Sip PT a a ane ee A | ) IN à Hi Fe EN A u a em a 5 7 if rs 20 — { ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER ABTEILUNG FUR ALLGEMEINE ZOOLOGIE UND PHYSIOLOGIE DER TIERE HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. J. W. SPENGEL IN GIESSEN FÜNFUNDDREISSIGSTER BAND MIT 9 TAFELN UND 92 ABBILDUNGEN IM TEXT Pr (AY | 254109 Aalional Museum: /onal Muse Ansonian Inatitug, + JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1915 AS. *- A SUR ft ey 4 Barren an ET Rue “ “ x .. 4 2 yi ns 22 De Alle Rechte, namentl THE TU A me " i ee : FISK LA POL PERS | 5 t Inhalt. Erstes und zweites Heft. (Ausgegeben am 26. November 1914.) v. FRISCH, Kart, Der Farbensinn und Formensinn der Biene. Mit Tafel 1—5 und 12 Abbildungen im Text HırscH, Erwin, Berichtigung zu Bd. 34, S. 671. Drittes Heft. (Ausgegeben am 13. August 1915.) PRELL, HEINRICH, Uber die Beziehungen zwischen primären und sekundären Sexualcharakteren bei eae ee Mit Tafel 6 und 3 Abbildungen im Text ScHLEIP, W., Uber die Frage nach der eteilioung ae Newer systems inet Farbenwechsel von Dixippus : CROZIER, W. J., The sensory reactions of Holothuria surinamensis Ludwig. With 3 figures in the text . JORDAN, HERMANN, Uber die Art, wie Mactra ae Bah in den Gund einwühlt v. BUDDENBROCK, W., Die ee von en, es Histologie und Physiologie. Mit Tafel 7—8 und 14 Abbildungen im Text Viertes Heft. (Ausgegeben am 15. Dezember 1915.) HIRSCH, GOTTWALT CHR., Die Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. Mit 44 Abbildungen im Text v. FRANKENBERG, GERHARD, Die Schwimmblasen von reihe Mit 16 Abbildungen im De ER : PRELL, HEINRICH, Uber die Berichten zwischen primären und sekundären Sexualcharakteren bei Schmetterlingen. II. Mit Tafel 9. Seite 183 225 233 298 302 359 505 593 Inhaltsibersicht, = i i v. Frisch, Karu, Der Farbensinn und Formensinn der Biene. Mit Tafel 1—5 und 12. Abbildungen im Text, „u, ze, 1% Hırsch, Erwin, Berichtigung. eee Verlag von Gustav Fischer in Jena. | ne —————— u FUN ER IT ——— = = Der Lichtsinn augenloser Tiere. Winipaid A Nagel, Pree Doz. d. Physiologie in Freiburg i.B. Mit 3 Textfig. 1896. Preis: 2 Mark 40 Pf | | ee : Von Prof. Dr. Richard Hesse, Das Sehen der niederen Tiere. Priv.-Doz. d. Zoologie in Tübingen, Erweiterte Bearbeitung eines auf der 79. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Dresden 1907 gehaltenen Vortrags. 1908. Preis: 1 Mark 20 Pf. Vergleichende Physiologie des Gesichtssinnes. . Von Prof. Dr. ©. v. Hess, Geheimrat in Würzburg. Mit 3 Tafeln und 45 Figuren im Text. (Abdruck aus Handbuch der vergleichenden Physiologie, herausgegeben von Hans Winterstein. Bd. IV.) 1912. Preis: 11 Mark. Inhalt: I. Lichtsinn. 1. — bei Wirbeltieren. 2. — bei Wirbellosen. 3. Rückblick. Literatur. — II. Dioptrik, sichtbare Lichtwirkungen am Sehorgan. 1. Das Sehorgan der Wirbeltiere. 2. Das Sehorgan der Wirbellosen. 3. Literatur. — IH. Akkommodation. — Literatur. — Autoren- und Sachregister. Die vergleichende Forschung hat beim Studium des Sehorgans sich. lar Zeit vorwiegend anatomischen Aufgaben zugewendet. Erst die Arbeiten der letz Jahre haben gezeigt, daß von der vergleichenden Physiologie des Gesichtssin weite und bedeutende Gebiete einer wissenschaftlichen Behandlung in wesent srößerem Umfange zugängig sind, als bisher vielfach für möglich gehalten wu Es ergaben sich neue Befunde und Fragestellungen, die für die Physiologie sell wie für manches Nachbargebiet, wohl auch für die vergleichende Physiologie, Interesse werden können. Aus den neugewonnenen Gesichtspunkten lassen sich i Irrtümer aufklären, Widersprüche lösen, bis dahin unverständliche Befunde lei verständlich machen und mit anderen, scheinbar fernabliegenden, verknüpfen. We dieser Wichtigkeit des Gegenstandes und weil sich die Arbeit an einen größe Kreis von Interessenten aus verschiedenen Disziplinen wendet, ist die Sonderausg . veranstaltet worden. Neben Physiologen sind es namentlich Ophthalmologen, Zoolog Psychologen und Physiker, die von der Schrift werden Kenntnis nehmen müs: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnt Beitrag zur Theorie der Licht- und Farbenempfindung auf anatomisch-physi lischer Grundlage. Von Dr. E. Raehlmann, Prof. in Weimar. Mit 16 bildungen im Text. 1907. Preis: 1 Mark 50 Inhalt: I. Die SteNung der Sehzellen a) bei niederen Tieren mit sog Richtungsaugen. b) im Napfauge und dem Stemma. c) im sogen. Fächera d) Die Stellung der Sebzellen und Stäbchen im Cameraauge (der Wirbeltiere, Cephalopoden, von Pekten). — II. Die biologische Bedeutung des Tapetums. Ifl. Die Farbenempfindung der Tiere. Der Begriff des Instinktes einst und jetzt. Eine Stu über die Geschichteund die Grundlagen der Tierpsychologie. Von Dr. Heinri Ernst Ziegler, Prof. der Zoologie a. d. Technischen Hochschule in Stuttg der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart und der Landwirtschaftlichen He schule in Hohenheim (früher. Prof. a. d. Universitäten Freiburg i. Br. und Je Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. Mit einem Anha! Die Gehirne der Bienen und Ameisen. Mit 16 Abbildungen im T und 2 Tafeln. 1910. Preis: 3 Me Inhalt: Einleitung. —1, Die Tierpsychologie im Altertum. — 2. Der Insti begriff der Kirchenlehre. — 3. Die Gegner der kirchlichen Lehre vom Instinkt. 4. Der vitalistische Instinktbegriff. — 5. Darwin. — 6. Die Lamarckisten. — «. , neuere Tierpsychologie. — 8. Die Unterschiede der instinktiven und der verstan mäßigen Handlungen. — 9. Die Frage des Bewußtseins und des Gefühls. 10. Die histologische Grundlage. — 11. Die Unterschiede der Tierseele und Menschenseele. — Anhang: Die Gehirne der Bienen und Ameisen. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Der Farbensinn und Formensinn der Biene, Von Karl v. Frisch (Privatdozent und Assistent am Zool. Institut München). Mit Tafel 1—5 und 12 Abbildungen im Text. Inhalt. Einleitung 3 ; 1. Nachweis des Farbensinnes . 2. Beschaffenheit des Farbensinnes 3. Der Farbensinn der Biene und die een a) Die Blumenfarben im allgemeinen . SEE OT ENTER b) Der „Farbenwechsel“ der FR „Kontrastfarben“ und „Saftmale® . . WER CAEN men c) Dee. „Lieblingsfarben * ie: Bienen. à 4. Der Formensinn der Biene und seine Rires Per Bien besuch . SR ENTER LEE AE nf fe Ana 5. Mißglückte Dressurversuche mit unnatürlichen Formen; ein Bei- trag zur Psychologie der Biene. . 6. Biologische Notizen neh Sag ER . Die praktische Bedeutung eines farbigen Anstriches der Bienen- stöcke; Versuche über die Orientierung der Bienen bei der Heimkehr in den Stock a) Historisches . . b) Eigene Versuche ë c) Ratschläge für den Imker -] Zusammenfassung . . Anhang. el zu a Kapitel iG und 9 Mee caeverzoiahnie 3 £ Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 1 à) Karu v. Frisch, Einleitung. In den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts legte J. G. KÖLREUTER (47) den Grund zu der Erkenntnis von der wechselseitigen An- passung zwischen Blumen und Insecten, indem er als Erster auf die Notwendigkeit des Insectenbesuches für die Bestäubung vieler Blüten ausdrücklich hinwies. Bald darauf, im Jahre 1793, ver- öffentlichte CHRISTIAN KONRAD SPRENGEL (103) sein bekanntes Werk: „Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen“; es enthält in klarer Darstellung die Grundzüge der „Blumentheorie“, welche die Eigentümlichkeiten, durch die sich die „Blumen“ von den unscheinbaren Blüten unterscheiden, als An- passungen an den Insectenbesuch auffaßt. Wie SPRENGEL in der Einleitung erzählt, war er bei der Betrachtung der Blüte eines Storchschnabels auf die feinen Haare an dessen Blumenblättern auf- merksam geworden und er dachte nach, wozu sie dienen könnten; er fand sie geeignet, die süßen Safttrépfchen der Blumen vor der Verwässerung durch Regen zu schützen, ohne doch den Insecten den Zutritt zu ihnen zu verhindern. Und je mehr er die Unter- suchung auf andere Blumen ausdehnte, desto mehr sah er ein, daß ‘ihr süßer Saft „um der Insekten willen abgesondert werde, und, damit sie denselben rein und unverdorben genießen können, gegen den Regen gesichert sey.“ Ein Vergißmeinnicht brachte ihn auf den Gedanken, daß hier der gelbe Ring, welcher die Öffnung der Kronenröhre umgibt und gegen die himmelblaue Farbe des Kronen- saumes so schön absticht, den Insecten beim Auffinden des Saftes als Wegweiser diene. Er fand auch bei anderen Blumen solche „Saft- male“ und schloß nun: „Wenn die Krone der Insekten wegen an einer besonderen Stelle besonders gefärbt ist, so ist sie überhaupt der Insekten wegen gefärbt; und wenn jene besondere Farbe eines Teils der Krone dazu dient, daß ein Insekt, welches sich auf die Blume gesetzt hat, den rechten Weg zum Saft leicht finden könne, . so dienet die Farbe der Krone dazu, daß die mit einer solchen Krone versehenen Blumen den ihrer Nahrung wegen in der Luft umherschwärmenden Insekten, als Saftbehältnisse, schon von weitem in die Augen fallen.“ Er konnte eine Bestätigung dieser Ansicht darin erblicken, daß diejenigen Blumen, welche des Abends aufbrechen, bei Tag aber geschlossen sind, keine bunten Blumenblätter, sondern eine große hellgefärbte Krone besitzen, „damit sie in der Dunkelheit, der Nacht den Insekten in die Augen fallen.... Ein Saftmaal Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 3 hingegen findet bey ihnen nicht Statt. Denn hätte z. B. die weiße Krone einer Nachtblume ein Saftmaal von einer andern, aber auch hellen Farbe, so würde dasselbe in der Dunkelheit der Nacht gegen die Farbe der Krone nicht abstechen, folglich ohne Nutzen seyn. Hätte sie aber ein dunkel gefärbtes Saftmaal, so würde dies nicht in die Augen fallen, folglich eben so unnütz seyn, als jenes.“ Er erkannte auch, daß manche Blumen nicht durch ihre Färbung, sondern durch starken Duft, andere Blumen durch Farbe und Duft zugleich die Aufmerksamkeit der Insecten auf sich lenken; und „daß alle diese Anstalten sich zwar zunächst und unmittelbar auf die Insekten, vermittelst der Dazwischenkunft dieser aber auf die Blumen selbst beziehen, indem der letzte Endzweck derselben dahin geht, daß die Blumen von den Insekten befruchtet werden.“ Jene Blüten, die nicht durch Vermittlung der Insecten, sondern durch den Wind bestäubt werden, sind ohne süßen Saft, ohne auffallende Farben und Duft. Diese Ausführungen SPrEnGEL’s haben im wesentlichen heute noch Geltung und enthalten bereits die wichtigsten Stützen der Blumentheorie. Doch wurde die Bedeutung der häufigen, zum Teil schon von SPRENGER gekannten Vorkehrungen, welche Selbst- bestäubung der Blüten verhindern und hierdurch die Mitwirkung der Insecten als Überträger des Pollens besonders erforderlich machen, erst viele Jahrzehnte später dem Verständnis nähergerückt, als Darwin (16, 17) diese Fragen wieder aufnahm und nachwies, daß Kreuzbefruchtung im allgemeinen für die Pflanzen von Vorteil ist. Darwin und Hermann MÜLLER (62, 63) haben die Theorie SPRENPEL’s durch zahlreiche neue Beobachtungen gestützt und aus- gebaut und machten sie erst in weiteren Kreisen bekannt. Doch, so einleuchtend diese Theorie war, so gut sie fundiert schien — die Zweifler ließen nicht auf sich warten. Zwar wurde die Bedeutung des Nektars nicht in Frage gezogen, so wenig wie die Bedeutung des Blumenduftes, der die Anwesenheit der Nektar- quelle den Insecten schon auf Distanz verrät und sie hinleitet; aber jenes Merkmal der Blumen, das unseren Sinnen am meisten auf- fällt, ihre „Augenfälligkeit“, bewirkt durch die Größe der Blumen- blätter und ihre bunten Farben, sollte für den Blumenbesuch be- langlos sein. Es war vor allem Prarzau (68, 76—94), der sich be- müht hat, durch zahlreiche Versuchsreihen diese Ansicht zu be- gründen. Er fand, daß künstliche Blumen, auch wenn sie ihren Vorbildern auf das Sorgfältigste nachgeahmt waren, keine Anziehungs- 1* 4 Karu v. Frisch, kraft auf die Insecten ausübten, daß diese sich auch durch Spiegel- bilder von natürlichen Blumen nicht täuschen lieben, daß sie dagegen natürliche Blumen auch dann besuchten, wenn diese maskiert oder ihrer auffallenden Blumenblätter beraubt wurden, daß sie auffällige Blumen nicht mehr besuchten, wenn man die nektarhaltigen Teile von ihnen entfernte, dab sie dagegen unauffällige Blumen besuchten, wenn sie mit Honig beschickt wurden; aus diesen und ähnlichen Beobachtungen schloß er, daß sich die Insecten beim Blumenbesuch weder durch die Farbe noch durch die Form, sondern wahrschein- lich ausschließlich durch den Duft der Blüten leiten lassen. In dieser Angabe steckt wohl ein richtiger Kern; es scheint nach den Untersuchungen ANDREAFS (2), daß Fliegen und gewisse niedere Bienenarten beim Blumenbesuch hauptsächlich dem Duft nachgehen; in der allgemeinen Fassung aber, in der PrarTeau den Satz ausspricht, ist er gewiß falsch; er gilt vor allem nicht für die bestangepaßten und häufigsten Blumenbesucher, die Hummeln und die Honigbiene. Hierin sind alle Autoren, welche die Puarrav’schen Angaben kritisiert und nachgeprüft haben, einig (ANDREAE (2), Derro (18), v. Dopxrewicz (19), Forez (21), Gintay (28, 29), KIENITZ- GERLOFF (41, 42), Loveun (55—57), REEKER (97), Wery (109) u. a.). Ich sehe von einer eingehenden Besprechung der Prareav’schen Versuche und ihrer Kritik ab; auf manche Einzelheiten werde ich später zurückkommen; wer sich näher dafür interessiert, kann sich am raschesten in Forer’s „Sinnesleben der Insekten“ (21) orientieren. Hier genüge der Hinweis, daß vielleicht der größte Fehler PLATEAU’S — den er in seinen letzten Arbeiten selbst zugeben und daraufhin auch seine Folgerungen einschränken mußte — der war, daß er mit dem Ortsgedächtnis der Bienen und Hummeln nicht rechnete, nicht berücksichtigte, daß die gleiche Biene zu den gleichen Blumen wiederkehrt, sich ihren Standort merkt und sie dort auch sucht, wenn sie maskiert oder ihrer Blumenblätter beraubt wurden. Die späteren Untersucher haben denn auch gefunden, daß die Bienen und Hummeln, bei Berücksichtigung der nötigen Kautelen, maskierte oder der Blumenblätter beraubte Blumen nicht oder relativ schwach besuchen, daß sie aber gegen intakte, deutlich sicht- bare Blumen auch dann anfliegen, wenn sie unter Glas sind und so ein Ausströmen von Duft verhindert ist, daß sie sich auch durch künstliche Blumen täuschen lassen usw. Daß sie sich aus nächster Nähe durch den Geruchssinn darüber orientieren können, ob eine Blume Nektar enthält oder nicht, hat wohl nie jemand geleugnet. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 5 Auch auf andere Art suchte man den Nachweis zu führen, daß die Farben für die Blumen nicht belanglos sind: indem man den Farbensinn der Insecten prüfte und untersuchte, ob sie verschiedene Farben voneinander unterscheiden und ob sie bestimmte Farben, auf denen ihnen Futter geboten worden, auch unter veränderten Umständen auffinden lernen. Schon Lussock (58, 59) und Hermann MÜLLER (64) waren auf Grund von Versuchen, in welchen den Bienen auf verschiedenfar- bigen Unterlagen Honig geboten wurde, zu der Anschauung ge- kommen, daß diese Insecten Farbenunterscheidungsvermögen besitzen und gewisse Farben vor anderen bevorzugen. Den ersten Punkt hat Forez (21) bestätigt. Er ließ z. B. in seinem Zimmer eine Hummel auf einer blauen Scheibe Honig saugen. Die Hummel flog fort, kehrte wieder und untersuchte nun auch blaue Scheiben, die frei von Honig waren, mit großer Ausdauer, ließ dagegen rote Scheiben unbeachtet, auch wenn sie an die Stelle gelegt wurden, wo die Hummel zuletzt von der blauen Scheibe gefüttert worden war. Es blieb Forez nicht verborgen, daß ein solcher Versuch kein strenger Beweis für das Vorhandensein von Farbensinn ist. Die Farbe konnte auch an ihrem farblosen Helligkeitswert erkannt werden. Er dachte sich daher eine andere Versuchsanordnung aus, die ich erwähnen will, da sie der von mir benutzten Anordnung nahe kommt. Er ließ sich (21, p. 208, 209) einen großen Streifen Pappe mit einer Reihe von Feldern bemalen, die durch alle Schat- tierungen von Grau hindurch sich vom tiefsten Schwarz bis zum reinsten Weiß abstuften. Er wollte nun sehen, ob Bienen, die ge- wöhnt waren, auf blauem Papier Futter zu finden, ein reines blaues Papier auf allen Abstufungen des Grau erkennen würden; doch blieb der Versuch aus nebensächlichen Gründen unausgeführt. Nach — Forez haben noch Lovezz (56) und v. Dopxrewicz (19) ähnliche Versuche angestellt, die deutlich zeigen, daß die Bienen beim Auf- suchen einer Nahrungsquelle die Farben der Objekte beachten und sie als Merkzeichen verwerten. So war denn das Ansehen der Sprenger’schen Lehre völlig wieder hergestellt; da erfolgte in jüngster Zeit ein neuer Angriff, der um so ernster schien, als eine gewaltige Zahl von Versuchen und eine durch die besten Mittel gestützte Versuchstechnik seine Grundlage bildeten; Carz v. Hess glaubt zu folgendem Ausspruch berechtigt zu sein (34, p. 670): „Es ist wohl verständlich, dass jener geistvolle Versuch SPRENGELS, die Farben der Blumen mit dem 6 Karu v. Frisch, Besuche der Insekten in Zusammenhang zu bringen, starken Anklang finden konnte, um so mehr, als er bis jetzt den einzigen Anhalts- punkt für das Verständnis der Entwicklung der Blumenfarben zu bieten scheint. Diese Hypothese setzt aber voraus, dass die Farben von den besuchenden Insekten, wenn nicht genau gleich, doch wenig- stens bis zu einem gewissen Grade ähnlich gesehen werden, wie von uns; denn wenn die Farbenwahrnehmungen der Insekten von den unserigen wesentlich verschieden und von solcher Art sind, dass wir uns gar keine Vorstellung von ihnen machen können, dann dürfen wir, meine ich, auch nicht schliessen, daß Farben, die für unser Auge auffallend oder anziehend sind, es auch für die Bienen sein müssten. Das Vorhandensein eines dem unserigen auch nur ent- fernt ähnlichen Farbensinnes bei den Bienen ist aber durch meine Untersuchungen endgültig ausgeschlossen.“ Wir müssen uns nun seine Untersuchungen, aus denen er diese Konsequenz zieht, näher betrachten. Zu ihrem Verständnis ist es nötig, an folgende Tatsache zu erinnern: die Helligkeitsverteilung in einem Spektrum ist für das normale, farbentüchtige Menschen- auge eine andere als für das total farbenblinde Menschenauge. Wenn wir mit helladaptierten Augen ein Spektrum betrachten, er- scheint uns die Gegend des Gelb am hellsten, von hier aus nimmt die Helligkeit nach dem langwelligen und nach dem kurzwelligen Ende hin in bestimmter Weise ab. Ein total Farbenblinder (und auch der normale Mensch, wenn er hinreichend dunkeladaptiert ist) sieht das Spektrum farblos, er unterscheidet darin nur verschiedene Helligkeiten; die hellste Stelle liegt aber für ihn nicht im Gelb, sondern im Gelbgrün bis Grün, und der rote Teil des Spek- trums erscheint ihm sehr dunkel und am langwelligen Ende ver- kürzt. Durch messende Bestimmung erhält man zwei verschiedene Kurven der Helligkeitsverteilung im Spektrum, von denen eine für das farbentüchtige, die andere für das total farbenblinde Menschen- auge charakteristisch ist. Diese Kurven lassen sich in objektiver Weise auch bei Tieren feststellen, und v. Hess hat solche Bestimmungen in ausgedehntem Maße durchgeführt. Er kam zu dem Resultat, daß die Helligkeits- verteilung im Spektrum für Säuger, Vögel, Reptilien und Amphibien die gleiche ist wie für den normalen Menschen oder nur Unter- schiede zeigt, die sich zwanglos aus den anatomischen Eigentüm- lichkeiten der Netzhaut der betreffenden Tiere (Einlagerung farbiger Ölkugeln) erklären lassen. Bei Fischen und bei allen untersuchten Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 7 wirbellosen Tieren (verschiedene See- und Süßwasserkrebse, Raupen, Mücken und Mückenlarven, Käfer, Bienen, Cephalopoden, Muscheln u.a.) fand er dagegen eine Übereinstimmung ihres Helligkeitssinnes mit dem des total farbenblinden Menschen. An Fischen hat er die Versuche am weitesten durchgeführt, und an diesen mag daher seine Methode kurz erläutert werden. Er setzte z. B. in ein Bassin positiv phototactische Jungfische; sie suchten, wenn das Bassin an verschiedenen Stellen verschieden hell beleuchtet wurde, die hellsten Stellen auf. Entwarf er nun in dem Bassin ein Spektrum, so sam- melten sich die Fischchen in der Gegend des Gelberün bis Grün am dichtesten an, also an der Stelle, die dem total farbenblinden Menschenauge am hellsten erscheint. Um die Helligkeitsverteilung für Fische messend zu bestimmen, brachte er sie in ein Bassin, das zur Hälfte mit weißem Licht, dessen Intensität meßbar variiert werden konnte, zur anderen Hälfte mit einem bestimmten homo- genen Lichte bestrahlt war und stellte nun für verschiedene Farben die Intensität des weißen Lichtes fest, bei welcher sich die Fische gleichmäßig in beiden Bassinhälften verteilten, bei welcher ihnen also offenbar das farbige Licht gleich hell erschien wie das weiße. Er erhielt so eine Kurve, die mit der Kurve der Helligkeitsvertei- lung für das total farbenblinde Menschenauge in auffallender Weise übereinstimmte. Im Wesentlichen auf ähnliche Art sind die Versuche an wirbel- losen Tieren durchgeführt. Bienen erwiesen sich für feinere messende Untersuchungen nicht geeignet; immerhin ließ sich folgendes feststellen: wurden etwa 50—60 Tiere aus dem Stock in ein Parallel- wandgefäß gebracht, so eilten die positiv phototactischen Tiere, wenn ein Spectrum in dem Gefäß entworfen wurde, lebhaft nach dem Gelbgrün bis Grün. Wurde der Behälter zur Hälfte rot, zur anderen Hälfte blau belichtet, so eilten die Bienen ins Blau, auch wenn dem farbentüchtigen Menschenauge das Rot deutlich heller erschien; erst wenn das Rot viel heller gemacht wurde als das Blau, gingen die Bienen in die rote Hälfte (34, p. 660, 661); also auch hier fand v. Hess die zwei für den Helligkeitssinn des total farbenblinden Menschenauges charakteristischen Merkmale: die Verschiebung der hellsten Stelle nach dem Grün zu und den relativ geringen Reizwert lang welligen Lichtes. Der Schluß war naheliegend, daß die Fische und die wirbellosen Tiere total farbenblind seien, und v. Hess glaubt zu diesem Schlusse um so mehr berechtigt zu sein, als er zeigte, daß die älteren Ver- 8 Karn v. Friscu, suche, einen Farbensinn bei Fischen und niederen Tieren nachzuweisen, durchaus den wesentlichen Unterschied zwischen Farbenunter- scheidungsvermögen und Farbensinn nicht berücksichtigt hatten; mit dem Nachweis des ersteren ist ein Farbensinn noch nicht erwiesen; auch der total farbenblinde Mensch vermag Farben zu unterscheiden, er erkennt sie an ihrem charakteristischen farb- losen Helligkeitswert. Und so konnten auch Foret, LovELL u. A. ihre Bienen an eine bestimmte Helligkeit gewöhnt haben, während sie sie an die Farbe zu gewöhnen glaubten. So bestechend die v. Hxss’schen Versuche auf den ersten Blick erscheinen mögen, beweisend sind sie nicht. Denn der Schluß, dab ein Tier, weil es das Spektrum in der Gegend des Gelbgrün bis Grün am hellsten und am langwelligen Ende verkürzt sieht, total farbenblind sein müsse, ist durchaus nicht zwingend; v. Hess meint, seine Befunde lehren, „dass die Bienen ... sich in allen hier in Betracht kommenden Beziehungen so verhalten wie ein unter ent- sprechende Bedingungen gebrachter totalfarbenblinder Mensch“ (36, p. 84); die wichtigste der „hier in Betracht kommenden Beziehungen“ ist aber doch wohl die, ob Farben nach ihrer Qualität oder nur nach ihrer Helligkeit unterschieden werden. Und über diesen Pankt geben die v. Hxss’schen Spektrumversuche gar keinen Aufschluß. Man wird ein Wesen, das die Farben lediglich nach ihrer Helligkeit unterscheidet, als total farbenblind bezeichnen, auch dann, wenn für dieses Wesen die Helligkeitsverteilung im Spektrum eine andere ist als für den total farbenblinden Menschen. Und man wird andrerseits einem Wesen, welches Farben nach ihrer Qualität unterscheidet, einen Farbensinn zusprechen, auch dann, wenn die Helligkeitsverteilung im Spektrum für dieses Wesen mit der für den total farbenblinden Menschen gefundenen Helligkeits- verteilung übereinstimmt. Daß Tiere mit solchem Helligkeitssinn, wie ihn v. Hess bei Fischen und Wirbellosen gefunden hat, total farbenblind sein müßten, ist eine Verallgemeinerung eines am Menschen gewonnenen Erfahrungssatzes — eine Verallgemeinerung, deren Berechtigung durch nichts erwiesen ist. Daß tatsächlich Fische, trotz ihres von v. Hess festgestellten Verhaltens, Farbensinn be- sitzen, habe ich kürzlich gezeigt (22—24), und im Verein mit KuPpEL- WIESER (27) konnte ich das Gleiche für Daphniden nachweisen.’) 1) v. Hess gibt dies freilich nicht zu. Er sucht meine Arbeiten dadurch zu diskreditieren, daß er immer wieder erklärt, sie seien laien- Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 9 - Hiernach ist man auch nicht mehr berechtigt, bei Bienen und anderen wirbellosen Tieren aus ihrem oben geschilderten Verhalten im Spektrum auf totale Farbenblindheit zu schließen. Ebensowenig war aber ihr Farbensinn bisher erwiesen; v. Hess hat das un- bestreitbare Verdienst, auf die Mängel der bisher gebräuchlichen Methoden zum Nachweise des Farbensinnes bei niederen Tieren hin- gewiesen zu haben. Bei diesem Stand der Dinge schien es mir angezeigt, neue Ver- suche über den Farbensinn der Bienen anzustellen; die Resultate habe ich in zwei Vorträgen (25, 26) zum Teil schon kurz publiziert. Bevor ich an ihre ausführliche Schilderung gehe, möchte ich Jenen danken, ohne deren Hilfe ich die Arbeit in dieser Weise nicht hätte durehführen können. Durch den Umstand, daß auf dem väterlichen Landsitze am Wolfgangsee, wo diese Arbeit in den Sommern 1912 und 1913 entstanden ist, eine beträchtliche Zahl von Freunden und Verwandten zu gemeinsamem Ferienaufenthalt zusammenströmt, stand mir ein ganzer Stab von zuverlässigen Hilfskräften zu gebote, die, wie man sehen wird, für die Mehrzahl der Versuche nötig waren. Besonderen Dank schulde ich meinem Freunde Dr. Orro KoEHLER und vor allem Herrn Hofrat SıcmunD Exner, der mir stets mit Rat und Tat beigestanden hat. 1. Nachweis des Farbensinnes. Daß sich die Insecten an gewisse Farben gewöhnen, auf sie „dressieren“ lassen und sie von anderen Farben zu unterscheiden vermögen, darüber kann nach den Versuchen von LUBBOocK, FOREL, LovELtL, v. DoskIewicz u. A. kein Zweifel herrschen. Die Frage haft und ohne Kenntnis der Physik und Physiologie der Farben an- gestellt. Ein stichhaltiger Beweis für diese Behauptung wird nicht er- bracht. Wo er mir , Versuchsfehler“ vorwirft, handelt es sich entweder um unzutreffende Behauptungen seinerseits oder um Details, die für das Wesen des Versuches gänzlich belanglos sind. Meine entscheidenden Ver- suche erklärt er sämtlich für unrichtig. Dabei pflegt er negative Resul- tate, die er bei einer von der meinigen wesentlich abweichenden Versuchs- anordnung erhalten hat, als „Beweis“ für die „Unrichtigkeit“ meiner positiven Resultate ins Feld zu führen. Ich protestiere gegen diese in der Wissenschaft nicht übliche Methode der Polemik, und ich kann verlangen, daß v. HESS so wegwerfende Redensarten, wie sie namentlich in seinen letzten Publikationen auf Kosten einer sachlichen Kritik meiner Versuche überhandnehmen, entweder im einzelnen begründet oder unterläßt. 10 Kary v. Frisco, ist, ob diesem Farbenunterscheidungsvermögen ein Farbensinn zu- erunde liegt oder ob die Insecten total farbenblind sind und die Farben nur nach ihrem farblosen Helligkeitswert unterscheiden und erkennen. Im letzteren Falle wäre die Sprencen’sche Lehre, dab die Blumenfarben „um der Insekten Willen“ da seien, insofern nicht zutreffend, als nicht die Farbe der Blumen, sondern nur ihre Helligkeit von jenen als Merkzeichen benützt würde. Welche Umstände hätten dann die Entwicklung der Blumen- farben veranlaßt? Was hätte vor allem die Entstehung jener komplizierten Einrichtungen im Bau der Blumenblätter bedingt, welche es bewirken, daß die Farben vieler Blüten zu den ge- sättigtesten Farben gehören, die wir im een Leben zu sehen bekommen (ExNER, 20)? Die erste und wichtigste Frage für mich war somit die nach dem Vorhandensein von Farbensinn bei den Insecten. Der Weg zu ihrer Entscheidung ist durch folgende Überlegung gegeben. Ist ein Tier total farbenblind, so sieht es eine Farbe, sagen wir ein Gelb, genau so wie ein Grau von bestimmter Helligkeit. In einer Serie grauer Papiere, welche in hinreichend feinen Helligkeitsabstufungen von Weiß bis zu Schwarz führt, muß also ein Grau enthalten sein, das für das Tier mit dem Gelb identisch ist. Wenn man ihm nun ein gelbes Blatt in einer solchen Serie grauer Blätter von gleicher Form, Größe und Oberflächenbeschaffenheit vorlegt, so kann es das gelbe Blatt nicht mit Sicherheit herausfinden, es muß dasselbe mindestens mit einem der grauen Blätter verwechseln. Man muß nur das Tier veranlassen, nach der gewünschten Farbe zu suchen, und dies geschieht am einfachsten durch Dressur mit Hilfe von Futter. Ich habe die Untersuchung zunächst auf die Honigbiene (Apis mellifica L., deutsche Rasse) beschränkt, die für die Befruchtung . der Blumen von all unseren Insecten die größte Rolle spielt und überdies aus verschiedenen Gründen zum Versuchstier hervorragend geeignet ist. Besonders sei betont, daß die Bienen auch bei Regen an die Futterstellen kamen, so daß die Versuche durch schlechte Witterung keine Unterbrechung erlitten; nur heftige Regengiisse oder große Kälte hielten die Tiere im Stock zurück. Die Grauserie, welche ich im ersten Sommer (1912) ver- wendete, hatte ich mir selbst hergestellt, und zwar durch ver- schieden langes Exponieren von mattem Kopierpapier; die Serie führte in 30, für das menschliche Auge kaum unterscheidbaren Ab- Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 11 stufungen von Weiß bis zu Schwarz. Da sich im Laufe des Sommers herausstellte, daß die Anwendung einer derart fein abgestuften Grau- serie unnötig ist (vgl. S. 20, 21), schränkte ich im zweiten Sommer (1913) die Serie auf 15 Nummern ein, die ich diesmal aus einer von H. Mirrer in Leipzig (Neumarkt 9) bezogenen Serie mattgrauer Papiere (50 Nummern) derart auswählte, daß sie in möglichst gleich- mäßigen Abstufungen von Weiß zu Schwarz führte Im ersten Sommer befestigte ich die grauen und farbigen Papiere mit Reiß- nägeln auf der Unterlage (vgl. Taf. 1 Fig. 1); für die Fortsetzung der Versuche im zweiten Sommer hatte ich sie auf Karton aufziehen lassen, wodurch die Reibnägel überflüssig wurden (vgl. Taf. 1 Fig. 4). Die Maße der Papiere waren im ersten Sommer ca. 10 x 15 cm, im zweiten Sommer 15 X 15 cm. Zu erwähnen ist noch, daß ich im zweiten Sommer an 3, schließlich an 4 Plätzen zugleich arbeitete, deren gegenseitige Lage und Entfernung aus der Skizze Fig. M, S. 81 zu ersehen ist. Die Versuche störten sich gegenseitig nicht, da, mit wenigen Ausnahmen, am gleichen Platze stets nur die gleichen Bienen verkehrten (vgl. Kap. 6). Ich begann damit, daß ich im Freien, an einer vor Regen und direktem Sonnenlicht geschützten Stelle (bei a, Fig. M, S. 81) auf einem hölzernen Tische die aus 30 Nummern bestehende Grauserie in beliebiger Reihenfolge, nicht nach der Helligkeit geordnet, be- festigte; an zwei beliebig gewählten Stellen wurden zwischen ihnen zwei mattgelbe Papiere!) (Taf. 5 No. 4) von gleicher Größe ein- gefiigt. Diese 32 Papiere wurden in mehreren Reihen angeordnet, so daß sie eine rechteckige Fläche bedeckten. Auf jedes Blatt wurde ein Uhrschälchen mit abgeflachtem Boden (Durchmesser 4 cm) gesetzt; die beiden Uhrschälchen auf den gelben Papieren wurden mit Honig gefüllt, die anderen blieben leer. Neben dem Tische breitete ich einige große, mit Honig bestrichene Papierbogen aus. Es währte nicht sehr lange, so wurden diese von Bienen entdeckt, - und es entwickelte sich ein Jebhafter Verkehr zwischen der neuen Futterquelle und einem etwa 100 m davon entfernten Bienenhaus (B,. Fig. M, S. 81). Bald wurden auch die Honigschälchen auf den gelben Papieren von ihnen gefunden, und ich entfernte nun die großen Papierbogen und fütterte ausschließlich aus den Uhrschälchen 1) Ich benutzte die bekannten HERING’schen Papiere, bezogen von RIETZSCHEL in Leipzig, Kreuzstr. 12. Die Farbenserie besteht aus 16 Nummern. Auf Taf. 5 sind Proben von ihnen aufgeklebt. 119 Karu v. Friscu, auf den gelben Papieren, anfangs mit Honig, am folgenden Tage und von da ab fast ausschließlich mit konzentriertem Zuckerwasser, das ebenso gierig genommen wurde Füllt man die Schälchen ständig nach, sobald sie leergetrunken sind, so wachsen die Scharen der kommenden Bienen bald ins Maßlose. Ich fütterte daher in Zwischenräumen von etwa !/, Stunde !); sobald die Schälchen leer sind, verfliegen sich die meisten Bienen sehr rasch, und erst wenn nach neuerlicher Fütterung die ersten Bienen mit gefülltem Magen in den Stock heimkehren, schwillt die Zahl der Besucher in wenigen Minuten zur früheren Höhe an; diese Bienen sind dann durchaus. oder doch in weit überwiegender Mehrheit die gleichen wie zuvor, wovon man sich durch Markierung überzeugen kann. Bei Einhaltung dieser Futterzeiten betrug die Gesamtzahl der Individuen, welche. an einem Versuchsplatze verkehrten, angenähert 200. Um eine Dressur auf einen bestimmten Ort zu vermeiden, wurde — und dies gilt auch für alle folgenden Versuche — die Lage der gelben Papiere häufig (fast vor jeder Fütterung) ge- wechselt. Auch wenn dies soeben geschehen war, flogen die Bienen, schon am zweiten Tage der Dressur, ohne zu suchen, direkt auf die gelben Papiere los. Hierbei war nun freilich zunächst nicht zu ent- scheiden, ob sie nicht durch den Geruch des Zuckerwassers ge- leitet wurden. Ich machte nun nach 2tägiger Dressur folgenden Versuch. Ich nahm zwei neue, unbenützte gelbe Papiere, denen also noch kein Bienengeruch anhaftete, ebenso zwei neue Schälchen für dieselben; die zwei alten gelben Papiere wurden entfernt, graue an ihrer Stelle befestigt und die neuen gelben an zwei anderen Stellen eingefüst. Dann füllte ich sämtliche Uhrschäichen, auch die auf den grauen Papieren, mit Zuckerwasser. Nun waren auf den verschiedenen Papieren für die Bienen alle Bedingungen gleich bis auf die Farbe und Helligkeit. Waren sie total farbenblind, erkannten sie also das Gelb nur an seinem farblosen Helligkeitswert, dann mußten jene grauen Papiere, welche für sie den gleichen Helligkeitswert besaßen, ebenso stark besucht werden wie die gelben; besaßen sie aber Farbensinn, so war eine Bevorzugung bestimmter grauer Papiere nicht zu erwarten, und die gelben Papiere mußten vor allen grauen bevorzugt werden. Das letztere trat ein. Die Bienen flogen ohne Zögern nach den gelben Papieren und drängten sich auf diesen um 1) Meist von ca. 7 Uhr früh bis ca. 6 Uhr abends. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 13 das Zuckerwasser, während die vielen mit Zuckerwasser gefüllten Schälchen auf den grauen Papieren unbeachtet blieben. Ich zählte mit einer Anzahl von Hilfsarbeitern die Bienen, die sich während der ersten 10 Minuten auf den Papieren niederließen. Hierbei wurde, um Unsicherheiten zu vermeiden, jede Biene gezählt, die sich setzte, gleichgiltig, ob sie vom Stock her ankam oder etwa nach kurzem Auffliegen zu dem gleichen Papier zurückkehrte, auf dem sie schon gesessen hatte (dies gilt auch für alle folgenden Versuche). Es setzten sich während der 10 Minuten 29 Bienen auf das eine, 45 auf das andere gelbe Papier, dagegen nur 3 insgesamt auf alle 30 grauen Papiere, und zwar eine auf Grau No. 131), eine auf No. 17, eine auf No. 21 (diese letztere wurde durch einen Wind- stoß in das Zuckerwasser der betreffenden Schale hineingeblasen). Nun wurde das Zuckerwasser aus den Grauschälchen wieder entfernt, und die Bienen bekamen, wie vorher, nur auf Gelb Futter. Der Versuch wurde nach 2 Stunden wiederholt, mit dem Unter- schiede, daß nur ein reines gelbes Papier (natürlich wieder an einer neuen Stelle) in die Grauserie eingefügt, das andere gelbe Papier durch ein beliebiges graues ersetzt wurde; ferner blieben diesmal eine volle halbe Stunde sämtliche Uhrschälchen mit Zuckerwasser gefüllt, und wir zählten während dieser Zeit alle Bienen, die sich setzten. Es waren dies 275 auf dem gelben Papier (das Schälchen mußte wiederholt nachgefüllt werden), dagegen nur 24 auf den grauen Papieren. Diese verteilten sich auf die 31 grauen Papiere folgendermaßen: 1 auf No. 1, 1 auf No. 3, 1 auf No. 18, 2 auf No. 19, 1 auf No. 22, 5 auf No. 25, 3 auf No. 26, 4 auf No. 27, 6 auf No. 29. Am gleichen Tage machten wir noch einen anderen Versuch. Es wurden wieder zwei neue gelbe Papiere, mit reinen Uhrschälchen versehen, an zwei neuen Plätzen befestigt, und diesmal blieben alle Uhrschälchen, auch die auf den gelben Papieren, leer.) Der Bienen- besuch war sehr rege, und es ließen sich während der folgenden 5 Minuten 220 Bienen auf den beiden gelben Papieren nieder, wo 1) Ich habe die grauen Papiere ihrer Helligkeit nach numeriert, das hellste mit No. 1, das dunkelste mit No. 30, die im zweiten Sommer verwendete Grauserie entsprechend von 1—15. 2) Auch bei fast allen folgenden Versuchen waren alle Papiere mit leeren reinen Uhrschälchen beschickt. Ich pflegte vor Beginn eines Ver- suches das Uhrschälchen auf der Dressurfarbe zu füllen und dann zu warten, bis die anwesenden Bienen sich vollgesogen hatten und abgeflogen waren. Dann konnte man sicher sein, daß nach wenigen Minuten zahl- reiche Bienen kommen würden (vgl. S. 12), und konnte in der Zwischen- zeit ungestört die nötigen Vorbereitungen treffen. 14 Kart v. Frisch, sie dichte Klumpen bildeten, die sich in und neben den leeren Uhr- schälchen herumwälzten; die beiden gelben Blätter waren ziemlich weit voneinander entfernt, und man sah häufig Bienen von einem Blatt auffliegen, um sich sogleich auf dem anderen niederzulassen. Keine einzige Biene setzte sich auf eines der 30 grauen Papiere. Es lag mir daran, das Versuchsergebnis auch photographisch festzuhalten. Da sich die dunklen Bienenkörper auf den Photo- graphien vom gelben Untergrund schlecht abhoben, dressierte ich sie nun in gleicher Weise auf Blau (No. 13, Taf. 5). 24 Stunden nach Beginn der Dressur machten wir den ersten Versuch: ein reines blaues Blatt mit einem reinen Uhrschälchen wurde an einer neuen Stelle in der Grauserie befestigt; es ließen sich auf ihm binnen 4 Minuten 282 Bienen!) nieder, während sich auf die 31 grauen Papiere insgesamt nur 3 Bienen setzten, und zwar eine auf Grau No. 17, eine auf No. 20, eine auf No. 27. Eine Stunde später wiederholte ich den gleichen Versuch, aber- mals mit einem neuen, an einem anderen Ort befestigten, mit einem reinen Uhrschälchen beschickten blauen Papier; sämtliche Uhr- schälchen ohne Zuckerwasser. Ich entfernte den Versuchstisch von seinem gewohnten Platze und stellte ihn einige Meter davon in die Sonne; ein Teil der Bienen schwärmte an dem Platze, wo der Tisch vorher gestanden hatte, suchend umher, ein großer Teil aber fand ihn sogleich auf und stürzte sich auf das reine blaue Papier und sein leeres Uhrschälchen dieses Bild ist in der Photographie Taf. 1 Fig. 1 festgehalten. (Es wurde der Tisch von oben herab photo- graphiert.) Die rechts von dem blauen Papier sichtbaren Bienen sind zufliegende Tiere, wie man an ihrem Schatten erkennt. Wie sehr sich die dressierten Bienen durch die Wahrnehmung der Farbe, wie wenig sie sich durch den Geruch des gewohnten Zuckerwassers leiten ließen, zeigt folgender, am gleichen Tage unter- 1) Die Zahl ist wohl beträchtlich höher als die Zahl der an diesen Versuchen beteiligten Bienen; denn man sah häufig, wie sich Bienen, als sie auf dem blauen Papiere nichts fanden, in die Luft erhoben und suchend über dem Tische umherschwebten, um sich alsbald neuerdings auf dem blauen Papiere niederzulassen. In diesem Falle wurden sie natürlich (vgl. S. 13) doppelt gezählt. Wenn ein Papier derart stark von Bienen besucht wurde, kann ich nicht dafür einstehen, daß das Zählungsergebnis genau richtig ist; doch wurde stets in zweifelhaften Fällen eher zu wenig als zu viel gezählt, so daß die angegebenen Zahlen wohl zu niedrig, nicht aber zu hoch sein können. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 15 nommene Versuch. Zur Erleichterung der Vorbereitung versah ich einen zweiten Tisch in gleicher Weise wie den Dressurtisch mit einer Grauserie und fiigte an einem beliebigen, vom Orte der letzten Fütterung abweichenden Platze — hierauf wurde bei allen Versuchen streng geachtet, und ich brauche es wohl weiterhin nicht mehr zu erwähnen — ein reines blaues Blatt ein. Nun wurden sämtliche Uhrschälchen mit Zuckerwasser gefüllt nur auf das blaue Papier wurde ein reines, leeres Schälchen gesetzt. Dann wurde der Dressurtisch rasch entfernt und der vorbereitete Versuchstisch an seine Stelle gesetzt. Auch jetzt stürzten sich die Bienen scharenweise auf das blaue Papier und ließen die gefüllten Schälchen, welche in nächster Nähe auf den grauen Papieren standen, zunächst ganz unbeachtet. Bevor die Aufnahme (Taf. 1 Fig. 2) gemacht wurde, hatte eine Biene in einem der Grauschälchen das Zuckerwasser entdeckt, und zu ihr gesellten sich bald mehr (im Bilde links unten); doch brauchte es eine be- trächtliche Zeit, bis in einer größeren Zahl von Grauschälchen das Zuckerwasser entdeckt wurde, und immerwährend tummelten sich zahlreiche Bienen um das leere Blauschälchen (links von diesem erkennt man in dem Grauschälchen eine ins Zuckerwasser gefallene Biene). Der Versuch mißlingt freilich, wenn man statt Zuckerwasser den stark duftenden, vielleicht auch an seinem Aussehen von den Bienen erkannten Honig anwendet; zwar fliegt auch dann die große Mehrzahl der Bienen gegen das blaue Papier an, bevor sie sich aber setzen, schwenken sie ab und landen nach kurzem Suchen an einem der Honigschälchen; einige Bienen setzten sich auch bei dieser Versuchsanordnung auf das leere blaue Papier. Als ich sämtliche Uhrschälchen, auch das auf dem Blau befindliche, mit Honig beschickte, ließen sich in den ersten Minuten auf dem blauen Papier allein ca. doppelt so viel Bienen nieder als auf allen 15 !) grauen Papieren zusammen. Ich modifizierte auch den Versuch in der Weise, dab ich sämt- liche Uhrschälchen entfernte. Die Bienen ließen sich durch diese Veränderung nicht stören und flogen auch unter solchen Umständen auf das reine blaue Papier. Der entstehende Bienenklumpen wälzte sich auf dem blauen Blatt hin und her, und zwar meist am Rande des Papiers, wo er am besten Halt fand (Taf. 1 Fig. 3). Schließlich gebe ich auf Taf. 2 Fig. 5 die Aufnahme eines Ver- 1) Diese Versuche stammen aus dem Sommer 1913, wo ich eine nur aus 15 Nummern bestehende Grauserie verwendete (vgl. S. 11). 16 Karu v. Frisch, suches wieder, bei dem die Grauserie in geordneter Reihenfolge auf- gesteckt wurde, um ihre kontinuierliche Abstufung zu zeigen. In der Mitte wurde ein neues blaues Blatt angebracht, sämtliche Uhr- schälchen waren leer und rein. Gegen die bisher geschilderten Versuche könnte man einige Einwände erheben, die ich nun besprechen möchte. Erster Einwand: Die hohe Zahl der die Dressur- papiere besuchenden Bienen beweist nichts; denn so- bald sich eine oder mehrere Bienen an einer Stelle niederlassen, setzen sich die übrigen dazu. Daß einige, manchmal eine einzige sitzende Biene unter Um- ständen eine große Anziehungskraft auf andere Bienen ausübt, kann niemandem verborgen bleiben, der sich auch nur kurze Zeit mit der- artigen Versuchen beschäftigt. Auch dann, wenn in den bisher ge- schilderten Versuchen die große Masse der Bienen nur durch das Beispiel der ersten sich setzenden Tiere veranlaßt worden wäre sich nieder- zulassen, bliebe die Tatsache bestehen, daß die ersten Bienen sich : stets auf die Dressurfarbe und nicht auf eines der vielen grauen Blätter setzten. Man kann aber zeigen, daß das Resultat im wesent- lichen das gleiche bleibt, auch wenn man die Klumpenbildung ganz verhindert. Ich legte den Blau-dressierten Bienen ein reines Blau in einer Grauserie vor, sämtliche Uhrschälchen waren leer und rein. Und nun wurde jede sich setzende Biene sofort aufgejagt; es setzten sich während 5 Minuten 2 Bienen auf Grau No. 3, 2 auf No. 4, 2. auf No. 7, 2 auf No. 10, 2 auf No. 11, 1 auf No. 15, keme auf eines der übrigen 9 grauen Papiere !),- dagegen 63 auf das eine blaue Papier. Wenn man bedenkt, daß durch das fortwährende Aufscheuchen der einzelnen Bienen auch andere verjagt und am Niedersitzen verhindert werden mußten, wird man zugeben, dab dieses Resultat im wesentlichen das gleiche ist wie das der früher mitgeteilten Versuche. Immerhin wäre bei diesen wahrscheinlich die Frequenz der Dressurfarbe etwas niedriger geblieben, wenn nicht ein Bienenklumpen eine Anziehung auf andere Bienen aus- üben würde, und ich lege daher auf die große Höhe der Zahlen kein besonderes Gewicht. 1) Der Versuch stammt aus dem Sommer 1913, Grauserie von 15 Nummern. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 17 Der Grad dieser Anziehungskraft eines Bienenklumpens ist von den Umständen abhängig, und da dieser Punkt für die späteren Versuche von Bedeutung sein wird, will ich noch etwas näher darauf eingehen: 1. Haben die Bienen die Neigung, sich auf ein bestimmtes far- biges Papier zu setzen, so braucht es oft einige Sekunden, bis sie ‚sich dazu entschließen; während dieser Zeit schwärmen sie über dem betreffenden Papier umher. Unter solchen Umständen kann die erste Biene, die sich auf das farbige Papier setzt, in kürzester Zeit alle anderen nach sich ziehen. Üben zwei Papiere angenähert die gleiche Anziehungskraft auf die Bienen aus, dann kann so das- jenige, auf welches sich zufällig die ersten Bienen niederlassen, in den nächsten Minuten einen wesentlich stärkeren Besuch erhalten als das andere. 2. Haben die Bienen die Wahl zwischen einem farbigen Papier, auf das sie dressiert sind, auf dem aber keine Biene sitzt, und einem grauen Papier, auf dem ein Bienenklumpen sitzt, so bildet — die Dressurfarbe für sie eine weit stärkere Attraktion als der Bienenklumpen. Hiervonkann Anflug der Bienen man sich leicht durch folgenden Versuch über- zeugen. Ich über- decktediegrauen Papiere und ein blaues mit einer großen Glas- platte. Die Blau- dressierten Bie- nen ließen sich über dem blauen Papier auf der Glasplattenieder und bildeten da- selbst einen an- sehnlichenKlum- pen. Nun verschob ich die Glasplatte samt den Bienen derart, daß der Klumpen mitten auf ein graues Papier geriet. Binnen 1/,—14/, Minute bildete sich auf dem Blau ein neuer Bienenklumpen und Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. alle. Zool. u. Physiol. 2 18 Karu v. Frisch, der alte, aufs Grau versetzte, erhielt nicht nur keinen wesentlichen Zuzug, sondern löste sich in kurzer Zeit völlig auf. Ich habe diesen. Versuch oftmals wiederholt und hierbei die Bienen manchmal auf ein Grau versetzt, das für den total farbenblinden Menschen den gleichen farblosen Helligkeitswert besitzt wie das Blau, in anderen Fällen versetzte ich sie auf ein dunkleres oder ein helleres Grau — der Erfolg blieb stets der gleiche. Noch eine weitere Versuchsreihe mag als Beleg für diesen Punkt: angeführt werden. Die Bienen waren auf ein blaues Blatt in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie dressiert. Bl (Fig. A) soll die Stelle bezeichnen, an der die Bienen zuletzt vom Blau gefüttert wurden. Ich nahm nun das Zuckerwasserschälchen samt den daransitzenden, saugenden Bienen uud setzte es bei a auf ein mittelgraues Papier; bei b wurde ein blaues, gleichfalls mit einem Zuckerwasserschälchen beschicktes Papier aufgelegt und das blaue Papier bei G/ durch ein graues ersetzt. Dann wurden die sich setzenden Bienen gezählt, solange, bis bei b etwa ebensoviel Bienen saßen wie bei a. Nach kurzer Zeit wurde der Versuch in gleicher Weise wieder- holt, nur daß jetzt das blaue Papier bei a, das graue bei b aufgelegt. wurde, und so noch mehrmals mit regelmäßigem -Platzwechsel des grauen und blauen Papiers. Die Resultate sind in der folgenden Tabelle ent- halten: Anzahl der mit dem Von den in der nächsten Zeit sich nieder- Zuckerwasserschälchen auf lassenden Bienen setzten sieh das graue Papier ver- setzten Bienen zu den Bienen auf das blaue Papier auf dem grauen Papier Versuch 1 ca. 15 2 5 a 20 0 16 NS ca. 20 0 10 pay ca. 12 4 18 os 20 1 20 6 ca. 25 3 24 Solche Versuche habe ich noch mehrfach mit dem gleichen Erfolge wiederholt. 3. Werden die Bienen auf dem Versuchstisch durch keines der Papiere besonders angezogen, so kann ein zufälliges Nieder- sitzen einer oder mehrerer Bienen auf einem beliebigen Papier andere Bienen nachziehen und zur Bildung eines Klumpens Anlaß geben, der sich aber meist bald wieder auflöst und nur, wenn große Mengen von Bienen anwesend sind, gelegentlich länger (mehrere Minuten) bestehen bleibt. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 19 Zweiter Einwand: Die Bienen erkannten vielleicht das farbige Papier nicht an seiner Farbe, sondern an geringen, durch die verschiedene Herstellungs- weise der farbigen und grauen Papiere bedingten Unterschiede der Oberflächenbeschaffenheit. Bei den im zweiten Sommer verwendeten grauen und farbigen Papieren waren solche Unterschiede für das menschliche Auge nicht erkennbar. Dagegen war bei den im ersten Jahre benutzten grauen Kopierpapieren gegen Ende des Sommers, als sie durch die Witterung schon etwas gelitten hatten, insofern eine geringe Differenz gegen- über den farbigen Papieren vorhanden, als die letzteren etwas matter erschienen. Ein solcher Unterschied könnte vielleicht für das Bienenauge viel auffallender sein als für das unsrige, und so könnte jemand auf den Gedanken kommen, daß die Bienen von vornherein das farbige Papier an einem minimalen derartigen Merkmal erkannt hätten. Ist dies der Fall, dann muß natürlich jede stärkere Veränderung der Oberflächenbeschaffenheit des farbigen Papieres den Erfolg der Dressur vollständig aufheben. Es wurde nun ein gelbes Papier durch Überziehen mit Firnis stark glänzend gemacht, und es zeigte sich, daß die Bienen auf das glänzend gelbe Papier ebenso gingen wie vorher auf das mattgelbe. Den gleichen Versuch wiederholte ich mit demselben Erfolge an Blau-dressierten Bienen mit blauem Papier. Wollte jemand noch einwenden, dab sie nun, unabhängig von allem Früheren, durch den starken Glanz des farbigen Papieres angezogen worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, daß sie ein hell-, mittel- oder dunkelgraues Papier, das auf gleiche Weise glänzend gemacht und nebst dem glänzend-farbigen Papier in die Grauserie eingereiht war, nicht beachteten. Dritter Einwand: Die Bienen könnten eine viel feinereEmpfindungfür Helligkeitsunterschiede haben als wir Menschen, unddannist die Abstufung der Grau- serie zu grob; wenn auch dem farbenblinden Menschen- auge das farbige Blatt mit einem der grauen Blatter identisch schien, so war doch fiir das Bienenauge mit seinem feineren Helligkeitssinn noch ein Unterschied vorhanden, und sie kénnten so in allen Versuchen die Dressurfarbe doch am farblosen Helligkeitswert er- kannt haben. Soll dieser Einwand zu Recht bestehen, so muß die Voraus- 2* 20 Karu v. Frisch, setzung erfüllt sein, daß die Bienen mit derselben Exaktheit, mit der sie sich auf eine Farbe dressieren lassen, auf ein Grau von be- stimmter Helligkeit zu dressieren sind. Im ersten Sommer versuchte ich es mit einem mittleren Grau (Grau No. 15 der aus 30 Nummern bestehenden Grauserie). Das Verfahren war genau das gleiche wie bei der Dressur auf ein farbiges Papier. Der Platz des Dressurgrau wurde natürlich ebenso wie sonst der Platz der Dressurfarbe häufig verändert. Ich setzte die Dressur 9 Tage lang fort. Aber ebensowenig in den letzten wie in den ersten dieser 9 Tage war ein Erfolg der Dressur er- kennbar, während die Bienen doch auf eine Farbe schon nach einem Tage vollkommen dressiert zu sein pflegen. Es war nicht einmal eine Bevorzugung der mittelgrauen Papiere vor den ganz hellen und ganz dunklen festzustellen, wie ich erwartet hatte, sondern die Dressur ist vollständig mißlungen. Die einzelnen Versuche sind im Anhang, Tabelle 1—5 (S.105) aufgeführt. Ich gebe hier die Gesamtzahl der Bienen, welche bei diesen Versuchen gezählt wurden, in ihrer Verteilung auf die 30 Abstufungen der Grauserie wieder. [Um die von den grauen Papieren eingenommene Fläche auf ein Rechteck zu ergänzen, wurde ein weißes (No. 1) und ein schwarzes (No. 30) Papier doppelt genommen.] 3|4/5]6|7/8|9| 10 No. der Grauserie | iL |) tla) 2 1112123 14 | 15 Bienenfrequenz | 29 44 | 32 27| 26 | 78 | 35 59 37134 | 145 31 | 58 | 26 | 125 | 131 No. der Grauserie [16 17 | 18 19 |20|21|22| 23 | 24/25] 26 27 | 28 | 29 | 30 | 30a Bienenfrequenz [44 40 | 62 128|26|22 31 |74 | 44 55 51/2916 26126 | 7 Überzeugender noch als das Resultat der Zählungen wirkt der unmittelbare Anblick der Bienen bei diesen Versuchen. Gänzlich ziellos schwärmen sie über dem Tische umher, während die auf eine Farbe dressierten Bienen schon im ersten Augenblick, noch bevor sich ein Tier gesetzt hat, die Dressurfarbe in auffallender Weise umschwärmen. Eben wegen dieser Ziellosigkeit geben hier auch kleine Bienenansammlungen auf diesem oder jenem Papier leicht zur Bildung großer Klumpen Anlaß (vel. S.18 Punkt 3) und daher die starken Sprünge in der Frequenzreihe. Aus diesen Resultaten geht hervor, daß eine so fein abgestufte Due te Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 21 Grauserie gänzlich überflüssig ist, und ich bediente mich daher, wie schon erwähnt, im zweiten Sommer einer anderen, nur in 15 Ab- stufungen von Weiß zu Schwarz führenden Serie. Mit dieser stellte ich noch zwei Versuchsreihen an, welche die eben geschilderten Befunde ergänzen: ich dressierte auf Schwarz und auf Weiß. Schon der Umstand, daß in der neuen Grauserie die Anzahl der Abstufungen auf die Hälfte reduziert war, ferner die Anwendung . von Extremen des Helligkeitsgrades mußte einem besseren Erfolge der Dressur günstig sein. Und tatsächlich war bei der Dressur auf Schwarz (Grau No. 15 dieser Serie) schon am 2. Tage ein klares Resultat vorhanden, indem die Bienen die dunklen Papiere deutlich bevorzugten. Aber hierbei blieb es nun auch während der sechstägigen Dressur. Ein sicheres Auffinden des Dressurschwarz war bei den Versuchen nicht zu erreichen, sondern bald auf diesem, bald auf jenem der drei dunkelsten Papiere, manchmal auch auf beträchtlich helleren, entstanden die Bienenklumpen. Ich gebe hier wieder nur die Summe aller Bienen, die sich bei den Versuchen gesetzt hatten, in ihrer Verteilung auf die Ab- stufungen der Grauserie und verweise im übrigen auf die im Anhang, Tabelle 6—12, S. 107, mitgeteilten Versuche. Sn dee Gomes |2\2]3)=|5 le |? 8 |s|eln | 12] 13 | ul» 958 Bienenfrequenz fo! 3 Lo 7 ‘12 6 | 6 36 | 0 | 26 | 21 | 8 87 588 Merkwiirdigerweise wollte die Dressur auf Weiß (Grau No. 1 der Serie), obwohl genau nach der gleichen Methode durch- geführt, zunächst absolut nicht gelingen; die Bienen flogen auch nach mehrtägiger Dressur wahllos nach allen grauen Papieren, so wie vordem die auf ein mittleres Grau dressierten Tiere. Offenbar war das Grau No. 1 für die Bienen von den nächst folgenden Ab- stufungen zu wenig verschieden, diese alle waren für sie „weiß“ und da sie auf der Mehrzahl dieser „weißen“ Papiere kein Futter vorfanden, blieb der Erfolg der Dressur aus. Es mag auch der Um- stand mitgespielt haben, daß das weiße Papier an den Stellen, wo es von den Bienen mit Zuckerwasser benäßt wurde, etwas dunkler erschien.?) 1) Das Papier wurde zwar häufig gewechselt, aber ganz konnte ich den Ubelstand nicht beheben. DD Karu v. Frisch, Ich verschaffte mir nun ein Papier, das beim Benässen nicht dunkelte und außerdem noch um eine Nuance heller weiß war als das Grau No. 1 meiner Serie. Und dieses mischte ich nicht unter die ganze Grauserie, sondern ich legte nur 4 Papiere (das Weiß, Grau No. 5, No. 10 und No. 15 [schwarz]) in kleinen Abständen von- einander auf einem gleichmäßig grünen Grunde auf und fütterte die Bienen von dem weißen Papier, dessen Platz, wie immer, häufig ver- ändert wurde. Und so ging nun die Sache ebenso gut und ebenso rasch wie vorher mit Schwarz. Wenn ich nun die ganze Grauserie (natürlich lauter reine Papiere) auflegte, wurden die hellen Papiere vor den dunklen bevorzugt, ohne daß das Dressurweiß mit Sicher- heit erkannt wurde. Die Summe der gezählten Bienen in ihrer Ver- teilung auf die Grauserie gibt die folgende Tabelle an (vgl. hierzu Anhang, Tabelle 13—16). Dressur- Weiß Bienenfrequenz | 298 | 5 jie) 2 [29] 1 [23] 0]1/0/0/1]ojolale No. der Grauserie 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 nou 12/18/14) 15 Da sich also die Bienen bei der gleichen Versuchsanordnung, bei der die Dressur auf eine Farbe rasch und mit Sicherheit ge- lingt, weder auf ein mittleres Grau noch auf Schwarz oder Weib mit Exaktheit dressieren lassen, so kann die Farbdressur nicht als Dressur auf ein Grau von bestimmter Helligkeit aufgefaßt werden. Vierter Einwand: Die angebliche Dressur auf die Farbe ist in Wahrheit eine Dressur auf einen (für uns nicht wanrıshm baren) spezifischen Geruch des farbigen Papieres. Dieser Einwand ist tatsächlich erhoben worden, obwohl ich bereits in jener Mitteilung (25), in der ich die ersten Resultate kurz publizierte, schrieb: „Auch aus anderen, gelegentlich gemachten Beobachtungen geht hervor, daß die dressierten Bienen der Farbe nachgingen, unab- hängig von den Geruchsqualitäten und auch von der Form der Gegenstände: So wurde, als die Bienen auf Gelb dressiert waren, ein gelber Bleistift, mit dem ich meine Notizen machte, eifrig von ihnen untersucht; während ich ihn zwischen den Fingern hielt und schrieb, flogen sie an ihm auf und ab, wobei sie ihn mit dem Kopfe fast berührten, und ließen sich auch häufig aufihm nieder. Und als sie auf Blau dressiert waren, wurde eines Tages mein Bruder, der Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 23 eine blaue Jacke trug und in einiger Entfernung von dem Versuchs- tisch, an einer anderen Seite des Hauses, Briefe schrieb, zum Mittel- punkt der suchenden Bienen, so daß er schleunigst seine Jacke aus- zog und abseits über einen Stuhl hängte, der nun von den Tieren umschwärmt wurde.“ *) Ich könnte diese Beispiele leicht vermehren und manches andere anführen, was gegen die Berechtigung des fraglichen Einwandes spricht. Doch will ich lieber einige neue Versuche schildern, deren Ausgang eine weitere Diskussion dieses Punktes überflüssig macht. Ich legte meinen Bienen, die seit einigen Tagen in der üblichen Weise auf ein Blau (Taf. 5 No. 13) in der (aus 15 Abstufungen be- stehenden) Grauserie dressiert waren, ein reines Blau in der Grau- 1) v. Hess (36, p. 85—87) legte „zur Prüfung dieser Angabe“ seinen Bienen, die er auf Blau dressiert hatte, einen gelben, mit Honig be- schmutzten Bleistift vor und sah, daß sie diesen besuchten; auch eine blaue Jacke besuchten sie erst, als er sie mit Honig beschmutzte. Der Versuch zeigt nur — was jedermann weiß — daß Bienen durch Honig angelockt werden können. Bei den oben von mir erwähnten Beobach- tungen war weder der gelbe Bleistift noch die blaue Jacke mit Honig beschmutzt. v. Hess sagt weiter im Anschlusse hieran: „Die an biologisches Be- obachten und Denken Gewöhnten könnten fragen, ob es denn wirklich nötig sei, eine der tausendfaltigen Erfahrung jedes sorgfältigen Bienen- beobachters so auffallend widersprechende Meinung, wie die hier durch v. FRISCH vertretene, noch besonders zu erörtern und zu widerlegen: man könne, ihnen doch unmöglich zumuten, zu glauben, bei so hoch- entwickelten und sonst so zweckmäßig organisierten Wesen, wie es die Bienen sind, hätte sich die so unzweckmäßige, ja schädliche Higentiim- lichkeit entwickelt, daß die Tiere, wenn sie einmal einen oder zwei Tage auf einem vorwiegend blauen oder gelben Blütenfelde Nahrung gefunden haben, nunmehr auf alle vorwiegend blauen oder gelben Gegenstände flögen, auch wenn diese ihnen keinerlei Nahrung ‚bieten und mit ihren natürlichen Honigspendern, den Blüten, so wenig Ähnlichkeit haben, wie Jacken und Bleistifte“. Ich habe diese absurde Behauptung nicht auf- gestellt, sondern gesagt, daß Bienen, die auf ein viereckiges Stück blauen Papieres dressiert waren, auch an eine blaue Jacke flogen etc. Der blumen- besuchenden Biene dient neben der Farbe der Blüte auch ihre Form und vielleicht ihr Duft als Merkzeichen (vgl. Kap. 4). Auf die Form eines Viereckes lassen sich die Bienen nicht dressieren (vgl. Kap. 5); da- her ist es nicht merkwürdig, daß sie auch andersartige, in der Nähe be- findliche Gegenstände von der gleichen Farbe befliegen, wenn sie auf dem Dressurpapier kein Futter vorfinden. Daß dies tatsächlich der Fall ist, davon haben sich auch die Mit- glieder der deutschen Zoologischen Gesellschaft überzeugt, als ich ihnen 24 Karu v. Friscu, serie vor; sämtliche Uhrschälchen waren leer und rein. Es setzten sich binnen 5 Minuten insgesamt 13 Bienen auf graue Papiere (auf 10 verschiedene Nummern), dagegen 406 auf das blaue Papier. Dann legte ich, nachdem ich inzwischen einmal gefüttert hätte, abermals ein reines Blau an einer anderen Stelle in die Grauserie, deckte eine große Glasplatte über sämtliche Papiere und stellte auf diese, den darunter liegenden Papieren entsprechend, reine, leere Uhrschälchen. Meine Befürchtung, daß sich die Bienen durch den ungewohnten Anblick der Glasplatte würden abschrecken lassen, traf nicht zu, sondern es setzten sich binnen 5 Minuten insgesamt. 10 Bienen auf graue Papiere (auf 5 verschiedene Nummern), dagegen 342 Bienen auf das Blau, d.h. auf die Stelle der Glasplatte, unter welcher das blaue Papier lag. In den beiden folgenden Tabellen, welche zugleich die An- ordnung der Papiere angeben, sind die Ergebnisse dieser beiden : Versuche eingetragen. 8. August 1913. 800-0, Blau in der Grauserie, unbedeckt. Anflugseite der Bienen. | | | Grau, Grau Grau, Grau, 0 1 0 0 Grau; Grau, Blau,; Grau, if 1 406 2 Grau; Grau, Grau Grau, 2 0 1 1 Grau,, | Grau, Grau, Grau; 1 0 1 2 zu Pfingsten 1914 einige Versuche an Blau-dressierten Bienen demon- strierte (vgl. S. 27, 28). Es wurde bei dieser Gelegenheit wiederholt bemerkt, daß nach dem Entfernen des mit Zuckerwasser gefüllten Futter- schälchens die nach Nahrung suchenden Bienen in auffallender Weise blaue Kleidungsstücke der Zuschauer und Zuschauerinnen umschwärmten. Die größte Verwunderung aber erregte der folgende Vorfall: ich hatte soeben Probeabzüge von den Tafeln der vorliegenden Arbeit erhalten und Der Farbensinn und Formensinn der Biene. . 25 830-35, Sämtliche Papiere mit einer Glasplatte bedeckt. Anflugseite der Bienen. | | Grau;o Grau, Grau, Grau, 0 < Graug Graus Grau» Grau;; 1 1 Grau, | Blau,; Grau, Grau, 0 4 0 Grau; Graug Grau, Grau, 0 0 Ich habe diesen Versuch oft- mals wiederholt. Auf Taf. 1 Fig. 4 ist die Photographie eines solchen wiedergegeben. Das Resultat war stets das Gleiche. Auch nach einer anderen Me- thode führte ich solche Experimente durch. Ich besaß von früheren Unter- suchungen her eine große Anzahl Glasröhrchen, die zum Teil mit grauen (Mirrer’schen), zum Teil mit farbigen (Herıne’schen) Pa- pieren ausgekleidet waren. Fig. B stellt ein solches Röhrchen in Fig. B. entfaltete (zufällig in der Nähe des Versuchstisches) die Taf. 1, auf der die 4 blauen Dressurpapiere in blauer Farbe reproduziert sind; das Blau war auf der Probetafel dunkler und intensiver als auf der vorliegenden Taf. 1. Nach wenigen Sekunden hatten sich einige dressierte Bienen eingestellt, die gegen die kleinen blauen Felder anflogen und sich bald hier, bald dort auf einem der 4 Felder niederließen. wobei sie es mit ihrem Körper fast ganz bedeckten. Ich führte diesen. Versuch in den nächsten Tagen noch oftmals vor. Er gelang in gleicher Weise, wenn der Probeabzug mit einer Glasplatte bedeckt war. 26 Karu vy. Frisch, der Außenansicht und im Durchschnitt dar. Die Länge der Röhrchen betrug 8 cm. Wie man sieht, waren die Papiere (P) in den Röhrchen eingeschmolzen, es konnte also von einem etwaigen Duft des farbigen Papieres nichts nach außen dringen. Die Röhrchen dienten ur- sprünglich zur Verwendung im Wasser, worin sie aufrecht schwimmen sollten; deshalb sind sie mit Schrot (S) versehen. Bei der Herstellung der Röhrchen ließ ich mir zuerst den Glasbestandteil liefern; die Röhrchen waren zunächst länger, als sie später werden sollten, und bei a offen. Nun wurden durch die untere Öffnung die Papiere eingeschoben, dann das Schrot eingefüllt und die Röhrchen zugeschmolzen. Es wurde sorgfältig darauf geachtet, daß die Röhrchen in allen Punkten — abgesehen von der Farbe der Papiere — unter- einander gleich waren. | Ich dressierte nun die Bienen auf ein gelbes (Taf. 5 No. 5) Röhrchen: an einem steil aufgerichteten, mit Pergamentpapier über- zogenem Brette wurden graue Röhrchen der verschiedensten Hellig- keitsgrade!) und 3 gelbe Röhrchen vermittelst der Glasringe R (Fig. B) aufgehängt und in die Höhlung (6, Fig. B) der gelben Röhrchen Honig gefüllte Nun wurde in der bekannten Weise dressiert. Als ich am folgenden Tage ein reines gelbes Röhrchen, das weder mit Bienen noch mit Honig in Berührung gewesen war, an einer neuen Stelle unter die Grauserie hängte, wurde es, im Gegensatz zu den grauen Röhrchen, sofort von den Bienen um- schwärmt, und viele Tiere setzten sich darauf. Auf Taf. 2 Fig. 6 ist die Photographie eines solchen Versuches reproduziert. Das mit x bezeichnete Röhrchen ist das gelbe. Bei einem Zählversuch setzten sich binnen 5 Minuten auf die 15 Grauröhrchen insgesamt 34, auf das Gelbröhrchen allein 238 Bienen. Da es bei der Fütterung unvermeidlich war, daß die Bienen das Pergamentpapier mit Honig beschmutzten, stellte ich mir zwei gleich- montierte Bretter her, von denen eines nur zur Dressur, das andere our: ‘zu den Versuchen verwendet wurde. Daß die Versuchsröhrchen stets rein gehalten und ihre Plätze ständig gewechselt wurden, braucht wohl nicht mehr betont zu werden. Ich dressierte dann die Bienen in gleicher Weise auf ein Blau- röhrchen (No. 12, Taf. 5). Ein bereits 24 Stunden nach Beginn der Dressur unternommener Zählversuch hatte folgendes Resultat. Es 1) Ich hatte mir auch hier eine Serie von 15 Röhrchen ausgewählt, welche in kontinuierlicher Abstufung von Weiß bis zu Schwarz führte. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. OF setzten sich binnen 5 Minuten auf das Blauröhrchen 368 Bienen, auf die Grauréhrchen insgesamt 60, und zwar in folgender Ver- teilung: No. der Grauserie | 1| 2/3] 4[5|6]7|8|9|10| 11] 12] 13 | 14 | 15 Bienenfrequenz lwslo|2]1|2jolo/ılo|ls| 2/2 |1|2]|> Etwas später, als die Bienen bereits mehrere Tage auf das Blauröhrchen dressiert waren, ergab die Wiederholung des gleichen Versuches folgende Zahlen: binnen 5 Minuten setzten sich 12 Bienen insgesamt auf alle Grauröhrchen, 490 Bienen auf das Blauröhrchen. Die hohen Zahlen, trotz der kleinen Röhrchen, erklären sich dadurch, daß bei starkem Bienenbesuch auf dem oberen Rande des Farbgläschens rasch ein Klumpen entstand, der für die Kräfte der untersten Bienen zuviel war; der ganze Klumpen rutschte ab, platzte unten auf der Tischplatte auf, und nun sah man die Bienen nach allen Seiten auseinanderstieben und in den nächsten Sekunden sich wieder auf dem Farbröhrchen sammeln. Taf. 2 Fig.7 zeigt die Photographie eines Versuches mit derart blau-dressierten Bienen. Das mit x bezeichnete Röhrchen ist das blaue. Da also an den Resultaten durch das Einglasen der Papiere nichts geändert wird, kann der Erfolg der Dressur nicht durch einen spezifischen Geruch der farbigen Papiere erklärt werden. Fünfter Einwand: „Es ließ sich zeigen, dass so- wohl die älteren Angaben LusBock’s und ForEu’s wie auch die neueren v. Friscu’s, nach welchen eine „Dressur“ der Bienen auf bestimmte Farben möglich sein sollte, sämtlich nnrichtig sind. Sobald man den Bienen verschiedene Farben unter sonst gleichen Be- dingungen sichtbar macht, erweist es sich als völlig unmöglich, sie an bestimmte Farben zu gewöhnen und durch solche anzulocken.“ (v. Hess, 36, p. 105.) Zu diesem Schlusse kam v. Huss, als er die in meinem ersten Vortrage (25) mitgeteilten Befunde nachprüfte. Ich brauche demgegenüber nur darauf hinzuweisen, daß ich den entscheidenden Versuch zu Pfingsten 1914 der deutschen Zoologischen Gesellschaft in Freiburg i. B. und am 10. und 11. Juli 1914 der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in München demonstriert habe. In Freiburg hatte ich 2 Tage vor der ersten Demonstration 28 Karu v. Frisch, am 31. Mai, damit begonnen, im Garten des Zoologischen Instituts Bienen des dortigen Bienenstandes in der früher geschilderten Weise (S. 11, 12) auf Blau zu dressieren. Am 2., 3. und 4. Juni zeigte ich in oft wiederholten Versuchen, daß die Bienen ein blaues Blatt in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie mit Sicherheit auffinden, auch dann, wenn alle Papiere mit einer Glasplatte bedeckt sind, und daß sie, wenn man ihnen nebeneinander (unter Glas) ein graues und ein blaues Blatt vorlegt, die beide für den total farbenblinden Menschen den gleichen farblosen Helligkeitswert besitzen, stets das Blau und nie das Grau befliegen u. a. m.1) Die gleichen Versuche zeigte ich in München. y. Hess hat freilich auch diese Gelegenheit, sich von der Richtigkeit meiner Angaben selbst zu überzeugen, un- benutzt vorübergehen lassen; er ist der Einladung nicht gefolet. Seine oben zitierte Behauptung wird er aber nicht mehr gut auf- recht halten können. Man wird nun danach fragen, wie es denn möglich sein konnte, daß seine Dressurversuche so gänzlich mißglückt sind. Da fällt vor allem auf, daß ein großer Teil der Bienen, an welchen er seine Versuche anstellte, nicht oder nur mangelhaft dressiert war. Er zeichnete wiederholt eine große Zahl der an den Futterstellen vorhandenen Bienen und stellte fest, daß sich zu ihnen im weiteren Verlaufe „eine ansehnliche Zahl neuer, d. h. noch nicht eingeflogener Bienen zu gesellen pflegt“; als er einmal „150 Bienen gezeichnet hatte, war die Zahl der am folgenden Tage an den Futterstellen angetroffenen gezeichneten Bienen verhältnismäßig klein gegenüber der großen Zahl der nicht gezeichneten; nicht selten war eine ansehnliche Schar von Bienen beim Honig versammelt, unter welchen sich nicht eine einzige gezeichnete befand“ (36, p. 93). Ohne jede Berechtigung (vgl. S. 12 und Kap. 6) nimmt er an, daß dies auch bei meinen Versuchen so gewesen sei. Zwar achtete er „bei allen Versuchen nicht so sehr darauf, wie viele Bienen auf den verschiedenen Farben, z. B. des Spektrums (s. u.), sich niederließen, als vielmehr darauf, ob auf die verschiedenen Farben sich gezeichnete als erste niederließen und ob dies solche waren, die einen oder bereits mehrere Tage auf Blau „dressiert“ waren“ (p. 94), doch findet man im Folgenden keine näheren Angaben da- 1) Die Demonstration ist in den „Verhandlungen der deutschen Zoologischen Gesellschaft“ (26a) des Näheren beschrieben. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 29 rüber. Die Anwesenheit zahlreicher nicht oder nur mangelhaft dressierter Bienen Konnte die Resultate nur ungünstig beeinflussen. Betrachten wir nun die Experimente selbst. Der „eindring- lichste“ von allen seinen Versuchen ist der folgende. Er hatte seine Bienen 3 Tage lang auf Blau dressiert, indem er ihnen auf ver- schiedenartigen blauen Gegenständen Honig bot. Dann setzte er den Bienen ein großes (30 cm breites, fast 2 m langes) „Spektrum“ vor, das aus Pigmentpapierstreifen zusammengestellt war. Über dasselbe hatte er der ganzen Lange nach einen Honig- streifen gezogen. Die Bienen flogen an den Honig, ohne daß eine Bevorzugung des blauen „Spektrum“-Teiles erkennbar war. Derselbe Autor, der dies als Beweis für die „Unrichtigkeit“ meiner Versuche anführt, hat in der gleichen Arbeit einige Seiten vorher (p. 86) ausdrücklich darauf hingewiesen, „wie unbedeutende Mengen Honig schon genügen können, um die Bienen anzulocken“. Dies betont er an einer Stelle, wo es sich darum handelt, meine Angaben als unrichtig hinzustellen. Wo aber eine gleichmäßige Verteilung der Bienen über die ganze Länge des „Spektrums“ in seinem Sinne ist, nimmt er keinen Anstand daran, das „Spektrum“ in seiner ganzen Länge mit dem mächtigen Lock- mittel des duftenden und frei sichtbaren Honigs zu versehen. Auch in fast allen übrigen derartigen Versuchen, die v. Hess erwähnt, hat er den Bienen auf allen Papieren Honig geboten. Daß bei solchem Vorgehen auch mir die Versuche mißlungen sind, habe ich schon auf S.15 erwähnt. Daß sie bei mir nicht so völlig negativ ausfielen wie bei v. Hess, dürfte auf einen weiteren von ihm be- gangenen Fehler zurückzuführen sein. Er hat den Bienen fast stets bei den Versuchen andere Gegenstände vorgesetzt als bei der Dressur; er hat sie z. B. auf Blau dressiert, indem er sie auf großen und kleinen blauen Papieren, die mit Glasplatten über- deckt waren, auf unbedeckten blauen Flanellstücken, blauem Enzian und künstlichen Kornblumen fütterte. Die lange schwarze Tafel mit dem Spektrum, die den Bienen in dem oben besprochenen Ver- such vorgesetzt wurde, war ihnen gänzlich fremd, was ein Stutzen und Zögern zur Folge haben mußte und so die Entdeckung des überall gebotenen Honigs begiinstigte.*) 1) Sollte sich v. Hess darauf berufen wollen, daß nach meinen eignen Angaben die Bienen auch auf andersartige Gegenstände flogen, welche mit dem Dressurobjekt nur die Farbe gemeinsam hatten (vgl. S. 22 ff.), so ist dazu zu bemerken, daß dies nur dann geschah, wenn sie auf dem 30 : Karu v. Frisch, Wie oft und in welchen Zwischenräumen die Versuche ange- stellt wurden, wird nicht gesagt. Natürlich wirkt jeder Versuch, bei dem den Bienen auf grauen Gegenständen oder auf anderen Farben als auf der Dressurfarbe Honig geboten wird, dem Erfolge der vorangegangenen Dressur entgegen und muß die späteren Ver- suche ungünstig beeinflussen. v. Hess erwähnt kein einziges Experiment, bei welchem er eine der meinigen ähnliche Versuchsanordnung getroffen hätte. Da alle aus seiner Darstellung ersichtlichen Punkte, durch welche sich seine Anordnung von meiner unterschied, einem Gelingen der Versuche entgegenwirken mußten, sind seine negativen Resultate verständlich. Ein weiterer Einwand gegen die geschilderten Versuche dürfte sich kaum finden lassen. Es sei noch erwähnt, daß mir, sobald nur die Bienen genügend lange dressiert waren, niemals ein solcher Versuch mißlungen ist, niemals in einer Grauserie, welche die Dressurfarbe enthielt, ein Bienenklumpen auf einem grauen Blatt entstanden ') oder auf der Dressurfarbe ausgeblieben ist. Und so wird man wohl den Bienen einen Farbensinn nicht mehr abstreiten können. Ob dieser Farbensinn mit bewußten Empfindungen verbunden ist, ist eine Frage für sich; zu ihrer Entscheidung fehlt uns jeg- licher Anhaltspunk. 2. Beschaffenheit des Farbensinnes der Bienen. Eine beträchtliche Zahl von Naturforschern hat sich bereits um die Entscheidung der Frage bemüht, ob den Bienen ein Farben- sinn zukommt oder nicht. Die Mehrzahl von ihnen glaubte die Frage in positivem Sinne beantworten zu können. Aber keiner hat versucht, einen Schritt weiter zu gehen und über die Beschaffen- heit des Farbensinnes der Bienen Aufschluß zu gewinnen; nur die Wahrnehmbarkeit des Ultraviolett wurde mehrfach diskutiert.?) Man Dressurtische kein Futter vorfanden, und daß sich auch dann nur die Minderzahl der Bienen so benahm, während die Mehrzahl hartnäckig die auf dem gewohnten Platze ausgebreiteten Papiere nach Futter ab- suchte. 1) Von den Versuchen mit gefüllten Schälchen abgesehen. 2) Uber diesen Punkt können meine Versuche keinen Aufschluß geben. Nach v. Huss (34, p. 653ff.) geben ultraviolette Strahlen bei Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 31 findet sogar recht skeptische Ansichten darüber, ob es jemals möglich sein würde, über die Qualitäten des Farbensehens niederer Tiere etwas zu erfahren. Mir schien es aussichtsvoll, mit Hilfe der im vorigen Kapitel geschilderten Dressurmethode einen Versuch in dieser Richtung zu unternehmen. Es boten sich zwei Wege: durch Dressur auf Papiere in möglichst vielen verschiedenen Farbennuancen mußte sich fest- stellen lassen, ob all diese unserem Auge farbig erscheinenden Papiere auch vom Bienenauge farbig gesehen werden oder ob etwa der Farbensinn der Bienen dem unsrigen gegenüber beschränkt ist. Und ferner: wenn man den auf eine bestimmte Farbe dressierten Bienen eine ganze Serie verschiedenfarbiger Papiere vorlegt, so ist zu erwarten, daß sie nicht ausschließlich die Dressurfarbe, sondern in geringerem Grade auch andere, ihnen ähnlich erscheinende Farben aufsuchen werden; sind diese anderen Farben jene, welche auch unserem Auge mit der Dressurfarbe ähnlich erscheinen, so kann man daraus auf einen dem unsrigen ähnlichen Farbensinn der Bienen schließen. Beide Wege habe ich eingeschlagen, und zwar naturgemäß gleichzeitig: sobald die Dressur auf eine bestimmte Farbe gelungen war, wurde auch untersucht, wie sich diese Bienen gegenüber der ganzen Farbenserie verhielten; der Übersichtlichkeit wegen werde ich aber hier die beiden Gruppen von Versuchen ge- trennt besprechen. Ich schildere zunächst die Versuche, bei welchen den auf eine bestimmte Farbe dressierten Bienen ein reines Blatt der Dressur- farbe in der Grauserie vorgelegt wurde. Die Methode war genau dieselbe wie bei den im 1. Kapitel beschriebenen Experimenten. Bei allen Versuchen war die Dressurfarbe und die grauen Papiere mit leeren, sauberen Uhrschälchen beschickt. Die Dressurversuche mit Gelb No. 4, Gelb No. 5, Blau No. 12 und Blau No. 13 (vgl. Taf.5) sind schon im 1. Kapitel beschrieben. In gleicher Weise gelang die Dressur auf Orangerot No. 3, Gelbgrün No. 7, Violett No. 14 und Purpurröt No. 15. Ich brauche hierauf nicht näher einzugehen und kann auf die im Anhang, S. 121, 128, Krebsen und Insecten zu einer (ziemlich unbedeutenden) Helligkeits- wahrnehmung Anlaß, jedoch indirekt, indem sie in den Augenmedien Fluoreszenz hervorrufen, wobei das kurzwellige in längerwelliges Licht umgewandelt wird. 32 Karu v. Frisch, 165 u. 171, mitgeteilten Protokolle verweisen. Andere Resultate lieferte die Dressur auf reines Rot?!) und auf Grün. Dressur.auf Rot. — Als ich im Sommer 1912 meinen Bienen nach 2—6tägiger Dressur auf Rot No. 1 (Taf. 5) ein reines rotes Blatt in der Grauserie vorlegte, fanden sie es nicht mit Sicherheit auf, sondern besuchten angenähert ebenso stark die dunkelsten Papiere der Grauserie. Bei diesen Versuchen war schon in den ersten Augenblicken, noch bevor sich ein Tier gesetzt hatte, der wesentliche Unterschied gegenüber dem Verhalten der gelb- oder blau-dressierten Bienen zu erkennen: kein ausschließliches Um- schwärmen der Dressurfarbe; aber auch nicht etwa ein zielloses Umbherfliegen über dem Versuchstische; sondern von den dunkelsten grauen Papieren zu dem roten und wieder zu den schwarzen flogen sie kreuz und quer, jedes dieser Blätter umschwärmend, als wären diese alle für sie gleich. Und dann entstand bald auf dem roten, bald auf einem dunkelgrauen oder schwarzen Blatt zuerst der Bienenklumpen, je nachdem, wo sich gerade die ersten Bienen nieder- ließen. Oft löste sich ein solcher Klumpen bald wieder auf, um sich rasch auf einem anderen Dunkelgrau von neuem zu versammeln. Oder es kam gleichzeitig auf dem roten und auf schwarzen Papieren zu Klumpenbildungen. Manchmal, jedoch selten, entstanden auch auf hellgrauen Papieren beträchtliche Bienenansammlungen. Die Photographien Fig. 8 und 9 auf Taf. 2 können nur eine schwache Vorstellung von diesem Anblick geben. Zum Zweck der photographischen Aufnahmen wurde, nachdem der „Dressurtisch“ entfernt worden war, der „Versuchstisch“, auf dem eine Grauserie und ein rotes Blatt in anderer Anordnung aufgesteckt war, einige Schritte vom Dressurplatz entfernt in die Sonne gestellt. Es ent- stand ein großer Bienenklumpen auf einem schwarzen Blatt, ein kleinerer auf einem mittelgrauen (Taf. 2 Fig. 8). Nachdem die Bienen aufgejagt worden waren, versammelten sie sich gleich darauf auf dem roten (mit X“ bezeichneten) Blatt (Taf. 2 Fig. 9). Die einzelnen Zählversuche sind im Anhang, Tabelle 17—21 (S. 113) angeführt. Hier gebe ich nur die Summe der gezählten Bienen in ihrer Verteilung auf die Grauserie und das Rot, aus den Tabellen 17—20. 1) Im Gegensatz zu Purpurrot. Spektral rein sind die HERING’schen roten Papiere natürlich nicht. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 33 No. der Grauserie | 1 2|\s|al5|e|z|js|ejiojıı 1/13 14 15 16 Bienenfrequenz [11 3 |77|4|4{14/24/ 4 li6l 3 | 16 | 34 5 14|3|8 No. der Grauserie [17 1819 | 20 | 21 22 23 24| 25 26 27 |28| 29 | 30 | Rot, Bienenfrequenz E 11132 | 2 lıslaı 3 20 |s3 124129 316| 86 | 215 Im Sommer 1913 nahm: ich diese Versuche für kurze Zeit noch- mals auf und dressierte die Bienen auf Rot No. 1 in der neuen, aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Nach eintägiger Dressur war die Verteilung der Bienen bei zwei rasch nacheinander unternommenen Zählversuchen: No. der Grauserie [112 3|4|5|6|7|8|9|10)11)12 13 | 14 15 Rot, - Bienenfrequenz 1. Versuch Oe OR PRIE EN eee Se el eae DANS: Bete 7 305 NU 2. Versuch 521,221, de 000 12 077020, OMS: AO 212 Summe |5 | 2|3|1|1 6 5 |413]|3]29|1319| 223 Das Nähere über diese Versuche findet man im Anhang S. 115, Tabelle 22 und 23. Aus diesen Beobachtungen ist zu schließen, daß für das Bienenauge Rot und Schwarz sehr ähnlich oder identisch ist.*) Besonderes Interesse hatte die Dressur auf das Rot No. 2 (Taf. 5), da dieses ziemlich genau der Farbe des Mohnes und zahlreicher ornithophiler Blüten (vgl. Kap. 3a) entspricht. Dieses Rot wurde nun in der Mehrzahl der Versuche von den Bienen richtig aus der Grauserie herausgefunden (vgl. S. 116, Tabelle 24—29). Doch muß es ihnen noch außerordentlich dunkel erscheinen. Denn sie um- schwärmten die dunkelgrauen und schwarzen Papiere in auffallender Weise, und es kam auch noch mehrmals auf Dunkelgrau und Schwarz zur Klumpenbildung (Tabelle 24, 25, 29). Dressur auf Grün. Nach dieser Feststellung war ich auf den Ausgang der Gründressur sehr gespannt. Denn die Möglichkeit einer „Rotgrünblindheit“ der Bienen war nicht von der Hand zu weisen, und es wäre doch ein schönes, biologisch interessantes 1) Zu dem gleichen Resultate ist auf anderem Wege v. Huss ge- langt (vel. p. 7). Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 3 a4 Karu v. Frisch, Resultat gewesen, wenn das Grün des Laubes den Bienen farblos erschiene Das letztere traf nun freilich nicht zu. In der Hrrme’schen Farbenserie ist kein Grün enthalten, das. mit dem Blattgrün übereinstimmt. Ich verschaffte mir daher ein anderes mattgrünes Papier’), das dem Grün des Laubes wenigstens nahekommt (Taf. 5 ,erasgriin“). Dieses Grün wurde von den Bienen nach kurzer Dressur mit Sicherheit aus der Grauserie heraus- gefunden (vgl. Anhang, Tabelle 49, 50, S. 131). Es schien aber wünschenswert, die Versuche auch mit einer Farbe anzustellen, die dem Blattgrün nicht nur nahesteht, sondern mit ihm identisch ist.. Zu diesem Zwecke färbte ich mattweiße Papiere mit Chlorophyll- farbstoff gleichmäßig grün, der durch Äther aus Blättern von Urtica urens extrahiert worden war. Ich verdanke den Extrakt der Freundlichkeit von Herrn Hofrat E. Lupwie in Wien. Auch auf dieses Grün ließen sich die Bienen mit Leichtigkeit dressieren. Mit dem Herine’schen Grün No. 9 (Taf. 5), welches etwas: bläulicher ist als das Blattgrün, gelang die Dressur nicht mehr so gut; wurde den Bienen ein reines Grün No. 9 in der Grauserie ge- ‘boten, so wurde es nicht, wie sonst das Dressurpapier, in auffallender Weise umschwärmt, und es dauerte oft eine beträchtliche Zeit, bis es zu einer Klumpenbildung auf dem Grün kam, manchmal blieb sie auf diesem auch ganz aus, dagegen wurden die grauen Papiere relativ stark besucht, und auch Klumpenbildungen waren auf ihnen nicht selten zu beobachten (vgl. Anhang, Tabelle 60—68, S. 138). Die Dressur auf Blaugrün No. 10 und No. 11 (Taf. 5) mißlingt völlig. Ich habe die Bienen 6 Tage lang auf Blaugrün No. 10, 10 Tage lang auf Blaugrün No. 11 in der gewohnten Weise dressiert, ohne den geringsten Erfolg. So oft ihnen ein reines. Blaugrün in der Grauserie geboten wurde, schwärmten sie planlos über dem Versuchstische umher; manchmal ließ -sich während der sanzen Dauer eines Versuches überhaupt keine Biene auf den Tisch. nieder, meist setzten sie sich auf graue Papiere der verschiedensten Helligkeit, bald hier, bald dort einen Klumpen bildend, gelegentlich entstand ein solcher auch auf dem Dressurgrün, jedoch nicht häufiger als auf vielen grauen Papieren. (Die Protokolle findet man im An- hange S. 143—150.) Die Bienen zeigten also bei der Dressur auf Blau- 1) Von der Firma H. MıTTER in Leipzig, Neumarkt 9. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 35 grün das gleiche Verhalten wie bei der Dressur auf ein Grau von mittlerer Helligkeit (vgl. S. 20). Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, daß der Farbensinn der Bienen dem unsrigen gegenüber insofern beschränkt ist, als sie ein reines Rot von Schwarz und ein gewisses Blaugrün von Grau nicht unterscheiden können. Ob sie innerhalb der beiden Gebiete, in welche das Spektrum durch das für sie farblose Blaugrün zerlegt wird, innerhalb der „warmen“ und „kalten“ Farben, die Farbennuancen deutlich unterscheiden, läßt sich aus den bisher besprochenen Versuchen nicht entnehmen. Doch geben hierüber die folgenden „Verwechslungsversuche“ einigen Aufschluß. Die Methode war bei diesen Versuchen die folgende. Den auf eine bestimmte Farbe dressierten Bienen wurde die gesamte Farbenserie in beliebiger Anordnung vorgelegt, natürlich lauter reine Papiere und mit reinen, leeren Uhrschälchen beschickt; und nun wurden die sich setzenden Bienen und ihre Verteilung auf die Papiere notiert. Im Sommer 1912 fügte ich hierbei die farbigen Papiere in die Grauserie ein, derart, daß zwischen je zwei farbigen Papieren zwei graue aufgelegt wurden (vgl. die Tabelle S. 36); es schien mir vorteilhaft, ein unmittelbares Aneinandergrenzen der farbigen Papiere zu vermeiden. Im Sommer 1913 wurde hingegen bei diesen Versuchen nur die Farbenserie ohne die grauen Papiere aufgelegt; Kontrollversuche ergaben, daß die Resultate hierbei im wesentlichen die gleichen blieben. Als ich im Sommer 1912 den Bienen, die auf Gelb No. 4 (Taf. 5) dressiert waren, die Farbenserie, unter die Grauserie gemischt, vor- legte, trat das on was ich erwartet hatte: die Dressurfarbe wurde am stärksten besucht, daneben aber auch in beträchtlicher Zahl diejenigen Farben, die für unser Auge mit dem Dressurgelb Ähnlich- keit hatten, während die anderen Farben sowie die grauen Papiere fast gar nicht beachtet wurden. Es sei hier der erste Versuch wiedergegeben, während ich bei den folgenden auf die im Anhang mitgeteilten Protokolle verweisen kann. Die erste Tabelle gibt die Anordnung der farbigen und grauen Papiere bei diesem Versuche an; ferner ist in jede Rubrik die Bienenfrequenz während der viertelstündigen Dauer des Versuches eingetragen: 3* 36 Karu v. Frisch, Anflugseite. Grave | Roti; | Gratis Grau» Dans Grau, | Grau, | Grün, | 0 0 0 0 0 nie 29 Grau! Grau; Blau. Grats, 1 0 0 | | | | mm fl ————— | —— Blau,, | Grau,; [Grau;,| Rot. [Grau,,|Grau;,| Gelb, | Grau, | Grau, | Grün,|Grau, | Grau,, i 0 0 0 0 0 0 36 1 0 0 2 1 Um die Anordnung der Papiere auf ein Rechteck zu ergänzen, war ein mittleres Grau (No. 15) dreimal vertreten. In der folgenden Tabelle sind die Farben in geordneter Reihen- folge und die Bienenfrequenz für die drei Etappen der Zählung ge- getrennt eingetragen: Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 2 | 3 4 5 6/7/)8/9 | 10 1111213 |14|15 16 Bienenfrequenz in | den ersten 5 Min.| 0 | 0 | 2 | 225/ 17 | 28123 | O | 07/0/01/0/0/0/0 „ zweitend „ |0)0)0|173| 3| 4) 2| 0 0.0 0°, 027027202 7078 dritten 5 ,, | 0 | OL | 201) 2) >24 41002707 Os Ol O Summa!) [707707730 59937227]7361123707]707 ON RON MR RON Re EURE Die dritte Tabelle gibt die Bienenfrequenz der Grauserie in seordneter Reihenfolge an: nee Gente lee |8\oJ1oju 12 | 13 | 14 | 15 | 15a Bienenfrequenz in den ersten 5Minl 116 11011 |010!|10 0 |1|0|0/|!0 +0 | 0) 0 „zweiten D NON 517) 0 7021702 20 180) 80) 7027.02 Os OS SOS Os SNS AN dritten S60 ON ONE OS sO 20s) Or OS F 02707 OO EUER Sunna SR Lea OM OR OF NON EEE OF ON ROT ea ONE No. der Grauserie |15b 16| 17} 18| 19 | 20) 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 30 Bienenfrequenz in den ersten 5Min| 0 0| 2} 0/0/0)0/0;)3/0;1;0/)1/0;0)]0 „..zweitend ob O | 1) od ON OFF 21.02.00 |.0|2..02 Oe Oa ieee » dritten 5 75.702. 2.1202] 042022020170: 27207 AS NON OH aOR Summa NON) 723 E31]2.07]707 ER ROM 0) 727707175 Oy ea EI Ein weiterer derartiger Versuch fiel im gleichen Sinne aus (An- hang, Tab. 37; vgl. auch Tab. 38). Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 37 Es schien wiinschenswert, den Versuch auch unter solchen Be- dingungen anzustellen, dab ein etwa vorhandener (für uns nicht wahr- nehmbarer) Geruch der farbigen Papiere die Resultate nicht beein- flussen konnte. Ich habe daher im Sommer 1913, als die Bienen auf das in einem Glasröhrchen eingeschmolzene Gelb No. 5, welches ja dem Gelb, sehr nahe steht, dressiert waren (vgl. S. 26), solche Verwechslungsversuche wiederholt, wobei die ganze Farbenserie !) in beliebiger Reihenfolge an dem Versuchsbrett derart angeordnet war, wie es die Figg. 6 u. 7 auf Taf. 2 für die entsprechenden Versuche mit der Grauserie zeigen. Ich führe hier nur die Summe der gezählten Bienen aus allen fünf (im Anhang, Tab. 39—43, S. 126, im einzelnen wiedergegebenen) Versuchen an: Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie] 1|2|3| 4 | 5 | 6|7 | 8 | 9 10/11/12) 13|14] 15/16 | | | Bienenfrequenz | 9 112 stars son 272 275 30 | 1 | 2 10,10 0 14 3 | 2 In dieser Gesamt-Bienenfrequenz hat wiederum das Dressur- gelb den stärksten Besuch aufzuweisen, und man könnte dies im Sinne eines feinen Unterscheidungsvermögens auch für Farben- nuancen deuten. Bei einer genaueren Durchsicht der einzelnen Versuche müssen aber Bedenken aufsteigen. Nur in einem einzigen von den 5 Versuchen hat das Dressurgelb die stärkste Frequenz aufzuweisen (Tab. 43), in einem dagegen das Orangerot No. 3 (Tab. 39), in einem das Gelb No. 4 (Tab. 40), in einem das Gelb No. 6 (Tab. 41) und in einem das Gelbgriin No. 7 (Tab. 42); in allen Versuchen wurde außer dem Gelb, auch das Gelb, sehr stark besucht.?) Und als ich den auf Orangerot No. 3 und den auf Rot No. 2 dressierten Bienen die Farbenserie vorlegte, da besuchten sie die Dressurfarbe meist nur schwach oder gar nicht und wandten sich in der Regel vorwiegend den gelben Papieren zu, wie es die gelbdressierten 1) Natiirlich jedes Farbpapier in einem Glasréhrchen eingeschmolzen, vgl. S. 26. 2) Daß bei der oben geschilderten Dressur auf Gelb No. 4 bei öfterer Wiederholung der Versuche auch das Gelb No. 5 stark besucht worden wäre, ist mir nach den späteren Erfahrungen sehr wahrscheinlich. Leider habe ich damals nur 2 derartige Versuche angestellt. 38 Karu v. Frisch, Bienen getan hatten (Tab. 30, 31 u. 33—35). Wie diese umschwärmten sie, bevor sie sich setzten, sehr lebhaft die gelben, gelbgrünen und das orangefarbene Papier, während sie die blaugrünen, blauen und purpurroten nicht beachteten. In gleicher Weise benahmen sich die Bienen, wenn sie auf Gelbgrün No. 7, auf das „Grasgrün“ oder auf das mit Chlorophyll gefärbte Papier dressiert waren. Beim Gelbgrün, und beim Chlorophyligrün stellte ich Kontroll- versuche an, bei welchen die ganze Farbenserie mit einer groben Glasplatte bedeckt wurde. Die Resultate blieben die gleichen (vgl. hierzu Anhang, S. 128, 132 u. 135). Es mag auf den ersten Blick sonderbar anmuten, daß die auf Orangerot oder Grün dressierten Bienen in der Farbenserie auf andere Farben viel stärker gingen als auf die Dressurfarbe. Ich glaube, man wird daraus schließen müssen, daß alle die oben- genannten Farben, vom Rot No. 2 bis zum Grasgrün, inihrem Farbton für das Bienenauge nicht wesentlich verschieden sind. In ihrer Helligkeit und Sättigung freilich werden sie sich voneinander unterscheiden. Die Farben, die reichlich rot enthalten, so das Orangerot No. 3, werden dem Bienenauge als dunkles „Gelb“ erscheinen müssen; und wenn sie ein Blaugrün als ein Grau von mittlerer Helligkeit sehen, wird für sie ein Gras- grün ein mit Grau vermischtes, ungesättigtes „Gelb“ bedeuten. Es scheint mir nun durchaus verständlich — besonders da wir schon wissen, wie schwer eine Dressur auf eine bestimmte Helligkeit zu erreichen ist —, daß die auf ein Orangerot oder auf ein Grün in der Grauserie dressierten Bienen, wenn ihnen plötzlich das bunte Durcheinander der ganzen Farbenserie vorgelegt wird, diejenigen Papiere am ehesten aufsuchen, welche für sie die Dressurfarbe am intensivsten zeigen, und daß so die auf Orangerot, also — nach der oben ausgesprochenen Ansicht — auf ein „dunkles Gelb“ dressierten Bienen und die auf Grün, also auf ein „ungesättigtes Gelb“ dressierten Tiere durch das reine Gelb stärker angezogen werden als durch die Dressurfarbe. Es wurde schon erwähnt, daß die auf blaugrüne Papiere (No. 10 und No. 11) dressierten Bienen die Dressurfarbe aus der Grauserie nicht herausfanden. Auch wenn ihnen die Farbenserie vorgelegt wurde, schwärmten sie gänzlich ziellos über den Papieren umher. Dagegen wandten sich die auf Blau No. 12, No. 13 und No. 14 dressierten Bienen in der Farbenserie mit der gleichen Konsequenz den blauen und purpurroten Papieren zu, mit der die | | | | | | Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 39 gelbdressierten Tiere diese Farben gemieden hatten, und ließen nun die roten, gelben und griinen Papiere unbeachtet (vgl. die Tab. 81—110 a. 113—119, S.150ff.). Daß sie zwei für uns so verschiedene Farben wie das Blau No. 13 und das Purpurrot No. 15 so völlig ver- wechselten, kann nicht verwundern, nachdem wir wissen, daß das Bienenauge für ein reines Rot unempfindlich ist; das „purpurrote“ Papier wirft ja wesentlich rote und blaue Strahlen zurück; wenn die rote Komponente von den Bienen nicht gesehen wird, bleibt für sie eben nur die blaue Komponente übrig. Dementsprechend zeigte sich, daß die auf Purpurrot No. 15 dressierten Bienen auch die blauen, nicht aber die roten, gelben und grünen Papiere besuchten (vgl. S. 172 u. 173). Bei den auf Blau dressierten Bienen war auffallend, daß sie die purpurroten Papiere, namentlich das Purpurrot No. 15, oft weit stärker frequentierten als die blauen. In Kontrollversuchen, bei welchen die Farbenserie mit einer Glasplatte bedeckt war, verhielten sie sich anders. Zwar kam es auch hier vor, daß das Purpurrot No. 15 den stärksten Besuch erhielt (Tabelle 107), und in angenähert gleichem Grade wie im Durchschnitte die 3 blauen Papiere (No. 12—14) wurde es in der Regel besucht; es wurde aber nicht derart auffallend bevorzugt, wie es der Fall war, als den auf Blau,, dressierten Bienen die unbedeckte Farbenserie vorgelegt wurde. Daß es sich hier um Zufälligkeiten handelt, kommt mir wenig wahrscheinlich vor. Denn ich habe eine eigene Versuchsreihe an blaudressierten Bienen durchgeführt, in welcher nur die Frequenz von Blau No. 13 und Purpurrot No. 15 miteinander verglichen wurde und die Papiere in stetem Wechsel einmal unbedeckt, das andere Mal mit einer Glasplatte bedeckt waren. Hierbei entstand in allen 5 Versuchen, in welchen die Papiere unbedeckt waren, auf dem Purpurrot ein großer Bienenklumpen, während das Blau zwar auch stark, aber doch weit schwächer als das Purpurrot besucht wurde. In den 5 Versuchen hin- gegen, in welchen die Papiere mit einer Glasplatte bedeckt waren, entstand nur einmal der Klumpen auf dem Purpurrot, in den anderen 4 Fällen entstand er auf dem Blau, und das Purpurrot erhielt den schwächeren Besuch. Man könnte vielleicht denken, daß das purpurrote Papier relativ viel ultraviolettes Licht zurückwerfe und daß dieses die Reaktionen der Bienen beeinflusse, daß durch das Überdecken mit der Glasplatte ein Teil der ultravioletten Strahlen absorbiert und dadurch der andere Ausfall des Versuches bedingt würde. Um dies zu prüfen, habe ich die Versuche im Hintergrunde einer gedeckten Veranda wiederholt und nun das eine Mal eine Glasplatte auf die Papiere gelegt, das andere Mal die Glasplatte vor den Papieren derart aufgestellt, daß alles, was noch von direktem Himmels- lichte auf die Papiere fallen konnte, die Glasplatte passieren mußte, während nun für die Bienen die Papiere frei zugänglich waren. Auch so wurde bei 4 Versuchen im 1. Falle das Blau,,, im 2. Falle das Purpurrot,, bevorzugt. Ich weiß demnach keine andere Erklärung, als 40 Karu v. Frisch, daß in diesem Falle eine Geruchs- oder sonstige Qualität des purpurroten Papieres, die durch das Uberdecken mit der Glasplatte aufgehoben wird, die Bienen zu der Bevorzugung des Purpurrot gegenüber dem Blau ver- anlaßt.!) Das wesentliche Resultat, daß nämlich Blau und Purpurrot dem Bienenauge sehr ähnlich oder identisch erscheint, wird durch diese Fest- stellung nicht berührt. Denn 1. genügt die fragliche Qualität des purpur- roten Papieres allein noch nicht, um den Besuch des Purpurrot von seiten der blaudressierten Bienen zu erklären — sonst müßten auch die auf Gelb, Grün etc. dressierten Bienen das Purpurrot befliegen; und 2. lehren auch die Versuchsreihen, bei welchen die Papiere unter Glas waren, die Verwechslung von Blau und Purpurrot mit aller Deutlichkeit. Einen weiteren Versuch möchte ich nicht unerwähnt lassen, da er nicht nur eine Bestätigung der oben geschilderten Verwechslungs- versuche bildet, sondern auch besonders klar erkennen läßt, daß das Blaugrün No. 11 für die Bienen mit Blau keine Ähnlichkeit besitzt. Die Bienen waren auf Blau No. 13 dressiert; wenn ihnen ein reines Blau,, in der Grauserie vorgelegt wurde, bildete sich, wie gewöhnlich, auf dem Blau sogleich ein mächtiger Bienenklumpen, während die grauen Papiere unbeachtet blieben; das Gleiche war der Fall, wenn diesen Bienen ein reines Blau No. 12, Blau No. 14, Purpurrot No. 15 oder No. 16 in der Grauserie vorgelegt wurde; wenn ihnen aber ein Blaugrün No. 11 oder ein grünes, gelbgriines oder gelbes Papier in der Grauserie geboten wurde, schwärmten sie ziellos über dem Versuchstische umher und beachteten das farbige Papier nicht mehr als die grauen (vgl. die Protokolle S. 158—161). Aus all diesen Versuchen habe ich geschlossen, daß die Bienen zwar „warme“ und „kalte“ Farben mit Sicherheit unterscheiden, daß ihnen aber innerhalb derselben ein feineres Unterscheidungs- vermögen für Farbenabstufungen nicht zukommt. Nun war die Methode der bisher geschilderten Experimente nicht gerade günstig, um ein etwa doch vorhandenes, im Vergleich mit dem unserigen jedenfalls geringes Unterscheidungsvermögen für Farbennuancen er- - kennen zu lassen. Denn die Bienen, die auf einem unter die Grauserie gemischten Blatte der Dressurfarbe gefüttert worden waren, hatten keine Gelegenheit gehabt, die Erfahrung zu machen, dab auf den „Verwechslungsfarben“ für sie nichts zu holen sei. 1) Ob die Bevorzugung des Purpurrot tatsächlich auf eine Geruchs- qualität dieses Papiers zurückzuführen ist, läßt sich experimentell ent- scheiden. Ich werde demnächst in einer anderen Arbeit hierauf zurück- kommen. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 41 Und so läßt sich aus dem Ausgang der Verwechslungsversuche nur schließen, daß ihnen die gewissen Farben mit der Dressurfarbe ähnlich erscheinen; über den Grad dieser Ähnlichkeit aber ist schwer etwas auszusagen. Ich stellte darum noch folgenden Versuch an. Von einem Ver- suchstische, auf welchem die Bienen bereits seit drei Tagen auf Blau No. 14 in der üblichen Weise dressiert waren, entfernte ich die Grauserie und legte statt dessen, auf einer weißen Unterlage, nur vier Papiere auf, und zwar ein Blau No. 12, ein Blau No. 13, ein Blau No. 14 und ein Purpurrot No. 15, derart, daß die Papiere in einigem Abstande (je ca. 10 cm) voneinander lagen. Nun wurde in dieser Anordnung vom Blau No. 14 weiter gefüttert, wobei natür- lich die gegenseitige Lage der Papiere wieder ständig gewechselt wurde. Waren die genannten Papiere für die Bienen in ihrem Farbton überhaupt merklich verschieden, so war zu erwarten, dab sich dies bei solcher Versuchsanordnung offenbaren müßte. Denn nun konnten sie fortwährend die Erfahrung machen, nicht nur, daß es auf dem Blau,, Futter gab, sondern auch daß auf den anderen Farben für sie nichts zu holen war. Bei den Zählversuchen wurden vier reine, mit reinen Uhrschälchen beschickte Papiere (Blau,,, Blau,;, Blau,, und Purpurrot,,) auf einem reinen weißen Untergrunde in veränderter gegenseitiger Lage an Stelle der Dressurpapiere auf- gelegt. Vielleicht kann man es als einen Erfolg dieser: Dressur betrachten, daß nun das Purpurrot No. 15 gegenüber den blauen Papieren nicht mehr wesentlich bevorzugt wurde, obwohl keine Glasplatte über die Papiere gedeckt war (vgl. S. 39, 40). Aber ein sicheres Herausfinden der Dressurfarbe war auch so nicht zu er- zielen, obwohl die Dressur in dieser Weise durch fünf Tage fort- gesetzt wurde. Fast immer wurden alle vier Papiere in beträcht- licher Zahl besucht, und ganz regellos entstand bald auf dieser, bald auf jener Farbe ein größerer Bienenklumpen. Die folgende Tabelle enthält die Resultate der Zählversuche: Die Bienen sind vom 4. Sept. bis zum 7. Sept. 1913 auf Blau,, in der Grauserie, seit dem 7. Sept. auf Blau,, in der eben beschriebenen Anordnung dressiert. 42 Kar v. Frisch, Bienenfrequenz beim Versuch am Blau; | Blau,; Blauy,4 Purpur;; 8. Sept. 330—35 30 16 6 21 8. Sept. 340—45 6 109 8 87 9. Sept. 1155—1200 3 15 208 33 9. Sept. 1205—10 10 5 16 65 10. Sept. 1100-05 63 28 205 140 10. Sept. 1115—20 0 33 2 36 10. Sept. 1125—30 10 166 55 35 12. Sept. 1010—15 48 2 100 0 12. Sept. 1120-25 0 185 6 65 127 Sen, Ue? 7 529 19 339 So ist denn wohl für das Bienenauge die Ähnlichkeit der ge- nannten Farben außerordentlich groß. Das Verhalten der Bienen bei den in diesem Kapitel geschilderten Versuchen erinnert sehr an die Symptome, die für rot-grünblinde Menschen, und zwar für die Protanopen (im Sinne von v. Krixs) oder relativ blausichtigen Rotgriinblinden (im Sinne von HERING) charak- teristisch sind. Für den Protanopen ist das Spektrum am langwelligen Ende verkürzt; rote Lichter erscheinen ihm sehr dunkel, dunkelrote Gegenstände so gut wie schwarz (vgl. z. B. KÖLLNER 46 p.-46); im Spektrum besteht für ihn in der Gegend des Blaugrün eine „neu- trale Stelle“, die er farblos grau sieht; gewisse blaugrüne Pigment- farben sieht er wie ein Grau von mittlerer Helligkeit; purpurrote Farben verwechselt er mit blauen; am Spektrum sieht er „an stelle der etwa 160 Farbentöne, welche der Normale unterscheidet, nur noch zwei, nämlich eine ‚warme‘ Farbe, wahrscheinlich Gelb, ent- sprechend der langwelligen Hälfte des Spektrums, welche der Normale Rot bis Grün sieht, und eine ‚kalte‘, wahrscheinlich blaue, entsprechend der kurzwelligen Spektralhälfte, dort, wo der Normale srünblau bis violett sieht“ [46, p. 42, vgl. auch v. Hırpeu (37, p. 180) und HoLMGren (38). All diese, für den Farbensinn des protanopen Menschen charakteristischen Merkmale sind uns auch bei der Analyse des Farbensinnes der Bienen entgegengetreten. Ich bin Herrn Dr. J. Rosmanır in Wien, Sanitäts-Chef der Südbahn, zu Dank verpflichtet, daß er es mir ermöglichte, einem typisch Protanopen die farbigen Papiere vorzulegen, wie ich sie bei den Bienenversuchen verwendet hatte. Als ich dem betreffenden Herrn ein Blau No. 13 (Taf.5) gab und ihn bat, die ihm ähnlich erscheinenden Papiere aus der Farbenserie auszusuchen, wählte er Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 43 Blau No. 12, Blau No. 14, Purpurrot No. 15 („dunkler, im Farbton gleich“) und Blaugrün No. 11 („ganz licht“); das Purpurrot No. 16 bezeichnet er auf Befragen als „Grau mit einem schwachen bläu- lichen Einschlag“. Zu Gelb No.4 legte er als ähnlich: Gelb No. 5, Gelb No. 6, Gelbgriin No. 7. Das Grasgrün, das Rot No.2 und das Orangerot No. 3 bezeichnete er als „braun“. Ich gab ihm nun das Rot No. 1 und diedunkelsten Papiereder Grauseriemit der Frage, obihm unter diesen Papieren eines auffalle. Nach einer Pause gab er dieüberraschende Antwort: „Jetzt spekuliere ich, weil Sie mir da alle roten Papiere zusammengelegt haben“ und bezeichnete dann das Rot und die dunkelgrauen Papiere als verschiedene Rotnuancen („Kirschrot“ etc.).*) Das Blaugrün No. 10 bezeichnete er als gleich mit Grau No.6 und den angrenzenden Nummern der (aus 15 Abstufungen bestehenden) Grauserie. Zu Blaugrün No. 11 äußerte er, „das könnte man auch noch zu den grauen Papieren dazulegen, es hat aber doch einen deutlich bläulichen Einschlag“. Die Bienen hatten das Blaugrün No. 11 ebensowenig wie das Blaugrün No. 10 aus der Grauserie herausgefunden. Es bestehen also wohl gewisse Differenzen zwischen dem Farbensinn der Bienen und dem eines Protanopen; in allen wesentlichen Punkten aber herrscht, wie man sieht, Überein- stimmung. à Wenn zwei Augen von derart verschiedenem anatomischem Bau wie das Facettenauge der Bienen und das Linsenauge des Menschen physiologisch so wenig voneinander differieren, daß man den Farben- sinn der Biene einer bestimmten Form anomalen Farbensinnes beim ‚Menschen zur Seite stellen kann, so darf man wohl darin einen Hin- weis sehen, daß die Grundlagen des Farbensinnes beim Facettenauge die gleichen sind wie beim Wirbeltierauge. 3. Der Farbensinn der Bienen und die Blumenfarben. a) Die Blumenfarben im allgemeinen. Daß eine Beziehung besteht zwischen der Anpassung der Blüten an Insectenbestäubung und der Entwicklung eines „Schauapparats“, 1) Ein Rot von solcher Ausdehnung pflegt auch von Rotblinden als „Rot“ erkannt und von Schwarz unterschieden zu werden. Wenn es auch in dem vorliegenden Falle vielleicht von Einfluß war, daß die Versuchs- person — wie sie später sagte — meinte, es würden ihr nur farbige Papiere vorgelegt, so geht doch die Unsicherheit in der dus von Rot und Schwarz aus der Angabe klar hervor. 44 Karu v. Frisch, d. h. der Entwicklung von farbigen, augenfälligen Blumen-, Kelch- oder Hochblättern, kann nicht bezweifelt werden. In unsern ein- schlägigen Hand- und Lehrbüchern findet man übereinstimmend die Angabe, daß jene Blüten, bei denen die Übertraeung des Pollens durch Wind oder Wasser vollzogen wird, im allgemeinen unschein- bar gefärbt und klein sind, während jene Blüten, bei denen Insecten die Befruchtung vermitteln, im allgemeinen durch Größe und Farbe der Blütenblätter auffallen — sie sind zu „Blumen“ geworden. Dies gilt für ausländische Pflanzen nicht minder wie für unsere heimische Flora. So stellt Lovezz (54, p. 456) in einem ausgedehnten Gebiete Nordamerikas 1048 Pflanzenarten fest, bei denen die Über- tragung des Pollens durch Luft oder Wasserströmungen geschieht; von ihnen blühen 1021 grün, 1 weiß, 11 gelb, 3 rot, 12 purpurfarben. Dagegen haben von den 2972 Arten des gleichen Gebiets mit In- secten- oder Selbstbefruchtung !) 223 grüne, 254 rote, 325 blaue, 425 purpurne, 790 gelbe und 955 weiße Blüten. Man hat des öfteren darauf hingewiesen [so Bonner (8), Hess (36), PLATEAU (79), daß es auch unscheinbare Blüten gibt, die von In- secten bestäubt werden, und daß andrerseits auffällige Farben bei manchen anemophilen Blüten vorkommen, und hat dies in dem Sinne gedeutet, daß ein Zusammenhang zwischen der Entwicklung der. Blumenfarben und der Insectenbestäubung somit nicht zu bestehen brauche. Man hat dabei nur vergessen, daß man eine Regel durch das Konstatieren von Ausnahmen nicht umstößt. Mir scheint durch das Vorkommen farbiger Blüten bei anemophilen Pflanzen nur das Verständnis für die Entwicklung der „Blumen“ erleichtert zu werden. Denn woher hätte diese Anpassung der Blüten an Insectenbestäubung ihren Ausgangspunkt nehmen sollen, wenn nicht von einem gelegent- lichen, „zufälligen“ Auftreten gefärbter Blütenblätter? Und was das Vorkommen unscheinbarer Blüten bei insectenblütigen Pflanzen be- trifft, so ist ja genugsam bekannt, daß die Farbe nicht das einzige Mittel ist, durch das sich die Blüten den Insecten bemerkbar machen. Sagt doch schon HERMANN MÜLLER (62, p. 429): „Daß den Pflanzen auch der Duft der Blumen dadurch von Vorteil ist, daß er dieselben den Insecten von weitem bemerkbar macht und dadurch gesteigerten Insectenbesuch und häufigere Fremdbestäubung bewirkt, erscheint von vornherein unzweifelhaft und kann durch ebenso entscheidende Beispiele belegt werden, wie die Wirkung der Augenfälligkeit: es 1) Kleistogame Blüten sind hierbei, wie mir LOVELL schriftlich mit- teilte, nicht mitgerechnet. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 45 läßt sich sogar durch direkte Beobachtung des Insectenbesuches mit voller Sicherheit feststellen, daß Blumenduft ein weit kräftigeres Anlockungsmittel ist als bunte Farben.“ Es steht also der An- nahme nichts im Wege, daß die Insecten beim Auffinden jener un- scheinbaren Blüten durch den Geruchssinn geleitet werden, selbst da, wo für uns die Blüten geruchlos sind); denn wir kennen auch andere Fälle, wo Insecten aus großen Entfernungen durch einen für uns nicht wahrnehmbaren Duft angelockt werden. Es steht mit dieser Annahme in guter Übereinstimmung, daß die Mehrzahl jener unscheinbaren Insectenbliiten nur von niedern Bienenarten und Fliegen besucht wird |vgl. Puargav (79) und Lovet (57)|, für welche die Annahme begründet ist, daß sie sich viel mehr als die Honigbiene durch den Geruchssinn leiten lassen [ANDREAE (2), Forez (21)]. Die im vorigen Kapitel mitgeteilten Ergebnisse bieten uns nun einen neuen Priifstein fiir die alten Anschauungen tiber den Ursprung der Blumenfarben. Denn wenn die Tatsache, daß weitaus die meisten Windblütler unscheinbare Blüten, weitaus die meisten Insecten- blütler auffallende, farbige Blüten besitzen, so zu verstehen ist, dab sich die farbigen Blumen als Anpassung an den Insectenbesuch, als Merkzeichen für die Insecten entwickelt haben, dann muß man er- warten, zwischen der Beschaffenheit des Farbensinnes der Insecten und der Beschaffenheit der Blumenfarben einen Zusammenhang zu finden. Und ein solcher Zusammenhang besteht in der Tat: jene Farben, welche von der Biene, der wichtigsten Blütenbe- stäuberin, nicht farbig gesehen werden’), kommen in unserer FloraalsBlumenfarben nur äuBerstseltenoder gar nicht vor. Ein Blaugrün, wie das auf Taf. 5 als No. 11 aufgeklebte, sticht für unser Auge von dem Grün des Laubes sehr deutlich ab; auf das Bienenauge wirkt es nicht als Farbe, sondern wie ein Grau von mittlerer Helligkeit (S. 34); und mir ist keine Blume von blau- grüner Farbe bekannt geworden. | Wir haben ferner gesehen, daß auch ein reines Rot von den Bienen nicht als Farbe erkannt, sondern mit Schwarz verwechselt wird. Und der Mangel an rein roten Blumen ist den Botanikern schon längst an unserer Flora aufgefallen. Das Rot der meisten 1) Vgl. KERNER (40), Vol. 2, p. 201. 2) Die übrigen Hymenopteren werden sich darin wohl ebenso verhalten wie die Honigbiene. Uber die anderen Insecten möchte ich keine Vermutung äußern. 46 Kary v. Frisch, „rotblühenden“ Pflanzen ist ein Purpurrot, das reichlich Blau ent- hält; ich erinnere nur an Erica und Calluna, an .Lamium- und Polygonum-Arten, an Cyclamen, an die Alpenrose (Rhododendron) ?), die rotblühenden Klee- und Orchideenarten — alles Pflanzen, die von Honigbienen und andern Apiden reichlich besucht werden und deren Purpurrot die Bienen ebenso wie unser Purpurrot No. 15 (Taf. 5) als Farbe sehen werden. Blumen mit rein roter, von einer Blaubei- mischung freier Farbe, wie das Rot No. 1 und No. 2 auf Taf. 5, sind bei uns sehr spärlich (von Kulturpflanzen natürlich abgesehen). Die Farbe der Mohnblüte (Papaver) steht dem Rot No. 2 sehr nahe; wir haben gefunden, daß ein solches Rot von den Bienen als sehr dunkles Gelb gesehen wird; und so dürfte hier der Farbe keine große Be- deutung zukommen; auch als dunkle Blume ist wohl die Mohnblüte, bei der Größe ihrer Blumenblätter, noch auffallend genug. An den hoch- roten Blüten von Glaucium corniculatum sind nur Schwebfliegen und Schmetterlinge beobachtet ?) (vgl. unten); die Feuerlilie (Laam bulbi- ferum) mit ihren „feuerroten“ Blüten ist eine Tagfalterblume ?) (vgl. unten). Als „brennend rot“ wird die Blütenfarbe einiger Adonis- Arten (A. aestivalis, autumnalis und flammea) bezeichnet; über den Blumenbesuch bei A. flammea finde ich keine Angaben, an den beiden andern Arten sind pollensammelnde Honigbienen beobachtet worden.) Als Ziegelrot sind mir ferner die Blüten von Anagallis arvensis L genannt worden; in Knurn’s Blütenbiologie°) finde ich bei dieser Species die Angabe, dab Selbstbestäubung möglich ist, „von welcher die Pflanze ausgiebigen Gebrauch macht, da Insektenbesuch bisher nicht beobachtet ist“. Es ist merkwürdig, daß jene purpurroten Blüten, die relativ arm an Blau sind, auffallend häufig entweder ausschließlich oder vorwiegend von Schmetterlingen bestäubt werden (so: Adeno- styles alpina®), viele Dianthus-Arten 7), Daphne striata°), Erigeron 1) Für die Alpenrose bestreitet v. Hess (36, p. 88) meine Angabe; sie sei angenähert rein rot oder nur schwach bläulich-rot, die Außenseite der Blütenblätter sogar leicht gelblich-rot. Bei der geöffneten Alpenrose ist die „Außenseite“ der Blütenblätter die Rückseite; ihre Farbe interessiert uns also in diesem Zusammenhange nicht. Im übrigen brauche ich nur zu erwähnen, daß nach NAGEL (64a, p. 22) der Protanop die Blüten der Alpenrosen „blau oder doch stark bläulich“ sieht. 2) Knut (45), Vol. 2, 1, p. 66. 6) ibid., Vol. 2, 1, p. 573. 3) ibid., Vol. 2, 2, p. 482. 7), ibid., Vol. 2,1, peloge: 4) ibid., Vol. 2, 1, p. 15. 8) ibid., Vol. 2, 2, p. Sage 5) ibid., Vol. 2, 2, p. 305. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 47 alpinus?) und E. uniflorus?), Silene acaulis*), Viscaria alpina‘); dab die roten Blüten von Glaucium corniculatum und von Liliwm bulbi- ferum von Schmetterlingen besucht werden, wurde oben schon er- wähnt; ihnen fügen sich als weitere, vorwiegend von Tagfaltern auf- gesuchte Blumen die orangeroten Blüten von Crepis aurea°), Hiera- cium aurantiacum®) und Senecio abrotanifolius‘) an. Auf diese Bevorzugung roter Blumen durch manche Tagfalter und eine Be- ziehung zur Färbung der Schmetterlinge machte schon HERMANN Miter *) aufmerksam: „Es ist gewiß nicht bloß zufällig, daß von den Tagfaltern, welche auf den Alpen als die häufigsten Blumenbe- sucher auftreten, die meisten selbst lebhaft rot gefärbt sind (zahlreiche Argynnis- und Melitaea-, mehrere Polyommatus- und Vanessa- Arten), und daß gerade lebhaft rot gefärbte Blumen mit ganz ent- schiedener Vorliebe von diesen selbst lebhaft rot gefärbten Faltern besucht werden.“ Es wäre in Hinblick auf diese Tatsache von In- teresse, zu untersuchen, ob der Farbensinn der Tagfalter von dem der Honigbiene abweicht. In starkem Gegensatz zu der Seltenheit scharlachroter Blumen in unsern Ländern steht deren weite Verbreitung in anderen Ge- bieten. Bei den Insectenblütern freilich scheint das Scharlach- rot im Auslande so selten zu sein wie bei uns; dagegen ist es bei jenen Blumen, welche durch Vögel (durch Kolibri in Amerika, durch die Honigvögel in Afrika und Australien) bestäubt werden, so allge- mein verbreitet, daß eine scharlachrote Blütenfarbe von manchen Beobachtern als eines der verläßlichsten Kennzeichen für Ornitho- philie angesehen wird. Von den 107 ornithophilen Pflanzen, die SCHNARF (100) in seiner „vergleichenden Charakteristik der Vogel- blumen“ anführt°), haben 56 einen roten Schauapparat, in 9 Fällen tritt Rot und Gelb nebeneinander auf, 13 blühen gelb oder gelblich, nur 4 blau, 4 violett, 7 weiß, 1 weiß und gelb, 3 purpurn, in 7 1) Knuta (45), Vol. 2, 1, p. 590. 2990. 2) ibid., Vol. 2, 1, p 3) ibid., Vol. 2, 1, p. 169. Ayrıbad., NV0l..2,.1,,p4. 172. S)ribid-, Vel. 2... 1. p.. 690. 6) ibid., Vol. 2, 1, p. 693. 2) abides Vol. 2,1,:9::631: ? 8) ibid., Vol. 1, p. 149. 9) Vielfach. erwähnt ScHNARF nicht die einzelnen Arten, sondern gibt die Blütenfarbe für eine Artengruppe gemeinsam an; solche Fälle habe ich nur einfach gezählt, da mir die Artenzahl nicht bekannt ist. 48 Karu v. Frisch, Fallen tritt Blau neben Rot im Schauapparat auf, in 3 Fallen sind die Blüten unscheinbar. Besonders deutlich geht der Zusammenhang zwischen Ornitho- philie und dem Auftreten roter Blumenfarben aus der Betrachtung verwandter Pflanzenarten hervor, die an verschiedene Bestäuber an- gepabt sind. Ich zitiere aus SCHNARF (100): (S. 5) ,Ranunculaceae. Aquilegia truncata, deren Blüten nach MERRITT dem Besuche von Kolibri angepaßt erscheinen, blüht prächtig scharlachrot, eine in dieser Familie seltene Farbe.“ (S. 6) ,,Scrophulariaceae. Die amerikanischen Penistemon Bridgesu und barbatus var. labrosus (nach MERRITT ornithophil) blühen scharlachrot, während die lavendelblaue Pentstemon Palmeri Hymenopteren ange- FORMAN TSB u (S. 6) ,Labiatae. In dieser Familie ist grellrote Farbe recht selten. Um so auffallender ist sie daher bei den ornithophilen Arten . . .“ (S. 7) „Lobeliaceae. Unter den Lobelien zeichnen sich gerade die ornithophilen großblütigen Arten durch leuchtendrote Blütenfarbe aus. So ist Lobelia cardinalis purpurrot, Lobelia sahcıfoha ziegelrot; hingegen zeigen entomophile Lobelien meist kleine, violette und blaue Blüten .. .* Auch Scott-ErLior bemerkt, daß jenes gewisse Rot, wie wir es bei der Mehrzahl der ornithophilen Blumen Südafrikas finden, eine bei Blumen ungewöhnliche Farbe ist, daß aber Labiaten, Aloen, Irideen und Leguminosen alle diese Farbe annehmen, wenn sie ornithophil werden (102, p. 279). Schließlich möchte ich als weiteren Beleg für das Gesagte eine Stelle aus KERNERS „Pflanzenleben“ !, zitieren, die zugleich zeigt, wie richtig dieser Forscher die Beobachtungen beurteilt hat: Nachdem er auseinandergesetzt hat, daß „Blüten mit Purpurrot und Karminrot sowie mit allen weiteren Abstufungen zu Violett“ von der Honigbiene sehr gerne aufgesucht, scharlachrote Blüten aber von ihr ge- mieden werden, fährt er fort: „Ich sage hier ausdrücklich gemieden und nicht verabscheut, weil es fraglich ist, ob das Ausfallen des Bienenbesuchs bei den scharlachroten Blüten wirklich durch eine förmliche Scheu vor der Scharlachfarbe veranlaßt wird, und ob nicht vielmehr Farbenblindheit hierbei ins Spiel kommt, welche bekanntlich die Ursache ist, daß auch manche Menschen das Rot nicht sehen... Das schließt nicht aus, dab wieder andere Tiere diese Farbe gut sehen, ja daß für sie die scharlach- rote Farbe sogar ein wichtiges, weithin wirkendes Anlockungsmittel ist... Insbesondere wirken solche Blüten auf die Kolibris, ja es scheint sogar, daß diese nach Honig lüsternen kleinen Vögel ganz besonders gern den Scharlachblüten zufliegen. Vielleicht hängt es hiermit auch zusammen, 1) (40) Vol. 2, p. 191. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 49 daß die Pflanzen mit scharlachroten Blumen vorwaltend in jenen Gegenden verbreitet sind, wo die Kolibris ihre Heimat haben. Gewiß ist es auf- fallend, daß die scharlachrote Farbe in Asien und Europa ... nur spär- lich vertreten ist, daß dagegen in Amerika . . . eine ausnehmend große Zahl solcher Blüten vorkommt. In den zentralamerikanischen Urwäldern fällt jedem Besucher sofort die große Zahl der Schlinggewächse und Überpflanzen aus den Familien der Akanthaceen, Bignoniaceen, Brome- liaceen, Cyrtandreen und Gesneraceen auf, welche scharlachrote Blüten tragen ... In dem oben umgrenzten amerikanischen Gebiete ist ja auch die Heimat der Lobelien, Fuchsien und Begonien mit brennendroten Blumenkelchen . . ., der von den Kolibris umschwärmten, in Scharlach gekleideten Salbeiarten (Salvia coccinea, cardinalis), der verschiedenen zu den Skrofularineen gehörigen Arten der Gattung Alonsoa und Russelia, der merkwürdigen Erythrinen (Erythrina crista galli, herbacea, speciosa) und der Cäsalpineen aus der Gattung Amherstia und Brownea (Amherstia nobilis, Brownea coccinea und grandiceps), deren Blüten durchweg so ge- baut sind, daß ihr Honig kaum anders als von schwebenden Kolibris gewonnen werden kann.“ Man wird vielleicht sagen: es ist bei der Rotblindheit der Bienen wohl verständlich, daß die scharlachrote Farbe bei Bienen- blumen so selten ist, und eine größere Häufigkeit des Scharlachrot bei Vogelblumen wäre leicht zu begreifen; aber warum herrscht es bei diesen in so auffallender Weise vor? Warum ist bei den ornitho- philen Blumen ein Blau und Violett fast ebenso selten, wie bei den entomophilen ein Scharlachrot? Die Antwort darauf geben uns wohl die Hzss’schen Untersuchungen über den Farbensinn der Vögel. Er fand, daß die von ihm unter- suchten Tagvögel (Hühner, Tauben, Falken u. a.) das Spektrum am langwelligen Ende so weit wie wir, am kurzwelligen Ende aber ver- kürzt sehen (34, S. 563); diese Eigentümlichkeit ist durch ein ana- tomisches Merkmal der Vogelnetzhaut bedingt: durch die Einlagerung roter und gelber Ölkugeln in die Netzhautzapfen; so kommt es, dab „die untersuchten Tagvögel die Welt der Farben ungefähr so sehen, wie wir, wenn wir unsere Augen mit rotgelben Gläsern bewaffnen“ . (p. 576). Ein für uns leuchtendes Blau werden sie „selbst bei heller Beleuchtung weniger schön, mehr schmutzig blaugrau sehen; bei etwas weniger hellem Lichte, bei dem wir aber noch immer ein schönes Blau sehen, wird dieses Vögeln mit verkürztem Spektrum nur als schwach bläuliches Grau bzw. reines Grau erscheinen ... Aus solchen Gesichtspunkten ist vielleicht auch die Tatsache ge- nauerer Untersuchung wert, daß, wenigstens in unseren Gegenden, die in der Natur vorkommenden Früchte, die den Tagvögeln zur Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 4 50 Karr v. Frisch, Nahrung dienen und so verbreitet werden können, vorwiegend rote, rotgelbe und gelbe Farbe zeigen; die bei uns vorkommenden, für uns blauen Früchte sind, soweit ich übersehen kann, fast durchweg tief dunkelblau, fast schwarz und heben sich schon für unser Auge, in noch höherem Maße für Vogelaugen mit verkürztem Spektrum, mehr durch ihre Schwärzlichkeit als durch ihre Färbung von der Um- gebung ab. Ein leuchtend helles Blau gehört bei den in Rede stehenden Früchten, soweit mir bekannt ist, zu den ‚groben ‚Selten- heiten“ (p. 577). Hess selbst weist also hier auf die Spärlichkeit blauer Früchte und das häufige Vorkommen roter und gelber Früchte bei unsern. heimischen Pflanzen hin, das der Spärlichkeit des Scharlachrot und der weiten Verbreitung des Blau bei unsern entomophilen Blumer seltsam gegeniibersteht. Wir wissen nun, daß die bisher untersuchten Vögel blaue Farben relativ schlecht wahrnehmen können; und sowohl bei den an die Ver- breitung durch Vögel angepaßten Früchten wiebei den an den Vogelbesuch angepaßten Blumen fällt uns die Seltenheit blauer Farbenauf. Wir wissen andrerseits, daß die Bienen rotblind sind, und die Seltenheit roter Blumenfarben bei Bienenblumen ist eine alt- bekannte Sache. Und so dürfen wir wohl die Entwick- lung dieser Farben in der Pflanzenwelt zum Farben- sinn der Bienen und Vögelin Beziehung setzen und in diesen Tatsachen eine Bestätigung für die alte An- schauung sehen, daß sich die Farben der Blumen als Anpassung an ihre Bestäuber entwickelt haben. Ich habe auf diese Dinge schon in einem Vortrage (25) hin- gewiesen. Hess erwiderte nun kürzlich darauf (36, p. 88), in unserer Flora herrsche gar kein Mangel an roten Blumen, und erwähnt eine: Angabe Hermann MÜüzzer’s, der unter 150 Alpenblumen mit ver- -stecktem Honig 52 mehr oder weniger rot fand. Hierbei sind die purpurroten mitgerechnet; ich sprach aber von den rein roten!) Blüten im Gegensatze zu den purpurroten. Hxss meint: „Für die Frage, ob das Rot der Blumen um der Insecten willen oder unab- hängig von ihnen sich entwickelt hat, ist es selbstverständlich gleich- 1) Womit ich natürlich nicht ein spektral reines Rot meinte. Daß das Mohnrot auch Gelb enthält (Hxss, 36, p. 88), war mir nicht unbe- kannt. Übrigens können verschiedene iio tendered auch auf dem gleichen. Stadium der Blüte in ihrer Färbung beträchtlich voneinander abweichen. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 51 gültig, ob dieses Rot etwas ins Gelbliche oder ins Bläuliche spielt, sofern es sich nur um eine für uns vorwiegend rote Farbe handelt.“ Ich möchte demgegenüber behaupten, daß es für diese Frage gleichgültig ist, wie die Farbe „für uns“ aussieht, und daß das einzig Wesentliche ist, wie sie den Insecten erscheint. „Nach v. Frisch würde sich die Mehrzahl der bunten Blüten, nämlich alle nicht rein gelben und blauen, anders gefärbt haben, als sie ge- sehen werden können; sie hätten sich in Orange, gelblich Rot, Rot, Purpur und Violett gefärbt, um gelb, schwarz oder blau auszusehen !“ Es ist schwer zu verstehen, was Hess hier anstößig findet. Hält er es für einen Luxus von seiten der Blume, wenn ihr Pig- ment die roten Strahlen durchläßt, statt sie zu absorbieren, wo der Effekt für das Bienenauge in beiden Fällen der gleiche bleibt? Wenn es ein Wesen gäbe, welches „Ultraviolett“ als eigene, von Blau verschiedene Farbe wahrnähme, und es würde bei uns blaue Signallampen sehen, deren Scheiben auch ultraviolette Strahlen reichlich durchlassen — würde jenes Wesen wohl zu der Behauptung berechtigt sein, dab diese Signalscheiben nicht um unsertwillen ge- färbt sein könnten, denn sie wären ja dann „Ultraviolett-Blau“ ge- färbt, um blau auszusehen? Und Hess glaubt zu dem Ausspruch berechtigt zu sein, die rot-blauen Blumen seien nicht „um der In- secten willen“ gefärbt, denn sie hätten sich ja sonst rot-blau gefärbt, um blau auszusehen! b) Der ,Farbwechsel“ der Blüten, „Kontrastfarben“ und ,Saftmale“. „Höchst merkwürdig ist auch die Erscheinung, daß bei manchen Pflanzen die Blumen nach dem Verblühen noch längere Zeit er- halten bleiben und dabei eine intensivere Färbung annehmen, als sie vorher besassen. .. DELPINO . . hat zuerst eine Erklärung des Farbenwechsels der Blüten von Ribes aureum gegeben, indem er ihm die Bedeutuug zuschreibt, den Besuchern die bereits verblühten Blumen als solche bemerkbar zu machen und dadurch vergebliches Probieren zu ersparen. Das kann aber, nach Herm. MÜLLER... ., erst in zweiter Linie in Betracht kommen, denn käme es bloss darauf an, so würden Blüten mit solchem Farbenwechsel vor solchen, welche unmittelbar nach dem Verblühen welken oder abfallen, nicht das Mindeste voraus haben. Tatsächlich fallen aber die ganzen Blumen- gesellschaften durch das Bleiben und sich intensiver Färben der 4* 52 Karu v. Frisch, verblühten Blumen weit stärker in die Augen und locken dadurch reichlicheren Insektenbesuch an sich, der freilich erst dadurch, dass die verblühten Blumen als solche leicht kenntlich sind, von vollem Nutzen sein kann“ (Knura 45, Vol. 1, p. 104 u. 105). Nach unseren neuen Erfahrungen über den Farbensinn der Biene dürfen wir Farbenkontraste !), die für unser Auge als solche auffällig sind, nicht ohne weiteres auch für das Insectenauge als Farben- kontraste gelten lassen. So sind in den Blütenständen von Pul- monaria officinalis — einem der bekanntesten Beispiele — die jungen Blüten purpurrot, die älteren färben sich blau (Besucher haupt- sächlich Bienen und Hummeln), und bei Lathyrus vernus (Besucher: Hummeln) geht gleichfalls der Farbenumschlag von Purpurrot nach Blau. So auffallend hier für unser Auge die älteren und jüngeren Blumen des Blütenstandes voneinander verschieden sind, dem Bienenauge müssen sie ähnlich oder gleich gefärbt erscheinen, und es ist zu vermuten, daß hier der Farbenumschlag, der durch Ein- flüsse chemischer Natur leicht hervorgerufen werden kann, keine biologische Bedeutung hat. Und wenn in den Blütenköpfchen von Trifolium spadiceum das von den jungen Blüten gebildete hell- gelbe Mittelfeld von einer Zone kastanienbrauner alter Blüten umgeben ist, „wodurch ein sehr auffallender Farbenkontrast hervor- gebracht wird“, so wird auch dies für das Bienenauge nach unseren Kenntnissen keinen Farbenkontrast, sondern nur einen Helligkeits- kontrast bedeuten, und das Gleiche gilt für Zelekia speciosa (Um- schlag von Gelb nach Braun) und Melampyrum nemorosum (Umschlag von Goldgelb nach Orangegelb). Dagegen gibt es auch nicht wenige Fälle, wo der Farbenumschlag von Weiß nach Rosenrot (Trifolium hybridum, Ribes sanguineum, Fumaria capreolata f. pallidiflora, alles Bienen- und Hummelblumen) oder nach einem tiefen Purpurrot (Pleroma Sellowianum, Bienenblume) geht oder von Gelb nach Karminrot (hibes aureum, Bienenblume), von Gelb nach Purpur- rot (Lantana, Tagfalterblume) oder von Gelb nach Blau (Myosotis versicolor, von Bienen besucht) ?); hier bestehen auch für das Bienen- auge Farbengegensätze, und hier mögen sie eine biologische Be- deutung im Sinne HERMANN MÜLLER’s gewonnen haben. 1) Ich behalte diesen Ausdruck bei, da er in der Blütenbiologie ein- gebürgert ist. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß nicht „Farben- kontraste“ in physiologischem Sinne gemeint sind. 2) Die Angaben entnehme ich aus KERNER (40, Vol. 2, p. 187 u. 188), KnurH (45) und Lupwie (60, 61). Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 53 Eine weitere Verbreitung als solche Farbendifferenzen in Bliiten- ständen, die durch einen Farbenumschlag der alternden Blüten ver- ursacht sind, haben jene Farbenkontraste, welche an ein und der- selben Blume während ihrer ganzen Blütezeit bestehen und meist durch verschiedene Färbung der Blumenblätter selbst, aber auch durch Verschiedenheiten zwischen Blumen- und Kelchblättern oder Blumen- und Hochblättern zustandekommen. Diese wird man mit größerer Sicherheit als jene erste Gruppe von Farbenkontrasten als Anpassung an den Insectenbesuch auffassen können, nicht nur aus Mangel an einer anderen befriedigenden Erklärung, sondern weil hier, soweit ich sehe, die Farbenkontraste durchwegs solche sind, daß sie auch für das Bienenauge als Farbenkontraste gelten müssen. Ich habe mehrere Werke mit farbigen Abbildungen unserer Flora (3, 33, 98) durchgesehen und keine Blume gefunden, welche dem widerspräche; dagegen ist das Vorwiegen der Kombination von Gelb mit Blau oder Purpurrot (so bei Viola tricolor, Scutellaria alpina, Linaria cymbalaria, Melampyrum nemorosum und M. arvense - Sisyrinchium anceps, Cypripedium calceolus, Erigeron-Arten u. a.) sehr auffallend, also die Kombination jener Farben, die gerade für das Bienenauge als Kontrastfarben gelten müssen; außerdem kommt die Kombination verschiedener Farben mit Weiß nicht selten vor. Eine besondere Bedeutung schreibt man den Kontrastfarben in jenen (bei dem eben Gesagten nicht einbezogenen) Fällen zu, wo durch sie die Stelle der Blume hervorgehoben wird, an der sich der Nektar befindet. Man spricht dann von ,Saftmalen“. Kxnurx sagt hierüber (45, Vol. 1, p. 116): „Um den durch die Farbe oder den Duft angelockten Insekten die Auffindung des Honigs zu er- leichtern, finden sich, wie schon SPRENGEL hervorgehoben hat, viel- fach Flecken oder Striche auf der Blüte, welche durch ihre Stellung oder ihre Richtung den Ort andeuten, wo der Honig verborgen ist. Solche ‚Saftmale‘ finden sich naturgemäß aber nur bei solchen Blumen, welche am Tage von Insekten aufgesucht werden. Bei den Nachtfalterblumen fehlen sie, weil sie hier nutzlos sind.“ Bei der Durchsicht der oben genannten Werke habe ich 94 Blumen mit Saftmalen !) gefunden. Bei 33 von diesen sind die 1) Von den feinen Tüpfel- und Strichzeichnungen, wie man sie an vielen Orchideenbliiten findet und die man auch als Saftmale gedeutet hat, wurde hierbei abgesehen, da man wegen ihrer Kleinheit an ihrer Be- deutung zweifeln kann und da sie sich auch bei weitem nicht immer nur am Eingang zum Saftbehälter finden. | 54 Karu y. Frısca, Kontrasttarben: Gelb und Blau‘), Gelb und Violett”), Gelb und Purpurrot?) oder Orangerot und Blau‘, (für das Bienen- auge also in all diesen Fällen „Gelb“ und „Blau“) Bei 47 von ihnen ist Weiß mit einer Farbe kombiniert: Weiß mit Gelb’), Weiß mit Blau’), Weiß mit Violett”), Weiß mit Purpur- 1) Bei folgenden Arten (die hinter die Pflanzennamen gesetzten Buch- staben A, H und R geben an, welchem Pflanzenatlas die betreffende An- gabe entnommen ist [A — Atlas der Alpenflora (3), H — Hecrs Flora von Mitteleuropa (33), R — REICHENBACH’s Icones (98)]; die in REICHEN- BACH’s ,,[cones“ gebrauchten Namen sind vielfach heute nicht mehr gangbar; ich habe in solchen Fällen den heute gebräuchlichen Namen eingesetzt und den Namen, unter welchem die Pflanze in den „Icones“ abgebildet ist, in Klammern beigefügt; dies gilt auch für die folgenden Anmerkungen): 1) Convolvulus tricolor (R) 5) Aesculus Hippocastanum (H) Dianthus superbus (H) Androsace lactea (R) Eritrichium Terglouense (A) A. obtusifolia (A) Galeopsis speciosa (G. versicolor R) | A. villosa (A) Iris spuria (R) Antirrhinum majus (H) Linaria alpina (H) Aretia helvetica (A) Myosotis alpestris (A) Cistus salvifolius u. a. (R) M. palustris (H) . Crocus biflorus (R) Nonnea rosea (Lycopsis rosea R) Euphrasia Rostkoviana (A) Pinguicula leptoceras (R) Iris ochroleuca (R) P. vulgaris (P. macroceras R) Narcissus poeticus (H) Primula latifolia (R) Pinguicula alpina (R) P. sibirica (P. intrusa R) Ranunculus circinatus (H) Veronica fruticans (A) R. fluitans (H) Viola canina (R) 6) Anchusa ilalica (A. azurea R) V. stagnina (V. lactea R) Astragalus australis (A) 2) Euphrasia minima (H) Geranium pyrenaicum( G.umbrosumR) E. officinalis (R) Iris pallida (R) Galeopsis pubescens (R) Papaver somniferum (H) G. Tetrahit (R) Pinguicula grandiflora (R) Seutellaria-Arten (R) Primula marginata (P. crenata R) : Viola calcarata (A) Veronica Tournefortit (H) 3) Cistus albidus (R) Viola montana (R) C. polymorphus (C. incanus R) V. odorata (H) C. villosus (R) V. silvestris (R) Galeopsis angustifolia (R) 7) Anchusa sempervirens (A. vul- G. Ladanum (G. Reuteri R) garis R) Gladiolus communis (R) Ballota nigra (R) G. byzantinus u. a. (R) Geranium phaeum (A) Linaria triphylla (R) G. silvaticum (A) Pedicularis Sceptrum Carolinum (H) | Iris germanica (R) Polygala chamaebuxus (A) Scutellaria-Arten (R) 4) Omphalodes verna (R) Viola alpına (A) Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 55 rot 8), oder Weiß mit Rot°®) oder Orange’), in 3 Fällen Schwarz mit Purpurrot !!) oder Gelb!?), in 3 Fällen dunkel Rotbraun mit Purpurrot !?) oder Gelb.!%) Nur in 1 Falle ist das ,Saftmal“ Purpur- rot in Blau !), also derart, dab für das Bienenauge hier wohl kein Farbenkontrast, vielleicht aber ein Helligkeitskontrast besteht. In 6 Fällen heben sich Grundfarbe und Saftmal nur durch verschiedene Intensität der Färbung !®e) oder — was für das Bienenauge das Gleiche bedeutet — als Orangerot und Gelb !”) voneinander ab. Das ,Saftmal“ von Papaver Rhoeas**), das uns tief dunkelblau in einem hellen Rot erscheint, wird das Bienenauge dunkel „blau“ in dunkel „gelb“ sehen. Es mag mir manche Pflanze entgangen sein, die ein „Saftmal“ besitzt; es mag auch manche Farbennuance infolge einer unzutreffen- den Abbildung nicht richtig bezeichnet worden sein; doch werden Ergänzungen und Korrekturen an dem wesentlichen Resultat dieser Zusammenstellung kaum etwas ändern: wir finden hier fast durchwegs Farben miteinander kombiniert, die sich nach unseren Erfahrungen für das Bienenauge deutlich voneinander abheben müssen, und es erwächst somit der Annahme, daß die „Saftmale“ als eae an den Insectenbesuch aufzufassen seien, keine Schwierig- keit. Daß sie für die Insecten wirklich von Bedeutung sein können — was manchmal angezweifelt wird —, scheint mir aus gelegent- lichen Beobachtungen, wie der folgenden, hervorzugehen: „Sarcophaga carnaria sucht an den Blüten von Polygonum bistorta eifrig nach Honig, gleitet aber in der Regel mit dem Rüssel an der Blüte vor- 8) Arctostaphylos uva ursi (A) 11) Fumaria major (R) Cyclamen repandum (C. hederae- | Papaver dubium (P. laevigatum R) J folium KR) 12) Asphodeline lutea (R) Dianthus alpinus (H) 13) Hibiscus roseus (R) Gladiolus segetum (R) H. syriacus (R) Melittis melissophyllum (M. us. 14) Hibiscus trionum (R) flora R) 15) Delphinium consolida (H) Moricandia arvensis (R) 16) Jris-Arten (H), dunkelblau in Primula carniolica (A) hellblau P. oenensis (A) Linaria genistifolia (H), dunkelgelb P. villosa: (R) in hellgelb P. viscosa (A) Linaria vulgaris (H), dunkelgelb in Sagittaria sagittifolia (R). hellgelb 9) Asphodelus (R) _ 17) Iris-Arten (H) Dianthus deltoides (D. glaucus R) Linaria spartea (R) Hibiscus syriacus (R) Primula officinalis (H) 10) Saxifraga aspera (R) 18) Papaver Rhoeas (H) 56 4 ‚ Karu v. Friscu, bei; Andrena albicans geht es anfangs längere Zeit ebenso, sie lernt aber allmählich die Sache geschickter anfangen und den Rüssel mit größerer Sicherheit in die Blüten senken; die Honigbiene ver- fehlt von Anfang an keine Blüte“ (Herm. MÜLLER 62, p. 428). Wo der Zugang zum Honig durch einen auffallenden Farbfleck gekenn- zeichnet ist, wird das Insect leichter und rascher lernen, den Rüssel an der richtigen Stelle einzusenken als bei einfarbigen Blumen. Doch glaube ich nicht, daß die biologische Bedeutung der „Saftmale“ nur in dieser Richtung zu suchen ist. Ich komme darauf später zurück (S. 73). @) Wire „Lieblingsfarben“ der Bienen. J. Lugsock (59) war zu der Anschauung gekommen, daß die Bienen eine „ausgesprochene Vorliebe für Blau“ zeigen; er setzte ihnen in langen Versuchsreihen auf verschiedenfarbigen Unterlagen Honig vor und fand, daß sie dem Honig auf einer blauen Unterlage durchschnittlich stärker zuflogen als auf andersfarbigen oder weißen Unterlagen. Hermann Mürzer (64) hat dieses Resultat bestätigt, nur fand er, dab ein gewisses Purpurrot die Bienen genau so stark anzieht wie Blau — wir verstehen jetzt warum. Auf diese Ver- suche geht die oft zitierte Angabe zurück, Blau und Purpurrot seien die Lieblingsfarben der Bienen. Hierdurch schien auch eine Tat- sache erklärt, die den Botanikern schon lange aufgefallen ist: daß die Blumen mit primitiveren Blüteneinrichtungen, die ihren Honig den Insecten mehr oder weniger offen darbieten und deren Besucher- kreis hauptsächlich die unsteten, kurzrüsseligen Wespen, Fliegen und Käfer bilden, vorwiegend weiß und gelb gefärbt sind, während man bei den Blumen mit vollkommeneren Einrichtungen zur Siche- rung der Fremdbestäubung, mit tief im Blütengrunde geborgenem Honig, deren Besucherkreis sich neben Schmetterlingen hauptsächlich aus den langrüsseligen Bienen und Hummeln zusammensetzt, vor- wiegend blaue und purpurrote Blütenfarben antrifft. Gegen die Ansicht, daß die Bienen durch Farben im allgemeinen und durch bestimmte Farben in besonderem Grade angelockt werden, sprach sich Forez aus: „Die Farbe bildet ein Merkzeichen, aber keine Anziehung an und für sich für das Insekt“ (21, p. 194); v. Dosxiewicz (19) kommt zu demselben Resultat, und ich bin der gleichen Ansicht. Denn würden bestimmte Farben an und für sich auf die Bienen anziehend wirken, dann hätte sich dies wohl in den Versuchen zeigen müssen, wo den auf Weiß, auf Grau oder auf das neutrale Blaugrün (No. 10 oder No. 11) dressierten Bienen die Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 57 ganze Farbenserie vorgelegt wurde. In solchen Fällen schwärmten sie aber stets ziellos über dem Versuchstische herum, und wenn sie sich setzten, geschah dies ohne ausgesprochene Zuneigung zu be- stimmten Farben. So hatte ein Versuch, bei welchem den auf Weiß dressierten Bienen die Farbenserie vorgelegt wurde, folgendes Resultat: Rot Gelb Grün an Purpur No.d.Farbenserie| 1|2|3|)4|5|6|7|8|9,10 | 12 13 | 14 | 15| 16 Bienenfrequenz | in 5 Min. OOF np NON AO! MO 0 | 0,101 0 Das gleiche Experiment an Bienen, die auf eee No. 10 dressiert waren, ergab folgende Zahlen: Rot Gelb Griin Blau Purpur No.d.Farbenserie| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | Gaia | 8279 | 192] 312/412 | 13 | 14] 15| 16 Bienenfrequenz ar) | | | | | ind Min, |01310/1,0,0,0,0,0,0,2),1)3)0)0 Zahlreiche andere Versuche führten zu dem gleichen Ergebnis. Lupsock und Hermann MÜLLER haben gewiß nicht falsch be- obachtet. Ich glaube nur, daß man ihre Resultate auch anders er- klären kann als durch eine ,,Farbenliebhaberei“ der Honigbiene. Lusgock selbst sagt (59, p. 202): „Ich habe niemals behauptet, daß es möglich sei, für die Beurteilung der Vorliebe der’ Bienen . . . für gewisse Farben gegenüber anderen einen vollkommen genauen Maß- stab zu gewinnen... So wird vermutlich z. B. etwas auf die Blumenart ankommen, welche die Biene zu besuchen gewohnt ist: Eine Biene, welche an Maßliebchen gesogen hat, verhält sich wahr-. scheinlich sehr anders in dieser Hinsicht wie eine, die auf einer blauen Blumenart verkehrte.“ Ähnlich äußert sich Hermann MÜLLER (64), und er führt auch Beobachtungen an, die zeigen, dab dieselbe Biene tagelang zu derselben Pflanze wiederkehrte. Solche Bienen sind dann auch sozusagen auf eine bestimmte Farbe „dressiert“. Und wenn man nun bedenkt, daß bei den „Immenblumen“ Blau und Purpurrot als Blütenfarben vorherrschen, kann man sich wohl die durchschnittliche (keineswegs übermäßig starke) Bevorzugung des Blau in jenen Experimenten so erklären, daß von den beteiligten Bienen eine größere Zahl vorher an blauen Blumen verkehrt hatte als an gelben oder weißen. 58 Karu v. Frisch, Doch wie ist nun das Vorherrschen des Blau als Blütenfarbe bei den hochorganisierten „Immenblumen“ zu verstehen? Die Tat- sache selbst kann nicht bezweifelt werden [ich verweise nur auf KırcHner (44) p. 104, 122, 139, 170, 227; Kurse (45) Bd. 1, p. 127 bis 164; VERHOEFF (107) p. 126]. Ihre alte Erklärung durch die Blau- vorliebe der Biene mußten wir aufgeben. Nun möchte ich auf folgendes aufmerksam machen: Blau ist diejenige Blütenfarbe, die sich für das Bienenauge von der Farbe des Laubes — soweit sich dies beurteilen läßt — am wirksamsten abheben muß. Denn es hat sich gezeigt, daß das Blattgrün von den Bienen in einem gelben Farbton gesehen wird, aus dem die Farbe der gelben Blumen nur durch ihre größere Sättigung herausleuchten wird (vgl. S. 38); auch weiße Blumen sind vielleicht für das Bienenauge in dem „un- gesättigten Gelb“ weniger auffallend als für unser Auge in dem satten Grün des Laubes. Ein Farbenkontrast besteht nur bei blauen Blüten (und bei purpurroten, die ja für die Bienen gleich- falls blau sind). Da scheint es mir verständlich, daß die „Immen- blumen“, die in ihrem Bau im allgemeinen die höchste Anpassung an den Insectenbesuch erkennen lassen, die diekompliziertesten und besten Vorkehrungen zur Sicherung der Kreuzbefruchtung ent- wickelt haben, so häufig auch diejenige Farbe erworben haben, durch die für die Biene die Augenfalligkeit der Blüte aufs höchste ge- ‚steigert ist. Mancher mag diesen Satz allzu gewagt finden. Darum sei noch betont: das Vorherrschen der blauen und purpurroten Blütenfarbe bei den höchstorganisierten Insectenblüten wurde von den Botanikern ohne Rücksicht auf den Farbensinn der Insecten festgestellt. Unab- hängig davon ergibt sich aus meinen Versuchen, daß bei blauer oder purpurroter Färbung die Augenfälligkeit einer Blüte für das Bienen- auge am größten ist. Und so läßt sich zwanglos die blaue oder purpurrote Blütenfarbe der „Immenblumen“ den anderen Merkmalen einreihen, durch welche sich diese Blumengruppe vor den primi- tiveren Insectenblüten auszeichnet. 4. Der Formensinn der Biene und seine Bedeutung beim Blumenbesuch. Fliegen und Käfer sind ein unstetes Volk; sie lassen sich bald auf diesen, bald auf jenen Blumen nieder, und es gehört ein gut Teil Zufall dazu, daß sie beim Blütenbesuch Kreuzbefruchtung herbei- führen. Bei manchen Fliegen und bei den Hymenopteren geht mit Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 59 der morphologischen Anpassung an den Blumenbesuch, die eine bessere Ausnützung der Blüten ermöglicht, eine größere Blumenstetig- keit Hand in Hand, um bei den bestangepaßten Blütenbesuchern, den langrüsseligen Bienen, den höchsten Grad zu erreichen.') Vor allem die Honigbiene ist in hohem Grade blumenstet, d. h. in der Regel besucht jedes Individuum bei seinen Ausflügen durch längere Zeit hindurch (stunden- und tagelang) nur Blüten der gleichen Pflanzenart.*) Dies ist für beide Teile von Vorteil: die Biene, welche nur Blumen der gleichen Art befliegt, trifft überall auf die gleiche Blüteneinrichtung, mit der sie schon vertraut ist, und wird so in der gleichen Zeit eine größere Ausbeute machen, als wenn sie wahllos an verschiedene Pflanzen flöge; für die Blüte ist es zur Sicherung der Kreuzbefruchtung von größter Bedeutung. Wie rasch und sicher eine Biene auf einer blumenreichen Wiese die Blüten einer bestimmten Pflanzenart herausfindet, davon kann - man sich leicht überzeugen. Daß sie sich hierbei vor allem nach der Blütenfarbe orientiere, war eine naheliegende Annahme, solange man bei der Biene einen Farbensinn voraussetzte, der dem unserigen an Vollkommenheit nicht nachstiinde. Nun wissen wir aber, dab das Bienenauge „rotgrünblind“ ist und im Unterscheidungsvermögen für Farbennuancen dem normalen, farbentüchtigen Menschenauge weit nachsteht. So wenig die Bienen bei unseren Versuchen Violett von Blau und Purpurrot, Gelb von Grün und Orange- rot unterscheiden lernten, so wenig werden sie beim Blumenbesuch solche Farben auseinanderhalten können. Wenn sie nun da, wo für uns eine Fülle von Farbennuancen besteht, nur „blaue“, „gelbe“ und „weiße“ Blumen sehen, dann kommen wir mit der Blütenfarbe allein zur Erklärung der Blumenstetigkeit bei weitem nicht aus; es müssen auch andere Merkmale zur Unterscheidung der Blumen von den Bienen benutzt werden.) Als solche kommen Zeichnung und Form der 1) Vgl. KnutH (45), Vol. 1, p. 229, 230. 2) Ausnahmen kommen vor, besonders bei spärlicher Tracht. Belege für die Blumenstetigkeit findet man bei BENNETT (4), BERLEPSCH (5, p. 86), CHRISTY (14), DaLLA-ToRRE (15), DETTO (18), KNuTH (45, Vol 1, p. 197), KRONFELD (48), MÜLLER (64), NEGER (65, p. 635), PEREZ (67) u. A. Ausnahmen konstatiert BULMAN (10, 11) und PLATEAU (86). 3) Daß nicht die Blütenfarbe allein für die Bienen bestimmend sein kann, geht auch schon aus älteren Angaben hervor. Es wurde mehrfach beobachtet, daß Bienen da, wo verschiedenfarbige Varie- täten einer Pflanzenart nebeneinander standen, die Blumen dieser 60 Karu v. Frisch, Blumen und ihr Duft in Betracht. Meines Wissens wurde nie unter- sucht, ob die Bienen verschiedene Blumendüfte zu unterscheiden ver- mögen und wie weit sie sich beim Blumenbesuch durch den Geruchs- sinn leiten lassen; ich will daher auf diesen Punkt nicht näher ein- gehen. Dagegen möchte ich nun über Versuche berichten, die ent- scheiden sollten, ob die Form der Blumen und — bei mehrfarbigen Blüten — die Anordnung der Farben in der Blüte von den Bienen als Merkzeichen benutzt wird. In der Literatur findet man über den Formensinn der Insecten nur äußerst spärliche Angaben, und diese stehen miteinander in Widerspruch. PrAreau (69—76, 84, 87) kam durch zahlreiche, freilich nicht einwandfreie Versuche zu dem Schlusse, daß die Bienen und andere Arthropoden die Form der Objekte sehr schlecht oder gar nicht unterscheiden könnten. Foren dagegen führt zwei Be- obachtungen an, die dafür sprechen, daß Hummeln und Wespen Form- — unterschiede erkennen und beachten. Er fütterte in seinem Zimmer eine Hummel auf einer blauen Papier- scheibe mit Honig. Nachdem sie wiederholt heimgeflogen und wieder- gekehrt war, ersetzte er die blaue Scheibe durch einen blauen, mit Honig versehenen Streifen und legte die blaue Scheibe ohne Honig etwa 9 cm entfernt nieder. „Bei ihrer nächsten Wiederkehr flog die Hummel ge- radenwegs nach der Scheibe, obwohl diese sich jetzt an einem anderen Ort befand. Doch machte sie hier nur eine einzige Tour und begab sich dann nach dem schmalen Streifen, an dessem süßen Anstrich sie sich er- gôtzte. Nun gab ich ihr wieder die erste Scheibe mit Honig, zu der sie mehrfache Beutezüge unternahm. Nach zwei Stunden legte ich den blauen honigbestrichenen Streifen genau dorthin, wo zuvor die blaue honig- bestrichene Scheibe gewesen war, und eine blaue Scheibe ohne Honig in zirka 6 cm Entfernung. Diesmal flog meine Hummel zunächst zu dem Pflanzenart ohne Unterschied der Farbe besuchten [BENNETT (4), CHRISTY (14), PLATEAU (78, 82)]. Hier haben sie sich von anderen, diesen Blumen gemeinsamen Merkmalen leiten lassen. Dagegen sind auch andere Fälle ' bekannt, wo Bienen und Hummeln zum Besuche der Blüten ver- schiedener Pflanzenarten offenbar durch deren identische Farbe veranlaßt wurden. So teilt mir FRITZ v. WETTSTEIN mit, daß er im Wiener botanischen Garten die gleichen Bienen die verschiedensten Salvia- Arten besuchen sah, die die gleiche, blauviolette Blütenfarbe hatten (Salvia limbata, S. pratensis, S. nemorosa, S. silvestris u. a.); weißblühende Salvia- Arten (S. austriaca und globosa), welche zwischen den blauen standen, wurden von diesen Bienen gemieden. Ich selbst sah eine Hummel ab- wechselnd an Trifolium pratense und Lamium maculatum saugen, die beide purpurrot blühten. Ahnliche Beobachtungen an Hummeln machten BENNETT (4) und Curisty (14). Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 61 schmalen Streifen (also an den vorherigen Platz), doch verweilte sie hier kaum einen Augenblick, sondern begab sich sogleich nach der leeren Scheibe, die sie von allen Seiten untersuchte und um die sie zwei bis drei Mal herumflog. Nun erst ging es zu dem schmalen Streifen zuriick, wo sie nunmehr den Honig ausfindig machte“ (21, p. 28). An einer Wespe stellte er ähnliche Versuche an. Er fütterte sie auf einer weißen Papierscheibe von ca. 3 cm Durchmesser (das Experiment fand auf dem grauen Deckel eines Koffers statt). Dann strich er Honig auf ein Kreuz aus weißem Papier, dessen Arme 11 cm lang und 21}, cm breit waren, „Das Kreuz mit und die Scheibe ohne Honig legte ich nun ziemlich nahe voneinander zu beiden Seiten der Stelle, wo die Wespe vorher ihre Labung gefunden hatte. Als sie jetzt zurückkam, suchte sie ein wenig, fand aber den Honig bald genug. Ich dachte nun, daß vielleicht das Kreuz der Scheibe zu ähnlich sei und schnitt deshalb einige Streifen Papier von 10 cm Länge und 8 mm Breite. Nach dem Wegfliegen der Wespe ent- fernte ich das Kreuz und legte nun auf jede Seite der Stelle, wo dasselbe gelegen hatte, und zwar 3—4 cm von dieser entfernt, eins meiner Präpa- rate: auf die eine Seite die Scheibe ohne Honig, "auf die andere einen Streifen mit Honig. Sobald die Wespe sich nahte, flog sie stracks zu . der weißen Scheibe, die sie lange Zeit vergeblich nach Honig absuchte. Dann suchte sie die leere Mitte, also das Stück grauen Koffers, wo das Kreuz gelegen hatte, ab und flog, da sie auch dort nichts fand, wieder fort. Sehr bald kehrte sie indessen zurück, suchte nochmals auf der weißen Papierscheibe, nochmals auf dem leeren Stück grauen Koffers und roch und suchte so hartnäckig und eifrig nach rechts und links, daß sie — schließlich doch den Honig ausfindig machte. „Ich legte nun einen zweiten schmalen Papierstreifen ohne Honig neben den ersten (den ich sodann entfernte) und strich etwas Honig auf das große Kreuz, das ich auf die andere Seite legte, beide Gegenstände in der gleichen Entfernung von der Stelle, wo die Wespe das letztemal gefressen hatte. Jetzt kam die Wespe zurück und flog geradenwegs zu dem neuen schmalen Papierstreifen. Da sie hier nichts fand, suchte sie in der Umgebung und fand sehr schnell das Kreuz. , Es ist interessant zu beobachten, wie dieselbe Wespe . . . sich bei jeder Gelegenheit des Papiers erinnerte, von dem sie ihren letzten Imbiß genommen hatte, und zwar nach seiner Form und Größe, denn ich ersetzte das honigbestrichene Papier jedesmal durch ein anderes, das genau nach demselben Muster geschnitten war.