An VF E CRI ri ran a x My SORA ne thither im Ata a sn 3 n VDE IA Rata asien " ee vim mew ashes he pS z ea x È ren n * ~ 4 = = E a ~ per ricredere A È sensa 2 x ean . Be Alerts ached rei a ee gen re —— , - pere “, 2 $ - 5 pes ant e Var I + x - > . - 5 LS Sages 5 arte Ben etnici Br ZOOLOGISCHE ANNALEN, ZEITSCHRIFT FÜR GESCHICHTE DER ZOOLOGIE HERAUSGEGEBEN VON GEH. REG.-RAT DR. MAX BRAUN, O. Ö. PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGL. ANATOMIE UND DIREKTOR DES ZOOLOG. MUSEUMS IN KONIGSBERG I. PR. BAND III. WURZBURG. CURT JIKAN IRI AS Glial (Ae S IP UIBIEIR S) VIGIRIE Go). 1910. Fan malt Burckhardt, Prof. Dr. Rud. +, Aristoteles und Cuvier SR Frischholz, Dr. E., Biologie und a im Genus Hydra Mit 18 Abbildungen im Text È SOO POSTI Hartert, Dr. Ernst, Ein fast aligemein I hare, : Hartmeyer, Dr. Robert, Zur Terminologie der Familien und Gattungen der Ascidien . à Hartmeyer, Dr. Robert, Zac Maratone dar erica: Huber, Dr. J. Ch., Alte Nachrichten über Eustrangylus gigas . Imhof, Dr. Gottl., Hadid Bedeutung für die vergl. Anatomie und Binlonieneschidhis È È Keilhack, Dr. Ludwig, Zur Omelie deri deutschen Phyllopoden Martens, Prof. Dr. Ed. v. +, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen . Rathke, Heinrich, Zur Bearers an gaia 3 : i Se eu Dr. P., Der Jahrgang 1907 der „Zeitschrift für wissen- schaftliche Insektenbiologie“ und der Name Myrmegryllus dipterus Fiebrig . : ZI BER IAS a DRS IE RS rer Thienemann, Dr. AIA Dic Stufenfolge der Dinge, der Versuch eines natürlichen Systems der Naturkérper aus dem achtzehnten Jahrhundert. Mit 3 Tafeln Besprechungen nieces 185 339 Zur Terminologie der Familien und Gattungen der Ascidien. Von Dr. Robert Hartmeyer, Berlin. Einleitung. Hauptsache zum Abschluß gebrachten Vorarbeiten der für — | das ‚Tierreich‘ bestimmten Revision der Ascidien. Da der Termin für den Druck meines Manuskriptes sich zurzeit noch nicht bestimmen läßt, hielt ich es für zweckmäßig, wenigstens einen Teil desselben, nämlich eine kritische Liste aller aufgestellten Gattungen bereits vorweg zu publizieren. Wie noch bei jeder unter Beobachtung der internationalen Nomenklaturregeln durchgeführten Revision einer Tiergruppe hat sich auch in der Terminologie der Ascidien eine Reihe von Änderungen ergeben, die das Aufgeben einer beträchtlichen Anzahl seit Jahrzehnten im Ge- brauch befindlicher Gattungs- und Familiennamen mit sich bringen und die voraussichtlich, wenigstens so lange bis sie zu allgemeiner Anerkennung durchgedrungen sind, noch mancherlei Mißverständnisse und Verwirrungen verursachen werden. Das ist bedauerlich. Denn das Aufgeben von etwas Althergebrachtem ist stets eine unange- nehme Sache. Aber es läßt sich nicht ändern und da die inter- nationalen Nomenklaturregeln in der zoologischen Wissenschaft nun einmal, wenn der Ausdruck gestattet ist, zum Gesetz geworden sind, so scheue ich mich auch nicht, die Konsequenzen aus diesen Regeln zu ziehen, selbst auf die Gefahr hin, das Odium auf mich zu laden, durch die Änderung zahlreicher Namen mehr Verwirrung als Nutzen Zool. Annalen III. 1 \ | m folgenden veröffentliche ich ein Kapitel meiner in der 2 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. geschaffen zu haben. Es ist meiner Ansicht nach, so wie die Dinge liegen, die Pflicht eines jeden Revisors einer Tiergruppe, einerlei, ob seine Arbeiten für das „Tierreich‘ bestimmt sind oder nicht, sich strenge an die Nomenklaturregeln zu halten, unbekiimmert um die oft recht unliebsamen Resultate, zu denen ihre Anwendung führt, denn nur so darf man hoffen, zu einer einheitlichen Art der Be- nennung der Tiere zu gelangen. Wenn ich mich nun auch auf diesen Standpunkt stelle und ihn in der vorliegenden Arbeit konsequent vertrete, so kann ich es um so weniger unterlassen — und das ist die Kehrseite der Medaille — auf die großen Nachteile hinzuweisen, die mit der Anwendung der Nomenklaturregeln in ihrer jetzigen Fassung verbunden sind und die in keinem Verhältnis zu dem Nutzen stehen, der durch ihre Befol- gung doch geschaffen werden soll. Gerade mir als Revisor sind diese Nachteile besonders empfindlich zum Bewußtsein gelangt. Den von Seeliger im systematischen Teil seiner Bearbeitung der Ascidien in Bronn’s Klassen und Ordnungen wiederholt gegen die Anwendung der Nomenklaturregeln geäußerten Bedenken und der an denselben oft in scharfen Worten geübten Kritik kann ich in der Mehrzahl der Fälle eine Berechtigung nicht absprechen. Ich würde auch mit gleicher Wärme für die möglichste Beibehaltung seit langer Zeit im Gebrauch befindlicher Namen eintreten, wie es Seeliger tut, wenn ich es nicht, um dies nochmals zu betonen, im Interesse der Sache für angebrachter halten würde, den Nomen- klaturregeln unbedingt zu folgen. Man wird den Standpunkt Seeliger’s verstehen können, wenn man in Betracht zieht, daß die notwendigen Änderungen gerade die ältesten und am längsten im Gebrauch befindlichen Gattungs- namen betreffen, Namen, die in ihrer Bedeutung aufs engste mit dem Begriff „Ascidien“ verknüpft sind. Ist es nicht im höchsten Grade bedauerlich, wenn Namen, wie Cynthia, Molgula, Styela und Polycarpa verschwinden und durch ganz obskure, zum Teil in der Literatur kaum berücksichtigte Namen ersetzt werden? Wenn selbst der Name Ascidia fällt, der doch der ganzen Gruppe den Namen gegeben hat oder wenn dieser Name, falls man unter Aner- kennung von Basters Ascidium (siehe Abschnitt I) den Versuch machen wollte, ihn doch noch zu retten, in einem ganz anderen Sinne als bisher verwandt werden müßte, was die Verwirrung nur vergrößern würde! Wenn der unglückliche Name Zethyum mit seinen Anklängen an eine allbekannte Schwammgattung aus einer Hartmeyer; Terminologie der Ascidien. 3 hundertunddreißigjährigen Ruhe aufgestört wird und nun wohl gar zur Bezeichnung der ganzen Gruppe dienen müßte, da man doch logischerweise kaum mehr von Ascidien sprechen kann, wenn der Gattungsname Ascidia nicht mehr existiert! Wenn neben den ver- schwundenen Namen Ascidia, Cynthia, Molgula u. a. Namen wie Ascidiella, Abyssascidia, Bathyascıdıa, Archiascidia, Cynthiopsıs, Paramolgula, Rhizomolgula u. a. bestehen bleiben, die doch ledig- lich in der Absicht gebildet worden sind, auf die nahe Verwandt- schaft der betreffenden Gattungen hinzuweisen, nunmehr aber in ihrer Wortbildung bedeutungslos geworden sind! Wenn ferner wie bei der Gattung Destomus (und eventuell auch bei den Distomidae) Gattungs- und Familiennamen eine von der bisherigen total ver- schiedene Bedeutung gewinnen! Wenn weiter die Regeln auch auf die Familiennamen ausgedehnt werden und rund die Halfte aller dieser Namen und zwar wiederum vorwiegend die Namen der großen und alten Familien eine Anderung erfahren miissen! Wenn endlich, worauf Seeliger (I. c. p. 1217) mit anderen Worten aber in ähn- lichem Sinne bereits mit Recht hingewiesen hat, infolge der Nomen- klaturregeln Autoren, die sich um die Förderung unserer Kenntnisse durch grundlegende Arbeiten hohe Verdienste erworben, eine kaum zu rechtfertigende Zuriicksetzung in ihrem Autorenrecht erfahren, wahrend andererseits minderwertige und bedeutungslose Arbeiten anderer Autoren, die oft nur ganz zufallig und ohne nähere Be- griindung einen Typus bestimmt oder dergl. Änderungen vorge- nommen haben, für die Festsetzung gültiger Namen weit über Ge- bühr gewürdigt werden! Alle diese Tatsachen führen mich dazu, nachdrücklich für ein Verjährungsrecht einzutreten, das, ohne den Gedanken an dieser Stelle im einzelnen weiter ausführen zu wollen, lediglich den Zweck verfolgt, Namen, die durch längeren Gebrauch allgemeine Aner- kennung und Giltigkeit gefunden, zweckmäßig gebildet sind und sich an den Namen eines in der betreffenden Tiergruppe verdienten Forschers knüpfen, auch für die Zukunft zu erhalten. Die Resultate, zu denen die Revision einer Tiergruppe nach den Nomenklaturregeln führt, lassen sich aber auch noch von einem anderen, nicht minder bedenklichen Gesichtspunkte aus betrachten. Es ist gar nicht zu vermeiden, daß bei der Deutung alter Namen auf Grund mangelhafter oder unklarer Beschreibungen, wie sie gerade bei den Ascidien sehr häufig sind, in vielen Fällen lediglich die subjektive Ansicht des Revisors zum Ausdruck gelangen muß, 1* 4 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. will man nicht in jedem einigermaßen strittigen Falle von vorn- herein auf jeden Versuch einer Identifizierung oder Aufklärung aller der Arten verzichten, deren Beschreibung eine richtige Identifizierung nur äußerst wahrscheinlich, aber nicht über jeden Zweifel erhaben erscheinen läßt. Würde man sich auf letzteren Standpunkt stellen, so wird dies eine kaum erwünschte Steigerung der Zahl der un- sicheren Arten und auch Gattungen mit sich bringen. Versucht man aber als Revisor nach Möglichkeit alte Formen aufzuklären, so wird in vielen Fällen die bei diesem Verfahren entscheidende subjektive Ansicht von anderer Seite nicht unwidersprochen bleiben und derartige Einwände würden mit der Forderung erneuter Namen- änderungen verbunden werden. Ferner kann bei der Anwendung des Eliminationsverfahrens das Übersehen einer irgendwo ver- steckten Notiz, die gar nicht einmal in der über die betreffende Tiergruppe handelnden Literatur enthalten zu sein braucht, ein Malheur, das auch dem sorgfältigsten Revisor passieren kann, unter Umständen ganz fundamentale Änderungen in der Nomenklatur zur Folge haben, sodaß in jedem Fall selbst eine mit peinlichster Ge- nauigkeit durchgeführte Revision immer noch nicht das von der Redaktion des „Tierreiches“ und der Kommission für die inter- nationalen Nomenklaturregeln angestrebte Ideal erreichen würde. Es ist in meinen Augen daher nur eine billige Forderung, daß, wenn eine Gruppe einmal nach den Nomenklaturregeln von einem berufenen Revisor einer Revision unterzogen worden ist und diese Revisionsarbeit durch ihre Aufnahme in das „Tierreich“ gewisser- maften sanktioniert erscheint, sie damit auch tatsächliche Gültig- keit gewinnt und allgemein als bindend anerkannt wird. Damit würde dann wenigstens dem unleidlichen Zustande abgeholfen werden, daß ein Revisor immer dem anderen folgt. Jede Gruppe würde dann nur einmal der unvermeidlichen revisionistischen Reinigung unterzogen werden und wenn sie uns in ihrem neuen Gewande an- fangs auch fremd erscheinen würde, so würde man sich im Gefühl der Sicherheit, nunmehr mit ein für allemal festgelegten Namen zu arbeiten, doch im Laufe der Zeit daran gewöhnen. Damit wäre schon sehr viel gewonnen. Seeliger hat in dem von ihm im Laufe des vorigen Jahres veröffentlichten System der Ascidien (Bronn’s Klass. u. Ordn. d. Tierr.) wiederholt nomenklatorische Fragen anschneiden müssen und ist, worauf ich bereits hinwies, in jedem Falle als eifriger Ver- teidiger der bisher gültigen Gattungs- und Familiennamen aufge- Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 5 treten. Mir selbst hat bei der Veròffentlichung der vorliegenden Arbeit nichts ferner gelegen, als unnôtige Anderungen einzuführen und ich méchte mich nachdriicklich gegen den Verdacht verwahren, als wenn in meinen Augen nomenklatorische Fragen den Haupt- zweck systematischer Arbeiten bilden. Ich stehe nicht an zu er- klären, daf ich es viel lieber sehen wiirde, wenn alles beim alten bliebe und stelle es meinen Fachkollegen anheim, sich zu den Er- gebnissen dieser Revision zu äußern. Die Verantwortung für die Anderungen in der Terminologie der Ascidien muf ich dagegen denjenigen überlassen, denen wir die Nomenklaturregeln zu ver- danken haben. Wenn es auch nicht ganz im Rahmen dieser Arbeit liegt, möchte ich doch die Gelegenheit benutzen, zu dem mehrfach erwahnten System von Seeliger, dem neuesten, welches wir besitzen, Stellung zu nehmen. An dieser Stelle sollen aber nur einige allgemeinere Bemerkungen, insbesondere die von Seeliger anerkannten Familien und Unterfamilien betreffend, Platz finden. Gleichzeitig will ich auch die nach den Regeln notwendigen Anderungen der Familien- und Unterfamiliennamen zur Sprache bringen. Im einzelnen habe ich im Abschnitt III dieser Arbeit wiederholt Gelegenheit genommen, mich mit den Ansichten Seeliger’s zu identifizieren oder ihnen zu widersprechen. Ich freue mich aber konstatieren zu können, daß ich mich in der Hauptsache mit seinem System einverstanden erkläre. Die Vereinigung der Didemnidae und Diplosomidae zu einer Familie ist im Einklange mit anderen Autoren und mit mir auch von Seeliger angenommen worden. Die Zerlegung der bisherigen Polyclinidae in drei Unter- familien findet meine Zustimmung, soweit es sich um die Erhebung der Gattung Pharyngodictyon zum Vertreter der Subfam. Pharyn- godictyoninae handelt, dagegen halte ich die Besonderheit der Stock- form von Zuherdmania nicht für ein hinreichendes Merkmal, um daraufhin nach Seeliger’s Vorschlag eine eigene Unterfamilie zu be- gründen, geschweige denn eine besondere Familie, wie es der Autor der Gattung, Ritter, tut, ein Vorgehen, das von Seeliger mit Recht bereits zurückgewiesen ist. Die Familie muß den Namen Syroicidae, die Unterfam. den Namen ‚S'yzorcınae erhalten. Betreffs der Gattung Dzstomus und der daraus folgenden Um- nennung der Distomidae stehe ich im Gegensatz zu Seeliger ganz auf dem Standpunkt von Michaelsen. Eine kleine Richtigstellung möge hier noch Platz finden. Nach Seeliger (1. c. p. 1218) hätte 6 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. ich mich für eine direkte Vereinigung der Gattungen Polycifor und Colella ausgesprochen, wahrend ich tatsächlich lediglich eine Auf- teilung der Arten der beiden Gattungen nach neuen Gesichts- punkten (Bau des Kiemensackes, Beschaffenheit der Magenwandung) auf zwei natürliche Gruppen in Erwägung gezogen hatte (Zool. Jahrb. Syst., Suppl. 8. p. 398 ff.) Die Zweifel an der Berechtigung der Fam. Coelocormidae teile ich mit Seeliger und bringe seinen Vorschlag, die Gattung Coe/o- cormus bei den Didemnidae als Vertreter der Subfam. Coelocorminae unterzubringen hiermit zur Ausführung. Mit der Zusammensetzung der Fam. C/avelinidae im Sinne Seeliger’s kann ich mich nicht befreunden. Sie wird für mich nur aus Seeliger’s Unterfam. Claveliminae gebildet, die sich eng an die Polycıforidae anschließt, während die Drazonınae als selbständige Familie entweder an die Czonzdae angeschlossen oder mit diesen zu einer Familie vereinigt werden mögen. Mit der Einreihung der Gatt. Archiascidia unter die Clavelinidae unter Aufhebung der Familie Archiascıdudae bin ich durchaus einverstanden. Den Clavelinidae rechne ich noch die Gatt. Chondrostachys hinzu, die Seeliger bei seinen Dis/omidae beläßt, da sie mir sehr nahe ver- wandt, wenn nicht identisch mit ‚SZereoclavella zu sein scheint, während ich 7y/obranchion, das Seeliger zu den Zolychmnidae stellt, wie früher bereits, als eine aberrante Drozonıde betrachte. Gegen die Vereinigung der Gatt. Ciona und Rhodosoma zu einer Familie, auch wenn man dieselben, wie Seeliger, zu Ver- tretern von Unterfamilien erhebt, muß ich mich wie bereits früher von neuem aussprechen. Ich stehe nach wie vor auf dem Stand- punkt, daß die Gattung Rhrodosoma ihre nächsten Verwandten bei den Corellidae besitzt, glaube aber ihren Besonderheiten im ana- tomischen Bau dadurch am besten Rechnung zu tragen, daß ich sie den übrigen Corelhdengattungen als Unterfamilie Rhodosominae gegentiberstelle. Der Familienname wäre dann nach der ältesten Gattung in. Rhodosomidae zu ändern. Im anderen Falle könnte der Name Corellidae auch nicht bestehen bleiben, sondern müßte in Chelvosomidae abgeändert werden. Die Unterfamilie ist entsprechend dann als Chelyosominae zu bezeichnen. Die Vereinigung der aberranten Tiefseegattungen /terygascidia, - Abyssascidia und Dicopia scheint mir auch den natürlichen Ver- wandtschaftsverhältnissen zu entsprechen, ebenso wie die von Seeliger vorgeschlagene Entfernung der Gatt. Bathyascidia aus Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 7 dieser Gruppe und ihre Angliederung an die Ascrdudae. Letztere würden nach der ältesten Gattung jetzt als Phallusiidae, erstere als Abyssasciditdae zu bezeichnen sein. Die Hypobythidae und Botryllidae bleiben als selbständige Familien ohne Namenänderung bestehen. Dagegen trete ich für einen engeren Anschluß der Polystyelidae Seeliger’s (einschließlich der Gatt. S'ymplegma) an die bisherigen ‚SZyelidae ein, wie ich das schon früher befürwortet habe, derart, daß beide den Wert von Unterfamilien erhalten, denen ich. dann, dem. Vorschlage Seeliger’s folgend, als dritte Unterfamilie die Pelonatimae gegen- überstelle. Die Familie erhält nunmehr den Namen Teihyıdae, die Unterfamilien die Namen. 7efhyinae und Polyzoënae bezw. (nach Aufklärung der Gattung Dzstomus) Distominae. Betreffs der Cynthiinae und DBollentinae vertrete ich meinen früher eingenommenen Standpunkt, daß eine Trennung der Familie, die jetzt den Namen Pyuridae zu führen hat, in Unterfamilien überflüssig erscheint. Die bisherige Familie Molgulidae wäre in Caesiridae umzu- taufen. Der Erhebung der Gatt. Hexacrobylus zu einer selbständigen Familie stimme ich zu. Ich lasse jetzt eine Übersicht über das System unter Be- rücksichtigung der notwendigen Namensänderungen folgen, wie es sich für mich gegenwärtig darstellt, und füge die bisherigen Be- nennungen und Abgrenzungen der Familien und Unterfamilien im Systeme Seeliger’s zur leichteren Orientierung in Klammern hinzu. Die Gattungen sind nur dort vollständig aufgezählt, wo Abwei- chungen von dem System Seeliger’s eintreten. Ordn. Ptychobranchia Fam. Caesiridae [Molgulidae] Gen. Caestra |Molgula] u. a. Fam. Pyuridae |Cynthiidae s. Halocynthiidae] Gen. Pyura [Cynthia s. Halocynthia], Bolfenza u. a. Fam. Tethyidae [Styelidae + Polystyelidae] Subfam. Pelonaiinae Gen. Pelonata Subfam. Tethyinae [Styelinae| Gen. Zethyum |[Styela] .u. a. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Subfam. Polyzoinae [Polystyelidae + Symplegma] Gen. Polyzoa, Distomus u. a. Fam. Botryllidae |Botryllidae exkl. SER Gen. Bofryllus u. a. Ordn. Aspiraculata Fam. Hexacrobylidae Gen. Heracrobylus. Ordn. Dictyobranchia Fam. Rhodosomidae |Corellidae + Cionidae part. (Rhodoso- minae)|. Subfam. Rhodosominae Gen. Rhodosoma. Subfam. Chelyosominae |Corellidae | Gen. Chelyosoma u. a. Fam. Abyssascidiidae [Corellascidiidae] Gen. Abyssascidia u. a. Fam. Hypobythiidae Gen. Hypobythius. Fam. Phallusiidae [Ascidiidae] Gen. Phallusia | Ascidia], Bathyascidia u. a. Fam. Perophoridae Gen. Perophora u. a. Fam. Cionidae [Cionidae part. (Cioninae)| Gen. Czona. Fam. Diazonidae [Clavelinidae part. (Diazoninae) + Tylo- branchion | Gen. Diazona, Rhopalaea, Rhopalopsis, Tylobranchion. Ordn. Krikobranchia Fam. Clavelinidae [Clavelinidae part. (Clavelininae) + Chon- drostachys] Gen. Clavelina, Chondrostachys u. a. Fam. Polycitoridae [Distomidae excl. Chondrostachys] Gen. Polycitor |Distoma] u. a. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 9 Fam. Didemnidae |Didemnidae + Coelocormidae] Subfam. Didemninae |Didemnidae] Gen. Didemnum u. a. Subfam. Coelocorminae [Coelocormidae| Gen. Coelocormus. Fam. Synoicidae [Polyclinidae excl. Tylobranchion| Subfam. Synoicinae |Polyclininae - Euherdmaniinae] Gen. .Syroscum, Euherdmania u. a. Subfam. Pharyngodictyoninae Gen. Pharyngodictyon. Die Vereinigung mehrerer Familien zu systematischen Ein- heiten höherer Ordnung, wie Seeliger sie vorgeschlagen, nehme ich unter Verwendung seiner Gruppenbezeichnungen an, nur in der Reihenfolge dieser Gruppen weiche ich von ihm ab. Ich gehe jetzt zu dem eigentlichen Thema meiner Arbeit über, das ich in drei Abschnitten behandle. Im ersten Abschnitt erörtere ich von nomenklatorischen und systematischen Gesichtspunkten aus die ältesten Gattungen und stelle die hieraus sich ergebenden Änderungen in der Terminologie fest. Im zweiten Abschnitt gebe ich eine Übersicht über wenig bekannte oder bisher überhaupt nicht berücksichtigte oder als zu den Ascidien gehörig er- kannte Gattungen, suche ihre systematische Stellung aufzuklären, und ziehe aus den Ergebnissen die notwendigen Schlüsse für die Terminologie der Gruppe. Der dritte Abschnitt endlich enthält einen Nomenclator generum. I. Die ältesten gültigen Gattungsnamen und die hieraus sich ergebenden Anderungen in der Terminologie. Für die Feststellung der ältesten giiltigen Gattungsnamen wird es sich empfehlen, chronologisch vorzugehen und mit dem Jahr 1758, dem Erscheinungsjahr der zehnten Ausgabe des Systema naturae zu beginnen, welches bekanntlich den Zeitpunkt bildet, bis zu welchem die internationalen Nomenklaturregeln riickwirkende Kraft besitzen. Die zehnte Ausgabe von Linné’s Systema naturae enthalt keine Arten, die mit Sicherheit als Ascidien angesprochen werden kônnen. IO Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Es folgt im Jahre 1760 Baster, der in den Opuscula sub- seciva (Vol. 1 lib. 2. p.84 t. 10 f. 5) die „Gattung“ Asczdium auf- stellt. Es entsteht nun die Frage, ob dieser Name als Gattungs- name im Sinne der binären Nomenklatur anzusehen ist. Diese Frage verneine ich. Baster hat offenbar keine letzten systematischen Einheiten unterschieden; er nennt das Tier ,,animal Ascidium“ (p. 95, Tafelerklärung), das ist keine binäre Benennung. Von einer solchen kann man nur dann sprechen, wenn der Autor erkennen läßt, daß er untergeordnete letzte Einheiten anerkannt hat.. Wenn ich Basters ,,Ascidium“ nicht als gültigen Gattungsnamen anerkenne, so befinde ich mich in Übereinstimmung mit Sherborn, der Baster zwar gekannt hat, aber ihn auch nicht anerkennt. Wenn ein Mann, der bibliographisch so viel gearbeitet hat, wie Sherborn und über eine so reiche Erfahrung verfügt, derart entscheidet, so liegt kein Grund vor, eine andere Ansicht zu vertreten. Will man aber wirklich den Versuch machen, durch Anerkennung des Namens „Ascidium‘ diesen zu retten, so wäre damit auch noch nicht viel gewonnen. In diesem Falle würde Zethyuwm Bohadsch und Ascidia Linné absolutes Synonym von Ascıdium Baster und das Resultat würde dasselbe sein, zu welchem man für die Gattung Zethywm gelangt; mit anderen Worten, der Name ,,Ascidium‘ würde an die Stelle von ‚SZye/a treten, wodurch die Verwirrung vielleicht noch srößer würde, als es jetzt mit dem Namen ,,Tethyum‘ der Fall ist. Als nächster Autor ist Bohadsch zu nennen, der ein Jahr später (1761) in seiner Arbeit „De quibusdam animalibus marinis“, die Gattung Ze/hyum, die er den Zoophyten zurechnet, mit folgender Diagnose aufstellt: „Tethyum est Zoophytorum genus corpore plus minus oblongo, organis duobus protensis altero breviore praeditum et tentaculis carens.