkommen. Auch bei einzeln lebenden Arten tritt während der Paarungszeit der Wunsch der beiden Geschlechter zu gegenseitigem Auf- suchen ein und der Geruch der Fußdrüseu ermöglichst es vielleicht ferner dem Muttertiere, das bei der Aufsuchung des Futters verlorene Junge wiederzufinden. Das Sekret der Fußdrüsen verleiht dem Boden, über den das Tier läuft, offenbar einen Geruch, da aus der Öffnung der Drüsentasche lange Haare hervortreten, die das Sekret zwischen den Hufen abwärts leiten. Ebenso können andere Drüsen gegen hohes Gras streifen und dieses benetzen. Außerdem verbreitet sich der Geruch wohl durch die Luft, was die ausschließliche Funktion der Caudaldrüse von Capra sein kann. Auch das Ein- schmieren der Hufe kann Aufgabe der Fußdrüsen sein. Die Präorbitaldrüse dient, wenigstens zum Teile, dem Geschlechtssinne, aber sie ist anscheinend auch bei anderen als sexuellen Erregimgen be- teiligt und dient durch Eeiben an den Büschen und Felsen ebenfalls dem Aufsuchen der Fährte durch den Geruchssinn. Die Präorbitaldrüse stellt im einfachsten Falle einfache Verdickungen der normal behaarten Haut mit 'vergrößerten Schweiß- und Talgdrüsen dar. Von diesem einfachen Zu- stande sind die komplizierteren Formen abzuleiten. Ähnliches gilt auch für andere Drüsen. Sehr — 105 — eingehende Untersuchungen über die Hautdrüsenorgane der Wiederkäuer hat dann Brinkmann (191 la) aUvSgeführt. Ich will aus diesen zunächst anführen, daß „Talgdrüsen" sich in allen Hautdrüsenorganen dieser Tiere finden, doch stellen sie nicht überall einen wesentlichen Bestandteil dar, da sie nicht größer sind als die der umgebenden Haut. Sie bilden also wohl jedenfalls meist kein spezifisches Element dieser Organe, das tun augenscheinlich nur die tubulösen Drüsen. Sie sind stets mit Haar- bälgen verbunden, doch können bisweilen die Haaranlagen ganz rudimentär sein, oder es können die Haare aus den Haarbälgen herausgefallen sein. Nur in diesem Sinne kann man von „freien Talg- drüsen" sprechen. Das Sekret der Hautdrüsenorgane ist seiner physikalischen und chemischen Be- schaffenheit nach sehr verschiedenartig. Auch seine Konsistenz ist außerordentlich verschieden : bald dünnflüssig und flüchtig, bald dünnflüssig und schnell erstarrend, bald klebrig-zähe oder sirupsdick, bald eine dicke, zusammenhängende, krümelige Masse. Auch die Farbe wechselt: sie ist bald milchig, bald gelblich, bald braun oder schwarz, gelegentlich auch blau. Mitunter ist die Farbe bei den beiden Geschlechtern derselben Tierart verschieden. Der Fettgehalt des Sekretes ist unabhängig von der Größe der Talgdrüsen. Hieraus würde dann folgen, daß die von den Organen ausgeschiedenen Fett- mengen von den tubulösen Drüsen geliefert würden. Diese würden demnach wieder Fett ab- sondern müssen. Die chemische Zusammensetzung des Sekretes ist meist unbekannt. Die ,, Duft- stoffe" stammen aus den Schweißdrüsen her und stellen einen Hauptbestandteil der Absonderung dieser dar. Für diese Ansicht spricht, daß in den Hautdrüsenorganen Schweißdrüsen stets vorhanden sind, während Talgdrüsen ganz rudimentär werden oder auch ganz fehlen können, allerdings nicht bei Wiederkäuern. Die Schweißdrüsen treten erst nach der Geschlechtsreife in Tätig- keit, die Talgdrüsen aber funktionieren schon beim Embryo. Ich bemerke hierzu, daß die ,, Schweiß- drüsen" dieser von Brinkmann beschriebenen Hautorgane sämtlich a-Drüsen sind, wie aus der von ihm gegebeneu Beschreibung und aus seinen sehr schönen Abbildungen deutlieh hervorgeht. Wenn also auch hier bei diesen Tieren diese a-Drüsen erst mit der Geschlechtsreife in Tätigkeit treten, so entspricht das durchaus ihrem Verhalten in der Achselhöhle des Menschen, wie das schon Lüneburg (1902) festgestellt hat. Es scheint das also eine allgemeine Eigenschaft der a-Drüsen zu sein, welche in diesen Hautdrüsenorganen liegen, ob auch der sonstigen a-Drüsen, muß erst noch nachgewiesen werden. Die Sekretioustätigkeit der ,,Schweißdi-üsen" in diesen Organen wird nach Brinkmann beeinflußt: durch Brunst, Gravidität und Laktation, steht also offenbar in Beziehung zum Geschlechtsleben. Es stimmt dies also wieder durchaus überein mit den Beobachtungen, die, wie ich oben schon angeführt habe, von Seitz (1906 und 1909) und von Waelsch (1912) für den Menschen mitgeteilt worden sind. Es gibt aber nach Brinkmann auch Haut- drüsenorgane, in denen die Talgdrüsen überwiegen und in der Brunstzeit sich stärker entwickeln. Es gibt endlich einander homologe Drüsenorgane, die bei der einen Tierart vor- wiegend aus Schweißdrüsen, bei einer andern aus Talgdrüsen bestehen. Der von den Talgdrüsen ge- lieferte Bestandteil des Sekretes dieser Hautdrüsenorgane ist wohl nach Brinkmann mechanisch dadurch von Bedeutung, daß er die Dauerhaftigkeit des an Gräsern, Erdboden, Blumen abgelagerten, in Wasser löslichen „Duftstoffes" erhöht und ihn schützt vor Witterungseinflüssen, so vor Eegen und Tau. Ich möchte annehmen, daß das von den Talgdrüsen gelieferte Sekret auch in dem Gehörgaugsorgane des Menschen eine im wesentlichen mechanische Eolle spielt. Das hier von den Ohrschlauchdrüsen gelieferte eigentliche spezifische Sekret würde zu flüssig sein und auch vielleicht zu gering au Masse, um den nötigen dauernden Schutz des Gehörganges zu leisten, durch das festere Sekret der Talgdrüsen wird es erst zu der bekannten schmierigen und dauerhaften Zoologiea. Heft 72. 1-1 — 106 — Masse umo-ebildet, welche als Schutzschicht die Haut dauernd bedecken kann. Es findet also in den Hautdrüsenorganen ein ähnlicher Vorgang statt, wie wenn man einen stark wirksamen Arzeneistoff mit einer Salbengrundlage zu einer Salbe verarbeitet. Die epitheliale Muskulatur der a-Drüsen in diesen Hautdrüsenorganen ist nach Brinkmann sehr verschieden stark entwickelt. Diese so ver- schiedene Ausbildung der Muskulatur hängt nach ihm zusammen mit der Beschaffenheit des Sekretes und mit der Art der Mündimgsverhältnisse. Die Antorbital- und Präputialdrüsen stehen in Beziehung zum Geschlechtsleben, die Entleerung der Zisternen erfolgt durch quergestreifte Muskulatur unter dem Einflüsse des Willens. In manchen Fällen sind die Schweißdrüsen des Interdigitalorganes nach Brinkmann zu zwei verschiedenen Arten differenziert, die sich nach Größe, Form und Art der Se- kretion unterscheiden (Rehe, Schafe). Ich habe diese Organe nicht selbst untersuchen können und kann daher Näheres über die beiden Drüsenarten nicht angeben. Das Sekret fällt nach Brinkmann als eine oft grünliche Masse ab und dient dazu, die Spur des Tieres kenntlich zu machen, wodurch das Zusammenhalten der verschiedenen gesellschaftlich lebenden Arten gesichert wird. Was die Be- deutung dieser Hautdrüsenorgane anlangt, so hält Brinkmann, ähnlich wie auch Pocock u. a., die Erzeugung von Duftstoffen für ihre wesentliche Tätigkeit. Diese Stoffe sind wichtig für das Geschlechtsleben und zur Fixierung der Spur der Tiere. Diese Absonderung der Duftstoffe ist während der Brunstzeit gesteigert. Bei manchen Wiederkäuern scheint die ganze Körperoberfläche diesen charakteristischen Duft abzugeben, bei anderen sind die Hautdrüsenorgane die Ursprungsorte, da die übrige Haut drüsenarm ist. Verfasser gibt in bezug hierauf eine genaue Übersicht über die Hautdrüsenorgane der verschiedenen unter- suchten Tiere. Diese hier von Brinkmann mitgeteilten Beobachtungen lassen meiner Meinung nach daran denken, daß auch die beim deutschen Weibe in den Labia majora, am Mons pubis und eventuell noch in der Bauchhaut auftretenden a-Drüsen eine solche geschlecht- liche Funktion zu erfüllen haben. Sie stellen einen starken Unterschied her zwischen dem männlichen und dem weiblichen Geschlechte. Demgemäß wird auch der Duft, der von den beiden Geschlechtern ausgeht, ein verschiedener sein, ein geschlechtlich spezifizierter. Ich werde weiter unten noch auf die menschlichen Gerüche näher einzugehen haben und wir werden sehen, daß das darüber Bekannte dieser Annahme wohl entsprechen dürfte. Als Beispiel dafür endlich, welche Nebenfunk- tionen solche Hautdrüsenorgane eventuell erfüllen können, will ich hier noch anführen, daß nach Brinkmann auch als ,, Schreckmittel" gegen andringende Gegner die reduzierten Antorbitalorgane bei Hirschen dienen sollen: das durch Größe und Muskulatur ansehnliche, als Drüse aber rudimentäre Organ wird von erschreckten Tieren weit geöffnet und läßt dann die Augen weit größer erscheinen. Dies ist dann aber natürlich nicht eine Verwendung der Funktion des Hautdrüsenorganes, sondern nur seiner Reste. Daß die Hautdrüsen auch bei weit niedriger stehenden Tieren schon ähnliche Neben- funktionen zu erfüllen haben, wie die hier geschilderten, die namentlich auch für das Geschlechtsleben von besonderer Bedeutung sind, geht aus der prachtvollen Schilderung der Liebesbezeugungen zwischen dem Männchen und Weibchen der Axolotl hervor, welche Gasco (1881) gegeben hat, und die zu lesen wirklich ein Genuß ist, so lebendig ist sie gehalten. Bei diesen Tieren scheint der Geruch sowohl des Samens wie der Kloakendrüsen eine wesentliche Rolle zu spielen. Ich verweise deshalb auf diese Schilderung noch besonders. Wenn diese Drüsen für' die Tiere und den Menschen als ,, Duftorgane" von Bedeutung sein sollen, ist es notwendig, daß die von ihnen ausgehenden Gerüche durch das Geruchsorgan — 107 — wahrgenommen werden. Wir wissen, daß das Geruchsorgan bei den niederen Wirbeltieren sehr stark entwickelt ist, daß es gewissermaßen das Haupt- und Grundsinuesorgan der Tiere darstellt, und daß auch bei vielen Säugetieren der Geruchssinn sehr hoch entwickelt ist, während seine Ent- wickelung beim Menschen ganz erheblich schwächer geworden ist. Hagen (1906) hat in seiner „Sexii- ellen Osphresiologie" eine äußerst umfassende und interessante Zusammenstellung alles dessen be- geben, was sich auf die sexuellen Körpergerüche bezieht. Er weist darauf hin, daß nach William Turner, welcher die Säugetiere in ,,makrosmatische", ,,mikrosmatische" und „anosmatische" eingeteilt hat, der Mensch zur Gruppe der ,,mikrosmatischen" Säugetiere gehört und also in osphresiologischer Hinsicht keineswegs die letzte Stelle in dem Reiche der Säugetiere einnimmt (S. 7). Die praktische Bedeutung des Geruchssinnes für die Tierwelt betrifft nach Hagen vorzüglich die wichtigen Funktionen der Ernährung und des Geschlechtstriebes: Ernährung und Geschlechtstrieb sind für die Tiere wich- tiger als die durch Auge und Ohr vermittelten Eindrücke, und die durch diese hervorgerufenen gei- stigen Regungen. Daher ist der Geruchssinn für die Tiere noch von ungeheurer Wichtigkeit. Ziraarde- maker (1895) sagt nach Hagen darüber: ,, Unsere zusammengesetzten Gesichtsvorstellungen, so ungemein plastisch infolge des binokularen Sehens, die ver- wickelten Klangvorstellungen, worin uns die Macht der Sprache fühlbar wird, sie mangeln den Tieren fast gänzlich, und an deren Stelle tritt eine wunderbare Welt von Geruchsvorstellungen, reichhaltiger und vielfältiger als wir sie zu bilden imstande sind." (S. 2.) Zwaardemaker hat auch für den Geruchssinn die sehr richtige Bezeichnung eingeführt eines ,, Sinnes für die Nähe". Der Geruch ist eine Eigenschaft, welche von der Materie nicht getrennt werden kann. Daraus erhellt seine große Bedeutung für das Erkennen der Nahrung, der Spur, der Beute oder des Verfolgers, für das Auffinden des Geschlechtes. Überall, wo ein charakteristischer Geruch sich kundgibt, wird man auch gewiß wenigstens etwas von dem Stoffe finden, der diesen bestimmten Geruch erzeugt, wie das Auge das Sinnesorgan für die Entfernung ist, ist der Geruch dasjenige für die Nähe. (Zwaardemaker S. 254 und Hagen S. 6.) Hagen führt eine große Menge von Beobachtungen an über die sexuelle Bedeutung des Geruches, der von der Haut ausgeht, unterstützt allerdings auch durch die Gerüche, die von den Drüsen der Geschlechtsorgane ausgehen, für Tiere und Menschen. Im allgemeinen scheinen bei den Menschen die südlichen Völker einen stärkeren Ge- ruch zu verbreiten, als die nördlichen. Dieser Geruch kann einmal ein allgemeiner Körpergeruch sein, der dem Volksstamme eigen ist, oder er kann auch innerhalb dieses Volkes ein bestimmter Ge- schlechtsgeruch sein, der auf die beiden Geschlechter gegenseitig reizend wirkt. Es scheint aber auch, daß ein bestimmter Geruch des weiblichen Körpers, ein spezifischer Geschlechtsgeruch, diesem bei sehr verschiedenen Völkern anhaftet, daß er also gewissermaßen ein internationaler, all- gemein menschlicher, spezifischer Weibesgeruch ist. Hagen führt hierfür eine Beobachtung an: Bei den Südseeinsulanern wurde die europäische (französische) Geliebte eines Botanikers, die ihn in Manneskleidung begleitete, bei der Landung auf der Insel von den Eingeborenen nur durch den Ge- ruchssinn als Weib erkannt. (S. 171.) Auch bei den Indianern Südamerikas scheint der Sexualgeruch des Weibes noch eine große RoUe zu spielen. (S. 171.) Ja sogar für Tiere scheint der Unterschied zwischen dem Gerüche des männlichen und weiblichen Menschen deutlich erkennbar zu sein, denn es sind Mitteilungen gemacht worden darüber, daß männliche Tiere mehr Zuneigung zu Frauen haben und sich von solchen leichter regieren lassen, und ebenso umgekehrt weibliche in bezug auf Männer. Das würde dann dafür sprechen, daß der spezifische Geschlechtsgeruch dem Menschen von seinen tierischen Vorfahren her überkommen — 108 — ist und ihm noch jetzt anhaftet, und daß weiter dieser Geschlechtsgeruch in der ganzen Säugerreihe der nämliche ist. Wir würden hiernach einen „Säugetiergeschlechtsgeruch" anzunehmen haben. Das würde wieder eine sehr interessante und wichtige Tatsache sein. In Mexiko wird nach Hagen behauptet, daß Mischlinge aus europäischem Blute teilweise den Geruch beibehalten, welcher der Hautausdünstung der beiden Urgeschlechter eigen ist. (S. 171.) Es ist eine bekannte Tatsache, daß solche „Nationalgerüche" nicht auf irgend welcher Unreinlichkeit beruhen, sondern im Gegenteil um so stärker hervorzutreten pflegen, je reinlicher der Körper gehalten wird. Es wird dies wohl darauf zurückzuführen sein, daß durch das Waschen die Zersetzungsgerüche der Sekrete verschwinden, und daß dann der spezifische Geruch um so reiner und daher auch stärker hervortritt. Sehr gewöhnlich findet man weiter, daß diese Nationalgerüche anderen Völkern un- angenehm sind, während innerhalb des Volkes der eigene Geruch angenehm empfunden wird. Die Geschlechtsgerüche scheinen hauptsächlich auszugehen, abgesehen von den Sekreten der eigentlichen Geschlechtsdrüsen von den Drüsen der Hautgegenden, die in der Nähe der äußeren Geschlechtsteile liegen, und auch von der Achselhöhle. In diesen Gegenden würden ja nun, nach dem, was ich in dieser Arbeit mitgeteilt habe, beim Menschen die a-Drüsen anhäuf ungen liegen, und diese würden dann voraussichtlich für diese spezifischen Gerüche verantwortlich zu machen sein. In bezug auf die Achselhöhle liegt eine sehr interessante Beobachtung vor, die Hagen (S. 92) mitteilt. Ein Mecklenburger Bauernbursche, der es auf die Mädchen abgesehen hatte, hat sich mehr- fach Mädchen dadurch gefügig gemacht, daß er beim Tanze sein Taschentuch unter der Achselhöhle trug und dann bei Gelegenheit mit diesem durchschwitzten Tuche seiner Tänzerin den Schweiß vom Gesichte abwischte. Die Wirksamkeit dieses Verfahrens kann ja nur darauf beruhen, daß der Geruch des Achselschweißes das Mädchen so stark geschlechtlich erregte, daß sie gefügig wurde. Da ja nun Achselschweiß bei beiden Geschlechtern abgeschieden wird, und, wie es scheint, beim weiblichen Ge- schlechte die spezifischen a-Drüsen noch stärker entwickelt zu sein pflegen, als beim männlichen, so muß man wohl annehmen, daß auch der Geruch des weiblichen Achselhöhlenschweißes in ähnlicher Weise erregend auf den Mann einwirkt. Hagen führt an derselben SteUe auch ein weiteres Beispiel an, bei dem dieser letztere Vorgang angenommen werden muß. Ein Mann, der sich mit dem durch- schwitzten Hemde einer bei einem Hochzeitsfeste befindlichen Dame den Schweiß vom Gesichte wischte, wurde in diese Dame sterblich verliebt. (Es handelte sich hierbei um historische Persönlich- keiten.) In diesem Falle enthielt das durchschwitzte Hemde ja allerdings nicht nur den Geruch des Achselschweißes, sondern den des gesamten Körpers, also voraussichtlich vorzüglich auch den der Genitalgegend. Eine sehr interessante weitere Mitteilung in bezug auf die Ausdünstung des ganzen Körpers, die Hagen aber nicht mitteilt, ist die, daß bei der Auswahl einer weiteren Frau für einen ostasiatischen König nach der Auswahl durch Besichtigung auch noch in der Weise verfahren wird, daß man die zur engeren Auswahl gestellten Mädchen schwitzen läßt, und dann dem Könige die durchschwitzten Hemden vorlegt, damit dieser sich danach dasjenige Mädchen aussuchen kann, welches ihm am besten zusagt. Was die Gerüche des gesamten übrigen Körpers anlangt, so werden von hierfür emp- findlichen Menschen nach Hagen die Gerüche der einzelnen Körperteile des Weibes als verschieden beschrieben und empfunden. Als besonders berauschend wird der Duft des Kopfhaares hervorgehoben, aber auch der Duft der Brüste und der des aus dem Munde entweichenden Atems wird betont. Für das Kopfhaar würden beim Menschen ja nur e-Drüsen in Frage kommen, ebenso im wesentlichen für die Brüste, denn hier finden sich a-Drüsen ja nur in verhältnismäßig geringer Zahl im Warzenhofe — 109 — und die Ausbildung dieser beginnt erst während der Schwangerschaft und erreiclit ihren Höhepunkt erst während der Laktation. Für den Atem würden Hautdrüsen überhaupt nicht in Frage kommen. Es ist in der Tat merkwürdig, daß der eigenartige frische und reine Duft des Atems von gesunden Jungfrauen mehrfach hervorgehoben worden ist. Ähnliches wird auch angegeben von dem Atem kleinerer Kinder. Von europäischen Völkern sind es auch wieder hauptsächhch die südlichen, von denen solche Beobachtungen resp. die Mitteilung solcher Beobachtungen, so auch in der Literatur, vorliegen, Diese jNIitteilungen rühren im wesentlichen von Männern her mid beziehen sich auf die Weiber, es ist aber wohl anzunelimen, daß die Weiber dieser Völker auch entsprechende Beobachtimgen bei den Männern machen werden, die nur nicht so zur allgemeinen Kenntnis kommen, da die Männer ja ein- mal in der Liebe mehr den aktiven Teil darstellen, und da sie als Dichter und Bchriftsteller weit mehr hervortreten, als die Frauen und somit auch ihre Beobachtungen und Empfindungen eher bekannt werden. Allerdings wird ja auch angegeben, daß die Männer im allgemeinen ein schärferes Geruchs- ^ermögen besitzen sollen als die Weiber. Im großen und ganzen scheint nach den vorliegenden Be- obachtungen die Abgabe und die Wahrnehmung von sexuellen Gerüchen und damit die Bedeutung dieser für das Volk zuzunehmen, je tiefer der Volksstamm steht, je ursprünglicher er seiner Entwicke- lung nach ist und je tiefer er kulturell steht. Es läßt sich das verstehen, da bei solchen Völkern die geschlechtlichen Genüsse an erster Stelle zu stehen pflegen in der ganzen geistigen Sphäre und andere geistige Betätigung verhältnismäßig unbedeutend zu sein pflegt. Andererseits findet man allerdings gerade außerordentlich raffinierte Betätigungen in bezug auf die sexuellen Gerüche bei kulturell hoch- stehenden rezenten Völkern. Wenn es im allgemeinen den Eindruck macht, daß die Stärke der Abgabe der Gerüche, wie auch die der Warnehmung mit dem tieferen Standpimkte des Volkes