“ Am folgenden Tage wurde die Wespe wieder von dem Papierkreuz gefüttert; sie flog dann auf ein leeres Kreuz, obwohl daneben ein honig- bestrichener Streifen lag (21, p. 25—-27). Um zu sehen, ob sich bei der Biene eine Dressur auf eine bestimmte Form erzielen ließe, ging ich zunächst so vor: Aus einem Karton, der mit gelbem Papier (Gelb No. 4, Taf. 5) über- zogen war, wurden Ellipsen und sechseckige Sternchen ausge- schnitten, die gleichen Flächeninhalt hatten; sie sind in Fig. Ca 62 Karu v. Frisch, wiedergegeben. Diese Schablonen erhielten in der Mitte ein Loch, welches genau auf Glasröhrchen von 1 cm Durchmesser paßte (vgl. Fig. Cb). Jedes solche Röhrchen (Länge 3 cm) wurde an einem Ende durch einen mit Stift (St) versehenen Kork (X) verschlossen, am anderen Ende wurde ein Sternchen oder eine Ellipse (S) ange- bracht und die Befestigung dieser Schablonen durch etwas Plastilin (P) gesichert. Nun wurden drei mit gelben Sternchen und drei mit selben Ellipsen versehene Röhrchen mittels der Stifte S¢ auf einem Fig. C. Tische aufrecht in beliebiger Anordnung befestigt und die Stern- röhrchen mit verdünntem Honig (4) gefüllt, während die Ellipsen- röhrchen leer blieben. Die Bienen lernten rasch, die neue Honig- quelle auszubeuten und krochen durch das Loch inmitten der Sternchen gänzlich in die Röhrchen hinein, sobald der Honig für sie von außen nicht mehr erreichbar war. Bei jeder Fütterung wurde die gegenseitige Lage der Sternchen- und Ellipsenröhrchen verändert und so die Dressur durch mehrere Tage fortgesetzt. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 63 Nach 3tägiger Dressur wurde ein Zählversuch vorgenommen ; die 6 Dressurröhrchen wurden entfernt und durch 6 reine, mit neuen Schablonen versehene Röhrchen ersetzt, derart, daß an die Stellen des Tisches, wo zuletzt ein Sternröhrchen gewesen war, ein Ellipsen- röhrchen gesteckt wurde und umgekehrt. Wir zählten nun 5 Minuten lang (16. August 1913, 940—45) die Bienen, die sich auf die Schablonen setzten; jede Biene wurde sofort, nachdem sie sich gesetzt hatte; aufgejagt, so daß es zu keiner Klumpenbildung kam. Es setzten sich: Auf die 3 Sternchen: 31, 29 und 25 Bienen, De saullipsen=, 7.4.65), und: 6 2 Am folgenden Tage wurde der Versuch in gleicher Weise wieder- holt, nur wurden diesmal die Bienen nicht aufgejagt; es waren ziemlich wenige da, so daß es zu keiner Klumpenbildung kam. Es setzten sich (17. August 1913, 805—10): Auf die 3 Sternchen: 31, 24 und 19 Bienen, ogee llipsen : AND Ein 3. Versuch hatte den gleichen Erfolg. Die Dressur auf die Sternform war also gelungen. Wo Farbe und Form in Konkurrenz treten, scheint die Farbe für die Biene von größerer Bedeutung zu sein. Als ich nämlich den auf die gelben Sternchen dressierten Bienen schwarze Sternchen und gelbe Ellipsen vorsetzte'), flog weitaus die Mehrzahl der Tiere nach den gelben Ellipsen, und die schwarzen Schablonen blieben trotz ihrer Sternform fast unbeachtet. Es setzten sich (17. Aug., 8?°—?4): Auf die 3 schwarzen Sternchen: 6, 3 und 5 Bienen. Auf die 3 gelben Ellipsen: 41, 304 und 55 Bienen. Leider habe ich den Versuch nicht wiederholt. Zur Kontrolle wurden die Bienen von jetzt ab bei im übrigen gleicher Anordnung auf die gelben Ellipsen dressiert. Bei einem Versuche nach 1taégiger Dressur erhielten noch die Sternchen einen stärkeren Besuch als die Ellipsen. Nach 2- und 3tägiger Dressur wurden in insgesamt 8 Versuchen stets die Ellipsen stärker, und zwar ca. doppelt so stark, frequentiert als die Sternchen. So setzten sich in einem Versuche (am 20. August 1913, 605—10), bei welchem jede Biene, die sich gesetzt hatte, sofort aufgejagt wurde, Klumpen- bildung somit verhindert war: Auf die 3 Ellipsen 89, 23 und 39 Bienen „ 3 Sternchen 26, 21 „ 20 5 235 1) Die Bienen waren an dieser Futterstelle vor Beginn der Form- dressur auf Blau dressiert gewesen. 64 Karu v. Frisch, Sehr ähnlich waren die Zahlenverhältnisse in den übrigen Ver- suchen, auch wenn Klumpenbildung nicht verhindert wurde. | Daß hier nach 3tagiger Dressur noch kein besserer Erfolg zu vermerken war, ist gewiß zum Teil auf die vorangegangene Sternchendressur zurückzuführen; die Erinnerung an diese mußte einem raschen Erfolg bei der Ellipsendressur hinderlich sein. Wichtiger aber schien mir ein anderer Umstand, der sich störend bemerkbar machte. Bei der Kleinheit der Schablonen waren die Ellipsen während der Dressur von dem Klumpen der saugenden Bienen in der Regel fast ganz verdeckt, so daß die neu anfliegenden Bienen die Ellipsen- gestalt nur schlecht oder gar nicht wahrnehmen konnten!); darum brach ich diesen Versuch am 3. Tage der Ellipsendressur ab und traf eine andere zung, bei welcher der erwähnte Übelstand vermieden wurde. Fig. D. Ich ließ mir eine größere Zahl von Holzkästchen anfertigen, von denen eines in Fig. D abgebildet ist. Die Maße betragen (innen) 10><10><5 cm. Der Deckel ist mit Scharnieren befestigt und auf der anderen Seite durch ein Häkchen verschließbar. Die Vorder- wand (V) des Kästchens mißt (außen) 11x11 cm und hat unmittelbar über dem Boden des Kästchens ein Loch von 11}, cm Durchmesser (vgl. auch den Längsschnitt durch das Kästchen, Fig. Db). Bei der Dressur wurden die Kästchen auf einem Brett so aufgestellt, wie es Fig. E zeigt. Auf der Vorderwand jedes Kästchens ist mit 4 Reiß- 1) Bei der Dressur auf die Sternchen waren, auch wenn ein Bienenklumpen auf dem Röhrchen saß, die Sternzacken deutlich sichtbar. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 65 nägeln ein Karton befestigt, auf dem Schablonen aufgeklebt sind. Schablone und Karton tragen ein (mit Locheisen ausgestanztes) Loch, das sich mit dem Loch in der Vorderwand des Kästchens deckt. . Die Bienen müssen durch dieses Loch, um ins Innere des Kästchens zu gelangen. In der Regel wurden 4 Kästchen nebeneinander auf- gestellt, von denen je zwei die gleiche Schablone trugen. Die beiden Kästchen, die jene Schablonen trugen, auf welche die Bienen dressiert werden sollten, enthielten innen eine Schale. mit Zuckerwasser (Fig. Db, Z), die ca. alle */, Stunden neu gefüllt wurde; die beiden anderen Kästchen waren leer. Fast bei jeder Fütterung wurden die Plätze der Kästchen verändert. Fig. E. So war die Anordnung während der Dressur. Sollte ein Versuch gemacht werden, so wurde er folgendermaßen vorbereitet: 4 reine Kästchen, die den Dressurkästchen vollständig glichen, aber nie zur Dressur benutzt wurden und nie mit Zuckerwasser in Be- rührung kamen, wurden in gleicher Weise wie die Dressurkästchen an der Vorderseite mit unbenutzten, reinen Kartons und Schablonen versehen. Alle 4 Kästchen blieben leer. Nun wurden die Dressur- kästchen entfernt!) und die Versuchskästchen an ihre Stelle gesetzt, 1) Meist nachdem unmittelbar vorher gefüttert worden war, vgl. die Anm. 2 auf S. 13. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 5 66 Karu v. Frisch, und zwar in vertauschter Anordnung, so daß das Ortsgedächtnis der Bienen, wenn es trotz des häufigen Platzwechselns während der Dressur das Resultat beeinflussen sollte, zuungunsten des erwarteten Erfolges wirken mußte. Und nun wurde die Zahl der Bienen fest- gestellt, die sich innerhalb einer bestimmten Zeit auf der Vorder- seite der Kästchen niederliefen.’) Auf diese Weise stellte ich außer anderen, später zu besprechenden Versuchsreihen auch die folgende an: Auf weiße Kartonblätter (12><12 cm) wurden Schablonen aus blauem Papier (Blau No. 12, Fig. F. Taf. 5) von zweierlei Form aufgeklebt; die eine Form war derart, daß blaue Streifchen strahlenförmig um das Loch in der Mitte des Kartons angeordnet waren, so wie die Strahlenblüten um die Scheibe einer Composite; die andere Form erinnerte etwa an das Aussehen einer Enzianblüte (vgl. Fig. F); ich bezeichne die beiden Formen im Folgenden kurz als ,Strahlenform“ und „Enzianform“. Es wurden nun an 4 Holzkästchen 2 Strahlenformen und 2 Enzianformen in der geschilderten Weise befestigt. Nachdem ich mich überzeugt 1) Anfangs zählten wir die Bienen, die durch das Loch ins Innere jedes Kästchens krochen. Diese Methode erwies sich rasch als unpraktisch. Denn oft kroch eine Biene teilweise in ein Loch hinein und kehrte dann um, offenbar weil sie durch den Geruchssinn erkannt hatte, daß das Kästchen leer sei. In solchen Fällen konnte es zweifelhaft sein, ob ein Tier gezählt werden sollte oder nicht. Ferner entstand bei reichlichem Bienenbesuch in der engen Öffnung durch den Gegenstrom der Bienen, die das Kästchen verließen, häufig ein solches Gedränge, daß ein exaktes Zählen der hinein- kriechenden Tiere nicht möglich war. Dagegen war es leicht, festzustellen, wie viele Bienen sich am Flugloch und in dessen Umgebung niederließen. Zur Vermeidung von Unsicherheiten wurde jede Biene gezählt, die sich auf der ‘Vorderseite eines Kästchens niederließ; naturgemäß setzten sich fast alle Tiere in unmittelbarer Nähe des Flugloches. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 67 hatte, daß die Bienen von vornherein keine der zwei Formen vor der anderen bevorzugten, wurden sie auf die Enzianform dressiert.: Die Dressur begann am Morgen des 12. September 1913. Bereits nach wenigen Stunden war ein deutlicher Erfolg zu verzeichnen. Am Nachmittag des 12. September wurden 4 Zählversuche in der geschilderten Weise vorgenommen; sie ergaben folgende Resultate: Enzianform Strahlenform Kästchen-No. a b c alert! Bienenfrequenz 250—55 60 141 37 37 ‘5 300—05 155 250 39 30 À 435—40 89 60 17 7 = 445—50 216 83 24 24 In dieser und in den weiteren, unten beschriebenen Versuchsreihen wurde die Anordnung der Schablonen an den Versuchskästchen häufig vertauscht, um dem Einwande vorzubeugen, die stärkere Frequenz der mit der Dressurform versehenen Kästchen könnte das erstemal durch Zu- fall zustande gekommen sein und von dem einmaligen starken Besuche könnte an diesen Kästchen ein starker Bienengeruch haften geblieben sein, der nun auch in den weiteren Versuchen die Bienen zu der Bevorzugung dieser Kästchen veranlaßt hätte. Am Morgen des folgenden Tages (13. September), also nach ltägiger Dressur, wurde ein solcher Versuch photographisch fest- gehalten (Taf. 3 Fig. 10). Man sieht deutlich, wie die Bienen, ob- wohl alle Kästchen leer und rein sind, auf die mit der Dressurform versehenen Löcher zueilen, während die beiden anderen Kästchen (die an den Plätzen stehen an denen die Bienen zuletzt gefüttert wurden) wenig Beachtung finden. Auch so war also die Dressur auf eine bestimmte Form ge- lungen, und zwar sehr rasch. So eklatante Zahlendifferenzen wie bei den in den ersten Kapiteln geschilderten Versuchen ergaben die Zählungen bei den Kästchenversuchen nie. Man könnte hierin eine Bestätigung für die auf S. 63 ausgesprochene Vermutung sehen, daß die Bienen auf die Farbe mehr achten als auf die Form (mit der Kästchenmethode nahm ich nur Formdressuren vor). Doch kommt auch in Betracht, daß die Frequenzunterschiede meist in den ersten 2—3 Minuten am stärksten waren, daß aber dann die Bienen, wenn sie die mit den Dressurformen versehenen Kästchen leer fanden, nach einigem vergeblichen Suchen auch die verführerischen Löcher der Nachbarkästchen visitierten, trotz der abweichenden Schablonen; n 5* 68 Karu v. Friscu, die geringe Zahl der Kästchen und ihre große Ähnlichkeit mußte ein solches Verhalten begünstigen. Ich wollte nun ferner wissen, ob bei Blütenformen, bei welchen mehrere Farben miteinander in bestimmter Anordnung kombiniert sind, auch die Anordnung der Farben in der Blüte von den Bienen als Merkzeichen benutzt wird. Zunächst sei ein Vorversuch erwähnt; zwar erwiesen sich die Gründe, die ihn ursprünglich veranlaßt hatten, später als hinfällig, doch lieferte er ein Nebenresultat, das von einigem Interesse ist. An den Vorderseiten der Kästchen wurden Kartons (12% 12 cm) befestigt, die mit gelbgrünem Papier (Gelbgrün No. 7, Taf. 5) überzogen waren. Das Loch in der Mitte der Kartons war an allen Schablonen von einem 1 cm breiten gelben Ringe (Gelb No. 4) umgeben; an diesen schloß sich bei den einen Schablonen ein weißer Strahlenkranz an, bei den anderen ein solcher von gelbgrünem Papier No. 7 (vgl. die Photographie Taf. 3 Fig. 11); der letztere war also in der Farbe mit dem Untergrunde identisch und wurde nur angebracht, um zwischen beiden Schablonen alle Bedingungen bis auf die Farbe des Strahlenkranzes gleich zu machen.*) Die Bienen sollten auf die Schablonen mit dem weißen Strahlenkranz dressiert werden. Vor Beginn der Dressur wurde geprüft, ob die Bienen nicht etwa von vornherein eine der beiden Schablonen bevorzugten ; das überraschende Ergebnis war, daß dies in der Tat geschah. 3 Zähl- versuche ergaben folgende Resultate: Weißer Strahlen- | Grüner Strablen- kranz auf grünem | kranz auf grünem ” ” Grunde Grunde Kästchen-No. a | b e | d Bienenfrequenz 30. Aug. 1913 135—40 33 52 3 | 8 5 H 440—45 82 108 18 61 450—55 92 118 28 | 42 Zwischen dem 2. und 3. Versuche wurden die Schablonen derart vertauscht, daß die Kästchen, welche mit einem weißen Strahlenkranze versehen gewesen, nun einen grünen erhielten und umgekehrt; das Resultat blieb das Gleiche, zu seiner Erklärung konnte also nicht etwa ein un- gleicher Geruch der Kästchen herangezogen werden. Auch als ich andere Schablonen anwandte, bei welchen der mittlere gelbe Ring statt von einem 1) Ich stellte diesen Versuch zu einer Zeit an, als ich mich an einem anderen Dressurplatz vergeblich bemühte, eine Dressur auf Weiß zu er- zielen (vgl. S. 21); er sollte zeigen, ob auch bei dieser Anordnung das Weiß nicht beachtet würde. Als die Weißdressur später gelang, verlor er seine Bedeutung. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 69 weißen Strahlenkranze von einem einheitlichen weißen Ringe (von ca. 2'/, cm Breite) und bei den anderen Schablonen statt von einem grünen Strahlen- kranze von einem grünen Ring umgeben war, wurden in 2 Zählversuchen die weißgelben Schablonen stark bevorzugt. Sowohl die Schablonen mit dem weißen Strahlenkranz wie jene mit dem weißen Ring um das gelbe Zentrum besaßen nach unseren Begriffen eine viel größere Blumen- ähnlichkeit als die anderen Schablonen; das mag auch die Bienen zum stärkeren Besuch dieser Schablonen veranlaßt haben. Doch habe ich diesen Punkt nicht weiter verfolgt, und die angeführten Versuche sind nicht zahlreich genug, um sichere Schlüsse ziehen zu können. Die Bienen wurden nun mehrere Tage lang aus den mit weißen Strahlenkränzen versehenen Kästchen gefüttert. In 4 Zählversuchen wurden stets die weißen Strahlenkränze stark bevorzugt. Auf Taf. 3 Fig. 11 ist die Photographie eines solchen Versuches wiedergegeben. Ebenso wie hier die papiernen weißen Strahlenkränze, werden in der Natur die Strahlenblüten der Compositen von den Bienen beachtet werden, und man sieht auch aus diesen Versuchen, wie wenig die gegenteilige Ansicht PLATEAU’s (76), die ja schon vielfach kritisiert wurde, das Richtige trifft. Ich stellte mir nun Schablonen her, welche die gleichen Farben in verschiedener Anordnung aufwiesen. Sie sind in Fig. G. abge- Fig. G. bildet. Die blauen und gelben Ringe (je 1 cm breit) waren aus Blau No. 13 und Gelb No. 4 auf weißem Karton aufgeklebt. Da die Bienen in den letzten Tagen auf Schablonen mit gelb gerändertem Flugloche dressiert worden waren (vgl. die eben geschilderte Ver- suchsreihe), war zu erwarten, daß sie von den neuen Schablonen noch vor Beginn der Dressur die bevorzugen würden, bei welchen das Flugloch unmittelbar von dem gelben Ringe umgeben war. Die Erwartung bestätigte sich; ein Zählversuch liefert folgendes Ergebnis: 70 Karu v. Friscn, Innen Blau Innen Gelb Außen Gelb Außen Blau Kästchen-No. a | b c | d Bienenfrequenz 6. Sept. 1913 250—55 17 11 57 67 x 3 255— 300 11 3 35 47 Die Plätze der Kästchen wurden zwischen beiden Versuchen ver- tauscht. Nun wurden die Bienen auf die weniger frequentierte Schablone (innen Blau, außen Gelb) dressiert. Nach 2 Tagen ergab ein Zähl- versuch eine deutliche Bevorzugung der Dressurschablonen, und nach 2 weiteren Tagen war der Erfolg noch besser: Innen Blau Innen Gelb Außen Gelb Außen Blau Kästchen-No. a | b Ce d Bienenfrequenz 8. Sept. 1913 400—05 157 194 65 79 4 10. Sept. 1913 920—25 195 232 . 53 74 ” 7 930—35 215 221 55 104 Besonders klar war der Erfolg, wie schon erwähnt wurde (S. 67), in den ersten Minuten der Versuche zu erkennen.!) Die Photographie Taf. 3 Fig. 12 gibt eine richtige Vorstellung von dem Benehmen der Bienen zu Beginn eines solchen Versuches. Nun könnte man sagen: hier sind die Bienen vielleicht nur auf ein blaugerändertes im Gegensatz zu einem gelbgeränderten Flug- loch dressiert worden; die äußeren Farbringe haben sie wegen ihrer größeren Entfernung vom Flugloch weniger beachtet. Daß sie die Anordnung der Farben an mehrfarbigen Objekten als Merkzeichen verwerten, lasse sich aus solchen Versuchen nicht mit Sicherheit entnehmen. Ich verwendete nun in einer weiteren Versuchsreihe Schablonen, bei denen nur die Anordnung der beiden Farben (Blau und Gelb) verschieden, dagegen ihr Mengenverhältnis in jedem Abstand vom Flugloch gleich war (vgl. Fig. H). Zunächst versah ich 2 Kästchen mit Scheiben, die in 8 abwechselnd blau und gelb gefärbte Felder geteilt waren („°/s-Scheiben“) und 2 Kästchen mit Scheiben, die in 1) Da die Bienenfrequenz von Minute zu Minute notiert wurde, ist dies auch aus den Protokollen zu ersehen; doch halte ich es nicht für nötig, diese in extenso wiederzugeben. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 71 4 solche Felder geteilt waren (,,*/,-Scheiben“) und dressierte auf die ®,-Scheiben. Nach dreitägiger Dressur war noch kein Erfolg zu verzeichnen; die Bienen flogen bei den Versuchen in annähernd gleicher Zahl an alle Kästchen.) Nun ersetzte ich die */,-Scheiben durch solche, die in eine blaue und eine gelbe Hälfte geteilt waren (,,7/.-Scheiben“); diese wurden derart befestigt, daß die Trennungs- linie zwischen der blauen und der gelben Hälfte vertikal stand. Fig. H. Es wurde weiter auf die */,-Scheiben dressiert. Nun war die Dressur bald erfolgreich. Beim 1. Versuch (nach 2 Tagen) wurden die Dressurschablonen angenähert doppelt so stark besucht wie die ?/,-Scheiben. Vier andere Versuche lieferten das gleiche Resultat. Nach fünftägiger Dressur war ein weiterer Fortschritt zu verzeichnen; es wurden 3 Zählversuche mit folgenden Resultaten angestellt: °/s-Scheiben */,-Scheiben No. des Kästchens IE oD ¢ | d Bienenfrequenz 29. Aug. 1913 950—55 237 266 61 114 5 3 205—10 210 249 54 76 _ 235—40 200 210 82 Shi ” = 32) Auf Taf. 3 Fig. 13 ist ein solcher Versuch photographisch fest- gehalten. ! | | ; _ Am folgenden Tage versuchte ich nochmals, ob jetzt vielleicht die ®/,-Scheiben von den */,-Scheiben unterschieden würden. Dies war nun in der Tat der Fall, wenn auch in recht bescheidenem Maße. Drei Zählversuche lieferten folgende Zahlen: 1) Es ist bemerkenswert, daß unserem Auge solche Scheiben, aus einiger Entfernung betrachtet, sehr ähnlich erscheinen. 72 Karu v. Friscx, 5/,-Scheiben 4/,-Scheiben No. des Kästchens a | b c | d Bienenfrequenz 30. Aug. 1913 945—50 185 100 66 | 53 2 a 1125—30 106 122 96 72 5 a 1215—20 151 96 91 75 Taf. 3 Fig. 14 zeigt die Photographie eines solchen Versuches. Man erkennt auch im Bilde den schlechteren Erfolg gegenüber der zuvor geschilderten Anordnung. Es muß freilich hervorgehoben werden, daß nun die Bienen nicht auf die °/,-Scheiben im Gegen- satze zu den 4/,-Scheiben, sondern auf die %/,-Scheiben im Gegensatze zu den ?/,-Scheiben dressiert waren; auch bei den zuletzt beschriebenen Versuchen waren in den Zwischenzeiten an den Dressurkästchen ®,- und ?/,-Scheiben angesteckt. Durch länger fortgesetzte Dressur hätte sich wahrscheinlich auch eine bessere Unterscheidung der §/,- und */,-Scheiben erzielen lassen. Bei diesen Scheiben war durch die verschiedene Verteilung der : Farben in gewissem Sinne auch eine Verschiedenheit der Form gegeben; man kann sagen, daß die Bienen auf eine sternförmige Figur dressiert waren. Es schien mir von Interesse, ob die Tiere auch solche Schablonen voneinander unterscheiden lernten, die die gleichen zwei Farben in gleicher Menge und Verteilung enthielten und bei denen nur die relative Lage der Farben verschieden war. Ich brachte an den 4 Kästchen Scheiben an, die zur Hälfte blau, zur Hälfte gelb waren. Beiallen Kästchen stand die Trennungs- linie der blauen und gelben Hälfte vertikal. Doch bei 2 Kästchen war die blaue Hälfte links, die gelbe rechts vom Flugloch, bei den zwei anderen war die gelbe Hälfte links, die blaue rechts vom Flug- loch. Bei einem Vorversuch vor Beginn der Dressur besuchten die Bienen alle 4 Kästchen in angenähert gleicher Zahl. Nun wurden sie auf „links Gelb, rechts Blau“ im Gegensatze zu „links Blau, rechts Gelb“ dressiert. Sie erlernten die neue Aufgabe überraschend schnell. Nach 1- und 2tägiger Dressur wurden je zwei Zählversuche angestellt, mit folgendem Ergebnis: links Gelb links Blau rechts Blau rechts Gelb Nummer des Kästchens a b c d Bienenfrequenz 11. Sept. 1913 400—04 | 140 118 20 9 a 11. Sept. 1913 415—20 132 217 48 33 N 12. Sept. 1913 918—23 191 170 36 31 > 12. Sept. 1913 930—35 133 181 29 21 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 73 Wie klar das Resultat in den ersten 1—2 Minuten eines solchen Versuches war, zeigt die Photographie Taf. 3 Fig. 15. Das rasche Erfassen eines solchen scheinbar abstrakten Merk- males ist nicht so verwunderlich, wie es auf den ersten Blick manchem erscheinen mag. Denn das bekannte gute „Ortsgedächtnis“ der Biene beruht ja zum großen Teile auf der Fähigkeit, sich ein- zuprägen, was links, was rechts von dem Orte ist, den sie wieder- finden soll. Aus all diesen Versuchen geht hervor, daß neben der Blumen- farbe auch die Blumenform, daß bei mehrfarbigen Blumen auch die Anordnung der Farben an der Blüte oder am Blütenstand von den Bienen als Merkzeichen verwertet werden kann. Und hier- mit sind wohl “oenugend viele Merkmale gegeben, um die Blumen- stetigkeit der Bienen, trotz ihres beschränkten Farbensinnes, be- friedigend zu erklären, auch dann, wenn sich herausstellen sollte, daß für sie der Blütenduft bei der Unterscheidung der Blumen keine wesentliche Rolle spielt. Denn der Formenreichtum in der Blumen- welt ist groß, und auch die Farbenkombinationen sind höchst mannig- fach, wenn wir die „Saftmale“ in die Betrachtung einbeziehen. Diese sind wohl geeignet, ein charakteristisches Merkmal für eine Blume abzugeben und deren Unterscheidung von anderen, ähnlichen Blumen zu erleichtern. Und hierin dürfte zum guten Teile ihre biologische Bedeutung liegen (vgl. S. 56). Dann ist auch die Tat- sache nicht mehr rätselhaft, daß sich ein ,Saftmal“ auch bei manchen „Saft“losen Pollenblumen findet, das „immer nach den Stellen hinweist, wo sich Nektar finden würde, nicht aber dahin, wo sich der Pollen befindet“ (Knutu 45, Vol. 1, p. 119). 5. Mißglückte Dressurversuche mit unnatürlichen Formen. Ein Beitrag zur Psychologie der Biene. Die Bienen lieferten bei den Dressurversuchen unzählige Be- weise von Assoziations- und Erinnerungsvermögen. — Wie rasch man unter günstigen Umständen eine Dressur erzielen kann, habe ich nicht untersucht. In der Regel ließ ich vom Beginn einer neuen Dressur bis zum ersten Zählversuch ein bis zwei Tage verstreichen. Hier handelte es sich aber darum, möglichst alle Bienen, welche an einem Futterplatze verkehrten, auf die neue Vorlage zu dressieren, und da gewiß manche Tiere den Flug zeitweilig einstellten, läßt sich aus solchen Versuchen kein Maßstab für das Lernvermögen des 74 Karu v. Frisch, einzelnen Individuuns ableiten. Es ist bemerkenswert, daß bei einem spät im September vorgenommenen Versuche (Dressur auf Chloro- phyllfarbstoff), an dem wegen der vorgeschrittenen Jahreszeit nur wenige Bienen beteiligt waren und wo ich daher, ohne ein Über- handnehmen der Tiere fürchten zu müssen, ununterbrochen füttern konnte, schon nach zwei Stunden die Dressur vollkommen gelungen war. Sie mag unter günstigen Verhältnissen noch rascher gelingen. — Etwas genauere Mitteilungen kann ich über das Gedächtnis der Bienen machen. Wenn diese auf eine neue Farbe dressiert wurden, habe ich gelegentlich geprüft, wie lange sie die frühere Dressur- farbe im Gedächtnis behielten. So waren die Bienen zu Anfang des Sommers 1912 sechs Tage lang auf Gelb (No. 4) dressiert worden ; dann wurde mit der Dressur auf Blau (No. 13) begonnen. Von Zeit zu Zeit wurden ein reines blaues und ein reines gelbes Blatt an zwei Plätzen der Grauserie, von denen (mit Rücksicht auf den Anflug der Bienen) keiner vorm andern begünstigt war, aufgelegt, alle Papiere mit leeren reinen Uhrschälchen beschickt und die sich setzenden Bienen auf den grauen und farbigen Papieren 20 Minuten lang gezählt. In der Zwischenzeit zwischen den Versuchen hatten die Bienen am Futterplatze und in seiner Umgebung kein gelbes Papier zu sehen bekommen. Ich brauche hier nur die Frequenz des blauen und gelben Blattes mitzuteilen; die grauen Papiere wurden so gut wie gar nicht besucht. Versuch nach zweitägiger dreitägiger ' viertägiger Blaudressur Blaudressur Blaudressur Gelb, | Blau; Gelb, Blau,; Gelb, Blau:s Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. 23 19 11 43 8 51 SABO Qs 37 4 23 74 3 38 OMG TONER. or 36 9 25 13 9 43 „ vierten 5 „ 24 4 18 94 3 13 Summa | 120 36 77 234 23 | 145 Kin gleicher Versuch wurde im Sommer 1913 angestellt, als die Bienen auf die in Glasröhrchen eingeschmolzenen Farbpapiere (vgl. S. 25) dressiert wurden. Nach fünftägiger Dressur auf Gelb- röhrchen (Gelb No. 5) wurde mit der Dressur auf Blauröhrchen (Blau No. 12) begonnen. In den nächsten Tagen wurde zweimal ein reines Gelb- und ein reines Blauröhrchen in die Serie der Grau- Röhrchen eingefügt, mit folgendem Resultat: Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 75 Versuch nach zweitägiger viertägiger Blaudressur Blaudressur Gelb; | Blau; Gelb; | Blau, | 57 | 192 | 17 | 490 a agen eine Nachwirkung der vorangegangenen achttägigen Schwarz- Dressur zu erkennen war, ist aus den Tabellen 62—68 (S. 138) zu re Aare x "200 e- 7 . 2 : pi é > f Fig. di 3 TREE N De x 76 Karvy v. Frisch, Die Erfahrung, daß die Bienen ein gutes Gedächtnis besitzen, ist keineswegs neu. Und wenn man nun ferner gesehen hat, wie rasch sie sich an die verschiedensten Versuchsanordnungen anzu- passen lernten, kann man wohl geneigt sein, vor den Leistungen des kleinen Bienenhirns Respekt zu bekommen. Um so mehr war ich über den Ausgang anderer Versuchsreihen erstaunt, zu deren Schilderung ich nun übergehe. Aus einem mit blauem Papier (Blau No. 12) überzogenem Karton wurden geometrische Figuren ausgeschnitten: ein Quadrat von 10 cm Seitenlänge und ein Dreieck, ein Kreis und eine Ellipse, die mit dem Quadrat gleichen Flächeninhalt hatten. Die vier Schablonen wurden auf einem Tische aufgelegt, und die Bienen sollten nun auf das Quadrat dressiert werden. Die Fig. J zeigt die Verhältnisse der Schablonen und ihre Anordnung auf dem Ver- suchstisch. Die gegenseitige Lage wurde natürlich wieder häufig gewechselt. Die Bienen wurden neun Tage lang auf dem Quadrat gefüttert, ohne daß der geringste Erfolg dieser Dressur erkennbar wurde. So oft ihnen reine, mit leeren Uhrschälchen beschickte Scha- blonen vorgelegt wurden, schwärmten sie zunächst gänzlich ziellos über ihnen herum, und dann war es sichtlich dem Zufall überlassen, wo eine größere Klumpenbildung zustande kam. Es wurden 11 Zähl- versuche vorgenommen, deren Resultate in der folgenden Tabelle eingetragen sind. Beginn der Dressur: 22. August 1913. Dreieck Kreis Ellipse Quadrat Bienenfrequenz in 5 Min., 24. August 0 61: 260 10 is = 27. fe 12 21 6 9 « i 27 = 0 68 1 9 4 bd 28. 3 4 12 9 340 is 5 28. a 0 11 287 11 fe iz 28. ss 3 188 17 4 5 5 28. i 0 96 4 4 3 5 28. x 5 OM 410 4 x “4 28. 5 56 3 155 13 à x 30. in 48 71 4 4 3 > 31. 5 3 25 15 12 Man könnte meinen, daß die verwendeten Schablonen zu groß, die Formen zu unübersichtlich für das Bienenauge gewesen seien. Ich habe daher den Versuch mit kleineren Schablonen wiederholt, und zwar nach der Kästchenmethode (S. 64), so daß die Formen Der Farbensinn und Formensinn der Biene. fii Ce für die anfliegenden Bienen möglichst deutlich sichtbar waren. Auf Kreis und Ellipse wurde verzichtet. Die Quadrate (5 cm Seiten- länge) und Dreiecke (von gleichem Flächeninhalt) waren aus blauem Papier auf weißem Karton (12 >< 12 cm) aufgezogen und durchlocht, wie dies früher beschrieben wurde (vgl. Fig. K). Zwei Kästchen wurden an den Vorderseiten mit Dreiecken, zwei mit Quadraten Fig. L. versehen, und auf die letzteren wurde nun in der gewohnten Weise dressiert. Es war mir leider nicht möglich, die Dressur länger als zwei Tage fortzusetzen. Doch war nach dieser Zeit das Resultat völlig negativ, während die gleichen Bienen bei der gleichen Ver- suchsanordnung kurz vorher die blaue „Strahlenform“ von der blauen „Enzianform“ schon nach wenigen Stunden mit grober Sieherheit unterschieden hatten (vgl. S. 66, 67). Zu einer dritten Versuchsreihe dienten quadratische Kartons von 12 cm Seitenlänge, welche auf dreierlei Art blaugelb gemustert waren (vel. Fig. L). Die einen waren auf blauem Grunde (Blau No. 12) mit gelben (Gelb No. 4) Streifen beklebt; die Breite der 78 Kanu v. Frisch, Dressur auf das Quadratmuster. Beginn 31. August 1913. Quadratmuster | Dreieckmuster | Streifenmuster Schablone No. a b 6 d e f Bienenfrequenz beim Versuch » am 1. Sept. 415—20 85 34 335 60 14 17 291015 33 174 UT 1677 ae 18 plain 2a st 80 96 157 23 31 2 la 7104045 39 2 1 70 0 il ea 110210 272 236 43 27 a 16 TEMPS 1020 58 9 35 23 4 0 a ne Ulsl25= 30 35 24 8 54 1 3 Dressur auf das Streifenmuster. Beginn 7. September 1913. Quadratmuster | Dreieckmuster | Streifenmuster - Schablone No. a b ed BEE: Bienenfrequenz beim Versuch am 8. Sept. 935—40 70 267 27 128 5 2 0. ahaa 32003 5 20 15 11 15 9 AL a eh ees 104 47 133 8 12 32 15 po eam evens 0-55) 0 28 2 18 2 79 PROS 120065 17 7 5 12 88 1 Nail 16 2 ?Ü 0 il 106 We IS 41 12 4 20 123 Gil HE ee QU ETES reste) 17 | 0 174 | 2 0 Streifen betrug 1 cm. Die zweiten waren blaugelb quadriert (Seiten- länge der Quadrate — 1 cm), die dritten auf blauem Grunde mit gelben Dreiecken beklebt (Basis = 1 cm, Höhe — 2 cm). Sechs solche Kartons (von jedem Muster zwei) wurden auf dem Dressurtische auf- gelegt und mit Uhrschälchen beschickt; auf den Quadrat-Mustern wurden die Bienen gefüttert. Bei den Zählversuchen wurden natür- lich 6 reine Schablonen in veränderter Anordnung aufgelegt und mit leeren Uhrschälchen beschickt. Das Resultat läßt sich dahin zusammenfassen, daß während einer siebentägigen Dressur keine Unterscheidung des Quadratmusters von dem Dreieckmuster erreicht wurde; dagegen wurde das Streifenmuster weniger stark frequentiert als die beiden anderen (wie auch für unser Auge diese unterein- ander mehr Ähnlichkeit besitzen als mit dem Streifenmuster). Doch war auch die Unterscheidung des Streifenmusters keine sichere. Zur Kontrolle wurde im Anschluß daran eine Dressur auf das Streifenmuster begonnen und sechs Tage lang. fortgesetzt. Es war insofern ein Erfolg zu verzeichnen, als nun bei den Zählver- Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 79 suchen das Streifenmuster viel stärker als in der ersten Versuchs- reihe und meist stärker als die anderen Schablonen frequentiert wurde Wie wenig vollkommen jedoch die Dressur gelungen war, lehrte die Unsicherheit der Bienen beim Anflug und zeigt auch die obenstehende Tabelle. Man könnte hier wiederum die Ursache für die schlechten Resultate in der Kleinheit der verwendeten Formen sehen wollen; man könnte sagen: die Bilder, die das Bienenauge liefert, sind viel- leicht zu verschwommen, als daß man eine scharfe Unterscheidung solcher Muster erwarten könnte. Demgegenüber brauche ich nur auf die im vorigen Kapitel beschriebenen Dressurversuche hinzuweisen, vor allem auf den Versuch mit den konzentrischen blauen und gelben Ringen, die genau so breit waren wie die Streifen des Streifen- musters. Aber wie kommt es denn, so wird man fragen, daß das eine Mal die Dressur auf Farbenmuster und Formen gelingt, das andere Mal nicht? Mir scheint das Gemeinsameder mißlungenen Versuche darin zu liegen, dab hier von der Biene die Unterscheidung von Müstern und Formen verlangt wurde, die ihr von Natur aus völlig fremd waren. Bei der Dressur auf die Sternform, auf die Enzianform handelte es sich um Formen, mit denen die Biene vertraut ist; die in 8 Felder ge- teilte Scheibe ist mit strahlenförmigen Zeichnungen, wie sie an Blüten vorkommen, wohl vergleichbar; die blaugelben konzentrischen Ringe erinnern an die Farbenanordnung bei vielen Compositen; warum mit dem „Links-Rechts-Versuch“ den Bienen keine unnatür- liche Aufgabe gestellt ist, wurde bereits erörtert (S. 73). Aber Quadrate, Dreiecke und Ellipsen übersteigen die Fassungskraft des kleinen Bienenhirns, weil sie ihm neu sind, und nur wo die Unter- schiede sehr in die Augen fallen, wie bei den langgestreckten Recht- ecken des Streifenmusters gegenüber den kleinen Quadraten und Dreiecken, läßt sich mit Mühe ein unsicherer Erfolg erreichen. Wir finden hier eine neue Bestätigung für eine alte Erfahrung: dab die Insecten, und mögen sie zu den kompliziertesten Instinkten befähigt sein, mit ihren Handlungen den engen Kreis des Gewohnten und durch Generationen Vererbten nicht leicht verlassen. Erst nach Abschluß der Versuche wurde ich mit einer Arbeit TURNER’s bekannt (106), deren Ergebnis mit meinen zuletzt beschriebenen Befunden vielleicht auf den ersten Blick in Widerspruch zu stehen scheint. TURNER 80 Karu v. Frisch, versuchte gleichfalls Bienen auf Farbenmuster zu dressieren. Meine Kästchenmethode ist der seinigen sehr ähnlich. Er verwendete Karton- kästchen, die mit einem Loch versehen waren. Im Inneren des Dressur- kästchens wurde den Bienen Honig geboten. Die Kästchen waren außen verschieden gefärbt und gemustert, und zwar einfarbig grün, einfarbig rot, rotgrün längsgestreift, rotgrün quergestreift, grün mit roten Sprenkeln und schwarzweiß längsgestreift. Er dressierte auf ein rotgrün längsgestreiftes Kästchen und gibt an, daß die Dressur vollkommen gelang, d. h. daß die Bienen dieses Kästchen von allen anderen mit Sicherheit unterschieden. Einen Widerspruch zu den hier geschilderten Versuchen könnte man nur darin sehen, daß die Bienen das rotgrün längsgestreifte vom rotgrün quer- gestreiften Kästchen unterschieden; bei allen anderen bestand nicht nur ein Unterschied des Musters, sondern auch ein Unterschied der Farbe — zwischen den roterün gestreiften und dem rotgrün gesprenkelten Kästchen wenigstens ein Unterschied im Mengenverhältnis der beiden Farben, wie seine Abbildung lehrt. Für die Frage nach der Unterscheidung des rot- grün längsgestreiften vom quergestreiften Kästchen kommen nur zwei von seinen Versuchen in Betracht, da bei den übrigen das Dressurkästchen Honig enthielt, während die anderen leer waren. Auch wenn man durch diese zwei Versuche, auf die ich im Detail nicht eingehen möchte, die Frage für entschieden hält, dürfte trotz der „Unnatürlichkeit“ des Musters ein Widerspruch mit meinen Resultaten nicht bestehen. Denn die Ab- bildungen TURNER’s zeigen, daß bei dem quergestreiften Kästchen das Flugloch rechts und links rot, oben und unten grün begrenzt war, während es bei dem längsgestreiften Kästchen rechts und links grün, oben und unten vorwiegend rot begrenzt war; die Unterscheidung könnte also in ähnlicher Weise erfolgt sein wie bei meinem „Links-Rechts- Versuch“ (S. 72,75). 6. Biologische Notizen. Zum besseren Verständnis des Folgenden verweise ich auf den Situationsplan Fig. M auf S. 81. B, und B, sind die beiden Bienenstände, welche für meine Versuche in Betracht kamen. Andere Stände waren in der näheren Nachbarschaft nicht vorhanden. Bei B, standen im Sommer 1912 sechs, 1913 fünf Völker; bei B, standen drei Völker. Die Dressurversuche spielten sich im Sommer 1912 ausschließlich an der mit a bezeichneten Stelle ab. Ich erwartete, daß vor allem die Bienen aus dem nächstgelegenen Stande B,, die nur einen freien, ebenen Wiesenstreif zu überfliegen brauchten, an der Futterstelle erscheinen würden. Indessen fiel mir bald auf, daß alle von a ab- fliegenden Bienen die Richtung nach dem entfernteren, durch einen Baum und einen Hügel verdeckten Bienenstand PB, einschlugen. Um Klarheit zu gewinnen, markierte ich 2 Tage, nachdem ich die Dressur begonnen hatte, an der Futterstelle eine große Zahl von Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 81 Fig. M. Brunnwinkl. 2880:1. Wi Häuser. X Dressurplätze. © Bäume. B,, B, Bienenhäuser. L Linde. Bienen durch Betupfen des Thorax mit Ölfarbe und beobachtete dann alle Bienenstöcke an beiden Ständen. Da zeigte sich, dab dieam Dressurplatze verkehrenden Bienen ausschließ- Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 6 82 pre Karu v. Frisch, lich aus einem Stocke des Bienenstandes BD, stammten. Und dies blieb so während des ganzen Sommers. Wenn eine Biene eine neue Nahrungsquelle entdeckt hat, folgen ihr bekanntlich meist andere Bienen ihres Volkes nach, in wechselnder Zahl, je nach der Ergiebigkeit der Nahrungsquelle. Demnach wäre es wohl verständlich, daß zunächst nur Bienen von einem Volke an den Futterplatz kamen — von dem Volke, dem die erste Ent- deckerin des neu gebotenen Honigs angehörte. Aber ist es denkbar, daß von so vielen nahen Bienenvölkern durch Wochen hindurch kein zweites den Platz gefunden hätte, wo täglich von früh bis abends Nahrung in reichlicher Menge geboten wurde? Wo doch manche Köchin, die Früchte einkocht, mancher Imker, der Waben ausschleudert, manche Hausfrau, die im Freien Honig auf den Frühstückstisch setzt, über die Findigkeit der Bienen zu klagen weiß! Ich habe des öfteren versucht, ein anderes Volk an den Futter- platz zu locken, teils indem ich mit Honig bestrichene Bogen vor den Bienenstand hielt und Bienen, die sich darauf niederließen, samt dem Honigbogen an den Futterplatz trug, teils indem ich Bienen vor dem Stock abfing und an die Futterschale brachte. Solche Tiere fanden wohl in den Stock heim, kehrten aber niemals an den Futterplatz zurück. Die Biene muß einen Ort selbst entdecken, wenn sie wiederkehren soll; ich kann hierin die Beobachtungen anderer Autoren nur bestätigen. Aber daß eben die Futterstelle nicht auch von anderer Seite entdeckt wurde, blieb mir rätselhaft. Und erst die Beobachtungen im folgenden Sommer brachten Aufschluß. Ich habe schon früher erwähnt, daß ich im Sommer 1913 an 3 Versuchsstellen (a, b und c, S. 81) zugleich arbeitete, später auch an einer vierten (d). Diesmal stammten die beteiligten Bienen aus zwei Völkern, und zwar diesmal vom Bienenstande B,. Weder in einen anderen Stock dieses Bienenstandes, noch in einen Stock des Standes B, habe ich während des ganzen Sommers, trotz. häufiger Kontrolle, eine markierte Biene einfliegen sehen. Die Bienen aus jenen beiden Völkern aber verkehrten an allen Futterstellen. Betrachten wir zunächst nur das erste Auffinden der neuen Futter- stellen — die nicht zu gleicher Zeit, sondern sukzessive aufgerichtet wurden — so ist es leicht verständlich, daß die Völker, welche die erste Futterstelle gefunden hatten, auch an den folgenden die ersten Entdecker waren; ich habe schon erwähnt (S. 12), daß nicht ununter- brochen gefüttert wurde; war die Futterschale geleert, so schwärmten Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 83 die Bienen suchend umher, erst in der nächsten Umgebung, dann in größerer Entfernung, und es war zu erwarten und ließ sich direkt beobachten, dab sie dann auch entferntere Plätze inspizierten, die mit ihrer Futterstelle eine gewisse Ähnlichkeit besaßen, so vor allem die anderen Häuser des Tales!) — und so blieb ihnen eine neue Futterstelle an einem solchen Orte nicht lange verborgen. Die Be- fürchtung lag nahe, daß die gleichen Bienenindividuen in buntem Durcheinander an die verschiedenen Futterstellen kommen würden, was das Vornehmen verschiedener Dressuren an den verschie- denen Plätzen natürlich unmöglich gemacht haben würde. Dies traf aber nicht zu. Es mußte nur an den 4 Futterplätzen stets an- nähernd gleichzeitig gefüttert werden, so daß die Bienen, wenn sie an einer Stelle die Schale geleert hatten und nun nach einigem Suchen an eine andere Futterstelle gerieten, auch dort nichts vor- fanden. So trat alsbald eine säuberliche Scheidung der beteiligten Bienen in 3, resp. 4 Scharen ein, von denen jede nur an einem der Dressurplätze verkehrte. Während des ganzen Sommers waren nur sehr selten einzelne Tiere an „falschen“ Plätzen zu sehen (sie waren in verschiedenen Farben markiert), und solche pflegte ich zu töten. Wenn ich oben sagte, daß in diesem Sommer die Bienen von zwei verschiedenen Völkern an die Futterstellen flogen, so muß ich nun hinzufügen, daß dies nicht dauernd, sondern nur einige Wochen hindurch so war.. In den allerersten Tagen kamen die Bienen, so: wie im Vorjahre, nur aus einem einzigen Stocke; er sei mit I. be- zeichnet. Dies wurde am 2. Tage, nachdem wir mit der Dressur be- gonnen hatten, festgestellt. Schon am 3. und 4. Tage fiel uns eine merkwürdige Erscheinung auf, die im vergangenen Sommer nicht zu beobachten war. Auf dem Versuchstische und auf dem Boden in der nächsten Umgebung lagen tote und halbgelähmte, nur mehr schwach sich regende Bienen. Die Todesursache blieb nicht lange verborgen. Man sah häufig, wie am Futternapf selbst oder in seiner Umgebung plötzlich eine oder zwei Bienen über eine andere herfielen und sie in, heftigem Kampfe über den Tisch zerrten. Sie packten sich meist mit den Kiefern an den Flügeln und suchten sich gegenseitig Stiche beizubringen. Dies gelang ihnen wohl meistens nicht, denn in der Regel endete der Kampf damit, daß die Gegner über die Tischkante kollerten und dann nach verschiedenen Richtungen davonflogen. Daß aber der 1) Ähnliches beobachtete auch v. BUTTEL-REEPEN (12, p.192, 193); 6* 84 Karu v. Frisch, Streit nicht immer so harmlos endete, bewiesen die zahlreichen Toten. Und als wir nun nach 5tägiger Fütterung abermals in größerem Umfange Bienen markierten und ihre Herkunft feststellten, da zeigte sich, daß nun auch ein zweites Volk (es sei mit II bezeichnet) in beträchtlicher Zahl an den Futterstellen vertreten war. Es lag nahe, die Streitereien als Kampf zwischen diesen beiden Völkern auf- zufassen, und die weiteren Beobachtungen begünstigen diese An- nahme. Die Kämpfe an den Futterstellen dauerten an, und gleich- zeitig war zu bemerken, daß im Laufe der nächsten 3 Wochen an allen Dressurplätzen die Bienen des zweiten Volkesimmer mehr überhand nahmen und die Bienen des anderen Volkes, die in den ersten Tagen die Alleinherrscher gewesen waren, immer mehr an Zahl zurück- gingen. In der letzten Augustwoche fiel uns auf, daß an allen Futterstellen Friede und Eintracht herrschte. Keine Streitereien mehr, keine toten Bienen. Und nun sahen wir bei der Beobachtung der Bienenstände keine einzige der frisch markierten Bienen mehr im Stock I einfliegen. Wiederum gehörten alle beteiligten Bienen einem einzigen Stocke an, und zwar dem Stock II, und dies blieb so auch während der folgenden Septemberwochen. Das zweite Volk hatte das erste an allen Futterstellen vollständig verdrängt. Es ist vielleicht von Interesse, daß dieser zweite Stock im Volke wesentlich stärker war als der erste. Nun ist es verständlich, warum nicht eine größere Zahl ver- schiedener Völker zu den Dressurplätzen kam. Wohl werden gelegentlich auch Bienen von anderen Stöcken die Futterstellen ent- deckt haben, aber die Bienen, die von diesen schon Besitz ergriffen hatten, werden sie als Fremdlinge erkannt und vertrieben haben.!) An den natürlichen Nahrungsquellen, etwa an einem reichlich blühenden Baume, dürften solche Unverträglichkeiten kaum vor- kommen. Hier liegen ja auch die Verhältnisse ganz anders, vor allem drängen sich nie solche Mengen von Bienen an einer Stelle zusammen wie bei unseren Futterschälchen. Ich habe mich auch davon überzeugt, daß an einer Linde (L auf dem Plan S. 81), die in voller Blüte stand und die angenähert ebensoweit wie die Dressur- plätze von den Bienenständen entfernt war, Bienen aus den ver- 1) Es sei erwähnt, daß die Bienenvölker, um die es sich hier handelt, alle derselben (deutschen) Rasse angehören. Sämtliche Stöcke auf beiden Bienenständen sind (binnen 12 Jahren) aus einem gemeinsamen Mutter- stocke hervorgegangen. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 85 schiedensten Stöcken friedlich nebeneinander sammelten. Nachdem ich an der Linde ein paar Dutzend Bienen markiert hatte, konnten wir an 6 von den 8 Stöcken beider Stände die gezeichneten Tiere einfliegen sehen. Ob die übrigen 2 Stöcke (einer vom Stande B,, einer von B,) nur in geringerem Grade oder gar nicht beim Be- suche dieser Linde beteiligt waren, kann ich nicht entscheiden. Es ist eine altbekannte Sache, daß eine Biene, die eine neue ergiebige Nahrungsquelle entdeckt hat, alsbald eine größere Zahl von Gefährten herbeizubringen pflegt. Auch ich konnte dies jedes- mal beobachten, wenn eine neue Futterstelle errichtet werden sollte und zu diesem Zwecke große, mit Honig bestrichene Papierbogen aufgelegt wurden. Es währte in der Regel einige Stunden, bis diese von einer Biene entdeckt wurden. Dann aber wuchs die Zahl der kommenden Bienen rasch an, und nach einer oder wenigen Stunden waren sie zu Hunderten an den Honigbogen geschäftig. Ich habe bei solchen Gelegenheiten zu Anfang, wo erst wenige Bienen zu den Honigbogen kamen und wo man daher noch die einzelnen Individuen im Auge behalten konnte, mehrmals beobachtet, daß eine Biene, die bereits an den Honigbogen gewesen und durch Markierung kenntlich gemacht war, bei der Wiederkehr vom Stocke gleichzeitig mit 1—3 neuen Bienen ankam. Es ist naheliegend, hier ein Mit- teilungsvermögen anzunehmen. Doch muß auch die Möglichkeit zugegeben werden, daß beschäftigungslose Bienen des Stockes ledig- lich durch das Gebahren des mit reicher Beute heimkehrenden Tieres auf die neue Nahrungsquelle aufmerksam werden und der ausfliegen- den Biene nachfolgen, ohne daß diese aktiv etwas dazu beiträgt. Ähnliche Beobachtungen wie beim erstmaligen Auflegen eines Honigbogens waren an den Futterstellen stündlich zu machen, so- bald die Dressur in Gang war. Es wurde schon mehrmals erwähnt, daß nicht andauernd, sondern mit etwa '/, stiindigen Pausen gefüttert wurde War nun der Futternapf leer, so verflogen sich die Tiere allmählich; bald waren nur mehr wenige Bienen zur Stelle, und ab und zu kam eine neue angeflogen, die sich einige Zeit suchend bei der Futterschale umhertrieb. Wurde nun die Schale wieder gefüllt, so sogen sich die anwesenden Bienen voll, kehrten heim, und dann kamen nach wenigen Minuten die zu jener Futterstelle ge- hörigen (an ihrer Markierung kenntlichen) Bienen in großen Scharen angeflogen. Auch hier liegen zwei Möglichkeiten vor: entweder haben die heimgekehrten Bienen ihre Genossen auf irgendeine Weise direkt 86 BER " c ‘Karu v. Frisch, davon verständigt, daß es wieder Futter gebe, oder die im Stocke be- findlichen Bienen haben dies selbständig den mit gefüllter Honigblase heimkehrenden Tieren angemerkt. Beides aber setzt voraus — und dies scheint mir gerade das Bemerkenswerte daran —, daß unter den nach vielen Tausenden zählenden Bewohnern eines Stockes die wenigen Tiere, die an einer bestimmten Futterstelle verkehren, ständig miteinander in Füh- lung sind und sich gewissermaßen persönlich kennen. 7. Die praktische Bedeutung eines farbigen Anstriches der Bienenstöcke; Versuche über die Orientierung der Bienen bei der Heimkehr in den Stock. a) Historisches. Es ist bei Imkern ein alter und weit verbreiteter Brauch, die Vorderfront der Bienenstöcke oder auch nur die Flugbrettchen in verschiedenen Farben zu streichen, um den heimkehrenden Bienen das Auffinden ihres Stockes zu erleichtern. Über den Wert dieses Verfahrens sind die Meinungen geteilt — nicht nur bei Imkern, die ihre Ansicht meist nur durch gelegentliche und nicht immer kritische Beobachtungen stützen, sondern auch bei Solchen, die ihre Meinung experimentell zu begründen suchten. BETHE (6) maskierte einen (isoliert stehenden) gelben Bienen- stock durch grüne Zweige und blaues Papier und veränderte auch seine Umgebung, indem er hinter ihm bunte Tücher anbrachte und den Rasen vor und neben dem Stocke mit Papier belegte. Die Bienen fanden trotzdem ihr Flugloch, teils nach einigem Zaudern, teils ohne merkliche Störung, je nach der Farbe der aufgebreiteten Papiere. Vor einem anderen Bienenstocke erhob sich eine hohe Platane. Er ließ den Baum bei starkem Bienenfluge fällen; dies rief keine Störung hervor, und während die Bienen früher zwischen Platane und Stock steil herabgeflogen waren, flogen sie jetzt gerad- linig schräg durch den Raum, wo die Platane gestanden hatte. BETHE schließt aus diesen Versuchen, daß das Finden des Heimweges nicht auf optischen Erinnerungsbildern beruhen könne. Aber auch durch den Geruchsinn werden sie nicht zum Stocke geleitet. Denn als er z. B. den freistehenden Bienenstock um 2 Meter nach rück- wärts verschob, fanden ihn die Bienen nicht auf, sondern schwärmten da, wo der Stock gestanden hatte, in der Luft umher und bildeten Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 87 so eine Wolke, die am dichtesten genau an der Stelle war, wo sich vorher das Flugloch befunden hatte. Diese und andere Beob- achtungen führen ihn zu dem Satze: Es bleibe uns „nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß die Bienen durch eine uns ganz unbe- kannte Kraft zum Stock zurückgeführt werden“ (6, p. 89). Die These von der „unbekannten Kraft“ hat zu lebhaftem Widerspruch Anlaß gegeben. Vor allem waren es v. BUTTEL- Reeren (12) und Foren (21, S. 261—279), die die Brraeschen Experimente im einzelnen kritisierten und ihnen jede Beweiskraft absprachen. Für ihre eigene Ansicht, daß sich die Bienen auf ihren Flügen vorwiegend durch den Gesichtssinn orientieren, brachten sie mancherlei Belege, sogar aus Brrue’s eigenen Beobachtungen. Eine Erwiderung Berue’s (7) wirkt wenig überzeugend (vgl. auch v. BUuTTEL-REEPEN (13)). Von den Argumenten, die für die optische Orientierung der Bienen beigebracht wurden, seien hier nur zwei hervorgehoben. Das Benehmen von Bienen, die das erstemal ihren Stock verlassen, erklärt sich am einfachsten durch die An- nahme, daß sie sich das Aussehen ihres Stockes und seiner Um- gebung einzuprägen suchen. Solche Bienen „spielen vor“; v. Burret-REEreN schildert dies mit folgenden Worten (12, p. 215 a. 216): „Wie sehr die Bienen der Augen beim Fortfluge von der Wohnung bedürfen, geht in sehr klarer Weise aus dem auffälligen Verhalten bei dem ersten Ausfluge hervor. Sowie die Biene abfliegt, wendet sie sich mit dem Kopf dem Stocke zu und in fortwährendem Auf- und Nieder- schweben (dem Mückentanz ähnlich) wird der Stock selbst, die Nachbar- stöcke und das Bienenschauer genau gemustert und zwar, ich wiederhole es, stets mit den Augen der Wohnung zu gerichtet, wodurch also auch ein leichtes Rückwärtsfliegen bewirkt wird. Das ist das sog. „Vorspiel“, dessen von BETHE gar nicht gedacht wird und dessen für die Orientierung durch den Gesichtssinn überaus charakteri- stische und beweisende Ausführung von ihm nicht beachtet worden ist. Erst nach diesem engeren Vorspiel werden kleine und immer größere Orientierungskreise gezogen und dabei die nähere und fernere Umgebung eingeprägt. „Eine alte Biene fliegt bei reicher Tracht grade und pfeilschnell aus dem Flugloche fort, sie „schießt“ aus dem Flugloche, sie hat sich völlig eingeflogen und kennt ihre Flugbahn, eine junge erstmalig Fliegende macht es stets wie eben geschildert . . .“ In guter Übereinstimmung mit dieser Auffassung steht die Beobachtung, daß Bienen nur dann, wenn sie vorher einen Orientierungs- 88 Kart v. Friscu, flug unternommen hatten und nur aus Gegenden, die ihnen von ihren Ausflügen her bekannt sind, in ihren Stock zurückfinden: „il. Entnimmt man einem Stocke junge, flugfähige Bienen (Brut- ammen), die noch nicht ihren Orientierungsausflug gehalten haben, und läßt sie unweit des Standes fliegen, so findet keine in ihren Stock zurück. 2. Wirft man alte Flugbienen selbst in sehr weiter Entfernung auf, so finden sie alle zurück. 3. Bringt man aus einer fernen Ortschaft, die mehr als 7 km ab- gelegen ist, ein Volk herbei und läßt alte Flugbienen, bevor sie einen Orientierungsausflug machen konnten, auch nur 30—40 m von ihrer Wohnung fliegen, so findet keine in den Stock zurück. | 4. Zwei Volker, die ich im Garten des Zoologischen Institutes in Jena zwecks anderweitiger Beobachtungen aufgestellt hatte, wurden am Schluß des Sommersemesters 1899 an einen ungetähr 2000 m entfernten Bienenstand eines Jenenser Imkers geschafft. Da die Völker nicht be- täubt wurden, war es vorauszusehen, daß sehr viele der alten Flugbienen auf den Institutsstand zurückkehren würden, und zum Unterschlupf dieser Heimatlosen stellte ich eine Wohnung mit einigen leeren Waben genau dort auf, wo früher das Heim gestanden hatte. Es kamen viele Hunderte, die sich trotz voller Flugfreiheit zwei Tage lang verstört in der leeren Behausung herumtrieben und hernach mit Chloroform betäubt und in Formol zu Demonstrationszwecken aufbewahrt wurden. Ihr Ortsgedächtnis führte sie zurück. Naturgemäß und zwanglos erklärt sich das verschiedene Verhalten der Bienen bei diesen vier Experimenten, wenn wir eine Orientierung durch die Augen, durch Erinnerungsbilder annehmen, während die unbekannte Kraft nur in Wiedersprüche verstrickt und uns vor unlösbare Rätsel stellt“ [v. BuTTEL-REEPEN (12, p. 188 u. 189); vgl. auch ROMANES (99)]. Wenn es auch durch solche Beobachtungen, denen sich viele ähnliche anreihen ließen, sehr wahrscheinlich wird, daß sich die Biene auf ihrem Heimwege vom Gesichtssinn leiten läßt, so ist doch meines Wissens noch nie in zweckentsprechender Weise untersucht worden, obundin-welchem MaßedasÄußereihresStockes, — insbesondere seine Farbe, von ihr zur Orientierung verwertet wird. Zwar liegen einige Angaben hierüber vor, doch läßt sich nicht viel aus ihnen schließen: KATHARINER (39) hatte auf einem freien Platze 2 Bienenstöcke aufgestellt. Der eine, grün gestrichene, stand links und war leer; der andere, gelb gestrichene, stand rechts und war besetzt. Nun wurde ein Ableger des gelben Stockes in den grünen Kasten gesetzt und nach Imkerregel der grüne Stock an Stelle des gelben gestellt — aber statt den gelben an den früheren Platz des grünen zu setzen, Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 89 verschob er ihn nach rechts, so daß wieder rechts der gelbe, links der grüne Stock stand. Er erreichte den gewünschten Erfolg nicht, die meisten heimkehrenden Bienen flogen in den (gelben) Mutterstock, und der Ableger war am folgenden Tage sehr volkarm. Doch kann man hieraus nicht schließen, daß es die gewohnte gelbe Farbe war, welche die Bienen in den alten Stock zuriickleitete. Es kann — neben anderen Merkmalen des Stockes, der ja als ganzer verschoben wurde — vor allem seine relative Lage zum andern Stocke das Ausschlaggebende gewesen sein: die Bienen waren gewohnt in den rechtsstehenden der beiden Bienenstöcke einzufliegen und behielten diese Gewohnheit auch bei, nachdem beide Stöcke ein Stück weit nach rechts verschoben worden waren. Er fing später an jedem der beiden Stöcke eine Anzahl ausfliegender Bienen ab, markierte sie und versah dann die beiden Stöcke mit Pappdeckelschablonen, und zwar den grünen Stock mit einer gelben, den gelben mit einer grünen Schablone. Die Bienen stauten sich sofort vor den Stöcken an, krochen aber dann doch hinein; die markierten Tiere gingen fast alle in die richtigen Stöcke Auch aus diesem Versuche läßt sich nichts über den Einfluß der Farbe entnehmen. Die Stauung braucht nicht durch den Wechsel der Farbe, sie kann auch nur durch die Anwesenheit der ungewohnten Pappdeckelschablone hervor- gerufen sein; und daß die markierten Bienen in den richtigen Stock trotz der veränderten Farbe einkehrten, kann wieder — wie KATHARINER selbst andeutet — daher kommen, daß das auffallendste Merkzeichen für sie die relative Lage ihres Stockes war. THEEN schreibt (104, p. 101): „Steckt man einem Volk während des Fluges ein andersfarbiges Flugbrett vor, so wird man sehen, wie die heimkehrenden Bienen sofort stutzen und nicht anfliegen mögen, wenn auch die Form und Größe dem des ersten gleich ist. Steckt man dann das altgewohnte Flugbrett wieder vor, so fliegen die Bienen sogleich wieder an...“ An dem „altgewohnten“ Flug- brett haftet gewiß ein intensiver Bienengeruch, und es wäre denkbar, daß das Fehlen dieses vertrauten Geruches die Bienen beim Anfluge stutzen machte. Ein Kontrollversuch mit gleichfarbigen neuen Flugbrettchen wurde nicht angestellt. Mit mehr Berechtigung ließen sich manche Beobachtungen von Bienenzüchtern — wenn sie richtig sind — als Argumente für die Beachtung der Stockfarbe von seiten der Bienen anführen. So schreibt STÄHELIN (zitiert nach v. BuTTEL-Reepen 12, p. 291 u. 292): „Ein schwacher Nachschwarm mit größtenteils jungen Bienen aus 90 Karu v. Frisch, einem vorn blau angestrichenen Kasten zerstreute sich bei starkem Vorspiel der anderen Völker und setzte sich überall in kleinen Klümpchen an. Bald suchten sie ihre alte Heimat wieder auf, aber nur einzelne fanden sie, die übrigen flogen zu anderen Stöcken und welchen? Überall wo ein blaues Türchen sie einlud, begehrten sie Einlaß, sonst nirgends; leider wurden sie aber so unfreund- lich empfangen, daß vor allen blau markierten Kasten der Boden mit Leichen bedeckt war.“ Lossine (50) hatte seine Stöcke abwechselnd rot, weiß und blau gestrichen. Wenn er einen weiben Stock entfernte, flog ein großer Teil der Bienen am roten oder blauen Stocke vorbei in den nächsten weißen. Ähnliche Beobachtungen machte Kınyon (43). Auch v. Hess hat sich in jüngster Zeit mit dieser Frage be- schäftigt (36, p. 99—101); er meint, alle seine Versuche „zeigen schlagend die Unhaltbarkeit der verbreiteten Meinung von einem Einfluß der Farbe der Umgebung eines Flugloches auf die Flug- richtung der Bienen“. Doch zeigen sie in Wahrheit nur, daß bei seiner Versuchsanordnung den Bienen zum richtigen Auffinden ihres Flugloches andere, auffälligere Merkmale zu Gebote standen als die Farbe seiner (recht kleinen) Schablonen. Ob er die Versuche an einem größeren Bienenstande oder an einem einzeln stehenden Stocke ausgeführt hat, ist, wie manches andere, was von Wichtigkeit wäre, aus seinen Angaben nicht zu ersehen. bb) Ee emie Wren sae hye: An kleinen Bienenständen bildet schon die relative Lage der Stöcke ein auffälliges Merkzeichen für die Bienen, welches ihnen ermöglicht, ihren Stock leicht und sicher aufzufinden. Nur an größeren Bienenständen, die mit zahlreichen Stöcken von gleich- artigem Bau besetzt sind, wird ein farbiger Anstrich — wenn über- haupt — von Bedeutung sein. An solchen Bienenständen sind (daher auch die Versuche anzustellen, wenn man über die Bedeutung eines farbigen Anstriches Aufschluß erhalten will. Ich bin Herrn Dr. W. Hein, Vorstand des Kreisvereins für Bienenzucht und Obst- bau in Oberbayern, zu großem Danke verpflichtet, daß er mir zu diesem Zwecke den Vereinsbienenstand in Pöcking am Starnberger- See bereitwillig zur Verfügung stellte. Auf dem Bienenstande (Taf. 4 Fig. 16) befanden sich in zwei Reihen übereinander 30 Stöcke (,Gerstung-Beuten“), die sämtlich weiß gestrichen waren und deren Äußeres aus der Photographie Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 91 zu ersehen ist. An ihren Vorderseiten waren kleine, verschieden- farbige Blechplättchen angebracht; die Anflugbrettchen befanden sich alternierend in verschiedener Höhe. Nur ein Teil der Stöcke war bevölkert. Ich stellte nun in der unteren Reihe nebeneinander fünf leere Stöcke auf (an den in Fig. 16 mit 1—5 bezeichneten Plätzen), deren Anflugbrettchen in gleicher Höhe waren und von denen die farbigen Blechplättchen entfernt wurden. Stock No. 4 wurde mit zwei Schablonen aus starkem Zinkblech versehen, von denen die eine auf das Flugbrettchen gelegt, die andere (mit einem dem Flugbrett- chen entsprechenden Ausschnitte) an der Vorderwand des Stockes leicht abnehmbar befestigt wurde (vgl. Taf. 4 Fig. 17). Beide Schablonen waren an der sichtbaren Seite blau, an der Unter- resp. Rückseite gelb gestrichen. Am Stock No. 5 wurden zwei genau gleiche Schablonen derart befestigt, daß die gelben Flächen sichtbar waren. Mein Plan war, ein Bienenvolk in den blauen Stock zu setzen und zu versuchen, ob die Bienen, nachdem sie sich eingeflogen hätten, durch Vertauschen der Farben in einen falschen Stock ge- lockt werden könnten. Hierbei durfte das Vertauschen der Farben nicht so vorgenommen werden, daß man die Schablonen mitein- ander vertauschte. Denn hätte dies ein positives Resultat gehabt, so wäre man im Zweifel gewesen, ob die Bienen durch die gewohnte blaue Farbe oder durch den an den blauen Schablonen haftenden „Nestgeruch“ zum falschen Stocke geleitet worden seien. Darum waren die blauen Schablonen auf der Rückseite gelb, die gelben auf der Rückseite blau gestrichen. Nun konnte man durch Umdrehen der Schablonen ihre Farben vertauschen, ohne ihre Plätze zu verändern.') Am 29. Mai 1913 wurde ein starker Schwarm eingefangen und am Morgen des 30. Mai in den blau maskierten Stock No. 4 gesetzt. Die Bienen begannen alsbald kleine Orientierungsflüge zu unter- nehmen, und nach einer Stunde schwärmten sie in Menge vor ihrem 1) Im Prinzip die gleiche Versuchsanordnung hat schon vor mir Herr K. HOFMANN, kgl. Landesinspektor für Bienenzucht, angegeben. Er veranlaßte einen Imker, an seinen Bienenstöcken drehbare Flugbrettchen anzubringen, die oben und unten in verschiedenen Farben gestrichen waren. Der Imker gab an, daß sich die Bienen durch das Umdrehen der Flugbrettchen nicht hätten stören lassen. Herr HOFMANN selbst hat die Versuche nicht ge- sehen. Da ich über die Einzelheiten des Versuches nicht unterrichtet bin, kann ich über die Ursache des negativen Resultats keine Vermutungen äußern. 92 Karu v. Frisch, neuen Stocke umher. An diesem und an den folgenden Tagen herrschte strahlend schönes Wetter. Nach zwei Tagen, am 1. Juni, flogen die Bienen im blauen Stocke sehr lebhaft und ohne Zögern aus und ein. Weder an dem linken, unmaskierten, noch an dem rechten, gelb maskierten Nachbar- stocke war eine Biene zu sehen; die Flugspalten dieser Stöcke waren nicht verschlossen; in ihrem Inneren befanden sich einige leere Bienenwaben, die vor zwei Jahren ausgeschleudert worden waren. Wir zählten nun 5 Minuten lang die Bienen, die im blauen Stocke einflogen !); der Flug war sehr konstant. Dann wurden rasch am Stocke No. 4 und No. 5 die Schablonen umgedreht, so daß nun der früher blaue Stock No. 4 gelb, der früher gelbe Stock No. 5 blau maskiert war. Sofort war eine auffällige Veränderung im Benehmen der Bienen zu bemerken. Vor dem jetzt blauen Stocke, der vorher gänzlich verlassen war, schwärmten zahlreiche Bienen umher, und viele ließen sich sofort auf seinem Flugbrettchen nieder und krochen durch den Flugspalt in den leeren Stock. Aber auch den bewohnten, jetzt gelben Stock umschwärmten zahlreiche Tiere, und nicht wenige kehrten auch hier ein, sichtlich zögernd (die Zahlen folgen unten). Nach 5 Minuten wurden die Schablonen abermals umgedreht, so dab die frühere, normale Anordnung wiederhergestellt war; der Flug- spalt vom Stock No. 5 wurde verschlossen, um nachher die Zahl der Bienen in seinem Inneren feststellen zu können. Mit einem Schlage wurde der jetzt wieder gelbe Stock No. 5 völlig ignoriert, und alles stürzte in geradem Fluge in das Flugloch des blauen Stockes. Die Zahl der einfliegenden Bienen wurde von Minute zu Minute notiert. Es ergab sich: Bienenfrequenz 2227: Stock No. 4 (blau) Stock No. 5 (gelb) - 57 63 60 54 56 Summa 290: Soy a oq ee 1) Herr Dr. W. HEIN hatte die Freundlichkeit, mich bei den Ver- suchen zu unterstiitzen. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 93 Schablonen umgedreht. Bienenfrequenz 2?’—%2; Stock No. 4 (gelb) Stock No. 5 (blau) 12 50 18 46 16 40 25 38 22 60 Summa 93 234 Schablonen umgedreht; Flugloch von Stock No. 5 ge- schlossen. Bienenfrequenz 23?37; Stock No. 4 (blau) Stock No. 5 (gelb) ca. 127 67 65 67 60 Summa 386 OO © © © © 4) Im Innern des Stockes No.5 befanden sich nach Abschluß des Versuches 182 Bienen.’) Ich hatte mich natürlich davon überzeugt, daß zu Beginn des Versuches keine einzige Biene in diesem Stocke war. Hierzu muß noch einiges bemerkt werden. Die Bienen, die in den leeren Stock einflogen, merkten offenbar bald, daß hier etwas nicht in Ordnung sei. Denn man sah sie häufig unruhig wieder aus dem Flugspalt hervorkommen, um oft nach einem kurzen Orientierungsfluge abermals einzukehren. Daher ist die Zahl der Bienen, welche in diesen Stock hineinflogen, höher als die Zahl der Bienen, die nachher in seinem Inneren waren. In der dritten Tabelle 1) Natürlich hätte hier, nachdem der Flugspalt verschlossen war, keine Biene ins Innere können; doch machte auch keine einen Versuch hierzu, keine umschwärmte den Stock oder ließ sich auf dem Flugbrettchen nieder. 2) Durch Öffnen eines im Deckel des Stockes angebrachten Loches konnten die Bienen einzeln entlassen und auf diese Weise zuverlässig ge- _ zählt werden. 94 iit! 405 aiRaeriw. Frisch, fällt die hohe Zahl bei der ersten Minute auf; sie ist wohl so zu erklären, daß bei dem veränderten Aussehen der Stöcke eine Anzahl von Bienen mit dem Einfluge zögerten, die nun, nachdem die alte Situation wieder hergestellt war, sofort in ihren Stock eilten. Nach einer Stunde wurde bei angenähert gleichstarkem Bienen- fluge der Versuch in der gleichen Weise wiederholt, um das Ver- halten der Bienen photographisch aufzunehmen. Taf. 4, Fig. 17 zeigt den normalen Zustand. Der blau mas- kierte, bevölkerte Stock steht zwischen zwei leeren, von denen der linke unmaskiert, der rechte gelb maskiert ist. Unmittelbar nach dieser Aufnahme wurden die Schablonen der beiden maskierten Stöcke umgedreht. Die Fig. 18 zeigt den Effekt. Nach Ablauf von 5 Minuten wurden die Schablonen wieder in die normale Lage zurückversetzt und das Flugloch von Stock No. 5 verschlossen. Sofort trat wieder der normale Bienenflug ein. Im Innern des Stockes No. 5 befanden sich 193 Bienen. Ich habe diesen Versuch an späteren Tagen noch mehrmals wiederholt. Das Resultat war im wesentlichen stets das Gleiche. Doch war der Prozentsatz der Bienen, die sich durch das Umdrehen der Schablonen in den falschen Stock locken ließen, beträchtlichen Schwankungen unterworfen. Einen Grund für diese Schwankungen vermag ich nicht anzugeben. Aus den bisher mitgeteilten Tatsachen geht hervor, daß die Farbe des Stockes von den Bienen beachtet und als Merkzeichen verwertet wurde. Es geht aber aus ihnen auch hervor, daß die Farbe für die Bienen nicht das einzige Kennzeichen ihres Stockes war. Denn ein Teil von ihnen flog ja trotz der veränderten Farbe in den richtigen Stock. Man könnte hieraus schließen wollen, daß die Bedeutung der Farbe des Stockes nicht allzugroß sei, daß den- Bienen zum Mindesten außer der Farbe noch gleichwertige andere Merkzeichen zur Verfügung ständen. Doch wissen wir zu- nächst nicht, ob die Bienen nicht auch das Aussehen der Nachbar- stöcke zur Orientierung verwerten. Ist dies der Fall, dann mußte so, wie die Versuche angestellt wurden, notwendigerweise eine Ver-- wirrung eintreten. Die Bienen waren gewohnt, in einen blauen Stock zu fliegen, neben welchem links ein weißer, rechts ein selber stand. Durch das Umdrehen der Schablonen wurde diese relative Lage verändert; nun stand neben dem blauen Stocke links ein gelber, rechts ein weißer. Esschien nicht ausgeschlossen, daß hierdurch ein Teil der Bienen veranlaßt wurde, sich nach Merk- Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 95 zeichen zu orientieren, deren Bedeutung sonst gegeniiber der Farbe in den Hintergrund tritt, und so zum Auffinden des richtigen Stockes geführt wurde. Um dies zu prüfen, modifizierte ich den Versuch in folgender Weise. Nachdem ich (am 8. Juni, 1}, 4 Uhr Nachm.) durch 10 Minuten hindurch die Frequenz des blauen Stockes gezählt und dann die Situation photographiert hatte (Taf. 4, Fig. 19), drehte ich die Schablonen des blauen Stockes (No. 4) an ihrem Platze um, nahm ferner die Schablonen vom Stock No. 5 ab und be- festigte sie umgedreht am Stocke No.3 (Fig. 20). Nun war die relative Lage der Farben nicht verändert, es stand, wie bei der normalen Anordnung, links von dem blauen Stocke ein weißer, rechts von ihm ein gelb maskierter Stock. Der Erfolg war überraschend. Kaum war ich zurückgetreten, so zog die ganze Bienenansammlung, die sich während der Manipulation an den Stöcken angestaut hatte, zielbewußt und ohne Zögern in den unbe- wohnten, blau maskierten Stock ein, keine einzige flog in den richtigen, jetzt gelb maskierten Stock. Fig. 20 zeigt dieses Einziehen der angestauten Bienen. Fig. 21 zeigt die Situation ein paar Minuten später: die ausfliegenden Bienen kommen aus dem gelb maskierten, die heimkehrenden fliegen in den blau maskierten Stock. Nach 7'/, Minuten (durch das Photographieren war eine kleine Verzögerung entstanden) gab ich den Schablonen wieder die normale Anordnung und verschloß das Flugloch von Stock No. 3. Sofort flogen nun die Bienen wieder in den richtigen Stock ein. Es wurden nun nochmals 10 Minuten lang die einfliegenden Bienen an diesem Stocke gezählt. Als Mittel aus den Zählungen vor und nach dem Versuche ') ergibt sich eine Frequenz von 64,1 Bienen pro Minute. Demnach waren, wenn während der 71}, Minuten alle heimkehrenden Bienen in den blau maskierten Stock No. 3 geflogen und daringeblieben waren, 481 Bienen in ihm zu erwarten. Tatsächlich enthielt er nach Abschluß des Versuches 491 Bienen. Sie hatten sich also bei dieser Versuchsanordnung quantitativ in den falschen Stock locken lassen. Ich habe diesen Versuch an verschiedenen Tagen und zu ver- 1) Vor Beginn des Versuches waren in 10 Minuten je: 57, 59, 48, 62, 72, 69, 64, 49, 59 und 62 Bienen, nach dem Versuche in 10 Minuten je 62, 64, 69, 81, 68, 59, 68, 72, 73 und 65 Bienen in den Stock ge- flogen. 96 Karu v. Frisch, schiedenen Tageszeiten im ganzen 9mal angestellt.) Das Resultat war insofern stets das Gleiche, als unmittelbar nach dem Ver- tauschen der Schablonen die Bienen stets ohne Zögern sämtlich in den falschen Stock einzogen. Dann aber benahmen sie sich in verschiedenen Versuchen verschieden. Sie blieben nämlich nicht immer, wie in dem oben geschilderten Versuche, ruhig in dem leeren Stocke, in den sie eingezogen waren, sondern meist lief ein Teil der Bienen alsbald wieder beim Flugloche des leeren Stockes heraus, lief unruhig auf dem Flugbrettchen umher, viele unternahmen von da aus kurze Flüge und kehrten dann entweder zum gleichen Stocke zurück oder fanden auch nach einigem Suchen den richtigen Stock auf. Doch ließen sich die Bienen in solchen Fällen quantitativ im falschen Stocke festhalten, wenn eine Brutwabe in ihm einge- hängt wurde (2 Versuche. Bei der normalen Anordnung der Schablonen wurde dadurch keine einzige Biene veranlaBt, an diesen Stock zu fliegen. Die folgenden Zahlen mögen das zuletzt Gesagte illustrieren. Wir stellten am Nachmittage des 15. Juni zunächst wieder die normale Bienenfrequenz am Stock No. 4 fest, nachdem in Stock No. 3 eine Brut- wabe eingehängt worden war; ich zählte binnen 10 Minuten 622 in den Stock No. 4 einfliegende Bienen; nach Abschluß des Versuches zählte ich binnen 5 Minuten 320 einfliegende Bienen. In der Zwischenzeit waren die Schablonen so, wie es oben beschrieben wurde, (mit Bei- behaltung der relativen Lage der Farben) vertauscht worden und diese Anordnung 10 Minuten lang belassen worden. Man sah die Bienen während dieser Zeit regulär in den falschen Stock (No. 3) einziehen, und nur bei genauer Beobachtung fiel es auf, daß aut seinem Flugbrettchen einzelne Bienen erregt umherliefen und manchmal abflogen, jedoch nur, um nach einem kurzen Bogen wieder zurückzukehren. Nach 10 Minuten wurde der Flugspalt dieses Stockes verschlossen und die normale Anordnung der Schablonen wiederher- gestellt. Der oben erwähnten Frequenz entsprechend waren über 600 Bienen im Stocke No. 3 zu erwarten; 654 waren tatsächlich darin. Als der Versuch kurz vorher in genau der gleichen Weise angestellt worden war, jedoch ohne daß eine Brutwabe in den Stock 1) Es sei erwähnt, daß der Versuch ebensogut gelang, als ich die Schablonen einmal nach der anderen Seite verschob: es wurden die Schablonen von Stock No. 5 an ihrem Platze umgedreht, die Schablonen vom (bevölkerten) Stock No. 4 abgenommen und umgedreht an Stock No. 6 befestigt. Die Bienen gingen quantitativ in den jetzt blauen Stock No. 5. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 07 No. 3 eingehängt war, sah man gegen Ende der 10 Minuten viele Bienen den Stock verlassen, und es befanden sich nach Abschluß des Versuches in ihm nur 390 Bienen. Von diesem letzterwähnten Versuche stammen die Photographien auf Taf. 5 Fig. 22—24. Fig.22 zeigt das normale Verhalten vor Be- ginn des Versuches. Fig. 23 ist 3 Minuten nach dem Vertauschen der Schablonen aufgenommen. Alle heimkehrenden Bienen flogen in den leeren, blau maskierten Stock; an dem gelb maskierten Stocke sieht man nur ausfliegende Bienen. Die Photographien zeigen dies leider bei weitem nicht so deutlich wie der unmittelbare Anblick. Fig. 24 ist aufgenommen eine Minute, nachdem die Schablonen wieder in die normale Lage zurück versetzt waren. Auf die übrigen Versuche brauche ich im einzelnen nicht ein- zugehen. Sie alle zeigen, daß die Biene, wenn sich ihr Stock von den Nachbarstöcken durch seine Farbe in auffallender Weise unterscheidet, dieses Merkmal als Hauptorientierungsmittelzum Auffindenihres Heimes benützt. Sie zeigen ferner, daß sie dabei nicht nur die Farbe des eigenen Stockes, sondern auch die FarbederNachbarstöcke und deren relative Lage beachtet. Das letztere läßt sich sehr hübsch auch durch folgenden ein- - fachen Versuch zeigen, den ich mehrmals mit stets gleichem Erfolge wiederholte: ich entfernte vom blau maskierten Stocke bei starkem Bienenfluge die Schablonen vollständig. Die unmittelbare Folge ist ein starkes ,,Vorspielen“ der Bienen vor diesem Stocke. Die an- fliegenden Bienen stutzen und schwärmen einige Zeit vor ihrem Stocke umher, bevor sie schließlich zögernd ins Innere gehen. Ent- fernt man nun vom rechten Nachbarstock die gelbe Schablone und macht den bevölkerten Stock gelb, indem man seine Schablonen um- gedreht an ihm befestigt, so verschiebt sich sofort die wogende Wolke der vorspielenden Bienen um einen Stock nach links; sie spielen wieder links vom gelben Stocke, jetzt vor dem un- maskierten, leeren Stock No. 3 vor; alle heimkehrenden Bienen flogen zunächst gegen diesen Stock an, manche setzten sich sogar auf sein Flugbrettchen und krochen in den Flugspalt, die meisten fanden nach einigem Umherschwärmen doch ihren Stock auf. Bringt man nun die gelben Schablonen vom Stock No.4 an den Stock No. 5, so steht die Bienenwolke sofort wieder vorm Stock No. 4. Die gleichen Versuche wie mit blauen und gelben Schablonen Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 7 98 PR Karu v. Frisch, habe ich an anderen Bienenstécken auch mit schwarzen und weißen, sowie mit roten und grünen!) Schablonen ausgeführt. Die Versuche gelangen mit diesen Schablonen in gleicher Weise, und ich brauche daher nicht näher auf sie einzugehen. Bei den bisher geschilderten Versuchen war es stets ein unbe- wohnter Stock gewesen, in den die Bienen durch die veränderten Schablonen gelockt worden waren. Wie verhalten sie sich unter solchen Umständen gegenüber einem bewohnten, fremden Stocke? | a Ein erster Versuch zeigte, daß auch ein fremder Nestgeruch die Bienen nicht zurückhält, wenn sie, der gewohnten Farbe folgend, an einen falschen Stock geraten. Ich hatte vor dem Beginn der oben beschriebenen Experimente einige Vorversuche an alten, längst eingeflogenen Stöcken unternommen. So versah ich am 14. Mai den Stock No. 7 (vgl. Fig. 16) mit gelben, den Stock No. 9, dessen Flugloch sich mit dem von No. 7 auf gleicher Höhe befand, mit. blauen Schablonen. Die nachste Folge war ein Stutzen und Umher- schwärmen der ankommenden Bienen. In den ersten Minuten be- trat kaum eine Biene die maskierten Stöcke; die meisten scheinen in Nachbarstöcke geflogen zu sein, denn die Zahl der vorspielenden Bienen nahm nicht auffällig zu. Während der folgenden Stunde nahm die Zahl der einfliegenden Bienen an den maskierten Stöcken nur wenig zu und blieb weit hinter der vorher beobachteten Frequenz zurück. Ich ließ trotzdem die Schablonen an den Bienenstöcken. Als ich am 22. Mai, also nach 8 Tagen, wieder nachsah, flogen (um 1/,10 Uhr vorm.) die Bienen des blauen Stockes (No. 9) sehr leb- haft und völlig normal, die Bienen des gelben Stockes (No. 7) flogen fast gar nicht; einen Grund hierfür kann ich nicht angeben, das Volk war nk und flog auch später wieder ganz normal. Für einen Versuch war dieser Umstand sehr günstig. Nachdem wir die Bienen- frequenz festgestellt hatten, drehten wir an beiden Stöcken die Schablonen um, so daß die Farben vertauscht (die Schablonen aber an den seinen Stöcken geblieben) waren. Die Folge war, daß an dem jetzt gelben Stocke sofort die Zahl der einfliegenden Bienen auffallend abnahm, in den jetzt blauen Stock aber, der vor- 1) Das Rot stand dem Rot No. 1 (Taf. 5) nahe, war also für das Bienenauge außerordentlich dunkel; das Grün war noch ziemlich weit von dem „neutralen“ Blaugrün entfernt, erschien also dem Bienenauge jeden- falls deutlich gelb. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 99 her fast gar nicht geflogen war, zahlreiche Bienen einkehrten. Dies läßt kaum eine andere Deutung zu, als daß die Bienen des Stockes No. 9 nun, durch die Farbe verführt, in den Stock No. 7 einflogen. Als nach 10 Minuten die Schablonen abermals umgedreht wurden, wodurch die frühere Anordnung wieder hergestellt war, herrschte auch sofort wieder das frühere Verhältnis in der Frequenz der beiden Stöcke. Die Zahlen sind: Stock No. 7 (gelb) Stock No. 9 (blau) Bienenfrequenz 1040—45 5 79 Schablonen umgedreht Stock No. 7 (blau) Stock No. 9 (gelb) Bienenfrequenz 1046—51 ont 21 x 1051—56 0 18 Schablonen umgedreht Stock No. 7 (gelb) Stock No. 9 (blau) Bienenfrequenz 1057—1102 8 65 is 1102—07 2 53 Immerhin bleibt es ein Mangel an diesem Versuche, daß es nicht möglich war, den einzelnen Bienen anzusehen, welchem Stocke sie angehörten. Um ein klares Resultat zu erhalten, habe ich folgen- den Weg eingeschlagen: Auf einem größeren Bienenstande des ,Bienenheims“ in Loch- hausen !) standen übereinander zwei Reihen von Bienenstöcken. In- mitten der unteren Reihe war ein Stock unbesetzt, alle anderen Stöcke dieser Reihe waren bevölkert. Der leere Stock wurde nun am 7. Juni mit blauen, auf der Rückseite gelb gestrichenen Scha- blonen, der links daneben stehende (bevölkerte) Stock mit gelben, auf der Rückseite blau gestrichenen Schablonen versehen. Am 9. Juni wurde in den leeren Stock ein italienisches Bienenvolk ge- setzt. Bekanntlich sind die „Italiener“ von den deutschen Bienen an ihrem gelb gefleckten Hinterleibe leicht zu unterscheiden. Es wurde nun beiden Völkern einige Tage Zeit gelassen, sich an die Schablonen zu gewöhnen. Dann wurde am Nachmittage des 14. Juni folgender Versuch gemacht: wir stellten zunächst die nor- male Frequenz der beiden Stöcke fest. Beim italienischen Volke 1) Herrn Hormany, kgl. Landesinspektor für Bienenzucht sage ich für die freundliche Vermittlung der Erlaubnis, an dem Bienenstande experi- mentieren zu dürfen, auch an dieser Stelle besten Dank. 7* 100 Karu v. Frisch, waren ganz vereinzelt auch deutsche Bienen, beim deutschen Volke vereinzelte italienische Bienen zu bemerken. Als wir nun die Schablonen an ihren Plätzen umdrehten, so daß die Farben ver- tauscht waren, flogen in den nächsten 10 Minuten beim deutschen Volk weit mehr italienische als deutsche Bienen, beim italienischen Stocke weit mehr deutsche als italienische Bienen an.*) Hierbei legte das italienische Volk ein anderes Temperament an den Tag als das deutsche. Während nämlich das deutsche Volk die fremden Italiener ohne weiteres einließ, entspannen sich auf dem Flugbrett- chen des Italienervolkes heftige Kämpfe, und mit Bissen und Stichen wurde die Mehrzahl der Deutschen, die mit Zähigkeit einzudringen suchten, vom Eingange vertrieben. Der schwache Geruch, der dem fremden Bienenindividuum anhaftete, genügte, um die Wächter des Stockes zur Verteidigung herauszufordern ?); aber der starke Duft, der dem fremden Bienen volke entströmte, genügte nicht, um die Eindringenden abzuhalten — so sehr überwiegt der Einfluß der Farbe den Einfluß des Duftes bei der Orientierung der heimkehren- den Biene. i Wollte jemand annehmen, die Bienen hätten in all diesen Versuchen die verschiedenfarbigen Schablonen nicht an der Farbe, sondern an einem 1) Die Zahlen sind: Deutscher Stock Italienischer Stock (gelb) (blau) Deutsche B. Ital. B. Ital. B. Deutsche B. Bienenfrequenz 517722 65 0 78 1.0d. 2 e 524—29 58 3 62 3 Schablonen umgedreht. Deutscher Stock Italienischer Stock (blau) (gelb) Deutsche B. Ital. B. Ital. B. Deutsche B. Bienenfrequenz 53035 7 24 14 21 ” FRET 0 9 24 19 31 Da gleich zu Beginn der Beobachtung, bevor noch an den Schablonen etwas verändert worden war, häufig Bienen bemerkt wurden, die aus dem Flugspalt herauskrochen und, ohne abzufliegen, wieder in den Stock zurück- kehrten, zählten wir nicht die in den Stock hineinkriechenden, sondern die anfliegenden (sich auf das Flugbrettchen setzenden) Bienen. 2) Es wird allgemein angenommen, daß sich die Angehörigen eines Volkes durch den Geruchssinn erkennen und ebenso die Angehörigen fremder Völker unterscheiden. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 101 (für uns nicht wahrnehmbaren) spezifischen Geruche der farbigen Anstriche unterschieden, so sei darauf hingewiesen, wie unwahrscheinlich dies schon durch die zuletzt beschriebenen Versuche wird. Es sei ferner betont, daß bei dem eben beschriebenen und bei anderen Versuchen die Farben mit einem farblosen Lack überzogen waren, so daß ein spezifischer Geruch kaum in Frage kommen konnte. Es wird aber wohl niemand auf einen solchen Gedanken verfallen, da aus den in den ersten Kapiteln geschilderten Versuchen klar hervorgeht, wie sehr die Farbe als Merkzeichen für die Biene von Bedeutung ist. In Hinblick auf jene Versuche konnte ich auch den Farbensinn der Biene als erwiesen betrachten und brauchte dem Umstande kein Gewicht beizumessen, ob die gelben und blauen Schablonen für den total Farben- blinden gleichen oder verschiedenen Helligkeitswert besaßen. Doch sei erwähnt, daß ich auch eine Versuchsreihe anstellte, in welcher ich blaue und graue Schablonen verwendete, die für das total farbenblinde mensch- liche Auge gleichen Helligkeitswert hatten. Zu den Versuchen diente das auf Blau eingeflogene Volk im Stock No. 4 in Pöcking. Wurden die Schablonen an diesem Stocke umgedreht, so daß er gelb statt blau maskiert war, so ließen sich die Bienen wohl durch blaue, nicht aber durch graue Schablonen von gleichem farblosen Helligkeitswerte in den Stock No. 5 locken. c) Ratschläge für den Imker. Wir sehen also, daß der Imker, der den Bienen das Auffinden ihrer Stöcke erleichtern will, kaum ein besseres und zuverlässigeres Mittel anwenden könnte als einen farbigen Anstrich der Bienenwohnungen. Nur wird er einige Regeln befolgen müssen, wenn er seinen Zweck erreichen will. 1. Es wird sich empfehlen, die ganzen Bienenstöcke (soweit sie von außen sichtbar sind) und nicht nur die Flugbrettchen oder die nächste Umgebung der Fluglöcher farbig zu streichen. Denn die Biene beachtet das Aussehen des ganzen Stockes und sogar das Aussehen der Nachbarstöcke. Daß derart kleine farbige Schildchen, wie eines auf Taf. 4 Fig. 20 am Stock No. 5 zu sehen ist, von den Bienen kaum beachtet werden, davon habe ich mich selbst überzeugt. Das Entfernen solcher Schildchen von Stöcken, an denen sie seit langer Zeit befestigt waren, hatte keine oder nur eine kaum merkliche Störung des Bienenfluges zur Folge. 2. Man soll nicht an benachbarten Stöcken Farben anwenden, die wohl für das Menschenauge, nicht aber für das Bienenauge von- einander abstechen. Man soll nicht neben einen blauen einen purpur- roten, nicht neben einen schwarzen einen scharlachroten Stock setzen. Am besten wird man nur solche Anstriche verwenden, welche die 102 "3 00% 0 Karu v. Frisch, Bienen sämtlich mit Sicherheit voneinander unterscheiden: Blau, Gelb, Schwarz und Weiß. Hiermit dürfte man in der Regel ausreichen, da unter normalen Verhältnissen wohl kaum eine Biene um die Breite von vier Stöcken seitlich abirren wird. 3. Will man dennoch eine größere Mannigfaltigkeit, so soll man diese nicht durch weitere Farbtöne, die von den Bienen schlecht unterschieden werden, sondern durch Anbringen von Farben- kombinationen erzielen. Ein Stock, der zur linken Hälfte gelb, zur rechten Hälfte blau gestrichen ist, wird von einem anderen, linkerseits blau, rechterseits gelb gestrichenen Stocke ebenso sicher unterschieden werden, wie die halb blau, halb gelb beklebten Scheiben in den auf S. 72, 73 geschilderten Versuchen; und ebenso wie die Farbe des linken und rechten Nachbarstockes (vgl. S. 94— 97), wird die Farbe der linken und rechten Hälfte des eigenen Stockes zur Orientierung verwertet werden. Wenn man in dieser Weise Blau, Gelb, Schwarz und Weiß miteinander kombiniert, erhält man genügend viele verschiedenartige Anstriche, um selbst auf dem größten Bienenstande die Bedürfnisse zu befriedigen. Zusammenfassung. 1. Die Biene besitzt Farbensinn. Dies läßt sich folgendermaßen nachweisen. Wäre sie total farbenblind, so sähe sie jede Farbe, z. B. ein Blau, nur als ein Grau von bestimmter Helligkeit. In einer Serie grauer Papiere, welche in hinreichend feinen Helligkeitsab- stufungen von Weiß bis zu Schwarz führt, müßte also ein Grau enthalten sein, das für die Biene mit einem blauen Papiere von gleicher Form, Größe und Oberflächenbeschaffenheit identisch ist. Sie vermag aber ein blaues Papier (worauf sie durch Fütterung dressiert ist) von allen Helligkeitsabstufungen des Grau mit Sicherheit zu unterscheiden. Daß die bei den Versuchen verwendete Grauserie genügend fein abgestuft war, geht daraus hervor, daß eine Dressur auf ein bestimmtes Grau dieser Serie nicht gelang. Der Einwand, daß die Bienen das farbige Papier nicht durch seine Farbe, sondern durch einen (für uns nicht wahrnehmbaren) spezifischen Geruch von den grauen Papieren unterschieden hätten, erledigt sich dadurch, daß die Versuche in gleicher Weise gelingen, wenn die farbigen und grauen Papiere mit einer Glasplatte bedeckt oder in Glasröhrchen eingeschmolzen sind. . 2. Die Biene verwechselt Rot (Taf. 5, Rot No. 1) mit Schwarz, und Blaugrün (Taf. 5, No. 10 und 11) mit Grau. Sie unterscheidet Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 103 nur „warme“ und „kalte“ Farben und verwechselt Orangerot mit Gelb und mit Grün, Blau mit Violett und Purpurrot. Es zeigt somit ihr Farbensinn eine weitgehende Übereinstimmung mit dem Farbensinn eines rotgrünblinden (protanopen) Menschen. 8. Jene Farben, welche vom Bienenauge nicht farbig gesehen werden, also ein Blaugrün und ein reines Rot, kommen in unserer Flora als Blumenfarben nur äußerst selten vor. Man kann hierin ein Se die Ansicht sehen, daß sich die Farben der Blumen als Anpassung an ihre Bestäuber entwickelt haben, um so mehr, als bei jenen ausländischen Blumen, welche an die Pens eee Vogel angepaßt sind, lee Blumen vorherrschend, blaue Blumen auffallend selten sind (v. Hess hat nachgewiesen, daß die von ihm untersuchten Vögel blaue Farben relativ schlecht wahr- nehmen können). In vielen Blumen findet man mehrere, meist lebhaft „kontrastie- rende“ Farben miteinander kombiniert. Auch diese „Kontrastfarben“ hat man als Anpassung an den Insectenbesuch gedeutet, vor allem da, wo sie in Form von „Saftmalen“ auftreten. Nach unseren neuen Erfahrungen über den Farbensinn der Biene dürfen wir Farben- differenzen, die für unser Auge als solche auffällig sind, nicht ohne weiteres auch für das Insectenauge als Farbendifferenzen gelten lassen. Eine genauere Prüfung ergibt jedoch, daß hier der eben erwähnten Ansicht keine Schwierigkeit erwächst. Denn wir finden an den mehrfarbigen Blüten fast ausschließlich solche Farben mit- einander kombiniert, die sich für das Bienenauge deutlich von- einander abheben müssen. Dagegen läßt sich die biologische Deutung, welche man dem Farbwechsel gegeben hat, den manche Blumen beim - Verblühen zeigen, nicht in vollem Umfange aufrecht halten. Es ist den Blütenbiologen aufgefallen, daß bei den Blumen mit den vollkommensten Einrichtungen zur Sicherung der Fremdbe- stäubung, die vorwiegend an den Besuch von Bienen und Hummeln angepaßt sind, Blau und Pupurrot als Blütenfarbe vorwiegen. Man hat zur Erklärung dessen die Angabe herangezogen, daß Blau und Purpurrot die Lieblingsfarbe der Bienen seien. Diese Angabe läßt sich aber nicht bestätigen. Dagegen ergibt sich aus meinen. Ver- suchen, daß sich vom Grün des Laubes für das Bienenauge blaue und purpurrote Farben am wirksamsten abheben müssen. Und so läßt sich die blaue und purpurrote Blütenfarbe der „Immenblumen“ zwanglos den übrigen Merkmalen einreihen, durch welche diese 104 Karu v. Frisch, Blumengruppe gegenüber primitiveren Insectenblüten ihre bessere ‚Anpassung an den Insektenbesuch bekundet. 4. Aus den Beobachtungen über die Blumenstetigkeit der Bienen folgt, daß diese die Blüten einer Pflanzenart als zusammergehürig erkennen und von den Blüten anderer Pflanzenarten mit Sicherheit unterscheiden. Da sie nun kein feineres Unterscheidungsvermögen für Farbennuancen besitzen, müssen sie beim Auffinden der zusammen- gehörigen Blüten außer der Blumenfarbe noch andere Merkzeichen benutzen. Es ließ sich zeigen, daß auch Formen und Farben- kombinationen von den Bienen als Merkzeichen verwertet werden. Die Bedeutung der „Saftmale* dürfte zum Teil in dieser Richtung zu suchen sein. 5. Es ist von psychologischem Interesse, daß die Dressur mib- lang, wenn von den Bienen die Unterscheidung von Formen verlangt wurde, die ihnen von Natur aus völlig fremd sind (geometrische Figuren). 6. Die an der Futterstelle verkehrenden Bienen gehörten im ersten Versuchsjahre sämtlich einem bestimmten Bienenstocke an, obwohl sich zahlreiche Stöcke in der Nähe befanden. Im zweiten Jahre war dies anfangs ebenso, dann wurde im Verlaufe mehrerer Wochen das betreffende Volk von den Angehörigen eines anderen Stockes an allen Futterstellen unter Kämpfen vollständig verdrängt. Aus gelegentlichen Beobachtungen geht hervor, daß unter den nach Tausenden zählenden Bewohnern eines Bienenstockes die relativ wenigen Tiere, die an einer bestimmten Futterstelle verkehrten, ständig miteinander in Fühlung waren und sich gewissermaßen persönlich kannten. 8. Die Streitfrage, ob ein farbiger Anstrich der Bienenstöcke den heimkehrenden Bienen das Auffinden ihres Stockes erleichtert, wird in bejahendem Sinne entschieden. Wie sehr die Bienen die Farbe ihres Stockes beachten und als Merkzeichen verwerten, geht daraus hervor, daß sich die heimkehrenden Bienen bei geeigneter Versuchsanordnung durch Vertauschen der Farben vollzählig in einen falschen (leeren) Stock locken lassen. Sogar in bewohnte, fremde Stöcke suchen sie, durch die Farbe verführt, einzudringen, auch dann, wenn sie daselbst auf das unfreundlichste empfangen werden. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 105 Anhang: Versuchsprotokolle zu Kapitel 1 und 2. Bei allen Versuchen wurde der Platz des Dressurpapieres vor Beginn des Versuches. verändert; wo nichts anderes angegeben ist, sind alle Papiere mit leeren Uhrschälchen beschickt. EN Dressur auf ein mittleres Grau. | Die Bienen sind auf Grau No. 15 der aus 30 Nummern be- | stehenden Grauserie dressiert. Sie waren vorher auf Rot, dressiert. | | "Tabelle. Versuch am 19. August 1912, nach Stägiger Dressur. — Wir zählen +/, Stunde lang die sich setzenden Bienen. Um die An- | ordnung der Grauserie zu einem Rechteck zu ergänzen, ist ein weißes und ein schwarzes Papier doppelt vertreten. No. der Grauserie | 1 1a 9 4 2122 23 24 2526/27/28 29 80/30 ca.|ca. | 41111/8013) 6/3/4|0| 2/3 1111 | 50} 50} 7 0) 5 119] 2 | 6/12/10) 8 32|7|35 1118| 1 0/0/1| 60/2) 0)3)1)2) 41| 5) 0} 18) 13) 8118| 213310 | 5) 1) 5) 22|11|111112110| 0 0/0/3| 4/0/4| 4121415] 4/0} 6|0| 5} 8| 2| 312] 5/0] 5| 0| 8 2 2/0/0|3|2| 9) 0 | Summa |4|1| 5 |18|0| 9 |10|8 | 9 | 7 |10| 4 |22| 1 | 73| 71]17)21) 9 |57| 2 16113123112] 7 |3|8|7 | 9 [37] 1 Tabelle 2. [8 Versuch am 21. August 1912, nach 5tägiger Dressur. — Wie I" bei Tab. 1. |No. der Granserie [1/1a1213/4/516/7|#)9 1011/1213/1415/16/17/18/19/20/2122/23/24125 26|27|28|29|30|30a [7 | | Bienenfrequenz | F in den | ren 5 Min. 3123] 410 01191 6} 3} 213| 7! 3) 112 122) 511121 2) 211011} 7| 2| 5 4 612101 9|0 | zweiten 5 „ 1| 7 42/6 141903 8| 8/1] 1) 4) 9/6) 4] 6) 9)1)1)3 [11] 6 3) 4) 23 142 2 ‚dritten 5 , 0| 4) 310]|1 | 3| 1} 0/20,8| 6| 9410| 7112]1/0| 718) 1) 1) 1 411] 6] 2] 3) 311/023] 2 Summa [4 54/11) 2| 7 231122]22]9 212016 |3 852618 6 1029]3 2 5 2011411011116] 174] 4 F Tabelle 3. | Versuch am 21. August 1912, nach 5tägiger Dressur. — Wie | bei Tab. 1. | | No. der Grauserie | 1 1a 2 3/4)5 678910 11121314151617,181920/21,22/23,24/25 28/29/30 30a | Bienenfrequenz | in den | | ersten 5 Min. 511] 4/0) 4! 7 4] 511!0| 8111/5/0| 92010412! 6)3)1)0) 9) 5 22/31 1/6 6 0 zweiten 5 „ 218| 60|3| 1) 41311|3| 2113/2/2| 2 3) 310/2[1313/2/|1| 5 51312]11/2]| 4! 3] 0 en 3}0| 31010! 5| 4; 000/1) 30/|2|1| 11 6| 2}3|2| 651|1|0| 6] 6/3/4|2/0: 1] 4 O Summa |10)9 131071311218 2411114 0 3 1229115176 25/7 | 4) 1 20/16) 8] 8] 6 ]3 11113] 0 106 Karu v. Frisch, Tabelle 4. Versuch am 22. August 1912, nach 6tägiger Dressur. — In die Grauserie wird die Farbenserie eingereiht, indem abwechselnd je zwei graue und dann ein farbiges Blatt aufgelegt werden. Sonst wie bei Tab. 1. — No. der Grauserie |1/1a2/3/4/5/6| 7) 8/9 10/11/1213 1415 161718 19 20121 |29|93)24|5|26|27\28 29130130, A Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. |1/0/3/2/0/2/0|4/1/3/1/0| 9/5/2/0/1/1| 81\2|016\0 zweiten 5 „ 1101010/711101211141010,21011121111| 42/1 00/1 dritten 5 „ o1ojolılılılolılalololılolılılo|2]2) 4/0/1]} 0/210 Summa |2|0]3]3]8]4|0|7]4|7|1]1]1116]4]2|4|411613]2 0[8|1 Nor der Rot Gelb Grün Blau Farbenserie | 1 | 2 | 3 | 415 |6 7 |s | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 TT Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. 3 MON 0 5 30570 2/0 112/003 Pavia ONE EE SOON ME ROMEO 1215185027202 0 1 1020182 dritten 520,20 Ne EN AO Ou ase. € Summa ee NON Mia ee) EN Bis RGP por ON esis ae es Tabelle 5. Versuch am 24. August 1912, nach Stägiger Dressur. — Wie bei Tab. 4. No. der Grauserie [2 12|2|34 5|6 7|8|9|10/11/12|13|14\15\16 17 18/19/20 21223 2425 26127 28 29/30/80 Bienenfrequenz | in den | ersten 5 Min. [4/0 /0/0/1/ 3/1/2/0/3|2/2| 2 3012. 0/0 4a 3/0/1/1/0] 7] 5i00j0/0fQ zweiten 5 „ 2101012218 1/1)0/3/0/0| 5 3/3/0/0/2] 5 3l 31013010 18/0 0/1 0 ( dritten 5 , 3| 0101210] sloJıJolılolo| 3 71011/0/0] 7 7 alolololo| 6] 6310/23/01 Summa [9] 0 [0413292410 71212110138/310|2/1611410 0] &|1]0]17]2913]0]2 JO Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 12|3|45 6 7 |8|9 10 ıılı2 13/14) 15 | 16 Bienenfrequenz in | ä den ersten 5Min.| 40 0o/ıJo o/4|o o/ıJo| 2|30|3| 6|°) „zweiten5 , 1200/0002 02,0|0|5| „00208 4 » dritten on, 130) MAÉ F22]E01 1000| 0 09) 6 ONE NES Summa [190 | 1210161 0] 21 1 | 0 | BB 8 [277 1) Hier entstand ein großer Bienenklumpen, der von dem Beobachter nicht gezählt werden konnte. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 107 Dressur auf Schwarz. Die Bienen sind auf Grau No. 15 der aus 15 Nummern be- stehenden Grauserie dressiert. Sie waren vorher auf Blau No. 12 dressiert. Tabelle 6. Versuch am 10. August 1913, 1%—4%, nach 1tägiger Dressur. — Wir zählen 5 Minuten lang die sich setzenden Bienen. Um die An- ordnung der Papiere zu einem Quadrat zu ergänzen, ist Weiß (Grau No. 1) doppelt aufgelegt. Die Bienenfrequenz ist in zwei Tabellen eingetragen: die erste gibt die Anordnung der Papiere beim Ver- such an, in der zweiten sind die Papiere nach der Helligkeit ge- ordnet. Antiugseite. | | Graus Grau: Grau, Grau, 0 il 2 6 Grau; Grau, Grau, Grau,; 1 1 il 81 Grau, Grau: Grauo Grau; 0 5 3 0 Graug Grau,» Grau, Grau,,4 3 No. der Grauserie | 1 | 1a aja|a|s 6|7|8|9 |10/11| 12|13) 14| 15 Bienenfrequenz lzlo zlolojılalalojolsjs|ı|a|s|e Tabelle 7. Versuch am 11. August 1913, 272%, nach 2tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 6. 108 Karu v. Frisch, Anflugseite. Grau, Grau; Graug Grau, 7 389 0 0 Grau:: Grau, Grau: Grau: 8 1 Grau Graus Graug Grau;,; 1 1 Grau; Gravy, Grau, Grau; 0 1 0 0 | No. der Grauserie | 1 | la | 2 | 3 | 4|5|6|7/8|9 /10/11) 12 13 14/15 Bienenfrequenz | + | 0 jololololol1|1lol1l8)2lsæ lila Tabelle 8. Versuch am 13. August 1913, 929-2, nach 4tägiger Dressur. — Es wird die Grauserie und ein blaues (Blau No. 12) Papier auf- gelegt. Sonst wie bei Tab. 6. Anflugseite. ER Grau: Grau; Grau,; | Grau, 0 163 1 Grau; Grau: ora Grau, Grau, Grau Grau;s Blau; 0 0 1 il Grau, Grau; Grau; Grau, 0 0 0 No. der Grauserie | 1 | 2|13l4 | Ble 78 0 ‘10/11 12/13 14 15 | Blass Bienenfrequenz Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 109 Tabelle 9. Versuch am 13. August 1913, 10°—11, nach 4tägiger Dressur. — Es wird die Grauserie und ein rotes Papier (Rot No. 1) aufgelegt und zweimal 5 Minuten lang gezählt. Sonst wie bei Tab. 6. Anflugseite. Rot, Grau, Grau, | Grau,; 0 fly 2 0 0 11 Grau; Grau, Grau, Graug 26 0 0 2 39 0 Grau, Grauss Graug Grau 0 269 0 0 @ lh 39 0 il Grau; Grau: Graus Grau, 0 0 1 0 0 0 0 No. der Grauserie | 1;2);3/)4/5)]6) 7/8] 9 | 10/11) 12) 13) 14) 15] Rot, Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. |1/0/3;2/0/)0/0;0/01] 0/0] O /269) 26 1117 1 zweiten 5 „ OS OPFOR E22 ]E055022021207 OO RON MINES ONU Summa |1/0/3/4/0|]0/]0]0/0{]0O] 0] 1 308165 |128| 3 Tabelle 10. Versuch am 14. August 1913, 8%—%, nach 5tägiger Dressur. — Grauserie und Rot No. 1, sonst wie bei Tab. 6. ; Anflugseite. Grau, Grau; Grauo Graw 0 0 0 I Grau; Grau, | Grau; Rot, 5 0 0 0 GER Grau: Grau; Grau:: 6 | 7 246 Graug Grau; Grau,» Grau, 2 0 0 110 Karu v. Frisch, ‘No, der Grauserie |1 | 2 | 3 | 4 |5] 6] 7 | 8 | 9 |10/11/12/13|14/15| Rot Bienenfrequenz oleateleizlalzfelolslehdafs] « Versuch am 14. August 1913, 91075, nach 5tägiger Dressur. — Grauserie und Rot No. 1, sonst wie bei Tab. 6. Anflugseite. Grau, Grau, Grau Graug 0 20 | Grau, Grau, Rot; Grau; 0 184 4 Grau,, | Grau; Grau, Grau, a) = 1 1 | 7 Grau, > Grats Grau, Grau; 1 0 0 1. der Grauserie | 1 | 2 | 3 | À | 5 | 6 | 7/8 | 9 10/11 12/13/14) 15 | Rot, Bienenfrequenz olılaJo/slolo|1Jolalolı 2 2 /a0| 188 Tabelle 12. Versuch am 14. August 1913, 9%>5% nach 5tägiger Dressur. — Grauserie mit Rot No. 1, sonst wie bei Tab. 6. Anflugseite. Grau, Grau, Grau, Grau, 1 4 | Grau Grau,o | Grau, Grau: 0 1 8 Grau, Rot, Grau, Grau, 0 2 0 4 Grau,; | Grau, Grau; Graus 171 0 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. wall No. der Grauserie | il | Bienenfrequenz 4 Ar 0 1 | 1 i 2 8 | 4 a Dressur auf Weiß. Die Bienen sind auf ein Weiß dressiert, das noch um eine Nuance heller ist als das Grau, der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Bei der Dressur liegen nur vier Papiere auf (vgl. S. 21, 22), ein weißes, ein schwarzes (No. 15) und zwei mittelgraue (No. 5 u. 10), bei den Versuchen wird nebst dem Weiß die ganze, aus 15 Nummern bestehende Grauserie aufgelegt. Die Bienen waren vorher auf Rot No. 1 dressiert. Tabelle 13. Versuch am 5. Sept. 1913, 855, nach 3tägiger Dressur. Anflugseite. I | | Grau Grau; 4 Grau» Grau, 1 0 81 Grau; Grau, Weiß Grau, 1) 4 0 Grau; Grau, Grau» Grau; 2 Grau, Grats Grau, Grau 0 0 No. der Grauserie | Weis |1|2|3|4|5|6|7| 8/9 |10/11| 12/13] Bienenfrequenz | 2 018 ılelolo 20010. 0J0|o ae Tabelle 14. ; . Versuch am 5. Sept. 1913, 8°*—9°, nach 3tagiger Dressur. 112 Karu v. Frisch, Anflugseite. i I 14 Grau, Grau, Grau Grau, 0 0 Grau; Graug Graus Weiß 1 1 33 Grau, Grau, Grate Grau; Grau, Grauss Grau» Grau: 0 0 r. No. der Grauserie | Weis | 1 | 2 | 3 | 4 6 9 TOME "0 Bienenfrequenz 33 jololol1)o[olol1)0loloolojals Tabelle 15. Versuch am 5. Sept. 1913, 91-15, nach 3tagiger Dressur. Anflugseite. 7 Weiß Grau,» Grau,, Graus 83 0 il 0 Grau, Graw Graug Grau, Grau,3 Graug Grau; Grau, 0 Grau, 4 Grau; Grau ; Grau:o 0 0 0 No, der Grauserie | Weis | 1|2|3|4/|5|6|7/|8| 9 |10/11/ 12/13| 14] 15 Bienenfrequenz 5 oj@lololololo 0 ojolılojololo EO —_ a u Der Farbensinn und Formensinn der Biene. Tabelle 16. 113 Versuch am 5. Sept. 1913, 9°-°°, nach 3tägiger Dressur; die Bienen wurden zweimal 5 Minuten lang gezählt. | Anflugseite. | — Graug Grau, | Grau, Grau, 13 0 0 1 6 0 0 4 | Grau, Grau, Graug Grau, | 0 0 0 il 0 1 0 27 I Grats; Weiß Grau: Grau, | 0 5 0 0 | 0 105 0 0 | À Grau: Grau; Grau; Grau,o i 3 0 0 0 1 1 0 0 | | | s No. der Grauserie | Weis | ı |2|3 4 |5 6 7 |s | 9 J1o 11112115 14] 15 Bienenfrequenz | in den | ersten 5 Min. De le RO OR 021800. 5133.02 NOR 1.02.02 1.021520: 02.0210 N zweiten 5 „ NOB 7 2) | Oe DRIN RUN eg | Summa | PLO moe |A RON 281/194) 0) RO Or Oro) 0 | Oy 1 10 No. d. Grauserie |1|2|3|4|5|6|7|8| 9 |10l11|19]13/14|15/15a|16 17|18 19 20|21 22/23 2425 | Bienenfrequenz | | | [1 1 | | | in den | | | | | | ersten 5 Min. ]2]1/2/0/0/1/1/2/0)1/0/ 5001010 5 0/1/80 0f4lolojo aweiten 5 „ |2/0/0/0/0/1|3|0/0]1|0| 1/1/2/0/ 0 011 0) 20 0/3 2 010 dritten 5 olılololo|olojolololeırılalıl 0 10/0 0/011 olo.ololı Summa [4] 2]2]0]0]2]4]2]0]2] 211721411) 0 15] 111101] 0] 7] 2/0] 1] 8 Dressur auf Rot No. 1 (vgl. Taf. 5). Die Bienen waren vorher auf Blau No. 13 dressiert. Mabielie 17. Versuch am 12. Aug. 1912, 1°°—2%, nach 2tägiger Dressur. — Grauserie in 30 Abstufungen und ein Rot,; um die Anordnung der Papiere auf ein Rechteck zu ergänzen, ist ein mittleres Grau (No. 15) doppelt aufgelegt. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 114 Karu v. Frisch, Tabelle 18. Versuch am 13. Aug. 1912, 9405, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tabelle 17. Pa: [11213 als. 6171819 10111 12113114113 150 16 17/18/19/20/21/22/23 24/25 elaries olso| Rot Es setzten sich bei diesem Versuche wenig Bienen, teils da seit ca. 1}, Stunde nicht mehr gefüttert worden war, teils da ein ziemlich starker Wind die Tiere am Niedersitzen hinderte. Doch war sehr deutlich, daß sie die dunklen Papiere umschwärmten. Tabelle 19. Versuch am 13. Aug. 1912, 1135, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 17. } 1) Die Frequenz dieses Papieres wurde versehentlich nicht notiert. Tabelle 21. Versuch am 16. August 1912, nach 6tägiger Dressur. — Ein Rot, in der aus 30 Abstufungen bestehenden Grauserie, außerdem ein mattschwarzes Papier von gleicher Größe aus der Hrrme’schen Serie entnommen. Dieses war noch um eine Nuance tiefer schwarz als das dunkelste der auf photographischem Wege hergestellten grauen Papiere. No. d. Grauserie|1 |2|3]415 6 7 8a /10/11]12]13114|15|15al16|17/18 26 21/28] 29 |30 Rot, Bienenfrequenz | | in den | = ersten 5 Min. [4/0 9'2/3/0/0/1/0/1/3/1/1/1/0] 2 1/1 0.00 0!6!0l1) 5| 3h19) 5105/23] 11] zweiten5 „ [0/1)60/1)011104 0020140 1ı/ıl2lololo,1lolılolız) 7 6 ıl gaits! 188 dritten 5 , 13/0 48 1/0/2/4/0/4/0/3/4/2/4/2/ 0 lolılo1lololı|alal 2 à 8] al 17] 8) 32) Summa |71116313]4 2]5]1]8]11677]3]9]2] 3 |2)4/0) 1/0) 1/7/43 (191 3310 204/49) GL] Tabelle 20. | Versuch am 13. Aug. 1912, 2°—5 nach Stägiger Dressur. — Wie bei Tab. 17. No. d. Grauserie| 12/3 |4|5/6| 781910 11 12/13/14 15 an | 25262728) 29 30 Rot, Bienenfrequenz | | | | | | | | ; in den | ersten 5 Min. [00 30 0 o 9/1/2/0|5! 5010 0! 24) /1/3/0!2/0!0/2! 3oLo| alaol a! 41! ol 37 zweiten 5 „ [00510/7200 3lo ı 2000 >10 11010210 o/4lolo| 518) 6| 49] 7| 23% dritten 5 „ [010] 40/10! 3 3/0/3/0/2| 3/0/0/0|? lolololo olol2| 6ololalıl al 46 4 45 Summa [0/0 1271 0]1014]118]0 8101010107? — 021101411310 10 13]83]12]108113] 105 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 115 Vo. der Grauserie | 1 2 3 9/10l11|12/13/14|15 1617 18119120 21 22/23 24 25 26 2728 29] 30 Seba Rut, ‘menfrequenzin den ersten 5 Min. |2/1/0/4/3/1/1/a}014/0/2/2/4/2/0/4/4/5/4/10/3/3/0/ 1 |16) 5/11) 4 my] m1.) | 95 jzweiten 5 „ | 0 1/1/0/2/0[0 0/2/4/0|1/0|3/3/0]3|1|1|/2/3|2/0/3)/1/0|1/5]6 |15 | 80 | 24 Mritten 5 > lolojooololo.o.olsl1lo|o,oloJolo|ı 1 o/ıl1lololsla2|6lolıloliı | 67 |30 Summa [2211181138 0l0l8121760l8l6l6 vl146l8l11 422161141026 | 147 149 | a | ab 1) Hier entstand ein Klumpen von Bienen so rasch, daß er vom Beobachter nicht gezählt werden konnte. Im Sommer 1913 wurde die Dressur auf Rot, nochmals auf- genommen. Die Bienen waren vorher auf Blaugrün No. 11 dressiert. | Tabelle 22. | . Versuch am 1. Sept. 1913, 352%, nach ltägiger Dressur. — | Die aus 15 Abstufungen bestehende Grauserie und ein Rot No. 1. | Anflugseite. | zen | Grau, Grau, au, Grau, | | Grats Grau; Grau; Grau;s 7 4 2 Graug Grau, Rot, Grau 0 1 5 iL | | Graug Grau: Graus Grau | Fi 3 3 5 3|4|5|6|7|8|9|10]11| ae No. d. Grauserie | 1 | 2 | 3 QUE 1 1 HOEE | Bienenfrequenz 5/4] 3 3 | 7 s05| 11 | Tabelle 23. | Versuch am 1. Sept. 1913, 352°, nach 1tägiger Dressur. — Wie | bei Tab. 22. 116 Karu v. Frisch, Anflugseite. DE Grau Grau, Grau, Grau, 0 2 Grau, : Rot, Grau; Grau,» 0 2 0 Grau, Grauy Grau; Grau; Grau; Gravy, Grau, Grau; 1 18 0 10 No. d. Granserie| 1] 2| 3 | 4/5] 6|7|8| 9/10] 11] 12 | 13 | 14 | 15 |Rot, 5|2/1|.0}0/0])1/2/0]0]0] 0 | o | 18/10 | ae Bienenfrequenz Dressur auf Rot No. 2. Die Bienen waren vorher erfolglos auf Weiß dressiert worden (HMS AD) Tabelle 24. Versuch am 19. Aug. 1913, 1010735, nach 2tägiger Dressur. — Die aus 15 Nummern bestehende Grauserie und ein Rot No. 2. Anflugseite. \ Grau Grau, Graug Grau 1 0 0 Grau, Rot, Grau, Grau; 3 4 1 Grau; Grau, Grau; Grau,» 57 141 0 Grau, Grau, Grau Grau, 2 1 0 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 17 0/0|3 57 No. d. Grauserie | 1 | 2 | 3 | 4 15 ee | Is] 9 [10] 11 | 12| 13] 14] 15 |15a|Rot, 2/0/1/0/0 141 0 |: 1}: Bienenfrequenz |— | 0 NB. Versehentlich wurde bei diesem Versuche statt des Grau, ein zweites Grau,, aufgelegt. Tabelle 25. Versuch am 19. Aug. 1913, 5#—%, nach 2tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 24. | Anflugseite. Fa | Grau» Grau, Grate Grau, 0 Grau, Grau Grau; Grauss 5 73 0 3 Grau; Rot, Grau, Grau, 189 3 4 Grau; Grau) Grau, Grau:o 4 0 1 8 Fan Grauserie 1] 2]3|4)5/6|7/|8|9 10 | 11 | 12 | 13 | 14) 15] Rot, Bienenfrequenz 1}4]}0/0)1] 1/8/73) 0] 8 /o| u 3 > «| 189 x Tabelle 26. Hein 0e O15.) 972 ind 9-2 nach Stagiger Dressur. — Wie bei Tab. 24. Es wurde mit einer 1/,stiindigen Pause zweimal je 5 Minuten gezählt. In der Pause wurden die Bienen vom Dressurrot gefüttert, natürlich an einem anderen Platz der Grauserie als jenem, wo sich das Rot während des Versuches befand. 118 Karu v. FRriscu, Anflugseite. | Grau; Grau, Grau, Grau,» 2 il 0 if! 4 0 0 1 Grau, Grau, Grau, ; Grau; 0 2 0 0 0 2 0 Grau; Rot, Grau, Grau, 21 2 3 4 23 0 1 Grau,, Grau, Grau o Graug 1 0 1 1 0 0 0 te | No. der Grauserie|1|2|3/4/5]6|7|8|9] 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | 15 Rot, Bienenfrequenz 920-25 }2/1/0/0/3 10 Babe (0) | Onell | PNR | 21 à 90 [ololololılalolololo | o | 1 | 2 | 1 | 4 | 23 Summa [2111010]41510]111,0]0]2]41]3]|6 | 44 Tabelle 27. Versuch am 20. Aug. 1913, 1%-4, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 24. Anflugseite. | = Grau, Grau, Grau, | Grau, 20 0 1 Grau, Grau: Grau; Rot, 0 234 Grau, Grau; Grau; Grau 1 1 0 2 Grau, Grau Gris Graus 0 No. d. Grauserie 1|2|3|4|5|6|7|8|9|10|11] 12| 13] 14] 15| Rot, {\2jolojılolojololojolojılılo) ma Bienenfrequenz Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 119 Tabelle 28. Versuch am 20. Aug. 1913, 3°°-*®, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 24. Anflugseite. I Graig Grau, Grau, Grau, 3 5 0 0 0 7 0 0 Grau; Gran Graug Grau; 0 0 1 1 Grau, Rot, Grau; | Grau, 55 i 0 47 0 0 Grau:4 no Grau, Grats 0 1 0 0 0 | No. d. Grauserie] 1 |2|3 |2|5 |6 | 7 | 8 | 9 | 10] 11 | 12| 13] 14) 15 Rot, Bienenfrequenz en in den Erstens Nina 110..08 52.208.108 153° Osby tao 8020, 1) Ob). bd zweiten 5 „ ON COROT TOL 202202. 102 515 E18 OR MONO RO Er SR RON RON PE RON le LAON Neen oe er A jee oz Tabelle 29. Versuch am 20. Aug. 1913, 5%—!° und 5%—*, nach 3tagiger Dressur. — Wie bei Tab. 24. Es wurden die Bienen zweimal 5 Minuten lang gezählt, mit einer Pause von 5 Minuten, in welcher an einer abweichenden Stelle auf der Dressurfarbe gefüttert wurde. Anflugseite. | Rot, Grau, Grau, Grau, 100 0 1 102 0 0 3 Grau, Grau, Grau, Grau:4 10 4 0 0 1 1 0 Grau; Grau, Grau;; Graus 1 95 12 0 8 2 Karu v. Frisch, i 120 No. der Grauserie, [a [2] 3/4] 5/6] 7| 8) 9{10|11| 12 aE ae Bienenfrequenz 5%—10 | 0 | 1 | 6 19 10 1 0| 1 0/3 a à | 3 111.0 | 95| 100 oo Ole 31011] 1112/0] 8102 m m nn [31315 #123] 0 [103202 Verwechslungsversuche. Tabelle 30. Versuch am 20. Aug. 1913, 1#—5%, nach Stägiger Dressur. — Es wird die ganze Farbenserie aufgelegt. Alle Papiere sind rein und mit leeren, reinen Uhrschälchen beschickt. Anflugseite. | | Griin, Blau, Gelb, | Purpur;e 3 0 20 0 Blau; Blau; Rot, Grün,o 0 0 0 Rot, |Purpur,, | Grün, Gelb; il 0 14 Gelb, Rot; Blau:4 Grün; 7 173 0 2 Purpur 15 | 16 Blau 11 | 12 | 13 | 14 Grün 8 | 910 Rot Gelb No. der Farbenserie de | 3 41516 Bienenfrequenz jo simzluis)sl2)oloo)ololo! 1 | 0 Ware ler aile Versuch am 20. Aug. 1913, 1°°—2°, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 30. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. oT Anflueseite. Blau,» Grün; Blau, Rot, 0 1 0 Grün; |Purpurs| Gelb; Grüng 0 0 7 0 on Gelb, Blau,, Rots 146 2 11 Blau;; Grün:o Gelb, | Purpur,; 0 0 2 0 Rot Gelb ı|2|3)/4|5|6 | Bienenfrequenz [1 [2)stise | 2)1Jojofojololoj2/o]o | | Purpur Grün | Blau 15 | 16 No. der Farbenserie u | 8 | 9 | 10} 11 | 12 | 13 | 14 Dressur auf Orangerot No. 3. Die Bienen waren vorher auf Weiß dressiert. — Bereits nach 24stündiger Dressur umschwärmten sie, als ihnen ein reines Rot, in der Grauserie vorgelegt wurde, sofort und ausdauernd die Dressur- farbe, und es kam auf ihr wiederholt zur Klumpenbildung. Es war aber eine Nachwirkung der vorangegangenen Weißdressur noch darin zu erkennen, daß auch hellgraue Papiere relativ stark besucht wurden. Eine Wiederholung des Versuches kurze Zeit später hatte denselben Erfolg. Nach 2tägiger Fütterung auf Rot, war die Dressur vollkommen gelungen. Tabelle 32. Versuch am 4. Sept. 1913, 2-2, nach 2tägiger Dressur. — Die aus 15 Nummern bestehende Grauserie und ein Rot No. 3. 122 Karu v. Frisch, Anflugseite. Grau, Grau: Graug Grau; i 1 3 0 Grau, : Rot, Grau: Grau; 0 214 A 2 Grau, Grau; Grau, Grau, 2 0 il 4 Grau; Graus Grau, Grau, 2 0 0 0 No. der Grauserie | 1|2/3/4|5/|6|7|8| 9 |10|/11|12|13|14|15\Rot, Bienenfrequenz | 0 | 1 | 0 | 1202 o|2|o|ajeja oJojı|2 au Verwechslungsversuche. Tabelle 33. Versuch am 4. Sept. 1913, 23035, nach 2tägiger Dressur. — Es wird die ganze Farbenserie aufgelegt. Anflugseite. Grün; | Purpur,;| Gelb, Grün,o 0 0 240 il Blau;4 Gelb, Blau, | Purpur,; 0 3 0 0 Grün, Grüng Rot; Rot, 3 0 2 0 Rot; Blau, Gelb, Blau; 0 0 2 0 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 123 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 | 2 | 3/|4|5|6|7|8| 9 |10)11|12)13|14) 15 | 16 Bienenfrequenz o|0 2 40/2/3)3)0/0/1]0/0l0/0/01]0 Tabelle 34. Versuch am 4. Sept. 1913, 2%-#, nach 2tägiger Dressur. — Die ganze Farbenserie. Anflugseite. Rot, Grün; |Purpur,s | Griin,) 24 il 0 1 Blau,4 Gelb; Blau,, | Purpur:; il 2 4 10 Griin, Grüng Rot, Blau,; 0 0 0 2 Rotz Gelb; Blau,, Gelb, 0 0 0 2 Rot 1|2|3 Gelb 4|5|6 Blau 12 | 13 | 14 Grün 87210 Purpur 15 | 16 No. der Farbenserie 11 Bienenfrequenz lojolaalo|ajolıjolıjola|alı]2]|o Tabelle 35. Versuch am 4. Sept. 1913, 25°, nach 2tägiger Dressur. — Die ganze Farbenserie. Anflugseite. | | Gelbe Grün; | Purpur;;| Grün,o 0 0 1 0 Blauy,4 Rot; Blau; Gelb, 2 4 0 98 Grün, Rot, Gelb; Blau;; 0 2 0 Rot, Grün, Blau,, | Purpur;; 0 0 0 0 124 Kary v. Frisch, Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie i|2|3|2|5|6|7|8]| 910/11] 12|13|14 15 | 16 Bienenfrequenz }o]o]4|esj2/o]1/ojolojojojolz}o]1 Dressur auf Gelb No. 4. Erstmalig dressierte Bienen. : Vgl. hierzu die S. 11—14 besprochenen Versuche. Verwechslungsversuche. Tabelle 36. Versuch am 2. Aug. 1912, nach 6tägiger Dressur. — Es wird die aus 30 Nummern bestehende Grauserie und die Farbenserie derart angeordnet, daß zwischen je zwei farbigen Papieren zwei graue zu liegen kommen (vgl. die auf S. 36 wiedergegebene Tabelle). Sämtliche Papiere sind mit reinen, leeren Uhrschälchen beschickt. Um die Anordnung der Papiere auf ein Rechteck zu ergänzen, wird ein mittelgraues Papier (No. 15) dreifach aufgelegt. Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Karbenserie | 102 3 02 52 MG 778 9210 11] 12/13] 14) 15] 16 Bienenfrequenz RUE | in den | ersten 5 Min. | 0 | 0 | 2’ | 225) 17) 28/23'010/0/0/11]0 0 Oso zweiten 5 „ 0.02.07 1723| 37 421150170 10 SON SONORE dritten 5 „ 01,202 A 00.0: ON ON ON sO mame) Summa | 0 j"0"]7371/539]"221"36)]29)]'0 | 0 ]’07]°07]217]707r 02707781 No. der Grauserie [1 213 4|5|6|7|8|9 |10|11 121314 15 15a/15b/16 17 18/19/20 21/22 23 24 25126127 2812. Bienenfrequenz | in den | ersten 5 Min. }1/6/1/0)1/0/0/0/0/1/0/0/0/0/0/ 0/0 /0/2/0|0/0/0|0|3|0|1[0|1|0 zweiten 5 „ |0/1/0/0/0/0/0/0/0/0/0'0/0/0'0! 0} 0/'1/1/0/0/1/0/0/0/0/1/0/0/0 dritten 5 „ [0I110[1/010!0/0/0/0.0/0/0/1/0!0 |0/1,0/0/0/0/0/0/1/0/1/0/0/0 Summa |1/8|1/1]1|0|0/0/0/1]0]0]0/1]0]0 | 0 2/3|0/0|1/0/0/4/0/3/0/1]0 Tabelle 37. Versuch am 2. Aug. 1912, nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 36. | Der Farbensinn oder Formensinn der Biene. 125 No. der Farbenserie Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | zweiten 5 ritten 5 ” il 0 0 0 Gelb 5 Griin 10 S|S OC Bren One MOORE G US Out Oli | 0600 0/10 1:00 | OLE: | 0 EE Blau | Purpur 12 14) 15 O]IOS OO 5 He lo. der Grauserie | 1 zweiten 5 dritten 5 Q| O © © Isle QI OO © Coco AO Oo AIO OO 6 78 NIOHMHr- Co ooe 10 0 0 0 0 12113 oor | 1 | 0 0 1 Kir Or - ee ooo © © Tabelle 38. 16 ee | 120 2122 19) | AO OO O1 © © © Versuch am 2. Aug. 1912, nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 36, jedoch wurde das Dressurgelb No. 4 entfernt und durch ein beliebiges graues Blatt (No. 6) ersetzt. | | | Rot Gelb Grün Blau Purpur | D Habencece ll 2 s| 2 5 | 6 m6 9/10/11) 12) 13 12/15) 16 | Bienenfrequenz in den | ersten 5 Min. |o|2| 4 2|1510l0/010101010101010 | ae eo loo soo 0 0710.10, 01 0,70 | ed cool Orit) 6010) 0101-0 1.0 001 | OT =a SESE eON | ONION pony ON Out Or] O] 2 No. d. Grauserie|1 2) 3/4] 5/6 \6a)7]8 (9 O1 12/1314 15|15a|15b}16|17 18| 1920/21 22|23|24\25|26|27|28 29/30 | Bienenfrequenz | | | | | | | | | (M im den | | | "ersten 5Min.J0/1/1 0/0/0/1/0/0 0 0/1/0 1/8 1 0/0 o o.0o\2lololılo 3 10/00 1/0 zweitend „ |0/0/1/0/0/0/0/0/0/0/0'0/0 0,0 0/0 00.0 0/0.0/0.0,1/0.0.0/3/00[0 | dritten 5 o[o 0. 0\o/o/o|ol1\o/olo|1,0lo.o| ololololo olololo/11010/0/0101010 Summa 10111210]010]110]1]0j0]1]1]1j8]1| 0] 0 ]0]070]2]0]0]1|2]3]110]3]0]110 126 Karu v. Frisch, Dressur auf Gelb No. 5. Erstmalig dressierte Bienen. Vgl. hierzu die S. 26 besprochenen Versuche. Verwechslungsversuche. Tabelle 39. Versuch am 30. Juli 1913, 5%°-1%, nach 3tägiger Dressur. — Alle ın dieser Versuchsreihe verwendeten Papiere sind in Glas- röhrchen eingeschmolzen. Die Glasröhrchen werden in zwei Reihen übereinander an einem aufrechtstehenden, mit Pergament- papier überzogenem Brette aufgehängt (vgl. Taf. 2 u. Text S. 25). Alle Röhrchen sind leer und rein. Aus der ersten Tabelle ist ihre Anordnung beim Versuch zu entnehmen, in der zweiten Tabelle sind sie nach der Farbe geordnet. Blau, Purpur;e Rots Blau, Gelb, Grün;o Grün; Rot, 7 0 63 7 15 0 10 0 1 1l 39 3 26 0 8 1 Grün, Grüng Purpur;; Gelb, Blau,3 Gelb, Rot, Blau, 1 0 0 56 0 27 2 1 2 1 3 42 0 23 2 6 Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2| 3 | 4| 5|6]|7| 8 | 9 1011/12/18 |14/15|16 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. 2116312715615 11010 | 0) 117.702 27200220 0 | 6 | 3. 0) As eae 0 zweitend „ 101028 95918231 62) 061 E22 3) al Summa |1 | 4 |102| 50| 9841] 3 [18] 110 | 7]|110|0|8| 3/4 Tabelle 40. Versuch am 31. Juli 1913, 1%-2%, nach 4tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 39. Blau,, Rot, Blau; Gelb, Gelb, Rots Blau,3 Purpur;g 0 2 0 241 4 0 0 1 Griing Rot; Grüno Gelb; Griin,) Grün, Blau, Purpur;; 2 7 0 165 0 5 0 0 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2|3| 4 | 5 | 6|7|8|9|10/11|12|13)14)15| 16 a\zlo/aiıslals|2 lo ololjololololı Bienenfrequenz Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 127 Tabelle 41. Versuch am 31. Juli 1913, 4%-%, nach 4tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 39. Griin, Gelb, Grüns Rots Griin, Blau; Gelb, Purpur; , 14 51 il 8 0 0 125 0 Rote Grün, Blau; Blau,, Purpur;s Gelb; Blau, 4 Rot, 0 0 0 1 0 116 0 6 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 | 2 |3 | 4 | 5 | 6 | 7/8 | 9 |10/11]12]18|14|15] 16 Bienenfrequenz 6 | 0| a [a1] 116) 125 ualı|olo|ılolojololo Tabelle 42. Versuch am 31. Juli 1913, 50-10, nach 4tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 39. Rot, Grüng Blau; Gelb; Blan, Purpur,, Rots Blau,4 0 0 0 7 0 0 3 2 0 0 0 73 0 0 0 3 Griing Purpuris Gelb, Rot, Blau, ‘Gelb, Grün, Grün, 0 0 2 0 0 15 1 109 0 0 13 0 0 0 1, 103 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 |2|3|4| 5 |6| 7 |8 | 9 |10|11/12)13|14) 15 | 16 Bienenfrequenz in den Erstens 57 Min. 1.0 1602135115152 la | LOS Or OY 10.) 010) 210) 0 zweiten 5 „ 021502202 2.0) 2.732 513318103) On ON 151812021702 17021732 150250 Summa |0|0]|3]15|80 |15]21210|0|2/|0/|0/]0]5]|0]|0 Tabelle 43. Versuch am 1. Aug. 1913, 155, nach 5tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 39. Blau, Grün, Purpur,, Rots Blau Rot, Blau,; Grüng 0 23 0 14 0 0 0 6 0 18 0 4 1 0 0 3 Grün,o Purpur;g Grün, Blau, Gelb; Gelb, Rote Gelb, 0 0 0 2 305 53 3 41 0 0 0 0 98 65 0 47 128 Karu v. Frisch, Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2 |3 | 4 | 5 16 |7| 8,9 10/11 |12| 13/14/1516 Bienenfrequenz | in den | | ersten 5 Min. | 0 | 3 |14| 53305 | 41 |23| 6 | O | O | 2 | 0| 0 "00" M0 zweiten 5 , 010.24 657984718370 0) | or FOTO Summa | 0 | 3 |18|118|403/88/41)/9|/0|/0]/2/0|/0/1)]0|0 Dressur auf Gelbgriin No. 7. Die aus 15 Nummern bestehende Grauserie und ein Gelbgriin No. 7. Erstmalig dressierte Bienen. — 24 Stunden nach Beginn der Dressur wurde eine reine Grauserie und ein reines Grün, auf- gelegt. Die Dressurfarbe wurde sofort umschwärmt und es setzten sich binnen 5 Minuten auf das Dressurpapier 437, auf die 15 grauen Papiere insgesamt 16 Bienen. Tabelle 44. Versuch am 31. Juli 1913, 119° —12%, nach dtagiger Dressur. — Die aus 15 Nummern bestehende Grauserie und ein Grün No. 7. No. der Grauserie | 1 | 2|3|a | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 1011/12/18 14/15 Grün, Bienenfrequenz olololololslololololololololo 14 Bei diesem Versuche waren sehr wenige Bienen anwesend. Tabelle 45. Versuch am 31. Juli 1913, 12° nach 3tagiger Dressur. — Wie bei Tab. 44. Jetzt sind die Bienen zahlreich. No. der Granserie [1 | 28/4 5/6) 7) 8| 9 10111 12/13/14] 15 |@riin, Bienenfrequenz ılojolı alolı 1/olo/olo ojolo| 20 Verwechslungsversuche. Tabelle 46. Versuch am 30. Juli 1913, 105-2, nach 2tägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 129 Anflugseite. Rots Grün, Rot, Purpur,s 0 1 0 0 Grüng Blau, Gelb, Griin, 1 2 22 0 Blau, Gelb, Grün,o Blau, 0 111 4 6 Rot, Blau; ; Gelb, | Purpur;s 2 0 0 1 Rot 1 12 | 3 Gelb 4|5|6 Blau 11| 12|13| 14 Grün 7 ee 9 | 10 Purpur 15 | 16 No. der Farbenserie Bienenfrequenz olejo|a2 |mlojola|ı alajslolojolı Tabelle 47. Versuch am 30. Juli 1913, 40010, nach 2tägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Anflugseite. Blau,; Rot, Purpur,; | Gelb, 1 1 1 0 1 0 0 6 Grün, Gels Grün, | Blau,, 3 38 0 0 Rot; Purpur,g| Gelb, Rot, 1 0 3 1 2 0 5 0 Grüng Blau, Grün; Blau; 0 il 3 2 if 0 1 I Zool. Jahrb. XXXV, Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 9 130 Sue Karu v. Frisch, Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2 |3 | 4 | 5 | 6! |8 | 9 J1o|11]12]13]14 | 15|16 Bienenfrequenz | in den ersten) 5. Mine 121712212 EN GS 2 I NON OR NON SSI OR 20250 zweiten5 , 02502722 2627381753732 RON AG yak yal IS RON CRU Summa [1] 2) 3 NAN OUR EP REUNEMELIDTONT. Tabelle 48. Versuch am 31. Juli 1913, 11#-%, nach 3tägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Anflugseite. Grün, |Purpur;ç| Gelb, Grün,o 0 0 1 0 Rot; Grün, | Blau, Blau,, 0 0 0 0 Blau; Rot, Gelb; Rots 0 2 304 0 Blau; ; Grün; | Purpur,,| Gelb, 0 1 0 3 Tsk | | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2|3| 4) 5 | 6 | 2 |8| 9 | 10) 11/12/13) 14) 15|16 Bienenfrequenz 2|0/0| 8 || slol1lolo)ofolololo|o Am 14. Sept. 1913 nahm ich die Versuche an von neuem dressierten Bienen (sie waren vorher auf die S. 77 abgebildeten, blaugelb gemusterten Schablonen dressiert worden) nochmals auf und zwar in der Weise, daß die Papiere der Farbenserie in häufig veränderter Anordnung abwechselnd unbedeckt und mit einer Glas- platte bedeckt den Bienen vorgesetzt wurden. In beiden Fallen benahmen sich die Bienen völlig gleich (4 Versuche ohne, 3 mit Glasplatte). Da nicht genügend viele Mitarbeiter anwesend waren, um die Bienenfrequenz für alle Papiere genau festzustellen, be- Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 131 schränke ich mich auf die Angabe, daß am stärksten das Gelb No. 5 besucht wurde, ebenfalls sehr stark das Gelb No. 4, schwächer, jedoch auch noch in beträchtlicher Zahl, Gelbgrün No. 7 und Orange- rot No. 3, wogegen die blauen, rein roten und purpurroten Papiere nicht beachtet wurden. Dressur auf „Grasgrün“ (vgl. Taf. 5). Die Bienen waren vorher erfolglos auf Grün No. 10 dressiert worden. Tabelle 49. Versuch am 3. Aug. 1913, 2%—1, nach 1tägiger Dressur. — Ein reines Grasgrün und die aus 15 Nummern bestehende Grauserie. No. der Grauserie | 1 | 2 | 8 |4 | 5 6 | 7 | 8 | 9 oe 0 ae | | Bienenfrequenz ı#|1[o|o {| |o| 1 jit ojo} 4|1 fs | ao Tabelle 50. Versuch am 5. Aug. 1913, 20-0, nach 3tagiger Dressur. — Wie bei Tab. 49. Anflugseite. I | Grau, Griin Grau; Grau, 4 il 406 it i Grau, Grau, Grauo Grau: 2 5 0 0 Grau: Grau; Grau: Graus 2 4 1 2 Grau, Graug Grau; Graus 4 4 0 LES | I No. der Grauserie| 1 |2]3|4/5|6|7)8|9|10|11/12/13/1 4/15) Grün | | | | | Bienenfrequenz slolılılı 2 2lolalolale|a)1le) 406 132 | Karu v. Frisch, Verwechslungsversuche. Tabelle 51. Versuch am 3. Aug. 1913, 22%, nach 1tägiger Dressur. — Es wird die ganze Farbenserie aufgelegt, statt des Purpur No. 15 ein „Grasgrün“. Anflugseite. Rots Gelb, Blau;; Griing 0 43 0 4 0 16 5 7 L Gras- 3 Grüny = Blau,; Griin, 0 Sat 4 8 0 50 8 19 Purpur;s| Rots Gelb; Rot, 0 87 0 0 4 69 0 Gelb, Grün,o Blau., Blau; 66 9 62 3 1 2 ben | | | | Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 213 4/15 6/7 En 8| 9110 11) 12| 13114 16 Bienenfrequenz | | in den | | ersten 5 Min. | 0} 0} O | 43) 87 66) 8| 10 4 0, 9 41] 0| 0 2 zweitend „ 0 0! 4 |16| 69| 62/19; 50 210) 3) 8 2) 5) 1 0 Summa | 0] 0] 4 | 59 {156|128/27| 60 |11] 0/1212) 3| 5) 1 2 Tabelle 52. Versuch am 4. Aug. 1913, 2°", nach 2tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 51. Anflugseite. Rob Biase Bee Bob 7 il 0 19 3 Gelb, Grüns Griin, Blau; 3 1 em AG Rote Griiny Blauys 3 Blau:4 Gelb; |Purpur;ç| Gelb; 1 4 3 0 89 0 2 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 133 Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie} 1] 2 |3| 4 |5 | 6 | 7 | Say | 8| 9] 10) 11) 12/13/14) 16 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | 3| 5| 5,42 1101| 3 | 3 el) OW 6.110) 3|1 4 zweitend „ 1/49) 8/33) 89 2 | 1 | 12 | O| 5/1] 0/0] 3|0| 0 Summa | 454] 81751190] 5 | & | 19 |O| 7/7) 1/0, 6,1] 4 Tabelle 53. Versuch am 5. Aug. 1913, 10°-% nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 51. Anflugseite. Gelb, Blau,, Grüns Rots TAL 63 !) 0 il Rot, Grün, Blau;» Griin;o 0 11 5 Gras- Blau;; grün Purpur:s| Gelb; Gelb, Grün;: Rots Griing 16 8 0 3 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie | 1| 2| 8) 4 | 5| 6 | 7| tas | 8| 9| 10) 11/12/13] 14 | 16 | | Spare. ee Bienenfrequenz jo. 1 9 a 3 16 1 41 | 0 3 | 1 5 5 0,63) 5 5 1) Plötzliche Klumpenbildung gegen Ende des Versuches aus unbekanntem runde. Tabelle 54. Versuch am 5. Aug. 1913, 113°, nach 3tatiger Dressur. — Wie bei Tab. 51. 134 Karu v. Friscu, Anflugseite. | Rot, Blau,, Blau;: Gelb, 2 1 0 9 5 1 0 82 Grüng Blau 4 Griin, Griin, 0 143 0 3 0 183 0 Gras- Rot, “= Gelb Rot Se ee 1a 0 34 51 217 0 Purpur,,| Gelb; Blau,, Griing 3 30 0 2 36 0 0 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie | 1| 2 4|5|6 | 7 | Grae | 8| 9/10) 11] 12] 13/14) 16 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | 2} 0 14330292943 7312 OOOO sone 3 zweiten 5 , 5| 0 217/36) 82183) 51 | 0} 3|.0| 11 01 0/0 2 Summa | 7| 01129360] 66 | 91 |326| 82 | 0], 3] O| 2] O| O| 2 5 Tabelle 55. Versuch am 5. Aug. 1913, 21020 nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 51. Gelb; 103 65 Grün, 23 13 Blau, ; 2 6 Rot, 2 1 Anflugseite. 8 99 0 Blau, Griing 3 2 0 2 Grün; Blau, 1 Sr 1 2 Gelb; | Purpurie 0 101 40 0 | Rots Blau,, 0 Grün:o Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 135 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie| 1|2| 3,4 5 6 [7 [Er 8 | 9|10 11|12 15/14) 16 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | 2 | 8| 512091011103 23| 33 | 112 |0138| 81210! 0 zweiten D „ 218995129840 65 13) 9.) 1 | 21.1) 0! 21610) 0 Summa | 3 ]107]10]338j141j168136| 42 | 214111211080! 0 Dressur auf Chlorophyllfarbstoff. Weiße Papierblätter, wie die übrigen Papiere auf Karton auf- gezogen, wurden mit Chlorophyllfarbstoff, der durch Äther aus Blättern von Urtica urens extrahiert worden war, möglichst gleich- mäßig grün gefärbt. Die Bienen wurden am 26. Sept. 1913 von 1,10 Uhr ab von einem derart grün gefärbten, unter die Grauserie gemischtem Blatte gefüttert. — Erstmalig dressierte Tiere. Bei der vorgeschritten Jahreszeit kommen nur wenige Bienen (ca. 40—50 Individuen) an den Futterplatz und so kann ununter- brochen gefüttert werden, ohne Gefahr, daß die Zahl der Bienen zu sehr überhand nimmt. Auf diese Weise sind sie schon nach 2 Stunden so weit dressiert, daß sie ein reines, in gleicher Art grün gefärbtes, mit einem leeren, reinen Uhrschälchen beschicktes Papier aus der Grauserie mit Sicherheit herausfinden. Verwechslungsversuche. Tabelle 56. Versuch am 26. Sept. 1913, 11°”#, am 1. Tage der Dressur. — Es wird die ganze Farbenserie aufgelegt, in welcher jedoch statt des Blau No. 11 ein mit Chlorophyllfarbstoff grün gefärbtes Blatt eingefügt ist. Anflugseite. | Blauys3 Gelb, Blau,» Rot; 0 KL.) 3 0 a Rot, ; Grüno : Rot, Grün; 1 0 0 0 ot Purpur,; | Grün,o Gelb, 14 0 0 16 Purpur,,| Grün, Gelb, Blau, 1 2 19 0 !) Hier entstand ein größerer Bienenklumpen, der von dem Beobachter nicht gezählt werden konnte. 136 Karu v. Frisch, Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1| 2] 3) 4 |5 | 6 | 7 un | 8 | 9 |10| 12 | 13 [14 | 15 | 16 | | Bienenfrequenz 0 à 0 19/10 KL a ET | 0 | 00 | 310 | 0 | 0 | 1 | 1) Hier entstand ein größerer Bienenklumpen, der von dem Beobachter nicht gezählt werden konnte. Tabelle 57. Versuch am 26. Sept. 1913, 12%-%, am 1. Tage der Dressur. — Wie bei Tab. 56, auch liegt die Farbenserie in der gleichen An- ordnung, jedoch wird über die ganze Farbenserie eine große, reine Glasplatte gedeckt und auf diese werden die leeren, reinen Uhr- schälchen gesetzt. Anflugseite. Blau; ; Gelb; Blau; Rot; 1 7 1 6 Rot, Grün Rot, | Grüng 0 0 0 0 Chloro- A Purpur Grün Gelb Da we) “= 2 x ca. 100 Purpur,,| Grün, Gelb, Blau:4 0 5 Rot Gelb Griin Blau |Purpur No. der Farbenserie | 1] 2| 3] 4 | 5 | 6 | 7 pp 8 | 9 | 10] 12/13 | 14] 15 | 16 Ca. | Bienenfrequenz | 0! 0| 6 | 7 1001715 2 0.) O28) On ORG Tabelle 58. Versuch am 26. Sept. 1913, 14—$#, am 1. Tage der Dressur. — Wie bei Tab. 56. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 137 Anflugseite. | Grün, | Blau. Griing Gelb, it 0 2 1 Rot. Gelb, |Purpur;ç| Blau;s 0 8 1 0 Chloro- Bats pole phyll Gelb; 8 Purpuris ele Blau;; Grüng I Rot Gelb Grün Blau |Purpur =: Chroro- No. der Farbenserie| 1| 2| 3 | 4 | 5 | 6 | 7 (one) 8 | 9 |10 12/13 14] 15| 16 Bienenfrequenz sols lali}æ 8 2/2/1)0/o]o/o/1 Tabelle 59. Versuch am 26. Sept. 1913, 1°°—2°, am 1. Tage der Dressur — Wie bei Tab. 57 (Glasplatte). Anflugseite. ie GENE Pate Griing Gelb, Rots Gelb, | Purpur,g| Blau; 1 7 0 2 Chloro- Rot Rot Gelb Sl | pert | ah PUR in pus Griing Rot Gelb Grün Blau |Purpur No. der Farbenserie| 1| 2| 3 | 4 |5 | 6 | 7 [Mer] 8 | 9 | 10) 12|13| 14) 15 | 16 Bienenfrequenz 10 QUE | 3 jofolc so olo|o 138 Karz v. Frisch, Dressur auf Grün No. 9. Die Bienen waren vorher auf Purpurrot No. 15 dressiert. Tabelle 60. Versuch am 29. Aug. 1912, 11%—#%, nach 2tägiger Dressur. — Ein reines Grün, in der aus 30 Nummern bestehenden Grauserie. Zur Ergänzung der Anordnung auf ein Rechteck ist ein mittel- graues Papier (No. 15) doppelt aufgelegt. No. d. Grauserielt 21|3|45 67 8{9 10|11]12/13[14 15/150 1617181920 21 22|23[24|25[26|27\28|29|80| Grün Bienenfrequenz | | in den | | x ersten 5 Min. {0/4/5/4/1/3/0/2/2/0/1 ala sı 1 Jaıa 2 al5olols|slalılalsialı) 118 zweiten 5 „ |1/1/3/1/3|1/1/3/2/0/1 3/3] 42) 0 lo 5,311 43 2161214100 22la) 4 dritten 5 „ lololilolo o10loJoJolilol 3011 |1| 10Jolılılolololılı la] 1lolı Summa |115195]212]2]5]4 02181711313] 2 512015511012 129]5]7]2]6]11j8]6]| 174 Tabelle 61. Versuch am 30. Aug. 1912, 9%°#, ‘nach 3tätiger Dressur. — Wie bei Tab. 60. No. d. Grauserie |1 12|3|45 6/78) 9 10lı1 12lısl1a 15152 16 17/18/1920 21|22| 23] 24|25|6|27|28|29/30) Gi | | ; | Bienenfrequenz | | | | | | | | | in den | | | | 4 ersten 5 Min. |2/4/1/1/1/0/2/1/0]/2/1]/2/4/3/0] 8 1|9/0/ 8 0l6/0/0/1]0| 6,5/515/2/ 30 zweiten 5 „ [0.0.0110 21/0010 3 3/0120 213 1 z4/1/0/0 0/1 6,0/1|1/4| 14 dritten 5 , [110 ololo 0 ololılolol2lolılo| 2/1/0/1] 0 3!1/0/0/0/0| alojalolı) 4 Summa [3 2]1]2]1]2]3]111]2]4]7|2]6]0]12 3 ]12]2 101778 0/0|1/1 16 5/8] 6] 7] 4 Im Sommer 1913 nahm ich diese Versuche nochmals auf. Die Bienen waren vorher auf Schwarz dressiert. Tabelle 62. Versuch am 19. Aug. 1913, 10%—*°, nach 2tägiger Dressur. — Ein Grün No. 9 in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. . 139 Anflugseite. Grau. Grau, Grün, Grau, 4 5 141 20 Graus Grau; Graus Grau,s PAS 3 1 Graug Grau, Grau. Grau,s 1 0 0 Grau: Grau, Grau; ; Grau, 0 il 0 4 No. d. Grauserie | 2 | 3 | al5le | 7 | 8 | 9 | 10| 11 1218] 14] 15 | 159] @rdn, Bienenfrequenz 1)5/4/1/0/0]8]o]1 0 5 2 |20] 90| 01 NB. Aus Versehen war bei diesem Versuche statt Grau, ein zweites Grau,, aufgelegt worden. Die Bevorzugung der dunkelgrauen Papiere vor den helleren in diesem und den nächstfolgenden Versuchen ist als eine Nach- wirkung der vorangegangenen Schwarzdressur aufzufassen. Tabelle 63. Versuch am 19. Aug. 1913, 6°—®, nach 2tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 62. Anflugseite. Grau; Grau,’ | Grau, Grau, 1 79 2 Grau Grau, Grün, Grau 9 0 Gravy 4 Grau, Grau» Grau, il 0 140 Karu v. Frisch, No. der Grauserie | 1 |2|3]4|5|6|7/|8| 9 |10| 11/12] 13| 8 N Bienenfrequenz Wie bei Tab. 62. MER er Tabelle 64. Versuch am 20. Aug. 1913, 99%—10, a 9 nach Stägiger Dressur. — Anflugseite. Graug Grau, Grau, Grats 2 9 4 0 Grau, Grau:; Grau, Grau, 4 1 0 Grau: Grau; Grün, Graug 1 4 13 Grau, Grau, Grau, Grau:o 0 0 0 | | No. der Grauserie| 1 |2|3 |4 5 |6 | 7 | 8 | 9 |1o} Bienenfrequenz loloJoJoJolı ı]a 2\o|o|s|alılas 13 Tabelle 65. Versuch am 20. Aug. 1913, 3529, Wie bei Tab. 62. nach Stägiger Dressur. — Anflugseite. Grat,, Grau: Grau: Grau, 8 1 19 Grau; Grün, Grau, Grau, 36 151 11 22 Grau Grau; Grauso Graus 0 i Graug Grau; Grau Grau, 0 2 iL 3 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 141 No. der Grauserie | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14 | Bienenfrequenz E | 0 | 1 | 5 | 1 | out 8 | 1 | 3 | 8 36 | 19] 22 2 151 Tabelle 66. Versuch am 21. Aug. 1913, 41915 und 4%-* nach 4tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 62; zwischen der ersten und zweiten Zählung wurden die Bienen auf der Dressurfarbe gefüttert. Anflugseite. | [ a Grau:, | Grau, Grau, Grau, 0 1 1 2 0 0 3 0 Graus Grün, Graug Grau;; 0 28 0 14 0 3 Grau, Grau, Grau,o Grau; 1 1 0 0 7 Graug Grau» Grau, ; Grau» 2 1 0 0 16 0 0 Sin, lee Ginna | 2| 2 3 4 5, 6 7| 8 | 9 Pere Bienenfrequenz 410—15 | 2) 0 | 0/2 | IRON EOR NT 2 01016 s RE ERECT EC EE Summa | 2] 0/0/1/9{2/1]4/0]0]1 |17|0]0| — Tabelle 67. Versuch am 21. Aug. 1913, 55%—6%, nach 4tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 62. 142 Kart v. Frisch, Anflugseite. Grau, Grau; Grau:4 Grau; 2 3 2 Grail, Gravy; Grau, Griin, 5 0 Grau; Grau, Grau, Grau;o 0 0 0 49 Grau» Grau: Grau: Graus 0 0 } No. der Granserie | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 11011 |12| 18/14) 15 | Grin, Bienenfrequenz }2}0/1/0/0/0]o]o|els9/ s/o] of 2] 5 | 5 Tabelle 68. Versuch am 22. Aug. 1913, 923, nach 5tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 62. Anflugseite. | | | Grau,4 Grau, Grau: Grau, 17 2 Grau: Grün, Grau, Graus 212 ff Graug Grau; Grau, Grau, 1 2 0 0 Grau:; Grau Grau, Grau; Jo 2 0 0 Sr dr Granserie | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 10/11) 12/13/14] 15 Grün, Bienenfrequenz J1}of2}ojofajoj1]2|2/a|rzjo|1] 9| a Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 143 Dressur auf Griin No. 10. Erstmalig dressierte Bienen. Versuch am 29. Juli 1913, 41520, nach 2tägiger Dressur. — Ein reines Grün No. 10 in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Es setzt sich während der ganzen Dauer des Versuches auf keines der Papiere eine Biene. Die Tiere schwärmen ziellos über dem Versuchstische umher. | Versuch am 30. Juli 1913, 5%—%, nach 3tägiger Dressur. — Anordnung wie oben. Während der 5 Minuten setzen sich nur 7 Bienen, und zwar auf 6 verschiedene Nummern der Grauserie (auf eine derselben zwei, auf die übrigen je eine Biene). Kein Tier setzt sich auf die Dressurfarbe. Tabelle 69. Versuch am 1. Aug. 1913, 35%, nach 5tägiger Dressur. — Ein Grün,, in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Anflugseite. | | I Grau, Grau Grav, Grau; 2 0 0 ip Grau, Graug Grau: Grau; 0 0 0 2 Grau; Grau, Grau;o Grau, 2 3 Grau, > Grau Griin,, Graus 0 ; 1 No. der Grauseriel 1| 2/3) 4 |5 6 |7 | 8| 9 | 10/11/12) 18/14 15 Grün. 2 alol2|1ıJolslo|ojolo|a 0 1) 1) _ Bienenfrequenz Tabelle 70. Versuch am 1. Aug. 1913, 532%, nach 5tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 69. 144 Karu v. Frisch, _ Anflugseite. ! Grau, Grau, Grau; 0 0 al Grau,; Grün,, | Grau, 0 1 1 Graw Graty,4 Grau; 0 0 Graug Grau,» Graug 1 0 Norden Grauserie| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 10 11/12/18| 14/15 Grün, olıloJoJofojojılololalalalolo] 1 Bienenfrequenz Tabelle 71. Versuch am 2. Aug. 1913, 93040 nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 69. Anflugseite. i | Pal Grau, Grau; Grau, Grau 0 78 il 2 3 15 1 Grau; Grau, 4 Grau, Grau; 2 14 3 9 0 17 Grau,, Grau; Grau; Grau: 135 3 10 37 10 1 Grau, Grün,, | Grau, Grau, 8 1 92 8 3 No. der Grauserie | 1 | 2 | 3 4 | Som | g|9|10\11 12) 13/14] 15 Grün Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | 0721270222 5121251478772 IN SOI MON SNS) 8 zweiten 5 , Wal ey sy al) Sate a © 782 1710) Si ab |) Sh Si, SE Summa [1 |2)]3]| 5/11 31] 93 | 1 | 9 ]J10| 3 | 4 [11 [172] 100 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 145 Dressur auf Blaugriin No. 11. Die Bienen waren vorher auf Rot No. 2 dressiert. Tabelle 72. Versuch am 22. Aug. 1913, 11°°-%, nach ltägiger Dressur. — Ein Blau No. 11 in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Anflugseite. Gravy, Grau, Graug Grau; 5 1 Grau, Blau,, | Grau, Grau, 9 3 8 Grau» Gravy, Grau, Graus 2 5 Grau, Grau: Grau, Grau; 1 0 0 0 No. der Grauserie| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 10/11/12) 18|14/ 15 | Blam, Bienenfrequenz OR al TODE JDE Tabelle 73. Versuch am 24. Aug. 1913, 92%, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 72. Anflugseite. Grau, Grats Grau, Grau,4 1 2 2 Grau, Grats Grau, Grau, 1 5 0 Grau, Blau,, Grau:o 3 181 0 Grau, Grau; Grau;s Graug 1 0 Zool. Jahrb. XXXY. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 10 146 Karu v. Frisch, No. der Grauserie | 1| 2 | 3|4| 5 | 6|7 | 8 | 9 10/11/12) 18 | 14|15 | Blam, Bienenfrequenz 15| 2 1 1 ooslolıı oo [2/4] 1 In den ersten 2 Minuten flogen die Bienen ganz ziellos umher; dann entwickelte sich auf dem Grau, ein kleiner, sich rasch wieder auflésender Bienenklumpen, hierauf auf dem Blaugriin ein grofer. Tabelle 74. Versuch am 24. Aug. 1913, 9%—4, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 72. Anflugseite. | ; Grau, Grau: Grau, Grau: 0 0 0 53 3 0 4 Grau, Grau, Blau,, | Grau, 0 0 0 0 16 6 3 On Grau; Graug Grau; Grau, 2 0 0 iL 0 0 3 Graus Grau: Grau,; Grau, 0 0 0 1 2 0 0 0 | | No. der Grauserie | 1 | 21314) 5|l6)7|18l9l10l11l12|18 14| 15 | Blau, Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. ONO ONE St OOOO Oe RO Ow 0 zweiten D ,, 5310 10|:.2 13.1.0246 20:0 NOM SANG EME 3 Summa [53/0/0/38/3/1/16/2/0/0/0/3/6|4|/0]|] 3 Tabelle 75. Versuch am 27. Aug. 1913, nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab er: Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 147 Grau, Grau, Graug Grau, 12 82 16 Graug Grau:0 | Blau,, Grau, 4 2 2 3 Grau, Grau; Grau: Grau, 18 4 6 5 Grau, Grau,» Grau, Grau; iI L 0 ng. der Cnam BEE 4 5 6 | 7 8/9/10 Bienenfrequenz in 5 Min. |1 Tabelle 76. Versuch am 27. Aug. 1913, nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 72. Grau, Grau, Graug Grau; 2 68 322 5 Graug Grauo Grau, Grau; 0 0 1 ern | La Grau; Grau; Grau, ; Grau, 13 10 6 Grau Grau; Blau,, als 1 10 | 11 | 12 15 De} No. der Grauserie Blau,, RN u wo 2, ES oo = 13 | 14 Bienenfrequenz in Min. 148 Kart v. Friscu, Tabelle 77. Versuch am 28. Aug. 1913, nach 7tagiger Dressur. — Wie bei Mab sade Grau Grau» Grau, Grau; 2 0 0 Grau, Grau: Grau; Blau,, 1 1 6 Graug Grau, o Grau, Graug 158 6 9 3 Grau,, Grau, Graug Grau; 1 6 215 7 No. der Grauserie| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 10/11/12) 13 | 14/15] Blau,, Bienenfrequenz in 5 Min. sfo|o|1 |» pts ae ORAN 1 6 Tabelle 78. Versuch am 31. Aug. 1913, 105%, nach 10tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 72. Anflugseite. Grau, Grau, Graus Grau, 0 0 40 Blau,, Graug Grau,o Grau, 89 0 Grau; Grau: Grau, Grau; 5 Grau; Grau; Grau,, | Grau,, 7 3 0 5 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 149 eee HE: Die Bienen schwärmten ziellos über dem Tische herum, erst nach ca. 3 Minuten entstand der Klumpen auf dem Blau,,. No. der Grauserie} 1 51.6.1. F6 6129 10) 1112/18] 14] 15 Blam,, eee ae lololelolzisfo s olr] = Tabelle 79. Versuch am 31. Aug. 1913, 10%-%, nach 10tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 72. Anflugseite. = Grau, Grau, Graus Graus 2 2 28 Grau, Grau Grau, | Grau. 60 Grau; Grauss Blau,, Grau, 4 3 12 0 Grau; Grau» Grau:2 Grau: 1 0 No. der Grauserie| 1 | 2|3| 4 | 5|6|7|8|9 |10 11 12/13 |14) 15 [Btam, Bienenfrequenz Al à 00/0 28 | 2 2/0 0/0 13/00 12 Tabelle 80. Versuch am 31. Aug. 1913, 122°25, nach 10tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 72. ‘150 Karz v. Frisch, Anflugseite. Grau; Graug Grau,> Grau, 1 1 0 2 Grau, Grau, Blau,, | Grau, 4 Ole 0 1 I Graus Grau;o Grau, Grau; 1 0 1 1 Grau:; Graug Grau; Grau; 0 No. der Grauserie| 1 | 2 10 1 12 |15|14|15|Bian,, Bienenfrequenz | KAkIEIEN HR wol: ae Dressur auf Blau No. 12. Die Bienen waren vorher auf Gelb No. 5 dressiert. . Die Dressur auf Blau No. 12 wird mit den auf S. 25 be- schriebenen und abgebildeten Glasröhrchen vorgenommen. Alle bei diesen Versuchen verwendeten grauen und farbigen Papiere sind also in Glasröhrchen eingeschmolzen. Vgl. hierzu die auf S. 26—27 mitgeteilten Versuche. Verwechslungsversuche. Tabelle 81. Versuch am 6. Aug. 1913, 955%, nach 5tägiger Dressur. — Die Röhrchen sind an einem aufrecht stehenden Brette angeordnet, wie es die Figg. 6 u. 7 auf Taf. 2 zeigen. Es wird das Dressurbrett entfernt und ein anderes, gleichartiges, reines Brett, an welchem die 16 Röhrchen der ganzen Farbenserie angebracht sind, an seine Stelle gesetzt. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 151 Grün, Rot, Griins Blau, Rote Gelb, Blau,4 Grün, 2 1 0 145 5 1 24 3 Blau,. Rots Blau, Gelb, Gelb; Purpur,, Purpursg Grün, 121 0 0 6 fe) 47 0 0 mms Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 | 2|3|4|5|6 | 7|8| 9 |10 11|12|13|14| 15 | 16 Bienenfrequenz ONE 2}0)2) 0/0 mu alo Tabelle 82. Versuch am 6. Aug. 1913, 2°°-*, nach 5tagiger Dressur. — Wie bei Tab. 81. Rots Blau, 2 Blau, 1 Griin 8 Purpur, 5 Gelb, Purpur, 6 Grün, 16 91 1 0 31 1 0 0 Rot, Grüng Blau:4 Gelb, Rots Gelb; Blau,; Grün;o 6 3 63 0 1 1 106 0 Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 [2 |3|4|51|6|71]8|9/|10111,12)13|14| 15 | 16 Bienenfrequenz 611/160 | 1 | italia) 0 3 | Oo Se Oi: 1x ss 31 | 0 Pabellersa: Versuch am 7. August 1913, 8%-*°, nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 81. Blau;4 Purpur;g Blau, Blau,; Grüns Geb, Grün Grün, 40 6 0 120 2 3 1 1 Rot, Grün, Rots Gelb, Rots Blau,s Gelb; Purpur;; 3 2 0 2 2 53 0 20 Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie 1 |2|3 4 |5|6 7 | 8| 9 |10, 111213] 14] 15 | 16 | | Bienenfrequenz 3 | 2 | 0 2 | 0 | Bd | 22 )4.10 53 120 ‘0 20 | 6 152 Karu v. Frisch, Tabelle 84. Versuch am 7. Aug. 1913, 8°, nach 6tägiger Dressur. — Nun lerte ich diesen auf das blaue Glasröhrchen dressierten Bienen ein nicht mit Glas bedecktes blaues Papier in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie vor, um zu sehen, ob sie auch unter diesen veränderten Bedingungen, trotz der abweichenden Form, Größe und Anordnung der Papiere die Dressurfarbe aufsuchen würden. Dies war der Fall: Anflugseite. Grau, Grau;; Grau, Grau,» il 0 1 0 2 0 2 Grau, Grau; Blau;, Grau, 0 0 0 9 1 Grau, 4 Grau:o Grau, Grau, 0 0 0 5 1 Graug aus Grau, Grau, 0 0 0 0 No. der Grauserie | 2 3)/4)5)]6) 7/8) 9 |10/11)12) 13) 14) 15) Blau,. Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. |0 1 010 0010101110 01/2100 0 88 zweiten 5 „ OO ON 5172120 12021502 2021202 202 DE E25 ss pO.) S 9 Samma [OO Ly LON LON OT RON E17] 707 My | NaS ROR er Von jetzt ab wurden die Bienen auf dem unbedeckten blauen Papier weiter gefüttert und später noch einige Verwechslungs- versuche mit unbedeckten Papieren angestellt: Tabelle 85. Versuch am 8. Aug. 1913, 125%, nach Ttägiger Dressur (die Röhrchendressur mitgerechnet). — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 153 Anflugseite. Purpur,s | Gelb; Blau; Rot, 25 0 25 0 Grüng Rots Grüns Rot, 1 0 1 1 Purpur,;| Grün, Grünso Blau,, 12 0 3 22 Gelb, Blau;s Gelb; Blau,ı 0 2 0 1 Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 | 2 | 3 4|5| 6 7 18:19 | 10 11112] 18) 14 15 | 16 Bienenfrequenz o 110 oololoılıa ı 2 | 25| 22 12% Tabelle 86. Versuch am 8. Aug. 1913, 245%, nach Ttägiger Dressur. — Wie bei Tab. 85. Anfiugseite. | | | Gelb, Blau:; Gelb, | Purpur: 0 3 0 10 Purpur;; | Grün, Rots Grüng 49 it 1 Rot, Blau, Griing Blau. 0 0 4 154 Karu v. Frisch, Blau 1 | 12 | 13 | 14 Gelb 5 Grün 7|8| 9 | 10 Purpur 15 | 16 o}o/ojojo|1|1]1)0]1/ofo|s|a| 49| 10 6 No. der Farbenserie | Bienenfrequenz Tabelle 87. Versuch am 9. Aug. 1913, 9%, nach 8tagiger Dressur. — Wie bei Tab. 85. Anflugseite. Purpur,&| Grün, Gelb, | Purpur,, 2 1 4 52 Blau,, Blau; Rots Griing 0 9 3 il Blauy,4 Grüng Grün. | Blau, 6 Gelb; Rots Gelb; Rot, 0 0 1 0 Rot 1|2]3 Purpur Gelb Grün | Blau 15 | 16 a ... | No. der Farbenserie olols|#|ılo 1l1lol1lolo 60/2/52 |» Bienenfrequenz Dressur auf Blau No. 13. Vgl. die auf S. 14—16 geschilderten Versuche, ferner S. 23 ff. Die Bienen waren vorher auf Gelb No. 4 dressiert. Verwechslungsversuche. ‚Tabelle 88. Versuch am 7. Aug. 1912, nach 5tägiger Dressur. — Der „Dressurtisch“ wird entfernt und der „Versuchstisch“ an seine Stelle farbigen Papieren zwei graue befinden. fach aufgelegt. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 155 gesetzt, auf welchem die aus 30 Nummern bestehende Grauserie und die Farbenserie derart befestigt sind, daß sich zwischen je zwei Zur Ergänzung der An- ordnung auf ein Rechteck ist ein mittelgraues Papier (No. 15) drei- No. der Farbenserie | 1 11 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | zweiten 5 | dritten 5 ” oooco oooo Oy = 00 et Oo] © r+ D et oor oj ooo 12|3)4/5 Yo. der Grauserie 0/0/2]/1/1!2/0]0 /4/0/0/2/0/0/0) 0] 0 0/0 © zweiten5 „ |2/o\o 0/0/1\0.0/0/00/0|1.0)0. 0] 0 |ojo0 drittn 5 „ Jılololo/ılaJolo[ololololılolololo|jolı 2 Summa ]3|0]2]1]2]51010]42101072]2]0 010] 001] Tabelle 89. Versuch am 7. Aug. 1912, nach 5tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 88. Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 112,3 |4|5 6 |7|8 | 9 |10) 11) 12] 18 114) 15) 16 Bienenfrequenz in $ 15 Min. 1 M0 | 25 1119} 0 | 010 | O | 141118 | 34| 69 | 24 No. der Grauserie |1/2]3] 4/5 /6)7|8|9 10 11h121314/15 152 15016117 18/19 20 2122 2324 25 2627/28/29 20 Bienenfrequenz in | 15 Min. 0,0,0,10,1/8/4/211,110/112/210,/0,0,0/1,8,0,0,0,2,2,0,0/8,0,0,0/2 Bi Tabelle 9. Versuch am 8. Aug. 1912, nach 6tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 88. Es sind relativ wenig Bienen anwesend. 156 Karu v. Frisch, i Rot Gelb Griin No. der Farbenserie | 1| 2) 3} 4|5|6/| 7 | 8 | 9|10)11! Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | 0 | 0 023121202 5321502120 On aC zweiten 5 „ 0 | 0 OS Ola eta O REO 0/0 dritten 5 „ 010 3.1 01,207 Oe Oa 0 OR Summa | 0 | 0 | 32 ee TO 0|1ı No. der Grauserie [1 2 3 |4 5161718 11112113114 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. 111011/0/0/1/0/0/0/0/0)0/0/0/0/)0|010/1/1/0/0/0/0/1|0 zweiten 5 „ |0/010/0/0/1 0/0/0.0/0/0.0/0/0|0|00[/0/0/0.0/0.0/0|0 dritten 5 „ [010/0|0/0|0 0/0/0/0|0/0/0)0!0)0|0|0/0/0/0/0/0|0/0|0 Summa [1/0/1/0/0|2|0/0/0/0|0]0/0|0]0) 0 |00]1|1/[0|0]0]0]1]0 Tabelle 91. Versuch am 9. Aug. 1912, 1123, nach Ttägiger Dressur. — Wie bei Tab. 88. Rot No. der Farbenseriel 1 | 2 | 3 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. | O zweiten 5 „ 0 dritten 5 0 Summa | 0 ” SIO O0 No. der Granserie [1 213 115 61718 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. |0 zweiten 5 „ 0 dritten 5 0 [0 0 0 0 0 Summa Im Sommer 1913 wurden diese Versuche nochmals aufgenommen. Die Bienen waren vorher auf Grasgriin dressiert. 010/0|1/0 010/1|1/0 010/0/1/0 0/0|1[3|0 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 157 Tabelle 92. Versuch am 8. Aug. 1913, 11#—%, nach 3tägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Anflugseite. I | Rot, Rot, Blau, Blau,, 0 0 4 1 Blau,; Grüns Griin, 9 Gelb; 0 0 1 Gelb, Rot; Grün, Blau, 3 2 0 af Purpur,g| Grün, | Purpur,;| Gelb, 217 0 105 1 2 | | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2|3 4|5/6|7|8|9 |10/11|12|13/14) 15 | 16 _— | Bienenfrequenz 0018 2 0/0 oo 1 1/10 4 10 217 Tabelle 93. Versuch am 8. Aug. 1913, 2°°-*, nach 3tägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Anflugseite. I Gelb, Blau,; Gelb; | Purpur;g 0 0 il 0 Purpur;:; | Grün,o Rot; Grün; 386 0 0 0 Rot, Blau, Grüng Blau; 1 0 2 0 Grün, Blau, Rots, Gelbg 0 0 158 Karu v. Frisch, Rot Gelb rum - Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 |2|3 4 ]5|6 | 7 | 8 | 9 [10/11] 12|13|12| 15 | 16 Bienenfrequenz |1 10 0/0|11/0/0/0/2/0/0/15/0 | 0138 | © Tabelle 9. Versuch am 9. Aug. 1913, 9%—10%, nach 4tägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie aufgelegt. Anflugseite. ur Purpur,,| Grün, Gelb, | Purpur,,; 2 0 5 1: Blau,, Blau, Rot; Grün; 0 1 0 0 Blau,, Grüny Grün, 0 Blau,; 0 0 0 5 Gelb, Rot, Gelb; Rot, 0 | | | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 |2|3 |4|5|6 | 7 | 8 | 9 |10/11|12|18|14| 15 | 16 Bienenfrequenz |0 100 3/010/0/0/0/0/0,1/,5[/0/139| 2 Versuch am 11. Aug. 1913, nach 6tägiger Dressur. — Mit diesen auf Blau,, dressierten Bienen wurde nun folgender Versuch unternommen. Die Dressurfarbe wurde aus der Grauserie entfernt und stattdessen ein reines, mit einem leeren, reinem Uhrschälchen beschicktes Gelb, in der Grauserie aufgelegt; die Bienen beachten das gelbe Papier nicht, sondern fliegen ziellos über dem Tische herum. Nun wird statt des Gelb, ein Blau,, aufgelegt; sofort stürzt sich eine große Anzahl Bienen auf das blaue Papier. Nun wird stattdessen ein Grün,, aufgelegt; die Bienen beachten es nicht, sondern schwärmen ziellos herum. Es wird ein Blau,, auf- Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 159 gelegt; das gleiche Resultat wie bei Griin,,. Nun wird wieder ein Blau,, aufgelegt; sofort setzen sich zahlreiche Bienen darauf. Der Versuch wird am folgenden Tage in größerer Ausdehnung und als Zählversuch wiederholt: Versuch am 12. Aug. 1913, nach 7tigiger Dressur. — Es wird den auf Blau,, dressierten Bienen eine reine Grauserie und ein reines farbiges Blatt vorgelegt. Die Anordnung der Papiere bleibt in dieser Versuchsreihe stets dieselbe, und zwar die folgende: Anflugseite. | Grau,s Grau; Grau; Grau, Grau, Grau, Grau, Grau, Grau, Graug Grau, Grau; Grau; Grauo Farbe | Grau, I | Zwischen je zwei Versuchen wurden die Bienen an der Anflug- seite des Tisches vom Dressurblau gefüttert. Tabelle 95. 