““ Es kann kein Zweifel darüber obwalten, daß dieser Gattungs- name durchaus im Sinne der binären Nomenklatur gebildet ist und demnach zu Recht bestehen bleibt. Dagegen wird die Durchführung der binären Benennung nicht bis auf die vier, in der Gattung Zethywm aufgeführten Arten ausgedehnt. Die einzelnen Arten sind durch mehrere koordinierte Eigenschaftsworte charakterisiert, von denen nicht etwa eins als Speciesname besonders kenntlich gemacht ist. Es erscheint daher unzulässig, aus diesen Artdiagnosen eine binäre Benennung abzuleiten, wie es Gunnerus (1767) getan hat, indem er bei jeder Form das von Bohadsch an erster Stelle aufgeführte Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. II Eigenschaftswort als Artname verwendete. Es handelt sich hier nicht um Benennungen, sondern um Diagnosen. Ich befinde mich auch in diesem Falle in Übereinstimmung mit Sherborn, der zwar die Gattung 7Zethyum Boh. als solche anerkennt, nicht aber die in der Gattung aufgeführten. Arten als binär benannte Arten gelten läßt. | In einer Arbeit von Gronovius aus dem Jahre 1762 (Acta Helv., Vol. 5. p. 379) wird die ,,Gattung® Ascıdıum zitiert, die der Autor von Baster nur übernommen hat. Sherborn erkennt hier die Gattung Asczdium als solche an mit dem Autor Gronovius (ex Baster). Im übrigen enthält die Arbeit keine binären Namen. Zwei wichtige Veröffentlichungen fallen in das Jahr 1767, nämlich Linné’s zwölfte Ausgabe des Systema naturae und eine Arbeit von Gunnerus, betitelt: Der Seebeutel (Zethyum sociabile) (in: Skr. Drontheim Selsk., Vol. 3.). Es läßt sich wohl kaum mehr mit Sicherheit feststellen, welche Veröffentlichung zeitlich voranzustellen, eine Frage, die für die Feststellung der gültigen Artnamen nicht ohne Belang ist. Aus dem Umstande, daß bei einer Art Linne und Gunnerus beide denselben Speciesnamen (Papellosum) ver- wenden, Linné aber nur Bohadsch und Baster, nicht Gunnerus zitiert, ließe sich vielleicht folgern, daß die Arbeit von Gunnerus jünger ist, wenn man nicht annehmen will, daß beide Autoren den gleichen Artnamen unabhängig voneinander gebraucht haben. Jeden- falls erscheint es am zweckmäfigsten, entsprechend den Regeln, in diesem Falle den historischen Weg einzuschlagen und Gmelin zu folgen, der als erster die Frage zugunsten Linné’s entschieden hat (1788, Systema naturae, ed. 13). Gunnerus greift in seiner Arbeit auf die von Bohadsch auf- ‚gestellten Arten der Gattung Ze/hyum zurück, die er neu und zwar binär benennt und denen er die entsprechenden Arten von Bohadsch, indem er letztere unter Verwendung des von Bohadsch an erster Stelle gebrauchten Eigenschaftswortes als Speciesnamen binäre Namen gibt, als Synonyma zuordnet. Es sind dies: Tethyum socuabile (Syn. T. fasciculatum Boh.) = papillosum (Syn. T. cortaceum Boh.) 7 elegans (Syn. I. gelattnosum Boh.) Außerdem wird noch Zethywm vulgare als unsichere Art auf- geführt, verschwindet aber von da ab iberhaupt aus der Literatur, ‚so daß wir uns mit dieser Form fernerhin nicht weiter zu beschäftigen -brauchen. 12 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Linné führt in der.12. Ausgabe des Systema naturae in der Gattung Ascidia 6 Arten auf, von denen die letzten drei neu sind, - nämlich: A. papıllosa (Syn. T. cortaceum Boh.) A. gélatinosa (Syn. T. gelatinosum Boh.) A. intestinalis (Syn. 7. membranaceum vel fasciculatum Boh. Ascidium Baster?) A. quadridentata A. rustica. A. echinata. Zunächst entsteht die Frage, ob Linné mit dem Namen Ascidia eine neue Gattung geschaffen hat oder nur einen neuen Namen für Ascidium Gronovius (ex Baster) eingeführt hat. Diese Frage ist im letzteren Sinne zu beantworten. Linné geht offenbar auf Baster zurück, wie aus dem Zitat ersichtlich. Weiter muß man sich über das Verhältnis von Asczdium (Ascidia) und Zethyum zu einander klar werden. Pailas schlug bereits (Miscell. zool., p. 73) die Ver- einigung der Gattungen Ascıdıum und Tethywm mit folgenden Worten vor: ,,Bivalvium testaceorum analogum et nudum quasi ectypon est, cujus speciem unicam sub Ascidii nomine Basterus, plures Tethyorum titulo Bohadsch et Plancus descripsere. Linné hat weiter nichts getan, als diese Vereinigung durchgeführt. Es handelt sich bei Asczdza nicht um die Aufstellung einer neuen Gattung, sondern nur um ein Synonymon. Ascdia muß fallen, weil die alte Gattung Zethywm nur erweitert wird, der Typus aber der gleiche bleibt. Wir haben jetzt die Aufteilung der Gattung Zefhyum weiter zu verfolgen. Es wird sich aber empfehlen, vorher die systema- tische Stellung der sechs Arten im heutigen System kurz zu er- ortern. Tethyum papıllosum (L,) Diese Art entspricht zweifellos der Æalocynthia (Cynthia) papıllosa späterer Autoren, ein Gattungsname, der nach neueren Untersuchungen von Michaelsen durch Pyura (s. weiter unten) zu ersetzen ist. Tethyum gelatinosum (L.) Die Identifizierung dieser Art bereitet einige Schwierigkeiten. Soviel läßt sich aber meines Erachtens mit absoluter Bestimmtheit aussagen, daß sie zur Gattung Ascidia im heutigen Sinne gehört. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien, 13 Da diese Feststellung fiir die in dieser Arbeit zu behandelnden Fragen geniigt, erübrigt es sich, die Identifizierung dieser Art mit spater beschriebenen Arten ihrer Gattung an dieser Stelle zu er- örtern. Tethyum intestinale (L.) Diese Art ist identisch mit Czona (Ascidia) intestinahs späterer _ Autoren. Tetkyum quadridentatum (L.) Tethyum rusticum (L.) Diese beiden Arten gehören zur modernen Familie Styeldae, die letztere zur Gattung ‚Sfyela, während die erstere höchst wahr- scheinlich nur ein Synonymon von ihr darstellt. Tethyum echinatum (L.) Diese Art gehört wiederum der Gattung Æalocynéhia bezw. Pyura im modernen Sinne an. Der erste, der eine Aufteilung der Gattung Zefhyum bis zu einem gewissen Grade durchgeführt hat, ist Savigny!) Durch Elimination der beiden Arten papzllosum und zutestinale, die er in die von ihm neu aufgestellten Gattungen Cynthia und Phallusia stellt, wird der Typus von Zethyum auf vier Arten beschränkt. Wenn wir die Begrenzung des Typus Zefkyum weiter verfolgen, so ergibt sich, daß echtnatum generisch mit fapillosum zusammenge- hört und gelatınosum in die Gattung Phallusia zu stellen ist. Der Typus von Ze/hyum wird nunmehr nur noch aus zwei Arten gebildet, die beide bisher in die Gattung Styela Flem. gestellt wurden. Demnach ist die Gattung SZyela als jüngste unter den ‚Gattungen, auf welche die ursprünglich den Typus Zethyuwm bil- denden 6 Arten verteilt wurden, durch Zethyum zu ersetzen. Der Typus von Zethyum wird gebildet aus 2 Arten, 7. rushcum und I. quadrıdentatum, die aber höchst wahrscheinlich synonym sind. In der erwähnten Arbeit hat Savigny seine neuen Gattungen Cynthia und Phallusia in eine Anzahl Tribus zerlegt, denen man ‚den Wert von Untergattungen zuerkennen muß. Cynthia wird in vier solcher Untergattungen, die Cynthiae simplices, Coesirae, Styelae und Pandociae, Phallusia in drei, die Phallusiae Pirenae simplices und Cionae, aufgelöst. Fleming?) hat dann einige Jahre später unter Verwendung dieser Namen im Singular 1) Savigny, Mem. An. s. Vert., part 2. Paris, 1816. 2) Fleming, The Philosophy of Zoology, Vol. 2. Edinburgh, 1822. IA Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Savignys Untergattungen zu den selbständigen Gattungen Caesıra, Styela, Pandocia, Pirena und Crona erhoben und damit eine Auf- lösung der Savignyschen Gattungen Cynthia und Phallusia durch- geführt. Selbstverständlich ist Fleming und nicht etwa Savigny als der Autor dieser Gattungen anzusehen, da er den Gattungs- namen zuerst nach Linné’schem Muster gebildet hat und ebenso sind die von Fleming in seine Gattungen gestellten Arten, die nicht in jedem Falle den Arten der entsprechenden Savigny’schen ,,Unter- gattungen“ entsprechen, als deren Typus zu betrachten. Diese Gattungen entsprechen im großen und ganzen noch den großen Gattungen im modernen Sinne. Die Gattung Caeszra ersetzt Molgula, wie weiter unten erörtert wird, an die Stelle von Styela tritt, wie wir gesehen haben, Zeihyum, Pandocıa ersetzt Polycarpa; Phallusia Sav. wird von Fleming aufgelöst in drei Gattungen, Phallusta s. str., Pirena und Crona. Pirena ist synonym mit Phallusia, die nunmehr der Gattung Ascidia im bisherigen Sinne entspricht. Die Gattung Prallusıa im modernen Sinne (P. mamıl- lata, nigra u. a.) wird namenlos. Ich schlage für sie den Namen Phallusiopsis vor: Der Typus dieser neuen Gattung soll P. 72277224 lata (Cuv.) sein. Die Gattung Cynthia Sav. ist synonym mit Pyura Mol. (s. weiter unten). Sehr einfach gestaltet sich die Nomenklatur der kolonie- bildenden Ascidien, die ursprünglich alle zusammen mit Weich- korallen usw. in der Gattung Alcyonıum vereinigt waren. Die einzige wichtige Änderung betrifft die Gattung Dzstomus Gaertner, worüber weiter unten nachzulesen ist. Es würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausreichen, an dieser Stelle die Gattungen der Ascidien historisch weiter zu ver- folgen, um so mehr, als im zweiten und dritten Abschnitt alles hierauf Bezügliche mitgeteilt und, wo es sich als notwendig erwies, eingehend erörtert wird. Dagegen halte ich es der schnellen Orien- tierung wegen für zweckmäßig, die sich aus meinen Untersuchungen ergebenden Änderungen in der Terminologie der Ascidien-Gattungen tabellarisch zusammenzustellen und die wichtigsten Synonyma hin- zuzufügen. Gleichzeitig erweist es sich auch als notwendig, eine Anzahl Familiennamen nach dem Grundsatz abzuändern, daß der Name einer Familie nach dem für die typische, d.h. älteste Gattung als gültig anerkannten Namen, auch wenn letzterer ganz jung ist, gebildet werden soll. Die Anordnung der folgenden Tabelle ist systematisch, Gattungen, die nicht aufgeführt, erfahren keine Änderung. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 15 Tabellarische Ubersicht der Anderungen in der Termino- logie der Ascidien-Gattungen und Familien. Bisheriger Name Jetzt gültiger Name Wichtigste Syn- onyma Fam. Molgulidae Molgula Forb. 1848. Fam. Cynthiidae (Halo- cynthiidae) Cynthia Sav. 1816. (Halocynthia Verr. 1879.) Fam. Styelidae Styela Flem. 1822. Polycarpa Hell. 1877. Fam. Corellidae Fam. Corellascidiidae Fam. Ascidiidae Ascidia L. 1767. Phallusia Sav. 1816 (part.). Fam. Caesiridae Caesira Flem. 1822. Fam. Pyuridae Pyura Mol. 1782. Fam. T ethyidae Tethyum Boh. 1761. Pandocia Flem. 1822. Fam. Rhodosomidae Fam. Abyssascidiidae Fam. Phallusiidae Phallusia Sav. 1816. Phallusiopsis nom. nov. | Cynthia Sav. 1816 (part.). | Molgula F orb. 1848 (part.). Pera Stimps. 1852. | Lithonephrya Giard 1872. Gymnocystis Giard 1872. Anurella Lac.-Duth. 1877. | Astropera Piz. 1898. | Meristocarpus Piz. 1899. | ethyum Boh. 1761 (part.). Ascidia L. 1767 (part.). Cynthia Sav. 1816 (part.). Cynthia Flem. 1822. | Lais Gistel 1848. Halocynthia Verr. 1879. (part.). Ascidia L. 1767 (part.). Distomus Gaertn. 1774 (part.). Cynthia Sav. 1816 (part.). Styela Flem. 1822. ClavellinopsisFewkes1889.. Cynthia Sav. 1816 (part.). Styeloides Sluit. 1885. Alderia Lah. 1888. Tethyum Boh. 1761 (part.). Ascidia L. 1767 (part.). Phallusia Sav. 1816 (part.). Phallusia Flem. 1822. Pirena Flem. 1822. Ascidiopsis Verr. 1872. Pachychlaena Herdm. 1880. 16 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien, Bisheriger Name | Jetzt gültiger Name Mi Fam. Distomidae Fam. Polycitoridae - Distoma Sav. 1816. Polycitor Ren. 1804. | Distoma Sav. 1816 (part.). | [non Distomus Gaertn. ; | 1774]. Julinia Calm. 1894. Holozoa Less. 1830. Colella Herdm. 1886. Sycozoa Less. 1830. | Aplidium Q. u. G. 1834. Oxycorynia v. Dra- Nephtheis Gould 1856. sche 1882. Distaplia D. Valle Cellulophana O.Schm. 1881. 1862. Fam. Polyclinidae Fam. Synoicidae II. Ùbersicht wenig bekannter oder nicht beriicksichtigter Gattungen. In diesem Abschnitt stelle ich eine Anzahl von Gattungen zu- sammen, die bisher in der Literatur entweder überhaupt keine Beriicksichtigung gefunden haben, oder deren systematische Stellung nicht richtig erkannt oder hinreichend aufgeklärt war. Zum größeren Teile sind es ganz unsichere Gattungen, über die wohl nur durch Nachuntersuchung etwaiger Originalstücke Klarheit gewonnen werden kann. Andere Gattungen. müssen als Synonyma guter Gattungen aufgefaßt werden. Eine dritte Gruppe endlich tritt nach dem Prioritätsgesetz an die Stelle bisher gültiger Gattungsnamen. Alina A. Risso, Hist. nat. Eur. mérid., Vol. 4 p. 277. 1826. Sp.: A. meridionalis. Betreffs dieser Gattung hat Herdman bereits die Vermutung ‚geäußert, daß es sich um Czova oder Clavelina handelt. Die erstere Annahme hat deshalb wenig Wahrscheinlichkeit fiir sich, weil Risso in seiner Liste bereits eine Phallusza intestinalis aufführt und man wohl annehmen kann, daß der Autor hinsichtlich der richtigen Be- ‚stimmung dieser allbekannten Art keinen Fehler begangen hat. Die Diagnose der Gatt. Adna ist leider so allgemein gehalten, daß eine ‚sichere Identifizierung nicht möglich ist. Manches spricht für Herd- man’s Vermutung, daß eine C/avelinide gemeint sei, andererseits will ich aber auch noch auf die Möglichkeit hinweisen, daß Risso’s Gattung synonym mit Rhoßalaea sein könnte. Dafür spricht einer- ‚seits, daß diese immerhin große und auffallende Form wohl kaum Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 17 unter Risso’s Material gefehlt haben dürfte, andererseits auch, daß der Autor seine neue Gattung neben die mit Ahopalaea sehr nahe verwandte Gatt. Drazona gestellt hat. Adams und Adams!) stellen die Gattung als synonym zu Ascidium. Amblodeus C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — Fine ganz unsichere Gattung, hinsichtlich der sich nicht einmal mit Sicherheit sagen läßt, ob es sich um eine Ascidie handelt. Arkas Johannes Gistel, Naturg. Thierr., p. 174. 1848. Diesen neuen Gattungsnamen führt Gistel für DisZomus Gaertn. (Gistel schreibt Dis/oma) ein, da letzterer (DrisZoma) präokkupiert ist. Die Gattung ist natürlich synonym mit Distomus. Bipapillaria M. de Lamarck, Hist. nat. An. s. Vert., Vol 3 {Ds 127; 1010: Sp.: B. australis. Es kann zweifelhaft sein, ob diese Gattung iberhaupt zu den Ascidien gehört. Aber ich wüßte andererseits auch nicht, zu welcher sonstigen Tiergruppe dieselbe zu rechnen wäre. Für eine Ascidie spricht vor allem der Passus in der Diagnose: ,,extremitate superiore bipapilloso. Papillae conicae, aequales, apice foratae.... Weniger klar ist dagegen, was mit dem dann folgenden Wortlaut der Diagnose gemeint ist: ,,tentaculiferae. Tentacula tria utroque osculo.“ Um echte Tentakel kann es sich natürlich nicht handeln. Möglicher- weise sind die Lappen der Ingestions- und Egestionsöffnung ge- meint, die allerdings nicht in der Dreizahl auftreten, oder irgend welche Mantelfortsätze, Dornen, Stacheln u. dgl., im Umkreis der Körperöffnungen. Adams und Adams?) führen die Gattung als Synonym von Doltenia auf. Fleming?) erklärt sie für ganz un- sicher. Caesira John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2. p. 511. 1822. SP CRD. Es läßt sich meiner Ansicht nach kein triftiger Einwand da- gegen machen, daß die von Savigny beschriebene C. Dzone, der Typus seines Tribus Cynzthiae Coesirae, der von Fleming unter Beibehaltung des Typus und Verwendung des Namens im Singular 1) Adams und Adams, Gen. rec. Moll., Vol. 2. p. 592. 1858. 2) Adams und Adams, Gen. rec. Moll., Vol. 2. p. 594. 1858. 3) Fleming, Phil. Zool., Vol. 2. p. 512. 1822. Zool. Annalen III. 2 18 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. zu einer selbständigen Gattung mit der abweichenden Schreibweise Caesira erhoben wurde, zur Gattung Molgula gehört, so daß sich die Notwendigkeit ergibt, letzteren Namen durch den älteren Caesıra zu ersetzen. Der von verschiedenen Autoren geltend gemachte Unterschied hinsichtlich der Angabe Savigny’s über die Zahl der Lappen der Ingestionsöffnung ist für mich angesichts der übrigen Beschreibung und der Abbildung nicht stichhaltig, um meine Ansicht zu widerlegen. Die typische Art bedarf allerdings einer Nachunter- suchung, da die Beschreibung in einigen Punkten zu lückenhaft ist, um eine hinreichende Kennzeichnung innerhalb der Gattung zu er- möglichen. Cellulophana Oscar Schmidt, Spong. Adria, Vol. 1. p. 41. 1862. i Sp.: C. pileata. | Diese Gattung, deren Synascidiennatur von F. E. Schulze (1877) nachgewiesen wurde, nachdem sie von ihrem Autor anfangs als Pflanze, dann als Spongie angesprochen war, ist, worauf v. Drasche (1883) zuerst aufmerksam gemacht hat, synonym mit Distaplia, so daß letzterer Name nach dem Prioritàtsgesetz durch den älteren Namen Cellwlophana ersetzt werden muß. O. Schmidt hat 1870 eine zweite Art, C. collectrix, von den Tortugas (Florida) beschrieben. Die Zugehörigkeit dieser Art zu derselben Gattung ist durch nichts bewiesen, sogar im höchsten Grade unwahrscheinlich. Vielleicht handelt es sich, soweit die dürftige Beschreibuug überhaupt eine Vermutung zuläßt, um eine zur Herdmanschen Gatt. Psammaplıdıum gehörige Polyclinide. Clavellinopsis J. Walter Fewkes in: Bull. Essex Inst., Vol: mp 134401889 Spe (Cn PUMA Diese Gattung, die von Herdman irrtümlich für eine Bollenia gehalten, ist nach Ritter’s Ansicht, der ich mich anschließen möchte, eine ‚SZyela. Die Art dürfte dem Formenkreis der .S. montereyensts (Dall.) und ihrer Verwandten nahestehen. Eine definitive Beschrei- bung: dieser Art wäre sehr erwünscht. Crostoma C. S. Rafinesque, Anal. Nat., p. 148. 1815. Sp.: — Bezüglich dieser Gattung gilt das bei Amblodeus Gesagte. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 19 Ctenicella Henri de Lacaze-Duthiers in: Arch. Zool. Expert Vol 0.9: 1004741077: Sp.: C. lanceplarni, C. morgatae, C. appendiculata. | Diese Gattung wurde von Lacaze-Duthiers lediglich auf die Beschaffenheit der Siphonallappen hin aufgestellt, einen Charakter, dem man nicht die systematische Bedeutung beimessen kann, um eine neue Gattung darauf zu begriinden. In der inneren Organisation, vor allem im Bau des Kiemensackes, bestehen außerdem zwischen C. lanceplaint einerseits, C. morgatae und appendiculata anderer- seits so bedeutsame, Unterschiede, daß schon dieser Umstand gegen die Vereinigung der drei Formen zu einer natürlichen Gruppe sprechen würde. Dagegen bilden C. morgatae und appendiculata zusammen mit C. korotneffi Drasche und Molgula cynthiaeformis Hartmr. eine Gruppe nahe verwandter Arten, die vor allem durch die im Gegensatz zur Gattung Caeszra (Molgula) in regelmäßigen Quer- reihen angeordneten Kiemenspalten sowie durch die gezähnte Dorsal- falte ausgezeichnet sind. Ich habe bei früherer Gelegenheit?) dieser Gruppe nur den Wert einer eventuellen Untergattung beigemessen, während Seeliger neuerdings vorgeschlagen hat, diejenigen Caeszra (Molgula)- und Cfenicella-Arten, welche die erwähnten Charaktere besitzen, zu einer besonderen Gattung zu erheben, für welche er den Namen Molgulidıum einführt. Ich folge gern diesem Vor- schlage, belasse aber im Einklang mit den Nomenklaturregeln der Gattung den alten Namen C/enzcella, indem ich den ursprünglichen Typus auflöse und nur die beiden Arten C. morgatae und appendt- culata in der Gattung belasse und als Typus bestimme. Die Gattung Ctenicella in ihrer jetzigen Fassung scheint mir bis zu einem ge- wissen Grade die Caesiridae (Molgulidae) mit den Pyuridae (Halo- cynthtidae) zu verbinden und für die meiner Ansicht nach bisher nicht genügend betonten näheren verwandtschaftlichen Beziehungen dieser beiden großen Familien zu sprechen. ' Diacoma Augustus A. Gould, Mollusca in: Exp. Wilkes, Nols or Athip. "On| Dracoma rt. 53221. 