zunimmt, so würde uns das zur Tierwelt überleiten. Selbstverständlich kann es dabei aber auch vorkommen, daß einzelne Individuen auch in rezenten hochstehenden Völkern, sowohl was Abgabe wie Wahrnehmung solcher Gerüche anlangt, diese frühere tierische Begabung in besonderem Maßstabe ererbt haben und nun infolge ihrer modernen geistigen Ausbildimg mit besonderem Eaffinement diesen Empfindungen nach- gehen. Wie Hagen hervorhebt, ist die Anwendung der zahlreichen künstlichen Parfüme, haupt- sächlich vonseiten der Weiber, die wir schon seit dem ägyptischen Altertume her kennen, nur als ein Versuch anzusehen, die von ihrem Körper ausgehenden sexuellen Gerüche zu verstärken, um dadurch den Männern anziehender zu werden. Allerdings können diese künstlichen Wohlgerüche auch einem zweiten Zwecke dienen, nämlich dem, xmangenehme Gerüche, die den Mann abstoßen würden, zu verdecken. Unterscheiden doch die Indier bei ihren Frauen ganz bestimmte Gerüche, nach denen sie die Frauen in verschiedene Klassen einteilen, und stimmen doch diese Gerüche überein mit Duft- stoffen, die aus dem Tierreiche und Pflanzenreiche bekannt sind. Solche Stoffe würden dann wieder je nach der Lieblingsneigung des Mannes von den Frauen verwendet werden, um die Kraft ihrer Anziehung zu erhöhen. Bei der fortschreitenden Entwickelung der Menschheit ist der Geruch be- kanntlich immer mehr zurückgetreten, die für uns nützlicheren Sinne für die Fernempfindung, der Gesichtssinn, der Gehörssinn, haben sich demgegenüber immer stärker ausgebildet und so ist es nur natürlich, daß bei den jetzigen Kulturvölkern auch die Empfindlichkeit für diese Körpergerüche mehr und mehr abgenommen hat, und dandt die Wichtigkeit der Gerüche für unser Leben. Immerhin empfinden bekanntlich auch die Europäer den Geruch fremder Völker oft unangenehm, wenn diese Empfmdung auch vielleicht nicht so stark ist, wie die der exotischen Völker dem Europäer gegenüber. Wie weit der Geschlechtsgeruch und der individuelle Geruch bei rms unbewußt in im sein gegen- — 110 — seitigen Beziehungen eine Rolle spielt, läßt sich schwer feststellen, doch ist es denkbar, daß diese Eolle keine unbedeutende ist. Der bekannte Ausspruch: ,,Ich kann ihn nicht riechen," spricht dafür, daß auch bei uns dieser individuelle Geruch unsem Vorfahren zum Bewußtsein gekommen ist. Zwaardemaker hat nun, wie Hagen mitteilt, den interessanten Nachweis geführt, daß alle jene tierischen Gerüche, welche die Sexualität beeinflussen, einer einzigen bestimmten Gruppe von chemischen Verbindungen angehören, nämlich der der Fettsäuren, speziell der Caprylgruppe. Diese bildet die 7. Klasse in Zwaardemaker s Klassifikation der Riechstoffe, die er als Klasse der ,,Capryl- gerüche" oder ,,Odores hircini" bezeichnet, und zu den Zersetzungsgerüchen rechnet. Hiernach ge- hören die spezifisch-erotischen Gerüche des weiblichen Scheidensekretes, des männlichen Samens und des Schweißes zu dieser Kategorie der „Bocksgerüche", da die Caprylsäure diesem Tiere den Namen entlehnt hat. Zwaardemaker macht nach Hagen weiter darauf aufmerksam, daß diese Capryl- gerüche, deren Diffusionsgeschwindigkeit zwischen 0,0533 und 0,0442 schwankt, eine besonders starke Differenzierung aufweisen, wie sie den so mannigfaltigen Zwecken der Fortpflanzung und des Geschlechtstriebes entspreche. Es sei gewiß nicht zufällig, daß die Sohlenfläche der Tiere so überaus reichlich mit Schweißdrüsen ausgestattet ist, und daß deren Ausscheidungen überdies in so hohem Maße von dem Nervensysteme beherrscht werden. Dieser Umstand sei für das Auffinden des andern Geschlechtes während der Brunstzeit wahrscheinlich nicht gleichgültig. Er bemerkt weiter, für nicht sexuelle Gerüche bestehe dieses Bedürfnis der Differenzierung nicht, so daß sie uns aus diesem Grunde mehr oder weniger ähnlich erscheinen. (S. 13- 15, Zwaardemaker S. 278.) Bei t^^berlegung der hier behandelten Verhältnisse ist mir der Gedanke gekommen, daß die starke Abschwächung der Geruchsfähigkeit des Menschen gegenüber so vielen Säugetieren, A-ieUeicht, nicht allein, aber doch mit, auf seinen aufrechten Gang zurückgeführt werden könnte. Während die vierfüßigen Tiere sehr bequem mit der Nase den Boden und niedrige Gegenstände, wie Gebüsche, Gras, Steine, Boden usw. abzusuchen vermögen, würde das für den Menschen nicht mehr möglich sein. Aus diesem Grunde würde eine den Tieren entsprechende starke Geruchsfähigkeit für ihn den größten Teil des Wertes, den sie für die Tiere hat, verlieren. Wenn also auch zweifellos die menschlichen Fußsohlen ebenfalls Stoffe absondern, welche an dem Boden haften bleiben, so werden diese doch von dem äiifrechtgehenden Menschen nicht mehr wahrgenommen, wohl aber von dem Hunde, der seiner Spur folgt. In diesem Falle würde der spezifische Gej'uch abgegeben und erzeugt werden von e-Drüsen. Für den Menschen würden Gerüche von weit größerer Bedeutung sein, die von dem ganzen Körper ausgehen und namentlich von den oberen Teilen desselben. Das würde dann der Geruch des Haares, der Achselhöhle, der Brüste usw. sein. Die Geschlechtsteile selbst würden dabei auch noch in Frage kommen, einmal, weil sie der Gegenstand von eingehender Betrachtung und Untersuchung sein können und daim, wenn die von ihnen ausgehenden Gerüche stark genug sind, um die Nase des aufrecht gehenden oder eventuell auch liegenden Menschen zu erreichen. Daraus würde man dann wieder den Wahrscheinlichkeitsschluß ableiten können, daß der ,, spezifische Ge- schlechtsgeruch" beim Menschen nicht nur von den Geschlechtsteilen und ihrer Um- gebung, sondern vom ganzen Körper ausgeht. Es würden dann an seiner Erzeugung ebenso wie an der Erzeugung des „individueUen Geruches" sowohl a-Drüsen wie e-Drüsen teil haben. Dieser von dem ganzen Körper des Menschen ausgehende Duft setzt sich augenscheinlich in den Kleidern fest und häuft sich in ihnen um so stärker an, je länger sie getragen werden. Daher wird der be- kleidete Jäger von dem Wilde auf weite Entfernung hin gewittert, der nackte Jäger dagegen so viel schwächer, daß es für ihn verhältnismäßig leicht ist, das Wild zu beschleichen. Daher findet man — 111 — auch vielfach bei wilden Jägervölkeru, daß der Jäger die Jagd iu nacktem Zustande ausführt und sieht auf bildlichen Darstellung der Jagd bei solchen Völkern entsprechende Zeichnungen. Aus dem- selben Grunde wird ja auch dem Hunde, der die Fährte eines Menschen aufnehmen soll, irgend ein Kleidungsstück dieses Menschen zur Kenntnisnahme vor die Nase gehalten. Es ist weiter bekannt, daß die Absonderung der Schweißdrüsen von dem Nerven- systeme abhängig ist. Sicher nicht nur der Quantität, sondern auch der Qualität nach. Man wird daher annehmen können, daß auch bei stärkeren Gemütsbewegungen und sicher auch bei Vor- gängen im Bereiche des Geschlechtslebens das abgesonderte Sekret verschiedene Gerüche aufweisen wird. Ebenso daher, wie es wahrscheinlich ist, daß ein brünstiges Tier Spuren hinterlassen wird, aus denen ein anderes Tier diesen Zustand zu erkennen vermag, wie das Hagen auch annimmt, wird sehr wahrscheinlich ein geängstigtes Tier, ein stark gejagtes Tier entsprechende Spuren hinterlassen, und so wird das den Spuren folgende Tier wahrscheinlich Eindrücke erhalten, die es über den seelischen Zustand des verfolgten Tieres mehr oder weniger weit aufklären und ihm nicht nur den Weg des Tieres verraten werden, sondern auch seine Lage. Die Stärke dieser Empfindungen wird abhängen davon, wie weit die Fähigkeit der diiJerenzierten Absonderung und die entsprechende Wahrnehmungs- fähigkeit bei den in Rede stehenden Tieren entwickelt sind. Wieviel von diesen Fähigkeiten noch auf den Menschen überkommen ist, wird abhängen von dem Volksstamme und der individuellen Be- gabung. Wird doch z. B. aus Abessinien berichtet, daß es dort hin und wieder junge Männer gibt, welche ein so scharfes Geruchsvermögen besitzen, daß sie nach der nötigen Ausbildung, ähnlich wie Hunde, zur Verfolgung von Menschen benutzt werden. Daß die Beschaffenheit des Schweißes von dem Nervensysteme abhängig ist, dafür spricht auch eine Beobachtung, die mir von mehreren Damen mitgeteilt worden ist, nämlich die, daß am Unterarme getragene metallene Armbänder unter Umständen, bei nervösen Erregungen, die Haut schwärzen, während unter gewöhnlichen Verhältnissen davon nichts zu bemerken ist. Es scheint mir, daß eine solche Schwärzung nur dadurch zustande kommen kann, daß Stoffe der Drüsenabschei- dung mit dem Metalle des Armbandes eine Schwefelverbindung bilden. Man müßte dann annehmen, daß solche Stoffe nur bei bestimmten psychischen Erregungen von den Drüsen erzeugt würden. Aller- dings wäre auch noch die Annahme möglich, daß nicht die Qualität, sondern die Quantität des ab- gesonderten Sekretes durch die psychische Einwirkung zunimmt, und daß aus diesem Grunde dann eine Schwärzung der Haut sichtbar wird, die bei der so geringen Sekretabsonderung unter gewöhn- lichen Verhältnissen nicht sichtbar zu werden vermag. Daß bei derartigen Veränderungen auch der Geruch des Drüsen sekretes ein anderer werden kann, ist durchaus möglich, daraus würde dann weiter folgen, daß unter solchen Umständen der ganze Körpergeruch ein anderer werden könnte und infolge- dessen auch auf einen andern Menschen anders als sonst einzuwirken vermöchte. Eine weitere Beobachtung einer besonderen Schweißveränderung, die allerdings vielleicht nicht vom Nervensysteme, sondern direkt von äußeren Einflüssen abhängig ist, vielleicht aber doch auch wieder durch die Ein^\irkung dieser Einflüsse auf das Nervensystem zustande kommt, ist die folgende. Bei einem jungen und gesunden Manne verbreitete an warmen Sommertagen, wie es schien, unter dem direkten Einflüsse der Sonnenbestrahlung, die Haut des untersten Teiles des Unterarmes, des Handgelenkes und des Handrückens, so weit diese eben der direkten Einwirkung von Wärme und Licht ausgesetzt waren, einen ganz eigenartigen, angenehmen Duft. Dieser Duft war so auffallend, daß der Betreffende darauf aufmerksam wurde und, nachdem er einmal darauf aufmerksam geworden war, diese Erscheinung unter den angegebenen Umständen immer wieder bei sich beobachten konnte, — 112 — wenigstens während einer Eeilie von Jahren. Wann dieser Geruch schließlich verschwunden ist, läßt sich nicht mehr feststellen. Er wurde nicht mehr beobachtet, und da kein besonderer Wert auf diese Beobachtung gelegt wurde, so wurde auch der Zeitpunkt des Verschwindens nicht im Gedächtnisse behalten. Ungefähr läßt sich darüber folgendes angeben: der Geruch wurde zuerst beobachtet, als der junge Mann größerer Schüler war, scheinbar wurde er zuletzt gegen das Ende der zwanziger Jahre bemerkt, er kann aber auch noch länger bestanden haben. Dieser Geruch war dem Betreffenden so angenehm, daß er zu den Zeiten, wo derselbe auftrat, gerne an der Haut roch, und ihn auch eventuell zu erzeugen versuchte. Hieraus folgte dann wieder, daß er, wenn die Umstände günstig zu sein schienen, untersuchte, ob der Geruch wieder aufgetreten sei. Dieser Geruch verschwand wieder, sobald die erwähnten äußeren Umstände sich änderten, bestand also immer nur kurze Zeit. Unter anderen Verhältnissen, als den angegebenen, wurde dieser Geruch niemals beobachtet. Das war eben auch der Grund, warum diese Beobachtung als etwas ganz Besonderes dem Betreffenden auffiel und in seinem Gedächtnisse haften blieb. Es war übrigens ein Geruch, der mit nichts anderem zu vergleichen war, der daher auch kaum zu beschreiben ist. Ob dieser Geruch unter ähnlichen Um- ständen auch bei anderen Menschen auftrat, wurde nicht beobachtet, da der junge Mann damals an einer solchen Feststellung kein Interesse hatte. Eine dieser genau entsprechende Beobachtung ist mir von einem jungen Mädchen bekannt geworden. Diese beiden Beispiele zeigen deutlich, wie veränderlich die Sekrete der Schweißdrüsen je nach den Umständen sein können. Daß das Sekret der Hautdrüsen unter verschiedenen Umständen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ sehr verschieden sein kann, steht also nach dem bisher Ge- sagten jedenfalls außer Zweifel, und daß es nach beiden Eichtungen hin durch das Nervensystem beeinflußt werden kann, ist sehr wahrscheinlich. Aus dem soeben über die Funktion der Schweißdrüsen Mitgeteilten geht hervor, daß sowohl die a-Drüsen wie die e-Drüsen als „Duftdrüsen" anzusehen sind und daß beide auch geschlechtlich-reizend wirkende Düfte erzeugen können. Ebenso wird wohl sicher der „Eassengeruch" und der ,, Individualgeruch" von beiden erzeugt. Bei den meisten Säugetieren kommen ja fast nur die a-Drüseu in Betracht, doch gibt es auch bei ihnen Hautdrüsen- organe, in denen die e-Drüsen überwiegen, bei den Primaten dagegen, und namentlich beim Men- schen, beide Drüsenarten und in zunehmendem Maße die e-Drüsen. Auch fettbereitend sind augenscheinlich beide Drüsenarten. Dagegen sind die e-Drüsen diejenigen Organe, welche die Fähigkeit der starken Wasserabsonderuug besitzen, und das erzeugen, was man für ge- wöhnlich unter Schweiß versteht. Sie kommen daher auch im wesentlichen als die „wärme - regulierenden" Organe in Betracht. Wenn man, wie beim Pferde, findet, daß auch die a-Drüsen ein verhältnismäßig wasserreiches Sekret absondern, das zur Wärmeregulierung dienen kann, so ist das eine Ausnahme, welche auf besondere, uns noch unbekannte Bau Verhältnisse dieses Tieres zurückgeführt werden muß. Wahrscheinlich ist die so zustande gekommene Wärmeregulierung aber doch nicht so vollkommen, als wenn das Pferd mit e-Drüsen versehen wäre. Wie ich oben schon ausführlicher besprochen habe, ist diese wärmeregulierende Funktion der e-Drüsen für die Primaten und namentlich für den Menschen von sehr wesentlicher Bedeutung. Ich will jetzt noch kurz auf einen andern Punkt eingehen, der nach Untersuchungen der letzten Zeit ebenfalls nicht unwichtig zu sein scheint. Schivalbe (1914) und Fahrenholz (1914) haben sich im selben Jahre mit der Bedeutung der äußeren Parasiten für die Phylogenie der Säugetiere und des Menschen beschäftigt. Da diese äußeren Parasiten auf der Haut leben, so liegt es sehr nahe, — 113 — anzunehmen, daß auch die Hautdrüsen für ihr Vorkommen von Bedeutung sind. Nach den Ergeb- nissen der eben genannten beiden Forscher läßt sich das allerdings zunächst noch nicht annehmen. Näher scheint es nach diesen zu liegen, daß das Vorkommen der Läuse, um solche allein handelt es sich und zwar hauptsächlich wieder um Kleiderläuse, von der Beschaffenheit des Blutes abhängig ist. Das Blut der verschiedenen Menschenrassen scheint so verschieden zu sein, daß die Läuse es nicht vertragen können und zugrunde gehen, wenn sie auf Individuen einer andern Basse hin sich verirrt haben. Nach den Untersuchungen von Fahrenholz handelt es sich übrigens bei diesen verschiedenen Kassenläusen nicht um verschiedene Arten, sondern um Varietäten. Wenn der durch die Drüsen - Sekrete erzeugte Geruch der Haut diesen Parasiten unangenehm sein würde, so würden sie voraus- sichtlich überhaupt nicht Individuen von fremden Eassen bekriechen. Das ist aber der Fall, sie scheinen dann aber nach kurzer Zeit zugrunde zu gehen. Allerdings wäre ja immer die Annahme noch möglich, daß das Drüsensekret auf sie giftig wirke, so daß sie infolge dessen nach kurzer Zeit, nach einigen Tagen, wie es scheint, zugrunde gehen. Das müßte noch näher untersucht werden, liegen doch überhaupt von diesen Parasitenuntersuchungen nur die ersten Anfänge vor. Hierhin gehört auch eine ganz vor kurzem erschienene Arbeit von Frickhinger (1916) über das Geruchsvermögen der Kleiderlaus. Er hat eine ganze Reihe von chemisch stark riechenden Mitteln erprobt und ist zu dem Ergebnisse gekommen, daß dieselben bei der Kleiderlaus eine wahr- nehmbare Geruchsempfindung nicht auslösten. Ebenso wurden tierische Gerüche untersucht, aber auch hier schien die Kleiderlaus den verschiedensten Tieren gegenüber, wie Pferden, Meerschweinchen, Mäusen, Ratten, keinerlei wahrnehmbare Geruchsempfindung zu besitzen. Was den Menschen anbetraf, so schien es nach den Versuchen, daß es wohl nicht so sehr der einfache menschliche Hautgeruch ist, welcher die Läuse anlockt, als vielmehr eine bestimmte optimale Wärme und der menschliche Schweiß- geruch zusammen. Die Kleiderlaus bevorzugt eine bestimmte Wärme, etwa 20 — 25 Grad. Schweiß- geruch mit starker Temperaturerhöhung scheint auf die Kleiderlaus abschreckend zu wirken. Hierin erblickt Frickhinger eine Möglichkeit, die Tatsache zu erklären, daß die Läuse stark fiebernde Men- schen verlassen, um sich ein neues Opfer zu suchen. Es wurde sodann untersucht, wie der Schweiß- geruch verschiedener Menschen auf die Läuse einwirkt. Hierbei ergab sich das sehr interessante Re- sultat, daß der Schweiß einer Versuchsperson (es konnten nur drei Personen benutzt werden) die Läuse deutlich anlockte, bei einer zweiten Versuchsperson waren die Ergebnisse schwankend, der Schweiß wirkte auf die Läuse bei weitem nicht so anreizend wie der der ersten Person. Bei den Ver- suchen mit der dritten Person endlich versagten die Läuse immer, sie schienen hier direkt durch den Schweißgeruch abgeschreckt zu werden. Frickhinger betont dann, daß die gewonnenen Ergebnisse sich mit den Erfahrungen der Praxis gut in Einklang bringen lassen. Man hat aus dem Felde oft mitgeteilt, daß gewisse Menschen sehr rasch verlausen, während andere wieder durch Wochen hin- durch mitten unter Verlausten waren, ohne jemals von Läusen belästigt zu werden. Man muß danach also annehmen, daß gewisse Menschen durch ihren Schweißgeruch die Läuse anlocken, andere aber sich als indifferent erweisen oder die Läuse sogar durch ihren Geruch direkt abstoßen. Frickhinger kommt daher zu dem Ergebnisse, daß die Kleiderlaus mit ihrem Geruchssinne wohl imstande ist, die Nähe bestimmter Menschen wahrzunehmen. Es scheint mir aus dem eben Mitgeteilten hervor- zugehen, daß die Kleiderlaus mit einem sehr engbegrenzten Geruehsvermögen ausgestattet ist, welches aber für ihre besonderen Lebensbedingungen ausreicht. Vielleicht ist diese Beschränkung sogar für sie von Vorteil, da sie durch andere Gerüche, welche dem Menschen oder seiner Kleidung anhaften, nicht abgestoßen werden kann, sondern nur auf den spezifisch menschlichen Geruch reagiert. Zoologica. Heft 72. 