95— 10%; ein Gelb No. 4 in der Grauserie. No. d. Grauserie 12/3215 16|2|58 |s 10l11/12/13/14/15 con, Bienenfrequenz i}eelafa|s/e)e|s|a/i/e]a]s ir « | Tabelle 96. 10”-12, ein Blau No. 12 in der Grauserie. | | No. d. Grauserie | 1 | 2 | 8 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 non 1e 13/14/15) Blan, 2 © Bienenfrequenz LRO: EG Karu v. Frisch, 160 Tabelle 97. 10-2; ein Grün No. 10 in der Grauserie. | | | F | emer 1|2/8|4/5/6/7/8/ 9 10 11 12/18 14/15 Grim, | | | No. d. Grauserie | 1512), 0202-2 1.144 32.2 | Os AO ames Bienenfrequenz Die Bienen setzten sich zunächst nicht; dann entstand ein Klumpen auf dem Grau,, späterauf dem Grün, „, offenbar zufällig, wie aus dem zunächst ziellosen Umherfliegen der Bienen und dem gänzlich anderen Resultat bei Wiederholung des Versuches (s. Tabelle 101) hervorgeht. Tabelle 98. 10-32, ein Purpurrot No. 16 in der Grauserie. No. d. Grauserie | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 10/11 12/13/1415 Purpur;g Bienenfrequenz | RON 20 07 NO NOR NOM MON MONA OM MO ECM 480 Tabelle 99. 10%7—#; ein Blaugrün No. 11 in der Grauserie. 2 | 3 | 4 | 5 | 6| 7/8 | 9 [10 11/12/13 14/15 Bien No. d. Grauserie | 1 | Bienenfrequenz 1.26 AIS A MINI OO 21S) 027022310 Tabelle 100. 10°5; ein Purpurrot No. 15 in der Grauserie. No. d. Grauserie| 1 | 2 | 3 | 5 | Se | 8 | 9 non 12 18/14/15 Purpur,; | Fa Bienenfrequenz {141010 123+) 20 488 ea 20 101 0 NO Os MDN Tabelle 101. 119%: ein Grün No. 10 in der Grauserie. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 161 —=_ No. d. Grauserie | 1 E | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 [10 |11 12 18) 14/15 Grün. Bienenfrequenz 1 Tabelle 102. 1110-5; ein Blau No. 14 in der Grauserie. No. d. Grauserie 12)afa|5)6|7)s)o]10/11/12]13|14|15| Bien, | BA Bienenfrequenz OF Os POR 180217071528 Onl Onl On asf 0 | 425 Tabelle 103. 112-2; ein Gelbgrün No. 7 in der Grauserie. No. d. Grauserie 1,2/5,4,5,6/7/8/9 hou 12/18]14|15| Gin pois ar Bienenfrequenz O2, 3205 2 Tabelle 104. 1132; ein Blau No. 13 in der Grauserie. ı2|ajalo]| o| 7|s/9|10|t1]12] 1/14/15], No. d. Grauserie 0 | 0 | Im September 1913 wurden die Bienen ein drittes mal auf Blau No.13 dressiert; sie waren vorher auf Blau No. 14 dressiert. Es wurde mit ihnen eine weitere Reihe von Verwechslungsversuchen vorgenommen, bei welchen die Farbenserie mit einer großen Glas- platte zugedeckt wurde. Bienenfrequenz OF On POF 1er: A 0| 0} 603 Tabelle 105. Versuch am 12. Sept. 1913, 35257, am ersten Tage der Dressur (die vorangegangene Dressur auf Blau,, nicht mitgerechnet), — Es wird die Farbenserie aufgelegt, mit einer Glasplatte bedeckt, und auf die Glasplatte werden die reinen, leeren Uhrschälchen gesetzt. Zool, Jahrb. XXXY. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 11 162 RT Karu v. Frisch, | Anflugseite. | Grün:o Blau, 4 Blau; Rot, 0 0 7 0 Purpur;s Rot, Gelb; Blau,; 27 0 2 66 Blau, , Grün, Grün; Gelb, 2 1 0 0 Grün, | Purpur,g| Gelb; Rot; 0 4. (EE 0 Rot Gelb : Griin Blau Purpur No. der Farbenserie] 1|2|3|4|5|6/7|8|9|10/11]12|18|14] 15 | 16 Bienenfrequenz OO 0 | 0) 2 0) 1) 0) 0 | 0 2) 78 166 DRE TRES Es braucht wohl nicht betont zu werden, daß die Glasplatte zwischen je zwei Versuchen gereinigt wurde. Tabelle 106. Versuch am 12. Sept. 1913, 4%—% wie bei Tab. 105. Anflugseite. | Griin,, | Blau, Blau, > Rot, . (0) 1 8 0 Blau, 3 Rot, Gelb; Purpur, 5 2 1 0 82 Blau, Griin, Griing Gelb, 0 0 0 0 Griing | Purpur,,| Gelbe Rots 0. 0 0 0 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. Rot No. der Farbenserie| 1 | 2 | 3 Bienenfrequenz 1/0) 0 Gelb 41516 01010 163 Blau 11 | 12 | 13 | 14 Purpur 15 | 16 Grün 7| 8] 9 |10 0/0) 0/0) 0 189] 2 | 1 | 8 | 0 Tabelle 107. Versuch am 13. Sept. 1913, 10%—14, nach 1tägiger Dressur, wie bei Tab. 105. Anflugseite. Blau,, Griin, Grün, | Purpur,; 7 0 NES Grün1o Rot, Rot, Gelb, il 1 0 1 Blau. Gelb; Blau; Griing BY 1 12 1 Purpur,,| Blau,; Rots Gelb, 0) il ll 0 | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 | 2 | 3|4|5|6|7|8| 9 |10]11|12|18]14| 15 | 16 Bienenfrequenz |1/0/1/0/1/1/0/1/2/1]1/12|/7/ 5] 53) 0 Tabelle 108. Versuch am 13. Sept. 1913, 101572, nach 1tägiger Dressur, wie bei Tab. 105. 11* Karu v. Frisch, Anflugseite. Purpur,, | Grün, Grüno Blau,, 38 0 0 145 Grün,o Rot, Rote Gelb, 3 0 0 0 Blau:4 Gelb; Blau Grüng 15 1 6 0 Purpur;ç| Blau, Rot; Gelb, 0 0 0 0 | | RB RE A RENE ee I L————_ — Grün Blau Purpur Rot Gelb 112]3 41516 7| 8 | 9 | 10 11|12| 13 | 14 15 | 16 sonal elope No. der Farbenserie ep Bienenfrequenz Tabelle 109. Versuch am 13. Sept. 1913, 10°°-*, nach ltägiger Dressur, wie bei Tab. 105. Anflugseite. Blau; Grün, Grün; Rot, 186 1 4 0 Griin,) | Purpur,; Rote Gelb; 0 19 0 0 Blau, 4 Gelb; Grüno Blau,; 5 0 4 Purpur;, | Blau,; Rots Gelb, 1 0 0 0 — ls 165 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. Gelb Griin Blau Purpur Rot 4|5| 6 7| 8 | 9 |10 11| 12 |13| 14 15 | 16 1/2] 3 No. der Farbenserie Bienenfrequenz | 0 0 | 0 | 0 | 0 | 0 Teer Tabelle 110. Versuch am 13. Sept. 1913, 10*°-*, nach 1tägiger Dressur, wie bei Tab. 105. Anflugseite. Rot; | Grün, Grüng Rot, 0 1 1 4 3 Blau, Gelb; Rot, Gelb, 4 0 1 0 Grün:o | Purpur,,| Blau,; Griing 0 2 39 Purpur,,| Griin,, Gelb, Blau; 0 0 2 i as | I | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie 1/2] 3 4|5|6 7|8|9|10 11|12| 13 | 14 15 | 16 Io else Bienenfrequenz | 1 | 103100 | 0 | 0 | 0 | it Dressur auf Blau No. 14. Die Bienen waren vorher auf Rot No. 3 dressiert. Tabelle 111. Versuch am 7. Sept. 1913, 950—5%, nach 3tägiger Dressur. — Ein reines Blau,, in der aus 15 Nummern bestehenden Grauserie. Karu v. Frisch, Anflugseite. Grau; Grau, Gray, Graug 0 0 0 ER Grau,o Grau; Grau, Grau 1 0 0 1 ’ | . Grau Blau,, Grau; Grau, 0 99 0-4: Grats Grau; Grau: our No. der Grauserie [1 2| 3 | Bienenfrequenz 11516 oc [7 | 8] 9 |10|11|12|13) 14] 15 | Blam. I/ololılı/ololojoo 99 Tabelle 112. Versuch am 7. Sept. 1913, 10%-%, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 111. Graug 0 Grau, Grau; 1 Grau;; 0 Anflugseite. Grau 4 Grau» Grau, 0 0 0 Grau Grau;s Grau, 0 0 0 Grau; Grau, | Grau, 1 0 Grau; | Blau,, Grau, 0 220 20 No. der Grauserie | 1 | 2 3 | 4 5 | 6 | j 2 ñ Bienenfrequenz | 0/0] 0 0 7 E | 9 10/11 12/13] 14/15) Blan, “0 ONOONONTONTE Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 167 Verwechslungsversuche. Fiir die Verwechslungsversuche war es am 3. Tage der Dressur insofern noch zu früh, als nach meinen sonstigen Erfahrungen (vgl. S. 74, 75) noch eine Nachwirkung der vorangegangenen Dressur auf das Orangerot No. 3 zu erwarten war. Dies findet man in den Tabellen bestätigt; die „warmen“ Farben wurden noch relativ stark besucht. Ich wollte die Versuche nicht länger hinausschieben, da ich noch andere Experimente mit den Bienen vorhatte. Daß diese . von den blauen und purpurroten Papieren am stärksten angezogen wurden, geht trotz des erwähnten Umstandes aus den Tabellen deutlich hervor. Tabelle 113. Due am 7. Sept. 1913, 10°, nach Stägiger Dressur. — Es wird die Farbenserie pean Anflugseite. Gelb, - | Grün,, | Purpur,s | Gelb, 0 N) 4 0 Grün; Blau, 2 Grün, È Rot, 1 104 3 1 Blau,, Rots Rot, Purpur:;; 9 2 i 47 Griin, Blau, Blau; Gelb; 1 0 2 0 Rot Gelb Griin Blau Purpur No. der Farbenserie 1|2|3 4|5|6 7|8| 9 | 10 11| 12 |13| 14 15 | 16 Bienenfrequenz epoque of | Tabelle 114. Versuch am 7. Sept. 1913, 10%—%, nach 3tagiger Sk _ Wie bei Tab. 113. Karu v. Frisch, 168 Anflugseite. Grün, o Gelb, Gelb, | Purpur;s 0 5 3 0 Blau; s Grün; | Purpur,, Rot, 6 248 1 Grün, Blau, , Rote, Gelb; 0 3 1 0 Rot; Blau; Blau, Grüng Sr il 0 ihe. I I | | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 |2|3 |4 5 67 | 8 | 9 |10/11)12)13|14| 15 | 16 Bienenfrequenz 1|1/a]s/0)a}o]ofo/o 1 SE ms | 0 Tabelle 115. Versuch am 7. Sept. 1913, 34°, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 113. Anflugseite. Pnrpur,; | Gelb, Griin, Gelb, 8 1 2 11 Rot, Blau,, Grünz Blau, ; 1 1 1 Blau; Gelb; |Purpur;;| Griing 8 2 3 Rots Blau, Grün, Rots if 3 9 | | | | Rot Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie| 1 | 2| 3 | 4|5| 6/7] 8| a |10/11| 12/13/14] 15 | 16 Bienenfrequenz 11] uf 2/3 [al 1 sn 232 | [8 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 169 Tabelle 116. Versuch am 7. Sept. 1913, 3°°5, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab. 113. Anflugseite. Gelb, Blau,, | Grün,. | Purpur;s 1 4 1 0 Rot, Gelb, Blau,; Griin, 0 2 0 0 Gelb; Blau;s Rote Grüng 0 115 3 1 Purpur,; Rots Griing Blau, 69 4 1 0 Rot ı|2|3 Gelb Grün 41516 7| 8 | 9 |10 Blau 11 | 12 |13 | 14 Purpur 15 | 16 No. der Farbenserie Bienenfrequenz oa/al1 0 2 of1|1|1]0 30/4) 6 0 Tabelle 117. Versuch am 7. Sept. 1913, 40%, nach 3tagiger Dressur. — Wie "Bei Tab. 113. Anflugseite. Gelb, | Purpur;s | Grün,, | Purpur,, 0 73 Blau:3 Gelb, I Rot, Grün, 95 5 1 Grüno Rot; Grün; Blau, 0 2 0 0 170 “ © Karu v. Frisch, Rot à Gelb Grün Blau Purpur No. der Farbenserie | 1 | 2 | Bleek | so | 819 110 11/12) 13|14 15 116 | Bienen trennen Kone 2 | 109 110l1012l0 He 73 | 0 Tabelle 118. Versuch am 7. Sept. 1913, 4°°-%, nach os Dressur. — Wie bei Tab. 115. A Blau, Grüng Rote Griin, 0 0 0 Purpur,, | Rot, Blau,, | Grün, | 35 0 0 Grün, | Rot, Gelb; | Blau,; 1 1 Blau; Gelbg | Purpur;g} Gelb, 0 430 1; ° 13 Rot Gelb | Griin Blau Purpur No. der Farbenserie} 1 | 2 |3 | 4 |5|6/7|8|9|10)11|12|13|14| 15 | 16 Bienenfrequenz |0 | 0 MON 43 | 1) 0) 0°) 0 131-0) 170) MON 2127209235 Tabelle 119. Versuch am 7. Sept. 1913, 5%-%, nach 3tägiger Dressur. — Wie bei Tab 113. ARE Der Farbensinn und Formensinn der Biene. al: 3 Anflugseite. | Blais dou Rot, Blau;s 0 2 0 | ! eke “Rot, Blau, | Grün | M, 9 0 | | EDU Rots Griin, Pa | 1 6 | | Blan | Gelb, | Grün: | Gelb, | | 0 0 10 | Rot Gelb Grün Blau ke ENT u | | No. der Farbenserie| 1 | 2 | 8 | 4 | 5 | 6 7 |8|9 | 10}11|12|18| 14 15 | 16 | Bienenfrequenz |[312|13|110111010101)11)0 4|0| 2 | 9 | 229| 6 | + à | \ | bestehenden Grauserie aufgelegt. Tabelle 120. | Versuch am 26. August 1912, 95—10°, nach 2tägiger Dressur. | — Es wird ein reines Purpurrot No. 15 in der aus 30 Nummern Um die Anordnung der Papiere | auf ein Rechteck zu ergänzen, ist ein mittleres Grau (No. 15) doppelt | Dressur auf Purpurrot No. 15. Die Bienen waren vorher auf ein mittleres Grau dressiert. | aufgelegt. eee | o d. Grauserie | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6|7/8 | 9 10 28 1415 15a 16 171819 20 21/22) 23/24|25 26/27 2829 30 nee eee eee Bee DV ee ee Det” | I _ienenfrequenz | in den | (ersten 5 Min}3|0/2|1/0/1|1|1/4[/0/0|2)/0[0/0| 0 j0)1/1/2]/1/0/1)0'0/0/3)0/0)1)0) 332 zweitens „ |0|0/0/0\1/2/1/0)0/0]0/1)1)/0]3! 0 1/011,0/0|112/0,2|113 110,40) 278 ‚dritten 5 > [olololo|1,2/0/010/0/0,0/01011 0 0/0lolı o.0l2Jjololol2lolılolo| 91 Summa 1310]2]112]5]2]172[0]013]110]2 0 1111 12181111151012]1[8j111 1150| 01 172 Karu v. Frisch, Verwechslungsversuche. Tabelle 121. Versuch am 26. Aug. 1912, 10%—11%, nach 2tägiger Dressur. — Es wird den Bienen die Farbenserie und die aus 30 Nummern bestehende Grauserie vorgelegt, derart, daß sich zwischen je zwei farbigen Papieren zwei graue befinden. Um die Anordnung der Papiere auf ein Rechteck zu ergänzen, ist ein graues Papier (No. 15) dreifach aufgelegt. Rot Gelb Grün Blau | Purpur No. der Farbenserie| 12|3|45 6 | 7/8 | 9/10/11 12118 | 14 15 | 16 Bienenfrequenz in den ersten 5 Min. [01010 010)01010101010!5| 9] 8] 12 | 285 zweiten D, MONO 10% 0710 0" 0:0) 0.02) 3220) Si een dritten 5, | 0 | 0} 0/0 ),0 | 0 | 0 | 0107) 030s 702 tai a Summa |0/1/0/0/0,/0{0]0{0]0]0{ 8 |12| 6] 21 ]450 - à No. der Grauserie |1 2 3 4 5 6|7/8/9 101112131415/15a 150 1617 18 19 2021 22 23 al 268 Bienenfrequenz \ in den P. ersten 5 Min. {1/1/0/0/0/0/0/1/4/0/0|1|0/1/2/ 1] 0/0|/0/1/2/0/0/0/o/ol2/0/0/1/0 zweiten 5 , 10/0/0/0.0/0/0/0/)0.0/01.0,1/0'0!0/0'1,1/1.0'!0/0\0'!1!0!0/0/0'0 dritten 5 „ 10/0/0/0/0/0 0/0|2/0/0/0/0/0 0/0] 0 ololololololol1|ol1/ololol® 7 Summa ]1]1[0]0[0]0]0[1/6]0[0]2|0]2]2] 1 | 0 |0|1]2]3]0[0]0]1]1]3]0[0]1]0 Tabelle 122. | Dann wurde diesen Bienen ein Purpurrot No. 15 und ein Purpurrot No. 16 in der Grauserie vorgelegt und es wurde nur die Frequenz dieser beiden Papiere miteinander verglichen. In 4 Ver- suchen setzten sich je binnen 4 Minuten: Purpur,, Purpur;g Bienenfrequenz 89 18 u 178 9 5 158 8 am 63 48 Der Farbensinn und Formensinn der Biene. 173 Tabelle 123. Dann wurde den Bienen in der Grauserie ein Rot No. 2, ein Gelb No. 4, ein Purpurrot No. 15 und ein Purpurrot No. 16 vor- geleet und die gegenseitige Lage dieser farbigen Papiere zwischen je zwei Versuchen stets verändert. Die Papiere erhielten in 4 Ver- suchen, je binnen 4 Minuten, folgenden Besuch: | Rot, Gelb, Purpur,; Purpurs Bienenfrequenz | 0 iL 330 419 a 2 1 231 247 5 0 2 76 25 5 3 0 101 19 Tabelle 124. Dann wurde den Bienen in der Grauserie ein Rot No. 2, ein Gelb No. 4, ein Blau No. 13 und ein Purpurrot No. 15 vorgelegt und wie oben in 4 Versuchen von je 4 Minuten die Bienenfrequenz festgestellt: Rot, | Gelb, Blau,; Purpur,; Bienenfrequenz 3 0 12 253 i, 4 0 4 139 ; 3 0 24 ao - 10 | 0 8 22 Tabelle 125. Schließlich wurden in gleicher Weise zwei Versuche mit Rot No. 2, Gelb No. 4, Blau No. 14 und Purpurrot No. 15 angestellt: | Rots | Gelb, | Blauys | Purpun,, 2 0 6 133 ” Bienenfrequenz | 3 0 25 353 174 10. 12. Karu v. Frisch, : Literaturverzeichnis. ALLARD, H. A., Some experimental observations concerning the behavior of various bees in their visits to cotton blossoms, in: Amer. Natural., Vol. 45, 1911, p. 607—622 und 668—685. ANDREAE, E., Inwiefern werden Insekten durch Farbe und Duft der Blumen angezogen? in: Beihefte bot. Ctrbl., Vol. 15, 1903, p. 427—470. Atlas der Alpenflora, herausgeg. vom deutschen u. österr. Alpen- verein, Graz 1897. BENNETT, A. W., On the constancy of insects in their visits to flowers, in: Journ. Linn. Soc. London, Zool., Vol. 17, 1883, p. 175—185. v. BERLEPSCH, A., Die Biene und die Bienenzucht in honigarmen Gegenden, Mühlhausen 1860. BETHE, A., Dürfen wir den Ameisen und Bienen psychische Quali- täten zuschreiben? in: Arch. ges. 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Das Uhrschälchen auf dem blauen Papier ist leer und rein, alle anderen Uhrschälchen (auf den grauen Papieren) sind mit Zuckerwasser gefüllt. Vel. Text S. 14, 15. Fig. 3. Den Blau-dressierten Bienen wurde ein reines blaues Blatt in der Grauserie vorgelegt. Alle Uhrschälchen wurden ‘entfernt. Vgl. Text S. 15. Fig. 4. Nachweis, daß das Gelingen der Blau-Dressur nicht auf einen (für uns nicht wahrnehmbaren) spezifischen Geruch des blauen Papieres zurückgeführt werden kann. Den Bienen wird ein blaues Blatt in der (aus 15 Nummern bestehenden) Grauserie vorgelegt; sämtliche Papiere sind mit einer großen Glasplatte bedeckt; auf die Glasplatte sind reine, leere Uhrschälchen gesetzt. Vgl. Text S. 24, 25. Tafel 2. Fig. 5. Der gleiche Versuch wie Taf. 1 Fig. 1, nur wurden die grauen Papiere nach ihrer Helligkeit geordnet. In der Mitte der An- ordnung ist ein reines blaues Blatt befestigt. Vel. Text S. 15, 16. Der Farbensinn und Formensinn der Biene. el Fig. 6. Weiterer Nachweis, daß das Gelingen der Farbdressur nicht auf einen spezifischen Geruch des farbigen Papieres zurückgeführt werden kann. Das farbige und die grauen Papiere sind in Glasröhrchen ein- geschmolzen. Die Röhrchen sind an einem aufrechtstehenden, mit Pergament- papier überzogenen Brette befestigt (Aufnahme von vorn, nicht, wie bei den vorhergehenden Bildern, von oben herab). Die Bienen sind auf ein gelbes Röhrchen dressiert. Alle Röhrchen sind leer und rein. Die Bienen unterscheiden das Gelbröhrchen (X) mit Sicherheit von allen Grau- abstufungen. Vgl. Text S. 26. Fig. 7. Der gleiche Versuch an Blau-dressierten Bienen. Das Blau- röhrchen (x) wird mit Sicherheit von allen Grauröhrchen unterschieden. Vgl. Text S. 26, 27. Fig. 8 und 9. Verwechslung von Rot und Schwarz. Den auf Rot dressierten Bienen wird ein reines rotes Blatt (x) in der Grauserie vorgelegt. Sämtliche Uhrschälchen sind leer und rein. Die Bienen sammeln sich bald auf Schwarz (Fig. 8), bald auf Rot (Fig. 9). Vel. Text S. 32. Tafel 3. Fig. 10. Dressur auf die Form. Versuchsanordnung vgl. Text S. 64ff. und Textfig. D u. H, S. 64, 65. Die Bienen sind auf die „Enzian- form“ im Gegensatze zur Strahlenform (Textfig. F, S. 66) dressiert. Vor der Aufnahme wurden leere reine Kästchen in vertauschter Anordnung an die Stelle der Dressurkästchen gesetzt. Vgl. Text S. 67. Fig. 11. Dressur auf einen weißen Strahlenkranz. Vgl. Text S. 68, 69. Fig. 12. Dressur auf eine bestimmte Farbenanordnung (innen Blau, außen Gelb, im Gegensatze zu: innen Gelb, außen Blau). Vgl. Textfig. G und Text S. 69, 70. Fig. 13. Dressur auf blau-gelbe °/,-Scheiben im Gegensatze zu blau- gelben ?/,-Scheiben. Vgl. Textfig. H und Text 8. 70f. Fig. 14. Die Bienen unterscheiden auch ®°/;- von */,-Scheiben. Vgl. Mextıs. 7Of. Fig. 15. Die Bienen unterscheiden: links Gelb, rechts Blau, von: links Blau, rechts Gelb. Vgl. Text S. 72, 73. Tafel 4. Fig. 16. Bienenstand des Kreisvereins für Bienenzucht und Obstbau in Oberbayern. Fig. 17 und 18. Nachweis, daß die Bienen die Farbe ihres Stockes als Merkzeichen benützen. Stock No. 4 ist bevölkert, Stock No. 3 und 5 sind leer. Stock No. 4 ist mit blauen, Stock No. 5 mit gelben Scha- blonen versehen (Fig. 17). Um die Farben vertauschen zu können, ohne die Schablonen miteinander zu verwechseln und dadurch etwa einen anhaftenden Bienengeruch zu übertragen, sind die blauen Schablonen auf der Rück- 182 Karu v. Frisox, Der Farbensinn und Formensinn der Biene. seite gelb, die gelben auf der Rückseite blau gestrichen. Dreht man nun die Schablonen um und vertauscht hierdurch die Farben, so zieht ein großer Teil der heimkehrenden Bienen in den leeren Stock No. 5 ein (Fig. 18), vel. Text 8. 'I1#. Fig. 19—21. DieBienen lassen sich quantitativ in einen falschen Stock locken, wenn die relative Lage des blauen Stockes (links von ihm ein weißer, rechts ein gelber Stock) gewahrt bleibt. Fig. 19 zeigt die normale Situation. Nun werden die Schablonen am Stock No. 4 umge- dreht (so daß er gelb erscheint) und die Schablonen von Stock No. 5 entfernt, und umgedreht (blau) am Stock No. 3 befestigt. Die Bienen, die sich während dieser Manipulation angestaut haben, stürzen sich sofort in den leeren Stock No. 3 (Fig. 20), und auch weiterhin ziehen die neu ankommenden Tiere regulär in den falschen Stock ein (Fig. 21); vgl. Text S. 94 ff. Tafel) 5. Fig. 2224. Ein gleicher Versuch wie bei Fig..19—21. Fig. 22 zeigt die normale Situation, vor Beginn des Versuches. Nun wurden die Schablonen am Stock No. 4 umgedreht, die Schablonen von Stock No. 5 abgenommen und umgedreht an Stock No. 3 befestigt. 3 Minuten später wurde die Aufnahme Fig. 23 gemacht. Später wurden die Schablonen wieder in die normale Lage zurückversetzt und nach 1 Minute die Auf- nahme Fig. 24 gemacht. Vel. Text S. 97. G. Pätz’sche Buehdr. Lippert & Co. G. m. b. H., Naumburg a. d. S. SD. kten — Festschrift zum sechzigsten cbursinge von von sees ae und Freunden. Mit Oe | je ‚Preis; 8 Mark. ———- RE SER STE Tr e Bienen Atri as ch Ds Stande rn heutigen ON eet ntnisse. Von Dr. H. Friese, Schwerin i. M. Mit 2 kolorierten M4 Segen Ken: * Tafeln, 19 Karten und einer Textfigur. (Abdruck. atte Se re ENS oologische und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen ER ad zentralen Südafrika, ausgeführt in den Jahren 1903—1905 von L. Schultze, TS a der Kgl. Preußischen pendence der re zu Berlin, — TI, Lief. 2.) 1909. Fol. Porn) 2 0; an 86 Mark. issenschaftliche Rundschau ‚vom 17. November 1910: ie AS Wie wohltuend wirkt es nun, wenn man ein Werk vor ah He en mt, wie En Herm Friese über die Bienen Afrikas, Herr Friese hat die Bearbeitung m Leonh. Schutze von seiner. Forschungsreise in Südafrika mitgebrachten nausbeute ausgedehnt zu einer umfangreichen, geradezu musterhaften nn er Bienen Afrikas; nicht mit aufgenommen sind | die Arten der paliiarktischen Region - er madagassischen Subregion. Es sind nicht bloß sämtliche bisher bekannte —603° Arten kritisch gesichtet und ausführlich beschrieben, größtenteils auch in Bestim- = . mu en gebracht, sondern es sind auch Betrachtungen über Verbreitung, irliche Verwandtschaft der Formen, Einwanderungsstraßen, Einfluß von Klima == | Existenzbedingungen usw. sons zahlreiche Kartenskizzen und 2 Taten m itdruck sind beigegeben. Das Werk zeigt uns, welche sponte: arbeit? a ee dae tigung einer im Verhältnis en ‚Gruppe birgt. BE Ses a ungen der Schweiz. entomolog. Gesellschaft. 1911. Bd. TE Heft 2: RE Durch diese hervorragende Arbeit sind nicht nur unsere Kenntnisse Her Bienen | “des schwarzen Erdteiles in hohem Grade erweitert, ja erschlossen worden, sondern ist auch ein glanzvolles Vorbild für die Bearbeitung von Faunen, ee rd Die Ausstattung des Buches ist prachtvoll. — | ae CHE jisches Zentralblatt. 17. Bd. Nr. 3/4, 15. Marz 1910: à SE Den Hauptteil des Werkes nehmen naturgemäß dis en en ER ngen und Arten ein; fast stets sind Bestimmungstabellen, oft nach dem Ge- echte getrennt, den letzteren vorausgestellt. Bei Arten, ke dem Verf. nicht agen, wird die Ori, Bellen meist wörtlich kopiert, seltener im Auszug, ergegeben. Schließlich sei noch hervorgehoben, daß die beiden Tafeln wahre — chtstiicke deutscher Kunst sind (A. Giltsch-Jena), so daß uns hier in der Tat ganz außerordentlich prächtige Leistung in Wort ae Bild Re zu der va > en wie fet nee au rn er lückwünschen. | FE RW; ve Dal a Torre (Innsbruck), aniden | ions und. einige ved Nachbarstaate on Dr. Ad. Lutz, Dir. des Staatl. Basnule, En a Sao Paulo Brasil Zoologische Jahrbiicher. Herausgeg. von Prof. Dr. J. W. a GieBe Bee £, ae = Mit 2 nr Tafel In. 1809. \ - . Prei ss fa Pirin allen ei = plutsaugenden Dipteren. bet aden x zur age za in den deutschen Kolonien lebenden Krankheitsüberträger. Von Dr. Karl Grünberg, Assistent. m zoolog. 127 Abbildungen im Text. 1907. (VI, 188 8. er. : 4 Mark 5 oe _ Inhalt: Allgemeiner Teil. — Systematiseher Teil. „Piel Cult. ea Chironomidae. : Simuliidae, Tabanidae. Leptididae. Therevid ae. Per | roue Aron Muscidae. "rapie. Le Fa de “Nash Ri Gait ne L Hymenopteren Mitteleuropas. ppg bers are ge naa. Arten analytisch bearbeitet von Prof. Dr. ©. She EN AA oe enburg. Mit 120. Abbildungen im Text. (VI, 804 ur: 80) 1907.2 eee Deere! Sh biais, 20 Mark. 2 erf. hat hier sämtliche in Mitteleuropa vorkommenden Familien und Gattungen _ 2% ren analytisch bearbeitet, z. T. die Tabellen auch auf ganz Europa ie akuleaten Hymenopteren sind sämtlich auch nach ihren Artenbe- 2 Ichneumoniden Aug eine Ras anderer ER: i Ton K. "Escherich, ie einem ee SS mit. Rite von A. Forel, Nils. ig m Michaelsen, F. Schimmer, F. Silvestri und E. Wasman Mit 3 Tafeln und 68 Abbildungen im Text. or. ‘+ 1900. Preis: 6 Mark 50 Pf., geb. 7 Mark 50 Pr 4 5 © Inhalt: Einleitung. Die Reise. I. Der Hügelbauer. Die Termitenhi Hügelbewohner. Hügelgenese, Baumethode usw. — II. Die Kartonfabı ıwarze“ oder die „Kot-Termite“. Die a Die übrigen Eut mes. — I. Verschiedene Beobachtungen un rat u Beobachtungen an Kun Simple. ‚Versuche de Lichtempfindlichk AY. Oekonomisches. - | | >” Systematischer ee re Geylon-Verkliten, Yon Nils Holm ‘JI, Ameisen von Ceylon. Von Prof. A. Forel. — II. Termitophile Coleop Ceylon. Von E. Wasmann, S. J. — IV. Myrmecophila Escheriehi, eine n tophile Ameisengrille. Von Dr. F. Schimmer. — V. Beschreibung der von K rich auf Ceylon gesammelten termitophilen Thysanuren, Myriapoden, | unbekannten mimetischen, termitophilen Coleopterenlarve. Von Prof. sh. a ee EN not ee as Von W. Michaelsen. x 1911, Heft 7: “ un eine Reihe von Er en sozialen Insek Lt in viel ee sich hie) Ere er yee nee a | noes Rien. auf tas wannste ee, R. Heymo : ersteh ee ae graph als ‘sehr mit Termitene z haben : en net Aie nage "Werk Tout en DT eigenen! Au bio azınchel, Beziehung | Lasandere, wertvoll. ee ra un Ss bi eed} ot anzud anzud ‘is oe ; ae ts pere LR D À Roi" > as VER ia ion Mae ua ER “i'r Sed or Ir u SORTE er Die „Zoologischen Physiologie der T. bilden einen B Scunsrr, W., die, ae er der B os beim en a ' “Sand einwiihlt oe is Le apa x v. BUDDENBROCK, W., Die a von er E und Physiologie. a Tafel re ur Verlag von Gustav Fi Soeben ers re Werke, Briefe ne Ges. as itz Müller. une nn Sn: À - (Eberswalde). AUS ; A erschienen Sind: (Arbeiten aus “den! ee 1844 — 1899. 48 einem Nachtrage, enthaltend die deutschen Uebersetzungen. portu Arbeiten.) 2 Bände Text (1510 Seiten) mit 303 Abbildungen ur mit 85 Tafel. Lex. a à Er Preis: a ; Seit dem im Jahre 1897 Ertoleten Tode des ae Beobachten: (Brasilien) ist der Herausgeber bemüht gewesen, den literari Fritz Müllers zu sammeln, um den Ertrag dieses ganz der Beo lebenden Natur gewidmeten Lebens der Wissenschaft nutzbar zu zu erhalten. Der vorliegende erste Band bringt in zwei Teilen von denen nur eine einzige als selbständiges Buch in den Handel ka alle übrigen in sehr vielen verschiedenen Zeitschriften des In- u zerstreut und daher teilweise nur schwer zugänglich waren. „Archivos‘‘ des Museums in Rio de Janeiro portugiesisch geschriel reichen außerordentlich wertvollen Arbeiten sind bisher deutsch wohl nur durch Auszüge und Berichte bekannt geworden. Sie der Urschrift und in deutscher Uebersetzung aufgenommen. Für Zoologen und Botaniker bergen Fritz Müllers Schriften ei Fülle zuverlässigster Beobachtungen und feinsinniger Anregungen, dem jüngeren Nachwuchs der Naturforscher wieder leicht zugängl der Herausgeber für eine dankenswerte Aufgabe, ja geradezu f 2 der deutschen Wissenschaft hielt. Denn die Arbeitsweise und Beobai Rn und nicht minder die Darstellungskunst des „Fürsten der Regbar af für alle Zeit als vorbildlich bezeichnet werden. Das mit Literaturnachweisen versehene ausführliche ‘Inhalt: ein Namenverzeichnis am Schluß des Werkes werden allen arbeite die Benutzung dieser sau Tatsache Rae wesentlich Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Über die Beziehungen zwischen primären und sekundären Sexualcharakteren bei Schmetterlingen. Von Heinrich Prell, Tübingen. Mit Tafel 6 und 3 Abbildungen im Text. Die Frage nach den Wechselbeziehungen, welche zwischen den Geschlechtsdrüsen einerseits und den sogenannten sekundären Sexual- merkmalen andererseits bestehen, ist in letzter Zeit bei Insecten. des öfteren der Gegenstand experimenteller Untersuchung gewesen Als geeignetes Material erwiesen sich dabei, wegen der Leichtigkeit, mit welcher sie sich in der Gefangenschaft züchten lassen, vor allem die Schmetterlinge. Hier findet sich eine große Reihe von Arten, welche durch tiefgreifenden sexuellen Dimorphismus ausgezeichnet sind. Die dimorphen Sexualcharaktere treten fast sämtlich nur in den beiden letzten Stadien der Entwicklung auf, bei der Puppe oder erst bei der Imago. Es war daher zu erwarten, daß Ver- änderungen in den Geschlechtsverhältnissen der Raupe mit Sicher- heit einen Einfluß auf die Gestaltung der imaginalen Sexual- _ charaktere ausüben würden, falls ein solcher überhaupt möglich war. So kommt es, daß seit OupEmans’ ersten Versuchen, welche auch die technische Brauchbarkeit der Lepidopteren, ihre Widerstands- kraft gegen die Folgen operativer Eingriffe, erwiesen, eine Reihe von Forschern den gleichen Weg beschritten haben. Neben der ursprünglich allein vorgenommenen Kastration ließ sich später auch Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 13 184 Heiseıch Pret, die Transplantation von Gonaden des entgegengesetzten Geschlechts ausführen, woran sich dann noch Versuche mit weiteren Komplikationen anschlossen. Das Ergebnis aller dieser Versuche war die Fest- stellung, daß die Anwesenheit der Gonaden auf die sekundären Sexualcharaktere bei Schmetterlingen keinen nennenswerten Ein- fluß habe. Im Folgenden möchte ich nun über einige Versuche berichten,. welche ich an dem bisher noch nicht in dieser Richtung verwendeten Grasspinner (Cosmotriche potatoria L.) angestellt habe. Die Gründe, welche für diese Wahl maßgebend waren, sollen später: erörtert werden. Die erforderlichen Operationen nahm ich sämtlich während des. Sommers 1913 im Zoologischen Institute der Kgl. Forstakademie Tharandt vor. Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser- Stelle meinem damaligen Chef, Herrn Prof. Dr. K. EscHErıcH, meinen aufrichtigsten Dank zu sagen für die Bereitwilligkeit, mit welcher er mir für meine Zwecke die Hilfsmittel seines Instituts zur Ver- fügung stellte. Ebenso bin ich den Herren Prof. Dr. M. Sranpruss- Zürich und C. Frıses-Bonn zu großem Danke verpflichtet dafür, daß sie so freundlich waren, mein auf operativem Wege beeinflußtes Faltermaterial mit umfänglicherem normalen Materiale sowie vor allem mit ihren thermisch beeinflußten Faltern zu vergleichen. Dem Entgegenkommen von Herrn Frines verdanke ich auch die Möglich- keit, die Kälteform des Grasspinners bildlich zur Darstellung zu‘ bringen. Geschichtliches und Wahl des Objekts. Die ersten Kastrationsversuche an Schmetterlingsraupen unter- nahm Oupemans (1895 —1896). Er wählte als Objekt den Schwamm- spinner (Lymantria dispar L.), weil dieser einmal einen starken: Sexualdimorphismus und dann auch durch ihre Gelbfärbung leicht: auffindbare Geschlechtsdrüsen besitzt. Über das Alter der ver-. wendeten Raupen werden keine Angaben gemacht; die Operationen wurden auf verschiedene Weise mit Pinzette und Schere vorgenommen. An dem gewonnenen Faltermaterial konnte er „bei keinem einzigen castrirten Thier auch nur die geringste Abweichung“ von dem normalen Habitus feststellen. Analoge Versuche mit Laszocampa. quercus L. scheiterten an der Ungeeignetheit des Objekts. Unabhängig von ihm experimentierte KrıLoscs wenige Jahre später (1904) mit Bombyx mori L. Er verwendete dabei Raupen im Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 185 dritten, vierten und letzten Stadium, welchen er einseitig oder beider- seitig mit einer heißen Nadel die Gonaden zerstörte. Die Untersuchung des Falter ergab, „that the destruction of the primary reproductive organs (ovaries or testes) before the secondary sexual characters are developed has no effect on the normal course of development a these characteristics“. Eine wesentliche Erweiterung der Versuche nahm MEISENHEIMER (1907—1908) vor. Er führte bei Lymantria dispar L. neben der Kastration auch Transplantationen von Gonaden und Exstirpationen des sogenannten Hrrorv’schen Organs aus. Was seine Technik der Kastration anlangt, so wandte er bei den Raupen der ersten beiden Stadien die galvanokaustische Methode an; bei den späteren Stadien erfolgte die Operation mit Schere und Pinzette. Die Transplantation nahm er so vor, daß er mittels eines Hohlmeißels sorgfältig exstir- pierte Gonaden einem kastrierten andersgeschlechtlichen Tiere unter die Haut schob und die Wunde durch Kollodium verschloß. Der einzige Einfluß, welchen er bei den Operationen beobachten konnte, war der, „dass die beim normalen @ in weniger starkem Masse hervortretende Neigung zur Ausbildung eines bräunlichen Anflugs der Flügelfarbe bei den Kastraten in höherem Grade in Erscheinung‘ tritt“. Weitere erfolgreiche Transplantationsversuche nahm MerrsEen- HEIMER an Orgyia gonostigma F. vor. Uber seine Operationen an Orgyia antiqua L., Dendrolimus pini L. und Cosmotriche potatoria L. sagt er nur, daß die Raupen der beiden letztgenannten weniger widerstandsfähig sind, erwähnt aber keine etwaigen Ergebnisse.’ Ungeeignet erwiesen sich die Raupen von Endromis versicolora L., Saturnia pavonia L., Agha tau L. und Dicranura vinula L. Wiederholt und ergänzt wurden die MEISENHEIMER’schen Ex- perimente von Korné (1908/10). Er verwandte die Arten Lymantria dispar L., L. monacha L., Porthesia similis Fuzssu., Stilpnotia salicis L., Euproctis chrysorrhoea L., Malacosoma neustria L., Gastropacha querci-: foia L., Pieris brassicae L., P. napi L., P. rapae L., Gonepteryx rhamm L. Bei sämtlichen Arten nahm er Kastrationsversuche vor, nur bei LZ. dispar, L. monacha, E. chrysorrhoea und G. quercifolia- auch Transplantation. Bei Z. dispar machte er schließlich noch : Versuche über die Wirkung einer gesteigerten Anzahl von Gonaden des gleichen oder des anderen Geschlechts, ferner Transfusionen von Hämolymphe und Infusionen von Gonadenextrakt des anderen: Geschlechts. Technisch wandte er nur die Exstirpationsmethode an, indem er die Gonaden bei kleineren Raupen mit einem Draht- 13* % 186 HEINRICH PRELL, häkchen, bei größeren mit der Pinzette entfernte; die Transplanta- tion vollzog er mit der Pipette. Auch er meint: „die Kastration ... alteriert weder die dimorphe Gestalt und Grösse der Raupen und Puppen, noch die dimorphe Gestalt und Grösse der Fühler, Flügel und Abdomina des ausgeschlüpften Falters, ja nicht einmal die Färbung und Zeichnung seiner Flügel in irgend einer Weise“, bestätigt dies für die Gonadentransplantation und kommt schließlich zu dem Schlusse, daß „die Herausdifferenzierung sekundärer Ge- schlechtscharaktere bei den Gliederfüsslern als von der Entwicklung der Gonaden unabhängig“ zu betrachten sei. Weitere Kastrations- und Transplantationsversuche nahm GEYER (1912) an Lymantria dispar L. und L. monacha L. vor, wobei er sich der Methoden von Korr@ bediente. Er widmete sein Interesse aus- schließlich dem Verhalten der Hämolymphe, welche sich als unbe- einflußbar durch die Operation sowohl in bezug auf ihren sexuellen Dimorphismus wie auf ihren Farbumschlag in der weiblichen Puppe erwies. Die Beeinflussung der sekundären Sexualcharaktere eines Ge- schlechts durch die Gonaden des anderen Geschlechts läßt sich nun auf zwei verschiedenen Wegen untersuchen. Einmal kann man die Gonaden transplantieren und in den kastrierten Organis- mus andersgeschlechtliche Gonaden einfügen. Diesen in seinen Er- gebnissen eindeutigeren Weg schlugen die bisher genannten Forscher ein. Daneben ist es aber auch möglich, Teile des Somas zu transplantieren und auf einen sonst nicht veränderten Organis- mus sekundär-sexualdimorphe Organe des anderen Geschlechtes zu übertragen. l So transplantierte Crampron das Hinterleibsende des g von _ Callosamia promethea auf den Vorderkörper des 9, indem er bei der Puppe die letzten Segmente abschnitt und an ihrer Stelle solche des anderen Geschlechts anheilte. Dabei ergab sich keinerlei Beein- flussung des Transplantats durch die andersgeschlechtliche Unter- lage oder deren Gonade. Denselben negativen Erfolg zeitigte der Austausch des Vorderendes zwischen männlichen und weiblichen Puppen der gleichen Art. Hier waren also selbst Gonaden, die nicht durch Übertragung in einen fremden Organismus in ihrer Wirkungsweise gestört sein konnten, nicht imstande, auf anders- geschlechtlich präformierte Organe einen Einfluß auszuüben, selbst wenn diese durch Transplantation geschwächt waren. Wiederholt Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 187 scheinen derartige Versuche mit künstlichem rein somatischem Herm- aphroditismus bei Arthropoden nicht zu sein. Gegen die Beweiskraft der von OUDEMAns und KELLOGG ge- machten Versuche lassen sich eine ganze Reihe von Bedenken er- heben. Der nächstliegende Einwurf war derjenige, daß die Raupen in zu altem Zustande operiert worden seien. Ihm zu begegnen war auf doppeltem Wege möglich. Zunächst konnte der Versuch gemacht werden, auch bei ganz jungen Raupen die Kastration vorzunehmen. Das tat MEISENHEIMER, indem er bei den zarten Räupchen vom ersten und zweiten Stadium die Gonaden galvanokaustisch zerstörte: KoPpE6 gelang es, im zweiten Stadium die Gonaden sogar zu exstirpieren. Daneben ist noch eine andere Möglichkeit geboten, die Vor- beeinflussung der Anlagen für die sekundären Sexualcharaktere durch die ursprünglich vorhandenen Gonaden vor der Operation zu zu umgehen. Zu diesem Zwecke wird nach der Kastration oder Transplantation ein sexuell dimorphes Organ entfernt. Geschieht das früh genug, so kann das Organ in seiner vollen — oder nahezu vollen — Größe regeneriert werden, und auf das Regenerat übt keine oder nur die transplantierte andersgeschlechtliche Gonade einen Einfluß aus. Diesen Versuch machte MEISENHEIMER, indem er die Flügelanlagen exstirpierte, Kopzc, indem er die Antennenanlagen beseitigte. In beiden Fällen zeigten auch die regenerierten Organe keinerlei Veränderung in bezug auf den Sexualdimorphismus. Gegen MEISENHEIMER konnte geltend gemacht werden, es möchten bei der Exstirpation Reste der ursprünglichen Flügelanlage erhalten ge- blieben sein; von diesen aus sei der neue Flügel regeneriert worden, und deshalb sei hier noch die ursprüngliche Vorbeeinflussung durch die normale Gonade wirksam. Dagegen konnte v. UBIscH zeigen, dab die Regeneration unabhängig von den alten Resten erfolge. Zu bedenken ist allerdings, daß auch die übrigen Zellen der thora- calen Hypodermis einmal Träger eines, wenn auch geringeren, sexu- ellen Dimorphismus sind, und dann, daß auch sie von der normalen Gonade beeinflußt wurden. Der zweite Einwurf geht davon aus, daß nicht die bloße Ab- wesenheit der normalen Gonaden eine Wirksamkeit auf die sekun- dären Sexualcharaktere ausübe, sondern erst die Anwesenheit der fremden Gonade. Um diesem Zweifel zu begegnen, nahm MEISEN- HEIMER die einfache Transplantation vor, und Korné ging noch 188 HEINRICH Pret, weiter, indem er sogar zahlreiche andersgeschlechtliche Gonaden implantierte. Auch diese Versuche gaben keine anderen Resultate als die ursprünglichen. Ein dritter Einwurf schließlich richtet sich nicht gegen die Experimente und deren Ergebnisse selbst, sondern gegen Verallge- meinerung der daraus gezogenen Schlüsse. Die Zahl der bis jetzt untersuchten Arten ist außerordentlich gering. Im Grunde ge- nommen ist eigentlich Lymantria dispar das einzige Objekt, über welches ausführlichere Versuchsberichte vorliegen. Es erscheint daher trotz der bestätigenden Versuche REseEn’s an Gryllus campestris zunächst fraglich, ob alle anderen Arthropoden oder auch nur alle Schmetterlinge wirklich das gleiche Verhalten aufweisen. | Selbstverständlich ist es praktisch so gut wie unmöglich, die Versuche auf eine große Zahl geschlechtsdimorpher Falter auszu- dehnen. Es handelt: sich also darum, für die Kontrollversuche ein Objekt zu wählen, bei welchem aus anderen Gründen ein ab- weichendes Verhalten anzunehmen ist. Sämtliche bisherigen Untersucher gingen bei der Wahl ihres Objekts allein von technischen Gesichtspunkten aus. Als solche sind zu nennen: leichte Beschaffbarkeit des Materals in beliebiger Menge, geringe Schwierigkeiten bei der Aufzucht, große Wider- standsfähigkeit der Raupen gegen operative Eingriffe und leichte Auffindbarkeit der Gonaden (infolge von Pigmentierung ihrer binde- gewebigen Hülle). Daß nur Arten mit starkem Geschlechtsdimor- phismus verwendbar sind, ist selbstverständlich. Wie aber das Ver- halten des Geschlechtsdimorphismus unter irgendwelchen physiolo- gischen Eingriffen ist, wurde bei der Wahl des Objekts nicht be- rücksichtigt. Und doch. liegen in dieser Richtung schon zuver- lässige Angaben über verschiedenartiges Verhalten vor. Zum Studium. von Stammesgeschichte, Verwandtschaftsbezie- hungen und Rassenbildung bei Schmetterlingen sind in umfang- reichem Maßstabe von den verschiedensten Seiten Versuche über den Einfluß der Temperatur auf die Farbe der Schmetterlinge ge- macht worden. Die Mehrzahl dieser Versuche wurde aus äußeren Gründen an Tagfaltern mit geringem sexuellen Dimorphismus vor- genommen, relativ wenige dagegen an sexuell dimorphen Schmetter- lingen. Diese: wenigen Versuche genügen aber bereits, um eine Ungleichheit im Verhalten des sexuellen Dimorphismus beim Tem- peraturexperiment zu zeigen. Meistens wird der Sexualdimorphismus durch die Temperatur Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 189 in keiner Weise beeinflußt, so beispielsweise bei ZL. quercus. In einigen Fällen ist es aber gelungen, eine deutliche Verschiebung in den sekundären Sexualmerkmalen zu erzielen. Gelegentlich der Besprechung des Einflusses, welchen die Operationen auf die Farbe meiner Versuchsfalter ausübten, werde ich diese Fälle im Zusammen- hang anführen. Hier möchte ich nur kurz auf die erfolgreichen Versuche von Frines (1907) und Sranpruss mit Cosmotriche pota- toria L. eingehen. le Frings brachte frische Puppen dieses Spinners 30—35 Tage lane in eine Temperatur von — 6° C, Stanpruss hielt sie (nach brief- licher Mitteilung) 42—44 Tage im Eisschranke bei +—4° C. Bei derartig vorbehandelten Faltern erschien dann „der ganze grosse Färbungs-Dimorphismus gänzlich geschwunden, d. h. die Geschlechter sind in ihrer Färbung völlig gleich geworden“ (Frines). Der Ver- gleich eines den Frines’schen Originalzuchten entstammenden Pär- chens der so erzielten Falteraberration mit den daneben abgebildeten normalen Faltern zeigt, daß die Kälteform in beiden Geschlechtern gleich weit von der Norm abweicht und so eine Mittelstellung zwischen beiden einnimmt. Diese Bildung einer Zwischenform ist kein bloßer Zufall, denn einmal konnte Stanpruss ihr regelmäßiges Auftreten bestätigen, und dann ist die Form auch wie die Kälte- formen mancher anderer Falter bei uns in seltensten Fällen im Freien gefunden worden, während sie im Norden (Esthland) häufiger sein soll (SPULER). Wie bei allen derartigen Versuchen, erwies sich, daß die Kälte auch auf die Entwicklung der Geschlechtsprodukte einen hemmenden Einfluß ausgeübt hatte. Von 4 untersuchten weiblichen Faltern (Frines) enthielten 3 in ihren Ovarien nur '/, der normalen Eizahl, einer nur !/, (30—35 bzw. 54 statt mindestens 150 Eier). Es lag nun die Möglichkeit nahe, daß die Schädigung der Gonaden das Primäre wäre und daß die Veränderung der Farbe erst sekundär dadurch veranlaßt sei. Wie dem auch sei, soviel stand jedenfalls fest, daß der Ge- schlechtsdimorphismus von C. potatoria eine gewisse Labilität auf- wies. Er verhielt sich also in dieser Beziehung abweichend von L. quercus, die keine, und L. dispar, die nur eine geringe Labilität besitzt. War überhaupt bei einem Falter die Beeinflussung eines sekun- dären Sexualmerkmales durch operative Eingriffe zu erwarten, so mußte das bei C. potatoria geschehen. Das Zusammenfallen mit der 190 Hernricx Pret, Reduktion der Gonaden schien noch weiter dafür zu sprechen. Aus diesem Grunde wählte ich den Grasspinner als Hauptobjekt für meine Nachprüfung der Befunde an O. dispar. Um gleichzeitig noch einen Fall zur Hand zu haben, wo eine Beeinflussung der Farbe durch einen Eingriff in die Geschlechts- verhältnisse wegen der Beständigkeit des Sexualdimorphismus bei Kälteversuchen nicht zu erwarten war, nahm ich als zweites Objekt L. quercus. Infolge äußerer Umstände ging das meiste Material von diesem Spinner aber zugrunde, so daß ich schließlich nur zwei Falter durchbrachte. Eine Beschreibung dieser Versuche habe ich an anderem Orte gegeben; hier genügt der Hinweis, daß die beiden kastrierten Männchen, wie zu erwarten gewesen war, in ihrer Färbung vollständig dem normalen Typus entsprachen. Auch für die Technik der Versuche an C. potatoria wurden von den Temperaturexperimenten Hinweise entlehnt. Bei O. dispar konnte der Einwurf gemacht werden, daß die Operation zu spät vorgenommen worden sei. Diese mutmaßliche Fehlerquelle suchten die Experimentatoren auf schwierigen Wegen zu umgehen. Bei der Fragestellung für die Versuche am Grasspinner liegen die Verhält- nisse weit einfacher. Die zu den Frınss’schen Versuchen benutzten Raupen hatten normale Gonaden, welche in normaler Weise den Körper beeinflußten. Trotzdem konnte durch die Wirkung der Kälte der Dimorphismus in der Flügelfärbung noch bei der Puppe ange- griffen werden. Daraus geht hervor, daß die Flügelfärbung erst. m Puppenstadium bestimmt wird, wie das nach dem Verhalten bei sonstigen Temperaturversuchen ja längst bekannt ist („sensibles. Stadium“). Erfolgte diese Färbungsbestimmung indirekt durch die thermische Schädigung der Gonaden, so mußte eine direkte operative Schädigung bzw. die Entfernung oder die Transplantation der Gonaden im frühen Puppenstadium auch genügen, um die Färbung zu beeinflussen. Wurde also der Eingriff in die Geschlechtsverhältnisse noch in dem der Puppe vorangehenden Stadium vorgenommen, so war er schon etwas früher erfolgt als erforderlich. Eine Operation im letzten Raupenstadium reichte also für die vorliegenden Zwecke vollständig aus. In Anbetracht der später sich herausstellenden großen Empfindlichkeit der jüngeren C. potatoria-Raupen war diese von Anfang an gemachte Erwägung von einiger Tragweite für das Gelingen der Versuche. Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 191 Material und Methoden. Im Hinblick auf die Größe und Konstanz des Sexualdimorphismus schien es nicht erforderlich, nur ausgesuchtes Elternmaterial zu be- nutzen und die Zucht vom Ei ab im Zwinger vorzunehmen. Damit war es auch ermöglicht, an sich meist widerstandsfähigere Freiland- tiere zu verwenden. Es wurden daher Raupen bezogen, welche in der Umgebung von Berlin gesammelt waren und von denen sich die Mehrzahl beim Eintreffen schon im letzten, nur ein Teil noch in jüngeren Stadien befand. Die Raupen wurden in verschiedenen Zuchtbehältern unter- gebracht. Am meisten bewährten sich dabei große mit Drahtgaze- fenster versehene Holzkasten, deren Boden mit feuchtem Moos oder besser mit lebenden Grassoden etwa 5 cm hoch bedeckt war. In diese Unterlage waren dann mehrere Glasgefäße zur Aufnahme der in Wasser gestellten Futterpflanzen eingesenkt. Als Futter dienten verschiedene Gräser. Am liebsten gefressen wurden Carex-Arten, doch war es unmöglich diese in ausreichender Menge zu beschaffen; von Wiesengräsern wurde im allgemeinen nur Triticum repens L. angenommen, merkwürdigerweise aber nach der Operation fast aus- nahmslos verschmäht. Nach zahlreichen Versuchen mit anderen Gräsern erwies sich die an fließenden Gewässern überaus häufige sroße Phalaris arundinacea L. als geeignetste Futterpflanze und wurde daher auch dauernd gegeben. Angaben darüber, daß dieses Gras überhaupt zu den für Cosmotriche potatoria bekannten Futter- pflanzen gehört, konnte ich übrigens nicht finden. Das Futter mußte oft .erneuert werden, da die Raupen sehr stark und ziemlich verschwenderisch fraßen; daneben mußte auch für eine reichliche Besprengung gesorgt werden. Schon der Art- name des Grasspinners, potatoria, weist auf sein starkes Trink- bedürfnis hin. So war es nötig, in den heißen Sommertagen täglich mindestens zweimal die Raupen tüchtig zu besprengen, und gleich darauf konnte man sehen, wie sie gierig die großen Wassertropfen aufsogen und dann sofort ans Fressen gingen. Auch direkte Sonnen- bestrahlung war den Raupen sehr zuträglich. Die zur Operation bestimmten Raupen wurden in kleinen dicht- schließenden Glasschalen durch Ätherdampf betäubt. Zu vermeiden war dabei jede direkte Berührung mit dem Äther, welche die Raupen schwer schädigt. Die Dauer der Narkose wurde so bemessen, dab die Tiere herausgenommen wurden, sowie die schwachen Zuckungen 192 Herrico Pret, in den Afterfüßen der sonst schon gelähmten Raupen aufhörten. Eine längere Narkose führt zu tetanischer Muskelspannung, die zwar nicht tödlich, bei der Operation aber hinderlich ist. Wichtig war ein guter Ernährungszustand der Raupen; Tiere, die ich einen Tag hungern ließ, damit der Darm nicht so stark gefüllt wäre, über- standen die Eingriffe viel schlechter. Die betäubten Raupen wurden möglichst lang ausgestreckt, um das Körpervolumen zu vergrößern und den Blutdruck entsprechend zu verringern. Hierauf wurde auf der Rückenseite des 5. Abdominal- segments ein etwa 4 mm langer Querschnitt mit der Schere ange- bracht. Wenn derselbe zwischen den ersten beiden der mit kurzen schwarzen Stachelhaaren besetzten Höckerpaare ausgeführt wurde, traten beim Auseinanderziehen der Wundränder die Gonaden sofort zutage. Die Gonaden wurden nun mit feiner Pinzette vorsichtig gefaßt, hervorgezogen und durch einige Scherenschnitte herausgelöst. Hierauf wurden die Wundränder möglichst glatt aneinander gepreßt, das reichlich hervorquellende Blut mit reinem Fließpapier abgesogen und dann rasch mit verdünnter Ätherkollodiumlösung über die Wunde gepinselt. Für die Transplantation wurden die isolierten Geschlechtsdrüsen zunächst in Rısger’sche Flüssigkeit geworfen, in der sie zum mindesten stundenlang ungeschädigt aufbewahrt werden konnten. Beim Einführen derselben in den fremden Organismus wurde dann neben dem Darm durch Auseinanderspreizen mit der Pinzette ein kleiner Hohlraum gebildet, in den die zu transplan- tierenden Gonaden hineingleiten konnten. Der Wundverschluß er- folgte in gleicher Weise wie bei der Kastration. Im allgemeinen bietet die Operation keine Schwierigkeiten. Es wurde selbstverständlich mit aseptischen Instrumenten gearbeitet und auf möglichste Sauberkeit geachtet. Die Durchschneidung des Dorsalgefäßes ist ohne die geringste Bedeutung für die Lebens- fähigkeit der Raupe; ebenso können bei der Operation größere Fetzen des Fettkörpers mit beseitigt werden. Sorgfaltig zu ver- meiden ist aber jede Beschädigung der Darmwand und der Vasa Malpighii. Verletzungen beider Organe, die besonders bei der Trans- plantation leicht vorkommen, führen fast ausnahmslos zum Tode; nur in einem Falle fand ich in einem Falter noch ein Stück eines nahezu unveränderten larvalen Harngefäßes, das augenscheinlich bei der Operation abgeschnitten worden und so der Umbildung ent- gangen war. Etwa mit implantierte Fremdkörper, chitinige Haut- fetzen oder Stachelhaare, stören Heilung und Entwicklung nicht; Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 193 wenn nicht gleichzeitig eine Infektion statthat. So traf ich mehr- mals derartige Haare von degeneriertem Fettkérper umgeben im Inneren von Versuchsfaltern an. Die Auffindung der Geschlechtsdriisen im Raupenkörper stößt auf keine Schwierigkeiten, da dieselben durch die Färbung ihrer bindegewebigen Hülle hervortreten. Bei den jüngeren Raupenstadien sind die Gonaden beider. Geschlechter blaßgelb gefärbt, die männ- lichen meist etwas dunkler, die weiblichen oft fast weißlich. Zu Beginn des letzten Stadiums sind die Ovarialanlagen zitronengelb, die Hodenanlagen leuchtend orangegelb; im Laufe der Entwicklung erreichen dann die Ovarien allmählich fast den gleichen Pigmen- tierungsgrad wie die Hoden. Nach dem Erwachen aus der Narkose pflegten die operierten Raupen unter heftigen Zuckungen um sich zu schlagen. Es war dann nach einiger Zeit erforderlich, den Wundverschluß nach- zuprüfen und ihn dort, wo er vom Blutdrucke gesprengt war, aus- zubessern. Binnen kurzem beruhigten sich die Raupen und be- gannen langsam umher zu kriechen; nach einem halben Tage waren die meisten schon wieder soweit erholt, daß sie Futter annahmen. Wichtig war eine reichliche Besprengung, da die operierten Raupen ein gesteigertes Wasserbedürfnis besitzen. Die Hauptmenge der Verluste fiel naturgemäß in die erste Zeit nach der Operation. In manchen Fällen ließ sich dann bei der Sektion direkt als Todesursache eine Verletzung des Darmes u. a. nachweisen. Manchmal verweigerten die Raupen ohne ersichtlichen Grund die Nahrungsaufnahme, vielleicht infolge übermäßigen Blut- verlustes zu sehr geschwächt oder bei der Operation irgendwie in- fiziert. Auffällig war die Verschiedenheit der Verluste bei den einzelnen Altersstufen. Von Raupen vor der letzten Häutung wurden im ganzen nur 30 operiert. Von diesen überstand eine einzige die letzte Häutung, nach welcher sie an der Schnittstelle eine breite weiße Narbe trug; sie war ziemlich schwächlich und ging dann bald ein, ohne sich verpuppen zu können. Von den Raupen, welche im letzten Stadium operiert waren, entwickelten sich fast alle diejenigen gut, welche erst einmal Futter angenommen hatten. Sie erreichten genau dieselbe Größe wie die normalen Kontrolltiere, spannen sich wie diese ein und verpuppten sich nach einigen Tagen im Kokon. Nur wenige (4) waren nicht imstande, sich der Raupenhaut zu entledigen und starben unverpuppt. Die Puppen besaßen alle die normale Gestalt und Größe und zeich- 194 Hernricu PRELL, neten sich nur durch das Vorhandensein eines quergestellten Ein- druckes auf der Riickenseite des 5. Segments aus, eine Folge der Narbe in der Raupenhaut. Die Zahl der Versuchsraupen betrug insgesamt 114 Stiick, welche an verschiedenen Tagen vom 20./5. bis 3./6. 1913 operiert wurden. Die erste Verpuppung einer Versuchsraupe fand am 2./6. statt, der erste Falter schlüpfte am 3./7. aus. Neben den operierten Raupen wurde noch eine geringe Anzahl von normalen unter den gleichen Bedingungen aufgezogen. Auch diese begannen etwa zur selben Zeit mit dem Schlüpfen (1./7.). Die fertig erhärteten Faller tötete ich mit Blausäure und schnitt ihnen die Abdomina ab. Die Vorderkörper wurden gespannt; die Leiber sezierte ich in physiologischer Kochsalzlösung. Die prä- parierten inneren Geschlechtsorgane wurden im Zusammenhang mit den äußeren Genitalien isoliert und in Alkohol konserviert. Sämtliche erzielten Falter wurden in der Reihenfolge des Aus- schlüpfens mit laufenden Nummern versehen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um normale kastrierte, transplantierte oder anders be- einflußte Tiere handelte. Nach Abschluß des Versuches lagen an Faltern zusammen 55 ‚vor, von denen 32 operiert waren, und zwar: an g¢ der Stammart: 10 normale, 10 vollständig kastrierte, 1 halbseitig kastriertes, 6 trans- plantierte und 1 mit zwei akzessorischen Hoden; an dd der Aberration ‚berolinensis: 3 normale, 1 transplantiertes, 1 mit zahlreichen (6) Ovarien; an 92 der Stammart: 10 normale, 8 kastrierte, 3 trans- plantierte und 1 zwittriges. In der Tabelle I habe ich die Falter in der Reihenfolge des Schlüpfens mit den erforderlichen Daten zusammengestellt. Schon an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß durch die Operation die Dauer der Puppenruhe nicht, oder nicht nachweisbar, beeinflußt wurde. Ebenso trat in der bei Insecten ja weit verbreiteten Er- scheinung, daß zunächst die gg und gegen das Ende der Schlüpf- periode erst die Mehrzahl der 92 die Puppe verlassen, keine Ver- schiebung ein. Alle meine Falter sandte ich zur Beurteilung an die Herren Cart Frines-Bonn und Prof. Dr. M. Sranpruss-Ziirich. Bei Be- sprechung der Färbungsveränderungen werde ich Gelegenheit haben, auf deren Mitteilungen zurückzukommen. Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 195 Der Einfluß der Operation. Der Dimorphismus zwischen & und 2 von C. potatoria besteht im Auftreten einer ganzen Reihe von konstanten Differenzen zwischen beiden Geschlechtern. Wie bei zahlreichen Spinnern sind die An- tennen der gd von C. potatoria zweireihig lang gefiedert. Die Fiedern selbst sind mit Sensillen außerordentlich dicht besetzt; be- sonders die Zahl der langen, endwärts abgestumpften S. trichodea ist sehr groß. Bei den weiblichen Faltern sind die Fühlerfiedern kurz und nur sehr spärlich mit haarförmigen Sensillen besetzt. Auch der Flügelschnitt beider Geschlechter ist verschieden. Die Flügel der weiblichen Falter gleichen denen verwandter Spinner im Umriß fast völlige. Bei den männlichen Flügeln erscheint dagegen der Vorderrand der Vorderflügel etwas verkürzt, die Seiten stärker ge- rundet; die Vorderwinkel sind relativ rund und treten kaum hervor. Wesentlich auffälliger sind die Unterschiede in der Färbung der Flügel. Diese sind im männlichen Geschlechte dunkel violettbraun, im weiblichen ockergelb. Statt einer genaueren Schilderung der Verhältnisse im einzelnen zu geben, möchte ich mich mit dem Hin- weise auf die Abbildung eines typischen Pärchens begnügen. Die Unterschiede im Aussehen des Abdomens beruhen zum Teil auf der Ausbildung der Geschlechtsorgane. Es liegt auf der Hand, daß die orofen Ovarien viel mehr Platz beanspruchen als die Hoden. Während also die SS sehr schlanke, im Querschnitt fast gleich- seitig dreieckig erscheinende Abdomina besitzen, sind diejenigen der OD dick rund aufgetrieben. Einen weiteren Unterschied bildet es noch, daß beim & an der Hinterleibsspitze die Beschuppung außer- ordentlich lang ist und in dichten Büscheln absteht, so daß der Hinterleib nach hinten geradezu erweitert scheint, Daß schließlich auch die Copulationsorgane und die Ausführungsgänge der Gonaden mit ihren Anhangsgebilden bei beiden Geschlechtern tiefgreifend verschieden sind, bedarf kaum der Erwähnung. Im Folgenden soll kurz geschildert werden, wie sich diese Merk- male bei den operierten Faltern verhalten. Allgemeine Morphologie. Betrachtet man die Gestalt des normalen und des kastrierten oder transplantierten Falters nebeneinander, so überrascht der außer- ordentlich geringe Unterschied zwischen beiden. Was zunächst die Größe der Versuchsfalter anlangt, so ent- 196 Heinrich PRELL, spricht dieselbe völlig der normalen. Irgendwelche direkte Hemmung oder sonstige Beeinflussung des Stoffwechsels findet durch die opera- tive Behandlung der Gonaden nicht statt. Da überdies die Raupen nach der Operation eifrig weiter fraßen und die gleiche Größe wie normale erreichten, konnten sich auch eben so große Falter ergeben wie diese. Es gilt dies für beide Geschlechter in gleicher Weise. Wie die Größe, so wurden auch die morphologischen Sexualunter- schiede durch den Versuch nicht berührt. Der Dimorphismus der Antennen war in keiner Weise beeinflußt. Die kastrierten wie die transplantierten Falter zeigten genau die gleiche Differenz in der Fiederlänge und in der Zahl der Sensillen wie die normalen. Ebenso wich der Flügelschnitt der Versuchsfalter in keiner Weise von dem der Kontrolltiere ab. Der Umriß des Flügels ist bei der Beurteilung des Sexualdimorphismus mit besonderer Vorsicht zu verwenden. Die in der Puppe noch relativ klein angelegten Flügel werden nach dem Schlüpfen durch Einpressen von Hämo- lymphe entfaltet. Der ausgebreitete Flügel ist dann zuerst noch ziemlich weich und erhärtet erst allmählich. Wird nun ein frisch geschlüpfter Falter zu früh abgetötet und obendrein durch Ab- schneiden des Abdomens dem Blut ein Ausweg verschafft, so ist das natürlich von Einfluß auf die ausgespannte Flügelmembranen. Die Spannung läßt sofort nach, und die elastische Haut kontrahiert sich etwas, so daß die Flügel auf der Fläche wellig erscheinen und auch im Umriß leicht etwas verändert werden. So befand sich unter meinem Material ein @ (No. 46), dessen linker Vorderflügel einen etwas verkürzten Vorderrand zeigte und damit sich dem männlichen Typus näherte In Wirklichkeit war es ein normales 2, welches ich irrtümlich zu früh nach dem Schlüpfen seziert hatte und bei welchem ich während der Sektion die allmähliche Veränderung der Flügelform beobachten konnte. Auch die Schuppenform wurde durch die Operation nicht beeinflußt. Schon oben wurde darauf hingewiesen, daß die äußere Gestalt des Abdomens in weitgehendem Maße durch die darin befind- lichen Gonaden bestimmt wird. Wenn in der Verteilung der Gonaden eine Veränderung eintritt, so muß dies auch die Körpergestalt be- einflussen. Fehlen dem weiblichen Falter die 8 großen Eiröhren, welche normalerweise den größten Teil seines Leibes erfüllen, so ist naturgemäß der Leib schlanker, ganz gleichgültig, ob nur eine Ka- stration stattgefunden hatte oder an Stelle der weiblichen Gonaden die relativ kleinen Testes transplantiert worden waren. Bei den Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 197 männlichen Faltern macht sich der Verlust der Hoden äußerlich nicht bemerkbar, da die fehlende Masse zu gering ist. Dagegen führt das Vorhandensein von Ovarien im männlichen Körper selbst- verständlich zu einer Auftreibung des Abdomens über die gewöhn- liche Größe hinaus. Während nun bei anderen Faltern (Orgyia gonostigma F.) diese Beeinflussung der Abdominalgestalt durch die Gonaden sehr groß zu sein scheint, ist das bei C. potatoria nicht der Fall. Hier ist sie in den meisten Fällen so gering, daß man allein nach der Form des Abdomens nur schwer sagen kann, ob bei dem betreffenden Tier eine Operation stattgefunden hat oder nicht. Die Ursache hierfür bildet die verschiedene Entwicklung des Fettkörpers. Beim normalen Falter-2 werden nahezu die gesamten Reservestoffe, welche die Raupe aufgespeichert hatte, zur Bildung der Eier verwendet. Von dem stark entwickelten larvalen Fettkörper ist daher in der Imago fast nichts mehr zu bemerken. Durch die Kastration wird diese Verwendung zur Dotterbildung ausgeschlossen. Die Reservestoffe bleiben also wie vorher in dem Speicherorgan des Fettkörpers liegen. An Stelle der Eiröhren füllt dann der vikariierend dafür stark ent- wickelte Fettkörper die Leibeshöhle aus und verleiht dem Abdomen eine ebenfalls, wenn auch weniger stark, aufgetriebene Gestalt. Um- gekehrt liegen die Verhältnisse beim $. Hier ist normalerweise das Abdomen von reichlich entwickeltem Fettkörper erfüllt. Die Reservesubstanzen dienen nur indirekt der Fortpflanzung, indem sie dem Tiere bei seiner geringen oder mangelnden Fähigkeit der Nahrungsaufnahme es ermöglichen, lange Zeit in rasendem Fluge auf der Suche nach einem 2 umherzustreichen. Erfolgt nun die Transplantation eines Ovars, so dienen die Reservestoffe zum Aufbau der Eier. Die Masse des Abdominalinhaltes wird also wenig be- einflußt, nur durch die abweichende Anordnung, vielleicht auch in chemischer Beziehung, wird eine Volumenvermehrung hervorgerufen. Die Beschuppung des Abdomens ist bei beiden Geschlechtern weder durch die Kastration noch durch die Transplantation irgendwie geändert worden. Geschlechtsapparat. An den Geschlechtswerkzeugen möchte ich zur Besprechung drei verschiedene Teile unterscheiden, den Copulationsapparat, die Geschlechtswege mit ihren Anhangsorganen und die Gonaden. Was zunächst den Copulationsapparat anlangt, so ließ 198 HeimeıcH PRELL, sich bei sämtlichen operierten Faltern nicht der geringste Unter- schied von der Norm in seinem Aufbau feststellen. Der Bau des Copulationsapparats ist demnach völlig unabhängig von den Gonaden. Ehe ich auf das Verhalten der Geschlechtswege und der Gonaden eingehe, möchte ich einen Blick auf den Bau des normalen inneren Geschlechtsapparats werfen. Im männliche Geschlechte sind die beiden Hoden durch eine gemeinsame Hülle zu einem einfachen kugelförmigen Organe vereinigt. Von diesem entspringen zwei zunächst etwas verdickte, dann rasch sich verengernde Vasa deferentia. Die akzessorischen Drüsen des männlichen Apparats sind zwei außerordentlich lange, an ihren Enden getrennte, sonst aber fest miteinander verbundene Schläuche. Kurz vor ihrem Übergange in den unpaaren Ductus ejaculatorius sind die Schläuche zu längsovalen Blasen erweitert. und in diese treten von der Seite her die Vasa deferentia ein. Kurz nach der Vereinigung der beiden Blasen erfolgt wieder eine Verengerung, und diese schlanke Gestalt behält der Ductus ejaculatorius bis zu seinem Eintritt in das Copulationsorgan. Beim 2 sitzen die je vier langen Eiröhren auf den kurzen paarigen Oviducten, die sich bald zum unpaaren Oviduct vereinigen. In diesen mündet von der Ventralseite her der dünne Gang zur Bursa copulatrix. Ihm gegenüber befindet sich auf einer kleinen Erhebung der Receptakelapparat. Er besteht aus zwei schlanken schlauchförmigen Drüsen, welche an ihrer Basis zu Blasen erweitert sind. Die beiden Blasen und das sackförmige Receptaculum seminis gehen gleichzeitig in einen feinen unpaaren Schlauch über, der wiederum kurz vor dem Eintritt in den Oviduct eine kleine Er- weiterung besitzt. Die Klebdrüsen schließlich sind außerordentlich lange Drüsenschläuche, welche am Ende seitlich in größere ovale Blasen einmünden. Die schlanken Stiele der Blasen sitzen der geringen Enderweiterung eines rasch dünner werdenden und kurz vor der Geschlechtsöffnung mündenden unpaaren Ganges auf. Die eigentlichen Geschlechtswege werden durch die Operation direkt mechanisch angegriffen und dementsprechend auch etwas verändert. Beim & enden die Vasa deferentia nach Kastration blind mit einer geringen Anschwellung. Die Länge des restierenden Teiles der Vasa ist abhängig von der Art der Operation; bei dem einzigen halbseitig kastrierten Falter waren das kastrierte und das mit einem Hoden versehene Vas annähernd gleich lang, während Korré bei L. dispar das kastrierte Vas oft kürzer fand. Unter- 299 Primäre und sekundäre. Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. see 666 S66626660¢6 © 222 ee 14 Fig. A. Männlicher und weiblicher Geschlechtsapparat von C. potatoria L. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 200 Henricx PRELL, schiede im Bau der Anhangsdrüsen oder des Ductus ejaculatorius konnte ich nicht feststellen. Beim 2 war die Art der Operation von noch größerem Einflusse auf die Gestalt der Oviducte. Bald war der Oviduct ganz kurz und unpaar, bald waren die beiden paarigen Aste noch erhalten. In einem Falle waren sogar auf der einen Seite infolge unvollständiger Exstirpation, wohl verbunden mit. Regeneration, noch Reste der vier Eiröhren, natürlich ohne Eier, erhalten. Abnorme Wucherungen, wie sie Korné von L. dispar be- schreibt, fand ich nie. Am Receptakel- sowie am Bursalapparat. konnte ich keinerlei Abweichungen finden. Bei den Klebdrüsen schien es zunächst, als ob sie bei operierten Individuen kürzere ver- zweigte Drüsenschläuche besäßen. Im weiteren Verlaufe stellte sich aber heraus, daß entsprechende Verzweigungen, astförmig oder kammförmig, auch bei normalen -Faltern auftreten und wohl nur eine Folge von Wachstumsstörungen durch Druck bedeuten. = b c d Fig. B. Weiblicher Geschlechtsapparat: verzweigte Kittdrüsen. Die Untersuchung der Gonaden bietet ebenfalls keine Besonder- heiten. Die transplantierten Hoden besitzen stets einen kurzen Rest des Vas deferens; derselbe ist, wie schon Korr6 feststellte, als Regenerat von dem mit der Gonade exstirpierten Anlagenrest aus zu betrachten. In einem Falle beobachtete ich ebenfalls das. Vorhandensein zweier derartiger Vas deferens-Regenerate und konnte dabei feststellen, daß der dazu gehörige Hoden einfach war — es handelt sich also dabei um eine doppelte Regeneration und nicht. um Verschmelzung zweier Anlagen. Was die Größe der transplan- tierten Hoden anlangt, so hat man den Eindruek, als ob sie die- jenige eines halben normalen Doppelhodens etwas überträfe, das- selbe gilt auch besonders für den restierenden Hoden des einseitig kastrierten Falters. Dieser Unterschied kann auf vikariierende Hypertrophie zurückgeführt werden, er kann aber auch rein phy- Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 201 siologisch sein, da meist schon ein Teil des Spermas bei den nor- malen Hoden in die Leitungswege übergetreten ist. Der in ein normales Weibchen transplantierte Hoden (No. 16) war normal ent- wickelt. Die Färbung der Hoden wurde durch die Transplantation D Fig. C. Männlicher Geschlechtsapparat. a normaler Doppelhoden mit Vasa deferentia. b einfacher Hoden bei einseitiger Kastration. ce Vas deferens nach Kastration. d transplantierter Hoden. nicht beeinflußt. Die transplantierten Ovarien waren sämtlich durch die technischen Unvollkommenheiten bei der Operation etwas ge- schädigt. Ihre Eiröhren waren infolge verheilter Quetschungen vielfach miteinander verwachsen, die Zahl der Eier war gering. Während aber die Eier der Farbe nach, wegen des später noch ge- nauer zu behandelnden Fehlens eines grünen Farbstoffes, deutlich von den normalen abwichen, ließen sich Unterschiede in ihrer Form nicht nachweisen; in der Größe waren sie meist etwas zurück- geblieben, was wohl auf die mangelhaftere Ernährung zurückzu- führen ist. Färbung. Weitaus das größte Interesse beansprucht der Einfluß, welchen die Operationen auf die Färbung des Grasspinners hatten. Wurden doch die Versuche nur im Hinblick darauf angestellt, daß die Frines-Stanpruss’schen Kälteversuche eine gewisse Labilität der Färbung von C. potatoria erwiesen hatten. Die Hoffnung, daß diese Labilität der Färbung auch der Anwesenheit oder dem Fehlen der Gonaden gegenüber sich bemerkbar machen würde, hat sich nur zum Teil bestätigt. Nur männliche Falter zeigten eine Tendenz zur Thelyidie, während bei den weiblichen jegliche Anzeichen von Arrhenoidie fehlten. Es erscheint unnötig, eine genaue Beschreibung des Außeren 14% 202 Hetnricn Pret, aller Falter zu geben, welche in meiner Zucht erzielt wurden. Ich beschränke mich daher darauf, die allgemeinen Resultate zu er- wähnen und durch die Tafelabbildungen zu erläutern. Eine Be- sprechung der Färbung kann sich dabei füglich auf die Flügelfarbe beschränken, da die Farbe des übrigen Körpers etwa dem Mittel- wert für die Flügel entspricht. Ich beginne dabei mit den männlichen Faltern der Stamm- art (Nominalform). Bei der Betrachtung des gesamten Materials stellte sich heraus, daß es möglich war, sämtliche erhaltenen männlichen Falter von C. potatoria — normale, kastrierte und transplantierte — in einer Reihe einzuordnen. Als Ausgangspunkt wurde dabei derjenige Falter gewählt, welcher in seiner Farbe am weitesten von dem weiblichen Typus entfernt war. Bei diesem Individuum, weiches von dem mir vorliegenden Material also am ausgesprochensten die männliche Richtung des Geschlechtsdimorphismus repräsentiert, ist die Grundfarbe der Vorderflügel überall violettbraun, nur im Ge- biete des Analfeldes findet sich eine schwache gelbliche Aufhellung. An diesem dunklen Typus schließen sich dann weiter Formen an, bei denen von der Nierenmakel der Vorderflügel aus ein gelber Wischer sich bis zu der dunklen Schräglinie hinzieht. Weiterhin erfolgt dann eine Aufhellung außerhalb der Schräglinie, und auch innerhalb derselben tritt außer dem Streifen vom Nierenmakel aus Gelb auf. Die Aufhellung des Analfeldes breitet sich allmählich aus, wird rein gelb und verfiießt mit der gelben Färbung der Flügel- mitte. Außerhalb der gezackten Randbinde waren schon vorher kleine gelbliche Flecke erkennbar; diese nehmen nun an Ausdehnung zu und verschmelzen miteinander. Schließlich ist der Flügel fast ganz gelb, bis auf das dunkle Schrägband, die zackige Randlinie und einen breiten bräunlichen Wischer entlang der basalen Hälfte des Vorderrandes. Gleichen Schritt mit der Aufhellung des Vorder- flügels hält derselbe Vorgang bei dem Hinterflügel. Auch hier ver- schiebt sich allmählich der Grundton vom Bräunlichen ins Gelb- liche, ohne jedoch so tiefgreifende Unterschiede aufzuweisen.’) 1) Bei zahlreichen Faltern, und so auch bei C. potatoria, finden sich auf den Flügeln zweierlei Arten von Schuppen; kürzere, breitere bilden eine tiefere und längere, schlankere eine darüber liegende Schicht. Beide Schichten sind manchmal ungleich gefärbt, derart, daß die obere dunkler und eintöniger, die untere heller und an Zeichnungselementen reicher ist. Wird durch Abflattern die vergänglichere Oberschicht beseitigt, so er- Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 203 Interessant ist es nun, bei den so angeordneten Faltern zu ver- folgen, wie sich Färbung und Geschlechtsverhältnisse zueinander verhalten (Tabelle IT). Als erstes Resultat ergibt sich sofort, daß durch die Operationen keine durchgängisen Veränderungen besonderer Art verursacht werden. Alle Falter bilden miteinander eine ziemlich gleichmäßige Reihe, welche nicht entsprechend den Versuchen zwei oder drei mehr oder weniger scharf getrennte Gruppen unterscheiden läßt. Ein absoluter Unterschied im Verhalten der normalen, ka- strierten und transplantierten Falter besteht also nicht. Es schieben sich vielmehr die einzelnen Reihen so vollständig inein- ander, daß man eine Beeinflussung des Somas durch die Operation fast ausschließen möchte. Anders gestaltet sich das Bild, wenn man die Verteilung der einzelnen Gruppen innerhalb der gemeinsamen Reihe berücksichtigt. Schon ein Blick auf die drei Kolumnen der Tabelle II zeigt, dab der Hauptanteil der ersten oben, der der zweiten in der Mitte und der der dritten unten gelegen ist. Das tritt noch auffälliger hervor, wenn man den Schwerpunkt der Kolumnen als arithmetisches Mittel der Falter- nummern berechnet. Dabei ergibt sich, daß die normalen Falter im Mittel zwischen 9 und 10 (9,5), die kastrierten zwischen 15 und 16 (15,7), die transplantierten zwischen 21 und 22 (21,5) der Gesamt- reihe von 28 zu stehen haben würden. Ein relativer Unter- schied im Verhalten der drei Falterreihen ist demnach vor- handen. Durch die Operation wurde die Färbung des ¢ von C. potatoria beeinflußt, derart, daß bei Kastration im allgemeinen eine geringere, bei Transplantation eine größere thelytrope Auf- hellung stattfand. Bei der Spärlichkeit meines Kontrollmaterials an normalen Faltern schien es wünschenswert, noch weitere normale C. potatoria 6d zum Vergleiche heranzuziehen. Wie eingangs erwähnt, sandte ich daher meine Falter an Herrn C. Frives-Bonn. Aus seiner Ant- wort möchte ich an dieser Stelle die hierher gehörigen Sätze wörtlich wiedergeben: „Nun zu den dd: No. 5 und 27 sind so stark mit scheint der Falter daher heller. Das Gleiche gilt auch für C. potatoria, deren Oberschuppen größtenteils, deren Unterschuppen aber nur im distalen Abschnitt pigmentiert sind. Völlig unabhängig hiervon ist die Gelb- oder Braunfärbung der Flügel. Sie beruht auf der Anwesenheit verschieden gefärbter Pigmente in den Schuppen und betrifft in gleicher Weise beide Schuppenlagen. 204 Heinrich Pres, Gelb gemischt, dass sie sehr wohl vom Experiment beeinflusst sein können. Aberrativer Weise kommen solche Stücke gelegentlich in der Natur vor, doch ziemlich selten. No. 12 und 33 sind dagegen m. E. sicher vom Experiment beeinflusst; derartige Exemplare sah ich unter Normalzuchten niemals. Etliche Falter meiner Kälte- zuchten (30—35 Tage + 10° C) entsprechen Ihren beiden Tieren gänzlich. Es ist hier eine entschiedene Hinneigung zum Q-Typus durch bedeutende Aufhellung der Grundfarbe zu konstatieren ... Im übrigen konnte ich nichts irgendwie auffälliger Abweichendes vom Normaltypus des g unter den Faltern finden.“ Diese Mit- teilung war, wie ich ausdrücklich betonen möchte, in meinen Händen, ehe ich an Frıngs meinen Operationsbericht bzw. den anatomischen Befund mitteilte. Blickt man nun auf die Tabelle der Falter, so wird man finden, daß No. 5 und 27 kastrierte Falter, No. 12 und 33 transplantierte Falter bezeichnen! Danach konnte also ein Spezialkenner in zwei Fällen mit Wahrscheinlichkeit, in zwei weiteren mit Bestimmtheit an der Flügelfarbe den Eingriff in die Geschlechts- verhältnisse konstatieren. Diese Tatsache scheint mir trotz der Knappheit meines Materials von einschneidender Bedeutung für die Beurteilung zu sein. Während bei den dd eine ganz beträchtliche Verschiedenheit in der Färbung vorkam, ist das bei den weiblichen Faltern nicht der Fall. Hier beruht die gesamte Variabilität auf minimalen Schwankungen in der Intensität des Ockergelb und der Deutlichkeit der Zeichnung. Auf Tabelle IV habe ich die Gesamtheit der er- zielten Falter-2Q2 zusammengestellt, beginnend mit dem am hellsten gelb gefärbten und endend mit dem relativ dunkelsten. Eine weitere Bedeutung kommt dieser Anordnung aber nicht zu. Irgendwelche Unterschiede prinzipieller oder nennenswerte gradueller Art zwischen normalen, kastrierten und transplantierten $ sind nicht vorhanden. Die bei den Kälteversuchen auftretende Hinneigung zum männlichen Typus konnte durch einen Eingriff in die Geschlechtsverhältnisse nicht einmal andeutungsweise hervorgerufen werden. Neben den Faltern der Stammform in beiderlei Geschlecht erzogich aus dem Materiale auch einige gg von C. potatoria L. ab. berolinensis Heyne. Dies ist eine sehr eigentümliche Form, welche erst kürzlich in der Gegend von Berlin und in England aufgetreten und noch auf diese Gebiete beschränkt ist. Bei ihr sind die Flügel in ihrer Grundfarbe weißlich-gelb, mit wenig Ockergelb untermischt; die Zeichnung, welche mit derjenigen der Nominalform übereinstimmt, Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 205 “wird von schwarzer Beschuppung gebildet. Übergänge zwischen Nominalform und Aberration sind bisher noch nie beobachtet worden; eine Erklärung meiner aufgehellten Falter als Bastarde ist daher ausgeschlossen. Von dieser Aberration schlüpften mir im ganzen 5 44, von denen 3 normal und 2 transplantiert waren. Wie bei den 99 der Stammart, waren auch hier die Unterschiede nur minimal. Mit Sicherheit fest- zulegen ist eigentlich bloß die stärkere oder schwächere Ausdehnung des schwarzen Wischers entlang des Vorderrandes der Vorderflügel- basis. Der Vergleich mit den anatomischen Befunden zeigte, dab die beiden Falter mit stärkerer schwarzer Bestäubung die beiden transplantierten sind. Die Abweichung von den normalen &é ist aber so gering, daß derselben keinerlei Bedeutung beigemessen werden kann, zumal da das Vergleichsmaterial auch viel zu spär- lich ist. Hämolymphe und Eier. Die Existenz eines Sexualdimorphismus der Schmetterlings- hämolymphe wurde von Buckezz (1890) zum ersten Male nach- gewiesen und von STECHE (1909) wieder entdeckt. Eingehende Studien über diese merkwürdige Tatsache wurden von GEYER an- ‚gestellt, welcher seine Untersuchungen über eine Reihe verschiedener Insectenordnungen ausdehnte. Bei Schmetterlingsraupen fand er dabei vorherrschend, daß das g farblose oder hellgelbliche bis grün- liche Hämolymphe besitzt, das © dagegen intensiver gefärbte, meist grüne, seltner gelbe. Ein analoges Verhalten konnte ich auch bei C. potatoria feststellen. Bei den jüngeren Raupenstadien des Grasspinners tritt der Dimorphismus der Hämolymphenfärbung noch nicht ausgesprochen hervor. Die Hämolymphe ist hier glashell, mehr oder weniger grün- lich angehaucht. Zwar pflegt dieses Vorhandensein von Farbstoff bei den weiblichen Raupen im allgemeinen stärker zu sein, aber gelegentlich besitzen auch männliche ausgesprochen grünliches Blut, (dunkler sogar als manche weibliche Raupen. Dagegen hat es den Anschein, als ob die Intensität der Färbung bis zu einem gewissen Grade abhängig ist von der Zeit, welche seit der letzten Nahrungs- aufnahme verflossen ist: Raupen, die einige Tage gehungert hatten, besaßen durchgängig auffällig helle Hämolymphe. Danach würde also der Blutfarbstoff im Laufe der Zeit abgebaut oder ausgeschieden werden können. Leider ließ sich aus Mangel an Material nicht 206 Heinrich Pret, mehr feststellen, ob dies eine zufällige oder eine regelmäßig auf- tretende Erscheinung sei. Nach der letzten Häutung ist die Verschiedenheit stets ganz deutlich ausgeprägt. Die männlichen Raupen besitzen dann eine leicht gelbliche oder schwach grünliche Hämolymphe, die weiblichen eine mehr oder weniger ausgesprochen grüne. Die Puppen wurden auf ihre Blutfarbe hin nicht untersucht. Die Sektion normaler Falter ergab, daß bei den männlichen Tieren die Hämolymphe glashell mit einem Stich ins Gelbliche ist. Die Hämolymphe normaler 99 ist zwar nicht ganz farblos, sondern _ leicht schmutzig grau, aber im ganzen ist sie doch relativ hell und wenig von der des & verschieden. Anders verhielten sich die kastrierten Falter. Die männlichen Kastraten wichen in keiner Weise von den normalen dd ab und besaßen wie diese eine nahezu glasklare Hämolymphe. Das Blut der weiblichen Kastraten dagegen unterschied sich von demjenigen normaler 22 ganz auffällig durch eine satte tief dunkelgrüne Färbung. Auch die vorhandene Quantität der Hämolymphe erschien: hier größer. Über die Ursachen, welche dieser Verschiedenheit in der Fär- bung der Hämolymphe zwischen normalen und kastrierten 99 zu- srunde liegen, geben die transplantierten Falter einen Aufschluß. Auch bei diesen trat die Veränderung der Blutfarbe in derselben Weise ein wie bei den Kastraten; die gg mit Ovarien hatten glas- helles, die 2? mit Hoden dunkelgrünes Blut. Daneben wiesen aber auch die überpflanzten Gonaden eine Farbänderung auf, und zwar wiederum nur im weiblichen Geschlecht. Beim normalen Falter- weibchen sind die reifen Eier der Eiröhren sämtlich grün gefärbt. Im Gegensatz dazu besaßen die Eier, welche von transplantierten Ovarien in männlichen Faltern gebildet waren, ausnahmslos eine gelbe Farbe. Das Auftreten einer derartigen abweichenden Färbung der Eier ist augenscheinlich nicht als pathologische Veränderung zu betrachten, hervorgerufen etwa durch mangelhafte Ernährung der weiblichen Gonaden im männlichen Körper. Auch bei normalen © treten ge- legentlich — selten — gelb gefärbte Eier in den Ovarien auf, und zwar ganz unregelmäßig zwischen den grünen verteilt, ohne sich von diesen sonst irgendwie zu unterscheiden. Überträgt man ferner die grünen Eier in Alkohol, so wird aus ihnen der grüne Farbstoff ausgezogen, und statt dessen tritt ebenfalls wieder die dunkelgelbe Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 207 Färbung hervor. Somit bedeutet die Gelbfärbung der Eier weiter nichts, als daß in diesem Falle der grüne Farbstoff fehlt. Es handelt sich also nicht um eine Umfärbung, sondern um eine Aus- fallserscheinung. Vergleicht man nun die Eifärbung einerseits und die Blutfärbung, andrerseits, so kommt man zu einem überraschenden Resultat. Die erwachsenen Raupen besitzen im männlichen Geschlecht farbloses im weiblichen grünes Blut. Normale Falter-Q2 haben grüne Eier und farbloses Blut; kastrierte Falter-?2 haben dunkelgrünes Blut; . in männliche Individuen mit farblosem Blut transplantierte Ovarien produzieren ungefärbte, d. h. gelbe, nur des grünen Farbstoffes ent- behrende Eier. Daraus ergibt sich für C. potatoria die Herkunft der grünen Färbung normaler Eier mit einiger Sicherheit. Der grüne Eifarbstoff entstammt der Hämolymphe des mütterlichen Individuums. _ Daß er sich überhaupt bei Faltern so verhalte, hat bereits PovuLton vermutet, einen Beweis vermochte er aber nicht dafür zu erbringen. GEYER findet bei seinen Puppen zwar ein allmähliches Verschwinden des grünen Farbstoffes aus der Hämolymphe; betreffs seines Schicksals weist er aber nur auf die erwähnte Anschauung Pourrow’s hin, als deren Stütze auch er anführt, daß Falter mit ursprünglich grünem Blut grüne (S. ocellata), solche mit gelbem selbe (P. brassicae) und solche mit braunem braune Eier (L. dispar) legen. Welchem Zweck der Farbstoff im Ei dient, muß noch dahin- gestellt bleiben. PouLrton erblickt in ihm nur ein Hilfsmittel zu kryptischer Mimikry für das Ei oder die frisch geschlüpfte Raupe. Das ist in vielen Fällen ganz einleuchtend, versagt aber z. B. gegen- über den leuchtend gelben Eiern von P. brassicae. Trotz der gegen- teiligen Anschauung von PouLTon und GEYER möchte ich daher doch eine physiologische Bedeutung des Farbstoffes vermuten, viel- leicht als Lichtfilter oder als Ausgangssubstanz für die Pigment- bildung des jungen Räupchens, etwa in dem Sinne, wie es v. LINDEN für die späteren Stadien annimmt. Einen direkten Einfluß auf die Schuppenfärbung scheint der im Blut gelöste Farbstoff jedenfalls nicht mehr auszuüben, da bei meinen weiblichen Kastratenfaltern die gesteigerte Farbstoffmenge ohne merkliche Folgen blieb. Möglich ist nur eine geringe indirekte Farbbeeinflussung durch das Zurückbleiben von Farbstoff in der Flügelmembran selbst, nach deren Entfaltung durch eingepreßte 208 Heinrich Pret, Hämolymphe. Im Zusammenhange hiermit möchte ich ein Experi- ment von Kosminsxy (1911) anführen. Derselbe erhielt „eine Ver- änderung in der Färbung der Flügelmembran bei Stilpnotica salicis unter Einfluss starker Hitze, die aus durchsichtig weiss in grünlich übergegangen war“. „Diese Farbe hängt von den Säften ab, die den Flügel füllen und ausspannen (nach dem Ausschlüpfen aus der Puppe)“, fügte er als Erklärung hinzu. Warum aber gerade nur bei den Hitzeversuchen diese Säfte „dunkelgrün“ waren, erörtert er nicht. Diese zunächst überraschende Erscheinung wird aber ver- ständlich durch den später mitgeteilten Befund „die extremsten Formen entbehren fast vollständig der Geschlechtsprodukte“. Durch die Versuchsanordnung (2—4mal je 2 Stunden bei 42—43° C) waren die Ovarien eben so schwer geschädigt, dab die sich darin etwa entwickelnden Eier keinen oder nicht allen Farbstoff aus der Hämo- lymphe aufnehmen konnten; aus diesem Grunde mußte der Farb- ~ stoff mit der Hämolymphe auch in die Flügel gelangen und konnte dort zurückbleiben. Da ich zu spät auf die Angaben KosminskyY’s aufmerksam wurde, konnte ich bei meinen kastrierten Versuchs- faltern das Vorhandensein der ziemlich rasch ausbleichenden Grün- färbung in der Flügelmembran nicht mehr feststellen. Was die Beschaffenheit und Herkunft des grünen Farbstoffes im Raupenorganismus anlangt, so hat bereits Merpoza (1873) den- selben als Chlorophyll angesprochen. Eine gewisse Klarheit darüber ist aber erst durch PoutLTon und GEYER geschaffen worden. Beide konnten spektroskopisch nachweisen, daß es sich um ein Gemisch zweier chemischer Körper, um Metachlorophyll, welches dem Pflanzen- Chlorophyll sehr nahe steht, und um Xanthophyll handle, welche beide wohl sicher aus den Nahrungsstoffen entnommen werden. Bei der von WILLSTÄTTER betonten geringen Zuverlässigkeit der Spektral- untersuchung zur Feststellung des Grades, in welchem das Chloro- phyll verändert ist (MıcHArLıs), können über das Verhältnis von Chlorophyll und Metachlorophyll, bzw. über die Konstitution des Metachlorophylis, noch keine Angaben gemacht werden. Die Ursache für den Farbenunterschied der Hämolymphe in beiden Geschlechtern liegt nach GEYER „in der total verschiedenen Organisation der Darmzellen bzw. des ganzen Darmtractus bei 9° und gd, insofern als die Darmzellen der 22 das Chlorophyll der Pflanzennahrung in wenig modifizierter Form als Metachlorophyll passieren lassen, die Darmzellen der 44 jedoch nur dem Xanthophyll den Durchgang zur Himolymphe gestatten“. Zur Beurteilung dieser Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 209 These möchte ich zwei Versuche Gryer’s als Beispiele anführen. Bei der Infusion von Chlorophyllaufschwemmung in physiologischer Kochsalzlösung verschwand der Farbstoff im Körper eines & nach L. dispar & Q C. polatoria & Q << ——— + — Le Es wobei das der Pfeilspitze genäherte Zeichen den positiven oder negativen. Einfluß auf die Färbung, das andere denjenigen auf die übrigen sekundären Sexualcharaktere bezeichnet. Das Unzulängliche einer derartigen Schreib- weise suchte POLL zu umgehen, indem er statt des Zeichens für g und ® die Ausdrücke Durchgangs- und Endcharakter einführte. Für die: Falter sind auch diese Ausdrücke wenig geeignet, da sie hier phylo- genetischen Sinn haben und mit regressiv und progressiv gleichbedeutend Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 217 Bei der Gonadentransplantation ist das ohne weiteres klar. Kope6 stellte fest, daß die transfundierte Hämolymphe von Raupen des anderen Geschlechts schwere Schädigungen des Organismus hervorruft. STECHE und GEYER fanden, daß die Hämolymphen der verschiedenen Geschlechter sich nahezu wie artfremde gegeneinander verhalten. Die dauernde Anwesenheit andersgeschlechtlicher Go- naden bedeutet also zweifellos eine physiologische Schädigung des Organismus. Diese Schädigung ist bei beiden Geschlechtern aber nicht ganz gleich. Der Hoden im weiblichen Organismus bedeutet: nur einen kleinen Fremdkörper; das Ovar im Männchen dagegen ist einmal an sich größer, und dann schädigt es auch noch durch die große Reservestoffmenge, die es dem Körper entzieht. . Anders liegen die Verhältnisse bei der einfachen Kastration. Hier bedeutet die Entfernung der Hoden beim ¢ quantitativ nur eine geringe Veränderung. Beim 2 ist die Veränderung durch das Fehlen der Ovarien viel größer, da deren Entwicklung den Organismus außerordentlich stark beanspruchte Daß diese opera-: tive Entlastung auch direkte Folgen für den Körper besitzt, geht aus der reichlicheren Speicherung von Reservestoffen im Fettkörper sowie aus dem Erhaltenbleiben des grünen Farbstoffes im Blute hervor. Im weiblichen Geschlecht sind also bei Kastration und Trans- plantation durch Entfernung der Ovarien gleichartige tiefgreifende Störungen vorgenommen, während die Transplantation des fremden: Hodens wenigstens quantitativ geringfügig ist. Trotzdem wird sein würden. Man spricht daher besser von Hemmung bzw. Beschleunigungs- charakter und erhält dann die Formeln: 1. für das Verhalten beı Kälte: Oo - + — — <— L. dispar h b C. potatoria h b — _— + — + — 2. für das Verhalten bei Kastration: HH + — — — LL. dispar h b C. potatoria h b <——— — elt pe Eine in welchen der obere Pfeil das Verhalten des &, der untere dasjenige des © bezeichnet. 15* 218 HEINRICH Pret, durch beide Operationen die Färbung nicht berührt. Beim ¢ ist durch die Kastration nur eine quantitativ geringe Veränderung be- wirkt, während die Transplantation der Ovarien starke physiolo- gische Verschiebungen zur Folge hat, und doch führen beide Opera- tionen zu Färbungsänderungen, die nur graduell verschieden sind. Daraus scheint hervorzugehen, daß die Entfernung der Gonaden als solche bereits einen direkten Einfluß auf die Ausbildung der sexualdimorphen Färbung auszuüben vermag. Unentschieden muß es nach den bisherigen Versuchen bleiben, ob dieser Einfluß der Abwesenheit der Gonaden oder der Operation an sich zuzuschreiben ist. Im Hinblick auf den vorzüglichen Gesundheitszustand der ope- rierten Raupen erscheint es nicht ausgeschlossen, daß das Fehlen der Gonaden als Hemmungsfaktor verantwortlich zu machen ist. Zum Schluß möchte ich noch einen Faktor bei den Versuchen kurz berühren, nämlich die Zeit. Nach den eingangs gemachten Überlegungen schien der Zeitpunkt für die Operation völlig gleich- gültig zu sein. Aus diesem Grunde wurden die an verschiedenen Tagen operierten Raupen nicht voneinander getrennt, sondern in gemeinsamen Zwingern aufgezogen; ebenso wurde das Datum der Verpuppung nicht besonders notiert. Operationstag und Verpup- pungstag lassen sich also bei den Faltern leider nicht mehr fest- stellen. Vergleicht man nun die Reihen der operierten Falter in Tabelle I und II, so fällt es auf, daß gerade die beiden zuerst ge- schlüpften Falter schon zu den extrem aufgehellten zählen; die beiden anderen hellen Tiere schlüpften etwa 2 Wochen, also um denselben Zeitraum später, als er zwischen den Operationen der ersten und letzten Serie liegt. Wenn auch die Dauer der Puppen- ruhe nicht jeweils gleich ist, so liegt doch die Vermutung nahe, daß gerade diese Falter am raschesten nach der Operation ver- puppten Raupen entstammen. Ist dies der Fall, so wäre das ein Hinweis darauf, daß die Hemmungserscheinungen, welche infolge der Kastration auftreten, um so geringer ausfallen, je längere Zeit zwischen der Operation und der Verpuppung, bzw. dem sensiblen Stadium der Puppe, liegt. Bei dieser Betrachtungsweise käme dem Zeitpunkt der Operation dann doch eine größere Bedeutung für den Ausgang des Experiments zu, wenn auch in anderer Richtung, als ihm durch die Frühoperationen Rechnung getragen wurde. Ob diese Mut- maßung den Tatsachen entspricht, werden spätere Versuche zu ent- scheiden haben. i Primire und sekundiire Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 219 Tabelle I. Übersicht aller Versuchsfalter in der Reihen- folge des Schlüpfens (b = ab. berolinensis). Lauf. Ne. Ge- Datum des : | trans- des Falters| schlecht | Schliipfens | Normal (kastriert des Falters| schlecht | Schlüptens | 7 [#8 ]plantiert] "nters etant anders behandelt 1 — @ RN e — — |— 2 = In. @ es as 3 a Sie © - — | 4 ot — 3./7. © — —— —— 5 a — 3./7. _ ® — |— 6 ob — 7.17. © — — |— ne écoliers We ke 8 oh — Ge ® — — |— 9 a — RR. © — — |— 10 D 8./7. ® a ee 11 a — De: © — — — 12 = 12./7. = = eo. | - 13 at — 12./7. = © — |— 14 at — IS — & — |— 15 Ze bale = © lee 16 — {9 16./7. — — — @ (1 akzess. Hoden) 17 Be oe 17.]7. er a e |— 18 a — 18./7. — © — |— 19 aie Ta ® e le 20 tf — 18./7. — ® — |— 21 = — 20./7. — = = @ (2 akzess. Hoden) 22 at — 20./7. — = ee |— 23 =e: 22.]7. = € Ze 24 een a a © ae 25 4.10 24./7. ae € EEE 26 db — 26./7. — — © (6 Ovarien) 27 a — 2e — e — — 28 eo 27./1. = & pao BS 29 oth — 27.17. — — e |— 30 ee 27.7. = = eo. | 31 LE 27.7. © = el 32 — 9 27./7. e — —|— 33 a 29./7. — — e |— 34 — 9 29./1. — ® = — 35 — {9 29./7. — — ®e |— 36 a — 30./7. — & — = 37 — 9 Gi AE — & — — 38 — 9 al./d. — — oe |— 39 — 9 31./7. — — & — 40 — 2 3.]8. — G — _ 41 ob — 4./8. e — — — 42 — 2 4./8. ® —— — |— 43 — 9 4./8. e _ — |— 44 = 8 4./8. e — — |— 45 ea “les — — LA — 46 = 2 7./8. & — — — 47 af — 7./8. ® — — |— 48 tf — 8./8. e _ — |— 49 — 9 9./8. © — — |— 50 — @ 12./8. @ _ — |— 51 — 12./8. — _ _ @ (einseitig kastriert) 52 Re 14./8. = & > 83 == 2 18./8. 8 — — |— 54 te 19./8. 3 — = j— 55 a — 20./8. e — — — 220 Heinrich Pre, Tabelle II. Zusammenstellung der männlichen Versuchsfalter nach der Färbung (* = abgebildet). Laufende ee Nummer normal kastriert plantiert anders behandelt des Falters 1 10* ® aes Sa ie 2 15 — @ == 350 3 48 ® — — — 4 47 @ = ae er 5 14 = ® = iti 6 11 @ = er Si 7 55 ® = as pats 8 4 © =: = = 9 3 @ = = == 10 36 = © = = 11 22 a = e = 12 51 = N = ® (einseitig kastriert) 13 21* ae an = ® 2 (2 akzess. Hoden) 14 2 @ = me er 15 20 = ® — — 16 18 ae @ wee, 250 17 19 == ® — EL 18 45 — Li @ 2 19 24 = @ am pave 20 31 @ = a = 21 17 — = ® LE 22 13 = @ uae eal 23 9 @ zee SE, Are 24 30 = pal @ au 25 27* = @ = ae 26 5 = ® Set i 27 12 = se ® Le ss) a ® ae Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 221 Tabelle III. Zusammenstellung der weiblichen Versuchsfalter nach der Färbung. SO =J OO OU HR CO DD fe Ou GO DO A Laufende Nummer des Falters normal |llelelel!llel || eesecee kastriert e oese| | ||Iee/llieieoe |||) Tabelle IV. trans- plantiert | PCO SSO aa anders behandelt ® (1 akzess. Hoden) MT lee ll (verkriippelt) Zusammenstellung der Versuchsfalter von ab. berolinensis nach der Färbung. Laufende Nummer des Falters 6* normal kastriert trans- plantiert lel! | anders behandelt ) (6 Ovarien) 222 Heinrich PRELL, Literaturverzeichnis. BucKELL, F. J., in: Entomologist’s Record, Vol. 1, 1890, p. 57. Crampton, H. E., An experimental study upon Lepidoptera, in: Arch. Entw.-Mech., Vol. 9, 1900, p. 293—318. Frings, K., Aufhebung des sexuellen Färbungs-Dimorphismus durch Ein- wirkung abnormer Temperaturen bei Lepidopteren, in: Ber. Vers. bot. zool. Ver. Rheinland-Westfalen, 1. Vers., Barmen 1908, p. 87—90. —, Bericht über Temperatur-Experimente in den Jahren 1908—1911, in: Soc. entomol., Vol. 27, 1912, p. 35. GEYER, K., Untersuchungen über die chemische Zusammensetzung der Insektenhämolymphe und ihre Bedeutung für die geschlechtliche Diffe- renzierung, in: Z. wiss. Zool., Vol. 105, 1913, p. 349—499. 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Cosmotriche potatoria 9, No. 16, normal + 1 Hoden. Fig. 2. C. potatoria Q, No. 23, ask. Fig. 3. C. potatoria &, No. 10, normal. Fig. 4. C. potatoria 3, No. 21, normal + 2 Hoden. Fig. 5. OC. potatoria &, No. 27, kastriert. Fig. 6. CO. potatoria 3, No. 33, kastriert 2 Ovarien. Fig. 7. C. potatoria ®, Kälteversuch (FRINGS). Fig. 8. 0. potatoria &, Kälteversuch (FRINGS). Bo 1 Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht vorbehalten. Über die Frage nach der Beteiligung des Nervensystems beim Farbenwechsel von Dixippus. Von W. Schleip. Bei der Phasmide Dixippus morosus kommen zwei Arten von Farbenänderungen vor: die erste ist ein nicht umkehrbarer onto- genetischer Prozeß, der schon mehrfach beschrieben wurde, aber für unsere Frage nicht von Bedeutung ist; die zweite Art ist ein vorüber- gehender Farbenwechsel. Alle Individuen, welche in ihrer Hypo- ‘dermis braunes und orangefarbenes Pigment enthalten, sind zu manchen Zeiten dunkler, zu anderen heller gefärbt. Dieser Farbenwechsel beruht, wie ich 1910 nachwies, auf einer Pigmentwanderung inner- ‚halb der Hypodermiszellen. Als Reize, welche diesen Farbenwechsel auslösen, kommen, wie ich ferner zeigte, erstens gewisse Einflüsse in Betracht, von welchen der Stoffwechsel betroffen wird, näm- lich Einwirkung einer stark kohlensäurehaltigen Atmosphäre und Nahrungsaufnahme unter gewissen, normalerweise nicht vorhandenen Bedingungen. Zweitens hat auch das Licht einen Einfluß auf den Färbungszustand. Eintritt von Lichtmangel ruft zwar nicht ein Dunklerwerden der Tiere hervor, aber intensive Beleuchtung von dunkler gewordenen Tieren hat zuweilen ihre Aufhellung zur Folge, und dauernde Beleuchtung von hellen Tieren verhindert, daß sie dunkel werden. Das charakteristischste Merkmal des vorübergehenden Farbenwechsels von Dixippus ist aber seine Periodizität. Abgesehen von einzelnen, fast immer vorhandenen, unregelmäßigen Ausnahme- 296 W. ScHLErr, fällen werden die mit braunem und orangefarbenem Pigment ver- sehenen Tiere nachts dunkler und tags heller und behalten diesen periodischen Farbenwechsel auch in konstanter Dunkelheit wochen- lang bei. Es konnte weiter gezeigt werden, daß bei lange Zeit hindurch künstlich hergestellter Umkehrung der natürlichen Be- leuchtungsverhältnisse die Tiere nachts hel! und tags dunkel wurden, so daß damit erwiesen ist, daß der periodische Farbenwechsel vom Licht beeinflußt wird. Ich habe seit.der Veröffentlichung meiner früheren Arbeit eine dort offen gelassene Lücke ergänzt, indem ich untersuchte, ob Tiere, die vom Eistadium an dauernd in Dunkelheit gehalten worden waren, ebenfalls den periodischen Farbenwechsel besitzen; ich konnte aber keinen feststellen, solange sie sich in der Dunkelheit befanden. Wurden sie aber dann den natürlichen Be- leuchtungsverhältnissen ausgesetzt, so trat bei einigen Tieren tags- über in unregelmäßiger Weise eine Aufhellung ein. Daraus muß man schließen, daß sowohl der Wechsel von Hell- und Dunkelzustand an und für sich wie die Verteilung dieser beiden Phasen auf die Dauer eines Tages von äußeren Bedingungen, den Belichtungsver- hältnissen, induziert wird. Der periodische Farbenwechsel wird also nicht vererbt, sondern nur die Fähigkeit, unter bestimmten Außen- bedingungen eines solchen zu erwerben. Ein periodischer Farbenwechsel, der sich eine Zeitlang auch in dauernder Dunkelheit erhält, kommt auch noch bei Krebsen und Fischen vor, doch ist der von Dixippus, um das Gesagte zusammen- zufassen, dadurch ausgezeichnet, daß er erstens nicht auf einer Pigmentverschiebung in typischen Chromatophoren beruht, daß er in dauernder Dunkelheit sich besonders lange erhält und daß der Farbenwechsel von Lichtreizen verhältnismäßig wenig prompt beein- flußt wird. Alle Autoren, welche die chromatischen Funktionen untersucht haben, nehmen an, daß die Pigmentverschiebung in den Chromato- phoren durch Impulse ausgelöst werden können, die den Chromato- phoren durch die Nervenbahnen zugeführt werden; doch können nachgewiesenermaßen in manchen Fällen Pigmentwanderungen in den Chromatophoren allerdings auch durch den unmittelbaren Ein- flu8 des Lichtes auf diese letzteren hervorgerufen werden. Es ist sicher erwiesen, daß die Pigmentzellen der Cephalopoden und Fische innerviert sind, und ebenso verhalten sich auch die Chromatophoren der Crustaceen, wenn auch darüber noch wenige Beobachtungen vorliegen. Nervensystem und Farbenwechsel von Dixippus. 227 Nachdem ich die Pigmentwanderung in der Hypodermis von Dixippus gefunden hatte, betrachtete ich es als meine Aufgabe, auch die Frage der Innervierung der Hypodermis zu untersuchen. Daß eine solche hier tatsächlich vorkommen müsse, glaubte ich deshalb annehmen zu sollen, weil erstens der Farbenwechsel auch in dauern- der Dunkelheit fortbesteht und daher nicht jedesmal durch eine Einwirkung des Lichtes auf die Hypodermiszellen hervorgerufen werden kann, und weil man zweitens nach Erfahrungen über rhyth- misch verlaufende Lebensprozesse bei Tieren mit einem höher aus- gebildeten Nervensystem geneigt ist, dieses als dasjenige Organ an- zusehen, welches diese rhythmischen Funktionen leitet. Baczront (in: WintTerstein’s Handbuch der Physiologie) behandelt denn auch den periodischen Farbenwechsel von Divigpus in dem Kapitel über die Physiologie des Nervensystems. Aber auch eine besondere Ausbildung des sensiblen Nerven- systems in der Hypodermis von Dixippus schien nicht unwahrschein- lich im Hinblick auf die Tatsache, daß die Stabheuschrecken einen ausgeprägten Hautlichtsinn besitzen. Denn in Übereinstimmung mit STOCKARD (1909) habe ich 1910 feststellen können, daß die Bewegungs- reflexe von Dixippus auf Lichtreize auch dann prompt eintreten, wenn die Augen auf irgendeine Weise ausgeschaltet sind. Diese dermatoptische Lichtperception kommt bekanntlich auch sonst bei Insecten vor. Die Hautsinneszellen der Insecten sind nun schon recht gut bekannt, aber über das Vorkommen von effectorischen Nervenendigungen in der Hypodermis liegen nur spärliche Angaben vor. Nachdem schon VIALLANES (1882) bei verschiedenen Insecten unter der Hypo- dermis multipolare Nervenzellen gesehen zu haben glaubte, gab auch HoumGREN (1909) das Gleiche an; er verfolgte einen ihrer Fortsätze in einen Nerven hinein, während die anderen mit gleichen Aus- läufern benachbarter Ganglienzellen ein kontinuierliches Netz bilden sollen. Auch R. Montır (1903 und 1904) beschrieb bei Insecten einen subepithelialen Nervenplexus, während DusoscQa (1898) im Gegensatz zu den bisher aufgeführten Autoren die verästelten Zellen unter der Hypodermis als Bindegewebszellen auffaßte. Neuerdings hat Zawarzın (1912a) bei der Aeschna-Larve außer den bekannten primären Sinneszellen noch andere besonderer Art gefunden, welche außer einem zentralen noch mehrere, relativ lange und stark ver- zweigte, varicöse Fortsätze besitzen, welche den receptorischen, freien Nervenendigungen zu vergleichen sind. Diese Sinnesnerven- 228 W. Scazærr, zellen des II. Typus, wie er sie bezeichnet, kommen besonders an den Gelenkmembranen vor. Ähnliche Zellen fand Zawarzrn (1912p) in weiter Verbreitung auch in der Haut der Maikäferlarve und ist der Ansicht, daß sie bei Insecten ebenso regelmäßige vorkommen wie die gewöhnlichen Sinnesnervenzellen; einen subepithelialen Nervenplexus konnte Zawarzin aber nicht feststellen. Nur die Ganglienzellen eines solchen könnten aber in Frage kommen, wenn es sich darum handelt, Nervenzellen zu suchen, welche den Hypodermis- zellen Impulse zuleiten könnten. Außerdem hätte man allerdings noch an Nervenzellen zu denken, welche wie die motorischen im Bauchmark liegen und lange effectorische Fortsätze zur Haut schicken. Meine eigenen Untersuchungsergebnisse über die Innervation der Haut von Dixippus lassen sich in wenigen Worten zusammen- fassen. Ich habe die Hypodermis — nur die des Körperstammes — hauptsächlich mittels der Methylenblau-Methode untersucht und dabei genau das von MancorD (in: Ztschr. allg. Physiol., Vol. 5, 1905) verwendete Verfahren eingehalten. Es führte beinahe immer zu einem guten Erfolge, nur habe ich die Erfahrung gemacht, dab die Nervenfärbung am vollständigsten und saubersten bei frisch ge- häuteten Tieren gelingt; doch waren außer den Nerven meistens auch die Tracheenendzellen, zuweilen auch unzweifelhafte Bindege- webszellen blau gefärbt. Die Hautstückchen wurden in toto unter- sucht, und da zu diesem Zwecke der Fettkörper von der Hypo- dermis abgelöst werden mußte, konnte nicht ausbleiben, daß stellen- weise die Nerven von dieser abrissen; doch blieben genug unver- letzte Stellen übrig. Ich fand nun an diesen Totalpräparaten sehr zahlreiche und ziemlich gleichmäßig verteilte primäre Sinneszellen; ihr zentraler Fortsatz zieht ein Stück weit dicht unter der Hypo- dermis hin und vereinigt sich dann allmählich mit immer mehr anderen zu größeren Nervenstämmchen. Querschnitte durch intra- vital mit Methylenblau gefärbte Hypodermis sowie andere Quer- schnittspräparate, die mit Hämatoxylin oder nach der Vergoldungs- Methode gefärbt waren, zeigen den genaueren Bau dieser Sinnes- zellen, der nichts besonders hier Bemerkenswertes aufweist; es sei nur erwähnt, daß ihr peripherer Fortsatz sich in ein kurzes, abge- rundet endigendes Zäpfchen erstreckt, das beweglich in das Chitin eingelenkt ist und eine relativ dicke Chitinwand besitzt. Größere Sinneshaare, zu denen mehrere Sinneszellen gehören, kommen spar- licher vor. Die von Zawarzin beschriebenen „Sinneszellen des: Il. Typus“ habe ich — auch an den Gelenkmembranen zwischen Nervensystem und Farbenwechsel von Dixippus. 229 den Körpersegmenten — nicht finden können. Ferner färben sich nun mit Methylenblau zuweilen unter der Hypodermis gelegene Zellen mit kurzen verästelten Fortsätzen, aber nur dann, wenn das Methylenblau auch andere Gewebselemente, wie die Fettkörper- zellen, die Muskeln usw., färbte. Ihre Fortsätze treten in keinem Falle miteinander oder mit einem Nerven in Verbindung, und da diese Zellen auf Schnittpräparaten durchaus den Eindruck von Bindegewebszellen machen, muß ich sie auch als solche ansehen. Nichts könnte als Beweis dafür angeführt werden, daß sie die Zellen eines subepithelialen Nervenplexus darstellen. Aber auch von freien Nervenendigungen ist in den Präparaten nichts zu sehen, während die motorischen Nervenendigungen an den Muskeln in den mit Me- thylenblau behandelten Hautstücken stets sehr schön hervortreten. So kommen wir zu dem Ergebnis, daß in der Haut von Diaippus weder ein subepithelialer Nervenplexus noch freie Nervenendigungen vorkommen, sondern nur Sinnesnervenzellen und daß alle unter der Hypodermis verlaufenden Nerven nur die zentralen Fortsätze dieser Sinneszellen enthalten. Nach dem Bau des Sinnesfortsatzes wird man sie für Tastsinneszellen zu halten geneigt sein, so daß keine Sinneszellen als Träger der dermatoptischen Funktionen vorhanden sind, falls die besprochenen Sinnesnervenzellen nicht nebenbei auch als Receptoren für Lichtreize dienen. Das für unsere Frage wich- tigste Ergebnis ist aber dies, daß die Hypodermiszellen, in welchen sich die periodische Pigmentverschiebung abspielt, nicht innerviert sind. Man kennt nun zwar auch sonst bei Tieren Zellen, in welchen eine Pigmentwanderung sich abspielt, ohne daß sie innerviert sind, z. B. im Superpositionsauge der Arthropoden; doch kann hier die Pigmentverschiebung auf die unmittelbare Einwirkung des Lichtes zurückgeführt werden. Aber bei manchen Nachtschmetterlingen findet nach Kızsen (1894) die Wanderung des Pigments auch un- abhängig vom Licht statt, nämlich auch in dauernder Dunkelheit, und zwar in einer mit dem Wechsel von Tag und Nacht zusammen- fallenden periodischen Wiederkehr. Morphologisch ist über eine nervöse Beeinflussung dieses Vorganges nichts bekannt, doch sprechen dafür einige physiologische Beobachtungen, auf welche wir hier nicht einzugehen haben (vgl. Drmorı, 1910). Bei Dixippus kann die unmittelbare Farbenwechselreaktion auf Lichtreize, d. h. das zuweilen eintretende Hellwerden von dunklen Tieren, wenn sie dem Licht ausgesetzt werden, und das Hellbleiben 230 W. ScHLEIP, von Tieren, wenn sie fortgesetzt beleuchtet werden, ebenfalls ohne Schwierigkeit damit erklärt”werden, daß die Hypodermiszellen von Lichtreizen unmittelbar erregt werden, ebenso wie solche Reize ja auch unmittelbar auf typische Chromatophoren einwirken können. Wie aber kommt der periodische Farbenwechsel, namentlich wenn er in dauernder Dunkelheit abläuft, zustande? Es bleiben nur zwei Möslichkeiten zur Erklärung: Entweder ist der Rhythmus der Pigmentwanderung ausschlieb- lich in der Hypodermis lokalisiert und hier unter dem Einfluß des natürlichen Wechsels von Hell und Dunkel ebenso entstanden wie andere rhythmische Vorgänge entsprechend im Zentralnervensystem. Daß rhythmische Vorgänge in einem Organismus ohne Mitwirkung eines Zentralnervensystems sich abspielen und bei konstanten Außenbedingungen lange erhalten können, lehren uns ja die Pflanzen. So recht befriedigend ist diese Erklärung aber nicht, weil sie mit unseren gewohnten Vorstellungen über die zentralen Funktionen des Nervensystems höherer Tiere nicht im Einklang steht. Es könnte sich aber der periodische Farbenwechsel von Dixippus doch unter der Mitwirkung des Zentralnervensystems vollziehen, aber in mittelbarer Weise. Man könnte sich vorstellen, daß unter der regelmäßig wechselnden Einwirkung natürlicher Helligkeit und Dunkelheit der Stoffwechsel regelmäßige periodische Änderungen er- fährt, ja dies muß sogar so sein, da die Tiere nur nachts fressen und sich bewegen. Nun könnte sich ein damit in Zusammenhang stehender Rhythmus im Zentralnervensystem einrichten. Dieser löst dann, sobald er einmal festgelegt ist, die periodische Änderung des Sioimerhsels, wenigstens eine Zone auch unter konstanten Außenbedingungen (in dauernder Dunkelheit) aus, und die perio- dischen Änderungen des Stoffwechsels könnten es sein, die die Im- pulse für die Pigmentwanderung in der Hypodermis lice Man kann als Stütze für diese Vermutung erstens anführen, daß, wie ich schon 1910 aussprach, die Farbenänderung von Dixippus oft so ge- ringfügig ist, daß sie keine protektive Bedeutung haben kann; andrerseits ist schon oft darauf hingewiesen worden, daß möglicher- weise die Pigmente und die Pigmentverschiebung mit dem Stofi- wechsel in Beziehung stehen und daß in manchen Fällen in dieser Beziehung die Hauptbedeutung der Pigmentwanderung zu suchen ist. Zweitens haben gerade bei Dixippus, wie ich oben schon be- merkte, Einwirkungen, welche den Stoffwechsel verändern müssen, Nervensystem und Farbenwechsel von Dixippus. 231 auch einen Einfluß auf den Färbungszustand, d. h. die Lage des Pigments in der Hypodermis. jé Wenn nun auch die zuletzt erörterte Frage in der Schwebe bleiben muß, so ist die Tatsache, daß die Pigmentwanderung in der Hypodermis von Dixippus wenigstens nicht unter dem direkten Ein- fuß des Nervensystems abläuft, ein Ergebnis, das zur Untersuchung anregt, ob ähnliches’ sich vielleicht auch bei anderen Tieren vor- findet. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 16 232 W. Scazerr, Nervensystem und Farbenwechsel von Dixippus. Literaturverzeichnis. | DEMOLL, R. 1910, Die Physiologie des Facettenauges, in: Ergebn. Fortschr. Zool., Vol. 2. DugoscQ, O., 1897, Sur le système nerveux sensitif des Trachéates (Ortho- ptéres, Chilopodes), in: Arch. Zool. expér. (3), Vol. 5. HOLMGREN, E., 1906, Zur Kenntnis des Hautnervensystems der Arthro- poden, in: Zool. Anz., Jg. 12. KıEsEL, A., 1894, Untersuchungen zur Physiologie des facettierten Auges, in: SB. Akad. Wiss. Wien, math.-naturw. Kl., Vol. 53, Art. 3. Monti, R., 1893 und 1894, Ricerche microscopiche sul sistema nervoso- degli Insetti, in: Boll. scientif. SCHLEIP, W., 1910, Der Farbenwechsel von Dixippus morosus (Phasmidae),. in: Zool. Jahrb., Vol. 30, Physiol. STOCKARD, CH. R., 1908, Habits, reaktions and mating instincts of the „walking stick“, Aplopus mayeri, in: Carnegie Inst., Washington, Publ. No. 103. VIALLANES, 1882, Recherches sur l’histologie des Insectes etc., in: Ann. Sc. nat. (6), Vol. 14. ZAWARZIN, A., 1900a und 1900b, Histologische Studien über Insekten, 2 und 3, in: Z. wiss. Zool., Vol. 100. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. The sensory reactions of Holothuria surinamensis Ludwig. By Wide Crozier.) (Contributions from the Zoological Laboratory of the Museum of comparative Zoology at Harvard College, No. 251.) With 3 figures in the text. Contents. Page i introduction . - te RE Wis A, cues | NE ae 2)! SOS IJ. The species dl SRL APE EN RDA iy Sb PE EE PE N 235 1. Anatomy . . SPEER SI MOULE Lele! 235 2. Habitat and nets RE RP NE PR LA DAT ee OST ch) tect ba Visca ds ee EN eye cee ah Lyk) DST ib) lemperaturevnance nu. 2 NS bes re 21,288 CNET ONE a 2 en u 200 d) Respiratory nées PR pe) Mh RE er 3 CJM COMOU0 ASE ed en CAE ei, "240 i) AnItozewascerablona NN AMENER hate «ale AR Su Reseneratlonsaiiien, a re en AD ont «a 246 BR Mechantealı stemnlation. ir ot 2.0 ran are, nr BOO I Dnsalımechangealastimeln. „or an. 0 0250 2) heNtOntACIES RENE ne een. a ee OO Dye Ker Rode ee ae Wan ale. ze 1) Contributions from the Bermuda Biological Station for Research, No. 33. 16* 234 W. J. Crozier, Page c) The body surface . . . es, 25 d) Experiments on mutilated ante ls ne N 2 e) Discussion . . ORGUE 2. Continued mechanical sé : a a) Stereotropism and the righting canette a. 257 b) The climbing, of vertical walls" >) EN eee 3. Vibratory mechanical 'stimuli 72 > ee ae ee LV. "Light... u 00 u 2 Dr a ae aE ee ar 1. Introduction ys). a des vee el eae 2. Phototropisms .. u „da ac) MON > Gi 3. The shadow rellex...:.. ala... SRE 4. Discussion . ee a Ve a) Phototaxis a the handen ik ne Meme m. 272 b) The mechanism of photo-reception . . . . . . 274 V. Heat eat Paper OR LS RU es CSP EE 1. Introduction . . Me SS 2. Effects of altering the kenne ne. 2e 3. Tiocal application of heat RE NON eee 4. Discussion . . ee... Ze VL (Chemical, stimuli) sous u. EN oe Et 1. Introduction. . RS 20 2. Method; reactions he ln... 28 3. Quantitative experiments .. 9... . 2 OUPS 4. Discussions 51.06 00 Wei. ee VIL Summary... ante ee RENE N ern I. Introduction. The behavior of those echinoderms which in the adult possess a considerable degree of bilateralsymmetry has not received the attention which the morphological peculiarities of these animals would warrant. Of the Holothurioidea, Thyone briareus alone has been studied (PEARSE, 1908, 1909) with reference to the working possibilities of its nervous system, though there are a number of isolated observations, scattered through the literature, on the habits and reactions of other members of the group. The present contribution deals with the sensory physiology of an Actinopodous holothurian found in the shore waters of the Bermuda Islands.) I wish to express my gratitude to Prof. E. L. Mark, who made it possible for me to enjoy the privileges of the Bermuda 1) This investigation was assisted by a grant from the Humboldt Fund. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 235 Biological Station during the summer of 1913; and to thank, also, Prof. W. M. Cuester, in charge of the Laboratory during a part of the season, in the absence of Dr. Marx, for many kindnesses. To Mr. D. H. Wenricx I am indebted for assistance during the course of the work. II. The species studied. 1. Anatomy. The species chosen for detailed study was Holothuria surinamensis Lupwie (1875). It has been reported from Bermuda by CLARK (1898, 1899, 1901b), and by Verrızn (1906). Figures showing the general proportions of the body are given by CuarK (1901c, tab. 17, fig. 1) and by VerrıuL (1906, p. 322, fig. 172). SemPers plate (1868, tab. 28) of H. coluber Szemp. gives a more nearly correct idea of the appearance of the animal.’) Some 250 individuals were employed in the course of my experiments; smaller numbers of the related forms H. captiva Lupw., H. rathbuni Lamp., Stichopus moebii SEMPER, and Cucumaria punctata Lupw. afforded comparative data on certain points. Though essentially similar in structure to Thyone and Cucumaria (Dendrochirotae), the genera Holothuria and Stichopus (Aspidochirotae) present certain anatomical differences which are of importance in comparing the reactions of the two groups. Holothuria swrinamensis has a vermiform body of approximately constant diameter thruout its length, but narrowing slightly at the anterior end about the mouth and posteriorly about the cloacal aperture. Animals employed in these experiments were usually 10—15 cms in length by 1,5—2,0 cms in diameter, when normally extended. The buccal orifice lies in the center of a pale smooth area, directed somewhat ventrad, and surrounded by a circlet of short peltate tentacles. The number of these tentacles is variable, as in A. floridana (Epwarps, 1908) and other forms. CLARK (1899, p. 121) records 20 as the modal frequency, with a range of 10—21. My observations are in agreement with 1) CLARK (1899, p. 121) finds that Bermuda specimens differ slightly from LupDwia’s original description of H. surinamensis from Surinam, in minor features of the calcareous deposits of the skin and “lantern”. While these differences are not considered to be of specific rank, they are pointed out also in specimens from Jamaica and Porto Rico (CLARK, 1901c, p. 359). 236 W. J. Crozizr, this statement, and evidence was obtained (see page 249) which indicates that the variation in number of tentacles is in part to be accounted for through regeneration of the anterior end. In specimens about 10 cms long the tentacles are approximately 5,5—6,0 mm in length, 0,5 mm in diameter along the shaft, with peltate discs about 1,5 mm broad. The tentacles have a semicircular valve situated at the base near the ampulla, which when expanded allows the erected organ to be moved about by the muscles of its wall. Immediately behind this circlet of modified tube-feet is a collar, the “brim”, with a scalloped edge, which may be so contracted as to close down over the retracted tentacles and the mouth. The ventral surface of the animal is slightly flattened, though not to such an extent as in A. captiva or in Stichopus; on it occur the irregularly scattered pedicels, about 10—16 of them per square centimeter. The pedicels are about 2,5 mm long when normally extended. On the dorsal and lateral surfaces are slender tapering papillae, modified pedicels, which bear no sucking-discs; they are 2—3 mm long, usually, and are not so numerous, relatively, as the pedicels. The papillae are frequently borne on blunt tubercles. Occasionally papillae with divided or duplicate tips were found. The cloaca terminates in a circular opening, which is rhythmically opened and closed by special muscles; the pumping action of the cloaca — accomplished by muscle strands running to the body-wall and by an anal sphincter, and assisted by the activity of the general body musculature and the muscles of the respiratory trees (HENRI, 1903d) — forces water in and out of the respiratory trees. Surrounding the cloacal aperture is a brim, which bears a distinct ring of papillae. The color of H. surinamensis is a general brown, varying from a yellowish tint to olive and occasionally to almost black; the ventral surface is much lighter than the dorsal, while the tentacles, oral surface, edge of the collar, pedicels and tips of the papillae, are yellow. Darker patches are sometimes present on the upper surface, especially about the bases of papillae. Of the internal arrangements, which conform to the description of conditions in other well known species of Holothuria, attention need only be called to the five radial bands of longitudinal muscles and the interradial muscle strands perpendicular to them. Three of the longitudinal bands constitute the ventral “trivium”, the two dorsal ones forming the “bivium”. The walls of the podia are also contractile. Special retractor muscles, such as control the extension of tentacles in the Cucumariidae, are not present in Holothuria. Histologically Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 237 the muscles are composed of unstriated spindle cells, which show a faint longitudinal fibrillation (Hamann, 1883, GurovuLp, 1896). Their physiology (in Holothuria) has to some extent been studied by BIEDERMANN (1889). From the fact that the musculature of Holo- thuria is made up of nonstriated cells, it must not however be inferred that it is physiologically comparable to the nonstriated contractile tissue of vertebrates. The experiments of v. ÜUExkÜLL (1896) and others show that, in general, the skeletal muscles of invertebrates (as contrasted with the visceral musculature) contract rapidly in response to a variety of stimuli, as do the skeletal muscles of vertebrates. The manner in which the muscles are concerned in the body movements of Holothuria has been discussed at length by H£ROUARD (1889, pp. 592 et seq.), and in many text books. The essential point is that the muscles work upon the incompressible fiuids of the body cavity. After being contracted, the body is re-extended by the relaxation of the musculature and the pumping in of water. The sense organs and the conducting portion of the nervous system will be considered in the discussion of the experimental results. A. surinamensis is not a “cotton-spinner”. The Cuvierian organs are found in only a few individuals, and even then but poorly developed. HH. captiva, however, discharges its sticky “cotton” on the slightest provocation; CLARK (1901c, p. 257) notes that in this species the Cuvierian organs may amount to as much as one tenth of the total bulk of the individual. 2. Habitat and activities. The life of Holothuria in its normal habitat was studied with the purpose of obtaining a proper background on which to view the results of laboratory experiments. a) Habitat. According to CARPENTER (quoted by CLARK, 1899, p. 122) H. surinamensis “can be picked up almost anywhere along the reef protected shore... among broken rocks”, and VERRILL (1906, p. 278) states that it also occurs on the reefs. While specimens were found in such situations, they were much more plentiful, near the Agar’s Island Station, in certain sheltered shallow bays where the bottom, formed of a considerable thickness of rather loose mud, was covered with masses of matted seaweeds) and sponges. The holo- 1) Most prominent among the water plants were species of Penicillus, 238 W. J. CROZIER, thurians occurred buried in the mud about the stems of water plants and the roots of mangrove trees, under stones at or just below low water- line, and in small cavities in the aeolian limestone of the shore. In some restricted areas where the holothurians were most frequently collected, the bottom was exposed for an hour or more at each low tide; during this time the animals burrowed deeply. Occasionally they were observed partially exposed, the anterior end being buried and the respiratory cloacal end appearing above the mud. Early in the morning, before the sun had risen, the holothurians were found lying freely exposed upon the bottom. They slowly disappeared into the silt as the day-light became brighter. In the evening, however, they were not found at the surface — at least up to twelve o'clock — even on dark nights. While I have not sufficient evidence to warrant the statement that this emergence from the mud is a daily” occurence, it would seem that H. surinamensis, like the species. described by Daryezz (1851, Vol. 1, pp. 49 et seq.) and the holo- thurians observed by many later workers (cf. SEMPER, 1868, p. 201), is essentially a nocturnal animal. Perhaps some special combination of tidal and light conditions is necessary to bring the animals to the surface. When first collected the animals were covered by a thin layer of fine silt, apparently held by some mucous secretion, which adhered tightly but could be peeled off in flakes. This covering did not extend to the tentacles, pedicels, or tips of the papillae — possibly because these parts exercise respiratory and sensory functions. The muddy investment gives the holothurians. the exact color of their surroundings, especially when living among rocks. b) Temperature range. The range of temperature to which Holothuria is naturally subjected is of considerable magnitude. Surface water in the Bermudas has in summer an average temperature of 31°+ (Parker, 1908, p. 438, and my own observations); it is higher in more open areas: 35°+ (81—84°F, Marx, 1913). A series of temperature readings at different hours of the day and night indicated that the temperature range, in places from which holothurians were taken at the time the observations were made, was at least 12° — extending from 20° to 31° The chief factor in the production of this temperature variation is the state Halimeda, Laurencia, Acetabulum, Polysiphonia, some filamentous forms, and Zostera. I am indebted to Mr. F. S. CouLins for these identifications. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 939 of the tide, which at low water may expose to the bottom the direct action of the sun; the matter is further complicated by the fact that, at the shore line, cool water seeping from the porous limestone tends to lower the temperature in certain spots. c) Feeding. Food ingestion is accomplished by AHolothuria with the aid of the tentacles, which, like the buccal pedicels of spatangoids and ophiuroids (GRAVE, 1902, Hornyoz», 1909), shovel loose bottom material into the mouth (cf. SEMPER, 1868, p. 103). The large doubly flexed intestine is always full of sand, which contains numbers of Foraminifera (Orbiculina, etc.) and other minute forms, small mollusks and bits of shell. After the abstraction of nutritive materials from the ingested sand, the inert residue is passed out through the cloaca in a state of fine sudivision.!) This is a matter of some geological importance, as there is good ground for believing that through their mode of feeding holothurians play an important role in the secondary decomposition of coral formations, as has been brought out especially by the work of GARDINER (1993, pp. 333—341). In the Cucumariidae there is a characteristic system of feeding reflexes, which involves (DoHex, 1875, GRAVE, 1902, PEARsE, 1908) the waving of the tentacles through the water or over the bottom, and their consecutive cleaning by being wiped off in the mouth; certain tentacles, in Thyone the two short ventral ones, are used more frequently than the others. No preferential use of particular tentacles was noticeable in Holothuria surinamensis. d) Respiratory movements. In laboratory aquaria the respiratory movements of the cloacal aperture occurred with conside- rable regularity, at the rate of 1 min. 10 secs. for ten pulsations at 27°. These movements are essentially similar to those carried out by Thyone (Puarse, 1908, p. 271), Caudina (GERouULD, 1898) and other holothurians, and need not be described in detail. The rhythmic opening and closing of the cloacal brim is interrupted at irregular intervals, either by a more powerful inspiration, or by a complete closure of the orifice, which may persist for some minutes; such interruptions occurred usually in company with spontaneous contractions of the anterior end and retraction of the tentacles. During “respiration” the time occupied by the open phase exceeds 1) The literature dealing with the processes of nutrition in holo- thurians is summarized by JORDAN, 1913, Vol. 1, p. 257—266. 240 W. J. Crozrer, that of the period of closure. That the mechanism concerned with rhythmic movement of the cloaca is strictly local is shown by the following experiment: Exp. 92,2. July 28. 5,00 P.M. Posterior ends 5—6 mm long removed from five animals. 9,00 P.M. Edges of wound turned in, but closure not complete. Cloacal end was opening and closing rhythmically; time for ten pulsations — il nin, © Ka 27”, July 29. 9,30 P.M. Rhythm of anal pieces continued; time for ten pulsations — 1 min. 22 secs. 27,5°. The regular movement interrupted at about every seventh closure by one of greater vigor and completeness, as in the intact animal. July 30. 2,30 P.M. Rhythmic movements continued, though less vigorous; time for ten pulsations — 1 min. 50 secs. 27°. Aug. 1. 9,00 A.M. Pieces dead and decomposing. Rhythmic movement of the cloaca was maintained for about two days by small pieces cut from the posterior end, with a rate and vigor at first normal but gradually falling off as the pieces became exhausted. There was, however, a noteable absence of the periods of cessation exhibited in these movements by the intact animal. This points to a possible controlling action of the nervous system, or to the continuous stimulating effect of poor oxidation conditions on the excised pieces. The latter explanation is less probable. Epwarps (1909, p. 215) notes that rhythmic movements of the cloaca appear in a very early stage of the free larva of H. floridana, before the respiratory trees are developed. Hence there would seem to be located here an independent mechanism for rhythmic contraction. e) Locomotion. With H. surinamensis and rathbuni the force of attachment of the tube feet is never very great, and they may readily be loossened from rocks or the bottom of an aquarium. Indeed, a freeing from attachment to the substratum is one type of reaction to general mechanical stimulation. A. captiva and Stichopus, on the other hand, can rarely be detached without tearing numbers of the pedicel-stalks. This difference in behavior is corre- lated with the nature of the habitats of these species; H. surinamensis generally lives in relatively soft mud, as does rathbuni (though it was found in sand also), while Stichopus occurs freely exposed on harder bottoms and H. captiva was found, even in very young stages Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 241 (0,6 em long), on the under sides of large stones in situations where there was often considerable wave action. On a solid surface Holothuria progresses by the combined action of pedicels, buccal tentacles, and a peristaltic activity of the body musculature (cf. H&rovarp, 1889, p. 539). The last factor is not always evident, and the first one is relatively unimportant, except in the larva (Epwarps, 1909, p. 217). My observations on the rôle of the pedicels agree with those of PEARSE (1908, p. 265), in that in neither Thyone nor Holothuria is there any pushing action of the pedicels such as Jennines (1907, p. 99) described in the horizontal locomotion of Asterias forreri. The body is never lifted clear of the substratum. The tube feet become much more readily attached to a rough surface, such as that presented by a stone, than they do to the smooth surface of a glass plate. Progression motions always begin at the anterior end, with the tentacles extended; the most anterior pedicels contract first, and a sort of wave of contraction passes down the array of tube feet. In H. captiva there is some lack of coordination observable in this process, as the most posterior pedicels are frequently much stretched, and pulled loose, by the forward extension of the anterior part of the body. The rate of locomotion on a horizontal smooth surface is of the order of magni- tude of one centimeter in four minutes, in the absence of directive stimuli. Under certain conditions the body may, in crawling, be- come twisted into a more or less complete spiral on the long axis; such twisting begins at the anterior end, which in this process is enormously elongated as compared with its ordinary appearance. Neither is the animal rigidly straight, for it may become bent at any level, and even completely doubled on itself. Progressive waves of local contraction and relaxation of the body musculature have been mentioned as ‘peristaltic’ waves; such waves were observed to begin at any level, and to move anteriorly or posteriorly with about equal fre- quencies. They are rather slow, the most rapid ones traveling at a rate of one centimeter in four to ten seconds, and their principle function in locomotion is the extension of the anterior end of the animal. Coue’s (1913a) statistical study of the movements of the starfish Asterias forbesi in the absence of directive stimuli has brought out the fact that the part of the animal most frequently in advance is the region in closest proximity to the madreporite. This ‘physio- logical anterior’, as CoLE points out, corresponds to the morpho- 243 W. J. Crozizr, logical anterior of spatangoids, and the interesting possibility suggests itself that the intensity of physiological polarization +) in echinoderms is correlated with the degree of morphological diffe- rentiation about a longitudinal axis. With the holothurians, in which this sort of anatomical arrangement is most obvious, homo- logies are made difficult by reason of the assumption, in these forms, of a horizontal axis morphologically perpendicular to that of the Asteroids and Echinoids. Thyone briareus, the only pedate species which has thus far been studied, apparently moves with any part of the body to the front (PEARSE, 1908, p. 278). Holothuria, however, affords considerable support to Cour’s idea, for the three species of this genus which I have studied were never observed to crawl in any other way than with the anterior end in advance, and the same statement applies to Stichopus. The locomotion of H. surina- mensis was carefully studied with respect to this point. Backward crawling could not be secured by seemingly appropriate stimulation experiments; the direction of H. surinamensis’ progression is as de- finitely fixed as is that of gasteropod mollusks (cf. PARKER, 1911). To test the possibility of reversed crawling, a number of animals were placed in horizontal glass tubes of such a diameter as to allow only a little space between the wall of the tube and the animal’s body. Irrespective of the direction of the incident light, movement was always in a forward direction. In tubes with one end sealed, holothurians would remain with the tentacles closely pressed against the sealed end until death ensued (in 12—24 hours) through the absence of adequate oxidation and the toxic action of excretory products. A few individuals managed to escape from tubes having one end closed, but this was accomplished by so twisting the body as to bring the anterior end toward the opening of the tube. It is probably in this manner that the holothurians adjust themselves in narrow holes in rocks with the tentacular end outward. Burrowing is accomplished, as in Synapta (CLARK, 1901a), Caudina (GEROULD, 1896), and other holothurians (SEMPER, 1868), in a slanting direction, with the anterior end directed downward. Animals from which the anterior end, including the nerve ring and associated structures, had been removed by a transverse cut, like- wise consistently moved with the anterior end to the front, as, for example, in the following experiment: 1) The term polarization here means merely antero-posterior differentiation. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 243 Expt. 33,1. July 3. 4,05 P.M. Three animals had nerve ring, etc., removed. 5,15 P.M. Tube feet expanded, and waving about in normal fashion. 9,00 P.M. “Decapitated’” pieces gave a well-defined orienting reaction to light from an oil lamp, moving away from the light (see page 261) anterior end foremost. Quickly exhausted after 10 minutes stimulation. The phenomena of locomotion in Holothuria point to the existence in this animal of a strongly developed physiological polarity, anal- ogous to that seen more vaguely in Asterias and in spatangoids. The reason why this polarity is not so clear in Thyone is to be found, I believe, in the fact that this form bears tube-feet scattered over its whole surface, whereas those of Holothuria are strictly con- fined to its “ventral” side, or trivium. f) Auto-evisceration. The curious habit of casting out the viscera in response to intense irritation, or when the conditions of existence have become particularly unfavorable, has long been remarked in holothurians (DALYELr, 1851, and many later workers). It is not confined to this group, but is exhibited also by crinoids (Antedon; Drnpy, 1886) and starfishes (Cribrella; Coucan, 1912). PEARSE (1909) studied visceral autotomy in Thyone with special re- ference to the rôle played by the nervous system. In agreement with the views of Cuénor (1891) and of CLark (1901), he regarded autotomy as a result of pathological conditions, probably operating through a reflex system of the sort known to exsist among arthropods. There would seem to be several distinct grades of autotomy practiced by holothurians: Synapta (PEARSE, 1909) pinches off fragments from the posterior end, and the reaction depends on the presence of the nerve ring; Thyone (PEARSE, 1909) ejects the vicera through a rupture in the body-wall near the calcareous ring; holothurians possessing Cuvierian organs cast them out through the cloaca, and may or may not accompany them with more or less of the intestine, depending on the species and the exciting circum- stances. To these categories of autotomy must be added the pro- cess of self-division (DALYELL, 1851, see also p. 246) employed (?) as a method of reproduction. It was mentioned in the section or anatomy that H. surinamensis has the Cuvierian organs poorly developed. The discharge of “cotton” is therefore not a feature of the animal’s behavior; but under certain conditions the gut, respiratory trees, etc. were cast out through the cloacal aperture, or even through the mouth (though this was un- 244 W. J. Crozizr, usual), or (if the animals were in very poor tone) through holes in the body-wall made by a process of local degeneration very similar to that which occurred when death was brought about by heating, and not marked by any great muscular activity. The time required for the completion of the act of autotomy varied greatly with the experimental conditions, occupying from a few minutes to an hour or more. I have been unable to discover the exact circumstances which determine the casting out of the internal apparatus; once started, however, the principal factor involved in forcing out the vicera is a slow muscular peristalsis working on the pressure of the fluid in the body-cavity. When an animal was picked up and handled, strong muscular contraction forced water out through the cloaca, and as the aperture was quickly closed considerable internal pressure was developed. If now a cut was made in the body-wall, or if the animal was divided transversely by a sharp clip with scissors, part of the viscera might be suddenly extruded; but this is not to be regarded as an act of autotomy; evisceration sometimes followed, hours after the operation, though mutilation did not invariably lead to this result (cf. TorELLE, 1909). Exp. 72,1. July 14. Twenty-three specimens had part of body removed — anterior end, 13 cases; posterior end, 10 cases. Of these, 7 autotomised part or all of the gut after periods ranging from 10 min. to 14,5 hrs. The remainder regenerated without autotomy. All the animals were kept under practically identical conditions, in aquaria with normal animals which did not autotomise. The only stimulus, or complex of stimuli, that invariably pro- duced autotomy was the stagnation of the seawater in which the animals were living; but individuals kept in aquaria under con- stantly running water occasionally eviscerated also, after they had been in the laboratory for some time. With the idea that depletion of the available oxygen or the accumulation of some excretory pro- duct was responsible for autotomy in “stale” seawater, experiments were made with boiled seawater*), and with water to which carbon 1) These experiments were carried out using seawater which had been boiled, the loss by evaporation made up with boiled rain water (volumes corrected for temperature expansion), and allowed to cool in full sealed Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 245 dioxide, uric acid, or urea’) had been added; low concentrations of tannic acid were also used. These experiments gave no definite results, as autotomy was produced with some individuals and not with others; and even in the first instances autotomy was observed only after the lapse of such an interval (10—12 hours) that seawater originally normal might have produced the same effect. That some pathological state is induced by the stale water is strongly indicated by the fact that animals kept over night in a small volume of seawater were frequently observed to eviscerate after being transferred to fresh seawater; and further, that after the holothurians in an aquarium had begun to eviscerate, areation of the water by splashing did not put a stop to the process. Chemical irritation of a different sort was found to initiate autotomy in a majority of cases. It is almost impossible to an- aesthetise Holothuria and keep it intact. Carbon dioxide was the most successful anaesthetic employed; the use of chloralhydrate, magnesium sulphate, chloretone, cocaine, or urethane did not give good results. Immersion in fresh water led to partial evisceration in four out of ten experiments. Dropping the animals into formalin (5 per cent, or stronger) or into 70 per cent alcohol, invariably produced more or less complete autotomy when some of the irri- tating material had been drawn into the cloaca in the course of a respiratory movement. The integrity of the nervous system is not essential for the act of autotomy, though it is more sucessfully carried out by the intact animal. The following experiment will illustrate this point: Exp. 85,2. 2. July 21. 10 animals had 5—7 mm of the anterior end, includ- ing the ring structures, removed by a rapid cut; 8 of these showed part of the respiratory trees extruded through the cut immediately after the operation; 2 individuals expelled the gut through the new anterior end within five minutes after the operation. No fourther autotomy observed in this lot; kept until July 25th. The only conclusion which seems justified from these experi- ments is that visceral autotomy is the result of a pathological con- jars; when cool, the holothurians were introduced and the jar quickly resealed. The resistance to lack of oxygen shown by Holothuria is paralleled by that of many other marine animale (MOORE, 1913). 1). Fosse (1913) has identified urea in echinoderms and their excretory products. 246 W. J. CROZIER, dition of the whole organism, and that it is not absolutely dependent on the presence of the nerve ring. The fact that intact individuals were more successful is explicable on the basis of a great loss of muscular tone suffered by mutilation. The rôle of the so-called central nervous system in autotomy as seen in various holothurians is analogous to that which this organ plays in the regeneration of diverse forms — in some (Synapta) it constitutes part of a necessary complex, while in others (Holothuria, and possibly Thyone) it does not. g) Regeneration. a) In nature. Approximately ten percent of the animals observed (H. surinamensis only) were found to have anterior or posterior ends much lighter in color than the rest of the body. Posterior ends of this type were more frequently encountered than anterior ends — twenty of the former and twelve of the latter being noted among three hundred specimens. No case was observed in which both anterior and posterior ends were of this kind. The size of the parts referred to is seen in Table J. Such terminal regions were readily recognized by their pale yellow pigmentation, less than normal diameter, and (especially in the case of the posterior ends) their low degree of contractility when stimulated. Tentacles on these ends were thin, short and very slightly pigmented. The possibility suggested itself that these lightly colored parts are formed by regeneration, subsequent either to autotomous bisection, or to injury by such enemies as fishes and the large blue crabs (Callinectes) which abound in localities where A. surinamensis was found. The latter explanation seems improbable, for the integument of Holothuria, though relatively thin, is very tough and not easily cut. There is no evidence that Holothuria has enemies of this kind. Moreover, the fact that other holothurians (Daryeur, 1851; Vol. I, p. 74 et seq. tab. 14; and later workers) are known to show self- divison, coupled with the remarkable powers of regeneration ex- hibited by other genera, makes the first suggestion the more pro- bable. Toreuue (1909) found that mutilated fragments of the Aspi- dochirota studied in her experiments (including three species of Holothuria) were extremely tenacious of live, but did not readily regenerate. Experiments shortly to be discussed showed that an- terior and posterior ends exactly similar to those observed under natural conditions were formed in a short time after the removal of the appropriate part. While I have not seen a case in which self-division was in progress, it is nevertheless entirely possible Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 247 that this process is a normal mode of reproduction in H. surina- mensis. Table I. Size of the regenerated (?) terminal regions — H. swrinamensis. Total length Length of Length of extended anterior regions posterior regions cms cms ems 6,7 === 1,2 10,0 1,4 = 10,0 — 1,0 120 1,0 — 12,3 2,0 = 14,6 = 0,8 17,0 2,3 — VES 2,4 — 18,0 | 2 | == D 6) Experimental. In connection with experiments on the nervous system, operations were performed on Holothuria which in- cidently brought to light some interesting phenomena of regeneration. Since the observations of Datyrni (1840, 1847) it has been known that some holothurians are able to make good the removal of parts of the body, but Torzure’s (1909) work indicates that in the genus Holothuria this power is limited. When the body wall of Holothuria was cut, there followed a set of activities making for the closure of the wound and the re- paration of the lost part. Precisely as in the case of coelenterates and annelids (cf. Ranp, 1909), a prominent feature-in the early steps of wound reparation is the inbending of the cut edges; while there is some question as to the extent to which various factors, such as muscle contraction, amoeboid activity of tissue cells, etc., are concerned in this process, experiments on Holothuria demonstrated that both muscular activity and the slow movement or multiplication of superficial tissue cells is involved. In the first experiment thin fragments of the outer body layer were removed, without cutting into the body-cavity, and the manner in which the surface thus ‚exposed was covered over was watched. Exp. 94,2. July 29. 11,30 A.M. Thin pieces of the outer pigmented layer wemoved from the mid-dorsal region of 5 animals. The fragments cut off Zool. Jahrb. XXXY. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 17 248 W. J. CROZIER, slowly curled up at the edges, concealing the cut surface; this occupied about thirty seconds. The covered area was again exposed by carefully unrolling the curled-in parts, after which they slowly curled in again (1,5 min.), but not so completely as before. The wound on the body was temporally closed by a sharp bend on the long axis at the injured spot, such that, with the assistance of a deep contraction of the trans- verse muscles at that point, the scar was completely hidden. 9,50 P.M. Body was now straightened out, and the wounded surface- noticeably smaller in area. July 31. 6,00 A.M. Edges of the wounds now indistinct, and the- scar surface had become covered over by a thin yellow epithelium. Pigmentation slowly increased, but even after three weeks the injured. areas could still be seen as light-colored spots. Subsequent experiments dealt with the phenomena of inrolling- of the cut edges and regeneration, and are recorded as follows: Exp. 73,1. Slits cut in the body-wall. July 14. Three animals prepared with a lateral incision, perpen- dicular to the long axis, made with sharp scissors. Parts of the respiratory trees, extruded through the cuts, later withdrawn (cf. TORELLE, 1909). Body turgor lost (but recovered by the next morning). No disturbance of locomotion. A deep ring constriction at the level of the cuts, together with a sharp bend at that place, closed the wound. The edges of the wound tucked in within 5 minutes. July 17. Cuts healed over, only a slight scar showing. Exp. 29,2. Animals slit open longitudinally from mouth to anus. Isolated pieces show a strong tendency to curl in at the cut edges; this is well illustrated when the body is cut from anus to mouth along the dorsal interradius, as the edges of the cut then roll in tightly, so- that the bodywall is coiled in a double scroll. Exp. 41,1. Anterior end removed. July 7. 9,00 A.M. Anterior end, including the calcareous and: nerve rings etc., removed from 5 specimens; length of pieces removed, 4,8—6,5 mm. 8, 30 P.M. Cut ends all closed over, and the “decapitated” pieces. ered about in normal fashion, though slowly. July 8. 9,00 A.M. The two smaller amputated pieces dead. July 9. 9,00 A.M. One other anterior piece dead. July 12. 12,00 M. The two remaining anterior pieces showed a. bulging posterior regeneration cone. Preserved in alcohol. July 14. 9,00 A.M. A similar regeneration cone noticed on the- anterior ends. All regenerated parts very pale in color. Sensory of reactions Holothuria surinamensis. 249 July 19. 8,30 A.M. Regeneration cones 4—6 mm long on the new anterior ends; most of the time they were kept well invaginated. The cones were of much less diameter than the rest of the body. In two cases 11 tiny new tentacles were counted, together with several papilliform growths, evidently representing the fundaments of other tentacles; in another specimen 9 well formed tentaclés, 1 very small one, and 8 stumps were counted. The new tentacles were thin and pale, and approximately 2 mm long. | July 22. Extreme length of regenerated pieces, 1,0—1,3 cms. Exp. 72,1. Posterior end removed. July 14. Posterior ends, 5 mm long, removed from 5 animals, The new posterior ends rolled in almost immediately (5 min.); the amputated pieces closed the wounded end in 10 min. July 15. A distinct opening at the new posterior ends. July 17. Small regeneration cones visible. July 20. The new integument thin and bulging, regeneration cones 3—4 mm long. July 22. All dead, through accidental stagnation of the water. Experiments in which cuts were made with purposely ragged outline, and in which pieces were removed by slanting cuts, gave results not essentially different from those already described. Wound closure was more successful when the cuts had smooth edges, as otherwise the ragged parts were sloughed off; slanting cuts were closed in exactly the same manner as those made perpendicular to the long axis of the body, but the thinner part of the cut end was also sloughed off in most instances. Some tests were made with animals kept in M/800 chloretone, in the hope of eliminating by this means the action of the muscles in bringing about the inrolling of the wound edges. It was found that with chloretoned animals the rapid in-bending did not occur, though after an hour or more the edges of transverse cuts were slightly curved. It would therefore seem that the direct action of the injured muscles plays a more prominent part in wound closure in Holothuria than it does in actinians (Ranp, 1909; CHEsTEr, 1912). Holothuria surinamensis can therefore regenerate, or rather re- form from its body-tissue (for the operated animals were kept in aquaria without sand or mud to provide nutritive material) an anterior or a posterior end within a very brief interval after the removal of those parts. The significance of this power, as favorable to a method of reproduction by self division, has already been pointed out (page 243). The incomplete restoration of the usual com- plement of tentacles would account, in part at least, for the nume- rical variation of these structures found in some specimens. 