619] 1856. Sp.: — Diese Gattung ist von Gould ohne weitere Diagnose nach einer Zeichnung von Dana in das oben zitierte Werk aufgenommen 1) Hartmeyer, Fauna arctica, Vol. 3 p. 166. 1903. 2* 20 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. worden. Auf der Tafel führt die Gattung den Namen Diacoma, in der Tafelerklärung dagegen den Namen Dracoma. Eine Art wird nicht genannt. Es ist unmöglich, etwas Näheres über die Gattung auszusagen: Möglicherweise handelt es sich um eine Didemnide, vielleicht eine Drplosoma-artige Form. Diplacus C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — i Bezüglich dieser Gattung gilt das bei Amélodeus Gesagte. Distraema Adolph Modeer in: K. Vet. Ac. N. Handl., Vol 13) ps 26401 792: Sp.: — Wenn es auch im höchsten Grade wahrscheinlich ist, daß diese Gattung, welche Modeer zwischen Mammaria und Ascidia stellt, eine Ascidie ist, so kann man etwas Näheres über dieselbe wohl kaum aussagen. Fimbria A. Risso, Hist. nat. Eur. mérid., Vol. 4. p. 282. 1826. Sp.: 4. aurantia, F. filiformis. Es scheint mir, daß die Diagnose, welche Risso gibt, am besten auf die Gatt. Diflosoma paßt, doch läßt sich der sichere Nachweis dafür kaum erbringen. Ein Ersatz des Namens Drplosoma durch ZZmdrıa ist aber schon deshalb ausgeschlossen, weil letzterer Name bereits zweimal präokkupiert ist (1761 von Bohadsch, 1811 von Megerle, beide Male für eine Molluskengattung). Fodia L. A. G.Bosc, Hist. nat. vers., Vol. I p. 109, 1802. Sp.: ,Zodie rougeätre“ (F. rubescens Blainville). Auf Grund der Diagnose habe ich über diese Gattung keine Klarheit gewinnen können und bin sogar im Zweifel, ob es sich um eine Ascidie handelt. Ich weiß allerdings auch nicht zu sagen, welcher anderen Tiergruppe die Gattung zuzuordnen wäre. Holozoa M. Lesson, Zool. in: Duperrey, Voy. La Co- quille Wolk 2s part 7.924398 1830: Sp.: 7. cylindrica. Diese von Lesson aufgestellte Gattung ist von keinem späteren Autor berücksichtigt worden. Aus der zwar kurzen, aber treffenden Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 21 Diagnose im Verein mit dem Fundort und den sonstigen biologischen Bemerkungen habe ich die Uberzeugung gewonnen, daf es sich nur um die Gattung ‘wma Calman handeln kann, so daß letzterer Name durch //olozoa zu ersetzen ware. Zu demselben Schluß ist auch Michaelsen in einer soeben veröffentlichten Arbeit gelangt). Will man Fuhnia mit Cellulophana (Distaplia) vereinigen, wie es auch bereits befürwortet worden ist, so fiele auch der Name Ce//u- lophana zugunsten der alten Lesson’schen Benennung. Hyalosoma Nikolaus Wagner, Wirbell. weiss. Meer., Wolk ip. TOA ets oh. Sp.: 7. singulare. Über diese Gattung bitte ich nachzulesen in: Fauna arctica, Wolk 3,1192 27 TO Klephtes Johannes Gistel, Naturg. Thierr., p. 174. 1848. Spr Ae ii Gistel stellt diese neue Gattung ohne nahere Bid fiir Boltenia legumen (Less.) auf. Sie ist synonym mit Lolfenza. Lacinia Emil Selenka in: Z. wiss. Zool., Vol. 17 p. 568. 1865. Sp 22 szellinea. Diese von Selenka aus der Bassstrasse beschriebene und für einen Schwamm gehaltene Gattung ist zweifellos eine Didemnzde und dürfte vielleicht nach der Gestalt der Kalkkörper zu schließen synonym mit der Gatt. Zeplochnum sein, wenn auch der Mangel irgendwelcher Angaben über die Einzeltiere den sicheren Nachweis unmöglich macht. Lais Johannes Gistel, Naturg. Thierr., p. VIII. 1848. Gistel weist als erster darauf hin, daß Savigny’s Gattung Cynthia bereits zweimal präokkupiert ist und führt den neuen Namen Lats ein, der nunmehr synonym mit Pyura ist. Lioclinum A. E. Verrill in: Amer. J. Sci., ser. 3 Vol. I [De ALU ey Sp.: Z. viscosum, L. gelatinosum. Verrill hat diese Gattung für Didemnum-Arten ohne Kalk- körper aufgestellt. Sie würde demnach synonym mit Dzdemmnopsis 1) Michaelsen, Tunicata in: Hamb. Magalh. Sammelr., Vol. 1. 1907. 22 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Hartmr. (= Didemnordes Lah., non v. Drasche) sein und der Name an Stelle des jüngeren Namens Didemmnopsis treten. Von den beiden Arten, welche Verrill in seine neue Gattung stellt, gehòrt nun aber die eine, Z. gelatinosum (M. Edw.) zu Diplosoma, während die andere, Z. viscosum (Sav.), ein typisches Didemnum sein dürfte, da aus dem Umstand, daß Savigny das Vorhandensein von Kalk- kòrpern in seiner Beschreibung nicht erwähnt, nicht ohne weiteres auf das Fehlen derselben geschlossen werden kann. Auch bei der zweiten Art, welche mit D. viscosum zusammen seine neue Gattung Didemnum bildet, D. candıdum, erwähnt-er das Vorhandensein von Kalkkörpern nicht, bildet dieselben aber trotzdem ab. Unter diesen Umständen kann nach den Nomenklaturregeln der Name Liochnum weder an die Stelle von Didemnopsıs treten noch als Synonym da- von betrachtet werden, da in diesem Falle die Gattungsdiagnose bedeutungslos wird. Die Gattung wird vielmehr teilweises Synonym von Didemnum bezw. Diplosoma. Lissoclinum A.E. Verrill in: Amer. J. Sci., ser. 3 Vol. 1 PIAZZALE Sp.: Z. aureum, L. tenerum. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich diese Gattung für synonym mit Diflosoma erkläre. Gegen Herdman’s Ansicht, daß die Gattung wahrscheinlich mit Leftoclinum zusammenfällt, spricht der Umstand, daß Verrillausdrücklich den Mangel von Kalkkörpern hervorhebt. Dieser Mangel von Kalkkörpern und die übrige Be- schreibung machen es sehr wahrscheinlich, daß Z. aureum sowohl wie L. fenerum echte Diplosoma-Arten sind. Auch spricht dafür, daß Verrill auf die wahrscheinliche Zugehörigkeit von Drplosoma gelatinosum (Edw.) und Zsterranum (Edw.) zu seiner neuen Gattung hinweist. Mammaria O. F. Müller, Zool. Dan. Prodr., p. 224. 1776. | Müller’s Gattung Mammaria, die von Lamarck im Anschluß an die Ascidien aufgeführt wird, ist sicherlich keine Ascidie. Da- gegen spricht der Passus ,,apertura unica ad apicem“ in der Dia- gnose. Auf die Untersuchungen Tellkampf’s') über die Gatt. Mammaria Lamk. und die Bemerkungen, welche Kingsley?) und 1) Tellkampf in: Ann. Lyc. N. York, Vol. 10 p. 84. 1871. 2) Kingsley in: P. Boston Soc., Vol. 21 P. 449. 1882. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 23 Giard!) dazu machen, brauche ich hier nicht einzugehen, da die Nomenklaturfrage nicht weiter dadurch berührt wird. Mariana Quoy & Gaimard, Voy. Uranie & Physicienne, Velia jDe BUG ats SO th, Sa OZ, Sp.: M. rubrum. Diese Gattung, die von ihren Autoren im Anschluß an die Gatt. Pyrosoma aufgeführt und Savigny’s Gattung Aplidium ver- wandt sein soll, wird wohl kaum aufgeklärt werden kônnen und ich hege Zweifel darüber, ob es sich überhaupt um eine Ascidie handelt. Melanosteum C.S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — Bezüglich dieser Gattung gilt das bei Amblodeus Gesagte. Nephtheis Augustus A. Gould, Mollusca in: Exp. Wilkes, Mol At ADs, WOMEN O2 STRO: Diese Gattung ist, wie die Gatt. Dzacoma, nach einer Zeich- nung von Dana ohne weitere Diagnose von Gould in das oben genannte Werk aufgenommen worden. In diesem Falle aber. macht die äußerst charakteristische Abbildung eine Identifizierung mit der von Drasche 1882 neu aufgestellten Gatt. Oxycorynia so wahr- scheinlich, daß ich nicht anstehe, letzteren Namen durch den älteren Namen Nephtheis zu ersetzen. Pandocia John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2 p. SII. Sp.: 2. (Ascidia) conchilega. Beziiglich der Bildung dieses Gattungsnamens gilt das gleiche, wie für Caeszva, jedoch hat Fleming keine der drei den Typus von Savigny’s Tribus Cyzthiae Pandociae bildenden Arten über- nommen, sondern ausdrücklich Asczdia conchilega mit den Worten „Ihe Ascidia conchilega, a native species, is the type‘ als Typus der Gattung Zandocia bestimmt. In einer späteren Arbeit (Hist. Brit. An., p. 468. 1828) führt Fleming die Gattung Pandocia wieder- um mit der einzigen Art /. conchilega auf, als deren Synonyma er Ascidia conchilega Müll. und Pandocia mytiligera Savigny nennt. Daraus geht offenbar hervor, daß Fleming seine neue Gattung im Sinne von Savigny’s Cynthiae Pandociae aufgestellt hat, da er überdies auch Savigny’s Tribus-Diagnose teilweise wörtlich über- nimmt; andererseits kann man aber auch daraus schließen, daß 1) Giard in: C. R. Ass. Franc., Sess. 3 p. 445. 1875. 24 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Fleming’s conchilega nichts mit der typischen Ascidia conchilega Müll. zu tun hat, worauf bereits Herdman mit Recht hingewiesen hat. Vielmehr erscheint es bis zum Beweise des Gegenteils durch- aus nicht unwahrscheinlich, daß Fleming’s Form identisch mit Polycarpa comata (Ald.) ist, eine Vermutung, die Herdman eben- falls geäußert hat und die ich befürworten möchte. Es würden dann der Typus von Flemings Gattung Pandocıa sowohl wie auch die drei Arten der Cynthiae Pandociae Savigny’s, über deren Zugehörigkeit zur Gattung Zolycarpa Hell. für mich kein Zweifel besteht, in einer Gattung zu vereinigen sein und der Name Polycarpa i müßte durch den älteren Namen Zandocıa ersetzt werden, wie ich es ın dieser Revisionsarbeit vorschlage und auch gleichzeitig durch- geführt habe. Will man die Identität von Fleming’s Pandocıa conchilega mit Polycarpa comata nicht gelten lassen, so bliebe der jetzt gültige Gattungsname Zolycarpa bestehen und die Gattung Fandocia wäre entweder als fragliches Synonym zu Polycarpa zu stellen oder als unsichere Gattung aufzuführen. Unabhängig hiervon würden die drei Arten der Cynfluae Pandociae Savigny’s natürlich in der Gattung Zolvcarpa verbleiben. Phuscaria C. S. Rafinesque, Anal. nat., p..148. 1815. Sp.: — Bezüglich dieser Gatt. gilt das bei Amblodeus Gesagte. Pirena John Fleming, Phil. Zool. Vol. 2 p. 512. 1822. Sp. 2a husca: Als Typus bezeichnet Fleming P. Phusca Forsk. und bemerkt dazu, daß Savigny noch drei weitere Arten hinzugefügt habe, die den Tribus Phallustae Pirenae bilden. Es geht aus dieser Bemer- kung aicht klar hervor, ob Fleming diese drei Arten seiner Gattung Pirena zuzählt oder nicht. Für die hier vorliegende Frage ist dies aber ganz nebensächlich. Die Gattung Pirena, soweit der Typus in Frage kommt, um den es sich hier nur handeln kann, ist von der Gattung Phallusia Sav., zu der die Phallusiae simplices und Pirenae desselben Autors gehören, während die ?. Czonae von Fleming mit Recht abgetrennt und zu einer selbständigen Gattung Ciona erhoben werden, nicht zu trennen und bildet demnach ein absolutes Synonym der Gattung Phallusza Sav. Pleurolophium |? A. Giard in: C.-R. Ass. Franc., Sess. 3. (1874) 1875] F. Lahille in: C.-R. Ass. Frang., Sess. 16 Vol. 2 p. 676. 1888. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 25 Ich zitiere nach Lahille und Herdman!), da ich den Gattungs- namen Zleurolophium weder in der angeführten noch in einer anderen Arbeit Giards gefunden habe und auch eine Anfrage nicht den gewünschten Erfolg gehabt hat. Die Gattung scheint kaum genügend gekennzeichnet zu sein und ist auch, abgesehen von den wenigen Merkmalen, die sich in Lahille’s Bestimmungs- tabelle (1888) finden, später nicht wieder untersucht worden. Herd- man (1891) weist lediglich auf ihre anscheinend nahe Verwandtschaft mit Glossoforum Wah. hin. Sollte sich für diese Vermutung, der sich, wie ich sehe, auch Seeliger anschließt und die mir selbst auch am wahrscheinlichsten ist, der sichere Nachweis erbringen lassen, so würde der Name G/ossoforum durch den Namen Pleurolophium zu ersetzen sein. Bis auf weiteres scheint es mir aber besser zu sein, //eurolophium als unsichere Gattung zu be- trachten. Podotethis P. Gervais, Dict. univ. hist. nat., Vol. 2 D 208. 1842. Sp.: — Diese Gattung wird von Gervais unter den zusammengesetzten Ascidien aufgeführt. Etwas Näheres auszusagen ist unmöglich. Polyeitor S. A. Renier, Prosp. Vermi, p. 17. 1804. Sp MOLISE P. dipartimentatus, P. crystallinus, P. mollissimus. Auf Grund der Untersuchungen von Michaelsen?) ist der Typus der Gattung Disfomzs Gaertner eine Polyzoine. Der nächst jüngere Gattungsname für die Gattung Dzstoma im Sinne Savigny’s und späterer Autoren ist die Gattung Zolycılor, die von Renier 1804 mit vier Arten aufgestellt wurde. Die auf Grund des Elimi- nationsverfahrens bis zuletzt in der Gattung verbliebenen beiden Arten P. crystallinus und P. mollissimus bilden jetzt den Typus der Gattung Polycitor, welcher Name an die Stelle des Gattungs- namens Disfoma im bisher gebräuchlichen Sinne tritt. Der bis- herige Familienname Disiomidae ist dementsprechend in Zolycıto- rıdae abzuändern. !) Herdman in: J. Linn. Soc., Vol. 23 p. 617. 1891. 2) Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, Vol. 21 p. 14 u. 82. 1904. 26 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. _Polyclinoides John Denis Macdonald in: Tr. R. Soc. Edinburgh, Vol. 23 p. 179. 1864. Sp.: — Es ist v. Drasche sicherlich entgangen, daß der Gattungs- name bereits durch Macdonald vergeben war, als er seine neue Gattung Polyclinoides aufstellte. Auch sonst wird in der Literatur nirgends auf die Gattung Macdonald’s Bezug genommen. Dieselbe gehört zweifellos zu den Polycliniden, doch ist ihre systematische Stellung innerhalb dieser Familie vorläufig nicht mit Sicherheit fest- zustellen. | Pulmonella |pro: „Pulmonelle“ M. de Lamarck 1816] L. Agassiz, Nomenclat. zool., Index p. 317. 1846. Agassiz hat den französischen Namen .Pulmonelle“, den Lamarck für Savigny’s Gattung Aplıdıum gebraucht, latinisiert in Pulmonella. Pyura Giovanni Ignazio Molina, Stor. nat. Chili, Vol. 4 PS 10031782: Spam CHESS. Diese Gattung ist von Michaelsen!) mit dem Ergebnis auf- geklärt worden, dafs der Gattungsname Zalocynthia (an Stelle des präokkupierten Namens C'yzZhra von Verrill eingeführt) durch den älteren Namen Pyura zu ersetzen ist und demnach auch der bis- herige Familienname Zalocynthudae (Cynthiidae) in Pyuridae ab- zuändern ist. Rhopalasia Carl Vogt in: F. A. Brockhaus, Bilder As Nd: HOO Col, 270, Sort 3 al 27, 1875. Sp.: — | Soweit sich aus der Abbildung erkennen läßt, scheint die unter diesem Gattungsnamen aufgeführte Ascidie der Gattung Corella an- zugehören, so daß Rhopalasia synonym mit dieser Gattung sein würde. Seytinoma C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — Bezüglich dieser Gatt. gilt das bei Amblodeus Gesagte. 1) Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, Vol. 21 p. 15. 1904. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 27 Stephastoma C. S. Rafinesque, Précis déc. trav., somiol., DP. 335 1814. Sp : S. actinordes. Die Gattung ist nicht aufzuklaren. Sycozoa Lesson, Zool. in: Duperrey, Voy. La Coquille, Vol. 2 part I p. 436. 1830. Sp. .S. szgillinoides. Aus der Abbildung geht, worauf Michaelsen!) tiberzeugend hinweist, hervor, daß es sich um eine Art der später aufgestellten Gattung Colella handelt. Der Gattungsname Colella wäre demnach durch den älteren Namen Sycozoa zu ersetzen. Syphonotethis P. Gervais, Dict. univ. hist. nat., Vol. 2 02207. 11842: Sp.: — Diese Gattung wird von Gervais unter den einfachen Ascidien aufgeführt. Etwas Näheres auszusagen ist unmöglich. Tethyum Johann Baptist Bohadsch, Anim. mar., p. 130. 1761. Sp.: — Dieser Gattungsname ist im ersten Abschnitt dieser Arbeit einer eingehenden Erérterung unterzogen worden, die zu dem Ergebnis geführt hat, daß der Name Ze¢hyum an die Stelle des jüngeren Namens ‚S/yela zu treten hat und gleichzeitig der Familienname Styelidae in Tethyidae abzuändern ist. Triglossium |? A. Giard 1873] F. Lahille, Rech. Tun., [De BEy/o 1800; Sp.: Morchelliopsis Plevberianus Lah. (Syn.: Amaroucium punctum Giard.) Es ist mir nicht gelungen, obigen Gattungsnamen in einer der zahlreichen Arbeiten Giard’s ausfindig zu machen. Eine diesbe- zügliche Anfrage bei Giard ist unbeantwortet geblieben. Die von Lahille zitierte Literaturstelle aus Giard’s Arbeiten (Arch. Zool. expér., Vol. 2 p. 495 [nicht 459, wie Lahille irrtümlich zitiert] 1873) enthalt den Gattungsnamen nicht, wohl aber eine kurze Charak- teristik der neuen Art, Amaroecium punctum, die u. a. durch eine dreigespaltene Analzunge ausgezeichnet sein soll. Falls der Name Triglosstum, der offenbar auf diesen Charakter Bezug nimmt, sich 1) Michaelsen, Tunicata in: Hamb. Magalh. Sammelr., Vol. 1. 1907. 28 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. nicht etwa doch noch in einer versteckten Mitteilung Giard’s finden sollte, möchte ich fast vermuten, daß Lahille denselben einer brieflichen oder mündlichen Mitteilung Giard’s verdankt und aus Höflichkeit in seiner Arbeit als Synonymon seiner neuen Gattung Morchelliopsis zitiert hat. Die Frage, ob dem Namen Triglosstum oder Morchelliopsis die Priorität zuzuerkennen ist, er- ledigt sich dadurch, daß beide, worauf Herdman bereits hinweist, generisch von Amaroucium wohl kaum zu trennen sind. Anhang. Cycloclinum de Ryckholt in: J. Conch., Vol. to p. 258 i: 2h 12.1802, Sp.: C. Lessontanum. Anhangsweise sei diese fossile Gattung, die von ihrem Autor zu den Ascidien gerechnet wird — ob mit Recht, will ich dahin- gestellt lassen — hier aufgefiihrt. Aus dieser Liste ergibt sich folgendes. Von den aufgefiihrten Gattungen sind 19 nicht aufzuklaren und miissen wenigstens bis auf weiteres als unsichere Gattungen angesprochen werden. Es sind dies: Alina Amblodeus Bipapillaria Crostoma Diacoma Diplacus Distraema Fimbria Fodia Hyalosoma Mammaria Mariana Melanosteum Phuscaria Podotethis Polyclinoides Scytinoma Stephastoma Syphonotethis Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 29 11 Gattungen müssen als Synonyme älterer Gattungen (in Klammern) angesehen werden, namlich: Arkas (Distomus) Clavellinopsis (Tethyum) Klephtes (Boltenia) Lacinia (? Leptoclinum) Lais (Pyura) Lioclinum (Diplosoma-Didemnum) Lissoclinum (Diplosoma) Pirena (Phallusia) Pulmonella (Aplidium) Rhopalasia (? Corella) Triglossium (Amaroucium) 9 (? 10) Gattungen müssen an die Stelle bisher gültiger Gattungs- namen (in Klammern) treten, nämlich: Caesira (Molgula) Cellulophana (Distaplia) Holozoa (Julinia) Nephtheis (Oxycorynia) Pandocia (Polycarpa) Pleurolophium (? Glossoforum) Polycitor (Distoma Sav., non Distomus Gaertn.) Pyura (Cynthia bezw. Halocynthia) Sycozoa (Colella) Tethyum (Styela) III. Nomenclator generum'). Im dritten Abschnitt gebe ich eine Zusammenstellung. sämtlicher mir bekannter Ascidiengattungen einschließlich der abweichenden Schreibweisen. Bei den Gattungen, die nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse als synonym an- gesehen werden müssen, ist dies durch einen * besonders bemerkt, während die unsicheren Gattungen durch ein + kenntlich ge- macht sind. Die abweichenden Schreibweisen sind bei jeder Gattung besonders zusammengestellt, im Nomenclator selbst nur mit dem Hinweis auf die betreffende Gattung aufgeführt. Abyssascidia W. A. Herdman in: P.R. Soc. Edinburgh, Vol. 10 Dp: 4,70. 1880. Sp.: A. wyvilli. 1) Abgeschlossen ı. V. 1908. 30 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Acidia s. Ascidia. Acidiella s. Ascidiella. Acidopsis s. Ascidiopsis. Agnesia W.Michaelsen in: Zool. Anz., Vol. 21 p. 370. 1898. Sp.: A. glaciata. * Alderia F.Lahille in: C.R. Ass. Frang., Sess. 16 Vol. 2 p. 677. 1888. Sp.: — Der Gattungsname ist praokkupiert (Thompson, 1844. Moll.). Die Gattung dürfte mit Zethyum oder Pandocia zusammenfallen. Alina A. Risso, Hist. nat. Eur. mérid., Vol. 4 p. 277. 1826. Sp.: A. meridionalis. Alloeocarpa W. Michaelsen in: Zool., Vol. 31 p. 25. 1900. Sp.: A. incrustans, A. dura, el, ASCII A. Emilionzs, A. intermedia, A. Bridgest. Diese Gattung ist sehr wahrscheinlich synonym mit der vor- läufig unsicheren Gattung Dzs¢omus Gaertn. Alpidium s. Aplidium. Amaraecium s. Amaroueium. Amareucium s. Amaroucium. Amarocium s. Amaroucium. Amaroecium s. Amaroucium. Amaroncium s. Amaroucium. Amaroucium H. Milne-Edwards in: Mém. prés. Ac. France, Vole 1804283. mern Sp.: A. proliferum, A. albicans, A. Nordmannii, A. argus. Amaraectum Charles Maurice in: C.-R. Ac. Sci., Vol. 103 p. 504. 1886. Amareucium J. Victor Carus in: P. Ashmol. Soc., Vol. 2 p. 268. 1850. Amarocium C. Ph. Sluiter in: Charcot, Ehi Antarct. Franc. 1OO3/5, 4.1 fs 13 1000: | Hartmeyer, Terminologie der Ascidien, al Amaroecium H. G. Bronn, Mantelthiere in: Klass. Ordn. Weichthiere, Vol. 3 part I p. 217. 1862. Amaroncium Antoine Pizon in: C.