15 — 114 — Ganz ähnliche Beobachtungen aus dem täglichen Leben liegen ja übrigens auch für Wanzen, Flöhe und vielleicht auch für Mücken vor. Jedenfalls scheint aber die Kleiderlaus ein ganz gutes Eeagenz auf die menschlichen Hautgerüche zu sein, vielleicht kann sie als solches noch weiter wissen- schaftlich verwandt werden. Jedenfalls ist die Laus wirklich ein Wesen, das bestimmte Menschen ,, nicht riechen kann". Zu den Versuchen von Frickhinger ist übrigens noch zu bemerken, daß zu ihnen Achselschweiß verwendet wurde, der in Wattebäuschen aufgefangen wurde, die eine Zeitlang unter der Achselhöhle getragen worden waren. Es wird durch diese Versuche also nicht eigent- lich die Einwirkung des allgemeinen Körpergeruches auf die Läuse dargetau, son- dern nur des Geruches der Achselhöhle, was natürlich durchaus nicht dasselbe ist. Bei dem letzteren wirken eben hochgradig die a-Drüsen mit, die auf dem übrigen Körper fehlen. Nun ist die Menge der a-Drüsen im Verhältnisse zu der der e-Drüsen in der Achselhöhle individuell sehr verschieden groß. Es ist daher durchaus denkbar, daß die bei den drei Versuchspersonen beobachtete verschiedene Einwirkung des Achselschweißes auf die Läuse darauf zurückzuführen wäre, daß die Personen verschieden viele a-Drüsen besessen haben. Hieraus würde dann wieder folgen, daß der von den a-Drüsen ausgehende Duft ungünstig auf die Läuse einwirkt, denn daß der von den e-Drüsen ausgehende nicht ungünstig wirkt, sehen wir daran, daß die gesamte Körperoberfläche des Menschen von den Läusen besucht wird. Es müßten daher die Versuche von Frickhinger unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte mit Anwendung des gewöhnlichen Körperschweißes wiederholt werden, und man müßte darauf achten, wie sich die Läuse der Achselhöhle gegenüber verhalten, dann würde man erst zu Eesultaten kommen, welche für das Verhalten der Läuse dem Menschen gegenüber wirklich beweisend wären. Über Filzläuse fehlen solche Untersuchimgen noch völlig, ebenso Eassenuntersuchungen. Da diese Tiere aber bei deutschen Männern und Frauen vorkommen, bei den ersteren aber die a-Drüsen fehlen, bei den letzteren vorhanden sind, so scheinen diese wenigstens keinen Einfluß auf ihr Vor- konunen zu haben. Jedenfalls wird man aber von jetzt an bei allen derartigen Untersuchungen das Vorkommen der beiden verschiedenen Drüsenarten beim Menschen berücksichtigen müssen. Das hier Mitgeteilte spricht dafür, daß der Geruch der verschiedenen Menschenrassen nicht direkt abschreckend auf die Läuse wirkt, denn sonst würden sie auf Menschen fremder Eassen überhaupt nicht herauf kriechen. Wenn sie sich also auf Menschen von fremden Eassen immer nur kurze Zeit halten, so muß entweder das Blut oder das Sekret der Hautdrüsen giftig auf sie wirken. In erinnere hier daran, daß ich bei der Besprechung des Gehörgaugsorganes die Annahme gemacht habe, daß seine Bedeutung darin liegen könnte, daß es Parasiten abhielte, in den Gehörgang hinein zu kriechen und sich dort aufzuhalten, sei es durch seinen spezifischen Geruch, sei es durch die Giftigkeit des Ohrenschmalzes. Allerdings mußte ich oben auch schon zugeben, daß Beobachtungen hierüber noch nicht vorliegen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die einzelnen Menschen sich durch ihren Geruch unter- scheiden, ich bin oben auch schon hierauf eingegangen und habe dort von „Individualgerüchen" und von ,,Eassengerüchen" gesprochen. Es ist weiter zweifellos, daß diese beiden Arten von Gerüchen durch die Sekrete der Hautdrüsen erzeugt werden. In letzter Zeit hat nun Correns (1916) die ,, Ver- schiedenheit der Individuen" und die ,,Individualstoffe" besprochen. Er sagt: „Eine weitere Tatsache, die zur Annahme von Individualstoffen einlädt und auch von Abderhalden in diesem Sinne verwendet wurde, sind die Riechstoffe. " * Schon Gustav Jäger (1876) hat übrigens angenommen, daß nicht nur jede morphologische Art, — 115 — sondern auch „jede Easse, Varietät und in letzter Instanz sogar jedes Individuum" einen spezifischen Ausdünstungsgeruch habe. Correns geht dann weiter darauf ein, daß der Hund hierfür ein außer- ordentUch feines Unterscheidungsvermögen besitzt, und bespricht Versuche, die anzustellen wären, um nachzuweisen, wie weit Verwandte und Geschwister auch noch durch den Himd zu unterscheiden sein würden. Er spricht sich dann weiter dahin aus, daß man durch solche Unterschiede noch nicht zur Annahme von ,,Individualstoffen" gezwungen sein würde. Er hält es für wahrscheinlicher, daß die einzelnen Individuen nicht verschiedene einfache Eiechstoffe bilden, sondern daß sich jedesmal mehrere Eiechstoffe zu einem resultierenden Gerüche vereinigen. Diese Stoffe könnten, wie andere Eigenschaften, einzehi vererbt werden, sie würden dann bei verschiedenen Individuen in verschiedenen Kombinationen auftreten. Es verhielte sich dann der individuelle Geruch wie das Gesicht des Men- schen, das auch nichts dem Individuum wirklich Eigenes ist, sondern sich aus zahlreichen Einzel- zügen, Merkmalen der Stirn, der Äugen, der Nase, des Mundes usw. zusammensetzt, die getrennt von Generation zu Generation vererbt und immer wieder bei jeder Befi'uchtung neu und verschieden kombiniert werden. So groß hierbei die Zahl der einzelnen Merkmale auch sein muß, so ist sie doch gegenüber der möglichen Zahl von Kombinationen, und damit gegenüber der Zahl der möglichen Ge- sichter, verschwindend gering. In ähnlicher Weise wie das Gesicht kann man sich auch den Geruch einer Person aus mehreren getrennt vererbten, von den Vorfahren herstammenden, einzelnen Eiech- stoffen zustande kommend denken. Der Nachweis wird sich aber nur sehr schwer erbringen lassen und ist für unsere jetzigen chemischen Kenntnisse vielleicht ganz unmöglich, weil sich der Gesamt- geruch noch viel schwerer als das Gesicht in seine einzelnen Bestandteile zerlegen ließe. Können wir selbst doch — und beim Ilunde wird es nicht anders sein — zwei verschiedene, gleichzeitig dar- gebotene Eiechstoffe oft nicht getrennt wahrnehmen, sie vereinigen sich vielmehr zu einem neuen Gerüche. Nach den Ergebnissen der modernen Vererbungslehre ist bei den höheren, sich nicht selbst befruchtenden Organismen für das Individuum eine bestimmte Kombination von Eigenschaften, z. B. von chemischen Stoffen, charakteristisch. Die Ausbildung jeder einzelnen Eigenschaft, also auch jedes Stoffes, beruht auf einer Anlage, die in den Keimzellen von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Die einzelnen Eigenschaften sind etwas Spezifisches, nicht etwas Individuelles. Die Kombination der Anlagen und damit die der Eigenschaften und Stoffe fällt aber immer wieder, bei jeder Befruchtung, verschieden aus, als Spiel des Zufalles, weil nicht jede Keimzelle auch jede An- lage mitbekommt. Die Kombination entsteht jedesmal bei der Entstehung des Indi- vidavims und geht wieder mit ihm zugrunde: sie ist das Individuelle. Mit der hier soeben mitgeteilten Anschauung von Correns bin ich ganz einverstanden. Ich habe früher schon die Verschiedenheit der Keimzellen dadurch zu erklären versucht, daß bei den Teilungen die in der Mutterzelle enthaltenen Körnchen nicht ganz gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt würden. Diese Körnchen würden zum größten Teile als Mitochondriabildungen anzusehen sein. Sie würden ebenso zum größten Teile den Bioblasten von Altmann entsprechen. Die Bedeutung dieser so unscheinbaren Gebilde hat Hofmeister (1914) vor kurzem in sehr klarer Weise verständlich zu machen versucht. Auf diese Weise würde man dann verhältnismäßig einfach zu einem Verständnisse für die Ursache der Verschiedenheiten der Keimzellen und damit der aus der Vermischung dieser Keimzellen hervorgehenden neuen Individuen gelangen können. Die Ansicht von Correns von der Kombination von Eigenschaften, von der Kombination von Eiechstoffen scheint mir in ausgezeichneter Weise bestätigt zu werden durch die Beobachtungen, welche ich in dieser Ai'beit über die Hautdrüsen mitgeteilt habe. Diese Drüsen sondern nicht nur. — 116 — eine jede für sich, Stoffe ab, welche als Mischungen anzusehen sind und sich daher leicht ändern können, sondern sie vermögen auch weiter infolge ihrer großen Menge und ihrer Verbreitung über die verschiedenen Teile des ganzen Körpers, wobei die Drüsen der einzelnen Gebiete wieder verschieden sein können, in der Tat eine außerordentlich große Anzahl von verschiedenen Geruchskombinationen zu erzeugen, die dann den ,, Individualgeruch" des betreffenden Wesens darstellen. Die Menge dieser Kombinationen wird noch vergrößert durch die Fähigkeit dieser Drüsen je nach dem ganzen Zu- stande des Körpers und je nach der Nerveueinwirkung, die von ihnen erzeugten Stoffe und Gerüche zu verändern. Dadurch kann der Individualgeruch mehr oder weniger stark verändert werden, aber wahrscheinlich immer nur innerhalb der für einen Individualgeruch bestehenden Grenze. Es folgt daraus, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß ein Mensch bei Veränderung seines Stoffwechsels oder infolge von besonderen nervösen Einwirkungen einen Individualgeruch erhalten kann, der dem eines andern Menschen entspricht. Wenn das möglich wäre, würde der Individualgeruch eben unter be- stimmten Umständen aufhören, ein Individualgeruch zu sein. Die Hautdrüsen eines jeden Menschen aber ererben wieder die ihnen eigentümliche Beschaffenheit von den Vorfahren, werden also mit den Drüsen dieser eine gewisse Ähnlichkeit besitzen und hieraus folgt dann wieder, daß auch der indi- viduelle Geruch eines jeden Menschen voraussichtlich eine Ähnlichkeit mit dem seiner Vorfahren be- sitzen wird. Auf diese Weise wird sich ein bestimmter Familiengeruch, Hordengeruch und Stammes- geriich herausbilden können und müssen. Andererseits wird man wieder annehmen müssen, daß dieser Geruch sich ändern kann, wenn Horden oder Stämme von anderen getrennt in ganz neue Verhältnisse hineinkommen und in diesen so lange verbleiben, bis sich die Menschen wesentlich von den früheren Stammesgenossen unterscheiden. So wird man sich die Verschiedenheit von Stammes- und Eassen- gerüchen erklären können. So haben also unsere Hautdrüsen nicht nur die physiologischen Wirkungen, die ich oben schon besprochen habe, sondern werden auch nach dieser Eichtung hin charakteristisch für uns. Sie liefern damit zugleich wieder einen deutlichen Beweis für die Verschiedenheit eines jeden Menschen von dem anderen in bezug auf seinen ganzen Körperbau, seinen Stoffwechsel, seine Körperbeschaffenheit, was man kurz zusammengefaßt als seine ,, Konstitution" bezeichnen kann. Es folgt hieraus, daß zunächst jeder Mensch eine eigene Konstitution und einen eigenen Geruch besitzt, aber weiter kann man nach bestimmten charakteristischen Ähnlichkeiten die Menschen in dieser Hin- sicht zu größeren Gruppen zusammenfassen und in diesem Sinne spricht man gewöhnlich von „Kon- stitutionen". Ich halte es durchaus für möglich, daß diesen Gruppen bestimmte Gerüche zukommen, die dann als ,, Konstitutionsgerüche" zu bezeichnen sein würden und neben den individuellen, Fa- milien- und Eassengerüchen, als Nebengerüche, vorhanden sein würden. Wir würden freilich vor- läufig wohl noch ganz außerstande sein, diese Gerüche nachzuweisen und zu definieren. Es sind also vorläufig nur ,, Möglichkeiten", von denen ich hier spreche, Eesultate, die man aus den bisherigen Kenntnissen ableiten kann. Immerhin möchte ich diese Möglichkeiten erwähnen, um auf sie auf- merksam zu machen, vielleicht gelingt dann auch gelegentlich der jetzt noch zu suchende Nachweis. Auf die Feststellung von Merkmalen für die verschiedenen ,, Konstitutionen", von anatomischen und physiologischen solchen Merkmalen, geht aber neuerdings das Bestreben verschiedener Forscher hinaus. Ich verweise in dieser Hinsicht kurz auf die neue Arbeit von Hammar (1916). Ich selbst habe schon vor 19 Jahren in meiner ersten großen Muskelarbeit (1903) darauf hingewiesen, daß es sehr wünschens- wert sei, bestimmte, womöglich zahlenmäßige Kennzeichen für die Verschiedenheit der einzehien Menschen zu besitzen, d. h. also auch wieder für die ,, Konstitutionen", wenngleich ich damals dieses Wort nicht gebraucht habe, und ich habe damals schon die Hoffnung ausgesprochen und auf die — 117 — Möglichkeit hingewiesen, daß solches durch meine Muskeluntersuchungen gelingen könnte. Damals waren das auch nur „Möglichkeiten", durch meine fortgesetzten Muskelarbeiten und namentlich durch meine Herzmuskelarbeit (1916) ist es mir nun aber gelungen, Ergebnisse zu erhalten, die zu derartigen Feststellungen geeignet sind. In diesem Falle haben sich also in der Tat die ,, Möglich- keiten" in „Tatsachen" verwandelt. Vielleicht gelingt solches auch für die hier besprochenen Unter- schiede der Hautdrüsen und der davon abhängigen Gerüche. So würden also schließlich Unter- suchungen von Muskeln und Untersuchungen von Haut in dieser Fz'age der menschlichen Verschieden- heiten und Konstitutionen zu entsprechenden Ergebnissen führen können. Es muß das ja auch der Fall sein, da es sich in beiden Fällen um veränderungsfähige menschliche Organe handelt, die sich in bezug auf diese menschlichen Grundeigentümlichkeiten entsprechend verhalten müssen. Endlich möchte ich noch darauf aufmerksam macheu, daß jetzt auch jene Tumoren, die von den „Schweißdrüsen" ausgehen, die verschiedenen Hidradenomata, daraufhin zu untersuchen sein würden, ob sie von a-Drüsen oder e-Drüsen herstammen. Die a-Drüsen-Tumoren würden ja bei den Deutschen zunächst nur an bestimmten Stellen zu erwarten sein. Da wir aber aus den Untersuclmngen von Carossini und den von mir in dieser Arbeit mitgeteilten wissen, daß an vielen Stellen der Haut a-Drüsen embryonal noch angelegt werden iind erst bei der weiteren Entwickelung verschwinden, so ist es auch durchaus denkbar, daß Adenome der a-Drüsen an sonstigen Stellen auftreten, falls eben diese Anlagen der a-Drüsen nicht verschTsimden sind, sondern sich weiter entwickelt haben und dabei erkrankt sind. Es ist ja natürlich auch durchaus möglich, daß sie sich weiter entwickeln köimen, ohne zu erkranken, und man wird wahrscheinlich, wenn man jetzt hierauf mehr achtet, auch solche Fälle finden. Wenn eine solche Weiterent Wickelung der a-Drüsen eintritt, so würde es durch sie vielleicht auch möglich sein, Fälle zu erklären, in denen milchdrüsenartige Gebilde sich an Stellen des Körpers vorfinden, die ganz außerhalb der „Regio sexualis" und der Milchlinien liegen. Solche Fälle sind ja aber schon hinreichend bekannt. In der vor kurzem erschienenen Mitteilung von Forster (1916) wird ein Fall einer auf der inneren Seite des Oberschenkels bei einem Manne (Soldaten) dicht am Scrotum ansitzenden Geschwulst beschrieben, die nach dem mitgeteilten Befunde wohl als eine wenig entwickelte aberrierende Milchdrüse anzusehen ist. Einen weiteren derartigen Fall haben ebenfalls ganz neuerdings Fuchs und Groß (1916) beschrieben, in dem gleichfalls bei einem Manne, einem Soldaten, eine walnußgroße Mamma und erbsengroße Mamilla am rechten Trochanter saß. Dieses Ge- bilde war umgeben von einer großen Anzahl ringsherum versprengter, weiterer, bis stecknadelkopf- großer akzessorischer Mamillae. Die Probeexzision am Haupttumor ergab Drüsengewebe. Dieses letztere Beispiel scheint mir besonders interessant und wichtig zu sein, da der Haupttumor umgeben war von einer Menge von kleinen derartigen Anlagen. Es scheint mir dies dafür zu sprechen, daß hier in der Tat an der äußeren Seite des Oberschenkels a-Drüsen in größerer Menge sich ausgebildet hatten, wahrscheinlich in einzelnen Häufchen zerstreut zwischen den e-Drüsen, welche dann zu dieser eigenartigen Mißbildung Veranlassung gegeben hatten. Förster fühjt in seiner Mitteilung die Zusanmienstellungen über ,, akzessorische Mamillen" und ,, Brustdrüsenbildungen" ycm Leichtenstern (187S) und ^'on Hennig (1891) an. Leichiensterns Zusammen- stellung über ,, akzessorische Mamillen" ist die folgende: An der Vorderseite des Thorax 96 Fälle In der Achselhöhle 5 FäUe Am Rücken 2 Fälle — 118 — Auf dem Akroniion 1 Fall An der Außenseite des Oberschenkels 1 Fall Die Tabelle von Hennig betreffs überzähliger Brustdrüsenbildungen ist die folgende: Am Brustkorbe 105 Fälle In der Achselgegend 9 Fälle Auf der Schulterhöhe 1 Fall Am Eücken 5 Fälle In der Leiste 3 Fälle An der Außenseite des Oberschenkels 3 Fälle In der Schamlippe (doppelt) 1 Fall Im Eierstocke 1 Fall Forster bemerkt zu dieser letzteren Tabelle, daß in einem von dreien für die Außenfläche des Oberschenkels angeführten Fälle die Drüsenbildung wohl auf der Innern Seite gesessen habe. Mit den beiden hier soeben zitierten neuen Fällen würde mau dann drei Fälle von der Außenfläche des Ober- schenkels kennen und zwei von der Innenseite, also zusammen 5 Fälle vom Oberschenkel. Von der Schulterhöhe würde ein Fall bekannt sein und vom Eücken 5 Fälle, also zusammen 11 Fälle, die alle außerhalb der Eegio sexualis sich gefunden haben. Der vom Eierstocke angegebene Fall kommt hier für meine Arbeit natürlich nicht in Betracht. Es sind das ja im ganzen immerhin so wenige Fälle, daß man derartig aberrierende Milchdrüsen als sehr selten bezeichnen muß. Allerdings fragt es sich wohl dabei, wie viele von solchen Bildungen unbekannt bleiben und ich möchte glauben, daß das verhältnismäßig nicht wenige sein werden. Nun würde es sich fragen, ob das Auftreten von a-Drüsen an ungewöhnlichen Stellen des Körpers ein so seltenes ist, oder ob nur die Entstehung einer solchen Mißbildung aus den an ungewöhnlichen Stellen angelegten a-Drüsen so selten zustande kommt. Diese Frage könnte nur durch eingehende Untersuchungen entschieden werden. Ich möchte hier die Auf- merksamkeit der Forscher auf diesen Punkt richten, um solche Untersuchungen anzuregen. Zum Schlüsse möchte ich noch Herrn Professor Stoß in München meinen Dank aussprechen dafür, daß er mir in der ersten Zeit, als ich mit dieser Arbeit beschäftigt war, und als ich noch nicht genügend tierische Präparate zur Verfügung hatte, einige von seinen Präparaten zur Durchsicht zu- sandte und gestattete, daß ich von solchen auch Zeichnungen anfertigen ließ. Die Figuren 1, 2, 3 sind so hergestellt worden. Ebenso danke ich ihm dafür, daß er mir die große dänische Arbeit von Brinkmann (1911a) zur Verfügvmg stellte, die mir für meine Arbeit sehr wertvoll war. Herrn Brink- mann habe ich dafür zu danken, daß er mir, als er durch meine vorläufige Mitteilung erfahren hatte, daß ich mich mit diesen Untersuchungen beschäftigte, seine Arbeiten 1911a, 1911b und 1914 zusandte. Die letztere war mir bis dahin unbekannt geblieben. — 119 Zusammenstellung der Ergebnisse. 1. Die Hautdrüsen der Säugetiere lassen zwei Hauptarten erkennen: a) die „holokrinen" Drüsen (die bisher als „Talgdrüsen" oder „Haarbalgdrüsen" bezeichneten), b) die „merokrinen" Drüsen (die bisher als „große" und „kleine Schweißdrüsen" bezeichneten). 2. Die „merokrinen" Drüsen zerfallen nach meinen Untersuchungen wieder in zwei Unterarten : a) die „merokrinen-apokrinen" Drüsen (die bisher als „große Schweißdrüsen" beim Menschen bezeichneten Drüsen, die Drüsen der behaarten Haut der meisten Säugetiere und die ,, Milch- drüsen" und ,,Mammardrüsen"), b) die „merokrin en-ekkrinen" Drüsen (die bishei' als ,, kleine Schweißdrüsen" bezeichneten Drüsen des Menschen, die Drüsen in der Solile von Katze und Hund, in der Eüsselscheibe des Schweines usw.). Für den kurzen wissenschaftlichen Gebrauch, auch in der vorliegenden Ai-beit, habe ich die ,,apokrinen" Drüsen als ,,a-Drüsen", die ,, ekkrinen" Drüsen als ,,e-Drüsen" bezeichnet. 3. Die beiden genannten merokrinen Drüseuarten vmterscheideu sich voneinander ganz scharf durch die morphologischen Vorgänge bei der Sekretion, durch ihre Entwickelung und durch ihr Vorkommen. 