17% 250 W. J. Crozier, III. Mechanical stimulation. Echinoderms are known to be generally sensitive to a variety of mechanical stimuli. The experiments of Romanzs (1885), PREYER (1886), Jennines (1907), Cowres (1910), et al, have shown that tactile and pressure stimuli play an important part in the behavior of starfishes and ophiuroids. The apodous holothurians possess a highly developed tactile sense (CLARK, 1907, p. 47, 138). In addition to touch papillae, synaptids have positional organs (CuarK, 1901a, 1907, BECHER 1909), operating through mechanical stimulation after the fashion of the molluscan and crustacean statocyst, which are apparently irresponsive to vibrational stimuli. The tentacles and podia!) of pedate holothurians are usually spoken of as “tactile organs”, and the general surface of these animals is also sensitive to pressure stimuli (Henri 1903a, b, c; Grave 1905; Prarse 1908). 1. Local mechanical stimuli were applied to H. surinamensis by the use of needles, finely drawn out glass rods, and minute bubbles of air formed at the tip of a capillary pipette. a) The tentacles were very sensitive to slight touches. A very slight stimulus led, in a resting animal, to the collapse of the ten- tacle stimulated and its withdrawal; a more severe one, or a weak stimulus repeated three or four times, produced complete retraction of all the tentacles with or without an accompanying turning of the anterior end to one side — the side away from that stimulated. The reaction time was 0,3 sec.?), at 24—27°, and was (as nearly as could be determined) constant for all intensities of stimulation, though the amplitude of response varied in proportion to the severity of the stimulus. The tentacles also responded in this way to fairly strong water currents from a pipette. When all the tentacles had. contracted as the result of a stimulus applied to a single one, the tentacle stimulated was the last one to reappear when the set was re-extended. The tentacle reflex to mechanical stimuli affords a very clear instance of the relation between a physiological state and reaction, 1) As a matter of convenience, I shall use the term “podia” to include merely the pedicels and papillae. 2) All the measurements of reaction time recorded in this paper were made with a calibrated stopwatch reading to 0,1 second. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 251 for when holothurians actively engaged in locomotion were studied, it was found that the tentacles were apparently much less sensitive than when in the resting condition; in fact, even relatively strong stimuli produced merely a waving about and partial retraction of the particular tentacle affected, while the others were markedly extended. Considerable variation was found in the amplitude of response obtained from the tentacles of different individuals; with some even the slightest stimulation leading to a maximum effect which is secured in others only by repeated stimulation. After stimulation with solutions of various chemicals the threshold for the mechanical stimulus was considerably lowered, a maximum amplitude of response then being obtained with the slightest touch. No differences could be detected in the reactions of the different tentacles, nor in different regions of the same tentacle, though it might have been expected that the outer surface of the discs would have been more sensitive than the shafts. Fig. A. Stages in the contraction of a papilla (2:1). 1. A fully extended papilla. 2. First stage in contraction — response to a slight touch, at x. 3. Second stage in contraction — response to more intense stimuli. 4. Complete retraction of papilla repeatedly stimulated. b) The podia. As nearly as could be determined, the pedicels and papillae were of equal sensitivity to tactile stimuli. In both cases the reaction time of podia in the mid-body region was slightly greater than that of the tentacles, being 0,4—0,6 seconds at 24°— 27°; for stimuli of approximately equal intensity the amplitude of the response was much less than that of the tentacles in non- moving animals. The papillae are more scattered than the pedicels and could readily be studied singly under a binocular microscope. They showed several stages of reaction to tactile (and other) stimuli. In general, the mode of retraction was by contraction; but the extent of the retraction varied with the intensity of the stimulus, and the following well-defined steps were made out (Fig. A): (1) shows the 252 W. J. Crozizr, outline of a fully extended papilla; when gently touched, at x, the . thinner distal portion, yellow in color, collapsed through the with- drawal of water into its ampulla and the contraction of its longi- tudinal walls, and the outline seen in (2) was assumed; more vigo- rously stimulated, the contraction proceeded to such an extent that only a slight elevation remained upon the skin, (3); the final step, involving the complete invagination of the papilla, could be secured only on repeated stimulation; in this last stage (4) a small hole in the integument was all that was seen from the outside. Mechanical stimuli of a more vigorous kind, such as gently pinching with forceps, called forth reactions varying with the region of the body concerned. On the most anterior part of the animal, within a centimeter or so of the tentacle ring, pinching a papilla led first of all to a contraction of the tentacles and collar, and of the longitudinal muscles in such a fashion as to bend the anterior end of the body away from the side stimulated, and then both the affected papilla and its immediate neighbors would retract. If the stimulated papilla was dorsal in position, the anterior end was bent ventral and more or less beneath the body. To fairly severe stimuli nearby papillae also reacted by slight contractions. The tentacular brim was extremely sensitive to touch, its reactiveness being com- parable to that of the tentacles. In the mid-body region, pinching a papilla led to the contraction of nearby papillae also, especially those on approximately the same transverse circumference. Further evidence of the conduction of stimuli in circular fashion about the mid-body was given by the transverse-muscle contraction, which appeared as a narrow ring-like depression at the level of a vigo- rously stimulated papilla; this type of response was usually not accompanied by any sidewise turning of the anterior end. In the region within a centimeter of the cloacal tip, pinching a papilla produced a reaction of the posterior end comparable to that already described for the anterior end, but less rapid and of not so great an amplitude. The papillae forming a ring about the cloacal brim were much more sensitive to tactile stimuli than the dorsal and lateral podia; stimulation here effected a closure of the cloacal aperture and more or less of a sidewise turning of the posterior end of the body. The tube feet reacted to pinching by contraction, and neigh- boring pedicels in an antero-posterior line running through the stimulated pedicel also reacted; usually, those anterior to the point Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 953 of application of the stimulus reacted more quickly than the posterior ‘ones, and the disturbance was generally carried farther in the anterior than in the posterior direction. By severe treatment, the tube feet were caused to become retracted completely, as in the third contraction stage described for the papillae (Fig. A, 4). Attached tube feet required much greater stimulation to induce their contraction than did free ones. Tube feet were allowed to become attached to glass rods, and were then gently pulled; this in most experiments led to contractions at the anterior and posterior ends of the animal, and ultimately to the freeing of the tube foot, even with very slight tensions. The tips of the papillae and the terminal discs of the pedicils were much more sensitive than their stalks. Stimuli applied to the lateral walls of papillae and pedicels gave results which are of interest in view of von Urxkünr’s theory of the action of the nerve net system in echinoderms. When the side of a papilla not exactly perpendicular to the body surface, 1. e. in which the muscles were more contracted on one side than on the other, was touched with a finely drawn out glass rod, or gently pressed upon by a small bubble of air at the tip of a pipette, the resultant reaction involved two steps — (1) an erection of the papilla, and (2) its collapse and contraction. This led to the reaction appearing as a positive one when the less contracted side was touched, or a negative one when the more contracted side was stimulated. The two steps were often fused together, but I believe that we have here something parallel to the state of affairs at the base of an Echinoid spine, where v. UexkÜüzz (1900a) found the stretched muscles to be more easily and quickly thrown into con- traction. c) The body surface at the anterior and posterior extremi- ties was much more sensitive than that in the mid-portion of the animals length. In the region within a centimeter or so of the anterior end (varying with the size of the individual), a slight touch on the dorsal or lateral surface between the papillae produced a reaction from the tentacles, brim, and nearby papillae, and some longitudinal contraction of the body, together with more or less turning to the side away from the point of application of the stimulus. The mean of ten determinations gave an average reaction time of 0.4 sec. (at 26°) for delicate tactile stimuli. The dorsal and lateral surfaces in the middle region were relatively insensitive. To slight touches no response whatever was secured, unless the particular area 254 W. J. Crozier, had been made hypersensitive by chemical stimulation immediately before the test, for example, as, by three or four applications of M/50 acid.!) The body wall might be forced in over an area of about. a square centimeter by a water current from a pipette without. producing any reaction. On severe prodding a rather complicated series of reflexes was produced: a ring-like depression, deepest at. the point stimulated and usually disappearing on the ventral surface, was accompanied by a reaction from the anterior end such as I have previously described under the responses to pinching a papilla. Individuals resting on the bottom of an aquarium with a curve or bend in the long axis were studied, and it was found that whether the stimulus was applied on the inside or outside of the curve, — i. e. to either the more contracted or the stretched side, — the bending away of the anterior end was such as to carry this part away from the side stimulated.?) An exception to this general statement was found in a somewhat different form of reaction, in which the pedicels, when stimulated in the manner above described, released their hold and the animal rolled over on to the side opposite that stimulated; if stimulated again, as they lay on one side, the bending of the anterior and posterior ends was such as to bring them towards the spot touched. The latter type of reflex. depends upon the fact that the ventral musculature is much more effective in producing body curvature than the dorsal. The ventral and dorsal surfaces were of very nearly the same sen- sitivity. The region in the immediate neighborhood of the cloaca. behaved in a manner similar to that about the mouth, a slight touch leading to the closure: of the cloaca, longitudinal contraction, and some turning to the unstimulated side. Reaction time (at 25°) averaged 0,6 seconds. When picked up and handled, or otherwise subjected to repeated mechanical stimulation, Holothuria decreased markedly in volume. Strong contraction of the longitudinal musculature forced out through the cloaca water previously held in the respiratory trees, producing a decrease in length to little more than half its value in expansion, with only a slight increase in the maximum diameter (Table II). In this process the pedate surface remained flattened, while the dorsal 1) JENNINGS (1907, p. 69) found a similar interrelation between mechanical and chemical stimuli in the starfish. 2) This bending away of the anterior end involved, of course, the release of the pedicels in that region. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 255 surface became strongly arched and the two ends much narrowed. The relatively greater strength of the trivium muscles was shown also in the way in which holothurians detatched from the substratum and lying on one side became curved dorsoventrally, the ventral surface occupying the inner curvature. Exactly opposite conditions hold with Caudina, Thyone, and other forms (GEROULD, 1896; PEARSE, 1908, et al.), where the dorsal muscles become more powerfully con- tracted when the animal is not attached to a horizontal base. Darbile LE Showing relative sizes of holothurians expanded and in contraction. Normal Contracted No. length diameter length diameter ems | cms cms cms 1 15,5 2,0 10,0 2,9 2 10,0 1,4 4,0 2,1 3 16,5 2,1 8,9 3,2 4 LOU 129 9,0 2,2 5 18,0 1,8 8.6 2,5 d) Experiments on mutilated animals. Small isolated anterior and posterior ends, and the two parts of bisected animals, reacted normally to tactile stimuli, except in the immediate neigh- borhood of the cut surface. The responses of tube feet and tentacles on isolated parts were of very slight amplitude, as compared with those of the normal animal, but otherwise no differences could be detected. e) Discussion. The reactions of H. surinamensis to tactile stimuli may be summarized as follows: All parts of the body are sensitive to touch, the order of respon- siveness being tentacles, oral brim > cloacal brim > podia > anterior end > posterior end > mid-body surface. As in many other animals, the anterior and posterior ends as a whole are the most sensitive regions, and the anterior one is the more reactive. The tentacles and podia (including the cloacal papillae) are the chief organs of the tactile sense. The end-organs concerned in the reception of tactile stimuli cannot be specifically designated. In synaptids (CLark, 1907, p. 47) the so-called touch papillae are small groups of epithelial cells 256 W. J. CROZIER, connected with ganglia at the. ends of branches from the tentacle or radial nerve strands; sensory cells of presumably similar function also occur scattered over the body of synaptids, and in the general epithelium of Molapdiidae (CLARK, 1907, p.154). CLARK suggests that the cloacal papillae of the Molapdidae, like the tentacle digits in this and other Apodous groups, are important organs of touch. Cucumaria and Holothuria have no special form of nerve termination even in the tentacles (Cuznor 1891, p. 515; Rerzıus 1906), but the podia and tentacles are each provided with an extension of the nearest radial or tentacular nerve strand ending in a plate of sensory epethelium at their distal terminations. Pozara (1906b), however, has found what may be (?) tactile organs, in the integument of H. tubulosa and H. poli. Henri (1903a, b, c) describes reactions of Stichopus regalis which point to the existence of ramifications of the radial “nerves”, each point on a longitudinal muscle being reflexly connected with a series of points on the body which he finds located within a certain limited region. He accounts for the different reactions obtained from the anterior end near the mouth, by saying that here the nerve-ring apparatus enters, and through its action as a conductor a pair or more of the longitudinal muscles contract. He concludes that the nerve ring acts as a central nervous organ. I have in- cidentally verified some.of Hrnri’s observations on the mechanical stimulation of the body-wall of Stichopus (S. moebir) cut open along an inter-radius. The mode of reaction of the mid body wall of Holothuria to tactile, photic (p. 261) and chemical (p. 67) stimuli, leads me to believe that the nervous system of Holothuria works in a manner agreeing with Henrrs description. But it must be noted, on the other hand, that animals from which the “central nervous organ” had been removed were still capable of coordinated activity, — of moving away from the light, climbing vertical walls, and turning the anterior end away from the side stimulated, — though they appeared to be in a much weakened condition. Coxe (1913b) believes that a starfish with its circumoral nerve ring cut cannot effect coordinated righting movements, but experiments shortly to be described show that this is entirely possible for Holothuria, and I therefore do not believe that the nerve ring necessarily acts as a true central nervous organ in HEnRT’S sense. Furthermore, the posterior end of Holothuria exhibits these Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 257 sideward bendings, etc, and no trace of aboral nervous ring has been identified among the holothurians. 2. Continued tactile stimulation as a factor in the behavior of Holothuria was sought in evidence for stereotropic and similar forms of irritability. a) Stereotropism; and the righting reaction. Holo- thurians were sometimes found to have lodged themselves in narrow holes and crannies in rocks, and this, taken in connection with the burrowing habit, seemed to point to a general stereotropic sensiti- vity of the animal’s surface. In aquaria however, they showed no tendency to collect in groups, not even in the angles between walls or in the corners. When fitted into narrow glass tubes so that the anterior end projected through one opening, they did not tend to maintain this position, but soon crawled out of the tubes. Simi- larly, experiments designed to discover the existence of rheotropism in Holothuria gave negative results. The animals moved either with or against the current flowing down a narrow trough, de- pending on circumstances not connected with the current itself, save when the water current was violent, as then the effect was comparable to strong mechanical stimulation, producing sideward turning away of the anterior end and gradual movement until out- side the zone of disturbance, but without any orientation. Echinoderms generally are capable of righting themselves when turned over on the dorsal surface. It is known that the righting reaction of the starfish is due to the stereotropism of its tube feet, rather than to any geotropic control of the dorso-ventral orientation of the body (Moore, 1910). Synaptids possess definite “positional organs’, which function as statocysts, but no such organs occur among other holothurians, and the following experiments show that Holothuria in its righting behavior is comparable to the starfish — or better, to an isolated starfish arm. The righting reaction of H. swrinamensis involves two distinct factors — 1. the dorso-ventral curvature of the body, and 2. the twisting of the animal on its long axis, forward crawling, and the gradual attachment of its pedicels to the substratum. The previ- ously described tendency to throw the body into a curve when turned over on its back or otherwise removed from its normal position makes it impossible for Holothuria to remain on its dorsal surface, but causes it when so placed to topple over to one side or 258 W. J. Crozrer, the other. Then, beginning always at the anterior end, the body becomes slowly twisted in such a way as to bring the pedate sur- face to the bottom; the body muscles are more important in this proceedure than the tube feet. This type of righting behavior is very like that practised by Planarians, slugs, earthworms, ete. A modification of this method of righting was used in a few instances: the anterior and posterior ends would for a moment bend ventrad rather quickly, and the animal thus was enabled to roll over suddenly with sufficient momentum to regain its normal orientation without the use of longitudinal twisting. Holothurians with the anterior end (nerve ring, stone ring, etc.) amputated did not right themselves until several hours after the operation. This was probably due to the inability to develope internal water pressure in the usual way; but sooner or later the “headless” pieces became righted after the manner above described for the normal animals. With animals cut cross wise into two equal parts, the righting movements of the posterior half began at the tail end — showing a condition somewhat comparable to the non-use of injured arms (starfish — Moore, 1910) or injured regions (sea urchin — Romanes, 1885) in other echinoderms. Core (1913b) concluded that a starfish could not coordinate its righting move- ments in the absence of a complete nerve-ring; it is probable that the simpler structure of Holothuria makes possible a better coordi- nation through the mutual pull of the body parts than is the case in Asterias. Some tests were made with holothurians suspended in the water by a thread through the dorsal integument. Two types of behavior were seen in such animals; some individuals squirmed about incessantly, while others assumed a contracted form and kept it as long as the experiment was continued (3—4 hours), in one case autotomizing the viscera. Detached tube-feet, and the tube- feet of holothurians held resting on their dorsal surface, readily became attached to the surface of bits of stone etc., but not so frequently to glass rods. Direct contact with a rough surface is the stimulus which provoques their attachment. A. surinamensis was sometimes collected from the under side of slabs of rock, and this fact, taken in conjunction with those already described, argues for the conclusion that the normal righting reaction depends on the positive stereotropism of the tube feet. When the pedicels are detached the animal assumes such a form as best to make possible a 6 Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 259 their re-attachment. Similar righting behavior was observed in other species of Holothuria and in Stichopus. b) The climbing of vertical walls. All the holothurians which I have studied were frequently found near the water surface, on the vertical walls of aquaria in which they were confined. A holothurian of different type, Cucumaria cucumis of the Bay of Naples, supplied Lors with a well known instance of negative geotropism (Lorn, 1891), but Zhyone (PEaRsE, 1908, p. 275) does not show any noticeable geotropic tendency. From the fact that (save possibly in the case of Stichopus) crawling up a vertical surface did not involve any orientation, I was led to believe that, with A. suri- namensis at least, geotropic irritability was not necessarily the re- ‘sponsible factor. In crawling up the wall of an aquarium the long axis of the animal was not placed vertically, but always at an angle with the horizon, and the completion of the movement at the surface of the water found the body placed horizontally imme- diately under the surface film. Frequently the circlet of tentacles was expanded and moved about under the surface film; during this manouver a few of the most posterior pedicels were sufficient to hold an animal in its position. Experiments were made with holo- thurians placed upon glass plates tilted at an angle of 30° to the horizon; in these tests approximately equal numbers crawled upward and downward, while many remained stationary, the actual figures being: 6 upward, 5 downward, 9 stationary in 20 tests. Not all the specimens in an aquarium were at any one time to be found on its sides; some came to rest in shaded corners and remained on the bottom, while others crawled down from the water surface after several hours. JENNINGS (1907, p. 115), Cowres (1910, 1911a), and Coze (1913a) have called attention to the persistence of the impulse to locomotion in starfish and ophuroids, and CowLes ascribes the climbing of vertical walls by Echinaster to this peculiarity of behavior. The activity of Holothuria was very similar in this respect to that of Echinaster as described by Cowres (1911a), for, when oriented by light or when engaged in continued locomotion from other causes, this form also continued its crawling by mounting such vertical or inclined surfaces as it met in its path. This was very noticeable among animals freshly collected, for here the disturbance due to handling and stimulation by light invariably resulted in the crowding at the surface of all the holothurians in a pail. The absence of 260 W. J. Crozier, geotropie irritability is also indicated by the fact, already referred to, that Holothuria was found ventral side uppermost clinging to the under faces of rocks. The presence of the nerve-ring is not essential for the climbing of vertical walls. While regenerating new anterior ends the holo- thurians were for the most part quiescent, but they occasinally moved slowly about and were sometimes found to have crawled to the water surface, assuming the position of normal individuals. 3. Viibaa DO PV SEMI Holothuria responded to slight jars of the table on which the aquaria were placed by momentarily withdrawing the tentacles, and ceasing the rhythmic cloacal movements. ‘Tests were made by placing holothurians in beakers of thin glass, three quarters filled with sea-water, and tapping gently on the lip of the beaker. After a certain number of repetitions of this stimulus, no response was given. Table III gives, for ten experiments, the number of jars required to bring about this state of accomodation; the tapping was done with a glass rod, the successive taps being one minute apart and of as nearly equal force as possible. The extent of the reaction obtained from different individuals was quite variable. Animals designated b and h in the Table ceased to react, after giving the number of responses noted, by withdrawing the tentacles permanently, the others by keeping them extended. While no withdrawing re- flexes on the part of the tentacles were obtained after tapping for some little time, continued jars induced restlessness and locomotion. Table II. Exp. 46. 1,2 Reactions to jarring | Individual a ie d e f es h i j No. of reactions 4 a © 9 6 3 12 3 4 8 Note. The “No. of reactions” given is the number reguired to bring about accomodation in each case. Similar results were obtained by allowing drops of water to fall from a height of 20 centimeters, approximately three centi- meters of water being over the animals. The response here was localized, the tentacles, mid-body region and posterior end all giving Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 961 the usual withdrawing reactions when the drops were made to fall over them. Holothuria with the anterior parts amputated gave the same series of reactions to vibrations, but were more easily exhausted, not more than 5 successive reactions being obtained to shocks coming at one minute intervals. IV. Light. 1. Introduction. The radial arrangement of the body in starfishes and sea urchins has given a special interest to the study of their reactions to light in connection with theories of phototaxis which have been advanced on the basis of work with bilaterally symmetrical animals. In echino- derms other than holothurians there is no g00d evidence of orientation produced by light. With regard to the holothurians Mast (1911, p. 211) says: — “The lack of orientation in moving from a source of light is much more striking in the holothurians, which are super- ficially at least much more definitely bilaterally symmetrical” than the starfishes; this generalization is based on Prarsr’s (1908) account of the behavior of Thyone. So far as known the holothurians are uni- formly negative in their reactions to light, and since the time of Dazvezz (1851, Vol. I) have been spoken of.as nocturnal animals; Stichopus is an apparent exception, for it is seen in great numbers on brightly illuminated bottoms, but even here some species at least crawl into dark places after the passage of the breeding season (Mirsuxvrt, 1903). 2. Phototropism. Holothuria surinamensis, captiva and rathbuni all move away from * a source of light, in a manner strikingly at variance with that de- scribed for Zhyone. As has been brought out in the discussion of locomotion (page 242), Holothuria was not observed to crawl in any other way than with the anterior end to the front, while Zhyone moves away from the light, like a sea urchin (Hozmes, 1912), with any angle of the body in advance. When a number of holothurians were placed in a vessel near a window, though not exposed to the direct rays of the sun, they oriented away from the light and moved to the side of the vessel farthest from the window. Having gotten 262 W. J. Crozer, as far from the window as the walls of the aquarium would permit, they frequently continued crawling up the vertical side of the vessel until the water level was reached. They might remain there if the light were not too intense, but in stronger light they continued to move slowly around the aquarium with the anterior end toward the light, until they came to rest in some shaded area. When the remainder of the aquarium was in bright light a shaded portion thus gradually entrapped all the individuals present. If the anterior part of the animal were shaded when the body was first illuminated, the holothurians moved into this shadow. Before considering the general effects of light on Holothuria it was necessary to know the distribution of photic sensitivity over the body. Using a small spot light produced by stopping down a pocket flash-light, or condensing sunlight with a lens- diaphram system, I explored the surface of some fifty or more individuals. The experiments were made in a dark room, and, especially when sunlight was used, the condensed beam was passed through 7—10 cms. of sea-water before striking the animals, though previous experments had shown that heat did not need to be seriously con- sidered as a Stimulating agency. A beam of light thrown on the tentacles caused them to contract slowly and one at a time as they were successively stimulated. The tentacles again expanded, but after a period of contraction of quite variable duration. If such stimuli were applied one after another as soon as the tentacles were reexpanded, no further retraction could be induced after the 5th or 6th application. The pedicels and papillae also collapsed slightly when illumi- nated by the spot light, and continuous intense light (3—5 minutes) caused attached pedicels to become free and to wave about slowly, as in the starfish (Jmnnines, 1907). The contraction of the papillae was slight, usually going only to the first stage (cf. page 251). Con- traction of the anterior end (with or without the tentacles expanded), - of the posterior end, and of practically every point on the body surface were produced by localized light. The part stimulated gave the usual “sinking-in” reaction as in the case of mechanical stimu- lation, the depth and extent of the contraction depending on the intensity of the light used. Animals from which the anterior end (1 cm +) had been removed, as well as the removed tentacle-bearing pieces, gave reactions of the same kind, but more slowly than normal animals; Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 263 and they were much more readily exhausted, two or three reactions being all that could be obtained from the tentacles. This exhaustion might be due either to a condition of prompter muscular fatigue, caused by the removal or damage of tonus centers, or to the more rapid using up of photoreceptive materials in the mutilated animals. The latter possibility is important, because the interference with the circulatory apparatus tends to make reconstructive processes slow; hence to produce equivalent reactions a higher intensity of light?) had to be used with these decapitated individuals than with normal holothurians. The greater length of time consumed in the responses of mutilated individuals may have been quite as much due to the damaged state of the ambulacral system as to the loss of muscular tone. Stimulation of the body surface near the new anterior termination, or at the posterior end, produced a contraction tending, as with normal holothurians, to bend the stimulated part away from the light. A strictly dorsal stimulus produced one of two effects, — (1) a general shortening of the region affected, or (2) a turning of that part to the right or left, the frequency of the turns in either direction depending on the direction and extent of the curvature of the animals body as it rested on the bottom of the aquarium. Usually — in 20 out of 25 trials — the response was such as to increase the established curvature. Orientation under the influence of light from a single source was examined in a dark chamber consisting of a large wooden box, light-tight, painted dead black. inside, and provided at one end with "adjustable diaphragms through which sunlight reflected from a mirror, or light from an artificial source, was allowed to enter. Glass aquaria containing the holothurians were placed within this dark box. A narrow slit at the top of the box, at the end opposite from the diaphragm, served as the observation window; when used in a dark room, the whole top of the box could be removed without interfering with the conditions of the experiment. Exp. 61,1. July 12. a) A narrow beam of horizontal light thrown on the tentacles and brim from one side. Result: first, a slight forward movement, then a sharp turning back. When the tentacles first came into the light, they contracted, but not completely. Other animals moved straight ahead into 1) That is, the source of light had to be brought nearer. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 18 264 W. J. Crozizr, the dark region; this latter result was obtained when the beam of light was so narrow that the forward extension of the anterior end carried the tentacles out of its path. The usual result of these tests was that, after some preliminary extension of the anterior end, it was swung sharply away from the lighted side; following this, contraction of the longitudinal muscles in some cases brought the whole animal out of the path of the light, while in others locomotion in the direction of the anterior end led to crawling along the path of the light beam. In this: latter form of response, any tendency to enter the shadow was checked. by the prompt retraction of the tentacles and the customary “avoidance reaction” when the tentacles were shaded, even by the animal’s own body. Tests in which the light was limited to the brim region, the tentacles. being in the shade, gave identical results. b) When unilateral light was allowed to fall on the mid-body region, holothurians moved straight ahead into the dark. There was no perceptible orientation until the light struck the most posterior centimeter and a half of the body, which was then turned away from the light, but the direction of locomotion was not affected. When so illuminated that several centi- meters of the tentacle end were shaded, the same result was obtained — forward motion without orientation. c) Unilateral illumination of the posterior tip caused it to be (iene sharply away from the light, but in a manner indicating, both by the reaction time and the amplitude of the reaction, that the posterior end was less sensitive than the anterior one. In all these experiments the illuminated region appeared to be locally constricted — a result to be expected from the previous. tests with a spot light. Exp. 61,2—62,1. Horizontal light parallel to the long axis of the body was thrown on the anterior end. Result: a contraction of the longitudinal muscles, greater | on one side than on the other, such that subsequent forward locomotion. carried the animals outside the field of stimulation. Exp. 62,4. Five holothurians deprived of the tentacles and ring structures did not move about to any extent until a regeneration cone had made its appearance. Such animals were just as strongly negatively phototropic as. normal ones. Placed in a field of light coming from one side only, the reaction uniformly obtained from Holothuria was a turning of the anterior end. away from the side illuminated, and continued locomotion away from the source of light in the direction of its rays. Holothuria surinamensis is therefore without question ‘negatively phototropic. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 265 3. The shadow reflex. In the course of several hundred trials, no reflexes other than the slow system of movements producing negative phototropism were observed when the intensity of the light falling on Holothuria was suddenly increased. This was true for individuals which had been in darkness for some hours, as well as for those which had been in light of low intensity for even longer periods. The partial retraction of the tentacles when illuminated by a spotlight was much slower than the shadow reflex presently to be discussed, and was not of a definitely predictable character; it appeared for the most part as a general waving about of the tentacle stimulated. All the holothurians which I have examined give, however, a well defined response to sudden diminution of light intensity, a reflex which forms a feature of the behavior of other holothurians also, e. g. Cucumaria (Grave, 1905) and Thyone (PEARSE, 1908). Shading the whole animal produced retraction of the tentacles, closure of brim and cloacal sphincter, and a general contraction, especially of the anterior and posterior ends. Following this, the parts thus contracted would soon expand, and remain expanded in the shade. The shadow reaction was most easily studied in the case of the tentacles, where the reflex consisted of the withdrawal of the tentacles, the closure of the brim, and a bending of the body to the side away from that shaded. The extent to which the tentacles retracted, the time during which they remained concealed if complete withdrawal had been secured, and the degree to which the body muscles were implicated in the reaction, were in a measure determined by the area of the region shaded, the sharpness of the shadow edge (i. e., the rate of intensity reduction), and the actual amount of light reduction accomplished by the shading. Single tentacles were caused to disappear within the partially constricted collar by shading them individually, either at the peltate tip or at any point along the shaft. I did not determine the minimum shadow area which would produce this reaction. The whole surface of Holothuria is sensitive to sudden shading. With the tentacles completely retracted and the brim closed down, well defined reactions were obtained from the anterior end, especially from the brim. The rim of the cloaca was particularly sensitive; very slight reactions were had from the posterior end when this rim was concealed by the closure of the cloaca, or when it was 18* 266 W. J. Crozizr, amputated. The relative “shadow sensitivity” of the various parts studied is roughly shown by the reaction times in Table IV. The relative amplitudes of the reactions are indicated in decreasing order by the numbers (1)... (5). The reaction times are the averages of ten sets of observations. The variability of these reactions, as obtained from the numerous animals observed, was very great. Table IV. Reaction times to sudden shading — in seconds. Temp. 27,5°. Tentacles Ant. end !) _ Post. end Midbody?) | Podia?) Bun % 12 | 2.0 > 208 | 20% . nee: 1) With the tentacles completely retracted. 2) Only in bright sunlight, and not even then in all animals. 3) Response too indefinite to be measured. Of all the reactions those of the tentacles were the most clearly defined, and in the experiments made to determine some of the characteristics of this reflex the tentacles were studied exclusively. It may first be pointed out that the tentacles on small anterior fragments which had successfully accomplished the closure of the cut end, reacted to shadows in an entirely normal fashion, both as regards the reaction time, and the period during which the brim was closed down, though these isolated pieces were very quickly exhausted (see Tables V and VII). Table V. Exp. 27.3. July 2. Comparison of the shading response of normal tentacles, and of those on isolated anterior pieces. Anterior ends removed 40 hrs. before this experiment. Measurements in seconds. Temp. 25,0°. Normal Isolated ant. ends No. Period Period Reaction ti i ion ti i an me of contraction Reaction time | of contraction x 1,3 10,0 1,9 16,0 Y 2,8 2,0 3,0 18,0 Z 2,0 5.0 2,4 2,5 Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 267 Normal holothurians in well aerated sea water were stimulated by succesive shadows cast by a small opaque black board, in direct sun light, in less intense light away from the direct rays of the sun, and, during some experiments, in lamp light. Table VI contains successive reaction-time measurements of the tentacle reflex to Table VI. Exp. 4.38.1. July 2. Successive reaction times of ten normal holothurians in the shadow reflex. Temp. 23,0°. Diffuse light. Shadows 0,5 min. apart. lola Le | ©) 6 | (6) | (7) | (8) | (9) | (10) 1 foe LOM 12506 100 2 ihe 2S PAs E25 Os 2 EO it oe neocon Oded DAC Br SE IG 3 DSL 29 eager LOU te 1.0001 165712471724 4 PO ON te 10216 eee Ost wae ZO 124, 12,5, | 0:8 5 132155001 16.1.1291. 0891 AMIS ON 1327.09 3% 6 207 1 252.1 PAs cot Aha 26.1 3:24) |) OG] 20. || co 7 1521.90 12702 | Cou an | 11 a a 45. ee 8 BAR on ES co MOMENT Grit con I. IG! (eco ei ico 9 E08 RUE | MC COIS IE cont 4 i} 13), |. co 10 AO) bee 1556 CE) | 062 S col Aha lA | cc 11 10.1 18 1 06 13 134 | oo, 98 i 12 12 09.193441 10 own os 54 | 08 13 11 Oe 5) 61 co 116 14 a Ps ae HR 102 T7 co | 24 15 26 | 16 | co OMIS co | 3,9 16 RS 255.041 4,53)| 1,0 co | 60 17 23-181 co co | 31 003) | co 18 co 2,7 co co co co 19 23 DAL = co co | 46 © 20 64 | 22 co | oo oo 21 2853| 13 5,1 oo 22 3,6 | © co 23 15 eco co 24 18 | © co 25 ove) CO) 26 co 27 co 28 oo 29 0° 37 ©03) Notes. co Indicates “no reaction” (i. e. infinite reaction time). 1) Tentacles remained withdrawn. 2) From this reaction on, the amplitude of the contractions decreased. 3) One half hour later, had recovered and gave good reactions. 268 W. J. CROZIER, shadows cast every 0,5 minute, in the diffuse light of the laboratory. A similar table for the isolated tentacular ends is shown in Table VII. The shadows in each case lasted approximately one second, though their actual duration was of no consequence for the experiment. It will be seen that the rate of exhaustion varied greatly among the different individuals. Two of the animals (Nos. 4 and 7) ceased to react with the tentacles retracted, while all the rest remained expanded. A feature of this reaction which the plot in Fig. B brings out more plainly, is the rhythmic character of the exhaustion curves. The sensitivity to shadows first falls off to some extent, then increases in recurring periods of some regularity, finally disappearing altogether, but returing after a short interval of rest. Table VIL. Exp. 27.3. Shadow reactions of five (a—e) isolated tentacle-bearing parts. June 30. 4,00 P.M. 1,5 cms of anterior end removed from each of 5 animals ranging in size from 5,0 to 8,5 cms in length. July 2. 9,00 A.M. Tentacles expanded; the small anterior pieces had successfully closed over the cut, and three of them were moving about with the aid of their tube feet. Shaded at intervals of 1 min., in diffuse light, the shadows lasting 1+ second. Temp. 26,0°. Reaction times in seconds. No. | a. | b | c | d | e 1 1,0 1,4 Bil 1,2 1,5 2 3,4 1,7 1,3 1,0 1,8 3 2,1 3,0 3,1 1,1 an 4 1,7 2,4 1,0 2,4 1,8 5 oo 1,8 co 3,4 25 6 OO 1,6 1,8 1,8 3,2 7 co 1,6 co 1,3 1,0 8 co 1,4 1,0 1,0 9 1,6 OO co OO 10 1,0 OO OO OO 11 co fore) CO co 12 OO OO CO (ee) 13 DO P 14 co Note. © Indicates “no reaction” (i. e., infinite reaction time). When the tentacles retracted as the result of shading, they remained concealed for a length of time which may be taken, in a Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 269 certain sense, as a measure of the amplitude of the shadow reflex. Table VIII gives the successive “retraction times” obtained from three holothurians in bright sunlight. The stimuli were applied every half minute. sl Reaction-time, seconds. i(2) Number of stimulus Wot guar 10 15 20 25 Fig. B. Reactions to repeated shading — 0,5 min. intervals (Individuals (1) and (2) of Table VI). Retraction- 20F time, secs. Number of stimulus 0 223285 10 15 20 25 Fig. C. Amplitude of the reaction to successive shadows, 0,5 min. intervals; “retraction- time”, seconds (individuals 1 and 3 of Table VIII). The observations of Table VIII are shown graphically in Fig. C. Comparing this with Fig. B, for the reaction times to successive shading, it will be seen that the curves of both the reaction time 270 W. J. Crozisr, and of the amplitude of the reaction as measured by the period of tentacle concealment, show the rhythmic character to which attention has already been called. Table VIII. “Retraction times” (seconds) to shadow stimuli. Exp. 42. July 7. Temp. 29,0°. Bright sunlight. Shaded every half minute. Time given only to the nearest whole second, because of the difficulty of ob- taining accurate points for measurement. No. of stimulus — = — bo bo © LA on © — SO AID OP À DO HM * COOORW OO © BR 6 0 D "100 — ae © © O1 GO © =1 H IN O2 ND O0 Où Hi H> O0 = or ee OCOUCASOORM OMOMI RLV OO H OW 0 Or The shadow reflex was given only within a certain range of temperatures. Holothurians were heated in seawater contained in glass beakers and the temperature at which the shadow reaction ceased was noted. The record of one such experiment is here given: Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 971 Exp. 38. July 5. Heated in bright sunlight; 10 animals used. Time Temp. Observations 12 : 21,5 30° Shadow reaction normal. 12: 25,5 31° Tentacles not completely withdrawn when shaded. 12 : 30,5 32° Tentacles merely waved about gently when shaded. 12:37 320 Same. | 12 : 43 340 No shadow reaction at 34° or above. With the rate of heating employed in this experiment, then, the shadow reaction disappears at about 33,50 C. In ascertaining the lower temperature limit, holothurians were placed in beakers surrounded by vessels containing cracked ice and salt. The shadow reaction was in no case obtained below 5,0° C, but the actual limiting temperature in any one test was exceedingly difficult to place accurately. ; It was found possible te abolish the shadow reflex by treating the anterior end with a weak solution of cocaine, and, incidentally, to separate in this way tho reactions to photic and to tactile and chemical stimuli. Exp. 3. July 2. 4,8 P.M. Three holothurians placed in 0,5°/, cocaine hydrochloride for 2 minutes. Tube feet and tentacles slowly retracted, then reexpanded. Papillae retracted. Tentacles after 1 min. gave an exceedingly faint response to shading from bright sunlight. 4,10 P.M. Returned to seawater. 4,12 P.M. Tentacles expanded. No shadow reaction perceptible. Tentacles react normally to KCI (M/10), and also to tactile stimuli, but slowly. Therefore it is reasonable to conclude that the function of photoreception is exercised by a set of sensory elements distinct from those for mechanical and chemical reception. The phenomena of the shadow reflex in Holothuria immediately invite comparison with similar reactions exhibited by sea urchins (von Urxxitt 1900) serpulids, leeches, barnacles, some lamellibranchs, etc. (cf. Mast, 1911, p. 247, for review of literature). The curves of reactiveness of Hydroids, Glossiphonia (GEE, 1913), Balanus and Holothuria to repeated shadows all exhibit the characteristics of rhythmicity and rapid exhaustion. Reactions of the common Bermuda shore barnacle (Balanus sp.) to successive shadows are shown, for comparison, in Table IX; the reactions here consist 272 W. J. Crozier, in the retraction of the appendages and the closure of the valves; these become less complete as the stimuli succeed one another. The time taken to reopen the valves, after they had begun to close as the result of the shadow, is given to the nearest whole second. Exhaustion was more rapid at higher temperature and in brighter light. Table IX. The shading reflex in Balanus. Exp. 4.15.2. June 21. Retraction time, secs. Shaded at one-half minute intervals. RR Diffuse light. Bright sunlight. 0. of 0 0 Stimulis Temp. 25,1 Temp. 30 GTO) NO ae Oe) ee ae 1 15 | 20 26 25 19 7 27 12 5 9 2 2 | 10 12 23 4 7 il 0 1 10 3 45 | 34 7 24 9 11 60+-| 0 1 14 4 , 2 | 60+ 5 21 8 8 0 0 0 6 5 a N20 10 22 7 6 0 0 0 3 6 45 | 60+ 0 38 3 7 0 0 0 1 7 0 5 0 27 26 3 0 0 0 8 Ot © 0 28 60+} 5 : 0 9 40 | 17 5 20 3 4 5 10 0 5 0 45 44 1 0 11 0 | 12 0 22 0 0 60-- 12 0 | 40 0 23 0 0 0 13 5 | 45 0 12 0 4 0 14 0 | 0 0 52 0 0 0 15 0 0 0 0 2 0 16 0 0 0 | Note. When the reaction occupied more than 0,5 min., one stimulus was omitted. In each of the above instances there is a noticeable rise in responsiveness during the first few stimulations. It is possible that this is to be accounted for (as Loeb [1912, p. 46] has explained the more rapid heliotropic movement of aphids after several trials) by the action of the products of muscular fatigue — in other words, as a treppe phenomenon. But a different partial interpretation is possible from the standpoint of a photochemical conception of light stimulation. It is sufficiently obvious that it is not the “shadow” which stimulates, but a reduction of the intensity of the incident light. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 973 This is shown by the facts, (1) that the rate of light reduction is a factor in the stimulus, for to be successful in producing the reaction shadows had to have a sharp edge, (2) that with two sources of light — e. g., a flash light and a lamp — extinguishing one of them was under certain circumstances a stimulus for the shadow reac- tion (1) and (3), that the amplitude of the reaction varied directly with the intensity of the light from which the animals were shaded. No means was at hand for expressing the last relation quantitatively. Another aspect of the shadow reaction is the converse of the familiar colored-light problem in phototropism: is the shadow re- action initiated by the cutting out of any particular set of wave lengths? No conclusive experiments were made with Holothuria, but with Balanus it was found that cutting out either the blue or green was sufficient to produce the typical shadow reflex. The colored lights were secured by the use of glass ray filters, so the intensity relations were not clearly evident; but to the human eye the blue glass was less transparent than the red. When the barnacles had reexpanded under the colored lights, cutting out the red or yellow produced no effect, while {shading through the blue and green glasses gave typical reactions.?) The cutting out of the ultra-violet is certainly not a factor, as the shadow reaction was given under glass, and the sudden interposition of a glass plate between the holothurians and the sun produced no effect. 4. Discussion. Holothuria has been shown to be photokinetic, negatively photo- tropic when there is a horizontal component of the incident light, and to be reactive over its whole surface to rapid decrease in light intensity. No special organs of light reception are known among the holothurians, excepting the so-called light detectors at the base of each tentacle in Synapta hydriformis (CuarK, 1907) and a few other species. Photic sensitivity in Holothuria, as in many other echinoderms, is a general integumentary function (Mancoxp, 1909, 1) Appropriately controlled, this method might well be used to determine the liminal stimulus at different temperatures, etc. 2) EwazD (1912) found that the larvae of Balanus perforatus were affected by sudden changes in the intensity of light, and that the green and yellow-green were the most potent in evoking these reactions as well as in effecting orientation. 974 W. J. Crozier, CowuzEs, 1911b, in Starfish and sea-urchins; Hozmes, 1912, in Arbacia; MacCurpy, 1912, in Asterias, Thyone, etc.). a) Phototaxisandthe Shadow Reflex. The concomittant presence of negative orientation by light and a negative re- action to shading in the behavior of a single animal is an important point in the discussion of the tropism idea. No stronger proof of the distinctness of the two categories of light reactions first made by Los (Lors, 1893) could possibly be desired. Further, Bancrort (1913) has clearly demonstrated that in certain strains of Euglena grown under controllable cultural conditions, the phenomena of “differential sensibility“ (Unterschiedsempfindlichkeit) and heliotropic orientation, so long confused by workers of the JEnnines-Mast school, are things which may be subjected to experimental variation independently. He believes that in all probability different photo- chemical reactions are involved in the two modes of stimulation. For Holothuria, as I shall attempt to show, a simpler hypothesis is possible. b) Theory of Photic Sensitivity. 1) A pigment complex consisting of at least two well differentiated substances is found in the integument of H. surinamensis and captiva. One of these, the more deeply situated of the two, is a brown material slightly so- luble in strong alkalies. From alkaline solutions it is precipitated by an excess of acids as a granular mass insoluble in alcohol, ether, acetone or formalin. It is not extracted from the tissues by alcohol or formalin. It would appear to be a melanin substance, and is probably chemically related to the dark brown pigments which occur almost universally throughout the genus!) (cf. Briot, 1906; Epwarps, 1908 analysis of the tegumentary colors of H. floridana and atra; and taxonomic lists, as: FisHer, 1907). The other pigment is soluble in formalin, alcohol, acetone, and distilled water. It is of a greenish-yellow hue, and is seen most obviously in the tentacles, pedicels, ventral surface, and tips of the papillae. This second substance arises in the embryo later than the first, for Epwarps (1909) describes the appearance of groups of green pigment spots which later become evenly distributed over the whole surface of the previously brown larva (H. floridana). Extracts of this greenish pigment from H. surinamensis and captiva were 1) H. rathbuni, though usually very pale in tint, also shows brownish colors. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 275 made with distilled water, alcohol, and formalin. Their properties were practically identical with those of the materials obtained by MacMunx (1889) from the integument of H. (nigra) forskali and pola (cf. also Dugors, 1906).") The coloring matter is largely confined to the superficial layer of the integument, from which it was very easily dissolved. The solutions were yellow by transmitted light, and exhibited a pronounced blue-green fluorescence very similar to that of uranium-glass. The pigment of H. captiva was much darker than that of surinamensis. Solutions in alcohol, formalin, or acetone gave identical absorption spectra, showing no bands, but a general absorption in the green-blue, which was greater in the case of H. captiva; Mac Munn (1889) found absorption bands only with ex- tracts from H. poli The pigment was not affected by acids ?) (hydrochloric, sulphuric, nitric, formic, acetic), but an excess of sodium or potassium hydroxide caused complete precipitation in the form of a light green-brown collodial mass, which dried in black flakes.*) The coloring matter is chemically changed in the presence of hydroxides, as the well washed precipitates were only very slightly soluble in distilled water. They were likewise insoluble in ether, chloroform, carbon tetrachloride, benzene, or carbon bisul- phide, and only partially soluble in xylol. A slight excess of hydro- chloric or acetic acid redissolved the precipitate, and such re-solu- tions had the absorption spectrum and other properties of the original extracts. The green color was not removed by boiling (tho fluoresence was greatly reduced thereby), nor by treatment with hydrogen peroxide. When alcoholic solutions were exposed to the light and air for several weeks, they gradually became colorless, while control solutions in stoppered flasks retained their original hue. 2) The fluorescent pigment of Holothuria has been described at length, because I believe that either the pigment is itself the essen- tial photo-sensitive material, or else that it acts as a sensitizer for the true photo-receptor. It is assumed that there is present in the integumentary cells of Holothuria a substance that is chemically 1) According to BRIOT (1906) the yellow-brown pigment of A. tubulosa is not fluorescent. 2) The prolonged action of nitric acid weakens the color, first destroying the fluoresence. 3) The continued action of concentrated sodium hydroxide destroyed the green color after several days; the residue was soluble in acids, but these solutions were colorless. 276 W. J. CROZIER, changed by light. When an animal has been for some time in sunlight which does not exceed a certain “optimum” intensity, acclimitization is brought about by the fact that the rate of photo- lysis of this substance and the rate of its reconstruction by the activity of the tissue cells are so related that the actual concentra- tion of the photochemical receptor does not change appreciably, or else changes at a very slow rate. It is further assumed that either the photolytic products of this substance, or the changing concen- trations of the photosensitive material itself, constitute a stimulus for nerve net processes associated with the pigment cells. If, now, the rate of photolysis be changed by increasing the intensity of the light, the acclimitization balance will be disturbed, and a sti- mulus thereby produced. On the other hand, if a rapid decrease in the light intensity is caused, by casting a shadow, the process of photolysis will abruptly cease, or fall to a very low rate, and the unopposed reconstruction process will initiate the shadow reflex. The concentration of the photo-sensitive material present at any given temperature and time may, for the moment, be considered as the result of a reversible reaction system PZa-+b-+... in which the rate of recombination of ab... in the absence of light is much greater than the rate of photolysis of P. The more rapid recombination of a+b-... in the absence of light, which is assumed, may be accounted for in several ways. Light may in part hinder the formation of the photosensitive material by tending to side-track some of its constituents (a, b, etc.) in other photochemical processes. Inasmuch as colloidal systems are con- cerned, it is almost certain that false equilibria (surface effects) are also to be reckoned with. A gross parallel of the state of affairs here pietured may be found in the migration of pigment granules in the retinular cells of crustacea and melanophores of vertebrates (cf. PARKER, 1906), where the migration of the melanin is more rapid in the distal than in the proximal direction. A closer parallel is the behavior of the rod-pigment (visual purple) of vertebrates. It will likewise at once be recognized that this idea of a complex photochemical equilibrium, when more precisely developed, may be of considerable significance in the discussion of the Herına theory of color vision, the photolysis and reconstruction phases of the re- action corresponding to what psychologists refer to in the terms katabolism and anabolism. | Sensory reactions of Holothuria surinamensis. DT If we agree that any change in the concentration of the photo- sensitive material may supply a stimulus for a negative reaction, in the manner above described, it is readily understood why the reaction to shading is more vigorous and more promptly carried out than is the reaction to an equivalent increase in light intensity. On this basis we may also account for the following facts: 1. Photic sensitivity is distinct from that to mechanical and chemical stimuli. 2. The sensitivity to light and to shading are together dis- tributed over the whole surface of Holothuria. 3. The shadow refiex is more pronounced in bright light. 4. The shadow reflex disappears above a certain temperature viz., the temperature above which the reconstructing reactions, already accelerated by the higher temperature, are no longer perceptibly increased in rate by shading. (The purely photolytic effects have no positive temperature coefficient.) Increased reactiveness to shadows after the first few stimula- tions may be explained as a consequence of the photochemical equilibrium needing several ”shocks“ to get it started beyond some critical value, a sort of photochemical induction. Other features of the photic reactions of Holothuria may be accounted for in a similar manner. There is some evidence that the fluorescent pigment is itself the photo-sensitive material: it absorbs the green and blue wave lengths, the part of the spectrum which is chemically the most active and which is generally the most powerful in producing phototropic orientation among animals (cf. Lorn, 1905; Gross, 1913) and in causing the shading reflex; it was found to be decomposed, slowly it is true, by light and air acting on alcohol solutions; tests of the integument of live Holothuria showed an abundant catalase reaction; so that it is not at all impossible that the pigment is. oxidized under the influence of light in nature. The anatomical conditions are entirely favorable to this view; Ponara (1906) has described and figured the situation of the pigment cells in the in- tegument of H. poli, and indeed has suggested that they function as organs of light reception. These anatomical relations are as follows: in the epidermis are found scattered sense-cells, which are connected with ramifications of integumentary nerves-strands arising from the ambulacral nerves; the mesenchymal cells of the super- ficial connective tissue are crowded with pigment, and are con- 278 W. J. Crozizr, nected by processes with the fibers of the integumentary nerves, and through them are brought into relation with the epidermal sense cells. I therefore believe that the yellow pigment of Holothuria is concerned with photo-reception. V. Heat. lMntrondiuc tion: H. surinamensis is normally subjected to temperature variations of considerable amplitude occurring within relatively brief time inter- vals (see p. 7). It might reasonably be expected that this condition would be reflected in the behavior of Holothuria toward heat and heat changes. The average temperature of the sea water in which Holothuria was found was 28°. In connection with each laboratory experiment the temperatures of the water in aquaria in which ani- mals were under observation was recorded; the mean of these tem- _ peratures was 27°, with a range of 22—28,5°; holothurians lived under these laboratory and temperature conditions for variable periods of two weeks and more. In studying the effects of heat and of temperature changes on Holothuria, preliminary tests were made to show the influence of high and low temperatures, after which an attempt was made to discover the delicacy of the temperature sense. 2. Effects of altering the temperature. Holothurians placed in beakers of sea water slowly heated on a sand bath were observed in ten experiments. The temperature was raised from 27° to 45° at the approximately constant rate of 1° in four minutes. Table X contains the condensed notes of these experiments. Table X. Exp. 49. Temp. Notes. 27% Laboratory temperature at beginning of experiment. 290 Tentacles contracted frequently. 300 Considerable longitudinal contraction of the body. Tube feet loosened from the bottom in most cases. 0 3001 Shadow response gradually destroyed (see page 39). Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 279 te peristalic activity of the body muscles evident; waves beginning at any level run anteriorly and posteriorly with Don about equal frequencies. 35° In only a few instances is more than one wave of con- traction apparent at a single instant. Sensitivity to mechanical stimuli much lessened. ‘360 Localized swellings begin to appear on the body wall. Cloacal aperture closed by contractions of its sphincter. No 38° reaction to mechanical stimuli by any part of the body. -41° | Animals begin to shorten the long axis, finally assuming an ellipsoidal shape. Tube feet, tentacles, etc., retracted. 41,50 Body- begins to whiten underneath the pigment, owing to the à 430 coagulation of the muscle proteins. In most cases (7) this whitening began at the posterior end. we [ts assume a bloated appearance, the body wall thinning out in several places, then collapsing. Dead.!) No muscular rigidity. For producing temperatures below 27°, beakers of sea water ‘were surrounded by cracked ice. At about 15°, the pedicels and ‘tentacles were retracted, but in some cases the latter were re-ex- ‘tended. No shadow reactions were obtained below 5°. At 3° the animals had the appearance of being anaesthetised; they did not move, nor could any reactions be obtained from them; recovery from a half hour’s experience of this temperature was rapid, the animals ‘becoming normal again in about twenty minutes. Other experiments consisted in plunging the holothurians, par- tially or entirely, into sea water at temperatures remote from the normal. When thus suddenly transferred to water kept at 3°, no Special reaction was evident; in most cases the tentacles and pedi- -cels slowly expanded, but reacted only very faintly to pinching with forceps, etc. Recovery on return to the normal temperature was rapid, as in the previous tests. Upon sudden transfer from 27° to water at 40°, the effect comprised vigorous general muscular con- traction (in a few instances producing visceral autotomy) and the coagulation of the muscle materials, death following within five minutes. At 45° instantaneous whitening and death were the result. If merely the anterior or posterior end of an individual were thus treated, no movements were made by the animal to withdraw the affected part from the heated or cooled water. Tests for thermo- taxis were then made by placing the holothurians in various posi- 1) FRENZEL (1885) states that ‘‘Holothuria” died in serval hours at -30—40°, when suddenly subjected to that temperature. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 19 280 W. J. CROZIER, tions along the axis of a long narrow trough in which temperature gradients were maintained by heating one end with an alcohol lamp and cooling the other with an ice-pack. No marked results were obtained, it being clear that the animals were in no sense oriented by the temperature conditions, nor did they tend to con- gregate more at one end of the trough than at the other. 3. Local Application of hear Sea water heated to 40°, 55° and 75° (the evaporation being made good with rain water) was gently pipetted in five cubic centi- meter volumes over different regions of the body. In these tests. the animals were placed in small dishes containing just enough water (at 26°) to cover them. Even then, however, the actual tempe- rature of the water which reached the holothurians’ surface was of course below 40°, 55°, etc. No reactions were obtained from the. pedicels, papillae, or the mid-body surface; the tentacles, the anterior end and the posterior end reacted with some vigor. In none of these reactions was there any distinct bending away from the side stimulated. The responses were of about the same amplitude as. those obtained with a vigorous current of sea water at the holo- thurians’ own temperature. The tentacles occasionally reacted to currents of water at 3°. Heated glass rods and steel needles were: held in close proximity to various regions of a holothurian’s body when it was out of water. No constant effects were obtained. In some experiments the body wall was burned by touching with a red. hot rod, but even then no clear-cut response was given. 4. Discussion. As the result of these tests, it appears that the temperature: sense, if anything properly so called is present in Holothuria, must. be very poorly developed. The following effects of various tempe- ratures are to be noted: 1. 2—5°. The anaesthetic-like actions of low temperatures. 2, 31—34°. The gradual cessation of the shading reactions; the intensity of the light and (possibly) the rate of heating are factors concerned. 3. 33—37°, The production of muscular peristalsis at temperatures. above the normal. 4. 35—380, The stoppage of respiratory cloacal movements by the- contraction of the sphincter. . 38—41°. General muscular contraction. On Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 281 6. 41—45°. Coagulation of the muscle substances and consequent death. “Heat rigor’ is either totally absent, or passes very quickly. 2. The tentacles (especially) respond to currents of water at temperatures differing widely from the normal. Mayer (1911, p. 125) found that, to have an animal survive in the shallow or surface waters of the tropics, it must be able to withstand a temperature of 29° C. Most of the more highly orga- nized marine forms are capable of doing this, for (VERNON, 1899, at Naples) their death temperatures when subjected to experimental heating are in the neighborhood of 40°. Parker (1908) found the temperature producing death by coagulation to be about 40° in the case of the Bermuda Amphioxus. The behavior of Holothuria as it was gradually heated is characteristic of many other marine in- vertebrates, its muscle substances coagulating at about 42°, while a temperature of 45° produces almost instantaneous whitening. The maximum temperatures observed in its habitat (31,8°) were therefore well within the safety zone. The lethal temperature for some other littoral Bermuda animals would appear to be much nearer their customary thermal condition; the small translucent crustacean Synalpheus (inhabiting sponges), for example, was found to have its muscle proteins coagulated when slowly heated up to 37°, a tempe- rature of only 34° causing them to become immobile. It seems quite clear that there is no well developed capacity for the reception of thermal stimuli. Such reactions as were ob- tained to currents of warm sea water, directed on to the tentacles are more properly interpreted as due to the lowering of the thresh- old to mechanical stimuli at the higher temperatures. Thyone, also, is “comparatively insensitive to thermic changes” (PEARSE, 1908, p. 281). VI. Chemical stimuli. 1 nic voduection No quantitative analysis of the chemical sense in echinoderms has thus far been made. The experiments of Romanzs (1885), PREYER (1886), Provo (1890), Nacez (1894), Jenyines (1907), v. Uexküzr (1905), and others who have studied starfishes and sea urchins have demonstrated that there is present a chemical sense of the general nature of smell (i. e., a distance receptor), and 19* 289 W. J. Crozizr, also that reactions follow the direct application of dissolved electro- lytes and food juices (“taste”). Both types of chemo-reception play a part in feeding (Jennines 1907, Cowres 1910). The tube feet are the most sensitive organs (ProuHo 1890, Hamann 1883, CUENOT 1891, Cowzes 1910). The oral tentacles of ophiuroids were believed by Preyer (1886) and Nacken (1894) to be sensitive also (cf. like- wise v. Urxkürr, 1905). Synaptids have been thought to have some chemical sense associated with the so-called olfactory cups on the tentacles (CLArk 1901a). | PEARSE (1908, p. 275) found Thyone to react negatively to supposed food extracts; this, together with Nacgr’s brief statement on Cucumaria: — „Diese überaus trägen Tiere zeigen jedoch voll- kommene Gleichgiltigkeit gegen alle von mir angewandten süßen und bitteren Reizstoffe“ (NacEL, 1894, p. 178) —, and a few experiments of Porara (1906) are the only observations known to me on the reactions of holothurians to chemical stimuli. The normal feeding of H. surinamensis probably is not especially concerned with chemical sensitivity; it is more likely merely a complex of tactile responses, as seems to be the case with many synaptids. The reactions obtained to dissolved substances were of a strictly negative kind, and I have therefore not dealt with this phase of the problem. | Experiments were made with the object of demonstrating the range of substances to which Holothwria is sensitive, the distribu- tion of this sensitivity over the body, and such quantitative aspects of the reactions as would permit of comparison with the physiology of chemo-reception in other animals. 2. Method; reactions obtained. Qualitative experiments in which the stimulus was applied to various parts of the animals in the form of solutions, or, in the case of the essential oils, used directly, showed that all portions of the surface of Holothuria were sensitive to salts, acids, alkalies, alkaloids, certain carbohydrates, various other organic substances, and essential oils. All the reactions, with one exception, were of the negative kind previously described under the reactions to mechanical and photic stimuli, tending toward the removal of the part affected from the field of stimulation. The one exception was in the case of magnesium chloride in M/10 solution; the tube feet did not react negatively, but in most cases extended and frequently Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 283 bent toward the stream of solution coming from a pipette. Tannic acid, potassium hydroxide, and digatilin, in fairly concentrated solu- tions, produced negative reactions of a type not found in connection with any other stimulus. In one curious reflex the anterior and posterior ends were bent slightly toward each other, and the animal rolled over completely, away from the side stimulated. Tannic acid (M/10) stimulated the posterior end so strongly as to cause it to be turned from side to side for three or four times. Hydrogen per- oxide in 3°/, solution (approximately M/1), and in dilutions down to 0,75°/,, stimulated all parts of Holothuria’s surface so long as bubbles of oxygen appeared on the part bathed by the solution. This test indicates the presence of catalase in the surface integument of Holothuria, which I believe may be concerned in the production, or destruction, of pigment materials. The solution of H,O, used con- tained a small amount of acetanilid (as a preservative), but when the H,O, had been destroyed by boiling, and the solution reaerated, no reactions were given to it; therefore the acetanilid (not destroyed by boiling) was not concerned in the stimulation. The effects of sufficiently intense stimuli were rapidly carried anteriorly and posteriorly from points in the mid-region; a good instance of this was seen in the effect of tannic acid solutions, where the anterior and posterior ends of the animals would close up and turn away from the side stimulated before the appearance of an insinking of the body-wall at the point of stimulation. No new facts were brought to light by experiments with muti- lated animals. As with tactile and photic stimuli, reactiveness was lower in holothurians with the nerve ring and its associated struc- tures amputated, the region nearest the cut being especially in- sensitive. The very slightly soluble materials used were: ethyl ether, chloroform, xylol, clove oil, oil of Bergamot and oil of origanum. Tentacles, brim, and cloacal termination reacted to drops of these substances held at the tip of a pipette at a distance of two centi- meters from them. The pedicels, papillae, and body surface reacted only when actually touched by a drop, sharp reactions then being given. Sea water which has stood in contact with these substances also produced a negative reaction. In all cases the order of re- activeness of the several parts of the animal was the same as that which has already been found for tactile and photic stimuli, namely: tentacles > anterior end » posterior end » podia » mid-body surface. 284 W. J. Crozrer, 3. Quantitative experiments. For tests designed to be on a more exact basis, the following method was employed: Solutions of the materials to be used as stimulants were made up on a gram-molecular basis at 25°, usually M/10, with filtered rain water. The stimulus was applied by allowing 0,5 cc to flow gently over the desired region from a pipette the tip of which was held one-half centimeter away from the point to be stimulated. The reaction time was measured (with a stop watch reading to 0,1 sec.) from the time of application of the stimulus until some movement was given by the animal. The tests were made in diffuse light, to avoid shadow stimuli. The rain water used was tasteless, neutral to in- dicators, and in sunlight algae grew in it (so it was not toxic in this sense); analysis showed the presence of minute amounts of calcium chlorides and sulphates, such impurities being expected, as the water was collected from whitewashed rain sheds. For the pur- pose of the present experiments, it was essentially “distilled water”. The chemicals employed were all Merck’s materials of high purity. Many careful tests showed that under the conditions of these ex- periments rain water in itself did not constitute a stimulus. Holo- thuria did not react to solutions of merely high or low osmotic pressure — a condition which is, I believe, correlated with the fact that, living as they do near low-tide level, these animals must fre- quently be exposed to dilution of the sea water by heavy down- pours of tropical rain. Henri et Lanov (1903) found the exposed membranes of Holothuria and Stichopus to be efficient semipermeable membranes, permitting the osmotic regulation of the internal fiuids in a fairly rapid manner. In my experiments rapid death, however, © resulted from sudden immersion in rain water, as shown by the following: Expt. 82. July 20. Temp. 25,1°. A.M. Elapsed 10,30 time Four holothurians plunged into 1 liter of rain (minutes) water. 10,31 iL Tentacles and podia retracted. Green pigment becoming dissolved out. 10,55 25 One animal dead; another has begun to eviscerate. Further pigment loss. Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 285 21620. 50 One other animal eviscerating ; considerable longi- tudinal folding of the body wall in all. First evisceration complete. 11,40 70 Two more dead. 11,55 85 All dead, in the extended state, with the tube feet, etc., withdrawn. One noteworthy result of Expt. 82 is the rapid solution of the Integumentary fluorescent pigment by fresh water; this effect would form a very convenient indicator in studies of permeability changes. Mixtures of sea water and rain water in the proportion of 1:1 gave no reactions. Sea water concentrated to 0,5 its original volume!) and reaereated by splashing did produce reactions from all parts of Holothuria save the tube feet and papillae. The reactions were of very slight amplitude, and I believe are to be accounted for, not by the increased osmotic pressure of the stimulant, but rather by the disturbance of the normal electrolyte balance in sea water with changing concentration; Sparta (1913, p. 540) found that diluted sea water stimulated Fundulus melanophores through the preponderance of the sodium-ion. Another source of error in these measurements arises from the fact that the water currents from the pipette might also serve as a tactile stimulus. Repeated treatment with M/10 KCl, for example, so sensitized Holothuria’s integument that it did react to currents of fresh water, and even to those of sea water. Jennines (1907, p. 69) found a similar inter- relation of chemical and tactile reactions in the pedicellaria rosettes of Asterias forreri. Accordingly, a sufficient period of rest (five min- utes) was allowed between successive stimulations, and frequent control tests were made with the rain water alone. Tables XIII to XIX, inclusive, summarize the results of these experiments. Each of the reaction-time figures is the mean of from ten to fifteen meas- urements made on three to five animals, the agreement between the individual measurements being sufficiently close to warrant the use of this comparatively small number of measurements and animals for the purpose of a general investigation. The several random examples given in Tables XI and XII will serve to emphasize this point. A few other substances tested qualitatively will be referred to in the discussion. 1) Bermuda sea water normally contains about 36,5 parts of salt per 1000 (Mark, 1913). 286 W. J. Crozıer, Table XI — K,SO, Mj20. Exp. 97. Part Stimulated Reaction time in seconds | Mean Tentacles 1:01 4:071'0/621/0:82:0:6. 0,5. MON 07 Ossi 519 | 0,80 Middle 20117127 |2,0 |24 120 | 20 | 20 | 23 | 18 2,09 Posterior end 1.2.26 18 | 08 | 10 11,25) 14 | 1.67 2 As a 1,62 Podia 1,3, ,1:82,3,22 202 1515225262 Oe Gye Eee 1,46 Table XII. — KCl M/10. Exp. 15.1. Part Stimulated | Reaction time in seconds | Mean Tentacles Jo. 0,9 |0,5 |0,4 |04 106 | 04 | 02 | 06 | 04 | 0,48 Middle DONS AN D SAP 8.821 2/0234 30255020232 3,20 Posterior end 3,0 | 0,8 | 2,0 |0,6 | 1,0 |1,5 08 | 0,8 | 06 | 08 119 Podia 1,2 |0,8 |1,0 | 1,2 | 0,6 |0,4 | 06 | 06 | 04 | 08 0,76 Note. In Tables XIII—XIX reaction time is in seconds. Table XIII. — Salts N/10. Part tested | Kal | NaCl | LiCl | 8:00, NH,Cl | K,S0, | MgCl. Tentacles | 0,48 | 0,60 | 081 | 080 | oso | ogo | 18 Middle 3,2 1% 25 2,1 5,6 2,1 95% Posterior end 1,2 1,0 Thal 1,4 2,2 1,6 1,2 Podia 0,76 1,6 1,8 1,4 2,3 1,5 co 1) Many “no reaction” cases. Table XIV. — Potassium chloride. Parental Molecular dilution 1:92:00 21850 | 100: ren Tentacles | 0,44 0,48 0,82 0,68 0,80 1,95 co!) Middle 1.2 3,2 5,4 es 0,68 5,12) co Posterior end 0,56 1,2 1,7 0,93 1,80 3,0 co Podia 0,56 0,76 | 0,82 1,29 1,4 3,6?) co 1) co= “no reaction”. 2) Several co cases. Table XV. — Acids M/10. Part tested [Hydrochloric | Acetic | Lactic | Malic | Tannic Tentacles 0,20 | 0,31 | 0,85 0,40 0,65 Middle Al 1,4 189 1.9 1,4 Posterior end 0,50 0,80 0,91 0,35 11 Podia 0,61 0,53 0,90 0,71 0,92 ? Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 287 Table XVI. — Hydrochloric Acid. Bate tester Molecular dilution Wr ol) DUM erent fie. 5000171000 Tentacles 0,20 0,41 | 0,79 0,69 os Middle © ial 1,6 2,0 2,31) = . Posterior end 0,50 1.2 0,83 18 co Podia 0,61 0.56 0,96 1,2 = 1) Several “no reaction” cases. Table XVII. — Acetic Acid. Molecular dilution Part tested 10 alt: a SOU 72100 500 | 1000 | Tentacles 0,31 0,77 1,2 II ES = Middle 1,4 1,6 HO. Fe > 467) 23 Posterior end 0,80 13 2,0 | 2,6 | co Podia | 05 0,61 IR LER Ne 1) Several “no reaction” cases. Table XVIII. — Potassium Hydroxide. Partstested Molecular dilution 10 | 100 | 500 | 1000 Tentacles . 0,30 0,35 0,55 co Middle 2 1,4 1,5 = Posterior end 0,53 ° 0,96 #5 co Podia 0,96 12 0,80 co Table XIX. — Other Substances. Substance Maltose Cane Sugar Glycerin Atropine | Acetamid Concentr. | M/10 | M/50 | 2 M | M/10 |100%, | M/10| M/100 | M2 | M/5 | M/50 Tentacles | eee a oso er | O46. | 1b 39 | co Middle 5,2 co [oo co 0 (ee) 5 2,4 4,2 | co Posteriorend | 1,9 co co con flea 4,8 1,4 1.673, co Podia 2,7 co co foe) 0,90 loo) 0,84 1,6 eo) || CO 288 W. J. Crozier, 4. Discussion. From the standpoint of the present experiments there are two aspects of reaction to chemical stimuli — 1. the reaction time, and 2. the extent or amplitude of the effect. Reaction-time measure- ments take into account only one of these factors, while for the other there is no convenient method of quantitative expression. In general, they paralleled each other, a brief reaction time being associated with a reflex of wide amplitude, but this was by no means an invariable rule. For example, comparing the reactions of the anterior and posterior ends to M/5 acetamid (Table XIX), the mean reaction time of the tentacles (3,9 sec.) was slightly greater than that of the posterior end (3,5), but the amplitude was much greater with the anterior end. Taking all the aspects of the reac- tions into consideration, the order of reactiveness of the various parts of Holothuria is, however, the same whether reaction time or amplitude be made the criterion, and is as follows: tentacles ) an- terior end > posterior end » tube-feet papillae » mid-body surface. It was difficult to stimulate the anterior part of the surface of Holothuria without involving the tentacles, but the following ex- periment with M/10 NH,Cl will suo the relative sensitivity of the anterior end: a) Tentacles expanded; reaction time 0,8 sec. b) Tentacles retracted (i. e. not stimulated) ; reaction time 1,8 sec. Five observations were made on each condition, in the same individual. Considering (1) the reaction-time, (2) the amplitude of the effect, and (3) the limiting concentrations effective as stimuli, for all the parts stimulated, the order of decreasing stimulus intensity of re- presentative substances was: — hydrochloric acid » atropine sulphate » acetic acid > potassium hydroxide » potassium chloride > maltose > acetamid > glycerin. Within the several groups of substances studied, the relative efficiency of stimulation, at the concentrations noted, was: — Acids (Table XV), hydrochloric » acetic > (picric) » tannic » mallic > lactic (M/10). Salts (Table XIII), potassium chloride > sodium chloride > lithium chloride » pot- Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 289 assium chromate > ammonium chloride » potassium sulphate » magnesium chloride (N/10). Carbohydrates (Table XIX), maltose > (dextrose) cane sugar, (M/10). Alkaloids (Table XIX), atropine sulphate > strychnine sulphate > quinine hydrochlo- ride (M/100). Holothuria is reactive to substances which on the human tongue give rise to the four distinct taste qualities, — salt, sour, bitter, sweet, — and reacts also to potassium hydroxide, representing the “alkaline taste’. The case of the sweet substances is especially interesting. PARKER (1912, p. 228) believes that aquatic vertebrates are insensitive to stimulation by sugars and the like, and that the acquisition of such sensitivity by higher forms is possibly associated with the storage of carbohydrates in terrestrial vegetation. His experiments, and those of SHenpon (1909) on the dogfish which gave the same result, were made only with cane sugar (and, in SHELDON'S experiments, dextrose). I found that Holothuria was likewise insen- sitive to cane sugar even in saturated solutions. The same was true of dextrose. But maltose in M/10 solution gave good reactions, as did glycerin also. I therefore believe that fishes and other aquatic animals may very probably be found reactive to sugars and other “sweet” substances when a larger range of “sweet” stimulants has been investigated. | The lack of reaction to rain water and to saturated cane-sugar solutions is sufficient evidence that the stimulus by dissolved sub- stances is not osmotic. It is significant that the limiting stimula- tion-concentrations of HCl (M/500 +), KOH (M/500), KCl (M/500 +), acetic acid (M/500-L), and maltose (M/10) are of the order of magni- tude which we associate with taste. Evidence from the electrolytes used shows that both anions and kations play a röle in the stimulation process. The reaction-time measurements with the chlorides, for example, give series which vary somewhat with the part of the animal con- sidered, but taking the tentacles alone the order is (Table XIII): K > Na» Li, NH, > Mg and the three salts of potassium used give, for the same part, the series: Cl > SO,, CrO, (M/10) The tables of reaction times also show peculiarities which have been recognized in the chemical stimulation of other animals. Com- 290 W. J. Crozier, paring the effects of hydrochloric and acetic acids, it will be seen that the acetic acid has a far higher stimulating power than would be predicted from its dissociation, on the assumption that the free hydrogen ion alone is concerned. This is likewise true of all the other organic acids, and is comparable to the effect in man (Ricnarps 1898) and in the earthworm (Hurwitz 1910). There is, I believe, a possibility that Holothuria’s muscles are stimulated directly by such irritants as tannic acid, etc. One other point in the reaction-time results is the greater stimulating effect of potas- sium chloride (Table XIV) in dilute solutions. The relation of con- centration to stimulating effect was studied especially with potassium chloride, hydrochloric acid, acetic acid, and potassium hydroxide. In general, reaction time increases with decreasing concentration, but with (Table XIV) potassium chloride and (Table XVI) hydro- chloric acid there is a quite perceptible decrease in reaction time M M Inu 250 ‘ podia. This drop in reaction-time was accompanied by an increase in the amplitude of reaction, and was therefore a real phenomenon, paralleled by the results of PARKER & Mercazr (1906) on the earthworm. It has been shown in this paper that the reaction to chemical stimuli is a general integumentary function in Holothuria, though the exact chemo-receptors have not been anatomically distinguished. In all probability, however, they are of the usual invertebrate type, comparable with the chemo-receptors of the earthworm (cf. Bovar» 1904) and the olfactory cells of vertebrates. According to a con- ception of the evolution of organs of chemical sense in vertebrates which has been developed by Parker (1912), the end organs of smell, the common chemical sense, and of taste are related in a genetic series, of which the olfactory receptor is phylogenetically the oldest. Now, if we may legitimately run this series back to its invertebrate source, several things might reasonably be predicted, namely, 1) that the olfactory epithelium of some lower vertebrates would retain traces of its sensitivity to dissolved materials which ordinarily constitute homologous stimuli for taste, and 2) that the chemo-receptors of invertebrates would show, with reference to the range of concentrations which we associate with taste, a mechanism of stimulation different in some essential particulars from that ex- hibited by vertebrate taste buds, for the latter are receptor cells in in the neighborhood of except in the case of the Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 291 a secondary sense only. If Scorr's (1913, p. 31) incidental obser- vation that the dogfish Mustelus canis fails to react to fresh water when the nostrils are plugged be substantiated, it would appear that the first possibility is actually realized. Concerning the second expectation, the evidence from the earthworm (PARKER & METCALF, 1906) and that from Holothuria are in agreement, to the effect that with the chlorides the kation effect predominates over that of the anion, whereas with the human salt-taste the chlorine ion is the principal stimulating agent. Stimulation by dissolved materials is a process which involves certain fundamental properties of the receptive mechanism as well as of the stimulant, so that such simi- larities as there are between taste in vertebrates and in inverte- brates may readily be accounted for. VII. Summary. IE (1) Holothuria surinamensis Lupwie is reactive to tactile, vibra- tory, photic and chemical stimuli. It is practically indifferent, in a sensory way, to heat. (2) To all stimuli the order of decreasing sensitivity of the parts of the body is: tentacles > anterior end ) posterior end » papillae, pedicels (podia) > mid-body surface. (3) The tube-feet discs are positively stereotropic. This is responsible for the righting reaction. (4) Holothuria is not geotropic. The climbing of vertical walls is due to the persistence of an impulse to movement. (5) Holothuria is photokinetic, negatively phototropic, and gives a negative reaction to sudden decrease in light intensity; it does not react to an increase in light intensity. The whole surface is sensitive to photic stimuli. (6) These photic reactions are explainable on the basis of a photochemical conception of the action of light. The fluorescent integumentary pigment is possibly concerned in this matter. (7) Dissolved substances representing homologous stimuli for the human taste qualities — sour, bitter, sweet, salt (and “alkaline”) are effective as stimuli. (8) The details of chemical stimulation are parallel to those in 299 W. J. CrozIeR, the earthworm, and support the view that the physiology of ,,taste“ in vertebrates is different in essential particulars from that in in- vertebrates. IT. The present paper has been devoted to the description and interpretation of a series of individual reactions. It must be em- phasized, however, that both in the laboratory and under the natural conditions of life these separate reactions of Holothuria are welded into an harmonious behavior, which is closely correlated with the animal’s passively defensive mode of existence. Morphologically the holothurians are set .apart from other echinoderms by the immense development of their muscle equipment and the concomitant re- duction of the caleareous exoskeleton. It is this prominence of the muscular system which gives to the behavior of Holothuria a kind of unity not seen, so conspicuously at least, in other echinoderms. As far as its behavior is concerned Holothuria swrinamensis is a bilateral animal; the restrietion of pedicels to its functionally ventral surface helps to accentuate this. Its direction of progression is definitely fixed; it always moves with the anterior end in advance. The tentacles, pedicels and papillae are, to a certain extent, in- dependently controlled; but as a whole the flexibility of the animal and the possibility of coordination, even in the absence of the nerve ring, makes Holothuria much less a “republic of reflexes” (v. UEXKÜLL) than is the case with the sea-urchin or starfish. EEE ee ee Sensory reactions of Holothuria surinamensis. 993 Bibliography. BANCROFT, F. W:, 1913, Heliotropism, differential sensibility, and galvano- tropism in Euglena, in: Journ. exper. Zool., Vol. 15, No. 4, p. 383—428. BECHER, S., 1909, Die Hörbläschen der Leptosynapta bergensis. Ein Beitrag zur Kenntnis der statischen Organe, in: Biol. Ctrbl., Vol. 29, p. 413—425. BIEDERMANN, W., 1889, Zur Physiologie der glatten Muskeln, in: Arch. ges. Physiol., Vol. 46, p. 398—421. Bovarp, J. F., 1904, The distribution of the sense cells in Microscolex elegans, in: Univ. California Publ., Zool., Vol. 1, No. 8, p. 269—286, 2 pls. 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Arts Sc., Vol. 12, p. 204—348 (index, p. 413—418), 22 pls. (tab. 28—40). 20* Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Über die Art, wie Mactra inflata sich in den Sand einwühlt. Von Hermann Jordan (Utrecht). (Aus der Zoologischen Station zu Neapel, Physiologische Abteilung.) Daß Muscheln (z. B. Pecten) durch heftiges Zusammenklappen der Schalen und den hierdurch explosiv erzwungenen Austritt von Wasser aus dem Mantelraum nicht unbeträchtlich schnell schwimmen können, ist allbekannt. Unbekannt ist meines Wissens die Rolle, die das durch ruckweisen Schalenschluß ausgestoßene Wasser beim Einwühlen gewisser Muscheln in den Sand spielt.*) Legt man Exemplare von Mactra inflata (typica oder var. lignaria, meine Untersuchungen vornehmlich an letzterer) auf den Sand, der den Boden eines Aquariums bedeckt, so kann man folgendes beob- achten. Nachdem das Tier eine ganze Weile ruhig dagelegen hat, erscheint mit einem Male der Fuß, der in schneller Folge rhyth- misch vorgestoßen und zurückgezogen wird. Zunächst wie suchend hierbei den Boden abtastend, dringt er infolge der Heftigkeit jener Stöße in den Sand ein, tief genug, um sich daselbst zu verankern. Die Verankerung dürfte wie bei anderen Muscheln durch ein An- 1) Sollte etwas Ähnliches schon bekannt sein, so wäre ich für Mit- teilung sehr dankbar. Wie Mactra inflata sich in den Sand einwiihlt. 999 schwellen der Fußspitze durch Blut vor sich gehen; doch läßt sich das naturgemäß nicht ohne weiteres beobachten. Sitzt der Fuß einmal fest, so bedingt ein Zug seiner Muskeln in der Längsrichtung, daß das Tier sich aufrichtet. Bis jetzt näm- lich lag die Muschel auf der Seite; der Fuß krümmte sich — um sich im Boden zu verankern — nach unten. Seine Verkürzung be- dingt daher, daß das Vorderende der Muschel auf die Sandoberfläche gedrückt wird, das Hinterende aber mit den Siphonen frei nach oben ragt. Nunmehr erfolgt der Hauptangriff auf den Sand: der Fuß zieht, und gleichzeitig erfolgt ein heftiges Klappen mit den Schalen, während oben die Siphonen sich schließen. Demzufolge wird das Wasser mit großer Gewalt aus dem Mantelraume zu derjenigen Öffnung herausgestoßen, die zwischen den beiden Mantelrändern zum Durchtritt des Fußes frei bleibt. Aufgejagt durch dieses Wasser, wirbelt der Sand in die Höhe; tiefer dringt der Fuß und zieht den Körper der Muschel in die trichterförmige Bresche, welche die Wasserstöße in der Sandoberfläche verursachten. Der aufge- wirbelte Sand fällt herab und bedeckt die Muschel im Verein mit dem von den Trichterwänden herabstürzenden Sand. Nach wenigen Schlägen ist das Tier, bis auf die Siphonen, die es in der bekannten Weise von Sand frei hält, vollkommen bedeckt. Als ich diese Erscheinung zum ersten Male sah, meinte ich, das Klappen der Schalen habe die gleiche Bedeutung wie etwa bei Pecien, d. h. es werde in einer der Bewegung entgegengesetzten Richtung Wasser ausgestoßen, dessen Rückstoß das Tier in den Sand triebe. Der Widerstand, den, wie bekannt, der Sand jedem schnellen Eindringen entgegensetzt, schien ein Argument gegen diese An- nahme zu sein. Das Aufwirbeln des Sandes vor der Spitze des eindringenden Tieres brachte mich dazu, den Vorgang so zu ver- stehen, wie ich ihn oben beschrieben habe. Daß ich ihn richtig beschrieb, kann ich durch folgenden Versuch beweisen: Ich wartete auf das Einwühlen eines Tieres, indem ich mit einer Pipette bereit stand, die mit einer Aufschwemmung von Karmin in Seewasser gefüllt war. Als die erste Periode des Einwühlens begann, entleerte ich die Karminaufschwemmung in die Nähe des Ingestionssiphos und konnte sehr deutlich das Einsaugen des Farb- stoffes durch die Muschel beobachten. Als nun das geschilderte Klappen mit den Schalen anfing, sah ich, wie ein karminhaltiger 300 Hermann Jorpan, Wie Mactra inflata sich in den Sand einwühlt. Wasserstrom unten (also anatomisch vorn) gegen den Sand hervor- gestoßen wurde: Sand und Karmin wirbelten auf. Nimmt man ein Tier während des geschilderten Aktes aus dem Wasser, so findet man das Karmin vorwiegend am Grunde jenes durch den Wasser- strom erzeugten Trichters, der, wie gesagt, den Muschelkörper auf- nehmen soll. Zum Verlassen ihres Standortes unter dem Sande be- dient sich unsere Muschel eines einfachen kräftigen Vorstoßes (Erec- tion) des Fußes, durch den sie eine beträchtliche Strecke weit aus dem Sande durch das Wasser geschleudert wird (in einem Falle 10 cm weit). Es ist nett zu sehen, wie diese Muscheln, scheinbar ohne jede Veranlassung, aus dem Sande hervorspringen, wie das „Leufelchen aus dem Kasten“. Inwieweit diese eigenartige Verwendung eines ausgestoßenen Wasserstromes, als Sturmbock gegen den Sand, beim Einwühlen anderer Muscheln verbreitet ist, weiß ich nicht. Ich habe sie bei keiner anderen Form feststellen können. Tellina pulchella z. B., die so eigenartig ihren Fuß zu Wanderungen zu benutzen weißt), be- dient sich (wie so viele andere) beim Eingraben ausschließlich dieses Organs. Es schien mir nicht uninteressant, den mannigfachen Verfahren, durch die die Tiere sich in den Sand eingraben, ein neues hinzu- zufügen. 1) Der Fuß wird — verglichen mit der Marschrichtung — seit- lich hervorgestreckt, krümmt sich knieförmig nach unten, um dann, den Boden erreichend, nach hinten seine Stoßkraft auszuüben. (Diese Be- wegungsform ist bekannt. HESSE beschrieb in seinem Buche „Tierbau und Tierleben, 1910“ Ahnliches für Oardium, Donax u. a.). Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Die Statocyste von Pecten, ihre Histologie und Physiologie. Von Dr. W. v. Buddenbrock, Privatdozent und Assistent am Zoologischen Institut der Universitat Heidelberg. Mit Tafel 7—8 und 14 Abbildungen im Text. Im Jahre 1911 habe ich in den Sitzungsberichten der Heidel- berger Akademie der Wissenschaften einen kurzen Aufsatz über die Schwimmbewegungen und die Statocysten der Gattung Pecten veröffentlicht, in welchem ich mit wenigen Worten die eigentüm- liche Asymmetrie dieser Organe beschrieb und darzulegen versuchte, daß die merkwürdigen Steuerbewegungen, welche die Pecten beim Schwimmen ausführen, durch die Asymmetrie ihrer Statocysten leicht erklärbar seien. Der Aufsatz trug den Charakter einer vor- läufigen Mitteilung, der ich nunmehr endlich die ausführliche Arbeit folgen lasse. Es soll in ihr erstens der histologische Bau der Pecten- Statocyste eingehend dargestellt werden und zweitens die physiolo- gische Funktion derselben erneut zur Erörterung gelangen, letzteres auf Grund neuer experimenteller Untersuchungen, die ich während der Monate Oktober und November 1913 in Neapel anstellte. I. Anatomie und Histologie der Pecten-Statocyste. Wenn man einen Pecten aus seiner Schale nimmt und ihn mit dem Bauche nach oben in einer Präparierwanne aufspannt, so ge- 302 W. v. BUDDENBROCE, wahrt man, besonders deutlich bei mageren Exemplaren, am vorderen Ende der Pedalganglien, die ihrerseits dicht vor dem fingerförmigen Fuße liegen, 2 kleine weißliche Punkte, die durch die Haut durch- schimmern; dies sind die beiden Statocysten. Sie besitzen einen Durchmesser von ungefähr 200—300 u, sind kuglig und liegen dicht. nebeneinander, nur ca. 200—400 u voneinander entfernt. Der Nerv, welcher eine jede von ihnen mit dem gleichseitigen Cerebralganglion _ verbindet, zieht, von dem am weitesten lateralwärts liegenden Punkte der Statocyste ausgehend, einigermaßen dem Vorderrande- der Pedalganglien parallel und vereinigt sich mit dem Cerebral- ganglion nicht weit von der Eintrittsstelle der Cerebrop a missur (s. Textfig. A). \ Das Auffallendste an diesen Organen ist nun ihre Asymmetrie = Bei allen von mir untersuchten 9 Pecten-Arten (jacobaeus, maximus, opercularis, flexuosus, inflexus, varius, lividus, pusio, testae), und höchst- wahrscheinlich überhaupt bei allen, ist die linke Statocyste, also die- jenige, welche der gewöhnlich nach oben gekehrten Seite der Muschel. angehört, stärker entwickelt, d.h. differenzierter gebaut, als die rechte- (s. Textfig. B). Ein Teil der Zellen ihres Sinnesepithels ist mit außerordentlich langen und kräftigen Cilienbüscheln ausgerüstet, wie sie in ähnlicher Größe meines Wissens nur von den Hetero- poden bekannt sind; auf ihnen ruht ein großer, kugliger Statolith. Die rechte Statocyste dagegen unterscheidet sich in nichts von dem . sewöhnlichen Typus dieser Organe, wie er bei Muscheln und Schnecken anzutreffen ist: ein Sinnesepithel, dessen Zellen relativ kurze Cilien tragen, und im Inneren ein Haufen kleiner Statolithen. In dem bisher Gesagten stimmen sämtliche Pecten-Arten überein. Gleichwohl zerfallen sie, wenn man den Bau der Statocyste etwas genauer betrachtet, in 2 scharf getrennte Untergruppen. Bei der ersten, als deren Repräsentanten ich P. jacobaeus, maximus, opercu- laris, inflexus und flexuosus anführen möchte, sind die Statocysten durch einen langen Ausführgang mit der Außenwelt verbunden. Die Statolithen bestehen dementsprechend aus kleinen, von außen aufgenommenen Kieselsplitterchen, die in der linken Statocyste. durch einen vom Tiere ausgeschiedenen zähen Schleim derart unter- einander verklebt sind, daß sie den bereits erwähnten einheitlichen Statolithen bilden. Die 2. Untergruppe ist in der europäischen Fauna hauptsächlich durch P. varius, ferner durch pusio. und testae repräsentiert. Auch hier ist an beiden Statocysten ein Ausführgang vorhanden. Derselbe endet aber blind, ohne die Oberfläche des Die Statocyste von Pecten. 303 Fig. A. Ansicht der Cerebralganglien, Pedalganglien sowie Statocysten von innen. a) P. inflexus. b) P. varius. C Cerebralganglion. P Pedalganglion. Z linke, R rechte Statocyste. O Öffnung -des Ausführkanals nach außen. M Mündungsstelle des Nervus staticus in das Zentralnervensystem, dieselbe kann zwischen den Linien a und D variieren. Fig. B. Schematischer Medianschnitt durch die linke und rechte Statocyste von P. inflexus. 1. St linke, r. St rechte Statoeyste, in der Mitte der linken sieht man die große kuglige Statolithenmasse. A Ausführgang, umsponnen vom Nerven N.; h. B hya- lines, r. B retieuläres Bindegewebe. 304 W. v. BUDDENBROCE, Körpers zu erreichen. Die Statolithen bestehen aus kohlensaurem Kalk und werden in der Blase selbst erzeugt. Links findet sich ein einziger mächtiger Sphärokrystall, rechts zahlreiche kleine. Nachdem wir uns im Vorhergehenden über den gröberen anato- mischen Bau der Pecten-Statocyste kurz orientiert haben, wollen wir uns nunmehr den feineren histologischen Verhältnissen zuwenden. Hierbei können die Kiesel- und die Kalkstatocysten, wie ich die beiden verschiedenen Gruppen kurz bezeichnen möchte, gemeinsam besprochen worden, da sie in ihrem feineren Bau keine wesentlichen Unterschiede aufweisen. Das Sinnesepithel der linken Statocyste besteht bei allen Arten aus 3 Zellsorten, den großen Wimperzellen, den kleinen Wimperzellen und den Stützzellen. Die gegenseitige Lagerung dieser 3 Elemente ist unschwer aus den Flächenschnitten Taf. 7 Fig.1u.2 zu ersehen, von denen Fig. 1 die Statocystenwand von P. inflexus von innen betrachtet, bei ganz hoher Einstellung, darstellt. Man sieht ein sehr regelmäßiges Mosaik. Die Wimperzellen (Gr.W u. Kl.W), die einen mehr oder weniger runden Umriß zeigen, stoßen nirgends aneinander, sind vielmehr allseitig von einem Kranze von Stütz- zellen (St) umgeben. Diese selbst erscheinen ziemlich langgestreckt, polygonal, meist liegt nur eine zwischen je zwei Wimperzellen. Ge- legentlich sind es aber auch zwei, die in ihrer ganzen Länge aneinander grenzen. Die Kerne nur weniger Stützzellen liegen in dieser Höhe. Stellt man ein wenig tiefer ein, so erhält man ein Bild, wie es “Taf. 7 Fig. 2 von P. varius zeigt. Die Wimperzellen haben an Umfang zugenommen und berühren sich an vielen Stellen anscheinend direkt. Die Stützzellen dagegen haben sich außerordentlich verschmälert, sie umgeben die Wimperzellen nur mit einem ganz schmalen Saume, während ihre Kerne, dem vorhandenen Raume sich genau anpassend und darum meist dreieckig erscheinend, in den von den Wimper- zellen frei gelassenen Winkelräumen liegen. — Die Grenzen der einzelnen Stützzellen sind in dieser Höhe meist nicht wahrzunehmen. Die Gestalt der verschiedenen Zellen des Sinnesepithels läßt sich auch an Medianschnitten, wie Fig. 3 (P. inflexus), leicht erkennen. Wir sehen, daß die Sinneszellen, große wie kleine, ihre größte Breite in ihrer Mitte besitzen, wo sie häufig direkt aneinander zu stoßen scheinen und nach oben und unten schmäler werden. Die Kerne der Wimper- sowohl wie der Stützzellen liegen meist sehr tief. An den großen Wimperzellen ist eine sehr eigentümliche Diffe- renzierung des Plasmas das Auffallendste. Es hebt sich das soge- Die Statocyste von Pecten. 305 nannte Wimperpolster, das die Basis der Wimpern stumpf kegel- förmig einhüllt, sehr deutlich von dem viel helleren peripheren Plasma des übrigen Zelleibes ab. Dieses Wimperpolster besteht bei näherem Zusehen (Fig. 4a u. b) aus sehr feinwabigem Plasma, dessen äußere Begrenzung gegen das Lumen der Statocysten hin von einem sehr deutlichen Alveolarsaume gebildet wird. Es wird in seiner sanzen Länge von den Wimperwurzeln durchzogen, die entweder nach unten zu stark konvergieren oder einigermaßen parallel zu- einander verlaufen. Die Wimpern selbst sind von außerordentlicher Länge (s. Fig. 13, Taf. 8; in Fig. 3 u. 4, Taf. 7 sind sie nicht in ihrer ganzen Ausdehnung getroffen), wie sie meines Wissens ähnlich bisher nur in der Statocyste der Heteropoden bekannt sind. Sie endigen mit einem deutlichen Basalkorn (BD), das bei Silberimprägnation nach BIELSCHOWSKY tief schwarz erscheint. Es gelingt mit Hilfe dieser Methode, die eigentlich zur Sichtbarmachung des Nervenverlaufes angewendet wurde, die Zusammensetzung des Wimperbiischels aus den einzelnen Cilien auf das Genaueste festzu- stellen (Fig. 5a). . Dasselbe hat stets einen ovalen Umriß. Die Cilien stehen in kleinen Gruppen von meist 3 Stück zusammen; diese 3 sind dicht hintereinander in gerader Linie angeordnet. Die Richtung dieser Linien ist in allen Dreier-Gruppen einigermaßen die gleiche, verläuft aber merkwürdigerweise schräg zur Längsachse des Ovals; je eine Serie dieser Dreier-Gruppen liegt rechts und links von der Mittellinie des Ovals, die selbst von Cilien frei bleibt. Es sei bemerkt, daß das Bild nicht immer die große Deutlichkeit der Fig. 5a aufweist, das Wesentliche der Anordnung läßt sich aber immer feststellen. Das Wimperbüschel hat also scheinbar einen streng bisymmetrischen Bau, der sich aber bei genauerem Zusehen als völlig asymmetrisch herausstellt. Daß im Inneren des Wimper- büschels keine Wimpern stehen, wurde auch von Tscuacnorin’) für die sogenannten kleinen Sinneszellen der Heteropoden ange- geben. Auch im Bau der Wimpern selbst läßt sich eine weitgehende Übereinstimmung zwischen diesen Schnecken und Pecten konstatieren. In beiden Fällen konvergieren die Wimpern beim Austritt aus der Zelle von den Basalkörnern aus ein Stück weit, sind dann, wie es scheint, in irgendeiner Weise miteinander verkittet, zu einer zylin- drischen Platte, wie TscHacHorın sich ausdrückt (c. P), und ragen 1) TSCHACHOTIN, S., Die Statocyste der Heteropoden, in: Z. wiss. Zool., Vol. 90, 1908. 306 W. v. BUDDENBROCK, erst von hier aus frei in das Statocystenlumen vor. Der übrige Leib der großen Wimperzellen ist ganz bedeutend weniger farbbar als das Wimperpolster; der Kern liegt nahe der Zellbasis stets neben dem Wimperpolster, niemals unter demselben. Die kleinen Wimperzellen lassen sich mit wenigen Worten besprechen. Abgesehen von ihren wesentlich geringeren Dimensionen sind sie von den großen durch die sehr viel schwächere Ausbildung des Wimperapparats unterschieden, dem ein eigentliches Polster fehlt. Die Wimpern sind wenig zahlreich (Fig. 5c); sie stehen in einem Kreise angeordnet, mitunter steht eine in der Mitte. Das Sinnesepithel der rechten Statocyste besitzt einen sehr viel einfacheren Bau als das der linken. Es finden sich nur 2 verschiedene Zellsorten: Wimperzellen und Stützzellen. Genau wie in der linken Statocyste bilden diese letzten ein vollkommen geschlossenes Netz, in dessen Maschen die Wimperzellen sitzen. Bei Betrachtung der Statocystenwand von innen und hoher Einstellung gewahrt man freilich von diesem Netze nichts. Man sieht auf Fig. 6, die einen solchen Flächenschnitt durch die rechte Statocyste von P. inflecus darstellt, und ebenso an den Medianschnitten 8a u. b, daß die Wimperzellen nach innen zu, wo sie an das Statocysten- lumen grenzen, meist ohne irgendwelche Zwischenzellen unmittelbar aneinander grenzen. Dagegen wird das Netz der Stützzellen bei tiefer Einstellung außerordentlich deutlich, worüber uns Fig. 7 belehrt. Die Wimpern stehen, sowohl was ihre Zahl als ihre Länge an- langt, ungefähr in der Mitte zwischen denen der kleinen und der großen Wimperzellen der linken Statocyste. Sie sind, oft 20—30 an Zahl, in einem mehr oder weniger regelmäßigem Kreise (Fig. 6b) angeordnet, in dessen Mitte sich stets noch 1—3 Wimpern befinden. An Größe steht diese kreisförmige Ansatzfläche oft nur wenig hinter der ovalen zurück, die wir bei den großen Wimperzellen der linken Statocyste kennen lernten, dagegen sind die Wimpern selbst nur etwa halb so lang wie dort. Ein Wimperpolster ist ebensowenig ausgebildet wie bei den kleineren Zellen der linken Statocyste. Die Wimperwurzeln konvergieren stets sehr stark und lassen sich bis zur Basis der Zelle verfolgen (Fig. 9). Sehr eigentümlich ist es, daß sowohl hier als bei den kleinen Wimperzellen des linken Organs von jedem der Basalkérner aus eine scharfe Linie nach außen zieht (Fig. 5b u. c), die ich bei den sroßen Wimperzellen niemals wahrnehmen konnte. Mit den Wimper- wurzeln, die ja nach unten konvergieren, kann dieses Phänomen un- Die Statocyste von Pecten. 307 möglich zusammenhängen. Es scheint mir vielmehr hier eine Struktur vorzuliegen, die in der obersten Grenzschicht der Zelle verläuft und, das Wimperpolster ersetzend, zur Verstärkung des ganzen Wimper- apparats dient. Der Innervierung der Statocysten habe ich meine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Leider ist es nicht möglich, die Resultate, die ich hierbei gewann, mit anderen zu vergleichen, da die Innervierung der Molluskenstatocysten bisher in keinem Falle genau erforscht worden ist, außer bei den Heteropoden. Bei diesen ist sie aber so abweichend, daß irgendwelche Ver- gleichsmomente sich nicht ergeben. Auch die neueste Arbeit über die Statocysten der Süßwasser- und Landschnecken von SCHMIDT!) bringt über den genaueren Nervenverlauf absolut nichts. Was er im Einzelnen darüber sagt — es sollen z. B. alle 3 Zellsorten, die er unterscheidet, innerviert sein, was a priori sehr unwahrscheinlich ist — geht aus seinen Figuren beim besten Willen nicht hervor. Was die Technik der Nervenfärbung anlangt, so habe ich fast ausschließlich . mit der Silberimprägnation nach BIELSCHOwsKY und Wourr (in: LEE u. Mayer, 4. Aufl, 1910, p. 344) gearbeitet und in ca. 20°), der Fälle gute Resultate gehabt. Das Vergoldungs- verfahren von ApatHy wurde wegen seiner großen Kompliziertheit nur in geringem Umfange nebenbei versucht, ohne zu besonders guten Erfolgen zu führen. Methylenblau endlich erwies sich als ungeeignet. Man muß, um es anzuwenden, die recht versteckt liegenden Statocysten lebend herauspräparieren und isolieren. Es gelingt aber nie, die sehr dicke Bindegewebshülle zu beseitigen, welche die Statocyste umgibt, und durch diese dringt erfahrungs- gemäß der Farbstoff nur sehr schwer ein. Ich will durchaus nicht bestreiten, daß schließlich auch Methylenblau zum Ziele führen dürfte; ohne einen sehr großen Aufwand von Zeit und Material wird man aber so leicht keine Erfolge haben. Der Statocystennerv kann, bevor er sich auf der Blase verzweigt, natürlich ohne besondere Nervenfärbung untersucht werden. Er ver- läßt die Statocyste an ihrem lateralsten Punkte und zieht der Cerebro- Pedalcommissur einigermaßen parallel nach außen. Die Einmündungs- stelle in das Zentralnervensystem liegt ziemlich variabel. Betrachten wir zunächst Textfig. A, welche den dicht zusammenliegenden Kom- 1) SCHMIDT, W., Untersuchungen über die Statocysten unserer ein- heimischen Schnecken, in: Jena. Ztschr. Naturwiss., Vol. 48, 1912. 308 _ W. v. BUDDENBROCK, plex von Cerebral- und Pedalganglien nebst den Statocysten dar- stellt, so sehen wir, daß der Nerv nicht in das Cerebralganglion, sondern in die Cerebro-Pedalcommissur einmündet, häufig sogar nicht einmal in diese, sondern in den lateralsten Teil des Pedalganglions. Ich habe aber auch unzweifelhafte Fälle zu Gesicht bekommen, in denen sich der Nerv über die Cerebro-Pedalcommissur hinaus ver- folgen ließ und erst mit dem Cerebralganglion selbst verschmolz. Die Eintrittsstelle des Statocystennerven in das Zentralnerven- system dürfte also zwischen den Linien a und 6 variieren. Irgend- eine weitere Bedeutung dürfte diesem Umstande kaum beizumessen sein, da zweifelsohne in allen Fällen die Fasern, ob getrennt oder zusammen mit denen des Pedalganglions, direkt in das Cerebral- ganglion eintreten. Der Nerv folgt genau dem Verlauf des Ausführungs- ganges der Statocyste, den er umspinnt. Er kann in 3, 4 oder auch mehr Bündel unterteilt sein (s. Fig. 10a u.b). Dicht vor der Einmündung in das Ganglion vereinigen sich diese Bündel zu einem einheitlichen Nerven. Die hier geschilderte Beziehung des Nerven zum Ausführgang der Statocyste hat aus folgendem Grunde ein besonderes Interesse: es ist schon zahlreichen Autoren auf- gefallen, daß der Statocystennerv vieler Schnecken „hohl“ ist. Wenn man nämlich auf die Statocyste drückt, so sieht man die zahl- reichen kleinen Statolithen in den Nerven hineinströmen. Ich er- wähne nur die darauf bezüglichen Angaben Leypıe’s!), der p. 216 schreibt: „Das Innere ist nicht mit fibrillärer Nervensubstanz er- füllt, sondern hat eine Lichtung, begrenzt von einem Epithel“, so- wie diejenigen Scumrpt’s, der dieses Hohlsein des Statocystennerven bei allen von ihm untersuchten Formen Paludina, Limnaea, Helix, Arion etc. feststellen konnte. Was sich die betreffenden Forscher unter einem „hohlen“ Nerven vorstellen, der doch sonst in der Natur nirgends seinesgleichen hat, wird leider nicht gesagt, ebenso fehlt es an Abbildungen irgendwelcher Querschnitte Jedenfalls legt Leyoıs Wert auf die Feststellung, „dass jener vom Ohr der Cephalo- poden sich weg erstreckende Gang nicht entfernt mit dem Ohrkanal der cephalophoren .Mollusken verglichen werden kann. Bei den Cephalopoden besteht der Gang zugleich mit dem Hörnerven und während der letztere zum Gehirn führt, scheint der erstere nach aussen . . . zu sehen Ne 1) Lrypie, F., Ueber das Gehörorgan der Gastropoden, in: Arch, mikrosk. Anat., Vol. 7, 1871. Die Statocyste von Pecten. 309 Was hingegen den von der Ohrblase wegführenden Kanal der Gasteropoden betrifft, so besteht er nicht zugleich und neben einem Hörnerven, sondern er vertritt diesen selber. . . .“ Diese Ansicht ist ohne Zweifel unrichtig; nach meinen Befunden an Pecten zu urteilen, ist der Ausführgang der Statocyste bei Schnecken und Muscheln sicherlich dem Köruıker’schen Kanal der Cephalopoden homolog, und es scheint ganz sicher zu sein, daß auch bei den betreffenden Schnecken der Nerv ganz einfach den blind endigenden Ausführgang der Statocyste umspinnt, woraus sich seine „Hohlheit“ in einfachster Weise erklären dürfte. Bei den Muscheln war meines Wissens noch kein Fall bekannt, in dem der Statocysten- nerv den Ausführgang umgibt, dagegen entnehme ich den Arbeiten von STEMPELL!) (Leda sulculata und Malletia chilensis) sowie Drew ”) (Yoldia limatula), daß er bei diesen Protobranchiern dicht neben dem Ausführgang hinzieht. Die Ausbreitung des Nerven auf der Oberfläche des Statocysten läßt sich, soweit das rechte Organ in Frage kommt, ohne weitere Mühe erkennen. Die beistehende Textfig. C (S. 310), die auf übergroße Genauig- keit keinen Anspruch erhebt, wurde durch Rekonstruktion einer quer zum Ausführgang geführten Schnittserie gewonnen, welche mit Alkohol- Eisessig fixiert und mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt war. Die stärkeren Nervenäste traten mit großer Deutlichkeit hervor. Man sieht, daßsich der Nerv in eine Anzahl Äste gabelt, die allmählich divergierend über die ganze Statocyste hinziehen. Auffallend ist, daß die Nerven der einen Seite erheblich länger sind als die der gegenüberliegenden und die Blase in beinahe einem Dreiviertelkreise umziehen. Inwie- weit dieses Verhalten ein normales ist, habe ich nicht weiter ver- folet; es schien mir dies deswegen keinen allzu großen Wert zu haben, weil wir von der Funktion der rechten Statocyste absolut gar nichts wissen (s. den physiologischen Teil der Arbeit). Wichtig dagegen ist die Lage dieser ausstrahlenden Nervenäste zu den Elementen des Sinnesepithels. Wir sehen in Taf. 7 Fig. 8, daß sie relativ sehr dick sind und daß sie, die Zellen auseinanderdrängend, mitunter bis dicht an das Statocystenlumen heranreichen. Dies bringt es mit sich, daß man diese primären Nervenäste auch nach 1) STEMPELL, W., Beiträge zur Kenntnis der Nuculiden, in: Zool. Jahrb., Suppl. 4, 1898. 2) Drew, G. A., Yoldia limatula, in: Mem. biol. Labor. Johns Hopkins Univ., Vol. 4, No. 3, 1899. mé 310 W. v. BUDDENBROCK, Anwendung einer Kernfarbe bei Betrachtung der Statocyste in toto erkennen kann. Sie erscheinen als helle Streifen, die sich von den umliegenden, wegen ihres Kernreichtums dunkel erscheinenden Flächen scharf abheben. Die schwächeren Nervenäste ziehen zum Teil direkt unter den Zellen hindurch (Fig. 8) und sind dementsprechend an Totalpräparaten nur schwer erkennbar. Gehen wir nun zu der linken Statocyste über. Wir werden im 2. Teil dieser Arbeit erfahren, daß dieselbe physiologisch eine be- deutend kräftigere Wirkung ausübt als die rechte, die sogar mög- licherweise rudimentär ist. Dementsprechend müssen wir bei ihr eine wesentlich stärkere Innervierung voraussetzen. Das scheint nun aber auf den ersten Blick keineswegs der Fall zu sein. Im Gegensatz zur rechten Statocyste ist an der linken, wenn man sie in toto betrachtet, nicht das min- deste von irgendwelchen Nerven- zügen zu entdecken. Ferner ist es mir absolut nicht gelungen, nach Schnittserien eine Rekonstruktion derselben auszuführen, nicht einmal an dem gleichen Präparat,an welchem die der rechten Statocyste (Texttfig. C) vorgenommen wurde. Es wäre aber verfehlt, wollte man hieraus etwa auf eine schwächere Ausbildung der Nerven bei dem linken Organ schließen. Die Sache liegt vielmehr Fig. C. so, daß bei der linken Statocyste die zen ae von P. inflexus. Nerven nicht in so wenigen und da- “Querschnittsserie rekonstruiert. für starken Ästen über die Sinnes- blase hinziehen wie bei der rechten, sondern von vornherein in zahlreichere schwächere Zweige zerfallen. Erst die Anwendung der BieuLscHhowskyv’schen Silberimprägnation verschafft hierüber Klarheit. Es sei zunächst auf Fig. 14 verwiesen, die einen Flächenschnitt gerade durch die Eintrittsstelle des Nerven und des Ausführganges in die Statocyste darstellt. Wir sehen in der Mitte die cilientragenden Zellen des Ausführganges und ringsherum all- seitig ausstrahlend ca. 20 Äste, in welche der Statocystennerv sich ge- spalten hat. Die Zellen des Sinnesepithels sind nicht mit eingezeichnet. Bemerkenswert ist, daß etliche Nervenfasern sehr bald die anderen überkreuzen. Daß die großeZahl der scharf hervortretenden schwarzen Die Statocyste von Pecten. 311 Fasern tatsächlich nervöser Natur sind und sogenannte Neuro- fibrillen darstellen, darüber kann bei diesem Bilde der ganzen Lage nach wohl kaum ein Zweifel sein. Gehen wir nun einen Schritt weiter und betrachten einen Flächenschnitt, der parallel zum Ausführgange geführt ist und also eine Stelle getroffen hat, die etwa um einen Viertelkreisbogen von dessen Einmündung in die Statocyste entfernt liegt (Fig. 12). Wir sehen die uns bekannten großen sowie die kleinen Wimperzellen — die Stützzellen sind fort- gelassen — und dazwischen eine Masse kreuz und quer verlaufender schwarzer Fasern. Dieselben für Neurofibrillen zu halten, wird wohl niemand so leicht geneigt sein. Wenn ich mich trotzdem auf eine solche Behauptung versteife, so geschieht dies vornehmlich aus den folgenden Gründen. Zach ist es mir ganz unmöglich gewesen, zwischen den unzweifelhaften Neurofibrillen der Fig. 11 und den sich kreuzenden Fasern auf Fig. 12 irgendeinen auch noch so ge- ringfügigen Unterschied aufzufinden. Sie stimmen in der Dicke und ihrem eigentümlich welligen Verlauf völlig miteinander überein. Indessen wäre dieses Argument für sich allein vielleicht noch nicht genügend, um die nervöse Natur der strittigen Fasern der Fig. 12 zu beweisen. Es tritt die Beziehung dieser Fasern zu den Sinnes- epithelzellen hinzu, wie wir sie auf Fig. 13 sehen können. Hierzu muß ich ein paar Worte über das Bindegewebe sagen, welches die Statocyste umhüllt. Es findet sich in doppelter Lage. Zunächst grenzt an die Epithelschicht eine hyaline Bindegewebsschicht, völlig ohne Zellen; sie ist an der linken Statocyste beträchtlich dicker als an der rechten (s. Textfig. B, S.303). Auf diese folet außen eine sehr starke Hülle von one Bindegewebe, bei welcher das Netz- werk sich farberisch genau gleich der hyalinen Schicht verhält, während in den Maschen die Zellen eingestreut sind. Das Epithel der Statocysten von Pecten ist nun durch eine haarscharfe Linie von der es umhüllenden hyalinen Bindegewebsschicht getrennt, wie deutlich aus Fig. 3 u. 11 hervorgeht, und wir sehen auf Fig. 13; die einen Teil eines Medianschnitts der linken Statocyste darstellt, daß die mit Silber imprägnierten Fasern innerhalb der zwischen Epithel und Bindegewebe verlaufenden Grenzlinie liegen, also im Epithel selbst. Sie können folglich nicht gut Bindegewebsfibrillen sein, wofür man sie sonst leicht halten könnte, und dann bleibt eigentlich nur die oben gemachte Annahme übrig, daß wir hier die Neurofibrillen vor uns haben. Ich möchte vorderhand hieran durchaus festhalten. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 21 312 W. v. BUDDENBROCK, Es fragt sich nun, wie diese hôchst eigentümliche Kreuzung der Neurofibrillen zu erklären ist, die bei der rechten Statocyste viel weniger hervortritt und mehr auf die einzeln verlaufenden Fasern beschränkt ist. Hierfür liefern die Figg. 12 u. 13 einen be- deutsamen Fingerzeig. Es ist nämlich ganz auffallend, daß in der linken Statocyste die Fibrillen stets um die großen Wimperzellen im Bogen herumgehen, während sie unter den kleinen sowie unter den Stützzellen geradlinig hindurchziehen. Diese Beobachtung wurde keineswegs nur an dem gezeichneten Bilde gemacht, sondern auch an vielen anderen. Nur wenige vereinzelte Fasern machen eine Ausnahme. Gehen wir hiervon als von der gegebenen Tatsache aus und nehmen als zweites Faktum die gleichmäßige mosaikartige Vertei- lung der großen Wimperzellen hinzu, so folgt von selbst, daß die Nervenfasern nicht immer die Möglichkeit haben werden, sich gerad- linig in Meridianen über die linke Statocyste auszubreiten. Sie müssen einen häufig die Richtung wechselnden Zickzackkurs ein- schlagen, oder es muß die beobachtete Kreuzung der Nebenäste be- nachbarter Fasern eintreten. Die Annahme, daß die schwarzen Fasern nervöser Natur sind, ist ferner nur unter der Voraussetzung zulässig, daß die bei ihnen beobachtete Kreuzung mit ihrer Funk- tion als leitende Elemente vereinbar ist. Das ist nun bei einer Statocyste leicht nachweisbar. Denn da von derselben, wie wir später sehen werden, nur 2 qualitativ verschiedene Reize ausgehen, je nachdem das Tier die linke oder die rechte Seite nach oben hält, sind sämtliche nervösen Endapparate einer Halbkugel einander gleichwertig, und dementsprechend ist die Lage derselben zuein- ander und der Verlauf der von ihnen ausgehenden Nerven bedeu- tungslos. Es fragt sich nun, wo sind die eigentlichen Sinneszellen zu suchen? Ich glaube mit Bestimmtheit die großen Wimperzellen als dieselben ansprechen zu dürfen, da ich verschiedene Male je eine Neurofibrille in sie eintreten und sich hier kandelaberartig ver- zweigen sah. Fig. 15a—c zeigt die 3 deutlichsten derartigen End- bäumchen, die ich bei Durchsuchung zahlreicher Präparate ent- decken konnte. Man sieht, besonders bei 15a u. b, daß die Zelle an der Stelle, wo die Neurofibrille eintritt, zipfelförmig ausgezogen ist. Die Fibrille strebt dem Wimperpolster zu und umspinnt es. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Imprägnierung eine durchaus un- vollständige gewesen ist und das Endbäumchen in Wahrheit eine Die Statocyste von Pecten. 313 sehr viel feinere Verästelung besitzt, als es meine Präparate zeigen. Sicher scheint zu sein, daß der nervöse Endapparat mit dem Kern nicht in nähere Verbindung tritt. Ob er eine solche mit den Wimperwurzeln eingeht oder nicht, darüber kann ich nichts mit- teilen. Die sehr geringe Zahl der imprägnierten Endbäumchen nimmt nicht wunder, da es wohl eine allgemeine Erfahrung ist, daß die in den Zellen befindlichen Neurofibrillen sich ungleich schwerer färben als die frei zwischen den Zellen verlaufenden Stücke der- selben. — Eine Innervierung der beiden anderen Zellsorten der linken Statocyste habe ich nicht finden können, möchte aber für die kleinen Wimperzellen die Möglichkeit einer solchen keineswegs in Abrede stellen, sie wurde vielleicht übersehen. Auch bei der rechten Stato- cyste erweisen sich, wie nicht anders zu erwarten, die Wimperzellen ebenfalls als die Träger des nervösen Endapparats. Besser als bei der linken sieht man hier sehr häufig den langen schwanzartigen Fortsatz der Zelle, in welehen die Neurofibrille eintritt (Fig. 16b). Nähere Beziehungen des sich verzweigenden Endbäumchens zum Kern oder den Wimperwurzeln konnte ich nicht feststellen. Es ist mir aufgefallen, und es kann dies nicht auf einer Täu- schung beruhen, daß die Imprägnation der Neurofibrillen bei der rechten Statocyste ungleich schwieriger gelingt als bei der linken, obgleich doch bei den Schnittserien beide Organe stets auf dem- selben Objektträger sind und also genau die gleiche Behandlung erfahren. Ob diese mangelhafte Färbbarkeit des rechten Organs mit seiner physiologischen Minderwertigkeit in Zusammenhang steht, lasse ich dahingestellt; es sieht aber fast so aus. Der gröbere Ver- lauf der Nervenäste wurde bereits S. 309 besprochen. Sie ziehen in Meridianen über die Statocyste und drängen die Zellen ausein- ander. Die feineren sich abzweigenden Äste überkreuzen sich auch hier und scheinen auf die Wimperzellen keine Rücksicht zu nehmen, indem sie einfach unter ihnen hindurchziehen (vgl. Fig. 16a). Vom Ausführungsweg der Statocysten haben wir bisher er- fahren, daß er zugleich mit dem Nerven, von dem er umgeben wird, die Statocyste, die rechte wie die linke, an ihrem lateralsten Punkte verläßt und von da der Cerebro-Pedalcommissur entlang bis zur Einmündung des Nerven zieht. Hierüber wie über seinen weiteren Verlauf belehrt uns die beigefügte Textfig. D, die eine Reihe aus- gewählter Schnitte aus einer sagittal geführten Mikrotomserie durch die fragliche Region von P. inflexus wiedergibt. Wir sehen zu- 21* * 314 W. v. BUDDENBROCK, nächst in No. 1 das Pedalganglion (P) nahe seiner Mitte querge- troffen sowie die linke Statocyste (St) etwas tiefer und vor ihm liegend. Schnitt II, der weiter lateralwärts liegt, zeigt uns, der Oberfläche ein wenig genähert, den feinen Ausführgang A, der von Fig. D. 9 ausgewählte Schnitte aus einer sagittal geführten Mikrotomserie durch die linke Statocyste und ihren Ausführgang von P. inflexus. C Cerebralganglion. P Pedalganglion. C.P Cerebropedal-Commissur. St Statocyste. A Ausführgang derselben.. N Nervus staticus. M Mündung desselben in das Zentralnervensystem. © Offnung des Ausführungsganges nach außen. H Hoden. den Nerven N umgeben ist. In III hat sich der Nerv, der wiederum ein wenig näher an die Oberfläche gerückt ist, schon dicht an das Pedalganglion angelegt, während er in IV mit seiner lateralsten Partie verschmilzt. In V, die nur wenige Schnitte von IV entfernt Die Statocyste von Pecten. 315 ist, sehen wir den schmalsten Querschnitt der Cerebro-Pedalcom- missur (C.P) und daneben den Ausführgang der Statocyste, aber nicht mehr vor wie in I—IV, sondern hinter dem Zentralnerven- system liegend. Der Ausführgang ist also zwischen II und V erstens nach der Oberfläche zu und zweitens schräg nach hinten unter der Cerebro-Pedalcommissur weggezogen. Immer weiter lateralwärts führend, wird er in den nächsten Schnitten zwischen dem allmählich auftauchenden Cerebralganglion (C) und dem Hoden (H) liegend sichtbar, bis er schließlich dicht hinter dem Ganglion auf einer kleinen Papille ausmündet (IX Ö). Sieht man von der Bauch- und Rückenfläche aus auf den Ganglienkomplex, wie es in Textfig. A dargestellt ist, so liegt — hierüber sind wir durch Textfig. D IX unterrichtet — die Öffnung des Ausführganges etwas über der Mitte des Cerebralganglions. Die Besprechung der Statolithen möge den Schluß des histo- logischen Teiles der vorliegenden Arbeit bilden. Wir haben hierbei, wie eingangs erwähnt, zwischen den Kalk- und Kieselstato- lithen zu unterscheiden. Eine genauere chemische Prüfung der letzteren wurde nicht vorgenommen. Ich begniige mich mit dem Hinweise, daß auch sehr starke Mineralsäuren in keiner irgendwie erkennbaren Weise diese Statolithen angreifen, während sie durch Flußsäure sehr schnell gelöst werden. Die unregelmäßige Form der einzelnen Steinchen kennzeichnet sie zur Genüge als von außen aufgenommene Fremdkörper. Das Stroma, das nach Behandlung mit Flußsäure übrig bleibt, beweist ihre organische Herkunft. Es mögen wohl in der Hauptsache zerbrochene Nadeln von Kiesel- schwämmchen sein. In der linken Statocyste der Kieselformen findet sich, wie schon früher erwähnt wurde, ein großer, kugliger Statolith. Er kommt dadurch zustande, daß die einzelnen Kiesel- partikelchen mit Hilfe eines Schleimes zusammengehalten werden, der sich am frischen Objekt mit Thionin schwach färbt. Wenn man die vom frischen Objekt herauspräparierte Statocyste vorsichtig öffnet, so kann man den Statolithen herausquetschen, ohne daß er sich in seine Bestandteile auflöst, die kuglige Form wird freilich völlig deformiert. Auch in der rechten Statocyste findet sich ein derartiger Schleim, indessen sind doch die Kieselstückchen sehr viel lockerer zusammengebacken. Am konservierten Objekt, z. B. gewöhnlichem Alkohol-, Formol- oder Sublimatmaterial, ist die kuglige Form des Statolithen ge- wöhnlich nicht mehr festzustellen. Inwieweit eine etwaige Ver- 316 _ W. v. BUDDENBROCK, änderung der Schleimmasse hieran die Schuld trägt, weiß ich nicht; meistenteils tritt das Auseinanderfallen der Steinchen wohl dann ein, wenn durch die Fixierung die langen Cilien der großen Wimper- zellen, die für gewöhnlich den Statolithen tragen, ihre aufrechte Lage verlieren und unregelmäßig auseinanderfahren, wodurch der Statolith seine feste Lage verliert. Nur so ist es zu erklären, daß der einzige Autor, der meines Wissens vor mir die Statocysten der Pecten sich ein wenig näher ansah, S. A. Drew, die so auffäl- lige Asymmetrie der beiderseitigen Organe nicht bemerkte. Wie kommen nun die Kieselsplitterchen in die Statocyste hinein ? Diese anscheinend so einfache Frage ist aus verschiedenen Gründen von erheblichem Interesse. Schon Drew hat in seiner Arbeit über Nucula delphinodonta darauf hingewiesen, daß sich in den Statocysten dieser Form keine Diatomeen finden, die doch in der Nahrung der Tiere sicherlich eine wichtige Rolle spielen und überall in ihrer Umgebung sehr häufig sein dürften. Ich habe bei Pecten das gleiche beobachtet, ohne es mir erklären zu können. Ebenso rätselhaft ist es, daß keinerlei Kalkteilchen am Aufbau der Statolithen sich beteiligen. Andrer- seits kann es gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Statolithen- masse bei denjenigen Arten, deren Ausführkanal sich nach außen öffnet, von außen aufgenommene Fremdkörper sind. Eine zweite nicht weniger interessante Frage, die sich hieran knüpft, ist die, wie wohl eigentlich die Aufnahme der Fremdkörper reguliert werden mag, denn es ist doch klar, daß sowohl ein Zu- wenig wie auch besonders ein Zuviel von Statolithen die richtige Funktion des ganzen Apparats stören muß. Auch hierauf kann ich keine Anwort geben und muß mich damit begnügen, darauf auf- merksam zu machen. Die folgende Beobachtung, die ich mir bei einem einzigen Exemplar von P. inflecus machen konnte, kommt für eine Erklärung kaum in Betracht. Ich fand dort nämlich (Fig. 17 X), von einem Teil des Ausführganges ausgehend, einen recht volumi- nösen, mit Kieselsplittern gefüllten Sack. Die Verbindung des Sackes mit dem Gange selbst ist auf dem gezeichneten Schnitt nicht zu sehen. Weiterhin ist ein Teil der Epithelzellen des Ganges mit Kieselteilchen angefüllt, die unstreitig von außen aufgenommen wurden. Man könnte hier auf den Gedanken kommen, daß eine Anfüllung der Statocysten mit Kieselstückchen über den Bedarf hinaus durch eine Aufspeicherung in diesen Nebenräumen verhindert wird — vorausgesetzt ist hierbei, daß durch die Cilienbewegung Die Statocyste von Pecten. 317 im Gange ganz mechanisch immer wieder neue Teile nach innen befördert werden —; näher liegt mir indessen die Annahme, daß in diesen Fällen eine krankhafte Anomalie vorlag. Von den Kalkstatolithen hat der große in der linken Statocyste einen sehr eigentümlichen Bau. Er ist nämlich kein ein- heitlicher Sphärokrystall, sondern aus einer ungeheuren Zahl kleinster Kügelchen zusammengebacken. Man sieht das zunächst am Totalobjekt bei Betrachtung im Wasser (Taf. 8 Fig. 18). Der Statolith erscheint undurchsichtig, milchig, und wir sehen auf seiner Oberfläche zahlreiche kleine bis sehr kleine Sphärokrystalle liegen. Wir sehen ferner bei Aufstellung des Objekts in Canadabalsam (Fig. 19), daß nur die äußerste Zone durchsichtig wird; an sie schließt sich eine halbdurchsichtige mit vielen schwärzlichen Ein- schlüssen an, das Zentrum ist ganz undurchsichtig. Stellt man auf die halbdurchsichtige Zone mit starker Vergrößerung ein, so sieht man deutlich (Fig. 20), daß die soeben erwähnten Einschlüsse nichts anderes als (mit Flüssigkeit erfüllte?) Hohlräume sind, die offenbar von Kugelflächen begrenzt werden. So erkennt man, daß sich die an der Oberfläche sichtbaren kleinen Sphärokrystalle auch im Inneren des Statolithen vorfinden und unvollständig durch eine Kittsubstanz verbunden sind, welche eben diese Hohlräume frei läßt. An einem Medianschnitt durch den entkalkten Statolithen sieht man wiederum deutlich die einzelnen Kügelchen, welche den ganzen Stein durchsetzen (Fig. 21). Gleichzeitig kann man an diesem Bilde eine gewisse konzentrische Schichtung erkennen, wie sie auch sonst bei Statolithen allgemein verbreitet ist. Das Zentrum des abge- bildeten Statolithen war augenscheinlich von einer organischen, keinerlei Struktur aufweisenden Masse erfüllt; ich möchte dieses Verhalten jedoch keineswegs als die Regel darstellen, da andere, die ich untersuchte, auch hier Kügelchen aufwiesen. Was die chemische Zusammensetzung anlangt, so besteht der Statolith aus kohlensaurem Kalk. Bei Behandlung mit Säuren braust er auf, in eine Mischung von konzentrierter Kalilauge und konzen- triertem Kaliumcarbonat hineingebracht, bildet er sehr schnell die charakteristischen, von Bürschuı beschriebenen Doppelkrystalle. Zusammenfassung der wichtigsten histologischen Ergebnisse. Bei sämtlichen untersuchten Arten der Gattung Pecten ist die linke Statoeyste stärker entwickelt, d.h.differenzierter gebaut, als dierechte. 318 W. v. BUDDENBROCK, Die linke besitzt einen großen kugligen Statolithen, ihr Sinnes- epithel ist aus 3 Zellsorten, den großen Wimperzellen, den kleinen Wimperzellen sowie den Stützzellen, zusammengesetzt. Die rechte Statocyste besitzt dagegen zahlreiche kleine Stato- lithen sowie nur 2 Zellsorten, Wimperzellen und Stützzellen. Bei der Mehrzahl der europäischen Formen, z. B. jacobaeus, opercularis, inflecus etc. münden beide Statocysten mit Hilfe eines langen Ausführganges nach außen. Dementsprechend bestehen die Statolithen aus von außen aufgenommenen Kieselsplittern. Bei P. varius und den nächst verwandten Arten dagegen ist der Ausführgang blind geschlossen. Die Statolithen bestehen hier aus kohlensaurem Kalk. Der Statocystennerv umgibt, in eine Anzahl einzelner Stränge unterteilt, den Ausführgang und läuft bis zum Eintritt in das Ganglion mit ihm zusammen. Der Nerv mündet in einer bei den einzelnen Individuen ver- schiedenen Weise entweder in den lateralsten Teil des Pedal- ganglions oder in die Pedo-Cerebralcommissur oder in den mediansten Teil des Cerebralganglions. Auf der Statocystenblase verzweigt er sich in eine > Anzahl von Ästen, die in der linken Statocyste besonders zahlreich sind und sich sehr häufig gegenseitig überkreuzen. Als Sinneszellen fungieren die großen Wimperzellen der linken sowie die Wimperzellen der rechten Statocyste. Die Sinnesblase ist umgeben von einer hyalinen Bindegewebs- schicht, der außen eine weitere von reticulärer Natur aufliegt. II. Physiologie der Pecten-Statocyste. Von der Physiologie der Statocysten von Pecten ist im wesent- lichen nur das bekannt, was ich selbst in meiner ersten Arbeit (1911) über diesen Gegenstand berichtet habe. Ich bin indessen damals nicht weiter gekommen als bis zur Aufstellung einer Hypo- these, die sich lediglich auf einige Beobachtungen am normalen Tiere stützten. Exstirpationsversuche, die allein beweisend wären, waren mir nicht gelungen. So blieb die ganze Frage in der Schwebe, und ich empfand es als eine Notwendigkeit, sie nochmals auf ex- perimentellem Wege nachzuprüfen, wozu mir endlich ein längerer Aufenthalt in Neapel im Herbst 1913 die gewünschte Gelegenheit bot. Da es sich bei dieser neuen Untersuchung hauptsächlich um Die Statocyste von Pecten. 319 den Versuch handelt, die vor 3 Jahren von mir aufgestellte Hypo- these wirklich zu beweisen, müssen wir zunächst auf diese selbst möglichst ausführlich eingehen. Als Ausgangspunkt für die physiologische Untersuchung diente mir seinerzeit die im 1. Teil der vorliegenden Arbeit besprochene morphologische Asymmetrie der beiden Statocysten. Sie schien mir mit Sicherheit darauf hinzuweisen, daß sich die beiden Statocysten auch in physiologischer Hinsicht verschieden verhalten müßten. Zweitens hielt ich die Annahme für berechtigt, daß wie bei allen bisher studierten Wirbellosen so auch bei Pecten die Stato- cysten zur Regulierung der Bewegungen des Tieres dienten. Eine Untersuchung ihrer interessanten Schwimmbewegungen, die anfangs um ihrer selbst willen ohne Rücksicht auf die Erforschung der Statocysten unternommen wurde, brachte mich auf den richtigen Weg. Wir müssen uns daher in Folgendem zunächst den Mecha- 'nismus dieser Schwimmbewegungen und, soweit zum Verständnis desselben erforderlich, den gesamten Bau des Tieres ansehen. Ich habe hierüber in meiner ersten Mitteilung ausführlich berichtet, da dieselbe aber nur dem geringsten Teile meiner Leser bekannt sein dürfte, halte ich es für das richtigste, die betreffenden Seiten mit nur wenigen Veränderungen hier nochmals wörtlich abzudrucken. Die Pecten besitzen allseitig freie, nirgends verwachsene Mantel- ränder. Sie sind sämtlich pleurothetisch, und zwar liegen sie stets auf der rechten Seite. Die Mehrzahl der Arten (z. B. opercularis, inflexus, flexuosus, glaber, varius etc.) befestigen sich mit Hilfe eines zum Teil ansehnlichen Byssus auf ihrer Unterlage, der Rest (z. B. jacobaeus und maximus) entbehrt dieses Anheftungsmittels und liegt dem Boden frei auf. Die erstgenannten sind gleichschalig, ihre Schalen sind flach schüsselförmig, die untere (rechte) zeigt einen Ausschnitt, durch welchen der Byssus hindurchtritt; der Fuß be- sitzt einen unpaaren Retractor, der an der linken Schale inseriert. Die unbefestigten Formen sind ungleichschalig, und zwar ist die linke, gewöhnlich nach oben gekehrte Schale fast eben, während die rechte, untere, der die linke gleichsam als Deckel dient, tief ausgehöhlt ist. Sehr eigentümlich sind die Symmetrieverhältnisse der gleich- schaligen Pecten-Arten. Wie alle bilateralen Tiere besitzen sie zunächst eine Ebene, welche den Körper in 2 spiegelbildliche Hälften, eine linke und eine rechte, zerlegt; sie sei als primäre Symmetrieebene be- 320 W. v. BUDDENBROCK, zeichnet. Ferner sieht man bei Betrachtung des Tieres von einer der beiden Seiten (Fig. Ha), daß eine jede derselben in sich wiederum in 2 Hälften, eine vordere und hintere zerfällt, die einander Vorn ventral | ! sekund. Symmetral- A ebene zugl. Längsachse jee = - Vertikalachse — > u Primäre Symmetrie- vorn DB AN hinten ebene zug]. | Längsachse | a dorsal Fig. E. b Fig. E. Schema eines Pecten, avon der linken Seite, b von vorn betrachtet. Die klein gedruckten Bezeichnungen vorn, hinten, dorsal, ventral, beziehen sich auf den morphologischen Bau des Tieres, die groß gedruckten auf die Schwimmrichtung. Fig. F. Querschnitt durch den Mantelrand von Pecten varius. AAuge. M Muskulatur des Mantel- saumes, R.M Ringmuskulatur des- selben. M.N Mantelnerv. M.S Mantelsaum. S Schale. S.A Schalen- häutchen. Fie. F. völlig gleich sind und daher durch eine zweite Symmetrieebene getrennt sind, die als sekundäre bezeichnet werden möge. Die beiden Symmetrieebenen stehen aufeinander senkrecht und schneiden sich in einer Achse, längs welcher, wie wir später sehen Die Statocyste von Pecten. 321 werden, die Muschel beim Schwimmen sich bewegt. Diese Achse soll dementsprechend den Namen Längsachse führen. Parallel dem Schloßrande inmitten der primären Symmetrieebene zieht, die Längsachse senkrecht kreuzend, die Querachse. Schließlich kann man noch eine dritte Achse unterscheiden, die im Schnittpunkte der beiden erstgenannten auf der primären Symmetrieebene senkrecht steht, sie möge als Vertikalachse bezeichnet werden. Diese Ausdrücke werden wir später sehr häufig verwenden müssen. Bezugnehmend auf die eigentümliche sogleich zu besprechende Bewegungsart der Pecten wollen wir ferner die morphologische Ven- tralseite als vorn, die Dorsalseite als hinten bezeichnen. Als Seiten wollen wir auffassen, was morphologisch vorn und hinten ist (s. Fig. E). Allen Formen gemeinsam ist eine eigentümliche Hautduplicatur, die vom Mantelrande entspringt und frei nach innen vorragt. Sie ist im Querschnitt auf Fig. F zu sehen (MS), welche einen Schnitt durch den Mantelrand von Pecten varius darstellt. Wenn sie durch den Blutdruck geschwellt ist, so steht sie etwa senkrecht auf der Fläche des übrigen Mantels; durch die Kontraktion ihrer Muskeln (M. Rm), von denen besonders die Ringmuskulatur (Am) durch ihre Mächtigkeit auffällt, wird sie schräg nach innen umgelegt. Ich werde diese Duplicatur im Folgenden kurz Mantelsaum (MS) nennen. Die normale Schwimmbewegung. Die Pecten bewegen sich schwimmend, wie schon seit langem bekannt ist. Da den Muscheln Ruderorgane irgendwelcher Art ab- gehen, versteht es sich von selbst, daß das Prinzip ihrer Schwimm- bewegung der Rückstoß des Wassers ist, welches beim Zuklappen der Schale aus dem Mantelraum gepreßt wird. Während man aber erwarten sollte, daß das Wasser hierbei nach vorn entweicht und dementsprechend das Tier rückwärts schwimmt, tritt gerade das Umgekehrte ein: die Muschel schwimmt vorwärts, was seinerseits zur notwendigen Voraussetzung hat, daß das Wasser an irgendeiner Stelle nach hinten herausgepreßt wird. In der Tat gelang VLes!) und ANTHONY ?) der exakte Nachweis, daß das Wasser (etwa in der 1) Vies, FRED, Mécanisme de la nage du Pecten, in: CR. Acad. Sc. Paris, 1906. 2) R. ANTHONY, 1906, Contribution à l’étude du mode de vie et de la locomotion de Pecten, in: Bull. Mus. oc&anogr. Monaco. 322 W. v. BUDDEngrock, Richtung der Pfeile W, Fig. G) durch zwei Spalten entweicht, die in der dem Schloß benachbarten Region zwischen den Schalen frei bleiben. Nach vorn dagegen kann es den Mantelraum nicht ver- lassen; dies verhindern die beiden Mantelsäume, die aufgerichtet sich gegenseitig berühren und den Mantelraum nach vorn und seit- lich einigermaßen dicht abschließen. Mit diesem Bewegungsvorgang, welcher das Tier nach vorn führt (Richtung 7, Fig. G), ist nun aber das Schwimmvermögen der Pecten noch keineswegs erschöpft. Es gibt noch drei weitere Bewegungsarten, die ich als die Flucht- bewegung, die Umkehrbewegung und die Drehbewegung unterscheiden will. Die Fluchtbewegung hat den Zweck, das Tier aus der Nähe eines von vorn kommenden Feindes zu entfernen, und äußert Biere Fig. G. Schwimmender Pecten von oben gesehen. Pfeil T gibt die Be- wegungsrichtung der Tieres an, die Pfeile W bezeichnen die Richtung des aus- strömenden Wassers. Fig. H. Fluchtbewegung. Hier und bei den meisten der folgenden Figuren sind die linke und rechte Körperseite der Muschel mit Z und À bezeichnet. 7 Be- wegungsrichtung des Tieres. W Richtung des ausströmenden Wassers. Fig. J. Umkehrbewegung. Die ausgezogene Kontur (M,) zeigt die Muschel (P. jacobaeus) vor der Umkehrung, die gestrichelte (M) zeigt ihre Lage nach der- selben. Pfeil D gibt die Richtung der Drehung an, durch welche die Umkehr er- folgt, T die Richtung der gleichzeitigen Vorwärtsbewegung, W, und W, diejenige des ausströmenden Wassers. Die Statocyste von Pecten. 