-R. Ac. Sci, Vol. 121 P4.272% 1895. Amarucium Rudolph Leuckart in: Frey u. Leuckart, WMirbell Woes fos LAO. 71847. Amaruvium Rudolph Leuckart in: Götting. Nachr., ann. 1847 792 88. Amauroctum Antonio Della Valle in: Atti Acc. Lincei Menr ser 3), Mole 10 9.7887. 1891. Amauroectum H. G. Bronn, Mantelthiere in: Klass. Ordn. Weichthiere, Vol. 3 part 1.p. 138. 1862. Amauroucium A. Kölliker u. C. Loewig in: Ann. Sci. Nat sers suN Ol 520: 221661340; Amoeroecium H. G. Bronn, Mantelthiere in: Klass. Ordn. Meichtmere ole 37patE 1 praia 18622 Amorocium L. Agassiz, Nomenclat. zool., p. 50. 1846. Amoroecıum L. Agassiz, Nomenclat. zool., p. 50. 1846. Amoroucium F. H. Troschel in: Arch. Naturg., Vol. 8 II p. 406. 1842. Amouroecium R. Mac Andrew u. L. Barrett in: Ann. nat. Elistreser 20 No 21721850 Amouroucium Edward Forbes u. Sylvanus Hanley, Brit. Moll Aa oli ns hob sn a Anaroecium Alfred Giard in: C.-R. Ass. Frang., Sess. 3 Pr 4422 1875. Amarucium s. Amaroucium. Amaruvium s. Amaroucium. Amaurocium s. Amaroucium. Amauroecium s. Amaroucium. Amauroucium s. Amaroucium. TAmblodeus C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — Amoeroccium s. Amaroucium. Amorocium s. Amaroucium. Amoroecium s. Amaroucium. Amoroucium s. Amaroucium. Amouroecium s. Amaroucium. - Amouroucium s. Amaroucium. 32 Anaroecium s. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Amaroueium. Anourella s. Anurella. * Anurella Henri de Lacaze-Duthiers in: Arch. Zool. Gabeln Volto pr 495% SPAR AR A. Al A. Anourella P. N ıonon in: (CR Nersei, 1901. 1877. roscovita, oculata, solenota, simplex, bleizt. Vol. Die Gattung ist von Caeszra nicht zu trennen. 1322 AL Aphanibranchion Asajiro Oka in: Ann. Zool. Jap., Vol. 5 part 5 p. 254. 1906. Sp.: A. japonicum. Aplidiopsis F. Lahille, Rech. Tun., p. 206. 1890. Sp.: A. spongiformis, A. incertus, A. minutus, A. pyriformis, A. vitreus. Aplidium Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert, DMC: Sp.: A. lobatum, A. ficus, A. tremulum, A. effusum, A. gibbulosum, A. caliculatum. flaploidium L. Agassiz, Nomenclat. zool., 1846. Alpidium John Fleming, Phil. Zool., Vols> Index pr 2021772: Vol. 2p: 514 18222 Aplydıum John Denis Macdonald in: Tr. R. Soc. Edinburgh, Vols D 2177721304: Asplidium H. Schacht in: Arch. Anat. Physiol. Med., ann. 1851 p. 186. 1851. Aplydium s. Aplidium. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 33 Archiascidia Charles Julin in: Z. wiss. Zool., Vol. 76 p. 609. 1904. Sp.: A. neapolitana. Archidistoma Walter Garstang in: Ann. nat. Hist., ser. 6 Vol D 205-801 Sp.: A. aggregatum. Arcidia s. Ascidia. * Arkas Johannes Gistel, Naturg. Thierr., p. 174. 1848. Die Gattung ist synonym mit /2s/omus Gaertn. Ascedia s. Ascidia. Ascidea s. Ascidia. * Ascidia Carolus a Linné, Syst. Nat, ed. 12. Tom. I Vol. 2 DOS 7 1797. Sp.: A. paprllosum, A. gelatinosum, A. intestinalts, A. quadridentata, A. rustica, A. echinata. Acidia Johan Kiaer in: Forh. Selsk. Christian., p. 36. 1893. Arcidia F. C. Meuschen, Mus. Gronov., p. 50. 1778. Ascedıa Wy IX (Gy, BOSC, ele nat yes, el 2 Wool jos 110: 1827. Ascidea E. de Kay, Zool. New York, part 5 p. 259. 1843. Die Arten verteilen sich auf die Gattungen Zethyum, Pyura, Phallusia und Ciona. Ascidiella L. Roule in: C.-R. Ac. Sci., Vol. 97 p. 1015. 1883. SPEI An cHıSstate, A. scabra, A. lutaria. Acidiella F. G. Pearcy in: Tr. Soc. Glasgow, ser. 2 Vol. 6 on 2422 1902: * Ascidiopsis A. E. Verrill in: Amer. J. Sci., ser. 3 Vol. 3 PAZIA 1872. Sp.: A. complanatus. Acidopsis | S. Kingsley in: P. Portland Soc., Vol. 2 p. 183. 1901. Die Gattung ist synonym mit Phallusia. Zool. Annalen III. 3 34 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Ascopera W. A. Herdman in: PAR Soc Edinburgh; Volga p. 238. 1881. Sp.: A. gigantea, «A. pedunculata. Ascopora J. V. Carus in: Zool. Anz., Reg. I-10 p. 25. 1889. Ascopora s. Ascopera. Asplidium s. Aplidium. Astallium s. Astellium. * Astelliuwm Alfred Giard in: Aıch. Zool. expér., Vol. 1 p. 242 WO Samo. 2: Sp.: A. spongiforme. Astalkum S. Jourdain in: €.-R. Ac Sci; Vol, 100,p 6 1885. Die Gattung ist synonym mit Diplosorma. * Astropera M. A. Pizon in: Bull. Mus. Paris, Vol. 4 p. 273. 1898. Sp.: A. sabulosa. Die Gattung dürfte mit Caesira zusammenfallen. Atopogaster William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Molk-uizi 92 103.2.10886: Sp.: À. gigantea, A. aurantiaca, A. infor mis, A. elongata, A. e. var. pallida. * Aurantium (Subgen.) Alfred Giard in: Arch. Zool. expér., Wolke il 70. (042931872? Sp.: A. aurantium. Die Gattung ist von Zolychnum wohl nicht zu trennen. Bathyascidia (pro: Herdmania R. Hartmeyer 1900) Robert Hartmeyer in: Arch. Naturg., Vol. 67 Beiheft p. 166. 1901. Bathynoncus s. Bathyoncus. Bathyoncus William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Volte P-165..1882: Sp. Ba mirabulıs Bathynoncus Wm. E. Ritter in: Univ. Cal. Publ. Zool., Vol. 4 P- 24. 1907. Bathypera W. Michaelsen, Ergeb. D. Tiefsee Exp., Vol. 7 Ds 1922 1904. Sp.: 2. splendens. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 1 35 Bathystyeloides (pro: Bathyoncus (part.) W. Michaelsen 1904) Chie SEEIISSr wie bonne Ordn Ihrer Wolly Suppl [D> HIZO, 1907. Sp.: D. enderbyanus. Benthascidia Wm. E. Ritter in: Univ. Cal. Publ. Zool., Vol. 4 0.7287. 190971 Sp.: 2. michaelsent. Bipapilaria s. Bipapillaria. {BipapiUaria M. de Lamarck, Hist. nat. An. s. Vert., Vol. 3 [Ds MAT IST: Sp.: 2. australis. Bipapilaria John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2 p. 512. 1822. Boletaria s. Boltenia. Bollenia s. Boltenia. Boltenia Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert., Vol. 2 [8 WAKO), SHI), Sp.: 2. owfera, B. fusiformis. Boletaria J.E. Gray in: London med. Repos., Vol. 15 p. 236. 1821. Bollenia C. Ph. Sluiter in: Charcot, Exp. Antarct. Franc. 1003 OSs ty 221. 43.2.1906. Boltoma ER Schinz, IhiereCuvier, Vol: 2/p 744 nota, 829, 18222 Boltonia s. Boltenia. Bostrichiobranchus s. Bostrichobranchus. Bostrichobranchus M. P. A. Traustedt in: Vid. Meddel., Pe 169, 1882: Sp.: 2. manhattensis. Bostrichiobranchus Frank W.Bancroft und C. O.Esterley in On Caldi Zoo Volt i 9. 1057 1993. Botryllides s. Botrylloides. Botrylloides H. Milne-Edwards in: Mém. prés. Ac. France, Vol. 18 p. 301. 1841. Spi Ss rotera, B, rubrum, B. albicans, B. Leachiz, B. rosaceus. Botryllides Antonio Della Valle, Asc. comp., p. 30. 1877. Botryloides R. T. Maitland in: Rep. Fish. Board Scotl., Vol. 16-p. 57, 1898; 3* 36 2 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Botryllus Gaertner in: P. S. Pallas, Spic. zool., fasc. 10 p. 35. 1774. | | Sp.: 2. stellatus, PB. conglomeratus. Botrylus El. Metschnikoff in: Bull. Ac. St.-Pétersb., Vol. 13 Di. 291. 1869. Botryloides s. Botrylloides. Botrylus s. Botryllus. Breviastellium s. Brevistellium. * Brevistellium (pro: Astellium A. Giard 1872) S. Jourdain In MCE RACE SCI: A Vole TOO: DATE Ise 73858 Sp.: A. spongiforme. Lreviastelhum Osw. Seeliger in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., Vol Suppl p 1235. 1907: Die Gattung ist synonym mit Drplosoma. Caesira John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2 p. 511. 1822. Spa Ga Q7o70- Caleolus s. Culeolus. Cellulophana Oscar Schmidt, Spong. Adria, Vol. 1 p.41. 1862. Sp:: ©. pileara: Die Vereinigung von Cellulophana (Distaplia) mit Holozoa ( Fulinia) ist schon mehrfach in Erwägung gezogen worden. Chelyosoma W. J. Broderip u. G.B. Sowerby in: Zool. J., Nols5e 1820: Sp.: C. Macleayanum. Chelysoma J. L. C. Gravenhorst, Vergl. Zool., p. 63. 1843. Chelysoma s. Chelyosoma. Chevreulia s. Chevreulius. *Chevreulius H. de Lacaze-Duthiers in: Ann. Sci. nat. ser. 5 Vol. 4 p. 299. 1865. Sp. 6. callensıs. Chevreulia Ludwig K. Schmarda, Zool., ed. 2 Vol. 2 p. 216. 1878. Die Gattung ist synonym mit Rhodosoma. Chizascus s. Schizascus. Chondrostachys John Denis Macdonald in: Ann. nat. Hist., sera Vol MED 10121858. Sp.: — Die Gattung scheint mir so nahe verwandt mit ‚SZereoclavella zu sein, dass eine Vereinigung beider in Erwägung zu ziehen wäre. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 27 Chorizocarpa W. Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, Vol. 21 p. 92. 1904. Sp.: C. sydneyensis, C. guttata, C. michaelsent. *Chorizocormus William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Vol. 14 p. 345. 1886. SD Cs LAINE. Die Gattung ist synonym mit Polyzoa. Cinthia s. Cynthia. Cintia s. Cynthia. Ciona John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2 p. 512. 1822. Sp.: C. Ascedia intestinalıs. Crone Richard Hertwig, Lehrb. Zool., ed. 3 p. 279. Chona F.H. Troschel in: Arch. Naturg., Vol. 45 II p. 378. 1879. Cione s. Ciona. Circinalium (Subgen.) Alfred Giard in: Arch. Zool. expér., Noles np. 039% 1872. SD 1G concmescens: Cirrinatium Oskar Schmidt in: Brehm, Thierleben, ed. 3 Vol. 10 p. 245. 1893. Cirrinatium s. Cireinalium. Clavalina s. Clavelina. Clavelina Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert., Vol. 2 (Do WA SG, Sp: = Gx Gorealis, C. lepadiformis. Clavalina Hermann Burmeister, Handb. Naturg., p. 476. 1837 Clavellina John Fleming, Brit. An., p. 468. 1828. Claviing Gr lbeteure ın2 Sch, ser2.Nol=5 p.433: 1897. Clavelinopsis s. Clavellinopsis. Clavellina s. Clavelina. *Clavellinopsis J. Walter Fewkes in: Bull. Essex Inst., Vol. 21 Pa 134917889: Sp. rubra. Clavelinopsis W. A. Herdman in: J. Linn. Soc., Vol. 23 PISO NNO Die Gattung ist synonym mit Zethywm. * 38 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Clavilina s. Clavelina. Cliona s. Ciona. Coelocormus William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Wolke ap: L81380: Spe nC. rauscleyn: *Colella William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Vol. 14 18, 72221886: Sp.: C. pedunculata, C. thomsont, . gaimardı, . pulchra, . elongata, quoyt, . murrayı, . m. var. rubida, . ramulosa, . concreta. Die Gattung ist synonym mit .Sycozoa. Corella (Alder & Hancock manuscr.) Albany Hancock in: ANON, SOEs Elistesser=27 WOE © [Da 202070; Sp.: C. parallelogramma, C. larvaeformıs, C. ovata. Corellascidia Robert Hartmeyer in: Abh. Senckenb. Ges., Vols 25" p: 235: 1900: Sp.: C. herdmant. Corellopsis Robert Hartmeyer in: Romer & Schaudinn, Fauna arctica, Vol. 3 Lfg. 2 p. 272. 1903. Sp.: C. pedunculata. Corinascidia s. Corynascidia. Coryanascidia s. Corynascidia. Corynascidia William A. Herdman in: Rep. Voy. Challenger, Vols 6 p. 1862 1882. Sp.: C. suhmet. Corinascidia Alexander Agassiz in: Bull. Mus. Harvard, Wol=23 p75. 1802 Coryanascidia Wm. E. Ritter in: Univ. Cal. Publ. Zool., Mole Ape 27 1007 TCrostoma C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — ASSIS Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 39 Ctenicella Henri de Lacaze-Duthiers in: Arch. Zool. expér., VO, © Os COA, 1077 Sp.: C. lanceplainı, C. morgatae, C. appendiculata. Culceolus s. Culeolus. Culeolus W. A. Herdman in: P. R. Soc. Edinburgh, Vol. 11 Da S27 1891: SD RC AUTANT . wyville-thomsont, . recumbens, . perlucidum, . moseleyt, . suhmt. Caleolus E. Vanhòffen in Ver. Inst. Meeresk. geogr. Inst. Berlin, Heft 5 p. 154. 1903. Culceolus Oskar Schmidt in: Brehm, Thierleben, ed. 3 Vol Top. 2432-1803: Cynhia s. Cynthia. “Cynthia Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert., Vol. 2 Do UA, 1STE: Sp.: C. Momus, C. microcosmus, C. pantex, C. Gangelion, C. papillata, claudicans, pupa, Dione, Canopus, . pomaria, . polycarpa, mytilig era, solearıs, C. cınerea. Conto N Risse, Hist. nat. “Bure mend, Vol.4 p. 273% 1826. Cia Ss Dielen ehiaje, Deser. Not Vol. 3 p. 13. 1841. Cynhia P. J. van Beneden in: N. Mém. Ac. Belgique, Vol. 20 p. 59. 1846. SEES Ore So ae 40 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Der Gattungsname ist priokkupiert (Fabricius, 1808. Lep.) und durch den älteren Namen ?ywra zu ersetzen. Cynthiopsis W. Michaelsen, Ergeb. D. Tiefsee-Exp., Vol. 7 p. 200. 1904. Sp.: C. valdiviae (Typ.), €. herdmanı, C. coalıtus. Cystingea s. Cystingia. Cystingia (Subgen.) William Sharp Mac Leay in: Tr. Linn. Soc. London, Vol. 14 p. 540. 1824. SO MC CT OURS Cystingea John Denis Macdonald in: Ann. nat. Hist., ser. 3 Vol. I p. 401. 1858. Cystodites (Subgen.) Richard v. Drasche, Synasc. Rovigno, P218..0883. SPIA C. cretaceus. Cystodytes Richard v. Drasche, Synasc. Rovigno, p. 9. 1883. Cystodytes s. Cystodites. Dendodroa s. Dendrodoa. Dendrodoa (Subgen.) William Sharp Mac Leay in: Tr. Linn. Soc» London, Vol 14,92 537. 1824 Sp.: D. glandaria. Dendodroa Robert Hartmeyer in: Zool. Jahrb. Syst., Vol. 12 p. 493. 1899. Lendrodon M. F. Dujardin in: Lamarck, Hist. nat. An. s. Wert, Goh 2 Woll, 3 0, Aho 1.810} {Diacoma Augustus A. Gould, Mollusca in: Exp. Wilkes, Vol 127 Ath. ATOME M OO: Sp.: — Dracoma Augustus A. Gould, Mollusca in: Exp. Wilkes, WO) 12 NOK i 52 iis OUC 17856: Diagonum s. Diazona. Diandrocarpa Willard G. Van Name in: Tr. Connect. Ac., Volt pb 582 1902: Sp.: D. botryllopsrs, D. monocarpa. Die Gattung ist wahrscheinlich synonym mit Symplegma. Diastoma s. Distomus. Diazoma s. Diazona. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. AI Diazona Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert., Vol. 2 DNA 1810: SPD violacea. Diagonum i. Er Troschel in; Arch Nature, Vol. 8 Il p. 406. 1842. Diazona denk amaneis, Est nat Am Sy a VeKta, ) Vol. 3 ‘Ds UO; USK; Diazone M. Ussow in: Arch. Naturg., Vol. 41 p. 3. 1875. Diazone s. Diazona. Dicopia C. Ph. Sluiter in: Tijdschr. Nederl. dierk. Ver., ser. 2 Mol Op. 325 1005. Sp.: D. fimbriata. Dideminum s. Didemnum. Didemmum s. Didemnum. Didemnium s. Didemnum. * Didemnoides (Subgen.) Richard v. Drasche, Synasc. Rovigno, PSE Sp.: D. macroophorum, D. resinaceum. Die Gattung ist synonym mit Zeplochnum. * Didemnoides [non Drasche 1883!| Fernand Lahille, Rech. Tun., p. 69. 1890. Sp.: D. marmatum, D. tortuosum. Lahille fasst die Gattung in einem ganz anderen Sinne auf und belasst keine der als Typus anzusehenden Arten darin. Hart- meyer gibt der Gattung Didemnoides im Sinne von Lahille den neuen Namen Didemnopszs (s. d.). Didemnopsis |pro: Didemnordes Lah. non v. Drasche] Robert Hartmeyer in: Römer & Schaudinn, Fauna arctica, Vol. 3 Pi pe 3051903: Sp.: D. varrabile, D. tortuosum, ; D. inarmatum. Didemnum Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert, Vol. 2 p. 194. 1816. Spa D camdıdım, D. viscosum. Dideminum W.Salensky in: Biol. Centralbl., Vol. 13 p. 132. 1893. 42 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Didemmum Cuvier, Règne an., Vol. 2 p. 501. 1817. : Didemnium H.R. Schinz, Thierr. Cuvier, Vol. 2 p. 779 nota, 8312 18224 Didemnus S: Dielle Chraje,. Deser. Nor, = Volks pme 1841. Didemum Georg August Goldfuss, Handb. Zool., Vol. I P> 591,2 1820 Didermum de Lamarck, Hist. nat. An. s. Vert., Vol. 3 p. 96. 1816. Didemnus s. Didemnum. Didemum s. Didemnum. Didermum s. Didemnum. + Diplacus C. S. Rafinesque, Anal. nat, p. 148. 1815. Sp.: — - Diplasoma s. Diplosoma. Diplosoma John Denis Macdonald in: Tr. Linn. Soc. London, Viol22 p38 75a o50: Spo D ER Are Diplasoma R. Hartmeyer in: Year Book Carnegie Inst, IN@s @ (Ds WUE 1907 Diplozomma M. Ganin in: Z. wiss. Zool., Vol. 20 p. 515 1870. In demselben Jahre wird von Farre (in: Arch. Med, Vol. I p. 290. London, 1859) auch eine Entozoengattung Lzplosoma auf- gestellt. Der Band dieser Zeitschrift ist aber, wie aus dem Vor- wort ersichtlich, jedenfalls nicht vor dem 1. April 1859 erschienen, wahrend das Heft, in welchem Macdonald seine neue Gattung aufstellt, im Februar ausgegeben worden ist. Mithin bleibt die Ascidiengattung Dzplosoma bestehen. Diplosomoides William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Vol. 14 p. 309. 1886. Sp.: D. pseudoleptoclinum, D. molle. * Diplosomoides [non Herdman 1886!] Fernand Lahille, Rech. Huns sp. 12621890; Spe. 2) Pocazı: Lahille fasst die Gattung in einem ganz anderen Sinne auf, als Herdman. Lahille’s Gattung dürfte sich kaum aufrecht halten lassen, sondern wird wohl mit Polysyzcraton zu vereinigen sein. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 43 Diplozomma s. Diplosoma. Distalium s. Distaplia. Distalpa s. Distaplia. * Distaplia Antonio Della Valle in: Atti Ac. Lincei Mem, sen 3) Vol, 10 p. 446. 1881. Sp.: D. magnilarva, D. rosea. Distal xX Nee Min Mr Connect. Ac, Vol 109.588. 1900. Distalpa T. H. Morgan in: J. Morphol., Vol. 4 p. 203. 1891. Diese Gattung ist synonym mit Cellwlophana O. Schm. Distoma |pro: Distomus Gaertner in: Pallas 1774] Jules-César Sanrio, Mens An Ss, Ver VOL 2 jo, 170, 1810: SD JD. rubrım, D. variolosum. Distomus |pro: Distoma (part.) Savigny 1816, non Gaertner in: Pallas 1774] Quoy & Gaimard, Zool. Voy. Astrolabe, Voli spe 6237 18344 Et ali Dison Wo Tro/schelbinArch-@Naturs Woll 73: Ih p. 406. 1842. Die Gattung Distoma im Sinne Savigny’s nach Elimination des Typus der Gattung Dzs/omus Gaertn. ist synonym mit Poly- citor Ren. Distoma s. Distomus. Distomum s. Distoma. Distomus Gaertner in: P. S. Pallas, Spic. zool., fasc. 10 P- 40. 1774. Sp.: D. mammillarıs, D. variolosus. Distoma [part.] Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert, WO, 2292 176.2 1816. Diastoma À, M. Norman in: Zoologist, Vol. 15 p. 5707. 1857. Sehr wahrscheinlich ist A/oeocarfa Michlsn. ein Synonymon von Distomus Gaertn. Distomus s. Distoma. {Distraema Adolph Modeer in: K. Vet. Ac. N. Handl., Vol. 13 Pp. 20425 1792: Sp.: —. Dracoma s. Diacoma. 44 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Echinoclinum Willard G. Van Name in: Tr. Connect. Ac., Vol: IL p. 371. 1902. SO TARN Die Berechtigung dieser Gattung môchte ich im Gegensatz zu Seeliger durchaus anerkennen. Ecteinascidia W. A. Herdman in: P. R. Soc. Edinburgh, Nols LO" Pp: 7/225 1350; Spt CASA E. fusca, E. turbinata. Encoelium s. Eucoelium. -Engyriopsis s. Eugyriopsis. Eucaelium s. Eucoelium. Eucelium s. Eucoelium. Eucoelium Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert, Vol. 2 p. 195. 1816. Sp.: Æ. hospitiolum. Fncoelum S. Delle Chiaje, Descr. Not., Vol. 5 p. 91. 1841. Eucachum Cuvier, Règne an, Vol. 2 p. 501. 1817. Euceltum Georg August Goldfuss, Handb. Zool., Vol. 1 pi 59721820. * Eucoelium [non Savigny 1816] Alfred Giard in: Arch. Zool. exper, Viol.=1 ps 050:21872: Sp.: £. parasiticum. Die Gattung Zxcoelium im Sinne von Giard ist synonym mit Leptoclinum. Eugyra (Alder u. Hancock manuscr.) Albany Hancock in: Ann. nat. *Hist.seriaVo 56 pr 367211070: Sp.: £. arenosa, E. globosa. Eugyrioides Osw. Seeliger in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., Vol. 3 suppl. p. 1189. 1907. Spee. arctica, E. rara, E. molguloides et aliae. Die von mir (1903) bereits in Erwägung gezogene Auflösung der Gatt. Paramolgula durch Abtrennung der Arten mit typischem Eugyra-Kiemensack wird hier durchgeführt. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 45 Eugyriopsis (Subgen.) L. Roule in: C.-R. Ac. Sci., Vol. 100 p. 1016. 1885. Sp.: £. intermedia. Engyriopsis J. V. Carus in: Zool. Anz., Reg. 1-10 p. 135. 1889. Euherdmania (pro: Herdmania Ritter 1903) William E. Ritter MmZoolAn7, Vol.272p9: 0501901 Eupera W. Michaelsen, Ergeb. D. Tiefsee Exp., Vol. 7 p. 222. 1904. SP Cu Eusynstyela (nov. nom. pro: Michaelsenia Van Name 1902) W. Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, Vol. 21 p. 36. 1904. Sas, [2s VAGUE E. hartmeyert. : FFimbria A. Risso, Hist. nat. Eur. merid., Vol. 4 p. 282. 1826. Sp.: 4. aurantia, FE filiformis. fFodia L. A. G. Bosc, Hist. nat. vers, Vol. 1 p. 109. 1802. Sp.: „Fodie rougeätre“ (/ rufescens Oken 1815). To Gears Diet uns hist mat., Non 20/1842. Forbesella W. A. Herdman in: J. Linn. Soc., Vol. 23 p. 578. 1891. Spe. Auresselaua: ones Hr de Eacaze Duthrers ei Yves Wiel ace in: Memspres Ace, France Vol. 45 9.137: 1893. Monbessella Mt Anke WN bancrone in, B Calif. Aerser, ser 3 Vol Pr p 3292. 18098: Forbesia s. Forbesella. Forbessella s. Forbesella. Fragarioides s. Fragaroides. . Fragarium (Subgen.) Alfred Giard in: Sodi: THO, OSE, Nol ep O38. 1872: Sp.: Zr elegans. Diese Gattung fällt nach Lahille’s Auffassung mit Parascıdıa zusammen. *Fragaroides (Subgen.) Charles Maurice in: Arch. Biol., Vol. 8 p. 219. 1888. Sp.: 7 aurantiacum. Fragarvoides Anton Collin in: Arch. Naturg., Vol. 56 II p. 14. 1893. Diese Gattung ist synonym mit Zragarium bezw. Parascidia. 46 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. di William A. Herdman, Rep. Voy. Selene Vol. 6 Pale MIO: Sp.: 4. conereus. Gamaster Antoine Pizon in: C.-R. Ac. Sci., “Vol: 1225p 11876) 1806. Sp.: G. Dakarensis. {Glandula Stimpson in: P. Boston Soc. Vol. 4 p. 230. 1852. SPA: GA KbroSsa, G. mollıs. Die Gattung muss bis auf weiteres als nicht genügend auf- geklärt gelten. Glossoforum F. Lahille in: Bull. Soc. Hist. Nat. Toulouse, Wolk TO, 10741886 | Sp.: G. sabulosum. Glossophorum F. Lahille in: C.-R. Ass. Frang., Sess. 16 Nol 2p) 7.600" 1888: Die Gattung ist möglicherweise synonym mit Pleurolophium. Glossophorum s. Glossoforum. Goodsirea s. Goodsiria. * Goodsiria Robert O. Cunningham in: Tr.