4. Was die Sekretion anlangt, so liegt die Sache so, daß bei den ,, ekkrinen Drüsen", den ,,e-Drüsen", wahrscheinlich nur eine einfache Ausscheidung von Flüssigkeit aus den Zellen erfolgt, hin und wieder auch ein Austritt von kleinen Kügelchen oder Tröpfchen unbekannter Natur, ohne daß dabei die Zellen geschädigt werden oder ihre Gestalt wesentlich verändern. Wie weit dabei leichte Ver- änderungen des Kernes und der Zelle eintreten, muß erst noch genauer festgestellt werden. Bei den ,,apokrinen" Drüsen dagegen zeigen die Zellen sehr wesentliche Verändenmgen : es findet sich ein vollständiger Kreis von Sekretionsstadien: das niedrige Zylinderepithel wächst heran, die oberen Enden der einzelnen Zellen wachsen getrennt voneinander papillenförmig in das Innere des Lumens weiter vor, und bilden so ,, Auswüchse", die in ihrer Form mehr oder weniger verschieden sein können. Diese werden darauf entweder von dem austretenden Zelliuhalte (Teilen des ZeUabschnittes zwischen Ken und Lumen) durchbrochen, oder werden im ganzen abgestoßen (,,Dekapitations Vorgang" von Heidenhain und seineu Schülern). In jedem Falle findet also ein Aus- tritt statt von Zellplasma und von den in diesem gebildeten geformten Elementen : Kügelchen, Körn- chen, Bläschen. Hiermit zugleich können in manchen Fällen auch durch Amitose gebildete Kerne in verschiedener Zahl austreten, (besonders bei der Milchdrüse). Nach diesem Vorgange werden die Zellen niedriger, bekommen wieder einen scharfen Eand, sezernieren nur noch Flüssigkeit, eventuell auch noch Fett, bis sie ganz niedrig und flach geworden sind. Nach kurzer Zeit wachsen sie dann wieder zu Zylinderzellen aus und der Kreis der Sekretionserscheinuugen beginnt von neuem. Dabei gehen im Innern der Zellen bestimmte feinere Veränderungen vor sich, bei denen die Mitochondria eine wesent- liche Rolle spielt. Es handelt sich also um Drüsen, die ein sehr stoffreiches Sekret absondern, unter Umständen so stoffreich, daß, wie bei der Milch, das Kind davon allein leben kann: Sie werden daher sicher auch — 120 — geeignet sein, manche giftigen Exkrete fortzuschaffen. Wie es zu erklären ist, daß diese ,,Exkretions- drüsen" zu Ernährungsdrüsen für die Jungen werden, ist freilich noch durchaus dunkel. Jedenfalls könnte man diese ganze Drüsenart, die so verschieden von allen übrigen ist, mit einem besonderen Namen bezeichnen, um sie hervorzuheben, ich würde dazu die Bezeichnung „Stoff drüsen" vor- schlagen. Die sonstigen Drüsen geben ein Sekret ab, in dem die wirksamen Stoffe im wesentlichen in einer Flüssigkeit gelöst sind. Die ,,apokrinen" Drüsen können augenscheinlich Sekrete abgeben, die physiologisch sehr ver- schieden sind, sie kommen bei Wirbellosen und Wirbeltieren vor und können in sehr verschiedenen Teilen des Körpers sich finden, Darm, Harn- und Geschlechtsorgane, Haut. Sie bilden wahrscheinlich eine besondere Drüsengruppe für sich, die ,,apokrinen -Drüsen", die „Stoff drüsen", die Drüsen mit „Auswuchssekretion", und sind keine speziellen ,, Hautdrüsen", sondern kommen in der Haut eben auch vor, wie an anderen Körper stellen. Sie sind von den ,, ekkrinen" Drüsen daher auch ihrer ganzen Art nach grundverschieden. Dieses ist stets im Auge zu behalten. Sie liegen eben nur zufällig, bei den Säugern, mit den ,, ekkrinen" Drüsen zusammen auch in der Haut. 5. Was die Entwickelung anlangt, so entsteht die „apokrine" Drüse zusammen mit dem Haare aus dem „primären Epithelkeime" (Marks) und wächst dabei von dem Haarbalge aus. Die ,, ekkrine" Drüse dagegen entwickelt sich stets direkt von der Epidermis aus und hat mit dem Haar- balge gar nichts zu tun. Im Laufe der weiteren Entwickelung können dabei die Mündungen der ,,apokrinen" Drüsen an den Haarbälgen in die Höhe rücken und so später entweder im obersten Teile des Balges liegen, dicht vor oder an der Ausmündungsstelle dieses, oder sogar auf der freien Epidermis selbst, in geringer Entfernung von dem Haarbalge. Der einfache Befund einer frei auf der Epidermis ausmündenden Drüse ist daher nicht charakteristisch für die Drüsenart: während die ,, ekkrinen" Drüsen stets frei münden, können es auch die „apokrinen" Drüsen. 6. Was das Vorkommen der beiden Drüsenarten anlangt, so sind die ,, apokrinen" Drüsen bei den bei weitem meisten Säugetieren im Zusammenhange mit den Haaren über den größten Teil des Körpers verbreitet, die ,, ekkrinen" Drüsen kommen bei diesen Tieren dann nur vor an Stellen, an denen sich keine Haare entwickeln, oder nur solche Haare, an denen sich „apokrine" Drüsen wohl anlegen, aber nicht völlig entwickeln können (Sinushaare), oder auch in bestimmten Hautdrüsen- organen, in denen sie sich unter Umständen zu sehr mächtigen Drüsenmassen entwickeln können (so in den Cai'paldrüsen des Schweines). Bei manchen Affen kommen die „ekkrinen" Drüsen dagegen auch neben den „apokrinen" Drüsen auf denselben Hautstellen vor und überwiegen dabei teilweise schon. Beim Menschen treten sie auf dem größten Teile der Körperoberfläche nur noch allein auf, während die ,, apokrinen" Drüsen auf bestimmte Hautstellen beschränkt sind, auf denen sie dann mit den ekkrinen Drüsen zusammen vorzukommen pflegen. Die Gleichberechtigung resp. das Überwiegen der ,, ekkrinen" Drüsen tritt also auf im Primatenstamme. 7. Es erscheint zunächst auffallend, daß von der Epidermis zwei so deutlich verschiedene Drüsen- arten auswachsen können wie die ,, apokrinen" und „ekkrinen" Drüsen. Die Ursache für diese Ver- schiedenheit ist wohl darin zu suchen, daß die ,, ekkrinen" Drüsen direkt von der Epidermis ab- stammen, während sich die ,, apokrinen" Drüsen von den primären Epithelkeimen aus entwickeln resp. von den Haarbälgen aus, also von einem schon besonders differenzierten Oberhaut- epithel. 8. Außer den ,, apokrinen" Drüsen gehen aus dem primären Epithelkeime und zwar wiederum von dem Haarbalge, noch hervor die „Talgdrüsen". Diese sowohl wie die „apokrinen" Drüsen sind — 121 — also „Haarbalgdrüsen". Daher paßt diese Bezeichnung nicht zu einer besonderen Benennung der „Talgdrüsen". Auch diese letzteren entwickeln sich also von einem besonders differenzierten Teile der Epidermis aus. Eine gewisse Ähnlichkeit besitzen diese beiden Drüsenarten darin, daß in ihnen beiden bei der Sekretion „Zellkörper" verloren geht: bei den „Talgdrüsen" der ganze und der Kern: „holokrine-nekrobiotische" Drüsen, bei den ,,apokrinen" Drüsen ein mehr oder weniger großer Teil des Zellkörpers und eventuell neugebildete Kerne: ,,merokrine-nekrobiotische" Drüsen. Diese letztere Eigentümlichkeit soll eben durch die Bezeichnung als „apokrine" Drüsen zum Ausdrucke gebracht werden, da hier das ,,apo" das Abstoßen eines Teiles der Zelle hervorheben soll, im Gegensatze zu denx „ek" bei den ,, ekkrinen" Drüsen, das hervorheben soll, daß nur Stoffe aus den Zellen heraus- treten; doch sind die ,,apokrinen" Drüsen nur in bezug auf einen Teil ihrer Tätigkeit nekrobiotisch, in bezug auf einen anderen Teil verhalten sie sich ähnlich den ,, ekkrinen" Drüsen und sondern flüssige Stoffe und eventuell noch Fett ab, ohne besondere Zellveränderuugen. Es lassen sich bei ihnen also zwei verschiedene Stadien unterscheiden : das der ,,nekrobiotischen Abstoßung" und das der ,, einfachen Sekretion". 9. Die ,, Talgdrüsen" und die ,,apokrinen" Drüsen nehmen beide ihren Ursprung aus dem oberen, distalen Abschnitte des Haarbalges, dem ,, Haarbalgtrichter", dessen Epithel als eine noch verhältnis- mäßig wenig differenzierte Epidermis anzusehen ist. Der darauf folgende, untere oder proximale Teil des Haarbalges ist speziell für das Haar bestimmt, besitzt in den ,, Wurzelscheiden" eine ganz spe- zifisch differenzierte Epidermis und beginnt dicht unterhalb der Einmündung der Talgdrüse. Man kann daher den Haarbalg zerlegen: in einen „Drüsenteil" und in einen ,, Haarteil". Der ,, Drüsen- teil" (der ,, Haarbalgtrichter") kann augenscheinlich im Laufe der Entwickelung unter Umständen noch wieder mehr oder weniger weit in die Epidermis zurückbezogen werden, daher dann die Möglich- keit, daß die eigentlich von dem Haarbalge aus entspringende und daher später in ihn einmündende ,, apokrine" Drüse allmählich mit ihrer Mündung am Haarbalge entlang nach oben und bis auf die freie Epidermis wandern kann. Immerhin ist diese rückläufige Verschiebung der Epidermis des Haar- balgtrichters auf die freie Epidermisfläche nur eine geringe, so daß einmal nur die apokrine Drüse nach außen gelangt, niemals die Talgdrüse, und daß zweitens dann die Ausmündung dieser entweder in den Umbiegungs Winkel des Haarbalgtrichters in die freie Epidermis zu liegen kommt, oder doch ganz nahe an die Ausmündung des Trichters. Während also, wie ich oben schon bemerkt habe, die ,, ekkri- nen" Drüsen stets frei auf der Epidermis ausmünden, können daher auch die ,,apokrinen" Drüsen frei ausmünden, und aus diesem Grunde ist die Angabe, daß an einer Hautstelle die Drüsen ,,frei" ausmünden, nicht so charakteristisch, daß man aus ihr auf die Art der Drüsen schließen kann. Der ,, Drüsenteil" des Haarbalges ist also eigentlich gar kein Haarbalg, er ist einfach der ,, An- fangsteil des primären Epithelkcimes", nur der untere Abschnitt des primären Epithel- keimes wird zum ,, richtigen Haarbalge", hier entwickeln sich die Wurzelscheiden, die Papille, kurz das, was wirklich zum Haare gehört. Das sieht man auch bei der Entwicklung des Haares. 10. Zur „Einteilung" der Hautdrüsen kann weder das „Sekret" benutzt werden, denn dieses ist je nach der Tierart und nach der Körperstelle außerordentlich wechselnd, so daß ,, Talgdrüsen" ein Sekret hefern können, welches durchaus nicht mehr an Hauttalg erinnert, und ,, Schweißdrüsen" ein solches, welches ebensowenig an Schweiß erinnert, noch die „Form", denn die meist acinösen Talgdrüsen können auch ganz ähnlich wie tubulöse Drüsen aussehen, und die im allgemeinen tubu- lösen Schweißdrüsen können an Acini erinnernde Formen darbieten, noch die ,, epitheliale Mus- kulatur", denn, wenn diese auch den Talgdrüsen stets fehlt, so gibt es doch auch Schweißdrüsen, Zonlogica. Heft 72. 16 — 122 — bei denen sie so schwach entwickelt ist, daß sie kaum noch nachweisbar ist, oder bei denen sie wirk- lich ganz fehlt. Die einzige sichere und charakteristische Einteilung muß auf den ,, morphologischen Charakteren der Sekretion" beruhen und eine solche ist daher von mir nach dem Vorgange von Ranvier und v. Eggeling hier angewendet und, den Ergebnissen meiner Untersuchung entsprechend, erweitert worden. Dabei ist es dann, wie aus Nr. 4 schon hervorgeht, auch klar geworden, daß die „apo- krinen" Drüsen mit den ,, ekkrinen" gar nicht verwandt sind, einer ganz anderen Drüsengruppe angehören, und nur zufällig zusammen mit ihnen bei den Säugern in der Haut liegen, wo sie also auch zu ,, Hautdrüsen" geworden sind, durch ihre Lage, ohne aber wirklich ihrem Wesen nach als spe- zielle Hautdrüsen aufgefaßt werden zu können. Sie sind als eine bisher unbekannte, neue Drüsengruppe anzusehen: die ,,Stoffdrüsen", mit „Auswuchssekretion", daher eben: ,,apokrine -Drüsen". 11. Sind die hier gewählten Bezeichnungen nun auch als wissenschaftlich richtig und als für alle Säugetiere gültig anzusehen, so sind sie doch vielleicht zum Ersätze der jetzt gebräuchlichen deutschen Bezeichnungen im gewöhnlichen Gebrauche weniger geeignet. Da die jetzt benutzten Be- zeichnungen den berechtigten Ansprüchen nicht mehr genügen, und daher besser durch andere ersetzt werden, so möchte ich einige neue deutsche Bezeichnungen zu diesem Ersätze vorschlagen : a) Für die ,, Talgdrüsen" oder ,, Haarbalgdrüsen" die Bezeichnung ,, Haardrüsen", da diese Drüsen augenscheinlich eine ganz besonders nahe Beziehung zum Haare besitzen. b) Für die „apokrinen" Drüsen (die bisherigen großen Schweißdrüsen usw.) die Bezeichnung ,, gemischte Schlauchdrüsen", da sie eine gemischte Sekretion besitzen (,,nekrobiotisch" und ,, einfach") oder auch die Bezeichnung ,, Auswuchs- Schlauchdrüsen", da sie die ,, Aus wuchs- Se- kretion" zeigen. c) Für die ,, ekkrinen" Drüsen die Bezeichnung ,, einfache Schlauchdrüsen", da sie eine ein- fache Art der Sekretion besitzen. Allerdings wird bei diesen beiden letzten Bezeichnungen wieder die ,,Form" der Drüsen mit in die Bezeichnung eingeführt, was ja eigentlich unstatthaft ist. Da die merokrinen Hautdrüsen aber in der weit überwiegenden Mehrzahl deutlich schlauchförmig sind, so halte ich diese Einführung der Form bei einer zum gewöhnlichen Gebrauche dienenden Bezeichnung nicht für bedenklich. Immerhin würde ich den oben von mir angegebenen Bezeichnungen den Vorzug geben und die hier angeführten deutschen nur als eine Art von Notbehelf betrachten. Wie weit sich die von mir vorgeschlagenen Be- zeichnungen einführen werden, muß ich den Herren Kollegen überlassen. 12. Von den drei Gebilden, die aus einem „primären Epithelkeime" entstehen können, brauchen sich nicht immer alle anzulegen und noch weniger brauchen alle zur völligen Ausbildung zu gelangen, ja es können sogar auch noch im erwachsenen Zustande fertig ausgebildete Teile unter besonderen physiologischen Verhältnissen, wenigstens vorübergehend, wieder zugrunde gehen. So können zuerst angelegte ,,apokrine" Drüsen w^ährend der weiteren embryonalen, vielleicht auch kind- lichen Entwickelung zugrunde gehen, so können ,,apokrine" Drüsen zu einer gewaltigen Ausbildung gelangen, während die dazu gehörigen, und zunächst angelegten Haare während der weiteren Ent- wickelung zugrunde gehen (so bei den ,, Milchdrüsen" und ,,Mammardrüsen"), so können vollständig entwickelte Haare der „apokrinen" Warzenhofdrüsen (der 31 ontgoinery sehen Drüsen) bei Frauen zur Zeit der Geburt ausfallen und sich später, nach Absetzen des Kindes von der Brust, wieder neu bilden. So können nach Zugruudegehen der angelegten ,, apokrinen" Drüsen oder auch bei Nicht- anlage dieser die Haare und Talgdrüsen sich allein weiter entwickeln, wobei die Talgdrüsen im Ver- — 123 — hältnisse zu deu Haaren bald besonders groß, bald besonders klein sein können (eine bestimmte Regel scheint es dafür nicht zn geben), und wobei die Talgdrüsen unter Umständen eine solche Größe erreichen können, daß die klein gebliebenen Haare dagegen verschwinden, und daß so die Talgdrüsen scheinbar „freie" sind, oder es können auch wirklich die kleinen Haare noch ausfallen und die Talgdrüsen als wirklich „freie" übrig bleiben. Selbstverständlich ist es dann auch denkbar, daß von vornherein nur Talgdrüsen aus dem ,, primären Epithelkeime" sich entwickeln, ob das aber wirklich vorkommt, muß noch erst nachgewiesen werden. 13. Gehen die Haare im Laufe der Eutwickelung zugrunde, so können ihre Haarbälge von den übrig gebliebenen mehr oder weniger stark entwickelten ,,apokrinen" Drüsen mit als Ausführungs- gänge benutzt werden, als Ende derselben. Es ist dies ja auch durchaus verständlich, da, wie ich das schon besprochen habe, das distale Ende des Haarbalges direkt zu den Drüsen gehört. Da nach dem Ausfallen der Haare die Talgdrüsen übrig bleiben und sich weiter entwickeln können, so können diese dann scheinbar den Ausführungsgängen der ,,apokrinen" Drüsen ansitzen (so bei den Milch- drüsen, so bei den Schnabeldrüsen von Ornithorhynchus). Auch dieses ist leicht verständlich, es fällt nach Zugrundegehen des Haares der ,, Haarteil" des Haarbalges fort und es bleibt übrig der „Drüsen - teil" mit den beiden Drüsen. 14. Bei der Sekretion der „apokrinen" Drüsen können in dem sekretorischen Schlauche der- selben Drüse, ja sogar auf demselben Querschnitte eines solchen Schlauches, gleichzeitig verschiedene Sekretionsstadien sichtbar sein (das Bild erinnert daher in dieser Hinsicht an die Hodenkanälchen, in denen ja auch gleichzeitig alle möglichen Entwickelungsstadien vorhanden sind). Man hat aus diesem Grunde bei den Schweißdrüsen von einer ..Arbeitsteilung" gesprochen, da einige Teile der Drüse sich auf der Höhe der Sekretionstätigkeit befinden können, andere im Ruhestadium, so daß die einen Teile ausruhten, während die anderen tätig waren. Besser ist es wohl, von einer andauernden und mehr gleich bleibenden Tätigkeit der ganzen Drüse zu sprechen, ähnlich wie es bei dem Hoden der höheren Tiere der Fall ist. Die „apokrinen" Drüsen können sich aber auch in dieser Hinsicht sehr verschieden verhalten ; es finden sich oft genug Fälle, in denen man auf einer ganzen Anzahl von Querschnitten durch mehrere Drüsen auf demselben Hautstücke alle diese Drüsen annähernd in einem und demselben Sekretionsstadium vorfindet, oder wenigstens bestimmte Sekretionsstadien in allen vermißt. Es hängt dies augenscheinlich ab von dem ,,Innervationszustande", in dem die Drüsen abgestorben sind, und dieser kann augenscheinlich unter Umständen für die Drüsen einer ganzen Hautstrecke derselbe sein. 15. Die „apokrinen" Drüsen unterscheiden sich, wie schon angegeben, von den ,, ekkrinen" Drüsen dadui'ch, daß bei ihnen die ,,blasenförmige" oder ,, kuppeiförmige" oder ,,Auswuchs"-Sekretion vorhanden ist. Diese ,,apokrine" Art der Sekretion findet sich auch bei Darmdrüsen, Nieren und An- hangsdrüsen der Geschlechtsorgane. Die Sekrete, welche bei dieser Sekretion abgeschieden werden können, sind also außerordentlich verschieden; auch schon allein bei den Hautdrüsen ist ihre Ver- schiedenheit sehr groß. Die ,, Auswuchs" - Sekretion kann also nicht charakteristisch sein für eine bestimmte Art des Sekretes, sondern nur für eine bestimn>te Art der Bildung und Ausscheidung dieses Sekretes. Nach den vorliegenden Beobachtungen scheint es, daß sie in Fällen auftritt, wo entweder direkt körperliche Elemente mit abgeschieden werden, wie Teile des Protoplasmas, oder größere Mengen von aus diesem Protoplasma erzeugten Bläschen, Kömchen oder Tröpfchen, was indessen nicht ausschließt, daß bei denselben Drüsen, wie schon oben erwähnt, außer diesem mehr oder weniger ,,nekrobiotischen" Stadium der Drüsensekretion noch ein — 124 — Stadium der ,, reinen oder einfachen Sekretion" vorhanden ist ( Brouha für Milchdrüse) Ich habe die „apokrinen" Drüsen daher auch als „Stoffdrüsen" bezeichnet (vergl. auch Nr. 4 und 10). 