323 sich dementsprechend in einem nach hinten gerichteten Sprung. Sie tritt häufig ein, wenn man die Muschel vorn am Mantelrand etwa mit einer Nadel reizt. Am sichersten wird sie indessen ausgelöst, wenn sich ein großer Asterias oder eine Raubschnecke dem Pecten nähert. Sobald der Seestern mit den Füßchen seiner Armspitze die Tentakel der Muschel berührt, springt dieselbe in heftigem Satze nach hinten, soweit sie es nicht vorzieht, in gleicher Richtung (T, Fig. H) durch das ganze Aquarium zu schwimmen. Die Be- wegungsrichtung ist hier also die umgekehrte wie im erst- besprochenen Falle. Wie man sich durch direkte Beobachtung leicht überzeugen kann, liegt dies einfach daran, daß die Mantelsäume, die im ersten Falle den Mantelraum vorn dicht abschlossen, jetzt durch die Kon- traktion ihrer Muskeln gänzlich oder nur an der Reizstelle nach innen umgelegt sind. Das Wasser kann nun in ausgiebiger Weise nach vorn (in der Richtung W, Fig. H) herausgespritzt werden. mit dem Erfolge, daß die Muschel selbst nach rückwärts schwimmt. Die Umkehrbewegung. Wirft man eine Anzahl Pecten in ein Aquarium, so werden sie in verschiedener Weise untersinken und je nach der Art ihres Falles auf die rechte oder die linke Seite zu liegen kommen. Kehrt man nach einiger Zeit zum Aquarium zurück, so bemerkt man, daß nunmehr sämtliche Exemplare auf der rechten Seite liegen. Die anderen müssen sich also inzwischen um- gedreht haben. Dies ist mit so großer Regelmäßigkeit zu beob- achten, daß man diejenigen Individuen, die nach einigen Stunden noch auf der falschen Seite liegen, unbesehen fortwerfen kann, da sie sicherlich tot oder zum mindesten sehr wenig lebenskräftig sind. Leicht gelingt es, den Vorgang des Umkehrens direkt zu beobachten, besonders bei frisch gefangenen Exemplaren von P. jacobaeus. Man lest also ein solches Tier auf die flache (linke) Schalenseite ins Aquarium. Zunächst schließt es, durch die Berührung gestört, seine Schalen völlig, öffnet sie indessen recht bald wieder und streckt seine Tentakel ungewöhnlich weit vor, wie man es sonst nur bei An- näherung eines Feindes sieht. Die Muschel empfindet offenbar ihre falsche Lage als einen starken Reiz. Beide Mantelsäume erscheinen aufgerichtet. In dieser Stellung (M!, Fig. J) verweilt die Muschel einige Zeit ohne irgendwelche Bewegung. Plötzlich jedoch sieht man, wie sie die Schalen noch viel weiter öffnet als vorher und gleich darauf mit einer rapiden Bewegung wieder schließt, wobei sie sich umdreht (Drehrichtung D, Fig. J) und auf die richtige Seite 324 W. v. BUDDENBROCK, zu liegen kommt (M,). Soweit reicht die Beobachtung; viel mehr läßt sich an dem Vorgange, der sich im Bruchteil einer Sekunde abspielt, nicht erkennen. Glücklicherweise sind indessen die physi- kalischen Verhältnisse, welche der Umkehrbewegung zugrunde liegen, so einfach und klar, daß auch ohne direkte Beobachtung von Einzel- heiten eine recht weitgehende Analyse dieses Phänomens möglich ist. Da es sich von selbst versteht, daß auch diese Bewegung wie die vorigen auf dem Rückstoß des Wassers basiert, welches beim Schließen der Schale aus dem Mantelraum gepreßt wird, so ergibt sich zunächst, daß der Wasserstrom die Schalen vorn verlassen und daß er senkrecht gegen die Unterlage gerichtet sein muß (W,). Man tut fast ein übriges, wenn man sich von der Richtigkeit dieser Überlegung durch einen höcht einfachen Versuch überzeugt. Zu diesem Zwecke setzt man das Tier, wiederum die rechte Seite nach oben, auf eine niedrige Unterlage und läßt es mit dem Vorderrand der Schalen über diese Unterlage vorragen. Bei der Umkehr- bewegung werden alsdann die Sand- und Schmutzpartikel, die den Boden des Aquariums bedecken, von der Stelle unterhalb des vor- ragenden Muschelrandes weithin fortgeschleudert, was die Existenz des postulierten Wasserstromes beweist. Ein derart gerichteter Wasserstrom hat nun aber seinerseits eine ganz bestimmte Stellung der uns wohlbekannten Mantelsäume zur notwendigen Voraussetzung. Er kann nämlich zweifellos nur dann zustande kommen, wenn der rechte, diesmal obere Saum über den linken vorragt, dessen Muskeln somit etwas stärker kontrahiert sein müssen, wodurch ein schmaler, nach unten offener Spalt entsteht, durch welchen das Wasser ent- weichen kann. Obgleich sich dieser Unterschied im Verhalten der beiden Mantelsäume der direkten Beobachtung entzieht, kann an seiner Existenz doch kein Zweifel sein, da es keine andere Mög- lichkeit gibt, die Umkehrbewegung physikalisch zu erklären. Die Bewegung ist indessen noch etwas komplizierter. Es kann nicht ganz vermieden werden, daß ein kleiner Teil des Wassers hinten entweicht (W,), wie dies bei der normalen Schwimmbewegung der Fall war; hierdurch erfährt die Muschel während der Umkehrung gleichzeitig eine Bewegung nach vorn (7, Fig. J), was zur Folge hat, daß sie nach der Umkehrung fast genau an derselben Stelle liegt, die sie vorher einnahm. Ein höchst eigentümlicher Effekt! Die normale Schwimmbewegung wurde vorhin in etwas vereinfachter Weise dargestellt und nur die Komponente betrachtet, welche das Tier nach vorn führt. Jetzt, wo wir die Umkehr- Die Statocyste von Pecten. 325 bewegung kennen, ist es uns möglich, diese Bewegungsform gründ- licher zu studieren. Die Muschel schwimmt nämlich nicht, wie vor- hin angenommen wurde, nur nach vorn, sondern gleichzeitig nach oben. Nun sei bemerkt, daß die horizontale Lage der Gleichgewichts- lage entspricht, welche der Pecten beim freien Fall im Wasser stets einnimmt. Schwimmt das Tier also, aus dieser Lage sich ent- fernend, schräg nach oben, so beweist dies die Existenz einer auf- richtenden Kraft (A, Fig. K), welche der niederziehenden Kraft (S) Fig. K. Fig. L. Fig. K. Normale Schwimmbewegung. A, V und S bezeichnen die 3 Kom- ponenten, welche die Bewegungsrichtung des Tieres bestimmen. A aufrichtende Kraft, V vorwärtstreibende Kraft, S niederziehende Kraft, die aus der Schwerkraft und dem Widerstande des Wassers sich zusammensetzt. Fig.L. Diagramm der Schwimmrichtungen eines in verschiedenen Stellungen an einem Faden aufgehängten Pecten. Linke Schale schraffiert. Die Pfeile geben die jeweilige Drehrichtung des Tieres an, welche in den Lagen BC.. bis F diejenige der normalen Schwimmbewegung ist (von rechts nach links), in@, Hund A die der Um- kehrbewegung (von links nach rechts). XY und ZY bezeichnen die etwaige Grenze der beiden Regionen, in denen diese verschiedenen Bewegungsarten herrschen. entgegenwirkt, die sich zusammensetzt aus der Schwerkraft und dem Widerstande des Wassers. Eine solche Kraft kann in genauer Analogie mit der soeben studierten Umkehrbewegung wohl nur durch einen Wasserstrom (W) erzeugt werden, der vorn zwischen den Mantelsäumen die Schale verläßt und nach unten gerichtet ist. Auch bei der normalen Schwimmbewegung müssen wir also ein un- gleiches Verhalten der beiden Mantelsäume annehmen, freilich im entgegengesetzten Sinne wie bei der Umkehrbewegung, derart näm- lich, daß jetzt der rechte Mantelsaum mehr kontrahiert ist als der 326 W. v. BUDDENBROCK, linke. Somit ergibt sich die endgültige Bewegungsrichtung als die Resultante dreier Kräfte, die wir uns alle an einem Punkte an- greifend denken können: der niederziehenden Kraft S, der auf- richtenden Kraft A und der vorwärts bewegenden J. Die bei der Umkehrbewegung und der normalen Schwimm- bewegung vollführte Steuerung geschieht um die horizontale Quer- achse, sie sei im folgenden als Vertikalsteuerung bezeichnet. Bei der 3. Art der Bewegung, der Drehbewegung, müssen wir das Verhalten der Tiere in der Ruhelage und während des Schwimmens unterscheiden. Sie besteht in der Ruhelage einfach in. einer Drehung um die Vertikalachse, ohne daß dabei eine Ortsver- änderung eintritt, und kommt (nach BAvEr!)) dadurch zustande, dab sich auf der einen Seite der Mantelsäume ein Spalt bildet, aus welchem ein horizontaler Wasserstrom entweicht, während die andere Seite geschlossen bleibt. Beim Schwimmen liegt die Sache etwas komplizierter. Auch hier findet zwar ebenfalls eine Drehung des Tieres um eine vertikale Achse statt, da aber die Muschel während der Bewegung nicht horizontal liegt, wie in der Ruhe, sondern steil aufgerichtet schwimmt (s. Fig. L, S. 325, Lage X Y), sohat die Drehachse und folglich auch der ausgespritzte Wasserstrahl eine andere Orien- tierung zum Tierkörper. Die Bewegung kann aufgefaßt werden als eine gleichzeitige Drehung um die Querachse und die Vertikalachse, wir wollen sie kurz als Seitensteuerung bezeichnen. Die Dreh- bewegung steht, wie BAUER zeigte, im Dienste der Orientierung zum Lichte. Im übrigen beobachtete sie dieser Forscher nur in der Ruhelage, ich konnte mich indessen in Übereinstimmung mit Vues recht oft davon überzeugen, daß sie genau so gut während des Schwimmens eintritt. Beobachtungen an Tieren, welche an einem Faden freiim Wasser aufgehängt wurden. Die bisher geschilderten Bewegungen geben keinerlei Anhalt, wie die Asymmetrie der Statocysten bei Pecten etwa aufzufassen ‘wäre. Einen solchen gewinnen wir erst, wenn wir dazu übergehen, die Bewegungen eines frei im Wasser schwebenden Tieres zu stu- dieren. Genau genommen ist dies allerdings nicht möglich; man kann aber die Muschel leicht in eine Lage versetzen, welche dem 1) BAUER, V., Zur Kenntnis der Lebensweise von Pecten jacobaeus L., in: Zool. Jahrb., Vol. 53, Physiol., 1912. Sue Se Re ee ee. Ve Die Statocyste von Pecten. 327 freien Schweben sehr nahe kommt, indem man sie mit Hilfe eines Stückchens Klebwachs an einem Zwirnsfaden aufhängt, wobei sie durch die Wahl des Aufhängepunktes in jede beliebige Lage ge- bracht werden kann. Ich verwendete für diese Versuche fast aus- schließlich P. opercularis, und zwar aus einem ganz äußerlichen ‘Grunde. Das Wachs läßt sich nämlich an der rauhen Schale dieser Form sehr leicht befestigen, während dies bei den glatten Schalen ‘der beiden in Neapel ebenfalls sehr häufigen P. inflexus und flexuosus meist nicht gelingt. Die obenstehende Fig. L (S. 325) zeigt die Art und Weise, in der die Muscheln auf die verschiedenen Lagen reagieren, in denen man sie aufgehängt hat (die punktierte Linie ist jeweils der Aufhängefaden) Das Diagramm berücksichtigt nur die jeweilige Drehbewegung der Tiere (Richtung des Pfeiles), nicht aber die Vorwärtsbewegung, die in den meisten Fällen mit ihr verknüpft ist. Aus der Zeichnung ergibt sich nun ganz unmittelbar folgendes. Von jeder beliebigen Anfangsstellung aus dreht sich die Muschel so lange, bis sie sich in die Lage X Y einstellt, welche sich also als die bevorzugte Schwimm- lage erweist; und zwar erreicht die Muschel dies von den Stellungen B, 0, D, E, F aus durch eine Drehung von rechts nach links, die ‚derjenigen gleich gerichtet ist, welche wir auch bei den normalen Schwimmbewegungen vom Boden aus beobachtet haben, während von den Lagen A, A, G aus der Sinn der Drehung (von links nach rechts) derjenige der Umkehrbewegung ist. Nun sind die Lagen A und E, morphologisch betrachtet, Sym- metrielagen zur Schwerkraft, d. h. die primäre Symmetrieebene, welche zwischen den Schalen hindurchgeht und den Muschelkörper in zwei spiegelbildliche Hälften, eine rechte und eine linke, teilt, verläuft bei ihnen senkrecht. Es liegt also hier der eigen- tümliche Fall vor, daß eine zur Schwerkraft sym- metrische Lage eine asymmetrische Bewegung auslöst. Auf dieser Tatsache beruht nun die Hypothese, die ich von der Funktion der Statocysten von Pecten seinerzeit aufzustellen versuchte. Wir wissen, daß bei allen sonstigen bilateral gebauten Tieren, deren Statocysten als Gleichgewichtsorgane dienen, z. B. bei Krebsen, Heteropoden usw., die Sachlage stets die ist, daß das Tier aus einer jeden zur Schwerkraft asymmetrischen Lage, in die man es passiv versetzt, durch reflektorische, im wesentlichen durch die Statocysten beherrschte Reflexe in die Symmetrielage zurückkehrt; es tritt also bei ihnen gerade das Umgekehrte ein wie bei Pecten: Zool. Jabrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 22 328 W. v. BupDENBROCK, Wir wissen ferner, daß z. B. bei den Heteropoden die beiden Statocysten stets gegeneinander arbeiten, auch in der zur Schwer- kraft symmetrischen Lage, die das Tier normalerweise beim Schwimmen einnimmt. D.h. die eine Statocyste sucht die Schnecke links herum zu drehen, die andere, mit genau der gleichen Kraft, rechts herum; da die beiden Kräfte sich in der Normallage aufheben, tritt keine Drehung ein (s. Fig. M). Sobald man aber eine Stato- cyste operativ entfernt, geschieht jetzt genau das gleiche, was wir bei Pecten beobachten, aber wohlgemerkt bei einem normalen un- operierten Pecten: die Schnecke führt eine asymmetrische Dreh- bewegung aus, welche sie aus der zur Schwerkraft symmetrischen Anfangslage entfernt. Diese auffallende Übereinstimmung der einseitig operierten Pierotrachea mit dem im Besitz asymmetrischer Statocysten befind- A B C Fig. M. Schematische Querschnitte. A durch eine normale Plerotrachea, B eine rechts- seitig operierte, C durch normalen Pecten; die Tiere sind von hinten gesehen. R (r) bzw. Z Drehrichtung, welche die rechte bzw. linke Statocyste hervorruft. lichen Pecten legt nun den Gedanken äußerst nahe, daß die natür- liche Asymmetrie bei Pecten denselben Effekt hat wie die künstliche einseitige Operation bei Pterotrachea, daß also gleichsam bei Pecten die Natur einen Exstirpationsversuch gemacht hat, den wir bei Pterotrachea. im Laboratorium vornehmen. Hieraus ergibt sich dann unmittelbar, daß höchstwahrscheinlich die Steuerbewegung dieser Muschel ein Werk der Statocysten ist und diese Organe also auch bei Pecten als. Gleichgewichtsorgane anzusprechen sind. Bei der rechtsseitig ope- rierten Pterotrachea wird die Drehbewegung hervorgerufen durch die Kraft L, die von der linken Statocyste ausgeht, beim normalen Pecten durch die Differenz d—L—r. Das ist im wesentlichen der Gedankengang meiner vor 3 Jahren aufgestellten Hypothese, er er- scheint mir auch heute noch einigermaßen zwingend, und ich glaube es zurückweisen zu müssen, wenn BAUER es so darstellt, als ob der- Die Statocyste von Pecten. 329 selbe lediglich ein Produkt meiner Phantasie sei und gänzlich „der sicheren Stütze entbehre“. Andererseits ist durchaus zuzugeben, daß ein wirklicher Beweis nur durch die operative Ausschaltung einer oder beider Statocysten erbracht werden kann, wie er im fol- genden versucht werden wird. Ich möchte an dieser Stelle einige Kritiken kurz besprechen, die inzwischen an meinen Ausführungen geübt worden sind. BAUER ist mit der Erklärung, die ich von der Umdrehbewegung sowohl als auch der normalen Schwimmbewegung gegeben habe, nicht ganz einverstanden. Er schreibt p. 130: „Zur Erklärung der Aufwärtsbewegung möchte ich eine ein- fache physikalische Überlegung anführen. Wenn die Muschel hori- zontal liegt, ist die untere Schale durch das Gewicht der inneren Organe, besonders des Fußes belastet. Beim Zuklappen wird sie daher eine größere Trägheit besitzen. Außerdem muß sie sich dabei gegen ihr eigenes Gewicht nach oben bewegen. Die obere Schale aber ist nicht belastet, und ihre Abwärtsbewegung beim Zuklappen erfährt durch ihre Schwere eine Beschleunigung. Das Zuklappen wird also in der in fig. A [der Bavzr’schen Arbeit] dargestellten Weise erfolgen; die obere Schale führt eine größere Excursion aus, der freie Schalenrand schlägt das Wasser stärker nach unten und erteilt dadurch dem System eine Rückstoßkomponente nach oben.“ Ich möchte der Widerlegung dieser nichts weniger als physi- kalischen Gedankenfolge nicht allzuviel Worte opfern, ihre Halt- losigkeit ist zu durchsichtig. Es sei nur gesagt, daß nach BAUER die beim Umkehrreflex wirksame Kraft offenbar die Schwerkraft ist und daher auch das folgende Experiment glücken müßte: eine eiserne Platte, die um eine horizontale Achse drehbar am Boden einer Wasserbehälters befestigt ist, während das andere Ende hoch- gehalten wird, wird plötzlich losgelassen. Sie stürzt hinab, aber die Rückstoßkomponente des abwärts gedrückten Wassers wirft sie wieder empor!! Weiterhin ergibt sich die Unrichtigkeit der Bauzr’schen An- schauung aus dem sehr eigentümlichen Verhalten von P. varius, das bisher sämtlichen Autoren, auch mir selbst bei meiner ersten Unter- suchung, entgangen war. Diese Form (s. Textfig. N) besitzt eine ziemlich langgestreckte Schale bei geringer Breite. Dementsprechend findet der Umdrehreflex nicht wie bei den anderen Arten um die Querachse, sondern um die Längsachse statt, wozu offenbar ein er- heblich geringerer Kräfteaufwand erforderlich ist. Beim Schwimmen dagegen, z. B. wenn das Tier sich nicht 22* 330 W. v. BUDDENBROCK, spontan umdreht, um dann an Ort und Stelle liegen zu bleiben, sondern wenn es, auf der falschen Seite liegend, durch einen See- stern gereizt wird, dreht sich die Muschel wie alle anderen Arten um die Querachse um. Es gibt also hier als Antwort auf ein und dieselbe Lage zwei verschiedene statische Reflexe, je nachdem das Tier in Ruhe ist oder schwimmen will! Es ist dies natürlich nur dadurch erklärbar, daß in beiden Fällen die Mantelsäume sich verschieden verhalten, so daß der Wasserstrahl einmal vorn, das andere Mal seitlich austritt. Die Baver’sche Ansicht versagt hier vollständig. Im übrigen läßt sich experimentell sehr einfach nachweisen, daß es für die Drehrichtung ganz gleichgültig ist, welche von beiden Fig. N. Fig. N. P. varius. Umdrehbewegung im Ruhezustand; A vor, B nach derselben. Fig. O. Nervensystem von P. inflexus, von der linken Seite gesehen. C Cerebral-, P Pedal-, V Visceralganglion. CPN Circumpallialnerv. S Statocyste. s, s,‘ s' 3 verschiedene Operationsschnitte (Näheres s. im Text). E Eingeweide- sack. A Kieme. F Fuß. M Schließmuskel. Schalen die hauptsächlichste Bewegung ausführt. Man braucht die Muschel nur horizontal (Lage C oder G Fig. L) an einem Faden im Wasser aufzuhängen, statt sie auf den Boden des Aquariums zu legen. Jetzt vermag sich bei der Kontraktion des Schließmuskels nur die untere Schale zu bewegen, da die obere durch den Faden in ihrer Lage festgehalten wird, trotzdem erfolgt die Drehung genau im selben Sinne wie vom Boden aus. Solche Versuche hatte ich bereits in meiner ersten Mitteilung veröffentlicht (s. Fig. L Lage C und G), Bauer hätte sich daher sehr leicht von der Unrichtigkeit seiner Anschauungen überzeugen können. Die Statocyste von Pecten. 331 Auf einige andere Punkte der Bauer’schen Arbeit werden wir später nochmals ausführlich zurückkommen müssen. Hier sei nur noch mit wenigen Worten der Kritik gedacht, die Mancoup, der Verfasser des Abschnitts über statische und Gehörorgane in WINTER- sTEIN’s Handbuch der Physiologie, an meinen Ausführungen geübt . hat. Es erscheint ihm nicht verständlich, warum „die beiden in fig. 7 [= L meiner jetzigen Mitteilung] schematisch dargestellten Lagen (A u. E£) zur Schwerkraft symmetrisch sein sollen, sobald auch die Asymmetrie und die dadurch bedingte Gewichtsverschieden- heit der beiden Schalenhälften und ihres Inhaltes bei Pecten berück- sichtigt werden“. Dem Verfasser ist es entgangen, daß meine Ver- suche sich auf P. opercularis bezogen, der, wie ich ausdrücklich hervor- gehoben hatte (vgl. 8. 304 u. 313), äußerlich durchaus symmetrisch ist. Die neuen Untersuchungen. Die hier gegebene kurze Darstellung alles dessen, was wir zur- zeit von der Funktion der Statocysten von Pecten wissen, wird, wie ich hoffe, den Leser zu der Überzeugung gebracht haben, daß die von mir seinerzeit hierüber entwickelte Hypothese sehr wohl das Richtige treffen könnte. Wir wollen daher in Folgendem gerade auf das Ziel lossteuern und zusehen, ob nach Ausschaltung der Statocysten die Pecien noch weiterhin ihre charakteristischen Steuer- bewegungen auszuführen vermögen oder nicht. Die operative Entfernung der Statocysten war mir bei meiner ersten Arbeit nicht gelungen, doch habe ich mich inzwischen davon überzeugt, daß dieser MiBerfolg nicht an den technischen Schwierig- keiten lag, sondern lediglich daran, daß ich die Operation in einer ganz bestimmten unmöglichen Weise ausführen wollte, nämlich durch direkte Herausnahme der Statocysten, ohne irgend einen anderen Teil des Nervensystems zu verletzen. Das ist wegen der großen Nähe der Pedalganglien und der Pedo-Cerebralcommissuren in der Tat so gut wie unmöglich. Es gibt aber noch eine andere Ope- rationsmethode, die leicht ausführbar ist und die ich im Herbst 1913 mit gutem Erfolge angewandt habe. Da wir wissen, daß der Nervus staticus der Cerebral-Pedalcommissur einigermaßen parallel zum Cerebralganglion zieht (s. Textfig. A,S.303), so sind wir imstande, durch einen Schnitt, der zwischen dem Cerebral- und dem Pedalganglion hindurchgeht, den Statocystennerven mit einiger Sicherheit zu zer- schneiden. Die hiermit notwendig verbundene Abtrennung des Pedalganglions vom Cerebralganglion ist ohne störende Folgen, da 332 W. v. Buppensrock, das erstere lediglich die Bewegungen des Fußes beherrscht, auf die hier zu studierenden Schwimmbewegungen aber ohne jeden Einfluß ist. Zur Ausführung der Operation wird der Muschel zunächst mit Hilfe einer Dreikantfeile auf der zu operierenden Seite ein kleines, etwa dreieckiges Stück aus der ventralen Partie der Schale ge- schnitten und die darunter liegende Partie des Mantels entfernt, so daß der Körper von der Basis des Fußes bis zum Munde frei zu liegen kommt. Hierauf wird nötigenfalls noch ein Teil der Mund- segel entfernt sowie die krausenförmigen Anhänge, die vor dem Munde stehen. Jetzt sieht man mehr oder weniger deutlich, je nach dem Ernährungszustand des betreffenden Individuums, das Pedalganglion sowohl als auch die zugewandte Seite des Cerebral- ganglions unter der Haut durchschimmern, so dass man den Schnitt wagen kann. Die Ganglien heben sich mit ihrer hellgelblichen Farbe von der dunkleren Leber ab, in die sie eingebettet sind. Ganz leicht ist die Operation nicht, da die Ganglien keineswegs immer sehr deutlich zu sehen sind, sie ist aber nach einiger Übung auch bei solchen Tieren ausführbar und von mir häufig ausgeführt worden, die nur die Größe eines Zehnpfennigstückes besitzen. Ist sie gelungen, so wird das in die Schale gefeilte Loch sorgfältig mit Klebwachs oder Paraffin von niederem Schmelzpunkt (40°) zugeklebt und das Tier ins Aquarium zurückgesetzt. Wie vor 3 Jahren habe ich mich auch diesmal fast ausschließlich mit P. opercularis be- schäftigt, und zwar aus zwei Gründen. Erstens erwies sich diese Art als bedeutend widerstandsfähiger als alle anderen, und zweitens haftet das Paraffin an ihrer rauhen Schale weit besser als an den Schalen der übrigen Formen. Äußerst lästig und zeitraubend ist der Umstand, daß der Erfolg einer jeden Operation mit Mikrotom und Mikroskop nachgeprüft werden muf. Um diesem Übelstande zu entgehen, versuchte ich die Stato- cysten noch auf zwei andere Weisen auszuschalten, d. h. von ihren voraussichtlichen Erfolgsorganen, den Mantelsäumen, abzutrennen. Wenn man das gesamte Nervensystem eines Pecten ins Auge faBt (Textfig. O, S.330), so ist leicht einzusehen, daß der Circumpallialnerv, der eigentlich den Wert eines Ganglions hat und von dem aus die Mantelsäume innerviert werden, auf zwei Wegen mit den Stato- cysten, alias den Cerebralganglien, zusammenhängt: erstens durch die Cerebro-Visceralcommissuren und zweitens direkt. Es muß also gelingen, entweder durch Schnitt s‘ oder durch s“ die Statocysten aus- zuschalten und die von ihnen aus wahrscheinlich regulierten Steuer- Die Statocyste von Pecten. 333 bewegungen, welche die Muschel mit Hilfe der Mantelsäume aus- führt, zu verhindern. Beide Operationen würden an sich vor der oben beschriebenen direkten Abtrennung der Statocysten vom Cere- bralganglion durch Schnitt s den großen Vorteil voraus haben, dab sie mit absoluter Sicherheit auszuführen sind und die mühsame Kontrolle mit Mikrotom und Mikroskop fortfiele; ich bin indessen mit ihnen nicht zum Ziele gelangt. Der Schnitt s’ hat auf die Schwimmbewegungen überhaupt keinen Einfluß: 4 Exemplaren von P. opercularis wurde der Circumpallialnerv in der Weise durch- schnitten, daß zunächst von der ventralen Einbuchtung der Schale aus ein Spalt in dieselbe gefeilt wird. Sodann wird mit einem sehr feinen Hakenmesser am inneren Ende des Spaltes der Mantel durch- stochen und das Messer bis zum äußeren Spaltende durchgezogen, wodurch der gesamte Mantelrand mit Sicherheit zerschnitten wird. Es ergab sich, daß bereits nach einer Stunde 2 Exemplare am Faden hängend von jeder Lage aus genau so geschickt schwammen wie normale Tiere, die beiden anderen konnten es am nächsten ‘Morgen. Im Falle also die Schwimmbewegungen der Pecten wirk- lich von den Statocysten aus reguliert werden, müssen die be- treffenden Leitungsbahnen durch die Cerebro-Visceralcommissur hin- durchgehen. | Durchschneidet man aber diese letzteren (Schnitt s“), was an sich leicht gelingt, so tritt nach meinen Erfahrungen stets eine derartige Störung der gesamten Lebenserscheinungen ein, dab die Tiere überhaupt zu keiner Reaktion mehr zu bringen sind, auch sterben sie alle nach wenigen Tagen. — BAUER hat wenigstens in einem Falle mit dieser Operation mehr Glück gehabt. —— Ich habe daher auch diese Operationsmethode nach kurzer Zeit wieder ver- lassen und mich fortan allein der ersterwähnten direkten Abtrennung der Statocysten vom Cerebralganglion bedient. Bevor wir uns den Ergebnissen dieser Versuche selbst zu- ‘wenden, sei noch einiges darüber mitgeteilt, wie man die Pecten, normale wie operierte, zum Schwimmen zwingen kann. Es gelingt dies leicht durch Reizung mit einem Seestern (Asterias glacialis). Sobald man die Armspitze eines solchen der Muschel nähert, streckt diese ihre Tentakel möglichst weit dem Feinde entgegen und schwimmt, sobald sie ihn mit Hilfe ihres chemischen Sinnes erkannt hat, davon. Ich erwähne diesen schon längst bekannten Flucht- reflex, der in letzter Zeit etwa gleichzeitig durch v. UEXxKÜLL und BAUER eine genauere Analyse erfahren hat, hier nur, weil die Rei- 334 W. v. BUDDENBROCK, zung mit dem Seestern zur Erforschung der Bewegungen der Pecten: meiner Ansicht nach unerläßlich ist. Wendet man diese Methode. nicht an, so kann man zu ganz falschen Schlüssen gelangen. Es. kommt nämlich sehr häufig vor, daß die Muschel nach der Operation in jeder ihr auferzwungenen Lage stunden- und tagelang verharrt. Hieraus darf man nun aber keineswegs schließen, wie es neuerdings- Bauer getan hat, daß das Tier die richtige Steuerbewegung nicht. ausführen kann, sondern nur, dab infolge der Operation die Reiz- barkeit desselben soweit gesunken ist, daß eine Reaktion auf die: anormale Lage überhaupt nicht eintritt. Man muß vielmehr, um Klarheit zu gewinnen, die Muschel zum Fortschwimmen zwingen und aus der alsdann eingeschlagenen Richtung ersehen, ob der Steuermechanismus intakt ist oder nicht. Die Abhängigkeit der Vertikalsteuerung von den Statocysten. Wir wollen uns nun im Folgenden an die gleiche Versuchsord- nung halten, die ich vor 3 Jahren zur Erforschung der Steuerbe- wegungen des normalen Tieres angewandt hatte (s. Fig. L), und die Bewegungen feststellen, welche die operierte Muschel, am Faden aufgehängt, von den Stellungen A, C, E und G aus vollführt. Die Frage nach der Abhängigkeit des Umkehrreflexes (Lage G) von der Existenz der Statocysten wurde bereits von V. BAUER!) ge- stellt und beantwortet. Die Abtrennung der Mantelsäume von den Statocysten erreichte er durch Zerschneidung der Cerebro-Visceral- commissur, die ihm bei P. jacobaeus in einem Falle ohne Schädigung des Tieres gelang. Wir haben bereits gesehen, daß in der Tat in diesen Commissuren die Nerven des Reflexbogens verlaufen müssen,. die von den Statocysten zu den Mantelsäumen ziehen, da die Zer- schneidung der direkten Verbindung zwischen Cerebralganglion und. Circumpallialnerv ohne Einfluß auf die Steuerbewegungen ist. Bauer hat also ganz richtig operiert, eigentiimlich ist nur, daß er ganz offenbar selbst nicht gewußt hat, was er mit seiner Operation erreichte. Er wollte mit ihr „den Reflexbogen von den Statocysten zum Schließmuskel“ unterbrechen. Das hätte aber an sich doch gar keinen Sinn. Wer hat denn jemals behauptet, daß die Stato- cysten irgendwie den Schließmuskel beeinflussen? Die einzige Hypothese, die zurzeit über die Funktion der Pecten-Statocyste vor- 1) BAUER, s. S. 326. Die Statocyste von Pecten. 335 liegt, ist die meinige. Sie behauptet die Einwirkung der Stato- cyste auf die Stellung der Mantelsäume, und da Bauer, wie es scheint, im Ganzen diese Hypothese nicht für falsch hält, wenigstens keine andere an ihre Stelle gesetzt hat, mußte er die operative Ab- trennung dieser beiden Organe voneinander anstreben. Daß er dieses von ihm selbst ungewollte Ziel erreichte, war der reine Zu- fall. Bauer müßte denn gerade der Ansicht sein, daß die Stato- cysten zur Auslösung der Bewegung dienen, die auf eine falsche Lage hin eintritt; unter dieser Annahme wäre seine Operations- methode richtig. Das ist aber bei keiner Tierart bisher bewiesen, sie dienen vielmehr zur Steuerung, wenn die Bewegung einmal ein- getreten ist. Bauer arbeitete mit P. jacobaeus, und es gelang ihm nun, wenigstens bei einem Exemplar, den Umkehrrefiex auch nach der Durchschneidung beider Cerebro-Visceralcommissuren zu erhalten. Ich mußte diesen äußerst wichtigen Versuch natürlich wiederholen und bediente mich dabei, wie schon erwähnt, der direkten Abtren- nung der Statocysten von den Cerebralganglien. Als Objekte dienten jacobaeus, flexuosus und opercularis. Der Erfolg war — bei Reizung mit dem Seestern — genau der gleiche wie bei dem BAUER- schen Experiment. Damit ist also wohl einwandfrei bewiesen, daß der Umkehrreflex auch ohne die Anwesenheit der Statocysten möglich ist. Baver hat nun durch eine Reihe anderer Experimente zu zeigen versucht, daß bei solchen statocystenlosen Tieren die Augen vikariierend für diese Organe eintreten und eine Rolle beim Um- kehrreflex spielen. Er nahm hierzu frische, unoperierte Muscheln, legte sie auf die linke Seite und beobachtete nun 1. daß bei Ver- dunklung der Umkehrreflex zuweilen, aber nicht immer ausbleibt, bei Wiederbeleuchtung aber von neuem auftritt, 2. daß durch Ver- stärkung der von oben kommenden Beleuchtung die Reflexzeit deut- lich abgekürzt wird und 3. daß bei Lichteinfall von unten der Re- flex häufig ausbleibt. Aus diesen, an sich sehr interessanten Versuchen schließt er nun folgendes: „Bei Erhaltung der Körperlage durch den Umkehr- reflex spielen neben den Statocysten die Augen eine Rolle. Nor- malerweise wirken anscheinend beide Sinnesorgane zusammen, können aber unter Umständen auch vikariierend für einander eintreten.“ Ich halte diesen Schluß nicht für berechtigt. Daß die Muschel bei einem Teil der Baverr’schen Versuche, z. B. bei Unterbeleuch- 336 W. v. BUDDENBROCK, tung, nicht umklappt, sondern ganz einfach auf der falschen Seite ‚liegen bleibt, beweist doch nur, daß das von oben kommende Licht zu denjenigen Faktoren gehört, durch welche die Muschel für ge- wöhnlich, wenn man sie auf die linke Seite legt, ihre falsche Lage recipiert. Das gibt BAUER auch zu, denn er schreibt wörtlich p. 148: „Alle Versuche zusammengenommen scheinen mir dafür zu sprechen, daß die Augen an der den Umkehrreflex auslösenden Erregung mitbeteiligt sind.“ Mit welchem Recht vergleicht er aber dann die Augen und Statocysten und spricht von einem Vikariieren beider? Ob die Statocysten an der Auslösung der Umkehrbewegung mit beteiligt sind, ist einigermaßen ungewiß, ihre spezifische Aufgabe ist überall die Steuerung während der Bewegung, die, wie wir vermuten, bei Pecten in der Beeinflussung der Stellung der beiden Mantelsäume besteht. Nur wenn auch an dieser Steuerung nachweisbar die Augen Teil haben, könnte man die Tätigkeit beider Sinnesorgane vergleichen. Wie es damit steht, hat Bauer gar nicht untersucht; es läßt sich dies nur in der Weise erforschen, daß man ein statocystenloses Tier von unten belichtet und es nun durch Näherbringen eines Seesternes zum Klappen zwingt. Derartige Versuche habe ich in großer Zahl an- gestellt und dabei stets gefunden, daß auch jetzt noch der Umkehrreflex in der gewöhnlichen Weise vonstatten geht. Man könnte daran denken, daß die Berührung der linksseitigen Tentakel mit dem Boden irgend eine Wirkung hat. Der Reflex gelingt aber unter den oben genannten Bedingungen auch dann, wenn man die Muschel an einem Faden verkehrt im Wasser aufhängt, so daß alle Berührungspunkte wegfallen. Aus diesen Experimenten folgt zunächst mit Sicherheit, daß der Umkehrreflex, alias die Vertikal- steuerung, durch irgendeinen bisher nicht näher be- kannten Faktor (z) bedingt ist. Ob neben ihm auch noch die Statocysten und Augen eine Rolle spielen, läßt sich vorerst nicht entscheiden, da ihre eventuelle Wirkung eben durch diesen Faktor verdeckt wird. Zu genau dem gleichen negativen Ergebnis gelangen wir auch bei Betrachtung der Stellung C, der gewöhn- lichen Ruhelage des Tieres. Gleichgiiltig, ob sie auf dem Boden liegt oder an einem Faden im Wasser aufgehängt ist, stets findet die statocystenlose und von unten beleuchtete Muschel so gut wie die normale ihren Weg von C aus nach oben, indem sie sich in der charakteristischen Weise um ihre horizontale Querachse von rechts nach links um einen Winkel von 45—60° dreht, bis sie die normale Schwimmlage zy erreicht. Auch hier ist also wiederum der vorerst Die Statocyste von Pecten. JO rätselhafte Faktor x nachweisbar, der den Einfluß von Statocysten und Augen auf die Vertikalsteuerung, falls ein solcher vorhanden ist, verdeckt. Es kann nicht geleugnet werden, daß das Ergebnis dieser Ver- - suche sehr gegen die von mir aufgestellte Hypothese zu sprechen scheint, denn ebenso nahe wie die Annahme, daß bei der Vertikal- steuerung die Statocystenwirkung durch den Faktor x verdeckt sei, liegt die andere, daß die Statocysten von Pecten mit der Vertikal- steuerung überhaupt nichts zu tun habe. In der Tat habe ich unter dem Eindruck dieser Experimente lange Zeit geglaubt, dab meine ganze Hypothese völlig falsch sei, und lediglich der Um- stand, daß ich in meinen oben besprochenen theoretischen Erörte- rungen einen Fehler nicht zu finden vermochte, hielt in mir die Hoffnung wach, daß möglicherweise die Bewegungen der Muschel von den Stellungen A und # (Fig. L) aus ein günstigeres Ergebnis haben könnten. Dies war nun auch, wie die folgenden Zeilen lehren werden, tatsächlich der Fall. Hauptsächlich die Lage Æ£ wurde studiert. Was die Technik dieser Experimente anlangt, so ist auch hier auf den möglichen Einfluß des Lichtes die weitgehendste Rücksicht zu nehmen. Wir wissen, daß die Muschel von der Stellung E aus eine Drehung von ca 135°—160° nach der linken Seite hin vollführt und darauf schräg nach oben davon schwimmt (Fig. L). Diese Be- wegung könnte, von der vermuteten Wirkung der Statocyste ab- gesehen, auch dadurch bedingt sein, daß Pecten nebenbei vielleicht durch das Licht orientiert wird, das von oben einfällt. Es würde alsdann die Exstirpation der Statocysten keinen wesentlichen Erfolg haben, da die gleichsinnige Wirkung des Lichtes fortbestände. Um dies auf alle Fälle auszuschließen, muß man auch während dieses Versuches die Muschel von unten beleuchten. Jetzt haben die Augen und Statocysten, falls sie überhaupt die Steuerbewegungen beeinflussen, entgegengesetzte Wirkung; indem die ersteren ein Schwimmen auf das Licht zu, d. h. nach unten, zu erreichen suchen, während letztere die Aufwärtsbewegungen veranlassen. Das nor- male Tier findet auch bei kräftiger Unterbeleuchtung von Stellung E aus seinem Weg nach oben. Im übrigen wurde in folgender Weise verfahren. Es wurden zwei Versuchsreihen ausgeführt 1. mit linksseitig, 2. mit rechtsseitig operierten Tieren. Sämtliche Exemplare wurden stets vorher daraufhin W. v. 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W. v. BUDDENBROCK, 338 WI SHUT spuaqe ‘Fa UWNIOU SAUIT spuaqe £a Uassiiaesneiay 9754207296 ayur] UNIay JUIL pun syur spuaqe "zz wnaay SAUT, UP SPYoeI I819 ountaig ‘HIUMUIS spusqe ‘TZ 0 (euuis10$12Z1{{ UT) wnaay syyoet Sunyarq spuoqu ‘Pa YyOnıpıaaz aysh007%49 MINTY soot pun SAUT spuaqe “ez "uaypLuyosyaımp YopTeyois AIeuU978Â2072)S Sunyeipsiyoary puoSorA 104 spuoqe ‘za É 3 qyeyqe, ‘Sunysapsgpoyg acsiyjoq) sSeyyru Bee spuoqu ‘FT N IA wap jue suUuIsIeclezIgQ WI Sanger aZINY spuaqe “eg ayoRpteqQ mz SIq JUN ZUR UUM Tos spuaqr “ZZ yoeayos ‘yng “TZ OTA spueqe ‘Ta Udqalp YoIs 19619Z14{] Usp U9996 pun JU Nay ° UISUN[GIOL gorftogors uoryersdg EMERY Wt ee on UNITS -un MU ‘YOVAYOS goıpmaız pun Ivqziet I9MU9S NI} ‘08 199Iozıyf) U9P 09506 Sanyo spuaqu ‘GI 198192 His ıyn wap wade pun yım Sungerq 2510 TT/'81 Wy “GT W SS — u wnıoy spat PUN SAUT Sunyaaq spuaqe Ez QUUISI9S10Z1U(] WI SUNUOI( ‘ur.loA Jury spuaqe ‘72 ayoRpAeqO sip Ue sIq UUIOA oJuey spuaqe ‘TZ UIWWIMUOS NZ SJIBMQE qousiaA {19819Z1(] wap Jr Sungaıg 251790 TOF “TS wogunggru ps uoeradg|; Sundanagsjgamy AST} ZING ZUBE : 19.0192 -ıyn Wap deses pun JIM uosunyarg 2519704 UF ‘08 ervyu0z “WOH Anz sıq Sunyyarımmy Teuugo fqUIT or spuds GT IQSLZIY Wap Jım USUNeI( zus TT Ty ung ‘GI T ~ ¢ . 4249] JYOIIOY [VUULE ‘UCIOA QJUEN A ist, muß jetzt offenbar, sobald wir die Statocyste entfernen, der Effekt der sein, daß der Krebs in die Rückenlage übergeht. Wir erhalten somit eine sehr deutliche Aus- fallserscheinung. Wird nun aber A» JZ, wie es bei vielen alten Individuen von Palaemon tatsächlich der Fall ist, so wirkt jetzt St + (A — LZ) und zwar haben beide Faktoren das Bestreben, den Krebs in die Bauchlage zu bringen. Der Erfolg der Statocystenexstirpation muß unter diesen Umständen offenbar gleich Null sein, da der der Statocyste gleich- wirkende Faktor A— L übrig bleibt. Es ist dann dem Experimen- tator einfach unmöglich, irgend etwas über die Funktion der Stato- cysten zu erfahren. Dieser Fall scheint mir auch bei Pecten vor- zuliegen, wo der früher erwähnte Faktor x offenbar nichts anderes ist als der allgemeine Lagereflex und wo, wie wir später sehen 23* 346 W. v. BupDENBROCE, werden, die Lichtwirkung so klein ist, daß sie vernachlässigt werden kann. eine Bei Palaemon ist es nun weiterhin sehr wahrscheinlich, daß der allgemeine Lagereflex kein fix und fertig ausgeborener Reflex, sondern vielmehr eine Fähigkeit ist, die im individuellen Leben allmählich erworben wird. Mindestens ist es sicher, daß ihn junge Tiere in er- heblich schwächerem Maße besitzen als ältere. Wenn es nun er- laubt ist, auch diese bei den Krebsen gemachte Erfahrung ohne weiteres auf Pecten zu übertragen, so verstehen wir sofort, warum hier der allgemeine Lagereflex (alias der Faktor x) nicht in allen Stellungen zum Ausdruck kommt, sondern nur in C und G und den Nachbarlagen. Denn eine Fähigkeit, die auf individueller Übung beruht, kann sich nur in solchen Stellungen entwickeln, in die das betreffende Tier häufig genug gerät. Die Lage EF dürfte aber im normalen Leben fast nie vorkommen, und so ist es verständlich, daß in ihr der Faktor x fehlt, die Wirkung der Statocysten rein zum Ausdruck kommt und ihre Exstirpation eine deutliche Ausfalls- erscheinung zur Folge hat. Wir kommen so zum Schluß, daß die linke Statocyste höchstwahrscheinlich in allen Lagen auf die Ver- tikalsteuerung einwirkt, daß aber ihre Tätigkeit in den Stellungen C und G und den benachbarten Gebieten durch den allgemeinen Lagereflex verdeckt wird. Die Annahme, die sonst allein noch übrig bliebe, daß nämlich die linke Statocyste wirklich nur in den unnatürlichen Stellungen E und, worauf wir gleich zurückkommen werden, in A funktionieren sollte, halte ich für unsinnig und für indiskutabel. Der allgemeine Lagereflex ist von der Anwesenheit des Cerebralganglions unabhängig; bei keinem meiner Versuche, bei denen zum Teil dieses Zentrum sicherlich verletzt wurde, erwies er sich als gestört. Dies stimmt mit den Erfahrungen überein, die Bauer mit einem Exemplar von P. jacobaeus nach Durchschneidung der Cerebro - Visceralcommissur machte. Auch hier blieb der Reflex bestehen, jedoch bezog ihn Bauer fälschlicherweise auf die Augen. | Ich habe versucht, das Zusammenwirken beider statischer Re- flexe bei der Vertikalsteuerung in den in Textfig. L abgebildeten Diagrammen zur Anschauung zu bringen. Der schwarze Kreis, welcher die in den verschiedenen Stellungen aufgehängten Muscheln allseitig umgibt, soll die in jeder Lage vorhandene Wirksamkeit der linken Statocyste demonstrieren. Die schraffierten Flächen mar- kieren die vermutliche Ausdehnung des allgemeinen Lagereflexes, Die Statocyste von Pecten. 347 der von C und G aus nach beiden Seiten allmählich abnehmen dürfte und die Lagen A und E freiläßt. Wie weit der allgemeine Lagereflex reicht, habe ich übrigens nach einigen mißlungenen Ex- perimenten nicht genau untersucht, und die Angaben des Diagramms sind nur als ungefähre anzusehen. Es ist jetzt noch zu untersuchen, wie sich die Tiere in der Lage A verhalten. Leider sind meine Untersuchungen in diesem Punkt sehr unzureichend, was damit zusammenhängt, daß A der normalen Schwimmrichtung zy äußerst nahe liegt. Das Tier kann daher sehr leicht diese letztere durch rein zufällige, ungeordnete Bewegungen erreichen, so eine bestimmt gerichtete Steuerung vor- täuschend. Die Beobachtung der Tiere ist daher äußerst schwierig. Immerhin glaube ich mit einiger Sicherheit das Folgende behaupten zu dürfen: Wie nicht anders zu erwarten, ist der allgemeine Lagereflex in A ebensowenig ausgebildet wie in E. Wenigstens sind die Muscheln nach meinen Erfahrungen nach Verlust der linken Stato- cyste auch von A aus nicht mehr zu einer korrekten Vertikal- steuerung befähigt. Dagegen zeigen diejenigen, welchen die rechte Statocyste exstirpiert worden ist, keine Änderung dem normalen Tier gegenüber. Alles in allem fand ich also überhaupt keinen Beweis dafür, dab die rechte Statocyste irgend eine Funktion ausübe, der Steuer- mechanismus scheint mir sowohl in denjenigen Lagen, in denen eine Drehung des Tieres von links nach rechts eintritt, als auch in denen, die eine umgekehrte Bewegung zur Folge haben, lediglich von der linken Statocyste abzuhängen. Demgemäß möchte ich die rechte Statocyste für rudimentär erklären, da sie ihre ursprüng- liche, für die Statocysten spezifische Bedeutung als bewegungs- regulierender Apparat anscheinend verloren hat; es soll aber damit keineswegs gesagt sein, dab sie geradezu funktionslos sei. Es ist sehr leicht möglich, daß sie z. B. noch einen Einfluß auf den Tonus gewisser Muskeln besitzt, wie er bei so zahlreichen Statocysten nachgewiesen wurde; meine Erfahrungen reichen nicht aus, um dies irgendwie zu entscheiden. 348 W. v. BUDDENBROCK, Die Abhängigkeit der Seitensteuerung von den Statocysten. Die Aufrichte-, bzw. Umkehrbewegung, die bei der Vertikal- steuerung auftritt, geschieht durch Drehung um die horizontale Querachse (s. Fig. E), die parallel dem Schloßrande durch den Tier- körper verläuft. Weitere Drehungen kommen beim normalen Pecten nur dann vor, wenn das Tier von seiner ursprünglichen Schwimm- richtung abweichend dem Lichte zustrebt. Sie erfolgen um eine im Raum vertikal stehende Achse, so daß die Lage des Tieres zur Schwerkraft unverändert bleibt. Wir haben diese eigentümliche Bewegungsform unter dem Namen Drehreflex bereits oben kennen gelernt. Es ist nun ein sehr charakteristisches Verhalten solcher Tiere, die entweder nur linksseitig oder beiderseits operiert wurden, daß sie — ohne dem Licht zu folgen — beim Schwimmen ähnliche Drehungen dauernd ausführen, mit dem Erfolge, daß sie mehrmals hintereinander im Kreise herumschwimmen, bis sie end- lich zu Boden sinken. Der Drehreflex während des Schwimmens ist noch nicht genügend geklärt. Er beruht aber jedenfalls darauf, daß die Mantelsäume zu beiden Seiten der sekundären Symmetrie- ebene sich verschieden verhalten, indem auf der einen Seite durch eine vorübergehend zwischen ihnen sich bildende Öffnung das Wasser ausgespritzt wird, während die Säume der anderen Hälfte geschlossen bleiben. Ich möchte die auf diesem Drehrefiex basierende Steuerung des Tieres kurzweg als Seitensteuerung bezeichnen, und wir können daher zunächst feststellen, daß durch die Entfernung der linken Statocyste auch die Seitensteuerung gestörtist. Diese Störung kann sich nun in sehr verschiedener Weise äußern, indem das Wasser bald in der einen, bald in der anderen Richtung den Schalenraum verläßt. Ich habe in dem Protokoll der linksseitig operierten Tiere die drei hauptsächlichsten aus dieser Verschieden- heit resultierenden Bewegungen als Drehung im Uhrzeiger- sinne, gegen den Uhrzeiger undals Schwimmen mit der Kante voran bezeichnet. In den beiden ersten Fällen steht der ausgespritzte Wasserstrahl offenbar mehr oder weniger senk- recht auf der primären Symmetrieebene, so daß eine Drehung auf dem Fleck um die Längsachse die Folge ist, während der Strahl beim Schwimmen mit der Kante voran in dieser Ebene selbst verläuft, so daß dieselbe während ‚der gesamten Bewegung parallel zu sich selbst verschoben wird. In den meisten Fällen tritt eine Kombi- Die Statocyste von Pecten. 349 nation beider Bewegungen ein, dann beschreibt das Tier links oder rechts herumschwimmend Kreise von verschieden großem Radius, bis es zu Boden sinkt. Daß der Einfluß der Statocystenexstirpation auf die Seiten- steuerung sich in so mannigfacher Weise äußert, könnte vielleicht Befremden erregen, wenn nicht bereits ganz ähnliches von dem Krebs Penaeus sowie von den Heteropoden bekannt wäre, die ebenfalls nach der Entstatung die verschiedensten Bewegungen, Rollen um die Längsachse, Purzelbäume usw., ausführen. Wie beim Vertikalreflex, so begegnen wir auch hier der Schwierigkeit, daß häufig genug unoperierte frisch eingelieferte Tiere, mindestens in den Lagen E und A, die richtige Seiten- steuerung vermissen lassen, was dann darauf beruht, daß sie, durch den Fang geschädigt, ihre statischen, an die Statocyste gebundenen Reflexe verloren. Solche Tiere müssen natürlich durch entsprechende Vorversuche geprüft und ausgeschaltet werden. Ferner kann es vorkommen, daß auch nach rechtsseitiger Operation die gleichen Störungen auftreten. Ich möchte aber mit Nachdruck betonen, dab dies immer daran liegt, daß man die Operation ungeschickt aus- führt und die linke Statocyste bzw. ihr Cerebralganglion durch un- nötiges Zerren mit beschädigt. Nach exakt ausgeführter rechtsseitiger Operation treten nach meinen Erfah- rungen Störungen in der Seitensteuerung so wenig auf wie in der Vertikalsteuerung. Der Einfluß des Lichtes auf die Steuerbewegungen. Hierüber kann ich mich sehr kurz fassen. Daß das Licht die Seitensteuerung beeinflußt, wissen wir aus der direkten Beobach- tung der normalen Tiere, die dem Licht zuschwimmen. Ich habe mich dagegen nicht davon überzeugen können, daß das Licht irgend- einen nennenswerten Einfluß auf die Vertikalsteuerung ausübt. Dab auch die Baver’schen Versuche eine solche nicht beweisen, wurde bereits oben erörtert. Sie zeigen nur, daß das Licht, wenn es von oben kommt, unter Umständen die Umkehrbewegung auslöst. Ich bin in folgender Weise vorgegangen. Ein linksseitig operiertes Tier wird in Stellung # am Faden aufgehängt und nun von der linken Seite her durch horizontal einfallendes Licht beleuchtet. Jetzt befindet es sich dem Licht gegenüber in genau derselben Stellung, 350 W. v. BUDDENBROCK, als ob es in seiner normalen Lage (©) am Boden läge und von oben belichtet würde. Wenn also bei der Aufrichtung von © aus das Licht eine Rolle spielte, so müßte sie jetzt, wo allgemeiner Lage- reflex sowohl als auch Statocystenwirkung in Wegfall gekommen sind, deutlich zutage treten, indem die Muschel versuchen müßte, auf die Lichtquelle mindestens bis zur Lage D zuzuschwimmen. Hiervon habe ich nur in ganz vereinzelten Fällen etwas beobachten können. Fast immer machen die Tiere ihre ungeschickten Dreh- bewegungen, ohne auf die Richtung der Lichtstrahlen irgendwelche Rücksicht zu nehmen. Ebensowenig tritt die Umkehrbewegung ein, wenn man die Muschel in Lage Æ von der rechten Seite her be- leuchtet. Ich möchte den Einfluß des Lichtes nicht gerade in Ab- rede stellen, aber er ist zweifellos nur äußerst geringfügig und dürfte bei vielen Individuen wohl durchaus fehlen. Ich bin hier mit meinen Ausführungen im wesentlichen zu Ende. Den Betrachtungen, die ich meiner ersten Mitteilung über die bio- logische Bedeutung der Asymmetrie der Statocysten bei Pecten sowie über ihre vermutliche phylogenetische Entstehungsweise angestellt habe, kann ich nichts hinzufügen. Trotzdem möchte ich, um das Problem, welches diese merkwürdigen Sinnesorgane darbieten, in der vorliegenden Arbeit möglichst von allen Seiten zu beleuchten, hier nochmals auf diese beiden Fragen kurz eingehen. Der biologische Nutzen der asymmetrischen Statocysten hängt mit den eigentümlichen Symmetrieverhältnissen der Pecten zu- sammen. — Ich beziehe mich hier, wie ausdrücklich bemerkt sei, auf die gleichschaligen Formen, von denen die ungleichschaligen sekundär abzuleiten sind. — Bei ihnen gibt es, soweit die äußere: Form in Frage kommt, die für das Schwimmen allein maßgeblich ist, zwei Symmetrieebenen (s.S. 319 ff.), die primäre und die sekundäre, die sich unter rechtem Winkel kreuzen. Die Schnittlinie beider ist. die sogenannte Längsachse. Nun ist es ein ganz allgemeines Gesetz der tierischen Bewe- gungslehre, daß derartige Symmetrieebenen während der Bewegung vertikal gerichtet sind. Man denke an die Fische, die Vögel, an die Krebse und zahllose andere Tiere. Wenn nun, wie bei Pecten, zwei solche Ebenen vorhanden sind, so wäre die notwendige Folge, daß hier die Schnittlinie beider, die Längsachse, in deren Rich- tung, wie wir wissen, sich die Muschel bewegt, senkrecht stände. Sie Die Statocyste von Pecten. 351 nıüßte sich folglich, würde sie sich wie andere symmetrische Tiere verhalten, in senkrechter Linie nach oben bewegen. Dies wäre aber offenbar sehr unvorteilhaft. Die Pecten schwimmen weg, wenn sie z. B. von einem Seestern verfolgt werden, um sich an einem anderen Orte niederfallen zu lassen. Der Sinn ihrer Bewe- eung ist also eine horizontale Ortsveränderung, zu welcher die Schrägstellung der Längsachse während des Schwimmens erforder- lich ist, wie wir sie in der Tat fanden. Sie wird ermöglicht durch die Neigung der primären Symmetrieebene, welche den Muschel- körper in eine linke und eine rechte Hälfte teilt, und diese Nei- gung nun hat die Asymmetrie der Statocysten zur notwendigen Voraussetzung. Denn wir wissen von zahlreichen anderen Tieren, daß symmetrische Statocysten stets eine Vertikalstellung der Sym- metrieebene erzwingen. — Was endlich die phylogenetische Ent- stehung der Asymmetrie der Statocysten anlangt, so begnüge ich mich mit einer abgekürzten, wörtlichen Wiedergabe des betreffenden Passus meiner ersten Mitteilung. Die primitiveren (gleichschaligen) Formen der Gattung Pecten besitzen noch einen Byssus, der im Zusammenhang mit der pleuro- thetischen Lage nicht, wie bei anderen Muscheln, zwischen den beiden Schalen hindurch tritt, sondern durch einen Ausschnitt ledig- lich der rechten Schale. Hiermit steht in Verbindung, daß nur die linken Fußretraetoren erhalten geblieben sind, während die rechten, die bei einer derartigen Lage niemals verwendet werden konnten, allmählich verschwanden. Wir sehen also hier, daß die Pecten außer den Statocysten noch ein zweites asymmetrisches Organ be- sitzen, und es liegt nahe, beide Vorkommnisse miteinander in Ver- bindung zu setzen. Dies ist nun in der Tat ohne weiteres möglich: wir dürfen, bis Gegenteiliges vorliegt, annehmen, daß die Stato- eysten sämtlicher Mollusken auf die Muskulatur der Bewegungs- ergane der betreffenden Tiere wirken, demnach bei den Muscheln in erster Linie auf die Muskulatur des Fußes. Folglich wäre es bis zu einem gewissen Grade verständlich, wenn eine Asym- metrie der Fußmuskulatur eine ebensolche der Statocysten im Ge- folge hätte. Vorausgesetzt, daß der hier unternommene hypothetische Er- klärungsversuch das Richtige trifft, können wir uns jetzt etwa fol- gendes Bild entwerfen. Die ursprünglich symmetrischen Vorfahren der Pecten wurden durch den Erwerb der ihnen eigentümlichen flach schlüsselförmigen Gestalt zur Einnahme der pleurothetischen Lage 352 W. v. BUDDENBROCE, gezwungen. Dies bedingte den seitlichen Austritt des Byssus und des Fußes, was weiterhin die ungleichmäßige Ausbildung der Fuß- muskulatur und, im Anschluß daran, die der Statocysten zur Folge hatte. Die so entstandene Asymmetrie der Statocysten erwies sich nun als zweckmäßig beim Schwimmen, welches die Pecten und ihre Verwandten mit Hilfe der Mantelsäume ausführen. Zusammenfassung der wichtigsten physiologischen Ergebnisse. Die Pecten können während ihres Schwimmens zwei verschiedene Steuerbewegungen ausführen, 1. indem sie sich um eine zum Schloßrande parallele Achse (sog. Querachse) drehen, wodurch sie imstande sind, sich von jeder be- liebigen Lage aus in eine bestimmte Richtung zur Schwerkraft, die normale Schwimmrichtung, einzustellen (Vertikalsteuerung), 2. indem sie um die sogenannte Längsachse balancieren, längs deren sie sich beim Schwimmen bewegen (Seitensteuerung). Die Vertikalsteuerung ist durch zwei verschiedene sta- tische Reflexe bedingt, 1. den allgemeinen Lagereflex, 2. den linken Statoreflex. Der erste hängt nur vom Visceralganglion ab und persistiert (nach BauEr’s Versuchen) auch nach Durchschneidung der Cerebro- Visceralcommissur. Er fehlt in denjenigen Lagen, in denen die primäre Symmetrieebene senkrecht steht (A u. Æ, Fig. L). Der linke Statoreflex ist abhängig von der linken Hälfte des Cerebralganglions. Der Receptor ist höchstwahrscheinlich die linke Statocyste, wenigstens wurde der Reflex nach Entfernung dieses Sinnesorgans niemals mehr beobachtet; er ist nur in den Lagen A und E, in denen die primäre Symmetrieebene des Körpers senk- recht steht, nachweisbar, in allen anderen Stellungen wird er von dem vorerst nicht ausschaltbaren allgemeinen Lagereflex verdeckt. Die Seitensteuerung ist hauptsächlich vom linken Stato- reflex abhängig, während der allgemeine Lagereflex hierbei keine wesentliche Rolle spielt. Nach Zerstörung der linken Statocyste sowohl als nach Lädierung der linken Cerebralganglienhälfte ist die Erhaltung des Gleichgewichtes um die Längsachse wesentlich gestört. Die Statocyste von Pecten. 353 Die Zerstörung der rechten Statocyste sowie die Beschädigung der rechten Hälfte des Cerebralganglions hat auf keine der beiden Steuerungsarten einen nachweisbaren Einfluß. Ebensowenig scheint das Licht für die Steuerbewegungen von irgendwelcher Bedeutung zu sein. P. varius besitzt zwei verschiedene Umkehrreflexe, einen Ruhe- reflex, bei welchen die Drehung um die Längsachse erfolgt, und einen Schwimmreflex, bei dem sie um die Querachse stattfindet. 354 W. v. BUDDENBROCK. Erklärung der Abbildungen. Natel 7. Alle Figuren, mit Ausnahme von Fig. 2 u. 10, beziehen sich auf Pecten inflexus. Fig. 1. Flächenschnitt durch das Epithel der linken Statocyste von innen gesehen, bei sehr hoher Einstellung. Alkohol-Eisessig. 1000:1. Gr. W große Wimperzellen. Kl. W kleine Wimperzellen. St Stützzellen. W.p Wimperpolster der großen Wimperzellen; in der Mitte derselben sieht man die ovale Insertionsfläche der Wimpern. Fig. 2. Pecten varius. Flächenschnitt durch das Epithel der linken Statocyste von innen betrachtet, jedoch bei tiefer Einstellung. FLEMMING- sche Flüssigkeit. 1000 :1. Gr. W große Wimperzellen. Man sieht das in einer höheren Ebene liegende Wimperpolster nur undeutlich. A/.W kleine Wimperzellen. Si Stützzellen. Fig. 3. Teil eines Medianschnittes durch die linke Statocyste. FLEMMING’sche Flüssigkeit. 1000:1. Gr. W große Wimperzellen, in der Mitte das dunkler gefärbte Wimperpolster, die Wimpern sind nicht. in ihrer ganzen Länge getroffen. Kl. W kleine Wimperzellen. St Stütz- zellen. h.B hyalines Bindegewebe. Fig. 4a u. b. Aus einem ähnlichen Medianschnitt 2 Wimperpolster isoliert dargestellt bei sehr starker Vergrößerung. B Basalkôrner. W. W Wimperwurzeln. c. P zylindrische Platte. Fig. 5a, b, c. Anordnung der Wimpern; a der großen, c der klein Wimperzellen, b der Wimperzellen der rechten Statocyste: Die Bilder sind Flächenschnitten entnommen, die, wie Fig. 1, von innen betrachtet wurden. Formol, Silberimprägnierung nach BIELSCHOWSKY. Fig. 6. Flächenschnitt durch das Epithel der rechten Statocyste von innen betrachtet, bei hoher Einstellung. Alkohol-Hisessig. 1000: 1. Die Statocyste von Pecten. 355 W Wimperzellen. Si Stützzellen. Die Wimpern sind nicht wahr- nehmbar. Fig. 7. Das gleiche Präparat wie in Fig. 6, jedoch bei tiefer Ein- stellung. W Wimperzellen. St Stützzellen. Fig. 8. Teil eines Medianschnittes durch die rechte Statocyste. Alkohol-Eisessig. 900:1. W Wimperzellen. St Stützzellen. N Nerven. Fig. 9. 2 Wimperzellen eines ähnlichen Schnittes bei sehr starker Vergrößerung. Fig. 10a u.b. Pecten opercularis. Querschnitte durch den Ausführ- gang der rechten Statocyste. A Ausfiihrgang; W Wandzellen desselben. N Nerven. Fig. 11. Medianschnitt durch die Nerveneintrittsstelle der rechten Statocyste. FLEMMING, Eisenhämatoxylin, BLOCHMANN’sche Färbung. N Nerv. h.B hyalines Bindegewebe. rB reticuläres Bindegewebe. Tafel 8. Fig. 12. Peeten opercularis. Flächenschnitt durch das Epithel der linken Statocyste. Formol, Versilberung nach BIELSCHOWSKY. Die Stütz- zellen sind nicht mit eingezeichnet. Wj Wimperpolster. K Kerne der großen Wimperzellen. Kl. W kleine Wimperzellen. N Neurofibrillen. Fig. 13. P. opercularis. Teil eines Medianschnittes durch die linke Statocyste. Formol, Versilberung nach BIELSCHOWSKY. Die Wimpern sind in ihrer vollen Länge gezeichnet. N Neurofibrillen. G Grenzlinie zwischen Epithel und Bindegewebe. Fig. 14. P. opercularis. Flächenschnitt durch die Eintrittsstelle des Nerven in die Statocystenwand. Formol, Versilberung nach BIELSCHOWSKY. A Ausführgang, W Wandzellen derselben. Alle übrigen Zellen sind fort- gelassen. N Neurofibrillen. Fig. 15. 3 große Wimperzellen der linken Statocyste von P. oper- cularis, die nach Versilberung den Eintritt der Neurofibrille in den Zell- körper zeigen. W Wimperpolster. K Kern. Fig. 16a u. b. P. opercularis. a Flächenschnitt durch das Epithel der rechten Statocyste zur Demonstration des Verlaufes der Neurofibrillen. b einzelne Wimperzelle der rechten Statocyste mit bäumchenförmig sich verzweigender Neurofibrille. Fig. 17. Pecten inflexus. Querschnitt durch den Ausführgang der linken Statocyste. A Ausführgang. N Nerven. W Wandzellen. K Sack mit Kieselsplittern gefüllt. Fig. 18. Pecten varius. Isolierter, unentkalkter Statolith in Wasser betrachtet. Fig. 19: Derselbe nach Aufhellung in Canadabalsam. 356 W. y. BUDDENBROCK, Die Statocyste von Pecten. Fig. 20. Pecten testae. Kleine Partie aus dem Inneren des Stato- lithen dicht unter der hyalinen Randzone. Man sieht die vermutlich mit Flüssigkeit gefüllten Lückenräume. Fig. 21. P. varius. Medianschnitt durch den mit FLEMMING’scher Flüssigkeit entkalkten Statolithen. Fig. 22. P. varius. Entkalkte Sphärokrystalle der rechten Stato- cyste. G. Pätz’sche Buehdr. Lippert & Co. G. m. b. H., Naumburg a. Oss Entwicklungs- und Vererbungsproblems. von Greil, a. 0. of, der Anatomie an der Universität Innsbruck. n der Ontogenese und des biogenetischen Grundgesetzes. afeln zum 3 = > “15 Doppeltafeln. Mit Unterstützung der kaiser]. Akademie der Wissenschaften ze in Wien (aus dem Legat Wedl).. (XX, 379 8. gr. Fol.) 1914. Preis: 70 Mark. Die Abbildungen in diesem Atlas behandeln in einheitlicher, leicht schematischer Ausführung die Eee Md a die sich Blastulastadium, während der Ga- strulation, bei der rn der Hegemonie der Dorsalseite, bei der Längenent- wicklung, ferner der usbreitung, Sonderung und Differenzierung des paraxial ent- 'standenen Mesoderms und im en des paraxial und prostoma entstandenen Me- Soderms in der Reihe dem Wirbeltiere abspielen. Die prinzipielle Übereinstimmun ird in einem harmonisch ‘gestellten Gesamtbild vor Augen geführt. Auf Grun "großen Vergleichsmaterials und zum Teil eigener Erhebungen wird hier eine ein- | heitliche Auffassung angebahnt. Zoologen und Anatomen wird diese für die Ent- wicklungsgeschichte überaus wichtige Erscheinung willkommen sein. . 2 es IH * Entwicklungsgeschichte dee Konies und se „Blutgefans siemes = CRE nn . on Prof. Dr. fre Greil, Innsbruck. von Cer atodus Forsteri. Zwei Teile. (Zoologische Forschungsreisen in Australien und dem malayischem Archipel. Ausgeführt von Prof. Dr. R. Semon. = Bd I, Lig. 6 u. 73 | “Teil: Gesamtentwicklung bis zum Beginn der Blutzirkulation. Mit 264 "teilweise farbigen Textabbildungen und 22 Tafeln. 1908. (274 S. gr. Fol.) a Preis: 120 Mark. _ Teil: Die epigenetischen Erwerbungen während der Stadien 39-48. Mit - 336 größtenteils farb. Textabbildungen und 19 Tafeln. 1913. (558 S. gr. Fol.) Von Dr. Alfred Greil, a. o. Professor der Anatomie in Innsbruck. Mit Preis: 280 Mark. = . “and deren Beziehung zum cata. [NOW ea. Dr. W. Harms, Ni Le in ot a. L. Mit 126 Abbildungen im Text und 2 Tafeln. dom. ur 368 Preis: 12 Mark. — 1)? 6. W ist innere. Et ad wie ist sie er — 7. Die inne sen. — 8. Di ee aah m Ablauf a: inneren Sekretion. - ree der Rte a des leteieren ‘von ah ichungen des Verfassers betreffen die Frage der Beteiligung > an der Lieferung des inneren Sekrets der Keimdrüsen, die des Be Be u Coe Cy | hae ae werden Könnek ine ings an Werk in einer eure Reihe von à Fre dr, # Tehrbächen (Abteilung Für. else be iere) erscheinen in zwangloser Folge. Je via | Der Bu tes AR jedes BERN, einzeln bestim © Inhaltsübersicht, a CHR, Die Ernährungsbiologie fleischfressender poden, Mit 44 Abbildungen im Text . . 2... BERG, GERHARD, Die Schwimmblasen von Corethra. Mit ee N ote eee er 1, Über die Beziehungen zwischen primären und | Sexulcharakteren bei Schmetterlingen. IL Mit fe SL . . 0 . . . . . . . . . . . Ba cant mer Bu LA | ® Ein Grundriß. dar iene vom Leben. Von Max Verworn, | { Physiologi d 1 I = = der oe ee a ult und pion à des physiologischen Instituts ac Forschung. Le der physiologischen ns — 2 vo der lebendi 2. De und leblose echsel, | Form. lune. D der Ta — 5. Von den Reisen find ihren Wirkungen. gre eat an der Zelle.) — 6. Vom Mechanis- ee us des Zellebens. Verfassungsverhält- rgang "Sachverzeich es vor 20 Jahren zum ersten Male die allgemeinen und Theorien der Ei Forschung auf das zellular- der trebt war, hat in seiner neuen, ~~ se wesentiche F iterung erfahren. In allen Kapiteln. ist. + en und Rn 2 in den letzten Jahren en, ee en worden. So hat r Relapse, de ichbarkeitsverhiltnisse, eae die Frage nach dem — tonspmaese rss, der der Ale über Vererbun er der Abbild a ae ebenfa vhs en extfiguren ver- hl dem} nysiologischen Forscher als auch dem — hil kurz cua Forscher und Lehrer, hehens in der organischen Natur Der den oe Stand aes in den letat | Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Die Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. (Murex, Natica, Pterotrachea, Pleurobranchaea [Tritoniuml].) 1. Teil. Makroskopischer Bau, Nahrung, Nahrungsaufnahme, Verdauung, Secretion. Von 6 on . SOnlan ip Fite ‘ fw line Gottwalt Chr. Hirsch. À Wud > N 10017 (Aus der Zoologischen Station zu Neapel.) Mit 44 Abbildungen im Text. Yon al M Teh Inhaltsübersicht. Seite Rules e Arbeit 2 u ee ecu. keels Ure getty as, BBO 1. Kapitel: Umwelt, Verhalten und Nahrung. . . . . . 363 1. Das Innere des Sandes nahe der Küste . . . . . . . 364 INDICE I... nl RP NL ULEB re SIG 2. Detritus- und ads RIM MAN RUN RE Es MR ae Pleurobranchaea . RME ESS Ce UTS kes! LR SET 3. Steinige Kiiste, ibn onu NER TRAIN A LS AS GE AGATA Lemon hae NA, Neh pees Regma THe Ne SER ETS ET ty Te OS Murex Se RERUN std i a wR nel EUR 0h ir me NES ot TCO 97 4. Planeton 27 SNR death ARR ge + EUR TE ae Ze 5. Vergleichende Zusammenfassung Aries meme Le end 0 FEU at COA 2. Kapitel: PA en TE und seine one Son aufnahme . . . pigsty oR AN : 375 #..Die,Strudler ..% 2: ; es ZZ .Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 24 358 Gorrwatt Cur. Hırsch, 2. Die Schlinger a) Pleurobranchaea b) Plerotrachea . 3. Die Kratzer . Murex . Natica Tritonium 4, Die Sauger ad Binion 5. Vergleichende Zusammenfassung 3. Kapitel: Die Verdauung . I. Vorbemerkungen 1. Definitionen für die Benennung 2. Methodik und Technik . . Grundsätzliches in der Methodik Einige technische Angaben . Schwierigkeiten der Untersuchung . Das Verfahren : Reiner Verkumssch. Extraktmethode Das weitere Verfahren . Protease-Reaktionen . Amylase-Reaktionen . Lipase-Reaktionen Cellulase- Reaktionen Mikroskopische Do des Verdaunngssnftes II. Natica 1. Der Vorderdarn ind: seine Abel Bau des Vorderdarmes EOE Arbeit des Vorderdarmes 2. Bau und Arbeit des Mattel duncan Bau des Mitteldarmes , Arbeit des Mitteldarmes . III. Murex trunculus . % 1. Der Vorderdarm und seine Arbeit Bau des Vorderdarmes Arbeit des Vorderdarmes Rn 2. Der Mitteldarm und seine Arbeit . Bau des Mitteldarmes . . 5 Arbeit des Mitteldarmes . IV. Pterotrachea FEN : 1. Der Vorderdarm und seine Arbeit te 2. Der Mitteldarm und seine Arbeit . . . . . V. Pleurobranchaea. . { 1. Der Vorderdarm und seine Aobent Die Befunde im Kropf und Magen Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 359 5 Seite Dev Kraftsder Fermente) ae. A PR ethan AO 2. Der Mitteldarm . . . COS 3) VI. Vergleichende le der rt ER a a AT 1. Der allgemeine Ablauf der Verdauung . . . . . . 458 A. Secretions- und Verdauungsort . ee 408 B. Periodisches Schwanken der Ne nent hanes aoe C. Das Schwanken der Menge des Verdauungssaftes . 464 D. Physiologische Bedingungen der Secretion . . ‘..'. 465 E. Fermente. . EN EI N AG 2. Die 2 Typen: Sehlingrt il Te eee BP arated =k Wha pen eee Oe, A Aertrummern der Nahruney ce m ety a 0e #67 B> Vorderdarm . . . OW re ae AS C. Fermentdrüsen des Mo dede EN ae UDA en Là) Dee Mutteldarmryrcy te ER AR REED AN ER ETTR Oneal TE E. Enddarm . . . JOUA PSE Fe IN N NU CU Al F. Zeit der entame SEN MOURIR el RD TE Na 1 2 4. Kapitel: Histologie der Secretion . . . . . . . . . 474 ie Die. Vorgänge; innerhalb der Zelle, „mn. u res, 475 A. Allgemeiner Bau der Mitteldarmdrüse . . . . . . . 476 B. Arbeit der Secretzellen . . ee AR Auf- und Abbau der neiktne, SEE NER So, SAS Periodischer Ablauf der Secretion . . . . . . . . 480 Sind die Zellen Fermentzellen? . . . 485 Vergleich zwischen dem Secretionsablauf in der Zelle ad dom \Vierdanungsablaut Qo Wu. ne. 420486 C. Große Vorderdarmdrüse von Natica. . . . . . . . 488 D. Secretionsbefunde anderer Autoren . . . . . . . . 489 2 Die Vorgänge außerhalb der Zelle . .). : . »., . .) 492 ia Der genetische Zusammenhang; |. |. #5 .Uer,10., |, 493 nee Das, periodische Auftreten. Lu. um. (ee us, x 406 Ballen ierkumip mi a ee tn 409 ID, Die Ana AR Te N Sg TE: 00) BpAndere Gastropoden.. san na, 502 CRE 3 Re iter aa RE Re: Was will diese Arbeit? Das Ziel dieser Arbeit ist, die ersten Fragen der Ernährungs- biologie fleischfressender Gastropoden darzulegen, in der Hoffnung, damit bestimmten allgemeinen Problemen des Tierlebens näher zu kommen. Ausgehend von Fragen, die ich erst später vor- tragen kann, krystallisierte sich die Arbeit allmählich vor allem um 24* 360 Gorrwazr Cur. Hırsch, das Problem der Verdauungs- und Secretionsperioden, das ich chemisch und morphologisch untersuchte, und der physiologischen Darmtypen. Der Weg ist mit dem Begriff „Biologie“ (im weitesten Sinne) gegeben: ich versuchte, den Bau und die Arbeit der Ernährungs- organe kennen zu lernen, in der Hoffnung, auf diesen Pfaden wich- tige Beziehungen zu finden. Zwei grundverschiedene und doch gleichwichtige Gruppen von Beziehungen sind zu erkennen.') Erstens wollte ich die Ernäh- rungsweise einer einzigen Art studieren; ich wollte die Beziehungen zwischen der Umwelt und der Nahrung, zwischen Arbeit und Bau der Organe erkennen, wollte sehen, welche beeinflussenden Faktoren sich hier fänden, wollte erfahren, wie der Ernährungsprozeß sich als eine Kette von Ursachen und Wirkungen als Nahrungsaufnahme, Verdauung, Secretion, Resorption, Umsatz abrollt (vgl. die gedank- liche Methodik S. 395). Alles dies sind die natürlichen Be- -ziehungen innerhalb eines Tieres; einige solche über den periodi- schen Ablauf der Verdauung und Secretion lege ich hier vor. Zweitens wollte ich eine Reihe öcologisch verschiedener Gastro- poden in ihrer Ernährung begreifen und wollte sie untereinander (und mit biologischen Funden an anderen Tieren) vergleichen; durch dieses Vergleichen knüpfe ich die gedanklichen Bezie- hungen. Sie verdichten sich zu physiologischen Typen; diese umfassen alle jene Arbeiten, welche den Organismen denselben Dienst leisten; sie sind bestimmt durch die Gleichheit im Endziel (Umfang) der Handlung und durch die Ähn- lichkeit in der Art (Inhalt) der Handlung. Man kann so eine Reihe von Typen herausarbeiten und sie untereinander und nebeneinander ordnen; man kann z. B. so physiologische Darm- typen aufstellen?) (vgl. S. 389 und 467). | Die Morphologie ist bereits dieselben Wege vorausgegangen: sie scheidet sich in die Morphologie der Art (natiirliche Beziehungen) und in die vergleichende Morphologie (gedankliche Beziehungen). Die Physiologie wird ihr parallel arbeiten müssen. Die logische 1) Vgl. das ausführliche Werk TscHULock’s „System der Biologie“, (Jena) 1910. 2) Ich muß mich hier auf diese ersten Andeutungen beschränken ; mehr gehört nicht in den Rahmen dieser Arbeit. Ich werde in einiger Zeit den Versuch einer Darstellung vom Wesen des physiologischen Typus und eine Auseinandersetzung mit dem morphologischen Typus vorlegen. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 361 Bestimmung des „Typus“ ist für die Morphologie und Physiologie verschieden.') Es ist falsch, ausschließlich die natürlichen Beziehungen inner- halb eines Tieres zu suchen. Aber ebenso fruchtlos und einseitig ist es, Einzeltatsachen verschiedener Tiere zu vergleichen, ohne die natürlichen Beziehungen dieser Fakta zu kennen’); das Be- schreiben der natürlichen Zusammenhänge und das Erkennen ge- danklicher Vergleichsbilder muß abwechseln wie Ein- und Ausatmen. Über die Wege „vergleichender“ und nichtvergleichender Physio- logie herrscht heute bedauerliche Meinungsverschiedenheit.) Ich bin mir bewußt, daß ich während meines halbjährigen Aufenthaltes an der Zoologischen Station zu Neapel im Sommer 1913 nur einen Teil meiner eben skizzierten Aufgaben erfüllen konnte. Die Physiologie wirbelloser Tiere steht heute da, wo die Physiologie der Säugetiere vor 50 Jahren stand.) Nur die ersten Schritte konnte ich gehen; das zunächst zu Beachtende über die makroskopische Anatomie, die Nahrung und Umwelt, Nahrungs- aufnahme, Verdauung und Secretion veröffentliche ich hiermit. Un- endliches bleibt zu tun übrig. Die Anordnung der Arbeit habe ich mir so gedacht: ich teile das Ganze nach den großen Abschnitten der Ernährung ein, also zunächst in die Kapitel: Umwelt und Nahrung, Nahrungsauf- nahme, Verdauung, Secretion. Innerhalb dieser Kapitel ziehe ich zunächst die natürlichen Beziehungen, indem ich die einzelnen Tier- arten beschreibe. Dann versuche ich durch Vergleichen den 1) Zur Logik des Typus in der Morphologie s. NAEF, AD., Studien z. gen. Morphologie, in: Ergebn. Fortschr. Zool., Vol. 3, 1913, p. 345; und TSCHULOCK, System der Biologie, (Jena) 1910; ferner: Derselbe, Logisches und Methodisches, Handb. der vergl. Anatomie v. Lane, Vol. 1, (Jena) 1912. 2) So untersuchte FRENZEL (in: Nova Acta Leop.-Carol. Acad., Vol. 48, 1886) wohl 100 „Molluskenlebern“ auf ihren Bau, ohne bei einem Tier zu versuchen, die natiirlichen Beziehungen aufzudecken; so schweben seine 3 Begriffe, Körner-, Kalk-, Keulenzellen, in der Luft. — Genau das- selbe bei HEUSCHEN, Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion, in: Anat. Hefte, 1. Abb., Vol. 26, p. 573. 3) S. den Unterschied im Ziel der Bücher mit den Titeln „Ver- gleichende Physiologie“: JoRDAN (Jena 1913), WINTERSTEIN (Jena 1910 bis 1915), PÜTTER (Jena 1912), und die „Allgemeine Physiologie“ von VERWORN (Jena 1909). 4) 1856 entdeckte CLAUDE BERNARD die Lipase des Pancreas. 362 GotrwaLt Cur. Hirsch, physiologischen Typus zu erkennen — soweit dies bisher mög- lich ist. Die gedankliche Methodik und die Technik ist den einzelnen Kapiteln (soweit nötig) vorausgeschickt. Es wurden nur Fleischfresser untersucht, da ich an die Proteasesecretion besondere Fragen hatte. Prosobranchier: Natica millepunctata und hebraea | Tritonium nodi- ferum und cutaceum|, Murex brandarıs und trunculus. Heteropoden: Pterotrachea mutica (und coronata). Opisthobranchier: Pleurobranchaea meckelii. Ich habe viel liebenswürdige Unterstützung erfahren. Der HohenWürttembergischen Staatsregierung dankeich den Neapler Arbeitsplatz. — Herr Prof. Dr. F. Buocumann hat mich mehrere Jahre hindurch unermüdlich und gründlich die Anatomie gelehrt, Herr Prof. Dr. Jorpan während vieler Jahre in persön- licher Aussprache und im Unterricht die Physiologie; desgleichen unterrichtete mich Herr Prof. Dr. BüRKER in der Physiologie der Wirbeltiere und Herr Prof. Dr. H. THIERFELDER in der physio- logischen Chemie. Allen vier Herren bin ich zu großem Dank verpflichtet. Besonders herzlichen Dank schulde ich hinsichtlich dieser Ar- bert Herrn Prof. Dr. H. Jorpax. Er gab mir die ersten Anregungen zu physiologischen Untersuchungen. Er schlug mir vor, im Zu- sammenhang mit einem bestimmten Problem (s. Teil 2) die Ver- dauung carnivorer Schnecken zu untersuchen. Diese Untersuchungen auf den Verdauungs- und Secretionsablauf notwendig ausdehnend, kam ich zu Ergebnissen, die ich aus Zweckmäßiskeitsgründen zu- erst veröffentliche. Herr Prof. Dr. Jorpan hat sich auch um diesen Teil der Arbeit unermüdlich gekümmert, hat mir während seines Aufenthaltes in Neapel viele Anregungen und Ratschläge gegeben, hat viele Ergebnisse selbst nachgeprüft und die ganze Arbeit zu- sammen mit Herrn Prof. Dr. BLochmAann einer eingehenden Kritik unterzogen. Ich bin beiden Herren für ihre freundliche Anteilnahme immer herzlichen Dank schuldig. Die Verwaltung der Zoologischen Station zu Neapel ist mir stets sehr liebenswürdig entgegengekommen, im besonderen Herr Prof. Cerutti, die Herren Proff. Burran und Henze sowie die Herren Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 363 Dr. Narr und Gast. Allen Herren bin ich zu aufrichtigem Danke verpflichtet. Fräulein K. Wancerty-Halle hat meine ursprünglich für Stein- druck bestimmten Neapler Zeichnungen für Textfiguren umgezeichnet; auch ihr danke ich bestens für die Arbeit. Soweit wir das Leben einer Schnecke wie eines niederen Tieres überhaupt kennen, scheint es uns ausgefüllt zu sein mit zwei Tätig- keiten: sich zu ernähren und sich fortzupflanzen. Darauf weist ihr Bau und ikr Verhalten hin. Die Ernährung ist gebunden an die Nahrung, ihre Aufnahme, Verdauung, Resorption und ihren Umsatz. 1. Kapitel. Umwelt, Verhalten und Nahrung. Das Leben ist abhängig von der Zufuhr von Energie. Diese steckt in der Nahrung. Die Nahrung wird geboten von der Umwelt eines Organismus. Damit bietet sie die Energie, damit die Lebensmöglichkeit. Verschiedene Umwelten bieten verschiedene Nahrung, aber auch dieselbe Umwelt bietet mancherlei Nahrung, eine Fülle vieler Nahrungsstoffe. Aus dieser Fülle haben sich bestimmte Tier- eruppen an bestimmte Nahrung gewöhnt (Omnivoren sind die Aus- nahmen). Die einen sind z. B. Detritusfresser, andere Pflanzen-, andere Tierfresser; darunter Spezialisten. Diese Gewöhnung zeigt sich uns 1. im ausschließlichen Aufnehmen von nur ganz bestimmten Nahrungsstoffen, 2. in einer Anpassung der Ernährungsorgane an diese eine besondere Nahrung (S. 389 u. 467). | Beginnen wir also mit der Umwelt und der Nahrung, die sie bietet. Dabei sei gleich Einiges über das Verhalten der Tiere und wenige beobachtete Reizbeantwortungen mitgeteilt. Wir wollen dieses Kapitel einteilen nach den verschiedenen Jagdgründen, auf denen die von mir untersuchten Formen leben. Wir werden dann sehen, wie die Tiere innerhalb ihrer Umwelt auf bestimmte Nahrungsstoffe spezialisiert sind. Es ist sehr zu bedauern, daß noch keine planmäßige öcologische 364 GorrwaLt Car. Hirscu, Untersuchung des Golfes von Neapel vorliegt! Aus ihrer Kenntnis würden sich zahlreiche wichtige üôcologisch-physiologische Bezie- hungen ergeben. Meine Angaben hier konnten nur nebenbei ge- wonnen werden. Es kommen für uns vor allem 4 verschiedene Jagdgründe in Betracht. 1. Das Innere des Sandes nahe der Küste. Hier lebt Natica in geringen Tiefen 2—20 m unter dem Meeres- spiegel im Sande vergraben. Sie ist ein scheues Raubtier, das selten und dann nur nachts an die Oberfläche des Sandes kommt; sie geht 2—5 cm unter dieser auf Raub aus. In der Station wurde sie am besten in flachen, 10 cm hohen Sandbecken gehalten, in denen der Sand nur 5—7 cm mit See- wasser bedeckt ist. Der Sand ist weniger sauerstoffreich als die Oberfläche des bewegten Wassers (wo z. B. Murex sitzt; vgl. S. 370). Deswegen muß er kräftig durchspült werden, so daß stets frisches Wasser den Sand aufwühlt; setzt die Durchspülung einmal aus, so kommen die Tiere nach kürzester Zeit sauerstoffgierig an die Ober- fläche und sterben hier bald. Natica millepunctata und hebraea sind große Tiere mit ansehn- lichem Gehäuse bis zu 5 cm Höhe. Beide Arten sind bei reich- lichem Futter lange haltbar, N. josephina dagegen ist mit schwachem Gehäuse ausgestattet, mit sehr großem lappigem Fuß und Mantel, der die kleine Schale ausgestreckt fast bedeckt; sie ist viel empfind- licher gegen Temperatur- und Druckschwankungen, stirbt meist schon nach wenigen Tagen, zumal im Sommer; sie ist also für längere Untersuchungen nicht brauchbar. Recht interessant ist es, ein auf dem Sandboden kriechendes ‘Tier zu beobachten. Es kriecht ziemlich schnell für eine Schnecke dahin, vielleicht 3 mm in der Sekunde, di. kleinen noch etwas schneller. Langsam bewegt Natica den wassergeschwollenen Fuß voraus, schwingt ihn wellig hin und her, sorgsam tastet sie mit ihm die Umgebung ab. Hier scheinen Tastsinnesorgane zu liegen, die 2 Fühler sind gar nicht vorhanden oder stark ver- kümmert‘ und werden nicht bewegt. Jede Delle, jede Höhe wird langsam betastet, ehe der ganze Körper darüber gleitet. Selten kann man am Rande die Gleitwellen des Fußes sehen. Im Zimmer der Station, in dem ich beobachtete, herrschte diffuses Tageslicht, das von oben kam. Ich halte meine Hand un- Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 365 gefähr 50 cm vom Tier entfernt und lasse einen Schatten auf die kriechende Natica fallen: 1}, Sekunde danach zieht sie ihren ganzen Fuß, vor allem den Vorderteil, ein Stück zurück und liegt vollkommen still, wie gespannt. 2 Sekunden danach kriecht sie weiter. Lasse ich nach kurzer Zeit wieder einen Schatten fallen, so zuckt sie ebenso zusammen, beim drittenmal kaum mehr, beim viertenmal gar nicht. Aber schon nach einer Viertelstunde reagiert sie wieder auf den Schattenreiz. Meist nur nachts kommt Natica an die Oberfläche des Sandes. Wenn man sie dann beleuchtet, zieht sie sich meist schnell zurück: wahrscheinlich eine negative Phototaxis. — So empfindlich sie gegen Lichtreiz ist, so unempfindlich gegen Schallreize. Eine große Glas- glocke wurde dicht über dem Wasser, dann im Wasser geschlagen, daß es Wellen gab: keinerlei Reaktion. Nimmt man Natica aus dem Sande, so zieht sie sich mit großer Geschwindigkeit in ihr Gehäuse zurück, das Fußwasser in Strahlen ausspritzend'); der Deckel schließt sich. Legt man sie nun auf den Rücken, so hebt sich nach kurzer Zeit der Deckel ein wenig. Der - Hinterfuß kommt zuerst heraus. Beschatte ich, zieht sich das Tier sofort zurück. Jetzt lasse ich es in Ruhe: langsam wird der Vorder- teil des Fußes sichtbar; ist der Deckel halb geöffnet, so streckt sich der Vorderfuß allmählich heraus. Er zeigt starke Wellenbe- weeung und greift suchend umher. Jetzt hat er den Sand unter sich getroffen; sofort beginnt er sich einzugraben: zu strecken und in den Sand einzupressen. Dabei krümmt er sich mit dem Rande nach oben, liegt also wie eine Hohlschaufel im Sande, so daß sich wohl 8 ccm Sand auf der Schaufel befinden. Dadurch wird der Fuß vorn beschwert und wirkt wie ein Ankerhaken. Nun zieht das Tier den Hinterfuß nach. Der Vorderfuß ist verankert, dadurch hat der ganze Körper einen Stützpunkt. Nun kann das Tier sein schweres Geläuse und seinen Hinterfuß nach vorn seit- lich herunterklappen, bis der ganze Körper auf seiner Fußsohle liest. Jetzt stößt sich der Vorderfuß gewaltig in den Sand; Pause, während der das Wasser im Fuß wahrscheinlich zurückströmt; wieder fährt der Fuß und damit das ganze Tier ein Stück tiefer in den Sand; der Hinterfuß ist still. Pause. Wieder ein Stoßdruck: so verschwindet das Tier allmählich ruckweise im Sande. (Eine 1) Vgl. SCHIEMENZ, Wasseraufnahme bei Lamellibranchiaten und Gastropoden, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, 1884, 1887. 366 Gorrwazr Cur. HırscH, vollständige Analyse der inneren Mechanik kann ich hier nicht geben.) Die Nahrung der Natica. Sie nimmt als einzige der unter- suchten Formen nur lebendes Fleisch zu sich. Versuche, sie mit totem zu füttern!), waren ebenso erfolglos wie die Bemühungen, ihr am Licht Nahrung beizubringen. Sie ist bei ihrer Lebensweise im Sande auf Tiere angewiesen, die dort unten leben; möglich auch, daß die Jagd auf solche Tiere ihre Lebensgewohnheiten bedingte. Aus der Menge der im Sande lebenden Tiere hat sie lebende Muscheln erwählt und ist zu ihrer Überwindung in eigenartiger Weise befähigt. Sie bohrt in die Schale vieler kleiner Muschelarten (wie Mactra, Lucina, Tapes, Artemia) ein Loch und frißt sie aus (S. 313). Sie lebt nur in jenen Tiefen, in denen solche Muscheln vorzukommen pflegen, also 2—5 cm unter der Sandoberfläche. Im Hunger überwältigt sie kleinere Artgenossen auf dieselbe Weise, Es erscheint merkwürdig, daß Muscheln überhaupt überwäl- tigt werden können, die allseitig von einer festen Schale und von den Mantelorganen und den Sinneswerkzeugen an der Einstromöft- nung umgeben sind. Und doch sind allein 4 Eroberungsweisen be- kannt, die von den Muschelfeinden benutzt werden, um den Burg- bewohner lebend zu überwinden: 1. indem die Feinde den Tonus der Schließmuskeln überwinden durch stärkere tonische Muskelverkürzung: Seesterne (vgl. S. 372), 2. indem sie die Muscheln ganz verschlucken und im Magen ausdauen oder zertrümmern (?): Bulla?), 3. indem sie die Muscheln anbohren und auffressen: Natica, Sycotypus caniculatus?), Purpura haemastoma*), Urosalpinx cinerea (Oyster drill)’) und vielleicht noch mehr; 4. indem sie die Muscheln mittels eines Zahnes am Peristom aufbrechen: Murex fortispina preßt die Muschel zwischen Operculum 1) Nach GoULD, in: Rep. invert. anim. Massachusetts, p. 232 soll Natica auch tote Fische und andere angespülte Leichen verzehren. (Zit. nach JORDAN, Vergl. Physiologie, Jena 1913, Vol. 1, p. 267.) 2) JOHNSTONE, Einleitung in die Conchyologie, Stuttgart 1853, p. 346. 3) MENDEL and BRADLEY, in: Amer. Journ. Physiol., Vol. 13, 1905, p. 17. — CoLTon, How Feelgur and Sycotypus eat Oysters and Clames, in: Proc. Acad. nat. Sc. Philadelphia, Vol. 60, p. 3. 4) SIMROTH, H., in: Biol. Ctrbl., Vol. 9, 1890, p. 287. 5) An der nordamer. Ostküste. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 367 und Peristom ein. Lassen die Schließmuskeln der Muschel nach, so schiebt sich der Zahn zwischen die Schalen und hält sie offen.') 2. Detritus- und Schlammgründe. Steigt man aus den höheren Zonen ziemlich reinen Küsten- sandes hinab ins Meer, so kommt man an Detritus- und Schlamm- gründe in Tiefen von 20—40 m.’) Das ist ein Grundgemisch von grobem Sand, Schlamm, Detritus. Hierher sinken eine Fülle toter Organismen dauernd hinunter, Strömungen treiben hierher von den Küsten Verwesendes. Hier lebt Plewrobranchaea meckelii (ein gutes buntes Habitusbild zeichnet VaAyssıkrE, in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 8, tab. 15). Im Aquarium verkriecht sich Pleurobranchaea gelegentlich flach im Sande; dann sitzen mehrere in Nestern beisammen beim Fort- pflanzungsgeschäft. Es sind ungemein zähe Tiere, die nach etwas Hungern auf Kommando fressen, Operationen gut vertragen, leicht zu bekommen sind, besonders im Frühjahr. Dazu ihr klarer Körper- bau, die großen Mitteldarmdrüsenzellen: all das macht sie zu sehr geeigneten Versuchstieren. Pleurobranchaea ist ein typischer Fresser nur toten Flei- sches, der alles tote Fleisch verschlingt, das sein Kopflappen be- rührt.) Ich habe sie mit verschiedenem Fleisch füttern können. Aber Algen (Ulva, Posidonia) nehmen sie selbst im größten Hunger nicht, ebenso keine reine Cellulose, wie viele Versuche zeigten. Am leichtesten ist sie mit einer aufgebrochenen Mactra zu füttern. Sie wird zu dem Zweck in flache Glasschalen gesetzt, so daß ihr Körper eben mit Seewasser bedeckt ist. Dann werden die Mactra-Hälften in die Nähe des Mundes gebracht oder Pleurobranchaea mit dem Kopflappen daraufgesetzt. Dieser ausgefranste Kopfteil tastet den Gegenstand ab; alsbald stiilpt sich der Riissel hervor, und ein schnelles Fressen beginnt. Ich glaubte, daß die Säure der Vorderdarmdrüse vielleicht bei dem Nahrungserwerb eine Rolle spielen könne. Deswegen tat ich Pleurobranchaea 2 Tage mit 3 lebenden Muschel-Arten (Mactra, Ar- 1) SIMROTH-BRONN, Vol. 2, Prosobranchier, p. 545, nach FRANÇOIS. 2) Vgl. Lo Branco, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 13, 1899, p. 451. 3) ENRIQUES, P., Il fegato dei Molluschi, ibid. Vol. 15, 1901, p. 367, gibt nur kurz als Nahrung Fleisch von Fischen und Krebsen an; Pflanzen wurden verweigert. 368 Gorrwatt Cur. Hırsch, temia, Lucina) zusammen. Pleurobranchaea legte meist den Kopflappen unter eine Muschel, die sich allmählich daran gewöhnte und ruhig ihre Schalen öffnete. Es war selbst nach mehreren Tagen keinerlei Reaktion zu bemerken. Bei frischgefangenen Pleurobranchaeen fand ich alles Mög- liche tote Fleisch im Kropf: Eier von Aplysia massenweis, Sepien- eier, ein großes ausgezacktes Mantelstück von Aplysia (4 cm lang), eine kleine Pleurobranchaea (vgl. S 379).*) 3. Steinige Küste, Posidoniawiesen, Korallinensecchen. Der dritte Jagdgrund besteht aus Erhebungen im Meere von zweierlei Art. Erstens die Posidoniawiesen. Diese erheben sich bis zu 20 m unter dem Meeresspiegel; sie bestehen aus Sand und Schlamm und sind zumeist mit der Alge Posidonia bewachsen. Hier trifft man Holothurien, viele Schnecken, viel Taschenkrebse, Seepferdchen, See- nadeln. Und zweitens sind es die „Korallinenseechen“ ?), ebenfalls Er- hebungen im Meere, aus einem Kern von Klippen der Lava oder anderem vulkanischem Gestein. Sie sind besetzt mit Korallenalgen, größtenteils Lithothamnium, Lithophyllum in einer Tiefe von 30 bis 100 m. Daneben kommen die steilen, felsigen Küsten in Betracht mit ihrem Algenüberzug, den Schnecken, Krebsen usw. Hier leben 2 der untersuchten Arten: Tritonium und Murex. Tritonium cutaceum ist eine kleinere Form von nur 8 cm Schalenhöhe. Sein größerer Bruder ist das bekannte Tritonshorn, Tritonium nodiferum, von 26—45 cm Schalenhöhe. Beide Arten sitzen ziemlich träge mit dem Fuß festgesaugt auf dem Felsen oder dem Sande. Die mächtige Wölbung der Schale von Tr. nodiferum ist dabei wie eine Schutzglocke um seine Weich- teile gehüllt. Der Rand dieser Glocke ist 8mal ausgebuchtet und ist so mit 9 ziemlich scharfen Spitzen bewehrt. Sitzt Tritonium dem Fels an — oder im Aquarium der Glasscheibe —, so ist der Rand vielleicht 2 cm erhoben, so daß der Fuß von der Seite eben zu sehen ist. Wird der Fuß von irgendeinem Gegenstande berührt, 1) VAYSSIÈRE, in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 12, fand Anne- liden, Ostracoden im Kropf. 2) Vgl. Lo Branco, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, 1899, Vol. 13, p. 452. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 369 einem Tier oder z. B. einem Bleistift, so reißt Tritonium mit mäch- tigem Ruck das Gehäuse nach vorn und gegen den Boden, so dab die Zacken mit lautem Krach gegen die Glasscheibe schlagen und der berührte Gegenstand festgehalten oder zermalmt wird. Man kann oft am Tage diesen Krach hören. Sitzt das Tier in Ruhe auf dem Sande, so hat es den Fuß tief darin vergraben. Die Zacken sind etwas in den Sand gebohrt. Als erste Zacke des Randes ist ein ca. 5 cm langes Stück emporgefaltet und erhebt sich damit etwa 41}, cm über den Sand. In dieser Schalenverlängerung steckt der Sipho, eine Verlängerung der Mantel- höhlendecke. Trotzdem das Tier im Sande fest vergraben ist, kann es durch den Sipho atmen. So sitzt es bei seiner tagelangen Ver- dauungsruhe. Scheint helles Licht ins Aquarium und lasse ich einen Hand- schatten auf den Sipho fallen, so zieht sich dieser sofort ein Stück zurück: Schattenreflex. Kriecht das Tier nun weiter, so wird der Sipho vorangetragen, die ganze Schale bis 8 cm über den Boden erhoben, die beiden, wohl 6 cm langen Fühler vorausgestreckt: so kriecht es ziemlich schnell. Über Nahrung von Tritonium ist bereits geschrieben worden. Semon hat angegeben), daß Tr. nodiferum zahlreiche Holothurien verschlungen habe; so wurde eine Hol. poli von 21 cm Länge von einem Tr. nodiferum von 28 cm Länge verzehrt; desgl. ein Asterzas ; beide binnen 4 Stunden. ‘Ich kann diese Angabe nicht direkt bestreiten; sie trifft aber vielleicht nicht zu allen Jahreszeiten zu. Ich habe im Mai folgen- den Versuch gemacht. Mit einem großen Tr. nodiferum wurden 4 Wochen zusammengesetzt: 6 Holothuria tubulosa, 1 Ophiuride, 3 See- -igel, 2 Seesterne, 1 Synapta. Tritonium hat nicht ein einziges dieser Tiere gefressen, weder lebend noch tot; es kroch wiederholt über die Echinodermen hinweg. Sobald ich dann eine tote Sepia hinzutat, kam Tr. nodiferum ziemlich schnell angekrochen und fraß lebhaft. Unten im Schauaquarium wurden die großen Tiere von Prof. CERUTTI auch mit toten Sepien oder Loligo gefüttert.) In Einzelhaft gingen beide Arten auf keinen toten oder lebenden Krebs (Carcinus). 1) In: Biol. Ctrbl., Vol. 9, 1890, p. 90. 2) Doch sagt der „Führer durch das Aquarium der zool. Stat. zu Neapel (Leipzig 1912), p. 97, daß Tr. „mit Begierde Muscheln fresse, einmal verzehrten 6 Tritonien in wenigen Tagen 10 kg Miesmuscheln“. Ich 370 GOTTWALT CHR. HirscH, Das gleiche Ergebnis wie mit 77. nodiferum hatte ich mit Tr. corrugatum: sie fraßen keine Stachelhäuter, wohl aber tote Loligos. Aus diesen Gründen will es mir fraglich scheinen, ob Stachelhäuter zu allen Zeiten die Hauptnahrung dieser beiden Arten von Trito- nium sind. Recht übereinstimmend mit Tritonium ist das Leben von Murez trunculus und brandaris. Sie leben näher der Küste an Felsklippen, auf steinigem Grunde, von der Brandungszone bis zu 10 m Tiefe, da, wo viele Krabben vorkommen. Auch trifft man sie auf Posidonia- - wiesen; beides ist wichtig für ihre Ernährung. Es sind gemeine Tiere, die man leicht zu Hunderten haben kann. Das macht sie für physiologische Zwecke geeignet. Ihr Gehäuse ist mit Stacheln bewehrt: die Formen an der Küste, in der Brandung haben kurze, kräftige, stumpfe Stacheln; die Tiere aus der Tiefe haben lange, spitze Stacheln.*) Im Aquarium sitzen sie als ein stachelig bewehrter Haufen in einer Ecke zusammen; sie geben das Bild eines Igels; eine Abwehrmabregel ? Kann man bei Natica negative Photaxis wahrnehmen, so zeigt Murex positive. Es ist erstens leicht zu beobachten, wie der große Murex-Haufen von ca. 60 Stück immer an der hellsten Ecke des Aquariums sitzt. Ich habe dann die Lichtseite des Aquariums durch ein aufgelegtes Brett und vorgeklebtes Schwarzpapier ver- dunkelt: von den 60 Stück waren nach 2 Minuten 2 auf der Licht- seite, nach 20: 8, nach 60:12. Nach 4 Stunden: 20, nach 6 Stunden: 49 usw.; nach 8 Stunden: alle. Sie kriechen an der Scheibe empor mit vorausgestrecktem langen Sipho, bis dieser aus dem Wasser emporragt. Dann spritzen sie einige große Tropfen Wasser aus dem Sipho aus und lassen sich herunterfallen, um an anderer Stelle wieder emporzukriechen; da oben am meisten Licht ist, so scheint mir dies ein Kriechen zum Licht zu sein, vielleicht damit zu besseren Sauerstoffverhältnissen. Dafür spricht auch noch folgender Versuch. 30 Tiere sitzen wie gewöhnlich in der Nacht in einer Ecke. Eine starke elektrische Lampe von etwa 20 Kerzen wird in der entgegengesetzten Ecke dicht über dem Wasserspiegel angebracht; ein Schirm darüber, so habe das nicht beobachtet. Es ist leider unbekannt, wie sie diese Muscheln bezwingen. 1) Nach Angabe des Herrn Dr. Gast, Neapel. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 371 daß ein Kreis von 50 cm Durchmesser auf dem Boden des Aqua- riums beleuchtet ist mit abnehmender Lichtstärke nach dem Rande zu. Die Schnecken sind 60—70 cm vom Licht entfernt, damit außer- halb des Lichtkreises. Bald kommen von allen Seiten Murex ange- krochen: den Sipho und die Fühler weit vorausgestreckt kriechen sie gerade auf das Licht zu. Sind die Tiere in den Lichtkreis hineingelangt, so bewegt sich wie spürend der Sipho nach allen Seiten. Kommen sie vom Lichtweg ab, so scheinen sie es zu empfinden und biegen im Winkel wieder aufs Licht zu; meist geht es ganz gerade. Bald kriechen 5 Schnecken an der Glaswand empor, immer näher der Lampe; diese strahlt aber wegen des Schirmes nur bis hart über den Wasserspiegel. Bald wandern sie übers Licht hinaus in die Dunkelkeit hinein; sofort kriechen sie etwas zurück und strecken den Sipho und die Fühler dem Lichte zu; dabei neh- men sie eine ganz andere Stellung ein als sonst. Die Anzahl der lichtgereizten Tiere war folgende: Zeit in Minuten 5 10 20 30 40 50 60 70 80 Anzahl Bas or 1271071719 728 Ich habe den Versuch wiederholt gemacht, immer mit dem gleichen Erfolge. Welche Bedeutung die Phototaxis im Leben dieser Tiere hat, ist schwer zu sagen. Vielleicht hängt sie mit dem Sauerstoffbedürfnis zusammen: während Natica nach kurzer Zeit bei aussetzender See- wasserdurchspülung stirbt, kann sich Murex lange ohne Spülung halten. Vielleicht liegt das daran, daß Natica im Sande vergraben lebt, wo der Sauerstoffumlauf geringer ist als an der Oberfläche des bewegten Wassers, wo Murex sitzt. Diese Gegenden sucht Murer stets auf. Im ganzen scheint mir die Phototaxis die Regel und die negative die zu erklärende Ausnahme zu sein. Die Phototaxis schließt nicht aus, daß die Tiere gelegentlich, wenn auch selten sich im Sande vergraben können; sie strecken dann den langen Sipho aus dem Sande heraus. Dieser ist als lange Ausfaltung der Mantelhöhlendecke von einem dornartigen Halb- rohr umschlossen, einem Fortsatz der Schale.’) Die Bedeutung der Schalenstacheln hat V. Bauer!) zu klären versucht. Er gibt an, dab Asterias glacialis einen Murex 1) v. BAUER, in: Internat. Revue Hydrobiol., Vol. 6, 1913, p. 35, irrt wohl, wenn er annimmt, daß der Rüssel „in dem langen, der Schnecken- schale gegenüberliegenden Fortsatze stecke“. 372 GOTTWALT Cur. Hirscu, deswegen nicht fressen konnte, weil er seinen Magen nicht über die Stacheln stülpen konnte. Während meiner vielmonatlichen Arbeit an Murex habe ich zufällig 3—4mal Asterias glacialis mit Murex in einem Becken zusammengehalten; dabei habe ich mindestens 3mal beobachtet, wie Asterias einen Murex fraß (leider bevor ich die Arbeit von Bauer las; deswegen habe ich dem Vorgang keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt; er muß weiter untersucht werden). Doch sah ich folgendes: Asterias kriecht über die Schnecke hin, bis die Mundöffnung sich am Gehäuse befindet. Dann packen die Saugfüße im Umkreise des Mundes an dem Schalendeckel (Oper- culum) — soviel ich sehen konnte — an, indem der Seestern sich apicalwärts krümmt. Einmal zog Asterias von 9 Uhr abends bis 11 Uhr morgens; endlich hatte der Zug des Seesterntonus den Tonus der Schnecke überwunden. Dann ward die Schnecke aus ihrem Ge- häuse herausgeholt und vom Magen überstülpt. Vielleicht kann nur ein Seestern einen Murex fressen, denn nur ein so starker Tonus, wie jener ihn besitzt, vermag den starken der Schnecke zu über- winden (ähnlich beim Muschelfressen). Der Tonus wird überwunden nicht durch ruckweise Kraft, sondern durch stetig wirkenden Zug.*) Murex brandaris und trunculus sind oft für Pflanzenfresser ge- halten worden. Leunıs gibt an, sie seien Räuber auf Mollusken. Ich habe sie zunächst wiederholt mit Posidoniabüscheln und Ulva lactuca zusammengehalten, habe aber nie ein Fressen beobachtet. Dann habe ich sie in Einzelhaft mit lebenden und toten Schnecken, Muscheln, Holothurien, Fischen, Sepia, zusammengesetzt: nur einmal sah ich nach langem Hungern einen Angriff auf eine tote Tapes, was mir ein Gelegenheitsfraß zu sein scheint. Lebende Mu- scheln wurden nie angegriffen. Dagegen habe ich mehrere hundert Murex trunculus und brandaris zu jeder Zeit leicht mit toten Car- cinus füttern können; auf lebende Krebse gingen sie nie. Es scheint sich also hier um einen Nahrungsspezialismus zu handeln (seine ver- mutliche Bedeutung s. S. 425). Ich legte in die Mitte des Aquariums einen toten Carcinus, an den Rändern des Beckens saßen viele Murex. Schon nach einigen 1) Vgl.: HERM. JORDAN, Tonusarbeiten. — Auch LUDWIG-HAMANN erwähnen in Bronn’s Klass. Ord. (Leipzig, 1899), Murex als Beute der Seesterne. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 373 Minuten kamen 3—4 Stück auf die Beute losgesteuert, meist nicht gerade, aber sichtlich angelockt. 4. Plancton. Das vierte Jagdgebiet ist das Plancton. Ich habe aus ihm ab- sichtlich einen Vertreter entnommen, weil es mir wahrscheinlich war, daß hier die Ernährungsart besonders sein müsse; kennen wir doch schon sehr merkwürdige Nahrungsaufnahmen von Janthina!) und Pteropoden.?) Das hat sich aber für Pterotrachea nicht bestätigt. Ich habe die Heteropode Pterotrachea gewählt, weil sie groß und leicht zu bekommen ist. Sie ist eine glashelle Schnecke, die im Plancton von der Oberfläche bis 1000 m Tiefe vorkommt: panto- planctonisch. Besonders im Frühjahr ist sie ziemlich häufig; ich habe fast täglich 1—2 Stück bekommen können, die man in beson- ‘deren Becken wohl 24—30 Stunden lebend erhalten kann: auf der - Loggia wurde gegen das Licht ein Tisch, darauf eine Bank aufge- stellt; darauf kamen 2 Planctongläser, wie sie die Station auf schwarzem Holzbock liefert. Sie werden mit leisem Wasserstrahl dauernd durchspült; das Wasser läuft ab durch einen Heber. So läßt sich gut beobachten, da man gegen das Licht sehen kann. Die Tiere schwimmen dauernd in anmutigen Schlängel- bewegungen durch die schmalen Becken. Sie liegen auf dem Rücken, die Fußflosse nach oben, den Rüssel zurückgelegt, die großen Augen voran. Die Bewegung wird hervorgerufen (vgl. Fig. G) 1. durch das Schlängeln des ganzen Körpers, 2. durch die schraubenförmige Be- wegung der Fußruderplatte, 3. durch den Schwanz, das herzförmig auslaufende Hinterende: zwei horizontal gestellte kleine Lappen, die als Ruderplatten wirken wie beim Delphin. Der Schwanz wird als Steuer, dann aber auch zur Fortbewegung gebraucht, doch meist nur zur plötzlichen, besonders schnellen. Einem Tier fehlte der Schwanz: es schwamm ziemlich unbeholfen. Alle 3 Bewegungs- organe bedingen eine große Bewegungsfreiheit. Ich habe Pterotrachea oft mit einem Glase Plancton zusammen- gebracht, das von größeren Formen wesentlich aus kleinen Crusta- een, Siphonophoren (Diphyes) und Salpen bestand. Ich konnte nie beobachten, daß Pterotrachea davon gefressen hätte. Nur die kleinen 1) SIMROTH, H., Acephalen und Gastropoden, in: Ergeb. Plankton- exped., Vol. 2, du. e. 1895—1896. 2) STEUER, Planktonkunde, Leipzig, 1910, p. 633. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 25 374 Gortwatt Cur. Hirscu, Anneliden, wie Heteronereis, wurden gern aufgenommen; meist dauerte es recht lange, bis Pterotrachea den Wurm fand. Auch andere Borstenwürmer, auch kleine Stückchen Fischfleisch wurden im Not- fall genommen. Péerotrachea ist ein echter Räuber, der alles Fleisch bei Berührung mit dem Rüssel gleich anraspelt, z. B. den Finger eines Menschen. So halte ich es für sehr möglich, daß er sich auch von Pteropoden und anderen pelagischen größeren Tieren ernährt, soweit sich diese nicht erfolgreich wehren.!) Fassen wir die gelegentlich gewonnenen Ergebnisse kurz ver- gleichend zusammen, so ergibt sich folgendes: 1. Es kommen für uns 4 Jagdgebiete in Betracht, denen die Jäger in besonderer Weise angepaßt erscheinen: a) Das Sandinnere — Beute: Muscheln — Jäger: Natica. b) Schlamm, Detritusgründe — Beute: tote Weichtiere und anderes Aas — Jäger: Pleurobranchaea. c) Steinige Küste, Korallinensecchen, Posidoniawiesen — Beute: Holothurien, Krabben, tote Cephalopoden — Jäger: Tritonium, Murex. d) Plancton — Beute: Planctonwiirmer, planctonische Gastro- poden — Jäger: Pterotrachea. 2. Die Schnecken sind wie die meisten Tiere ausgerüstet mit der Fähigkeit zum Nahrungsunterscheiden; zu erkennen an der Tatsache, daß sie nur bestimmte Nahrung nehmen: sie sind Nahrungsspezialisten. a) Sie haben ausgesprochene Gewohnheit auf Fleisch, nehmen Pflanzen gar nicht: Alle. b) Sie fressen lebende Muscheln: Natica; oder andere lebende, zuweilen auch tote Tiere: Pterotrachea, c) oder sie fressen jedes Aas: Pleurobranchaea, d) oder als Aasspezialisten: Tritonium für Cephalopoden (Echino- dermen ?) — Murex für Krabben. Spezialismus bei Gastropoden ist bisher bei Zimax und anderen Pulmonaten (Testacella) bekannt?), die aber im Notfall auch anderes als das Gewohnte nehmen sollen. Wichtig für die Beziehungen von Nahrungsaufnahme und Bau ist die Tatsache, daß die Raublungen- schnecken Spezialisten auf Lumbriciden und Gastropoden sind.ÿ) 1) Vgl. STEUER, Planktonkunde (Teubner, Leipzig), p. 634. 2) STAHL, E., in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 22, 1888, p. 55ff. 3) SIMROTH-BRONN, Vol. 3, Abt. 3, p. 362. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 375 3. Gemäß ihrer Lebensweise scheinen sich die untersuchten Tiere verschieden auf Licht einzustellen: a) Sie können alle Licht wahrnehmen; b) sie fliehen das Licht: negative Phototaxis: Natica als Sand- bewohner; c) sie suchen das Licht: positive Phototaxis: Murex. 4. Ein Schatten zeigt den Feind an: daher zuckt bei Be- schattung zusammen: das ganze Tier bei Natica, das Vorderende des Siphos bei Zritonium. Angaben über Phototaxis und Schattenreflex bei Gastropoden liegen bisher wenig vor: Litorina rudis wählt stets das Dunkel; man kann ihr den Weg durch Schatten vorschreiben und sie so bestimmte Wanderungen ausführen lassen.’) — Die Angaben für Limax und Planorbis lauten entgegengesetzt.) — Helix zuckt bei plötzlicher Beschattung mit Fühlern und Kopf zusammen.°) Meine gelegentlich gemachten Beobachtungen können nur dürftig sein und verlangen besondere, planmäßige Weiteruntersuchung. 2. Kapitel. Nahrungserwerb und seine Sinne, Nahrungsaufnahme. Die Nahrung muß (bei unseren Tieren) empfunden werden, um aufgenommen werden zu können, sie wird also durch besondere Sinnes- organe bemerkt. Dann beginnt die Nahrungsaufnahme: das Herein- bringen der Nahrung zu dem Ort, an dem sie verdaut werden soll. Nahrungsfang und seine Sinne sind selten beobachtet worden: die Organe der Nahrungsaufnahme (Pharynx, Radula) sind oft Gegenstand systematischer Untersuchungen zu Klassifikationszwecken gewesen. 1) Driesch, H., Heliotropismus der Hydroidpolypen, in: Zool. Jahrb., Syst., 1890, p. 147, und Bonn, H., Attractions et oscillations des animaux marins sous l’influence de la lumière, Vol. 1, Institut gen. psycholog., 1905. 2) GRABER, V., Grundlinien zur Erforschung des Helligkeits- und Farbensinns der Tiere, Prag u. Leipzig, 1884. Gegen WILLEM, V., La vision chez les gastéropodes pulmonées, in: CR. Acad. Sc. Paris, Vol. 112, p. 4. 3) NAGEL, W. A., Beitr. z. Kenntnis d. Lichtsinnes augenloser Tiere, in: Biol. Ctrbl., Vol. 14, 1894. 25* 376 Gorrwatt Cur. Hirscu, Die wichtigsten Unterschiede ergeben sich bei vergleichender Betrachtung in der Art, die Nahrung aufzunehmen. Deswegen teile ich dieses Kapitel nach den 5 Haupttypen der Nahrungsauf- nahme. H. Jorpan unterscheidet in seiner „Physiologie wirbelloser Tiere“ !) zwischen 3 Haupttypen der Nahrungsaufnahme: Strudler, Schlinger, Sauger. Ich möchte noch 2 weitere Typen hinzufügen: Kratzer und Tiere mit Ernährung nur durch gelöste Nahrung. 1. Die Strudler. Strudler sind Tiere, die sich kleine Nahrungsteile durch Herbeistrudeln verschaffen. Zu ihnen gehören keine der von mir untersuchten Formen. Ich führe aus der Literatur 2 Fälle hier an: 1. die Thecosomen unter den Pteropoden; sie wirbeln durch Flimmern die Kleinlebewesen des Planctons in den Mund; ?) interessanterweise haben sie kurze, ver- kümmerte Fühler; die Gymnosomen dagegen, die sich durch Greifen mit Saugnäpfen und Schleimfäden ernähren, haben ansehnliche Fühler. — 2. Auch Limnaea kriecht an der Wasseroberfläche, senkt den vorderen Teil der Kriechsohle, sammelt dort durch Wimpern Organismen und frißt sie auf”) 2. Die Schlinger. Unter Schlingern verstehe ich solche Tiere, welche die Beute nur ganz, unzerlegt in sich hineinbringen können, die also nicht oder nur sehr primitiv imstande sind, die Beute zu zer- legen. Diese Aufnahmeart hat den Vorteil, sehr große Beute durch starkes Erweitern der Aufnahmeorgane schnell verschlingen zu können, hat den Nachteil, auf Nahrung verzichten zu müssen, wenn die Beute zu groß ist, und den Fermenten eine sehr kleine Nahrungs- oberfläche zu bieten. a) Pleurobranchaea. Setzt man das Tier (wie oben ge- schildert) in ein flaches Gefäß mit Seewasser, so kriecht es planlos umher, beachtet die in seiner Nähe befindlichen aufgebrochenen Muscheln gar nicht. Wie zufällig stößt es dann mit seinem aus- 1) JorDAN, H., Vergl. Physiologie Wirbelloser, Jena, 1913, p. 642. 2) LOHMANN, He Uber den Reichtum des Meeres an Plankton, in: Wissensch. ner (N. F.), Abt. Kiel, Vol. 7, 1902. 3) STEUER, A., Planktonkunde, Lakers 1910, p. 633. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 377 gefransten Kopflappen nach vielem Umherirren auf eine Muschel- hälfte. Sorgsam tasten die Fransen des Kopflappens die Nahrung ab. Auch Bream?) nimmt an, daß dieser Kopflappen als Tastwerk- zeug und die „Fühler“ als Geruchscrgan dienen. Jetzt setzt sich der mächtige Pharynx in Bewegung. Eine genaue Beschreibung seiner Form und Mechanik werde ich später vorlegen; hier folgen zunächst die wichtigsten Grundzüge, die zum Verständnis des Fressens eben notwendig sind. Der unmittelbar arbeitende Teil sind die Wände der Pharynx- höhle mit der Radula. Die Höhle hat ovalen Querschnitt; ihre Seitenwände sind ausgekleidet wie mit einer Tapete von der gewaltigen Radula, deren gegen 7500 Zähne von vorn-unten nach hinten-oben gerichtet sind.) Die Hinterwand ist ohne Zähne; hier schließt ein ovales Polster aus Knorpel ab. Die beiden Kiefer ”), zu beiden Seiten der Pharynxhöhle gelegen, haben wohl keinen un- mittelbaren Anteil an der Nahrungsaufnahme; jedenfalls können sie die eingebrachte Nahrung nicht abschneiden. Sie liegen in den Muskelbändern, die sich um sie bewegen und an sie anheften; nur der vorderste Rand steht ein wenig frei. Die Höhle hat einen Eingang und einen Ausgang: vorn der Eingang ist schlitzförmig, die Radula geht etwas über den Eingang hinaus und schlägt dann auf den Außenrand um. Sie schlägt aber nicht nur nach unten um (wie bei Helix), sondern auch nach rechts und, links; das ist wesentlich. — Der Ausgang der Pharynxhöhle ist eine me in der Höhlendecke, durch die man in den Öso- phagus gelangt; er liegt in der hinteren Hälfte der Höhlendecke. Die Wände der Pharynxhöhle sind der eigentliche Fangapparat. Muskeln bewegen ihn in der Vorbewegung so: die vorn am Ein- gang nach unten, rechts und links etwas umbiegende Radula wird weiter nach außen gezogen, indem sie wie eine Jalusie nach unten, rechts und links abgerollt und umgeschlagen wird. So muß die Höhle nach außen gestülpt werden, wie man einen Handschuh- finger umstülpt, bis die Hinterwand, das Polster vorn, frei nach außen liegt. Das ist der Höhepunkt des Vorstoßes. Das Polster aus Knorpel wird jetzt gegen das Objekt, z. B. ein 1) BREHM'S Tierleben, 3. Aufl., Vol. 10, p. 310. 2) VAYSSIERE, Monographie des Pleurobranchidés, in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 12, p. 33: Die Radula mißt im Höchstmaß: Länge 32 mm, Breite 21 mm. Er beschreibt die Stellung und Form der Zähne und Kiefer ohne jede Arbeitsdeutung. 378 Gorrwatt Cur. Hirsch, Stück Fleisch, gedrückt. Dann beginnt die Rückbewegung: das Polster wird zurückgeführt, dadurch die Radula zurückgekrempelt; indem sie wieder in der Höhlung verschwindet, packen ihre Zähne beim Umbiegen das Fleisch von unten, rechts und links an, eine Zahnreihe hinter der anderen. Dadurch wird das Fleisch an 3 Seiten hineingezogen. Die Stellung der Zähne auf der Radula bedingt es, daß das Fleisch in der Pharynxhöhle zugleich von unten nach oben gedrückt wird. Wir haben also 2 Richtungen: von unten nach oben und von vorn nach hinten; das Fleisch geht die Diagonale. — Jetzt ist die höchste Einstülpungslage erreicht, die Höhle ist mit Fleisch ausgefüllt, das durch die Stellung der Zähne gegen die Decke der Höhle gedrückt wird. Jetzt verbreitert sich die Decke etwas, der Ausgang wird geöffnet, der Grund hebt sich und schiebt die Nahrung in den Ösophagus. Die Zähne der Radula sind bekannt- lich gebogene Haken,*) die beim erneuten Vorschieben glatt an der Nahrung vorbeigleiten, um bei der erneuten Rückbewegung wieder einzuhaken. — Durch die Körperhaut sind die gewaltigen Würg- und Schlingbewegungen, dann die Peristaltik des Vorder- darmes zu sehen. Schneidet man einem Tier die Rückenhaut auf, so reizt man damit die Pharynxnerven, die Bewegungen sind dann noch besser zu beobachten. Das Grundsätzlich-Wichtige bei dieser Maschinen- bewegung ist: es arbeiten 1. der Boden der Pharynxhöhle, 2. die beiden Seitenwände rechts und links. Dadurch wird also jeder Körper von unten, von rechts und links gepackt und hineingezogen, wie durch 3 Zahnräder, die sich gegeneinander bewegen und so alles mitreiben. Was leistet diese Maschine? Dieser Pharynx wirkt als Greiforgan, nicht wie ein Schabe- oder Kratzwerkzeug. Zum Beißen ist eine Radula immer untauglich; zum Schaben oder Kratzen fehlt die entgegengerichtete Kraft, welche die Beute festhält (vgl. S. 380). Wenn Pleurobranchaea ein Organ zum Festhalten der Beute hätte, so würde sie leicht von großen Fleischstücken, die es fest- hält, abschaben können; die Stücke würden dann zugespitzt von unten, rechts und links wie ein Bleistift. Das kann aber Pleuro- branchaea nicht. Wenn sie z. B. tote Artgenossen frißt, so muß sie diese ganz verschlingen oder den Fraß aufgeben. Man kann daher oft im Aquarium eine tote Pleurobranchaea liegen sehen, deren Fuß 1) Abbildungen bei VAYSSIERE, a. a. O., Vol. 12. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 379 oder Teile des Rückens zu einem Strick von etwa 1 cm Durch- messer zusammengedreht sind; diese Fleischwurst ist dann oft 5—8 cm lang. Hier hat eine andere Plewrobranchaea angefressen, hat das Fleisch hineingewürgt, bis es innen keinen Platz mehr hatte. Abbeißen kann sie nicht, bleibt also nichts übrig, als den Fang fahren zu lassen, was durch völliges Ausstülpen des Pharynx, damit Zurseite- schlagen der Radulahaken und Zurückkriechen auch gelingt. Sonst wird das Fleisch mit großer Geschwindiekeit in den Kropf geschoben. Zum Ausfressen einer Mactra braucht Pleuro- branchaea nur 2—3 Minuten. Dadurch ist sie befähigt, große Beute schnell aufzunehmen und dann lange Zeit davon zu leben. Die mit einem Male aufgenommene Nahrungsmenge ist die größte bisher bei Gastropoden beobachtete: eine große Plewrobranchaea hatte eine etwas kleinere vollkommen verschlungen; zu einem Knäuel zu- sammengedreht und -gepreßt lag die kleine im Kropf der großen. Die große wog ohne Beute 68 g, die kleine tote 27 g. Also wog die Beute fast die Hälfte des Räubers! b) Dem Unglück, die Beute aufgeben zu müssen, entgeht Piero- trachea. Die Nahrungsaufnahme wird wohl vor allem durch den Berührungsreiz am Pharynx veranlaßt.') Trotz des kleinen Beckens, trotz der vielen Nahrung fand Pterotrachea die Beute nur, wenn sie diese mit dem Munde berührte; hier beschreibt auch LEUCKART?) ein sehr hohes Cylinderepithel mit starker Cuticula, auf dieser Sinnes- borsten.’) Die lebenden Heteronereis werden meist in der Mitte angepackt, zappeln heftig, werden aber festgehalten. „Beim Hervorstrecken der Zunge klappen sich die Seitenzähne zangenähnlich auseinander und werden beim Einziehen wieder zusammengeschlagen; mittels dieser Greifbewegung werden kleinere Seetiere erfaßt.“ *) Pterotrachea läßt nicht los, sondern schlingt so sehr, daß die beiden Enden von Heteronereis sich zusammenlegen und der Wurmso ganz eingeschlungen 1) CoHNHEIM, in: Ztschr. physiol. Chem., Vol. 80, 1912, gibt auch noch den Buckel am Kopf an. (Leider sah ich die Arbeit erst nach meinem Neapler Aufenthalt.) Merkwürdig wäre es, wenn die Augen, die so sehr groß sind, beim Nahrungsuchen keine Rolle spielten. 2) LEUCKART, Zoolog. Untersuchungen, 1854, Heft 3. 3) Bout, Fr., Histologie des Molluskentypus, in: Arch. mikrosk. ‘Anat., Supplement 1869, p. 59. 4) OLAUS-GROBBEN, Lehrb. d. Zoologie, 7. Aufl., 1905, p. 608. 380 Gorrwatt Cur. Hirsch, wird. Dabei ist Heteronereis 2,7 cm lang, Pterotrachea nur 6,6 cm. Auffallend ist wieder die Geschwindigkeit: diese große Beute von 1, der eigenen Länge wird in 10—20 Minuten hinuntergeschlungen. Pterotrachea besitzt keinen Rüssel (im Sinne der Prosobranchier), sondern einen rüsselartig verlängerten Vorderleib mit dem großen Pharynx vorn daran (dieser ist rot: wahrscheinlich von Hämo- globin analog Paludina, Sycotypus !) usw.). Die Bewegung der Radula. beschreibt GEGENBAUR?): „Die Zähne sind säbelförmig, mit scharfer: Spitze, und am Rande der Radula in der Art eingelenkt, dass beim: Hervorstrecken der Reibplatte sie sich aufrichten, weit nach aussen sich umschlagen und erst beim Rückziehen sich wieder platt auf die Radula legen. Es ist klar, dass auf diese Weise ein sehr in- tensiv wirkender Fangapparat zustande kommt, der nur schwer. das einmal zwischen seine Haken gerathene wieder loslässt.“ Einen Kiefer besitzt Pterotrachea nicht. Der ganze Körper ist beim Schlingen in wilder Tätigkeit, er dreht sich um seine Längsachse, schlängelt hin und her, rudert und reißt hin und zurück. Durch dieses Reißen kann Pterotrachea auch Teile eines großen Nahrungsbrockens losziehen. So braucht sie ansehnliche Beutestücke nicht fahren zu lassen, kann also auch im Hunger mit größeren Fleischbrocken gefüttert werden. 3. Die Kratzer. Nur ein kleiner Schritt weiter: die Tiere gehen stets an größere Beute, sie müssen also befähigt sein, Stücke davon abzukratzen und so zerkleinert zu verschlingen. Beim Kratzen üben sie eine Zug- kraft auf die Beute aus: die Haken der Radula reißen die Beute zum Tier hin. Deswegen muß eine andere Kraft da sein, die einen Gegenzug vom Tier fort ausübt. Da die meiste Beute beweglich ist, muß dieser Gegenzug vom Tier selbst geleistet werden: deshalb sind Haltorgane ausgebildet, mit denen die Beute festgehalten wird, so wie ein Vogel mit den Klauen festhält und mit dem Schnabel abreißt. Mir scheinen die meisten Gastropoden zu den Kratzern zu ge- hören, unter den untersuchten Formen: Murex, Natica, Tritonium. 1) MENDEL und BRADLEY, in: Amer. Journ. Physiol., Vol. 13, 1905, p. 17. 2) GEGENBAUR, Untersuchungen über Pteropoden und Heteropoden, Leipzig, 1855, p. 142. - Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 381 Durch welche Sinnesorgane Murezx ihre Beute findet, kann ich nicht angeben. Jedenfalls besitzt sie (im Gegensatz zu Pleuro- branchaea und Pterotrachea) gute Organe des chemischen Sinnes, um in einiger Entfernung ven 40—50 cm sichtlich gereizt zu werden. Sie steuert bald ungefähr auf die Beute zu, im Zickzack, rennt auch daneben, hat aber nach einigen Minuten die tote Krabbe gefunden. Da sie Rüssel und Sipho weit vorausstreckt, ist es möglich, dab hier Sinnesorgane liegen. Hat Murex eine Krabbe gefunden, so kriecht sie auf diese darauf und betastet sie von allen Seiten, bis sie ein geeignetes Loch gefunden hat. Das ist bei Carcinus nicht einfach; ich habe wiederholt beobachtet, daß sie lange suchte, endlich das Abdomen etwas heruntergeklappt fand, durch Vorkriechen weiter öffnete nnd durch den After mit dem Rüssel eindrang. Oder wenn ich der toten Krabbe die Beine ausgerissen hatte, so fand sie durch die Beinlöcher den Eingang, sonst stets durch den After. Ihre Stellung bei der Nahrungsaufnahme ist sehr verschieden; oft sitzen 2 Murex auf einem Krebs. Das Aus- und Abkratzen des Krebses wird durch das Festhalten der Beute sehr unterstützt. In allen Fällen dient der Fuß als Greiforgan. Murex saugt sich mit dem Fuß auf der Krabbe so fest, daß sie nicht leicht zu ent- fernen ist, beim Herausnehmen der Krabbe aus dem Wasser ruhig sitzen bleibt, erst abfällt, wenn sie sich einziehen muß. Vorder- und Hinterfuß umklammern die Beute so, wie wir 4 Finger platt gegen die Handfläche drücken. So sitzt Murex 7—8 Stunden an derselben Stelle, dann ist ein kleiner Carcinus leer gefressen; die Geschwin- digkeit ist also weit geringer als bei den Schlingern. Der Rüssel wird sehr weit vorgestoßen, so weit, daß er in alle Winkel des Krabbenkörpers hineindringt. Wenn man ihn bei einem toten Tiere ausspannt, wird er ungefähr 23 mm lang.!) Diese Länge wird gerade zum Ausfressen eines Carcinus normaler Größe genügen; der Krebs ist nach ca. 6 Stunden völlig leergefressen, in keinem Winkelchen sitzt mehr ein Stück Fleisch. Ich dachte zu- 1) LEIBLEIN, Beitr. z. Anat. d. Purpurstachels, in: Ztschr. organ. Physik (HEUSINGER), Vol. 1, 1827, p. 1, gibt an, daß der Rüssel bis 3 Zoll (gleich 26 mm) lang werden könne. — Sein Bau ist ersichtlich aus der guten Beschreibung des Rüssels von Buccinwm, die OSWALD (in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 28, 1894, p. 119) gibt. Er sagt, der Rüssel von Murex sei im Verhältnis zu dem von Buccinum klein, hätte aber sonst dieselben Bauverhältnisse. 382 GOTTWALT Cur. Hirsch, nächst an Außenverdauung, da aber im Magen sich deutlich abgeschabte Stückchen Krebsfleisch finden, ist Murex sicher ein Kratzer. Das Fressen selbst ist nicht zu sehen; das liegt daran, daß der Kopf in 2 schmalen Lappen endigt; bei der Nahrungsaufnahme wird der Rüssel nach vorn-unten gestoßen und ist von beiden Lappen bedeckt. Wir haben oben gesehen, wie Natzca auf dem Sande kriecht, den Vorderfuß wellenartig bewegt, tastend, suchend (S. 364). Hier liegen wahrscheinlich die Organe des chemischen Sinnes, denn die Fühler sind (wie gesagt) rückgebildet. Der Vorderfuß stößt auf dem Sande auf eine daliegende Mactra. Natica kriecht ein Stück auf die Muschel, diese schließt sich. Jetzt macht Natica Anstalten, die Muschel zu umpacken. Kaum hat diese die Natica gefühlt, so schließt sie ihre Schale; dann kommt mit einem Ruck ihr Fuß herausgeschnellt, fährt gegen den Sand und schnellt die Muschel wohl 4—6 cm weit dahin; so entrinnt sie dem Feinde. Einmal war sie in eine Ecke des Aquariums geraten. Natica kriecht ihr nach, Mactra macht wieder 2 Sprünge, fährt aber gegen die Glaswand. Mit dem 3. Sprung endlich kommt sie etwas zur Seite, mit dem 4. aus dem Bereich der Schnecke. Aber meist dauert das nicht lange; in dem kleinen Aquarium hat Natica die Mactra bald wieder berührt. Jetzt erlahmt die Sprungkraft der Muschel, jetzt wird sie umpackt. Natica kriecht ein Stück auf die Muschel darauf, krümmt dann den Fuß nach unten und schiebt so den Hinter- fuß unter die Beute. Dann wendet sie sich ein wenig mit dem Vorderfuß zur Seite und hat nun zwischen Mittel- und Hinterfub die Muschel eingeklemmt, wie wir 4 Finger platt gegen die Hand- fläche legen. Jetzt gräbt sich der Vorderfuß (wie S. 365 geschildert) ruckweise in den Sand, der Hinterfuß zieht die eingeklemmte Muschel nach. In einer halben Minute sind Räuber und Beute im Sande verschwunden. So umgreift Natica in stets gleicher Weise ihre Beute; so um- packt sie diese auch unter dem Sande. Wenn man schnell aus dem Sande die fressenden Tiere herausnimmt, sieht man sie die Muschel umklammern, wie SCHIEMENZ beschrieben und gezeichnet hat.!) Diese 1) SCHIEMENZ, P., Wie bohrt N. die Muscheln an? in: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 10, 1891. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 383 Jagdweise bestätigt die allgemeine Erfahrung, daß Räuber mit rela- tiver Schnelligkeit und mit Werkzeugen ausgerüstet sein müssen, um ihre Beute einzuholen und festzuhalten (wenn sie nicht Fallen- steller sind, zu denen man die Cölenteraten rechnen könnte). Man sollte solche Jäger unter den „Schnecken“ nicht vermuten; Natica zeichnet sich eben durch besondere Kriechschnelligkeit und Greif- fähigkeit aus. Aber sie kann noch mehr. Um in das Innere der Muschel zu gelangen, muß Natica ein Loch in die Schale schleifen. Aus ihrer stets gleichen Stellung beim Umpacken der Muschel erklärt sich, daß das Bohrloch sich stets an derselben Stelle befindet: bei 183 untersuchten Muscheln dicht am Schloß in der Mitte des oberen Buckels (also da, wo am meisten Fleisch sitzt); nur bei 6 ein wenig tiefer, aber nie über die Mittellinie der Schale hinunter. Die Bohrlöcher von N. millepunctata und hebraea sind an Größe sehr ähnlich, nur verschieden nach dem Alter des Tieres; der heraus- gebohrte Körper würde die Form eines ringförmigen Ausschnitts eines Kegels haben und würde also oben einen größeren Durch- messer als unten besitzen. Unter 189 fand ich folgende Größen: Das größte Loch: oben 4,5 mm unten 2,7 Mittelgröße: oben 3,7 unten 2,5 Das kleinste: , oben 1,8 unten 1,5 Von N. josephina sind die Löcher gleichmäßiger groß, da ich Tiere von fast immer derselben Größe bekam und sie nur kleine Muscheln angehen: in der Regel oben 2,5 mm, unten 2,3 mm. Sehr auffallend ist es, daß unter 9 angebohrten kleineren Art- genossen von N. hebraea je 4 und 5 an genau der gleichen Stelle angebohrt werden: 4 dicht oberhalb des Nabels angebohrt, indem der Außenrand der Schale horizontal lag — 5 ungefähr 12—14 mm vom Außenrande etwas seitlich an der letzten Wölbung angebohrt, indem der Außenrand der Schale genau senkrecht stand. Womit nun Natica die Muscheln anbohrt, kann ich noch nicht genau entscheiden. SCHIEMENZ nimmt an, mit einer „Bohr- drüse“, die sich an der Ventralseite des Rüssels findet. Dafür spricht: 1. zieht man eine fressende Natica flink aus dem Sande, so zieht sie sich schnell in das Gehäuse zurück; gelegentlich ist es 384 GoTTWALT Car. HırscH, möglich, zu sehen, wie der Rüssel auf der Muschel darauf liegt; dieser ist also sicher beteiligt. 2. Der Durchmesser des Bohrloches stimmt mit dem Durchmesser der Bohrdrüse auffallend überein. — Dagegen spricht: es ist heute noch nicht einzusehen, wie eine solche weiche Drüse eine Schale von oft 3 mm Dicke in 1—2 Tagen durchbohren soll. SCHIEMEnz hat angenommen, daß H,SO,-Aus- scheidung die Auflösung des Kalkes beschleunigen solle; er hat also eine Säuresecretion der Bohrdrüse vermutet. Allerdings würde schon eine 1°/, Schwefelsäure das Bohren sehr beschleunigen: die Zeiten ohne und mit geringem Säurebetupfen verhalten sich wie 4:1, wie ich bei einem Versuch mit einem stumpfen Bohrer sah. Aber ich habe im Gegensatz zu ScHIEMENZ niemals eine Säure feststellen können. Mehrere Prüfungen ergaben Folgendes: gewiß, die Drüse färbt blaues Lackmuspapier etwas rot (der Beweis von SCHIEMENZ), aber Kongorotpapier wird keine Spur gefärbt (und das wäre das rechte Erkennungszeichen für eine freie Säure). Ferner: die Rötung des Lackmuspapieres nimmt bei elektrischer Reizung nicht zu. Vor allem aber färbt der Schleim am Fuß und an den Seiten Lackmus stellen- weise ebenfalls rot; die schwache Säure ist also keine Sonderreak- tion der Bohrdrüse! — Ich machte weiter folgenden Versuch: 6 Bohr- drüsen wurden in einer Achatschale mit etwas chem. neutralem Sande zerrieben, mit 1 ccm Wasser aufgeschwemmt und filtriert. Die Acidität betrug 0,05 ccm 47/,,.n NaOH beim Titrieren gegen Phenolphtalein (Kontrolle mit Sand und Wasser auf Basen). — Also: in der Bohrdrüse befindet sich keine freie Säure; geringe Mengen Säure findet sich überall auf dem Körper im Schleim. Ich möchte auch annehmen, daß Natica mit dieser Drüse bohrt, aber wie?, das ist heute noch ein Rätsel.!) Die Hauptschwierigkeit liegt eben darin, dab man Natica durch nichts zwingen kann, außerhalb des Sandes ihre Nahrung auf- zunehmen; deswegen kann man nur so schwer unmittelbare Beobach- tungen machen. Sicher scheint mir Folgendes zu sein: die Nah- rungsaufnahme findet durchdas gebohrte Loch statt. Ich habe wiederholt Muscheln von Natica umklammert gefunden, die völlig geschlossen waren, Schließmuskeln intakt(!). Kiemen und Darm größtenteils ausgefressen, Ränder der Freßstellen etwas ge- 1) Dabei darf ich gleich darauf hinweisen, daß uns der chemische (oder mechanische) Vorgang anderer Bohrungen auch noch recht unbekannt ist: wie der Seeigel, der Bohrschwamm, die Bohrmuschel, Actinien den Felsen anbohren ? | Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 385 zackt, Reaktion der Freßstellen neutral. Oder: die Muschel ist ge- schlossen; innen ist sie gänzlich leergefressen, auch die Schließ- muskeln sind fort; wahrscheinlich ist auch am Gelenk etwas zer- stört, denn die Muschel klafft nicht. Merkwürdig ist, daß in mehreren solchen Fällen das Loch an seinem Boden nicht kreisrund war, sondern halbmondförmig, wie schon SCHIEMEnZ beschrieben hat. Ehe ich bei Murex erfuhr, was ein solcher Rüssel zu leisten vermag, glaubte ich, daß Natica durch Außenverdauung sich ernähren müsse. Zu dem Zweck müßte also Natica ihre Protease in die Muschel spucken und das außenverdaute Fleisch aufsaugen. Drei Tatsachen sprechen gegen diese Annahme: 1. Bei Muscheln ist bisher keine Protease gefunden worden; man hätte also mit den nötigen Kontrollen die daraufgespuckte Protease leicht nachweisen können. Ich habe zu diesem Zwecke halbausgefressene Muscheln (meist Tapes, Lucina, Mactra) folgender- maßen untersucht (vgl. die Technik, S. 401): a) nach der Extrak- tionsmethode mit Casein, Karminfibrin, b) die frisch aufgeklappte Muschel nach der Seidenpeptonmethode und durch Auflegen von Karminfibrinstücken mit etwas Seewasser (unter Toluolzusatz). Es gab folgende Ergebnisse: Casein- und Karminfibrinmethode in 7 Fällen stets negativ, beim Hauptversuch wie auch bei den Kontrollen mit Seewasser und intakter Muschel. Auflegen von Karminfibrin in 4 Fällen negativ, desgl. die Kontrollen. Seidenpeptonmethode in 5 Fällen mit den Kontrollen an intakter Muschel positiv (s. die Kritik der Seidenpeptonmethode, S. 402). Daraus ergibt sich also, daß keine Protease auf die Muschel gespuckt wurde. 2. Es spricht der Bau des Pharynx und seine Arbeit theo- retisch schon gegen eine Außenverdauung. Die Arbeit des Pharynx ist verschieden von der des Schlingers Pleurobranchaea. (Wieder erwähne ich hier nur das Mechanisch-Wichtige und verweise auf die bekannten anatomischen Beschreibungen.’)) Die Radula sitzt in der Pharynxhöhle bekanntlich dem Zungenknorpel mit seinen Muskeln auf. Dieser wird vorgestoßen, dadurch die Radula hinausgeschoben und so nach unten abgerollt, daß sie auf der Beute liegt. Die Widerhaken der Zähne sind jetzt nach vorn 1) Yung, EMILE, in: Mém. cour. Mém. Sav. étrang. Acad. Belgique Vol. 49, 1888, Nr. 1. — Auch AMAUDRUT, AL., in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 7, 1898, p.1.— Dann: OswALD, AD., in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 28, 1894, p. 119, und die Lehrbücher: SIMROTH-BRONN, JORDAN, HESCHELER, in: LANG. 386 GoTTwALT Cur. Hirscu, gerichtet. Zurückschieben: die Radula wird wie eine Kreissäge von unten nach oben abgerollt, gleichzeitig von hinten nach vorn, dann von vorn nach hinten; dadurch beschreibt sie einen Halbkreis und reißt bei dieser Kreissägenbewegung Stückchen der Beute mit den Widerhaken los.*) Es ist klar, daß diese Kreissäge weit mehr berufen ist, Stücke loszureißen, als das Greiforgan von Pleurobranchaea. Es kommt hinzu, daß Natica ihren Fuß als Festhaltorgan benutzt (wie eben be- schrieben). Vielleicht arbeiten auch die besonders starken Kiefer bei der Nahrungsaufnahme mit, die hier zu 2 festen Platten aus- gebildet sind.?) Die starken Reißbewegungen der Radula merkt man, wenn man einer Natica den Finger hinhält: es werden kleine Stücke der Epi- dermis losgerissen (gut zu sehen, wenn man das Gehäuse zer- trümmert und so das Tier stark gereizt ist) Solche gefähr- lichen Raubwerkzeuge braucht kein Tier mit Außenverdauung; das spricht schon theoretisch gegen eine solche. 3. Es finden sich nach der Nahrungsaufnahme zwar stark an- sedaute, aber noch deutlich geformte Stückchen im Magen, von der Größe, wie sie die kleine Radula abschaben kann. Nach diesen 3 Gründen (vor allem dem 1. und 3.) muß ich sagen, daß Außenverdauung nicht stattfindet und daß Natica zu den typischen Kratzern gehört. Ziemlich groß ist die Nahrungsmenge, die Natica mit einem Male bewältigt: sie selbst wiegt 5 gr im Durchschnitt (ohne Schale), sie frißt eine Mactra von 1,45 gr (ohne Schale) leer, also fast !/, ihres eigenen Gewichtes. Aber dazu braucht sie längere Zeit; wie lange, habe ich nicht genau ermitteln können. Zur Nahrungsaufnahme von Tritonium kann ich nur Weniges sagen. Der Sitz des chemischen oder Tast-Sinns scheint mir im Fühler und eventuell im Rüssel sich zu befinden, mit denen beide 7ritonium- Arten ihre Beute betasten. Über den Grad der Fähigkeiten beider Arten machte ich verschiedene Beobachtungen: Tr. corrugatum fand 1) OSWALD (a. a. O.) spricht bei Buccinum im gleichen Sinne von „Gleiten der Radula über den Zungenknorpel nach Art eines Bandes über eine Welle‘. 2) SIMROTH-BRONN, Prosobr., p. 453.— HESCHELER, in: LANG, p. 283. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 387 am Aquariumsrand sitzend erst nach 4 Stunden einen Loligo, der ziemlich dicht das Tritonium berührte und bereits faulig roch; ein andermal fand dieselbe Art einen Loligo erst nach 7 Stunden, der dicht neben Tritonium corrugatum im Sande steckte. — Tr. nodiferum fand dagegen 3mal einen großen toten Loligo in 1 Std. der 30 cm von ihm ablag. Beide untersuchte Arten sind Kratzer oder Schaber. 1. Tr. corrugatum. Zunächst betastet es mit seinem Rüssel den Tinten- fisch, saugt sich aber weder fest, noch beißt es zu. Nach langem Abtasten stößt es mit Gewalt den Rüssel!) gegen ZLoligo, beißt kräftig hinein und reißt ein Stück los, daß kleine Hautfetzen umher- schwimmen. Dabei kann der Rüssel bis zu 4 cm lang werden. Man kann deutlich die Vor- und Rückstoßbewegung der Radula wie einer Art Kreissäge sehen. Es sieht aus, als wenn Tr. die Beute ab- weide, die hin- und hergezogen wird, da er sie nicht festhält. So werden Stücke Haut, Fleisch, Knorpel abgerissen, bis nach 20 Stunden der Loligo halb verzehrt ist; eine Menge Reste liegen auf dem Boden verstreut. 2. Tr. nodiferum. Es kommt langsam auf einen großen Loligo zugekrochen, tastet mit seinem langen Fühler und seinem Rüssel den Leichnam ab, dann streckt es weit aus seiner Schale den massigen Fuß heraus, schiebt ihn auf den Zoligo herauf und darunter, dreht und wendet so lange, bis ZLoligo in der Längsrichtung des Fußes liegt. Dann umschließt 77. ihn mit den beiden seitlichen Rändern des Fußes, so wie wir die Seitenränder unserer Hand zu- sammenkrümmen (nicht wie Natica und Murex mit Vorder- und Hinterfuß). So liegt Loligo bald in einer großen Fleischröhre ein- geschlossen. Wie ein dicker Menschendaumen kommt jetzt der mächtige Rüssel hervor, beklopft das vordere Loligo-Stück, wobei die Fühler alles abtasten. Jetzt beginnt 77. zu schaben; in nickend- rhythmischer Bewegung kratzt es die Haut ab, so daß bald eine lange Bahn davon frei ist. Da Tr. auch Kiefer besitzt, so ist es möglich, daß es die Bissen außer abschaben, auch abbeißen kann (?). Ein Arm wird in den Rüssel hineingezogen, nach einiger Zeit kommt wieder ein Stück von ihm heraus: es sind deutlich Teile abgeschabt. Langsam zieht sich der Fuß immer weiter in das Gehäuse hinein. Die Beute wird vom Fuß immer mehr zusammengepreßt; jetzt 1) Seinen Bau beschreibt OswALD (a. a. O.) wie den des Buccinum ; darauf sei verwiesen. 388 GoTTWALT Cur. Hirscu, ist sie ganz verborgen unter Fuß und Gehäuse, nur der Arm sieht noch heraus; er wird vom Rüssel herangezogen, bis endlich alles zwischen Sand und Gehäuse verborgen ist; der Rüssel stülpt sich unter dem Schutz der Gehäuseglocke nach unten. So kann Tr. vor Feinden geschützt 20 Stunden lang unbeweglich fressen. Dann ist der Loligo bis auf wenige Überreste verschwunden, die von kleineren Aasfressern schnell geholt werden. 4. Die Sauger und Parasiten. Keine der von mir beobachteten Formen pflegt die Nahrung einzusaugen. Doch seien hier kurz einige Arten angeführt, bei denen die saugende Nahrungsaufnahme sicher oder wahrschein- lich ist. Sicher beobachtet ist Hermaea (Caliphylla): sie legt die Lippen an Bryopsis plumosa, ritzt mit dem einzigen Radulazahn die Zell- membran und saugt die Alge durch Dilation des Pharynx aus.!) — Dazu die Verwandten: Doridopsis und Phyllidia. Der Verlust der Radula ist ein Fingerzeig für die Saugtätigkeit, denn eine andere Nahrungsaufnahme bleibt dann kaum übrig. So kann man annehmen, daß die meisten Radulalosen saugen (wenn sie nicht durch Entoparasitismus die Radula verloren). So saugen noch folgende: Neomenia (Solenogastres): Pharynx mit Saugvorrichtung ?) ; vielleicht auch Doridium? Beobachtet ist hier wenig. — Gewisse Toxoglossen scheinen auch zu saugen. SIMROTH macht es wahr- scheinlich.”) Auch von den Ectoparasiten (Stylifer u. a.) möchte ich es annehmen. — Sehr wahrscheinlich ernähren sich die typischen Entopara- siten unter den Gastropoden nur durch Aufnahme gelöster Stoffe durch die Körperwand oder durch den afterlosen Darmkanal (Ænto- concha, Entocolax).*) So herrscht bei den Gastropoden eine große Manniefaltigkeit in der Art der Nahrungsaufnahme Unter diesen 5 Untertypen werden sich wohl aber weitaus die meisten Formen unterordnen lassen. 1) BRÜEL, Lupw., Ueber Geschlechts- und Verdauungsorgane von Caliphylla m. Habilationsschrift, Halle, 1904. 2) HESCHELER, Mollusken, in: Lane, 1900, p. 287. 3) SIMROTH-BRONN, Prosobr., p. 491. 4) s. H. F. NIERSTRASS, die Amphipoden, in: Ergebn. Fortschr. Ziool., Vol. 1,1909 Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 389 5. Vergleichende Zusammenfassung. Fassen wir die gewonnenen Ergebnisse vergleichend zusammen, so ergeben sich folgende Typusgrundlinien und Verschiedenheiten: I. Alle Tiere sind ausgerüstet mit der Fähigkeit zum Nah- rungsauffinden. a) Der Sitz der Fähigkeit. Wir müssen annehmen, daß be- stimmte Sinnesorgane ausgebildet sind, denn die Fähigkeit scheint auf bestimmte Orte konzentriert: im Vorderfuß: Natica, Vorstrecken beim im Rüssel: Pterotrachea, Tritonium (?), Nahrungssuchen, im Fühler: Zritoniwm, Murex (?), Abtasten der im Kopflappen: Pleurobranchaea. Beute. b) Das Maß der Fähigkeit scheint am größten bei Murex und Natica, gering bei Pleurobranchaea zu sein. — All diese Vermutungen bedürfen einer planmäßigen Weiteruntersuchung. Bisher gibt es bei Gastropoden nur Angaben über Helix '): H. riecht die Beute mit dem Luftstrom auf höchstens 40 cm, sieht sie auf ganz kurze Ent- fernung. Ferner die Angabe: Helix riecht ohne Luftstrom auf 40 cm keinen Kohl, erst auf 6 cm. Eine Melone ward auf 50 cm wahrgenommen.’) I. Die Nahrungsaufnahme. A. Das regelmäßige Verhalten. Die meisten Gastropoden gebrauchen die Radula zahnradähnlich, um die Beute durch die Pharynxhöhle in den Ösophagus zu bringen; die Radula wird be- wegt durch Kolbenstöße des Zungenknorpels. Von hier schieben Peristaltik und Nachschübe die Nahrung zum Verdauungsort (Aus- nahmen: Sauger und pharynxlose Parasiten). B. Wichtiger sind die fünf grundsätzlich verschiedenen Typen der Nahrungsaufnahme. Hier sei eine zusammenfassende Kennzeichnung derjenigen 2 Typen gestattet, die eine Radula gebrauchen: Schlinger und Kratzer. a) Die Schlinger. Es ist nicht einfach, diesen Typus zu begründen, da mir aus der Literatur nur die Raublungenschnecken als Schlinger etwas ge- nauer bekannt sind, ich also im wesentlichen auf die beiden unter- suchten Formen angewiesen bin: Pleurobranchaea und Pterotrachea. 1) STAHL, E., in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 22, 1888, p. 557. 2) Yung, E., in: Arch. Psychol., Vol. 3, 1903. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 26 390 Gorrwatt Cur. Hirscu, Die biologischen Grundlinien des Untertypus, ge- wonnen an unseren beiden Arten und im Gegensatz zu den be- kannteren Kratzern, sind folgende: 1. Die Schlinger besitzen keine Haltorgane; vielleicht gehört Aplysia auch zu den Schlingern; sie soll aber auch mit dem Fuß das große Ulvenblatt festhalten können (mündliche Angabe von Herrn Prof. Jorpan). Pferotrachea kann durch Schlängeln schwach reißen, ohne festzuhalten. — 2. Sie be- sitzen keinen Rüssel, es wäre aber gut denkbar, daß Formen mit starkem Rüssel nach Schwund der Radula entweder Sauger oder Schlinger würden. — 3. Zunächst aber kennen wir nur Schlinger mit sehr großem Pharynx und mächtiger Radula. — 4. Sehr wichtig ist die Radulabewegung, wie ich sie bei Pleurobranchaea (S. 378) und Aplysia sah: wie 3 Zahnräder gegeneinander von unten, rechts und links. Die andere Bewegung, wie eine Kreissäge von vorn- unten nach hinten-oben, ist ungeeignet zum Schlingen. — 5.Die Kiefer brauchen nicht zu fehlen, sind aber zum Abschneiden nicht geeignet. Bei Pterotrachea fehlen sie vollkommen, bei Pleurobranchaea und Aplysia nehmen sie wahrscheinlich keinen unmittelbaren Anteil an der Nahrungsaufnahme — 6. Gemäß der Radulabewegung, dem Fehlen von Schneide- oder Festhaltorganen bleibt nichts übrig, als. dieBeute ganz zu verschlingen oder durch Hinundherreißen zu zerkleineren. — 7. Gemäß des gewaltigen Pharynx ist die Zeit. des Schlingens sehr kurz (5—20 Minuten), die Menge auffallend groß (bis fast 4/, des eignen Gewichtes). — 8. Darin beruht der Vorteil des Schlingens; Tiere mit lebhaftem Stoffwechsel, von Feinden umringt versorgen sie sich in kürzester Zeit mit Nahrung?).. Aber sie müssen unter Umständen auf sehr große Beute verzichten; auch bieten sie ihren Fermenten eine sehr kleine Nahrungsober- fläche (vgl. S. 467 u. 473). Es ist mir wahrscheinlich, daß noch folgende Gastropoden: Schlinger sind. Unter den Pulmonaten die Raublungen- schnecken. Ob sie ihre Beute festhalten können, ist unbekannt. Sicher scheint zu sein, daß sie ihre Beute ganz, ungeteilt hinunter- würgen, „indem sich die langen Radulazähne in die Nahrung hineinbohren und als Widerhaken wirken. Wo der Widerstand zu groß ist, werden Stücke abgerissen |wie?]. So werden Weichteile 1) Ähnlich bei den Wiederkäuern, Tiere, die sich durch Flucht ihren Feinden entziehen, daher viel und schnell aufnehmen und allmählich. verdauen, Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 391 größerer Gehäuseschnecken stückweise aus der Schale geholt, während kleinere wie Regenwürmer meist ganz verschlungen werden“.!) So zeichnet SımroTa ?), wie Daudebardia einen Regenwurm in der Mitte erfaßt und hineinschlingt ; die Mitte ist bereits angedaut, während Vorder- und Hinterende noch frei herausragen (wir erkennen sofort die Übereinstimmung mit der Nahrungsaufnahme unserer beiden Schlinger). Ferner: der Pharynx der Raublungenschnecken ist größer als bei den anderen Pulmonaten; bei Daudebardia füllt er allein die Hälfte der Leibeshöhle aus.?) Die Zähne sind zu langen Dolchen geworden.*) Die Bewegung der Radula ist nicht beobachtet. — Sie besitzen keinen Kiefer °); sie sind also auch nicht imstande, die Beute abzubeißen. Bei Testacella findet sich nur ein kleiner Rest eines Kiefers. — Dies stimmt alles mit dem aufgestellten Typus überein! Unter den Opisthobranchiaten sind mir noch folgende Arten als Schlinger wahrscheinlich: Bulla verschlingt Muscheln; im Magen besitzt sie 3 harte Zähne zum Zertrümmern der Schalen [?].°) Die Beute soll so groß sein können, wie Bulla selbst.”) — Aceren ver- schlingen ebenfalls Schnecken und Muscheln, sie besitzen auch Zähne im Magen. So verschlingt Scaphander lignarius das Dentalium und verdaut es binnen 7 Stunden. Die Schalen sollen chemisch auf- gelöst werden (?).?) — Auch scheint Teihys zu schlingen; die Nah- rung besteht aus jungen Squilliden und anderen Krebsen. Sie be- sitzt eines ausstülpbaren, längsfaltigen Pharynx, dessen Wand mit Höckern besetzt ist (Zerstückeln?), ohne Radula, mit großem Kopf- segel.?) Wenn sich das Schlingen bestätigen sollte, so wäre hier ein Beispiel für Schlingen ohne Radula. — Unter den Hetero- poden Carinaria, die sich analog Pterotrachea verhalten soll. Sehr interessante Beziehungen werden sich beim Vergleich der Schlinger verschiedener Tierklassen ergeben; vielleicht wird es mög- 1) SIMROTH-BRONN, Vol. 3, Abt. 3, p. 367. Auch BREHM (Tier- leben, 3. Aufl., 1893, Vol. 10, p. 338) beschreibt die schnelle Arbeit des Schlingpharynx. 2) ebenda, p. 359. 3) ebenda, p. 303. 4) ebenda, p. 328. 5) ebenda, p. 290. 6) AMAUDRUT, AL., in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 7, 1898, p. 1. 7) SOWERBY, Genera of recent and fossil Shels. 8) BRONN-KEFEFSTEIN, Vol. 3, Abt. 2, 1862—1866, p. 758. 9) daselbst, p. 757. 26* 392 GoTTWALT Cur. Hirscu, lich sein, neben weiteren Untertypen doch einen Obertypus des Schlingers zu finden. Leider kann im Rahmen dieser Arbeit nicht darauf ein- gegangen werden (vgl. die kurze Zusammenstellung in: JORDAN, Vergl. Physiologie, Vol®1, p. 643). Bedeutsam ist es, das ganz niedrig differenzierte Tiere: manche Protozoen, Cölenteraten, und auch recht hoch differenzierte: Schlangen, ihre Beute verschlingen. b) Die Kratzer. Die bestuntersuchten Gastropoden gehören zu ihnen, unter meinen Formen: Murex, Tritonium, Natica. — Eine höhere Differen- zierung und einen großen Vorteil für das Tier sehe ich im Besitz eines Festhaltorgans: des Fußes. Er umklammert die Nahrung mit Vorder- und Hinterfuß oder röhrenartig mit den Seiten des Fußes (Tritonium). So können die Tiere einen Gegenzug zum Zug der Radula ausüben. — 2. Sehr nützlich ist der Rüssel, den die räuberischen Prosobranchiaten ausbilden; sein Zweck ist: Vortragen des Kratzwerkzeuges auf mehrere Zentimeter durch kleine Öffnungen (Afterloch eines Krebses, Bohrloch einer Muschel, S. 381 u. 363). Doch ist seine Ausbildung nicht typisch für alle Kratzer: Helix hat keinen. — 3. Pharynx und Radula sind kleiner als bei Schlingern, haben weniger Zähne. — 4. Am wichtigsten ist die Radula- bewegung: wie eine Kreissäge von vorn-unten nach hinten-oben (vgl. S. 385). Ein Schlingen ist dadurch kaum möglich, aber ein Abkratzen, Abschaben, Abweiden, besonders wenn der Fuß festhält und die Kiefer beim Zerstückeln oder Festhalten der Nahrung helfen. — 5. Die Kiefer haben hier wohl — außer einfachem cuticularem Schutz — zwei Aufgaben: a) die Nahrung festzuhalten; Beispiel: Helix; der Oberkiefer legt sich auf das Blatt darauf und hält es fest, die Radulasäge kommt von unten und reißt Stücke des so feststehenden Blattes ab.!) — b) Es ist möglich, daß die Kiefer bei manchen Tieren folgende Aufgabe haben: die Radula zieht größere Bissen herein, drückt sie gegen die unbeweglichen, säge- förmigen Kiefer und reißt damit die Nahrungsbrocken entzwei.”) Es könnten auch noch durch den Sphincter des Mundes pflanzliche Teile zertrennt werden (?).?) — 6. Gemäß der Radulabewegung, den Festhaltorganen (Fuß, Kiefer) sind die Tiere imstande, von 1) Näheres JORDAN, Vergl. Physiol., Vol. 1, p. 274. — MEISEN- HEIMER, Weinbergschnecke, Leipzig, 1912, p. 48, der allerdings annimmt, daß die Oberkiefer schneiden. 2) SIMROTH-BRONN, Prosobr., p. 490. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 393 sroßer Beute kleine Stücke abzutrennen. — 7. Dies er- fordert sehr viel Zeit: bis zu 20 Stunden. Die Nahrungsmenge ist infolge der mühseligen Raspelarbeit geringer als bei Schlingern: Natica bis '/, des eignen Gewichtes, Arion 1/,, Helix !/3—!/s.!) — 8. Das Raspeln (besonders mit Rüssel) hat den Vorteil, gepanzerte Tiere durch kleine Öffnungen ausfressen zu können (Murex, Natica), die Nahrung zerkleinert, also mit größerer Oberfläche den Fermenten zu iiberliefern. Sie hat den Nachteil langer Zeit der Aufnahme und geringer Menge der Nahrung. Es sei hier kurz angeführt, daß bei den niedrigen Proso- branchiern die Kolbenbewegung der Radula sehr gering ist; die Zungenspitze bleibt hinter den Kiefern. Deswegen schneiden die Kiefer wahrscheinlich allein ?),, und die Radula hat nur Schluck- arbeit. Diese Fälle müßten von den Kratzern getrennt werden als „Schneider“. Genaueres scheint nicht bekannt zu sein. Diese verschiedenen Typen der Nahrungsaufnahme bedingen einen Teil der grundsätzlich verschiedenen’ Organisation der Er- nährungsorgane und der verschiedenen Arten der Verdauung. Das werden wir später zusammenstellen (S. 467—474). Hier sei noch kurz gesagt: es ist gewiß von großer Klassi- fikationsbedeutung gewesen, die Zähne und Zahnformeln der mannig- faltigen Radulae festzustellen. Aber wichtig für die Kenntnis der Gesamtorganisation und der Lebensweise, wichtiger damit für unsere Lebenserkenntnis sind die Beziehungen von Radula- bau zu Nahrungsaufnahme, von Nahrungsaufnahme zu Darmbau und Verdauung des Tieres! Hier müssen plan- mäßige und beziehungsreiche Untersuchungen einsetzen. 3. Kapitel. Die Verdauung. Wir haben den Weg der Nahrung soweit verfolgt, bis sie in den Körper des Tieres hineingebracht worden ist. Durch den Oso- phagus, vermittels Peristaltik werden die Nahrungsbrocken zum 1) Yung, EMILE, Contributions à l’histoire physiol. de l’escargot, in: Mem. cour. Mém. Say. étrangers. Acad. Belg., Vol. 49, 1888, No. 1. 2) SIMROTH-BRONN, Prosobr., p. 491. 394 Gorrwatt Cur. Hirsch, Verdauungsorte hinabgeleitet. Hier wird dann die Nahrung von den Fermenten angegriffen, die großen Nahrungsstücke werden zer- trümmert: jetzt können die Zellen der Mitteldarmdrüse die Nahrung aufnehmen und weiter umsetzen. Es ist zweckmäßig, bei den einzelnen Arten gesondert die Ver- dauung zu beschreiben. Zum Schluß werde ich eine allgemeine Vergleichung durch Gliedern der typischen Erscheinungen versuchen. I. Vorbemerkungen. 1. Definition für die Benennung. Bevor ich die Verdauungsorgane schildere, muß ich einige all- gemeine Definitionen für die Benennung der Organe für mich fest- stellen. Es fällt mir schwer, mich manchem falschen Sprachgebrauch fügen zu müssen; wir werden am Ende dieses Kapitels sehen (S. 458), wie falsch die meisten üblichen Bezeichnungen sind, wie unrichtige Analogien sie ausdrücken. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn große synthetische Lehrbücher planmäßig rechte Bezeich- nungen einführten; eine Einzelarbeit kann das nicht. a) Die Summe der Verdaungsorgane ist der Verdauungs- tractus. Seine Grundlage bildet ein langes Rohr: das Darmrohr ’), dem Verdauungsdrüsen und mechanische Werkzeuge ansitzen. Die Gliederung des Darmrohres geschieht nach entwicklungsgeschicht- lichen Gesichtspunkten in Vorderdarm, Mitteldarm, Enddarm. b) Die Drüsen des Darmes werden nach ihrer Lage am Darm- rohr benannt. Sie werden also als Vorderdarmdrüsen, Mitteldarm- driisen'), Enddarmdrüsen bezeichnet. Sind mehrere vorhanden, be- nenne ich sie nach einem bezeichneten Merkmal, z. B. ihrer Lage. c) Der Verdauungsort entsteht durch Ausbuchten und Er- weitern des Darmrohres. Solche Ausbuchtungen des Vorderdarmes nenne ich einen Kropf?); Ausbuchtungen des Mitteldarmes mit Mündungen der Mitteldarmdrüse einen Magen.*) So ist mit jeder Bezeichnung eine vergleichende Beziehung ausgedrückt; dadurch wird die Übersicht über den komplizierten 1) Beide Bezeichnungen sind (in Analogie zu den Wirbeltieren) falsch! (s. S. 458). 