-Linn. Soc. London, Volks 27ep: 489.2 1871: Sip: 2 COCA AA Goodsirea Walter Garstang in: Rep. Brit. Ass., 65 Meet. PP 71921895: Der Gattungsname ist präokkupiert (Wright, 1859. Hydr.). Die Gattung ist synonym mit Polyzoa Less. *Gymnocystis Alfred Giard in: Arch. Zool. expér., Vol. I prefs. 1872. Sp.: G. ampulloides, G. comosa. Die Gattung ist synonym mit Caeszra. Gynandrocarpa W.Michaelsen in: Zool., Vol. 31 p. 29. 1900. Sp.: G. placenta, G. p. var. untlaterats, G. p. var. fusca, G. monocarpa, G. Michaelsent, G. lapıdosa, G. (?) borealıs. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 47 * Halocynthia (pro: Cynthia J.C. Savigny 1816) A. E. Verrill ine Js Wier Ss MUS. A VO 2 fo, UC, 1.879: Sp.: 4. pyriformis, H. rustica, A. tuberculum, H. pulchella, H. echinata, A. partita. do MON Michaelsen, Ergeb. DM. Eieisee Exp, Wolk at: 12. 1004. Der Gattungsname ist teilweises Synonym von Pyura, Tethyum und Dendrodoa. Halomolgula Wm.E. Ritter in: Univ. Cal. Publ. Zool., Vol. 4 De 27. 1007. Sp.: H. ovoida. Haploidium s. Aplidium. Herdmania |Subgen.| F. Lahille in: C.-R. Ass. Frang., Sess. 16 Noli 2793 677. 1888. Sp.: — Diese Gattung, mit der die Gattung Rahabdocynthra Herdm. jedenfalls synonym ist, lässt sich wohl nur als Untergattung von Pyura aufrecht halten, falls man es nicht vorzieht, die Gattung mit Pyura zu vereinigen. * Herdmania [non Lahille 1888!] (pro: Abyssascidia W. A. Herd- man 1880 part.) Robert Hartmeyer in: Abh. Senckenb. Ges., Vol 25924. 1900. Der Name wurde später in La/kyascidia (s. d.) abgeändert. * Herdmanvia |non Lahille 1888!] Maynard M. Metcalf in: Zool. bre Ana, Violin 13 pP. 527. 1000; Sp.: 77. bostrichobranchus. Diese Gattung (im Sinne Metcalf’s) dürfte mit Dostricho- branchus zusammenfallen. * Herdmania [non Lahille 1888!] William E. Ritter in: Mark. Anni Vol art.) 12 p. 250 1003. Sp.: A. clavifornus. Der Name wurde später in Zuherdmania (s. d.) abgeändert. Heterocarpa H. de Lacaze-Duthiers et Yves Delage in: Mém. prés. Ac. Frange, Vol. 45 p. 263. 1893. Sp.: 77. glomerata. . 48 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien, Heterotrema Karl Fiedler in: Zool. Jahrb. Syst., Vol. 4 p. 877. 1889. i Sp.: 7. sarasinorum. Hexacrobylus C. Ph. Sluiter in: Tijdschr. Nederl. dierk. Ver. Seieu2 Vol ONp 320 1005: Sp.: 7. psammatodes. Holozoa M. Lesson, Zool. in: Duperry, Voy. La Coquille, Vols2Spart 21, 924392 1830: Sp.: 27. cylindrica. Hyalocynthia s. Halocynthia. Hyalonema s. Hyalosoma. +Hyalosoma Nikolaus Wagner, Wirbell. weiss. Meer., Vol. 1 p. 164. 1885. Sp.: 4. singulare. Hyalonema M. P. A. Traustedt, Dijmphna Udb., p. 423. 1886. Hypobythius H. N. Moseley in: Tr. Linn. Soc. London, ser. 2 Mol 1.p 287: 1870 (1875179): Sp.: MH. calycodes. Hypotythius Max Braun in: Arch. Naturg., Vol. 51 II p. 140. 1885. Hypotythius s. Hypobythius. * Hypurgon Igerna B. J. Sollas in: Quart. J. micr. Sci., Vol. 46 Pe 729. 1003. Sp 2 Skeatı. Ich möchte mich Seeliger anschliessen, der sich gegen die generische Abtrennung dieser Art von Zeflochnum ausspricht. Julinea s. Julinia. *Julinia W. T. Calman in: Quart. J. micr. Sci., ser. 2 Vol. 37 p. 13. 1894. Sp.: 7. australrs. Fulinca C. Ph. Sluiter in: Charcot, Exp. Antaret Krane OTO See 000, Die Gattung ist synonym mit /Zolozoa Less. * Klephtes Johannes Gistel, Naturg. Thierr., p. 174. 1848. i Sp.: Ä. legumen. Die Gattung ist synonym mit Boltenza. Kükenthalia Robert Hartmeyer in: Römer u. Schaudinn, Fauna arctica, v. 3 Lfg. 2 p. 260. 1903. Sp.: A. borealıs. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 49 *Lacinia Emil Selenka in: Z. wiss. Zool., Vol. 17 p. 568. 1865. Sp.: Z. stellijica. Die Gattung ist sehr wahrscheinlich synonym mit Zeplochnum. *Lais Johannes Gistel, Naturg. Thierr., p. VII. 1848. Die Gattung ist synonym mit Pyura. Lendrodon s. Dendrodoa. Lepidium s. Leptoclinum. Leptoclinides Paul Bjerkan in: Bergens Mus. Aarbog, ann. 1905 nr. 5 p. 20. 1905. Sp.: Z. faerdensis. Leptoclinum H. Milne-Edwards in: Mém. prés. Ac. France, Mol 297461818 Sp.: Z. maculosum, L. asperum, L. durum, L. fulgens, L. gelatinosum, L. Listerianum. Lepidium |} pro: Leptoclinum H. Milne Edwards 1841] CI unse ine drishiNat, «Vole Spa 2711. 1,896; Leptoclynum S. Delle Chiaje, Descr. Not. Vol. 5 p. 91. 1841. Leptoctinum Maynard M. Metcalf in: Zool. Jahrb. Anat., Volt} ps5 2y. 1.900: Leptodinum Richard Owen, Lect. comp. An., ed. 2 p. 476. 18355. i Leptoclynum s. Leptoclinum. - Leptoctinum s. Leptoclinum. Leptodinum s. Leptoclinum. * Lioclinum A.E. Verrill in: Amer. J. Sci., ser. 3 Vol. I p. 444. L771 Sp.: Z. viscosum, L. gelatinosum. Die Gattung ist teilweises Synonym von Didemnum Boz Diplosoma. Lissamaroucium C. Ph. Sluiter in: Charcot, Exp. Antarct. Franc. 1903/05, p. IQ. 1906. vl SD Zu masmum: +, *Lissoclinum A. E. Verrill in: Amer. J. Sei, ‚sen Vols P. 444. 1871. : Zool. Annalen III. 4 50 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Sp.: Z. aureum, L. tenerum. Die Gattung diirfte synonym mit Dif sein. Lithonephria s. Lithonephrya. RA * Lithonephrya Alfred Giard in: Arch. zool. exper., Vol. 1 p. 404. 1872. i Sp.: L. complanata, L. decipiens. Lithonephria Ed. van Beneden u. Ch. hi in: Arch. Biol. Vol Ep CI m1884; Diese Gattung ist synonym mit Caeszra. Macroclinum A. E. Verrill in: Amer. J. Sci. ser. 3 Vol. 1 Dp: 292. 1871. Spee Ge. {Mariana Quoy u. Gaimard, Voy. Uranie et Physicienne, Malki AN STE NE SOM CE He Sp.: M. rubrum. * Melanosteum C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 148. 1815. Sp.: — * Meristocarpus M. Antoine Pizon in: Bull. Mus. Paris, Vol. 5 p. 42. 1899. Spas 2. USCUS: Diese Gattung ist sehr aa een synonym mit Caestra. MetandrocarpaW.Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, Vol. 21 p. 69. 1904. Sp.: M. dura. Michaelsenia Willard G. Van Name in: Tr. Connect. Ac., Vole 112938021902. Sp.: M. tincta. i Der Gattungsname |Michaelsena!| ist präokkupiert (Uhde, 1896. Olig.) und durch den Namen Zxsynstlyela ersetzt worden. Microcosmus Camil Heller in: Denk. Ak. Wien, Vol. 37 p. 243. 1877. Sp.: M. vulgaris, M. polymorphus, M. scrotum. . Microsomus C. Ph. Sluiter in: Zool. Jahrb. Syst., Vol. 13 p. 3. 1900 : Microsomus s. Microcosmus. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 5I * Molgula E. Forbes in: Edward Forbes & Sylvanus Hanley, Brit. Moll., Vol. 1 p. 36. 1848 [1848— 1853]. Sp.: M. oculata, M. tubulosa. Mollugula Wilhelm Dahlgrin in: Arch. mikr. Anat., Vol. 58 PROLOMIOOTE Mongula Alder & Hancock, Brit. Tun., Vol. I p. 46. 1905. Der Name ist durch Caeszra zu ersetzen. * Molgulidium Osw. Seeliger in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., Wolt 3. Suppl p. 11742 1607 Sp.: M. cynthiaeformis, M. conchata, et aliae. Die Gattung dürfte mit C/enicella zusammenfallen. Mollugula s. Molgyula. Monandrocarpa W. Michaelsen, Ergeb. D. Tiefsee Exp., WO, 7 je 210 10014 Sp.: M. tritonts. Mongula s. Molyula. Morchellioides William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Nol 12429. 170. 1880. Sp.: M. affinıs. | Morchelloides Charles Maurice in: Arch. Biol., Vol. 8 p. 218. 1888. * Morchelliopsis F. Lahille p. 485. 1886. Sp.: M. Pleyberianus |pro: Amaroucium punctum Giard]. Die Gattung ist von Amarouctwm wohl nicht zu trennen. Morchellium (Subgen.) Alfred Giard in: Wolk i jo 091. 1872; Sp.: 44. argus. Morchelloides s. Morchellioides. Nephtheis Augustus A. Gould, Mollusca in: Exp. Wilkes, Vol. 12 AVID UO ito 52 16 eo Mat: Sp.: — TOculinaria J. E. Gray in: p. 564. 1868. ee Sp Os austnahs: Unsichere Gattung. ima (oe ANS. Sei, Moll ioe Arch. Zool. exper., P. zool. Soc. London, ann. 1868 4* 52 ‚Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Oligotrema Gilbert C. Bourne in: Quart. Journ. micr. Sci., Vol. 47 p. 233. 1903. Sp.: O. psammites. *Oxycorynia Richard v. Drasche in: Verh. Ges. Wien, Vol. 32 De 17521882. Sp.: O. fascicularis. Die Gattung ist synonym mit Nephtheıs. * Pachychlaena (Subgen.) W. A. Herdman in: P. R. Soc. Edinburgh, Vol. 10 p. 461. 1880. Sp.: £. oblonga, P. obesa, P. gigantea. Pachychloena Max Braun in: Arch. Naturg., Vol. 51 II p. 140. 1885. Diese Gattung ist generisch von Phallusıa nicht zu trennen. Pachychloena s. Pachychlaena. Paera s. Pera. : Paessleria W. Michaelsen, Hamb. Magalh. Sammelr., Vol. 1 uni p: 682 1997. Sp.: P. magalhaensıs. Pandocia John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2 p. 511. 1822. Sp.: 2. (Ascidia) conchilega. Paracidra s. Parascidia. Paramolgula M. P. A. Traustedt in: Vid. Meddel., p. 20. 1884. Spare Schulzu: Parascidia (Subgen.) (H. Milne-Edwards manuscr.) M. G. P. Deshayes in: Cuvier, Resne an, éd: 3 Vol ro more u. 3a. as ?]. : P. flava. i Se C. W. Peach in: Quart. Jmicr: Sci. n ser Volai2 p= O62 Toye. Parascidiim E. Lahilte; Rech” Tün,, p.226: 7890: Porascidium Carl Melzi fe Tunicata in: Arch. Naturg., Vol. 69 II p. 8 1908. | sas Parascidium s. Par ascidia. °° Pelneaia s. Pelonaia. Pelonaea s. Pelonaia. Pelonaia John Goodsir & E. Forbes in: Rep. Brit. Ass, Vol 10m p37. kSAr: BAISE) Sa Hartmeyer, Terminologie der. Ascidien. 53. Sp.: ?. corrugata, P. glabra. Pelneaia W. Mac Intosh in: Rep. Brit. Ass., Vol. 36 p. 76. 1867. Pelonaea Woodward, Man. Moll., p. 338. 1856. Pelonaya Georg e Tai Soc. Nat. Pétersbourg, Vol. 23 p. 13. 1892. Pelonia WW. C. Cocks in: Rep. Cornw. Polyt. Soc., ann. 1849 Ds Ws 1850: Pelonaya s. Pelonaia. Pelonia s. Pelonaia. *Pera Stimpson in: P. Boston Soc., Vol. 4 p. 232. 1852. Sp.: P. pellucida. Paera Nikolaus Wagner, Wirbell. weiss. Meer., Vol. 1 p. 155. 1885. Im Gegensatz zu Seeliger, der für die Aufrechthaltung dieser Gattung eintritt, betrachte ich dieselbe als synonym mit Caeszra. Übrigens irrt Seeliger, wenn er den Namen /era für älter hält als Molgula, letzterer wurde 1848, ersterer 1852 aufgestellt. * Pera [non Stimpson 1852!| John Denis Macdonald in: J. Linn. SOC Volo jo, 317.27802. Sp.: P. huxleyi. Der Gattungsname ist praokkupiert (Gray, 1840. Moll.-Stimp- son, 1852. Tun.) und später in Perordes abgeändert worden. Beide Namen sind aber synonym mit Rhodosoma. * Peroides |pro: Pera J. D. Macdonald 1862, non Stimpson 1852| John Denis Macdonald in: Tr. R. Soc. Edinburgh, Vol; 23. p. 179. 1864. Die Gattung ist synonym mit Rhodosoma. Perophera s. Perophora. Perophora Ar. Fr. Aug. SM ian in: Arch. Naturg., Vol. I I p. 309. 1835. Sp.: — Perophera \Nm. E. Ritter in: Univ. Cal. Publ. Zool., Vol. 4 PA 1907: Pherophora Osw. Seeliger in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., Vol. 3 suppl. p. 1080. 1907. i Porophora H. Milne-Edwards, El. Zool., ed. 2 Vol. 4 DAC AS; A K.-B. Reichert in: Abh. Ak. Berlin, am. VE 95 N Ter): ; 54 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Perophoropsis F. Lahille in: C. R. Soc. Hist. Nat. Toulouse, PASO IIS | Sp.: 2. herdmanı. - Peusododidemnum s. Pseudodidemnum. \ Phallusia Jules-Cesar Savigny, Mem. An. s. Vert., Vol. 2 on) TONG. SPP esıllcatı: nigra, arabıca, turcica, . monachus, mamillata, . imtestinalis, . cantina, Phalusia A. S. Orsted, Reg. mar., p. 70. 1844. Thallusia R. Hartmeyer in: Year Book Carnegie Inst., No. 6 Paull Tatoo 7 Phallusiopsis nov. nom. pro: Phallusia Sav. 1816 (part.). Sp.: P. mammallata. Phalusia s. Phallusia. Pharyngodictyon William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Vole 145p. 52571586; Sp.: P. mirabile. | Pherophora s. Perophora. +Phuscaria C. S. Rafinesque, Anal. nat, p. 148. 1815. Spi * Pirena Dini Eil'eminisRhil'Zo0] Volt p. 512.822 Sa VA LACSEA: Pyrena Edward Forbes, Malacol. Mon., p. 58. 1838. ._ Die Gattung ist synonym mit /Wallusta. * Pleurociona L. Roule in: C.-R. Ac. Sci, Vol. 99 p. 614. 1884. Sp. 7. Pdwandsı. Die Gattung ist synonym mit Crozza. Pleurolophium |} A. Giard in: C.-R. Ass. Franc., Sess. 3. (1874) 1875.] F. Lahille in: C.-R. Ass: Franc., Sess: 16 Vol: 2 p. 676. 1888. Sp.: Die i muss vorlaufig als unsicher gelten, fallt aber wahr- scheinlich mit Glossoforum zusammen. ts by ty tute ty ty Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 55 Podoclavella |Subgen.| W. A. Herdman in: P. Liverp. biol. SOC Wolk 5 joy RICO 1890. Sp.: Pi borealis, P. meridionali. Dieser Gattung ist nur der Wert einer Untergattung von Clave- luna einzuräumen. TPodotethis P. Gervais, Dict. univ. hist. nat, Vol. 2 p. 208. 1842. Sp.: — Polizoa s. Polyzoa. Pollicitor s. Polycitor. Pollicitorus s. Polycitor. Pollycitor s. Polycitor. Polyandrocarpa W. Michaelsen in: Mt. Mus. Hamburg, Wolk 21192321902: Sp.: ?. lapidosa. * Polycarpa Camil Heller in: Denk. Ak. Wien, Vol. 37 p. 259. 1877. Sp.: P. varians, P. tuberosa, P. gracilis, P. sabulosa, P. discordea, P. glomerata. Die Gattung ist synonym mit Pandocıa. Polycarpoides M. Antoine Pizon in: Bull. Mus. Paris, Vol. 4 p. 326. 1898. Sp.: P. sabulosum. Die Berechtigung dieser Gattung muss man bis zu einer Revision der Zethyiden-Gattungen auf sich beruhen lassen. - Polychnoides s. Polyclinoides. Polyciclus s. Polycyclus. Polycitor S. A. Renier, Prosp. Vermi, p. 17. 1804. Sp.: Pi botryllus, P. dipartimentatus, P. crystallinus, P. mollissimus. Pollicıtor Oken in: Isis, ann. 1833 p. 524. 1833. Pollicitorus P. Gervais, Dict. univ. hist. nat. Vol..2 p. 208. 10712 RU 56. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. - Poliyciorn KOH. Troschel: in? Asch. Natur AVA p. 156. 1848. Tolycitor R. Hartmeyer in: Year Book Carnegie Inst., No. 6 De aie 1907. . - Polyclinium s. Polyelinum. +Polyclinoides John Denis Macdonald in: Tr. R. Soc. Edin- burgh, Vol. 23 p. 179. 1864. Sp.: — Polychnoides John Denis Macdonald in: Tr. R. Soc. Edin- bureh, ol sp 0178 1804 | Diese Gattung muss bis auf weiteres als unsicher angesehen werden. | Polyclinoides [non Macdonald 1864!] Richard v. Drasche in: Wer Ges: Wien Vole 33) Ip eLIOnmloose Sp.: PB. diaphanum. Diese Gattung, falls sie aufrecht zu halten ist und man nicht vorzieht, sie mit Azzaroucium zu vereinigen, müsste einen neuen Namen erhalten. * Polyclinopsis Rob. Gottschaldt in: Jena Z., Vol. 28 p. 357. 1894. Sp.: P. haeckel. Diese Gattung ist synonym mit .Syrozcum. Polyclinum Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert, Vol. 2 PARISSERISIO! Sp.: ?. constellatum, . saturnıum, . cythereum, . ISTACUM, . hesperium, . uranium. È Polychnium A.S.Renier, Osserv. Zool. Adriat., p. 17 1847. Polyclynum Férussae, Tabl. syst. Moll., p. 46. 1821. Polyclynum s. Polyclinum. Polycyclis s. Polycyclus. Polycyclus M. de Lamarck in: Mém. Mus. Paris, Vol. I p. 338. ISIS. | Sp.: P. Renzeriz. Polyciclus A. Ostrooumoff in: Bull. Ac. St. Pétersb., ser. 5 Vol. 5 p. 82. 1896. i Polycychs Paul Bjerkan in: Tromsò Mus. Aarsh., p. 112. 1908. A 0 a) BS) AS Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 57 {Polystyela A. Giard in: C.-R. Ac. Sci., Vol. 78 p. 1862. 1874. SP Demmin. Unsichere Gattung. Polysyneraton J. T. Nott in: Tr. N. Zealand Inst., Vol. 24 PF3181892% Sp.: P. paradoxum, P. fuscum. MS Mi Lesson, Zool: in Duperrey , er La Coquille, Vol part MD 49741630 Sp.: ?. opuntia. Polizoa W. Michaelsen in: Mt. Mus. cre Volet p. 2. 1004: * Polyzona (pro: Distoma J. C. Savigny 1816) John Fleming, Pal, Zool Viole 2) pr 53. 822. Sp.: Alcyonium rubrum Plancus, Distomus variolosus Gaertner. Die Gattung ist synonym mit Dzstfomus Gaertn. (part.). Porascidium s. Parascidia. Porophora s. Perophora. *Psammaplidium William A. Herdman, Rep. Voy. Chal- lenger, Vol. 14 p. 237. 1886. Sp.: 2. spongiforme, effrenatum, rude, . subviride, . exiguum, . ovalum, . reliforme, flavum. Die Gattung ist durchaus kiinstlich und demnach kaum aufrecht zu halten. Die Arten lassen sich verteilen (ohne Ausnahme?) auf die Gattungen Amaroucium und Apldium. AS U a8 ae ALI] * Pseudodidemnum Alfred Giard in: Arch. Zool. expér., Vol. I p: 656, 1872. Sp.: 2. cristallinum. Peusodo didemnum |sic!| Alfred Giard in: Bull. sci. France Belgique, ser. 3 v. IQ p. 226. 1888. Die Gattung ist synonym mit Diplosoma.. 53 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. . Pterygascidia C. Ph. Sluiter, Siboga Exp., Vol. 56a p. 21. 1904. Sp.: P. mirabalıs. *Pulmonella L. Agassiz, Nomenclat. zool., Index p. 317. 1846. Die Gattung ist synonym mit Aflidium. Pycnoclaveila |Subgen.| Walter Garstang in: J. mar. biol. PUEASS Mi ser, Vol... 2p. 64,5 1801: Sp.: 2. aurilucens. Für diese Gattung gilt das gleiche wie für Podoclavella. Seeliger hält eine Vereinigung mit ‚SZereoclavella für angebracht. Pyrena s. Pirena. ‘ Pyura Giovanni Ignazio Molina, Stor. nat. Chili, Vol. 4 p. 196. 1782. Sp.: 2. chlensis. *Rhabdocynthia W. A. Herdman in: J. Linn. Soc., Vol. 23 (Do 5759.1891° Spies . sacciformis, . mauritiana, . subfusca, . tenuis, . papretensts, complanata, rosea, . pyriformas, . pallida, R. p. var. billitonensıs. Die Gattung ist synonym mit //erdmania Lah. ‘ Rhizomolgula Wm. E. Ritter in: P. Ac. Washington, Vol. 3 Pr 231 001. Sp A axenanıa: : Rhodosoma C.G.Ehrenberg, Spinto Phys., dec. I praef. DS: . 1828. ee ae Sp.: À. verecundum. > Rhodozona Willard G. Van Nam e in: Tr. Connect. Ac. Vo Pp. 335. 1902. Sie AG 0 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 59 _Rhopalaea Philippi in: Arch. Anat. Physiol. Med., ann. 1843 P- 45. Sp.: À. neapolitana. Rhopalana Bo ea hile mac RAC Scie Vols r02/p 1574. 1886. Rhopalea Augustus de Marschall, Nemenclat. zool., p. 149. 1873. Rhopalona L. Roule in: C.-R. Ac. Sci., Vol. 981 pP. 1294. 1884. Rhopalana s. Rhopataea. * Rhopalasia Carl Vogt in: F. A. Brockhaus, Bilder Atl, ANI ZOO red Bj, GO ty 31.1. 27, WSS. Sp.: — i Sehr wahrscheinlich synonym mit Corella. Rhopalea s. Rhopalaea. Rhopalona s. Rhopataea. | Rhopalopsis W. A. Herdman in: P. Liverp. biol. Soc., Vol. 5 p. 148. 1890. Sp.: À. crassa, R. fusca. Sarcobotrylloides (Subgen.) Richard vy. Drasche, Synasc. Rovigno, p. 14. 1883. Sp.: S. superbum. Sarcodidemnoides Asajiro Oka u. Arthur Willey in: Quart. |, DME; Sol, ser 2 Noel. 33 pb 313. 1892: Sp.: S. misakiense. Die Berechtigung dieser Gattung muss von weiteren Unter- suchungen, insbesondere über die männlichen Geschlechtsorgane, abhängig gemacht werden. Schizacus s. Schizascus. *Schizascus Wm. Stimpson in: P. Ac. Philad., Vol. 7 p. 377. 1855. Sp.: S. pellucidus, S. papillosus. Chtzaseus: 3. Th: Proschel in: Arch, Naturg., Vol. 22 II De 171841850: Schzacus ty He evo sic vel vin: Arch: penne: Vol. 34 II = 158. 1808 Die i ist synonym mit Rhodosoma. 60 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien.- NOCH EEO nta Ess Ratinesque, Analımat, (o> SI Srohrd s. Perophora. Sidnium s. Sidnyum. Sidnyum Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert., Vol. 2 a 208. 1816. Sp.: .S. Zurbinatum. Sidnium F.H. Troschel in: Arch. Nature: Vol. 8 II p. 405. 1842. Sydneum John Fleming, Phil. Zool, Vol. 2 p. 514. 1822. Sigellina s. Sigillina. Sigillaria s. Sigillina. Sigillina Jules-César Savigny, Mém. An. s. Vert., Vol. 2 p. 178. 1816. Sp.: S. australis. Szgellina F. H. Troschel in: Arch, Naturg., Vol. 8 Il p. 405. 1842. ; Sigilaria Hermann Burmeister, Handb. Naturg., p. 476. 1837. Sinoicum s. Synoicum. Skaiostyela (Subgen.) C. Ph. Sluiter, Siboga Exp., Vol. 56a Pp. 91. 1904. Sp.: S. scaevola. Sluiteria Edouard Van Beneden in: Bull. Ac. Beda Vol. 14 p. 43. 1887. SPS: 7110rAcollıs: | fStephastoma C. S. Rafinesque, Précis déc. trav. somiol., P33 1814: ’ Spr: Si actımordes: 3 Stereoclavella [Subgen.] W. A. Herdman in: P. Liverp. biol. Soc, Vol. 50ps 161 1800. Sp.: S. oblonga, S. enormıs, S. australes. Für diese Gattung gilt das gleiche wie fiir Podoclavella. Sticla s. Styela. Stolonica H. de Lacaze-Duthiers et Yves Delage in: Mém. prés. Ac. France, Vol. 45 p. DIS: 1893. Sp.: S. aggregata. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 6I _*Stomatropa M. A. Pizon in: Bull. Mus. Paris, Vol. 4 p. 274. 1898. Sp Sos: Diese Gattung muss als synonym mit Paramolgula angesehen - werden. Stycla s Styela. . *Styela John Fleming, Phil. Zool., Vol. 2 p. 511. 1822. Sp.: S. canopus. ; Sicla Ss. Diele Chraje, Deser Net, Veli 30 pag At Stycla Carolus Theodorus Menke, Syn. Moll. Mus. Menk., ed’ 2D jD, 122 NOTO Die Gattung ist synonym mit Zethywm. Styelodes s. Styeloides. -*Styeloides C. Ph. Sluiter in: Natuurk. Tijdschr. Nederl. Ind., Vol. 45 p. 219. 1885. Sp.: S. abranchiata. Styelodes W. Michaelsen in: Zool. Toda. i suppl. 8 D ER2. 1005. Die Gattung ist synonym mit Pandocıa. -*Styelopsis M. P. A. Traustedt in: Vid. Meddel., p. 115. 1882. i Sp.: .S. grossularıa. Diese Gattung ist synonym mit Dendrodoa. Sycozoa M. Lesson, Zool. in: SR Voy. La Coquille, Volt patt 1 p: 436. 1830. Sp.: S. szgzllinordes. : Sydneum s. Sidnyum. Symplegma William A. Hi dmanı Rep. Voy. Challenger, Vol. 14 7 p- 144. 1886. SPE Si viride. — SY ynclavelina s. Synelavella. Synclavella |Subgen.| Maurice liceo in: Ce AGN SEI., ©: Vol. 130 p. 1420. 1900. SPAS Lesson, US GUstrans. - Synclavelina William E. Ritter in: Mark Ann Mol£art. 12 p. 258. 