16. Wie bei den Tieren, bei denen sehr zahlreiche und verschiedenartige „Hautdrüsenorgane" A-orkommen, so kann man auch beim Menschen bestimmte solche unterscheiden, so das ,, Achsel- höhlenorgan", das „Gehörgangsorgan", das „Circumanalorgan und vor allem das „Milch- organ", die Milchdrüse, nach deren Benutzung ja die ganze Klasse der Säugetiere ihren Namen er- halten hat. In den Hautdrüsenorganen können n\in die verschiedenen Hautdrüsen in ganz verschie- dener Mischung mitwirken, so z.B. beim Menschen in der Achselhöhle hauptsächlich ,,apokrine" und ,, ekkrine" Drüsen und in geringem Maße auch ,, Haardrüsen", so im äußeren Gehörgange ,,apokrine" Drüsen (Ohrenschmalzdrüsen) und ,, Haardrüsen" (Talgdrüsen), so in der Oarpaldrüse des Schweines der Hauptsache nach ,, ekkrine" Drüsen, daneben auch „apokrine" Drüsen, ,, Haar- drüsen" minimal, so in den Mammarorganen und Milchorganen ,, apokrine" Drüsen (die eigent- lichen Milchdrüsen) und ,, Haardrüsen". Es mag an diesen Beispielen genug sein. Durch diese Ver- schiedenartigkeit der Drüsenmischung erhöht sich die Menge der möglichen Sekrete der Drüsenorgane, ganz abgesehen davon, daß die einzelnen Drüsen selbst, je nach dem lokalen Zwecke verschieden differenziert sind und daher verschieden funktionieren können. In diesen Hautdrüsen- organen scheinen nun die „apokrinen" und ,, ekkrinen" Drüsen meist diejenigen zu sein, welche die eigentlich spezifischen Sekrete liefern, die Haardrüsen liefern im wesentlichen ein Fett, das dazu dient, die Sekrete der spezifischen Drüsen aufzunehmen und haltbar zu machen. In ähnlicher Weise, wie man wirksame Arzeneistoffe mit Fetten zu Salben verbindet, so werden hier die spezifisch wirksamen Sekrete mit dem Fette der Haardrüsen zu wirksamen und dauerhaften Mischungen verbunden. In ganz ähnlicher Weise wird sich auch das Sekret der „apokrinen" Drüsen auf der sonstigen Haut mit dem der Haardrüsen vermischen und Haar und Haut einfetten. Wie weit sich eine Vermischung des Sekretes der ,, ekkrinen" Drüsen mit dem der Haardrüsen auf der Haut ermöglichen wird, entzieht sich vorläufig der Beurteilung. Die „Ilaardiüsen" dienen eventuell auch nach dem Ausfallen der Haare dazu, die Haut einzufetten und dadurch widerstandsfähiger zu machen, wie auf der Warze der Milchdrüse, wobei sie dann zu dem eigentlichen Sekrete keine irgendwie wesentliche Beziehung haben. Über die besondere Bedeutung des Duftes der Hautdrüsen werde ich weiter unten noch zu sprechen haben. Das Sekret des Gehörgangsorganes, das Ohrenschmalz, wird einmal zur Einfettung der dort liegenden Haut dienen, dann aber als ein spezifisches Sekret zum Schutze des Gehörganges gegen Insekten und Parasiten. Wenn bei manchen Tieren trotzdem unter Umständen im Ohren- schmalze Milben leben und gedeihen, so kann man diese Tiere als ,, Spezialisten" auffassen, entsprechend schmarotzenden Pflanzen im Pflanzenreiche (nach Gertz, 1915). Diese ,, Spezialisten" würden dann zugleich ein schönes Beispiel sein für die Vererbung erworbener Eigenschaften. Auch die nicht in den Hautdrüsen organen liegenden, sondern sonst in der Haut verbreiteten Drüsen aller drei Arten, namentlich aber die a-Drüsen und e-Drüsen, können je nach dem Menschen und je nach den Körperstellen verschieden sein. So können sie auf dem Querschnitte verschieden viele Zellen besitzen. Man ist also in der Lage, durch direkte Zählimg dieser einen Beweis für diese Verschiedenheit zu liefern. Die Hautdrüsen scheinen ganz allgemein zu den veränder- lichsten Organen des Körpers zu gehören. Auch die ,,Haardrüseu" -scheinen recht verschiedenartige Sekrete liefern zu können. Man kann das aus den bei Tieren vorkommenden Fällen schließen, in denen sie allein größere Drüsenorgane bilden. — 125 — 17. Im Prinzipe besitzen die „apokriueu" und die „ekkriuen" Haut-Drüseu einen in bezng auf das Epithel zweischichtigen Bau, wobei im Bereiche des Drüseukörpers die äußere Epithelschicht sich in glatte Muskelzellen umzuwandeln pflegt, während sie im Bereiche des Ausführungsganges als eine äußere Epithelschicht erhalten bleibt. Diese äußere Epithelschicht kann aber auch, sowohl am Drüsen- körper wie am Ausführungsgange, mehr oder weniger verschwinden, so daß man unter Umständen Drüsen finden kann, die in großen Teilen, so z. B. im ganzen Drüsenkörper, nur einen einschichtigen Bau aufweisen, oder wenigstens nur hin und wieder noch eine Zelle der äußeren Schicht erkennen lassen. Aus diesem Grunde ist die von Brinkmann vorgeschlagene Einteilung der Hautdrüsen in ,, muskulöse" und ,, nicht-muskulöse" (Schweißdrüsen und Talgdrüsen) praktisch nicht durchführbar. 18. Die ,,apokrinen" Haut-Drüsen unterscheiden sich von den ,, ekkrinen", abgesehen von der Art der Sekretion, im allgemeinen auch sonst: a) Die ,, ekkrinen" Drüsen sind stets schlauchförmig und bilden im erwachsenen Zustande stets deutliche Knäuel, während die ,,apokrinen" Drüsen in ihren einfachsten Formen nur einen Acinus oder einen kurzen, weiten, geraden Schlauch aufweisen, häufig nur leicht geschlängelt ver- laufen, aber auch sehr umfangreiche Knäuel bilden können. Sie können also augenscheinlich in bezug auf ihre äußere Form weit stärker variieren als die ,, ekkrinen" Drüsen. b) Der Sekretionsschlauch der ,,apokrinen" Drüsen ist stets erheblich weiter als der Exkretionsschlauch, der ,, Ausführungsgang". Die Weite des Sekretionsschlauches kann aber außerdem noch bei derselben Drüse in sehr hohem Grade wechseln, was von dem Sekretionsstadium und dem Grade der Muskelkontraktion abhängt. Es ist mir sehr wahrscheinlich geworden, daß der Grad der Muskelkontraktion hierbei wiederum abhängt von dem Sekretionsstadium und durch dieses automatisch, vielleicht auf reflektorischem Wege, beeinflußt wird. Bei den „ekkrinen" Drüsen dagegen ist der Sekretionsschlauch nur wenig weiter als der Exkretionsschlauch und von ziemlich gleichmäßiger Weite in seinem ganzen Verlaufe, mit Ausnahme vielleicht des blind- sackartigen Endstückes, das öfters etwas weiter erscheint. Daher hat man auch den Sekretionsschlauch im Gegensatze zum Ausführungsgange als „Am- pulle" bezeichnet und zwar bei beiden Drüsenarten, obwohl der Name im wesentlichen nur für die „apokrinen" Drüsen einigermaßen paßt; man hat ja aber bisher überhaupt keinen schärferen Unter- schied zwischen den beiden Drüsenarten gemacht: es waren eben beide ,, Schweißdrüsen". c) Weiter unterscheiden sich die beiden Drüsenarten durch die Art ihrer Knäuelbildung: die ,, apokrinen" Drüsen haben meist verhältnismäßig lockere Knäuel, in denen dementsprechend ver- hältnismäßig viel kernreiches Bindegewebe zwischen den Schlauchwindimgen liegt, die „ekkrinen" Drüsen dagegen zeigen gewöhnlich enggewundene Knäuel, in denen infolge dessen weit weniger Binde- gewebe enthalten ist, das aber auch kernreich zu sein pflegt. Da nach den vorliegenden Beobachtungen an verschiedenen Organen das ernährende Gewebe in dem Verhältnisse einer Symbiose zii dem er- nährten, spezifischen Orgaugewebe sich zu befinden pflegt, so ist die Menge des Bindegewebes und seine Beschaft'enheit für die hier besprochenen Drüsen ebenfalls von Wichtigkeit. d) Bei der von mir angewandten Färbung mit Hämatoxylin und Eosin nach Fixierung in Formol zeigten die beiden Drüsenarten auch einen deutlichen Unterschied in der Färbung der Zellen des sekretorischen Schlauches: die ,, apokrinen" Drüsen erschienen deutlich mehr rötlich, die ,, ekkrinen" mehr bläulich. e) Ein weiterer Unterschied ist der, daß in den „apokrinen" Drüsen das Epithel nach dem Tode — 126 — in dem sekretorischen Schlauche weit früher abfällt, als iu den „ekkrinen". Es spricht dies für eine Verschiedenheit des Sekretes. f) Ferner entspringen die „ekkrinen" Drüsen im erwachsenen Zustande stets frei von der Epi- dermis, resp. münden auf dieser frei aus, die „apokrinen" dagegen in der Eegel von einem Haarbalge und nur als Ausnahme direkt von der Epidermis in der Nähe eines Haarbalges. Embryonal angelegt werden die „apokrinen" Drüsen stets von einem „primären Epithelkeime" aus, die „ekkrinen" Drüsen dagegen direkt von der Epidermis aus. g) Endlich treten die ,, ekkrinen" Drüsen schon früh in Funktion, die „apokrinen" dagegen zu verschiedeneu Zeiten, z. T. zur Zeit der Pubertät. Allerdings weiß man letzteres bisher nur sicher von den „apokrinen" Drüsen des Achselhöhlenorganes beim Menschen, die weiteren Drüsen müßten darauf- hin noch erst genauer untersucht werden. Ebenso müßten entsprechende Untersuchungen noch erst bei Tieren angestellt werden. Die Milchdrüse tritt ja erst zur Zeit des Gebarens in Tätigkeit. Im höheren Alter läßt die Tätigkeit der „apokrinen" Drüsen erheblich nach, was für morphologische Veränderungen dabei ein- treten, müßte noch genauer untersucht werden. Wie weit ein solches Nachlassen der Tätigkeit nebst morphologischen Veränderungen auch bei den ,, ekkrinen" Drüsen eintritt, müßte ebenfalls noch näher festgestellt werden. Bei der Milchdrüse kann eine gewisse Art der Tätigkeit, nämlich die Bildung von Kolostrum, allerdings nach Gardlund (1917) auch schon bei nichtgraviden NuUiparae in bis zu etwa 15% der Fälle vorkommen, zuweilen sogar von typisch milchigem Aussehen (etwa 6% der Fälle). Unter Um- ständen findet sich eine solche Sekretion auch bei ganz jungen Männern und häufiger bekanntlich bei Säuglingen, bald nach der Geburt. h) Auch die Ausführungsgänge scheinen sich, beim Menschen wenigstens, bei dem ich sie bis jetzt daraufhin genauer untersucht habe, bei den beiden Drüsenarten verschieden zu verhalten: bei den ,, apokrinen" Drüsen ist ihr Lumen durchschnittlich weiter und mehr kreisförmig, als bei den ,, ekkrinen" Drüsen, wo es enger ist und in den engsten Teilen im Corium sehr verschiedene Formen annehmen kann, so sternförmige und spaltförmige. 19. Die Ausführungsgänge der ,, apokrinen" und „ekkrinen" Drüsen haben wahrscheinlich noch eine besondere Bedeutung für die Beschaffenheit des Sekretes. Bei beiden Drüsenarten läßt sich der Ausführungsgang zerlegen in drei Abschnitte: das ,, Anfangsstück", das „Mittelstück" und das „Endstück". Diese drei Abschnitte sind je nach der betreffenden Drüse verschieden deut- lich ausgebildet, verschieden lang und verschieden beschaffen. Das ,,Anf angsstück" („Schaltstück" nach Brinkmann, 1914) pflegt zunächst noch mehr, oder weniger weit, zusammen mit dem sekreto- rischen Schlauche im Knäuel zu liegen und reicht dann in seinem freien Verlaufe verschieden weit in das Corium hinein; das ,, Mittelstück" bildet das Stück des Ausführungsganges, das nach dem Aufhören des Anfangsstückes noch weiter im Corium verläuft, es pflegt weit enger zu sein und ist das Stück, das gewöhnlich als ,, Ausführungsgang" bezeichnet wird; das ,, Endstück" endlich bildet den Abschnitt, der in der Epidermis liegt, auch noch sehr eng sein kann, sich aber namentlich bei den a-Drüsen mehr oder weniger früh trichterförmig erweitert. Das ,, Anfangsstück" tritt im wesentlichen in zwei verschiedenen Weisen auf: einmal zeichnet es sich augenscheinlich oft aurs durch eine bedeutende Dehnbarkeit und besitzt dann im ausgedehnten Zustande ein sehr weites Lumen, das größer sein kann als das des Sekretionsschlauches, und eine sehr — 127 — dünne Wandung mit gedehnten, abgeplatteten Epithelzellen. Zweitens kann es aber auch nur einen trichterförmig sich ver schmälern den, mitunter ganz kurzen Übergang bilden zwischen dem weiten Sekretionsschlauche und dem engen Ausführungsgange und sich dabei eventuell auszeichnen durch die eigentümliche Beschaffenheit seines Epithels, die an eine sekretorische Tätigkeit dieses denken läßt. Demgemäß kann man annehmen, daß dieses ,, Anfangsstück" je nach der Drüse eine verschiedene Bedeutung haben kann: als ,,Eeservoir", um bei periodischer Drüsensekretion einen verhältnismäßig gleichmäßigen Austritt des Sekretes zu erlauben, wobei gegebenenfalls das Sekret gleichzeitig physikalisch verändert werden kann, dadurch daß Wasser resorbiert wird, oder physikalisch und chemisch dadurch, daß nur wässerige Lösungen bestimmter Stoffe resorbiert werden. Das so eingedickte Sekret oder das nur allmählich austretende Sekret würden dann durch das enge Mittelstück weiter befördert werden. Im zweiten Falle würde das Drüsensekret in dem Anfangs- stücke durch die Sekretion der hier liegenden Zellen in seiner Beschaffenheit verändert werden, che- misch oder vielleicht auch physikalisch. Dieses Anfaugsstück erscheint demnach als ein für die Drüse recht wichtiger Teil. Der Übergang des Anfangsstückes in das Mittelstück scheint in verschiedener Weise erfolgen zu können: bald ziemlich scharf abgesetzt, bald gauz allmählich, mit Übergängen zwischen diesen extremen Formen. Die erste Art habe ich z. B. bei der Carpaldrüse des Schweines in den dortigen ,, ekkrinen" Drüsen gefunden, die letztere bei „apokrinen" Drüsen des Menschen. Ob auch dem „Mittelstücke" noch eine besondere Funktion zukommt, habe ich bis jetzt nicht ergründen können. Nicolas, Regaud und Favre haben für den ganzen Ausführuugsgang eine sekretorische Tätigkeit angenommen; auch Merkel (1908) nimmt für den Ausführungsgang einer jeden Drüse eine besondere Tätigkeit an. Nach Unna spricht das reiche KapiUargefäßnetz, das um den Ausführungsgang herumliegt, dafür, daß diesem noch eine besondere Funktion zukommt. Für das Anfangsstück habe ich dies ja hier wahrscheinlich gemacht. Das ,, Endstück" verhält sich wesentlich anders, als die bisher genannten Abschnitte und bei den beiden Drüsenarten morphologisch wesentlich verschieden und dürfte sich daher bei ihnen auch funktionell verschieden verhalten: bei den ,, apokrinen" Drüsen tritt der Ausführungsgang in diesem Abschnitte einfach gerade und sich trichterförmig erweiternd durch die Epidermisschicht des ,. Drüsen- teiles" des Haarbalges oder durch die Epidermis der Haut hindurch. Es ist kaum anzunehmen, daß bei dieser Art des Verlaufes und da das Innere dieses Trichters mit einer Hornschicht ausgekleidet zu sein pflegt, eine besondere Funktion dieses Endstückes vorhanden ist. Anders bei den ,, ekkrinen" Drüsen: hier pflegt dieses ,, Endstück" in zahh-eichen Windungen und mit engem Lumen durch die Epidermis hindurchzutreten, besitzt infolgedessen eine verhältnismäßig sehr große Oberfläche und hat keine eigene Wandung. Eine trichterförmige Erweiterung tritt gewöhnlich erst ganz am Ende ein. Ich halte es daher nicht nur für möglich, sondern für wahrscheinlich (mit Unna), daß in dem Teile dieses Abschnittes, der durch die Keimschicht der Epidermis hindurchzieht, ein Übertritt des Ge- webssaftes aus den Spalten zwischen den Epithelzellen in das Lumen des Ausführungsganges hinein erfolgen kann. Hieraus würde dann folgen, daß bei den ,, ekkrinen" Drüsen das auf die Haut aus- geschiedene Sekret nicht nur besteht aus dem Sekrete der eigentlichen Drüse, sondern auch aus dem Gewebssafte, der sich diesem in der Epidermis beigemischt hat. Hieraus würde dann zu folgern sein : eine Abhängigkeit der Menge und der Art des Sekretes von der Menge und Art des Gewebssaftes in der Keimschicht der Epidermis, von der Höhe des Druckes, unter welchem dieser Gewebssaft steht, und damit schließlich von den Blutgefäßen der Haut und deren Nerven. — 128 — Aus (U'in i'ben Gesagten geht hervor, daß die Sekretion der „ekkrinen" Drüsen wahrscheinlich ein recht komplizierter Vorgang ist. Wie sich diese verschiedenen Abschnitte des Ausführungsganges in der Milchdrüse verhalten, habe ich noch nicht untersuchen können. 20. Die ,,apokrinen" Drüsen entwickeln sich bei allen Säugetieren und dem Menschen vor den Talgdrüsen, ob hiervon beim Menschen hin und wieder Ausnahmen vorkommen, wie Carossini an- nimmt, müßte erst noch näher untersucht werden. Die ,,apokrine" Drüse legt sich stets nach oben, also distalwärts, von der „Haardrüse" (Talg- drüse) an, entsprechend ihrer frühereu Differenzierung. Nur bei manchen Hundearten scheint das um- gekehrte Verhalten stattzufinden, soweit man aus den Literaturangaben über Befunde an erwachsenen Hunden schließen kann ; vielleicht auch beim Kalbe ^Lej/rf«'^^. Durch weitere entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen müßten diese Fälle noch näher aufgeklärt werden. Entsprechend ihrer früheren onto- genetischen Differenzierung aus dem primären Epithelkeime kann man vielleicht annehmen, daß die „apokrinen" Drüsen auch phylogenetisch früher entstanden sind, als die ,, Haardrüsen" (Talgdrüsen), daß sie also die primitiveren sind und sich vielleicht bald nach dem Haare, oder mit diesem zusammen oder auch vielleicht sogar vor ihm angelegt haben. Die ,, Haardrüsen" (Talgdrüsen) werden sich wahr- scheinlich erst als eine Begleiterscheinung der Haarentwickelung herausgebildet haben (Maurer) und daher würde man ihnen auch eine spezifische Beziehung zu den Haaren zuschreiben müssen. Hierfür spricht auch der Umstand, daß sie fast nie an den Haaren fehlen, selbst bei den Sinushaaren vorhanden sind, während die „apokrinen" Drüsen nicht nur bei den Sinushaaren, sondern auch sonst vielfach während der Entwicklung verloren gehen. Merkwürdig ist dabei das außerordentlich wechselnde Größen Verhältnis zwischen den Haardrüsen und den Haaren, für das sich bis jetzt, so weit ich sehen kann, noch keine bestimmte Eegel aufstellen läßt. Man könnte hieraus zunächst schließen, daß dieses Verhältnis abhängig ist von der ganzen Körperbeschaffenheit der einzelnen Tierarten. Die ,, apokrinen" Drüsen werden nach den Literaturangaben auch an den Sinushaaren entwickelungsgeschichtlich angelegt und gehen erst später verloren. 21. Die ,,apokrine" Drüse und die ,, Haardrüse" (Talgdrüse) entstehen schon bei der ersten Anlage regelmäßig auf der ,, hinteren" (Pinkus) Seite des Haarbalges, die gleichzeitig bei den schräg liegenden Haaranlagen auch die ,, untere" ist. Auf dieser selben Seite des Haarbalges bleiben sie auch weiterhin liegen. Immerhin scheint durch lokale Einflüsse die „apokrine" Drüse sich auch so weit herumschiebcu zu können, daß sie an der rechten oder linken Seite des Haarbalges einmündet oder sogar auf dessen ,, vorderer" (Pinkus), bei den schrägliegenden Haaren zugleich ,, oberer" Seite. Die Drüse würde sich also mit ihrer Ausmündung um 90 bis 180 Grad um den Haarbalg herumschieben können, also in sehr beträchtlicher Ausdehnung. Hierbei wäre noch zu untersuchen, ob dieses Herum- wandern um die rechte oder linke Seite des Haarbalgcs stattfindet, oder um beide. Bei den Cilien der Augenlider ist die Hautseite die ,, hintere" und die flonjunctivalseite die ,, vordere", dementspre- chend verhalten sich hier auch die Mollschen Drüsen, doch scheinen gerade bei diesen verhältnis- mäßig oft Abweichungen von der Grundanordnung vorzukommen. Vielleicht ist das darauf zurück- zuführen, daß hier im Lide die verschiedenen Gebilde besonders eng aneinander liegen und sich daher gegenseitig verdrängen können. Hin und wieder scheinen auch zwei oder sogar drei „apokrine" Drüsen zu einem Haarbalge zu gehören. Beim Menschen scheint dieses besonders häufig im Lide vorzukom- men, bei manchen sonstigen- Säugetieren scheint es A-erhältnismäßig oft vorzukommen. Auch die ,, Haardrüse" (Talgdrüse) kann mehrfach vorkonmien, so daß eventuell ein Kranz von solchen Drüsen — 129 — um den Haarbalg herumliegt. In solchem Falle liegen die verschiedenen Ausmündungen auch an verschiedenen Seiten des Haarbalges. In manchen Fällen scheint sogar nach den vorliegenden An- gaben eine obere und untere Anlage von Haardrüsen an demselben Haarbalge vorzukommen. Die Art der Entstehung einer solchen müßte erst noch genauer entwickelungsgeschichtlich untersucht werden. Zur Entscheidung der Frage, ob eine große „Haardrüse" (Talgdrüse) als eine einzige hoch organi- sierte Drüse anzusehen ist, oder ob sie aus kleineren Drüsen besteht, die in einen zum Ausführungs- gange umgebildeten Drüsenteil eines Haarbalges ausmünden, muß man nach Brinkmann (1914, S. 26/27 ) die Entwickelungsgeschichte heranziehen. Sehr merkwürdig ist es, daß, nach den vorliegenden Angaben, die Milchdrüsen sich stets au der Seite ihrer Haare anlegen, die nach dem Zentrum der ganzen Drüscnanlage gerichtet ist. Die Haare mit ihren Drüsen müssen hier also einen engen Kreis bilden, eine Art von Büschel, mid die nach dem Zentrum des Kreises schauende Seite der Haarbälge muß immer die untere sein. Die Ursache für diese eigenartige Anordnung müßte noch gefunden werden. 22. Die ,,apokrinen" Haut-Drüsen haben schon bei ihrer ersten Entstehung in der Säugetierreihe wohl sicher als ,,Exkretionsorgane" gedient, welche daneben vielleicht noch eine besondere funktionelle Bedeutung für das Haar besaßen, eine Bedeutung, die ihnen bei der weiterhin eingetretenen Ent- wickelung der ,, Haardrüsen" (Talgdrüsen) in mehr oder weniger hohem Grade von diesen abgenommen worden ist. Außerdem haben sie wohl von vornherein noch Nebenfunktionen gehabt, auf welche ich weiter unten noch zu sprechen kommen werde. 23. So weit man nach der ontogenetischen Entwickelung beim Menschen urteilen kann, müssen auch die ,, ekkrinen" Drüsen als sehr alte, primitive Organe angesehen werden. 24. Aus was für Drüsen Organen der Vorfahren der Säugetiere, seien diese nun mehr amphibien- artig oder mehr reptilienartig gewesen, die ,,apokrinen" und die ,, ekkrinen" Drüsen hervorgegangen sind, oder, ob sie mit den Drüsen dieser Vorfahren keinen Zusammenhang haben, sondern neu ent- standen sind bei der Bildung des Haarkleides, läßt sich vorläufig noch nicht sagen. Die hierüber bisher vorliegenden Untersuchungen geben noch zu wenig Anhalt für irgend welche Schlüsse. 