2) Wenn ich auch weiß, daß dieser Verdauungsort nicht völlig analog dem gleichnamigen der Wirbeltiere ist (vgl. S. 458). Ernahrungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 395 Gastropodendarm erleichtert, und es kann mit jenen nichtssagen- den Namen aufgeräumt werden wie: LeısLeis’sche Drüse, Jabot, Organ am Schlund, Himbeerdrüsen usw. (Näheres über Darm- typen s.S. 467— 474.) d) Für kleine Werkzeuge des Darmes werde ich physiologische Bezeichnungen vorschlagen wie: Stauwülste, Leitrinnen, Filter, Ven- tile usw. 2. Methodik und Technik. Unter Methodik verstehe ich die gedankliche Anlage der Ver- suche, unter Technik die praktische Ausführung der Versuche. Für die Morphologie haben wir eine alte Methodik und Technik; für die Physiologie muß erst aus dem bisher für Wirbeltiere An- gebenen ausgesiebt werden, muß sich manches den Verhältnissen bei Wirbellosen anpassen; vor allem ist eine Kritik der Ergebnisse in der Physiologie erst nach Kenntnis der Methodik und Technik mög- lich: zwei gleiche Ergebnisse, auf verschiedenen Wegen erforscht, sind stets verschieden einzuwerten. Deswegen müssen Methodik und Technik angegeben werden. Grundsätzliches in der Methodik. Bevor ich einige technische Angaben mache, darf ich einiges Grundsätzliche in der Methodik: der gedanklichen Anlage der Versuche ausführen; denn ich stehe hier im Gegensatz zu den meisten Autoren der Physiologie Wirbelloser; meine Kritik ihrer Arbeiten wurzelt in der Kritik ihrer Methodik. Die Beschreibung der oo LE geht von folgenden Überlegungen aus. Wir können uns den Ablauf des Lebens, den wir erforschen wollen, bildlich klarmachen an einem einzigen Lebensvorgang in einem Organ. Nehmen wir als Beispiel die Secretion und Ver- dauung. Wir stellen folgende bekannte Geschehnisse fest: die Secretzelle nimmt Stoffe aus dem Blute auf, arbeitet sie um zu Fermenten, diese häufen sich an, werden bei Bedarf abgegeben, werden wirksam durch einen Aktivator, wirken außerhalb der Zelle; die Zelle bildet neue Fermente, — usf. Wir unterscheiden hier eine Anzahl von Geschehnissen oder Arbeiten. Wir sehen aber sofort, daß diese alle miteinander in natürlichen Beziehungen stehen, ab- hängig voneinander sind; das eine Geschehnis bedingt das folgende. Wir können diese innigen Beziehungen der einzelnen Geschehnisse 396 Gorrwazr Car. Hirscu, dadurch bildlich ausdrücken, daß wir sagen: diese zusammenhängende Reihe der Geschehnisse bildet eine Kurve, wobei dann die einzelnen Geschehnisse Punkte der Kurve wären. Dabei müssen wir uns klar sein, daß wir willkürlich einzelne Beobachtungen, d. h. Punkte der Kurve, unterschieden haben; in natura fließen die einzelnen Punkte oder Geschehnisse ineinander über; jeder beschriebene Punkt einer solchen Kurve ist willkürlich unterschieden. (Wir können aber die Kurve nicht anders be- schreiben, als daß wir Punkte herausgreifen, ihre Lage bezeichnen und so den Verlauf der Kurve angeben.) Fließen die einzelnen Punkte der Kurve ineinander über, so sehen wir darin eine Bewegung: das Abrollen der Kurve zeigt uns den Weg, auf dem die Geschehnisse in einem Organ sich be- wegen. In jedem Organ rollen dauernd solche Bewegungen. Sehen wir einmal bestimmte Vorgänge wie Aufnahme der Nah- rung, Verdauung, Secretion, Resorption, Umsatz usw. als je eine einzige Bewegung an (trotzdem wir wissen, daß jede dieser Vor- sänge aus mehreren Bewegungen resultiert), dann können wir sagen: alle diese hängen zusammen; sie bilden eine Kette von Bewegungen: die Ernährung. Und die Ernährung bildet mit anderen solchen Ketten zusammen die große Kette des Lebens in einem Organismus. Wir gehen jetzt daran, die Ernährung zu beschreiben. Wir tun es, indem wir jede dieser einzelnen Bewegungen schildern: Nahrungsaufnahme, Verdauung usw. d. h. indem wir ihren Verlauf angeben oder, um im Bilde der Kurve zu bleiben, indem wir möglichst viele Punkte der Kurve beschreiben, also möglichst. lückenlos die Geschehnisse hintereinander im Zusammenhang. Da- durch erkennen wir die natürlichen Beziehungen (vgl. 8.360). Auf der Kurve liegen dann die Punkte wie Stufen: wir stellen also eine Stufenuntersuchung an. Das scheint mir grundsätzlich wichtig. Und solche Stufenuntersuchungen sind bisher nicht genügend in der Ernährungsbiologie Wirbelloser angestellt worden. Die Phy- siologie Wirbelloser ist zumeist als Nebensache untersucht oder zum „Vergleich“ mit der Physiologie der Wirbeltiere. Man hat zumeist irgendein Geschehen beschrieben, d. h. — um im Bilde zu bleiben — willkürlich einen einzigen Punkt einer „Kurve“ herausgegriffen, womöglich diesen mit einem einzigen Versuch „bewiesen“ und dann Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 397 behauptet, das Geschehen im Organ, also die Kurve der Bewegung, erklärt zu haben. Darf ich ein Beispiel geben, wie es mir selbst zuerst ge- sangen ist: ich nahm wahllos Pleurobranchaea, wie sie mir aus dem Meere geliefert wurde, und prüfte ihre Protease in Mitteldarmdrüse und Kropfsaft. Ich erhielt beistehende widersprechende Ergebnisse, aus denen man höchstens ersehen könnte, daß es sich hier um eine „schwache Protease“ handle, denn in der Mitteldarmdrüse sind 3 Fälle positiv, 4 Fälle negativ; im Kropfsaft 6 Fälle negativ, 8 Fälle positiv. varbieilier ie Mitteldarmdrüse Kropfsaft Casein 0,05 %/0 — =e 2 ’ 3 0 is = + + Karminfibrin + + = = a == aL os Muskelprobe + — a = 4 ar Dabei muß Pl. eine starke Protease haben, denn sie ist ein reiner Fleischfresser. Woran liegen diese widersprechenden Ergebnisse? Die Ver- dauungsfähigkeit ist abhängig von der Fermentbildung (Secretion); diese ist aber eine Kurve einzelner zusammenhängender Gescheh- nisse (wie oben ausgeführt). Ich kann also nicht wahllos irgendein Tier nehmen, von dem ich nicht weiß, in welchem Punkt dieser Kurve seine Secretion sich befindet, dann erhalte ich die bei- stehenden widerspruchsvollen Ergebnisse: mal ist das Ferment fertig gebildet und ausgeschieden, mal nicht (vgl. S. 480). Sondern ich stelle jetzt planmäßig eine Stufenuntersuchung an: ich gehe von einem bekannten Punkt der Kurve aus: vom Tier, das 3 Wochen hungerte, und erforsche, wie die Secretionsorgane und die Fermente im Kropf sich 1/,, 1, 3, 6, 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme verhalten. Dann bekomme ich ein klares Ergebnis: zu verschiedenen Zeiten verhält sich die Fermentbildung verschieden (vgl. S. 450). Das Ergebnis jeder dieser einzelnen Stufen ist ein Punkt der Kurve; ich erhalte also (den Ausgangspunkt mitgerechnet) 6 Punkte, aus denen ich eine Kurve einigermaßen konstruieren kann; diese zeigt mir dann die Bewegung der Hauptarbeit der Secretzelle: Ferment- bildung und Abgabe; damit zwar nicht das ganze Leben dieses Organes — denn dieses baut sich noch aus vielen Nebenarbeiten 398 Gorrwatt Cur. Hirscu, auf! —, wohl aber einen wichtigen Teil dieses Lebens. Und den wollte ich ja zunächst finden. Um die Arbeit eines Organs zu verstehen, sind wir also ge- zwungen, das Organ planmäßig in verschiedenen Ar- beitsstufen zu untersuchen; nur auf diesem Wege können wir den Verlauf der Organarbeit verfolgen. Darauf muß im Gegen- satz zu vielen früheren Untersuchungen an Wirbellosen hingewiesen werden. Selbstverständlich ist es notwendig, die Tiere während der Zeit, die bis zum Ablauf des Versuches verstreicht, unter gleichen Bedingungen zu halten, um die Wirkung anderer Faktoren mög- lichst auszuschalten. — Auch die Anatomie kennt solche Bewegungskurven: die Onto- genie und Phylogenie. Jeder Anatom hält die Angabe nur einer einzigen Entwicklungsstufe für eine ungenügende Beschreibung der Ontogenie. Aber in der Literatur über die Verdauung Wirbelloser gibt es zahlreiche Angaben eines einzigen Punktes in der Bewe- gungskurve der Fermentbildung und Verdauung. Die Morphologie ist die Lehre von der Bewegung des Form- bildes; die Entwicklungsgeschichte (Ontogenie und Phylogenie) be- wegt kinematographisch die vielen scheinbar feststehenden Formen in einer Bewegungskurve. Darum ist sie der „wahre Lichtträger für Untersuchungen über organische Körper“ (C. E. v. BAER). Die Physiologie ist die Lehre von der Bewegung der Stoffe innerhalb des Körpers. Die Stufenuntersuchung bewegt kinemato- graphisch die vielen, in einem Augenblick scheinbar feststehenden Geschehnisse des Körpers in einer Bewegungskurve Darum ist die Stufenuntersuchung der wahre Lichtträger für Untersuchungen des Stoff- und Kraftwechsels. Ich weiß wohl, daß solche Stufenuntersuchungen in der Biologie der Wirbeltiere oft gemacht werden, wenn auch ihre gedankliche Grundlage nicht so ausgesprochen wurde; ich weiß wohl, daß die Entwicklungsgeschichte nur mit solchen Stufenuntersuchungen ar- beitet; aber gerade deswegen mußte diese Methodik einmal für die Ernährungsbiologie Wirbelloser besonders gefordert und unter- strichen werden. Einige technische Angaben. 1. Die Schwierigkeit der Untersuchungen über die Schneckenverdauung ist begründet in verschiedenen Umständen: Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 399 a) Die Saftmenge, die sich an den Verdauungsorten (im Kropf und Magen) findet, ist meist sehr gering, muß daher, wenn sie für die Prüfung auf mehrere Fermente ausreichen soll, ziemlich ver- dünnt werden (ca. 1:1—2). Das beeinträchtigt den Reaktions- verlauf. b) Es ist nur schwer möglich, die einzelnen Secrete nach ihrer Entstehung zu trennen. In das Darmrohr ergießen sich aus ver- schiedenen Drüsen die Fermente Man kann die Drüsen nicht ab- binden, da man die kleinen Tiere nicht operieren kann, weiß also nicht, aus welchen Drüsen die Fermente im Verdauungssaft stammen. Man kann es nur dadurch sehr wahrscheinlich machen, daß man den Verdauungssaft prüft und die einzelnen Drüsen durch Extrakte. Findet man nun ein Ferment im Saft und Drüse 1, aber in Drüse 2 nicht, so stammt das Ferment eben aus der Drüse 1. c) Es gelang mir nicht, Drüsen der untersuchten Gastropoden durch den elektrischen Strom zu reizen. Ich war also ganz auf die Extraktmethode angewiesen, die nur unter besonderen Voraussetzungen klare Ergebnisse liefert (s. S. 400). d) Die Tiere haben meist einen sehr komplizierten Bau; be- sonders die Prosobranchier sind im Gehäuse ganz dicht zusammen- gepackt, daher sind die Organe. nicht leicht physiologisch zu trennen. e) Manche der untersuchten Tiere haben — wie wir sahen — eine Lebensweise, die ihre Nahrungsaufnahme verbirgt; deswegen kann man den für die Untersuchung so wichtigen Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme nicht feststellen. f) Manche Tiere waren nicht zu jeder Zeit zu haben (Tritonium, Pleurobranchaea im Sommer). All diese Schwierigkeiten erklären Lücken der Arbeit, die bei den Haustieren der Physiologie nicht vorzukommen brauchen. 2. Das Verfahren. a) Am besten ist es, reinen Verdauungssaft zu den Ver- suchen zu benutzen. Er findet sich im Magen oder im Kropf und ist je nach dem Verdauungsstadium, in dem sich das Tier befindet, verschieden an Menge und Kraft; daher die Stufenversuche Aus dem Kropf eines Heteropoden oder Opisthobranchiers gewann ich den Saft durch vorsichtiges Aufschneiden des Tieres, Freilegen des Kropfes. Der Vorderdarm wurde dicht vor seinen Mündungsstellen in den Pharynx und den Mitteldarm mit 2 Klemmpinzetten zu- sammengedrückt, oben und unten abgeschnitten, auf ein Uhrschälchen 400 Gorrwazr Car. Hırsch, gelegt und auf Fermente untersucht. — Der Saft von Natica und Murex wurde durch Anstechen des Magens vermittels einer ganz spitz ausgezogenen Glasröhre gewonnen. Für die Fermentuntersuchung wurde der Saft mit Toluol-See- wasser ca. 1:1 verdünnt (Herstellung des Toluol-Seewassers durch Aufgießen von ca. 5°/, auf filtriertes Seewasser; kräftig schütteln; es lösen sich ca. 3°/,). Ich wählte absichtlich filtriertes Seewasser und kein destilliertes Wasser, weil der Saft wie alle Körperflüssig- keit der Schnecken größtenteils aus Seewasser besteht; es fallen auch bei Znsatz von destilliertem Wasser Globuline aus. Durch Kontrollversuche mit Toluol-Seewasser habe ich mich stets gesichert. Der Saft wird filtriert und auf Fermente untersucht. b) Die Extraktmethode. Sie ist überall angewendet, wo der Ort der Secretion festgestellt werden sollte. Das Organ wurde isoliert und herausgelöst, im Reagenzrohr mit der 3fachen Menge Toluol-Seewasser 2—3mal abgespült. Dann wurde das Organ (bei sehr kleinen Tieren oft 3—10 Organe derselben Stufe) in einer Reibschale mit Quarzsand zerrieben und die 1—2fache Menge Toluol-Seewasser hinzugefiigt. Vorherige Reinigung des Sandes durch Kochen, Auswaschen; Kontrolle, ob in ihm Fermente. — So extrahierte das Gemisch 24 Stunden mit 1 Tropfen Toluol und Watteverschluß. War die oben abgesetzte Flüssigkeit danach zu dicklich, so zentrifugierte ich; dann filtrieren. Die Extraktmethode liefert nur unter folgenden Bedingungen einwandfreie Ergebnisse: 1. Jeder Versuch muß oft wiederholt werden. 2. Die Bildung und wechselnde Kraft des Ferments nach der Nahrungsaufnahme war entscheidend (Stufenuntersuchung). 3. Das Ferment muß sich auch im Verdauungssafte finden. 4. Das Ferment darf möglichst in anderen Drüsen nicht vor- kommen. Ein einziger beliebiger Extraktversuch ohne Vergleiche liefert keine einwandfreien Ergebnisse, denn es kann sich beim Fund auch um ein nur intracelluläres Gewebsferment handeln.) 1) Den Unterschied zwischen nur intracellulären Gewebsferment und extracellulären Ferment s. PÜTTER, Vergl. Physiologie, 1911, p. 243f., HIRSCH, Gortw. Cur., Zur Kritik der Seidenpeptonmethode und der intrazellulären Protease, in: Ztschr. physiol. Chem., 1914, Vol. 91, p. 78. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 401 c) Das weitere Verfahren. Es ist am besten, mit dem- selben Organextrakt auf mehrere Fermente zu prüfen der Bezie- hungen wegen. Ich füllte also z. B. 5 kleine Reagenzröhren mit je 1 cem Fermentlösung (am besten Röhren von 17 mm Durchmesser und 95 mm Länge), dazu die unten angegebenen Substanzen zur Prüfung, etwas Toluol (nicht mehr als ein Tropfen, da sonst störende Niederschläge entstehen). Watteverschluf. Von größter Wichtigkeit sind die Kontrollversuche, die unten bei jeder Fermentreaktion angegeben sind. Sie wurden gleichzeitig mit dem Versuch angestellt. Auf den nachfolgenden Fermenttabellen sind nur die Versuche als positiv angegeben, bei denen die Kontrollversuche negativ ausfielen. Sämtliche Versuche wurden bei Zimmertemperatur, also bei ca. 23° C, ausgeführt. Erhöhte Temperatur hielt ich für unzweck- mäßig für Wirbellose, denn sie entspricht nicht der Körpertemperatur des Tieres. Die Prüfung dieser langsam wirkenden Fermente erfolgte am 1. Tage viermal, am 2. und 3. zweimal. Länger als 3 Tage die Ergebnisse abzuwarten, war zwecklos. Pipetten, Reagenzröhren und andere Geräte wurden peinlich sauber gehalten. Die Proben bei Casein und auf Lipase fanden so statt: mit einer Pipette wird ca. !/, ccm dem Verdauungsgemisch entnommen, in ein kleines Re- agenzrohr gespritzt und wie unten angegeben kontrolliert. Zur Antisepsis mußte stets ein Tropfen Toluol beigegeben werden. d) Einzelne Fermentreaktionen. 1. Auf Protease. Ich wandte 4 Methoden an. Die Casein- methode!) ist vortrefflich: 0,1 g Casein mit wenig H,O anrühren, mit 10 Tropfen 10°/, Sodalösung unter leichtem Erwärmen lösen, auf 200 ccm mit destilliertem Wasser auffüllen. Die Lösung wird in einer Flasche aufbewahrt, die mit Chloroformwasser vorher aus- gespült wurde Ein paar Chloroformkugeln auf dem Boden. — 5 ccm dieser Lösung mit 1 ccm der Verdauungsflüssigkeit mischen. — Prüfen (s. oben) durch Hinzufügen eines Tropfens 33°), Essig- säure. Fällt das Casein nicht aus, so ist es nicht verdaut. — Recht geeignet war es, auch eine 0,5°/, Lösung zu gebrauchen. — 1) MICHAELIS und EHRENREICH, in: Biochem. Ztschr., Vol. 10, 1908, p. 283. 402 Gorrwatr Cur. Hırsch, Sehr geeignete Technik mit guten Erfolgen. Man muß die Casein- lösung vor Faulnis schützen und alle Tage nachprüfen, ob auch in der reinen Caseinlösung noch ein Niederschlag entsteht. Weitere Kontrollen mit dem Toluol-Seewasser und einem gekochten Ver- dauungsgemisch. Die Methode mit Karminfibrin’) ist ebenfalls sehr geeignet, da sie sehr einfach ist und klare Ergebnisse zeigt; geeignet auch für kleine Verdauungsmengen. Auch kann man in ein aufge- schnittenes Organ Fibrin hineinlegen und den Zerfall beobachten; aber sichere Ergebnisse sind das nicht, wegen mangelnder Asepsis. Hergestellt wird es: frisches Fibrin mit Hackmaschine zerkleinert, lange ausgewaschen, im Handtuch ausgepreßt. Herstellung einer 5%, Karminlösung in destilliertem Wasser mit ein paar Tropfen Ammoniak. Darin das Fibrin 24—48 Stunden. Wieder auswaschen, dann in Glaskrause mit eingeriebenem Glasstöpsel mit Glycerin eben bedecken. — Es werden ein paar Fasern zu 1 ccm der Ver- dauungsflüssigkeit hinzugetan; Rotwerden und Auflösung des Fibrins. Seewasser hat keinen Einfluß auf die Färbung, also ist eine Fär- bung mit Magdalarot nicht notwendig. Gelegentlich wurden auch Versuche mit alkalischen Verdauungsflüssigkeiten gemacht, ebenfalls keine Zersetzung des Farbstoffes. — Karminfibrin ist ratsamer als einfaches Fibrin, da es deutlicher zu erkennen ist in den oft trüben Flüssigkeiten. Allein eine Rotfärbung der Flüssigkeit ist noch kein Beweis für eine gute Verdauung; ich rechne nur solche Ver- suche als positiv, bei denen Fibrin deutlich verdaut wurde _ Die Seidenpeptonmethode?) hat sehr viel Bestechendes. Nach der Gebrauchsanweisung der Firma HoFFMAnN-LAROCHE (Gren- zach, Baden) und nach ABDERHALDEN?) ist die Bereitung folgende: Man verwendet eine 50°, wässrige, klare Lösung von Pepton ROCHE“ (ev. mit 10°/, Natriumcarbonat neutral machen). Dieser Lösung wird entweder die Fermentlösung hinzugefügt, oder das be- treffende Organ wird hineingehängt. Dann wird Abscheidung von Tyrosinkrystallen beobachtet. Ich habe so gehandelt: das zu unter- suchende Gewebe wurde auf einen Objektträger gebracht und aus- gebreitet. Der Objektträger mußte ebenso wie das gleich ge- 1) GRÜTZNER, Habilitationsschrift, Breslau 1875. 2) Vel. Hirscu, G. CHr., Zur Kritik der Seidenpeptonmethode u. d. intrazellulären Protease, in: Ztschr. physiol. Chem., Vol.91, 1914, p.78. 3) ABDERHALDEN und SCHITTENHELM, in: Ztschr. physiol. Chem., Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropodén. 403 brauchte Deckglas sorgfältig mit Chloroformwasser gereinigt werden. Dann kommen 3—5 Tropfen Peptonlösung auf das Gewebe, dazu 1 Tropfen Toluol. Das Ganze in eine feuchte Kammer. Die Reaktion ist ausgezeichnet; in allen Fällen‘ viele Tyrosinkrystalle. Kon- trolle: sie gab mit Trypsin Merck Tyrosinkrystalle. Aber leider nicht nur diese betreffenden Drüsen, sondern auch sämtliche Kon- trollen mit anderen Fleischstücken desselben Tieres und anderer Tiere zeigten nach einiger Zeit unverkennbare T'yrosinkrystalle, so z. B. Stück Fuß von Natica nach 19 Stunden, Geschlechtswerk- zeuge und Niere desselben Tieres nach 20 Stunden, ein Stück Seitenmuskel von Blennius nach 23 Stunden, von Martenia ein Stück des Mantels nach 23 Stunden, von Pleurobranchaea ein Stück des Fußes nach 20 Stunden, von Scyllium Rückenmuskeln nach 15 Stunden (Kontrollen mit filtriertem Seewasser waren negativ). Auch alle Gewebe der Muscheln Tapes, Lucina, Mactra gaben positive Re- aktion, dabei ist bisher bei Muscheln noch keine Protease nachge- wiesen worden. Gewib, diese Gewebe geben nicht ganz so viel Tyrosinausschei- dung wie z. B. die große Vorderdarmdrüse von Natica, bei der ick auch mit anderen Techniken Protease nachweisen konnte. Aber immer waren es viele deutliche Krystalle. Das ist sehr interessant, denn es spricht für eine überall vorhandene Gewebsprotease, wie sie ja auch schon sonst nachgewiesen worden ist. In diesem wie im klinischen Sinne hat die Seidenpeptonmethode ihre große Bedeutung und kann noch weiter ausgebaut werden. Aber leider ist sie zum Nachweis einer besonders lokalisierten und über- schüssigen Protease in Verdauungsdrüsen nicht brauchbar, denn sie ist zu empfindlich. Eine 4, selten von mir angewendete Methode ist die: man nimmt ein wenig Muskelfleisch von einem Krebs oder Fisch, zerzupft es, bis man unter dem Mikroskop deutlich die Quer- streifung sieht, fügt dann von der Verdauungsflüssigkeit und einen Tropfen Toluol hinzu und stellt das Ganze in eine feuchte Kammer. Nach einiger Zeit kontrolliert man, ob der Muskel angedaut ist. — Die Methode eignet sich für ganz kleine Mengen Verdauungssaft. Sie ist aber deswegen nicht recht geeignet, weil sie für eine solche Vol. 59,1909, p. 230; Vol. 61, 1909, p. 421. — ABDERHALDEN und HEISE, ibid., Vol. 62, 1909, p. 136; Vol. 74, 1911, p. 409. 404 GOTTWALT CHR. Hirsch, Menge Versuche, wie ich sie gleichzeitig ansetzte, zu mühsam ist und weil sie nicht aseptisch gehalten werden kann. 2. Die Prüfung der Amylase: zur 1°/, gekochten Stärke- lösung kam ein wenig Chloroform, dann hielt sie lange. — 2 ccm Stärke mit 1 ccm Fermentlösung versetzt. Prüfung einer Probe mit verdünnter Lucor’scher Lösung. Zuckerprobe nach Moor und TROMMER. — Kontrollen jedesmal: 1. mit Seewasser und Stärke, 2. mit gekochter Fermentlösung und Stärke, 3. das fertige Gemisch. Alles auf Zucker. 3. Die Prüfung auf Lipase: 6 ccm Olivenöl wurden mit 300 ccm destilliertem Wasser 1 Stunde im Schüttelapparat ge- schüttelt, dann überstehendes Öl mit Filtrierpapier abgesaugt. Auf- bewahren in einer Flasche mit Chloralhydrat. — Zur Probe werden 3 ccm Emulsion mit 1 ccm Fermentlösung gemischt.!) Es wird so- fort eine Kontrollprobe aus diesem Gemisch entnommen, diese wird geprüft, wie später alle Prüfungen angestellt werden: Hinzufügen der gleichen Menge absoluten Alkohols zur Lösung des Fettes. Titrieren mit 7/,, n NaOH gegen einen Tropfen Phenolphtalein. Hin- zugefügte Menge NaOH wird notiert. Prüfen täglich 3—4mal. Die Menge der gebildeten Fettsäure wird bestimmt durch die Menge der später hinzugefügten n/,, NaOH weniger der ersten Kontroll- hinzufügung. 4. Die Prüfung auf Cellulase: Fließpapier ist nicht ge- eignet, da es selten ganz reine Cellulose und zu schmutzig ist. Besser sind Zwiebelhäutchen, die man erhält, wenn man die Zwiebel auseinanderbricht und die feinen Häutchen herausnimmt, die die Schichten voneinander trennen. Diese Häutchen werden in kleine Stücke zerschnitten und 24 Stunden in eine 0,5°/, Karminlösung ge- legt, dann gründlich gespült und in Glycerin gebracht. Hier kann man sie lange bewahren. Zum Versuch wird ein Stück in destil- liertem Wasser abgespült und in 1 ccm der Fermentlösung gelegt. Ist Cellulase vorhanden, so löst sich das rotgefärbte Häutchen sicht- lich. — Kontrolle mit Seewasser. Die mikroskopische Untersuchungdes Verdauungs- saftes hat zu unten angegebenen Ergebnissen geführt. Ich habe den Verdauungssaft in Stufenuntersuchungen geprüft, zunächst bei schwacher Vergrößerung, später bei Emulsion. Ich könnte so die 1) PAUL MAYER, in: Biochem. Ztschr., Vol. 2, 1906, p. 39. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 405 Fortschritte der Verdauung am allmählichen Verfall der Nahrung feststellen, die Umbildung des Secrets usw. Aufschlüsse erhält man nur, wenn man Stufenuntersuchungen macht. IL Natica. Die Morphologie des Darmes ist bisher von HALLER !) im ganzen beschrieben worden. FiscHer ?) untersuchte den Magen, AMAUDRUT ?) den Vorderdarm. Die Darstellungen verfolgen kurz rein anato- mische Fragen. Eine physiologische Deutung fehlt; Hazzer’s Erörterungen darüber sind rein vermutende, falsche Vergleichungen mit dem Magen der Wirbeltiere. Wegen der Schwierigkeit der Untersuchung eines so unter- irdisch lebenden Tieres habe ich an ihm verhältnismäßig die wenig- sten physiologischen Tatsachen unter den 4 untersuchten Formen feststellen können. 1. Der Vorderdarm und seine Arbeit. Ein Blick auf Fig. A zeigt, daß der Vorderdarm von Natica in verschiedene Abschnitte zerfällt: vorn sitzt ein Pharynx auf, mit einem vertikal etwas ausgezogenen Rhynchostom. Der Ösophagus zieht glatt hin zum Magen; vorn sitzen ihm 2 Drüsen auf: die kleine und große Vorderdarmdrüse (Speicheldrüsen und jabot der Autoren). a) Der Bau des Vorderdarmes. Die Nahrung gelangt zunächst in die Pharynxhöhle (S. 385). Im ausgestreckten Zustande ist diese Höhle geräumig, im zusammen- gezogenen dagegen erscheint sie auf einem Querschnitt wie ein schmaler sehr niedriger Raum, in den von rechts und links einige Falten hineinragen, die sich bei der Nahrungsaufnahme auseinanderschieben. Im hinteren Teile der Pharynxhöhle bemerkt man einen feinen, ziemlich langen Spalt in der Längsrichtung der Höhle. Dieser Spalt ist bedeutend erweiterungsfähig; durch ihn gelangt die Nahrung in den Ösophagus. 1) HALLER, B. v., Die Morphologie der Prosobranchier, in: Morphol. Jahrb., Vol. 18, 1891, p. 465. 2) FISCHER, H., Recherches sur la morphologie du foie des Gasté- ropodes, in: Bull. sc. France Belgique, Vol. 24, 1892, p. 293. 3) AMAUDRUT, A., in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 7, 1898, p. 1. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 27 Mitteldarm------- Osophagus SETZEN 406 GortwaLt Cur. HızscH, Der Osophagus liegt vorn dem Pharynx dicht auf und steht mit ihm in Verbindung durch den ebenerwähnten Spalt. Er ist im Nichtgebrauch ein platter niedriger Gang wie die Pharynxhöhle, so. daß im Querschnitt beide zusammen wie eine römische Eins aus- sehen: unten der Pharynxspalt, oben der Osophagusspalt. Oder man kann es auch ansehen als eine große Höhle, in die von beiden Seiten, rechts und links, 2 mächtige Wülste hineingewachsen sind. Amav- prUT!) legt auf diese Wülste besonderes Gewicht (La partie ante- Pharynx -------- oy à Osophagus ===: KI. Vorder- | #--— — After darmdrüse Br Gr. Vorder- ______ darmdrüse -- Enddarm -—-- After Enddarm --—-—- drüse Fie. B. Fig. A. Fig. A. Natica hebraea. Verdauungstractus. 2:1. Der After im natürlicher Lage. Nach frischen Tieren gezeichnet. Fig. B. Natica hebraea. Die Mitteldarmdrüse ist durchsichtig gedacht, um den Verlauf des Enddarmes zu zeigen: wie ein S gekrümmt biegt er vom Magen aus nach vorn-unten und schlingt sich dann im Bogen um den Osophagus herum. 2:1. Nach frischen Tieren. Ira: 2.10, pe21>. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 407 rieure de l’oesophage est élargie et présente dans son intérieure les deux bourrelets supérieures). An diesen Stellen münden die beiden Gänge der kleinen Vorder- darmdrüse, also gerade in den Spalt, der Pharynx und Ösophagus verbindet. Wenn hier das Secret der Drüse ausfließt, so muß es sich innig mit der durch den Pharynx aufgenommenen Nahrung mischen. Gehen wir auf unseren Schnitten ein Stück weiter nach hinten, so tritt der Ösophagus aus dem Pharynx heraus; er erweitert sein Lumen und ist bald doppelt so geräumig wie im Pharynx. Von den beiden großen Wülsten ist nichts mehr zu sehen; vielmehr ist der Ösophagus vielge- faltet, man kann bis zu 60 Falten auf einem Querschnittzählen. Je weiter der Ösophagus vom Pharynx entfernt ist, desto mehr Falten zeigt sein Inneres. Man kann sie auf- fassen als eine Ober- flächenvergrößerung für große Bissen, wahr- scheinlich auch als Leitrinnen für Nah- rungsteilchen. Eine kurze Strecke darauf wird die Wand des Ösophagus plötz- lich wieder glatt. All- mählich kommt eine einzigegroßeFaltevon Fig. C. Natica hebraea. Querschnitt durch den ; : - Osophagus. Die Osophagusklappe schließt nach oben Ber cos her, die mi den Osophagus gegen die sich bildende groBe Vorder- spitzen Enden ins Lu- darmdrüse ab. (Hämatoxylin-Eosin.) menhineinragt(Fig.C). Sie wird bald so groß, daß sie das ganze Lumen in 2 Teile teilt, einen unteren großen, einen oberen kleinen, schmalen. Diese große Falte ragt nur von der einen Seite in den Ösophagus hinein: von der anderen Seite kommt ein stumpfer Längswulst, auf den sich die große Falte darauf legt. Sie liegt nun so, daß sie bei Druck von 27% Bildung der großen Vorder- darmdrüse. 408 Gorrwazr Cur. Hirsch, unten nach oben die kleine, obere Höhle völlig abschließt, bei Druck von oben nach unten sich aber öffnet. Somit wirkt sie wie ein Ventil, das nur Stoffe von oben nach unten, aber nichts von unten nach oben hindurchläßt. Deswegen nenne ich diese Falte das Ösophagusventil. | Bevor wir jetzt den Osophagus weiter verfolgen, müssen wir zweier Drüsen gedenken, die dem Osophagus auflagern. Es sind zwei Drüsen, eine hinten und eine vorn, von verschiedener Größe. Ich nenne darum die vordere, kleine die kleine Vorderdarmdrüse (Speicheldrüse der Autoren). Sie sitzt wie eine zerfetzte weiße - Fläche dem Ösophagus auf und macht äußerlich durchaus den Ein- druck einer einzigen Drüse; daß es zwei sind, kann man nur auf Schnitten feststellen. Sie sind weißgelblich, zusammen von etwa viereckiger Gestalt. Ihr Aufbau ist folgender. Die Zellen sind maschenartig anein- ander gelegt, polygonal. Ihr Inhalt ist hell, oft mit feinem, faden- förmigen Gerinnsel erfüllt. Ihre Kerne sind eiförmig, liegen zumeist der Zellwand an. Zahlreiche Gänge durchziehen das Ganze: sie sind mit einem längsgeordneten Zellenbelag ausgekleidet, der lange dünne Kerne zeigt. Ein ebensolcher Überzug bildet eine feine Hülle der gesamten Drüse. — Der Hauptgang jeder der beiden Drüsen ist stark mit Flimmern ausgekleidet. Er verläßt die Drüse, läuft ganz kurz frei und verschwindet sehr bald im Bindegewebe des Ösophagus (zieht also nicht frei bis zum Pharynx, wie Hauer zeichnet). So dicht dem Ösophagus aufgelagert, läuft er unsichtbar rechts und links bis zu dem oben erwähnten Spalt, der den Öso- phagus von der Pharynxhöhle trennt. Das Lumen erweitert sich vorn ein wenig. Die linke kleine Vorderdarmdrüse mündet weit vorn direkt in die Pharynxhöhle an einer Stelle, wo auf dem Quer- schnitt kein Ösophagus mehr sichtbar ist. Die rechte mündet etwas weiter hinten. Histologisch zeigt der Ausführgang Epithelzellen mit außerordentlich hohen Wimpern, die zum Abwärtstreiben des Secrets dienen. Um den Hauptgang in der Drüse und um die beiden Aus- führgänge laufen Muskelfasern, die vermutlich das Secret durch Druck nach außen treiben. Der Raum zwischen kleiner und großer Vorderdarmdrüse ist ausgefüllt mit Bindegewebe; es glänzt wegen der dort eingestreuten Kalkkugeln. Wir hatten den Ösophagus verlassen, als er eben das Ösophagus- ventil gebildet hatte und damit in zwei Räume zerfiel. Der obere, Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 409 kleinere Raum schwillt nun auf einmal mächtig an, wird viel größer als das Ösophaguslumen und liegt nun als ein mächtiges Organ da: die große Vorderdarmdrüse (jabot, Vorderdarm- erweiterung der Autoren). Sie ist langgezogen-eiförmig, läuft meist vorn etwas spitzer zu als hinten. Ihre Farbe ist im Gegen- satz zu der kleinen Vorderdarmdrüse dunkelbraun, nur die vordere Spitze erscheint weißlich; diese ist .oft verschwunden, oft groß entwickelt. Schneidet man den Ösophagus von unten her auf, klappt das Ösophagusventil herunter, so sieht man sofort, daß die große Vorder- darmdrüse von Querwänden durchzogen ist, die sich von oben nach unten erstrecken und von hinten nach vorn geordnet sind. Auch von oben kann man sie durch die Hülle sehen. Damit hat also die: Drüse ihre Oberfläche bedeutend vergrößert. Aber nicht genug: diese Querwände sind wieder durchbrochen, so daß jetzt also Quer- balken entstehen. Man bekommt auf Quer- wie auf Längsschnitten immer das gleiche Bild: eine rundliche Hülle umgibt von rechts nach links ziehende Streifen. Jeder solcher Querbalken ist mit Drüsenzellen besetzt. Somit finden sich sehr viele Drüsenzellen in diesem merkwürdigen Organ. Untersucht man histologisch, so sieht man im Groben, wie in der weißen Spitze sich die Querwände nicht gebildet haben, sondern daß hier Längswände stehen, also senkrecht zu den Querwänden. Im feineren zeigt sich ebenfalls ein Unterschied: die Zellen der Quer- wände haben Secretzellencharakter, ich nenne sie also Secretzellen; die der Längswände haben wabiges Protoplasma, ich nenne sie also Wabenzellen. (Über die Histologie ihrer Arbeit s. S. 488; leider kann ich über eine verschiedene Arbeit dieser beiden Zellarten noch keine Aussagen machen.) Die Secretzellen sitzen den Querbalken auf wie eine Mytilus- Kolonie um einen Baumstamm. Die Querbalken bestehen aus Binde- gewebe mit länglichen Kernen. Sie bilden die Grundlage für die Secretzellen. Die Wabenzellen sitzen ebenso starken Bindegewebssträngen auf, haben auch ziemlich großen rundlichen Kern. Das Protoplasma ist auffallend wabenartig gebildet. Die Balken des Bindegewebes haben in sich Hohlräume, indem sie sich spalten und etwas auseinander biegen. Es ist mir sehr wahrscheinlich, daß es sich hier um Blutlacunen handelt, mit 410 GOTTWALT Cur. Hirsch phosphorsauren Kalkkugeln in ihrem Randgewebe (Adventitia).t) Ich halte es für möglich, dab die Secretzellen aus diesen Lacunen die Stoffe zum Aufbau ihres Secrets entnehmen. Hat der Ösophagus dergestalt die große Vorderdarmdrüse gebildet, so verläßt er damit die vordere Leibeshöhle (Fig. A). Er ist jetzt dicht in Bindegewebe eingehüllt, nur schwer zu verfolgen, am besten durch Einführen einer schwarzen Schweinsborste in den oben etwas aufgeschnittenen Teil auf dem Pharynx. — Jetzt steigt der Öso- phagus nach oben-hinten gebogen empor, liegt dicht unter der oberen Körperdecke. Die hellen Kalkkörner seiner Bindegewebsumhillung leuchten. Im Gewebe der Mitteldarmdriise ist er nur undeutlich zu sehen, mit der Borste aber deutlich zu sondieren. Er zieht wohl ®/, der Länge der Mitteldarmdrüse mit ihrer Windung nach hinten und mündet an dem hinteren Bogen des Magens ein. b) Die Arbeit des Vorderdarmes. Die Arbeit des Vorderdarmes bei Natica ist: 1. die Nahrung aufzunehmen, 2.”sie in den Magen zu leiten und 3. gleichzeitig die ab- gekratzten kleinen Nahrungsstücke mit dem Secret der Vorderdarm- drüsen zu einem Brei zu vermischen. Die kleinen Vorderdarmdrüsen habe ich ohne Erfolg elektrisch gereizt, ich konnte keinen Saft gewinnen. Wegen ihrer Kleinheit lassen sich Extrakte nur schlecht auf Fermente prüfen; ich habe 10 Versuche gemacht (s. Tabelle 2, S. 411), habe auf Pro- tease, Lipase, Cellulase geprüft, regelmäßig mit negativem Ergebnis (außer Seidenpepton, was in diesem Falle außer Bedeutung ist; s. S. 403). Regelmäßige Kontrollen sind selbstverständlich und werden nicht immer besonders erwähnt (s. S. 401)! Da es bei der Kleinheit des Organs keine zuverlässige Reaktion auf Mucin gibt (den Stoff, der das schleimige Gleiten der Nahrung im Ösophagus bewirkt), so weiß ich nicht genau, ob diese Drüsen Mucin erzeugen; ich kann nur sagen: wenn man den Ösophagus aufschneidet, so fühlt er sich stark schleimig an. Da ich aber außer den beiden Vorderdarmdrüsen keine Drüsen entdeckt habe, so ist es mir sehr wahrscheinlich, daß der Schleim aus diesen beiden stammt; da nun die Zellen der großen Vorderdarmdrüse vorzugs- 1) BARFURTH, D., in: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 22, p. 473. Näheres in meinen weiteren Mitteilungen über Reservekalk. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 411 weise Secretkugeln ähnlich den Fermentkugeln (s. Kapitel Secretion) enthalten, so ist es mir wahrscheinlich, daß der Schleim in der kleinen Vorderdarmdrüse erzeugt wird; dafür spricht auch die Histologie. Tabelle 2. Natica, Fermenttabelle. Organ Kleine Große Vorderdarmdrüse Vorderdarm- Zeit ale Hungertier Freßtier Casein 0,05%), 23| 8 |23| 2 | Casein 0,5% — —|—| |—| |—/48)25/48)30 Karminfibrin —|— —|— —|28 —|—|43140 — — alk. —|— = — Seidenpepton |2424 18/18/18) — 21/21 Amylase —|— 40|—|—|—|—|— Lipase —|— —|—| |—|— Cellulase ; — —|—|—|— Organ Mitteldarmdriise mit Magen — ohne Magen |Magen- saft Zeit Hungertier Freßtier Hun- | Freß- | gertier| tier Casein 0,5%, 22? 40?) — 28 Casein 0,05% —|—|—|—|— —|—|—|— Karminfibrin — | — 22? 30 | 40148 36; —!'— | — —16 | 7 — alk. — — 38 Seidenpepton [19/19 19 | — Amylase 30 | — — | 48 | 20 | 18 Lipase 45 | — — — |18 Cellulase — — | — Schneidet man die große Vorderdarmdrüse nach einer Mahlzeit auf, so sieht man zwischen den Balken eine braune Flüssig- keit mit feinen kleinen Secretkörnern darin, die wir im Kapitel Secretion (S. 489) noch kennen lernen werden. Niemals habe ich gleich nach dem Fressen Fleischstückchen zwischen den Balken ge- funden; das Eindringen von Nahrung wird eben durch die Öso- phagusklappe verhindert. — Reizt man die Drüse elektrisch, so sondert sie keinen Saft ab: also habe ich ihre Fermente leider nur an Extrakten prüfen können. Zunächst habe ich bei diesen Prü- fungen recht widersprechende Ergebnisse bekommen, weil ich wahl- los Hunger- und Freßtiere zur Probe nahm. Dann teilte ich, gab einem Tierhaufen reichlich zu fressen, einem anderen gar nicht (und 412 Gorrwazr Cur. Hirscu, tat in jedes der Aquarien nur gleichstarke Tiere, da sonst die’ kleinen bald aufgefressen sind). Genaue Stufenuntersuchungen in bestimmten Stunden nach dem Fressen konnte ich leider nicht an- stellen, da man den Augenblick der Nahrungsaufnahme nicht sicher beobachten kann, ja sogar nicht genau sagen kann, ob ein Tier des Haufens bestimmt gefressen hat. Deshalb ist Natica für diese er- nährungsphysiologischen Fragen nicht brauchbar. Ich habe 29 Proben an Hungertieren gemacht. Die Fermenttabelle 2 zeigt, daß diese Ver- suche auf Protease, Amylase, Lipase, Cellulase negativ ausfielen (mit Ausnahme der Seidenpepton-Methode und eines Versuches auf Amylase, die hier nicht in Betracht kommen). Bei Freßtieren (etwa 1—3 Tage nach dem Fressen) habe ich 17 Versuche gemacht, die ich leider nicht vermehren konnte, da ich zum Schluß keine Tiere mehr erhielt. Sämtliche Versuche nur auf Protease: 13 positiv und 4 negativ; Casein ist stets verdaut worden, einmal schon nach 2 Stunden, die 0,5°/,-Lésung wurde doppelt bis. dreifach so langsam verdaut wie die 0,05°%,-Lösung; Karminfibrin wurde 3mal verdaut, 4mal nicht(!); Seidenpepton zählt nicht. — Was ist daraus das Ergebnis? 1. daß vielleicht die Secretkôrner in den großen Vorderdarmdrüsenzellen eine Protease darstellen; doch ist es schwer, dies genau zu untersuchen, da ja auch der Magensaft frei bis zum Pharynx strömen kann und es möglich wäre, daß von ihm einige Tropfen in die Drüse gelangen trotz der Öso- phagusklappe. Man kann jedenfalls Magensaft und Vorderdarmsaft. nicht trennen; 2. scheinen die Secretkörner inaktiv beim Hunger- tier in den Bildungsvacuolen (s. Secretion) zu liegen, beim Freßtier aktiv zu werden; 3. kann die Protease nicht sehr stark sein, denn sie vermochte Karminfibrin in 4 von 7 Fällen nicht zu verdauen; 4. werden sich beim Freßtier wohl auch noch andere Fermente: zeigen, die ich nicht mehr untersuchen konnte; 5. wird man wohl bei Stufenuntersuchungen günstigere Stadien finden und so genauer das Werden und Abflauen der Fermentkraft beobachten können. Somit möchte ich annehmen, daß der Ösophagus mit Protease erfüllt ist, die durch die Ösophagusklappe aus der großen Vorder- darmdrüse austritt. Es ist aber sicher, daß diese Protease nicht auf die Beute durch den Mund gespien wird, also nicht außerhalb des Körpers wirkt (s. S. 385). Demnach wird die Nahrung im Öso- phagus nur mit der Protease während des Gleitens zum Magen ver- mischt; sie wandert mit der Nahrung zum Magen, um hier weiter tätig zu sein. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 413 2. Bau und Arbeit des Mitteldarmes. Der Mitteldarm besteht aus einem länglichen Magen mit an- hängender großer Mitteldarmdrüse. a) Der Bau des Mitteldarmes. Durch den Ösophagus gelangt die Nahrung in den Magen von hinten-oben im Gehäusegewinde. Bei ihrem weiteren Laufund Verdaut- werden muß sie also nach vorn und unten wandern. Der Magen erstreckt sich (Fig. A u. D) im Bogen nach unten als ein ca.6mm 2. Mittel- Leitrinnen ----- x darmdrüsen- ------ -—£ ~~ Stauwehr breiter und 25—30mm lan- mündung ger Raum der Mitteldarm- drüse unverdeckt aufsit- zend. Der Raum ist ver- Ösophagus--X hältnismäßig niedrig, viel- 1. Mittel- leicht 2—3 mm hoch; doch + darmdriisen- vermag seine Decke sich Mündung zu heben, man findet sie nach der Mahlzeit hoch- gewölbt, der Magen ist Fig. D. Natica hebraea. dick mit Saft und feinen Magen. Die Ränder des Magens sind auf- Nahrungsstellen erftült. Suchuitien, die, Decke ist entfernt Der End: Der Raum beträgt also in natura gekrümmt nach unten geneigt; es ist - hier auf eine Ebene übertragen. 2:1. Nach etwa 200 cmm; wenn wir frischen Tieren gezeichnet. die Fleischmasse des Tieres auf 4500 cmm schätzen, so nähme also der Magen etwa !/,, oder 4,5°/, ein. Es ist aus Fig. D zu ersehen, wie der Ösophagus im ersten Längenviertel seitlich von unten her in den Magen einmündet. Von der Eintrittsstelle aus läuft eine etwas gelbliche Bahn zu den beiden Mitteldarmdrüsenlöchern. Das 1. Drüsenloch liegt der Öso- phagusmündung gerade gegenüber. Mit dem Secret, das aus ihm herausfließt, muß die Speise zuerst in Berührung kommen; sehr wahr- scheinlich fließt das Secret auch in den Ösophagus hinein, um schon hier die Nahrung zu empfangen und anzudauen. — Eine 2. größere Mitteldarmdrüsenöffnung findet sich am unteren Ende des Magens: sie ist ca. 2 mm breit. Dicht hinter dieser Öffnung erhebt sich un- 1 Osophagusmiindung 414 Gorrwazr Car. Hirsch, vermittelt von links her eine große Hautfalte, umgibt im leichten Bogen die 2. Drüsenmündung und verläuft fast bis an die gegenüberliegende Längswand des Magens: sie neigt sich etwas gegen das 2. Loch zu, als solle sie allen Inhalt des Magens gegen den Magen zu stauen oder nur wenig durch den Engpaß zwischen ihr und der Längs- wand des Magens in den Enddarm hindurchlassen. Ich nenne sie deswegen das Stauwehr. Durch dieses wird also 1. die Nahrung im Magen zur Verdauung gestaut, 2. könnte hier eine mechanische Auswahl zwischen großen, unverdaulichen und verdaulichen Stücken stattfinden. Harver’s Beschreibung!) und Zeichnung lauten anders. Er untersuchte Natica lineata, ich nur N. millepunctata und hebraea. Es ergeben sich dabei folgende Unterschiede zwischen unseren Dar- stellungen: HALLER zeichnet fig. 12 die „Falte“ (unser Stauwehr wahrscheinlich) an den Vorderdarm; bei der Falte liegt aber gar keine Vorderdarmmündung, sondern am entgegengesetzten Ende. Die Falte in Harrer’s fig. 10 ist mir unverständlich. Seine | „spaltförmigen Magendrüsen“ sind vielleicht die Rinnen, die sich rechts und links von der gelben Bahn nach den Längswänden zu quer erstrecken. Solche Drüsen konnte ich an Schnitten nicht entdecken. — Ferner ist für die von mir untersuchten Arten un- richtig, daß der Magen (HALLer, p. 473) „unmerklich in den End- darm übergehe“; er ist vielmehr durch das Stauwehr deutlich vom Enddarm geschieden. — Ferner hat der Magen nicht eine einzige, sondern 2. Drüsenmündungen. FiscHEr?) zeichnet und beschreibt richtig 2 „Lebermündungen“, es fehlt aber das physiologisch recht wichtige Stauwehr. Die Histologie des Magens zeigt uns folgendes. Der Magen- querschnitt ruht langgestreckt der Mitteldarmdrüse auf; der Magen ist vollständig umgeben, also von der Mitteldarmdrüse abgetrennt, durch eine breite Bindegewebsschicht. Sein Epithel ist ein hohes, schmal- zelliges Cylinderepithel mit länglichen Kernen, breitem Cuticular- saum und hohen Wimpern von 1/, Zellänge. Zwischen den Epithel- zellen liegen wenige Schleimzellen mit deutlicher Schleimfärbung. In der ziemlich stark entwickelten Muscularis sah ich dünne schmale Muskeln mit länglichen Kernen. Man sieht deutlich, wie die Magen- decke bei geringer Nahrungsmenge stark gefaltet ist, bei 1) In: Morphol. Jahrb., Vol. 18, 1891, p. 469. 2) In: Bull. sc. France Belgique, Vol. 24, 1891, p. 249. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 415 vieler Nahrung sich prall gehoben hat. Fermentzellen kommen nicht vor! Schon aus all diesen Befunden kann man auf die Arbeit des Magens schließen. Die Mitteldarmdrüse ist recht groß. Sie nimmt (mit anderen kleineren Organen) den ganzen oberen Teil des Gehäuses ein, ist also dadurch spiralig gebogen. Ihr Bau ist (im Gegensatz zu der Mitteldarmdrüse z. B. von Pleurobranchaea) sehr zusammengepreßt, die Zellen sind dicht zusammengepackt, so daß man auf Schnitten zunächst gar keine Ordnung sieht. Es lassen sich folgende Zell- arten unterscheiden: Secretzellen, länglich, mit vielen hellbraunen Körnern, die beim Freßtier fehlen (s. Kap. Secretion) — Resorptions- zellen (s. Kap. Resorption) — Kalkbildungszellen (s. Kap. Reserven). b) Die Arbeit des Mitteldarmes. Die Aufgabe des Mitteldarmes ist die eigentliche Verdauung nach der Vorverdauung im Ösophagus, die nur gering sein kann. Die Tabelle 2 S. 411 zeigt, daß wieder zwischen Hunger- und Freß- tieren unterschieden wurde, leider erst zu der Zeit, wo ich nur noch spärlich Tiere bekam. Ferner wurde zwischen der Mittel- darmdrüse mit Magen und ohne Magen geschieden, um so mög- lichst die Fermente der Mitteldarmdrüse festzustellen. Aus der Tabelle ist folgendes Ergebnis ersichtlich: 1. Mitteldarmdrüse mit Magen (also der gesamte Ver- dauungskomplex des Mitteldarmes): es wurden 13 Versuche beim Hungertier gemacht: Protease stets negativ (Seidenpepton zählt nicht), Amylase 1:1, Lipase 1:1. — Beim Freßtier 14 Versuche: Protease 10mal positiv, 5mal negativ, d. h. in Karminfibrin ward immer verdaut, Casein dagegen in 4 Fallen negativ, 3mal positiv. Dazu zeigten 2 Versuche mit reinem Magensafte (leider nur allzu gering erhältlich) Karminfibrin nach 6—7 Stunden verdaut. — Ich muß daraus schließen, daß sich beim Freßtier im Magen, resp. dem ganzen Mitteldarmtractus eine ziemlich starke Protease sich befindet, vielleicht auch eine Amylase und Lipase, was ich leider nicht mehr prüfen konnte. 2. Die Mitteldarmdrüse ohne Magen beim Hungertier: unter 8 Versuchen zeigt sich eine Protease niemals, Amylase 1:1, Lipase und Cellulase ebenfalls negativ. — Beim Freßtier: eine Pro- 416 Gorrwazr Cur, Hirscu, tease zeigt sich niemals, Amylase ist stets positiv, Lipase 1:1, Cellulase stets negativ. Daraus glaube ich schließen zu dürfen: 1. daß eine Protease in der Mitteldarmdrüse nicht gebildet wird, sondern nur von der großen Vorderdarmdrüse in den Magen strömt und hier vor allem tätig ist, — 2. daß vielleicht eine Amylase und Lipase in der Mittel- darmdrüse gebildet werden, die wohl auch im Magen tätig sind. Genau den Ort der Proteasebildung festzustellen, istkaum möglich, da man die Secrete, besonders bei Nateca, nicht trennen kann. Sehr erschwerend kommt noch hinzu, daß man den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme nicht feststellen, also keine Stafenunter- suchungen machen kann, die bei anderen viel Klärendes über die Fermentverhältnisse erbracht haben. Ich mache ferner noch darauf aufmerksam, daß in vielen Fällen das Hungertier keinen verdauenden Saft gebildet hatte, dagegen beim Freßtier der Extrakt wirksam war. Ich komme auf diese Er- scheinung später noch eingehend zu sprechen. Der Ort der Verdauung ist nicht allein der Magen (vom Ösophagus sprach ich eben). 5 Stunden nach der Nahrungsaufnahme ist ein großer Gang der Mitteldarmdrüse dicht mit Nahrungsteilchen erfüllt: also auch in den Mitteldarmdrüsengängen wird verdaut. Der Enddarm kommt wegen des oben beschriebenen Stauwehres als Ver- dauungsort kaum in Betracht. Die Wirkung des verdauenden Saftes im Magen ist ziemlich stark im Verhältnis zu dem anderer Schnecken. Reiner Magensaft 1:1 mit filtriertem Seewasser verdünnt (selbstverständlich immer Kontrollen) verdaute schon nach 6—7 Stunden das Karminfibrin. Auf Schnitten zeigte sich, daß 5 Stunden nach der Nahrungsaufnahme die Nahrung noch nicht völlig verdaut ist, man kann noch -einzelne Stückchen unterscheiden. Nach 10 Stunden ist alles zu feinstem Gerinnsel zertrümmert. Nach 24 Stunden ist weitaus das Meiste resorbiert, der Rest fein zerschmolzen; die Kerne der Nahrung färben sich mit Hämalaun nicht mehr. Wir werden (S. 460 u. 475) die Verdauung im Verhältnis zu anderen Gastropoden als schnell bezeichnen müssen. (Die Gründe dafür führe ich später zusammen- fassend an.) Zu dieser chemischen kommt eine mechanische Aufgabe des Magens, die seine besondere und eigentliche Aufgabe ist, denn die Fermente werden ja nicht vom Magen, sondern den ihm ansitzenden Drüsenausstülpungen geliefert! Das hohe Wimper- Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 417 epithel des Magens hat die Arbeit zu leisten, daß es die feinen ab- geschabten und schon etwas angedauten Nahrungsteile in die Mittel- darmdrüse hineinstrudelt und in den Rinnen hineinleitet. Zu dem- selben Zweck dient das Wimperepithel in den Drüsenhauptgängen, die nur Fortsetzungen des Magenepithels sind. Der Magen muß ferner mittels seiner Muskeln die Nahrung mit den Fermenten mechanisch verwalken und verkneten. Es zeigt sich auf vielen Querschnitten, wie sich die Magendecke an einer Seite einbuchtet, um die Nahrung allseitig zu pressen und so besser in die Mitteldarmdrüse drücken und leiten zu können; von allen Seiten strudeln die hohen Wimpern. (Unerklärlich ist es mir, daß ich im Magensafte stets Massen von Kalkkugeln fand, die deutliche Reaktion auf phosphorsauren Kalk gaben; s. das Kap. Reserven.) ‘In dem letzten zusammenfassenden und vergleichenden Abschnitt dieses Kapitels (Vergleichende Biologie der Verdauung) werde ich die Hauptschlüsse aus all dem ziehen. Um diese Vergleichsarbeit und die Übersicht zu erleichtern, darf ich jetzt ganz kurz in einem Schema das Bezeichnende der Verdauung bei Natica zusammenfassen: 1. Vorderarm sehr dünn mit zwei Drüsen. Leitung der Nah- rung in kleinsten abgerissenen Stücken durch den Pharynx und Ösophagus in den Magen von oben-hinten. Eindringen der Nahrung in die große Vorderdarmdrüse unmöglich durch das Ösophagus- ventil. — Einspeichlung mit Protease. — Weg in den Magen frei. 2. Mitteldarm: Magen mit zwei Mitteldarmdrüsenmündungen oben und unten. Großer Raum: 4,5°/, des Körperraumes. — Stauung der Nahrung vom Enddarm her gegen den Magen durch ein Stau- wehr. — Im Magen mechanische Durchknetung mit Fermenten und Transport zur Mitteldarmdrüse durch Pressen und Flimmern. 3. Verdauungsort: etwas im Ösophagus mit Protease der großen Vorderdarmdrüse Vor allem im Magen mit Protease und Amylase. Auch in den Gängen der Mitteldarmdrüse. 4. Verdauungszeit: 5—10 Stunden alles zu feinsten Körnchen. 5. Fermente: Protease, Amylase, vielleicht auch Lipase. 6. Fermentwirkung: a) durchschnittliche Kraft (nur Freß- tiere, nur positive Fälle, nur Protease) schätzungsweise: große Vorder- darmdrüse 29 Stunden — Mitteldarmdrüse mit Magen 33 Stunden. — 418 Gorrwatt Cur. Hırsch, Magensaft 6 Stunden. — b) Schwankungen im Organ: beim Hunger- tier findet sich in der großen Vorderdarmdriise und in der Mittel- drüse kein Ferment im Extrakt. Der Extrakt wird erst nach dem Fressen wirksam (Kritik dieser Schätzungen S. 459). Dies alles gewinnt erst rechtes Licht durch die vergleichenden Betrachtungen auf S. 457. III. Murex trunculus. Die Morphologie des Darmes und seiner Anhänge ist früher von LEIBLEIn!) klar, wenn auch mit einigen Fehlern dargestellt worden. HALLER’S*) Beschreibung ist ausführlich, aber nicht immer genau. Ferner hat AmAuprurT?) vergleichend-morphologische Studien am Vorderdarm gemacht. FiscHer*) hat den Magen (nicht ganz richtig) beschrieben, Oswazp®) den Pharynx nach dem Typus Buc- cinum. Über die Histologie ist einiges von der großen Vorderdarm- drüse durch HALLER bekannt. Eine physiologische Untersuchung fehlt. Ein Blick auf Fig. E lehrt: zum Vorderdarm gehören Pharynx, kleine Vorderdarmdrüse, Ösophagus, ein birnförmiges Organ, der Ösophagusblindsack und die große Vorderdarmdriise. Zum Mittel- darm gehören Magen und die Mitteldarmdrüse. 1. Der Vorderdarm und seine Arbeit. a) Der Bau des Vorderdarmes. Ich beschreibe hier zunächst das Makroskopische, die Histologie werde ich im 2. Teil vorlegen. Der Vorderdarm beginnt mit dem Rüssel. Oswazp gibt p. 152 an, daß er den gleichen Bau wie derjenige von Nassa und Buccinum habe, nur ein wenig kleiner sei. Der Ösophagus legt sich beim eingezogenen Rüssel in eine Schlinge, ist beim ausgestreckten geradegezogen. Kaum tritt er aus 1) LEIBLEIN, in: Ztschr. organ. Physik (HEUSINGER), Vol. 1, 1827, p. 1. 2) HALLER, B., in: Morphol. Jahrb., Vol. 14, 1888, p. 154. 3) AMAUDRUT, A., in: Ann. Se. nat. (8), Zool., Vol. 7, 1898, p. 240. 4) FISCHER, H., in: Bull. sc. France Belgique, Vol. 24, 1892. 5) OswaLD, AD., in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 28, 1894, p. 152. - u i Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 419 dem Pharynx heraus, so bildet er eine birnförmige Erweiterung (LEIBLEin’s Schlundkopf, HALLERr’s birnförmiges Organ). Diesem un- bekannten Organ sitzt eine zottige Drüse auf, die wahrscheinlich = oo = T7 Birnförmiges Organ >> Ösophagus Blindsack.--------- 4 Große Vorderdarmdrüse --------~ -- Mitteldarm- drüse Fig. E. Murex trunculus. Verdauungstractus. Die Decke der Atemhöhle ist bei der Präparation nach links hinübergeschlagen; damit auch der Enddarm, der in natura vorn-rechts mündet. Die kleinen Vorderdarmdrüsen sind in der Mitte durchsichtig gedacht, um das darunterliegende „birnförmige Organ“ zu zeigen. Die Mitteldarmdrüse ist nach vorn zu, und oben etwas abgeschabt, um den von ihr zum Teil bedeckten Magen, das Ende des Osophagus und den Anfang des Enddarmes zu zeigen. 2:1. Nach frischen Tieren gezeichnet. 420 Gorrwatt Cur. Hızsch, wie bei Natica aus zwei verklebten Driisen besteht: die kleinen Vorderdarmdrüsen (Harrer’s Buccaldrüsen). Sie sind acinôs, unregelmäßig gebaut, von gelblich-weißer Farbe; wie ein Fetzen liegen sie dem Ösophagus auf. Fine kleine Strecke hinter dieser Drüse folgt am Ösophagus ein Blindsack (Harer’s Himbeerdrüse, LeısbLein’s blinder An- hang). Leısrein fand ihn voll mit einer schmutzig weißen, flockigen « Masse. AMAUDRUT sagt (p. 240), der Blindsack sei außerhalb des Ösophagus gelegen, in den er durch einen kleinen Excretkanal münde; sein Inneres sei faltig, über den Falten lägen große „unfärb- bare Zellen“. Dicht neben dem Blindsack findet sich ein feiner Ausführgang der großen Vorderdarmdrüse (AMAUDRUT sagt LEIBLEIN’sche Drüse, LEIBLEIN Organ am Schlund). Sie ist dreieckig, hinten spitz, von brauner Farbe wie bei Natica. Ihre Oberfläche zeigt feine ver- ästelte Riefen. HALLER gibt folgenden histologischen Bau an (p. 157): sie sei acinös, ihre Hülle bestehe aus Muskeln und feinen Mem- branen; sehr dünne Ausführgänge, vorher ein großes Sammellumen. Die Zellen zeigen nach Hazzer’s Abbildung ähnliche Secretkörner, wie ich sie bei Natica im Kapitel Secretion (S. 478) beschreiben werde: 7—8 Secretkörner liegen zu einer Rosette vereint in einer Zelle. AMAUDRUT sagt über die Histologie: in der Nähe des Secret- kanals finde man Cylinderzellen, während die hinteren Zellen kubisch seien, gefüllt mit brauner Granula; also 2 Arten Zellen. LEIBLEIN gibt an, daß bei Verletzung eine braune Masse herausströme, was ich hassan kann. Aus Fig. E ist ersichtlich: der Osophagus zieht nun weiter nach hinten, zunächst begleitet und ein wenig umschlungen von der großen Vorderdarmdrüse. Er verläßt jetzt die Höhle des Vorder- darmes, steigt empor in langem Rohre und tritt in das Gewebe der Mitteldarmdrüse ein, d. h. er verschwindet, vom Gewebe um- schlungen; schabt man die Mitteldarmdrüse ein wenig ab, so kann man erkennen, wie er zum Magen hinzieht und einmündet. Einen solchen abgeschabten Zustand stellt Fig. E dar. b) Die Arbeit des Vorderdarmes. Wieder sind die Aufgaben des Vorderdarmes: Nahrungsauf- nahme, Leitung der Nahrung zum Magen, Vermengen mit Fermenten. Schneidet man den Ösophagus auf, so findet man seine Innen- fläche stark glitschig. Diese Schmiere (vielleicht Mucin) muß von Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 421 dem Vorderdarm gebildet werden, wo, kann ich nicht sagen; viel- leicht in dem birnförmigen Anhang, in welchem ich oft eine weiße schmierige Masse sah. Die Fermentuntersuchung ist aufgebaut nach den ein- zelnen Organen; diese wurden in regelmäßigen Abständen nach dem Fressen geprüft: Stufenuntersuchung. Jede Stufe wurde 2 bis 3mal untersucht an 2—3 Tieren unter gleichen Bedingungen. Die Extrakte waren stets neutral. Tabelle 3. Murex, Fermenttabelle. | Organ Kleine Vorderdarmdrüse | Große Vorderdarmdrüse .. |Hunger-| !/ 10 |Hunger-|| !/ 2 Ze tier sta.|>| St Ista | tier | sta.) sta.) 3 Std. | 10 Sta. Casein 05% | |45/36/—| 4048 |1a{|—|—|—|_| i en A Karminfibrin [40/40 40 20118146 50 31 1912110) —| —|—/—|—/—|—|—|- — — — |— Amylase —|—|— | hi 18) 12719119 7 186 1%, Lipase ===, | I 111 HE — ‘Cellulase = = = =] 111 =) Or | — Organ | Mitteldarmdrüse ohne Magen Magensaft -, | Hunger- | Y 2 | 10 Hunger- | 10 zu tier | Std. Std. 3 Std. = tier ‘le 2 3 Std. |6 Std. Casein 05% || — 148148150 — | | |" |__| Isellslsel |—las| le Karminfibrin 40| 50 — 18] 30/40/40?) |—| ?|— —] 26 | 48 1121103620 14019 Amylase — | — |—18| 36 18! — 118 — — 124 26 24 8| [836114 118 Lipase — 50236 — 367 — — 4813194848] |24 |?| Li | 9 Cellulase —|—| |48)362|—| 19 =] 148] | 20 |? Organ Enddarm Nicht gespült | Gespült Casein 0,5%), eS creas Ps deg ee eye Karminfibrin |— | 8 |—/—/48/17] —|} ? |}—|—|—/|— Amylase — |— 24 —|18 17) — | 41} —| — Lipase |—j{|—/—/;—/—|—]/—/—/—/—|—|— Cellulase — = —/{—}]—|/—|—|-—|-|— Aus der Fermenttabelle 3 sind folgende Ergebnisse iiber die Fermente der kleinen Vorderdarmdrüse ersichtlich: 1. in der Drüse befindet sich zu allen Zeiten eine Protease, welche bei demselben Tier in der großen Vorderdarmdrüse stets fehlte, in Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 28 422 GorrwazT Cur. Hirsca, der Mitteldarmdriise nur vom Hungertier bis zu 2 Stunden nach der- Nahrungsaufnahme vorhanden ist, im Magensaft stets sich findet,. im Enddarm selten und nur bei Nicht- Murex, Fermentkurven. spülen. Von 19 Ver- — =Kleine Vorderdarm druse, : ar ce... = Grosse Vorderdarmdrüse, suchen sind 16 positiv. +++= Mitteldarmdrüse ohne Mage L -——= Magensaft. Fig. F. Murex trunculus und brandaris. 4 Kurven der Verdau- ungsgeschwindig- keiten im Magensaft, im Extrakt der 2 Vorder- darmdrüsen und der Mittel- darmdrüse ohne Magen. Auf der Ordinate ist die Zeit nach der Nahrungs- aufnahme abgetragen: Hungertier, 4/, 2, 3, 10 Stunden. Auf der "Ab- zisse ist diejenige Zeit in. Stunden abgetragen, wel- che die Protease braucht, um Casein und Karmin- fibrin zu verdauen; nur bei der großen Vorder- darmdrüse wurde die Amy- lase als Maßstab ange- wandt. Die Zeiten sind aus dem Durchschnitt sämt- licher Zeiten einer Ver- suchsstufe gewonnen. — Der Punkt unter 60 Stun- den bedeutet: keine Ver- dauungskraft. 2. Die Reaktions- geschwindigkeit kann ich ungefähr schätzen an der Zeit, welche dieseProteasebraucht,. um zu verdauen; ich berechne sie aus dem Keing Verd. | | 4. tabs be Durchschnitt der 2 bis Hunger 2Std. 2Std. 6Std. 10Std. ; nach Nahrungsaufnahme. 3 Zeiten jeder Stufe. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 423 Hierbei wurden nur die positiven Ergebnisse berücksichtigt. (Ich weiß, daß ich damit kleine Fehler begehe, s. S. 459.) Die Durchschnittszahlen für jede Stufe sind: Beim Hungertiere: 40 Stunden. !/, Std. nach Nahrungsaufnahme: 19 Std. 2 46 3 30 6 , 23 10 11 Diese Zahlen der einzelnen Stufen habe ich auf eine Kurve (Fig. F) übertragen, um sie besser und anschaulicher darzustellen; die kleine Vorderdarmdrüse ist mit bezeichnet. — Aus der Kurve ist er- sichtlich: die Reaktionsgeschwindigkeit wächst in der ersten halben Stunde, fällt von ‘,—2 Stunden, vermutlich weil sich die Kraft des Ferments aufbraucht und erst neues Ferment gebildet wird; dann steigt sie wieder gleichmäßig bis zu 10 Stunden. Somit beschreibt die Kurve der Verdauungszeiten ein N. — Die allgemeinen Schlüsse und Erklärungen s. S. 461—465. 3. Die 3 anderen Fermente, nach denen ich suchte, kommen hier nicht vor, wohl aber im Magensaft. Dies beweist, dab die ge- fundene Protease kein nach vorn getretener Magensaft sein kann. Eine rein intracelluläre Protease ist sehr unwahrscheinlich, denn die 4 Bedingungen von S. 400 sind erfüllt; unter anderem: das Ferment zeigt sich in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme, und nur hier findet sich vor allem eine starke Protease. 4. Die sämtlichen Versuche „3 Std. bis 10 Std.“ zeigen, daß nur in der kleinen Vorderdarmdrüse und im Magensaft eine Protease sich befindet. Ich muß also annehmen, daß die Protease in der kleinen Vorderdarmdrüse gebildet wird und von hier zum Magen mit der Nahrung strömt. 5. Karminfibrin wird schneller verdaut als Casein. Die Fermentuntersuchungen über die große Vorderdarm- drüse zeigen (S. 421): 1. In der Drüse befindet sich beim Freßtier stets eine Amylase, welche in der kleinen Vorderdarmdrüse stets fehlt, in der Mittel- darmdrüse oft, im Magen immer vorhanden ist. Ich muß daraus schließen, daß die große Vorderdarmdrüse der Hauptsecretionsort für Amylase ist. | 28* 424 Gorrwatt Car. Hırsch, 2. Simtliche andere Fermente fehlen; es kann sich also bei der Amylase nicht um nach vorn getretenen Magensaft handeln. Auch erscheint ein rein intracelluläres Secret (im Sinne von S. 403) un- wahrscheinlich, da die Amylase ja in dem anderen Vorderdarmorgan fehlt, auch in der Mitteldarmdrüse selten ist. (Die 4 Bedingungen von S. 400 sind erfüllt.) 3. Das Schwanken der Fermentkraft ist in der Ferment- kurvermit ee ee graphisch dargestellt. Die Durchschnittszahlen sind für die einzelnen Stufen folgende: Hungertiere: keine Verdauung. 1/, Std. nach der Nahrungsaufnahme: 18 Std. 2 22 3 16 6 9 10 2 Die Kurve schwankt wieder rauf, runter, rauf. Sie bildet also wieder entfernt ein N. 4. Das Hungertier hat keine nachweisbare Amylase im Extrakt. Es scheint, als würde das Ferment erst nach der Nahrungsaufnahme aktiv. | Es ist behauptet worden, eine Vorderdarmdrüse sei eine Säure- drüse wie die von Tritonium; DE Luca u. Pancert schreiben +): „Wir haben festgestellt, daß dieselbe freie H,SO, sich ebenso in den Drüsen folgender Gastropoden findet: .... Murex trunculus, bran- daris ...“ PAncerı schreibt ein Jahr darauf’): „Bei Murex trunculus und brandaris, wo Prof. DE Luca Spuren von H,SO, gefunden hat, bin ich weder den Röhren noch den hohen Zellen begegnet.“ Fr. N. Scuunz?) sagt, „das Secret ist nur schwach sauer“. Ich glaube festgestellt zu haben, daß bei Murex trunculus und brandaris in den Vorderdarmdrüsen und in der Mitteldarmdriise keine Säure vorkommt mit folgenden Beobachtungen: 1. spricht schon die Tatsache dagegen, daß Murex (wie oben S. 372 beschrieben) von Asterias verspeist wird. Als Asterias einen Murex fraß, habe ich wiederholt Neutralrot und Kongorot in See- 1) DE Luca et PANCERI, in: OR. Acad. Sc. Paris, Vol. 65, 1867, p. 714. 2) PANCERI, in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 10, 1868, p. 99. 3) In: Ztschr. allg. Physiolog., Vol. 5, 1905, p. 209. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 425 wasser gelöst auf die Gegner gespritzt, ohne eine Reaktion auf Säure zu sehen. 2. Wenn man die Drüsen mit elektrischen Strom reizt, oder preßt, anschneidet, zerreibt, so zeigt weder Lackmus- noch Kongorot- papier irgendeine Reaktion. Nach Vorstehendem erscheint es mir sicher, daß die Nahrung schon im Ösophagus mit der Protease der kleinen und der Amylase der großen Vorderdarmdrüse vermengt wird. Durch den reichlichen Schleim des Ösophagus eingehüllt, wird die Nahrung in den Magen gebracht, zu dem der Eingang vom Ösophagus aus offen steht. Merkwürdig ist es, daß Murex als Fleischfresser für Protease eine verhältnismäßig kleine Drüse am Vorderdarm besitzt, für Amylase eine auffallend große. Es ist mir dafür folgende Erklärung wahr- scheinlich: wir hörten, S. 381, daß Murex trunculus und brandaris Spezialisten auf Krabben sind. Es ist bekannt, daß die Malacostraken große Mengen Glykogen in ihrem Fleisch besitzen; die Angaben schwanken: die größte Menge, die gefunden wurde, war 14,29%, Kohlehydrate der organischen Trockensubstanz bei Astacus. Es wäre denkbar, daß die auffallende Amylase in der größten Vorderdarm- drüse mit diesem reichen Glykogengehalt in Zusammenhang steht. Ganz befriedigt diese Vermutung nicht, denn es wird wohl mehr Eiweiß im Fleisch sein als Glykogen. Auf Glykogenase habe ich nicht geprüft; doch verdaut erfahrungsgemäß eine Amylase meist auch Glykogen. 2. Der Mitteldarm und seine Arbeit. a) Der Bau des Mitteldarmes. Den Mitteldarm bildet der Magen; ihm hängt die sehr große Mitteldarmdrüse an, die ihn größtenteils umschlingt. Betrachten wir zuerst den Magen; er ist von LEIBLEIN !) be- schrieben worden. Seine Untersuchungen sind heute noch die besten, wenn auch einige kleine Irrtümer zu berichtigen sind. — FiscHEr beschrieb den Magen als „äußerst reduziert“, ein Irrtum, der wohl daher kommt, daß der Magen zum Teil bedeckt ist von der Mittel- 1) In: Ztschr. organ. Physik, Vol. 1, 1827, p. 16 u. fig. 12. 426 Gorrwatt Cur. Hirsch, darmdrüse; seine Abbildung ist zumeist falsch. — HALLEr!) gibt an, daß nur eine einzige Öffnung der Mitteldarmdrüse vorhanden sei, ‘was unrichtig ist. Die Präparation habe ich so ausgeführt: ich schnitt am frischen Tier die Mantelhöhle auf, schlug die Decke nach links zurück und suchte den Ösophagus in der Verlängerung der Vorderdarmdrüsen. Dann schnitt ich den Osophagus dicht hinter der großen Vorder- darmdrüse ab und drehte den ganzen Mitteldarm nach links herum, um den Enddarm zu sehen; dieser ist dicht neben dem Herzen an der Mitteldarmdrüse zu suchen durch vorsichtiges Abschaben der Mitteldarmdrüsenzellen über ihm; so kann man den Enddarm bis zum Magen, dann auch diesen freilegen. Dieses Bild zeigt uns Fig. E. Nun schnitt ich den Enddarm mit einer Scheere bis zum Magen auf, dann an dessen hinterem Rande entlang bis kurz vor den Osophagus. Nun hob ich die Magendecke empor und erblickte das in Fig. G Dargestellte. -Enddarm Grube mit 2 Mitteldarm- drüsenmündungen --Damm von links ts, | --Damm von rechts ' Ösophagus Fig. G. Murex trunculus. Magen. Der Magen ist an den Rändern aufgeschnitten, die Decke ist fort- genommen; Stücke des Enddarmes und des Osophagus sind geöflnet. 2:1. Nach frischen Tieren gezeichnet. Wir sehen in eine etwa 11/,—2 ccm große Höhle. Von rechts nach links kommen zwei Dämme, ein großer und ein kleiner. Beide begegnen sich ungefähr in der Mitte, gehen ein Stück aneinander vorüber und lassen so einen Hohlweg zwischen sich. Dieser Hohl- weg führt hinein in eine Grube, auf deren Grunde sich zwei Löcher 1) In: Morphol. Jahrb., Vol. 14, 1888, p. 157. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 427 befinden: die zwei Mündungen der Mitteldarmdrüse (gegen HALLER, der gegen LEIBLEIN nur eine einzige Mündung der Mitteldarmdriise be- hauptet). Der Damm, der vom Ösophagus herkommt, teilt den Magen in zwei Teile, erstens einen vorderen mit Grube und Hohlweg, zweitens einen hinteren mit zahlreichen Falten, die meist senkrecht zum Damm verlaufen. Kommt nun die Nahrung den faltigen Ösophagus herabgewan- dert, so fällt sie zunächst in die Grube. Das Secret der Mittel- darmdrüse, das durch die beiden Mündungen ausströmt, bildet in der Grube einen Secretteich, in den die Nahrung hineinfällt und verdaut wird. Die Tiefe der Grube flacht sich allmählich gegen den Enddarm zu ab, rechts und links von den beiden Dämmen be- gleitet. Zwischen den beiden Dämmen muß die Nahrung hindurch (resp. der Kot aus der Mitteldarmdrüse) und kann jetzt zwei Wege gehen: entweder sie geht nach rechts hinunter in die hintere Ab- teilung des Magens, die eine ziemliche Tiefe besitzt, oder sie steigt in den Enddarm über. Nach dem Bau der Falten muß man an- - nehmen, daß größere Nahrungsteile, die nicht unmittelbar in dem Secretteich verdaut und in die Mitteldarmdrüse aufgenommen werden, zunächst in diese hintere Abteilung des Magens gebracht werden. Die Falten des Hohlweges ziehen nämlich nach rechts hinüber und stehen bald senkrecht zu den Falten des Enddarmes. Dagegen führt der rechte Damm unmittelbar vom Hohlweg in den Enddarm. Jeden- falls sind größere Vorrichtungen, die Nahrung im Magen festzuhalten und den Übertritt in den Enddarm zu verhindern, nicht getroffen. Daher findet man im ungespülten Enddarm Nahrung und sämtliche Fermente des Magensaftes (s. Tabelle 3, S. 421). Wir können aus dem Bau des Magens und den Fermentbefunden schließen, daß der ganze Darm, vom Ösophagus bis zum Enddarm, als Verdauungsort arbeitet. b) Die Arbeit des Mitteldarmes. Die Leitung der Nahrung im Mitteldarm habe ich eben ge- schildert. Die schon von der Protease und Amylase der Vorder- darmdrüsen angedaute Nahrung fällt in die Grube oder gelangt in den hinteren Teil des Magens. Durch diese Grube hindurch wird die Nahrung in die Gänge der Mitteldarmdrüse gestrudelt, wo sie endgültig verdaut und resorbiert wird. Zur Feststellung des Verdauungsablaufes in der Magenarbeit 428 Gorrwazr Cur. Hirscu, habe ich mich mit Vorteil zweier Methoden bedient: ich habe erstens in einer Reihe von Zeitstufen nach der Nahrungsaufnahme den Magen- inhalt makroskopisch und mikroskopisch geprüft, habe zweitens in denselben Stufen die Fermentkraft des Magensaftes und des Mittel- darmdrüsenextraktes untersucht. Beide Wege ergänzen einander. 1. Die Untersuchung des Mageninhaltes zeigte mir folgendes. Sticht man mit einer feinausgezogenen Glaspipette in den Magen eines Hungertieres, so findet man recht wenig von einer hellen, etwas gelblichen Flüssigkeit, fast ohne feste Bestand- teile; nur einige Kalkblasen (s. S. 429 den Nachweis von phosphor- saurem Kalk). Eine halbe Stunde nach dem Freßbeginn ist der Magen schon prall gefüllt mit gelblicher Flüssigkeit; beim Anstechen strömt wohl 1 cem Saft mit Nahrungsteilchen in die Pipette. Bei Eröffnung des Magens zeigt sich die Nahrung schon ein wenig angedaut, aber noch in ungefähr so großen Stücken, wie sie die Radula dieses Tieres abzuschaben pflegt. Nach 2 Stunden ist die Kalkmenge vermehrt, die Nahrung weiter angedaut. Die Farbe ist etwas dunkler geworden. Nach 3 Stunden strömen etwa 2 ccm eines hellen Saftes in die Pipette. Im Saft fanden sich große Fettkugeln, die vielleicht aus der Nahrung stammen (sie sind kenntlich an der Schwarzfarbung mit Osmiumsäure), ferner sehr viel Kalkkugeln und viel Schleim. Man sieht das Karmin, das verfüttert wurde, deutlich in Reihen an- geordnet: so wird es in den Rinnen zwischen den Falten fortbewegt: Leitung des Magens! Die Nahrungsteile sind zumeist verdaut; es liegen Reste zerdauter Stückchen in Strängen angeordnet. Nach 6 Stunden ist von der Nahrung in der gelbbraunen Flüssigkeit nur noch ein feinster Detritus übrig. Die Haufen Kalk überwiegen vollständig bei mikroskopischer Untersuchung. Nach 10 Stunden ist der Magensaft von Schleim dicklich wie beim Hungertier, aber von gelbbrauner Farbe. Nach 24 Stunden zeigt der Mageninhalt dasselbe Bild wie- beim Hungertier. Um die Ergebnisse übersichtlicher zu machen, bringe ich sie auf beistehende Tabelle4. Ich ziehe daraus folgende Schlüsse: a) Die Flüssigkeitsmenge steigt und fällt: sie ist bei 3—6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme, zur Zeit der höchsten Verdauung, am größten. Nachher dickt sie ein und verschleimt. pt Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 429 b) Die Flüssigkeitsfarbe wechselt von hell zu dunkel- braungelb (10 Stunden), um dann wieder heller zu werden. Wir sehen, wie zur Zeit der höchsten Verdauung auch die dunkelste Farbe vorherrscht. Wir werden den Grund für diese Erscheinung im Kapitel Secretion kennen lernen (S. 499). c) Die Nahrung ist schon zwischen 3—6 Stunden zu feinem Detritus zerdaut, der allmählich ganz gelöst und resorbiert wird. Wir können also zwischen zwei Vorgängen scheiden: 1. der Zer- trümmerung oder Zerdauung und 2. der völligen Lösung! Nach 24 Stunden ist die Nahrung verschwunden. Tabelle 4. Murex, Befunde im Magen während der Verdauung. Hunger | 11/, Std. | 2 Std. 3 Std. | 6 Std. | 10 Std. | 24 Std. Flüssig- sehr mittel viel, viel viel dicklich sehr keits- wenig c.2 ccm u. wenig | wenig menge | en FREINS SS Ue EE Se ee n RS — | Flüssig- hell gelblich gelb heller |gelbbraun] dunkel- — keitsfarbe braungelb Nahrung = angedaut|angedaut| zerdaut | feiner wenig: — Detrit. | Detrit. Kalk wenig — mehr |sehr viel — = wenig d) Es finden sich Kalkkugeln, die bei der Höchstverdauung am zahlreichsten sind. Sie sind von Fermentkugeln, die wir im Kapitel Secretion kennen lernen werden, dadurch deutlich unter- schieden, daß sie sich in 3°/, KOH nicht lösen. Sie sind als phos- phorsaurer Kalk nachgewiesen (löslich in Ammoniummolybdänat mit HNO, unter Bildung der bekannten gelben rundlichen Krystalle, in Schwefelsäure schnell löslich unter Bildung deutlicher Gips- krystalle. Näheres siehe im Kapitel Reserven). Ihr periodisches Auftreten läßt vermuten, daß sie zu der Abscheidung des Secrets in irgendwelcher Beziehung stehen. e) Die Nahrungsteilchen, welche die Radula abkratzt, werden 430 Gorrwazr Car. HırscH, im Ösophagus und im Magen mit Schleim umpackt und in Längs- rinnen geordnet weiterbefördert. 2. Prüfe ich nun den Magensaft auf Fermente, so er- geben sich folgende Tatsachen (s. Tabelle 3, S. 421): a) Es kommen sämtliche geprüften Fermente mit verschiedenem Grade von Wahrscheinlichkeit im Magensafte vor: sicher ist die Protease mit 13 positiven und 2 negativen Fällen; sicher ebenfalls die Amylase mit 6 positiven und keinem negativen Fall. Unwahr- scheinlich dagegen ist mir die Lipase, die nur 2mal erschien, aber 5mal nicht; desgleichen die Cellulase 1:1. b) Casein wird durchschnittlich in 30 Stunden, Karminfribrin in 27 Stunden verdaut. c) Es wurde auf den einzelnen Stufen durchschnittlich in folgenden Zeiten verdaut: Beim Hungertier: nach 37 Stunden, /, Std. nach Nahrungsaufnahme binnen 12 Std. 2 10 3 28 6 40 10 9 Die Verdauungskraft ist also nach 2 und 10 Stunden am größten. Ubertrage ich diese Zahlen auf eine Kurve, so erhalte ich die Kurve in Fig. F, die mit ----- bezeichnet ist. Wir erkennen wieder die uns bereits bekannte annähernde N-Form. Wir sehen jedenfalls, wie die Fermentkraft nicht dauernd gleichmäßig wächst und dann wieder langsam fallt, sondern wie das Ferment in Schiiben secer- niert wird. Das Genauere stelle ich bei der allgemeinen Ver- gleichung zusammen (s. S. 461). Woher stammen nun die Fermente im Magensaft? Um diese Frage zu lösen, sehen wir die Extraktfermente in den drei Drüsen an. Es hatte sich bereits ergeben, daß in der großen Vorderdarmdrüse eine Amylase und in der kleinen eine Protease gebildet wird. Es ist nach dem Magenbau selbstverständlich, daß diese Fermente mit der Nahrung in den Magen gelangen. Beteiligt sich die Mitteldarmdrüse auch an der Secretion dieser Fermente? (Prüfung unter den Voraussetzungen von S. 400). Für Protease zeigt sich (s. Tabelle 3 S. 421): beim Hungertier ist es ungewiß, 2mal positives Ergebnis, 4mal negatives (wie bei anderen Driisen auch, aber nicht in der kleinen Vorderdarmdriise). Ernährungsbiologie fleischfressen der Gastropoden. 431 In der Zeit von der Nahrungsaufnahme bis 2 Stunden danach findet sich Protease in 7 Fällen positiv, nur in 1 Falle ist der Versuch negativ. In der Zeit von 3—10 Stunden findet sich unter 9 Proben keine Protease mehr. Es wäre also gut möglich, daß auch hier eine Protease gebildet wird, die nach 2 Stunden in den Magen über- gegangen ist, ohne neugebildet zu werden. — Eine Amylase ist in 6 Fällen gefunden worden, in 6 nicht. Wenn wirklich hier eine solche secerniert wird, so ist sie bedeutend schwächer als in der ‚großen Vorderdarmdrüse; das zeigt die Versuchsreihe ,10 Stunden“. (KRUKENBERG, Arbeiten aus dem physiol. Institut zu Heidelberg, Vol. 2, 1882, fand in den Extrakten der „Murex-Leber“ keine „Diastase“). Eine Lipase in der Mitteldarmdrüse ist mir sehr wahrschein- lich. Sie ist im Vorderdarm gar nicht vorhanden, im Magensaft selten, im Enddarm nie. In der Mitteldarmdrüse dagegen fand ich sie bei 12 Versuchen 8mal positiv, nach 3 und 10 Stunden (also im Höhepunkte der Verdauung) in allen Fällen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß die Fettspaltung wesentlich in der Mitteldarm- drüse stattfindet, daß das Ferment vielleicht gar nicht aus dem Drüsengang heraustritt, sondern das Fett erst angegriffen wird, wenn es in die Gänge der Mitteldarmdrüse eintritt. Cellulase ist in 4:4 Fällen gefunden worden, ist mir daher zweifelhaft. All diese Ergebnisse über den Ort der Secretion sind etwas unsicher bezüglich der Mitteldarmdrüse, weil man die Gänge nicht so sorgfältig spülen kann wie einen Magen. Es dringt bekanntlich Nahrung in die Gänge der Mitteldarmdrüse ein; auch hier findet eine Verdauung statt. Diese mit der Nahrung eingedrungenen Fer- mente erhält man immer mit dem Extrakt mit. Somit kann ich nur sagen: es ist mir wahrscheinlich, daß eine Protease in der Mitteldarmdrüse gebildet wird; dränge sie nur in die Gänge ein, so müßte sie ja gerade mehrere Stunden nach der Nahrungsauf- nahme vorhanden sein und nicht zuerst. — Auch Lipase dürfte sicher vorhanden sein. Für zweifelhaft halte ich Amylase und Cellulase. Wenn ich allein auf Protease und nur auf positive Ergebnisse Rücksicht nehme (denn sonst mache ich zu große Fehler), so erhalte ich folgende Durchschnittszahlen für die einzelnen Stufen der Pro- teasekraft: 432 GoTTwALT Cur. Hirscn, Die Protease braucht zum Verdauen: beim Hungertier: 45 Stunden. 1/, Std. nach Nahrungsaufnahme: 24 Std. 2 40 3 verdaut nicht 6 N 10 — Übertrage ich diese Zahlen auf eine Kurve (Fig. F, S. 422: Bezeichnung +++++-+), so sehe ich auch das Auf und Nieder, die N-Form ist aber nicht ausgeprägt. Diesen Verdauungsversuchen ist gleich anzuschließen, daß auch im Enddarm Fermente gefunden wurden, Protease und Amylase, da- gegen Lipase und Cellulase nicht. Ich habe diese Versuche nur an Freßtieren und nur mit dem Unterschied gemacht, daß ich einmal den Enddarm gründlich ausspülte, ein andermal ihn unberührt ließ und extrahierte. Spülte ich nicht, so fand ich in 5 Fällen eine Protease, in 6 nicht (s. Tabelle 3, S. 421), in 3 Fällen eine Amylase, in 3 nicht. Spülte ich, so habe ich in 14 Fällen eine Protease nicht gefunden, nur in einem Falle ein positives Ergebnis. — Der Bau des Magens lehrt uns, daß Nahrung und Verdauungssäfte sehr leicht aus dem Magen in den Enddarm übertreten können. Wie wir später sehen werden, erweitert sich der Enddarm ziemlich. In dieser Erweiterung scheint eine Nachverdauung stattzufinden. Auch fand ich recht viele jener unerklärten Kalkkugeln (S. 429). Jedenfalls geht aus diesen Versuchen hervor, daß der Enddarm selbst nicht secerniert. Fassen wir wieder kurz und schematisch das Wesentliche der ersten Fragen der Verdauung bei Murex zusammen: 1. Der Vorderdarm. Sehr dünn und lang, mit 2 Drüsen und 2 Erweiterungen. — Leitet die Nahrung in kleinen abgeschabten Stücken in den Magen. Weg in den Magen ist frei. — Einspeiche- lung mit Protease und Amylase. In den Drüsen keine Säure. — Die Nahrung wird in Längsfalten verschleimt und transportiert. 2. Der Mitteldarm. Magen mit zwei Mitteldarmdrüsenmün- dungen in einer Grube und zwei Leitlängsfalten. Ohne Stauwehr gegen den Enddarm, mit faltiger hinterer Kammer. 3. Verdauungsort. Im Ösophagus Protease und Amylase Ernihrungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 433 der beiden Vorderdarmdrüsen. — Hauptverdauung im Magen und in den Mitteldarmdrüsengängen. Auch im Enddarm Nachverdauung wahrscheinlich. 4. Verdauungszeit. In Stufenuntersuchungen im Magen: Nahrung nach 3—6 Stunden zertrümmert, nach 10 Stunden verdaut. 5. Secretionsort. Kleine Vorderdarmdrüse nur Protease, eroße Vorderdarmdriise nur Amylase (vielleicht in Beziehung zum Glykogengehalt ‘der Nahrung). Mitteldarmdrüse: Protease, Lipase, dagegen Amylase und Cellulase zweifelhaft. 6. Fermente. Protease in kleiner Vorderdarmdrüse, im Magen- saft, wahrscheinlich auch in der Mitteldarmdrüse. — Amylase in der großen Vorderdarmdrüse und im Magensaft, vielleicht auch in der Mitteldarmdrüse. — Lipase nur in der Mitteldarmdrüse. 7. Fermentwirkung. a) Durchschnittliche Kraft im Reagenzglase: 'Kleiue Vorderdarmdrüse 32,5 Std. Große 2 14,4 Mitteldarmdrüse Al 28,6 Std. Magensaft 27,6 b) Schwankungen im einzelnen Organ: Verdauungskurve in N-Form deutlich bei Kleine Vorderdarmdrüse, Große Magensaft. Undeutlicher dagegen bei der Protease der Mitteldarm- drüse. 29 All diese natürlichen Beziehungen erhalten erst das rechte Licht durch die gedanklichen Beziehungen zwischen den analogen Arbeiten der einzelnen Formen (s. S. 457). IV. Pterotrachea. Über den Darm von Pterotrachea liegen zwei kurze, rein mor- phologische Untersuchungen von LEUCKART!) und GEGENBAUR?) vor. Nach meinem Neapler Aufenthalt bekam ich die Arbeit von Conn- 1) LEUCKART, R., Beitr. z. Naturgesch. d. Cephalophoren: Bau d. Heteropoden (Giessen 1854), p. 38. 2) GEGENBAUR, C., Unters. über Pteropoden u. Heteropoden (Leipzig 1855), p. 168. 434 Gorrwazr Cur. Hirsch, HEIM!) in die Hand, der als erster physiologische Untersuchungen am Heteropodendarm gemacht hat: über den Aufnahmereiz, den Geschmackssinn, die Bewegung des Darmes. 1. Der Vorderdarm und seine Arbeit. Der Darm von Pterotrachea gehört einem anderen Typus an, als die beiden eben besprochenen Formen ihn darstellen. Wir sahen, wie bei Natica und Murex der Vorderdarm zur Nahrungsaufnahme, Leitung zum Mitteldarm und zur ersten Vermengung mit den Fer- menten dient; die eigentliche Verdauung aber findet im Mitteldarm statt. — Der andere Typus, dem Pterotrachea und Plewrobranchaea angehören, ist: der Vorderdarm dient auch zur Nahrungsaufnahme und Leitimg, aber in ihm wird hauptsächlich verdaut, da der kleine Mitteldarm die gewaltigen Nahrungsmengen nicht bewältigen kann. Zu diesem Zweck erweitert sich der Vorderdarm beträchtlich zu einem Kropf (Näheres S. 467—474). a) Der Bau des Vorderdarmes. Er ist im Gegensatz zu den bisherigen Formen sehr einfach gebaut; er besteht nur aus zwei Teilen, dem Pharynx und dem Kropf. Der Pharynx ist von LEUCKART ?) eingehend beschrieben worden. In ihn münden zwei ganz kleine, als rudimentär bezeichnete Speichel- drüsen ein. Der Vorderdarm zieht zunächst als ein Ösophagus, d.h. als ein langgestreckter, dünner Sehlauch nach hinten. Er verläuft, wie Fig. H zeigt, gradlinig im rüsselähnlichen Vorderkörper, biegt dann in einem stumpfen Knie um und erstreckt, sich wenig erweitert, aber sehr erweiterungsfähig bis zu einem „roten Punkt“. Vom Knie ab möchte ich den Vorderdarm als Kropf bezeichnen, denn hier beginnt der Verdauungsort (s. Definition S. 394). An dem „roten Punkt“ ist der Kropf ein wenig eingeschnürt und geht dann ohne erkennbare Differenzierung in den Mitteldarm über. Physiologisch recht wichtig ist dieser „rote Punkt“, dem merk- würdigerweise alle Autoren bisher wenig Aufmerksamkeit schenkten.?) Er bildet wohl den Grenzstein zwischen Vorder- und Mitteldarm 1) COHNHEIM, in: Ztschr. physiol. Chem., Vol. 80, 1912, p. 95. 2) Siehe vorige Seite Anmerkung 1. 3) COHNHEIM (a. a. O.) irrt, wenn er angibt, „der ganze Darm- kanal von der Mundéffnung bis zur Leber ist durchaus eine Hinheit, Scheidungen in verschiedene Abschnitte sind nicht vorhanden“. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 435 Mitteldarmdrüse Pharynx ı i} i 1 1 i) 1 Leit- «+ uzähne | rope rohr Enddarm Fig. H. Fig. K. VE Fig. H—N. Pterotrachea mutica. 6 Bilder nach der Natur; etwas vergrößert Der Kropf ist natiirlich durchsichtig, der Enddarm und die Mitteldarmdriise sind durchsichtig gedacht. Fig. H Hungertier; Fig. J 5—10 Minuten nach der Nahrungs- aufnahme; Fig. K 1—3 Stunden; Fig. L 4 Stunden; Fig. M 7 Stunden; Fig. N 20 Stunden. — Die Bilder sollen zeigen: das Zustrémen des Saftes aus der Mittel- darmdriise, den Ablauf der Verdauung, die Absperrung des Kropfes gegen den Mitteldarm, die Zeit der Verdauung, die Kotbildung. Fig. J—N nach dem Leben gezeichnet. 436 GoTTwALT Cur. Hirscn, (doch müßten dies ontogenetische Untersuchungen feststellen); er besteht aus 3 roten Epithelhöckern, die mit ihren Spitzen ineinander greifen und auf breiter Grundlage den Wänden des Kropfes an- sitzen. Sie bilden so eine enge Pforte, die den massigen Kropf- inhalt gegen den Mitteldarm zu staut und zunächst nur kleinste verdaute Teilchen hindurchläßt. Ich nenne sie deswegen die Stau- zähne. Sie zeigen eine polygonale Felderung und haben starke Wimpern. b) Die Arbeit des Vorderdarmes. Wie ausgezeichnet läßt sich bei diesem Tiere die Arbeit des Vorderdarmes, das Nahrungsleiten und Verdauen, beobachten! Durch die glasklare Körperwand dieses Planctonten sieht man auf das Deutlichste den Eintritt der Nahrung, ihre Leitung, Auflösung, Transport zur Mitteldarmdrüse. Ich habe 6 Zeichnungen nach der Natur angefertigt (Fig. H—N), welche die Arbeit des Vorderdarmes und den Ablauf der Ver- dauung stufenweise hintereinander zeigen sollen, wie er sich beim lebenden Tier offenbart (Vorderdarm nach der Natur; Enddarm und Mitteldarmdrüse sind schematisch durchsichtig gedacht). Fig. H zeigt uns ein Hungertier: der Kropf hängt in dünnen schlappen Wellenlinien im Körper, nur die Stauzähne heben sich ab. Fig. J. 5—10 Minuten nach der Nahrungsaufnahme: es ist Nahrung durch den Pharynx avfgenommen; sie wird durch starke Peristaltik bald dem Kropfe zugeführt. Kaum hat die Nahrung den Pharynx durchschritten, so tritt sofort Verdauungssaft aus der Mitteldarmdrüse in das „Leitrohr“ hinein (!), das alsbald prall mit hellbraunem Saft erfüllt ist (in der Zeichnung an der Schattierung zu sehen). Man erkennt deutlich, wie sich der Saft allmählich durch die Stauzähne in den Kropf ergießt, noch ehe die Nahrung bis ganz in den Kropf gelangtist; hier im Kropf nimmt der Saft die Nahrung in Empfang. Es muß also eine nervöse Leitung vom Pharynx zur Mitteldarmdrüse vorhanden sein, welche das Eindringen von Nahrung meldet und vielleicht auch den Reiz für die Absonderung des Saftes abgibt (S. 465). Die Nahrung wird schnell vom Pharynx zum Kropf geleitet, bei kleineren Bissen oft in 4—6 Sekunden. Sie wird von der Peri- staltik mit dem Saft umhüllt, nach vorn gepreßt, dann wieder nach hinten. In einzelnen Abschnürungen arbeitet der ganze Kropf mit schneller peristaltischer Bewegung. Ein neuer Nahrungsschub EEE ED Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 437 kommt von vorn, wenn die Nahrung zu groß ist, um mit einmal verschlungen zu werden, sofort strömt ihm ein Schub mit Saft ent- gegen und nimmt ihn auf. So wird im Kropf die Nahrung durch- gewalkt und mit Saft verknetet. Fig.K. 1—3 Stunden nach der Nahrungsaufnahme. Die Nahrung ist schon etwas angedaut. Es fließt kein Saft mehr aus der Mittel- darmdrüse, das Leitrohr (s. S. 439) ist leer. Die Stauzähne sperren Saft und Nahrung dicht gegen das Leitrohr zu ab. Die Nahrung ist jetzt zu einer einzigen Wurst zusammengeknetet und liegt am hinteren Ende des Kropfes in einer großen Erweiterung, dicht den Stauzähnen angelagert. Heftige Peristaltik und Antiperistaltik. Fig. L. 4 Stunden nach der Nahrungsaufnahme Ein guter Teil der Nahrung ist vollständig oder zu feinen Teilchen zerdaut. Verdauungssaft mit solchen kleinsten Stücken gemengt tritt durch ‚die Stauzähne hindurch; vielleicht öffnen sich jetzt diese ein wenig, ‘denn vorher konnte nicht einmal der Saft hindurchtreten. So ge- langt die zerdaute Nahrung in das Leitrohr, wird in peristaltischen Schiiben zur Mitteldarmdrüse gebracht und hier resorbiert. Die Fleischstückchen im Kropf sind schon zusammengeschmolzen, die :sroben und festeren Teile werden von den Zähnen zurückgehalten. Fig. M. 7 Stunden nach der Nahrungsaufnahme Die Ver- dauung ist fast beendigt, es gehen jetzt auch gröbere Reste durch die Stauzähne hindurch, die sich wohl also noch weiter öffnen müssen. In peristaltischen Schüben werden sie zum Enddarm befördert. Dieser beginnt sich langsam mit den Nahrungsresten zu füllen and bildet eine deutliche Schleimhülle um sie. So entsteht ein Kot- faden. | Fig. N. 20 Stunden nach der Nahrungsaufnahme Die Ver- dauung ist beendet. Im Kropf sieht man nur noch wenige grobe Reste zu einem schwarzen kleinen Klumpen geballt, die auch bald durch den Enddarm herausbefördert werden. Die feine und gelöste Nahrung wird resorbiert, die groben unverdaulichen Reste (Chitin, srobe Karminkörner) sind unmittelbar in den Enddarm gewandert und hängen in langem Kotfaden zum After hinaus. — Die mikroskopische Untersuchung des Kropfsaftes zeigte nichts Bedeutendes: Kalkkugeln sah ich nicht, dagegen waren Ferment- kugeln sehr häufig (s. das Kapitel Secretion, S. 503). Schon diese Untersuchungen des von außen sichtbaren Ablaufes der Verdauung zeigen, daß von Fermenten eine starke Pro- Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 29 438 GOTTWALT CHR. Hirscu, tease im Kropf vorhanden sein muß. Diese unmittelbare Beob- achtung ist die beste Prüfungsmethode; die chemischen Unter- suchungen im Reagenzglase sind nur vergleichend wertvoll. Ich habe nochmals mit Casein und Karminfibrin nachgeprüft (s. Tabelle 5 S. 440), vor allem um die Geschwindigkeiten vergleichen zu können und so gewisse Anhaltspunkte zu gewinnen. Ich habe leider nur zwischen Hunger- und Freßtieren unterscheiden können und konnte keine weiteren Stufenuntersuchungen machen, da ich nicht genug Tiere bekam. Die Tabelle 5 zeigt, daß der Kropfinhalt des Hunger- tieres (mit Toluol-Seewasser 1:1 verdünnt) in 4 Versuchen keine Protease enthielt — der Kropfsaft des Freßtieres dagegen (ebenso verdünnt) enthielt in 5 Versuchen jedesmal eine starke Protease, im Durchschnitt nach 15 Stunden. Die Reaktion des Kropfsaftes war stets neutral. Vergleichen wir die obigen Stufenuntersuchungen mit diesen Reagenzglasversuchen, so können wir schließen: 1. daß eine starke (vielleicht trypsinähnliche) Protease vorhanden ist, die 2. erst nach der Nahrungsaufnahme im Kropf wirksam ist; sie tritt, wie die Stufenuntersuchungen zeigen, aus der Mitteldarmdrüse in den Kropf ein. 3. daß diese Protease unter natürlichen Bedingungen (vor allem gleichmäßiger Abfuhr der Verdauungsprodukte) und unverdünnt doppelt bis 3fach so schnell wirkt wie unter den künstlichen Be- dingungen im Reagenzglase. Auf andere Fermente habe ich leider nicht mehr prüfen können. Da sich aber in dem Mitteldarmdrüsenextrakt eine Amylase findet (S. 439), so ist es sehr wahrscheinlich, daß sie auch im Kropfsaft. vorkommt. 2. Der Mitteldarm und seine Arbeit. Findet im Kropf die Hauptverdauung statt, so können allge- mein im Mitteldarm 2 Fälle eintreten: entweder es ist ein kleiner Magen gebildet, der eine weitere Verdauung ermöglicht, oder dieser ist nicht entwickelt, und die Verdauungssäfte strömen, beladen mit den Verdauungsprodukten, unmittelbar in die Mitteldarmdrüse (oder als Kot an ihr vorbei in den Enddarm, von hier nach auben). Letzter Typus ist bei Pterotrachea ausgebildet: ein Magen fehlt; die Verbindung von Enddarm mit dem Vorderdarm ist ohne jede Erweiterung. DE Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 439 a) Der Bau des Mitteldarmes. Als Mitteldarm möchte ich bezeichnen: das Leitrohr von den Stauepithelhöckern bis zum Enddarm, und ferner die Mitteldarm- drüse, welche dem Ende des Leitrohres aufsitzt. Der Bau des Leitrohres ist ähnlich dem des Ösophagus. Es ist leer stark faltig, zeigt hohes Cylinderepithel. Wie aus Fig. H—N ersichtlich, biegt es in ziemlich scharfem Knie nach oben, läuft ein Stück am Eingeweidekern (Mitteldarmdrüse, Geschlechtsorgane und Niere) empor und biegt oben in diesen hinein; so hat es im ganzen S-Form. An der Übergangsstelle in den Enddarm geht ein Seiten- weg in die Mitteldarmdrüse hinein. Hier müssen besondere Vor- richtungen angebracht sein, welche verhindern, daß die Nahrung in den Enddarm, daß der Kot in die Mitteldarmdrüse gelangt. Es muß hier also eine Nahrungssonderung stattfinden. Enddarm und Mitteldarmdrüsengang laufen nun ein Stück neben- einander her, bis der Drüsengang blind endigt. Über den Bau der Mitteldarmdrüse hat Frexzen berichtet, daß „Körnerzellen und Keulenzellen“ gefunden wurden. Seine Ab- bildung ist unklar. Die Drüse ist außerordentlich kompakt, auf kleinsten Raum sind hier zwei wichtige und verschieden arbeitende Zellarten zusammen- gedrängt, Secretzellen und Resorptionszellen. Hohlräume sind selten zu sehen. b) Arbeit des Mitteldarmes. Wir sahen bei den Stufenuntersuchungen, wie der gelbliche Saft im Augenblick der Nahrungsaufnahme durch die Stauzähne hindurchströmt; er stammt aus der Mitteldarmdrüse. Dies wurde schon durch die Tatsache wahrscheinlich, daß sich beim Hungertier keine Protease im Kropf findet; bewiesen aber wird es durch die un- mittelbare Beobachtung und die Extraktproben (unter den Voraus- setzungen von S. 400) aus der Mitteldarmdrüse (s. Tabelle 5, S. 440): Beim Hungertier findet sich in 2 Fällen eine Protease, in 2 Fällen nicht. Amylase und Lipase wurden nicht beobachtet. Beim Fref- tier dagegen wurde Eiweiß in 4 Versuchen stets verdaut, auch Amylase und Lipase wurden in je einem Versuche wahrschein- lich gemacht. Bemerkenswert ist der Unterschied zwischen Hunger- und Freßtieren. Darauf komme ich auf S. 461 ausführlich zurück. 29* 440 GOTTWALT Cur. Hirsch, Tabelle 5. Pterotrachea, Fermente. Kropfsaft Mitteldarmdrüse Amen | Freßtier meer Freßtier Casein 0,05 %, 11,314 — 05% — | — 24 | — | 44 | 26 | 26 Karminfibrin — | — | 11 | 24] — | 44 | 20 | 26 Amylase — 26 Lipase — 24 Ferner wird im Mitteldarm resorbiert, was ich in dem be- treffenden Kapitel später darstellen werde. Auch hier möchte ich das Bezeichnende des Gefundenen bei Pterotrachea kurz und schematisch zusammenfassen, um später kritisch zu vergleichen (s. S. 457). 1. Vorderdarm. Pharynx groß, Speicheldrüsen rudimentär, kurzer Ösophagus, geräumiger Kropf mit sicherem Abschluß gegen den Mitteldarm durch 3 Stauzähne. Im Kropf allein Durchkneten und Verdauen der Nahrung. 2. Mitteldarm. Ohne Magen, hier keine Verdauung. Glattes Leitrohr vom Kropf zum Enddarm und in die Mitteldarmdrüse. 3. Verdauungsort. Allein im Vorderdarm: Kropf. 4. Verdauungszeit. 15—20 Stunden. 5. Secretionsort. Allein die Mitteldarmdrüse. 6. Fermente. Protease und wahrscheinlich Amylase und Li- pase. ; | 7. Fermentwirkung. a) Durchschnittliche Kraft: Kropfsaft 16 Stunden, Mitteldarm- drüse 24 Stunden. b) Bei Hungertieren inaktiv. V. Pleurobranchaea. Über Pleurobranchaea sind mir nur wenige Arbeiten bekannt. ST. Hıraıre!) und Fr. N. Scuunz?) haben die Säuredrüse eingehend 1) Untersuchungen über d. Stoffwechsel, in: Travaux Soc. Natural. St. Petersbourg 1903 und Verhdl. 5. internat. Zoologenkongr. Fe p. 767. 2) In: Ztschr. allg. Physiol., Vol. 5, 1905, p. 206. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 441 untersucht. Vavssrère!) schildert in einer Monographie den ge- samten Verdauungstractus vom Ösophagus bis zum After ohne Ab- bildung auf 7 Zeilen. Enriques?) gibt eine kurze Beschreibung des Darmes. Von physiologischen Angaben über Verdauung liegt bisher die Angabe Fr. N. Scuunz’s vor, daß Plewrobranchaea ein „trypti- sches Ferment“ im Kropf besitze; Enriques schreibt nur über die Secretion. Die Tiere wurden schnell von hinten an der Rückendecke auf- geschnitten; dann liegt der ganze Darm klar zutage. Diese Ein- fachheit der Präparation macht das Arbeiten mit Flewrobranchaea so angenehm. Der Darm von Pleurobranchaea (Fig. O) gehört zu dem 2. Typus: der Vorderdarm ist zu einem mächtigen Kropf aufgetrieben, der Mitteldarm besteht aus einem kleineren Magen, dem eine sehr große Mitteldarmdrüse aufsitzt. Der Enddarm ist kurz. 1. Der Vorderdarm und seine Arbeit. a) Der Bau des Vorderdarmes. Von dem muskelreichsten und auffallendsten Teil des Vorder- darmes war bereits die Rede, vom Pharynx (S. 377). Es ist gesagt worden, wie der Ösophagus aus der Pharynxhöhle herauskommt. Zunächst liegt er dem Pharynx eine lange Strecke auf (Fig. O), denn er mündet weit vorn. Er ist schwarz pigmentiert, nicht allzu geräumig, aber durch Falten sehr erweiterungsfähig. Plötzlich hört die schwarze Färbung auf, und der Vorderdarm schwillt auffallend an: er bildet den Kropf (Enriques nennt ihn: stomaco, was nach meiner Definition S. 394 nicht stimmen würde). Im Situsbild (Fig. O) ist der Kropf mit Nahrung gefüllt gezeichnet; er ist auffallend gestreift und innen faltig zum Erweitern. Ganz plötzlich verengt sich dann der Kropf in seinem Verlauf; es sieht aus, als sei er von einem Sphincter zusammengepreßt. Er ist hier geschniirt wie ein Engpaß; dann erweitert er sich wieder zum Magen des Mitteldarmes. (Die Säuredrüse ist in der Abbildung fortgelassen, da sie keine erkennbare Beziehung zum Verdauungs- ablauf hat. Fr. N. Scauzz gibt eine gute Abbildung von ihr.)?) 1) Monographie de la famille des Pleurobranchides, in: Ann. Sc. nat. (8), Zool., Vol. 8, p. 209 u. Vol. 12. 2) In: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 15, 1901, p. 365. 3) a. a. O., Vol. 12, p. 32. 449 Gorrwatt Cur. HırscH, Eben lese ich, dab VAyssıkre!) außer von dieser Säuredrüse von „deux conduits excréteurs des véritables glandes salivaires ... sur les côtés du bulbe ... possédant un petit renflement oviforme“ spricht. Ich habe solche glandes salivaires bei Pl. etc. nicht ge- sehen; sie sind wohl mindestens stark reduziert. Eine Abbildung gibt V. leider nicht. b) Die Arbeit des Vorderdarmes. Ist die Nahrung in den Osophagus hineingelangt, so wird sie langsam in den Kropf gebracht. Die Bewegung des Osophagus zu Sphincter Mitteldarmdrüse ------------ a “Magen Fig. O. Pleurobranchaea meckelii. Verdauungstractus. Die Säuredrüse ist nicht mitgezeichnet. Der Kropf ist mit Nahrung ziemlich gefüllt. 2:1. Nach frischen Tieren gezeichnet. diesem Zwecke ist nicht leicht zu sehen, da man die Tiere erst nach dem Fressen öffnen kann, sonst nehmen sie keine Nahrung 1) a. a. Opp 212: Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 443 auf. Man kann aber durch die etwas durchsichtige Körperhaut ziemlich gut die peristaltische Bewegung des schwarzen Oso- phagus erkennen'): in langsamen Schiiben kommt die Nahrung in den Kropf. Die Technik der Kropf- und Magenuntersuchung war zweck- mäßig folgende Das Tier wurde aufgeschnitten, die Rückendecke zurückgeklappt und mit starken Nadeln im Wachsbecken befestigt. Die Säuredrüse wurde sorgfältig entfernt, damit keine Säure in den Kropfsaft beim Aufschneiden der Wand hineinkommt.?) Der schwarze Ösophagus wurde dicht unter seiner Miindungsstelle in den Pharynx mit einer Klemmpinzette zusammengeklemmt, oben ab- geschnitten, hochgenommen, zur Seite gelegt. Mit einer zweiten Klemmpinzette verschloß ich den Sphincter. Jetzt wurde der Kropf auf eine Uhrschale gelegt, die vordere Klammer geöffnet und der Vorderdarm nach hinten bis zum Sphincter aufgeschnitten. Vom Saft ward ein Tropfen auf einen Objektträger gebracht und mikro- skopisch untersucht; dann wurde der Saft auf Fermente geprüft. — Jetzt schnitt ich den Kropf vor dem Sphincter ab, öffnete die zweite Klemmpinzette, drückte auf den Magen und preßte seinen Inhalt auf ein Uhrschälchen, der ebenso mikroskopisch und chemisch unter- sucht wurde. Wir können zwischen 2 verschiedenen Untersuchungs- reihen der Verdauung unterscheiden: 1. den makro- und mikro- skopischen Beobachtungen nach Aufschneiden des Kropfes und Magens: in welchem Zustande befinden sich Saft und Nahrung? — und 2. den chemischen Prüfungen: welche Fermente finden sich im Darm und wie stark sind sie? Beide Untersuchungen müssen so zueinander in Beziehung stehen, daß die chemischen Kräfte die makro- und mikroskopischen Befunde bedingen. Die chemischen Kräfte aber sind abhängig von der Secretion; diese werden wir im nächsten Kapitel kennen lernen. 1) Vgl. dazu BoTTAzzı, Recherches sur les mouvements de l’oesophage de l’Aplysia, in: Arch. Ital. Biol., Vol. 28, p. 81 und TH. v. Brück, Zur Physiologie d. Kropfmuskulatur v. Aplysia, in: Arch. ges. Physiol, Wol. 108, p. 192. 2) Die Drüse mündet in den Pharynx, deswegen können bei starker mechanischer Reizung doch vielleicht Tropfen des Säuresecrets in den Vorderdarm gelangen. Dies ist möglichst zu vermeiden, 444 Gorrwazr Cur. Hirsch, Wieder erscheint mir die vergleichende Betrachtung verschie- dener Verdauungsstufen als der wahre Lichtträger für die Unter- suchung des Ablaufes der Verdauung. Ich habe in der ersten Zeit wahllos bei beliebigen Ernährungszuständen geprüft und sehr wider- spruchsvolle Ergebnisse erhalten (s. Tabelle 1 auf S. 397). Verfolgen wir also jetzt zunächst auf 11 Stufen die makro- skopischen Befunde im Kropf und Magen vom Hungertier bis einige Tage nach der Nahrungsaufnahme; später werde ich diese Befunde zu den Fermentuntersuchungen in Beziehung setzen. Jeder Versuch wurde 3mal wiederholt, das regelmäßig Wiederkehrende wird hier mitgeteilt. Um den sichtbaren Verlauf anschaulicher zu machen, bringe ich noch auf S. 445 die Tabelle 6 zur Übersicht der Veränderungen, die in Kropf und Magen an Saft und Nahrung während der Ver- dauung sich zeigen; ferner 8Schemata der Veränderungen der Nahrung und des Secrets hintereinander (Fig. P—W); es sind hier nur Nah- rungszustand und Secretmenge dargestellt. Ich muß hier leider dem Kapitel Secretion vorgreifen und schon kurz angeben, was ich erst auf S. 499 beweisen werde: das Secret wird zum Teil in festen Körnern ausgestoßen: den Secretkörnern, die sich in Kropf und Magen lösen; an diese ist das Ferment ge- bunden. Ich bin also berechtigt, in den 8 Schemata das Secret in feinsten Pünktchen als solche Secretkörner darzustellen, selbst- verständlich viel zu groß, da sie in natura mikroskopisch klein sind. Je mehr Secret, d. h. Ferment, im Magen und Kropf sich befindet, desto dichter kann ich die Secretkörner zeichnen, damit also die Fermentmenge angeben. Hungertier: der Kropf ist ohne Nahrung, schlaff, mit wenig Secret darin; der Saft hat gelbe Farbe und ist dicklich. Dasselbe findet sich im Magen. Die Reaktion auf Lackmus zeigt schwache Säure. Es kommt leicht vor, daß beim Aufschneiden des Kropfes die ihn dicht umspinnende Säuredrüse mit durchschnitten wird, daß sich also ihr Inhalt in den Kropfsaft ergießt, der dann auch Kongorot blau färbt. Ist man vorsichtig, so tritt diese Reaktion auf freie Säure nie ein. Lackmuspapier zeigt aber immer eine saure Reaktion.: ENRIQUES gibt stark saure Reaktion an, sagt aber nicht, womit er diese prüfte, wahrscheinlich mit Lackmuspapier. Das ist aber kein typisches Reagens auf freie Säure, die uns in Hinsicht auf.die Wirbeltiere allein interessieren würde. Nach einer !/, Stunde. Die Nahrung ist nn den Gone 445 Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. SNJT1J9(T jdory sue queproa | sng1199Q | sngtjeq | woursz | nepıoA nepasue — SOA JOUI9} JOUI9J | nz 'pıaA yseF „1eIs — — — — AM — a stam | oyonys |HIS'Inep] oyomg | eyonIg | eyo a — Iq9S ‘TY ıyas |-90qv [oral “[Y [OIA | Gord ‘Mel 93suro1x — — — = suniyen | = SIU9M | J96IU9M [eta [PTA [OIA ANOS | [OLA 1498 | JOIA 1498 | [OIA 1495 [ora you SIU9M | asuawmyeg gresuneig| qed opyunp eu {lapSunvezrqlanerqreu [rorpog'agel -[pyunp | -joxunp [unerggjssiunerggpes| seajo | qresıtey | qrosrieu | eqaezazes quepisa |J19mwmı? JUEPIOA | nwproa | TP12MS -19Z |nepodue|gqueposue|queposue |qneposue | jneposue — _ |soyye ystom ne ‘[yuz | Srposppe | rersqn |‘a90 ‘quigl wmey qqoru qqoru — SIM — wo à COURS (uaqun) | (9991) | "ydosso = 1907 [1991 Yslom] asıuoM jdory wt} Jdory wı| wr I 'z — 60M ayen | > Janes TONES Jones sem ones Jones Janes Janes Jones [ions Mel zones yes AUS Jones UOIJAUIN SIU9M apuy ‘Jun ages | aosıusm | Jastuem | mag” | wog | wo go | moag ’o |wue‘iqom| Sruom | sourox | semge | asuounges o8eg 2 | ser ç | ete | Sent | msor | mso | mse | vise | msr | mis | Lun u9semw pun jdory wt SUNNBPI9 A 19P PUSIYEM 9PUNFIY Ay9sıdoysoayem ‘vanyounsqosnaig ‘9 III 446 GOTTWALT Cur. Hirsch, hinabgewandert, ist z. T. noch in ihm, größtenteils aber im oberen Teil des Kropfes. Es ist nicht mehr Saft im Kropf als vorher, meist nur sehr wenig, denn der Hungersaft vermengt sich schnell mit der Nahrung. Dagegen ist die Menge des hellgelben Saftes im Magen bereits etwas vermehrt (dargestellt im Schema an den wenigen Secretkörnern, die zu den Öffnungen der Mitteldarmdrüse heraus- kommen). Der Saft im Magen kann sich aber noch nicht mit dem - - - -Qesophagus Stauwehr Magen-—--\ - A... After Mitteld-drüse-\ Enddarm Hungertier Fig. P. Fig. Q. Fig. R. Fig. 8. jte UD Je), DE Fig. W. Fig. P—W. Pleurobranchaea meckelii. 8 Schemata zum Verdauungs- ablauf. Es sind schematisch dargestellt: 1. die Veränderungen der Saftmenge; anschaulich gemacht durch feine Punktierung: Andeutung der Menge der Secret- körner und damit der Fermentkraft. 2. Die Veränderungen der Nahrung: Zer- trimmerung und Verdauung eines Nahrungsklumpens. (Die Nahrungstrümmer mußten im letzten Schema der Deutlichkeit halber zu groß gezeichnet werden.) 3. Die Absperrung des Kropfes gegen den Magen durch den Sphineter, des Magens gegen den Enddarm durch das Stauwehr. 4. Die Zeit des Ablaufes der Verdauung. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 447 des Kropfes vereinigen, da der Sphincter nur allmählich den Saft hindurchläßt. Die Reaktion ist stärker sauer. Nach 1 Stunde. Jetzt ist die Nahrung bis fast zum Sphincter vorgedrungen, d. h. sie erfüllt den ganzen Kropf. Die Saftmenge im Kropf hat sich vermehrt, der Saft ist zumeist nur ganz unten sichtbar: er ist durch den Sphincter hindurchgetreten. Die Nahrung ist noch nicht angedaut. Die Saftmenge in dem Magen hat sich noch vermehrt, die Farbe wird immer dunkler. Die Reaktion ist stark lackmussauer. Nach 2 Stunden. Die Nahrung ist kaum angedaut, nur ein wenig gegen den Sphincter hin. Es strömt lebhaft Saft vom Magen zum Kropf, vermutlich durch Muskelbewegungen des Magens ver- anlaßt; er fließt aber auch vom Kropf zum Magen zurück und führt dabei wenige kleine Stückchen der Nahrung mit sich. Die Farbe des Saftes wird immer dunkler. Der Magen ist jetzt dicht voll Saft. Nach 3 Stunden. Die Saftmenge im Kropf ist bedeutend ge- stiegen; sie beträgt vielleicht 2 cem und bedeckt jetzt eben die Nahrung. Die Verdauung ist von Sphincter her vorgeschritten (im Schema dargestellt an den kleinen, zackigen Stücken). Im Magen finden sich keine größeren Nahrungsstücke, nur einige kleine Trümmer, die durch den Sphincter in den Magen gelangt sind. Die Reaktion ist etwas sauer. | Nach 6 Stunden. Die Nahrung ist noch immer an derselben Stelle des Kropfes; sie ist jetzt von allen Seiten an der Oberfläche angedaut. Kleine Trümmer werden überall losgelöst. Der Magen ist dick aufgeschwollen, wohl halb so groß wie die Mitteldarmdrüse. Es sind jetzt schon etwas größere Stücke in den Magen gelangt, die stark angedaut sind; aber große Stücke können durch den Sphincter nicht hindurchtreten. Die Saftfarbe ist dunkelgelb. Nach 10 Stunden. Jetzt befindet sich die meiste Menge Saft im Kropf. Die Nahrung ist bis auf einen kleinen Kern allseitig zertrümmert. Der Magen ist stark angeschwollen; in ihm sieht man Nahrungsdetritus und einige gröbere Stücke. Die Verdauung ist in vollem Gange. Die Farbe des Saftes ist auffallend dunkel- braungelb. Nach 1 Tage. Der Kropf ist noch immer prall mit Saft und kleinen Nahrungsteilchen erfüllt; die Farbe des Saftes ist schon wieder heller als bei 10 Stunden. Viel abgedaute Teilchen schwimmen im Magen- und Kropfsaft herum; sie häufen sich deutlich um die 3 Eingänge der Mitteldarmdriise an. 448 GOTTWALT Cur. Hirsch, Nach 2 Tagen. Im Kropf ist der Saft hellbraungelb und an Menge schon ein wenig zurückgegangen. Es sind nur noch wenige deutliche Stücke der Nahrung zu erkennen, die sich im hinteren Teile des Kropfes finden: sie sind stark angedaut (im Schema mußten sie viel zu groß gezeichnet werden); ungefähr ?/, der Ge- samtnahrung ist verschwunden. Auch im Magen sind die Nahrungs- triimmer fast zerdaut, man sieht nur noch wenige kleine Stücke. Nach 3 Tagen. Je nach der Nahrungsmenge kann jetzt im Kropf alles leer sein (eine Mactra inflata var. linguaria ist jetzt völlig verdaut). Doch die Verdauung großer Nahrungsmengen dauert bis zu 10 Tagen. Im Magen findet sich dann nur noch wenig Fleisch. Die Saftmenge ist etwas zurückgegangen, aber immer noch recht groß. Die Farbe ist braungelb. Nach 4 Tagen. Dasselbe wie bei 5 Tagen bei großer Nahrungs- menge. Nach 7—10 Tagen. Keine Nahrung, weder im Kropf noch im Magen. Es findet sich nur noch sehr wenig Saft im Magen. Seine Farbe ist hellbraun. Der Befund ähnelt sehr dem des Hungertieres. Aus allen 3 Übersichten ergeben sich folgende Ergebnisse: A. Der verdauende Saft. 1. Die Saftmenge im Kropf steigt ganz allmählich von O bis c. 3 ccm in der Zeit vom Nahrungseintritt bis zu 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme; hier ist der Höhepunkt erreicht. Die Menge bleibt sich dann gleich bis 1 Tag nach der Nahrungsaufnahme, sie sinkt wieder bis 0 bei 5—10 Tagen. 2. Auch die Saftmenge im Magen schwankt. Stets ist etwas Saft vorhanden. Die Menge steigt vom Hungertier bis 2 Stunden, bleibt sich dann gleich von 2 Stunden bis 1 Tag. Sie sinkt wieder bis zum Ende der Verdauung. 3. Der Saft kommt aus der Mitteldarmdrüse in den Magen, von da durch den Sphincter in den Kropf; das beweist ein Vergleich beider Mengen zu gleicher Zeit. 4. Die Reaktion ist stets sauer auf Lackmuspapier, auf Kongorot nur, wenn aus der Vorderdarmdrüse (Säuredrüse) Säure in den Kropf gekommen ist. Es handelt sich also um keine freie Säure! Es scheint mir, als sei der Magensaft bei !}, und 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme saurer als später (doch muß dies genau mit Titrieren nachgewiesen werden). 5. Die Farbe des Saftes wechselt von hellgelb bis dunkelbraun- gelb (nach 10 Stunden), um wieder heller zu werden bis zum Ende Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 449 der Verdauung (den Grund hierfür gebe ich S. 499 im Kapitel Secretion an). B. Die Nahrung. 1. Die Nahrung kommt in den Kropf nach !, Stunde, liegt nach 1 Stunde unten im Kropf, bleibt dort liegen bis zur völligen Verdauung. Die Peristaltik ist also ziemlich träge im Verhältnis zu den Wirbeltieren. 2. Die Nahrung wird erst nach 2 Stunden gegen den Sphincter zu etwas angedaut. Nach 10 Stunden ist die Nahrung gründlich zertrümmert, nach 1—2 Tagen fast, nach 3—7 Tagen ganz verdaut, d.h. aus dem Magen verschwunden. (Wir werden später sehen, daß noch ganz kleine Stücke der Nahrung in die Mitteldarmdrüse kommen und hier phagocytiert und intraceilulär verdaut werden.) 3. Nur abgedaute Trümmer kommen nach 3 Stunden durch den Sphineter in den Magen. Bis dahin ist der Magen frei von Nahrung. Erst nach 6 Stunden scheinen die Stücke im Magen etwas größer. Der Sphincter hat die Aufgabe, die Nahrung im Kropf festzuhalten, bis die Stücke zertrümmert sind. Diese werden weiter im Magen und Kropf zerdaut. 4. Die kleinen Nahrungstriimmer im Kropf gelangen in den Magen und werden hier zu Ende verdaut. Sie sind hier nach 10 Stunden zumeist zu feinem Detritus eingeschmolzen oder ganz ver- schwunden; der Vorgang geht weiter bis 3 Tage nach der Nahrungs- aufnahme. Diese Vorgänge im Magen: Zertrümmerung und Zerdauung sind abhängig von der Kraft der Fermente. Es mußte zunächst ihr Entstehungsort festgestellt werden: 4 Extraktproben aus der isolierten und gründlich gereinigten Kropf- und Magenwandung verdauten kein Karminfribrin. Dagegen zeigt auf den unten folgenden Proben (Tabelle 7, S. 450) der Extract der Mitteldarmdrüse eine Protease von wechselnder Stärke: hier ist der einzige Secretionsort. Es wurde zweitens die Kraft der Fermente durch Vergleich der Lösungszeiten eines Fibrinklümpchens annähernd geschätzt, was eigentümliche Ergebnisse hatte; diese werden erst klar durch die Stufenuntersuchungen (S. 396): ich sah dann, wie das Ferment ent- steht, wie es wandert, wie die Kraft auf- und niederschwankt und all jene makroskopischen Befunde bedingt. Gorrwatt Car. Hirsch, 450 Es wurde — wie Tabelle 7 zeigt — leider nur auf Protease untersucht, da ich später plötzlich keine Tiere mehr erhalten konnte. Der Kropfsaft und der Mitteldarmdrüsenextrakt wurden verdünnt mit filtriertem Toluolseewasser 1:1 (stets Kontrollen und Voraussetzungen von S. 400). Um Aufschluß über den Zweck der sauren Reaktion des Saftes (S. 448) zu erhalten, wurde jeder Versuch geteilt: ein erster mit dem natürlich-sauren Kropfsaft, oder dem neutralen Mitteldarmdrüsen- extrakt, ein zweiter unter Hinzufügen von 0,2% iger Sodalösung bis zur deutlichen Alkalisierung. Tabelle 7. Pleurobranchaea, Fermenttabelle. Zeit: Hungertier 1} Stunde 1 Stunde Organ: | Kropf- | Mitteldarm- | Kropf- | Mitteldarm- | Kropf- | Mitteldarm- saft drüse saft drüse saft drüse Casein 0,5% | | Karminfibrin [— [40 — 21 26 26 |: 25) — — — 44 | 24 | 26 |: 31; - — — 22 | 40 | 66 |: 40 — alkal. 116 — 50 72| 70 |: 65|—|—|—| 44 | 52 | 40 = 22 |100 ge Zeit: 2 Stunden 3 Stunden Organ: Kropfsaft |Mitteldarmdrüse Kropfsaft Mitteldarmdrüse Casein 0,50, |48 se | Karminfibrin | 48 | — | 10]: 29 — | 33 | 40| : 36] 22 | 14 | 22 |: 19 | 22 | 40 | 40 |:33 — alkal. | — |33|33 |:33 | — | 57 | 60]: 59] 22 | 17 | 32 |: 24) 22 | 50 | — |: 36 Zeit: 6 Stunden 10 Stunden Organ: Kropfsaft Mitteldarm- Kropfsaft | Mitteldarmdriise drüse | Casein 0,5% — : Karminfibrin —|— | — —|—|— 114118 | 14 |:15) 47 | 42 | 46 |:45 — alkal. |58 | 64 | 46:56 | — — | — | —|19 | 18 Ki 63 | 52 | 50 |:53 Wir miissen kennen lernen, wie das Ferment von der Mittel- darmdriise zum Kropf wandert. Deswegen vergleichen wir schon an dieser Stelle die Protease der Mitteldarmdriise und des Kropfes zur selben Zeit. Es ist fast nur mit Karminfibrin geprüft worden. In der Tabelle 7 setzte ich die Durchschnittszahl der Zeiten von je 3 Versuchen in fetten Ziffern dahinter. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 451 Überblicken wir diese Tabelle 7, so zeigt sich folgendes: beim Hungertier (10 Tage Hungern) findet sich in der Mitteldarmdrüse stets eine Protease -- im Kropfsaft von 6 Fällen nur zweimal. Man kann bei einem Tier, das 10 Tage lang in Einzelhaft hungerte (denn sonst fressen sie sich gegenseitig auf), nie genau sagen, in welchem Verdauungstadium es beim Einsetzen war. Hatte es vorher gerade viel gefressen, so kann noch immer eine Spur Protease im Kropf sein. Nach einer !/, Stunde ist im Kropfsaft nie eine Protease (Hungersaft!) — in der Mitteldarmdrüse stets. Nach 1 Stunde findet sich im Kropfsaft nur einmal eine Pro- tease bei 6 Versuchen — in der Mitteldarmdrüse stets (mit Aus- nahme desjenigen Tieres, das im Kropf die ebenerwähnte Protease hatte). Nach 2 Stunden fand sich im Kropf meist eine Protease (von 7 Versuchen. sind 5 positiv) — in der Mitteldarmdrüse auch nur meist (von 7 Versuchen sind 4 positiv). Nach 3 Stunden ist im Kropf stets eine Protease (von 6 Ver- suchen sind 6 positiv): bis hierher zunehmende Häufigkeit! — in der Mitteldarmdrüse nur meist (von 6 Versuchen 5 positiv). Nach 6 Stunden ist im Kropf nur selten eine Protease (von 7 Versuchen nur 3 positiv) — in der Mitteldarmdrüse niemals: bis hierher abnehmende Häufigkeit! Nach 10 Stunden ist im Kropf stets wieder eine starke Pro- tease (von 6 Versuchen sind 5 positiv), ebenso in der Mitteldarm- drüse (von 6 Versuchen sind 6 positiv). Daraus muß ich folgende Schlüsse ziehen: 1. der Secretionsort. Die Protease wird nur in der Mittel- darmdrüse gebildet, wo sie sich beim Hungertier bis 3 Stunden nach der Nahrungsaufnahme stets findet. 2. die Fermentkraft. Die Protease in der Mitteldarmdriise wird sofort nach der Nahrungsaufnahme abgegeben und ist nach 4—6 Stunden erschöpft (sie ist also beim Hungertier nicht inaktiv, wie wir dies bei anderen Gastropoden sahen). Sie findet sich nach 6 Stunden nicht mehr, wird dann neu gebildet und ist nach 10 Stunden wieder vorhanden. Im Kropf entfaltet die zuströmende Protease ihre Haupttätig- keit nach 3 Stunden; sie erschöpft sich dann bis zu 6 Stunden, um wieder nach 10 Stunden außerordentlich stark zu sein, da sie von der Mitteldarmdrüse entsprechend ergänzt worden ist. 452 Gorrwazr Cur. Hırsch, 3. die natürliche, neutrale Reaktion der Mitteldarm- drüse ist für den Verdauungsverlauf günstiger als die alkalische. Das zeigt die Versuchsgruppe „Hungertier“, wo der neutrale Saft 25 Stunden braucht, der alkalische 65 Stunden. — ,,1/, Stunde“: - neutral 31, alkalisch 44 Stunden. — ,1 Stunde“: neutral 40, alka- lisch 60 Stunden. — „2 Stunden“: neutral 36, alkalisch 59 Stunden. — ,10 Stunden“: neutral 45, alkalisch 53 Stunden. 4) die natürliche lackmussaure Reaktion des Kropf- saftes ist für den Verdauungsverlauf günstiger als die künstlich- alkalische. Das zeigt Versuchsgruppe „2 Stunden“: sauer 19, alka- lisch 33 Stunden. — „3 Stunden“: sauer 19, alkalisch 24 Stunden. — „10 Stunden“: sauer 15, alkalisch 19 Stunden. Merkwürdig ist, daß bei Versuch „6 Stunden“ im Kropf der saure natürliche Saft nicht verdaut, aber der alkalische, wenn auch erst nach langer Zeit; ähnlich bei Versuch ,,1 Stunde“.*) Bisher prüften wir die Fermentkraft nur durch die Frage: Ist ein Ferment vorhanden? Noch deutlicher wird das Auf- und Ab- schwanken der Fermentkraft, wenn wir die Durchschnittszahlen aus den drei Zeiten eines jeden Versuches zu einer Kurve der Ver- dauungskraft zusammenstellen (Fig. X). Wir berücksichtigen dabei nur die durchschnittlichen Ergebnisse der natürlichen Re- aktion. Es ergeben sich aus diesen beiden Kurven folgende Beziehungen: 1. die Mitteldarmdrüse (bezeichnet mit ------ ) hat beim Hungertier ihre höchste Verdauungskraft; sie besitzt also nicht wie die Drüsen von Murex und Natica im Hungern ein inaktives Ferment, sondern im Gegenteil: das Ferment ist während des Hungerns im aktiven Zustande aufgespeichert. — Die Verdauungskraft nimmt dauernd ab bis 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme, d.h. bis zu dem Augenblick, in dem die Verdauung im Kropf beginnt. Die 1. Absonderung des Ferments in der Zeit vom Hungertier bis 1 Stunde entspricht also dem Abgeben des Ferments an den Kropf: das Ferment wandert von der Mitteldarmdrüse zum Kropf. — Jetzt wird der 2. Fermentschub in der Mitteldarmdrüse gebildet: die Fermentkraft steigt langsam an (1—3 Stunden); während dieser Zeit 1) Fr. N. SCHULZ (a. a. O., p. 260) gibt an, daß ein sauer reagie- render Inhalt d. Vorderdarmes“ Fibrin „gleich Null“ verdaue, wohl aber bei „schwach alkalischer Reaktion“. Ich habe dies nicht finden können, Es wird leider nicht angegeben, ob sauer auf Lackmus oder Kongorot. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 453 arbeitet im Kropf der 1. Fermentschub. — Dann wird der 2. Ferment- schub abgegeben: 2. Absonderung (3—6 Stunden); dieser Schub arbeitet im Kropf von 6—10 Stunden. — Der 2. Fermentschub ist h 6 Stunden in d nac ee Std: Pleurobranchaea, a DIEBE Mitteldarmdrüse er- —— =Kropfsaft 4 + aaa baal sal a schöpft. Dann wird — —- — -Mitteldarmdrüse A hier ein 3. Schub ge- bildet, der die auf- steigende Kurve von 6-10 Stunden bedingt. Fig. X. Pleurobranchaea meckelii. 2 Kurven der Verdau- ungskraft im Kropfsaft und in dem Extrakt der Mitteldarmdrüse. Auf der ‘Ordinate ist die Zeit nach der Nahrungsaufnahme ab- getragen: Hungertier, !}, 1, 2,3, 6, 10Stunden. Auf der Abszisse ist diejenige Zeit in Stundenabgetragen, die die Protease braucht, um bei natiirlicher Reak- tion Karminfibrin zu ver- dauen. Diese Zeiten sind aus dem Durchschnitt von je 3 Versuchen gewonnen, dieselben Zeiten stehen auf der Fermenttabelle in Klammern hinter den 3 Versuchszeiten. Der Punkt unter 60 Stunden bedeutet: keine Verdauungskraft, ein inaktives Ferment. Ei ae aes | unyapuosay HE So sind 2 Ferment- bildungen und 3 Fermentschübe binnen 10 Stunden zu unterscheiden. Es ist nun besonders inter- essant, daß mit diesen chemischen Befunden die Morphologie der Secretion in den Zellen der Mitteldarmdrüse vollkommen überein- stimmt! Das werde ich im Kapitel Secretion, S. 483 und 496, nach- weisen. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 30 2 Std. 3 Std. 6 Std. 10Std. nach Nahrungsaufnahme. 454 Gorrwatt Car. Hırsch, 2. Die Kurve des Kropfsaftes (bezeichnet mit ) ver- halt sich entsprechend den 2 Absonderungen der Mitteldarmdrüse = So lange das Ferment in der Mitteldarmdrüse noch ausgeschieden wird, verläuft die Kurve noch in der Linie „keine Verdauung“. (Hungertier—1 Stunde.) Dann ist soviel Ferment in den Kropf ge- langt, daß die Kurve auf 29, dann auf 19 (3 Stunden) steigt. Während dieser Zeit wird der 2. Fermentschub in der Mitteldarm- drüse gebildet. — Jetzt nach 3 Stunden ist die Kraft des 1. Fer- mentschubes aufgebraucht: die Kurve fällt in der Zeit von 3 bis: 6 Stunden bis auf 56. Während dieser Zeit wird der 3. Ferment- schub in der Mitteldarmdrüse abgesondert. — Dieser wirkt dann im Kropf von 6—10 Stunden: die Kurve schnellt bis zu 15 empor. Die Verdauungskraft im Kropfsaft beschreibt also innerhalb- 10 Stunden ebenfalls eine Kurve von ungefähr N-Form. So erkennen wir vermittels der Stufenuntersuchungen die Be- ziehungen zwischen der Fermentbildung in der Mitteldarmdrüse- und der Fermentkraft im Saft: das Ferment wandert von der Mitteldarmdrüse zum Kropf in 3 Schüben. Es ist nun lehrreich, diese chemischen Befunde mit den makro- skopischen oben zu vergleichen. Wir sehen dabei folgendes: 1. Wir haben durch beide Methoden unabhängig voneinander nachgewiesen und damit bestätigt: a) daß der Saft von der Mitteldarmdriise zum Kropf strömt, daß der Secretionsort also die Mitteldarmdrüse ist (das Wandern in 3 Schüben konnte nur die chemische Untersuchung finden). b) daß nach 10 Stunden im Kropf die stärkste Verdauung ist. Makroskopisch ergab sich: die Nahrung ist allseitig zertrümmert, oft zu feinem Detritus zerdaut; chemisch zeigte sich: die Ferment- kraft erreicht hier ihren Höhepunkt. 2. Wenn wir die Farbe des Saftes in den einzelnen Stufen mit. der Fermentkurve des Kropfsaftes vergleichen, so zeigt sich nach 1 Stunde: Farbe etwas dunkler, Fermentkraft im Kropf beginnt, die 1. Absonderung ist zu Ende. — 10 Stunden: Farbe am dunkelsten, Fermentkraft im Kropf am höchsten, 2. Absonderung am Ende. Daraus ergibt sich, daß die Saftfarbe im engen Zusammenhang steht. mit der Fermentabsonderung; je brauner die Farbe, desto. stärker die Wirkung des Saftes. Der Grund dafür ist: die abge- schiedenen Secretkörner lösen sich und färben den Saft (vgl. S. 499). Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 455 Diese makroskopisch und chemisch angestellten Beobachtungen ergänzen einander und zeigen uns den Weg des Verdauungsablaufes. Die tiefere Quelle dieses Stromes, den wir da beobachteten, ist die Secretion, deren Chemie wir eben teilweise kennen lernten, deren Morphologie wir im nächsten Kapitel studieren werden. Es wird sich hier zeigen, daß eine merkwürdige morphologische Bildung des Secrets die Quelle ist für alle jene beobachteten Erscheinungen: für das Anwachsen und Abschwellen der Saftmenge, für die schwankende Verdauungskraft, für die wechselnde Saftfarbe, für das allmähliche Zertrümmern und Verdauen der Nahrung. Keine Tatsache steht allein, überall finden sich Beziehungen. 2. Der Mitteldarm. Wie gesagt, besteht der Mitteldarm aus einem Magen und einer großen, auffallend tiefschwarz gefärbte Mitteldarmdrüse (Fig. O). Der Magen liegt der Mitteldarmdrüse wie ein niedriger Sack an. Schneidet man ihn vom Ösophagus her median auf, ferner in 3. Mittel- darm- Falten drüsen- des End- loch darmes 1. Mitteldarm- ___ drüsenloch 2. Mitteldarmdrüsenloch Fig. Y. Pleurobranchaea meckelü. . Magen. Median aufgeschnitten und die Ränder zur Seite geschlagen. Auch ein Stück vom Ösophagus und dann ist aufgeschnitten, um den Verlauf der Falten zu zeigen. 1Y/,:1. Nach frischen Tieren gezeichnet. den Enddarm ein Stück hinein und mit einigen Entspannungs- schnitten auch in die Decke des Magens, so sieht man folgendes (Fig. Y): 4-6 Falten laufen vom Ösophagus in die Magenhöhle 30* 456 GorrwaLt Cur. Hirsch, hinein, biegen auf dem Grunde des Magens nach rechts herum zum 1. kleinen Mitteldarmdriisenloch, ziehen teilweise noch geradeaus in die Mitte des Magens und von da zum hinteren 2. großen Mittel- darmdriisenloch. Von hier laufen sie wieder gegen den Enddarm zum 3. Loch. Die drei Löcher sind also durch Falten deutlich mit- einander verbunden. Ähnlich wie bei Natica wird die Nahrung an der Ausgangspforte des Magens gegen den Enddarm durch einen breiten Querwall im Magen gestaut: das Stauwehr. Es ist eine hohe Falte, die dicht hinter dem 3. Loch dieses ein wenig überwölbt und wie eine Klappe den Enddarm verschließen kann. Es ist in den 8 Verdauungsschemata angedeutet (Fig. P—W). Daraus ist auch seine Arbeit zu ersehen. Wir hören oben von der Secretion des Saftes; wie sich der Magen mit Secret vollfüllt, das aus der Mitteldarmdrüse strömt, wie das Secret langsam in den Kropf, wahrscheinlich durch die Magenmuskeln hineingepreßt wird. Dabei würde das Secret ja in den Enddarm ebenso treten wie in den Vorderdarm, wenn nicht das Stauwehr dies verhinderte. Ist die Nahrung nun in den Magen eingedrungen (3 Stunden nach der Nahrungsaufnahme), so ist sie nicht völlig ver- daut, sie bildet noch Stücke bis zu 2 cmm. Diese werden bekannt- lich im Magen weiter verdaut. Hier sehen wir schon, wie die Leitrinnen deutlich vom Ösophagus in die Löcher der Mitteldarm- drüse hineinlaufen, wie also die Nahrung durch die Wimpern des Magenepithels in die Drüse transportiert wird. Die Deckenfalten dagegen verlaufen geradlinig zum Enddarm. Die drei Mitteldarmdrüsenlöcher sind verschieden ge- staltet. Das1. istziemlich klein und rund. Das 2. ist groß, wie eine deutliche Magenausstülpung nach der Mitteldarmdrüsezu, diedann hier in vier Löchern endigt, also wie eine Siebplatte aussieht. Hier münden vier Gänge der Drüse. — Das 3. ist schmal-länglich, in der Größe zwischen dem 1. und 2. stehend. Da die Mitteldarmdrüse ursprüng- lich paarig angelegt ist, so ist es mir wahrscheinlich, daß in dem 2. Loch zwei Mündungen stecken, so daß also jede Drüsenhälfte zwei Löcher ursprünglich haben würde. Das Epithel des Drüsenganges ist wie das des Magens drüsen- los. Es trägt hohe Wimpern von !/, Zellänge. Die Zellen haben kleine Kerne an der Basis. Die Mitteldarmdrüse selbst zeigt sehr Klare, übersichtliche Zellen. Sie ist aus 2 Zellarten zusammengesetzt, deren chemische Arbeit eben in den ersten Fragen beschrieben wurde, deren weitere Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 457 Tatigkeit wir in den Kapiteln Secretion und Resorption in dieser und weiteren Mitteilungen kennen lernen werden. Wieder darf ich das Bezeichnende des ersten Ver- dauungsablaufes bei Plewrobranchaea kurz und schematisch zu- sammenfassen, um später (S. 457) die allgemeine Vergleichung zu erleichtern. 1. Vorderdarm. Großer Pharynx; Ösophagus; sehr großer Kropf, gegen den Magen zu durch einen Sphincter verschlieBbar. 2. Mitteldarm. Magen mit drei Miindungen der Mitteldarm- driise, einem Stauwehr gegen den Enddarm und zahlreichen Leit- rinnen in die Drüsenöffnungen hinein. 3. Verdauungsort. Vor allem Kropf zum Zertrümmern der Nahrung; dann Magen. Die Saftmenge steigt bis zum 1. Tage nach der Nahrungsaufnahme und fällt dann wieder. 4. Verdauungszeit. Zertrümmern in ca. 10 Stunden, Ver- dauen in 2—7 Tagen. 5. Secretionsort. Nur die Mitteldarmdriise. Saft strömt durch den Magen in den Kropf. Die Saftfarbe ist abhängig von der abgeschiedenen Secretmenge. 6. Fermente. Protease; andere? Die Reaktion des Saftes ist stets lackmussauer, sie ist für die Verdauung günstiger als die künstlich-alkalische. | 7. Fermentwirkung. Durchschnittliche Kraft: Kropfsaft 29,6 Std. Mitteldarmdrüse 35,5 Std. Schwankungen im einzelnen Organ: a) die Kraft des Kropfsaftes ist abhängig von der Ferment- bildung in der Mitteldarmdrüse (vgl. S. 487). b) die Fermentabsonderung in der Mitteldarmdrüse geschieht in verschiedenen Schüben; bis zu 3 solchen Schüben wurden binnen 10 Stunden beobachtet; c) das Ferment des Hungertieres in der Mitteldarmdrüse ist nicht inaktiv, sondern hat gerade die höchste Fermentkraft; d) der Kropfsaft beschreibt analog der Abgabe der Fermente aus der Mitteldarmdrüse eine N-Kurve. 1325 Std. VI. Vergleichende Biologie der Verdauung. Bisher habe ich versucht, die ersten natiirlichen Beziehungen innerhalb eines Verdauungsablaufes bei den einzelnen 4 Schnecken- 458 Gorrwatt Car. HırscH, arten zu schildern. Ich möchte jetzt die gedanklichen Be- ziehungen zwischen den analogen Formen und Vorgängen auf- suchen, indem ich wieder zunächst versuche, die gemeinsamen Grund- linien zu zeichnen: den allgemeinen Ablauf der Verdauung; zweitens, indem ich 2 Typen herausschäle, ihre Gegensätze hervorhebe und ursächlich begründe. 1. Der allgemeine Ablauf der Verdauung. A) Der Secretions- und Verdauungsort. Das eigent- liche Darmrohr bei den Gastropoden besitzt in seiner Wand keine Verdauungsdrüsen (soweit wir bisher wissen); es unterscheidet sich dadurch von anderen Därmen; vielmehr sitzen die fermentsecer- nierenden Drüsen dem Darmrohr in dessen großen Ausstülpungen an. Die zwei größten Ausstülpungen befinden sich am Mitteldarm; sie ver- einigen sich meist zu einem einzigen kompakten Organ, der Mittel- darmdrüse. Ferner beteiligen sich auch gelegentlich Anhangsdrüsen des Vorderdarmes an der Secretion der Fermente (8.471). Sie nehmen Stoffe aus den Blutlacunen des umgebenden Bindegewebes auf,!) formen sie zu Fermenten um und scheiden sie periodisch nach der Nahrungsaufnahme ab (s. Kap. IV). Stets ergießen sich die Fermente aus der Mitteldarmdrüse (oder anderen Drüsen) in eine drüsenlose Erweiterung des Darmrohres; liegt diese Erweiterung im Vorderdarm, so nannte ich sie einen Kropf, liegt sie im Mitteldarm, so nannte ich sie einen Magen. Hier wird zuerst verdaut. Einen Magen aber oder einen Kropf im Sinne der Wirbeltiere, also eine Erweiterung des Darmes mit fermentsecernierenden Drüsen- wänden, besitzen die Gastropoden nicht! Kropf und Magen haben nur die drei mechanischen Arbeiten: das Durchkneten mit Fer- menten — das Aufbewahren bis zur völligen Verdauung — und das allmähliche Überführen der zerdauten Nahrung zum Resorptions- organ, zur Mitteldarmdrüse. Sie seeernieren aber nicht.’) Die Zellen der Mitteldarmdrüsen übernehmen alle Arbeiten, die bei Wirbeltieren der gesamte Darm mit ansitzenden Drüsen und Speichern leistet (vgl. die Kapitel Secretion, Resorption und Re- 1) BABFURTH, D., in: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 22, p. 473; BoTTAzz1, in: Arch. ital. Biol., Vol. 28, 1897, p. 81. 2) Analoga unter den Wirbeltieren nur bei Menotremen und zahl- reichen Fischen. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 459 serven). Ja, sie stehen auch durch die Arbeit ihres Flimmerepithels in den Gängen und ihrer Muskeln um die Drüse herum in mecha- nischer Tätigkeit dem Darm der Wirbeltiere nicht nach; sie leisten also alles. Die Verhältnisse liegen grundsätzlich anders als bei Wirbeltieren und lassen eigentlich Analogien in der Namengebung nicht zu. Ich bedauere sehr, daß sich die Namen Mitteldarmdrüse, Kropf und Magen so eingebürgert haben, daß auch ich gezwungen bin, sie beizubehalten trotz ihrer falschen Analogie. Im Verdauungsablauf lassen sich zwei Vorgänge hintereinander makroskopisch verfolgen. Zuerst wird die Nahrung vorbereitet: der gegebene Nahrungsklumpen wird zertrümmert und der eigentlichen Verdauung zugänglich gemacht; dies geschieht bei den einen Gastro- poden mechanisch durch die Radula, bei den anderen chemisch durch die Zertrümmerung im Kropf (S. 467). Es ist stets dafür gesorgt, daß die Nahrung breiig und in langsamen einzelnen Schüben und Portionen. zum Magen gelangt. Hier wird sie leicht zu Ende ver- daut und dann allmählich dem Resorptionsort übergeben; auf diese Weise nützen die Tiere ihren Nahrungsstoff gut aus. B) Das periodische Schwanken der Verdauungs- kraft ist ersichtlich aus den einzelnen Verdauungszeiten der Schnecken; diese können berechnet werden 1. aus der unmittelbaren Beobachtung vieler Stufen des Verdauungsablaufes im Tier (s. Ta- belle 6 S. 445 und Fig. H—N u. P—W); 2. durch die Beobachtung der Verdauungsgeschwindigkeit der Fermente im Reagenzglase. Am wertvollsten ist die erste Methode, weil sie den natürlichen Vor- gang selbst beobachtet. Die zweite Methode ist nur Hilfsmittel für die erste und liefert nur Ergebnisse durch Vergleichung mit der ersten und mit anderen Tieren. Es lag mir diesmal nicht daran, die Geschwindigkeit etwa vom Standpunkte chemischer Kinetik aus zu messen, um daraus ein allgemeines Gesetz abzuleiten.') Ich wollte vielmehr nur für meine 4 Schnecken vergleichend die Ver- dauungszeit beobachten und ferner prüfen, ob dasselbe Organ in seiner Fermentkraft schwankt. Schon aus diesen Beobachtungen kann man zunächst brauchbare Schlüsse ziehen. 1. Die unmittelbare Beobachtung des natürlichen Verdauungsverlaufes zeigte uns, daß verdaut: 1) Wie SVANTE ARRHENIUS, Gesetze der Verdauung und Resorption, in: Ztschr. physiol. Chem., Vol. 63, 1909, p. 323. 460 Gorrwazr Cur. Hızsch, Natica in 4—10 Stunden, Murex in 3—6 Stunden, Pterotrachea in 15—20 Stunden, Pleurobranchaea in 2—7 Tagen. Im ganzen: die Zeit ist ziemlich lang, selbstverständlich viel länger als bei den meisten Wirbeltieren !), bei denen bekannt ist, daß ein Hund 50 gr Fleisch in 11/,—2 Stunden zerdaut?); dies hat seine Ur- sache in der höheren Körpertemperatur der Säugetiere und in der größeren Nahrungsmenge, die von Gastropoden aufgenommen wird (S. 390). Auf die Unterschiede zwischen diesen 4 Schneckenformen gehe ich gleich erklärend ein (S. 473). 2. Ich setze voraus, daß die Verdauungsgeschwindigkeiten in einem bestimmten Verhältnis zur Fermentkonzentration und damit zur Fermentkraft stehen, daß ich also aus der Abbau- geschwindigkeit einen Rückschluß auf die Fermentkonzentration und -kraft machen kann. Dann kann ich beobachten, daß die Ferment- kraft im Reagenzglase (Extrakt und reiner Saft) 2 verschiedene Gruppen von Schwankungen zeigt: zunächst ist die durchschnitt- liche Kraft bei den einzelnen Tieren verschieden, zweitens schwankt die Kraft zu verschiedenen Zeiten innerhalb desselben Organs. a) Die durchschnittliche Kraft der Fermente bei den einzelnen Tieren kann natürlich im Reagenzglase nur an- nähernd geschätzt werden. Ich erhielt die Zahlen als Durchschnitt der Verdauungszeiten bei Freßtieren, positiven Fällen, Protease (mit Ausnahme der großen Vorderdarmdrüse von Murex). Darin müssen natürlich viele Fehlerquellen stecken, die ich zunächst nicht ver- meiden kann, da es sich hier nur um erste Schätzungen handelt. Natica: gr. Vorderdarmdrüse 29 Mitteldarmdrüse mit Magen 23 {2 Magensaft 6 Murex: kl. Vorderdarmdrüse 32,5 25,8 gr. Vorderdarmdriise 14,4 28.6 Mitteldarmdrüse ohne Magen 41 26 Magensaft 27,6 Pterotrachea: Kropfsaft 16 loo Mitteldarmdriise 24 f Pleurobranchaea: Kropfsaft 29,6 | 39 5 202 Mitteldarmdrüse 35,5 fog 1) Abgesehen von den Ausnahmen, z.B. den Schlingern: Schlangen. 2) COHNHEIM, Physiologie der Verdauung, Wiesbaden, p. 19. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 461 Aus diesen Zahlen schließe ich: 1. der reine, 1:1 verdünnte Magensaft ist viel wirksamer als der Extrakt der Drüse, wie auch aus anderen Fällen bekannt ist. — 2) Es wird im Reagenzglase viel langsamer verdaut als in natura; die bekannten Gründe dafür sind: die Verdauungsprodukte werden im Tierleib gleich absorbiert, sie stören im Reagenzglase den Verdauungsvorgang; es fehlt die mecha- nische Durchknetung der Nahrung mit Fermenten. — Von der großen Bedeutung der Unterschiede zwischen den 4 Tieren spreche ich später (S. 473). b) Die Verdauungskraft schwankt innerhalb eines Organs. Dies war nur bei Tieren zu untersuchen, die auf Kom- mando fraßen,; deswegen habe ich nur Murex und Pleurobranchaea daraufhin geprüft. Wenn wir die mittleren Verdauungszeiten der einzelnen Stufen auf Kurven übertragen (s. die Fermentkurven in den Fig. F S. 422 und X S. 453), so ist die allgemeine Erscheinung: die Verdauungsgeschwindigkeit steigt vom Hungertier, wo sie gar nicht vorhanden oder gering war, binnen einer halben Stunde zur Höhe, fällt dann wieder in der Zeit zwischen 1 und 6 Stunden, um wieder steil empor zusteigen. Die Kurve hat also in 5 der 6 unter- suchten Fälle die Form eines N, weshalb man sie eine Ver- dauungs-N-Kurve nennen könnte. — Die Verdauungskraft ist also zumeist nach 1, und 10 Stunden am größten. In den beiden Fällen, Natica und Pterotrachea, wo ich keine Stufenuntersuchungen machen konnte, war es doch wichtig, fest- zustellen, daß beim Hungertier die Extrakte aus den Verdauungs- drüsen gänzlich wirkungslos sind, beim Freßtier aber verdauen. Hier müssen weitere beziehungsreiche Untersuchungen einsetzen. Der Grund für das Schwanken der Fermentkraft ist der Wechsel zwischen Secretbildung und Ausstoßung; das werden wir im Kapitel IV „Histologie der Secretion“ beweisen (S. 487). Hier läßt sich zunächst folgendes vermuten: beim Hungertier ruht das Ferment inaktiv; wir kennen solche inaktiven Fermente von Wirbeltieren her gut. Durch den Reiz der Nahrungsaufnahme wird das Ferment wahrscheinlich indirekt aktiviert und abgegeben (vgl. S. 465). Es verbraucht sich in der Folge; es wird neu ge- bildet und wieder abgegeben: so entsteht die N-Form der Ver- dauungskurve. Dies bestätigt bei Pleurobranchaea der Kropfsaft ganz genau. Die Verhältnisse werden hier besonders anschaulich, weil es nur einen einzigen Secretionsort gibt, die Mitteldarmdriise. Aber dies 462 GorrwaLt Cur. Hirscu, steht in Widerspruch zur N-Kurve. Es ist aber nur der eine Unter- schied: beim Hungertier fand ich im Driisenextrakt ein wirksames Ferment, in den Driisen von Murex und Natica nicht; diesen Unter- schied vermag ich bisher nicht zu begriinden. Aber im wesentlichen stimmt auch bei Plewrobranchaea die Mitteldarmdrüse mit den anderen Befunden überein: die Verdauungskraft eines Drüsenextraktes oder des reinen Saftes ist nicht immer gleich, sondern schwankt nach der Nahrungsaufnahme auf und ab; wir unterscheiden also zwischen mehreren Fermentschüben. Sehr bemerkenswert ist es, daß mit diesen chemischen Befunden die histologischen genau übereinstimmen (S. 481). (Über qualitative Unterschiede in der Zusammensetzung des Saftes, wie sie bei Wirbeltieren beobachtet worden sind, kann ich noch keine Angaben machen.) _ Dergleichen Untersuchungen sind bisher bei Wirbellosen nicht angestellt worden. Diese Ergebnisse bei Gastropoden bestätigen aber unsere bisherigen Erfahrungen über das Schwanken der Ferment- kraft bei Wirbeltieren. Wir wissen durch die Arbeiten PAwLow’s und seiner Schüler !), daß die Kraft der Fermente zu verschiedenen Zeiten nach der Nahrungsaufnahme im Magen- und auch im Pan- creassaft je sehr verschieden ist. (Allerdings leiden alle Versuche bisher noch an dem Fehlen einer genauen Technik zum Messen der Fermentkraft). Die Kurven der Fermentkraft des Magensaftes haben ein ganz verschiedenes Aussehen, je nachdem Fleisch, Brot oder Milch gefüttert wurde.?) Aber stets sieht man das Bezeich- nende: die Kraft schwankt auf und nieder; man kann zwischen mehreren Fermentschüben unterscheiden. — Bei Fleischfütterung hat der Saft in der ersten Stunde die größte Verdauungskraft; dann fällt die Kurve, steigt wieder zwischen 4—6 Stunden, fällt dann * zwischen 6—7, und steigt wieder zwischen 7—8 Stunden. Es ist bei diesen Kurven leider nicht die Fermentkraft des Hungersaftes deutlich angegeben; deswegen kann ich nicht entscheiden, ob der Saft in der Zeit vom Hungertier bis zur ersten Stunde in seiner Kraft ansteigt oder nicht, da die Kurve erst bei ,1 Stunde“ be- ginnt.®) — Ganz ähnlich verläuft die Kurve bei Milchfütterung °); 1) Die zusammengestellt wurden in: B. P. BABKIn, „Die äußere Secretion der Verdauungsdrüsen“ (Berlin), 1914. 2) CHRISHIN, P. P., Dissertation, Petersburg, 1894 und BABKIN, dara. OF eno OO 3) BaBKIN, a. a. O., p. 96. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 463 (in diesen beiden Fällen also ähnlich der Pleurobranchaea-Mitteldarm- drüse). — Eine deutliche N-Form aber zeigte sich bei einem anderen Versuch: ein Hund frißt 100 g rohes Fleisch: die Fermentkraft steigt innerhalb der ersten Stunde, fällt während der zweiten, steigt während der 3.—6. Stunde.!) Ebenso deutlich bei Brotfütterung: die Kraft steigt nach dem Fressen während der ersten 2 Stunden, fällt dann während 2—5 Stunden und steigt wieder an bis zu 9 Stunden.?) — Eine ebenfalls deutliche N-Form zeigt die Ferment- kraft nach Hineinlegen von Fleisch in den Magen.?) Beim Pancreas sind die Versuche auch noch nicht ganz ein- deutig. Die einen Untersuchungen beim Hunde?) zeigen die Kurven- form eines umgekehrten N (die Kurve beginnt aber erst bei 1 Stunde nach dem Fressen!), darunter aber eine Kurve mit schwacher N-Form. — Andere Forschungen beim Menschen *) beweisen in 9 Fällen, daß die Fermentkraft in N-Form schwankt: während der 1. Stunde empor, während der 2. abwärts, während der 3. und 4. wieder empor (hier beginnt die Kurve scheinbar beim Hungersaft). Mag nun solche Kurve N-Form haben oder nicht — das werden weitere Forschungen zeigen; es kommt darauf zuhächst nicht viel an. Die Hauptsache ist: die Fermentkraft schwankt; wir können zwischen mehreren Fermentschüben unterscheiden. Es ist sehr interessant, daß darin die Secretion der Verdauungssäfte von Mensch, Hund und Schnecke so merkwürdig übereinstimmt; das läßt hoffen, daß man hier ein allgemeines Gesetz später wird aufstellen können. Heute läßt sich nur soviel sagen: die Fermentkräfte, die in der Ruhe des Hungers in den Drüsen aufgespeichert werden, reichen nicht aus, um allein eine tüchtige Menge Nahrung zu verdauen; arbeiteten die Drüsen so gleichmäßig, wie das Wasser aus einer Wasserleitung läuft, so müßte die Kurve der Fermentkraft gleich- mäßig einmal aufsteigen und einmal absinken. Vielmehr arbeiten die Drüsen wie intermittierende Quellen; die Reserven werden herausgeworfen, arbeiten draußen und verbrauchen sich. In- zwischen werden neue Fermente in den Zellfabriken hergestellt, die aufs neue herausgeworfen die Fermentkraft draußen steigern usw.; somit arbeiten die Secretionsdrüsen während der Verdauung ständig 1) BABKIN, a. a. O., p. 128. 2) Lopassow, Dissert., Petersburg 1896 und BABKIN, p. 128. 3) BABKIN, a. a. O., p. 261—262. 4) WoHLGEMUTH, in: Berlin. klin. Wochenschr., 1907, No. 2 {BABKIN, a. a. O., p. 263). 464 Gorrwatt Cur. Hirsch, an einer Neubildung der Fermente, die dann jedesmal mit einem Ruck entleert werden (ob das auch für Wirbeltiere stimmt, läßt sich wohl noch nicht genau sagen; für Gastropoden werde ich es S. 480 beweisen). Wenn wir allgemein feststellen, daß die Fermentkraft schwankt, so ist es mir (rein gedanklich) wahrscheinlicher, daß die Kraft zu- nächst zunimmt, denn sie kann doch im bereits vorhandenen Saft durch die eingeleitete Secretion nur gesteigert werden. Es braucht aber nicht unbedingt so zu sein. C. Neben diesem Schwanken der Fermentkraft beobachten wir noch eine andere Erscheinung während des Verdauungsablaufes: das Schwanken der Menge des Saftes. Das zeigten uns die makroskopischen Stufenuntersuchungen. Wir sahen bei Pleurobranchaea (Tabelle 6 S. 445), wie nach der Nahrungsauf- nahme die Saftmenge im Magen ansteigt, nach 10 Stunden ihren Höhepunkt erreicht, dann auf dieser Höhe bleibt, um wieder zu sinken; wie bei Pterotrachea (Fig. J) schon wenige Minuten nach der Nahrungsaufnahme der Saft zum Kropf strömt, hier in gleicher Menge bis ungefähr 15 Stunden bleibt und nach 20—25 Stunden mit der verdauten Nahrung wieder verschwunden ist. Wir erfuhren ferner, wie der Magen bei Murex im Hunger fast ohne Saft mit gelbem Schleim erfüllt ist, beim Freßtier dagegen prall vollgestaut. mit verdauendem Saft. Die allgemeine Erscheinung ist also: die Saftmenge am Verdauungsort ist beim Hungertier gleich 0 oder sehr gering, sie steigt schnell und fallt dann langsam herab. Diese Beobachtungen ergänzen frühere Funde bei Wirbeltieren. Es ist am Hunde beobachtet), daß die Saftmenge im Magen beim Hungertier sehr gering ist; nach Fütterung von Fleisch, Milch, Brot steigt sie im Verlaufe der 1. oder 2. Stunde (je nach der vorge- setzten Nahrung) bis zur Höhe, um dann wieder allmählich zu fallen. Dieselbe Kurve zeigt die Saftmenge nach Hineinlegen von Fleisch in den Magen”), dieselbe der Pancreassaft ?): schnelles Emporsteigen, langsames Fallen; so erhält man eine bezeichnende Kurve. Es handelt sich also um einen allgemeinen Vorgang: der Organismns 1) CuisHin, Diss., Petersburg, 1894 und BABKIN, a. a. O., p. 95. 2) LoBassow, Diss., Petersburg, 1896 und BABKIN, a. a. O., p. 127, 128. 3) WALTHER, Diss., Petersburg, 1897 und BABKIN, a.a.O., p. 253, 254. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 465 halt seine Fermente zuriick und speichert sie auf, um sie im ge- gebenen Augenblick zur Wirkung frei zu machen; eine dauernde Secretion wäre ein dauerndes Abgeben von Kräften. D. Was können wir von den physiologischen Bedin- sungen der Bildung und Ausscheidung des Secrets sagen? Wir haben beobachtet: bei Pleurobranchaea stieg die Saftmenge im Kropf ungefähr eine halbe Stunde nach der Nahrungsaufnahme langsam an; bei Pterotrachea strömte wenige Minuten nach der Nah- rungsaufnahme der Verdauungssaft zum Kropf —: in beiden Fällen konnten keine Nahrungsteile zum Secretionsort gedrungen sein; bei den Raublungenschnecken und vielleicht auch bei Helix liegt ebenso die Nahrung nur im Kropf, während der Saft aus der Mitteldarm- drüse nach vorn rinnen muß. — Wir haben ferner an den meisten Kurven beobachtet (Fig. Fu.X), wie die Fermentkraft erst kurz nach der Nahrungsaufnahme ansteigt. In all diesen Fällen sehen wir, wie die Abscheidung des Secrets abhängig ist von dem Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme: durch Reize, die mit der Nahrungsaufnahme in Verbindung stehen, wird die Absonderung und Neubildung des Secrets bewirkt. Mir schien bei Plewrobranchaea und Pterotrachea, daß die Abscheidung erfolgt, nachdem die Nahrung den Pharynx durchschritten hat. Es ist also möglich, daß ein Reiz von dem Pharynx zur Mitteldarmdrüse läuft und die Secretion auslöst. Es bestätigen sich also auch hier die bei Wirbeltieren gemachten bekannten Beobachtungen zu einer wahrscheinlich allgemeinen Er- scheinung: Hungertiere secernieren nicht), die Abscheidung wird von Reizen aus der Ferne bewirkt, nicht durch die unmittelbare Berührung der Secretionsstelle. Das können nach unseren Erfah- rungen bei Wirbeltieren Nervenreize oder mittelbare chemische Reize (Chologoga und Secretine) sein. — Was dann die Regu- lierung der verschiedenen Fermentschübe bedingt, ist mir zunächst unbekannt. Wir wissen von Wirbeltieren, daß die Latenzzeit vom Fressen bis zur ersten Absonderung des Pancreassaftes 11/,—31/, Minuten 1) Dagegen die Versuche BOLDYREFF’S (in: Ztschr. physiol. Chem., Vol. 50, 1907, p. 400): bei hungernden Hunden „scheidet der Darmsaft alle 2 Stunden eine Absonderung von 15 Minuten aus mit merkwürdiger Regelmäßigkeit“. Auch das Pancreas der Pflanzenfresser soll im Hunger secernieren. 466 GOTTWALT Cur. HIRSCH, währt, vom psychischen Reiz bis zur Absonderung im Magen 6 bis 8 Minuten.') Diese Zeit beobachtete ich auch bei Pterotrachea vom Durchtritt der Nahrung durch den Ösophagus bis zur ersten Fer- mentabscheidung; längere Zeit (20—30 Minuten) braucht Pleuro- branchaea. Bei Wirbellosen sind solche Fragen nach den Bedingungen der Secretion bisher nicht beachtet worden. Es ist nur gelegentlich histologisch festgestellt, das Secretkörner aus den Verdauungszellen nach dem Fressen verschwanden; davon spreche ich im Kapitel Secretion (JoRDAN?) hat solche Beobachtungen zusammengestellt). Solche makroskopischen und chemischen Stufenuntersuchungen wie bei Murex, Pterotrachea, Pleurobranchaea wurden meines Wissens bisher bei Wirbellosen noch nicht ausgeführt.?) E. Weniger wichtig scheint mir das Feststellen von bestimmten Fermenten zu sein, wenn diese nicht in Beziehung zur Nahrung gesetzt werden können; sie sind mehr oder weniger als gegeben anzunehmen, denn wir kennen keine Verdauung ohne Fermente. a) Protease findet sich natürlich überall, da alle untersuchten Tiere Fleischfresser sind. Der Ort ihrer Secretion ist die Mittel- darmdriise, wobei eine Vorderdarmdriise helfen kann (mit Ausnahme von Natica, wo die Protease vielleicht nur in der großen Vorder- darmdrüse gebildet wird?) — Die Protease ist in den untersuchten Fällen stets trypsinähnlich (genau kann man das erst nach Prüfung der Endprodukte sagen). Die Reaktion kann sauer sein; aber eine freie Säure im Sinne der Wirbeltiere ist nicht vorhanden. b) Amylase ist nur bei Murex, Natica, Pterotrachea untersucht und gefunden worden. Sie ist gewiß auch Glykogenase (für Krebs- nahrung? S. 425). Ihr Secretionsort ist die große Vorderdarmdrüse bei Murex, die Mitteldarmdrüse bei Natica und Pterotrachea. c) Lipase ist ebenfalls nur bei diesen 3 Formen untersucht. Sie findet sich wahrscheinlich in der Mitteldarmdrüse; vielleicht ge- 1) BABKIN, a. a. O., p. 96 und CoHNHEIM, Physiol. d. Verdauung (Wiesbaden), p. 19. 2) JORDAN, Vergleichende Physiologie, Vol. 1 (Jena), 1913, p. 660. 3) Ausgenommen die Beobachtungen CoHNHEIM’S über den Saft der Cephalopoden (in: Ztschr. physiol. Chem., Vol. 35, 1902, p. 396), die ähnliches Schwanken in der Saftmenge ergaben, wie ich es oben festgestellt habe. Se Ernihrungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 467 langt sie niemals in den Magen, sondern ist nur in der Mitteldarm- driise selbst tätig; das werden weitere Untersuchungen zeigen. d) Cellulase ist selten gefunden worden: bei Natica gar nicht, bei Murex nur in der Mitteldarmdriise. 2. Die beiden Untertypen: Schlinger und Kratzer. Haben wir eben versucht, den allgemeinen Typus der Ver- dauungsbiologie unserer Schnecken kennen zu lernen, so wollen wir jetzt wieder zwei Untertypen herausschälen und in vielen Punkten als grundsätzlich verschieden gegenüberstellen, die Schlinger und Kratzer. Ich habe im vorigen Kapitel über ihre verschiedene Nah- rungsaufnahme gesprochen (S. 389). Es zeigt sich nun, daß diese verschiedene Art der Nahrungsaufnahme auch einen recht ver- schiedenen Darm- und Verdauungstypus bedingt. Wir decken damit einen Teil jener Beziehungen zwischen Nahrungs- aufnahme und Organisation morphologisch und phy- siologisch auf; diese sind zu vergleichen mit jenen allbekannten zwischen Nahrung und Darmlänge. A. Ich sagte im vorigen Abschnitt, daß man in der Verdauung zwei Vorgänge makroskopisch scheiden könne, 1. das Zertrümmern der Nahrung, 2. das Verdauen in feinste Teilchen. Wie ver- laufen diese beiden Vorgänge bei Schlingern und Kratzern? Die Schlinger schlingen sehr große Beute (bis zur Hälfte des eignen Gewichtes) als einziges Stück hinein; mechanische Werk- zeuge am Munde zum Zerkleinern ihrer großen Bissen haben sie nicht. Sie müssen die Beute also chemisch zertrümmern; das ge-. schieht im Kropf, wie ich es in den Schemata in Fig. H—N (S. 435) und P—W (S. 446) gezeichnet habe. Bei dieser chemi- schen Zertrümmerung können Reibplatten oder kleine Zähne im Kropf mechanisch behilflich sein (S. 470). Die Kratzer dagegen verlegen den Vorgang der Zertrümme- rung nach außen und machen ihn mechanisch ab; d.h. sie raspeln ganz kleine Stücke mit der Radula von dem großen Nahrungs- klumpen los und überliefern diese Trümmer als Nahrungsbrei ihren Fermenten. Was die Schlinger im Kropf chemisch tun, das können die Kratzer außerhalb des Körpers mechanisch (ein Schritt weiterführt zur Außenverdauung!). 468 Gorrwazr Cur. Hirscu, B. Daraus ergibt sich unmittelbar fiir die Schlinger die Notwendigkeit, für die großen eingeführten Nahrungsklumpen einen geräumigen Zertrümmerungsort zu schaffen. Sie benutzen zu diesem Zwecke den Vorderdarm, indem sie ihn zu einem Kropf er- weitern. Diesen schließen sie zeitweilig gegen den Mitteldarm ab und schaffen auf diese Weise einen einheitlichen Raum, in welchem sie die Nahrung leicht mit den zuströmenden Fermenten mischen und zertrümmern können. Der Abschluß gegen den Mitteldarm ist sehr wichtig. Er ist irgendeine Vorrichtung, die nur kleine Teile hindurchläßt und die vielleicht auch willkürlich verengt und erweitert werden kann. So wirken Sphincter (Plewrobranchaea), ineinandergreifende Epithel- höcker (Pterotrachea). — Der Abschluß ist zu vergleichen mit dem Pylorus des Säugetiermagens.!) Es ist bekannt?), wie durch den Pylorus ca. 10 Minuten nach der Fütterung der erste Schub des Mageninhaltes in das Duodenum befördert wird, wie dann regel- mäbig alle 15—20 Sekunden ein solcher Guß herausgespritzt wird, der bei Fleischfütterung etwa 1 ccm beträgt; dabei kommen ver- daute Fleischteile und zertriimmerte Nahrungsstücke heraus. — Ähnlich, sahen wir, arbeitet der Kropfabschluß: bei Pterotrachea (Fig. H—N S. 435) eilen in peristaltischen Schüben nur feine Nahrungsteile durch die Stauzähne und das Leitrohr zum Resorptions- ort; bei Pleurobranchaes (Fig. P—W S. 446) werden durch den Sphincter hindurch nur zertriimmerte Nahrungsteile einzeln in den Magen geschwemmt; ob hier eine Muskel mit reflexbedingter Tätigkeit oder nur eine feststehende engpaßähnliche Verengerung vorliegt, kann ich noch nicht sagen. Das Gemeinsame jedenfalls ist: der Kropf der Schlinger und der Magen der Säugetiere sind „vortreffliche Sortierwerke, die durch rein mechanische Mittel eine elektive Abfuhr ermöglichen“.?) Die Aufgabe des Kropfes ist also: Zertrümmerung der festen Nahrung in einen leicht verdaulichen Brei, Übergabe dieses Breies in kleinen Portionen an den Magen und dann an den Re- sorptionsort. Dieselben Aufgaben hat bekanntlich der Kropf der Vögel; er unterscheidet sich aber vom Kropf der Gastropoden da- durch, daß er secerniert; auch kann er noch weitere Arbeiten vor- nehmen. (Andere Analoga: bei Insecten, Krebsen, Regenwürmern usw.) 1) Kaumagen der Insecten usw. 2) OTTO COHNHEIM, in: Münch. med. Wochenschr., 1907, p. 2581. 