1903. Für diese Gattung gilt das gleiche + wie nuo Podoclavella. Synoecium s. Synoicum. | ai Synoecum s. Synoicum. È 62 Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. Synoicum C. J. Phipps, Voy. North Pole, App. nat. Hist., p. 199. 1774. i SP.: Ss Zurgens. Sinoicum C. S. Rafinesque, Anal. nat., p. 156. 1815. Synoectum Hermann Burmeister, Handb. Naturg., p. 476. 1837. i Synoecum L. Agassiz, Nomencl. zool., Index p. 359. 1846. TSynstyela A. Giard in: C.-R. Ass. Franc., Sess. 3 p. 436. 1875. Sp.: — Systyela Georg Pfeffer, Polarforseh. D. Exp., Vol. 2 p. 470. 1890. Unsichere Gattung. Syntethis s. Syntethys. *Syntethys Edward Forbes u. J. Goodsir.in: Tr. R. Soc. Edinburgh, Vol. 20 p. 307. 1851. Sp.: S. Zebridicus. Syntethis F. H. Troschel in: Arch. Natürg., Vol. 18 I PROS Ta52. Diese Gattung ist synonym mit Drazona. +Syphonotethis P. Gervais, Dict. univ. hist. nat., Vol. 2 p. 207. 1842. Sp.: — Systyela s. Synstyela. Tethio s. Tethyum. Tethyo s. Tethyum. Tethyum Johann Baptist Bohadsch, Anim. mar., p. 130. 1761. Sp.: — Tethio Joannes Ant. Scopoli, Intr. Hist. nat., Index An, p- [7]. 1777: | Tethyo Joannes Ant. Scopoli, Intr. Hist. nat., Index An., Pp. 384: 1777- Thethyum M. G. Cuvier in: Mém. Mus. Paris, Vol. 2 p. 12. 1815. *Tetradidemnum Antonio Della Valle in: Atti Acc. Lincei Mem., ser. 3 Vol. 10 p. 478. 1881. SP.: 22 merme, T. gigas. Diese Gattung ist von Zeploclinum nicht zu trennen. Thallusia s. Phallusia. Hartmeyer, Terminologie der Ascidien. 63 Thethyum s. Tethyum. Thilacium s. Thylacium. * Thylacium J. Victor Carus in: P. Ashmol. Soc., Vol. 2 p. 267. 1850. Spie sylvan, I. aggregatum. Thilacium de Lacaze-Duthiers u. Yves Delage in: Arch. LOOMMeXPerm ser 2 VoIp 20 8060; Die Gattung ist synonym mit den Gattungen Dendrodoa (sylvant) und Sfolonica (aggregatum). Todia s. Fodia. Tolycitor s. Polycitor. “Trididemnum Antonio Della Valle in: Nllem,, sen 3 Wok Io aS. SSI Sp.: 7. Benda, i T. vulgare. Diese Gattung ist von Didemnum nicht zu trennen. "Triglossium |? A. Giard Na]! Le UN es Neche kun 227. 1800. Sp.: — Die Gattung ist von Amaroucium nicht zu trennen und ausser- dem synonym mit Morchellhopsts. Tylobrachion s. Tylobranchion. Tylobranchion William A. Herdman, Rep. Voy. Challenger, Vol. 14 p. 157. 1886. Sp.: 7. speciosum. Tylobrachion Georg Pfeffer, Polarforsch. D. Exp., Vol.2 p.470. 1890. Atti Acc. Lincei Nachtrag zu Seite 32: Statt Zeile 5 von unten: Ap/ydium etc. muss es heissen: Gio. Batta Verany, Cat. an. invert. Genova, p. 12. 1846. Ein fast allgemein vergessener Artikel. Von Dr. Ernst Hartert, Zool. Museum, Tring, Herts., England. n der „Allgemeinen Deutschen Naturhistorischen Zeitung“, im Auftrage der Gesellschaft Isis in Dresden herausgegeben, Neue Folge, Band III, 1857. S. 431—489, er- schien eine Arbeit von Dr. A. E. Brehm, unter dem Titel „Vorläufige Zusammenstellung der Vögel Spaniens mit kritischer Benutzung der bisher von spanischen Ornithologen herausgegebenen Verzeichnisse.“ Diese immerhin sehr wichtige, wenn auch etwas kursorische, und kritisch nicht so durchgearbeitete Arbeit, wie man sie heut- zutage wünschen möchte, ist schon bald nach ihrem Erscheinen nur wenig beachtet worden und von neueren Ornithologen mit wenigen Ausnahmen übersehen worden, und selbst da, wo von Schriftstellern Namen zitiert werden, die in jener Arbeit vorkommen, ist es frag- lich, ob die betreffenden Autoren den Artikel selbst gesehen oder das Zitat nur von anderen abgeschrieben haben. Hätten sie den Artikel benutzt, so könnte man erwarten, daß einer von ihnen wenigstens den Namen ‚„Melanocorypha Apetzu“ entdeckt haben würde. Leider habe auch ich den wichtigen Artikel zu spät, nämlich erst vor etwa zwei Jahren, kennen gelernt, und daraus mit Bedauern ersehen, daß zwei von mir in meinem Werke „Die Vögel der paläarktischen Fauna“ angewandte Namen geändert werden müssen. Ohne auf den übrigen Inhalt der Arbeit einzugehen, will Hartert, Ein fast allgemein vergessener Artikel. 65 ich nur kurz die darin neu mit Diagnosen aufgestellten Namen er- wähnen und einige Bemerkungen daran knüpfen. „Agurlastur.“ Dieser Gattungsname ist p. 436 für den Habichts- adler mit Diagnose aufgestellt, datiert also von 1857 und nicht erst von 1860 wie bisher zitiert wurde. „.Strigiceps murcicus Guirao.“ Mit Diagnose p. 430 als ruß- braune Varietàt des Wiesenweih beschrieben, nach einem Stück in der Privatsammlung des Gymnasialdirektors Guirao in Murcia. „Athene Vidal P. 440 ist unter diesem Namen die spanische Form von Afhene noctua beschrieben. Der Name ist von fast allen Autoren tibersehen worden und fehlt u. a. auch im Cat. B. Brit. Mus. und in Dressers B. Europe. Der Name dal muß für die schwach differenzierte spanische Form des Steinkauzes angewandt werden, der etwas ausgedehntere weiße Zeichnungen auf der Oberseite und ziemlich scharf markierte dunkle Zeichnung auf der Unterseite hat. Kleinschmidt (Falco 1907 p. 65) zitiert » Strix Athene vidali (C. L. Brm.)“, was aber nicht das älteste Zitat ist. Der spanische Steinkauz muß heißen: Athene noctua vidalit Me lie Brehm: » Strix kirchhofu.“ P. 449. Dies dürfte die erste Diagnose von Strix kirchhofi sein. A. E. Brehm legte übrigens ebenso wie sein Vater kein Gewicht auf die geographische Verbreitung, denn er läßt ,,S#72x flammea adspersa Brm.“, ,,Strix splendens Ehrenb.‘, und ,,S#1x kirchhoffu“ als Standvögel nebeneinander in Spanien wohnen, und sagt: ,,Man mag diese Eulen für Arten oder Gattungen!) erklären, wie man will: verschieden sind sie, und sollen später be- schrieben werden.‘ „Cuculus canorus minor.“ P. 444 sagt Brehm, der gemeine Kukuk sei Zugvogel durch das ganze Land. ‚Der in Spanien im Sommer wohnende ist kleiner und dürfte eine andere Gattung 49b. C. canorus minor, nobis, der südliche Kukuk, sein.“ Der Name scheint später nicht zitiert worden zu sein. »Pica caudata melanotos. Auf p. 446 mit lateinischer Diagnose. „Häufig in Mittelspanien und Andalusien.“ Diese Form wurde von . mir in den Vög. der pal. Fauna I p. 21 unterschieden, aber ich zitierte als erstes Zitat: Brehm, Journ. f. Orn. 1858 p. 173. Der 1) Mit ,Gattungen“ bezeichnet Brehm hier seinem Vater folgend, das, was anderweitig damals ,Subspecies“ genannt wurde, wie er auf p. 434 auseinandersetzt. Zool. Annalen III. 5 66 1 Hartert, Fin fast allgemein vergessener Artikel. Fehler hatte nicht gemacht werden können, wenn Vater Brehm statt ,,lxca melanotos nobis“ mit nachfolgender Diagnose die erste Beschreibung seines Sohnes zitiert hatte. „Garrulus garrulus fasciatus.‘ Auf S. 446 beschreibt der Autor den spanischen Eichelhäher. Es ist also kein Zweifel, daß ‘der von mir in den Vög. d. pal. Fauna I p. 30 unter dem Namen Garrulus glandarius kleinschmidtt beschriebene Häher in Zukunft Garrulus glandarius fasciatus A. E. Brehm heißen muß. Ich habe den Namen /asczatus nirgends erwähnt gefunden, als in dem Sammlungsverzeichnis von A. E. Brehm. Dort finden sich die Namen /asciatus und obscurocapillus ohne Beschreibung, aber in der Sammlung befinden sich außer zwei Spaniern auch mehrere deutsche und andre Häher als /ascrafus bezeichnet, während ein andrer Spanier Glandartus vulgaris obscurocapillus genannt ist. Übrigens scheint der Häher in dem waldarmen Spanien selten zu sein, denn außer den drei Stücken der Brehmschen Sammlung habe ich noch kein Exemplar aus Spanien gesehen. „Sılta caesia minor.“ Seite 447 ist die spanische Spechtmeise beschrieben, mit folgender Diagnose: ,,S. caesia vulgari multo minor et in corpore inferiore pallidior, rostroque graciliori.‘‘ Diesen Namen habe ich bereits S. 332 meines Buches in einer Anmerkung als vermutlich verschiedene Form besprochen. Das richtige Zitat fand ich in ‘den ,,;Szizdac Helimayxs, aut S. 176 von Pere des ,, Tierreichs'‘. Es war dieses Zitat, das mich, allerdings ein wenig zu spät, auf die hier besprochene Arbeit aufmerksam machte. „Melanocorypha brachydactyla immaculata Unter diesem Namen ist auf S. 455 eine Varietàt von M. brachydactyla mit wenig entwickeltem schwarzen Fleck an den Halsseiten beschrieben. Der Typus von Murcia und Cotypus von Madrid sind in der Sammlung vorhanden. Das richtige Zitat des Namens zmmaculata fand ich bisher noch nirgends angegeben. »Welanocorypha Apetzii.“ Unter diesem Namen ist S. 455 die südspanische Stummellerche deutlich und unverkennbar beschrieben. Der Name apefzit hat also die Priorität vor dem erst 1873 von Dresser gegebenen Namen Calandrella baetica und die Stummel- lerche Südspaniens muß Calandrella minor apetzu A. E. Brehm heißen. Der Typus wurde von A. E. Brehm am 23. VIII. 1856 bei Murcia erlegt und ist noch erhalten. Auch das andre von A. E. Brehm erwähnte Stück aus „Syrien“ ist in der Breh mschen Hartert, Ein fast allgemein vergessener Artikel. 67 Sammlung vorhanden. Es tragt in C. L. Brehms Handschrift die Bemerkung , Calandrella pispoletta 4 ad. vere. Syrien.“ Alfred Brehm hatte schon ganz richtig erkannt, daß es zur selben Art wie seine apelzı! gehöre, und keineswegs eine drachydactyla sei, aber dennoch ist es nicht ape/zu, sondern gehört zu einer anderen Form, anscheinend zur nordwestafrikanischen Calandrella minor minor. Der Fundort Syrien dürfte wohl falsch sein und das Exem- plar vielleicht aus Algier stammen. Es ist ausgestopft, eine Original- Präparation also nicht mehr zu erkennen; wer es gesammelt hat, ist nicht bekannt, da Vater Brehm den Namen des Sammlers nie auf den Etiketten vermerkte. — Es ist merkwürdig, daß der Name baetica 54 Jahre lang unbeanstandet im Gebrauch war. „Galeria Theklae Auf S. 456 findet sich die erste Be- schreibung dieser Haubenlerche. Sie wurde also schon 1857 be- schrieben und nicht erst 1858 wie allgemein zitiert wurde. Hätte C. L. Brehm (Naumannia 1858 p. 210) die Originalbeschreibung selbst erwähnt, wie man es auch damals schon zu tun pflegte, so hätte dieselbe nicht so lange übersehen werden können. „Curruca orphea griseocapilla. Auf Seite 464 unterscheidet der Autor eine „neue Art“ von C. orphea, weil das ¥ nicht einen schwarzen, sondern auch einen grauen Kopf habe. Dies ist natür- lich ebensowenig eine eigene ,, Art“ wie die Männchen von Sylvia atricapilla, die einen rotbraunen, statt einen schwarzen Oberkopf haben. „Aypolaıs Arıgonis.““ S. 467. Richtig als Synonym von //zpfo- lais opaca im Cat. B. Brit. Mus. V zitiert. »Calamoherpe ambigua S. 467. Wurde bisher wohl niemals zitiert. Ist Synonym von Acrocephalus streperus. „Perdix rubra intercedens.“ Auf S. 472 ist das südspanische Rothuhn unter obigem Namen von dem in ,,Nord- und Mittel- Spanien lebenden P. rubra“ abgetrennt. —- Ob in der Tat geringe Verschiedenheiten zwischen nord- und südspanischen Rothühnern bestehen, kann ich z. Z. mangels genügender Serien nicht fest- stellen. Falls es in Spanien nur eine Form des Rothuhns gibt, ist Caccabis rufa hispanica Seoane, mit unsicherem Publikationsdatum (ero Sherborn, Ann, Mac Nat. Hist 1804 p. 154 und Reichenow, Orn. Monatsber. 1894 p. 161) Synonym von zxler- cedens. Der Name zntercedens ist von Grant im Cat. B. Brit. Mus. XXII als Synonym von Caccabıs rufa erwähnt, hätte also von 5* 68 Hartert, Fin fast allgemein vergessener Artikel. Tschusi in seiner Notiz iber Formen des Rothuhns in Orn. Jahrb. 1904 p. 107 nicht übersehen werden sollen. »Porphyrio Brehm ist ein dem Manuskripte von Herrn Guirao entnommener Name für ein verschlagenes Stück von Porphyrio allenı. Obwohl Herr Guirao ‚in seiner Sorge, daß wir möglicherweise den Ruhm der Entdeckung ihn (sic) entreißen möchten“ an Brehms ,,Ehrgefühl appellierte“, konnte letzterer doch nicht umhin, eine sorgfältige Diagnose der vermeintlich neuen Art zu geben. Guirao beschrieb das Exemplar noch im selben Jahre unter dem Namen Porphyrio variegatus. Larus Graellsi™ ist auf S. 483 beschrieben, und im Cat. B. Brit. Mus. XXV als Synonym von Larus juscus zitiert. Aristoteles und Cuvier. Von {| Prof. Dr. Rud. Burckhardt, Rovigno (Istrien). OHIO ber Georges Cuvier hat sich ein Strom von beinahe einem Dutzend von Lobreden ergossen. Eine Biographie, = die des glänzenden Mannes würdig wäre, besitzen wir nicht: denn Niemand wird die am äußerlichsten klebende Geschichte seiner Arbeiten von P.. Flourens für eine solche hinnehmen wollen. 75 Jahre sind seit seinem Tode vergangen, und wenn auch dieser Zeit- raum hätte genügen können, daß man seine Persönlichkeit näher besehen hätte, so hat doch die Geschichtsschreibung noch nicht ihre Schuldigkeit an ihm erfüllt. Noch sind die Faktoren äußerst dunkel, die auf die Entwicklung dieses Talentes eingewirkt haben; kaum durchsichtiger die Wirkungen, die unmittelbar von ihm ausge- gangen sind. Eine Fläche von Cuviers Wesen erscheint uns be- sonderen Interesses wert, nicht nur, weil sie für ihn selbst charak- teristisch ist, sondern da sie zugleich einen Einblick in ein Stück Geschichte unserer Wissenschaft gewährt. Es ist dies das Ver- hältnis von Cuviers Zoologie zu der von Aristoteles, das wieder- holt und in vielfacher Weise deutlich genug hervortritt, um zu einem eigenen und eigenartigen Problem zu werden. Die Cuviers Auftreten vorangehende Periode der Zoologie war beherrscht von Linné und Buffon. Wichtiger als die weit- gehenden Verschiedenheiten, die diese beiden Häupter in offenen Gegensatz unter sich geraten ließen, ist das Übereinstimmende ihrer Auffassung. Sie knüpfen mit der Beobachtung und Darstellung in erster Linie und fast ausschließlich an die Formerscheinung des ge- samten Individuums an. Für Linné kam die Anatomie als Hilfs- 70 Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. mittel der Klassifikation in beschränktem Maße in Betracht; für Buffon, sofern sie die physiologischen und geographischen Be- ziehungen der Tiere aufklären half. Eine vergleichende Anatomie in dem Sinne, daß die Teile der Tiere eine selbständige logische Ordnung im Dienste der allgemeinen Biologie zu beanspruchen ge- habt hätten, reifte wohl bei John Hunter, Peter Camper, F. Viq d’Azyr, aber sie erfreute sich keiner allgemeinen Beachtung wie die Naturgeschichte Linnés und Buffons. Am Jardin des Plantes persistierte als vergleichender Anatom der alte Mertrud, von dem uns die Geschichte kaum viel mehr als den Namen iiber- liefert hat. In diese Konstellation brachte das Auftreten Cuviers eine bedeutende Verschiebung. Als eines der Hauptmomente, das ihm zu Beginn seiner Laufbahn fast noch mehr als später selb- ständigen Charakter verlieh, ist seine Beschäftigung mit Aristo- teles und seine Betätigung im Sinn seines großen griechischen Vorbildes zu betrachten, an das er sich bewußt und unbewußt an- schloß. Als neunzehnjähriger Hauslehrer weilte Cuvier an der Meeresküste der Normandie und begann seine Zergliederungen niederer Tiere, seine Studien über marine Fauna, die seinen frühen Ruhm begründeten. Damals schrieb er 1788 seinem Freunde Pfaff: „Wirklich bin ich mit Sammeln der Materialen für meine kritische Krebsabhandlung beschäftigt. Ich werde nämlich alles, was Plinius und Aristoteles und Aelianus davon gesagt haben, kommentieren.“ Man bedenke, daf damals die antike Lite- ratur nicht nur wegen der Autorität bei den Vertretern der noch stark literarisch gefärbten Zoologie mitzählte, sondern weil sie auch ihrem Inhalte nach für den auf dem bezeichneten Gebiet Arbeitenden kaum zu umgehen war. Schon im folgenden Briefe entrollt Cuvier den Plan einer all- gemeinen Naturgeschichte, worin die Rolle der Organismen im Haus- halte der Natur und die Einflüsse des Mediums auf die Organismen der Stufenleiter der Lebewesen nach verfolgt werden sollte. Damit schließt er sich noch in den obersten Gesichtspunkten Buffon und Bonnet an. Dann fährt er fort: „Solch ein Werk existiert noch nicht. Beide Werke des Aristoteles, de historia animalium und de partibus animalium, die ich immer mehr bewundere, jemehr ich sie studiere, enthalten wohl einen Teil davon, nämlich die Vergleichung der Arten und mehrere daraus gezogene allgemeine Resultate: es war der erste Schritt zur wissenschaftlichen Bearbeitung der Naturgeschichte und Burckha rdt, Aristoteles und Cuvier. 7 eben weil es der erste war, mußte er noch unvollkommen sein; viele irrige Facta, zu wenig Einsicht in die physikalischen Gesetze sind seine Fehler, aber im ganzen zeigen diese Bücher einen grofen Kopf an“. Bezeichnend genug sind diese Stellen fir Cuviers Entwicklungs- gang. Erst will er die alten Autoren nach seinen Erfahrungen am Material kommentieren: dann sucht er die Verallgemeinerung in der Richtung der seine Zeit beherrschenden Konvention. Dann beginnt er sich in Aristoteles, wohl an Hand der Cannesschen Aus- gabe, zu vertiefen. Dazu mußte ihn wiederum in besonderem Grade das Studium am Meeresstrande anregen, wo sich ihm mutatis mu- tandis das bei Aristoteles am lebendigsten geschilderte Material darbot. Die Tiergeschichte von Aristoteles liefert ihm das Vor- bild für sein erstes zusammenfassendes Werk, das , Tableau ana- lytique‘‘ 1798 und für das viel vollkommenere spätere Règne animal.“ Die Schrift über die Teile der Tiere von Aristoteles wird die literarische Basis für den Plan der Anatomie comparée. So sehr diese in ihrer innern Gliederung der konventionellen Anatomie nach Galen-Vesalscher Manier angeschlossen ist, so ist ja doch die Konzeption des Prinzips, über das ganze Tierreich hin die einzelnen Teile zu vergleichen, dem Geist der genannten Schrift von Ari- stoteles entsprungen und in einem Umfange durchgeführt, wie bei keinem zwischen beiden liegenden Autor. Im Ausbau dieser Dis- ziplin lag eine der stärksten Leistungen Cuviers, so sehr er in dieser Richtung bald von Et. Geoffroy St. Hilaire und den deutschen naturphilosophisch angehauchten Empirikern übertroffen wurde, während er die Zootomie immer mehr wieder in den Dienst der Systematik in erweitertem Linnéschen Sinne stellte. Aber die obige Stelle läßt auch in eine Lücke blicken, die zeitlebens von Cuvier nicht ausgefüllt wurde. Er führt die Zeugungs- und Ent- wickelungsgeschichte nicht an, das dritte und vielfach bedeutungs- vollste Hauptwerk von Aristoteles. Die Vermutung liegt nahe, daß er sie überhaupt damals nicht kannte. Sie kommt auch in seiner Geschichte der Naturwissenschaften kurz weg und nicht so gewürdigt, wie sie jeder Embryologe der Gegenwart würdigte. Auch in seinem späteren Artikel „Aristoteles“ in der Biographie uni- verselle erwähnt er sie nicht einmal. Die Vernachlässigung der Embryologie ist denn auch für sein ganzes späteres Schaffen ein unauslöschlicher Zug geblieben. Wie stark aber die Jugendeindrücke hafteten, beweist der Umstand, daß auch seine intensive Beschäf- 72 Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. = tigung mit der organischen Natur ihn zeitlebens nicht befähigte, sich vom Standpunkt der franzòsischen Materialisten abzulòsen. Auch später erblickte er noch immer in der Unterordnung der Zoologie unter die Physik ein Merkmal fiir die Wissenschaftlichkeit der. letzteren, wahrend er hinwiederum spater gegen die Lehre von der Stufenleiter der Lebewesen Front machte. Hier war seine Achilles- ferse, von wo aus er später sich mit dem Positivismus infizierte. Im Gegensatz zur Ausbildung heutiger Zoologen ist von prin- zipieller Bedeutung die Selbverständlichkeit, mit der Cuvier die antiken Schriftsteller, sowie die der Rennaissance studierte, von denen er in seinen Briefen Gesner, Aldrovandi, Jonston, Matthiolus und Caspar Bauhin nennt, nicht gerechnet Boer- have, Linné und Buffon, die er mehrfach erwähnt. Er stellt sich damit in den Zusammenhang der Tradition. Wohl erfaßt ihn gelegentlich Unwillen über die Nomenclatur der Renaissancebiologen oder über ,,100 Systemmacher‘“ der nachlinnäischen Zeit, oder über Linnés Manier, die er ‚trocken und mager‘ findet oder über die gedankenlose Einteilung Mineralreich, Pflanzenreich, Tierreich. Aber er stellt sich nicht auf den Standpunkt der vornehmen Ignoranz. Entgegen dem Urteile Buffons, der es noch. fertis brachte, Plinius neben Aristoteles auf gleicher Linie zu nennen, schreibt Cuvier: „Den Kompilatoren Plinius möchte ich kaum zu den Naturforschern rechnen. Sein schöner Styl allein kann ihm seine Reputation verschafft haben, aber zum Naturforscher gehört mehr als Styl; es gehört eine gründliche Philosophie dazu und mit diesem Namen wird man die faden, moralischen Anmerkungen nicht be- legen, die Plinius hie und da ausstreut.“ Man sieht, wie stark Cuvier an den herkömmlichen Werturteilen rüttelt; niemals aber verliert er die Kontinuität der Entwicklung unserer Wissenchaft aus dem Auge, auch im Alter nicht. „Und nun gehen wir zur Erneue- rung der Wissenschaften“ ruft er in jugendlichem Ubermut seinem Freunde Pfaff zu. Zum Zwecke dieser Erneuerung betrat Cuvier den Weg durch die sorgfältige Einzelbeschreibung mariner Tiere, insbesondere der Wirbellosen nach äußerer Erscheinung und innerem Bau. Krebse, Mießmuscheln, Napfschnecken, daneben aber freilich auch Wespen kamen zuerst an die Reihe. Dann folgen Fische, Pflanzen. Um jeden dieser Ansatzpunkte kristallisieren aus der unerschöpflichen Formenfülle neue Richtlinien. Der Anatomie der Mießmuschel folgt die der Auster, der Herzmuschel, der Flußmuschel. Die Insekten- Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. 