25. Die Entwickelung der „apokrinen" Drüsen und der ,, Haardrüsen" (Talgdrüsen) im Ver- hältnisse zu der des Haares tritt nach den vorliegenden Untersuchungen bei den verschiedenen Säu- gern verschieden früh ein, was wohl veranlaßt worden ist durch die spezifische Differenzierung der einzelnen Tierarten. 26. An sich haben die ,, ekkrinen" Drüsen gar keine Beziehungen zu den ,, primären Epithelkeimen" und damit zu den Haarbälgen, eine rein topographische Beziehung kann aber zustande kommen und kommt oft zustande dadurch, daß die Haaranlagen nicht senkrecht, sondern mehr oder weniger schräg in die Haut hineinwachsen. In solchem Falle kann die fast senkrecht in die Haut hinein- wachsende Anlage der „ekkrinen" Drüse auf die ,, obere", nach Pinkus ,, vordere", Seite des Haar- balges stoßen. Im erwachsenen Zustande sieht man dann den Knäuel einer ,, ekkrinen" Drüse auf der genannten Seite dem Haarbalge mehr oder weniger dicht anliegen, während der Ausführungsgang, sich von dem Haarbalge abwendend, mehr oder weniger senkrecht zur Hautoberfläche hinzieht. Ebenso ist es möglich und kommt vor, daß eine ,, ekkrine" Drüse bei ihrer Anlage dicht neben dem Abtritte einer Haaranlage von der Epidermis in die Haut hineinwächst, dann kann man später bei einer nicht ganz genauen Untersuchung den Eindruck erhalten, daß eine „ekkrine" Drüse, in ähnlicher Weise wie eine ,,apokrine", eine Beziehung zu dem Haarbalge besitzt. Zoologica. Heft 72. 17 — 130 — 27. Nicht nur zu den Haarbälgen ziehen beim Menschen Bündel von glatten Muskelfasern hin, die bekannten „Haarbalgmuskeln", sondern es können an bestimmten Uautstellen auch sonst Züge glatter Muskelfasern, unabhängig von den Haaren und Drüsen, in der Haut auftreten. Diese Muskel- züge pflegen im Corium mid in der Subcutis zu liegen, bald mehr in der einen oder der andern Schicht, bald nur in der einen oder der anderen. Sie verlaufen dabei gewöhnlich nur in einer be- stimmten Richtung und im allgemeinen ziemlich parallel der Hautoberfläche in mehreren Schichten übereinander, doch können, namentlich in der Subcutis, auch Verbindungen der Schichten und Bündel vorkommen, die mitunter so dicht sind, daß sie au Durchflechtungen erinnern. Nach meinen Beobachtungen kommt eine solche Muskulatur beim Menschen mitunter in der Achselhöhle vor, in dem von mir untersuchten Falle fand sie sich nur im Corium. In der Achsel- höhle fehlen dagegen vielfach die Haarbalgmuskeln. Eine weitere Körpergegend, in der diese glatte Hautmuskulatur auftritt, ist die der äußeren Geschlechtsorgane. Die Muskulatur verbreitet sich hier über einen größeren Haiitbezirk. Als Mittelpunkt dieses Ausbreitungsbezirkes kann man wohl das Scrotum resp. die Labia majora an- sehen. Von diesem Mittelpunkte aus kann sich die glatte Muskulatur verschieden weit und in ver- schiedener Stärke nach hinten zu auf den Damm fortsetzen, nach vorne zu auf den Penis, namentlich dessen untere Seite, und auf den Mons pubis. Dieser Ausbreitungsbezirk findet sich bei beiden Ge- schlechtern. Ich schlage vor, diese ,, Muskelplatte" oder ,, Muskelausbreitung" zu bezeichnen als ,,Mus- eularis sexualis". Eine ganz ähnliche Muskelausbreituug findet sich auch bei beiden Geschlechtern in der Brust- warze und im Warzenhofe und scheint an dieser Stelle zurückzugehen bis auf die Monotremen. Da die Mammardrüsen und Milchdrüsen, bis zu einem gewissen Grade wenigstens, auch zu dem Ge- schlechtsapparate gehören, so könnte es in Überlegung zu ziehen sein, ob man diese ,,Muscularis mamillae et areolae" nicht auch zu der ,,Muscularis sexualis" hinzuzurechnen hätte. Man müßte dann allerdings annehmen, daß an der Bauchseite des Tieres ursprünglich eine zusammenhängende ,, Muskelplatte" oder „Muskelausbreitung" die äußeren Geschlechtsteile imd die Milchdrüsen zusam- menhängend verbunden hätte, was ja nicht so unmöglich ist, wenn man bedenkt, daß die Milch- linien auf beiden Seiten des Körpers von der Gegend der Achselhöhle bis zu den äußeren Geschlechts- organen herunterziehen. Sollte sich diese Annahme noch weiter begründen lassen, so \vürde man auch vielleicht annehmen dürfen, daß die von mir in der Achselhöhle gefundene ,, Muskelplatte" oder ,, Muskelausbreitung" ebenfalls ursprünglich noch zu dieser den größten Teil der Bauchseite des Tieres einnehmenden ,,Muscularis sexualis" gehört hat. Damit würde dann gleichzeitig die ganze zwischen den Ursprüngen der vorderen und hinteren Extremitäten gelegene Hautfläche des Tieres, nach hinten bis zum Damme hin, als eine ,,Regio sexualis" anzusehen sein. Können doch auch in den seitlichen Teilen dieser ganzen ,,Eegio sexualis" beim Menschen noch Milchdrüsen auftreten. Eine Funktion dieser glatten Muskulatur hat sich bis jetzt beim Menschen mit Ausnahme der Mamilla, des Scrotum und vielleicht der Labia majora nicht auffinden lassen. Welche Bedeutung sie bei unseren tierischen Vorfahren gehabt hat, wissen wir nicht. Jedenfalls würde es wünschens- wert sein, daß ihr Verhalten bei Tieren festgestellt würde. 28. Es hat sich aus meinen und den sonstigen bisherigen Untersuchungen ergeben, daß die ,,apo- ki'inen" Hautdrüsen bei den'bei weitem meisten Säugetieren weitaus die vorherrschenden sind; nur an besonderen Stellen der Haut, die entweder haarlos sind, oder nur Sinushaare besitzen, oder — 131 — in Hautdrüsenorganei) liegen und hier ebenfalls haarlos sind, finden sich auch „ekkrine" Drüsen, so au den Sohlen von Katzen und Hunden, so in der Eüsselscheibe des Schweines, so in der Carpal- drüse des Schweines, um nur einige Beispiele anzuführen. Drei von mir untersuchte Ostaffen (Cyuocephalus mormon, Cercopithecus caUitrichus und C. sabaeus var. griseo-viridis) unterscheiden sich von den übrigen Säugetieren sehr wesentlich dadurch, daß bei ihnen nicht nur in Hohlhand und Fußsohle, sondern auch an ausgedehnten behaarten Haut- gegenden des Körpers ,, ekkrine" Drüsen neben den ,,apokrineu" Drüsen vorkommen oder auch nur allein vorkommen, wenn die „apokrinen" Drüsen während ihrer Entwickelung zugrunde gegangen sind. Wie weit diese Verhältnisse auch bei anderen Affen sich finden, muß erst noch untersucht wer- den. Durch dieses Verhalten der Drüsen unterscheiden sich diese Affen scharf von den übrigen mir bisher bekannt gewordenen Säugetieren. Nach den in dieser Arbeit von mir gemachten Feststellungen würden jetzt in der ganzen Eeihe der Säugetiere ausgedehnte Untersuchungen nötig sein, um die Ver- liältnisse der Hautdrüsen genauer zu erforschen. Bei dem Menschen ist die Verbreitung der „ekkrinen" Drüsen noch viel weiter gegangen als bei den genannten Ostaffen. Bei ihm besitzt der größte Teil der Körperoberfläche nur noch „ekkrine" Drüsen, die „apokrinen" Drüsen sind auf verhältnismäßig kleine Bezirke beschränkt. Versucht man, die Säugetiere nach ihren Hautdrüsen einzuteilen, so muß nach dem Gesagten der größte Teil derselben als „Tiere mit apokrinen Drüsen" oder einfacher und kürzer als „a-Drüsen-Tiere" bezeichnet werden, der Mensch als ,,e-Dvüsen-Tier", und die Affen in mehr oder weniger großer Ausdehnung (wie weit, müßte erst die nähere Untersuchung ergeben) müßte man als eine Art von Übergangstypus oder gemischtem Typus, als „gemischtdrüsige Tiere" be- zeichnen. Es beginnt also die Gleichberechtigung der e- Drüsen mit den a- Drüsen in der Haut in bezug auf ihre Verbreitung, resp. ihr Überwiegen über die a-Drüsen, im Priinatenstamme, der sich da- durch zunächst scharf von den anderen Säugetierstämmen unterscheidet. Übergangsformen müßten noch gesucht und gefunden werden, die phylogenetisch natürlich von größtem Interesse sein würden. 29. Nach Brinkmann besitzen Schimpanse und Gorilla in der Achselhöhle ein ganz ähnliches ,, Achseldrüsenorgan", oder wie ich es hier nach der Lokalität bezeichnet habe, „Achselhöhlenorgan", wie der Mensch. Bei Orang-Utan und Gibbon finden sich au dieser Stelle nur vereinzelt liegende Drüsen. Bei allen vier Aö'eu aber scheint es sich nach den vorliegenden eingaben nur um „apokrine" Drüsen zu handeln. Sollte das richtig sein, so würde es einen wesentlichen Unterschied darstellen gegenüber dem Menschen, bei dem in diesem Organe auch sehr zahlreiche „ekkrine" Drüsen vor- handen sind. Dieser Unterschied würde „wesentlich" sein, da dadurch das bei den Anthropoiden auftretende Organ, den Drüsen nach, ganz den Typus der übrigen Säugetiere zeigen würde, d. b. den a-Drüsen-Typus. Wie weit die sonstige Haut der Anthropoiden sich mehr menschenähnlich (e-Drüsen-Typus) oder mehr tierähnlich (a-Drüsen-Typus) verhält, müßte erst noch untersucht werden. Die bis jetzt darüber vorliegenden Angaben lassen sich nicht verwerten, da bisher der Unterschied zwischen „apokrinen" und „ekkrinen" Drüsen nicht bekannt war, als „freie" Drüsen aber beide auf- treten können. Die Ergebnisse derartiger Untersuchungen könnten von wesentlicher Bedeutxmg sein für die Er- kenntnis der Stellung der Anthropoiden und der Art ihrer Weiterentwickelung nach dem Abtritte von dem mit den Ostaffen gemeinsamen Stamme. 30. Bei dem deutschen Manne finden sich, so weit ich die angegebenen Körperstellen bis jetzt — 132 — untersucht habe, „apokriue" Drüseu in der Achselhöhle und im Warzenhofe, sie fehlen am Scrotum und am Mons pubis (hier nicht immer); beim deutschen Weibe dagegen kommen sie vor in der Achselhöhle, im Warzenhofe, an den Labia majora, am Mons pubis und dem unteren Teile der Bauch- haut (Haut unterhalb des Nabels). Die ,,apokrinen" Drüsen besitzen also beim deutschen Weibe eine wesentlich größere Ausbreitung als beim deutschen Manne. 31. Die Ausbreitung der „apokrinen" Drüsen beim Menschen habe ich sodann, um Eassen- verschieden holten festzustellen, untersucht bei einem Chinesen und zwei Kamerunnegern, deren genauere Stammeszugehörigkeit mir aber nicht bekannt geworden ist. Bei dem Chinesen fanden sich ,,apokrine" Drüsen in der Achselhöhle, am Mons pubis, und zwar in recht großer Menge, dann, in allmählich immer mehr abnehmender Menge, über den ganzen Bauch hin und noch in der Brusthaut, also im wesentlichen über die ganze vordere Eumpffläche hin, also in der ganzen Eegio sexualis. Warzenhof und Scrotum wurden nicht untersucht. An Hals und Kopf waren sie nicht mehr nachweisbar. Bei den Kamerunnegern fanden sich die ,, apokrinen" Drüsen in der Achselhöhle, am Mons pubis, und zwar wieder in großer Menge, und auf dem unteren und mittleren Teile des Bauches, auf dem oberen Teile des Bauches und auf der Brust fehlten sie schon. Warzenhof und Scrotum wurden nicht untersucht, an Hals und Kopf fehlten sie. Von einem Australier konnte ich nur die Haut der Parotidengegend imtersuchen und fand auch in dieser ,,apokrine" Drüsen in mäßiger Menge, während solche an dieser Stelle bei den Deut- schen, dem Chinesen und den Kamerunnegern fehlten. In allen den genannten Hautgegenden waren bei den Deutschen wie bei den Exoten neben den ,, apokrinen" Drüsen zahlreiche ,, ekkrine" Drüsen vorhanden. Wenn bei dem Australier die ,, apokrinen" Drüsen sogar noch in der Parotidengegend auf- treten, wo sie bei den anderen bisher untersuchten Menschen fehlen, bei den Affen aber vorkommen, dann darf man wohl annehmen, daß sie bei ihm auf der ganzen vorderen Eumpf Seite bis zum Kopfe herauf vorhanden sind, wenngleich dies natürlich noch einer Feststellung bedarf. Sollte sich diese Annahme bestätigen, so würden wir nach dem Grade der Ausbreitung der ,, apokrinen" Drüsen in abnehmender Eeihe die folgende Stufenleiter erhalten: sonstige Säugetiere, Affen, Australier, Chinese, Kamerunneger, deutsches W^eib, deutscher Mann. Hieraus würde man zunächst schließen können, daß das ausgedehntere Vorkommen der „apokrinen" Drüsen auf eine tiefere Stufe der Entwickelung hindeuten würde. Ferner deutet die Verschiedenheit zwischen dem deutschen Manne und Weibe auf einen Geschlechtsunterschied hin, derart, daß das weibliche Ge- schlecht durch eine stärkere Ausbildung der ,, apokrinen" Drüsen sich gegenüber dem Manne aus- zeichnen würde. In der Tat sprechen auch sonstige Angaben in der Literatur dafür, daß bei dem weib- lichen Geschlechte die a-Drüsen, vielleicht auch die e-Drüsen eine stärkere Entwickelung besitzen und von dem Geschlechtsleben stark beeinflußt werden. Sollte sich ein solches Verhalten auch bei den niederen Säugern nachweisen lassen, so würde auch die Ausbildimg der Milchdrüse besser zu verstehen sein. Sollte der Australier wirklich a-Drüsen in weiter Ausdehnung besitzen, so Avürde mau für ihn eine tiefere Stellung annehmen müssen. Die etwas vermehrten a-Drüsen bei dem ("Ihinesen und Ka- merunneger zwingen aber wohl noch nicht direkt dazu, diesen Eassen eine tiefere Stellung anzu- weisen, sondern könnten auch vielleicht nur der Ausdruck von besonderen Eigentümlichkeiten des Körperbaues und des Stoffwechsels oder vielleicht auch des Geschlechtslebens sein. So schrieb ich bei — 133 — Abfassung dieser Arbeit. Nachdem ich aber inzwischen (1921) die elastischen Fasern in ihrer Anordnung in der Parotidengegend bei verschiedenen Rassen untersucht habe, und auch hierbei eine tiefere Stel- lung bei Chinesen und Kamerunnegern nachweisen konnte, bin ich der Ansicht, daß auch dieses Drüsen- vorkommen für eine tiefere Stellung spricht, und daß die beiden Arbeiten sich gegenseitig bestätigen. Selbstverständlich würde auch der zwischen dem deutschen Weibe und Manne bestehende Unter- schied in der Drüsenausbildung außer seiner Bedeutung als Geschlechtsvmterschied gleichzeitig ein Zeichen sein für die Verschiedenheit des männlichen und weiblichen Körpers im ganzen. Ob dabei der größere Reichtum an ,,apokrinen" Drüsen beim Weibe gleichzeitig auch als ehi Zeichen für eine tiefere Entwickelungsstufe anzusehen wäre, muß vorläufig noch zweifelhaft bleiben. Ausgeschlossen wäre dies ja nicht, da ja auch in mancher anderen Hinsicht das Weib zwischen Mann und Kind steht. Selbstverständlich würden nun auch weitere Untersuchungen nötig sein, um festzustellen, wie sich die a-Drüsen während der kindlichen Entwickelung verhalten, vielleicht läßt sich während dieser noch eine allmähliche Abnahme der a-Drüsen bis zum erwachsenen Zustande hin feststellen, als Fort- setzung jener Abnahme dieser Drüsen während der embryonalen Entwickelung bis zur Geburt. Hierbei würden dann wieder beide Geschlechter zu berücksichtigen sein und es würde sicher auch sehr in- teressant sein, festzustellen, von welchem Zeitpunkte an hierbei ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern in die Erscheinung tritt. Es ist mir wahrscheinlich, daß ein solcher Unter- schied schon während der embryonalen Entwickelung nachzuweisen sein wird. Hierzu würden na- türlich ausgedehnte Untersuchungen nötig sein. 31. Die hier mitgeteilten Befunde fordern dazu auf, weitere entsprechende Untersuchungen aus- zuführen, um festzustellen, wie weit die hervorgehobenen Verschiedenheiten in bezug auf die Ver- breitung der Hautdrüsen als Rassenmerkmale verwendet werden können. Sie ermuntern weiter dazu, die Säugetiere daraufhin durchzusichten, wo sonst noch e-Drüsen in beträchtlicherer Anzahl auf- treten, um auf diese Weise vielleicht die Vorfahrenreihe der Primaten weiter zu ergründen. Zunächst würden da die Halbaffen in Frage kommen, dann noch unbekannte, tiefer stehende Wesen. Wenn man für eingehende derartige phylogenetische Untersuchungen, um sichere Ergebnisse zu erhalten, auch weit mehr Organe berücksichtigen müßte, wo möglich alle, so scheint es mir doch, daß diese Hautdrüsen zunächst als ein Leitfaden dienen könnten. 32. Ein wesentliches Kennzeichen des Primatenstammes ist das Zurücktreten der ,,apokrinen" Drüsen und das mehr und mehr sich verstärkende Hervortreten der ,, ekkrinen" Drüsen in der Haut. Die Primaten werden mehr und mehr zu e-Drüsen-Tieren gegenüber den sonstigen a-Drüsen-Tiereu und an der Spitze steht der Mensch. 33. Der Grund der Wichtigkeit dieser- Hautdrüsen für die Tiere liegt in ihrer Funktion. Aus den in dieser Arbeit mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, daß die Hautdrüsen mit dem ganzen Aufbaue der Tiere, mit ihrem Stoffwechsel usw. auf das Innigste zusammenhängen. Sie sind wohl ursprünglich, bei den ersten Säugetieren, zusammen mit den ersten Haaren, durch Vermittelung der ,, primären Epithelkeime" angelegt worden als ,,apokrine" Drüsen und haben wohl sicher von Anfang an als Exkretionsorgane gedient, daneben wohl gleichzeitig zur Einfettung der Haare und der Haut. Diese letztere Funktion ist später zum Teile übergegangen auf die sich weiterhin ausbildenden „Haar- drüsen" (Talgdrüsen), welche dann in Gemeinschaft mit den ,,apokrinen" Drüsen wirkten, aber für die Fettbereitung spezifisch differenziert waren. Von jetzt an bewirkten die beiden Drüsenarten die Einfettung von Haaren und Haut gemeinsam. Von einer ,, Wärmeregulierung" war damals noch nicht die Rede. Eine solche haben jene niedersten Säuger, welche in den heißen Urwäldern als kleine — 134 - Tiere herumliefen, in einer mit Wasserdampf stark erfüllten Luft, auch kaum gebraucht. Eine Wärme- regulierung konnte erst eintreten, als die ,, ekkrinen" Drüsen sich entwickelten, welche durch die Beschaf- fenheit ihres Drüsenkörpers und wahrscheinlich auch durch den spezifischen Bau ihres Ausführungsganges (,, Endstück" in der Epidermis) dazu befähigt waren, unter bestimmten Umständen ein sehr stark was- serhaltiges Sekret in größerer Menge abzuscheiden. Man könnte daher bei diesen Drüsen auch unter- scheiden den ,,Drüseusehweiß" und den ,,Epidermisschweiß", d.h. die zwischen den Keimzellen vorhandene Körperflüssigkeit, die bei starker Absonderung weit wässeriger werden kann als gewöhnlich, sodaß die starke Schweißsekretion abhängig sein würde von den Drüsennerven und den Gefäßnerven der Haut. Die e-Drüsen würden daher auch als ,, Drüsen für Seh weiß und Körperflüssigkeit" zu bezeichnen sein, sie würden also die richtigen Verdunstungs- und Abkühlungsdrüsen sein, die zugleich aber auch stark entgiftend durch ihre eigentliche Drüsentätigkeit wirken. Jedenfalls würden sie als außerordentlich wichtige Organe anzusehen sein. Daher dann auch ihr Vorhandensein bei dem so hochstehenden Primatenbaue. Bei manchen Tieren, so bei den Pferden, sind allerdings auch die ,,apokrinen" Drüsen derartig gebaut und entwickelt, daß durch sie eine Wärmeregulierung bis zu einem gewissen Grade zustande kommt, aber diese scheint doch nicht den Grad von Vollkommenheit zu besitzen, wie die durch die ,, ekkrinen" Drüsen bewirkte. Da nun die Wärmeregulierung durch die Hautdrüsen ein für die Säugetiere sehr wesentlicher Vorgang ist, so wurden die e-Drüsen für das ganze Dasein derjenigen Tiere, bei denen sie sich in größerer Zahl anlegten, von größter Bedeutung. Die Tiere, bei denen das der Fall war, wurden körperlich weit leistungsfähiger, weit widerstandsfähiger und weit geeigneter, sich in verschiedenen Klimaten und damit in verschiedenen Gegenden der Erde auszubreiten. Tiere, welche diese Drüsen besaßen, waren es, die sich zum Primatenstamme entwickelten. Innerhalb dieses Stammes waren dann wieder diejenigen Tiere, welche sich zum Menschen entwickelten, die am stärksten mit e-Drüsen versehenen und besaßen außerdem wohl die Fähigkeit, noch weitere solche Drüsen bei der allmählichen höheren Entwickelung entstehen zu lassen. Daß die Menge dieser Drüsen während der weiteren Stammesentwickelung absolut mehr und mehr zugenommen hat, ist sehr wahrscheinlich, daß sie relativ im Vergleiche zu den sich dauernd zurückbildenden a-Drüsen zugenommen hat, geht noch jetzt aus der Ontogenese deutlich hervor, da bei der des Menschen eine große Anzahl von angelegten a-Drüsen zugrunde geht, und zwar in einem so späten embryonalen Stadium, daß man wohl annehmen darf, daß sie phylogenetisch erst seit ver- hältnismäßig kurzer Zeit verloren gegangen sind. Man muß hiemach annehmen, daß die nach einer bestimmten Eichtung hin allmählich immer vollkommener werdende Körperentwickelung des Men- schen, resp. seiner tierischen Vorfahren, die a-Drüsen mehr und mehr überflüssig machte und die e-Drüsen verlangte. Die Gründe hierfür würden noch zn finden sein. Sie liegen sicher im ganzen Baue und werden daher wahrscheinlich nicht so leicht zu entdecken sein. Durch die damit stetig fortschreitende Wärmeregulierung, sowie durch weitere körperliche Anpassungen erlangte der Mensch A^or allen anderen Säugetieren die Fähigkeit, immer stärkere körperliche Leistungen auszuführen und sich den verschiedensten Klimaten anzupassen. Besitzt doch der Mensch eine Natur, die weit leistungs- fähiger ist, als eine sogenannte ,, Pferdenatur". Infolgedessen war der Mensch auch fähig, sich über die ganze Erde auszubreiten. Als Folge hiervon trat eine weitgehende Eassenbildung ein. Daher finden wir dann aber auch wieder bei den verschiedenen Kassen eine verschiedene Verteilung der ,,apokrinen" und der ,, ekkrinen" Drüsen als Beste der verschiedenen Differenzierungsstufen. So wer- den diese „Beste" zu Merksteinen der Entwickelung. Es gibt auch Tiere, welche eine solche Wärmeregulierung durch die Haut nicht besitzen und — 135 — doch eine große Leistungsfähigkeit und eine sehr weite Verbreitung auf der Erde erreicht haben, so der Hund, bei dem die WärmereguUerung nach den vorliegenden Mitteilungen durch die Lungen und die Zunge geschieht. Bei dem Pferde sind die „apokrinen" Drüsen der Haut so modifiziert, daß sie auch der Wärmregulierung dienen können. Vielleicht wirkt auch die Lunge dabei noch mit. Es be- weisen solche Fälle, daß es bei der Entwickehmg der Tiere mehrere Wege gegeben hat, um die nötige WärmereguUerung zu erreichen, und um den Tieren so die Möglichkeit zu geben, körperlich möglichst leistungsfähig zu werden und in verschiedenen Gegenden der Erde leben zu können. ^^ ahrscheinlich wird man bei einer genaueren Durchsuchung der Säugetiere noch weitere Arten auffinden, als uns jetzt bekannt sind; ist doch der tierische Körper außerordentlich umbildungsfähig und damit an- passungsfähig und besitzt er doch sicher in hohem Grade die Fähigkeit, erworbene Eigenschaften zu vererben, was ja allerdings merkwürdigerweise immer noch bestritten wird. Es scheint aber, daß die durch die ,, ekkrinen" Drüsen der Haut bewirkte Wärmeregulierung doch die vollkommenste ist, wird durch sie doch auch zugleich wohl die stärkste Entgiftung des Tieres erreicht. 