3) OTTO COHNHEIM, Physiologie der Verdauung, 1908, p. 16. EE Ernihrungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 469 Es können im Kropf alle möglichen Nahrungsmittel hergerichtet und so verwendet werden. Durch die langsame Abfuhr aus dem Kropf ist eine langsame und gründliche Verdauung und Resorption ermög- licht: dadurch wird die Nahrung trefflich ausgenützt. Die Schlinger können diese großen Mengen mit einem Male verschlingen und dann lange hungern. Diesen Vorderdarmtypus finden wir in systematisch weit aus- einanderliegenden Gruppen. Unter den Heteropoden sind Ptero- trachea und Carinaria nach diesem Typus gebaut: weiter Kropf, ab- geschlossen gegen den Mitteldarm. — Unter den Pulmonaten die Raublungenschnecken: der Vorderdarm ist zu mächtigem Kropf erweitert, der Magen (Mitteldarm) ist ganz klein; Anhänge wie Blinddarm und andere Divertikel gibt es nicht.!) So haben Daude- bardia und Testacella einen kurzen Ösophagus und sehr großen Kropf, der nach hinten durch eine deutliche Verengerung (Sphincter?) ab- geschlossen ist”); der Kropf zeigt starke Falten, die sich beim Füllen glätten. Auch Parmacella?) zeigt diesen Typus. — Unter den Opisthobranchiaten lernten wir zunächst Plewrobranchaea kennen: wie der sehr große Kropf gegen den Mitteldarm zu durch einen Sphincter geschlossen ist, wie die Arbeit des Magens gegen die des Kropfes zurücktritt (Fig. P—W). Von Aplysia ist bekannt, wie ihr großer Kropf nach hinten sogar durch eine Klappe abge- schlossen ist und so die Nahrung im Vorderdarm gestaut (und viel- leicht auch elektiv zur Mitteldarmdrüse geleitet) wird.) — Auch bei Tethys hatte ich Verdacht auf Schlingen (S. 391); dem entspricht der Darmbau: „3 magenartige Erweiterungen hintereinander“ (Kropf), der letzte „Magen“ ist am größten und „gegen den Darm durch einen vorspringenden Rand abgegrenzt“) Das wäre also auch ein dreifacher Kropf (oder Magen?) mit einem Stauwehr abgeschlossen. — Der Schlinger Bulla hat einen Kropf von fast 1, des Körper- raumes.°) Der Kropf des Schlingers Scaphander scheint scharf gegen den Mitteldarm abgesetzt und ansehnlich groß zu sein.®) Sehr interessant ist es, daß manche Schlinger die Nahrung nicht nur chemisch zertrümmern, sondern auch mechanisch: 1) BRONN-SIMROTH, Klassen u. Ordn., Vol. 3, Abt. 3, p. 357. 2) ibid., p. 358. 3) ibid., Textfigur 119. 4) ENRIQUES, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 15, 1901. 5) Bronn-KEFERSTEIN, Klassen u. Ordn., Vol. 3, Abt. 2, p. 680. 6) ibid., p. 682. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 31 470 Gorrwazr Cur. HırscH, Aplysia hat im hinteren Abschnitt des Kropfes zwei Reihen Zahn- leisten, welche die Nahrung verkneten.!) Bulla besitzt „drei Knochen- platten ?), unregelmäßig, eiförmig, an beiden Enden spitz“ ?); mit diesen soll sie Muscheln zertrümmern können.‘) Scaphander hat 2 solche Platten an den Seiten des Kropfes, eine unten am Boden, wahrscheinlich zu ähnlichem Zweck. Solche Bewaffnung des Kropfes. findet sich auch bei den Peltidae, Melibe, Bornella, Marionia, von denen aber die Nahrungsaufnahme nicht bekannt ist. — Dagegen brauchen die kleinen Stücke der Kratzer, welche die Radula draußen abschabt, nicht gestaut und zertrümmert zu werden; sie sind bereits klein genug, um breiartig zum Darm ge- bracht und leicht von den Fermenten verdaut zu werden. Deswegen zieht ein dünner Ösophagus unmittelbar zum Magen hin; seine Auf- gabe ist einzig, die Nahrungsteile langsam zum Magen zu leiten, wahrscheinlich auch schon mit den Fermenten der Vorderdarm- drüsen etwas zu vermischen; während der vielstündigen Verdauung (S. 473) kommt langsam ein kleiner Nahrungsschub nach dem anderen durch den Ösophagus in den Magen gerutscht und kann hier mühelos schnell verdaut werden. Ein Verschluß gegen den Magen wäre ganz unnütz: glatt läuft der Ösophagus in den Magen hinein; hohe Längsfalten leiten gut (Murex, Natica: Ösophagus- klappe). Die Kropfarbeit der Schlinger leisten bei den Kratzern Radula. und Ösophagus zusammen. Wir können den Ösophagus geradezu mit dem Verschluß des Kropfes und dem Pylorus des Säugetier- magens vergleichen: alle drei lassen nur kleine Stücke hindurch und ermöglichen auf diese Weise eine langsame und gründliche Ver- dauung; das Sortierwerk der Schlinger ist bei den Kratzern nach außen verlegt, in die Radula. Was die Schlinger zunächst chemisch leisten, das arbeiten die Kratzer zunächst mechanisch. — So er- 1) ENRIQUES, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 15, 1901, p. 365. 2) Wirklich „Knochen“?? (H.). 3) BRONN-KEFERSTEIN, Klassen u. Ordn., Vol. 3, Abt. 2, p. 682. 4) Diese Vorrichtung ist analog den Sey andra von De ypeltis, mit denen diese Schlange die verschlungenen Eier zertriimmert; die Zähne sind auf den Dornfortsätzen des 22.—26. Wirbels festgewachsen; der 27.—34. Wirbel ist nach vorn gerichtet und bildet so einen Abschluß. des Vorderdarmes; auch die Speiseröhre ist vor dem Eintritt in den Magen stark verengt! (SImRoTH, Biologie, 1901, Vol. 2, p. 35). Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 471 reichen Kratzer und Schlinger dasselbe Ziel, die erste Oberflächen- vergrößerung der Nahrung, auf ganz verschiedene Weisen. C. Damit steht im engen Zusammenhang die verschiedene Ausbildung der Fermentdrüsen des Vorderdarmes. Die Schlinger besitzen entweder gar keine Verdauungsdrüsen am Vorderdarm, wie Pleurobranchaea, oder sehr kleine, wie Ptero- trachea, oder solche ohne Ferment, wie bei Aplysia, wo ich die »Speicheldrüsen“ 6mal auf eine Protease untersuchte, ohne diese zu finden (es kann aber ein anderes Ferment darin sein). Ob das Fehlen einer Fermentdrüse am Vorderdarm zum Untertypus gehört, ist bei unseren geringen Arbeitskenntnissen der Vorderdarmdriisen bei Raubpulmonaten und Opisthobranchiern ungewif. Als Grund für das Fehlen einer Drüse könnte man sich denken: der Weg bis zum Verdauungsort, dem Kropf, ist recht kurz; die Nahrung kommt in großen Stücken herein; da scheinen Drüsen am Vorderdarm ziemlich wirkungslos, da sie keinen Brei von Fer- menten und Nahrung herstellen können. — Dagegen sehen wir bei vielen Kratzern Fermentdrüsen am Vorderdarm: bei Murex eine protease- und eine amylasegebende Drüse, bei Natica eine proteasespendende. Von Sycotypus caniculatus +) kennen wir ,Speicheldrüsen“ mit Protease, bei Helix?) eine Vorder- darmdrüse mit Kohlehydratfermenten. — Als Grund dafür könnte man sich denken, daß das Ferment während des Raspelaktes und beim Heruntergleiten durch den Ösophagus in den Magen den kleinen Nahrungsteilen beigemischt wird; das hat Zweck, denn die kleinen abgeraspelten Stücke lassen sich leicht angreifen und zu einem Brei vermengen, bei den Nahrungsklötzen der Schlinger ist dies unmöglich: Vereinigung chemischer und mechanischer Lösung. So nützen die Kratzer den übermäßig langen Weg aus: die Nahrung kommt als Brei zum eigentlichen Verdauungsort. Man kann also definieren: die Kratzer haben eine Breiverdauung, die Schlinger eine Stückverdauung; darauf kommt viel an. D. Die Verschiedenheit der Nahrungsaufnahme bedingt die Ver- schiedenheit des Vorderdarmes — die Unterschiede am Vorderdarm 1) MENDEL, LAFAYETTE, BRADLEY, in: Amer. Journ. Physiol., Mol: 15, 1905, p. 17. 2) Literatur s. bei JORDAN, Vergleichende Physiologie, Vol. 2, 1913, p. 275— 279. 31* 472 GOTTWALT Cur. Hirsch. verursachen die des Mitteldarmes. Er ist bei Schlingern klein im Verhältnis zu dem großen Kropf, gegen den Vorderdarm, wie eben geschildert, abgeschlossen; er bildet den kleinen Magen, dem als große Ausstülpung die Mitteldarmdrüse ansitzt. Der Magen fehlt bei Pterotrachea, das Leitungsrohr geht unmittelbar aus dem Kropf in die Mitteldarmdrüse ohne Erweiterung über. Genau so scheint es bei den Raublungenschnecken zu sein: die beiden Aus- stülpungen (Mitteldarmdrüse) münden in einen Mitteldarm mit ganz engem Lumen), das Secret der Mitteldarmdrüse „ergießt sich ohne Aufspeicherung im Magen in den Vorderdarm, wo es unmittelbar die Lösung der Fleischnahrung übernimmt“.?) — Mehr Gebrauch vom Magen macht Pleurobranchaea (Fig. P—W): hier hat er außer der Leitung noch die Aufgabe, die Nahrung zu feinsten Teilchen zu verdauen, nachdem der Kropf vor allem sie zu gröberen Partikeln zertrümmert hat (rein makroskopisch gesprochen). Über die Magenarbeit anderer Opisthobranchier sind wir nicht unter- richtet. Bei Kratzern dagegen findet die Verdauung vor allem im Magen statt, deswegen ist dieser stattlich ausgebildet.*) Die Nahrung kann hier ebenfalls bei ihrem Eintritt in den Verdauungsort ge- staut werden, also vom Magen gegen den Enddarm zu (Natica, Helix, Paludina*)), oder der Weg ist ganz frei (Murex): immer aber leiten deutliche Falten zu den Gängen der Mitteldarmdrüse. Hierbei gleich einige Worte zu Helix: sie. ist ihrer Nahrungs- aufnahme nach sicher ein Kratzer (S. 392). Sie besitzt auch die bezeichnenden (?) Fermentdrüsen am Vorderdarm. Der Vorderdarm aber ist zu einem Kropf erweitert: diese Tatsache scheint aus dem Rahmen des Typus herauszufallen, aber nur scheinbar. Es ist hier nämlich ein Kropfmagen ausgebildet, d.h. Vorderdarm und Mitteldarm sehen ohne klare Scheidung ineinander über; der Magen hat sich gewissermaßen nach vorn zu kropfartig ausgedehnt, vermutlich wegen der Pflanzennahrung. Vor allem führt der Vorderdarm schein- bar ohne irgendeine Stau- oder Schließvorrichtung in den Magen hinein! 1) BRONN-SIMROTH, Klassen u. Ordnungen, Vol. 3, Abt. 3, p. 357. 2) ibid., p. 368. 3) Die Muscheln als Partikelfresser haben einen ganz reduzierten Vorderdarm, nur einen Magen. Das wäre ein Schritt weiter. 4) LEYDIG, in: Z. wiss. Zool., Vol. 2, 1850, p. 151. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 473 E. Der Enddarm dient bei allen Formen zum Abführen der Nahrungsreste. Der Magen ist gewöhnlich gegen den Enddarm zu durch ein Stauwehr abgeschlossen, nur bei Murex fand ich kein solches; das hängt vielleicht mit der Ausbildung des Enddarmes bei dieser Form überhaupt zusammen. Die Schlinger besitzen einen kurzen geraden Enddarm (ich muß mich hierbei ganz auf die von mir untersuchten 4 Formen beschränken). Er dient allein zum Ab- führen der Nahrung. — Die Kratzer dagegen nehmen so kleine Stücke auf, daß diese überall verdaut werden können, denn die Teilchen können leicht verteilt werden. Vielleicht hängt damit die Tatsache zusammen, daß bei Murex der Magen und der bedeutend erweiterte Enddarm unmittelbar durch Falten verbunden sind, daß sich im ungespülten Enddarm Fermente finden. F. Wir sahen in der Zusammenstellung S. 390, wie die Schlinger Pleurobranchaea und Pterotrachea die Nahrung in 5—20 Minuten auf- nehmen, wie die Kratzer Murex und Natica dazu bis 20 Stunden brauchen. Der Grund dafür ist: die Schlinger zertrümmern die Nahrung innerhalb, die Kratzer außerhalb des Körpers; Zerkleinern braucht viel Zeit, Verschlingen wenig. Damit steht in engem Zusammenhang die sehr verschiedene Zeit der Verdauung. Die Schlinger übergeben die Nahrung ihren Fermenten als schwerverdauliches Stück, die Kratzer als leicht- verdaulichen Brei. Und wirklich zeigt uns die unmittelbare Beob- achtung des Verdauungsablaufes, daß die Schlinger 20 Stunden, bis 7 Tage brauchen, die Kratzer dagegen nur 3—10 Stunden (S. 460). Die Schlinger übergeben eben eine sehr kleine Nahrungsoberfläche ihren Fermenten, die Kratzer eine sehr große.) So gleicht die Verdauungs- zeit den Vorteil der Nahrungsaufnahme wieder aus. Sehr interessant ist es, damit die beobachtete Fermentkraft im Reagenzglase zu vergleichen. Es zeigt sich S. 460, dab die Fer- mente der Schlinger fast ebenso lange im Reagenzglase verdauen wie die Kratzer. Wir können sagen: die absolute Fermentkraft ist schätzungsweise bei allen untersuchten Gastropoden gleich. Wenn nun solche gleiche Fermentkraft einmal auf einen festen Nahrungs- 1) Dasselbe ist bei Wirbeltieren beobachtet: ist die Nahrung nicht gekaut und mit Speichel und Ferment zum Brei vermischt, so ist sie für den Magen schwerverdaulich (SCHÜLE, in: Arch. Verdauungskrankheiten, Vol. 5, 1899; und C. Fermi, in: Arch. Anat. Physiol, Abt. Physiol., 1901, Suppl., p. 1). 474 GoTTwALT Car. Hirsch, klumpen, ein andermal auf einen Nahrungsbrei einwirkt, so muß natürlich der Nahrungsbrei schneller verdaut werden als der Klumpen. Und das zeigt sich. — Ferner ist zu bedenken, daß die Nahrungs- teile bei den Kratzern in vielen einzelnen Schüben stundenlang hintereinander dem Magen zueilen: die ersten sind längst verdaut, wenn die letzten eintreffen. Das erleichtert die Verdauung sehr. Das sind mit den Tatsachen und Gedanken von S. 389 zu- sammen einige Grundstriche zum Bilde der beiden herausgeschälten Typen. Wir sehen, wie die gleiche Art der Nahrungs- aufnahme morphologisch denselben Darmtypus und physiologisch denselben Verdauungstypus in den systematisch verschiedensten Gastropodengruppen bedingt: unter den Pulmonaten, Heteropoden, Opisthobranchiern. Weitere Untersuchungen werden die Grundstriche zu festumrissenen Bildern formen, werden noch tiefere Zusammenhänge zwischen Bau und Arbeit aufdecken —: so entstehen physiologische Typen (S. 360), die bezeichnet werden durch bestimmte Erscheinungen der Form und Arbeit, durch die Gleichheit im Endziel (Umfang) der Handlung: Aneignen der Nahrung — und durch die Ähnlichkeit in der Art (Inhalt) der Handlung: Schlingen — Kratzen. Jetzt können wir sagen: Gastropoden, die schlingen, müssen be- stimmten Bau und Funktion des Darmes haben; aber leider können wir noch nicht genau wissen, in welcher Reihenfolge sich diese drei zusammenhängenden Tatsachen bedingen. Reiche gedankliche Beziehungen ergeben sich, wenn man Schlinger und Kratzer aus verschiedenen Tierstämmen miteinander vergleicht. 4. Kapitel. Die Histologie der Secretion. Die Secretion des verdauenden Saftes geht in dem Kreislauf der Ernährung der eigentlichen Verdauung voraus: die Secretion ist die Ursache der Verdauung. Trotzdem erscheint es praktischer, in derjenigen Reihenfolge vorzuschreiten, in der man beobachtet: zuerst also die offensichtliche Wirkung, dann ihre Ursache zu be- schreiben. Haben wir im vorigen Kapitel die Wirkung des Ferments an der Mündung des Saftstromes kennen gelernt, so sehen wir jetzt die Quelle und den Fluß des Ferments. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 475 Bei den in Frage stehenden Gastropoden war mir, außer einer Angabe bei ENRIQUES !) über die Mitteldarmdrüse der Plewrobranchaea, nichts bekannt. Mit den Funden bei anderen Gastropoden ver- gleiche ich am Schluß (S. 489). Meine Angaben über den Ort der Secretion habe ich S. 458 vergleichend zusammengestellt. Ich betone nochmals (vgl. S. 395), daß die Secretion ein Fluß, eine fortlaufende Bewegung ist; wenn wir eine solche beschreiben wollen, müssen wir aus ihr einige willkürlich diskret gemachte Punkte herausgreifen, als besondere Stadien beschreiben und an ihnen den Ablauf des Vorganges darstellen. In natura gehen alle diese Stufen unmerklich ineinander über. Bisher sind nur Secretionsvorgänge bekannt, die sich innerhalb einer Zelle abspielen. Wir werden auch solche kennen lernen, die außerhalb der Zelle abrollen. I. Die Vorgänge innerhalb der Zelle. Zunächst einiges Wesentliche über die Vorgänge, die sich in den Secretionszellen von Plewrobranchaea abspielen (Fermentzellen BARFURTH’s, Keulenzellen Frenzer’s), damit wir ein morpho- logisches Verständnis für die physiologischen Be- obachtungen des vorigen Kapitels gewinnen. Ich halte auch für die Erforschung der Formvorgänge in den Secretzellen allein die Stufenuntersuchung (S. 396) für zweckmäßig. Nachdem ich schon stufenweis den Ablauf der Verdauung im Magen und der Fermentkraft im Reagenzglase (Murex und Pleurobranchaea) geprüft hatte, untersuchte ich auf denselben Stufen den Ablauf der Arbeit in den Drüsenzellen. Ich forsche auf diese Weise nach den Arbeitsbeziehungen zwischen der Secretion, der Fermentkraft und der Verdauung. Von jeder Stufe habe ich 3 Tiere untersucht; das ist nötig, denn man kann nicht genau wissen, ob die Tiere in den 15—20 Tagen Hungern vor dem Fressen auch wirklich ihre vorherige freiwillige Nahrung ganz verdaut haben, und darauf kommt viel an. Ich halte es für wichtig, von jedem Tier die eine Hälfte der Mitteldarmdriise zu Fermentuntersuchungen, die andere zu histologischen Beobach- tungen zu verwenden. Durch Vergleichen der Nummern kann 1) In: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 15, 1901, p. 365. 476 Gorrwazr Cur. HırscH, man so leicht Fermentkraft und histologisches Bild in Beziehung setzen.) A. Allgemeiner Bau der Mitteldarmdrüse bei Pleurobranchaea. Die Mitteldarmdrüse besteht — wie Fig. Z zeigt — aus Schläuchen, die sich gegenseitig dicht aneinanderlegen und sich dadurch ab- flachen. Jeder Schlauch ist von Bindegewebe umgeben (mit kleinen Kernen, die eiförmig bis langgestreckt sind). Dieses bildet die Grund- lage für die Drüsenzellen, so daß wir sagen können: das Binde- *——-Drüsenlumen Drüsenlumen Resorptionszelle Kleinkernzelle Seeretions- Großkernzelle zellen Bindegewebige Umhüllung Fig. Z. Pleurobranchaea meckelii. Halbschematisches Übersichtsbild über die Mitteldarmdriisen-Histologie. Das Binde- gewebe bildet Schläuche mit einspringenden Lamellen. 3 Arten Zellen. gewebe bildet jene Schläuche und sendet zur Oberflächenvergröße- rung noch Lamellen in das Innere des Schlauches hinein, die senk- recht zur Wand des Schlauches stehen (in Fig. Z sind größtenteils 1) Bisher sind nur 2 Stufen der Secretion unterschieden und histologisch verglichen worden: Hunger- u. FreBtiere. Auf diese wichtigen Arbeiten von ALTMANN, R. u. M. HEIDENHAIN, BIEDERMANN usw. möchte ich vergleichend erst in einer weiteren Veröffentlichung eingehen, wenn ich noch mehr Tiere auf vielen Verdauungsstufen untersucht habe. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 477 nur diese Bindegewebsstränge gezeichnet: nur die untere Hälfte des mittleren Acinus ist mit Drüsenzellen besetzt dargestellt). Wir können der Arbeit nach zwei Haupttypen von Zellen unter- scheiden: 1. diejenigen, welche Secretkörner in sich tragen, die in den Stufenuntersuchungen bezeichnende Veränderungen erleiden: die Secretzellen (dargestellt in Fig. Z durch Punktierung des Plas- mas), — 2. solche, welche verfüttertes Eisen oder Karmin resor- bieren: die Resorptionszellen (dargestellt in Fig. Z durch ganz helles Plasma). — Andere Zellarten kommen nicht vor. Die Secretionszellen können wieder ihrer Form nach in zwei Gruppen eingeteilt werden, ohne daß ich Aussagen über ihre verschiedene Arbeit machen könnte: a) die Kleinkernzellen, b) die Großkern- zellen. Beides sind Secretzellen, wie ich unten beweisen werde; sie sind aber sehr verschieden in der Größe ihrer Kerne, in der Lage im Mitteldarmdrüsenschlauch und in der Periode ihrer Arbeit. Dies zwingt zur Unterscheidung. Die Kerne der Großkernzellen (Fig. A!, S. 478) haben bei gleicher Zellgröße den doppelten bis dreifachen Durchmesser wie die Kerne der Kleinkernzellen; sie zeigen kompakte Chromatinmassen und sehr großen Nucleolus. Diese Zellen sitzen nur an der eigentlichen Wand des Schlauches, nicht an den vorspringenden Lamellen. Über die Einschlüsse und die Arbeitsperioden spreche ich später. Die Kleinkernzellen Fig. B'—K! haben kleinere Zellkerne. Sie sitzen mit den Resorptionszellen in bunter Reihe vor allem an den Lamellen; sie sind bedeutend zahlreicher als die Großkern- zellen; an sie werden sich die Hauptuntersuchungen knüpfen. B. Die Arbeit der Secretzellen. Da Hungertiere die Erzeugnisse der Secretzellen, die Secret- körner, als Reserven fertig zum Ausstoßen in den Zellen liegen haben, so kann man das Werden dieses Secrets bis zu dem Reserveruhepunkte am Hungertiere selbst nicht feststellen. Um da- her wirklich von vorn anzufangen, möchte ich zunächst die Bildung des Secrets in seinen Stufen schildern und erst später untersuchen, wie sich diese Stufen auf den einzelnen Verdauungsstadien ver- halten. Ich nehme zwar damit die Ergebnisse voraus und schildere erst später den Weg, auf welchem ich zu ihnen kam, es ist aber prak- tischer so. 478 GoTTwALT Cur. Hirscu, a) Der Auf- und Abbau der Secretkörner geht folgendermaßen vor sich. Ich unterscheide zwei verschiedene Vor- gänge: 1. die Bildung der Secretkörner bis zum Reserveruhepunkt, 2. die Lösung der Secretkörner innerhalb der Zelle. a) Der Aufbau der Secretkörner läßt 3 verschiedene Stufen (Stufe a—c) erkennen, die ich in Fig. B! zeichne, wo sie zufällig alle in einer einzigen Zelle vorkamen. Stufe a. Das fädige Plasma umgibt im Innern der Zelle hellere Höfe. In diesen liegen eingebettet unregelmäßig verstreute, feinste Körnchen, bei 780facher Vergrößerung an der Grenze der Sichtbarkeit, von schwachgelber Farbe. Der Hof ist nicht völlig Fig. AL Fig. BL Fig. OL Fig. A! Pleurobranchaea meckelü. Großkernzelle auf der 1.—2. Stufe der Auflösung der Secretkérner. Sublimat, Eosin-Hämatoxylin. Paraffin. Zeiss Imm. “he, Ok. 3. Fig. B!. Pleurobranchaea meckelii. Kleinkernzelle mit allen 3 Bildungs- stadien des Secrets. Sublimat, Eosin-Hämatoxylin. Paraffin. Zeıss Imm. 1, Ok. 3. Fig. C!. Pleurobranchaea meckelii. Kleinkernzelle. Alle 3 Auflösungs- stadien innerhalb der Zelle. 2 Zellen hintereinanderliegend. Sublimat, Eosin- Hämatoxylin. Paraffin. Zeıss Imm. !/ıs, Ok. 3. rund, sondern scheint in unregelmäßiger Umrandung die Bildungs- stätte jener kleinen Körner zu sein. Eine Membran um den hellen Hof ist nicht sichtbar; es handelt sich vielleicht aus diesem Grunde, und Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 479 nach dem ganzen Aussehen zu urteilen, um keine Vacuole. Es ist möglich, daß die Fädchen des Plasmas, die an dieser Stelle fehlen (wodurch der Hof gebildet wird), sich bei der Bildung der Körnchen beteiligen. Stufe b. Die Zahl der Körnchen hat sich vermehrt; sie sind größer geworden. Sie liegen dicht zusammengedrängt und bilden oft einen deutlichen Klumpen. Ihre Farbe ist noch recht dunkel- gelb, ohne das hellere Leuchten wie in späteren Stufen. Jeder einzelne Klumpen ist von solchem helleren Hof umgeben. Stufe c. Wieder hat sich die Anzahl der Körnchen vermehrt, hat sich der Umfang der einzelnen vergrößert. Man sieht jetzt öfter zwischen den einzelnen Körnern keine Zwischenräume mehr, dann sind sie zusammengeballt wie zu einer Morula; doch ist dies nicht immer so, sie können auch vereinzelt in dem hellen Hof des Plasmakörpers liegen. Die Farbe der Körner erscheint ein wenig heller als bei a und b. So bezeichne ich die 3 Stufen der Secretbildung mit Buchstaben, mit Zahlen dagegen die Stufen der Auflösung innerhalb der Zelle. 6) Die Auflösung der Secretkörner habe ich innerhaib einer Zelle ebenfalls in einer einzigen Figur dargestellt, in der sie zu- fällige alle drei vorkamen. Diese Fig. C! ist so gewonnen, dab zwei Zellen hintereinander getroffen wurden; von der oberen ist der Kern nicht mit geschnitten worden. Stufe 1. Die einzelnen Körner liegen in einem morulaähn- lichen Verbande oder vereinzelt — das ist gleich. Sie haben eine heller gelbe Farbe; ihr Umfang ist gewachsen, ihre Oberfläche ist ganz fein gekörnelt im Gegensatz zu der starken Körnelung in den Bildungsstadien. Vor allem ist jeder Haufen von einer rundlichen, deutlichen Vacuole umgeben, die sich als Blase zeigt, indem sie ziemlich scharf gegen das umgebende Plasma abgesetzt ist. Es ist schwer zu entscheiden, ob es sich um eine Blase mit eigener Wan- dung oder nur um einen kugligen Hohlraum im Protoplasma ohne Wandung handelt. Aber es spricht viel für die erste Vermutung, wie wir ja auch aus mannigfachen Erfahrungen wissen, daß apo- plasmatische Gebilde von solchen feinsten Häutchen umgeben sind; auch von den Vacuolen der Protozoen ist dies neulich bewiesen worden.) Es sind eben Oberflächenveränderungen, wie sie jede Zelle als Abschluß gegen ein anderes Medium hin bildet. — Aus 1) STEMPELL, in: Zool. Jahrb., Vol. 34, Physiol. 1914. 480 Gorrwazr Car. Hrescx, Erfahrungen an anderen Stufen, die ich unten ausführe (S. 495), muß ich auch annehmen, daß auch jedes einzelne Körnchen dieses Stadiums mit einer Membran umgeben ist, so skeptisch ich selbst zunächst gegen diese Vermutung war. Stufe 2. Wir sehen nun, wie die Körner sich auffallend ver- ändern: ihr Umfang hat sich bedeutend vergrößert, der Durchmesser ist doppelt so groß geworden; die feine Körnelung der einzelnen Körner, die bei der Bildung am stärksten war, auf Stufe 1 be- reits fast schwand, ist nun gänzlich verschwunden; wie glatte leuchtende Öltropfen liegen die einzelnen Kugeln beieinander, so daß ich sie jetzt schon als Blasen bezeichnen kann. Ihre Farbe ist auffallend leuchtend gelb, ihre Ränder etwas heller als in der Mitte, was leicht zu erklären ist. Die Vacuole um sie herum zeigt keine Veränderungen. Ich denke mir den Vorgang der Lösung so: die Zelle scheidet eine Flüssigkeit in die Vacuole um die Körner herum aus; wir kennen solche Vorgänge von den Protozoen her. Die Va- cuolenfiüssigkeit wirkt nun auf die Körner ein. Diese besitzen eine Membran (ich muß hier das Ergebnis der Untersuchungen auf S. 495 schon vorausnehmen). Ich halte es nun für möglich, daß die Va- cuolenflüssigkeit durch diese Membran hindurchdringt und so all- mählich das Korn auflöst. Stufe 3. Jedenfalls wird diese Kugel gelöst: bis auf wenige Überreste, die man als Reste der Membranen deuten könnte, ist von den Kugeln bald nichts mehr zu sehen. Es liest im Plasma ein deutlicher großer Hohlraum, der ursprünglichen Lösungsvacuole entsprechend; er ist scharf abgegrenzt gegen das Plasma. Alle Körner sind in ihm gelöst, als große Blase liegt er, schon bei schwacher Vergrößerung sichtbar, in der Zelle. Die Flüssigkeit selbst wird durch die Nachbehandlung der Paraffinschnitte heraus- geholt. b) Der periodische Ablauf der Secretion. Man sieht diese Gebilde gelegentlich zu dreien in einer Zelle vereinigt; da würde man sie ohne Kenntnis der Bewegung für ganz verschiedene Gebilde halten, ohne Zusammenhang. Durch die Stufen- untersuchungen erkennen wir den zeitlichen Verlauf jener eben ge- schilderten Bildung und Umbildung: den periodischen Ablauf der Secretion. Damit kann ich die Richtigkeit meiner Theorie vom Auf- und Abbau beweisen. Da in den Großkernzellen und den Kleinkernzellen die zeitliche Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 481 Arbeitsweise verschieden ist, so muß ich sie beide getrennt be- schreiben. 1. In den Kleinkernzellen, die der Zahl nach weit über- wiegen, läuft die Arbeit so ab (ich habe diesen Ablauf halbschematisch in Fig. D'—K! dargestellt): Beim Hungertier. Die Zellen enthalten sehr viel Secretkörner, die sich allermeist auf dem c-Stadium befinden; dies ist also die Form, in der die Secretkörner in Reserve aufgespeichert werden. Man kann gelegentlich, aber selten, die 1. Stufe der Lösung er- blicken, indem ein kleiner Hof sich um den Secrethaufen gebildet hat. — Oft liegen 5—7 solcher Secrethaufen in einer Zelle, jeder zeigt auffallend viele Körner: die Morulaform. Auch einzelne Körner kommen vor. Das Plasma erscheint fast homogen. 1, Stunde nach der Nahrungsaufnahme sieht man schon bei schwacher Vergrößerung auffallende Unterschiede gegen das Hunger- tier: das ganze Gewebe scheint siebartig durchlöchert. Bei stärkerer Vergrößerung sah ich: die Stellen, wo früher die Secretkörner in der c-Stufe lagen, sind jetzt meist von größeren Vacuolenblasen (Stufe 3) eingenommen; das gibt das siebartige Aussehen. Sonst erblicken wir in vielen Zellen alle jene Lösungsstadien 1—3 (wie ja auch die Fig. C! aus der Stufe „'/, Stunde“ entnommen ist). Das Plasma ist auch verändert: es zeigt viele sehr kleine, verästelte Körnchen. Also: die Secretkörner sind meist aufgelöst oder in Auf- lösung begriffen. Aus unten (S. 500) näher angeführten Gründen muß ich annehmen, daß auch eine große Menge im festen Zustande ausgestoßen werden: die Mobilmachung ist erfolgt, der erste Ferment- schub ist heraus. 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme: ich erblicke jetzt zum erstenmal die Bildungsstufen a—c, vor allem b. In den Bildungs- höfen eingeschlossen liegen jene feinsten dunklen Körner. Es will mir scheinen, als sei das Plasma homogener, doch ist dies bei den vielen anderen Einschlüssen schwer zu entscheiden. Also: es werden sofort nach dem Ausstoßen des 1. Fermentschubes neue Secretkörner gebildet. 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: das Bild ist dem des Hungertieres ähnlich; vollendete c-Stufen liegen haufenweise gelb in den Zellen; in einer Zelle konnte ich 8 solche Haufen zählen. Sie sind zumeist in Klumpen zusammengelegt: Morulaform. 482 Gorrtwatt Cur. Hırsch, Also: die 2. Bildung des neuen Secrets ist vorüber, die Körner liegen zum Ausmarsch oder zur Lösung in den Zellen bereit. 3 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: wieder ist es schon bei schwacher Vergrößerung sehr auffallend, wie durchlöchert das Gewebe erscheint. Bei starker Vergrößerung sieht man das Plasma wieder sehr vacuolenreich, die Secretkörner meist geschwunden. Lösungsstadien konnte ich kaum finden. Dafür werden bereits neue Secretkörner gebildet; das a- und b-Stadium ist sehr häufig. Also: der 2. Fermentschub ist hinausbefördert, ein dritter wird soeben gebildet. Hungertier ae, DS Fig. Hi. Fig. J, Fig. Kt. Fig. Di—K1. Plewrobranchaea meckelii. 6 Halbschemata zur Darstellung des Secretionsablaufes innerhalb der Zelle in der Zeit vom Hungertier bis 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme. 6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: die Secretkörner haben an Menge zugenommen; es sind ailes c-Stufen geworden, die dicht gedrängt, aber meist unregelmäßig zerstreut massenhaft in den Zellen liegen. Es sind fast nichts als c-Stufen zu erkennen, keine Bildungs- und keine Auflösungsstadien. Die Anzahl scheint Ernihrungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 483 gegen die vorige Stufe vermehrt. Also: der 3. Secretschub liegt zur Lösung bereit. 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: man sieht einzelne c-Stufen, aber recht selten. Dagegen hat sich das 1. und 2. Stadium der Auflösung bedeutend vermehrt; sie sind sehr zahlreich. Zu- meist sind diese deutlich abgerundeten Haufen von einer Vacuole umgeben. Also: nach 10 Stunden ist die Drüse gerade bereit, den 3. Secretschub hinaus zu befördern. Um diese regelmäßigen Perioden anschaulicher zu machen, zeichne ich mir eine kleine Kurve (Fig. L!), wobei ich von rechts nach links die Zeiten nach der Nahrungsaufnahme, von oben nach unten die Stufen abtrage, auf denen ich diese Körner fand. Daraus ergibt sich, daß die Secretkörner in der Zeit vom Hungern bis 10 Stunden nach der Nah- rungsaufnahme 3mal aus der Zelle entfernt und 2mal neu- sebildet werden. Ein Verbrauchen und Neubilden wechselt ab. Diese wichtige Tatsache werden wir gleich | (S. 487) zur Verdauung in Beziehung eddie ee ir setzen. Das Auflösen geht zuerst am schnellsten: in der ersten halben Fig. L!. Pleurobranchaea meckelii. Stunde sind die Reserven mobil Kurve zur Darstellung der Perioden gemacht. Sofort treten neue Körner a un ee auf; deren Bildung dauert schon etwa 1?/, Stunde, die Auflösung wieder '/, Stunde. Die 2. Neu- bildung verlangsamt sich wieder: sie braucht etwa 2 Stunden; die 3. Verarbeitung dauert, scheint’s, ca. 4 Stunden (wenn sich nicht inzwischen noch andere Secretionen einschieben). Ich beobachtete dabei noch eine Reihe anderer Erscheinungen in den Drüsenzellen, von denen ich aber noch keine genetische Kette aufstellen kann und deren Bedeutung mir noch unklar ist. Deswegen möchte ich mich noch nicht darüber auslassen (rote und blaue Plasmamassen bei Färbung mit Hämatoxylin und Eosin, Ver- hältnis des Kernes zur Secretion, Verhältnis der mit Hämatoxylin färbbaren Plasmateile zur Secretion usw.). Aus diesen Stufenuntersuchungen habe ich also die Theorie über den Werdezusammenhang aller jener Körnchen, Körner, Ballen, 484 Gorrwazr Cur. Hirsch, Blasen, Vacuolen usw. gewonnen; sind meine Beobachtungen auf den verschiedenen Stufen überhaupt einzeln richtig, dann muß auch die Theorie über den Zusammenhang dieser einzelnen Bilder richtig sein, denn wir ordnen ja die Veränderungen wirklich zeitlich hintereinander, nicht nur gedanklich. Das scheint mir der Wert der Stufenuntersuchungen an sich zu sein, im Gegensatz zu den rein hypothetischen Erörterungen über den Zusammenhang der Bil- dungen innerhalb einer einzigen Zelle auf beliebiger Verdauungs- stufe, wo die Veränderungen nur eedanklsch zeitlich hinterein- ander geordnet werden. 2. Noch einige Beobachtungen über die Arbeit der Großkern- zellen (Me, AU); Beim Hungertier ist der Kern dicht umlagert von Körnern auf der c-Stufe. Sie ähneln sehr den Körnern der Kleinkernzelle, sind nur etwas größer; sie haben dieselbe dunkelbraungelbe Farbe und sind ebenso fein gekörnelt. Andere Stufen sind nicht erkennbar (nur noch auffallende, mit Hämatoxylin stark färbbare Kugeln, die ich zunächst noch nicht genetisch deuten kann). 1, Stunde nach der Nahrungsaufnahme kann ich eine Ver- änderung an den Secretkörnern noch nicht wahrnehmen; nur ver- einzelte scheinen in die 1. Stufe der Auflösung vorgerückt zu sein; sonst ist alles wie beim Hungertier. 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme sind die Körner alle in hellgelbleuchtende Blasen der Stufe 2 aufgelöst; die Blasen sind größer als die der Kleinkernzellen, sie liegen vor und hinter dem Kern. Auf dieser Stufe ist Fig. A! aufgenommen. 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme sind die Auflösungs- stadien verschwunden; ja, zumeist scheint von den Zellen nur ein Rest mit dem Kern übrig zu sein: es macht regelmäßig den Ein- druck, als hätten sich hier Teile der Zelle losgeschnürt. Die Zell- reste sind mit stark gefärbten Massen (Hämatoxylin) so erfüllt, dab irgendwelche feinen Körner nicht erkennbar sind. Ich möchte die Vermutung aussprechen, daß diese gefärbten Ballen vielleicht erste Bildungsstadien sind, wohl offenbar mit der Secretbildung in Zu- sammenhang stehen. 3 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: sehr deutlich sind jetzt die c-Stufen zu erkennen. Mir scheinen die Zellen an Länge gewachsen. Basalwärts sehe ich keine Secrete, nur 3—7 einzelne Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 485 große Secretkörner in einer Zelle distalwärts. Morulaformen kommen nicht vor. 6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: zumeist ist der Zell- kern dicht umlagert von c-Stadien, selten sind diese bereits in jene helleuchtenden 1. und 2. Stufen der Auflösung verwandelt. 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: die c-Stadien sind sämtlich verändert zu leuchtenden Blasen; oft sind diese bereits gelöst. Wir sehen also, daß die Arbeit der Kleinkern- und der Groß- kernzellen die gleiche ist: es sind Secretzellen, die (rein äußerlich betrachtet!) dasselbe abscheiden; vielleicht ist das Secret doch ver- schieden, das wird man schwer entscheiden können. — Der Unter- schied zwischen ihnen ruht in der Größe von Plasma und Kern und vor allem in ihren Arbeitsperioden: die Großkernzellen beginnen erst 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme zu secernieren und hinken so stets hinter den Kleinkernzellen her. c) Sind die Zellen Fermentzellen ? Die in Frage stehenden Zellen sind sicher äußere Secretzellen, denn sie sondern einen erkennbaren Stoff in ein Lumen ab. Sind es aber Fermentzellen? Dafür erbringe ich jetzt den Beweis. Mit chemischen Reagentien ist der Beweis nicht zu führen, wie frühere Autoren es gern wollten; höchstens kann man sagen, dab Zellgebilde mit gleicher Reaktion wie sicher bewiesene Fermentgebilde wahrscheinlich auch Fermentträger sind. Diese Vor- aussetzung muß aber erst bewiesen werden. Im Anschluß an BIEDERMANN u. Moritz’) prüfte ich die Zell- körner des Hungertieres mit 3°, KOH: sie lösten sich auf, wie B. es für die Secretkörner von Helix beschreibt; sie zerfließen rasch innerhalb der umgebenden Vacuole, deren Wand zerstört wird, gehen also in die Auflösungsstadien 1 und 2 über, indem sie immer heller werden und einen 2. Konturring bekommen; ihr Umfang nimmt zu; viele lösen sich schon nach 1—2 Minuten durch Platzen auf. Auch dadurch ist die obige genetische Theorie noch wahrscheinlich ge- macht. Von Säuren wurden die c-Stadien nicht angegriffen (wie bei BIEDERMAnN). Diese beiden Proben machen es wahrscheinlich, 1) In: Arch. ges. Physiol., Vol. 75, 1899, p. 13. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 32 486 GoTTwALT Cur. Hirscu, daß es sich um ähnliche Gebilde handelt, wie sie BrzepERMANN als Fermentkugeln beschrieb. *) Den Beweis jedoch führen allein die Stufenuntersuchungen. Schon BrepERMANN arbeitet mit Ansätzen zu solchen, indem er 2 Stufen: Hungertiere und Tiere viele Tage nach dem Fressen untersuchte; er drückt die Notwendigkeit einer Stufenuntersuchung vortrefflich folgendermaßen aus: „der Wechsel im Aussehen der Drüsenzelle, verursacht durch eine mit der Secretion Hand in Hand. gehende quantitative Änderung eines sichtbaren und auffallenden Secretbestandteiles ist bisher das einzige sichere Kriterium für die Beurteilung und Deutung derartig geformter Inhaltsmassen!“?) Man: muß praktisch nur noch einige Schritte weiter gehen. — Sehen wir uns jene oben geschilderte Zellarbeit an, wie sie Fig. D!—K! uns andeutet, so sehen wir: die Arbeit der Zelle setzt ein, sobald Nahrung aufgenommen wurde! Man kann noch so viele Hungertiere schneiden, man wird in 90°, der Zellen solche Einschlüsse, wie Fig. D+ (S.482) sie angibt, sehen. Also muß die Zellarbeit in Zusammenhang mit der Verdauung stehen. Das macht schon eine Fermentabsonderung wahrscheinlich, denn was soll noch außer Schleim groß abgeschieden werden? Den Haupt- beweis jedoch, daß das proteolytische Ferment an die Secretkörner gebunden ist, bietet uns folgender Vergleich: d) Vergleich zwischen dem Secretionsablauf in der Zelle und dem Verdauungsverlauf. Ich bitte, einerseits Fig. D1—K? (S. 482) und L? (S. 483) und andrerseits Fig. X (S. 453) und P—W (S. 446) zu vergleichen. Da zeigt sich: Die beiden Kurven (Fig. X und Lt) sind aus denselben Mittel- darmdrüsen gewonnen: die chemische Kraft der Mitteldarmdrüse und der morphologische Ablauf in den Kleinkernzellen stimmen wesentlich überein. Die Fermentkurve vom Hungertier bis ,,1 Stunde“ zeigt die erste Absonderung; genau dasselbe zeigt die Morphologie: allmähliche Lösung der c-Stufen bis °/, Stunde nach der Nahrungs- aufnahme. — Dann zeigt die Fermentkurve von ,1 Stunde“ bis 1) Es ist möglich, daß weitere Untersuchungen hier Nucleoproteide beobachten, was in Hinblick auf Befunde der Pancreasfermente sehr inter- essant wäre. 2) In: WINTERSTEIN, Handb. d. vergl. Physiologie, Vol. 2, p. 944. rn tan cl Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 487 „a Stunden“ eine Zunahme der Fermentkraft, die wir bereits früher als eine Neubildung bezeichneten; dasselbe zeigt die Morphologie: von „li Stunde“ bis kurz vor „3 Stunden“ werden die Zellkörner durch alle Stadien neu gebildet. — Dann zeigt die Fermentkurve von „3 Stunden“ bis „6 Stunden“ einen neuen Fall der Kräfte; wir sehen an der morphologischen Kurve deutlich. das Neubilden in der Zelle vom a- bis c-Stadium. — Nun schnellt die Fermentkurve wieder empor: die Fermentkraft steigt, gleichzeitig sehen wir die allmähliche Lösung der c-Stufen in der morphologischen Kurve. Dasselbe ergibt sich natürlich, wenn wir statt Fig. L! die Figg. D'—K! zum Vergleich heranziehen. Ferner können wir die beiden genetischen Übersichten Fig. P—W (S. 446) und Fig. D!—K! vergleichen. Zunächst wird sofort nach einer halben Stunde das Secret herausgeschoben, beide Schemata zeigen es. Nach 3 Stunden sind (Fig. T) die ersten kräftigen Ver- dauungswirkungen sichtbar; andrerseits erkennen wir in Fig. H!, daß eben der 2. Fermentschub hinausbefördert wurde. Nach 10 Stunden ist die Verdauungskraft am höchsten; der 3. Ferment- schub ist hinausgeschoben. Daraus ergibt sich: 1. Die Fermentkraft korrespondiert mit der Auf- lösung der „Körner“ (c-Stufe): dieStufe 3 entspricht der höchsten Fermentkraft. 2. Also ist das Ferment an diese „Körner“ gebunden, die wir figlich Fermentkörner!) nennen dürfen. So bestätigen sich klar jene früher aufgestellten Thesen vom Schwanken der Fermentkraft (S. 461); so wird hier der exakte Beweis geführt, daß das Ferment in der Zeit vom Hungertier (oder der Zeit der Nahrungsaufnahme) bis 10 Stunden nach der Nahrungs- aufnahme in 3 Schüben abgesondert wird. Was wir aus der Chemie des Verdauungssaftes gesehen haben (Murex, Pleurobranchaea, Hund, Mensch, S. 451), wird hier morphologisch bewiesen: dieDrüsen ar- beiten wie intermittierende Quellen; die herausgeworfenen Fermentreserven des Hungertieres reichen nicht aus, um allein zu 1) Damit fällt also endgültig die von CUÉNOT (in: CR. Acad. Se. Paris, Vol. 115, p. 256—258) verteidigte Ansicht, daß die ‚Leber eine reine Verdauungsdrüse ohne sekretorische Funktion sein soll“, eine An- nahme, die schon von BARFURTH und BIEDERMANN angegriffen wurde, sich in neueren Lehrbüchern aber noch immer findet. 32* 488 GorrwazTt CHR. Hırsch, verdauen, es werden neue Fermentkräfte in den Zellfabriken her- gestellt, die aufs neue hinausgetan die Kräfte draußen steigern; auch diese reichen noch nicht aus; ein 3. Fermentschub wird ge- bildet und entleert; das ist der Höhepunkt der Verdauung. Wir wissen, daß jede Zelle auf- und abbauende Kräfte in sich bergen muß; deutlich wird dies z. B. an den Leberzellen der Säugetiere: wir wissen, dab Aufbau und Abbau des Glykogens Arbeiten der- selben Leberzellen sind. Wir rücken mit diesen neuen Erfahrungen dem allgemeinen Verständnis der Drüsentätigkeit ein Stück näher. Es freut mich weniger, hier einige neue Tatsachen zu bringen und zu beweisen. Vielmehr liegt mir daran, durch diese Methodik die Morphologie chemisch und die Chemie morphologisch zu kontrol- lieren und zu ergänzen; so bekommen wir eine ahnende Vorstellung vom Wandern der Kräfte, indem wir ihrem sichtbaren Bildungs- und Arbeitswege nachschreiten und ihre Wirkung be- obachten. 0. Die große Vorderdarmdrüse der Natica. Kurz möchte ich einige Beobachtungen über die Veränderungen mitteilen, die sich in den Drüsenzellen der großen Vorderdarmdrüse bei Natsca sehen lassen, wenn man Hunger- und Freßtiere ver- gleicht (gute Stufenuntersuchungen kann man leider nicht machen; vgl. S. 412). Die Zellen der Querwände nannte ich Secretzellen (Fig. MI—N)). Sie sitzen den Querbalken des Bindegewebes auf; es sind längliche Zellen mit eiförmigen Kernen. — In einem Ruhestadium (Fig. M1), d. h. bei einem Tier, das 6—10 Tage lang gehungert hatte, zeigen die Zellen ein feinkörniges Plasma, in der Mitte der Zelle eine eiförmige, etwas längliche „Vacuole“ (aber eine Abgrenzung, das eigentlich Bezeichnende für eine Vacuole, ist nicht zu sehen). Diese helle Stelle im Plasma ist erfüllt mit vielen traubenartig aneinderliegenden Körnern von dunkelgelber Farbe. — Freßtiere dagegen (Fig. N!, ca. 6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme) haben ein grobgekörntes Protoplasma, in der Mitte der Zelle mehrere längliche, helle Stellen (aber auch scheinbar ohne Membran), die aller- meist ohne Secretkörner sind oder nur mit 1—3 Körnerballen er- füllt. Es erhellt, daß auch hier die Secretkörner in der Ruhe in den hellen Stellen des Plasma gebildet werden, bei der Nahrungs- aufnahme jedenfalls verschwinden. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 489 Beim Durchblick mehrerer geschnittener Drüsen von Freßtieren kann man verschiedene Bildungsstufen des Secrets deuten: zuerst feine dunkele Körner, die größer werden, deren Farbe heller wird; dann liegen sie zu Traubenklumpen zusammen und füllen bald in Mehrzahl die „Vacuole* aus. Aber nur Stufenuntersuchungen könnten dies genau feststellen. Stark eosinophile Körnchen und Schuppen finden sich viel im Plasma des Freßtieres (ca. 6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme). Beim Hungertier dagegen konnte ich nur eine feinste Körnelung (wie sie fast jedes Plasma zeigt) wahrnehmen. Ich halte es für möglich, daß sich diese eosinophilen Körner an der Bildung des Secrets beteiligen, um nach dieser Tätigkeit zu verschwinden. Jeden- falls sind sie nach fertigem Secret beim Hungertier nur noch wenig Fig. M!. Fig. N°. Fig. M! Natica hebraea. Große Vorderdarmdrüse, Secretzellen. Hunger- tier. Sublimat-Eosin-Hämatoxylin. Paraffin. Zeiss Imm. !ıs, Ok. 3. Fig. N!. Natica hebraea. Große Vorderdarmdrüse, Secretzellen. Freßtier. Sublimat-Eosin-Hämatoxylin. Paraffin. Zeıss Imm. 1/;2, Ok. 3 zu erkennen. Es kann aber auch sein, daß es sich um irgendwelche Reserven handelt, die beim Hungertier verbraucht werden, was im Grunde dasselbe wäre (ähnlich wie bei Helix das Glykogen). D. Frühere Secretionsbefunde bei Gastropoden. Ähnliche Bildungs- und Lösungstheorien sind bereits für Gastro- poden ausgesprochen worden, ohne daß man die Arbeit der Zelle 490 GorrwaLt Cur. Hirsch, unmittelbar verfolgt oder die Beziehungen zwischen Verdauung und Secretion beobachtet hatte. Vor allem an Helix ist viel gearbeitet worden: ich verweise hier auf die neueren Zusammenstellungen in WINTErRstEem’s Hand- buch, Vol. 2, 1+) (BrepERMANN) und Jorpan’s Vergleichender Physio- logie.?) Darin ist die Literatur eingehend angeführt. Hier die wesent- lichen Ergebnisse: Es sind von BIEDERMANN u. Morirz*) vor allem Secretkörner mit Vacuolen (unser Stadium 1) gefunden worden. Durch Vergleich zwischen Hungertieren und Tieren 2—8 Tage nach der Nahrungs- aufnahme wurde eine Abnahme der Secretkörner und Auftreten der »secretblasen“ (unser Stadium 2—3) festgestellt; ein periodischer Ablauf ist nicht beobachtet. Auch BrepERMANN ist der Ansicht, daß die Zellkörner (Stadium c) „während des Lebens innerhalb des sie umschließenden Bläschens in Lösung gehen“. So hat es BIEDERMANN sehr wahrscheinlich gemacht, daß jene Zellkörner Fermentträger sind, aber bewiesen würde es für Helix erst durch Vergleich des chemischen und morphologischen Bildes. Uber die Bildung der Zellbestandteile haben BrepERMANN u. BarrurtH’) Vermutungen geäußert. Nach dem Nachuntersucher BIEDERMANN wäre BARFURTH’sS Theorie unrichtig. BIEDERMANN stellt eine neue auf°): ein Secretkorn entsteht als ein gelber, sehr kleiner Tropfen, wie ein Pünktchen in einer Wabe; er färbt sich dunkler und wächst. Viele verschmelzen dann miteinander nach Auflösung der Wabenwände zu traubigen Massen. Über das Verhältnis vom Traubenklumpen zur Vacuole spricht BIEDERMANN sich nicht näher aus. Mit geringen Abweichungen (erste Bildung in feinsten Körn- chen ohne Vacuole, unmittelbar im Plasma, nur in hellerem gemein- samen Hof) stimmen diese Ansichten mit meinen Funden bei Pleuro- branchaea überein. Wir müssen alle beschriebenen Körner, Ballen, Tropfen, Ku- geln usw. in einen genetischen Zusammenhang bringen. Sonst ist jede Diskussion zwecklos. So kann ich mich auch mit der Arbeit FRENZEL’s 6) nicht auseinandersetzen, weil jeder gemeinsame Boden 1) p. 941—948, Jena 1911. 2) Jena 1913, p. 306—310. 3) In: Arch. ges. Physiol., Vol. 75, 1899. 4) In: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 22, 1883, p. 473. 5) Handb. d. vergl. Physiologie, Vol. 2, 1, p. 947. 6) In: Nova Acta Leop.-Carol. Akad., Vol. 48, 1886, No. 2. Die Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 491 fehlt. Schon besser ist es bei Enkiques!): „Alle Leberzellen bei Pleurobranchaea sind secernierend, ohne auszuschließen, daß sie zu gleicher Zeit auch andere Arbeiten verrichten können ... und viel- leicht auch resorbieren“. Das ist mir unwahrscheinlich; seine Zellen ohne Einschlüsse (seine figg. 162 u. 164) sind wohl Resorptionszellen, wie ich im Kapitel Resorption durch Eisen- und Karminfütterung nachweisen werde; man kann dann sehen, wie die einen kornfreien Zellen die Stoffe aufnehmen, die anderen kornhaltigen nicht; nur Experimente können entscheiden, ob die Verhältnisse hier ebenso liegen wie bei Insecten oder nicht. — ENRIQUES sieht große Unter- schiede in der Form der Einschliisse. Stufenuntersuchungen wurden nicht gemacht, die Tiere wurden „getötet, nachdem sie aus dem Meere kamen“. — Er unterscheidet „2 Extreme“ von Zellen, die nach meiner Auffassung Secretions- und Resorptionszellen dar- stellen. — In den körnerführenden Zellen unterscheidet er hell- glänzende Körner und kleine Tropfen (merkwürdigerweise gibt er von letzteren keine Zeichnung); das wären wohl meine Stadien c und 2. — Als Bildungshypothese wird angeführt, „daß die Zellen ohne zerstreutes Pigment (wohl Resorptionszellen?) ein weniger vor- geriicktes Stadium seien als die diffuspigmentierten Zellen“. — Er beschreibt außerdem Cilienzellen, Zellen mit gelbem und rosa Pig- ment, ohne etwas über ihre Arbeit aussagen zu können; ich möchte vermuten, daß es sich vielfach um phagocytierte Körper handelt: so etwas kann nur die unmittelbare Beobachtung der periodischen Zellarbeit erschließen. Zu etwas klareren Ergebnissen kommt er bei Aplysia: Er untersuchte hier Hunger- und Freßtiere und schließt, daß die Secret- massen vom Protoplasma gebildet werden, daß sie entstehen aus feinsten Kügelchen, die sich dann zu einer einzigen Secretmasse vereinigen. Bei der Verdauung werden sie wieder von neuem auf- gelöst und zerfallen in einzelne Tropfen. Mit diesem Ergebnisse stimme ich gern überein. Ferner hat Lerpıe bei Paludina folgendes beschrieben ?): „Die zarten, farblosen Bläschen, die den Zellinhalt darstellen, färben sich gelb und verlieren mit zunehmender Intensität der Farbe ihr Bildung wird umgekehrt angenommen: zuerst ist die Flüssigkeit in der Zelle ölartig klar, dann wird sie trübe, oder ganz fein staubartig, es bildet sich ein Klumpen, meist dunkel. Ohne Beweis. 1) In: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 15, 1901, p. 365—373. 2) In: Z. wiss. Zool., Vol. 2, 1850, p. 168. 492 GoTTwALT Cur. Hirscu, bläschenartiges Aussehen, indem sie zu gelb gefärbten Körnchen zusammenschrumpfen. In solcher Farbe und Gestalt ballen sie sich innerhalb der Zelle zu einem rundlichen Klumpen zusammen, der später durch Schwinden der ursprünglichen Zellmembran frei wird und als solcher einen Teil des fertigen Sekretes darstellt.“ Hier ist also (wie bei KRENZEL) der Bildungsvorgang gerade umgekehrt angenommen, als BIEDERMANN und ich ihn beschreiben. Ich glaube, den Beweis für die Richtigkeit der BIevermaAnn’schen und die Falsch- heit der Auffassung von LrvYvıc und FRENZEL oben erbracht zu haben (wenn ich von Pleurobranchaea auf Paludina schließen darf). So finde ich in den meisten der bisherigen Untersuchungen Tat- sachen, die mit meinen Funden im wesentlichen übereinstimmen; ich halte es für sehr möglich, daß die Secretionsvorgänge bei allen Gastropoden gleich sind. So können weitere Forschungen hier einen festumrissenen Secretionsvorgang zeichnen und auf diese Weise den allgemeinen Zellarbeitsproblemen näher kommen. Dazu eignen sich Gastropoden besonders. II. Die Vorgänge außerhalb der Zelle. Es ist bisher angenommen worden, daß die bereits bei Helix, Aplysia, Pleurobranchaea usw. beobachteten Secretkörner (Stad. c) in der Zelle sich lösen und daß diese Lösung als fermentführender Saft in die Verdauungshöhle abgesondert wird; als Beweis dafür bringt BIEDERMANN !) die Beobachtung bei Helix, dab „die braunen Ein- schlüsse ... als solche niemals in das Sekret übergehen und daher weder im Magensaft, noch auch in den Exkrementen gefunden wurden“. Und dann hat Enkıquzs ?) folgende bedeutungsvolle und wichtige Tatsache bei Pleurobranchaea berichtet: „Beimikroskopischer Beobach- tung zeigt sich das Secret der Leber im allgemeinen wäßrig, ohne suspen- dierte feste Körper. Doch einige Male — und das ist auch sichtbar in Paraffinpräparaten — sind dort ungewisse pigmentierte Tropfen; sie sind gleich den Tropfen, die sich in den Leberzellen finden, von denen sie also offensichtlich abstammen, bestimmt sich aufzulösen.“ Später heißt es von den „pigmentlosen Zellen“ (nach meiner Ansicht 1) In: WiNTERSTEIN, Handb. d. vergl. Physiologie, Vol. 2, 1, p. 947. 2) In: Mitth. zool. Stat. Neapel, Vol. 15, 1901, p. 368. Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 493 zumeist Resorptionszellen, S. 491): „sie haben die Tropfen verloren, nicht durch Auflösen, sondern durch Ausstoßen in den Verdauungs- kanal; dort findet man sie einigemale“. Das ist alles, was ENRIQUES schreibt. Diese wichtigen und sonderbaren Bemerkungen sind weder von ENRIQUES in den langen französischen Auszug seiner Arbeit!) auf- genommen worden, noch hat er sie verfolgt oder betont. Ja, er scheint gar kein Gewicht auf sie zu legen, denn er erwähnt sie nur so als Nebensache. So sind sie auch nicht in die neuesten Zusammen- stellungen von JoRDAN und WINTERSTEIN-BIEDERMANN übergegangen, so daß ich sie selbst erst vor einigen Wochen fand. Diese wenigen und versteckten Beobachtungen sagen uns etwas grundsätzlich Neues über die Art der Secretion (was offenbar Enkı- QUES nicht beachtet hat): das Secret wird fest ausgestoßen! Wir werden gleich sehen, daß ExriQues zum Teil recht hat. Ohne Kenntnis seiner versteckten Angaben fand ich folgendes: Die Hauptuntersuchungen über die mikroskopische Zusammen- setzung des Verdauungssaftes habe ich an Pleurobranchaea gemacht. Auf verschiedenen Verdauungsstufen sehen wir im Saft recht ver- schiedenartige Körner, Kugeln, Blasen, Tropfen usw., die nur das eine gemeinsam haben, daß sie alle mehr oder weniger im durch- fallenden Lichte leuchten und eine gelblich-bräunliche Farbe be- sitzen. Wie im vorigen Abschnitt beim Ablauf innerhalb der Zelle be- schreibe ich auch hier zunächst nur den genetischen Zusammenhang dieser Gebilde außerhalb der Zelle, dann bringe ich den Beweis für ihn durch Beobachtungen eines periodischen Auftretens in Stufen- untersuchungen, dann gebe ich den Beweis ihrer Herkunft und Arbeit. A. Der genetische Zusammenhang. Wir unterscheiden beim Betrachten vieler Verdauungssäfte drei Arten von Gebilden. Mit Geduld kann man sehen, wie sie lang- sam ineinander übergehen. Im Gegensatz zu den Bildungsstadien a—c und den Lösungsstufen 1—3 nenne ich diese Stadien a—y (Fig. 01—S?). Stufe «. Im Kropfsaft schwimmen morulaartige Traubenhaufen von Kugeln herum (Fig. 01); sie sind zu 5—20 Stück zusammengelagert und 1) In: Arch. ital. Biol., Vol. 37, 1902, p. 19. 494 Gorrwazr Cur. Hirsch, sind meist durch eine ganz feine Membran umhüllt. Diese ist oft nicht genau zu sehen; nur an den Stellen, wo die Kugeln weniger dicht liegen, sieht man eine Linie das Ganze umhiillen. Der Trauben- haufen ist nicht vollkommen kugelförmig; es sind viele Kugeln im festen Agregatzustand aneinander gelagert, die den Haufen meist etwas länglich oder mit stumpfen Ecken erscheinen lassen. Die kleinen eingelagerten Kugeln sind das Wichtigste: ich bezeichne sie als das Stadium a. Sie sehen dunkelgelb aus, etwas bräunlich, zeigen auffallend dunkle Punktierung und Körnelung, Fig. O!. Fig. Q’. Fig. RB Fig. O!—-S!. Pleurobranchaea meckelii. Secret im Kropf- und Magensaft. Fig. O1. «-Stadium: Körner im Verbande. Fig. P!. 2-Stadium: Blasen im Ver- bande. Fig. @!. 8-Stadium: Blasen fast außer dem Verbande, die meisten sind zerfallen. Fig. R!. y-Stadium: freischwimmende Blase. Fig. S!. Zerfallene a-Stadien im Hungersaft. Nach frischen Präparaten. Sehr stark vergrößert. etwas unregelmäßige Oberfläche. Ihre Gestalt ist kugelähnlich, aber unregelmäßig. Sie machen den Eindruck, als bestünden sie aus zwei Substanzen, einer gelben, helleren und einer braungelben dunkleren, als bilde die erste die Grundlage und die zweite sei der ersten ein- und angelagert. Stufe @. Es ist nun interessant, auch Hüllen zu finden, in denen nicht nur die kleinen dunklen Kugeln (Stufe «) eingeschlossen sind, sondern auch größere, hellere Gebilde (Fig. P'. Wir können in einiger Zeit wahrnehmen, wie sich das Stadium @ verändert: diedunklen ee Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 495 Körner werden heller, die ganze Kugel rundet sich ab, wird von den Rändern aus heller gelb, allmählich dringt die Helligkeit bis in das Innere der Kugel vor. Sie vergrößert ihr Volumen beträchtlich, ihr Durchmesser wächst um das Doppelte bis mehr; ihre Farbe ‚wird immer heller gelb, bis zuletzt von einem Körnchen auf der Kugel nichts mehr zu sehen ist. Das Ganze ist nun eine leuch- tende Blase: das Stadium £. Es entsteht offenbar durch allmähliche Auflösung: es dringt Wasser in jene Kugel ein; die Kugel vergrößert ihr Volumen dabei und löst sich auf. Das läßt auf einen osmotischen Vorgang schließen; mir wird diese Vermutung wahrscheinlich, wenn ich die Ergebnisse an Kalkkugeln ansehe, die ich bald im Kapitel „Kalkreserven“ ver- öffentlichen werde; hierbei sah ich täuschend ähnliche Lösungsvor- gänge und konnte Osmose nachweisen. Handelt es sich aber um eine osmotische Lösung, dann müssen wir eine Membran um jede Kugel annehmen; eine solche habe ich aber nicht sehen können, auch nicht nach Färbung mit Hämatoxylin oder Karmin. Es scheint aber nach vielen Erfahrungen oft vorzukommen, daß apoplasmatische Gebilde von einer nicht different färbbaren Membran umgeben sind (S. 479). Auch BIEDERMANN hat einen osmotischen Vorgang wenigstens für die Vergrößerung der alles umgebenden Hülle innerhalb der Zelle angenommen; dies habe ich nicht experimentell geprüft. Sicher ist jedenfalls: die Kugeln lösen sich nicht einfach innerhalb der sie alle umschließenden Hülle, sondern sie behalten beim Heller- und Flüssigwerden ihre kuglige Eigengestalt bei; ihre Ränder werden nicht zackig wie andere Körper bei der Lösung, sondern sie runden sich im Gegenteil immer mehr und mehr ab, so daß nach einiger Zeit eine Menge helleuchtender Kugeln (Stadium 8) in der alten gemeinsamen Hülle liegt; dies alles läßt eigentlich nur die Erklärung einer osmotischen Auflösung innerhalb einer Membran zu. — Die gemeinsame Hülle dehnt sich mit, um nach einiger Zeit zu platzen. Stufe y. Wir sehen ferner, wie sich das $-Stadium weiter entwickelt. Sind 2—8 solcher Kugeln zu Blasen geworden, so sind eine ganze Reihe anderer Kugeln noch nicht soweit; sie sind noch immer auf dem «-Stadium. Durch das eindringende Wasser wird ein kleiner Teil innerhalb der gemeinsamen Hülle feinkörnig, als ob hier etwas gerinne (das beobachtete auch BIEDERMANN nach Zusatz von destilliertem Wasser innerhalb der Zelle). — Bald wird der Umriß der alles umgebenden Hülle unregelmäßiger; jetzt scheint die Hülle zu reißen, die Stufen § treten aus dem Verbande heraus, 496 Gorrwazr Cur. Hırsch, es bleiben nur noch Stadien a, feine Körner und Reste der Membran übrig. Jetzt haben wir also freischwimmende Blasen vor uns: das Stadium y (Fig. R'). Siehaben eine schönleuchtende, hellgelbe Farbe; je weiter sie in der Entwicklung vorschreiten, desto heller werden sie. Ihr Volumen wächst nun rasch, ich habe Blasen gesehen, die einen 4—6mal so großen Durchmesser hatten wie der Durch- messer der Körner auf Stufe a. Diese Blasen platzen dann und er- gießen ihren Inhalt in den Kropfsaft; das habe ich mehrere Male beobachten können. — Um es nochmals kurz zusammenzufassen: Stufe «. Dunkelbraungelbe, feste Kugeln, im Verbande. Stufe 6. Hellere Blasen mit flüssigem Inhalt, im Verbande. Stufe y. Noch hellere Blasen mit großem Durchmesser, frei- schwimmend. i B. Das periodische Auftreten. Dieser genetische Zusammenhang läßt sich aus Bildern eines einzigen Verdauungssaftes nicht gewinnen; vielmehr waren eine Reihe von Stufenuntersuchungen notwendig, um diesen Zusammen- hang all jener Gebilde herauszubekommen (Tabelle 8, S. 498). Beim Hungertier sehen wir besondere, eben nicht beschriebene Erscheinungen (Fig. St): es finden sich in den schleimigen Saftresten des Magens nur wenige Kugeln (Stufe a); die meisten von ihnen zeigen merkwürdige Veränderungen; sie sind größtenteils in feine Körnchen zerfallen, statt sich zu Blasen zu lösen. Ihre Oberfläche sieht wie geschrumpft aus, wie geborsten; einige Male konnte ich Kugeln im Verbande nicht mehr unterscheiden, alles war in Körner zerfallen; dazwischen ganz kleine helle Stellen. Man sieht alle Übergangsstufen zwischen dem normalen Stadium « und diesem Hungerstadium. — Vielleicht kann man diese Erscheinung auch durch Osmose erklären: Wasserentziehung? Welche Beziehung diese Schrumpfung zu dem Hungersaft hat, weiß ich noch nicht. 1/, Stunde nach der Nahrungsaufnahme ist im Magensaft Sta- dium « selten, Stadium £ recht häufig; es macht den Eindruck, als seien diese 6-Stufen aus a-Stufen des Hungersaftes entstanden, so- weit diese nicht zerfallen waren. Im Kropfsaft dagegen finden sich keine solchen Gebilde, da noch kein Saft in ihn gedrungen ist. 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme sah ich im Magen sehr viele Stufen a, (die wahrscheinlich eben secerniert wurden). Im TE ee re te. +065 Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 497 Kropf dagegen überwiegen jetzt die Stufen 6 und y (sie sind aus dem Magen herübergetreten). - 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: im Magen überwiegen die B-Stufen und die Übergänge vom «- zum /-Stadium (!) Im Kropfsaft dagegen scheinen die y-Stufen zu überwiegen, die sich lösen (gelöst als y+ bezeichnet). 3 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: im Magen weiter a- und B-Stufen, im Kropf vor allem £- und y-Stufen: es ist ersicht- lich, wie die 6-Stufen aus dem Magen in den Kropf gedrungen sind und sich als y-Stufen hier lösen. 6 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: im Magen #- und y-Stufen, im Kropf alle 3 Stufen, am meisten $ und y. 10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme: viel a-Stufen (!), fast ebensoviel y-Stadien; B-Stufen fehlen gänzlich. Im Kropf nur y-Stufen, die sich stark lösen (mit y+ bezeichnet). 1 Tag nach der Nahrungsaufnahme: überall gleichmäßig ß- und y-Stufen; vor allem y. 3 Tage nach der Nahrungsaufnahme (keine Nahrung mehr im Kropf): im Kropfsaft nur y-Stufen und viel Hungerstadien. Daraus ist zu schließen, daß die Secretballen, wenn keine Nahrung mehr im Kropf ist, nicht zu Blasen werden, sondern in jene feine Körn- chen zerfallen (Hungerstadium). Unter dem Mikroskop zerfielen die a-Stufen nach 2 Stunden zu den Hungerstadien. 1. Übertragen wir zur Übersicht diese Beobachtungen am Kropfsaft auf eine Kurve (Fig. T'), indem wir von oben nach unten die Stufen und von rechts nach links die Zeiten abtragen. Ich nehme nur die Funde am Kropfsaft, da sie am übersichtlichsten sind; dabei ist zu bedenken, dab sich a-Stufen im Kropf selten finden, da sie meist schon im Magen in £-Stufen übergeführt wurden; es last sich ferner beim Vorkommen von allen 3 Stufen schwer das Überwiegen eines besonderen Stadiums genau abschätzen; die Kurve diene zur ungefähren Versinnbildlichung. Wir erkennen aus ihr deutlich eine zweimalige Auflösung der a-Stadien: einmal zwischen „!, Stunde“ und „2 Stunden“, ein andermal zwischen ,,21/, und 10 Stunden“. Wir sehen ferner, wie die Zeitpunkte der völligen Auflösung der y-Stufen und ihr Zer- platzen bei „2 Stunden und 10 Stunden“ liegt. — Das weitere später. 2. Ferner füge ich zur Übersicht und zum besseren Vergleich 498 Gortwatt Cur. Hirscu, des Magen- und Kropfsaftes die Tabelle 8an: sie dient zur Er- ginzung der Tabelle 6 (S. 445). Hunger. sade Fig. T1 Pleurobranchaea meckelii. Kurve zur Darstellung der Perioden der Secretauflésung außerhalb der Zelle. yr bedeutet fertig aufgelöste Secretkugeln. Tabelle 8. Pleurobranchaea, Stufenuntersuchung des Verdauungs- saftes: Nahrungszustand und periodische Lösung der Secretkörner (@—y) außerhalb der Zelle. Zeit: | Hunger- | 1}. it 2 3 6 10 tier Stunde Stunde | Stunden | Stunden | Stunden | Stunden Nahrung | = nicht nicht etwas Jjangedautjabgedaut| stark angedaut | angedaut | angedaut abgedaut “ pee eee Stufen LE — — Puy iy tyke) Bu. yo ee yt E Sur ne PS te = Saftfarbe hellgelb | hellgelb | etwas |gelbbraun|gelbbraun| dunkel- | dunkel- dunkler gelb |braungelb Stufen im Magen | alte « u. |« selten a B au. 8 | Bay ieee Hunger- | @ häufig |1. Abson- 2. Abson- 3. Abson- stadien derung derung derung Wir können aus ihr deutlich erkennen, wie die Stufen im Magen fast stets denen des nächsten Zeitpunktes im Kropfsaft entsprechen, wie also die Gebilde vom Magen zum Kropf wandern; und Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 499 ferner, wie im Magen 3mal die «-Stufen erscheinen, nach 1, 3, 10 Stunden: 3 Absonderungen. — Das Weitere spiter. 3. Auch ist hieraus der Zusammenhang zwischen Saftfarbe und jenen Gebilden ersichtlich: die Farbe ist zuerst hellgelb und wird dunkler nach Auflösung der ersten y-Stufen, also ungefähr nach 2 Stunden; sie ist am dunkelsten bei 10 Stunden, wo die meisten y-Stufen sich gelöst haben. Also ist die Saftfarbe abhängige von den aufgelösten Saftgebilden: je mehr gelöst sind, desto dunkler ist die Farbe. C. Die Herkunft. Wir haben bisher nur vorsichtig von Saftgebilden gesprochen. Woher stammen sie und was arbeiten sie? Ihre Herkunft wird bewiesen durch verschiedene Beobachtungen: 1. Es stimmen die «-Stufen genau im Aussehen mit den c-Stufen des Bildungsvorganges in den Mitteldarmdrüsen überein, nur erscheinen sie besonders groß (vgl. Fig. B! S. 478 und Fig. O! S. 494). 2. Sie haben auch die gleiche chemische Reaktion: nach Zusatz von 10°/, Sodalösung erscheinen die Hüllen geringelt und geschrumpft. Es brechen kleine Protuberanzen hervor; das Ganze zerfließt nicht; dagegen 3°/, KOH: es zerfällt die gemeinsame Hülle der Ballen, die einzelnen Kugeln (Stufe «) liegen zerstreut umher; sie runden sich darauf deutlich, bekommen einen zweiten Kontur- ring, ihr Umfang und die Helligkeit der Farbe nimmt zu. Sie enden durch Platzen: also alles der gleiche Vorgang, wie man ihn während längerer Zeit ohne Reagentien beobachten kann. Das gibt einen Fingerzeig für das Wesen der Lösung in natura. — Ammonium causticum bewirkt, daß in heilen Hüllen die Kugeln in feinen Detritus und eine helle Flüssigkeit zerfließen; die Hüllen schrumpfen. Dieser Prozeß hat mit der Wirkung des Hungersaftes einige Ähnlichkeit (Körnerzerfall zum Hungerstadium; s. S. 496), stellt wohl hier aber den natürlichen Vorgang der Lösung nicht dar, wie BIEDERMANN u. Morirz für Helix meinten.!) — 3. Vergleichen wir den Arbeitsablauf innerhalb der Zelle (Fig. D'—K! S. 482) mit den Funden außerhalb der Zelle (Tabelle 8): Fig. Et zeigt uns, daß zwischen der Nahrungsaufnahme und '/, Stunde danach die c-Stufen verschwinden; wir finden in Tabelle 8 die ersten frischen «-Stadien zwischen */, und 1 Stunde im Magensaft —: 1) In: Arch. ges. Physiol., Vol. 75, 1899, p. 13. 500 Gorrwazr Cur. Hirsch, 1. Absonderung. — Es zeigt sich ferner, daß nach 3 Stunden (Fig. H?) ebenfalls aus der Mitteldarmdrüse die c-Stufen verschwunden sind; wir finden im Magensaft wieder die «-Stufen: 2. Absonderung. — Und weiter dasselbe bei 10 Stunden: 3. Absonderung. — Wir beobachten also in der Mitteldarmdrüse eine 3malige Lösung, die Hand in Hand geht mit einem 3maligen Auftreten von a-Stufen zu derselben Zeit. Das muß zusammenhängen. Also ist die Histologie der Secretion innig verbunden mit dem periodischen Auftreten der „Kugeln“ im Magen: die «-Stufen sind als a-, b-, c-Stufen in den Secretzellen der Mitteldarmdrüse gebildet und werden periodisch (binnen 10 Stunden 3mal) ausgestoßen; sobald wir in den Zellen Auflösung eines Teiles der c-Stadien erblicken, sehen wir im Magen den anderen ausgestoßenen Teil der c-Stufen als «-Stadien; dann ihre Lösung. Das ergeben die Stufenuntersuchungen mit klarem Beweis (dabei darf ich erwähnen, daß ich in Neapel die Beobachtungen des perio- dischen Auftretens der a—7-Stufen machte und erst später in Deutschland die histologische Tatsache der periodischen Secretion in den Zellen feststellte). Von den Großkernzellen können die «-Stufen nicht stammen, denn morulaähnliche Secretballen habe ich in ihnen nie gesehen. Bleiben also nur die Kleinkernzellen als Erzeuger übrig. Wir sind also gezwungen, uns vorzustellen, daß ein Teil jener Secretkörner (c-Stufe) in den Zellen periodisch gebildet und gelöst wird: Stufe 1-3; daß ein anderer Teil im festen Zustande ausgestoßen wird, um sich draußen zu lösen (Stufe a—y). Das ist bewiesen. D. Die Arbeit. Die Kugeln im Saft werden in der Mitteldarmdrüse gebildet und periodisch ausgestoßen. Welche Aufgaben haben sie draußen? Die Antwort ergibt sich aus folgenden Vergleichen: 1. Vergleichen wir innerhalb der Tabelle 8 (S. 498) den Nahrungs- zustand mit den Stufen im Kropf. Es zeigt sich: erst nachdem die y-Stufen gelöst sind (y+) beginnt nach 2 Stunden die erste Verdau- ung. Eine starke Zertrümmerung ist nach 10 Stunden beobachtet, zur selben Zeit ist wieder das y-Stadium gelöst (y+). Also ist die Verdauung da am stärksten, wo die meisten y-Stufen gelöst sind. Schon daraus erhellt, daß die Gebilde wohl mit der Verdauung in Zusammenhang stehen. . ar Ernihrungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 501 2. Ich bitte, die Kurve der Mitteldarmdrüse in Fig. X (S. 453) mit der Tabelle 8 „Stufen im Magen“ (S. 498) zu vergleichen. Die Kurve der Mitteldarmdrüse lehrt: sie secerniert von der Nahrungsaufnahme bis 1 Stunde danach; Tabelle 8: 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme findet man die eben frisch aufgetretenen «-Stufen —: 1. Absonderung. Kurve Fig. X: das Ferment bildet sich neu von 1—3 Stunden; Tabelle 8: nach 3 Stunden finden sich die 2. «-Stufen —: 2. Absonderung. | Fig. X: Die Mitteldarmdrüse hat ihre 2. Fermentbildung von 6—10 Stunden; Tabelle 8: nach 10 Stunden finden sich die 3. a-Stufen —: 3. Absonderung. — So hängt die Fermentkraft in der Mitteldarmdrüse, die wir bereits früher (S. 486) zu den Absonde- rungen in Verbindung setzten, innig mit dem Erscheinen der «-Stufen im Verdauungssaft zusammen. 3. Ich bitte Fig. T! (Stadien im Kropfsaft) mit der Kurve des Kropfsaftes (Fig. X S. 453) zu vergleichen. Fig. X: in der Zeit vom Hungertier bis 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme ist keine Ver- dauungskraft im Kropfsaft; Fig. T+: in dieser Zeit treten die ersten æ-Stadien im Kropf auf und entwickeln sich langsam bis y. Fig. X: in der Zeit von 1—3 Stunden schnellt die Verdauungs- kraft empor; Fig. T!: in dieser Zeit wirken jetzt die (von 1—2 Stunden) gelösten y-Stufen (y+); es kommt ein 2. Schub, der sich aber erst allmählich entwickelt und bei 3 Stunden eben zwischen ¢ und y steht. Fig. X: Die Kraft sinkt zwischen 3 und 6 Stunden, sie ist meist verbraucht; Fig. T!: die Stadien entwickeln sich in der Zeit zwischen 3—6 Stunden bis zum y-Stadium. Fig. X: Die Kraft schnellt empor in der Zeit von 6—10 Stunden; Fig. T!: die y-Stufen haben sich gelöst (y+) und wirken. Aus diesen 3 Vergleichen ergibt sich, daß die «-, 6-, y-Stufen Entwicklungsstadien von Fermentträgern sind: von ihrem Gelöstsein hängt die Fermentkraft ab. Wir haben also das Recht, sie als Fermentkugeln zu bezeichnen. Es handelt sich also um eine besondere, bisher nicht be- schriebene und bewiesene Art der Fermentsecretion: das Fer- ment wird im festen Zustand ausgeschieden und löst sich (vielleicht unter osmotischen Erscheinungen) in der Verdauungshöhle auf. Bisher ist nur die Erscheinung bekannt, daß das Ferment in bestimmten Ge- bilden in den Zellen abgelagert wird und sich hier löst; ich möchte diesen Ablauf als die intracelluläre Lösung des Secrets bezeichnen. Demgegenüber nenne ich die eben beschriebene Ausstoßung und Außenlösung die extracelluläre Lösung des Secrets. Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 33 502 GOTTWALT Cur. Hirscx, Es ist mir wahrscheinlich, daß Pleurobranchaea sowohl intra- cellulär als auch extracellulär die Fermente löst. Die auf S. 479 mitgeteilte Lösung ist zweifellos intracellulär: das zeigt die sieb- artige Durchlöcherung des Plasmas mit den großen Restvacuolen, mit deutlicher Wand und hellgelb glänzendem Inhalt, der also dem y-Stadium entsprechen würde. Die c-Stufen werden also entweder intra- cellular gelöst (Stufe 1—3) oder als «-Stufen ausgestoßen. Somit wäre der „Stammbaum“ des Secrets in unserer Bezeichnung folgender: 3 y 3 Ze SS y extra- 17 intra- celluläre ie celluläre Lösung | Lösung b Bildung | a Zwischen der intra- und extracellulären Lösung lassen sich viele Parallelen ziehen; ja, man kann sagen, dab sie im wesent- lichen gleich verlaufen. Weitere Studien werden die osmotischen Verhältnisse hier aufklären; dazu eignet sich die extracelluläre Lö- sung besonders. Wir werden auf diese Weise vielleicht dem Problem der Kräftewirkung bei den Secretionsvorgängen und damit dem Zell- leben etwas näher kommen. E. Andere Gastropoden. Es sei noch kurz erwähnt, daß ich auch bei anderen Gastro- poden Fermentballen während der extracellulären Lösung im Magen fand. So sah ich bei Natica auch auf Paraffinschnitten in den Mitteldarmdrüsengängen Secretkugeln, die dieselben Reaktionen gaben und dasselbe typische Morulaaussehen hatten wie bei Pleuro- branchaea. Ebenso im Magensaft des frischen Tieres; leider können Stufenuntersuchungen nicht gemacht werden. Die a-Stufen er- scheinen etwas feiner gekörnt und heller, wohl auch unregelmäßiger als bei Pleurobranchaea. Die y-Stufen haben etwas oval-eirunde Form. Der Saft ist gelblich-braun. Durch Reaktion mit Alkalien und Säuren (S. 485) können die Secretkugeln gut von den oft auf- tretenden Kalkkugeln unterschieden werden. Mit Osmiumsäure färben sich die Fermentkugeln nicht.) 1) Gegen NUSSBAUM (in: Arch. mikroskop. Anat., Vol. 13, 1877, p. 721), der meint, man könne Ferment mit Osmium schwärzen. one a EEE Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 503 Auch bei Pterotrachea habe ich Fermentkugeln an der che- mischen Reaktion und am Aussehen erkannt; die umgebende Hülle war hier auffallend groß; hierbei konnte ich deutlich sehen, wie die Kugel («-Stufe) sich in ihrer eigenen Membran löste: der dunkle feste Kern wurde immer kleiner und schwamm als feinster Punkt in der hellen Blase, die ihr Volumen im Vergleich gegen zu dem der ursprüng- lichen Kugel bedeutend vergrößert hatte; zuletzt verschwand er. Genauere Paralleluntersuchungen zu Pleurobranchaea konnte ich bei Murex machen. Zunächst stellte ich durch die Reaktionen und das Aussehen der Gebilde im Saft fest, daß diese Gebilde mit den Fermentkugeln von Pleurobranchaea identisch sind und sich von den massenweise im Darm vorkommenden Kalkkugeln lebhaft unter- scheiden. Die a—y-Stufen haben dasselbe Aussehen wie bei Plewro- branchaea, sind aber kleiner; auch wollte es mir hier mehrere Male scheinen, als ob sich die «-Stufen (Kugeln) in der gemeinsamen Hülle lösen; als sei diese besonders widerstandsfähig. Ich habe in Tabelle 4 (S. 429) eine vergleichende Übersicht über die makroskopischen Stufenbefunde im Magen usw. gegeben. Ich muß sie jetzt mikroskopisch ergänzen durch die beobachteten Funde von Fermentkugeln; ich habe hier nur die Menge annähernd in vielen Bildern geschätzt und auf diese Weise ein Schwanken der Secretion feststellen können. Tabelle 9. Murex, Befunde im Magen. Zeit | Hunger Un 2 3 6 10 24 Stunde | Stunden | Stunden | Stunden | Stunden | Stunden Ferment- — zahlreich [wenig, dal zahlreich | zahlreich |wenig, da — kugeln gelöst gelöst Farbe hell gelblich | dunkler | dunkel- [selbbraun| dunkel- |gelbbraun gelb braungelb Zunächst ist aus dieser Tabelle 9 ersichtlich, daß (wie bei Pleuro- branchaea) die Flüssigkeitsfarbe zusammenhängt mit der An- zahl der gelösten Fermentkugeln: die Farbe ist um so dunkler, je mehr Fermentkugeln gelöst sind. Ich bitte ferner, Fig. F (S. 422) (Fermentkurve des Magen- saftes: ----) mit dieser Tabelle 9 zu vergleichen: 33* 504 Gorrwazr Cur. Hirscu, Ernährungsbiologie fleischfressender Gastropoden. 1. Verdaut wird immer. Aber die Verdauung ist am stärksten nach 2 Stunden; Tabelle 9 gibt an, dab zu dieser Zeit die ersten Mengen der Secretkugeln gelöst wurden. Wieder erreicht bei 10 Stunden die Verdauungskraft ihren Höhepunkt; wieder ist die 2. Menge der Secretkugeln gelöst. 2. Die Verdauung ist dagegen verlangsamt, wenn die Ferment- kugeln sehr zahlreich sind: bei 6 Stunden. 3. Die Secretion erfolgt in 2Schüben: der erste dauert von der Nahrungsaufnahme an bis 2 Stunden danach — der zweite dauert von 6—10 Stunden nach der Nahrungsaufnahme. So decken sich auch hier das Bild des Schwankens der chemischen Verdauungskraft und das morphologische Bild des Secretionsvorganges. Damit ist auch für Murex dasselbe wie für Pleurobranchaea wahrschein- lich gemacht: die Verdauungskraft schwankt und ist ab- hängig von der Anzahl der gelösten Fermentkugeln. Dies alles dient zum weiteren Beweis unserer Vorstellung: die Secretzellen der untersuchten Gastropoden arbeiten nach der Nahrungsaufnahme wie intermittierende Quellen. Diese periodische Secretion ist die Ursache der schwankenden Verdauungskraft. Schluß. Auf eine systematische Zusammenfassung aller Ergebnisse und ein Literaturverzeichnis hier am Schluß möchte ich verzichten: die wichtigen Resultate sind am Schluß der einzelnen Abschnitte übersichtlich zusammengetragen und in der Darstellung durch Sperr- druck gekennzeichnet; die früheren Arbeiten sind als Fußnoten wiederholt angegeben. Ich habe mich bemüht, eine Kette zusammenhängender Tat- sachen darzustellen: wie die Umwelt und das Verhalten die Nah- rung bedingt, wie die Art der Nahrungsaufnahme mit je einem be- stimmten physiologischen Darm- und Verdauungstypus in Verbindung steht, wie dann die Nahrung in dem Darme wandert, wie sie ver- schieden verarbeitet wird, wie die Secretzellen periodisch tätig sind und damit die Verdauungsperioden verursachen. So war ich bestrebt, die ersten natürlichen Zusammenhänge des Verdauungs- ablaufes darzustellen und zugleich Beiträge zur Lösung all- gemeiner physiologischer Fragen zu bieten. Alles dies sind nur Erscheinungen; über die sie bewirkenden Regulationskräfte wissen wir bei Gastropoden noch nichts. Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht vorbehalten. Die Schwimmblasen von Corethra. Biologische und morphologische Studien über Funktion und Beiträge zur Physiologie des geschlossenen Tracheensystems. Von Gerhard v. Frankenberg. Mit 16 Abbildungen im Text. Inhalt. Einleitung : I. Die Piobiewe ‘ : II. Die ausgewachsene Larve . a) Allgemeines b) Morphologie des enehzenspeoms c) Chemisch-physikalische Eigenschaften dla lesen : d) Verhalten der Nenchashlanen bei Druckänderung . e) Verhalten der Larven bei Luftmangel . f) Gasblasenbildung bei Unterdruck BER: g) Widerstandskraft gegen Gifte, Hunger u. a. . III. Die Füllung und das Wachstum der Blasen . a) Entwicklung bis zum Verlassen des Eies . b) Erste Füllung der Blasen . c) Anzahl der Häutungen . d) Wachstum der Bee e) Neufüllung künstlich less inser Wey Die Bupper iy a) Morphologisches b) Experimente mit Pape ihre 506 GERHARD V. FRANKENBERG, Seite V. Uochionya 7277: eae VI. Versuch einer Theorie de anes bei Besen nn Tracheore BYBLOH spo: aie an ven OSA en O0 à à : 2. VI. Ergebnisse. 0). we Deo. er Literaturverzeichnis .. 6). \ 202 ee ON OR un. ri Abkürzungen im Text. Tb. Tracheenblase lv. linke Vorderblase Vb. Vorderblase rh. rechte Hinterblase fib. Hinterblase lh. linke Hinterblase rv. rechte Vorderblase Einleitung. Die Larve der Büschelmücke (Corethra, neuerdings Sayomyia) gehört zu den eigenartigsten Vertretern der Insectenwelt im deutschen Süßwasser. Ihre wundervolle Durchsichtigkeit, ihr massenhaftes Auf- treten und eine offenbar nicht genug bekannte Widerstandskraft gegen Hunger, Luftmangel und Gifte machen sie zu einem „klassi- schen Objekt“ für biologische Untersuchungen. Woran es liegt, dab man ihr so wenig Beachtung geschenkt hat, kann ich nicht sagen. Ich erinnere kurz an Bau und Lebensweise des Tieres. Offenbar von mehr Culex-artigen Vorfahren abstammend, hat die Corethra-Larve in dem Maße, wie sie sich an eine hauptsächlich aus Daphnien und Cyclops bestehende Nahrung gewöhnte, auffallende Veränderungen in Form und Funktion ihrer meisten Organe erfahren. Der Kopf ist nach vorn zu einem schmalen Stirnfortsatz verlängert, welcher die beiden kräftigen, zu Greifhaken umgewandelten Fühler trägt. Das Atemrohr, das dem 11. Segment dorsal aufsitzt, ist zu einer kurzen Schuppe zurückgebildet, denn das Tier hat sich von der Luftatmung unabhängig gemacht. Im Zusammenhang damit steht die weit- gehende Rückbildung der bei Culex so mächtigen Tracheen, von denen fast nichts geblieben ist als 2 Paar lufterfüllte Säcke, eins in der Brust und eins im 10. Segment. Mit Hilfe dieser Luftsäcke schwebt das Tier wagerecht und regungslos im Wasser. Sein spezifisches Gewicht ist gleich dem der Umgebung, und es ist daher in der Lage, mit Muskelbewegungen ungemein sparsam umzugehen, wodurch sicherlich erst die unge- wöhnlich starke Verminderung des Tracheensystems ermöglicht wurde. Die Schwimmblasen yon Corethra. 507 Während die übrigen pelagischen Tiere rhythmische Aufwärts- bewegungen machen müssen (Daphnia) oder sich bestenfalls durch fall- schirmartige Einrichtunge n gegen zu schnelles Sinken schützen können (Leptodora), kommt hier also ein ganz anderes Prinzip zur An- wendung. Dieses Insect, das es nach WESENBERE’s Untersuchungen fertig bringt, 30—40 m tief unter dem Wasserspiegel dänischer Seen sein Leben zu führen, hat sich Teile des charakteristischsten Insecten- organs, der Tracheen, bewahrt und schwebt mit ihrer Hilfe mühelos über der Tiefe. Wie alle pelagischen Tiere, ist auch die Corethra-Larve unge- mein durchsichtig geworden, und besonders die jüngeren Tiere würde man kaum entdecken, wenn nicht ihre Luftsäcke bei seit- licher Beleuchtung silbern aufglänzten. In der erwähnten wagerechten Stellung im Wasser liegend, lauert die Corethra auf Beute. Außer Herz und Darm bewegt sich keins ihrer Organe. Kommt aber ein Futtertier in die Nähe ihrer offenbar sehr kurzsichtigen Augen, so hackt sie sofort mit einem seitlichen Schlag ihres muskulosen Körpers nach ihm. Die übliche Darstellung, wonach sie „wie ein Hecht auf ihre Beute stößt“, ist unrichtig. Die Nahrung gelangt in den Vorderdarm (Pharynx) und wird hier, soweit möglich, durch das Secret der Speicheldrüsen ver- flüssigt. Nur dieser flüssige Nährsaft wird in den Darm aufge- nommen, während die unverdaulichen Chitinteile des Beutetieres, ähnlich dem Gewölle der Raubvögel, wieder ausgestoßen werden, und zwar geschieht dies, indem der Pharynx durch den Druek der Körpermuskulatur ausgestülpt wird. Gliedmaßen fehlen, außer am Kopf, völlig. Zur Fortbewegung dient ein vertikales Ruder, das ventral am 12. (letzten) Segment sitzt und aus rund 20 starken, langen Fiederborsten besteht, die mit je zwei kurzen Schenkeln in der Haut verankert sind. Außerdem trägt das letzte Segment 4 Analanhänge, über deren Zweck, soviel ich weiß, nichts bekannt ist. Auch die Puppe schwebt frei im Wasser, indes nicht wage- recht, sondern wie alle Culicidenpuppen senkrecht. Sie ist ebenfalls ungemein durchsichtig. Auf ihre komplizierten Schwebeinrichtungen und ihre Atmung gehe ich später noch ein. Corethra überwintert nicht, wie viele andere Mücken, als Imago, sondern als Larve, was bei den weitgehenden Anpassungen an das Wasserleben nicht wundernehmen kann. Die Geschlechtsdrüsen 508 GERHARD V. FRANKENBERG, bilden sich schon auffallend früh in der Larve aus, in der Puppe erreichen die Eier bereits fast ihre volle Größe, und das Leben der Imago ist demgemäß äußerst kurz. Die Larven, welche den Winter unter dem Eise zubrachten, verpuppen sich in unseren Breiten etwa im März und April. Anfang Mai fand ich eierlegende Imagines, und die von ihnen abstammende Generation verließ gegen Ende Juni die Puppenhülle und laichte dann alsbald. Ob auch die Anfang Juli auskriechenden Larven sich noch im selben Jahre verpuppen, kann ich nicht angeben. Mein Material stammte aus einem Tümpel in der Nähe des Fregeteichs (Leipzig), und die Imagines gehörten, soweit sie be- stimmt wurden, der Species plumicornis an. Es war schon lange mein Wunsch, zur Lösung der Fragen, von denen ich im nächsten Abschnitt sprechen werde, beizutragen, und ich war daher meinem verehrten Lehrer, dem Herrn Geheimrat Prof. Dr. Caus, sehr dankbar, daß er mich darin bestärkte, diese Untersuchungen aufzunehmen, die ich von Oktober 1913 bis Juli 1914 im Leipziger Zoologischen Institut ausführte. Nach seinem mir sehr schmerzlichen Tode war es besonders Herr Privatdozent Dr. STECHE, der mir bei den mannigfach auftauchenden Schwierigkeiten theo- retischer und praktischer Natur mit Rat und Tat zur Seite stand. Ihm sowie Herrn Prof. Dr. WoLTEREcK und Herrn Privatdozent Dr. HEMPELMANN, die mich mehrmals mit Literatur versorgten, möchte ich auch öffentlich dafür herzlich danken. Auch meinem Freunde Günraer Bock bin ich für tatkräftige Unterstützung zu Dank verpflichtet. I. Die Probleme. Der Bau und die Lebensweise der Corethra, wie ich sie in der Einleitung kurz schilderte, geben mancherlei Rätsel auf. Die wunderbarste Eigenschaft des Tieres schien mir zu sein, dab sein spezifisches Gewicht sich immer gleich bleibt, trotz Wachstum, Hautungen, Nahrungsaufnahme und -abgabe. Die Nahrung der Larven, mit Ausnahme der ganz jungen, besteht hauptsächlich aus Daphnien und Cyclops, welche bekanntlich schwerer als Wasser sind. Infolgedessen werden die Corethren, wenn sie gefressen haben, merk- lich schwerer und sinken in schräger Lage, mit dem Vorderende nach unten. Nach kurzer Zeit indessen, während der sie sich be- mühen, durch Körperbewegungen in der alten Höhe zu bleiben, ist die Gewichtzunahme wieder ausgeglichen, und die Larven schweben Die Schwimmblasen von Corethra. 509 wie zuvor. Ich nahm mir vor, zu ermitteln, auf welchem Wege diese Regulierung vor sich geht. Noch merkwiirdiger fast schien mir die Fahigkeit der Tiere, sich bei verändertem Luftdruck wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Läßt man nämlich auf das Gefäß, in dem die Larven sich befinden, einen stärkeren Druck als eine Atmosphäre wirken, so wird die Luft in den Tracheenblasen zusammengepreßt, die Blasen verkleinern sich meßbar, und die Tiere sinken. Umgekehrt dehnen sich die Blasen, und die Tiere werden zu leicht, wenn man den Druck ver- ringert. Die Corethra-Larve zeigt also hierin völlig dasselbe Ver- halten wie ein Cartesianischer Taucher. Das Auffallende ist nun, daß die Tiere nach einiger Zeit sowohl bei Über- wie bei Unter- druck ihr normales spezifisches Gewicht wieder erlangen und trotz des veränderten Druckes schweben, also in diesem Punkte durchaus wie Fische zu reagieren scheinen. Kroeu hat diese Verhältnisse untersucht und ist zu dem Schlusse gekommen, daß es sich nicht wie bei den Fischen um Gassecretion handle, sondern daß die Tracheenblasen den „ballast tanks of a submarine boat“ vergleichbar seien: „If the animal becomes too heavy, water is pumped out of them and if it becomes too light, it is pumped in, until equilibrium with the water is restored.“ Als mir die Krocn’sche Arbeit zu Händen kam, hatte ich be- reits eine große Anzahl von Versuchen mit Druckänderung vorge- nommen und wußte, daß die Tb. der Tiere sich in Unterdruck, nachdem die Dehnung einige Stunden gedauert hat, wieder ver- kleinern. Deshalb und weil sich normalerweise, was übrigens auch KrocH zugibt, nie Wasser in den Tb. findet, hielt ich die von dem trefflichen dänischen Forscher gegebene Erklärung dieser Regulation nicht für befriedigend und hoffe, daß es mir gelungen ist, eine bessere zu finden. Ferner stellte ich mir die Frage, auf welche Weise die erste Füllung der Tb. erfolge, die im Ei bekanntlich noch mit Flüssigkeit gefüllt sind. Merrnert, der Einzige, der meines Wissens die jungen Larven genauer beobachtete, hat die Füllung der Luftsäcke nie zu sehen bekommen und gibt nur an, sie müsse ziemlich schnell er- folgen, denn sie sei vor sich gegangen, während ihm das Tier auf einen Augenblick aus dem Gesichtsfelde gekommen sei (p. 415). Auch wünschte ich zu wissen, in welcher Weise die Luft in den Tb. sich vermehrt und wie überhaupt die Wand der Tb. zu wachsen imstande ist. Zugleich hielt ich es für nötig, zu unter- 510 GERHARD V. FRANKENBERG, suchen, wie es komme, daß das Blut die Luft in den Blasen nicht aufzehrt. Noch unentschieden war auch die Frage, woher die Luft stammt, mit deren Hilfe die Puppe von Corethra sich schwebend hält. Es lagen hierüber die widersprechendsten Angaben vor. Nach Weıs- MANN erfolgt die Füllung des Tracheensystems der Puppe direkt aus der Luft, und zwar läßt er sie durch die beiden Stigmenkiemen (Nackenrohre) geschehen, von denen bei Besprechung der Puppe noch die Rede sein wird. MEINERT dagegen, um nur diesen einen Namen zu nennen, ist der Ansicht, daß zur Füllung der Luft- behälter der Puppe nur die in den Tb. der Larve enthaltene Luft diene. Beide Hypothesen schienen mir zu früher gemachten Beob- achtungen nicht zu passen, denn erstens erfolgt die Verpuppung und Füllung sämtlicher Luftbehälter unter Wasser und bei Abschluß von der Oberfläche, und zweitens ist die in den Tb. enthaltene Luft- menge zu gering, um das gesamte Tracheensystem der Puppe zu füllen. Endlich interessierten mich allgemein die Atmungsvorgänge bei den Insecten mit geschlossenem Tracheensystem. Ich sagte mir, daß die bisherige Erklärung, wonach in den Tracheen ein Austausch von O, gegen CO, stattfinden soll, nicht genügen würde, da es sich bei den Tracheen dieser Tiere fast durchweg um ungemein enge Röhren handelt, in denen man sich allenfalls einen Strom in einer Richtung, z. B. von außen nach innen, nicht aber eine hinreichend rasche Diffusion zweier Gase denken kann. Meine Untersuchungen über die Atmung der Wasserinsecten können freilich kaum beanspruchen, mehr als eine Anregung zu sein, denn sie erstrecken sich hauptsächlich auf die Larve und Puppe von Corethra, und ich habe nur wenige andere Larven zu Experimenten herangezogen. Es zeigte sich dabei übrigens, daß die Frage nach der Art der Atmung bei Corethra aufs engste mit einigen der anderen oben skizzierten Probleme zusammenhängt. II. Die ausgewachsene Larve. a) Allgemeines. Aus Gründen der Übersichtlichkeit beginne ich nicht mit der Schilderung des Verhaltens frisch aus dem Ei geschlüpfter Tiere, — Die Schwimmblasen von Corethra. 511 16:1 Zugleich Übersicht des Tracheensystems. ot, Habitusbild. Fig. A. Corethra-Larve in der letzten Haut. SS _ 7A IN 4 Fig. B. Corethra, letzte Haut, Vorderende von oben. Zeichenokular. 28,2: 1. Fig. C. Hinterende einer Larve in der letzten Haut (von rechts). Zeichenokular. 26:1. A Analanhänge. S Schwanzborsten. 512 GERHARD V. FRANKENBERG sondern mit der Beschreibung der ausgewachsenen Larven (Fig. A). Das entspricht auch besser dem tatsächlichen Gang meiner Unter- suchungen, denn ich habe mich von Oktober 1913 bis April 1914 fast ausschließlich mit Tieren beschäftigt, die sich in der letzten Larvenhaut befanden. Auf diesem Stadium überwintern sie. Ich stellte im Keller des Instituts einige große Aquarien auf, in denen sich die Larven bei ca. 10° vorzüglich hielten, ohne sich zu verpuppen, und so war ich den ganzen Winter hindurch mit Material sehr reichlich versorgt. Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier eine ausführliche Mor- phologie der Larve zu liefern. Ich verweise auf die immer noch unübertroffene Arbeit Weısmann’s und beschränke mich im wesent- lichen darauf, kurz diejenigen Organe zu beschreiben, welche ich im Folgenden noch des öfteren erwähnen muß. Corethra ist im Vergleich zu Culex sehr schlank. Besonders ist der Kopf auffallend schmal (Fig. B) und, wie erwähnt, in einen Stirn- fortsatz mit starken Raubfühlern ausgezogen. Unmittelbar hinter den Fühlern trägt die verlängerte Stirn ventral ein unpaares Bündel „schilfblattähnlicher Borsten“ (Wrısmann) und 2 gezähnelte Plätt- chen, die offenbar als verbreiterte Borsten aufzufassen sind. Über den Zweck dieser Anhänge, die übrigens den jungen Larven fehlen (Näheres Abschnitt IIIc), habe ich nichts ermitteln können. Weiter hinten folgt die muskulöse Oberlippe, die beim Freß- akt sehr stark beteiligt ist, und die kräftigen, dornentragenden Mandibeln. Die beiden Maxillenpaare erscheinen als kleine, spitze Dornen. Die Nebenaugen liegen getrennt von den großen zusammen- gesetzten Augen, die viel stärker und besser entwickelt sind, als es sonst bei Larven der Fall zu sein pflegt. Der Darmkanal sondert sich scharf in Vorderdarm, Mitteldarm und Enddarm. Das hintere Drittel des Vorderdarmes trägt innen viele nach vorn gerichtete gelbe Chitinzähnchen, und da, wo er in die ungemein enge Speiseröhre übergeht, sperrt eine Art von Reuse größeren Nahrungsteilchen den Weg. Sie mengt außerdem die Nah- rung im Vordarm durcheinander, indem sie von Zeit zu Zeit plötz- lich wie ein Blasebalg zusammenklappt. Am Eingang in den Mittel- darm fand ich einen wohlausgebildeten Proventrikel mit 4 langen bedornten Fortsätzen, die sich in den Darm hinein erstrecken und zwischen denen die Nahrung hindurch muß. Ich vermute, daß dieser Einrichtung eine Ventilwirkung zukommt. Die Schwimmblasen von Corethra. 513 Wie die Nahrung verarbeitet wird, habe ich schon in der Ein- leitung erwähnt. Daß Corethra unter Umständen auch pflanzliche Nahrung zu sich nimmt, halte ich nicht für so unwahrscheinlich wie MEINERT. Wenigstens sah ich nicht selten den Darm mit grünem Inhalt erfüllt, und einmal fand ich eine Larve, deren Vordarm mit grünen Fadenalgen vollgestopft war, die ihr aus dem Munde heraus- hingen. Doch da das Tier außerdem einen kleinen Cyclops gefressen hatte und nach kurzer Zeit den gesamten Inhalt des Vordarms un- verdaut ausspie, so könnte es sein, daß ihm die Algen aus Versehen in den Schlund geraten waren. Kannibalismus ist bei Corethra häufig, doch möchte ich glauben, daß sie meist nur die kranken Artgenossen frißt. Auffallend ist jedenfalls, wie gut sich sowohl im Freien als in Aquarien ganz junge Larven zwischen den alten halten können, ohne gefressen zu werden. In Fig. C bilde ich das Hinterende ab, um zu zeigen, wie das Steuerruder und die „Schwanzborsten“ bei der ausgewachsenen Larve aussehen, und ferner des paarigen Hakens wegen, der, soviel ich weiß, noch nicht beschrieben ist. Er ist dadurch merkwürdig, dab er den jüngsten Larven fehlt und daß er mit Hilfe der in der Figur angegebenen Muskeln fast völlig zurückgezogen werden kann und auch normalerweise stets zurückgezogen getragen wird. Leiser Druck auf den Körper des Tieres bringt ihn zur Ausstülpung. Ich erwähne das, weil es ein Mittel ist, zu erkennen, ob in der Leibes- höhle erhöhter Druck herrscht. Über den Haken befindet sich ein ganzes System feiner Kämme von kompliziertem Bau, die in 10 Reihen übereinander angeordnet sind. Zweifellos liegt hier ein Analogon zu den Hakenkranzfüßen der Chironomus-Larve vor, wozu aber das Tier diese Einrichtung und die Haken besitzt, habe ich nicht untersucht. Die Geschlechter differieren etwas in der Größe. Von 30 am 18. Mai 1914 untersuchten Larven, die im Keller überwintert hatten und kurz vor der Verpuppung standen, waren 16 © und 14 8. Ihre Durchschnittslange (ohne Analanhänge) betrug: GS 10,2 mm, © 11,5 mm. b) Morphologie des l'racheensystems. Von dem Einfluß der ungewöhnlich stillen Lebensweise von Corethra auf die Ausbildung ihrer Atmungsorgane habe ich schon 514 GERHARD V. FRANKENBERG, gesprochen. Das Trancheensystem ist geschlossen, denn funktions- fähige Stigmen fehlen der Larve völlig. | Der ganze Körper wird von zwei ungemein feinen Tracheenlängs- stämmen durchzogen, die für gewöhnlich nicht mit Luft gefüllt sind und daher von vielen Autoren übersehen oder als solide Stränge beschrieben wurden. Sie werden bedeutend dicker, und ihr Lumen wird vollkommen deutlich, wenn der Augenblick der Verpuppung heranrückt. Daß aber die Längsstämme tatsächlich schon am Tage des Ausschlüpfens vorhanden und sogar funktionsfähig sind, werde ich in Abschnitt IIIb noch zu zeigen haben. In diese Längsstämme sind die Tb. (Tracheenblasen) eingeschaltet, eine Tatsache, die von Weismann übersehen, indes von MEINERT, PALMEN und anderen richtig erkannt wurde. Auch diese Verhält- nisse werden kurz vor der Verpuppung viel deutlicher. Die Tb. sind wurstähnliche pralle Schläuche, die vollkommen mit Luft erfüllt sind. Sie liegen ungefähr parallel der Längsachse des Körpers und sind in stets gleicher Weise nach unten eingerollt. Während nämlich die nach innen zu gerichteten Enden, also die Hinter- enden der Vb. und die Vorderenden der Hb., ziemlich wenig ge- krümmt sind, zeigen die äußeren Enden aller Blasen eine kräftige Einrollung (Fig. A). Die Entdeckung dieser Gesetzmäßigkeit gab mir ein bequemes Mittel, bei verlagerten oder durch Präparation isolierten Tb. die beiden Enden auf den ersten Blick zu unter- scheiden. Der einfachste Weg, die Größe der Tb. ungefähr anzugeben, ist die Messung ihrer Längsachse in Dorsalansicht. Diese wächst zwar nicht genau in demselben Verhältnis wie der Inhalt, indes dürfte die Annäherung recht gut sein, da die Dicke der Tb. keinen großen Schwankungen unterworfen ist. Je mehr freilich der Tag der Verpuppung heranriickt, um so ungenauer wird die Messung, denn die Blasen rollen sich ein, und der durch die Messung ge- wonnene Wert für die Längsachse fällt natürlich zu klein aus. Diese Fehlerquelle ist nicht zu vermeiden, kann aber die Resultate natürlich nur quantitativ, nicht qualitativ beeinflussen. Die vorderen Tb. sind beträchtlich größer als die hinteren, was sich daraus erklärt, daß sie den breiten Thorax und den schweren Kopf zu tragen haben. Ebenso haben die $ wegen ihrer geringeren Größe kleinere Tb. als die 2. Außer der Größe dürfte hier auch das bedeuten- dere Gewicht der weiblichen Gonaden eine Rolle spielen. Die fol- Die Schwimmblasen von Corethra. 515 senden Angaben sind das Mittel aus den Messungen an je 10 Tieren beider Geschlechter: 3 ro Vorderblasen 633 u 869 u Hinterblasen 501 671 Die Messungen wurden am 16. Juni 1914 an Tieren der 1. Sommer- generation (Anfang Mai geschlüpft) vorgenommen, die sich alle auf einem gewissen Stadium kurz vor der Verpuppung befanden. Die Durchschnittszahlen für die Körperlänge ergaben: & 9,88 mm, © 11,46 mm. Folgende Higentiimlichkeit der Tb. finde ich zwar von einigen Autoren kurz gestreift, aber in ihrer Regelmäßigkeit nie erkannt. Am Hinterende der Vb. und am Vorderende der Hb., also nach innen zu, besitzen die Tracheencapillaren, welche von den Blasen ausgehen und als die Längsstämme anzusehen sind, je eine zwiebelförmige Anschwellung, die beim lebenden Tier stets lufterfüllt und nach oben umge- klappt ist (Fig. D). Zugleich ist die Tracheenmatrix hier verdickt. Ich nenne diese Anschwellungen Bulbi. Außer den 4 hier erwähnten, deren Lumen unmittelbar in das der Tb. über- geht, gibt es noch einen Bulbus jeder- seits, der in regelmäßigem Abstand in eine vom Vorderende der Vb. aus- gehende luftgefüllte Capillare einge- Fig. D. Bulbus am Vorderende schaltet ist, Die Spitze des Bulbus een Eu ist, wie in den anderen Fällen so auch hier, von der Blase, zu der er gehört, abgekehrt. Ich hielt die Bulbi zuerst für eine Art Ventile, aber da sich nie Belege für ihre Ventilfunktion finden ließen, so lasse ich diese Deutung fallen. Immerhin scheint es, daß sie mit dem Abschluß der Tb. etwas zu tun haben, denn die Capillaren, in die ihre Spitze sich fortsetzt, sind regelmäßig luftleer, mit Ausnahme der Capillaren am Vorderende der Vb., die sowohl vor als hinter dem Bulbus mit Luft gefüllt sind. Ferner ist auffällig, daß diejenigen Blasenausläufer, welche keine Bulbi besitzen, sich unter der Haut verästeln. Vielleicht empfiehlt es sich, im Anschluß hieran zu erwähnen, daß man Tb., die aus dem Körper des Tieres herausgenommen sind, nicht als offen ansehen darf, obwohl ihre Ausläufer durchgerissen 516 GERHARD V. FRANKENBERG, sind. Dehnt sich nämlich die in solcher Tb. eingeschlossene Luft, so bringt sie die Blase eher zum Platzen, als daß sie durch die feinen Capillaren austritt. Ich nehme an, daß die zarten Wände der Capillaren beim Zerreißen zusammenschnurren und dadurch einen Verschluß herstellen. — Besonders die Hb. liegen nicht immer so regelmäßig im Körper, wie es oben beschrieben wurde, sondern man findet manchmal Larven, bei denen eine oder auch beide Hb. um 90° gedreht sind und auf der Seite liegen, so dab man in Dorsalansicht ihre nierenförmige Gestalt sieht. Auch kommt es vor, daß eine Hb. fast: doppelt so groß wie die andere ist. Das Schwebvermögen war jedoch in allen diesen Fällen nicht gestört. Nicht unerwähnt lassen möchte ich den „Fettkörper“ unter den Vb., eine Anzahl sehr großer Öltropfen, die in ein lockeres Gewebe eingeschlossen sind, welches mit der Matrix der Vb. stets eng ver- bunden ist und vielleicht auch genetisch zusammenhängt. Ich bin ebensowenig wie Weismann (p. 111) und WIELOWIEISKI über den Zweck dieser Fettkugeln ins klare gekommen. Sie fehlen den jungen Larven. Die Intima der Tb. zeigt die übliche Struktur starker Tracheen, sie ist mit den als „Spiralfäden“ bekannten Verdickungen versehen. Nur besteht eine interessante Abweichung vom Typus darin, daß der konvexe Rücken der Tb. weit mehr Spiralfäden besitzt als die kürzere Innenseite. Denn längst nicht alle Fäden reichen ganz um die Blase herum, sehr viele laufen auf ihren Flanken in eine Spitze aus oder entspringen aus dem Nachbarfaden. Am Rücken der Blase kommen auf 100 u etwa 25 Spiralfäden, . indes bei sehr alten Tieren liegen die Spiralfäden oft noch weiter auseinander, so daß auf 100 # manchmal nur 17 von ihnen kommen. Bemerkenswert ist, daß die Spiralen nur in der Mitte der Blasen diese Zahlen ergeben; an den beiden Enden liegen sie ganz be- deutend enger. Schnitte durch die Tb. zeigen, daß die Blasenwand ungemein dick und jeder Spiralfaden fast doppelt so hoch wie breit ist (Fig. E). Die Schicht, in der die Spiralfäden liegen, ist auf den Schnitten gar nicht erhalten oder wenigstens absolut nicht gefärbt. Ob die Spiralfäden, wie MAcLoskıE meint, durch einen Faltungs- und Ver- dickungsprozeß entstehen, konnte ich nicht direkt entscheiden, glaube aber, dab sie mehr sind als bloß verdickte Falten, da Verschiedenes darauf hindeutet, daß die Zwischenschicht, welche sie verbindet, in u ne ie Die Schwimmblasen der Corethra. 517 Hinsicht auf Struktur und chemische Zusammensetzung von ihnen verschieden ist. Doch werde ich hierauf erst im nächsten Abschnitt eingehen. Die Lage der Tb. im Körper trägt sehr zur Erhöhung seiner Stabilität bei, denn, wie Fig. A wohl zu zeigen geeignet ist, liegen sie infolge einer leichten Durchbiegung des Abdomens oberhalb seines Schwerpunkts. Besonders die Vb. liegen so hoch, daß sie den Thorax dorsal etwas vorwölben. Diese freie Lage ermöglicht recht genaue Messungen und Beobachtungen der Tb. Die erwähnte ventrale Einrollung der Tb. sieht man von oben her nicht, indes zeigen besonders die Vb. alter Tiere in Dorsal- ansicht eine schwach halbmondförmige, nach außen offene Krüm- mung. Ein Bild hiervon gibt Fig. B. Die Tb. sind in ihrer Umgebung durch zarte und schwer zu beobachtende Zellenstränge verankert, die PoucHET „tractus“ nennt. Dieser Forscher beschreibt auch gewisse Bewegungen der Vb. um eine Achse, die quer unter ihnen hindurchgehen würde. Sie werden, 2 Er oa 2 a OL TD anNeeEg Fig. E. Wand einer Vorderblase. Längsschnitt, 10 «. Gefärbt mit Zeror. Hämatoxylin und Eosin. Zeichenokular 494 :1. soweit man sehen kann, durch Bewegungen der benachbarten Organe, besonders des Pharynx, hervorgerufen und sind wohl ohne Bedeutung für die Physiologie der T'b., zumal sie an den Hb. nie zu beobachten waren. Etwas wichtiger mag die Rolle des Pigments sein, das sich stets auf der Dorsalseite der Tb., und nur dort, aufgelagert findet. Es besteht aus ziemlich groben, dunkelbraunen Körnchen, die in einer Schicht von polygonalen Zellen liegen. Diese Zellenschicht, die wohl den Namen eines Peritoneums verdient, bedeckt die Matrix der Tb. und ist für gewöhnlich schlecht zu erkennen. Das Pigment ist meist in der Mitte jeder Zelle zu einem schwarzbraunen Fleck ver- eint, so daß die Tb. gesprenkelt erscheinen (Fig. A), kann aber auch zu netzförmigen Figuren zusammenfließen, wie es Fig. B zeigt, und ist dann tiefschwarz. Andererseits vermag es sich so sehr auszu- dehnen, daß es die Zellen des Peritoneums völlig erfüllt und nun Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 34 518 GERHARD V. FRANKENBERG, deren Zellgrenzen als feine weiße Striche hervortreten. In diesem Falle ist es bräunlich. Werden viele Tiere eng zusammengehalten oder ist das Wasser faulig, so dehnt sich ihr Pigment aus und wird. ganz hell. Ferner ist das Pigment sicher lichtempfindlich. Im allgemeinen dehnt es sich bei Belichtung aus und kontrahiert sich im Dunkeln. Da seine Ausbreitung aber auch noch von anderen Faktoren, so z. B. der Temperatur, abzuhängen scheint, so war der Einfluß des Lichts nicht immer gleich deutlich. Da das Pigment nur auf der Oberseite der Tb. liegt, so soll es vielleicht ihren durch totale Reflexion erzeugten Silberglanz ver- decken und das Tier dadurch weniger auffallend machen. Tatsäch- lich sieht man Tiere, deren Pigment durch künstlichen Eingriff zer- stört ist (vgl. Abschnitt III e), leichter als andere, ob sie aber ihren Feinden schneller zum Opfer fallen, habe ich nicht untersucht. An einen Schutz der Matrix vor schädlichen Strahlen hat man wohl kaum zu denken. | Gegen. Ende der Larvenzeit wandert ein Teil der Pigmentzellen, wie es scheint, amöbenartig kriechend, auf die um diese Zeit sehr in die Dicke wachsenden Längsstämme aus, und bei der Puppe sind die Haupttracheen auf ihrem ganzen Laufe von Pigment be- gleitet. Fig. A soll zugleich auch einen Überblick über das gesamte Tracheensystem der ausgewachsenen Larve geben. Die beiden Längs- stämme, von denen die Figur nur einen darstellt, verlaufen, seitlich gesehen, zickzackférmig. In jedem Segment liegt ein tiefster Punkt ziemlich weit vorn, und zwar gerade an der Stelle, wo die haupt-. sächlichsten Tracheenäste sich abzweigen. Ein Ast wendet sich dorsal und verästelt sich unter der Haut, ein anderer verläuft senk-. recht nach unten, gibt einen starken Zweig an den Darm und einen schwachen an das Ganglion des betroffenen Segments ab und endet ebenfalls unter der Haut. Ferner mündet an dieser Stelle der Seitenstrang oder „Funiculus“ (PALMÉN) des Segments ein, ein leicht zu übersehender dünner Schlauch, der zum rudimentären Stigma führt. Nahe dem Hinterrande jedes Segments hat der Längsstamm einen höchsten Punkt, und auch hier zweigen Tracheen ab, aller- dings nur ein dünnes Stämmchen, das sich zwischen den Muskeln und unter der Hypodermis verliert. Diese Stämmchen vermißte ich im 9. und 10. Segment. ot he nes — Die Schwimmblasen von Corethra. 519 Es fragt sich nun, an welcher Stelle die Tb. in den Längs- stamm eingeschaltet sind. Bei den Hb. ist das nicht schwer zu entscheiden. Sie liegen offenbar im 10. Segment vor dem vorderen Verzweigungspunkt. Man entdeckt den Funiculus und den dorsalen Tracheenast, der sich von außen über die Hb. erstreckt; auch der ventrale Zweig mit den Ästen für den Darm und das 10. Ganglion ist vollkommen unverkennbar. Der Hauptstamm zieht also vom Hinterende der Hb. nach vorn bis zum Verzweigungspunkt und dann in einem scharfen Knick schräg aufwärts nach hinten weiter. Etwas komplizierter liegen die Verhältnisse in der Brust. Man hat die Vb. bislang, ohne Angabe von Gründen, als Erweiterung der Längsstämme in der Mittelbrust angesehen. Dieser Auffassung widerspricht aber, wie ich glaube, ein Teil meiner Befunde. Ich sehe die Vb. als Bildungen der Hinterbrust an. Die Vb. sind gewissermaßen noch näher als die Hb. an den zugehörigen Funi- culus (es ist der des 3. Segments) herangerückt, ja sie sind gleich- sam in die Verzweigungsstelle hinein verlagert, und der Längs- stamm zieht infolgedessen direkt von ihrem Hinterende nach hinten. Der dorsale Tracheenast entspringt an ihrem Vorderende, wächst auf der Innenseite über sie hinweg und verästelt sich über ihnen; auf Fig. A ist er nur an seiner Mündungsstelle zu sehen, da die ly. ihn zum größten Teile verdeckt. Eine festere Grundlage würde diese Auffassung erhalten, wenn es sich herausstellte, daß die Bulbi Stellen sind, wo die Längs- stämme zweier Segmente aneinanderstoßen und verschmolzen sind. Den Beweis dafür muß ich leider schuldig bleiben. Ich erinnere mich aber, bei gewissen Fliegenmaden (Lonchaea), bei Culex und bei den pädogenetischen Larven von Miastor da, wo die Tracheen der beiden Körperhälften median zusammenstoßen, knopfférmige Anschwellungen gesehen zn haben, die den Bulbi von Corethra sehr ähnelten. Läßt man diese Deutung gelten, so endet der Längsstamm des 3. Brustsegments nach vorn zu mit dem Bulbus vor den Vb., und die dicht vor dem Bulbus befindliche Verzweigung ist der hintere Tracheenast der Mittelbrust. Der vordere Verzweigungspunkt des 2. Segments, unverkennbar durch die Entsendung eines Astes zum 2. Brustganglion, gibt zugleich die Trachee ab, welche später in die Bildung des Nackenrohres der Puppe eingeht. Ich glaube daher, daß das Nackenrohr eine Bildung der Mittel- brust ist. 34* 520 GERHARD V. FRANKENBERG, . Die Zeichnung des Tracheensystems in der Vorderbrust gebe ich mit Vorbehalt, wenigstens was den Funiculus betrifft. Denn trotzdem ich ihn oft deutlich zu erkennen glaubte, habe ich ihn ebenso oft durchaus nicht finden können. Er ist jedenfalls sehr schwach ausgebildet. Trotzdem glaube ich mich berechtigt, diese Region des Tracheensystems dem 1. Segment zuzuzählen, denn der ventrale Ast, welcher das 1. Brustganglion versorgt, ist stets vollkommen deutlich, und ich halte es bei der Segmenttreue der Insecten nicht für angebracht, anzunehmen, daß die Versorgung der Ganglien anders als vom zugehörigen Segment aus geschehen könne. Weiter nach vorn erstreckt sich der Längsstamm in den Kopf und gibt dort Äste für das Ober- und Unterschlundganglion ab. Seine letzten Ausläufer liegen im Stirnfortsatz unter der Anlage der Imago-Antenne. Im letzten Segment reichen feine Aste des Längsstammes bis in die Spitzen der Analanhänge. Allgemein kann man sagen, daß die Tracheen außerordentlich schwach entwickelt sind. Hirn, Gonaden, Mittel- und Enddarm sind noch am besten versorgt. Das Tracheensystem ist keineswegs in seiner ganzen Ausdeh- nung mit Luft gefüllt, sondern der größte Teil der Längsstämme und alle Funiculi sind leer. Gefüllt sind dagegen sämtliche Neben- äste (mit Ausnahme des Astes, der sich ins Nackenrohr erstreckt). Ihre Füllung reicht von den feinsten Endigungen bis zum Längs- stamm und erfüllt auch diesen manchmal noch nach beiden Seiten auf eine kurze Strecke hin. Von den Ästen des 4—6. Segments findet man manchmal einige nicht gefüllt. Die Längsstämme sind in der Nähe der Tb. auf eine Strecke weit luftgefüllt, nämlich im 10. Segment vom Bulbus bis zur Ab- zweigungsstelle des Funiculus und in der Brust von der Funiculus- mündung im 2. bis zu der im 3. Segment. Außerdem sind sie im Kopf und im letzten Segment mehr oder weniger weit gefüllt. Es muß nun noch kurz von den Veränderungen gesprochen werden, die gegen die Verpuppung hin im Tracheensystem auftreten. Auf die zahlreichen Anlagen neuer Äste, die sich an den verschie- densten Stellen ausbilden und bis zur Verpuppung sämtlich luftleer bleiben, will ich nicht näher eingehen. Dagegen muß ich erwähnen, wie das Nackenrohr der Puppe sich um diese Zeit ausbildet (Fig. F). Die Trachee, welche seine Innenwand auskleidet, hat sich in Die Schwimmblasen von Corethra. 5921 2 scharf voneinander abgesetzte und durch einen Knick getrennte Teile gesondert. Der distale Teil bildet das eigentliche Nacken- rohr (N) und ist von einer Ausstülpung der Hypodermis (FH) um- kleidet, wie ein Finger von einem Handschuh. An der Spitze des Nackenrohres sind Hypodermis und Matrix miteinander verwachsen. ‘Der proximale Teil, den ich die Wurzel (W) nenne, mündet direkt in den Verzweigungspunkt des 2. Brustsegments, von dem auch der Funiculus (F) seinen Ursprung nimmt. Die Wurzel so- wohl wie das eigentliche Nackenrohr, das sich späterhin noch sehr a fea Anlage des Nackenrohres der Puppe. Zeichenokular. 300:1. Luftinhalt dunkel. B Bulbus. F Funiculus. H Hypodermis. N Nackenrohr, W seine Wurzel. Die Pfeile geben den Verlauf des Längsstammes an. stark in die Länge streckt, sind nicht etwa mit Luft, sondern mit Flüssigkeit erfüllt. Zugleich hat sich nun die Matrix der Längsstämme stark ab- gehoben und eine neue, viel weitere Intima gebildet, die an ihrer Spiralstruktur leicht zu erkennen ist. Die Funiculi werden dagegen nur wenig dicker, mit Ausnahme der im 4. Segment befindlichen, die den Längsstämmen an Dicke völlig gleichkommen und auch ebenso wie sie geringelt sind. 522 GERHARD Vv. FRANKENBERG, c) Chemisch-physikalische Higenschaften der Blasenwand. Die Tb. bestehen aus einer kolloidalen Substanz, über deren Verhalten ich einige Erfahrungen sammeln mußte, um die Physio- logie der Schwimmblasen zu verstehen. Diese Arbeit wurde mir sehr erschwert durch das quantitativ höchst verschiedene Verhalten der Individuen sowie durch die nach dem Tode an den Blasen auftretenden Veränderungen. Mißt man aus dem Körper eines frisch getöteten Tieres stammende Tb. (über die Technik s. u.), so findet man, daß sie binnen kürzerer oder längerer Zeit deutlich an Größe zunehmen: Versuch l. 1h 45‘ Ih. im lebenden Tier 463 u, Tier getötet, lh. isoliert. 2h 30! Ih. 491 u 4h 10' Ih. 520 u 5h 5/ Ih. 535 u Im folgenden Versuch wurde die Beobachtung über mehrere Tage ausgedehnt, und dabei zeigte es sich, daß die Vergrößerung allmählich wieder zurückging. Versuch 2. 4. März. 12h Tier getötet, Blasen isoliert. lv. lh. 12h 50! 855 u 721 u 2h 20' 884 738 4h 25° 906 766 6h 10° 917 781 5. März. 9) ln A5 918 783 11h 50‘ Oke 783 1h 50! 895 765 2h 50! 884 749 4h 50' 870 738 6. Marz. 8h 20! 861 735 Daß es sich tatsächlich um eine Eigenschaft der Blasenwand und nicht um eine passive Dehnung derselben handelt, geht daraus hervor, daß die Vergrößerung auch dann stattfindet, wenn die Blase angestochen oder die Luft herausgedrückt ist: Die Schwimmblasen von Corethra. 523 Versuch 3. 3. März. 4h 30’ Tier getötet, rv. isoliert und Luft mittels Deck- glas vorsichtig herausgedriickt. rv.— 833 u 4. März. lh rv. 850 u In allen diesen Fällen handelte es sich um Blasen, die durch Zerzupfen des Tieres isoliert wurden und deren Quellung (denn nur um einen Quellungsvorgang kann es sich handeln) in der hierbei entstehenden Mischung von Blut und Wasser erfolete. Es über- raschte mich sehr, als ich sah, daß die Quellung ausblieb oder wenigstens kaum meßbar ward, sobald die Blasen in anderes Wasser gebracht wurden. Das ließ in der Körperflüssigkeit einen Stoff ver- muten, der die Blasenwand zur Quellung bringt. Und die folgenden Versuche scheinen diese Annahme zu bestätigen. Versuch 4. 2h 5'. Tier getötet, rv. isoliert, in Leitungswasser 2h 25. rv. 725 u 3h. rv. ebenso, keine Quellung erfolgt. Nun das Blut des Tieres zugesetzt. 3h 50’. rv. 738 u 4h 25°. rv. 749 u 5h. rv. 752 u 5h 57°. rv. 761 u Versuch 5. 3h Tier getötet, rv. isoliert, in Leitungswasser. 3h 10‘. rv. 749 u. Das Blut des Tieres unterm Deckglas zugesetzt. 3h 23‘. rv. 760 u 4h 10’. rv. 765 u ODO. LV. 0a u Als Kontrolle diente die lv. desselben Tieres, sie befand sich in Leitungswasser und maß 3h 10’ 742u, 5h 55! 744 u, d.h. ihr Wachstum blieb innerhalb der Fehlergrenze und war auf jeden Fall ganz bedeutend schwächer als das von rv. Solange das Tier lebt, kommt das Blut offenbar nie, wenigstens nie unbeschränkt, in Berührung mit der Blasenwand, denn sonst müßte diese quellen. Wenn der Stoff, der die Quellung bewirkt, an die Tb. gelangen soll, so ist die Vermittlung der Matrixzellen dazu nötig. : In Zusammenhang damit machte ich folgende merkwiirdige Beobachtung. Zerquetscht man einem lebenden Tiere eine Tb., was 524 GERHARD V. FRANKENBERG, ohne große Schädigung des Organismus geschehen kann (ich be- spreche diese Versuche in Abschnitt Ille), so vergrößert sich die verletzte Blase im Laufe weniger Tage derart, daß es meist ohne Messung, durch bloßen Vergleich mit der danebenliegenden unver- letzten, deutlich wird. Das muß darauf beruhen, daß die Matrix- zellen durch das Quetschen absterben, bzw. daß das Blut, wie es. regelmäßig geschieht, die Tb. von innen erfüllt und ihre Wand zum Quellen bringt. | Übrigens ist darauf hinzuweisen, daß kranke Corethren stets und betäubte meist leichter als Wasser werden und an der Ober- fläche treiben. Versuche sind hier schwer anzustellen, weil man es. nicht so in der Hand hat, die Tiere krank zu machen. Immerhin gelang es mir einigemal, wenn ein Tier erkrankte, das ich unter ständiger Beobachtung hielt, eine starke Vergrößerung seiner Tb. festzustellen, die mit jenem unnatürlichen Leichterwerden Hand in Hand ging. Versuch 6. 11. Dez. Tier gesund und im Gleichgewicht, rv. 760 u, rh. 601 « 13. Dez. Tier zu leicht. Krankheitssymptome vorhanden, rv. 775 u, rh. 642 u 17. Dez. Tier viel zu leicht. rv. 823 u, rh. 671 u. Sehr deutlich zeigte sich diese pathologische Quellung auch bei den Tieren, die ich bei Luftabschluß hielt. Näheres hierüber bringt Abschnitt e. Der Beweis, daß die Blasenwände oder Teile von ihnen sehr stark hygroskopisch sind und durch Wasseraufnahme erheblich auf- quellen, ist nicht schwer zu führen. Läßt man nämlich eine iso- lierte Tb. auf dem Objektträger eintrocknen, so schrumpft sie zu- sehends auf fast ?/, ihrer Länge zusammen. Zurück in Wasser gebracht, quillt sie in wenigen Augenblicken wieder zu ihrer alten Größe auf. Versuch 7. Blase isoliert und mit feiner Nadel an einer Spitze angestochen (um etwaigen Widerstand der eingeschlossenen Luft gegen die Verkleinerung aufzuheben! Der feine Rif beeinträchtigt die Messung nicht). Länge in Wasser 677 u. Blase austrocknen lassen: Länge 487 u. Zurück in Wasser: Länge 677 u. Die Schwimmblasen von Corethra. 525 Gleichen Erfolg wie Austrocknen, nur in geringerem Grade, hat Behandlung der Tb. mit Alkohol oder Kochsalzlösung, also wasseranziehenden Mitteln: Versuch 8. Blase isoliert, angestochen (vgl. Versuch 7) Länge in Wasser 742 u In 95°/, Alkohol gebracht: Länge 647 u Zurück in Wasser: Länge 749 u Schon hier sieht man, daß die Blase beim Zurückbringen in Wasser auf etwas mehr als ihre ursprüngliche Größe anwächst. Viel stärker zeigte sich das nach der Behandlung mit Kochsalz- lösung: Versuch 9. Blase isoliert, angestochen. In Aqua destill. Länge 826 u In konz. NaCl-Lösung: Länge 783 u Zurück in Aqua destill. Länge 873 u(!) Nach 15 Minuten: Länge 895 u. Die Wirkung der Salzlösung besteht also darin, daß sie Schrump- fung hervorruft, aber die Quellfähigkeit steigert. Eine ähn- liche Rolle spielt möglicherweise der im Blut Ts “ gelöste Stoff im normalen Leben des Tieres. — Da alle diese Fälle von Schrumpfen und Wiederaufquellen sich in derselben Weise voll- ziehen, wie sämtliche noch zu besprechenden Formänderungen der Tb., sowohl die normaler- weise erfolgenden als die künstlich hervor- gerufenen, empfiehlt es sich, den Vorgang gleich hier zu schildern. Kurz gesagt beruht jede Größenändernng der Tb. auf einer Streckung oder Verkürzung senkrecht zur Ebene der Spiralfäden. D. h. > die Dicke der Blasen bleibt sich gleich, nur nn des Vases Krümmung und Länge ändern sich. Der Krüm- Dehnen und Schrumpfen mungsradius wächst, wenn die Blase sich zu- es sammenzieht (s. Fig. G), und z. B. die durch Trocknen geschrumpften Tb. zeigen überhaupt keine Krümmung mehr. Eine geringe Dickenabnahme findet übrigens doch statt. Man Fig. G. 526 GERHARD v. FRANKENBERG, kann sie nicht direkt, sondern nur durch einen Kunstgriff messen. Zerreift man eine Tb. mit zwei Nadeln, so bekommt man lange, schmale Streifen, die aus einigen parallel laufenden Spiralfäden be- stehen. Diese zeigen beim Eintrocknen eine deutliche Verkürzung: Versuch 10. Streifen von 1049 u Länge. Derselbe trocken: 1018 u Zurück in Wasser gebracht, nahm er sehr langsam die alte Länge wieder an. Jedenfalls ist diese Schrumpfung ungemein gering im Vergleich zu der senkrecht dazu stattfindenden. Ich suche mir das so zu erklären, daß die Spiralfäden aus einem weniger stark quellenden Stoff bestehen als die Schicht, welche sie verbindet; es ist aber natürlich auch möglich, daß die Blasenwand nach Art einer Ziehharmonika gefaltet ist und daß die Falten durch das Quellen flacher werden. Ohne die Annahme einer verschieden starken Quellbarkeit käme man indes auch hierbei nicht aus. Ich nenne jedenfalls die stark quellende Substanz, welche die Zwischenschicht der Blasenwand bildet, „Trachein“ und lasse die Frage, ob auch die Spiralfäden aus Trachein bestehen, vor- läufig offen. Scharf zu scheiden von der bisher besprochenen Quellfähigkeit der Tb. ist ihre Dehnbarkeit, d. h. die passive Formänderung, die die Wand z. B. dann erleidet, wenn die in den Tb. eingeschlossene Luft durch irgendwelche physikalischen Einflüsse ausgedehnt wird. Das geschieht am bequemsten durch Verminderung des Luft- drucks. Die Dehnung ist nicht sehr stark, aber an isolierten Tb. recht gut meßbar. Sie geht fast sofort zurück, wenn der normale Luftdruck wiederhergestellt wird. Erhöhter Druck verkleinert um- gekehrt die Tb. Versuch 11. Normaler Druck Blasenlänge 657 u Unterdruck (— 19 cm Quecksilber) à 677 u Überdruck (442 , 3 ) ie 646 u Erfolgt die Erhöhung des Drucks zu plötzlich, so stülpt sich manchmal die Blase vom einen Ende her ein, durch Unterdruck läßt sich die Einstülpung rückgängig machen. Da der folgende Abschnitt von den anderen bei Druckänderung Die Schwimmblasen von Corethra. 527 auftretenden Erscheinungen handelt, so kann ich sie hier übergehen. Sogleich erwähnen will ich aber, daß die Dehnbarkeit des Tracheins kürzere oder längere Zeit nach dem Tode, gewöhnlich binnen 24 Stunden, erlischt, so daß die Tracheenwand dann entweder dem auf sie ausgeübten Druck Widerstand leistet oder durch ihn zum Platzen gebracht wird. Die Quellungsfähigkeit solcher Tb. ist indes. keineswegs erloschen, und auch das deutet darauf hin, daß wir es hier mit zwei ganz verschiedenen Eigenschaften zu tun haben. | Wichtig schien es mir, zu prüfen, ob die Blasenwand für Luft durchlässig sei. Der folgende Versuch spricht dafür. Versuch 12. 12h 25‘. rv. in Leitungswasser 815 12h 55, Ebenso. In ausgekochtes, sehrluftarmes Wasser gebracht. Ihe 2k rv. 810 u IM eaves rv. 807 u 1h 13. rv. 805 u. Versuch abgebrochen, da nun von den Enden her allmählich Wasser eindrang. Zur Kontrolle diente lv., die die ganze Zeit in Leitungswasser lag und 805 u maß. Der Vorgang ist natürlich so zu verstehen, daß das luftarme Wasser der Blase durch die Wand hindurch Luft entzog und diese dadurch kleiner wurde. Der Wert ist zwar sehr gering, aber ich konnte hier sehr genaue Messungen machen, weil ich die Pigment- schicht der Tb. entfernt hatte. Der Versuch wurde mit gleichem Erfolg wiederholt. Ob freilich auch die lebende Matrix Luft durchläßt, wird durch diesen Versuch nicht entschieden. Daß sie es tut, werde ich in Abschnitt e darlegen. Endlich muß ich hier eine Erscheinung besprechen, der ich wenig nachgeforscht habe, weil ich sie an den Tb. lebender Tiere nie auftreten sah. Setzt man die isolierten Tb. ungleichmäßiger Erwärmung aus, indem man sie z. B. in der Sonne stehen läßt, so bilden sich an ihrer Innenwand Fliissigkeitstrépfchen, die sichtlich wachsen und zusammenfließen. Noch besser lassen sie sich erzeugen, ‘wenn man mit einem heißen Gegenstand über das Deckglas fährt, unter dem die Tb. liegt. Die Tröpfchen bilden sich dann auf der kühleren Seite in sehr großer Menge, und die erhitzte Seite zieht sich leicht zusammen. Es scheint demnach, als entständen sie da- durch, daß die erhitzte Stelle Wasser in Dampfform abgibt, das 528 GERHARD V. FRANKENBERG, sich auf der anderen Seite niederschlagt. Haben sich erst einmal Tröpfehen gebildet, so verschwinden sie nur sehr langsam. d) Verhalten der Tracheenblasen bei Druckänderung. Vorausgeschickt sei eine kurze Besprechung der zu diesen Ver- suchen verwandten Apparate. Für Vorversuche und zur Beobachtung des spezifischen Gewichts (der Sinkgeschwindigkeit) der Tiere be- nutzte ich mit Vorteil die sogenannten Bakteriengläser nach Soyxa, schnapsflaschenähnliche Gefäße mit zwei parallel geschliffenen Wänden und langem Hals, der sich durch einen durchbohrten Gummistopfen sehr fest schließen läßt. Zur Beobachtung mit starken Objektiven und zu Messungen, bei denen das Objekt festliegen mußte, diente mir eine „Druck- kammer“, die ich kurz beschreiben möchte, da sie sich gut bewährt hat. Sie besteht aus 2 starken Messingplatten von 8 cm Durch- messer und 3mm Dicke. Die obere Platte trägt ein rundes Loch von 2 cm Durchmesser, auf das von unten eine 2 mm starke Glas- scheibe von 4cm Durchmesser fest aufgekittet ist. Unter dieser Glasplatte befindet sich das Objekt, entweder durch ein Deckglas in seiner Lage gehalten oder in eine sogenannte feuchte Kammer eingeschlossen, einen flachen Glasring mit aufgelegtem Deckglas. In letzterem Falle muß der Glasring an einer Stelle der Peripherie unterbrochen sein, damit die Druckänderungen sich ungehindert ins Innere der feuchten Kammer fortpflanzen können. In die untere Messingplatte ist ein Loch von 3,4 cm Weite geschnitten und mit einer Glasscheibe von 3mm Dicke und 6 cm Durchmesser bedeckt. Diese braucht nicht aufgekittet zu werden, sondern bildet selbst den unteren Abschluß der Druckkammer. Ein Gummiring von 4,6 cm lichter Weite stellt die Verbindung zwischen dieser Glasscheibe und der oberen Messingplatte her, und 3 starke Schrauben, von denen Fig. H nur eine zeigt, pressen die beiden Platten gegeneinander. Das Absaugen bzw. Einpressen von Luft in die Kammer ge- schieht durch einen engen Kanal, der die obere Platte horizontal durchbohrt und sich in ein Ansatzrohr fortsetzt, wie es die Figur zeigt. Um den Druck plötzlich aufheben zu können u. dgl. ist noch ein zweiter derartiger Kanal vorhanden, der natürlich für ge- wöhnlich geschlossen ist. Wenn es darauf ankam, den angewandten. Druck zu messen, so erzeugte ich ihn durch einen Gummischlauch und zwei Glaskugeln voll - > ns ’ nee Die Schwimmblasen von Corethra. 529 Quecksilber, von denen die eine an der Wand befestigt war und die andere mit dem Schlauch zugleich gehoben und gesenkt werden konnte. Von der festen Glaskugel fiihrte ein starker Gummischlauch zur Druckkammer. Die Differenz der beiden Quecksilberniveaus zeigte mir dann direkt, um wieviel ich den Druck in der Kammer erhöht oder ver- ringert hatte. Um ganz schwache Druckänderungen zu erzeugen, benutzte ich einen Apparat, der dem beschriebenen völlig glich, nur befand sich im Schlauch und in den Kugeln nicht Quecksilber, sondern Wasser. — Ich habe bereits bei Besprechung der Probleme geschildert, dab die Corethra-Larve (nicht die Puppe, wie KrocH meint) einem carte- sianischen Taucher gleicht, da infolge der Dehnbarkeit der Blasen- wände jede Druckschwankung ihr spezifisches Gewicht ändert. Die Ähnlichkeit mit dem erwähnten physikalischen Spielzeug Fig. H. Druckkammer. Radialschnitt. 1:1. Schwarz: Gummi. Punktiert: Metall. Weiß: Glas. A Ansatzrohr für den Druckschlauch. geht noch weiter: bekanntlich gelingt es nicht, den cartesianischen Taucher so auszubalancieren, daß er in einer homogenen Flüssigkeit wirklich bewegungslos schwebt, sondern stets steigt oder sinkt er mit wachsender Geschwindigkeit. e Das gilt auch für die Corethra-Larve. Sie steht nur scheinbar vollständig unbewegt im Wasser. Genaue Beobachtung lehrt, dab sie stets, obwohl kaum meßbar, fällt oder steigt und sich nur da- durch in einer bestimmten Wasserschicht halten kann, dab sie von Zeit zu Zeit einen kleinen „Sprung“ nach oben oder unten macht. Die Geschwindigkeit, mit der Larven, die man auf den ersten Blick als schwebend bezeichnen würde, steigen oder sinken, ist aller- dings sehr gering, sie beträgt im Mittel vielleicht 0,5—1 cm pro Minute. Zur Messung dieser Geschwindigkeiten benutzte ich einen Glasmaßstab mit eingeätzter Skala. Um die an den Wänden von 530 GERHARD V. FRANKENBERG, Glasgefäßen durch Strahlung entstehenden Strömungen möglichst zu vermeiden, setzte ich das Glas mit den Versuchstieren in ein anderes, das etwas weiter war und Wasser von gleicher Temperatur enthielt. Um eine Larve aus dem Gleichgewicht zu bringen, genügen ziemlich geringe Druckänderungen. Vermindert man den Druck um den einer Quecksilbersäule von 10 cm, so ist das Schweb- vermögen bereits deutlich gestört. Das Tier steigt in etwa 25 Sekunden 1 cm und versucht durch Körperbewegungen dagegen anzukämpfen. Diese Bewegungen, mit denen das Tier sich in seiner Lage halten will, sind so bezeichnend und treten mit solcher Regel- mäßigkeit auf, daß sie geradezu ein Merkmal für Störungen des spezifischen Gewichts abgeben. Man könnte denken, dab das Tier etwa die Dehnung seiner Tb. direkt empfände, aber genau dieselben Bewegungen traten auch dann auf, wenn auf anderem Wege, also ohne das Volum der Tb. zu beeinflussen, eine Änderung seines spezifischen Gewichts hervorgerufen wurde, so z. B. beim Fressen. Ferner erhält man sie, wenn man das Tier in eine Flüssigkeit von anderem spezifischen Gewicht setzt. Ich glaube nicht, daß ihm die Größe oder der Füllungszustand seiner Tb. direkt durch Nervenleitung vermittelt wird, sondern meines Erachtens nimmt das Tier mit Hilfe seiner großen und zahlreichen Sinnesborsten die Art und Stärke seiner Vertikalbewegungen wahr. — Am Vorhandensein der Regulation bei verändertem Druck (siehe Teil I) ist nicht zu zweifeln. Sie wirkt vor allem deshalb so verblüffend, weil die Tiere, nachdem sie sich z. B. an erhöhten Druck gewöhnt haben, bei Wiederherstellung normalen Druckes viel zu leicht werden und sich nun erst wieder an diesen gewöhnen müssen. Das läßt den Vorgang wie eine echte Anpassung oder Regulation erscheinen. : Nach meinen Erfahrungen erfolgt die Regulation, besonders bei Unterdruck, langsamer als KroGx angibt, doch spielt auch hier wieder die Verschiedenheit der Individuen eine große Rolle. Zur Orientierung gebe ich nachstehend einen Versuch wieder, der nach dem Muster des Krocu’schen ausgeführt wurde. Versuch 13. 14. Febr. 12h. 3 Tiere unter 40 cm Hg Überdruck. Sie sinken in etwa 15 Sek. 1 cm. 1h 35‘. Tiere nur noch wenig zu schwer, sinken in etwa 35 Sek. 1 cm. Die Schwimmblasen von Corethra. 531 15. Febr. 1h. Alleschweben. Normaldruck hergestellt: alle werden viel zu leicht, steigen in ca. 8 Sek. 1 cm. 16. Febr. 11h. Alle schweben. 12h. Unterdruck von — 30 cm Hg hergestellt: Alle viel zu leicht, steigen in ca. 10 Sek. 1 cm. 17. Febr. 11h. 1 Tier schwebt, 2 noch zu leicht. 5h 50. 2 Tiere schweben, eins steigt in 30 Sek. 1 cm. 18. Febr. 9h 15‘. Alle praktisch im Gleichgewicht. Normaldruck hergestellt: Alle werden etwas zu schwer. KrocH erwähnt eine Larve, die nicht imstande war, bei Unter- druck zu regulieren. Zweifellos war das Tier krank und wäre auch ohne Anwendung von Unterdruck zu leicht geworden (vgl. den vor. Abschnitt). Die Vergrößerung der Tb. bei Unterdruck kann im lebenden Tier gemessen werden, und es ergibt sich dann, daß die Regulation darin besteht, daß diese Dehnung der Tb. allmählich zurückgeht: Versuch 14. 12. Dez. 3h 30° Normaldruck, Tier schwebt, rh. 535 u, lh. 504 u. 3h 38. Unterdruck hergestellt (ca. — 40 cm Hg): Tier zu leicht, rh. 567 u, Ih. 534 u. 5h 30°. rh. 541 y, Ih. 510 u. 6h 30‘. rh. 535 y, Ih. 504 u, also normale Größe; Tier schwebt. Normaldruck hergestellt: Tier zu schwer, rh. 505 u, Ih. 491 u. Sobald ich das wußte, ging ich dazu über, isolierte Tb. unter veränderten Druck zu setzen, denn hierbei mußte es sich zeigen, ob die Regulation organisches Geschehen oder ein bloßer mechanischer Vorgang sei. Ich führe hier aus einer Reihe von Versuchen den am besten selungenen an, der das Verhalten einer Blase bei Unter- und Über- druck zeigt. Die Messungen sind recht genau (1 Teilstrich = 11,2 u), hier aber nur teilweise wiedergegeben, um das Protokoll nicht un- nötig in die Länge zu ziehen. Jeder Wert ist das Mittel aus 2 Messungen. Versuch ]5. 6. März. 8h 35’, Tier getötet, rh. isoliert, in Leitungswasser, Peritoneum entfernt. 9h. rh. 682 mw. Unterdruck von — 40cm Hg. Darauf: rh. 718 u. Se al Gere Ohler Oar Sh 20... 70% u 532 GERHARD V. FRANKENBERG, Oh) 25) 69974 Qin st, Osi a 9h 35. 689 u 9h 40. 686 u 9h 45°. 683 u 9h 50’, 682 u 9h 55°. 682 u 10h. 682 u. Langsam Normaldruck wiederhergestellt. rh. ging zurück auf 671 u (!) 10h 5’. 672 u 10h 40’. 675 u eh. 679 u 12h. 681 u lh 45‘. 682 u, also die normale Länge 1h 55'. Druck um 40 cm Hg erhöht: rh. 669 u 2h. 671 u 2h 55. 671 u. Normaldruck hergestellt. rh. stieg sofort auf 694 u (!) und dann allmählich bis auf 705 mw (Elastische Nachwirkung?) 7. März. 8h 15‘. rh. 682 u, also wieder normale Länge. Dehn- barkeit erloschen, die Blase platzte, als der Druck um 40 cm Hg ver- ringert wurde. Zur Kontrolle diente die Ih. desselben Tieres, die während der ganzen Dauer des Versuchs gemessen wurde und ihre Länge von 626 4 unver- ändert beibehielt. Dieser Versuch enthält alles, was zur Erklärung des Regulations- phänomens nötig ist, denn er zeigt, daß auch tote Tb. eine Änderung ihres Volums regulieren. Die Tb. in Versuch 15 verhielt sich nicht anders, als wenn sie im lebenden Tier gedehnt und zusammen- gepreßt wäre, d. h. die Regulation ist ein völlig mechanischer Vor- gang, der ohne Willen und Zutun des Tieres erfolgt. Die richtige Deutung ist vielleicht folgende. Bei Verringerung des Drucks dehnt sich das Gas in den Tb. aus, findet aber, da die Blasenwand nicht unbegrenzt dehnbar ist, bald einen Widerstand. Der Gasdruck in den Tb. sinkt daher zwar, kann aber nicht so tief sinken wie im umgebenden Wasser und im Blut. Nun hatten wir bereits im vorigen Abschnitt die Durchlässigkeit der Blasenwand für Luft erkannt. Die Folge wird sein, daß so lange Gas aus den Tb. ins Blut diffundiert, bis wieder Gleichgewicht besteht, d. h. bis die Dehnung der Blasenwand völlig zurückgegangen ist, die Blase also ihr normales Volum wiedererlangt hat und das Tier schwebt. Nun ist aber die Luftmasse in den Tb. kleiner geworden, und demnach müssen die Tb. bei Wiederherstellen normalen Druckes unter ihre Normalgröße sinken, und das Tier wird zu schwer. Die Schwimmblasen von Corethra. 533 Infolge der Elastizität der Blasenwand besteht jetzt in den Tb. ein geringerer Druck als eine Atmosphäre, und deshalb diffundiert nun Gas in die Blasen hinein, bis sie ihr normales Volumen wieder- erlangt haben. Die Wirkung von Überdruck ist völlig entsprechend: wegen der geringen Nachgiebigkeit der Blasenwand herrscht im Innern der Tb. zunächst ein tieferer Druck als in ihrer Umgebung, und erst durch Diffusion von Luft durch die Blasenwand nach innen stellt sich hier Gleichgewicht her. Und da die Tb. nun eine größere Luftmenge als vorher umschließen, so müssen sie sich über die Normalgröße dehnen oder platzen, wenn Normaldruck wiederher- gestellt wird. | In Versuch 15 ist die Regulation bei Überdruck an sich wenig deutlich, aber daraus, daß nachher bei Aufheben des Überdruckes eine so starke Größenzunahme erfolgte, geht ja klar hervor, daß der starke Druck Luft in die Blase hineingepreßt hatte. Außerdem sah ich in einem anderen Versuche eine isolierte Tb. bei Überdruck ihre normale Größe allmählich wiedererlangen. Diese Blase platzte, als der Normaldruck wiederhergestellt wurde. Damit scheint mir das Kuoc#’sche Phänomen theoretisch erklärt. Indes halte ich es für mindestens denkbar, daß dieser diffusionelle Ausgleich, wie ich ihn eben geschildert habe, nicht der einzige Vor- gang ist, der die Regulation zustande bringt. Wahrscheinlich tritt wenigstens bei Überdruck zugleich jener echte Regulationsmecha- nismus in Tätigkeit, von welchem das Tier stets Gebrauch macht, wenn es zu schwer wird. Von dieser Art der Regulation werde ich in Abschnitt IlId noch ausführlich zu sprechen haben. Da aber den Larven nach meinen Erfahrungen die Fähigkeit, Gewichtsverminderungen zu kompensieren, fehlt (auch hierüber vgl. Abschnitt IIId), so erfolgt die Regulation bei Unterdruck wohl ausschließlich in der Weise, wie ich es oben angegeben habe. Wird der Unterdruck so stark, daß die Tb. platzen, so tritt eine Reihe von Erscheinungen auf, die ich nicht hier, sondern erst in Abschnitt f schildern möchte. e) Verhalten der Larven bei Luftmangel. Das Sauerstoffbedürfnis der Corethra-Larven ist im Vergleich zu dem anderer Insecten ungewöhnlich gering, wie denn überhaupt ihr Stoffwechsel infolge der Selfenheit von Körperbewegungen recht stark herabgesetzt ist. Während bei mittlerer Temperatur Culex Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 35 534 GERHARD V. FRANKENBERG, rund 80 und Mochlonyx immerhin ca. 40 Herzschläge pro Minute hat, zuckt das Herz von Corethra nur etwa 15--20 mal in der Mi- nute (nach Leypre sogar nur 12mal). So läßt sich vielleicht die auffallende Tatsache erklären, dab. man Corethren in frisch ausgekochtes, also sehr luftarmes Wasser setzen und das Gefäß durch einen luftdicht aufgeklebten Deckel mehrere Tage lang abschließen kann, ohne daß der Tod eintritt, ja fast ohne daß die Tiere betäubt werden. Bei recht niederer Temperatur ist diese Widerstandskraft gegen Luftmangel geradezu verblüffend. Versuch 16. 1. Dez. 1913. 2 Larven, die zur Gewöhnung seit einigen Tagen in kaltem Wasser gehalten wurden, in 5 ccm ausgekochtem Sumpfwasser von der Luft völlig abgeschlossen (Eingeschliffener Deckel mit Vaseline). Das Gefäß völlig dunkel in einen Eisschrank von etwa 4° gestellt. 13. Dez. Beide unbetänbt, auf Reiz lebhaft bewegt. Etwas leichter als Wasser. 12. Jan. 1914. Beide betäubt, bewegungslos, schwerer als Wasser. Herz und Darm völlig unbewegt, Muskeln zeigen weißliche Trübung. 12h 40’. Tiere in gut durchlüftetes Wasser von 20°. 3h 30° Ein Tier (A) schlägt bei Reizung mit einem Glasstäbchen. mit dem Körper aus. Herzschlag 8—9 pro Minute. Leichter als Wasser.. — Das andere (B) völlig unbewegt, Herz still. 14. Jan. 11h 45. A spontan bewegt, Trübung der Muskeln ver- schwunden, Darm bewegt. — B unbewegt, aber binnen mehrerer Minuten einige Herzschläge. - A erholte sich vollständig und lebte noch über einen Monat, B war am 20. Jan. zweifellos tot. Übrigens war A ©, B &. Freilich kann ich nicht angeben, wieviel Sauerstoff das Wasser in diesem und den folgenden Fallen trotz aller Vorsicht noch ent- hielt, aber selbst wenn man annimmt, daß es sich nur um eine er- hebliche Herabsetzung des normalen O,-Gehalts handelte, bleibt. doch die Tatsache auffallend genug, daß die Tiere in so engem Raum ohne Luftzutritt so lange am Leben blieben. Hier möchte ich den folgenden Versuch anführen, bei dem die völlige Betäubung. erst am 20. Tage eintrat, trotzdem jedem Tier nur 1 ccm ausge- kochten Wassers zur Verfügung stand. Versuch 17. 22. Jan. 5 Tiere in ein Glasröhrchen mit 5 ccm entlufteten Sumpf- wassers. Mit einem Gummikork luftdicht verschlossen. Temperatur während. der ganzen Versuchsdauer 10°. Die Schwimmblasen von Corethra. 535 24. Jan. Tiere lebhaft, im Gleichgewicht oder etwas zu schwer. 29. Jan. Tiere leichter als Wasser. Bewegungen etwas träger als bei den 5 Kontrolltieren, die am 22. Jan. in 5 com lufthaltigen Wassers abgeschlossen worden waren. 2. Febr. Auf Reiz bewegt. Muskeln leicht getriibt. Pigment etwas heller als normal. 10. Febr. Auf Reiz bewegt. (Als praktisches Reizmittel erwies sich das Reiben des nassen Fingers am Glase.) 11. Febr. Keine Bewegung mehr erzielt. Trübung ziemlich stark. Die Kontrolltiere bewegten sich noch am 16. Febr. Wiederbelebungs- versuche wurden nicht angestellt. Die Widerstandskraft der Larven gegen Sauerstoffmangel ist so außergewöhnlich, daß man diese Eigenschaft geradezu benutzen kann, um die Corethren von dem übrigen Plancton zu trennen. Man braucht nur das ganze Gefäß von der Luft abzuschließen, worauf alle anderen Planctonten absterben und zu Boden sinken. Dann dekantiert man durch ein Netz und erhält so die Corethren gesondert, ohne daß ihnen der Vorgang irgendwie geschadet hätte. Ich gehe nun zu dem Verhalten der Tb. in luftarmem Wasser über. Es ist individuell sehr verschieden. Sperrt man viele gleich- altrige Larven zusammen in luftarmes Wasser, so werden die Tb. bei einem Teil der Tiere nur kleiner, während sie bei den anderen wie durch starken Druck zerquetscht werden. Diese Deformierung beruht sicher darauf, daß die Blasenwand für Wasser so gut wie undurchlässig ist, und, da innen ein luftverdünnter Raum entsteht, durch den äußeren Luftdruck eingebeult wird. Ist die Blasenwand stark genug, diesen Druck auszuhalten, so kommt es wie in Ver- such 12 (Abschnitt II c) nur zu einer Verkleinerung der Tb. Wenn die Tb. eingebeult werden, scheint die Wand in der Regel zu zerreißen, jedenfalls schwindet durchweg alle Luft aus solchen Blasen und die Tiere liegen am Boden. Auch die anderen Tiere, deren Tb. sich nur verkleinern, werden dadurch natürlich schwerer. Setzte ich aber die Versuche lange genug fort, so sah ich zu meinem Erstaunen, daß die Tiere wieder ins Gleichgewicht kamen und schließlich sogar zu leicht wurden; Hand in Hand damit ging eine mebbare starke Vergrößerung der Tb. Die langwierigen Versuche ergaben bei allen 9 Tieren, mit denen sie angestellt wurden, dasselbe Resultat. Die Anordnung war folgende. Eine Glasplatte von 5 mm Dicke, in die ein Loch von 27 mm Durchmesser gebohrt war, wurde mit Wachs luftdicht auf 536 GERHARD V. FRANKENBERG, eine gewöhnliche Glasplatte aufgekittet. So entstand eine flache Glasdose, deren Deckel eine dünne Glasplatte bildete, die mit Vase- line luftdicht auf die durchbohrte Platte aufgeklebt werden konnte. In diese Dose goß ich frisch entlüftetes Wasser und setzte 3 Larven mit der Pinzette hinein. Zur Unterscheidung der 3 Individuen dienten die Peritrichen- kolonien, von denen sich fast auf jeder Corethra einige finden; sie starben zwar alsbald ab, aber die Stiele blieben am Körper der Larven hängen. Da die Tiere, wie zu erwarten war, verschieden schnell und stark reagierten, empfiehlt es sich, die Einzelkurven zu betrachten, bei denen immerhin noch jeder Punkt das Mittel aus 4 Messungen darstellt. tt 13. 19. 20. 21. 22. at 24. 25. 26. = 28. = 30. u de = Ds Lo Gra: ia L'' LENS RM EN ze 7 | = 510 FN RME RENE ty 4 SRE A His: J. Kurven der Blasenlänge in entlüftetem Wasser (Versuch 11). Näheres im Text. Die Schwimmblasen von Corethra. 537 Versuch 18 (siehe Fig. J.) Jede der 3 Kurven zeigt den täglichen Durchschnitt der 4 Blasen des betreffenden Tieres. Die Abszisse gibt die Zeit, die Ordinate die durchschnittliche Blasenlänge in 4 an. Die Zahlen an der Ordinate rechts gelten für Tier A, die links für B und C. Die Kurven zeigen, daß nach 2—3 Tagen das Minimum erreicht war und nun die Vergrößerung einsetzte. Tier A hörte nicht wieder auf, seine Tb. zu vergrößern, während die Größe bei B und C nach längerer Zeit wieder zurückging. In der Figur ist zugleich das spezifische Gewicht der Tiere angegeben, es bedeutet nämlich > schwerer, « leichter als Wasser und — Gleichgewicht. Man sieht, daß die Tiere, wenn sie ihre normale Blasengröße wieder- erlangt haben, wohl infolge der Abgabe von Stoffwechselprodukten, bereits leichter als Wasser sind, so z. B. Tier A am 26. Jan. und Tier C am 29. Jan. In bezug auf Tier B sind am 29. Jan. 2 Werte angegeben, es zeigte sich nämlich, daß die Tb. sich 31/, Stunden nach der ersten Messung stark vergrößert hatten. Am nächsten Tage war die Ver- größerung zurückgegangen und das Tier auch wirklich wieder schwerer geworden. Auch sonst lassen die Kurven vermuten, daß das Wachstum plötzlich und ruckweise erfolgt ist. Am 7. Febr. schienen mir alle 3 Tiere tot zu sein. B zeigte am längsten Bewegungen, nämlich noch am 4. Febr. Bei C sah ich zum letztenmal eine Bewegung am 30. Jan., bei A trat die Betäubung schon viel früher ein, ich erhielt zum letztenmal eine spontane Bewegung von ihm am 26. Jan. Als weitere Bestätigung und um zu zeigen, daß die Kurven für die Vb. und Hb. gut zusammenstimmen, gebe ich noch einen gleichen Versuch wieder, der leider nicht lange genug fortgesetzt wurde, um auch die spätere Wiederverkleinerung der Tb. zu zeigen, Die Zahlen bedeuten u. Versuch 19. Mittel Mittel Gesamt- der Vb. der Hb. mittel 8. Diez, 665 502 583,5 Tiere im Gleichgewicht. In aus- gekochtes Wasser. 9. Dez. 621 467 544 „ Zu schwer 10. Dez. 588 454 521 EEE AL), 11. Dez. 575 438 BOB We. ok 12. Dez. 565 428 496,5 Minimum 13: Dez. 565 438 501,5 14. Dez. 570 440 505 Tiere werden allmählich 15. Dez. 997 456 526,5 leichter. £6. Dez. 601 464 532,5 538 GERHARD V. FRANKENBERG, Ich habe auf diese Versuche zuerst sehr viel Wert gelegt, weil sie mir zu beweisen schienen, daß die Tiere die Fähigkeit hätten, Luft in ihre Blasen abzuscheiden, trotzdem ihnen von außen sicher keine geliefert wurde. Man braucht dabei nicht gerade an intra- molekulare Atmung zu denken, aber allenfalls könnte es sich um Erzeugung gasförmiger Stoffwechselprodukte handeln. Indes je mehr ich mich von der sonderbaren Quellungsfähigkeit der Tb. überzeugte, kam ich von dieser Annahme ab, und jetzt glaube ich, daß das Wiederanwachsen der Tb. in entlüftetem Wasser auf einem (vielleicht rein pathologischen) Quellungsvorgang beruht, - oder mit anderen Worten, dab die Abscheidung von Luft nicht Ursache, sondern Folge des Größerwerdens der Tb. ist. Es läge hier dann dieselbe Erscheinung zugrunde, die ich schon in Ab- schnitt c als ein Merkmal kranker Tiere beschrieb, ein Durchlässig- werden der Matrix für die Stoffe, welche die Quellung der Blasen- wand veranlassen. Trotz dieser so ganz anderen Deutung halte ich an der Wichtig- keit der vorstehenden Versuche fest, denn sie zeigen deutlich, dab die Quellung des Tracheins imstande war, die Tb. trotz des starken osmotischen Druckes, der auf ihnen lastete, zu vergrößern. Zweifel- los hat ein recht erheblicher Unterdruck in den Tb. bestanden, aber die Quellungskraft der Wände hielt ihm das Gleichgewicht. Erst diese Erkenntnis machte mir später die Wachstumsvorgänge an den Tb. recht verständlich. Worin die nachträgliche (zweite) Verkleinerung der Tb. bei Tier B und C des Versuches 18 ihren Grund hat, ist schwer zu sagen. Dieser Vorgang würde ja sehr leicht zu verstehen sein, wenn man die Vergrößerung der Tb. auf Luftsecretion zurückge- führt hätte, denn dann bedeutete er einfach, daß die Gasdrüsen er- schöpft wären. Doch auch auf Grund der Quellungshypothese läßt sich viel- leicht eine Erklärung finden. In Abschnitt c erwähnte ich bei der Schilderung des Quellens isolierter Blasen, daß deren Quellung nach längerer Zeit wieder erheblich zurückgeht (vgl. Versuch 2), und um einen Vorgang dieser Art wird es sich wohl auch hier handeln. Weitere Fälle solcher Wiederverkleinerung bringt Abschnitt III d. Wenn ich im Vorhergehenden vom umgebenden Wasser sprach, das den Tb. Luft entziehe, so war das natürlich so gemeint, daß das Blut als Vermittler dient. Aber auch normalerweise, in durch- aus lufthaltigem Wasser, nimmt das Blut äußerst lebhaft das in Die Schwimmblasen von Corethra. 539 ‘den Tb. enthaltene Gas auf, wenn es darankommen kann. Das sieht man daran, daß eine zerquetschte Blase in ganz kurzer Zeit ihres gasförmigen Inhalts beraubt wird. Und da die Versuche 18 und 19 zeigen, daß die Matrix auch im lebenden Tiere für Luft durchlässig ist, so ist es klar, daß den Tb. durch das Blut fort- während Luft entzogen wird. Man muß also annehmen, daß in den Tb. dauernd Unterdruck herrscht oder daß ein fortwährender Strom von Luft etwa aus den Tracheencapillaren in die Blasen und aus den Blasen ins Blut fließt. Im letzten Falle würden die Tb. nebenher als eine Art von Lungen wirken, aber sicher könnte diese Wirkung nur recht schwach sein. f) Gasblasenbildung bei Unterdruck. Unter diesem Titel will ich eine Erscheinung besprechen, die zwar nur durch das Experiment sichtbar wird, der aber wahrschein- lich doch ein normaler Vorgang zugrunde liegt. Läßt man den Unterdruck einer kräftigen Wasserstrahlpumpe auf die Tiere wirken, so sieht man bei einem Teil von ihnen plötz- lich große Blasen im Körper auftreten. Es ist offenbar, daß es sich hier um ein Leckwerden des Tracheensystems infolge der Ausdeh- nung des Gases in den Tb. handelt, denn die „Gasblasen“ treten stets in der Nähe der Tb. auf, und zwar gewöhnlich zuerst bei den Vb., später häufig auch an den Hb. In vielen Fällen läßt sich nachweisen, daß es die Blasen selbst waren, welche platzten, doch scheint es ebenso oft vorzukommen, daß die Wand der Bulbi zer- reißt. Dieser Vorgang hat natürlich an sich gar nichts Auffallendes. Läßt man aber denselben Unterdruck weiter bestehen, so wachsen die Gasblasen sehr stark, und zwar oft so schnell, daß man das Wachsen direkt unterm Mikroskop sehen kann, und schließlich er- füllen sie buchstäblich den gesamten Körper des Tieres, der da- durch ganz prall und starr wird. Die im Körper eingeschlossenen Gasmengen pressen alle Organe zur Seite, und ihr Druck bringt stets die Haken am Hinterende, häufig auch den Pharynx zur Aus- stülpung. Noch mehr Wert möchte ich auf folgende Beobachtung legen. In der Regel bilden die Tiere nicht augenblicklich, wie es eben geschildert wurde, Gasblasen, sondern der Unterdruck bewirkt zu- nächst nichts als die bekannte Dehnung der Tb. Schließt man aber 540 GERHARD V. FRANKENBERG, das ausgepumpte Gefäß, worin sich die Tiere befinden, mit einem Quetschhahn ab (um sicher zu sein, daß der Druck sich gleich bleibt), so treten nach längerer Zeit, manchmal erst nach Stunden, doch noch typische Gasblasen auf. Hierdurch fällt meines Er- achtens der Einwand, daß das Gas unmittelbar vom Blute ausge- schieden wird. Es muß hier vielmehr der Druck in den Tb. all- mählich immer mehr angestiegen sein, bis sie endlich platzten. Das Gas wird also zunächst ins Tracheensystem abgeschieden, und zwar, da es sich um so erhebliche Gasmassen handelt, wohl nicht aus dem Blute, sondern aus dem umgebenden Wasser. Hierfür spricht auch die Tatsache, daß es in entlüftetem Wasser gewöhn- lich nicht zur Bildung von Gasblasen kommt. Setzt man aber die Tiere, welche in luftarmem Wasser kein Gas bildeten, in luftreiches und stellt wiederum denselben Unterdruck her, so treten die Gas- blasen nach kürzerer oder längerer Zeit auf. Auch in entlüftetes Wasser gesetzte Tiere bilden manchmal noch Gasblasen, wenn man sogleich Unterdruck herstellt. Es handelt sich aber in diesem Falle zweifellos um ein einfaches Platzen der Tb., nicht etwa um die Abscheidung aufgespeicherter Gase, was schon daraus hervorgeht, daß die vorhandene Gasmenge sich nicht mehr vergrößert. Die Gasabscheidung scheint von den Ausläufern der Tb. her zu geschehen: Versuch 20. Einer Larve wurde die rh. mit einer Pinzette im Körper zerquetscht. rh. blieb plattgedrückt. Nun Unterdruck: rh. schwoll vom Hinterende her auf und gab dann eine Luftblase nach der andern in die Leibeshöhle ab. Nach Wiederherstellen des Normaldruckes sind die Gasblasen immer noch von ansehnlicher Größe und werden vom Blute erst im Laufe der nächsten Tage aufgezehrt. Tiere, die einmal Gasblasen gebildet haben, d. h. deren Tb. leck sind, bilden sie das nächste Mal viel schneller, da jetzt der Widerstand der Tb.-Wände nicht mehr überwunden zu werden braucht. Auch mit Urethan betäubte Tiere bilden in Unterdruck Gas- blasen, ja sogar Larven, die durch Hitze getötet sind, tun es noch. Also ist diese Gasabscheidung offenbar nicht an die lebende Zelle gebunden, sondern wohl einfach als ein physikalischer Vorgang auf- zufassen. Nichtsdestoweniger könnte sie im Leben des Tieres eine Die Schwimmblasen von Corethra. 541 Rolle spielen. Doch möchte ich hierauf nicht eher eingehen, als bis ich gewisse analoge Erscheinungen bei den ganz jungen Larven und den Puppen besprochen habe. g) Widerstandskraft gegen Gifte, Hunger u. a. Auf das Verhalten gegen Gifte, das mit der Atmung weniger zu tun hat, würde ich kaum näher eingehen, wenn es mir nicht darauf ankäme, zu zeigen, dab die scheinbar so zarte Körperwand von Corethra wider Erwarten recht undurchlässig ist. Selbst für Wasser kann sie nicht besonders durchlässig sein, denn Tiere, die - man in reines Glycerin bringt, schrumpfen erst nach einigen Stunden. Auch die Durchlässigkeit für Luft kann nicht so groß sein, wie man immer gedacht hat, denn sonst müßten die im vorigen Ab- schnitt besprochenen Gasblasen, die im Körper des Tieres so starken Überdruck erzeugen, vom umgebenden Wasser nach Wiederherstellen des Normaldruckes schneller wieder aufgelöst werden. Recht auffallend ist ferner die geringe Wirkung der üblichen Betäubungsmittel, wie Orthoform, Athylurethan u. a., auf die Larven, und ebenso bemerkenswert ist die Tatsache, daß Corethren es in fauligem, verschmutztem Wasser aushalten, nachdem alles andere Plancton längst abgestorben ist. Den Einfluß solchen Wassers auf das Pigment habe ich schon in Abschnitt b erwähnt. Übrigens beweist dieser Fall, daß oben- drein die Gewebe, wenn endlich doch Giftstoffe eindringen, eine starke Widerstandskraft entfalten; denn es dauert lange, bis die Larven, deren verblaßtes Pigment vom Eindringen schädlicher Stoffe zeugt*), wirkliche Krankheitssymptome zeigen. Über den geringen Einfluß von Alkohol kann ich folgenden Versuch anführen: Versuch 21. 14. Nov. 1913. 3h 50‘. Eine Larve in 50°, Alkohol, sie sinkt zu Boden und bewegt sich lebhaft. 4h 30’. Krampfartige Zuckungen. 5h. Regungslos. Herz und Darm unbewegt. Tier nun in Wasser gebracht: es treibt an der Oberfläche. 1) In .bloß entlüftetem Wasser bleibt nämlich die Pigmentfarbe un- ‚verändert. 549 GERHARD V. FRANKENBERG, 15. Nov. 9h 20‘. Lebhafte Muskelzuckungen. Darm ganz schwach bewegt. Tier noch zu leicht. 17. Nov. Vollständig erholt. Das Tier lebte noch Jan. 1914. Im Zusammenhang mit dieser außerordentlichen Widerstands- kraft steht sicher, daß Vitalfarbungen bei Corethra so schlecht an- greifen. Von allen Farben, die ich anwandte, rief eigentlich nur Methylenblau in ziemlich starker Lösung eine Färbung hervor. Es färbte den mittleren Teil des Darmes und die Önocyten. Das Verhalten der Corethra gegen Hunger muß ich schon des- halb schildern, damit es nicht scheint, als ob ich diesen Punkt in den vorhergehenden Abschnitten aus Versehen unberücksichtigt ge- lassen hätte. Tatsächlich können die Tiere es so lange ohne Nah- rung aushalten, daß ich berechtigt war, den Nahrungsmangel z. B. bei den von der Luft abgeschlossenen Tieren zu vernachlässigen. Ich führe den folgenden Fall an, der auch sonst nicht ohne Interesse sein dürfte. Versuch 22. 4. Dez. 1913. Der Pharynx war infolge von Gasblasenbildung bei Unterdruck ausgestülpt worden und blieb dauernd so, wohl durch Zer- reißen der Rückziehmuskeln. 20. Dez. Tier wohlauf. Tb. sämtlich luftgefüllt, obwohl sie am 4. Dez. geplatzt waren. Tier etwas schwerer als Wasser. 18. Jan. 1914. Tier gesund, leichter als Wasser. Der noch immer ausgestülpte Pharynx macht peristaltische Bewegungen. Das Tier starb in der 2. Hälfte des Januar. Bemerkenswert ist, daß das Tier schließlich zu leicht wurde. Das war nach sehr langem Hungern stets der Fall, ohne daß des- halb Krankheit vorzuliegen brauchte. Offenbar ist es der Corethra nicht möglich, ihre Tb. so weit zu verkleinern, daß sie den durch Hungern abgemagerten Körper im Gleichgewicht halten. Da aber, wie ich später in Abschnitt IIId zeigen werde, bei hungernden Tieren zunächst eine gewisse Verkleinerung der Tb. stattfindet, so spielt Leichterwerden durch Hunger im normalen Leben wohl kaum eine Rolle. : Gegen Verletzungen ist die Corethra ebenso empfindlich wie andere Insectenlarven. Da das Blut schwerer als Wasser ist, steigt eine verwundete Corethra sofort an die Oberfläche. Die Gewichts- verminderung hierbei ist so groß, daß ich zuerst glaubte, es handele Die Schwimmblasen von Corethra. 543 sich um eine Vergrößerung der Tb., aber Messungen zeigten mir, daß das nicht der Fall ist. Ill. Die Füllung und das Wachstum der Blasen. , à) Entwicklung bis zum Verlassen des Hies. Es ist nicht schwer, die Corethren in der Gefangenschaft zur Eiablage zu bringen. Setzt man eine reichliche Menge Puppen in ein bedecktes, warm stehendes Aquarium, das nur zur Hälfte voll ist, so sind alle Bedingungen erfüllt: die Imagines schlüpfen aus, und nach nicht langer Zeit legen die Weibchen runde, scheiben- förmige Gelege mitten aufs Wasser. Einige Male hatte ich Gelegenheit, die Eiablage zu beobachten. Das © sitzt auf dem Wasser, ohne dessen Oberfläche mit dem Hinterende zu berühren, und läßt alle 2 Sekunden ein Ei fallen. Auf dem Wasser ordnen sich die Eier von selbst zu einer rund- Fig. K. Embryonen. Zeichenokular. 100:1. a früheres Stadium, dorsal. b spätes Stadium, kurz vor dem Schlüpfen, dorsal. c dasselbe, von links. lichen Scheibe an. Manchmal, wenn die schon gelegten Eier nicht ordentlich auseinanderweichen, bilden die zuletzt geborenen einen kleinen Knopf auf der Mitte der Scheibe. Kurz nach der Ablage sind die Eier schneeweiß, die Farbe 544 GERHARD V. FFANKENBERG, geht aber noch am 1. Tage in Braun über und wird schließlich tiefschwarz. Legen unbefruchtete 99 ihre Eier ab, so bleiben diese meist weiß und sinken zu Boden, doch kommen auch schwarze, schwim- mende Gelege zustande, die von den befruchteten mit bloßem Auge nicht zu unterscheiden sind. Aber trotzdem es recht häufig zur Ablage unbefruchteter Eier kommt (von 20 isolierten © laichten 8), sah ich diese sich nie entwickeln. Die Entwicklung der Eier dauert 3—4 Tage. Fig. Ka zeigt ein frühes Stadium, auf dem weder von den Augen, noch von den Tb. etwas zu sehen ist. Die Tb. erscheinen nicht viel später als längliche Säckchen und werden im weiteren Verlauf des Embryonal- lebens kugelrund, wie es Fig. Kb u. c zeigen. Auf diesem Stadium sind sie bekanntlich noch nicht mit Luft gefüllt, sondern enthalten eine Flüssigkeit, die etwas stärker lichtbrechend ist als Wasser. MeEInERT bezeichnet sie als Serum. Dorsal auf den Tb. sind bereits einige Pigmentzellen zu sehen, welche aber noch nicht sehr dunkel sind. i Fig. Ke zeigt ferner, daß die junge Larve im Ei stark zu- sammengepreßt ist und daß das 10. Segment die benachbarten an Dicke weit übertrifft. In der Schale der Eier müssen starke Spannungen bestehen, denn wenn man ein Ei mit dem Deckglas zerdrückt, so zerspringt die Schale in viele Stücke, und jedes Bruchstück rollt sich sofort zu einem engen Röhrchen ein. b) Erste Füllung der Blasen. Das Aufspringen der Eier geschieht in der Weise, daß die Schale der ganzen Länge nach ventral aufreißt und beide Ränder des Risses sich einrollen. So entsteht ein ziemlich schmaler Spalt, durch den das Tier sich hindurchzwängen muß. Die Eier an der Peripherie des Geleges bersten zuerst, die in der Mitte liegenden zuletzt. Die jungen Corethren schlüpfen mit dem Hinterende voran, und es bereitet ihnen sichtlich große Mühe, den dicken Kopf aus der Schale zu befreien, die sich jetzt nach Form und Lage am besten mit einem gekenterten Boot vergleichen läßt. Ich lege Wert darauf,‘ festzustellen, daß das Auskriechen gelegentlich eine halbe Stunde dauert und daß die Tiere, um freizukommen, mit dem Körper fort- während heftige Bewegungen machen müssen. Die Schwimmblasen von Corethra. 545 Zunächst sind nun die jungen Tiere schwerer als Wasser, weil ihre Tb. noch nicht gefüllt sind, aber da sie fortwährend lebhaft schlängelnde Körperbewegungen ausführen, welche sehr an die der Chironomuslarven erinnern, so fällt dem Beschauer der Mangel des Schwebvermögens kaum auf. Die Füllung der Tb. mit Luft erfolgt meist binnen 5 Minuten nach dem Schlüpfen, kann aber gelegent- lich viel länger auf sich warten lassen. Hat man indes eine genügende Anzahl schlüpfender Tiere im Gesichtsfeld, so gelingt es bei einiger Geduld nicht schwer, die Füllung selbst zu beobachten. Sie geschieht in völlig anderer Weise, als ich erwartet hatte. Das Tracheensystem nämlich, welches nach einigen Autoren auf diesem Stadium aus zwei soliden Strängen besteht und nach den Angaben anderer überhaupt erst viel später angelegt wird, ist nicht nur schon vorhanden, sondern auch bereits funktions- fähig, und, um es kurz zu sagen, mit Hilfe des Tracheensystems erfolgt die Füllung der Tb. Der ganze Vorgang spielt sich so rasch ab, daß ihm das Auge kaum folgen kann. Der caudal von den Hb. liegende Teil der Tracheenlängsstämme füllt sich plötzlich von hinten her mit Luft, und unmittel- bar darauf tritt auch schon in beide Hb. durch die Mündungsstelle der Längsstämme eine winzige Luft- blase ein. 2 bis 3 weitere Bläschen füllen die Hb., und nun sieht man 2 feine Luftsäulen in den Tracheen- längsstämmen des 10. bis 3. Segments nach vorn schießen und die Vb. in gleicher Weise füllen (Fig. L). Kaum sind die Tb. voll, dann verschwinden die Luftsäulen aus den Tracheen wieder so schnell, wie sie auftraten, und zwar gewöhnlich auch in gleicher Richtung, nämlich von hinten nach vorn. Zu ihrem Verschwinden trägt sicher das Blut bei, welches zurück- gebliebene Reste von ihnen in kürzester Zeit auflöst. Fig. L. Schema des Tracheensystems in der 1. Haut. soweit es sich bei der Füllung der Tb. mit Luft füllt. In dieser vorübergehenden Weise füllen sich nicht nur die Längsstämme selbst, sondern auch Querverbindungen im 4.—8. Seg- ment und außerdem die Abzweigungsstellen der Seitenäste (Funiculi) in den gleichen Segmenten. Fig. L zeigt, daß die Tb. etwas schräg 546 GERHARD v. FRANKENBERG, in den Verlauf der Längsstämme eingeschaltet sind, und diese schräge Lage hat vielleicht Weısmann veranlaßt zu glauben, sie hingen nicht mit ihnen zusammen. Die Füllung geht also von der Stelle aus, die dem Atemrohr der anderen Culicidenlarven (Culex, Mochlonyx etc.) entspricht, und das legt den Gedanken nahe, dab etwa auch das Stigma hier gar nicht rudimentär sei, sondern sich an der Wasseroberfläche öffne und so die Luft in die Tracheen gelangen lasse. Es ist aber leicht zu zeigen, daß von einem mit der atmosphärischen Luft in Verbin- dung tretenden Stigma hier nicht die Rede sein kann, denn die Füllung der Tb. erfolgt in genau gleicher Weise unter dem Deck- glas und tief unter der Wasseroberfläche. Wichtig scheint mir, daß die Luftsäulen sich im 11. Segment am längsten halten, trotz- dem das Blut sie doch sicher ebenso schnell aufzulösen bemüht ist wie die in den anderen Segmenten, welche sofort merklich kürzer werden, wenn sie nicht mehr in Verbindung miteinander stehen. Um jedoch in betreff des Ortes, wo die zur Füllung dienende Luft erzeugt wird, ganz sicher zu gehen, habe ich noch einige ein- fache Experimente mit Larven angestellt, die kurz vor der Füllung standen. Versuch 23. Kopf kurz vor der Füllung abgeschnitten. Gleich danach füllten sich die Hb. und kurz darauf auch die Vb. in durchaus normaler Weise. Versuch 24. “ Larve mitten durchgeschnitten. Kurz darauf regelrechte Füllung der Hb., während die Vb. leer blieben. Der Versuch wurde an einem andern Tier mit gleichem Erfolge wiederholt. Versuch 25. Körper im 11. Segment, dicht hinter den Hb., durchgeschnitten. Tier verhältnismäßig wenig geschädigt, bewegt sich lebhaft. Weder Hb. noch Vb. füllten sich. Man kann demnach nicht wohl umhin, eine Art von Gasdrüsen anzunehmen, welche in der Nähe des rudimentären Stigmas im 11. Segment liegen müssen. Die morphologische Untersuchung zeigt leider nichts weiter als einen Haufen großer kugliger Zellen, der wie eine Verdickung der Hypodermis aussieht und die Tracheen- längsstiämme eine kurze Strecke weit begleitet. Die Schwimmblasen von Corethra. 547 Jedenfalls ist an einer aktiven Ausscheidung von Gas nach den Versuchen 23—25 nicht zu zweifeln. Es scheint sich um den plötzlichen Zerfall einer chemischen Verbindung zu handeln, denn das Wachsen der Gasmenge erfolgt zu rasch, als daß es auf das bloße Vorhandensein einer semipermeablen Membran zurückgeführt werden könnte. Auch werde ich nachher einen Versuch anführen, der beweist, daß das Gas vor der Abscheidung bereits in irgend- einer Form, sei es nun physikalisch oder chemisch, gespeichert sein muß, um sich dann so plötzlich abscheiden zu können. Einigermaßen rätselhaft ist der Verbleib des in den Tb. befind- lichen Serums. Wiederholte Messungen ergaben, daß bei der Füllung keine Größenzunahme der Tb. erfolgt. So bleibt nur die Annahme, das Serum werde durch irgendeine Öffnung des Tracheensystems, etwa die Bruststigmen, aus dem Körper abgeschieden oder diffun- diere durch die Blasenwand ins Blut. Letzte Behauptung scheint zwar bei der gar nicht genug hervorzuhebenden Schnelligkeit, mit der die Füllung verläuft, etwas seltsam, hat aber fast ebenso viel für sich wie die Annahme excretorisch tätiger Stigmen. Übrigens ist hier zu erwähnen, daß das Serum wenigstens aus den Vb. nicht sofort völlig verschwindet, sondern daß außen hinten an jeder Vb. zunächst eine kleine Flüssigkeitskalotte zurückbleibt. Da mir sehr viel daran lag, zu wissen, ob das Tier die Luft aus dem umgebenden Wasser bezieht oder im eigenen Körper er- zeugt, so stellte ich über diesen Punkt einige Versuche größeren Maßstabes mit luftfreiem Wasser an. Versuch 26. 10h. 40—50 schlüpfende Larven und Eier in frisch entluftetes Wasser. Tb. aller Tiere noch ohne Luft. 10h 2. Die Tb. eines Tieres (A) füllen sich mit Luft. A war etwas früher geschlüpft und daher länger als die andern mit dem luft- haltigen Wasser in Berührung gewesen. 10h 8. A und 2 andere Tiere schwimmen frei im Wasser umher. 10h 20. Viele Tiere schwimmen frei umher, aber außer A hat keins Luft in den Tb. Die Tiere des Kontrollversuchs (vom selben Ge- lege stammend, in lufthaltigem Wasser) hatten um diese Zeit größtenteils schon gefüllte Tb. 11h. Fast alle geschliipft. Außer A alle ohne Luft und infolge- dessen zu schwer, sinken mit dem Kopf voran. Alle Tiere sehr lebhaft und trotz des luftarmen Wassers in keiner Weise geschädigt. Auffallend ist die stark positive Phototaxis der „ungefüllten* Larven. - 11h 45. Alle geschlüpft, äußerst lebhaft, positiv phototaktisch. 548 - GERHARD v. FRANKENBERG, Tb. nur bei A gefüllt, während die Kontrolltiere nunmehr sämtlich ge- füllte Tb. haben. 12h. In lufthaltiges Wasser: binnen einer Minute füllen fast alle Tiere ihre Tb. mit Luft; Leichterwerden mit bloßem Auge zu erkennen. 12h 5‘. Alle Tiere haben luftgefüllte Tb., schweben im Wasser, sind durchaus nicht mehr phototaktisch. Versuch 27. 30 Tiere desselben Geleges, die zu verschiedener Zeit geschlüpft waren, aber sämtlich noch ungefüllte Tb. hatten, in luftfreies Wasser. 2 Tiere, die nachweislich schon seit längerer Zeit geschlüpft waren, füllten ihre Tb. einige Minuten, nachdem sie von der Luft abgeschlossen wurden. Die Füllung erfolgte in durchaus normaler Weise. Im übrigen verlief dieser Versuch durchaus wie der vorhergehende. Aus diesen Versuchen geht einerseits klar hervor, daß die ins Tracheensystem abgeschiedene Luft aus dem umgebenden Wasser stammt, andrerseits zeigen sie aber auch, daß der Füllung der Tb. eine Aufspeicherung von Luft in den Gasdrüsen vorangeht, denn sonst hätte es unmöglich bei einigen Tieren im entlüfteten Wasser zur Füllung kommen können. Bemerkenswert ist auch, daß die anderen Tiere ihre Blasen nicht wenigstens teilweise füllten, obwohl sie doch vorher gewiß Gelegenheit gehabt hatten, mit lufthaltigem Wasser in Berührung zu kommen und etwa soviel Luft aufzuspeichern, wie zur Füllung der Hb. nötig ist. Offenbar beginnen die Tiere nicht eher, Gas nach innen abzuscheiden, als bis sie genug davon beisammen haben. Nach alledem dürfte es sich wohl weniger um einen physi- kalischen Prozeß als um einen chemischen Vorgang innerhalb der lebenden Zelle handeln. Die Speicherung besteht offenbar im Auf- bau jener labilen Verbindung, von der ich vorhin sprach, und sicher ist Sauerstoff zu ihrer Synthese nötig. Es ist anzunehmen, daß die lebhaften Körperbewegungen beim Auskriechen eine ziemlich wesent- liche Rolle bei der Füllung der Tb. spielen, indem sie die Gas- drüsen in innige Berührung mit dem Wasser bringen. Das Tier wird merklich ruhiger, sobald seine Tb. gefüllt sind. Es wäre interessant, zu untersuchen, ob die Füllung auch bei Larven vor sich geht, die in einer reinen Stickstoffatmosphäre ge- schlüpft sind. Krocx hat (1911) in den Tb. erwachsener Tiere ein Gasgemisch nachgewiesen, das der atmosphärischen Luft an Zu- sammensetzung sehr ähnlich ist und nur etwas mehr Stickstoff (83,5 °/, im Mittel) enthält. Er hat aber zugleich auch gezeigt, dab Die Schwimmblasen von Corethra. 549 die Partialdrucke der im umgebenden Wasser gelösten Gase sich alsbald in den Tb. ebenfalls herstellten. Es ist daher sicher, dab sich auch in den Tb. junger Tiere nach einiger Zeit atmosphärische Luft befinden muß. Trotzdem wird zur ersten Füllung vermutlich ein einziges Gas verwandt werden, über dessen Art die Methode Kroen’s vielleicht Aufschln& geben könnte. Jenes seltsame phototaktische Verhalten der jüngsten Larven, wie es in Versuch 26 geschildert ward, ließ fast vermuten, daß Be- lichtung zum Zustandekommen der Füllung nötig sei, doch konnte ich feststellen, daß sie auch im Dunkeln vor sich geht. Vielleicht soll der Phototropismus die Larven in höhere, sauerstofreichere Wasserschichten führen. Interessant ist, daß das entlüftete Wasser die einmal abge- schiedene Luft nicht aus den Tb. herausziehen kann. Die Blasen- wand muß in der 1. Haut recht stark sein, denn selbst nach mehr- tägiger Einwirkung ausgekochten Wassers wurde gefüllten Tb. ihre Luft gewöhnlich nicht entzogen. — Man hätte erwarten können, daß bei Anwendung von Unter- druck frisch geschlüpfte Tiere ihre Tb. sofort füllen würden, aber die Druckänderungen blieben in dieser Hinsicht ohne jeden Erfolg, wohl ein weiterer Beweis gegen rein physikalische Abscheidung. Dagegen war das Ergebnis sehr merkwürdig, als ich die Tiere zwang, die erste Füllung bei verändertem Druck vorzunehmen. Versuch 28. -24. Mai. Ein halbes Gelege mit weit entwickelten Embryonen wird einem Überdruck von + 56 cm Hg unterworfen und bei diesem Druck ‚belassen. 25. Mai. Alle Larven geschlüpft, ziemlich matt, Tb. sämtlich ge- füllt. Tiere schweben im Wasser. Normaldruck hergestellt: Alle Tiere werden sofort zu leicht, vielen platzen die Tb. und das austretende Gas hat das 10—20 fache Volumen der Tb. Versuch 29. 24. Mai. Die andere Hälfte des Geleges von Versuch 28 in Unter- druck (— 44 cm Hg). 25. Mai. Alle geschlüpft, Tb. gefüllt. Schweben im Wasser. Normaldruck hergestellt: Tiere werden schwerer als Wasser. Das Resultat von Versuch 29 ist nicht schwer zu verstehen. Es wurde vermutlich zuerst das gewöhnliche Quantum Luft in die Zcol. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 36 550 GERHARD V. FRANKENBERG, Tb. abgeschieden, und hierdurch entstand ein Druckgefälle zwischen dem Innern der Tb. und der Umgebung. Eine Diffusion von Gas nach außen mußte die Folge sein, und somit liegt hier nur ein Spezialfall der in Abschnitt IId geschilderten automatischen Regu- lation vor. Weniger leicht ist Versuch 23 zu deuten. Sobald freilich die Tb. einmal mit Luft gefüllt und irgendwie abgeschlossen waren, mußte ja die Luft aus der Umgebung in sie hineindiffundieren, bis der Druckunterschied ausgeglichen war. Das Auffallende ist, daß die Füllung trotz des entgegenstehenden Druckes überhaupt zu- stande kam. Man muß vielleicht annehmen, daß die Tätigkeit der abscheidenden Elemente spontan eine Verstärkung oder auch bloß zeitliche Ausdehnung erfahren hat. Jedenfalls ist es wichtig, daß die Tb. sich auch bei erhöhtem Druck füllen können und daß das Gas in den Tb. unter demselben Druck steht, der in der Umgebung herrscht. Ich erinnere hier nochmals an das von WESENBERG sorgfältig untersuchte Vorkommen von Corethren in 30—40 m Tiefe. Nach dem Vorhergehenden scheint mir kein Grund mehr zu der Annahme, daß der hydrostatische Apparat der Tiefencorethren abweichend vom Typus gebaut sei. Dies ist wohl auch der Ort, das Verhalten der fertig mit Luft gefüllten jungen Larven bei Druckänderung zu besprechen. Ihre Tb. zeigen sich auch hier auffallend widerstandsfähig. Man muß schon recht starken Unterdruck anwenden, um sie zum Platzen zu bringen, und erreicht in der Regel nur, daß sie sich in der Längs- richtung des Körpers ausdehnen und Spindelform annehmen. Die Längsstämme der Tracheen füllen sich nicht, wenn die Luft in den Tb. durch Unterdruck gedehnt wird, die Tb. müssen also wohl un- mittelbar nach der Füllung sehr fest verschlossen werden, was ja auch schon deshalb nötig ist, weil das Blut sonst die Luft aus. ihnen herauslösen würde. c) Anzahl der Häutungen. Es ergab sich von selbst, daß ich die einzelnen Stadien in der weiteren Entwicklung der Larven genauer kennen lernen mußte, wenn ich über das Wachstum der Tb. Klarheit haben wollte. Ich hatte mich zuerst auf die Angaben Weısmann’s verlassen, aber leider sind ihm in diesem Punkte einige Irrtümer untergelaufen. WersMANN zählt 5 Larvenhäute (p. 71), während es nach meinen Beobachtungen nur 4 gibt. Außerdem hat er offenbar die beiden. Die Schwimmblasen von Corethra. 551 letzten Stadien zusammengeworfen, denn er gibt an (p. 51), daß die Plättchen am Stirnfortsatz, die ich im Abschnitt Ila erwähnt habe, erst bei der letzten Häutung auftreten, während sie sich in Wirk- lichkeit schon anf dem 3. Larvenstadium finden. Nachstehend gebe ich einen kurzen Überblick über das Aus- sehen der 4 Stadien. Die Zahlen, die das Wachstum der Körper- länge und des Kopf- und Brustabschnitts von einer Häutung bis zur anderen angeben, sollen nur als Anhaltspunkte dienen. 1. Haut. Körperlänge 1100—3100 u. Kopf und Brust 380 —960 u. Stirnfortsatz trägt weder Plättchen noch schilfblattähnliche Borsten, sondern nur jederseits ein Haar. Oberlippe ohne Borsten, aber mit kleinen Kämmchen an ihrer Spitze. Steuerruder aus weichen, ungefiederten Haaren bestehend. Schwanzborsten unge- fiedert. Haken am Hinterende fehlen, Kämme schon ausgebildet. Letztes Segment etwas ventralwärts herabgebogen, ähnlich wie bei Culex. Facettenaugen fehlen. Tb. nicht nierenförmig, zeigen keine Spiralfäden. Bulbi fehlen. Tracheen kurz nach dem Schlüpfen vorübergehend gefüllt. -2. Haut. Länge 3200—4800 u. Kopf und Brust 1000—1450 u. Borstenbündel am Ventralrand des Stirnfortsatzes vorhanden, Plättchen noch nicht. Steuerruderhaare und Schwanzborsten gefiedert. Haken am Hinterende vorhanden. In dieser Haut werden die Fa- cettenaugen ausgebildet. Tb. mit Spiralfäden, nierenförmig gekrümmt. Bulbi fehlen. Tracheen ungefüllt. 3. Haut. Länge 5000—7000 u. Kopf und Brust 1550--2350 u. Plattchen vorhanden. Bulbi fehlen noch. Nur im Kopf gefüllte Tracheen. 4, Haut. Länge 8000—13 000 u. Kopf und Brust 2450—4000 u. Bulbi vorhanden. In jedem Segment gefüllte Tracheen. _ Imaginalscheiben, Anlagen der Nackenrohre usw. treten hervor. Im übrigen vgl. Abschnitt IT a und b. Selbst bei bester Pflege und warmer Witterung dauerte die Ent- wicklung im Aquarium beinahe 2 Monate. Das nachstehend ange- führte Tier war mit Nahrung stets reichlich versehen. 36* 552 GERHARD V. FRANKENBERG, Versuch 30. 2. Mai. Eiablage. 6. Mai. Aus dem Ei geschlüpft. 16. Mai. Erste Häutung. 23. Mai. Zweite Häutung. 30. Mai. Dritte Häutung. 22. Juni. Verpuppung. 25. Juni. Imago geschlüpft. Die 1. Häutung erfolgt in der Regel etwas früher als bei diesem Tier, aber daß sie schon am 2. Tage vor sich gehe (Wers- MANN, p. 71), fand ich nie bestätigt. Bei Nahrungsmangel oder zu tiefer Temperatur wird die Ent- wicklung nicht nur verlangsamt, sondern bleibt sogar völlig stehen. Infolgedessen überdauern die Corethren in der letzten Larvenhaut den Winter, ohne von den Organen der Puppe mehr als schwache Anlagen auszubilden. Wie es allerdings kommt, daß sich in der kalten Jahreszeit nur Larven in der 4. Haut vorfinden und daß die Corethren, die man im Freien zusammen findet, fast durchweg auf ein und demselben Stadium stehen, bedarf noch der Erklärung. Die Versuche, welche zur Aufstellung der vorliegenden Daten und zur Ermittlung der im nächsten Abschnitt beschriebenen Ver- hältnisse dienten, wurden mit isolierten Tieren und zwar in folgender Weise ausgeführt. Jedes Tier befand sich in einem zylindrischen Gläschen von 6 cm Höhe und 2,5 cm lichter Weite, also in einer Wassermenge, die bei der geschilderten Anspruchslosigkeit der Corethra völlig aus- reichte. In alle Gläser gab ich eine Elodearanke und als Futter in der Regel Daphnien, nur die Tiere in der 1. Haut erhielten große Infusorien. Die Daphnien mußten täglich durch frische er- setzt werden, denn sie starben binnen 24 Stunden fast alle ab, ver- mutlich weil die Corethren nach jeder vorüberschwimmenden hackten. Das Wasser wurde ebenfalls täglich zum Teil erneuert. Die Beobachtung geschah dann so, daß das Tier mit einem Glasröhrchen herausgefangen und in eine sogenannte feuchte Kammer (auf den Objektträger geklebter Glasring mit Deckglas, hier völlig mit Wasser gefüllt) gebracht wurde, wo die nötigen Messungen usw. mit ausreichender Genauigkeit und ohne Schädigung des Tieres vor- senommen werden konnten. Durch Umlegen des Mikroskops wurde, da die Larven sich stets mit dem Rücken nach oben einstellen, seit- liche Beobachtung auf die einfachste Weise ermöglicht, was bei Die Schwimmblasen von Corethra. 553 anderen Larven wohl nur durch Anpressen hätte geschehen können. Auf diese Weise habe ich von Anfang Mai bis Mitte Juli 1914 rund 30 Tiere auf längere Zeit unter ständiger Beobachtung ge- halten und gefunden, dab sie diese Lebensweise recht gut vertragen und nur bis zur 1. oder 2. Häutung etwas anfällig sind. d) Wachstum der Blasen. In Abschnitt I habe ich bereits erwähnt, daß die Corethra- Larve während ihres ganzen Lebens das gleiche spezifische Gewicht — hat wie das Wasser, und es ist vielleicht kaum nötig, auszuprechen, daß sie dies durch eine entsprechende Vergrößerung ihrer Schwimm- blasen zustande bringt. Tatsächlich wachsen z. B. die Vb. von rund 60 # Länge, die sie unmittelbar vor oder nach der Füllung haben, im Laufe der Larvenentwicklung bis auf ca. 850 «! Um es kurz zu sagen, bei allen Häutungen der Larve häuten sich die Tb. ebenfalls. Aber durch diesen Prozeß, den ich natürlich noch genauer schildern werde, kommt die eigentliche Ver- größerung gar nicht zustande, sondern er gibt gewissermaßen nur die Möglichkeit dazu. Es ist ja auch klar, daß mit einer derartigen ruckweisen Vergrößerung dem Tier durchaus nicht geholfen sein würde. Tatsächlich wachsen die Tb. einer unter normalen Verhältnissen lebenden, gesunden Corethra jeden Tag um ein erhebliches, gut meßbares Stück in die Länge, und in der Zeit von einer Häutung bis zur nächsten vergrößern sie sich gewöhnlich um mehr als 100%, (!). Dieses auffallend starke Wachstum findet in ganz derselben Weise statt wie die in Abschnitt II beschriebenen künstlichen Größen- änderungen der Tb., nämlich so, daß die Dicke sich nahezu gleich- bleibt und nur die Länge und zugleich die Krümmuug erheblich zunimmt (vel. Fig. G). Unmittelbar nach den Häutungen nämlich haben die Tb. eine nahezu kuglige Form und erscheinen von oben gesehen sogar als Ellipsen, deren Hauptachsen senkrecht zur Längsachse des Körpers verlaufen (Fig. Mb). In dem Maße nun, wie das Tier selbst wächst, werden die Tb. länglicher, und nach wenigen Tagen sehen sie von oben etwa birnförmig aus (derart, daß, um im Bilde zu bleiben, der Fruchtstiel bei den Vb. nach vorn, bei den Hb. nach hinten weist). Späterhin wird die Form in Dorsalansicht spitz elliptisch, dann rundlich elliptisch und endlich ganz lang und schmal. 554 GERHARD V. FRANKENBERG, Die Dicke der Tb. bleibt während der ganzen Zeit fast unverändert, nur eine ganz geringe Zunahme ist zu konstatieren. Ich führe hier keine Zahlen an, weil ich das erst nachher tun möchte, wenn ich die Häutungen besprochen habe. Es fragt sich nun: wie kommt dieses kontinuierliche und so überaus zweckmäßige Wachstum der Tb. zustande? Meiner An- sicht nach kann es da nur zwei Möglichkeiten geben. Entweder wird durch irgendwelche Drüsen oder auch von der Matrix selbst Gas in das Innere der Tb. ab- geschieden und so eine passive Dehnung der Blasenwand hervor- gerufen, oder es ist gerade um- gekehrt, d.h. der Hohlraum der Tb. vergrößert sich durch Quel- lung ihrer Wände, und die Folge ist ein innerer Unterdruck, der natürlich Abscheidung von Gas aus dem Blute in die Tb. be- Fig. M. wirken muß. Schema der Blasenhäutung. Letzte Auffassung hat sich mir als die richtige erwiesen. Die erste Annahme wird vielleicht am einfachsten dadurch ad absurdum geführt, daß eine angestochene Tb. ihr altes Volum beibehält, während sie doch sofort zusammensinken müßte, wenn sie ihre Größe nur dem Druck der in ihr eingesperrten Gase verdankte. ‘Außerdem haben wir in Abschnitt II c gesehen, daß die Blasenwand für Luft recht durchlässig ist. Eine passive Dehnung der Blasen- wand würde daher nach kurzer Zeit wieder zurückgehen. | Eine recht wesentliche Unterstützung erfährt meine Quellungs- theorie ferner dadurch, daß sich während des Wachstums an der Blasenwand erhebliche Strukturveränderungen vollziehen, die sicher auf nichts anderes als eine Quellung zurückgeführt werden Können. Während die Spiralfäden nämlich kurz nach einer Häutung so dünn sind und so dicht zusammenliegen, daß sie nur bei starker Ver- srößerung sichtbar werden, wachsen sie nach und nach stark in die Breite und erreichen schließlich wohl das Sechsfache ihrer ursprünglichen Dicke. Die Schwimmblasen von Corethra. 555 Da das gleichzeitige Längenwachstum der Spiralfäden äußerst schwach ist, so muß man entweder annehmen, daß sie eine spezi- fische Struktur besitzen, durch die eine Quellung nur in die Breite ermöglicht wird, oder vermuten, ihr Dickenwachstum erfolge durch An- oder Einlagerung fester Stoffe. Daß jedenfalls „Quellung“, also Vergrößerung durch Aufnahme von Flüssigkeit, im Spiele ist, geht u. a. schon daraus hervor, dah die Blasenwand auch dann noch zu wachsen vermag, wenn die Matrix, die doch allein eine Ablagerung bewirken könnte, ihr nicht mehr fest anliegt (s. u.: Häutung, z. B. Vers. 34). Ich bezeichne im Folgenden das Wachstum der Blasenwand ‚durchweg als Quellung, ohne Rücksicht darauf, daß vielleicht zeit- weise auch eine Anlagerung fester Materie erfolgt. Eine Ent- scheidung über diesen Punkt wird erst möglich sein, wenn genaue Forschungen über die feinste Struktur der Tracheen vorliegen. Die Quellung darf demnach als Ursache des Wachstums der Tb. angesehen werden. In ihr sehe ich zugleich auch das Mittel, wodurch verhindert wird, daß das Blut den Tb. ihren gasförmigen Inhalt entzieht; denn der Unterdruck, den die Quellung erzeugt, wird dem Hunger des Blutes nach Luft gerade die Wage halten, bzw. stärker sein als er, wenn die Tb. wachsen sollen. Daß die Quellung starke Kräfte in Bewegung zu setzen vermag, haben wir ja schon in Abschnitt Ile bei Besprechung des Verhaltens in ent- luftetem Wasser gesehen, wo eine Vergröserung der Tb. erfolgte, trotzdem das Wasser sie zu verkleinern bestrebt war. Jedoch möchte ich damit nicht sagen, daß durch die luft- gefüllten Ausläufer, welche die Tb. in der 4. Haut besitzen, nicht auch Luft ins Blaseninnere gelangen könnte, sondern ich bin im Gegenteil der Ansicht, daß dies normalerweise vorkommt, und die Versuche im folgenden Abschnitt sollen mir als Beweis dafür dienen. In der 1.—3. Haut aber, wo die Ausläufer nicht mit Luft gefüllt sind, fällt diese Möglichkeit ganz fort, und auch in der 4. Haut ist die Ursache des Tb.- Wachstums sicher ausschließlich in der Quellung zu suchen. Von der wahrscheinlichen Rolle des Blutes bei der Quellung und von krankhafter Quellung der Tb. habe ich schon im Ab- schnitt II ec gesprochen. Erwähnung verdient vielleicht noch, daß das Wachstum der Tb. in der 1. Haut, trotzdem, wie erwähnt, typische Spiralfäden dort noch fehlen, in derselben Weise vor sich geht wie auf den 556 GERHARD V. FRANKENBERG, späteren Stadien, nämlich durch Strecken in die Länge bei gleich- bleibender Dicke. Man kann das fast als Beweis dafür ansehen, daß auch hier latent eine Spiralstruktur vorhanden sein muß, und tatsächlich gewinnt man bei alten Tb. dieses Stadiums manchmal den Eindruck einer schwachen Ringelung. Die nierenförmige Ein- rollung der Tb., die später stets so deutlich wird, kommt bei den Tieren in der 1. Haut nicht vor, sondern die zuerst kugelrunden Tb. werden lang spindelförmig und bleiben gestreckt. Ich komme nun zur Schilderung der Häutungen, deren jede Tb. bis zur Verpuppung 3 durchzumachen hat. Wie es bei der Häutung der Tracheen allgemein üblich ist, hebt sich die Matrix allseitig von der Intima ab, und eine ihrer Zusammensetzung nach unbekannte Flüssigkeit, für die wieder der Name „Serum“ am Platze ist, füllt den Raum zwischen beiden aus. Soweit weicht die Häutung der Tb. nicht vom Typus ab. Ich habe aber schon oben bemerkt, daß eine Volumenvergrößerung der Tp. aus einleuchtenden Gründen bei der Häutung nicht erfolgen darf, und sie erfolgt denn auch wirklich nicht. Es ist sicher zweckmäßig, gleich hier zu erwähnen, dab die Larve vor, während und nach der Häutung weder zu schwer noch zu leicht ist, sondern in gewohnter Weise im Wasser schwebt. Danach kann man sich vielleicht schon ausmalen, auf welche Weise die Häutung geschehen muß. Durch die Bildung der neuen Intima soll die Möglichkeit zu stärkerer Quellung geschaffen werden, und das kann nur dann gelingen, wenn die Dicke der Tb. ver- größert wird. Damit aber das Volum unverändert bleibt, muß diese Dickenvergrößerung auf Kosten der Länge geschehen. Und so ist es in der Tat. Die neue Tb., welche begonnen hatte, sich allseitig von der alten abzuheben, wächst plötzlich in der Längs- achse nicht mehr weiter, sondern wird nur immer dicker. Schließlich verkürzt sie sich sogar sehr stark und übt dadurch einen nennens- werten Druck auf die in ihr eingeschlossene alte Tb. aus, welche denn auch, von oben gesehen, unmittelbar vor der Häutung kürzer wird, weil sie an ihrem höchsten Punkte beinahe rechtwinklig ein- knickt (Fig. N). Im weiteren Verlauf der Häutung, die durchaus nicht plötzlich, sondern ganz allmählich vor sich geht und sich eigentlich über mehrere Tage erstreckt, kommt es dann zu einer Zerreißung der alten Blasenhaut und demgemäß zu einer Füllung der neuen Tb. mit Luft. (Das „Serum“ verschwindet in derselben rätselhaften Die Schwimmblasen von Corethra. 557 Weise wie bei der ersten Füllung. Hier liegt wohl nur die Mög- lichkeit vor, daß es von der Matrix durch die neue Blasenwand hindurch aufgesogen wird, ebenso wie es vorher in ihr Inneres diffundiert sein muß.) Die Häutung ist als vollendet anzusehen, wenn das Tier an Stelle seiner schmalen, langen ganz kurze, breite Tb. bekommen hat (Fig. M). Um eine Vorstellung von den Größenverhältnissen der Tb. bei der Häutung zu geben, teile ich hier die Maße vor und nach der Erneuerung der Intima mit. Versuch 31. 15. Mai. Vor der 3. Häutung. Kopf und Brust 2268 u. Länge Dicke Volumen rv. 403 u 213 u 18283707 u® rh. 291 u 168 u 8213184 u? 16. Mai. Häutung vollzogen. Kopf und Brust 2551 u. Länge Dicke Volumem rv. 300 u 280 u 23520000 u? rh. 186 u 212 u 8359584 u? Das Volumen der Tb. wurde berechnet unter der Annahme, daß sich Höhe und Dicke der Blasen wie 1:1 verhalten. Wie man sieht, hat sich das Volumen von rh bei der Häutung fast gar nicht verändert; das von rv ist scheinbar um etwa !/, gewachsen, das wird aber darauf beruhen, daß das Volumen von rh vor der Häutung in Wirklichkeit größer war, weil die gerade bei den Vb. so stark eingekrümmten Enden bei der Berechnung vernachlässigt wurden. Es fragt sich nun vor allem, was bei der Häutung aus der alten Intima wird. PALMEN meint, sie würde durch die Funiculi des 3. und 10. Segments aus dem Körper herausgezogen, aber eigent- lich beweist das nur, daß er nie eine der ersten drei Häutungen zu beobachten Gelegenheit hatte. Denn tatsächlich kann von einem Abwerfen der alten Blasenwände nicht die Rede sein, diese blei- ben vielmehr in den neuen Tb. liegen und sind auch nach der Häutung noch einige Tage lang deutlich zu sehen, da ihre breiten Spiralfäden unverkennbar hindurchschimmern. Späterhin verschwinden sie dannvollständig. Man muß also, so seltsam es klingt, annehmen, daß die Wände der alten Tb. vom Organismus aufgelöst oder gewissermaßen verdaut werden. Für die Richtigkeit dieser Behauptung spricht auch Fol- 558 GERHARD V. FRANKENBERG, gendes. Betrachtet man die Tb. eines Tieres, das sich vor kurzem gehäutet hat, mit starker Vergrößerung, so bekommt man etwa das in Fig. O dargestellte Bild. Unter den feinen Spiralfäden der neuen Blasenwand liegen die alten, welche etwa 6mal so breit wie sie und sichtlich in Auflösung begriffen sind. An der Konkavseite der Tb. scheinen sie zuerst der Zerstörung zum Opfer zu fallen, und. von der Zwischenschicht ist überhaupt nichts mehr zu sehen. Ich darf nicht wagen, Vermutungen über die chemischen Grund- lagen dieses Verdauungsprozesses auszusprechen, der besonders da- durch merkwürdig ist, dab er die neue Intima nicht angreift, trotz- dem man doch denken sollte, daß sie aus demselben Stoff bestände wie die alte. Indes verhält sich die neue Blasenwand auch sonst in der ersten Zeit ihres Vorhandenseins anders, als es in Abschnitt IIe von normalen Tb. beschrieben wurde. Isoliert man nämlich eine vor der Häutung stehende Tb., so tritt die sonst nach dem Tode Fig. N. Fig. 0. Vorderblase vor der letzten Larven- Zerfall der alten Blasenwand. Stück aus häutung, von rechts. Zeichenokular. der Seitenwand einer Tb. kurz nach der 64: Häutung. 754:1. erfolgende Vergrößerung nicht ein. Das steht vielleicht in Zusammen- hang mit der erwähnten Zusammenziehung, die die neue Intima während der Häutung erfährt. Erwähnenswert ist gewiß, daß die alte Intima nicht aufge- zehrt wird, wenn man die Tb. kurz vor der Häutung im Körper des Tieres zerquetscht. Sie bleibt in diesem Falle, soweit man sehen kann, völlige unverändert in der neuen liegen. Der beste Beweis, wie wenig die Erneuerung der Tb. fie: bei Die Schwimmblasen von Corethra. 559 Corethra mit der allgemeinen Häutung des Körpers zu tun hat, ist vielleicht, daß beide nicht einmal zeitlich zusammenzufallen brauchen. Das Abwerfen der gesamten Cuticula kann längst erfolgt sein, wenn die Tb. noch die in Fig. Ma dargestellte Form haben. Nachstehend gebe ich einen Fall dieser Art, der zugleich ganz gut die Längen- abnahme der Tb. während ihrer Häutung zeigt und der außerdem beweist, daß die Häutung der Tb. ein ganz allmählich verlaufender Vorgang ist. Versuch 32. 9. Juni. Tier in der 2. Haut. Kopf und Brust 1386 u, Länge 4,7 mm. rv. 246 u, rh. 196 u. Matrix und neue Intima der Tb. stark abgehoben. 10. Juni. 9h 30°. Körper des Tieres ganz frisch gehäutet, Tb. noch nicht. Kopf und Brust 1616 «, Länge 5 mm. rv. 224 u, rh. 168 u. 10h 30’. rv. 213 yw, rh. 162 u. 11h 30’. rv. 174 u, rh. 134 u. Die neuen Tb. sind nun mit Luft gefüllt und die Häutung ist voll- endet. Die alten Tb. schimmern deutlich durch. 320. rv..185 4, rh. 136 u. Hier beginnt also bereits wieder das stetige Wachstum durch Quellung. 11. Juni. 11h 30. Kopf und Brust 1701 u, rv. 205 uw, rh. 129 u. ‚Das Kleinerwerden von rh. gehört hier eigentlich nicht zur Sache. Es hing mit dem Füllungszustand des Darms zusammen, wovon später noch die Rede sein wird. Bei der Verpuppung bleibt die alte Intima der Tb. nicht im Körper, sondern wird durch die dann sehr weiten Stigmenäste aus dem Körper herausgezogen. Hiervon soll in Teil IV noch genauer ‘die Rede sein. Beachtenswert ist das Verhalten der Tracheen bei der letzten Larvenhäutung. In der 3. Haut enthalten nur die Kopftracheen Luft, aber auch diese schwindet kurz vor dem Abwerfen der Cuti- cula. Dafür findet man kurz nach der letzten Häutung in fast allen Segmenten schon luftgefüllte Tracheen in der Anordnung, wie es in ‚Abschnitt IIb ausführlich besprochen wurde. Außerdem aber habe ich in sehr vielen Fällen die Beobachtung gemacht, daß sich auch die Längsstämme bei der 3. Häutung auf eine längere oder kürzere Strecke hin mit Luft füllen, und zwar gewöhnlich von den Tb. nach der Mitte des Körpers zu. Diese Füllung verschwindet binnen weniger Stunden wieder und entzieht sich leicht der Beob- achtung; in der Regel bemerkt man nur, daß die Bulbi ungewöhnlich lange Spitzen haben. 560 GERHARD V. FRANKENBERG, Es läge nahe, diese vorübergehende Füllung der Längsstämme darauf zurückzuführen, daß sich die neue Blasenwand anfangs so stark kontrahiert (s. o.) und dadurch Luft in die Ausläufer der Tb. gepreßt wird. Diese Kontraktion könnte aber schwerlich alle die Luft liefern, die zur Füllung der feinen Endigungen der Tracheen nötig ist. Diese Luft muß anderer Herkunft sein, und mit den älteren Beobachtern hatte ich zuerst geglaubt, sie stamme aus dem um- gebenden Wasser, das ja nach dem Abwerfen der alten Haut in nähere Berührung mit den Ausläufern der Tracheen kommt. Seit ich aber einmal die Längsstämme bei der 3. Häutung ihrer ganzen Länge nach, auch hinter den Hb., vorübergehend luftgefüllt sah, und vor allem seit ich das Glück hatte, eine Hautung von Mochlonyx zu beobachten (s. Teil V), wurde es mir immer wahr- scheinlicher, daß die Füllung die Tracheencapillaren in ähnlicher Weise erfolge wie die erste Füllung der Tb., nämlich durch Ab- scheidung von Gas durch gewisse Organe im Körper selbst. Leider ist die Corethra wegen der schwachen Ausbildung ihres Tracheen- systems nicht besonders geeignet, diese Frage zu entscheiden. Nach meinen Beobachtungen füllen sich die Capillaren nicht erst im Verlauf des letzten Larvenstadiums oder gar erst kurz vor der Verpuppung, wie es gewöhnlich beschrieben worden ist, sondern sie werden gleich bei der Häutung fertig gefüllt und bleiben es dauernd. Diejenigen Capillaren, welche dabei etwa leer geblieben sind, füllen sich auch später nicht. Nicht selten bleiben die Capillaren im 4.—6. Segment, und zwar besonders die Darmäste, leer, wohl weil der dünne Ösophagus eine Versorgung mit Tracheen weniger nötig hat. — Ich komme nun zur Besprechung des Regulationsmechanismus, mit dessen Hilfe die Corethra wieder ins Gleichgewicht kommt, wenn sie zu schwer geworden ist. Da ihre Nahrung aus Tieren besteht, deren spezifisches Gewicht größer als 1 ist, so muß sie, wie ich schon einmal auseinandersetzte, beim Fressen jedesmal zu schwer werden. Die Gewichtszunahme ist erheblich. Versuch 33. Larve hat lange gehungert, ist praktisch im Gleichgewicht (sinkt in 150 Sek. 1 cm). Nach Verschlingen einer jungen Daphnie sinkt sie in 15 Sek. 1 cm. Nach Verlauf einer Viertelstunde ist das Gleichgewicht wiederher- Die Schwimmblasen von Corethra. 561 gestellt, obwohl die Nahrung, auch dem bloßen Auge erkennbar, im Vor- darm liegt, bzw. sich im Darm ansammelt, soweit sie verdaulich ist, Hier liegt also ganz unzweifelhaft eine Regulation des Schweb- vermögens vor, die um so bemerkenswerter ist, als sie jeden Tag ein oder mehrere Male stattfinden kann. Die nähere Untersuchung ergab, daß die Regulation mittels der Schwimmblasen bewirkt wird. Die Tb. antworten auf jede Gewichtszunahme der Corethra, die sich innerhalb gewisser Grenzen hält, mit einer entsprechenden Ver- größerung ihres Volums, oder umgekehrt, und vielleicht deutlicher, ausgedrückt: Die Tb. wachsen nur nach Nahrungsaufnahme (oder anderen Störungen des Schwebvermögens). Es war daher eigent- lich nicht ganz richtig, wenn ich bisher immer von dem „kontinuier- lichen“ Wachstum der Tb. zwischen den Häutungen sprach. In Wirklichkeit geschieht es sprungweise, ganz genau entsprechend der Zunahme des Kürpergewichts. Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, wie auBer- ordentlich zweckmäßig das ist. Würden die Tb. ohne Rücksicht auf den Ernährungszustand gleichmäßig weiterwachsen, so müßte das Tier bei Futtermangel viel zu leicht werden und wäre nun erst recht verhindert, seiner Nahrung nachzugehen. Um zu zeigen, in welcher exakten Weise das Wachstum der Tb. mit der Nahrungsaufnahme zusammenhängt, führe ich den folgenden Versuch an, der eine 4tagige Hungerperiode in sich schließt. Versuch 34. 17. Juni. & in der 3. Haut. Kopf und Brust 1827 u. Vordarm und Darm voll. rv. 313 u, rh. 217 u. 18. Juni. Kopf und Brust 1921 w. Vordarm und Darm mäßig voll. Häutung bereitet sich vor, Matrix der Tb. schwach abgehoben. rv. 336 u, rh. 257 u. 19. Juni. Kopf und Brust 2047 u. Vordarm und Darm voll. rv. 403 u, rh. 309 u. 20. Juni. Kopf und Brust 2069 u. Vordarm mäßig voll. rv. 409 u, rh. 311 u. Da die Länge der Tb. nur so schwach zugenommen hat, ist die Blasenhäutung offenbar bereits im Gange. 21. Juni. Gehäutet. (4. Haut.) Kopf und Brust 2457 u. Vor- darm und Darm voll. rv. 358 u, rh. 257 u. Die starke Längenabnahme der Tb. ist durch die Häutung bedingt und wird ausgeglichen durch entsprechende Dickenzunahme. 562 GERHARD V. FRANKENBERG, 22. Juni. Kopf und Brust 2583 u. Darm voll, Vordarm war voll, ist bereits wieder leer. rv. 441 u (!), rh. 347 u (!). Nun wurde dem Tier alle Nahrung entzogen: 23. Juni. Kopf und Brust 2608 w (blieb so während der ganzen Hungerperiode). Vordarm leer, Darm noch ziemlich voll. rv, 436 u, rh. 336 u. 24. Juni. Darm fast leer. rv. 436 u, rh. 324 u. 25. Juni. rv. 436 u, rh. 319 u. 26. Juni. Darm leer. rv. 436 u, rh. 318 u. 10h. Daphnien ins Zuchtglas. Die Corethra nahm sofort eine an und wurde zu schwer. Wegen großer Unruhe des Tieres waren Messungen nicht sofort möglich. 11h 35°. Tier im Gleichgewicht. Vordarm sehr voll. Darm erst etwas gefüllt. rv. 492 u (!), rh. 342 u. Das Tier wurde nun dauernd bei guter Nahrung gehalten und fraß jeden Tag. 27. Juni. Kopf und Brust 2734 u. Vordarm und Darm voll. rv. 520 u, rh. 369 u. 28. Juni. Kopf und Brust 2805 mw. Vordarm und Darm voll. Tv Da ion Al den: 29. Juni. Kopf und Brust 2803 u (!). Nackenrohre bereits deutlich angelegt. Vordarm etwas gefüllt, Darm voll. rv. 559 u, rh. 459 u. 30. Juni. Kopf und Brust 2835 u. Vordarm und Darm voll. rv. 604 u, rh. 481 u. USW. Man sieht hier deutlich, wie zugleich mit dem gesamten Wachs- tum auch das Größerwerden der Tb. aufhört, wenn keine Nahrung aufgenommen wird. Dabei wachsen die Tb. sonst gerade nach den Häutungen besonders stark (oder deutlich), wofür die Zahlen vom 22. Juni einen Beleg: bilden. Nach dem Gesagten scheint die Vergrößerung der Tb. bei Nahrungsaufnahme vom Nervensystem aus angeregt zu werden. Ob freilich das Fressen selbst als Reiz wirkt, ist fraglich. Ich möchte eher glauben, daß das spezifische Gewicht mit Hilfe der Tastborsten wahrgenommen und daraufhin die Anregung zum acht der: gegeben wird. Eine Erscheinung, ite. im Versuch 34 nur an den Hb. einiger- maßen deutlich wird, aber physiologisch von hoher Bedeutung ist, verdient hier besprochen zu werden. Läßt man eine Larve hungern, so verliert sie durch ihren Stoffwechsel und die Abgabe der Excre- mente an Absolutgewicht und würde zu leicht werden, wenn nicht eine schwache Verkleinerung der Tb. erfolgte, die besonders in den ersten Tagen der Hungerperiode merkbar ist. Der folgende Versuch zeigt das ganz gut. Die Schwimmblasen von Corethra. 563 Versuch 35. 24. Mai. Frisch gehäutet (4. Haut). Kopf und Brust 2425 u. rv. 347 u, rh. 235 u. 25. Mai. Kopf und Brust 2535 u. Vordarm sehr voll, Darm voll. 2397 u, rh. 252 u. Nun wurde die Nahrung entzogen: 26. Mai. rv. 380 u, rh. 246 u. 27. Mai. rv. 369 u, rh. 246 u. 28, Mai. rv. 369 u, rh. 246 u. 30. Mat.) uv. ‚358. u, rh. 255 u. Vielleicht wird mir nun eingeworfen, daß auch die in entlüf- tetem Wasser an den Tb. festgestellte Verkleinerung aui nichts anderem beruhe als auf dieser Verkürzung bei Hunger. Ein Blick auf die betreffenden Versuche (18 u. 19) zeigt aber, daß es sich da um viel höhere Werte handelt, und außerdem blieben die Tiere in entlüftetem Wasser ja auch nicht im Gleichgewicht, sondern wurden wirklich zu schwer. Überdies hatten die in Versuch 18 und 19 ver- wandten Tiere schon vor dem Versuch gehungert, und deshalb wird die Nahrungsentziehung wenig Einfluß auf die Blasenlänge gehabt haben. Andererseits zeigen die obigen Resultate deutlich, eine wie große Fehlerquelle das Füttern in diese Versuche hineingebracht haben würde. Eine Art mechanischer Bestätigung findet die Verkürzung der Tb. bei Hunger darin, daß isolierte Tb., wie wir gesehen haben, nach der ersten starken Quellung später wieder in der Größe zurück- gehen (siehe Versuch 2). Ferner liegt sicherlich ein Analogon in der mehrfach erwähnten Verkürzung der neuen Intima bei der Häu- tung (siehe Versuch 32 und Fig. M). Und endlich weise ich auf die nachträgliche Verkleinerung der Tb. in entlüftetem Wasser (Versuch 18) hin, der vielleicht auch etwas Ähnliches zugrunde liegt. Man darf jedoch nicht glauben, daß die Corethra somit auch ein Mittel habe, beliebig hohe Gewichtsverminderungen auszugleichen, denn die Verkürzung der Tb. ist, wie gesagt, nur gering und scheint mehr eine physikalische Folge der vorangegangenen starken Quellung als eine vom Organismus willkürlich hervorgerufene Kontraktion. Müssen die Tiere sehr lange hungern, so werden sie, wie wir schon gesehen haben, schließlich zu leicht, d. h. die Verkürzungs- fähigkeit der Tb. ist ziemlich eng begrenzt und kann stärkere Gewichts- abnahmen nicht kompensieren. . Des weiteren habe ich den Eindruck gewonnen, als ob die beiden Blasenpaare unabhängig voneinander wüchsen. Das ist 564 GERHARD V. FRANKENBERG, teleologisch verständlich, wenn man bedenkt, daß die Nahrungsauf- nahme zunächst nur das Vorderende schwerer macht und daß erst, je weiter die Nahrung im Darmkanal nach hinten rutscht, auch das Schwanzende eine Belastung erfährt. Von den vielen diesbezüglichen Beobachtungen führe ich hier nur eine an: Versuch 36. 17. Mai. Tier in der 4. Haut. rv. 358 u, rh. 218 u. 18. Mai. Nahrung im Vordarm. Vb. zeigen stärkeres Wachstum als Hb.: rv. 392 u (Zunahme 9,5 °/,), rh. 227 u (Zunahme 4,1 °/,). 19. Mai. Vordarm leer, Nahrung im Enddarm. Hb. zeigen stärkeres Wachstum als Vb.: rv. 403 x (Zunahme 2,8°,), rh. 265 u (Zunahme 16,000): Haben wir hier den Beweis dafür, daß jedes Blasenpaar einzeln reagiert, so zeigen andererseits die Beobachtungen an Tieren, denen die Vb. oder die Hb. zerquetscht waren, daß gelegentlich auch ein Tb.-Paar für das andere mit eintreten kann. Es kam nämlich in diesen Fällen, wofern das Tier sich von der Operation völlig erholte, gar nicht selten zu einer vollkommenen Kompensation durch das unverletzte Blasenpaar. Ich führe hier einige Daten aus einem solchen Versuch an, ohne vorläufig auf die Technik einzugehen, was erst im nächsten Abschnitt geschehen soll. Versuch 37. 19. Mai. © vor der 3. Häutung. Beide Vb. zerquetscht, ihr Gas- inhalt wurde vom Blute aufgezehrt, Tier natürlich viel zu schwer. 20. Mai. Gehäutet, Vb. luftleer. Alte Blasenhäute deutlich in den neuen zu sehen. Tier liegt am Boden. 22. Mai. Tier erholt sich gut von der Operation, hat gefressen. 24. Mai. Alte Häute der Vb. immer noch nicht aufgezehrt (dies geschah auch bis zur Verpuppung nicht). Vb. luftleer, Tier steht mit dem Kopf nach unten auf dem Boden des Gefäßes. Hb. auffällig groß, haben deutlich an Größe zugenommen. 25. Mai. Tier kaum noch schwerer als Wasser. 26. Mai. Tier schwebt senkrecht im Wasser, mit dem Kopf nach unten. Ernährungszustand gut. Hb. außergewöhnlich groß, ungemein stark eingerollt, füllen das 10. Segment fast ganz aus. 30. Mai. Noch immer vorzüglich im Gleichgewicht. Gegen die Verpuppung hin, die am 16. Juni erfolgte, wurde das Tier wieder schwerer, offenbar weil die Hb. an der Grenze ihrer Quellungsfähigkeit angelangt waren. - Die Schwimmblasen von Corethra. 565 Auch ohne experimentelle Eingriffe hätte ich diese Kompensa- tion beobachten können, denn aus irgendwelchen pathologischen Gründen scheint manchmal die Füllung eines Blasenpaares oder einer Blase auszubleiben oder zu verschwinden. So fand ich am 8. Juli in einem meiner Aquarien eine Larve, die mir dadurch auf- fiel, daß sie senkrecht im Wasser schwebte, mit dem Kopf nach oben. Es zeigte sich, daß die Hb. der sonst völlig gesunden Larve keine Luft enthielten und auch etwas deformiert waren, während die Vb. eine für das Alter des Tieres unverhältnismäßige Größe besaßen. Nicht immer kommt es zu einer so vollständigen Kompensation, doch in fast allen Fällen ließ sich eine ungewöhnlich starke Größen- zunahme der heil gebliebenen Tb. konstatieren. Auch hierbei zeigte sich gelegentlich wieder deutlich, daß Vb. und Hb. für sich allein reagieren, so z.B. in folgendem Versuch: Weare 38. 17. Juni. Larve in der 4. Haut. rv. 537 u, rh. 375 u: Nun lh. durch Unterdruck zum Platzen gebracht, wurde luftleer. Tier zu schwer. 18. Juni. rh. 403 u. 19. Juni. rh. 425 u. 20. Juni. Tier hat gefressen. rv. 588 u, rh. 447.u. 21. Juni. Keine Nahrung aufgenommen. rv. 593 mw, rh. 470 u. Zunahme seit 17. Juni: rv. 10,4 °/,, rh. 25,30). Tier steht senkrecht, mit dem Kopf nach oben, auf dem Boden, ist kaum noch zu schwer. 22. Juni. rh. 485 u. 23. Juni. rh. 498 u. | 24. Juni. rh. 503 u. Tier ebenso schwer als Wasser, mit dem Kopf nach oben senkrecht schwebend. 28. Juni. Durchaus regelrecht verpuppt. Etwas größer, als es hiernach scheinen könnte, war aber der ‚Anteil der Vb. an der Wiedererlangung des Schwebvermögens sicher- lich doch. Denn da sie leider gerade bei diesem Individuum zu- fällig etwas schief lagen, so können die Messungen der Vb. in Ver- such 38 nicht als völlig genau gelten, sondern ergaben wahrschein- lich etwas zu kleine Werte. Wenn außerdem die Kompensation ausschließlich von der rh. ausgegangen wäre, so hätte das Tier nach -Wiederherstellung des Gleichgewichts nicht senkrecht, sondern wage- recht schweben müssen. Wir hatten schon im Abschnitt IIc gesehen, daß im lebenden Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 37 566 GERHARD v. FRANKENBERG, Tier zerquetschte Tb. eine starke Quellung zeigen. Ich sagte da- mals, daß hierbei wohl die Verletzung der Matrix eine Rolle spielen würde, und tatsächlich scheint die Quellung bei Blasen, die man durch Unterdruck zum Platzen gebracht hat, nicht ganz so stark wie bei zerquetschten zu sein. Sie ist aber vorhanden: Versuch 39. | 30. Juni. 10h. Larve in der 4. Haut. rv. 576 u. lv. 593 u, rh. 436 u. Nun rv. durch ganz kurzen Unterdruck zum Platzen gebracht, wurde völlig luftleer. Tier zu schwer. 10h 15‘. rv. 660 u (!) völlig luftleer. lv. 626 u, rh. 459 u, luftgefüllt, unverletzt. Sämtliche Tb. haben sich also vergrößert, und zwar vermutlich durch den Reiz des Schwererwerdens. Die ungewöhnlich starke Zunahme von rv. (14,6 °/, in 15 Minuten!) erklärt sich aus der Quellung der Blasenwand. durch Wasseraufnahme von innen. 12h. rv. 671 u, lv. 670 u, rh. 492 u, lv. und rh. sind weiter stark gewachsen, rv. nur noch langsam. 1. Juli. Tier hat gefressen. rv. 682 u, lv. 694 u, rh. 492 u. Zwischen rv. und lv. besteht jetzt, wie man sieht, ungefähr wieder dasselbe Größenverhältnis wie vor dem Versuch. 4. Juli. Tier hat inzwischen eifrig Nahrung zu sich genommen ; ist kaum noch zu schwer. rv. 794 u, völlig luftleer; lv. 795 u, rh. 524 y, luftgefüllt. rv. ist also, obwohl luftleer, in demselben Maße, ja sogar etwas stärker, als lv. gewachsen. 6. Juli. Tier schwebt wagerecht im Wasser. Da in diesem Versuche die geplatzte Blase (rv) nicht gleich auf die Länge anwuchs, die sie später erreichte, so scheint zum Weiterquellen das Vorhandensein der Blutflüssigkeit allein nicht zu genügen (denn diese drang ja von innen unbeschränkt ein), es muß. offenbar zuvor von der Matrix die Quellfähigkeit gesteigert werden (etwa durch Einlagerung eines Stoffes in die Blasenwand). Bemerkenswert ist ferner, daß die Quellung aller Tb., auch der unverletzten, begann, ehe der Reiz der Nahrungsaufnahme hinzukam. Dieser Fall ist zugleich vielleicht der beste Beweis für die Richtigkeit der zu Beginn dieses Abschnitts aufgestellten Wachstums- theorie, denn er zeigt, daß eine Tb. „wachsen“ kann, ohne Luft zu enthalten. Eine passive Dehnung der Blasenwand ist hierbei völlig ausgeschlossen. Zum Schlusse möchte ich noch in gekürzter Form einige Be- obachtungsreihen wiedergeben, die einen ungefähren Begriff von der Größe der Tb. auf den einzelnen Stadien des Larvenlebens. Die Schwimmblasen von Corethra. 567 geben sollen. Da es mir leider nicht gelungen ist, ein Tier vom Ei bis zum Schliipfen der Imago unter täglicher Messung zu halten, so füge ich die Messungen von 2 Individuen, die sich ungefähr er- gänzen, aneinander. Versuch 40. 6. Juni. Soeben geschlüpft. Kopf und Brust 378 u. Körperlänge 1102 w. Tb. noch nicht gefüllt. rv. 56 u, rh. 45 u. Nach der Füllung ebenso. 7. Juni. Kopf und Brust 630 u. Vordarm gefüllt. rv. 73 u, rh. 50 u. 8. Juni. Vordarm fast leer, Darm voll. rv. 78 u, rh. 62 u (!). 9. Juni. Vordarm und Darm voll. rv. 97 u, rh. 67 u. 10. Juni. Kopf und Brust 756 u. Vordarm voll. rv. 104 u, rh, 82 u. 11. Juni. Vordarm voll. rv. 119 yw, rh. 91 y. 12. Juni. Ebenso. Häutung bereitet sich vor. rv. 129 u, rh. 104 u. 13. Juni. Ebenso. Kopf und Brust 850 u. Länge 2709 u. Matrix der Tb. stark abgehoben. rv. 140 u, rh. 106 u. 14. Juni. Gehäutet (2. Haut). Kopf und Brust 974 u. Körper- länge 2929 u. rv. 108 u (!), rh. 69 u (!). Das Tier ging leider durch einen unglücklichen Zufall ein. Als Fortsetzung diene: Versuch 41 (stark gekürzt). 6. Mai. Geschliipft. ©. Tägliche Messungen erst seit 15. Mai. 15. Mai. Dicht vor der 1. Häutung. Kopf und Brust 1008 u. Länge 3,3 mm, rv. 157 u, rh. 123 u. 16. Mai. Gehäutet (2. Haut). Kopf und Brust 1134 u. Länge 3,4 mm, rv. 134 u, rh. 95 u. | 19. Mai. Kopf und Brust 1285 u. Länge 4,3 mm. Hauptauge als brauner Strich angelegt. rv. 199 x, rh. 140 u. 22. Mai morgens. Kopf und Brust 1465 uw. Länge 5 mm. Hauptaugen bereits 4mal so groß wie die Nebenaugen. rv. 268 y, rh. 208 u. 22. Mai nachm. rv. 257 u, rh. 201 u, d.h. die Blasenhäutung ist bereits im Gange. 23. Mai. Gehäutet (3. Haut). Kopf und Brust 1701 uw. Vordarm sehr voll. Im Kopf gefüllte Tracheen. rv. 233 4, rh. 131 u. ‚ 26. Mai. Kopf und Brust 2262 u. Die Matrix der Tb. beginnt sich abzuheben, rv. 425 u, rh. 313 u. 29, Mai. Kopf und Brust 2457 u. Häutung steht bevor. Tracheen im Kopf ohne Luft. rv. 481 u, rh. 386 u. 30. Mai. Gehäutet (4. Haut). Kopf und Brust 2699 w. Länge 8,2 mm. Bulbi mit langer Spitze. Tracheenäste sämtlich gefüllt. rv. 376 y, rh. 252 u. 8. Juni. Kopf und Brust 2929 u. Länge 9 mm. rv. 470 w, rh. 294 u. 37* 568 GERHARD V. FRANKENBERG, 15. Juni. Kopf und Brust 3118 u. Länge 9,8 mm. rv. 626 u, rh. 498 u. 22. Juni. Kopf und Brust 3464 u. Länge 11 mm. rv. 882 u, Th CANON: | 22. Juni nachm. verpuppt. Länge ohne Nackenrohre 7 mm. e) Neufüllung künstlich geleerter Blasen. Ich hatte zuerst geglaubt, das Wachstum der Tb. erfolge. durch Einpressen von Luft durch die feinen Ausläufer, die von den Blasen- enden ausgehen und sich bis unter die Haut erstrecken. Aber als ich die im vorigen Abschnitt wiedergegebenen Ent- deckungen machte und außerdem sah, daß die Ausläufer nur in der 4. Haut mit Luft gefüllt sind, kam ich zu der Überzeugung, daß die Luftabscheidung, wenn sie überhaupt stattfinde, jedenfalls nicht die Ursache der Blasenvergrößerung sein könne. Immerhin blieb die Frage offen, ob eigentlich Luft. aus den Tracheencapillaren ins Blaseninnere abgeschieden werden könne. Von allen Tracheen im Körper der Corethra sind die Blasenausläufer am stärksten entwickelt, und es ist mir kein Fall bekannt, wo sie bei einer normal lebenden Larve in der 4. Haut nicht gefüllt ge- wesen wären. Ferner muß man sich sagen, daß das überaus starke und schnelle Wachstum der Tb. bei Nahrungsaufnahme eine erheb- liche Vergrößerung der Luftmasse in ihrem Innern erfordert. Bei jungen Tieren wird diese Luft ja zweifellos aus dem Blute durch die Blasenwand ins Innere abgeschieden. Ob aber diese Abscheidung bei den erwachsenen Larven, wo die Luftzunahme infolge der viel größeren Futtermenge sehr beträchtlich sein muß, den Bedarf decken kann, ist zweifelhaft. Ich glaube fast, daß hier eine Luftabscheidung von seiten der Tracheencapillaren ergänzend. hinzutritt, und ver- mute, daß die Ausläufer der Tb. aus diesem Grunde hier so stark entwickelt sind. Man könnte sich die Luftabscheidung aus dem umgebenden Wasser in die Blasenausläufer als eine Folge des im Blaseninnern durch Quellung der Wand erzeugten Unterdrucks vorstellen. Nach den Erfahrungen bei der ersten Füllung der Tb. wäre es indes auch denkbar, daß davon unabhängig eine Abscheidung von seiten der Tracheenendigungen stattfände. Eine Stütze könnte diese Auf- fassung auch aus der in Abschnitt IIf besprochenen. Bildung von Gas bei Unterdruck gewinnen, denn dort bestand ja kein Zweifel Die Schwimmblasen. von Corethra. 569 an einer reichlichen Ausscheidung von Gas aus den Blasenausläufern ins Körperinnere. Ich richtete daher mein Augenmerk frühzeitig auf diese ver- mutete Gasproduktion der Tracheencapillaren oder ihrer Zellele- mente, ja ich kann wohl sagen. daß ich diesem Problem besonders viel Aufmerksamkeit zugewandt habe, zumal da KroGx angibt, er habe einmal eine luftleer gewordene Tb. sich nachträglich wieder füllen sehen. Der Erfolg entsprach meinen Erwartungen nicht ganz. Zwar habe ich bestätigt gefunden, daß hin und wieder eine Gasabscheidung vorkommt, aber die Fälle waren sehr selten. Vielleicht hätte die Verletzung des Tracheensystems bei lebhaft atmenden Insecten mit kräftigen Tracheen mehr Erfolg gehabt. Vielleicht löste auch das Blut die ausgeschiedene Luft zu schnell wieder fort oder die haar- feinen Gänge verstopften sich beim Zerreißen. Immerhin verdienen, wie ich glaube, die wenigen positiven Re- sultate angeführt zu werden. Die Leerung der luftgefüllten Tb. wurde auf verschiedene Art erreicht. Meine erste Methode bestand einfach darin, daß ich mit einer breiten Pinzette (sogenannten Epilationspinzette) den dorsalen Teil des Segments, dessen Blasen ich zerquetschen wollte, zusammen- drückte. Das brachte die Tb. zum Platzen und schadete den Tieren so gut wie gar nicht. Es litten nur einige Muskeln, und außerdem wurde das Pigment der zerstörten Tb. vernichtet. Vielleicht darf ich an dieser Stelle nebenher die Bemerkung einschalten, daß solche Tiere sich vorzüglich zur Demonstration der Herzpulsationen im Projektionsapparat eignen. Die Trümmer der Pigmentzellen treiben nämlich mit dem Blute durch den ganzen Körper und sammeln sich schließlich in den großen Pericardialzellen (Speicherzellen), die zu beiden Seiten des Rückengefäßes regelmäßig angeordnet sind. Mit Hilfe dieser großen dunklen Zellen sieht man den Herzschlag dann außerordentlich deutlich. Um das Pigment zu zertrümmern, genügt es, die Larven in der Gegend der Tb. mit einer Pinzette leicht zu drücken. Aus den zerquetschten Blasen löst das Blut schnell alle Luft heraus, so daß sie nach einer halben Stunde meist schon luftleer sind. Gewöhnlich stellt sich auch die alte Form der Tb., die durch das Quetschen plattgedrückt waren, wieder her. Diese Methode hat den Vorteil, daß man bestimmen kann, welche von den 4 Tb. man luftleer haben möchte, aber den Nach- 570 GERHARD V. FRANKENBERG, teil, daß die Matrix verletzt und gewöhnlich auch die Blasen- ausläufer, auf die es gerade ankommt, geschädigt werden. Ich ver- suchte es daher später auf eine andere Art, nämlich dadurch, dab ich die Tb. zum Platzen brachte. Ich unterwarf das Tier einem plötzlichen starken Unterdruck, den ich sofort wieder aufhob, wenn das Auftreten von „Gasblasen“ im Innern des Tieres mir anzeigte, daß eine oder mehrere Tb. ge- platzt seien. Bei Anwendung dieser Methode bleiben die Ausläufer und die Matrixzellen unverletzt, und wenn der Riß in der Blasenwand nicht gar zu klein ist, so wird die Luft ebenso schnell wie aus zer- quetschten Blasen herausgelöst. Es soll nun kurz besprochen werden, welches Ergebnis diese Versuche hatten, die natürlich alle mit Tieren in der 4. Haut an- gestellt wurden. In einigen Fällen kam es bei geplatzten Tb. so schnell zu einer Schließung des Risses, daß die Luft gar nicht heraus- gelöst wurde. Demgegenüber geschah es besonders bei den ge- quetschten nicht selten, daß die verletzte Blase dauernd offen (und leer) blieb. Von der dann in der Regel eintretenden Kompensation habe ich im vorigen Abschnitt schon gesprochen. In ganz vereinzelten Fällen ließ sich, wie gesagt, eine Neu- füllung nachweisen: Versuch 42. 16. Febr. rv. zerquetscht. 18. Febr. rv. noch über die Hälfte mit Luft gefüllt. 25. Febr. rv. luftleer. Tier viel zu schwer, aber gesund und gut genabrt. 5. März. In durchlüftetes Wasser. 7. März. Tier im Gleichgewicht, mit dem Kopf nach unten hängend. rv. noch ohne Luft. 9. März. Mitten in rv. eine kleine Luftblase. 10. März. rv. etwa zu einem Drittel mit Luft gefüllt. Versuch 43. 1. Juli. rv. platzte durch starken Unterdruck, wurde aber nicht völlig luftleer. In nicht durchlüftetes Wasser. 3. Juli. rv. fast voll. Die Füllung von rv. ging im Laufe der nächsten Tage, trotzdem nun durchlüftet wurde, wieder zurück. Versuch 44. 17. Juni. rv. durch Unterdruck geplatzt, teilweise noch mit Luft erfüllt. | Die Schwimmblasen von Corethra. 571 18. Juni. rv. völlig mit Luft erfüllt, eine Verletzung der Blasen- wand ist kaum noch zu sehen. ‘Tier schwebt. Der Riß in rv. schloß sich offenbar völlig, denn rv. wuchs ebenso wie die andern Tb., ohne daß Wasser eindrang. 25. Juni. Völlig regelrecht verpuppt. Versuch 45. 4. März. Kräftiger Unterdruck, alle Blasen platzen. 5. März. 12h, Alle Tb. luftleer. Unterdruck: In einer Vb. bildet sich vorn eine Luftblase, diese wächst bei gleichbleibendem Druck. 12h 30. Fast die ganze Vb. schon lufterfüllt. 1h 25°. Auch in einer Hb. tritt nun wieder Luft auf. 1h 30. Normaldruck: Die Luftblasen bleiben. Diese Art der Neufüllung bei Unterdruck habe ich später noch mehrfach beobachten können, und es ist wohl kein Zweifel, daß diese Erscheinung mit der Gasblasenbildung völlig identisch ist. Im folgenden Versuch jedoch erfolgte die Gasausscheidung bei nor- malem Druck. Versuch 46, 8. Juni. 11h 30’. rv. und ly. mit Pinzette zerquetscht. Tier schwerer als Wasser. 2h 45°. Tier viel zu leicht. In der Nähe der Vb. eine unge- heure Menge von großen Luftblasen, so daß die Brust fast ganz mit Luft angefüllt ist. Das Aussehen des Tieres erinnert sehr an das von Larven, die bei Unterdruck Gasblasen gebildet haben. 9. Juni. Alle Luft in der Brust verschwunden. Tier zu schwer. Zu einer Neufüllung der Vb. kam es nicht. Dieser Fall zeigt deutlich, daß eine starke Luftabscheidung von seiten der Endelemente der Tracheen zustande kommen kann. Erwähnung verdient hier noch eine Erscheinung, die man an geplatzten, luftleeren Tb. sehr häufig beobachten kann. Wenn die Ränder des Risses sich aneinander legen und miteinander ver- schmelzen, so findet man die Blase nach einigen Tagen plötzlich vom einen Ende her eingestülpt wie einen Handschuhfinger. Bei zerquetschten Tb. habe ich dies nie eintreten sehen, wohl weil es da fast nie zu einer Schließung der entstandenen Risse kommt. Die Einstülpung erinnert sehr an jene, die wir durch eine plötzliche Erhöhung des äußeren Druckes an isolierten Tb. hervor- gerufen sahen (Abschnitt II c), und sie beruht vielleicht auch auf ähnlichen Ursachen. Nach der im vorigen Abschnitt ausgeführten Wachstumstheorie 572 GERHARD V. FRANKENBERG, nämlich erzeugt die Quellung der Blasenwand einen Unterdruck in den Tb., und falls dieser zu groß wird, muß es naturgemäß zu einer Einstülpung kommen. Es liegt nun nahe, anzunehmen, dab das Blut in der letzten Haut nicht imstande ist, soviel Luft an die Blasen abzugeben, als diese brauchen. Normalerweise wird das. nötige Luftquantum gewiß von den Tracheenausläufern geliefert. Nun aber, da die Tracheencapillaren vermutlich verstopft sind (man braucht nur an das Eindringen von Wasser zu denken), muß es demnach zu einer Einstülpung der Tb. kommen. IV. Die Puppe. a) Morphologisches. Zum Verständnis der Schwimmblasen von Corethra wäre es zwar nicht unbedingt nötig gewesen, auch über den Schwebeapparat. der Puppe Studien zu machen, aber eine wünschenswerte Voll- ständigkeit schien mir doch darin zu liegen, und außerdem finden hier einige frühere Bemerkungen über Gasabscheidung ihre Be- stätigung. Der Bau der Puppe weicht von dem der Larve sehr ab. Der kleine Kopf sitzt dem durch Bein- und Flügelanlagen stark aufge- triebenen Thorax dicht auf. Das senkrecht herabhängende Abdomen besteht nur noch aus 8 statt 9 Segmenten; man darf wohl an- nehmen, daß das letzte Segment in der A der Ruderplatten und Genitalanhänge aufgegangen ist. Der Hinterleib ist, wenn auch längst nicht so stark wie bei Oulex-Puppen, ventral eingekrümmt (Fig. P). Die Fortbewegung: geschieht durch einen vertikalen Schlag des breiten Schwanzfächers, von dem die Figur nur die Schmalseite sehen läßt. Anstatt die Morphologie der Puppe weiter zu besprechen, will ich nur noch auf ihr Tracheensystem eingehen. Es besteht aus. zwei kräftigen, luftgefüllten Längsstämmen, welche die typische Ringe- lung der Tracheen besitzen und den Körper seiner ganzen Länge: nach durchziehen. Im Hinterleib geben sie pro Segment 3 starke Seitenzweige ab, die sich teils unter der Haut, teils an den Or- canen verästeln. Alle Teile des Körpers sind mit luftgefüllten Tracheen ungemein reichlich versorgt, und auch in jedes der beiden Blätter des Schwimmfächers erstrecken sich 3 reich verzweigte: Tracheen (Fig. Q). Die Schwimmblasen von Corethra. 573 Nach vorn zu gehen die Hauptstämme direkt in die beiden auf- fallendsten Anhänge des Puppenkörpers über, die „Stigmenkiemen“ (Weismann, p. 108) oder „Prothoracalanhänge“ (PALMÉN, p. 63). Da diese Organe nach meiner Ansicht aber weder Stigmen sind, noch Fig 2. Puppe von links. 14:1. Fig. Q. Linkes Ruderblatt der Puppe, ventral. Erst teilweise mit Luft gefüllt. Zeichenokular. am Prothorax sitzen (vgl. Abschnitt IIb), so ziehe ich es vor, die indifferente Bezeich- nung ,,Nackenrohre“ (MEIneErr, p. 412) für sie zu verwenden. Es sind spindelförmige Auswüchse der Körperhaut, die eine ebenso geformte, schlauchförmig erweiterte Trachee um- schließen. Die Intima dieser Trachee ist nicht in der üblichen Weise mit Spiral. fäden versehen, sondern besitzt eine netz- förmige Struktur, und von den Knoten- punkten dieses Netzes ragen merkwürdiger- weise lange Borsten ins Innere der Trachee hinein. Eine alte Streitfrage ist, ob die Nackenrohre an der Spitze eine Öffnung haben. Weismann (p. 108) hält sie unbedingt für offen, und MEmerr (p. 413) stimmt ihm bei, während PALMÉN (p. 63) sie für geschlossen erklärt. Da ich glaube, daß die morphologischen Befunde in solchen Fällen wenig beweisen, so möchte ich zu dieser 574 GERHARD V. FRANKENBERG, Frage erst Stellung nehmen, wenn ich meine darauf bezüglichen Ex- perimente angeführt habe. Die Trachee macht an der Stelle, wo sie aus dem Nackenrohr in den Körper übergeht, einen scharfen Knick, und die Biegungs- stelle besitzt die typische Spiralstruktur der Tracheen. Nach dem Körperinnern zu erweitert sich die „Wurzel“ des Nackenrohres noch einmal schwach, und hier ist die Intima mit groben, unregel- mäßigen Querrunzeln versehen. Die Wurzel setzt sich nach einem abermaligen Knick in den Längsstamm fort. Die Längsstämme verlaufen leicht geschlängelt, wie es Fig. P angibt, und sind, wie erwähnt, von den schwarzbraunen Pigment- zellen begleitet. Im 10. Segment sieht man noch Reste der Hb.- Matrix, und je eine zwiebelförmige Anschwellung vor der Abzwei- gungsstelle der Tracheenäste gibt die Stelle an, wo die Hb. ge- sessen haben. Ähnliche Reste der Vb. finden sich in der Brust. Ob es etwa die Bulbi sind, welche sich auf diese Weise erhalten, habe ich nicht untersucht. Seltsamerweise glaubt Wetsmann (p. 109), „dass zwar die hinteren Schwimm- oder Tracheenblasen der Larve bei der Ver- puppung zerstört werden, nicht aber die vorderen“. Hiervon kann nicht die Rede sein, wie PoucHET, MEINERT u. A. richtig hervorge- hoben haben. Der Luftraum, welcher die Puppe hauptsächlich im Gleichgewicht hält, ist überhaupt nicht innerhalb ihres Tracheen- systems gelegen, sondern besteht aus dem Raum, den die Flügel- scheiden und Beinanlagen mit der Ventralseite des Thorax bilden. Die Füllung dieser Höhle mit Luft erfolgt allerdings, soweit ich sehen kann, vom Tracheensystem aus, und zwar durch die Stigmen des 4. Körpersegments. Der luftgefüllte Raum läßt sich der Form nach am besten mit einem Hufeisen vergleichen, dessen Konkavseite dem Tier zuge- kehrt ist (s. Fig. P). In der Mitte des Außenrandes besitzt das Hufeisen jederseits eine Verbindung mit der Außenwelt, eine feine Öffnung, durch die, wie wir später sehen werden, Luft in Bläschen- form austreten kann. Diese Spalte ist in der Figur luftgefüllt wiedergegeben und liegt etwas tiefer als der Funiculus des 4. Seg- ments. Die Verpuppung selbst zu beobachten, ist. mir nur einmal ge- lungen. Der Vorgang spielte sich obendrein so rasch ab, daß ich auch dadurch nicht viel mehr erfuhr. Immerhin habe ich bei den Versuchen mit isolierten Larven sehr häufig Gelegenheit gehabt, Die Schwimmblasen von Corethra. 575 die Tiere kurz vor und nach der Verpuppung zu betrachten, und hoffe einigermaßen über die Art, wie sie sich abspielt, ins Klare ge- kommen zu sein. Das sicherste Zeichen für die bevorstehende Verpuppung ist das gewaltige Wachstum und die Dunkelfärbung der Nackenrohre in den letzten Tagen des Larvenlebens. PoucHEr behauptet (p. 226), daß die Nackenrohre sich bereits in der Larve mit Luft füllten, aber das sah ich nie und kann es mir auch kaum denken. Denn wie wir noch sehen werden, füllen sie sich sogar später als das übrige Tracheensystem. Die Längsstämme haben um diese Zeit bereits die bedeutende Dicke erreicht, welche sie nachher in der Puppe besitzen, sind aber ebenso wie die übrigen Tracheen der Puppe, die alle schon ange- legt sind, noch mit Serum gefüllt. Oft schwand kurz vor der Verwandlung auch aus den spär- lichen Tracheen der Larve alle Luft, doch bin ich nicht sicher, ob dies durchweg der Fall ist. Jedenfalls aber werden die Larven zuletzt regelmäßig schwerer als Wasser. | Die Verpuppung, die ich sah, dauerte kaum eine Sekunde. Die Larvenhaut rif in den Brustsegmenten dorsal auf, und während ich mich bemühte, das lebhafte Tier im Gesichtsfelde zu behalten, hatte die Puppe sich bereits von der alten Haut frei gemacht. Merkwiirdigerweise entledigt sich die Corethra bei der Ver- puppung ihrer Tb. auf andere Weise als bei den Häutungen. Wäh- rend sie dort im Körper liegen blieben, werden sie hier, wenigstens in der Regel, durch die Stigmen herausgezogen. Man findet die Tb. als zerknitterte, fast oder ganz luftleere und, wie es scheint, auch chemisch veränderte Schläuche auf der abgeworfenen letzten Larvenhaut, an dersie durch einen Stiel (den Funiculus) befestigt sind. Fast möchte ich glauben, daß die Häutung der Vb. nicht, wie man erwarten sollte, durch das Stigma des 3. Segments, sondern vielmehr durch das des 4. vor sich geht; denn der Funiculus des 4. Segments ist sehr kurz und kräftig, so breit wie die Längsstämme und auch ebenso geringelt, ‚während der des letzten Brustsegments sich gar nicht stark ausbildet. Auch ist es auffallend, daß der Funiculus des 4. Segments in der Puppe stets mit Luft gefüllt ist, während ihre übrigen Stigmenäste durchweg leer sind. Oben sagte ich, daß die Intima der Tb. sich auch chemisch zu verändern scheine. Sie gewährt tatsächlich kurz vor der Verpuppung ein Bild starken Zerfalls. Die Spiralfäden sind sehr gequollen, ver- 576 GERHARD V. FRANKENBERG, lagert und teilweise zerbrochen, sie erinnern an den Befund bei den übrigen Häutungen (Fig. O). Die Tb. haben ihre Elastizität und Festigkeit völlig eingebüßt und zerreißen bei der leisesten Be- rührung. Von „Symptomen beginnenden Zerfalls“ spricht übrigens auch Wetsmann (p. 109), glaubt aber, daß diese Erscheinung sich auf die Hb. beschränke. Man würde sich übrigens, wenn die Intima ihre alte Festigkeit beibehielte, kaum vorstellen können, wie die Tb. durch die immerhin engen Funiculi gezogen werden sollten. Warum es freilich überhaupt zu einer Abwerfung der Tb. kommt, da das Tier doch bei den vorangegangenen Häutungen von seiner Fähigkeit, die Intima aufzulösen, Gebrauch machte, läßt sich wohl nur phylogenetisch erklären. Denn auch bei der Verpuppung kann die Intima gelegentlich im Körper bleiben und dort aufgelöst werden. Versuch 47. 13. Mai morgens fand ich ein frisch verpupptes 9, dessen Hb. noch im Körper lagen und luftgefüllt waren. Längsstämme gefüllt, Huf- eisen ventral ohne Luft. Tier zu schwer. Abends Hb. stark zerknittert, in Auflösung begriffen, fast ohne Luft. 14. Mai morgens. Hb. nicht mehr zu sehen. Tier zu schwer. Während der Verpuppung zerreißen also die äußerst zart ge- wordenen Wände der Tb. und werden gewöhnlich, an den alten Funiculi hängend, aus den Stigmen herausgezerrt. Dabei nehmen sie etwas von ihrem gasförmigen Inhalt mit nach außen, der größte Teil aber bleibt, wenn ich recht gesehen habe, im Tracheensystem, strömt sofort in die Längsstämme und sammelt sich in dem hufeisen- förmigen Hohlraum unter der Brust. Die bewegende Kraft für diesen Vorgang ist wohl in einer plötzlichen Zusammenziehung der Tb.-Matrix zu suchen. Die Puppe besitzt also im ersten Augenblick nur im Hufeisen und in den Längsstämmen Luft, aber das ändert sich rasch. Ohne sichtbare Ursache dringt plötzlich von der Brust her Luft in die Nackenrohre ein und füllt sie langsam, aber stetig. Ihre Füllung geschieht also nicht, wie WeısmAnn (p. 108) will, durch Aufnahme atmosphärischer Luft an der Wasseroberfläche, sondern von innen heraus, durch Abscheidung von Gas aus den Geweben oder dem um- gebenden Wasser. Der Vorgang würde an die erste Füllung der Tb. erinnern, wenn er nicht so viel langsamer verliefe. Wegen der langen Dauer des Prozesses möchte man glauben, daß es sich weniger um eine echte Secretion von Gas, etwa durch Zerfall einer chemi- Die Schwimmblasen yon Corethra. 577 schen Verbindung, als um eine allmähliche Abscheidung aus dem umgebenden Wasser handele. Dagegen scheint mir allerdings folgende Beobachtung zu sprechen: zugleich mit der Füllung der Nackenrohre beginnt in den Tracheenästen ebenfalls Luft zu erscheinen, und auch diese Luft tritt zuerst proximal auf. Die Ausläufer unter der Haut füllen sich zuletzt. Das ist am deutlichsten im Schwanzfächer, wo die Füllung zentrifugal und gleichsam zonenweise vorschreitet. Würde man von Minute zu Minute auf einem Ruderblatte die Linie aufzeichnen, bis zu der die Füllung vorgeschritten ist, so bekäme man Segmente konzentrischer Kreise, deren Mittelpunkt die Wurzel des Ruder- blattes wäre. Innerhalb eines solchen Kreises sind aber nicht nur die 3 Hauptäste gefüllt, sondern zugleich alle, auch die feinsten von ihnen ausgehenden Nebenäste (Fig. Q). Auch da fragt es sich wieder, wo das Serum bleibt, das in den Tracheen und Nackenrohren enthalten war. Da aber die Füllung hier ziemlich langsam geschieht, so kann es recht wohl durch die Tracheenwände hindurch ins Blut aufgenommen werden. Der Schwanzfächer füllt sich ziemlich rasch mit Luft, oft binnen 10 Minuten, jedenfalls meist schneller als die Nackenrohre und die Verästelungen in den Segmenten. Die einmal gefüllten Teile des Tracheensystems bleiben dauernd gefüllt, und die Puppe hat damit ihr normales Schwebvermögen er- reicht. Auch Larven, die ich durch ein Drahtnetz von der Wasser- oberfläche abschloß, verpuppten sich regelrecht. Damit ist Weıs- mann’s Ansicht, wonach die Füllung des Tracheensystems der Puppe durch Aufnahme atmosphärischer Luft mittels der Nackenrohre ge- schieht (p. 108), auf die einfachste Weise widerlegt. b) Experimente mit Puppen. Ich wollte sicher feststellen, ob bei der Verpuppung eine Ab- scheidung von Gas erfolge, und ich hoffe das dadurch erreicht zu haben, daß ich Tiere sich verpuppen ließ, deren Tb. ich künstlich ihres Luftinhalts beraubt hatte. Dazu bediente ich mich der in Abschnitt [IIe geschilderten Methode des Zersprengens durch Unterdruck, und es ergab sich, daß an einer wirklichen Ausscheidung von Luft kurz nach der Verpuppung kein Zweifel sein kann. Der folgende Versuch ge- lang am besten. 578 GERHARD V. FRANKENBERG, Versuch 48. 11. Juni. Larve in der 4. Haut. Alle 4 Tb. platzten bei Unter- druck, die Luft verschwand aus ihnen. Die Tracheencapillaren blieben sämtlich luftgefüllt. 23. Juni. Tier gesund, gut genährt. Tb. luftleer, eingestülpt. 24. Juni. 3h 50. Frisch verpuppt. Rechter Längsstamm und rechtes Ruderblatt luftgefüllt, linker Längsstamm erst in der Brust gefüllt, die Luftsäule wächst zusehends nach beiden Seiten hin. Die Nackenrohre füllen sich von ihrer Wurzel her (zentrifugal) mit Luft. Hufeisen leer. 4h 10‘. Nackenrohre zu ?/, proximal gefüllt. Längsstämme gefüllt, mit Ausnahme einer kurzen Strecke vor und hinter den Hb., welche nicht regelrecht abgeworfen sind und ein Hindernis zu bilden scheinen. Linkes Ruderblatt noch nicht ganz gefüllt. 6h 10‘. Nackenrohre völlig gefüllt. Sonst alles ebenso. Das Tier lebte noch bis 28. Juni. Das Hufeisen füllte sich nicht, wogegen das Tracheensystem dauernd gefüllt blieb. Im rechten Ruderblatt waren die Tracheen stark geschlängelt (s. u.). Dieser Fall scheint mir zu beweisen, daß die Luft im Hufeisen nicht erst bei der Verpuppung erzeugt wird, sondern aus den Tb. stammt, daß dagegen die Luft im Tracheensystem und besonders in den Nackenrohren mit den Tb. nichts zu tun hat. Es scheint mindestens 2 luftabscheidende Partien im Körper der Puppe zu geben, eine in der Brustregion und eine hinter den Hb., vielleicht an derselben Stelle, von der aus die erste Füllung der Tb. erfolgt. Einige meiner Versuche mit Puppen verdienen vielleicht noch Erwähnung. Es handelt sich hauptsächlich um Anwendung ver- änderten Drucks. Bei der Puppe gibt es ein vorzügliches Mittel, zu erkennen, welch ein Druck im Innern des Tracheensystems herrscht. Steigt dieser Druck nämlich höher als der der Umgebung, so schlängeln sich die vorher ziemlich gestreckten Längsstämme und bei sehr starkem Überdruck im Tracheensystem auch die feineren Zweige. Diese Schlängelung kommt genau wie die Einrollung der Tb. dadurch zustande, daß wohl die Zwischenschicht, nicht aber die Spiralfäden dehnbar sind und daher eine Verlängerung der Tracheen er- folgen muß. Diese Beobachtung wurde mir bei den Unterdruckversuchen recht wertvoll. Ehe ich aber zu deren Beschreibung übergehen kann, muß ich noch einiges über das Nackenrohr sagen. Trotz der Angaben Weısmann’s und Metvert’s halte ich das Nackenrohr für geschlossen. Ob sich das vielleicht kurz vor dem Die Schwimmblasen von Corethra. 579 Schlüpfen der Imago noch ändert, habe ich allerdings nicht unter- sucht. Meine Ansicht stützt sich auf Beobachtungen an isolierten Nackenrohren bei Unterdruck. Bringt man ein Nackenrohr nebst Wurzel und anhängenden Tracheen in die Druckkammer und er- niedrigt den Druck, so tritt zunächst weder aus der Spitze noch aus dem proximalen Ende Luft aus. Die Wand der Nackenrohre muß außerordentlich starr sein, denn sie ändern ihre Form und Größe durchaus nicht, weder bei Unter- noch bei Überdruck. Erreicht dagegen der Unterdruck eine gewisse Stärke, so platzen die Nackenrohre, und es tritt in der Regel am Proximalende, in selteneren Fällen aber auch an der Spitze Luft aus. Ein Abschluß besteht also nicht nur an der Spitze, sondern, wenigstens bei isolierten Nackenrohren, auch gegen den Körper hin und zwar genau an der Stelle, wo das Rohr aus dem Körper hervor- tritt. Ist dieser Verschluß einmal geplatzt, so pflanzt sich jede kleinste Druckänderung in das Innere des Nackenrohres fort, was man sehr gut sehen kann, wenn es halb mit Luft, halb mit Wasser gefüllt ist. Ist dagegen an der Spitze eine Luftblase ausgetreten, so scheint der Spalt sich sofort wieder zu schließen. Diese Befunde sind ziemlich interessant. Die Vorfahren der Corethra hatten vermutlich ebenso wie Culex offene Nackenrohre zur direkten Aufnahme atmosphärischer Luft. Als sich Corethra nun an ein mehr pelagisches Leben gewöhnte und die Puppe gleich der Larve im Wasser zu schweben anfing, wurde die Öffnung über- flüssig und schloß sich wieder, ist aber wenigstens noch in der An- lage vorhanden und, wie wir gesehen haben, auf Umwegen sichtbar zu machen. Die Entwicklung hat also den zuerst eingeschlagenen Weg wieder verlassen, und die Nackenrohre von Corethra stehen auf einem Stadium, das sie vielleicht schon einmal innehatten. Denn vermutlich haben sich die dorsalen Thoraxanhänge der Culiciden aus einer Art von Tracheenkiemen entwickelt, und diese müssen natürlich zuerst geschlossen gewesen sein. Die Funktion der Nackenrohre hat, wie WESENBERG sehr klar aus- einandersetzt, gewechselt. Sie sind aus Respirationsorganen zu Schweb- ‚apparaten geworden. Allerdings möchte ich nicht glauben, daß sie ganz ohne Bedeutung für den Gaswechsel sind, denn ihre Wand ist für Luft, wie es scheint, besonders durchlässig. Das schließe ich daraus, daß Puppen, welche man in luftarmes Wasser setzt, ganz zerknitterte und zusammengefallene Nackenrohre bekommen, während 580 GERHARD V. FRANKENBERG, die Luft aus den Längsstämmen und besonders aus dem Hufeisen nur sehr langsam verschwindet. In derselben Weise fallen übrigens die Nackenrohre den Tiere bei starkem Überdruck zusammen. In isolierte Nackenrohre dringt bei Überdruck von ca. 40 cm Hg plötzlich von der Wurzel her Wasser ein. Setzt man nicht bloß ein Nackenrohr, sondern die ganze Puppe unter verminderten Druck, so bekommt man eine Fülle merkwürdiger Erscheinungen. Die Puppe wird zu leicht, da ihre Luftvorräte sich dehnen, und die Nackenrohre schlagen in der Mittellinie des Körpers zusammen. Dies beruht darauf, daß, wie erwähnt, die Rohre da, wo sie den Körper verlassen, gekrümmt und mit Spiralfäden ver- sehen sind. Die Krümmung wird nun durch den inneren Druck stärker, genau wie wir es bei den Tb. der Larve gesehen haben. Bei Erhöhung des äußeren Druckes spreizen sich die Nacken- rohre sofort wieder voneinander wie die Blättchen eines Elektroskops bei Erhöhung des Potentials. Noch besser als hieran läßt sich die Steigerung des Druckes an den stark geschlängelten Längsstämmen erkennen (s. 0.). Ist der Unterdruck aber nicht gar zu schwach, so bleibt es nicht bei diesen Symptomen, sondern durch die Öffnung, welche das Hufeisen mit der Außenwelt verbindet, treten Luftbläschen aus. Dies ist nun ein eigenartiger Vorgang. Es tritt nicht etwa nur so viel Luft aus, als im Innern des Tieres jetzt zuviel enthalten ist, sondern ein fortwährender Strom von Bläschen perlt an den Seiten des Tieres empor. Man sieht unter dem Mikroskop, daß die ‘Luft zunächst aus den Stigmen des 4. Segments in das Hufeisen abgegeben wird, und zwar etwa jede Sekunde ein kleines Bläschen. Worauf ich Wert legen möchte, ist, dab die Abscheidung gegen einen gewissen Druck erfolgt. Denn die Längsstämme sind, wie erwähnt, stark geschlängelt und die Schlängelung geht immer für einen Augenblick etwas zurück, wenn eine Luftblase austritt. Ebenso klappen die Nackenrohre beim Austreten jeder Blase etwas aus- einander. Der Bläschenstrom tritt nur in lufthaltigem Wasser auf, und schon dadurch ist es deutlich, daß es sich um eine Luftblasen- abscheidung aus dem umgebenden Wasser handelt. Sie wird größten- teils physikalische Ursachen haben, denn auch durch Hitze getötete Puppen geben Bläschen ab, allerdings nicht so stark wie lebendige. Offenbar ist die Erscheinung eng verwandt mit der „Gasblasen- Die Schwimmblasen von Corethra. 581 bildung“ der Larven (Abschnitt IIf), die freilich, wohl wegen der geringeren Ausdehnung des Tracheensystems, wesentlich schwächer ist. Ist der Unterdruck stark genug, so kommt es bei einigen Indi- viduen zum Aufreißen des Spaltes in der Spitze der Nackenrohre, und die Luftbläschen steigen dann aus den Spitzen der Rohre auf. Gewöhnlich kommen nur aus einem Nackenrohr Luftblasen, wie denn auch meist von den beiden Stigmen nur eins offen ist. Wie es scheint, ist einer der Längsstämme manchmal verstopft. Versuch 49. Eine Puppe gab bei Unterdruck lebhaft Luftblasen ab, aber nur aus dem rechten Stigma des 4. Segments. Aus den Nackenrohren kam keine Luft. Die Spitzen beider Nackenrohre abgeschnitten und nochmals Unter- (druck hergestellt: der ganze Bläschenstrom kam aus dem rechten Nacken- rohr. Der rechte Längsstamm war kaum geschlängelt und streckte sich jedesmal, wenn eine Luftblase austrat, der linke war stark und dauernd geschlängelt. Ich gehe nun noch kurz auf die hydrostatische Regulation der Puppen ein. Krock sagt, die Puppe sei nicht imstande, bei ver- ändertem Druck wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Das ist richtig, wenn es sich um größere Druckänderungen handelt. Ist die Schwankung des Druckes aber nur gering (bis zu einigen cm Hg), so vermag die Puppe sehr wohl und zwar außerordentlich rasch zu regulieren. | Um den Druck genauer regeln zu können, benutzte ich nicht Quecksilber, sondern eine Wassersäule zu seiner Erzeugung. Es ist auffallend, welch geringe Druckänderungen bereits auf die Puppe Einfluß haben. Schon eine Erniedrigung des Druckes um 10 cm H,O läßt sie so leicht werden, daß sie in etwa 25 Sek. 1 cm steigt. Der Grund für diese viel größere Beeinflußbarkeit liegt natür- lich darin, daß die Luft nicht wie bei der Larve in starren Be- hältern eingeschlossen ist, welche einen großen Teil des Druckes ‚abhalten, sondern nahezu ungehindert mit der Außenwelt kommu- niziert. Dazu kommt, daß auch die geringste Druckerniedrigung eine Abscheidung von Gas aus dem eayanen Wasser ins Tracheen- system bewirkt. Die Puppe antwortet auf die Gewichtsverminderung mit einigen ‚kurzen Schlägen des Schwanzfächers, und binnen einer Minute, oft aber noch viel schneller, ist sie gewöhnlich wieder im Gleichgewicht und schwebt in derselben Höhe wie zuvor. Ich habe den Regulationsmechanismus der Puppe nicht unter- Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 38 582 GERHARD V. FRANKENBERG, sucht, glaube aber, die Regulation kommt einfach dadurch zustande, daß das Tier, wenn es zu leicht wird, seine Flügel und Beine fester an den Körper anpreßt und dadurch den Luftraum des Hufeisens wieder verkleinert. Die Flügelmuskeln sind schon sehr gut aus- gebildet, so dab dieser Annahme morphologisch wohl nichts im Wege stände. Wird die Puppe zu schwer, so kann sie umgekehrt durch Auseinanderspreizen der Brustanhänge den Luftraum vergrößern. Ist die Druckänderung zu groß, so reicht diese Einrichtung natürlich nicht aus, und die Regulation unterbleibt. Da aber im Leben der Puppe, die weder Nahrung aufnimmt noch Stoffwechsel- produkte abgibt, keine wesentlichen Gewichtsschwankungen vor- kommen werden, so hat sie auch keine so vollkommenen Einrich- tungen nötig, wie wir sie in den wachstumsfähigen Tb. der Larve kennen gelernt haben. Jedoch Gewichtsänderungen, die sich in ge- ringen Grenzen halten, vermag sie besser und vor allem schneller als die Larve zu kompensieren, und tatsächlich schweben die Puppen buchstäblich regungslos im Wasser, ohne anders als durch Strömungen zu steigen oder zu sinken. KrocH nennt die Puppe „a living Cartesian diver“. Sie ist aber eigentlich mehr als das, sie ist, um im Bilde zu bleiben, ein Cartesianischer Taucher mit automatischer Regulierung. Als Beweis für ihre Regulationsfahigkeit führe ich hier noch einen Versuch an, in dem ich die Verminderung des Gewichts ab- sichtlich nicht durch Unterdruck, sondern durch Hinzufügen von Seewasser zu dem Wasser, worin sich die Tiere befanden, erreichte. Die Gleichgewichtsstörung, die dabei eintritt, ist erheblich und merk- würdigerweise bei den Puppen deutlich größer als bei den Larven. Das kann an der für Vertikalbewegungen günstigen Form der Puppe, aber auch an ihrem größeren Volumen gelegen haben. Versuch 50. 4h. 5 Gläser (A—E) enthielten Mischungen von Süßwasser mit 10—50°/, Nordseewasser. In jedes Glas wurden 3 Larven und 3 Puppen. eingesetzt. Sämtliche Tiere wurden sofort zu leicht und machten Abwärts- bewegungen. 4h 2’. In Glas A sind 2 Puppen bereits wieder im Gleichgewicht,. auch die dritte erlangt plötzlich ihr Gleichgewicht wieder. 4h 15‘. Die folgende Tabelle ist eine Übersicht über die ungefähre: Steiggeschwindigkeit in den 5 Gläsern. Die Zahlen geben an, in wieviel Sekunden die Tiere 1 cm steigen. Zu bemerken ist, daß die Puppen in Glas B zuerst schneller stiegen und bereits nach Möglichkeit reguliert haben. Die Schwimmblasen von Corethra. 583 Glas Seewassergehalt Puppen Larven A 109, — 8 B 20 8 7 C 30 3 5 D 40 2 4 E 50 1—2 3—4 4h 40’. A: Alle Puppen im Gleichgewicht. B: Eine Puppe fast im Gleichgewicht. Larven in allen Gläsern zu leicht. 6 h 20‘. In A alle Puppen, in B eine im Gleichgewicht. Alle anderen Tiere zu leicht, die Larven steigen mit der gleichen Geschwindigkeit wie 4h 15’. V. Mochlonyx. Ich wollte eigentlich eine Art Ergänzung zu meinen Unter- suchungen liefern, indem ich das Gefundene an den Larven von Mochlonyx nachprifte. Mancherlei mußte sieh an diesen Tieren besser entscheiden lassen, da ihr Tracheensystem viel stärker aus- gebildet ist. Aber das, wie es scheint, etwas seltene Auftreten der Mochlonyx machte es mir nicht möglich, sie so eingehend zu stu- dieren, wie ich geplant hatte. Nur einmal, nämlich am 12. Juni, fand ich einige noch ziemlich junge Larven von Mochlonyx, zusammen . mit einer ungeheuren Menge von Culex- und Corethra-Larven. Diesen Fang habe ich nach Möglichkeit ausgenutzt. Mochlonyx steht, wie man gewöhnlich sagt, zwischen Culex und Corethra. Die Larve schwebt wagerecht im Wasser und lebt von Raub, ist aber dem Aussehen nach Culex recht ähnlich. Der Körper ist gedrungen, Brust und Kopf breit und kurz. Die Antennen stehen an der Basis weit auseinander und sind einwärts gerichtet. An der Stirn finden sich 2 lange, hirschhornartige Fortsätze, die vielleicht den „Plättchen“ entsprechen. Die Farbe ist viel dunkler als bei Corethra, obwohl immer noch heller als bei Culex. Besonders war das Chitin der Kopfkapsel bei meinen Tieren dunkel graubraun. Das 11. Segment trägt ein dünnes, aber langes Atemrohr, das 12. ist wie bei Culex ventral umgebogen, es besitzt zwar einen Fächer von langen Borsten, aber diese sind nicht gefiedert, sondern eher gefingert zu nennen und viel schlaffer als bei Corethra. Die Larve schwebt vermöge der 4 Erweiterungen, welche die Längsstämme besitzen. Diese Erweiterungen liegen in der Brust und im 10. Segment und entsprechen natürlich den Tb. der Corethra. Sie sind lang und schmal, kaum von den Längsstämmen der Tracheen 38* 584 GERHARD v. FRANKENBERG, abgesetzt und durchaus nicht gekrümmt. Ihre Matrix ist auffallend dick. Schwarzes Pigment fand ich nie auf ihnen, es sind zwar Pigmentzellen vorhanden, aber so schwach hellbraun, daß man sie nicht leicht sieht. Die Längsstämme sind gut ausgebildet, ziemlich dick und mit Spiralfäden versehen. Sie sind völlig mit Luft erfüllt und erstrecken sich bis in die Spitze des Atemrohres. Das Tracheensystem ist überhaupt außerordentlich gut entwickelt, besonders unter der Haut, und das steht gewiß in Zusammenhang mit dem lebhaften Stoff- wechsel und den häufigen Körperbewegungen. Die Bulbi sind angedeutet durch eine schwache, nicht kugel- formige Anschwellung der Längsstämme, die Anordnung der Tracheen entspricht, soweit ich gesehen habe, vollkommen den bei Corethra gefundenen Verhältnissen. Mochlonyx ist meist nicht so gut im Gleichgewicht wie Corethra, sondern gewöhnlich etwas zu leicht. Sie hält sich aueh gern in der Nähe der Oberfläche auf, obwohl ich sie selten wie Culex mit dem Atemrohr darangehängt fand. Ich hätte gern genau gewußt, ob Mochlonyx von der atmosphä- rischen Luft abhängig ist, und schloß zu diesem Zweck 3 Larven durch Planctongaze von der Wasseroberfläche ab. Sie gingen binnen 12 Stunden ein, aber da mir auch von den Kontrolltieren einige starben, so bin ich nicht sicher, ob sie nicht anderen Schädi- gungen zum Opfer fielen. Jedenfalls ist aber das Atemrohr, wie ich noch zeigen werde, als offen anzusehen und dient sicher ge- legentlich, wenn auch nicht in der Regel, zur Aufnahme von Luft. Die Tb. von Mochlonyx sind gegen die Längsstämme in keiner Weise abgeschlossen, sondern geben z. B. bei Unterdruck sogleich Luft an diese ab. Man erhält daher auch keine Dehnung der Tb. wie bei Corethra. Abweichend verhielt sich eine Mochlonyx, die kurz vor der Häutung stand. Ihre Tb. waren verschlossen und dehnten sich daher bei Unterdruck. Diese Versuche wurden mit isolierten Tb. angestellt. Bringt man das ganze Tier unter verminderten Druck, so gibt es sofort Luft aus der Spitze des Atemrohres ab, und zwar nicht ruckweise, sondern kontinuierlich. Die Stigmen im 11. Segment sind also offen, und es kommt daher hier auch nicht zu einer Schlängelung der Längsstämme durch inneren Überdruck. Einige Mochlonyx habe ich 1—2 Wochen unter täglicher Be- obachtung halten können, und es zeigte sich dabei, daß die Tb. in Die Schwimmblasen von Corethra. 585 derselben Weise wie bei Corethra, ja infolge ihrer geringen Dicke noch stärker, in die Länge wachsen, wenn das Tier gefressen hat. Bekommt es keine Nahrung, so gehen sie in der Länge zurück. Einmal habe ich eine Häutung durch Messung festhalten können und dabei festgestellt, daß auch hier die Tb. sich stark verkürzen und verdicken. Die alten Häute der Tb. bleiben wie bei Corethra in den neuen liegen, was übrigens hier auch von MEInErT beobachtet worden ist. Ich gebe kurz einige Daten über das Tier an, dasich am längsten unter Beobachtung halten konnte. Versuch 51. 13. Juni. Kopf und Brust 1597 u. rv. 481 u, rh. 470 u. 14. Juni. 9h35. Kopf und Brust 1685 y. Vordarm voll. Häutung steht bevor. Dicke der Längsstämme 15 u. rv. 604 u, Dicke 179 u; rh. 492 u, Dicke 134 u. 12h 35. rv. 556 u, rh. 481 u. 15. Juni. Gehäutet (letzte Larvenhaut). Kopf und Brust 1732 u. Dicke der Längsstämme 34 u, rv. 319 u, Dicke 280 u, rh. 246 u. Tb. birnförmig kontrahiert, alte Blasenwände durchschimmernd. 16. Juni. rv. 380 u, rh. 252 u. 17. Juni. rv. 492 u, rh. 324 u. 20. Juni. rv. 710 u, rh. 543 u. 22. Juni. Nackenrohre schon ziemlich weit entwickelt. rv. 882 u, rh. 819 y. 23. Juni. Kopf und Brust 2110 u, rv. 976 u, rh. 945 u. 24. Juni. Verpuppt. Tracheen des Schwanzfächers erst proximal mit Luft gefüllt. To. bei der Verpuppung mit abgeworfen, liegen auf der alten Haut. 27. Juni. Imago geschlüpft. In einem anderen Falle hatte ich Gelegenheit, die Vorgänge im Tracheensystem unmittelbar nach der Häutung zu beobachten. Es zeigte sich, daß mit Ausnahme der Tb. alle Tracheen vorüber- gehend ihren Luftinhalt verlieren und sich mit Serum füllen. Das ist in der Hauptsache nur eine Bestätigung der Befunde von MEINERT, der sogar mehrere Häutungen von Mochlony& beobachtet hat. Da aber seine Versuchstiere fast alle krank gewesen zu sein scheinen (die meisten starben ihm kurz nach der Häutung) und da ich diese Vorgänge für recht wichtig halte, so will ich auch meine Er- fahrungen wiedergeben: 586 GERHARD V. FRANKENBERG, Versuch 52. 13. Juni. 4h 45°. Ganz frisch gehäutete Larve. Chitinteile des Kopfes noch weich und durchsichtig. Die Tb. sind noch nicht ganz fertig gehäutet, zwischen ihrer alten und neuen Wand befindet sich Serum. Die alten Tb. sind mit Luft gefüllt. Im übrigen ist das gesamte Tracheen- system luftleer. 4h 50’. Die Tracheen in Kopf und Brust, soweit sie vor den Vb. liegen, sind mit Luft gefüllt; die Längsstämme füllen sich, von den Vb. nach hinten fortschreitend, langsam mit Luft. Man kann die Füllung unterm Mikroskop gut beobachten und sieht dann, daß sie in kurzen Rucken erfolgt. Die Seitenäste beginnen sich zu füllen, sobald die Füllung der Längsstämme bis zu ihrer Abzweigungsstelle vorgedrungen ist. Die Luftsäule wuchs im linken Längsstamm schneller als im rechten und war schon fast bis zu den Hb. vorgedrungen, als der rechte Stamm kaum halb gefüllt war. Ehe die Luftsäulen die Hb. erreicht hatten, ging von diesen, die noch nicht ganz fertig gehäutet waren (dh. noch Serum enthielten), je eine Luftsäule nach hinten und füllte die Längsstämme und ihre Ver- zweigungen im 11. und 12. Segment. Auch die Tracheen im Atemrohr wurden auf diese Weise, also von innen her, gefüllt. Der ganze Vorgang spielte sich unter Wasser ab. 14. Juni. Fertig gehäutet. Ganzes Tracheensystem luftgefüllt. Kopf und Brust 1213 u (also vermutlich vorletzte Häutung?). Das Tier starb am 16. Juni, machte aber bis zum Tage vorher keinen kranken Eindruck. Meiınerr beschreibt, daß die Luft nachher wieder aus den Längs- stämmen schwand. Da sie aber normalerweise stets luftgefüllt sind. so halte ich das für eine pathologische Erscheinung. VI. Versuch einer Theorie der Atmung bei geschlossenem Tracheensystem. Ein wesentlicher Unterschied der Säugetieratmung von der der Insecten besteht darin, daß die eingeatmete Luft bei ersteren in einen scharf abgegrenzten Blasebalg gerät, aus dem sie (bis auf !/, ihres Volums) wieder ausgestoßen werden kann, während sie bei den Insecten in ein weit verzweigtes Röhrensystem kommt, welches sich sogar direkt bis in die äußersten Enden der Extremitäten und den Kopf erstreckt, so daß an eine gründliche Erneuerung des Gas- inhalts durch die Atembewegungen nicht gedacht werden kann. Gerade die arbeitenden Organe, wie die Muskeln, das Hirn usw., würden auf diese Weise bald nur noch Stickstoff und Kohlensäure in ihren Tracheen enthalten. Die Schwimmblasen von Corethra. 587 Man kann vielleicht einen allgemeingiiltigen Satz daraus machen, daß so stark verzweigte Organsysteme wie die Blutgefäße bei den Wirbeltieren und die Tracheen bei den Insecten notwendig ein ‘Strömen ihres Inhalts in einer bestimmten Richtung zur Voraus- setzung haben müssen, um funktionsfähig zu sein. Die Atem- bewegungen der Insecten sind spätere Anpassungen an einen ge- steigerten Stoffwechsel, und es muß ursprünglich auch ohne sie gegangen sein. Daher glaube ich, daß ein dauernder Strom frischer Luft durch die Tracheen fließt, und zwar zentripetal, d. h. von der Außenwelt zu den Organen. Ferner nehme ich im Gegensatz zur herrschenden Ansicht an, daß die gasförmigen Stoffwechselprodukte (Kohlensäure) nicht wieder in die Tracheen abgeschieden, sondern vom Blute fort- gespült und anderweitig aus dem Körper entfernt werden. Eine sehr wertvolle Bestätigung für diese Theorie fand ich in einer 1913 erschienenen Abhandlung Kroc#’s, worin nachgewiesen ist, daß die Tracheen in den Beinen der Heuschrecke viel weniger CO, enthalten, als man nach dem Defizit an O, erwarten sollte. Der Verfasser sagt denn auch am Schlusse seiner Arbeit ausdrück- lich, daß „a large part of the CO, formed in the tissues must be carried away by other means than through the tracheae“. Eine weitere Stütze findet meine Auffassung vielleicht durch einen von BAB4K (p. 89) beschriebenen Versuch. Dieser Forscher unterband Culex-Larven das Atemrohr mit einem Seidenfaden und beobachtete, daß die Tracheenlängsstämme ganz platt und band- förmig wurden. Das geschah auch in durchlüftetem Wasser. Hieraus geht wohl klar hervor, daß die verbrauchte Luft nicht wieder in die Tracheen abgeschieden wurde. Leider erwähnt Basdx mit keinem Worte, daß die Tracheen von Culex auch normalerweise schon platte Bänder sind. Ich nehme aber an, daß er mit jüngeren Larven gearbeitet hat, bei denen die Längsstämme noch so rund und prallgefüllt sind, wie er es in seiner fig. 1 darstellt. | Auch Basix kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu einer Vermutung, der ich mich gern anschließe. Er spricht sie allerdings nicht im Text selber, sondern nur in dem englischen Summary (p. 90) aus: „The living wali of the air-tube is probably an active instru- ment in the normal ventilation of the trachea.“ Allgemein läßt sich also vielleicht sagen, daß die Endigungen der Tracheen (ob durch Vermittlung von Endzellen, ist eine Frage 588 GERHARD v. FRANKENBERG, für sich) Sauerstoff an die Organe abscheiden, ohne dafür Kohlen- säure einzutauschen. Diese Annahme möchte ich für alle Insecten, auch die mit. offenem Tracheensystem, gelten lassen. Bei geschlossenem Tracheen- system muß, damit ein Strom zustande kommt, zugleich fortwährend . Luft aus der Umgebung in die Tracheen abgeschieden werden, welche unter der Haut liegen. Man könnte sich das so vorstellen, daß in- folge des Verbrauches von O, durch die Organe ein Druckgefälle für Sauerstoff besteht und dieser daher dauernd aus der Umgebung in die Tracheen strömen muß. Es scheint aber, als wenn eine aktive Abscheidung von Gas aus dem umgebenden Wasser existierte, und ich möchte kurz noch einmal die Fälle aufzählen, in denen etwas derartiges zugrunde zu liegen schien. Am auffälligsten war in dieser Beziehung wohl die erste Füllung der Tb. bei den frischgeschlüpften Corethren (Abschnitt IIIb), wo sich außerdem unzweifelhaft feststellen ließ, daß das Gas aus dem umgebenden Wasser stammte. Ferner gehört hierher die Füllung der Tracheen bei der 3. Häutung (Abschnitt IIId), die in zweifelsfreier Weise außerdem bei Mochlonyx beobachtet wurde (Teil V). Der gleiche Vorgang liegt offenbar auch zugrunde bei der Füllung des Tracheensystems der Puppe (Teil IV). In allen diesen Fällen handelte es sich indessen mehr um die Abgabe einer, wie es scheint, schon vorher aufgespeicherten Luft- masse (bei der ersten Füllung der Tb. war die Speicherung sogar experimentell nachweisbar) als um eine dauernde Abscheidung von Luft durch die unter der Haut liegenden Tracheenäste, wie es zur Atmung nötig wäre. Eine solche Abscheidung sahen wir dagegen unter vermindertem Druck bei den Puppen auftreten und einen Strom kleiner Luft- bläschen erzeugen, die unter den Flügeln hervorquollen (Abschnitt IVb). Derselbe Vorgang, wenn auch viel schwächer, lag offenbar der Bil- dung von „Gasblasen“ bei Larven mit geplatzten Tb. zugrunde (Ab- schnitt IIf). Und etwas Ähnliches hatten wir schließlich in den wenigen Fällen einer Neufüllung künstlich geleerter Blasen (Ab- schnitt IIIe). Da mir der kontinuierliche Bläschenstrom bei Unterdruck bio- logisch nicht unwichtig schien, so bin ich diesem Phänomen auch bei einigen anderen Wasserinsecten nachgegangen. Die Schwimmblasen von Corethra. 589 Am schönsten ist die Erscheinung bei den Larven von Oloeon zu sehen. Ein ganz geringer Unterdruck genügt dort, um aus den Bruststigmen einen äußerst lebhaften Strom feiner Luftbläschen hervorperlen zu lassen, der an den Blasenstrom einer Durchlüftung erinnert. Die Abscheidung beeinnt bereits, ehe sich an den Wänden des Gefäßes Luftbläschen absetzen, und geht mit einer starken Schlängelung der Tracheen einher. Es ist auffällig, daß gewöhnlich nur durch das Stigma der einen Seite Blasen aufsteigen. In einem Falle beobachtete ich, daß der Blasenstrom bald aus dem einen, bald aus dem anderen Stigma hervorkam und zwar immer aus dem, das gerade am höchsten lag. Außerdem war stets deutlich zu be- obachten, daß der Blasenstrom viel intensiver wurde, wenn das Tier mit den Kiemenplättchen zu beiden Seiten seines Körpers schlug. Ganz ebenso traten bei Agrion-Larven aus den Bruststigmen Blasen aus, nur waren sie größer und weniger zahlreich. Nach Abschneiden des Kopfes kamen sehr viele kleine Blasen aus den durchschnittenen Tracheen. Auch der dreiteilige Schwanzfächer schied, als ich ihn abschnitt, eine Menge Blasen ab. Bei Agrion übrigens war eine Erscheinung besonders deutlich, die ich auch sonst bei den verschiedensten Insecten beobachtet habe. Sowie der Unterdruck einsetzt, beginnt das Tier mit seinen typischen Atembewegungen, so z. B. in diesem Falle mit seitlichem Pendeln des Hinterleibes. Ich habe es geradezu als ein bequemes Mittel er- kannt, Insectenlarven, deren Atembewegungen ich kennen lernen wollte, in Unterdruck zu bringen. Da das Wasser bei Unterdruck seine gelösten Gase leichter abgibt und die Sauerstoffversorgung beim Durchgang des Bläschenstromes geradezu glänzend genannt werden muß, so ist diese Reaktion eigentlich nicht recht zu ver- stehen, denn man sollte in diesem Falle gerade eine Herabsetzung des Atmungsbedürfnisses erwarten. Dieselbe Erscheinung wiederholte sich z. B. auch bei den Larven von Libellula. Die Bläschen kamen hier nahe der dorsalen Mittel- linie des Thorax hervor, und zwar beiderseits. Zu bemerken ist noch, daß man bei Cloeon-Larven (und auch bei Culex-Larven) in Unterdruck auffallend viele Luftblasen sich am Munde bilden sieht. An diesen Stichproben möchte ich mir genügen lassen, denn es sind im Leipziger Zoologischen Institut bereits Untersuchungen im Gange, die hoffentlich zu der richtigen Erklärung und biologischen Verwertung dieses Phänomens führen und vor allem auch darüber 590 GERHARD v. FRANKENBERG, Aufschluß geben, inwieweit der Vorgang durch das Vorhandensein lebenden Plasmas bedingt oder gesteigert wird. Leider bin ich mit der Kapillarphysik zu wenig vertraut, um zu entscheiden, worauf das Auftreten des Bläschenstroms beruht. Es scheint mir keineswegs ausgeschlossen, daß es sich um eine einfache Oberflächenwirkung handelt. Ich wiederhole aber, daß diese Erscheinung, mag sie nun rein mechanisch erfolgen oder an die lebende Zelle gebunden sein, nicht ohne einen starken Einfluß auf den Gaswechsel der wasserlebenden Insecten sein kann. Besteht ‚einmal die Fähigkeit, die im Wasser gelösten Gase ins Lumen der Tracheen abzuscheiden, so wird diese Abscheidung auch bei normalem ‘Druck (obwohl natürlich schwächer) erfolgen müssen. Der Unter- druck kann doch keine andere Wirkung haben, als den Vorgang zu verstärken, indem er das Wasser zwingt, seine Gase abzugeben und ihn zugleich sichtbar zu machen, da er das Wasser verhindert, die aus den Stigmen hervorkommenden Blasen sogleich wieder zu lösen. Allerdings glaube ich nicht, daß der Strom normalerweise den- selben Weg nimmt wie in meinen Versuchen, denn ich sagte schon, daß die in den Organen erzeugte Kohlensäure wahrscheinlich überhaupt nicht wieder in die Tracheen gelangt, sondern vom Blute fortgeschwemmt und auf anderem Wege, bei manchen Wasserinsecten vielleicht durch Mund und After (in gelöster Form), abgegeben wird. Das Blut der Insecten würde auf diese Weise wenigstens an der Ausatmung teilnehmen. VII. Ergebnisse. 1. Die Schwimmblasen sind im 3. und 10. Segment vor der Abzweigungsstelle des Stigmenastes in die Tracheenlängsstämme eingeschaltet (Fig. A). Diese sind nicht solid, sondern hohl und schon -am 1. Lebenstage funktionsfähig (IIb u. ILIb). 2. In der letzten Larvenhaut besitzen die Längsstämme je 3 regelmäßige Anschwellungen (,Bulbi“) (IIb, Fig. A u. D). 3. Die Nackenrohre der Puppe sind Anhänge des Mesothorax und entstehen aus einer gewöhnlichen Trachee (IIb, Fig. A u. F). Sie sind bei Corethra sekundär geschlossen (IVb). 4. Die Blasenwand ist stark hygroskopisch, und zwar ist es weniger der Spiralfaden als die Zwischenschicht (,,Trachein“), die durch Aufnahme von Wasser quillt (Fig. G). Ein im Blut gelöster Die Schwimmblasen von Corethra. 591 Stoff scheint die Quellung zu befördern. Nach dem Tode und bei kranken Tieren quellen die Blasen (IIc). 5. Die Blasenwand ist für Luft durchlässig (IIc u. e). 6. Die von KroGx gefundene Regulation des Schwebvermögens bei verändertem Druck erfolgt automatisch durch Diffusion von Gas durch die Blasenwand (IId). 7. Corethra ist gegen Luftmangel und Gifte außergewöhnlich widerstandsfähig (Ile u. 2). 8. Bei Unterdruck bilden sich nach Zerreißen der Blasenwand große Gasmengen im Körper. Sie kommen durch Vermittlung der Tracheencapillaren aus dem umgebenden Wasser (IIf). 9. Die erste Füllung der Schwimmblasen mit Luft geschieht im Verlauf einer vorübergehenden Füllung des gesamten Tracheen- systems (Fig. L). Diese Füllung geht von einem Zentrum in der Nähe der rudimentären Stigmen des 11. Segments aus. Das dabei verwandte Gas wird aus dem umgebenden Wasser aufgespeichert und plötzlich abgeschieden. Bei Überdruck wird mehr, bei Unterdruck weniger Gas als normal in die Schwimmblasen abgeschieden (IIIb). 10. Der Verpuppung gehen 4 Larvenstadien voraus (IIIc). 11. Die Intima der Schwimmblasen wird bei jeder Larven- 'häutung erneuert (Fig. M u. N). Die alte Intima bleibt dabei in der neuen liegen und zerfällt (Fig. O). Die neuen Blasen sind viel kürzer und dicker als die alten (Fig. M), das Volum ist nicht ge- wachsen (IIId). | 12. Die Schwimmblasen wachsen von einer Häutung bis zur anderen um rund 100°. Dieses Wachstum geschieht durch Quellung der Blasenwand (IIId). 13. Diese Quellung erfolgt nur, wenn die Tiere zu schwer sind, also in der Regel nach Nahrungsaufnahme. Die beiden Blasenpaare wachsen unabhängig voneinander (IIId). 14. Die Blasen hungernder Tiere verkleinern sich (IIId). 15. Zerstört man ein Blasenpaar, so stellt sich das Schweb- vermögen durch verstärktes Wachstum des anderen wieder her (ITId). 16. Bei der letzten Larvenhäutung füllen sich die Tracheenäste und vorübergehend die Längsstämme (IIId). Die Füllung erfolgt zentrifugal (vgl. V. Mochlonyx). ' 17. Durch Abscheidung von Luft aus den Tracheencapillaren kann eine teilweise Neufüllung kiinstlich geleerter Blasen erfolgen (IIIe). 18. Das Tracheensystem der Puppe einschließlich der Nacken- rohre füllt sich zentrifugal (IVa u. b; Fig. Q). 592 GERHARD V. FRANKENBERG, Die Schwimmblasen von Corethra. 19. Die Puppe vermag schwache Gewichtsänderungen sofort zu regulieren (IVb). 20. Bei Unterdruck gibt die Puppe einen Strom von Luftblasen aus den Stigmen des 4. Segments ab (IVb). Auch Larven anderer Insecten geben solchen Luftstrom (VI). 21. Mochlonyx verhält sich in bezug auf Wachstum und Häutung der Schwimmblasen wie Corethra (V). 22. Durch die Tracheen der Insecten scheint die Luft dauernd in einer Richtung zu fließen, nämlich von der Außenwelt zu den Organen (V]). Literaturverzeichnis. Von den älteren Autoren gebe ich nur die wichtigsten an. Eine Zusammenstellung und kurze Kritik der älteren Arbeiten findet man bei MEINERT. 1851. LEYDIG, F., Anatomisches und Histologisches über die Larve von Corethra plumicornis, in: Z. wiss. Zool., Vol. 3, p. 435. 1866, WEISMANN, A., Die Metamorphose der Corethra plumicornis, ibid., Vol. 16, p. 45. 1872. POoUCHET, G., Développement du systeme trachéen de |’ Anophéle (Corethra plumicornis), in: Arch. Zool. exper., Vol. 1, p. 217. 1877. PALMEN, Zur Morphologie des Tracheensystems, Helsingfors. 1883. v. WIELOWIEJSKI, Uber den Fettkörper von Corethra plumicornis und seine Entwicklung, in: Zool. Anz., Jg. 6, p. 318. 1884. MACLOSKIE, The structure of the tracheae of Insects, in: Amer. Natural., Vol. 18, p. 567. 1886. MEINERT, De eucephale Myggelarver, Kopenhagen. 1911. KROGH, On the hydrostatic mechanism of the Corethra Larva etc., in: Skandinav. Arch. Physiol., Vol. 25, p. 183. 1912. Basdx, Zur Physiologie der Atmung bei Culex, in: Intern. Revue Hydrobiol., Vol. 5, p. 81. 1913. KROGH, On the composition of the air in the tracheal system of some Insects, in: Skandinav. Arch. Physiol., Vol. 29, p. 29. 1914. WESENBERG-LUND, Bidrag til nogle Myggeslegters Biologi særlig Mochlonyx og Corethra’s, Kopenhagen. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Uber die Beziehungen zwischen primären und sekundären Sexualcharakteren bei Schmetterlingen. LT: Von Heinrich Prell (Tübingen). Mit Tafel 9. Durch die umfassenden Versuche von MEISENHEIMER und KopxEd war die Frage, ob die Gonaden einen Einfluß auf die Ausbildung der „sekundären“ Geschlechtscharaktere der Schmetterlinge haben, zunächst in negativem Sinne beantwortet worden. Ob dieses Resultat ein allgemein gültiges sei, mußte aber offen gelassen bleiben, da beide Autoren zu ihren Untersuchungen sich solcher Falter bedient hatten, deren Färbung auch gegen andere Einflüsse in der Haupt- sache sich als stabil erwiesen hatte. In einer früheren Mitteilung ') habe ich nun bereits gezeigt, daß sich bei einer Wiederholung der Versuche an dem thermolabilen Grasspinner (Cosmotriche potatoria L.) bei kastrierten und gonadentransplantierten 3 eine merkliche An- näherung an den weiblichen Färbungstypus feststellen ließ. Aller- dings war diese Annäherung keine absolute und ließ sich nicht bei allen Faltern in gleichem Grade beobachten; quantitativ und quali- tativ war aber bei den operierten Faltern der geschlechtliche Dimor- phismus geringer als bei den normalen Kontrolltieren. Jedenfalls hatte das Ergebnis der Versuche mit Cosmotriche darauf hingewiesen, daß ein Zusammenhang bestehe zwischen der 1) Prey, H., Uber die Beziehungen zwischen primären und sekun- dären Sexualcharakteren bei Schmetterlingen, in: Zool. Jahrb., Vol. 35, Physiol., 1914, p. 183—224. 594 Heinrich PRELL, Thermolabilität eines Falters und der Möglichkeit, ihn operativ in bezug auf sein Farbenkleid zu beeinfiussen. Es war nun von einigem Interesse, festzustellen, wie die Fundamentalobjekte für die Untersuchungen über die Temperatur- wirkung, die eckfliigeligen Nymphaliden, sich gegenüber der Kastra- tion verhalten wiirden. Die Arten der Gattung Vanessa im älteren, weiteren Sinne be- sitzen sämtlich eine ganz bedeutende Labilität ihrer Färbungs- und Zeichnungselemente gegenüber der Temperatur. Bei allen gelang es, durch Beeinflussung während eines bestimmten, des „kritischen“, Stadiums der Puppenruhe durch Kälte und Wärme einerseits, durch Frost und Hitze andrerseits künstlich Formen zu erzielen, die von den Ausgangsformen ganz beträchtlich abweichen. In mancher Be- ziehung, so vor allem in der starken Verschiebung der Grundfarbe nach Schwarz zu, weisen die Falter zweifellos durch die Härte des Eingriffes verursachte pathologische Veränderungen auf. Insbeson- dere in der Zeichnung treten aber auch Charaktere auf, welche von allgemeiner Bedeutung sind. Sranpruss konnte daraufhin durch Vergleich im Freien vorkommender und experimentell erzielter Formen bei zahlreichen Arten feststellen, daß durch die Einwirkung abnormer Temperaturen phyletisch ältere (konvergente) oder jüngere (divergente) Charaktere künstlich erzielt werden können. Bei Arten nördlicher Herkunft wird naturgemäß durch Kälte, bei solchen süd- lichen Ursprunges durch Wärme die phyletisch ältere Erscheinungsform zum Durchbruche gebracht. Und so gelang es StanpFuss, bei den Vanessen in der Tat beiderlei Verhalten zu beobachten. Die Arten der Untergattung Pyrameis Hp. erweisen sich als solche südlicher, die Arten der Untergattungen Vanessa F.s. str. Polygonia Hs. und Araschnia Hz. dagegen als solche nördlicher Abkunft. Um nun zu prüfen, ob es möglich sei, durch Kastration ähn- liche Erfolge zu erreichen wie durch den Temperaturversuch, war es wünschenswert, möglichst Vertreter beider Gruppen heranzuziehen. Aus diesem Grunde wählte ich den Distelfalter (P. cardui L.) und den Admiral (P. atalanta L.) einerseits, den kleinen Fuchs (V. urticae L.) und das Landkärtchen (A. levana L.) andrerseits als Objekt. Vom C-Falter (P.c-album L.), welchen ich als Vertreter der vierten für uns in Betracht kommenden Untergattung ebenfalls in den Rahmen der Untersuchung ziehen wollte, sowie vom Tag- pfauenauge (V. io. L.) war es leider nicht möglich die erforder- liche Anzahl von Raupen rechtzeitig zu beschaffen. Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 595 Im Falle eines hemmenden Hinflusses der Kastration auf die Farbentwicklung der vier untersuchten Arten war also bei den ersten beiden eine Verschiebung in der Richtung auf die siidliche (Wärme-), bei den anderen beiden auf die nördliche (Kälte-) Form zu erwarten. Material und Methoden. Als Material für die vorliegenden Versuche dienten Freiland- raupen, die von verschiedenen Quellen bezogen, beziehungsweise selbst gesammelt waren. Die verwendeten A. levana stammten aus Schwerin, P. cardui aus München, P. atalanta aus Pforzheim und V. urticae aus Pforzheim und Tübingen. Die Unterbringung erfolgte in den üblichen Drahtgazezwingern, die Fütterung durchgängig mit Brennesseln. Ganz beträchtliche Verluste stellten sich infolge von Krank- heiten ein. Am umfangreichsten war die Infektionen durch Tachinen und Schlupfwespen; so erwiesen sich beispielsweise fast die gesamten Tübinger Raupen als tachinös oder mit Ichneumonen besetzt. Bei einer Zucht von P. cardui kam plötzlich eine Polyederkrankheit zum Ausbruch und vernichtete alle operierten Raupen. Von P. atalanta ging ein großer Teil an einer starken Mermis-Infektion zugrunde. Die Kastration nahm ich wie bei den früheren Versuchen in der Äthernarkose vor. Durch einen quergestellten, besser noch durch einen schräg nach vorn geführten \/-förmigen Scherenschnitt hinter dem Mediandorn des 5. Abdominalsegments wurden die Gonaden freigelegt. Bei männlichen Raupen treten dann die Hoden als große dunkel pigmentierte, nierenförmige Gebilde beim Aus- einanderziehen der Schnittränder, bzw. Hochheben des dreieckigen Lappens, sehr deutlich hervor; weniger leicht sichtbar sind die weißlichen, sehr kleinen Ovarien der weiblichen Raupen, die von dem umgebenden annähernd gleichgefärbten Fettkörper nur durch ihr kreidiges Aussehen abweichen. Beiderlei Gonaden wurden mit Pinzette und Schere entfernt; zum Wundverschluß verwandte ich Photoxylin. Die Raupen überstanden im allgemeinen den Eingriff selbst recht gut. Da sie sich beim Erwachen aus der Narkose vollkommen ruhig verhielten, kam ein Wiederaufreißen der Wunde mit nach- folgender Verblutung kaum vor. Schon nach wenigen Stunden nahmen sie wieder Futter an und fraßen, soweit sie nicht infolge innerer Verletzungen kränkelten, gut weiter. Große Schwierigkeiten 596 Heinrich Preıı, hatten die Raupen bei der Verpuppung, die etwa am 2. bis spätestens 5. Tage nach der Operation stattfand. Die Mehrzahl vermochte sich tiberhaupt nicht zu verwandeln, viele konnten die Raupenhaut nicht ganz abstreifen, und schließlich ergaben die weniger wohl- entwickelten Puppen zum Teil verkrüppelte Falter. Als geeignete Objekte für operative Versuche können somit die Vanessen nicht bezeichnet werden. Allen brauchbaren Versuchsfaltern wurden jeweils nach voraus- gegangener Ätherbetäubung die Abdomina abgeschnitten. Dieselben wurden zur Kontrolle stets sorgfältig seziert. Über das Verhalten der Blutfarbe konnten dabei keine nennenswerten Resultate ge- wonnen werden, da bei den normalen Raupen einerseits kein aus- sesprochener Sexualdimorphismus in dieser Richtung besteht und andrerseits in beiden Geschlechtern die Variabilität recht be- trächtlich ist. Auf den Bau der Geschlechtsorgane braucht nicht näher ein- gegangen zu werden. Erwähnt sei bloß, daß die Ovarien der nor- malen Falter nur bei A. levana reife Eier enthielten. Bei den drei anderen Arten war die Entwicklung der Ovarien noch sehr zurück. Daraus geht hervor, daß es sich -— die Versuche wurden in der Hauptsache im Juli angestellt — um Vertreter der 2. Generation, die bei A. levana ja noch nicht die letzte ist, handelt. Der Einfluß der Operation. Infolge der beträchtlichen Verluste durch Krankheit und Ver- kümmerung ist die Zahl der endgültig erhaltenen Falter recht be- scheiden geblieben. Von im ganzen über 400 operierten Raupen gelang es nur 39 Falter durchzubringen, deren Verteilung auf die verschiedenen Arten bei diesen angegeben ist. Die von allen früheren Untersuchern beobachtete und auch bei meinen Versuchen mit Cosmotriche bestätigte Tatsache, daß durch die Entfernung der Gonaden die .erhaltenen Teile des Geschlechts- apparats oder sonstige morphologische Verhältnisse, wie die Be- schuppung u. a., in keiner Weise beeinflußt werden, ließ sich auch bei den Vanessen feststellen. Besonderes Interesse beanspruchte daher nur das Verhalten der Färbung. Die Färbungsverhältnisse ließen sich bei fast allen Faltern gut beobachten, auch dann, wenn infolge von Schwierigkeiten beim Schlüpfen die Flügel verkrüppelt oder sonst beschädigt waren. Weniger übersichtlich war die Färbung bei den Faltern, welche aus Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. ‘597 nicht geschliipften Puppen nachträglich noch herauspräpariert werden konnten. Zur Reproduktion wurden von sämtlichen Arten Vertreter beider Geschlechter ausgewählt, welche möglichst große Unterschiede aufwiesen, um zu zeigen, daß die Variationsbreite der erzielten Kastratenfalter noch innerhalb derjenigen normaler Falter bleibt. Zur Ergänzung dessen, was ohne weiteres aus den Abbildungen hervorgeht, seien nur einige Bemerkungen angeschlossen. Vanessa urticae L. Vorliegendes Kastratenmaterial: 21 Falter, und zwar 9 GG und 9 SQ? sowie 3 völlig verkrüppelte Stücke. Die kastrierten Falter stimmen in jeder Beziehung mit den normalen Kontrolltieren so vollständig überein, daß im allgemeinen nichts hinzuzufügen bleibt. Nur ein Kastraten-¢ verdient eine besondere Erwähnung. Das- selbe entstammt einer Puppe, welche nicht ordentlich aufgehängt gewesen war und deshalb auf feuchtem Fließpapier aufbewahrt wurde. Während die Verpuppung zu gleicher Zeit wie bei den übrigen Raupen erfolgt war, schlüpfte der Falter erst verspätet, nachdem ich schon die Hoffnung aufgegeben hatte, daß die Puppe noch etwas ergeben würde. Bei diesem Tier nun fällt ohne weiteres eine allgemeine Verdunkelung der Färbung auf. Die schwarzen Flecken sind vergrößert, die Adern des Vorderflügels sind schwarz bestäubt, und auch sonst sind unter den braunen zahlreiche schwarze Schuppen verstreut. Auf der anderen Seite treten die blauen Monde an den Außenrändern besonders auf den Hinterflügeln wesentlich stärker hervor. Schließlich erscheinen die Vorderflügel etwas länger und schmäler, ihr Außenrand schärfer gezackt als bei den übrigen Faltern, doch ist in dieser Richtung die Variabilität des Materials ganz beträchtlich. Im Hinblick auf die abweichende Unterbringung der Puppe, die vielleicht zu feucht gehalten wurde, und auf ihr ver- spätetes Schlüpfen möchte ich bezweifeln, daß die starke Verdunke- lung dieses Falters auf die Operation zurückzuführen ist; aus diesem Grunde möchte ich des weiteren von diesem Falter absehen. Araschnia levana L. Vorliegendes Kastratenmaterial: 9 Falter, und zwar 5 SS (da- von 2 leicht verkrüppelt) und 2 22 (davon 1 leicht verkrüppelt) sowie 2 ganz verkrüppelte Stücke. . Die normalen Falter, welche naturgemäß das Kleid der Sommer- Zool. Jahrb. XXXV. Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. 39 598 Hernricn PRELL, generation (A. f. prorsa L.) tragen, variieren in ihrer Färbung zwischen einer Form, welche keinerlei gelbe Zeichnung mehr auf der Oberseite der Flügel erkennen läßt, und einer anderen, welche ein reichliches Netzwerk orangegelber Zeichnung aufweist und etwa. der V. f. porima O. entspricht oder noch stärker sich der Winter- form nähert. So ergab beispielsweise eine verspätet schlüpfende auf feuchtem Fließpapier aufgezogene normale Puppe einen ver- krüppelten Falter, der nahezu vollständig der Winterform (A. levana. L.) entsprach — ein Hinweis darauf, welchen Einfluß die Auf- bewahrung bei dem vorher erwähnten aberranten & von V. urticae gehabt haben kann. Die Kastratenfalter erreichen bei weitem nicht diese Variabi- lität und entsprechen im wesentlichen normalen Exemplaren der prorsa-Generation, ohne ihnen gegenüber auch nur die geringste greifbare Abweichung zu zeigen. | Pyrameis atalanta L. Vorliegendes Kastratenmaterial: 2 Falter, und zwar 1 G und 1 9. Das einzige vorliegende Paar weist in seinem Äußeren keinerlei Merkmale auf, welche von denjenigen des Vergleichsmaterials ab- weichen. Insbesondere ist die rote Binde auf den Vorderflügeln nicht erweitert, wie bei der Wärmeform. Die weiße Fleckenreihe der Vorderflügel ist bei beiden Individuen in verschiedener Weise ausgebildet. Beim © finden sich alle 6 Flecke ausgebildet, und der- jenige innerhalb des roten Bandes, der 6. also, ist sehr deutlich. Beim ¢ sind auf dem rechten Flügel nur die 5 ersten Flecke sicht- bar, der 6. ist nur auf der Unterseite deutlich; links sind die Flecke alle sehr verkleinert, besonders der 5. verschwindet fast ganz, dafür ist aber, wenn auch undeutlich, der 6. auch auf der Oberseite zu erkennen. Die blauen Flecke sind wie bei den normalen Tieren. Die Unterseite der Hinterflügel ist bei beiden Individuen sehr dunkel; das durch eine geringe Aufhellung bei vielen normalen Tieren her- vortretende Gebiet in der Mitte des Außenrandes der Hinterflügel gleicht hier fast völlig seiner Umgebung; beide Merkmale finden sich in gleicher Ausbildung auch bei einigen Kontrolltieren. -Pyrameis cardui L. Vorliegendes Kastratenmaterial: 8 Falter und zwar 2 gd und 5 92 (davon 2 leicht verkriippelt) sowie 1 völlig verkrüppeltes Stück (2). | | Bei der gesamten Zucht, normalen wie operierten Faltern, ist Primire und sekundiire Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 599 das Rot der Grundfarbe stark ins Gelbbraune verschoben. Die schwarze Zeichnung der Kastraten entspricht im allgemeinen der Norm. Bei einem ¢ (No. 7) ist die rote Sichel am Vorderrande der Vorderflügelbasis fast ganz durch Schwarz verdrängt, doch findet sich das gleiche auch bei 2 normalen Faltern. Die beiden blauen Halbmonde am Analwinkel der Hinterfliigel sind in normaler Weise ausgebildet; bei einem ® (No. 8) fehlen sie, wie auch bei einigen Kontrolltieren. Zusammenfassung. Uberblickt man im Zusammenhange die Resultate, welche die operativen Versuche an Vanessen zeitigten, so sieht man, daß sie alle im wesentlichen das gleiche Bild zeigen: eine Beeinflussung der Färbung durch die Kastration im Raupenstadium findet nicht statt. Selbstverständlich muß es dahingestellt bleiben, ob man dieses Ergebnis als ein definitives ansehen will. Der erzielten Falter sind es trotz des verwendeten umfangreichen Materiales recht wenige geblieben, und der Einwand, daß bei einer größeren Anzahl auch solche aufgetreten wären, welche nennenswerte Färbungsänderungen aufgewiesen hätten, läßt sich natürlich jederzeit machen. Immerhin liegen nach dem vorhandenen Materiale, dessen Variationsbreite sogar geringer ist als diejenige der normalen Vergleichsfalter, zunächst keinerlei Anzeichen für die Berechtigung einer derartigen Anschau- ung vor. Im Folgenden möchte ich nun versuchen, die Ergebnisse der Vanessenzuchten mit denjenigen in Beziehung zu bringen, welche ich im vorigen Jahre bei Cosmotriche potatoria L. erzielt hatte. Den Temperatureinflüssen gegenüber haben die Objekte beider Versuchsreihen, Cosmotriche einerseits und Vanessa, womit hier und weiterhin sämtliche von mir untersuchten Arten zusammen- fassend bezeichnet werden sollen, andrerseits, sich als stark wandelbar erwiesen. Auf die Kastration hat Vanessa nicht, Cosmotriche dagegen merklich, wenn auch schwächer als im Temperaturexperimente, reagiert. Es handelt sich also hier um Differenzen des Verhaltens, welche sich nicht ohne weiteres erklären lassen. Bei der Besprechung der Resultate mit Cosmotriche erwähnte ich, daß ein prinzipieller Unterschied zwischen dem Auftreten sexual- dimorpher Flügelfärbung und demjenigen besonderer, beiden Ge- 39* 600 ' ‘Hernricu Pret, schlechtern zukommender Merkmale, wie etwa der Augen auf dem Flügel von V. io, nicht bestände, solange man beide nur unter dem ‚Gesichtspunkte betrachtet, daß es Artmerkmale sind. „Man braucht nur den Fall annehmen, daß zunächst bloß bei einem Geschlecht, etwa dem d, die Augenflecken aufgetreten seien, dann hätte man eben — vorübergehend — eine sexualdimorphe Art vor sich gehabt, deren & unserer Vanessa io L., deren @ aber noch der J. var. belisaria — geglichen haben würde, analog den Verhältnissen bei P. apollo und C. palaeno.“ Zunächst sei der in diesem Vergleiche liegenden Möglichkeit eines früheren Sexualdimorphismus bei Vanessa gedacht. Wenn wirklich auch bei den Vanessen die gegenwärtig beiden Geschlechtern in völlig übereinstimmender Weise zukommende Flügelfärbung ur- sprünglich eine sexuell dimorphe war, so muß sie bei den beiden Geschlechtern zu verschiedenen Zeitpunkten aufgetreten sein. Damit ist aber zugleich die Vermutung ausgesprochen, daß die fortge- schrittenere derzeitige Färbung bei dem einen Geschlechte fester mit dem Artbilde verknüpft ist als bei dem anderen, welches erst später dieselbe Stufe erreichte. Weder im Temperaturexperimente noch bei der vorliegenden Untersuchung mit der Kastrationsmethode war es möglich, ein verschiedenes Verhalten beider Geschlechter zu beobachten, obwohl wenigstens beim Temperaturexperimente eine weitgehende Reaktion des Organismus festzustellen war. Demnach ist es nicht wahrscheinlich, daß dem derzeitigen Monomorphismus der Vanessen phyletisch ein vorübergehender Dimorphismus voran- gegangen ist, wie bei dem monomorphen süd-schweizerischen Colias palaeno-werdandi. Mit dieser Feststellung ergibt sich nun eine Handhabe zur | Diskussion einer Frage, welche ich bei der Besprechung der Cosmo- triche-Versuche offen lassen mußte. Ich war damals im Anschlusse an Port u. A. zu dem Ergebnis gekommen, daß, wie die Temperatur- erniedrigung, so „auch die Gonadenoperation als Entwicklungshem- mung zu betrachten“ sei. Wo aber die Ursache dieser Hemmung zu suchen sei, ließ sich noch nicht feststellen, vielmehr mußte es „unentschieden ... bleiben, ob dieser Einfluß der Abwesenheit der Gonaden oder der Operation an sich zuzuschreiben“ sei. Die Vanessen sind nun Schmetterlinge, die weit labiler gegen- über den thermischen Einflüssen sind als Cosmotriche. Die Operation war bei beiden, soweit es sich um Kastration handelt, in völlig gleichartiger Weise ausgeführt worden. Schließlich wurden die Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. 601 Lebensbedingungen bei der Aufzucht der Versuchstiere möglichst den natürlichen entsprechend gestaltet, was bei Cosmotriche übrigens in weitgehenderem Maße als bei Vanessa geschah. Trotzdem zeigte sich bei Vanessa keine hemmende Wirkung des operativen Eingriffes. Daraus geht, wenn man überhaupt es für gestattet hält, aus dem Verhalten eines Objekts Folgerungen für ein anderes zu ziehen, dann hervor, daß der in beiden Fällen gleiche der zwei zur Wahl gestellten Faktoren nicht derjenige sein kann, welcher bei Cosmo- triche die Farbänderung hervorrief. Die Ursache der Farbänderung von Cosmotriche ist also nicht bei der Operation als technischem Eingriffe zu suchen, sondern die Vermutung, „daß das Fehlen der Gonaden als Hemmungsfaktor verantwortlich zu machen sei“, wird durch die Versuche an Vanessa gestützt. Während das Versuchsergebnis bei Vanessa darauf hinweist, daß hier die phyletische Entwicklung der Färbung und Zeichnung unabhängig von den Gonaden erfolgt, ist es nach den bisherigen Versuchen sehr wahrscheinlich, daß bei Cosmotriche — und bis zu einem gewissen Grade wohl auch bei Lymantria dispar L. — die Färbung sich unter dem Einflusse der Gonaden entwickelt hat und aus diesem Grunde noch in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zu denselben steht. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings stets, daß derartige schwächer dimorphe männliche Falter, wie ich sie im Operations- versuche erzog, auch aus der freien Natur bekannt geworden sind. An der Tatsache, daß graduell die operierten Falter unzweifelhaft stärker als die normalen Kontrolltiere, in einigen Fällen sogar über die gewöhnliche Variationsbreite der Art hinausgehend, sich dem weiblichen Typus nähern, kann dies aber nichts ändern. Eine definitive Entscheidung wäre erst dann zu fällen, wenn es gelänge, erneute Versuche mit einem Materiale durchzuführen, dessen Varia- tionsbreite vorher genau bestimmt worden ist. Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen Nachtrag zu den Mitteilungen über Cosmotriche bringen. Veranlaßt durch die An- nahme, daß die Operation ebenso wie die Temperaturerniedrigung eine Hemmungswirkung auf die Entwicklung der Flügelfärbung aus- übe, meinte ich damals, es sei „nicht unwahrscheinlich, daß man durch eine weniger tiefe Abkühlung als auf 6° oder 4°, oder viel- leicht auch bei kürzerer Expositionsdauer als 30—44 Tage, auch beim Temperaturexperimente das g von C. potatoria allein würde verändern können“. Inzwischen ist nun ein Versuch in dieser Rich- 602 Herve. Prerr, Primäre und sekundäre Sexualcharaktere bei Schmetterlingen. tung ausgeführt worden. Wie mir Herr C. Frınss in Bonn schreibt, hatte er im vergangenen Sommer seine Kälteversuche wiederholt, und zwar bei etwas weniger tiefer Temperatur. Nach seiner Mit- teilung entsprechen die so erhaltenen Falter meiner damaligen An- nahme, indem die 99 in der Mehrzahl keine, die SS aber eine merkliche Verringerung der geschlechtlichen Färbungsdifferenz auf- weisen.) | Erklärung der Abbildungen. Tafel 9.- Fig. 1. Vanessa urticae, &, kastriert. Fig. 2. V. urticae, g (aberrantes Stück), kastriert. Fig. 3. V. urticae, 9, kastriert. Fig. 4. V. urticae, 2, kastriert. Fig. 5. Araschnia levana f. prorsa, &, kastriert. Fig. 6. A. levana f. prorsa, 9, kastriert. Fig. 7. Pyrameis atalanta, &, kastriert. Fig. 8 P. atalanta, 9, kastriert. Hig. 9. PB. eardui, Gr kastriert. Fig. 10. P. cardui, &, kastriert. Fig. 11. P. cardui, 9, kastriert. Fig. 12. P. cardui, 9, kastriert. 1) Der mir zur Verfügung gestellte Versuchsbericht von FRINGS lautet: ,,Cosm. potatoria- Versuch II. Ganz frische oder nur wenige Stunden alte Puppen wurden 1914 35 Tage lang bei 47 bis +10° C, durchschnittlich etwa 8°C, gehalten. Nach Schluß des Experiments schlüpften die Falter fast alle wohlentwickeltin 16—20 Tagenaus. Die g¢ stellten einen Typus dar, der bezüglich seiner Färbung in seinem Mittel- werte durchaus Ihrem Stück Nr. 5 (Tafel-Abbildg.) entspricht. Die in- dividuellen Schwankungen der Farbe sind ziemlich unbedeutend. Einige Tiere zeigen breit dunkel angelegte äußere Vorderflügel-Querbinde; bei anderen ist die dunkelbraune normale Färbung der Vdfl.-Mittelfeldes nur auf den Adern erhalten, während die Intercostalräume stark aufgehellt erscheinen. Ausgesprochen hell ist nur ein @, ohne aber Ihre Abbildg. Nr. 6 zu erreichen. Nur wenige 4 waren ganz normal. Die Q9 fielen mit einer Ausnahme in die Variationsbreite der Stammform. Dieses eine Stück hat sehr breit dunkeibraun angelegte Vdfl.-Querbinde und ebenso die Hinterflügel in der äußeren Hälfte (von der Mittelbinde ab) tief dunkel- braun, während die Wurzelhälfte hellgelb erscheint. — Der Versuch um- faßte 38 männliche und 30 weibliche Individuen.“ | G. Pätz’sche Buchdr. Lippert & Co. G. m. b. H., Naumburg a. d. S. T2 ? ur ot ech nn Fr à py Dan Ne ae a 3 EEE PEER NER Par Ere et; a? SAE we Pe SE (eae ty EN 3 Zoolog. Jahrbücher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. v. Frisch. | Verlag von Gust Te scher in Jena. | | | | | L 1 | | | } | | | I ne nein ee ne 5 Taf. 1. Zoolog. Jahrbücher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. I ustaY Fischer in Jena. ag von 6 Verl y. Frisch. Zoolog. Jahrbücher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. ” He) Ma OB we 5 n v. Frisch. Verlag von Gust her in Jena. Taf. Zoolog. Jahrbücher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. Taf. 2. Fig. 7. Verlag von Gustav Fischer in Jena. co) v. Frisch. en ea ne eee ie Zoolog. Jahrbiicher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. Fig. 10. v. Frisch. Verlag von Gust Taf. 3. scher in Jena. Zoolog. Jahrbiicher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. w. Physiol. Taf. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 14. Fig. 12. v. Frisch. Verlag von Gustav Fischer in Jena. aa Die ra PALM Zoolog. Juhrbiicher Bd. 35 Abt. f. allg. -Zool. u. Physiol. Fig. 17. v. Frisch. Verlag von Gusta Taf. 4. ‘ischer in Jena. Zoolog. Juhrbücher Bd. 35 Abt. f. allg. -Zool. u. Physiol. Taf, 4. Tet RE cute = FR T1 RATER ATE SMI AT [EE = RETTEN Toss ‘ ERE = Fig. 18. Verlag von Gustav Fischer in Jena. v. Frisch, Zoolog. Jahrbiicher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. v. Frisch. Verlag von Gust ischer Rot No. 1 DO Rot No. Rot No. 3 Gelb No. 4 Gelb No. 5 Gelb No. 6 Griin No. 7 Griin No. 8 „Grasgrün“ Grün No. 9 Grün No. 10 Blau No. 11 Blau No. 12 Blau No. 13 Blau No. 14 Purpur No. 15 Purpur No. 16 in Jena. Taf. 5. nr — | | eh 5 3 Er à 6e LE E a { - x + Me 4 Zoolog. Jahrbücher Bd. 35 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. Rot No. 1 Rot No. ine) Rot No. 3 Gelb No. 4 Gelb No. 5 Gelb No. 6 Griin No. 7 Griin No. 8 „Grasgrün“ Grün No. 9 Grün No. 10 Blau No. 11 Blau No. 12 Blau No. 13 Blau No. 14 Purpur No. 15 fan | S Th Purpur No. IS 7 : Fig. 24. Verlag von Gustav Fischer in Jena, v. Frisch. = Gy Zoolog.Jahrbücher, Bd.85 Abt. f. allg. Zool. u. Physiol. Taf. 6. es TETE AR N Prell Verlag von Gustav Fischer, Jena. Werner u. Winter repr. Frankfurt a. M. Was bet i} {l fi Loolog.Jahrbiicher ba.33Abt. 1! ally. Zo0l.w Physiol. v.Buddenbrock. ° Verlag von Gus’ Taf.7. nr À | 2 4 Fischer m Jena. { | | \ 1 1 | ] hoolog Jahrbücher Bd.354bt. 1. allg.Zool.u.Physiol. 70 a. 11 ® 9 @ @ Bue = à \ e Son, el à Q © @ eo @ 64.8 : g LE EN 8 ® e 6, @ 4 = = 8 2 @ 6 x © A 4 Te NN À Ga nO agers aa N ® % , N, © og 706. Ss. ef os 6 8 © _N. @ on > ae? > a & D é f Se DAC Be Oe Ne & PEN P 8 < I ® Pr dis ® ® 8 Q (is he Se én ® ie 9 N ® = SAN TB. 9 RM >; St \\L ail easy) A u S À | à y {| \\ “ae: Fey 7 | æ © I os da! ÿ y 4 4 ! 4 Pp 4 à = St. #8 À \ N © N. \l À LT D. q aN né co” iS Sy AE : ROME LE = > à 2 ' ay G3 | > = à | % B + | Z AR NA 2 or, 8 N ® > ® Se ~ a aah IM Ly N VE Le - w & ® & NTI Verlag von Gustav Fischer Jeng v.Buddenbrock iM } 1 en 7 pe REIZE Zoolog Jahrbücher Bd. 35AbtF allg.Zool.n Physiol, ee or. | fy > Ir bb A an > Satara GODS = \ N SA SS 7, #2 N Verlag von Gustav v.Buddenbrock. Tat 8. P Weise, Lith. Jena. cher m Jena... | | | | Zoolog Jahrbücher Bd. 35Abt.f ally Zoot. Physiot. . : Tak 8. Verlag yor. Gustav Fischer in Jena. P Weise Lith. Jena v.Buddenbrock. Tat 9 Zoolog Jahrbücher Bd.35 Abt. fallg. Zool.u.Ehysiol. nifart YM. er u.Winter, Fra: Verlag von Gustav Fischer in Jena, Shei A dieser Kausale und konditionale Weltanschauung. 1912. Preis: 1 Mark. — qe besonders zu erörtern und zusammenfassend darzustellen, um vor allen Dingen an aes | _ einer Reihe von fundamentalen Problemen der Weltanschauung zu zeigen, wie de Konditionismus, weit entfernt eine bloß äwßerliche Darstellungsform zu sein, das th - Ver lag von Gustay Fischer in Jena. Max Verworn: = Psycho-physiologische Protisten-Studien. Mire Tafeln nnd 27 Abbildungen Preis: 10 Mark. (Vergriften.) leichend-physiologische im Text. 1889. Die Bewegung der lebendigen Substanz. Untersuchung der Kontraktions- Preis: 3 Mark. erscheinungen. Mit 19 Abbildungen im Text. 1 | Marl Erster Teil. Die Beiträge zur Physiologie des Zentralnervensystems. co Hypnose der Tiere. 1898. Preis: 2 Mark 50 Pf. gruppe der 72. Vers. deutscher Naturforscher und Arzte zu Aachen am 19, Sept. 1 “Preis: 1 Mark 50Pf. Rede, gehalten bei Be- Die Aufgaben des physiologischen Unterrichts. zinn acr physiologischen 01. Preis: 60 Pf. Vorlesungen an der Universität Göttingen im April 19 der lebendigen Substanz. 1903. Preis: 2 Mar ö (a. Z. vergriffen.) “Die Biogenhypothese. Eine kritisch-experimentelle Studie über die Vor en Die Lokalisation der Atmung in der Zelle. (Abd. a. d. Festschrift zum siebzigsten Geburtstage von Ernst Haeckel.) gr. 4°. 1904 — ne ae Preis: 2 Mark, Prinzipienfragen in der Naturwissenschaft, "es SF Die Frage nach den Grenzen der Erkenntnis. ys nt a Die Erforschung des Lebens. Ein Vortrag. Zweite Aufl. 1911. Preis: 80Pf. Das Neuron in Anatomie und Physiologie. einen ten der met. Haupt bar ET Die Entwicklung des menschlichen Geistes. I. ie" phe dare Frankfurter Zeitung v. 26. März 1911: .. großzügige meisterhaft durchgeführte resümierende Boris de handlung des gewaltigen herangezogenen Wissensstoffes. Diese ist, von hochtragendem Gesichtspunkte aus, so meisterhaft en a trag zutreffend als diejenige Schrift bezeichnet werden kann, in welcher der Werde- gang menschlicher Kultur, bei völliger Wahrung historischer Treue und strikter chlichkeit, auf die kürzeste Form und zur äußersten Konzentration gebracht < wurde. ... Es ist unstreitig ein glänzender Essay, dessen Lektüre für _ jeden Gebildeten einen Hochgenuß bedeutet und kritisch ver- anlagten Köpfen reichliche as a zum Nachdenken bietet. Demjenigen Leser aber, welcher sich um eine wirkli À soa i chin, zumal in ihren früheren, ungeschriebenen Phasen interessiert, muß /ortrag geradezu als bahnbrechend bezeichnet werden. E. A. Güldi. Es war die Absicht des Verfassers, die konditionale Betrachtungsweise der Dinge, die er seit einer Reihe von Jahren bei verschiedenen Gelegenheiten zum Aus- chen Forschung allmählich immer schärfer hervorgetreten ist, einmal für sich air en hat und deren Wert für die Behandlung der Probleme aller wissen- schaftl gesamte Weltbild in tief enden Weise bestimmt. Der in der Freien Studen im 4 ein g ehaltene ees wird dazu beitragen, der konditionalen Weltbetrachtung zu den Anhängern, die sie Freunde zu gewinnen. Soeben erschien: Die biologischen Grundlagen der Kulturpolitik. Eine Betrachtung zum | e. 1915, ae er Preis: 1 Mark 20 Pf. Weltkrieg t, daßder Vo” ch großzügige Auffassung der tenschaft und im Aerzteverein von Bonn wiederholt sich auf verschiedenen Gebieten bereits erworben hat, neue N wer Valle 9 2 dé Verlag von Gustav Fischer in Jena. ha u; Narkose. mit 2 Abbildungen im Text. 1912. Preis: 1 Mark. Die vorliegende Schrift bildet den deutschen Text des Vortrages über Narkose, den Prof. Verworn auf Einladung der „Harvey Society“ in Newyork im Oktober 1911 À gehalten hat. Sie enthält eine Zusammenfassung der Ergebnisse, die er seit 10 Jahren mit seinen Mitarbeitern in der Frage nach dem Mechanismus der Narkosewirkung — auf experimentellem Wege gewonnen hat. Physiologisches Praktikum für Mediziner. Zweite Auflage. Mit ee Abbildungen im Text. 1912. Preis: 6 Mark, geb. 7 Mark. Inhalt: 1. Allgemeine Physiologie. 2. Ernährung. 3. Atmung. 4. Blut, 5. Harn. 6. Wärme. 7. Bewegung. 8. Elektrizitätsproduktion. 9. Nervensystem. | 10. Sinnesorgane. 11. Physiologische Apparate. Schmidts Jahrbücher für die gesamte Medizin, Nov. 1912: Ä . . . Die Auswahl des Stoffes aus den verschiedenen Teilgebieten der Physiologie, wie sie der Verfasser getroffen, ist als sehr glücklich zu bezeichnen, keine Spezial- richtung wurde gegenüber der anderen irgendwie bevorzugt. Bei der für die Bedürfnisse des angehenden Mediziners fast erschöpfenden Reich- haltigkeit des Gebotenen kann das Buch jedem Studierenden nur aufs wärmste empfohlen werden. Dittler (Leipzig). c : LA Eine allgemeine Physiologie der Reizwirkungen. Mit 113 Erregung und Lähmung. ‚hnidungen im Text. 1914. (X, 304 8. gr. 8%) Preis: 10 Mark, geb. 11 Mark. Inhalt: Einleitung. — 1. Die Geschichte der Irretabilitätslehre. — 2. Der Begriff des Reizes. — 3. Die spezielle Charakteristik der Reize. — 4. Die all- gemeinen se beau — 5. Die Analyse des Erregungsvorganges. — 6. Die Er- regungsleitung. — 7. Refraktärstadium und Ermüdung. — 8. Die Interferenz yon Reizwirkungen. — 9. Rhythmische Entladungen. — 10. Die Lähmungsvorgänge. — 11. Die spezifischen Leistungen der lebenden Systeme. Münchener medizinische Wochenschrift, Nr. 18 vom 5. Mai 1914: Der bekannte Bonnetr Physiologe gibt in diesem Buche eine Zusammenstellung der Arbeiten seines Laboratoriums aus den letzten Jahren. Wäre ein solches Unter- nehmen schon an und für sich des Dankes der Fachgenossen sicher, so ist das vor- liegende Buch es in erhöhtem Maße, da es besonders die grundlegenden Gedanken betont, die die einzelnen Untersuchungen miteinander verbinden. Man erkennt aus dem Buche, wie bewundernswert es der Verf. verstanden hat, die Kräfte seines Labora- toriums zu fruchtbarer Arbeit zu verwenden. . . . Für denjenigen, den die allgemeine Physiologie des Nervensystems interessiert, ~ibt das Buch eine verzügliche Ein- f rung in den heutigen Stand des Wissens. Paul Hoffmann- Würzburg. Zur Psychologie der primitiven Kunst. na N m VI Bd Mit 35 Abbildungen im Text. 1908. _ Preis: 80 Pf. ~ hate : ı Ein Vortrag. Mit 3 Tafeln und 32 Abbildungen im Die Anfänge der Kunst. ex. "1908. Preis: 2 Mark 50 PF i, Hin Vortrag. Mit 71 Abbildungen im Text. 1914. Ideoplastische Kunst. reis. 1 Mark 50 Pf Auch die Kunst ist wie die Sprache, die Schrift usw. ein Ausdrucksmittel für eistige Vorgänge. Verfasser, der sich bereits mit der gleichen Materie in seinen eiden Vorträgen: „Zur Psychologie der primitiven Kunst“ und „Die Anfänge der Kunst“ beschäftigt hat, versucht hier an einer speziellen Richtung: der bildenden Kunst, nämlich der von der Naturwahrheit abgewendeten Krust, die in der prä- historischen Zeit sowohl wie in der geschichtlichen und in der Gegenwart (Expres- sionisten, Futuristen), bei Natur- sowohl wie Kulturvölkern, im jugendlichen Lebens- alter sowohl wie beim Erwachsenen eine ungeheure Verbreitung hat, zu zeigen, wie scharf die Kunstproduktion die verborgensten Winkel des Empfindens, Denkens und Fühlens erleuchtet. Aus dem Vortrage, dessen Inhalt an einer großen Reihe von Ab- bildungen noch besonders ‚veranschaulicht wird, dürften Kistler, Zeichner, Päda- sogen und Psychologen manche brauchbare Anregung für ihren praktischen Beruf erschöpfen können. Beiträge zur Frage des naturwissenschaftlichen Unterrichts an den höheren Schulen. À eS Se a . i ua ar of ur i i Ath a LU r té f Wii APR 1 ira ur, x Hal STI UT , ) i) y r ba (0 | ar fi Ok, ER ry i À \ nd wD AN à ie N E TR h F ia ee “ar N rs > = aia fe Aeon ey 2 i ii 4 | Ml i =) nl r alt 2 Be em u m EN ER = or pe 11 i | il Ss Lie wur h il INN 1138 |