34. Auch die „ekkrinen" Drüsen sind, nach der Ontogenese des Menschen zu urteilen, sehr alte (Jrgane; ob sie jünger als die ,, apokrinen" Drüsen sind, läßt sich nicht bestimmt sagen, ist aber wohl wahrscheinlich. Ob die ,, apokrinen" Drüsen und ,, ekkrinen" Drüsen Organen der amphibienartigen oder reptilienartigen Vorfahren der Säugetiere entsprechen, und welchen, oder ob sie sich bei den ersten Säugetieren neu gebildet haben, läßt sich, wie ich schon erwähnt habe, noch nicht bestimmen. 35. Außer der Exkretionstätigkeit, zur Entgiftung des Körpers, der Milcherzeugung, zur Ernährung der Jungen, der Schweißbereitung, für die Wärmeregulierung, und der Fettaus- scheidung, zur Einfettung von Haaren und Haut, haben sowohl die „apokrinen" Drüsen wie die ,, ekkrinen" noch akzessorische oder Nebenfunktionen, die aber sowohl für die Tiere wie für den Menschen sehr wichtig sein können: so können sie Stoffe erzeugen, welche durch ihren Geruch Parasiten abschrecken, oder auch vielleicht durch ihre spezifische Giftigkeit töten, so können sie Duftstoffe bereiten, welche die Spur des Tieres kenntlicli machen und dabei infolge der Abhängigkeit der Drüsen vom Nervensystem und dem Stoffwechsel zugleich mehr oder weniger seinen Seelenzustand andeuten, so können sie endlich Farbstoffe oder Duftstoffe bereiten, welche in sexueller Hin- sicht als Unterscheidungsmerkmale und dadurch zugleich als Keize wirken und so auch geeignet sind, den geschlechtlichen Erregungszustand eines Tieres auf ein anderes zu übertragen. Hierdurch werden sie dann für die Zeugung und Fortpflanzung von der größten Bedeutung. Es ist mir sehr wahrscheinlich, daß diese Duftstoffe nicht nur bewußt, sondern auch unbewußt einzuwirken ver- mögen, vielleicht ist sogar diese letztere Einwirkungsweise die weit wichtigere. Durch eine solche könnte vielleicht auch jenes eigenartige Zuneigungs- und Abneigungsgefühl sich erklären lassen, welches wir so häufig bei der ersten Bekanntschaft mit einem uns fremden Menschen empfinden. Vielleicht wird auch das, was wir ,, Liebe" nennen, zum Teile wenigstens auf diese Weise erregt. Allerdings wird man nach diesen Eichtungen hin beim Menschen dem Auge einen großen Einfluß einräumen müssen, ist der Mensch doch aus einem ,, Geruchswesen", wie es die meisten Tiere sind, zu einem ,, Augenwesen", einem ,, Seh Wesen" geworden. Solche Duftwirkungen können entweder von den ,, Drüsen einer größeren Haut- fläche" ausgehen oder von besonderen, verschieden gestalteten, häufig in Anschwellungen, Buchten oder Höhlungen liegenden ,, Hautdrüsenorganen", an welchen alle drei Hautdrüseuarten beteiligt sein können. Wie ich oben schon bemerkt habe, sind es dann gewöhnlich die ,, apokrinen" Drüsen oder die ,, ekkrinen" Drüsen, welche das spezifische Sekret liefern. Ein Beispiel für den ersten Fall beim Menschen würden die „apokrinen" Drüsen der ,,Eegio sexualis" sein, füi' den zweiten Fall wüi'den beim Menschen drei — 136 — Hautdriisenorgaiie anzuführen sein: das „Achselhöhlenorgan", das ,, Gehörgangsorgan" (das „Ohrenschmalzorgan") und das „Circumanalorgan". Man hat diese bis jetzt noch nicht als solche bezeichnet — mit Ausnahme des Erstgenannten (Brinkmann) — ich würde aber vorschlagen, sie als solche anzusehen. Daß diese genannten Organe ganz bestimmte Funktionen ausüben, ist Avohl zweifel- los, doch sind diese bis jetzt noch so gut wie unbekannt. Das Ohrenschmalz könnte möghcherweise als Schutz gegen manche Parasiten dieiien. So sind bis jetzt noch niemals Läuse im äußeren Gehör- gange gefunden worden. Wenn sich trotzdem beim Menschen niedere Pilze und bei manchen Tieren Milben in dem Ohrenschmalze finden und in diesem sogar gut zu gedeihen scheinen, so sind diese Tiere und Pflanzen in solchen Fällen, wie ich das oben schon hervorgehoben habe, als „Spezialisten" anzusehen. Das Achsclhöhlensekret scheint stark sexuell erregend zu wirken. Es wirkt auch wahr- scheinlich mit bei der Erzeugung des ,, Geschlechtsgeruches". Bei diesem werden sicher die ,,apo- kriuen" Drüsen der ganzen ,,Kegio sexualis" mitwirken, und zu diesen würden ja voraussichtlich die ,,apokrinen" Drüsen der Achselhöhle ebenfalls zu rechnen sein, haben wir doch auch die glatte Mus- kulatur der Achselhöhle zu der ,,Muscularis sexualis" gerechnet, und finden sich doch in der Achsel- höhle auch verirrte Milchdrüsen. Vielleicht ist diese Erzeugung eines Geschlechtsgeruches in ver- schieden hohem Grade auch der Grund, warum die ,,apokrinen" Drüsen in der Achselhöhle, wie es scheint, bei allen Eassen, und in der sonstigen Eegio sexualis bei verschiedenen Eassen in mehr oder weniger großer Menge erhalten geblieben sind. Wenn dies aber auch der Fall sein sollte, so würde man doch daneben immer noch annehmen müssen, daß die Körper der diesen verschiedenen Eassen angehörenden Menschen im ganzen voneinander abweichen. Die von den Drüsen erzeugten Duftstoffe wii'd man wahrscheinlich ansehen dürfen als die spezifischen Gerüche von bestimmten Exkretions- stoffen, resp. deren Mischungen, wahrscheinlich von ätherischen Exkretionsstoffen. Diese Stoffe, die wir ihrem Gerüche nach wahrnehmen, würden daher durch die Einatmung der mit ihnen geschwän- gerten Luft auf den Menschen selbst und auf andere Menschen giftig wirken können und es ist ja auch eine beka.nute Tatsache, daß in Eäumen, in denen sich viele Menschen befinden, es gerade diese Aus- dünstungen sind, welche die Luft so verschlechtern, daß sie Vergiftungserscheinungen hervorruft und so zum Aufenthalte von Menschen ungeeignet wird. Da die Kleidung eine Anhäufung von solchen Stoffen zu enthalten pflegt, so werden voraussichtlich bekleidete Menschen in solchem Falle giftiger wirken als unbekleidete. 36. Daß auch das Sekret des „Milchorganes", die Milch, einen spezifischen Geruch besitzt, ist zweifellos, und ebenso zweifeUos, daß dieser Geruch bei den verschiedenen Tierarten ein verschiedener ist. Von diesem Gerüche wird man natürlich annehmen müssen, daß er nicht schädlich wirkt, wenigstens nicht auf das Junge derselben Tierart, wie sich das bei verschiedenen Tierarten verhält, ist noch unbekannt. Hier wäre auch anzuführen, daß ein menschlicher Säugling, welcher Kuhmilch bekommt, deutlich einen ganz anderen Geruch besitzt, wie zu der Zeit, da er Muttermilch bekam. Allerdings ist es denkbar, daß in diesem Falle der Geruch der Faeces imd ein aus dem Munde eventuell kommender Magengeruch mit zu dieser Geruchsveränderung beitragen. Dieser spezifische Geruch der Milch und wahrschehilich auch der Geruch des Sekretes, das von den Warzenhofdrüsen ausgeschieden wird, werden die Ursache sein, daß die neugeborenen Tiere die Zitzen des Muttertieres finden. Wie weit auch der menschliche Säugling nach dieser Eichtung hin dadurch beeinflußt wird, scheint nicht ganz leicht festzustellen zu sein. 37. Die starke Abhängigkeit der Sekrete der Hautdrüsen von dem Stoffwechsel des betreffenden Wesens und von seinem Nervensysteme ergibt sich aus mannigfachen Beobachtungen, unter anderem — 137 — auch aus den Änderungen, die beim Weibe während der Menstruation, der Schwangerschaft und der Laktation bei ihnen eintreten. Ein sehr bekanntes Beispiel bietet ja die Milchdrüse dar, und ein sehr feines Eeagenz auf die Veränderungen des Sekretes dieser, der Milch, ist bekanntlich das Kind. Was aber für diese a-Drüse gilt, gilt sicher auch für alle sonstigen a-Drüsen und sehr wahrscheinlich auch für die e-Drüsen. Bei der Milchdrüse sind diese Beobachtungen nur am leichtesten zu machen. 38. Bei diesem innigen Zusammenhange der Hautdrüsen mit dem Körperbaue und dem Körper- stoffwechsel kann man wohl als sicher annehmen, daß die a-Drüsen -Tiere nach beiden Eichtungeu sich anders verhalten als die e-Drüsen -Tiere und als die gemischtdrüsigen Tiere; ferner, daß die An- gehörigen der verschiedenen Eassen sich in dieser Hinsicht verschieden verhalten xmd das Weib anders als der Mann. 39. Die von den Drüsen bereiteten ,, Duftstoffe" haben für die Tiere natürhch nur dann Wert, wenn sie von anderen Tieren wahrgenommen werden können. Daher finden wir bei vielen Säugetieren eine starke Ausbildung des Geruchsorganes. Dieses Sinnesorgan „für die Nähe", wie es sehr richtig bezeichnet worden ist, wird zu einem Sinnesorgane für sehr weite Entfernungen, reicht weiter als Auge und Ohr, wenn es die von einem Tiere hinterlassenen Spuren wahrnehmen kann, die wieder sehr dauerhaft werden können durch das von den ,,Haardrüseu" (Talgdrüsen) gelieferte Fett, mit dem sich die spezifischen Sekrete zu salbenähnlichen Massen mischen. Der Geruchssinn des Menschen ist nur mäßig stark entwickelt, der Mensch ist ,,mikrosmatisch", immerhin genügt er, um in vielen Fällen die von den Hautdrüsen erzeugten ,, Duftstoffe" wahrzunehmen, so daß diese ihre Wirkung entfalten können. Ich halte es für möglich, daß die Aufrechthaltung des Menschen mit ein Grund ist für die Verminderung der Schärfe seines Geruchssinnes, da der Mensch infolge derselben nicht mehr in der Lage war, Spuren am Erdboden usw. durch deji Geruch wahrnehmen und infolgedessen verfolgen zu können. Er ist mehr in der Lage, Gerüche, die von den oberen Teilen des Körpers, allen- falls noch von den Geschlechtsorganen, ausgehen, wahrzunehmen. Von diesen Teilen des menschlichen Körpers gehen aber augenscheinlich eine ganze Anzahl von Gerüchen aus, die auf andere Menschen einzuwirken vermögen, und die namentlich sexuelle Beziehungen haben. Ich habe das in der vor- liegenden Arbeit an einer Anzahl von Beispielen vorgeführt. Die Drüsen des Menschen, welche solche Duftstoffe liefern, sind nicht so eingerichtet, daß ihr Sekret an Gegenständen der Umgebung in größerer Menge haften bleiben kann, wie es bei manchen Tieren der Fall ist. An den Kleidungs- stücken, Betten und ähnlichem haftet der Geruch aber doch und kann sich zu größerer Stärke an- häufen. An solchen Gegenständen kann ihn dann gegebenenfalls auch der aufrechtgehende Mensch wahrnehmen. Das gleiche gilt von den Haaren. Der Hund dagegen vermag auch die Spuren des Menschen auf dem Boden zu verfolgen, woraus hervorgeht, daß minimale Mengen dieser Duftstoffe auf dem Boden haften bleiben müssen. Da dies auch der Fall ist bei Menschen, welche Stiefel oder Schuhe tragen, so können diese Duftstoffe nicht in Salbenform auf dem Boden haften, sondern nur als ätherische Stoffe. Eine Tatsache, die sehr merkwürdig ist. 40. Wir können beim Menschen und dementsprechend wohl sicher bei jedem Säugetiere imterscheiden : „Individualgerüche", „Geschlechtsgerüche", ,,Eassengerüche". Wahrscheinlich wird es auch „Stammesgerüche" oder „Volksgerüche" geben, wenn eben Stämme und Völker scharf von- einander getrennt sind. Es ist nach den vorliegenden Angaben möglich, daß der ,, Geschlechtsgeruch" des Menschen nicht nur bei den verschiedenen Menschenrassen derselbe ist, sondern auch dem der sonstigen Säugetiere in gewissem Grade oder ganz entspricht, daß es also einen allgemeinen „Säuge- tier-Geschlechtsgeruch" gibt. Jeder Mensch hat seinen individuellen Körperbau, Stoffwechsel usw., Zoologica. Heft 72. 18 — 138 — kurz seine eio-ene „Konstitution"; dieser Individualität entspricht sein ,, Individualgeruch". Gruppen von Menschen kann man nach ihrem Baue usw. zusammenfassen, die eine bestimmte „Konstitution" im gebräuchlichen Sinne dieses Wortes haben. Es ist durchaus möglich, daß diese Gruppen spezifische „Konstitutionsgerüche" besitzen, gerade so wie es „Eassengerüche" usw. gibt. Der Geruch eines jeden Menschen würde demzufolge sich zusammensetzen aus einer Anzahl verschiedener Gerüche, die sich mit- einander zu einem Ganzen vermischen würden. Es ist, wie das Correns schon hervorgehoben hat, nicht nötig, zur Erklärung der Individualgerüche ,,Individualstoffe" an/Ainehmen, sondern es genügt die An- nahme einer in außerordentlich vielen Kombinationen möglichen Mischung von Stoffen, also einer „In- dividualmischung", die, wie ich in dieser Arbeit gezeigt habe, sehr wohl von den verschiedenen Haut- drüsen geliefert werden kann. Ich habe außerdem noch nachweisen können, daß die Hautdrüsen bei demselben Menschen an verschiedenen Körperstellen verschieden sein können und femer, daß sie deut- liche Verschiedenheiten aufweisen bei verschiedenen Eassen. Wenn wir zur Zeit auch noch nicht in der Lage sind, solche Gerüche imd ihre Verschiedenheiten mit hinreichender wissenschaftlicher Ge- nauigkeit im einzelnen nachzuweisen, so ist es doch nicht ausgeschlossen, daß dies in Zukunft möglieh sein wird. Zunächst würde man ja für diesen Nachweis an Hunde und Parasiten denken können, denen Wattebäuschchen mit dem Körperschweiße oder Achselschweiße usw., je nach der Eichtung der Unter- suchung, vorzulegen wären, vielleicht gelingt es aber auch, ganz neue Methoden zu finden. Mir ist es durch meine Muskeluntersuchungen gelungen, individuelle Größen Verschiedenheiten von Muskel- kernen nachzuweisen und außerdem solche, die ich auf zwei verschiedene Urrassen bezogen habe. Als ich vor 19 Jahren bei meinen ersten Muskeluntersuchungeu mich dahin aussprach, daß ich es für möglich hielte, daß sich individuelle Unterschiede durch dieselben nachweisen lassen würden, han- delte es sich ebenfalls nur um eine .„Möglichkeit", die inzwischen zu einer „Tatsache" geworden ist, dasselbe kann man vielleicht auch für die Erforschung der Körperdüfte erhoffen. Die verschiedenen Körperdüfte sind aber nur ein Zeichen dafür, daß die Hautdrüsen der Körper verschieden sind und diese sind wieder Teile des Körpers, die mit dem übrigen Körper auf das Innigste verknüpft sind, so ist der Körperduft also nur ein Ausdruck für die spezifische Beschaffenheit des betreffenden Körpers, und daher sowohl für den Arzt wie für den Anatomen von Be- deutung. Beide Untersuchungsreihen, die der Muskeln und die der Hautdüfte würden denmach wichtig sein für die Feststellung der „Konstitution". Die Feststellung dieser ist aber zurzeit von verschiedenen Seiten in die Wege geleitet worden. Wenn der Zoologe Jäger seinerzeit von dem „Seelenduft" sprach, so war das eine unrichtige Be- zeichnung, an sich hatte er aber im wesentlichen ganz recht, der Duft war in der Tat ein Ausdruck für die spezifische Beschaffenheit des einzelnen Körpers. Da er sich außerdem durch Beeinflussung des Nervensystems änderte, so lag es für Jäger schließlich auch nahe, an die Seele zu denken. Meiner Meinung nach können wir Jäger für seine interessanten Mitteilimgen sehr dankbar sein. Er war jedenfalls ein Mensch, der geruchlich sehr begabt war, und diese Begabung wissenschaftlich verwendete. 41. Bei der Untersuchung von Tumoren, die von Schweißdrüsen ausgehen, der verschiedenen Hidradenomata, würde von jetzt an darauf zu achten sein, ob sie von ,,apokrinen" Drüsen oder von „ekkrinen" Drüsen ausgehen. Tumoren von ,,apokrinen" Drüsen würden zunächst nur an bestimmten Hautstellen beim Menschen zu erwarten sein, sie würden aber auch vielleicht vorkommen können an Stellen, an denen für gewöhnlich keine „apokrinen" Drüsen im erwachsenen Zustande vorkommen, da sie ausgehen könnten von djen embryonalen Anlagen, die sich normalerweise zurückzubilden pflegen, aber unter Umständen sich auch vielleicht weiter entwickeln können*. — 139 — 42. Ob bei der weiteren Ausbildung der „apokrinen" Drüsen an Stellen des Körpers, an denen sie für gewöhnlich schon während der Entwickelung zugrunde gehen, auch milchdrüsenartige Bil- dungen entstehen können, muß noch weiter untersucht werden. Da solche Bildungen auch ganz außerhalb der Milchlinie liegend gefunden worden sind, so am Rücken, so au der Außenfläche und Innenfläche des Oberschenkels — vielleicht könnte man noch einen Fund auf der Schulterhöhe hierzu rechnen — so möchte ich es für möglich halten, daß in der Tat eine solche Entstehung dieser ab- errierenden Milchdrüsen anzunehmen ist. Ich wüßte sonst keine andere Möglichkeit, wie ihre Bildung zu erklären sein würde. — 140 - Literaturverzeichnis Albrecht und Schmaus (1894), Über Karyorrhexis. (Virchows Arch., Bd. 138.) Cit. n. Limon. Altmann, R. (1890), Die Elementarorganisiiien und ihre Beziehungen zu den Zellen. Leipzig, Veit u. Co. 145 S., mit 21 Tafeln. Alzheimer, Alois (1888), Über die Ohrenschnialzdrüsen. (Verh. d. 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Kamerunneger, 21 Jahre, Pubes, a-Drüse, Einmündung in Haarbalg. Vergr. 31. Fig. 8. Hund, a-Drüse, Einmündung in Haarbalg. Vergr. 31. Fig. 9. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, a-Drüsen zu beiden Seiten des Haares, ebenso e-Drüsen: der Ausführungsgang der rechtsgelegenen im Verlaufe zur freien Ausmündung von dem Haare abbiegend. Vergr. 31. Tafel II. Fig. 10. Chinese, 30 Jahre, Haar mit a-Drüse rechts und e-Drüse hnks. Haardrüse nur unvollkommen sichtbar, Haarbalgmuskel. Vergr. 31. Fig. 11. Deutsehe Frau, Achselhöhle, Einmündung einer a-Drüse in Haarbalg. Dieser letztere nur zum Teile, bis zur Haardrüse sichtbar. Vergr. 31. Fig. 12. Deutsche Frau, Achselhöhle, dicker Schnitt, Übersichtspräparat für a-Drüse mit Ausführungsgang bis zur Einmündung in den Haarbalg und das Lageverhältnis zur Haardrüse. Vergr. 31. Fig. 13. Australier, Wangenhaut. Parotidengegend, a-Drüse und e-Drüse, die erstere di>.'ht am Haarbalge unterhalb der Haardrüse, die letztere weiter rechts gelegen. Der Ausführungsgang der a-Drüse mündet ganz oben in die Haarbalg- ausmündung. Vergr. 31. Fig. 14. Deutsches Mädchen, Achselhöhle, Übersichtsbild, a-Drüsen und e-Drüsen. Vergr. 18. Fig. 15. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, Flächenschnitt, Haarquerschnitt umgeben von a-Drüsen und e-Drüsen, welche zusammengefaßt durch Bindegewebszüge in einer Abteilung liegen. Vergr. 31. Tafel III. Fig. lö. Deutsches Mädchen, 24 Jahre alt, Labium majus, unten ein Stück einer a-Drüse, weiter oben Stücke von einer e-Drüse, ferner durch das ganze Corium hindurch Züge von glatten Muskelfasern, die deuthch rot hervortreten. Ver- größerung 31. Fig. 17. Chinese, 30 Jahre, Pubes, Flächenschnitt, Haarquerschnitt umgeben von a-Drüsen und e-Drüsen, um das gegenseitige Lageverhältnis zu zeigen. Vergr. 31. Fig. 18. Chinese, 30 Jahre alt, Achselhöhle, Übersichtsbild über die Lage der a-Drüsen und e-Drüsen. Vergr. 18. Fig. 19. Kamerunneger, 21 Jahre alt, Achselhöhle, Übersichtsbild über die Lage der a-Drüsen und e-Drüsen. Ver- größerung 18. Fig. 20. Deutsche Frau, Achselhöhle, Flächenschnitt, Querschnitte von Haaren mit Haardrüsen, dazwischen Teile von e-Drüsen; zur Demonstration der glatten Muskelbündel, welche das Corium durchziehen und scharf rot gefärbt hervor- treten. Vergr. 31. Tafel J\'. Fig. 21. Deutsche Frau, Achselhöhle, a-Drüse, Querschnitt durch den Drüsengang. (Ampulle), Auswuchszellen (Pa- pillenzellen), außen deutliehe Muskelfasern, oben durchschimmernde Korne der tiefer gelegenen Epithelzellen. Vergr. 520. Fig. 22. Deutsche Frau, Achselhöhle, a-Drüse, Querschnitt, durch den Drüsengang (Ampulle), zum Teile mittelhohe Epithelzellen, zum Teile solche, die zu Auswuchszellen auszuwachsen im Begriffe stehen. Außen Muskelfasern. Vergr. 520. löl — Fig. 23. Deutscht- Krau, At-h^tlhöhlc, a-Drüse, Längssfhnitt durch einen Drüsengang (Ampulle), hohe Epithelzellen, die zu Auswuchszellen auswachsen; in dem nach dem Lumen gerichteten Abschnitten derselben liegen zum Teile dunk- lere, körnige, kugelförmige Massen, zum Teile Vakuolen, rechts unten ein Stück eines abgestoßenen oder abgeschnittenen Auswuchses frei im Lumen. Außen lange Muskolkerne. Vergr. 520. Fig. 24. Deutsche Frau, Achselhöhle, ein Stück eines Schrägschnittes aus dem Drüsengange (Ampulle) einer a-Drüse. Auswuchszellen und abgestoßene Auswüchse im Lumen. Außen Muskelfasern. Vergr. 520. Fi<'. 25. Mann (Pole). Molhche Drüse aus dem oberen Augenlide, Stück aus dem Querschnitte eines Drüsen- ganges, mittelhohe Zellen, meist an der nach dem Lumen gewandten Seite eine mehr oder weniger deutliche Crusta zei- gend. Im Lumen zahlreiche abgestoßene Auswüchse oder Teile von solchen. Außen Muskelfasern mit deutUchen Kernen. Vergr. 520. Fig. 26. Mann (Pole), Molhehe Drüse aus dem oberen Augenlide, Teil eines Querschnittes aus dem Drüsengange (Ampulle), hohes Epithel, aber noch vor der Auswuchsbildung; der zwischen Kern und Lumen gelegene Teil der Zelle ist erfüllt von zahlreichen Körnchen. Vergr. 520. Fig. 27. Mann (Pole), Molhche Drüse, Teil eines Schrägschnittes durch einen Drüsengang (Ampulle), hohe Zellen, wie auf Fig. 26, zum Teile bereits ausgewachsen zu Auswuchszellen, zum Teile im Übergange dazu. Vergr. 520. Fig. 28. Austraher, Wangenhaut (Parotidengegend), a-Drüse, Querschnitt durch den Drüsengang (Ampulle), hohes Epithel mit Körnchen in dem Teile zwischen Kern und Lumen entsprechend Fig. 26, außen herum Muskelfasern im Quer- und Schrägschnitte und Kerne der Bindegewebsschicht. Vergr. 520. Fig. 29. Australier, Wangenhaut (Parotidengegend), Teil eines Querschnittes durch den Drüsengang einer a-Drüse mit niedrigem Epithel, außen Muskelfasern. Vergr. 520. Fig. 30. Australier, Wangenhaut (Parotidengegend), e-Drüsen, Querschnitt durch Drüsengang. Außen Bindegewebs- kerne. Vergr. 520. Fig. 31. Australier, Wangenhaut (Parotidengegend), e-Drüse, Querschnitt durch den Ausführungsgang. Außen Bindegewebskerne. Vergr. 520. Tafel V. Fig. 32. Kamerunneger, 21 Jahre, Pubes, e-Drüse. Außerhalb des Epithels zunächst glatte Muskelfasern, hin und wieder mit Kernen, weiter außen Bindegewebe mit Kernen. Vergr. 520. Fig. 33. Kamerunneger, 21 Jahre, Achselhöhle, e-Drüse, Querschnitt durch Drüsengang. Zwischen dem Epithel hin und wieder Wanderzellen. Außen Muskelfasern. Vergr. 520. Fig. 34. Kamerunneger, 21 Jahre, Kopfhaut, e-Drüse, Querschnitt durch Drüsengang. Außerhalb des Epithels hin und wieder Muskelfasern, nach außen von ihnen Bindegewebskerne. Vergr. 520. Fig. 35. Kamerunneger, 21 Jahre, Achselhöhle, a-Drüse, Querschnitt durch Ausführungsgang. Vergr. 520. Fig. 36. Kamerunneger, 21 Jahre, Achselhöhle, e-Drüse, Querschnitt durch Ausführungsgang. Vergr. 520. Fig. 37. Deutsche Frau, Achselhöhle, a-Drüse, Übersichtsbild bei schwächerer Vergrößerung zum Vergleiche mit anderen. Vergr. 106. Fig. 38. Deutsche Frau, Achselhöhle, a-Drüse und e-Drüse dicht beieinander liegend, Übersichtsbild, zum Vergleiche der beiden Drüsen untereinander und mit anderen. Die nach unten gelegene a-Drüse zeigt weit größere Drüsenlumina als die oben gelegene e-Drüse, aber weit kleinere als die aus derselben Hautstelle entnommene a-Drüse in Fig. 37, die Drüsenlumina sind bei diesen Drüsen eben sehr verschieden groß. Vergr. 106. Fig. 39. Katze, Maulwinkcl, a-Drüse, bei schwächerer Vergrößerung, zum Vergleiche mit den anderen Drüsen. Münchener Präparat. Vergr. 106. Fig. 40. Chinese, 30 Jahre, e-Drüse, aus der Parotidengegend; als Beispiel für die gewöhnlichen e-Drüsen. Zum \crgleiche mit den anderen Drüsen, bei schwächerer Vergrößerung. Vergr. 106. Fig. 41. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, große e-Drüse (e. gr. -Drüse), wie sie, die gewöhnlichen e-Drüsen ver- tretend, in der Achselhöhle des Chinesen vorkommen, neben den a-Drüsen. Übersichtsbild bei schwächerer Vergrößerung zum Vergleiche mit den anderen Drüsen. Oberhalb der Drüse Stücke des Ausführungsganges. Vergr. 106. Fig. 42. Australier, Wangenhaut (Parotidengegend), e-Drüse, Übersichtsbild bei schwächerer Vergrößerung zum Vergleiche mit den andern Drüsen. Vergr. 106. Fig. 43. Australier, Wangenhaut (Parotidengegend), a-Drüse, bei schwächerer Vergrößerung zum Vergleiche mit den anderen Drüsen. Vergr. 106. Fig. 44. Dasselbe. Die Lumina größer und das Epithel höher als in Fig. 43, als Beispiel für das verschiedene Aus- sehen dieser Drüsen. Vergr. 106. ^ — 152 — Tafel VI. Fig. 45. Katze, Haut der Fußsohle, e-Drüse, Querschnitt durch Drüsengang, außerhalb des Epithels einige Muskel- fasern. Vcrgr. 520. Fig. 46. Dasselbe, Lumen größer, außen viele Muskelfasern, zwischen den Epitbelzellen hin und wieder eine Wander- zelle. Vergr. 520. Fig. 47. Deutsche Frau, Achselhöhle, a-Drüse, Ausführungsgang im Längsschnitte. Im Lumen des Ganges die Kerne der im Boden gelegenen Zellen durchschimmernd. Vergr. 520. Fig. 48. Deutsche Frau, Achselhöhle, e-Drüsen, Querschnitt durch Ausführungsgang. Vergr. 520. Fig. 49. Deutsche Frau, Achselhöhle, a-Drüse, Querschnitt durch Ausführungsgang, um das Lumen ein breiterer, stärker rot gefärbter Saum. Vergr. 520. Fig. 50. Deutscher Mann, 17 Jahre, Achselhöhle, e-Drüse, Querschnitt durch Drüsengang, außerhalb des Epithels Muskelfasern, zwei davon mit Kern, außerhalb davon Bindegewebskerne, in den Drüsenzellen ein paar Vakuolen, der an das Lumen stoßende Teil der Zellen dunkler gefärbt. Vergr. 520. Fig. 51. Deutscher Mann, Kopfhaut, e-Drüse, Querschnitt durch Drüsengang, außerhalb des Epithels Muskelfasern, zum Teile mit Kernen, ferner Wanderzellen, ganz außen Bindegewebskerne in dem umhüllenden Bindegewebe. Vergr. 520. Fig. 52. Chinese, 30 Jahre, Pubes, e-Drüsc, Querschnitt durch Drüsengang. Das an das Lumen stoßende Ende der Drüsenzellen zeigt eine feine Crusta, außen Muskelfasern, dann Bindegewebe mit Kernen. Vergr. 520. Fig. 53. Chinese, 30 Jahre, Kopfhaut, e-Drüse, außen von den Epithelzellen Muskelfasern und ein paar Binde- gewebskerne, zwischen den Epithelzellen ein paar Wanderzellen. Vergr. 520. Fig. 54. Chinese, 30 Jahre, Parotidengegend, e-Drüse, Querschnitt durch Ausführungsgang in dem weiteren, proxi- malen Teile, um das Lumen herum ein breiterer, tiefer roter Saum. Vergr. 520. Fig. 55. Chinese, 30 Jahre, Kopfhaut, Flächenschnitt, e-Drüse, Querschnitt durch Ausführungsgang in dem engeren distalen Teile. Um das Lumen ein breiterer stärker rot gefärbter Saum. Vergr. 520. Fig. 56 Chinese, 30 Jahre, Kopfhaut, Flächenschnitt, c-Drüse, Querschnitt durch Ausführungsgang aus dem wei- teren proximalen Teile. Um das Lumen ein breiterer, stärker rot gefärbter Saum. Vergr. 520. Fig. 57. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, e. gr. -Drüse (große e-Drüse), wie sie hier in der Achselhöhle statt der ge- wöhnlichen e-Drüsen vorkommen. Querschnitt durch zwei Drüsengänge. Der innere Teil der Zellen zum Teile dunkler gefärbt. Zwischen den Drüsenzellen hin und wieder eine Wanderzelle, außen Muskelfasern und Bindegewebskerne. Vergr. 520. Fig. 58. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, e. gr. -Drüse. Querschnitt durch Ausführungsgang im Verlaufe des distalen Teiles. Vergr. 520. Fig. 59. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, e. gr. -Drüse, Querschnitt durch proximalen Ausführungsgang dicht an den Drüsenteilen. Vergr. 520. Fig. 60. Chinese, 30 Jahre, Achselhöhle, e. gr. -Drüse, Querschnitt durch den Ausführungsgang im distalen Teile. Vergr. 520. Tafel VII. Fig. 61. Maulwurf, Eückenhaut, a-Drüse, der oberste Teil des Drüsenganges (Ampulle) und der ganze Ausführungs- gang bis zu der Mündung unmittelbar neben einem Haarbalge, resp. in den äußersten Teilen der Haarbalgmündung. Der distalste Teil, in der Epidermis, das „Endstück", zeigt Pigmentkörnchen, der dann folgende Abschnitt, das „Mittelstück", zeigt im allgemeinen nur eine Zellage, nur hin und wieder noch eine äußere zweite, er tritt zwischen zwei dicht anliegenden Haardrüsen hindurch. Hier beginnt ein proximaler Abschnitt, das ,, Anfangsstück", der sich von dem übrigen Ausführungs- gange durch die Stellung der Kerne und ihre dunklere Färbung, sowie durch die stärkere Rotfärbung der Zellen unter- scheidet, und in den Anfang des Drüsenganges, der Ampulle, überleitet. In diesem Abschnitte liegen, an einer Stelle der rechten Seite, die zwei Tochterkerne einer mitotischen Zellteilung. In dem Drüsengange schöne Auswuchszellen. Kur hin und wieder sieht man hier einen nach außen von den Epithelzellen liegenden, die zweite Reihe bildenden Muskelkern, entsprechend den sehr zerstreut hegenden Muskelfasern. Ganz außen Bindegewebskerne. Vergr. 415. Fig. 62. Maulwurf, Rückenhaut, a-Drüse, proximaler Abschnitt des Ausführungsganges, „Anfangsstück" und oberstes Ende des Drüsenteiles. In dem letzteren sind die Auswüchse abgestoßen und im Lumen zerfallen; außen EpithelzeUen, hin und wieder ein Muskelkern. Die oberste Zelle auf der rechten Seite befindet sich im Anfange der Mitose. In dem „Anfangsstück" wieder die dunkel gefärbten und etwas schräg gestellten Kerne, wie auf Fig. 61. Auch die weiter nach oben hin folgenden Kerne des ,, Mittelstückes" des Ausführungsganges stehen noch etwas schräg, sind lang und ziehen sich ein Ende um das zylindrische Lumen herum, man sieht sie daher, schwächer gefärbt, sich in die Tiefe fortsetzen und den Gang so teilweise umgreifen. Vergr. 415. — 153 — Fig. 63. Maulwurf, Rückenhaut, a-Drüse, zwischen zwei Haaren, in ganzer Ausdeiinung im Längs.scbnitte getroffen. Übersichtsbild jener Drüse, von der ein Teil in Fig. 61 bei stärkerer Vergrößerung dargestellt worden ist. Vergr. 106. Fig. 64. Menschlicher Embryo von 4 Monaten, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlage mit a-Drüse (am meisten nach rechts), dann auf diese folgend Haardrüsenanlage, dann Wulst, ganz links Papille. Vergr. 106. Fig. 65. Menschlicher Embryo von 4 Monaten, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlage. Das kleine Höckerchen am meisten nach rechts ist die Anlage der a-Drüse, dann folgt die Anlage der Haardrüse, dann der Wulst. Vergr. 106. Fig. 66. Menschlicher Embryo voii 5 Monaten, männlich, Wansenhaut (Parotidengegend), Haaranla^e mit Anlage von a-Drüse und Wulst, zu dem der Haarbalgmuskel schon hinzieht. Die Anlage der Haardrüse war hier nicht sichtbar. Neben dem untersten Teile des Haares rechts ein Blutgefäß im Querschnitte. Vergr. 106. Fig. 67. Menschhcher Embryo von 5 Monaten, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlage mit Anlage von a-Drüse, Haardrüse und Wulst. Haarbalgmuskel tritt schon deutlich hervor und zieht zum Teile zu dem Wulste hin, zum Teile aber an diesem vorbei nach dem unteren Teile des Haarbalges hin. Die a-Drüse ist ziemlich weit ausgewachsen. Rechts neben dem untersten Teile des Haarbalges ein Blutgefäß. Vergr. 106. Fig. 68. Menschlicher Embryo von .5 Monaten, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlage mit Anlage von a-Drüse, Haardrüse und Wulst. Der schon deutlich hervortretende Haarbalgmuskel ist nicht bis ganz zu dem Wulste hin zu verfolgen. Die a-Drüse schon ziemlich stark entwickelt. Neben dem unteren Teile des Haarbalges ein Blutgefäß. Tn der Epidermis der Haarkanal sichtbar. Vergr. 106. Fig. 69. Menschlicher Embryo von 5 Monaten, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlaije mit Anlage von Talgdrüse und Wulst, Anlage von a-Drüse nicht sichtbar. Der schon deutlich sichtbare Haarbalgniuskel zieht zum Teile zu dem Wulste hin, zum Teile an ihm vorbei. Neben dem unteren Teile des Haarbalges ein Blutgefäß. In der Epi- dermis der Haarkanal. Nach links von der Haaranlage sieht man sehr deutlich die schon ziemlich lange Anlage einer e-Drüse in das Corium hinabziehen, bis zur Berührung mit dem unteren Teile der Haaranlage. Die Haaranlage liegt eben zur Epidermis in weit spitzerem Winkel als die Drüsenanlage, so geschieht es, daß beide sich treffen, während ihre Ur- sprünge in der Epidermis weit voneinander getrennt sind. Dieses Bild dient zur Darstellung der möghchen Topographie der beiden Organanlagen. Vergr. 106. Fig. 70. Menschlicher Embryo von 6 — 7 Monaten, männhch, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlage mit An- lage von a-Drüse, Haardrüse und Haarbalgmuskel. Die a-Drüse ist hier sehr weit ausgewachsen und zeigt sogar schon am untersten Ende ein paar leichte Windungen, die durchschnitten sind. Die Haardrüse ist auffallend schlauchförmig, an der Stelle ihrer Ausmündung in den Haarbalg liegt ein Fettropfen. Vergr. 106. Fig. 71. Menschlicher Embryo von 6 — 7 Monaten, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend), Haaranlage, an der man deutlich sieht, wie die schon ziemlich große Haardrüse einmündet und wie von dieser Stelle aus eine Reihe von Fett- tropfen den Hohlraum des Haarbalges ausfüllen, neben dem gleichfalls darin liegenden Haarsehafte. Der Hohlraum des Haarbalges ist bedeutend großer als der Haarschaft. Dieser letztere ist bereits auf die Oberfläche durchgebrochen. Der Hohlraum des Haarbalges wird erst so groß von der Stelle an, wo die Haardrüse einmündet, vorher füllt der Haarschaft den Haarbalg völhg aus. Vergr. 106. Tafel VIII. Fig. 72. Neugeborener, männlich, Wangenhaut (Parotidengegend). Man erkennt, wie neben einer frei auf der Oberfläche ausmündenden e-Drüse eine Haaranlage liegt, die aber mit der Drüse an sich nichts zu tun hat. Ein zufälliges Zusammentreffen mit der an sich frei ausmündenden Drüse. Vergr. 106. Fig. 73. Cercopithecus calhtrichus, Nackenhaut. a-Drüse und e-Drüse nebeneinander, man sieht deutlich den Unterschied in der Größe und in der Färbung, hnks a-Drüse, rechts e-Drüse. Vergr. 88. Fig. 74. Cercopithecus calhtrichus, Nackenhaut, Schnitt durch den Drüsengang (Ampulle) einer a-Drüse: die großen Drüsenzellen enthalten alle mehrere Kerne (2—4), im Lumen einige abgestoßene Zellstücke von einem früheren Sekretions- stadium herrührend. Außen um die Drüsenzellen herum zahlreiche, mehr oder weniger deuthch hervortretende, schräg verlaufende Muskelfasern, mit einigen schräg liegenden Kernen, ganz außen herum Bindegewebskerne. Vergr. 41.5. Fig. 75. Pferd, Haut von Schwanzwurzel, Schnitt durch den Drüsengang (Ampulle) einer a-Drüse in dem Stadium mit niedrigen Zellen. Muskelfasern nicht sichtbar, außen Bindegewebskerne. Vergr. 415. Fig. 76. Pferd, Haut von Schwanzwurzel. Teil eines Schnittes durch den Drüsengang (Ampulle) einer a-Drüse in dem Stadium mit hohem Auswuchsepithel. Muskelfasern nicht sichtbar, oben ganz außen ein Bindegewebskern. Vergr. 415. Fig. 77. Schwein, Carpaldrüse, Übersichtsbild. Man sieht verschiedene Haare mehr oder weniger der Länge nach getroffen. Unterhalb des am meisten nach rechts liegenden Haares eine im Fette hegende a-Drüse, von der ein im Ver- Zonlogica. Heft 72. 2U — 154 — hältnisse zum Drüsengange sehr dünner Ausführungsgang zu dem Haarbalge hinzieht. In der Mitte des Bildes zwischen den Haaren eine von den starken kegelförmigen Einsenkungen der Carpaldrüse, zu welcher von links und unten her zwei Ausführungsgänge von e-Drüsen hin verlaufen, von denen der mehr nach rechts gelegene auch die Epidermis erreicht und in dieser als ein schmaler Gang hinzieht, der sich nach oben hin wieder verbreitert bis zu seiner trichterförmigen Aus- mündung in den Hohlraum der kegelförmigen Einsenkung. In der Tiefe die mächtigen Lappen der zu dem Organe gehörigen e-Drüsen. Man erkennt, daß der zum Teile in der Mitte der Lappen schon deutlich sichtbare proximale Abschnitt, das ,, Anfangsstück", des Ausführungsganges weit dicker ist als der Drüsengang (Ampulle). Ebenso sind die proximalen Ab- schnitte der beiden Ausführungsgänge auch noch im Corium so dick und weit dicker als der Ausführuhgsgäng der a-Drüse. Erst kurz vor dem Erreichen der Epidermis wird der eine Ausführungsgang plötzhch weit dünner und tritt so auch in die Epidermis ein: das „Mittelstück" des Ausführungsganges. Von dem anderen Ausführungsgange ist dieser Abschnitt in dem Corium nicht sichtbar, erst in der Epidermis das „Endstück". Auch dieser Abschnitt ist noch dicker als der Aus- führungsgang der a-Drüse. Die Drüsenschläuche der a-Drüsen dagegen sind erheblich dicker als die der e-Drüsen. Vergr. 18. Zoologica Hefl LXXD. 2. r SrhwnnzaiiMitz Katze ■31 x McuüMmtkt-l 5. ■\t ins '.' folt;,Mo!Zscfije Drüse 31 je \ \ Biirid 37 x „Scliwei?!, ,'//y -nX-v^' \\rfO hoTiTi I'ntnw .'fj x ^m Taf.l. Pole.,MoUsc/w lnii.sc :J1 x Jiitrru-mjmi e_ Cftinese A. viUct ,37 x % B ~^ S'i'Me/ferdecTcer- Zoologica Heft LXXII. Taf.II. M'>^ I hine.yi' Jllhes- .17 X 13. ^ / /:' is^ ^4iis/7'a2i€r , M'nncfe Mx V 77. w\a Weih Bonn A.\illa ii-Driixe .V x Weib Sonn ^.i-il/it a-DT'üse 31 X Mädchen Bojui AoftTtri W x Chijie.9e, A^vüln ,7T x Sclti£/ferdecker LWh^-Jtsivr.j: rjjLKt „i^.'ü/ Zoologica Heft LXM. w. Taf.lU. 17. 20. \ °c§ C/iUii-s-e J^ubes M jr Weib Bonn A.rüla cS7>- ^^i >a^ ', \

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