72 studien nehmen einen immer breiter werdenden Raum ein. Ein kurzer Auszug aus Cuviers Diarium halieuticum, der von Actinien und Polypen handelt, läßt uns nur eben ahnen, wie gleichmäßig das Gebiet der marinen Wirbellosen von ihm gepflegt wurde. Über seine Tagebücher ist unseres Wissens bis jetzt noch nichts bekannt geworden, als daß sie noch um die Mitte des letzten Jahrhunderts in Paris existiert haben. Eine seltene Gelegenheit zu einer Trou- vaille ersten Ranges für unsere Kollegen in Paris! Daneben sind in der ersten Periode Cuviers Beobachtungen über Wirbeltiere so spärlich und wenig bedeutend, daß niemand vermuten würde, man habe es da mit dem späteren Schöpfer der Wirbeltierpaläontologie zu tun. Die Fühlung Cuviers mit Aristoteles blieb aber im wesent- lichen die durch die Äußerungen seiner Jugendzeit bezeichnete. Das Studium desselben Materials knüpfte bleibende Bande. Cuviers Enthusiasmus für den Stagiriten erkaltete nie und mit den von ihm angegebenen Tatsachen hat er sich stets auch in späteren Arbeiten auseinandergesetzt, insbesondere bei Anlaß der Mollusken und Fische. In beider Schriften gehören zum materiell eigenartigsten beider die Anatomie der Fische, der Cephalopoden, der Gasteropoden, der Echinodermen, die Gebiete, die es unmöglich machen, zu glauben, daß Aristoteles bloß auf Tradition hin berichtet habe. Darüber, wie weit die Anlehnung Cuviers an sein Vorbild im speziellen ein bewufites war, wissen wir nichts Genaues. Immerhin bleibt beachtenswert, wasMrs. Sarah Lee in ihrem Nachruf auf Cuvier mitteilt. Sie sagt nämlich, die Sektion eines Calmars (Loligo vul- garis), also eines jener von Aristoteles ausführlich geschilderten Cephalopoden, sei auch für Cuvier der Ausgangspunkt seiner Ana- tomie der Mollusken geworden. Zu einem eingehenden und kritischen Studium von Aristoteles gelangte Cuvier aber nicht. Nirgends spricht er sich über die Wertverhältnisse der verschiedenen Teile von Aristoteles Biologie unter sich und im Vergleich zu seiner Philosophie aus. Je mehr Cuvier in Gegensatz zu Et. Geoffroys Richtung kam, umso weniger kam es ihm darauf an, die obersten Prinzipien kritisch zu entwickeln oder Aristoteles vom Standpunkt der Philosophiege- schichte näher zu treten. Er zog vor, Dogmen zu schaffen und Tat- sachen zutage zu fördern. Er herrschte. Die Zootomie diente ihm nur noch zur Begründung der Systematik. Daher brach er auch mit der vergleichenden Anatomie eigentlich ab, sofern sie sich nicht 74 Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. zu diesem Zwecke eignete. Durch das Jahrzehnt der Wirren hatte Frankreichs Zoologie eine beklagenswerte Einbuße erlitten. Cuvier selbst schildert in seiner Geschichte der Ichthyologie aufs anschau- lichste die Unterbrechung, die der Zuwachs der Pariser Sammlungen erfuhr, als kein französisches Schiff mehr sich auf den Ozean wagen durfte und die Kolonien verloren gingen. Vor Napoleons Größe hatte Cuvier kapituliert und schmeichelte sich im Gedanken, der zweite Aristoteles dieses zweiten Alexanders zu sein. 1814 soll Napoleon ihn sogar mit der Auswahl geeigneter Lektüre für seinen Sohn beauftragt haben. Aber Joh. Gottlob Schneider, der in kaum übertroffener Weise Zoologie und Philologie in sich vereinigte, hat sich verrechnet, als er seine mustergiltige Ausgabe der aristo- telischen Tiergeschichte (1811) Cuvier widmete, in der Meinung, dieser möchte sich zu einer Realkritik des klassischen Werkes der Zoologie entschließen. | Die Äußerungen des alten Cuvier über Aristoteles sind schwer zu beurteilen. Im Streit mit Et. Geoffroy wirft er dem Gegner Unkenntnis des Aristoteles vor. Außerdem ließ Cuvier sich nur noch in seinen historischen Vorlesungen über ihn ver- nehmen. Der Bericht über diese Vorlesungen hat seine eigne Ge- schichte. Als Cuvier sie abhielt, nahm sogar die Pariser Tages- presse von ihnen Notiz und erstattete darüber Bericht. Die ,,Ge- schichte der Naturwissenschaften“ erschien aber als posthumes Werk, herausgegeben von Magdeleine de St. Agy (1841—45), ohne daß Cuvier den Anfang des Manuskripts einer Revision unterzogen hatte. Es ist gewiß für uns nicht unzeitgemäß zu erfahren, daß Cuvier mit seinen Kursen über die Geschichte genau wußte, was er wollte. Laurillard verrät uns, er habe seine Schüler damit vor bodenloser Spekulation bewahren wollen ‚Il voulait mettre les jeunes gens en garde contre cette tendance qu’il regardait comme funeste.‘“ Jedenfalls kann aber Cuvier für den Wortlaut des Textes von Magdeleine de St. Agynicht verantwortlich gemacht werden. Sonst könnte nicht in vollem Widerspruch mit der oben zitierten Stelle aus einem Brief an Pfaff Cuvier in der „Geschichte“ sein Urteil über Plinius dahin modifiziert haben, daß er sagte: ,,Pline, favori et ami de Vespasien, écrivit alors son Histoire naturelle, ouvrage qui n’est pas moins remarquable parmi les Latins que celui d’Aristote chez les Grecs‘ (p. 260). Auch wird er schwerlich be- hauptet haben, wie p. 143 steht, daß die Zeugungs- und Entwick- lungsgeschichte von Aristoteles nur zwei Bücher gehabt habe, Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. 75 statt fünf. Man mag daher billig fragen, ob es böswillig oder kritik- los von Lewes gewesen sei, wenn er bei seinem grotesken Tat- sachenfanatismus über die Vorrede zu Cuviers Vorlesungen ein- fach hinweggeht, wo Magdeleine de Saint Agy sagt: ,,Dans les legons qui embrassent l’antiquité et le moyen-àge cette fidélité d'expression ne m’a pas été possible, parce que, comme on le sait très bien à Paris, ces leçons n’ont pas été sténographiés: je les ai faites d'après des notes analytiques et en puisant aux mêmes sour- ces que le professeur‘. Nicht minder zeigte es wenig Verständnis von demselben Autor, wenn er gar nicht auf den Gedanken kommt, daß der Vortrag eines solchen Stoffes mit weit auseinanderliegenden Positionen vor einem französischen Publikum unmöglich die Nüchtern- heit einer gelehrten Abhandlung haben konnte. Cuvier wußte wohl selbst am besten, warum er seine Geschichte der Naturwissen- schaften nicht zu einem gedruckten Werk abschloß. Die Berichterstattung von Magdeleine de St. Agy ist also gewiß nur mit größter Vorsicht zu benützen und verbietet jede wörtliche Analyse, wie sie Lewes ganz unnôtigerweise unter- nommen hat. Über die rhetorischen Übertreibungen und die Erzählungen vom Schicksal des Aristoteles und seiner Schriften hinweg läßt sich doch entnehmen, daß Cuvier die Naturwissenschaft von Aristoteles als Teil von dessen Philosophie eingliederte, ohne aber dabei zu eigenen Urteilen zu gelangen. Auch jetzt noch hält er die Tiergeschichte für das Hauptwerk. An ihr interessiert ihn besonders der Sinn für die Korrelation der Organe, die Klassifikation in Linné’s und seinem eigenen Sinne, nämlich die der Individuen zu größeren Gruppen, dann aber hauptsächlich eine Menge von zootomischen Tatsachen, die Cuvier zum Kriterium aristotelischen Scharfsinns erheben will und zwar stets nur mit Bezug auf spätere anatomische Kenntnisse oder auf die zoologische Klassifikation, ins- besondere da, wo sie ihn fesselt. In diesem ganzen, sich beständig wiederholenden Verhalten Cuvier’s, auf das man aus dem Texte, ohne Cuvier Gewalt anzutun, schließen darf, liegt der notorische Fehler Cuvier’scher wie jeder auf eine bestimmte Aktualität zu- geschnittener Geschichsauffassung. Er teilt übrigens mit all seinen Vorgängern und vielen seiner Nachfolger das mangelhafte Ver- ständnis für die beiden anderen naturhistorischen Hauptwerke von Aristoteles; wegen überraschender Tatsachen ist ihm immerhin noch die Zeugungs- und Entwickelungsgeschichte bemerkenswerter geworden, als sie ihm wohl früher war. Namentlich ist Cuvier 76 Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. bereits so ganz auf die biologische Systematik eingestellt, die nur in der Klassifikation der Arten besteht, daß er die ganze übrige Systematik der Biologie, wie er sie in seinen eigenen empirischen Werken vernachlässigt, bei Aristoteles gar nicht wahrnimmt, trotzdem es eigentlich die systematische Macht ist, die ihm bei Aristoteles so gewaltig imponiert. Um all das zu sehen und zu erkennen, daß das Verhältnis von Aristoteles zu seinem Stoffe das Wesentliche ist, das tertium comparationis auch, durch das er ihm selbst so kongenial erscheint, dazu war Cuvier bereits zu sehr im Fahrwasser des Positivismus eingelaufen. Nur noch instinktiv hielt er an den Urteilen seiner Jugendzeit fest! Die Cuvier’sche Auffassung von Aristoteles ist von natur- historischer Seite nie angefochten, aber auch nie gefördert worden. Beherrschte Cuvier schon die ganze nachfolgende Zoologie bis auf uns in solchem Grade, wie es tatsächlich der Fall ist, wie viel mehr erst die Zoologiegeschichte! Besonders interessant ist die Analogie in der späten Entwickelung der wissenschaftlichen Persönlichkeit beider, von Aristoteles so- “wohl, wie von Cuvier. Wir haben diesen mit der fast einzigen Verbreiterung seiner empirisch gerichteten Tätigkeit an philosophischer Kritik und Gestaltungskraft nicht zunehmen sehen. Seine Allgemein- urteile werden immer mehr wiederum konventionelle, bestenfalls skeptisch angehauchte. Bei Aristoteles tritt derselbe Prozeß ein, nur in entgegengesetzter Richtung. Statt des Zuwachses der Erfahrung auf Grund des von ihm so lebhaft betonten anatomischen Prinzips, sinkt er in den späteren Schriften, als welche wir die „Leile“ und die „Entwickelungsgeschichte“ zu betrachten haben, in die Philosophie Plato’s zurück. Sowie die Bereicherung seiner Er- fahrung nachließ, gewann die poetisch - konstruktive Kraft des Platonismus die -Oberhand. Das Bedürfnis nach systematischer Abrundung ließ die empirischen Schosse nicht weiterwachsen und die Spekulation überwucherte. Deshalb auch gelten die letztgenannten Schriften für philosophisch wertvoller, weil die heutige Philosophie ja noch immer von Plato beherrscht ist. Aristotelisch genuin bleibt aber vielmehr die ältere Tiergeschichte, nach Abstrich ihrer letzten drei Bücher. Und noch ein gemeinsamer Faktor greift ins Leben beider ein und damit auch in ihre Wissenschaft. Cuvier’s starken politischen Neigungen kam die Gelegenheit, an der Reorganisation Frankreichs le _ mitzuarbeiten, willkommen. Nicht nur verstand er es, die Wissen- Burckhardt, Aristoteles und Cuvier. 707 schaft bei seiner Regierung dauernd zu akkreditieren in einem Umfange, wie es der Zoologie vorher nie beschieden war. Er schuf die neuen Formen, in denen der Unterricht und zum Teil auch der Kultus sich bewegte. Aristoteles’ Tätigkeit ging auch viel- fach ins Gouvernementale. Sein politischer Einfluß ist schwer abzuwägen; doch ist sicher, daß die Politik ihm in anderer Weise als Cuvier, am Ausbau der Wissenschaft selbst hinderlich wurde. Gemeinsam bleibt ihnen der tragische Zug, daß sie die als richtig erkannten Prinzipien nicht in voller Breite ihrer Erfahrungen durch- führen konnten und daß daran größtenteils ihre auf Entfaltung sozialer Energieen gerichtete Neigung schuld war. Das Forscherleben keines anderen modernen Naturforschers hat soviel inneren Zusammenhang mit dem von Aristoteles auf- zuweisen, wie das Cuvier’s. Daher läßt auch keines so vie] . Analogien mit dem des Stagiriten zu, bei allen noch so großen Differenzen. Trotz moderner Vielschreiberei und Buchdruckerkunst sind wir doch über die entscheidenden Wendungen in Cuvier’s Entwickelung wenig informiert; nur da und dort fällt Licht auf wichtige Momente. Man könnte die Frage aufwerfen, warum wohl Cuvier’s Leben so wenig bekannt sei. Er selbst war ausge- sprochener Verstandesmensch, verhielt sich in Hinsicht auf seine eigene Person rein instinktiv und fürchtete wohl auch die Unvoll- ständigkeit autobiographischer Materialien. Seinen Zeitgenossen war er ein glänzendes Meteor, nach dessen Entstehung und Beschaffen- heit niemand zu fragen wagte. So lebt er für uns nur noch in seinen Schriften. Glücklicher als Aristoteles, dessen literarische Produktion sich in wenige Jahre am Ende des Lebens zusammen- drängte, nicht zu reden von deren späteren Schicksalen, hat Cuvier sich von frühester Jugend an rückhaltlos auf dem betretenen Felde zu betätigen Gelegenheit gehabt. Schon darin war eine Haupt- bedingung zu all dem gegeben, die hinwiederum beide Hauptver- vertreter der induktiven Logik auf dem Gebiet der organischen Naturforschung so vielfach voneinander scheidet, daf wir diese Verschiedenheit nicht aus dem Auge lassen dürfen, auch wenn wir den Wert ihrer Übereinstimmung für die weitere Entwickelung unserer Wissenschaft anerkennen. Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. Von { Prof. Dr. Ed. v. Martens (Berlin). © I. Allgemeines. ie ie in der gegenwartigen europàischen Sprache tiblichen Namen fiir die Tiere sind ihrem Ursprung nach verschiedener Art. Die altesten und dem vergleichenden Philologen am interes- santesten sind diejenigen, welche altes Eigentum der Volkssprache seit Menschengedenken sind, meist einfach wie Wolf, Hirsch, Kuh, Gans, Fisch, Wurm und nichts anderes aussagend oder bedeutend als eben das betreffende Tier und jedem bekannt, der tiberhaupt die Sprache versteht. Man kann sie als Stammnamen bezeichnen; sie sind natürlich nur für solche Tiere vorhanden, welche dem betreffenden Volke von jeher als niitzlich oder schadlich von Interesse waren, daher zahlreich für Säugetiere und Vögel, weniger für Reptilien und Fische und ziemlich spärlich für wirbellose Tiere, und zwar bezeichnen sie bei den höheren Tieren meist nur eine ganz be- stimmte Art oder doch nur mehrere unter sich ganz verwandte, bei den Haustieren sogar nur ein bestimmtes Geschlecht oder Alter (Ochse, Kuh, Stier, Kalb, Füllen), dagegen bei den niederen Tieren seltener nur eine Gattung (Biene, Floh), meist größere Abteilungen (Käfer, Schmetterling, Schnecke). Eine Ähnlichkeit solcher Namen zwischen den verschiedenen Sprachen ist oft unerkennbar und hat neben dem gleichen Verhältnis bei Namen menschlicher Körper- teile, Verwandtschaft und einfacher Geräte die europäischen Sprach- forscher seit einem Jahrhundert darauf geführt, anzunehmen, daß die meisten und wichtigsten europäischen Sprachen von derjenigen Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 79 eines gemeinsamen Urvolkes, des sogen. arischen oder indogerma- nischen, abstammen, eine Sprache, deren nächste uns noch schriftlich erkennbare Nachkömmlinge in dem indischen Sanskrit und dem iranischen Zend vorliegen; diese stehen also zum Altgriechischen und Lateinischen, zum Gotischen des Ulfilas und dem ältesten Slawischen (Kirchenslawischen) im Verhältnis der Tante zur Nichte, zu den gegenwärtigen Kultursprachen Europas in dem einer Groß- tante. Um die Übereinstimmung zu erkennen, muß man in vielen Fällen einigermaßen die mehr oder weniger regelmäßige Vertauschung kennen, welche manche Laute (Buchstaben), namentlich die Schlag- laute (mutae, k, p, t und g, b, d) und Aspiraten (ch, ph oder f, th, bezw. ß) in der Abtrennung und Weiterbildung einzelner Sprachen erfahren haben, die sog. Lautverschiebung z. B. zwischen dem Hoch- deutschen und Plattdeutschen (weten und wissen, ick und ich), welch letzteres hierin auf der Stufe der nordgermanischen Sprachen: Schwedisch, Dänisch, Holländisch und neueres Angelsächsisch (Eng- lisch) steht. Zuweilen ist die Änderung eines Namens, während die Bedeutung dieselbe bleibt, so stark, daß man ohne die Kenntnis von Mittelgliedern die ursprüngliche Gleichheit gar nicht erraten könnte, z. B. Wolf, altnordisch vargo und lupus, (Mittelglieder griech. Aöxos, altslawisch vluku, russisch wolk, zend vehoka) oder Kuh und bos (sanskrit go). Wer an der Möglichkeit einer solch starken Umänderung desselben Wortes zweifeln wollte, den kann man auf ein schlagendes Beispiel verweisen, das französische eveque und das deutsche Bischof, die auch keinen einzigen Buchstaben miteinander gemein haben, im Anlaut und Auslaut ganz verschieden sind und doch beide unzweifelhaft durch Abwerfen einer vorderen oder hin- teren Silbe und Umänderung eines oder zwei Konsonanten aus dem griechisch-lateinischen episcopus entstanden sind (Mittelglied das italienische vescovo) und zwar im Lauf von kaum tausend Jahren oder etwa 33 Generationen. Den ursprünglichen Sinn solcher alten gemeinsamen Tiernamen aufzufinden, d. h. den Grund, warum das Tier gerade so genannt wurde, dürfte in der Regel nicht mehr möglich sein; die Sanskrit- forscher sind geneigt, alle Worte auf sogen. Verbalwurzeln, ein- silbige Zeitwörter von oft sehr weiter Bedeutung zurückzuführen, aber bei den Namen für Tiere, welche eine charakteristische Stimme haben, dürfte auch mehr, als manche Philologen glauben, eine mehr oder weniger glückliche Nachahmung dieser Stimme durch mensch- liche Laute im Spiele sein, z. B. ursus und dgxros, Bär, Fink und So Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. fringilla, Gans, Frosch, rana und Pdreaxog, wie ja auch unsere Kinder gern die Tiere nach ihrer Stimme benennen, Mu und Ma, Wuwu und Kikeriki. Fiir derart lautnachahmende oder lautweckende Namen hat man den etwas unbequemen technischen Ausdruck onomato- poetisch. Dieselben sind auch, solange die Nachahmung im Be- wußtsein des Sprechenden bleibt, nicht der regelmäßigen Lautver- schiebung unterworfen, so z. B. Kukuk, englisch cuckow, lateinisch euculus, griechisch zxdxxv§, und es bleibt oft fraglich, wie weit sie gemeinsamen Ursprunges sind oder in jeder Sprache unabhängig neugebildet. Eine andere Kategorie bilden die bezeichnenden oder be- schreibenden Namen, deren Sinn noch aus der lebenden Sprache klar hervorgeht, seltener einfache Worte, eine Tatigkeit bezeichnend, wie Würger oder Stößer, franz. le combattant für Machetes pugnax, meist zusammengesetzt, wie Schwarzkopf, Rotkehlchen oder Rot- briistchen, Bachstelze, Wippsterz, wagteil, hoche-queue und mota-cilla, diese vier letzteren in verschiedenen Sprachen dieselbe Bewegung des Schwanzes bezeichnend. Oft sind es Stammnamen mit einer näheren Bezeichnung als Vorsilbe wie Blaumeise, Griinspecht, Stein- adler, Halbente; in diesen steckt schon der Keim der Systematik, denn man mufite schon den generellen Begriff Meise oder Ente haben und mehrmals blaue oder solche, die nur halb so grof wie die andern, gesehen haben, um Blaumeise und Halbente eine blaue Meise, eine halbgroße Ente zu sagen, eine Feinheit der Unter- scheidung, welche den romanischen Sprachen in der Regel nicht möglich ist. Hierher gehören gewissermaßen auch die Namen, welche Ähnlichkeit mit einem Gegenstand ganz anderer Art be- zeichnen, wie Mönch und Nonne für verschiedene Vögel wegen des Farbenkleides, französisch lavandiere, Wäscherin, für die Bachstelze, vieille, altes Weib für die bunten, zahnlückigen Lippfische u. dgl. Alle diese bezeichnenden Namen können wohl relativ alt sein, aber reichen nicht über die Abtrennung der betreffenden Sprache zurück, eben weil sie in dieser noch einen Sinn geben; sehr oft sind sie auch nicht in dem ganzen Gebiet ihrer Sprache üblich, sondern nur in einzelnen Gegenden und Dialekten. Diesen schließen sich wiederum in verschiedenen Abstufungen solche Tiernamen an, die nur bei gewissen Klassen der Bevölkerung, wie bei Jägern, Vogel- stellern und Fischern gebraucht und verstanden werden, sozusagen Handwerksnamen. Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. SI Alle die genannten haben gemeinsam, daß sie in der eigenen Sprache erwachsen und früher gesprochen als geschrieben wurden. Ihnen gegeniiber stehen die zwei vielfach unter sich gemeinsamen Klassen der aus fremden Sprachen entlehnten und der von Ge- lehrten fiir ihre Schriften neugebildeten Bichernamen; deren Anzahl hat in neuerer Zeit ungemein zugenommen durch die Aus- dehnung unserer Kenntnis tiber die Tierwelt der ganzen Erde und die neuere systematische Nomenclatur, welche für jedes einigermaßen strukturell von anderen verschiedenes Tier oder Pflanze ein eigenes lateinisches oder latinisiertes Wort verlangt. Auch schon von den alten Griechen und Römern wurden Tiernamen aus fremden Sprachen des Orients aufgenommen, weil sie eben keinen eigenen dafür hatten, z. B. diejenigen des Tigers, Kamels und Elephanten; diese Namen erhielten aber sofort eine dem Griechischen und Lateinischen entsprechende äußere Form, da sie zunächst durch den Verkehr in den Sprachgebrauch und dann erst in die Schrift aufgenommen wurden und die Alten überhaupt keine Freunde von Fremdwörtern waren, die schon in ihrer äußeren Form, namentlich der Endung, sich als solche kennzeichnen. Diese Namen wurden später auch in die neueren Kultursprachen übergenommen und teilweise wiederum lautlich assimiliert, wie französisch chameau, holländisch tijger und olifant. Im Mittelalter waren die späteren griechischen und lateini- schen Autoren die Hauptquelle des wissenschaftlichen Erkennens, das Lateinische blieb die gemeinsame Schriftsprache der Gelehrten und die Volkssprachen entwickelten sich unabhängig davon in anderen Kreisen, so daß die Einführung von Fremdwörtern als Tier- namen keine große Rolle spielte, aber doch vorkam (paon, Pfau von pavo), häufiger aber für Pflanzen, da die als Heilmittel angepriesenen auch den Laien bekannt werden mußten. Eine Ausnahme bildet der Regensburger Domherr Conrad von Megenberg, der in seinem „Buch der Natur‘‘ 1349/50 den damaligen Bestand des Wissens über natürliche Dinge auch den kein Latein kennenden Laien zugänglich machen wollte und zu diesem Zweck die griechisch-lateinischen Namen von Tieren, für welche er keine deutschen vorfand, in kühner Weise verdeutschte, z. B. ankrätel für onocrotalus, eib für ibis; er fand keine Nachfolge und mit Recht, denn was der großen Mehr- zahl der Deutschen nicht zur Anschauung kam, dafür brauchte es auch keines deutschen Wortes. Mit dem Wiedererwachen der eigenen Forschung und der Ausdehnung der Kenntnis über die fremden Erdteile wuchs die Zahl der zu unterscheidenden, bis da- Zool. Annalen III. 6 82 Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. hin namenlosen Tierarten mehr und mehr; lange behalf man sich, so gut es ging, mit Umschreibungen oder den auch übers Meer kommenden Fremdwértern, bis ungefahr gleichzeitig in der zweiten Halfte des achtzehnten Jahrhunderts Buffon und Linné eine feste gleichmäßige Regel für die wissenschaftliche Benennung der Tiere anstrebten. Buffon, der franzòsisch schrieb und weniger an andere Nationen dachte, wollte im Prinzip fiir jede Tierart ein eigenes ein- faches Wort; wo er ein solches in der franzòsischen Sprache vor- fand, benützte er es, wo nicht, da modelte er ein aus fremden Sprachen stammendes Wort soweit um, daß es den Franzosen mundgerecht wurde, womöglich den einheimischen Namen des Tieres in seinem Vaterlande, z. B. congonar aus dem brasilianischen cuguacuara bei Marcgrave, serval aus dem portugiesischen lobo cerval, Hirschwolf, d. h. Luchs, im Notfall aber auch geographische und ethnologische Namen, wie mangabeg und talapoin. Für die Säugetiere konnte er das ziemlich durchführen und da sein angenehm zu lesendes Werk in die meisten europäischen Sprachen übersetzt wurde, so sind die von ihm eingeführten Namen bald in den populären Naturgeschichten der europäischen Kulturvölker allgemein üblich geworden, z. B. Gib- bon. Aber schon für die Vögel versagte diese Methode, man mußte zu Namen von 2—3 Worten greifen, z. B. aigle de Pondichery, beccarde a ventre jaune, geay bleu de Canada, und zu den niedri- geren Tieren gelangte Buffon gar nicht mehr. Adanson, welcher bei seiner Beschreibung der an der Senegalküste beobachteten Schal- tiere Buffons Prinzip verwenden wollte, mußte für die meisten der- selben neue willkürliche Buchstabenzusammenstellungen erfinden, nur für wenige konnte er Namen aus den dortigen Negersprachen er- halten. Linné schon als Schwede mehr auf die Ausländer Rücksicht nehmend, blieb beim Lateinischen als der internationalen Gelehrten- sprache, obgleich dasselbe schon damals bei den Franzosen und Engländern sehr in Abgang gekommen, und beschränkte die Anzahl neu einzuführender Worte dadurch, daß er stets eine Anzahl wesent- lich übereinstimmender Tiere unter einem und demselben Gattungs- namen zusammenfaßte, auch wenn die Volkssprache eigene Namen für dieselbe hatte, wie Pferd und Esel, Rebhuhn und Wachtel, und dann die Arten durch ein zweites dem ersten nachfolgendes Wort unterschied. Der Gattungsname mußte ein einzelnes lateinisches oder latinisiertes Wort sein, das weder sonst im Tierreich, noch auch bei den Pflanzen und Mineralien als Gattungsname wieder- Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 83 kehren durfte, auch nicht in den angewandten Naturwissenschaften (Medizin, Technologie) als stehender Ausdruck vorkommen sollte (Philosophia botanica, ed. 4 Spengel § 230 und 231). Der hinzuge- fügte Artname, als nähere Bestimmung gedacht, war meist ein Eigen- schaftswort (Adjektiv), seltener ein Substantiv im Genitiv (Papilio cardui, Aphis rosae) oder auch in Nominativ als Apposition, wo ein einfacher Name für diese Tierart schon vorhanden (Canis lupus, Turdus merula), nur ausnahmsweise zwei Worte, die dann aber einen konventionellen Begriff ausdrückten (Asterias caput Medusae, Voluta auris Midae). Der Artname darf nicht innerhalb derselben Gattung, aber wohl in verschiedenen Gattungen sich wiederholen, da er eben nur durch Vorantritt des Gattungsnamens Tierbezeich- nung ist. Dieses System von Doppelnamen (binäre Nomenclatur), unterstützt durch scharfe und kurze, wie in Lapidarstil gehaltene Kennzeichnung der einzelnen Gattungen und Arten gab der Tierkunde eine solche Übersichtlichkeit und (zum Teil scheinbare) Leichtigkeit, daß diese Art der Benennung bald von den Gelehrtenkreisen aller euro- päischen Kulturländer angenommen wurde. Nur hatte der Umstand, daß die Benennung so fest mit den zeitweiligen systematischen An- sichten des Namengebers zusammenhängt, auch den Nachteil, daß infolge genauerer Kenntnis des Tieres, namentlich auch seines inneren Baues, und der Entdeckung zahlreicher sich enger aneinander schließender Arten der Umfang der Gattung verändert, meist ver- kleinert wird und damit auch der Name sich ändern muß, ein Nach- teil, den die Buffonsche Namengebung nicht hat. Zu Linnes Zeit konnte ein einigermaßen guter Kopf, der sich der Naturgeschichte widmete, alle Gattungsnamen einigermaßen kennen und wenigstens eine ungefähre Anschauung von dem betreffenden Wesen haben: jetzt ist das schon lange nicht mehr möglich und der Specialist hat Mühe innerhalb einer einzigen Klasse oder Insektenordnung sich auf dem Laufenden zu erhalten, da jährlich so und so viel neue hinzukommen, wie denn die Nordamerikaner neuerdings offen die Regel aussprechen, daß jeder Unterschied im Bau eines Tieres (each structural difference), also genau genommen jeder Unterschied mit Ausnahme der auf Farbe und absoluter Größe bestehenden die An- nahme einer eigenen Gattung, also auch eines eigenen Namens rechtfertige. Es ist daher gegenwärtig bei Neubildung eines Gattungs- namens die erste und größte Sorge, ob derselbe nicht schon ,,ver- geben“, d. h. schon von einem andere Autor für eine andere Tier- gattung buchstäblich gleich eingeführt sei. 6* 84 Martens, Über Tier-Namen in den europäischen Sprachen. Zuweilen hat man auch in der deutschen Sprache die Linné- schen Regeln in der Benennung der Tierarten allzustrenge befolgen wollen: Schwarzdrossel für Amsel mag noch angehen, da es in ein- zelnen Gegenden volkstiimlich sein mag, Gartenammer ftir Ortolan (Emberiza hortulana) ist schon ziemlich gewagt, aber Nachtsanger und rotbriistiger Sanger (Berge um 1840) fiir Nachtigall und Rot- briistchen, kleines Rebhuhn fiir Wachtel, Birkenwaldhuhn ftir Birk- huhn ist recht überflüssig und gekünstelt. Gewissermaßen zwischen den volkstiimlichen und den Biicher- namen steht eine eigentümliche Klasse von Benennungen, deren ursprüngliche volkstümliche Etymologie ganz vergessen und später durch eine falsche ersetzt wurde, welche dann auch auf die Schreib- art des Namens einwirkte; Linné nannte sie nomina quasimodo- genita, gleichsam wiedergeborene, und die Philologen nennen diesen Fall Volks-Ethymologie. So war der keltische Name des nunmehr ausgestorbenen Brillen-Alks, Alca impennis pen-gwyn, weißes Auge, wegen des weißen Fleckens über dem Auge, (Steen- strup) und ging als solcher auch von germanischen und romanischen Seefahrern gebraucht; die bücherschreibenden Naturforscher des 17. Jahrhunderts aber, unbekannt mit den keltischen Sprachen, leiteten die Namen von lateinisch pinguis, fett, ab und schrieben daher Pinguin, verdeutschten es mit Fettgans und übertrugen die Be- nennung auf einigermaßen ähnliche des Fluges nicht fähige Vögel in den kältern Meeren der südlichen Erdhälfte, die Aptenodytes. Bewußt machte Linné derartige Latinisierung bei einigen Pflanzen- namen, z. B. Anona vom malayischen bua (Frucht) nona, angelehnt an das lateinische annona, Jahresnoting, Ernte; ebenso Cheiranthus (vom arabischen keii) und Musa, Thea. Die bunte Mannigfaltigkeit der Linnéischen und der neueren wissenschaftlichen Tiernamen in betreff ihrer Entstehung und wört- lichen Bedeutung denke ich in einem späteren Artikel kurz zu schildern: hier mögen dagegen noch an einigen Beispielen gezeigt werden, wie die alten volkstümlichen Namen in den verschiedenen Sprachen unter einander verwandt sind und wie fremde Namen für die ausländischen Tiere in die europäischen Kultursprachen aufge- nommen wurden, im Anschluß an ähnliche philologisch-historische Betrachtungen, die ich in der Zeitschrift „Der Zoologische Garten“ Jahrgang 1869—1872 gegeben habe. Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 85 II. Biber. Der Biber war früher in Mitteleuropa viel weiter verbreitet und häufiger als gegenwartig; er steht als größtes Tier seiner Ordnung (Nagetiere) in Europa auf dem Aussterbeetat. Dementsprechend finden wir in allen mitteleuropäischen Sprachen einen eigenen ein- heimischen Namen für denselben und zwar wesentlich dasselbe Wort im Germanischen, Slavischen und Romanischen: althochdeutsch Bibar seit dem neunten Jahrhundert nachweisbar (vielleicht auch keltisch nach dem Ortsnamen Bibracte bei Cäsar), lithauisch bebra, lettisch bebris, altslavisch bebru, russisch, polnisch, tschechisch und slawonisch bobr, in Krain pibra, rumänisch breb, mit der für R häufigen Umsetzung zur Erleichterung der Aussprache breb; das zweite B ist zu F oder V umgewandelt schon im mittelhoch- deutschen biver oder bivor im elften’ Jahrhundert, im angelsäch- sischen beofor oder befar, englisch beaver und holländisch bever, dem altnordischen bifr, schwedisch bafver und dänisch bäver, im keltischen befer, kornisch und beabhar gälisch, womit das seltenere französische bièvre, das spanische bevaro, altspanisch befre und das italienische bivaro, bivero übereinstimmt; ganz ausgefallen ist das zweite B in der altnordischen Form biör, bjor (isländisch Biberfell) und dem heutigen in der schwedischen Provinz Smaland üblichen bjur. Der anlautende Konsonant scheint ver- ändert im esthnischen kobras (engl. bobr), vielleicht auch im gälischen dobran oder dobharan, was aber auch den Fischotter bezeichnet. Ein entsprechendes Wort babhru, findet sich schon im Sans- krit, soll aber in den indischen Ichneumon (ZZerpestes griseus) be- zeichnen (??), ihm entspricht in der Zend-sprache bawri und dieses soll richtig der Name des Bibers sein. Man leitet es durch eine Art Reduplikation von der Wurzel bhar, tragen, her, weil der Biber Baumzweige zu seinem Bau herbeitrage, was wie manche andere Wurzelableitungen etwas gesucht ist. Der Name scheint also ur- sprünglich indogermanisch, daher all den genannten Sprachen ge- meinsam, und spricht dafür, daß die Indogermanen aus einem Lande stammen, in dem es Biber gibt oder gab; bei der Auswanderung nach Indien hätte das Sanskrit-Volk dann ihn auf ein einigermaßen ähnliches Tier übertragen. Das lateinische fiber bei Cicero und Plinius 8,30 (47), und 32,3 (13) gehört der regelmäßigen Lautver- schiebung nach ebenfalls hieher, vgl. fagus, deutsch Buche und 86 Martens, Über Tier-Namen in den europäischen Sprachen. sanskrit bhar, lateinisch ferre, gotisch bairan, woher unser Bahre. Da der Biber in Siideuropa nicht vorkommt, so kannten ihn die Römer nur als ausländisches Tier (Pontici fibri bei Plinius loc. cit.) und dementsprechend sind die oben erwahnten spanischen und ita- lienischen Namen wohl auch nur aus den verwandten nördlicheren Sprachen entlehnt. Die frühere weitere Verbreitung des Tiers be- zeugen übrigens auch verschiedene Ortsnamen, wie Biberach in Schwaben (nicht allzuweit davon, bei Ulm wurde noch 1828 und 1834 ein Biber gefangen), Bebra (im 12. Jahrhundert Biber-aha) in. Hessen, das Flüsschen Bievre unweit Paris, vielleicht auch die von Cäsar erwähnten Bibracte im Lande der Äduer, jetzt Beray d’Autun (Dep. Saone et Loire) und Bibrax im Lande der Remer, jetzt Braine oder Bresne und das alte Bibrocium in England (Brandes). In Eng- land ist der Biber urkundlich bis ans Ende des 12. Jahrhunderts (1188) nachweisbar, in Schottland bis 1520, in Frankreich kam er noch in unserem Jahrhundert an der Rhone, in Deutschland stellen- weise an der Donau, an der mittleren Elbe und an der Möhne in Westfalen vor. Die Benennung Castor, welche Linné als Gattungsname be- nützte, findet sich schon bei Herodot 4, 109, wo das Land der Budmer (nach v. Bär die Umgegend von Nishni-Nowgorod) ge- schildert wird, dann bei Aristoteles 8, 5, und Plinius identifiziert dieses Tier ausdrücklich mit seinem fiber. Der Name scheint aus dem Orient zu stammen, wo er auch für Moschus und Zibet ge- braucht wird, z. B. wird in Eng.-Indien die Zibetkatze kasturi ge- nannt (nach Elliot); das starkriechende als Heilmittel gerühmte Exkret dieser Tiere hat ohne Zweifel die Übertragung des Namens von dem einen auf den andern veranlaßt; falsch ist jedenfalls die lateinische Ableitung von castrare und die damit zusammenhängende Fabel, daf der Biber, um vor seinen Verfolgern sich zu retten, selbst sich die ,,Geilen‘‘ abbeiße. Stammfremd sind noch innerhalb Europa die folgenden Namen für den Biber: 1) keltisch in Wales afange oder avane auch lost-lydan gälisch los-leathan) Breitschwanz, 2) finnisch maja oder majawa, esthnisch bei Dorpat majaja, lappisch majäg, bei den Syrjänen moi, 3) tatarisch-kirgisisch und auch armenisch kendus oder kun- dus, in der Bucharei chungus, womit das magyarische hod zusammenhängen diirfte. Martens, Ùber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. ] 87 Der bei Aristoteles a. a. O. genannte Zara$ läßt sich nicht wohl auf ein anderes Tier als den Biber beziehen; der Name findet aber keinen Anklang in den uns bekannten Sprachen. III. Hase und Kaninchen. Der Hase hat in Europa drei weit verbreitete Namen ent- sprechend den drei hauptsächlichen Sprachstämmen, einen griechisch- romanischen, einen germanischen und einen slavischen. I. Griechisch Z@ywòs bei Homer Iliad. XXII, 310, später Zay®s, Aristoteles hist. an. IX 32, 33 und VIII 128, noch später A@yög (Athenaeus deipnosoph. IX, 62); lateinisch lepus, gen. leporis, Virg. georg. I 308 „auritus“ in einer Stelle bei Horat. sat. II 4, 44 als femininum. Die strengen Philologen sind allerdings nicht geneigt, die etymologische Gleichheit beider Stamme zuzugeben; die Vertauschung des gutturalen Schlaglauts mit dem labialen ware allenfals zuzugeben wie bei Adxog und lupus, açvu (equus) und aspa (tog), aber daß es in der einen Sprache eine media, in der anderen eine tenuis ist, macht die Sache bedenklich und ebenso dafs im Griechischen keine Spur des r vor- kommt, das im Lateinischen doch zum Stamme gehört, wie die Um- formungen in den modern-romanischen Sprachen zeigen: italienisch lepre (fem.), portugiesisch lebre (fem.), spanisch liebre (fem.) dagegen französisch lièvre (masc.), venezianisch lievro und rhätoromanisch liever, dekoromanisch (rumänisch) jepur oder epurele. Aber die sonstige Übereinstimmung sowohl in der Form als in der Bedeutung des Wortes macht doch die etymologische Übereinstimmung sehr wahrscheinlich; im altgriechischen Aayw-ög scheint ein Konsonant ausgefallen, doch wahrscheinlicher s als r. In einzelnen Teilen der griechischen Halbinsel ist eine mit dem lateinischen übereinstimmende in alter und neuer Zeit nachweisbar: Aenoois äolisch-böotisch statt Aayog nach Varro de re rust. III 12, womit auch Asßnoides oder Asßeides, bei Strabo II 144 für das Kaninchen, mit Anlehnung an das gut griechische 4870, Schlangen- haut, und das heutige albanesische (epirotische) liepure. Die nieder- ländisch-deutsche Tierfabel hat den Eigennamen des Hasen Lampe offenbar aus dem Französischen (lapin) entlehnt, wie Nobel für den Löwen und Kreyant für den Hahn. Diejenigen, welche gerne auf sanskritische Wurzeln zurückgehen, haben sehr verschiedene für den griechischen Namen herausgesucht, und ebendeshalb keine mit befriedigender Sicherheit, so laegh, 88 Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. springen, woher auch gotisch laikan, springen, tanzen (Curtius) oder lag, schlaff, weich, woher griechisch Auyagög schmächtig, weich und Aayov, die Weiche (inguen), vielleicht auch Aayvös, voluptuosus, lateinisch languidus und laxus {A. Fick). Für lepus hat Curtius als fundamentalen Unterschied von Aay@g auf etymologischen Zu- sammenhang mit griech. Adurteıw, leuchten, hingedeutet, aber das Hasenfell leuchtet eben nicht, sondern hat entschiedene Schutz- färbung. Die lateinischen Worte abstrakter Bedeutung lepor, feiner Witz und lepidus, nett, artig, vom Namen des Hasen abzuleiten, gleichsam Hasensprung und weich wie ein Hase, dürfte bei aller Buchstabenähnlichkeit doch sehr kühn sein; näher liegt, wenigstens für das letztere. eine Verwandtschaft mit griech. Asrızös, dünn, zart. 2. Das deutsche Hase läßt sich als althochdeutsches haso bis ins IX.—X. Jahrhundert zurückverfolgen, has bei Conr. v. Megen- berg 1350, holländisch haas, norwegisch jase, sächsisch-sieben- bürgisch hoos, und ist auch ins Französische als la hase für das weibliche Tier aufgenommen. In den nordgermanischen Sprachen findet sich ein r statt des s: altnordisch heri, angelsächsisch haru, englisch, dänisch und schwedisch hare. Welcher von beiden Buch- staben der ältere, ursprüngliche, dürfte schwer zu entscheiden sein. Einen ähnlichen Wechsel beider Buchstaben finden wir innerhalb des Neuhochdeutschen selbst bei frieren; gefror neben Frost und Friesel; der Vergleich mit alteren Sprachformen: mittelhochdeutsch friesen, gefror, angelsachsisch frysan, altnordisch frjosa, fraas, frerin deutet hier auf Prioritàt des s, wenn auch in einzelnen Formen schon r vorkommt; die Analogie mit Hase und hare ist aber des- halb nicht vollkommen, weil bei frieren das erste r einen Einfluß auf Entstehung oder Erhaltung des zweiten r haben kann, was bei hare wegfällt. 3. Anscheinend wiederum ganz verschieden sind die slavischen Namen: russisch und krainisch Saez, saiz, polnisch zajac, tschechisch zajic. Damit stimmt das lettische sakkes, das wogalische scheschan und das schoschoi der Zigeuner. Ohne Zweifel hängt diese Be- nennung mit dem sanskritischen gagas, sprich sasas, Hase, zu- sammen, noch heutzutage bei den Mahratten sassa oder sussur für den indischen Zepus nıgrzcollis. Dieses wird auf eine Sanskrit- Wurze! gak, eilen, zurückgeführt, woher littauisch szokti, springen, hüpfen und kirchenslavisch (altslavisch) skakati, tanzen. Hier wurde also der Hase entschieden als der Eilende, der Springer ge- kennzeichnet und es ist möglich, daß dies auch die ursprüngliche Martens, Ùber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 89 Bedeutung des germanischen Hase ist, da umlautendes sanskritisches ¢ öfter dem germanischen h entspricht, und dann ist der Name des Hasen bei den Germanen und bei den die Zischlaute liebenden Slaven etymologisch dasselbe. 4. Die keltischen Namen, welche für den Hasen angegeben werden, lassen sich sowohl unter sich, als mit den bisher genannten schwer zusammenreimen, daher ist es besser, nicht näher darauf einzugehen. Ganz verschieden von den bisher besprochenen, sind das magyarische nyul, das zu lappländisch niommel, mordwinisch nümola und ostindisch nja gehört, das finnische und estnische janes und selbstverständlich das hebräisch-arabische arneb. Das Altgriechische hat noch eine eigene poetische Bezeich- nung für den Hasen, nro&, die ursprünglich ein schmückendes Bei- wort (epitheton ornans) sein soll, der furchtsame, sich duckende, und ein entsprechendes Zeitwort mr@ooew, wozu als aktive Form sırnooeıv in Schrecken setzen, gehört: bei Homer, Iliad. XXH 310 kommt dasselbe als Beiwort in Verbindung mit 4aywòs, Hase, vor, aber auch für sich allein in einer anschaulich malerischen Stelle, Iliad. XVII 676, daf der unter dichtbelaubtem Busch liegende mrw§ nicht dem scharfen .Auge des Adlers in der Höhe entgehe; und dadurch veranlafit auch bei einzelnen späteren Dichtern; dagegen findet sich dasselbe Wort bei Äschylus, Eumenid. 315 wieder in seiner ur- sprünglichen Bedeutung für den vor den Furien flüchtenden Orestes. In ähnlicher Weise soll das russische Wort russak, womit oft kurzweg der Hase bezeichnet wird, nach Pallas aus trussak, der furchtsame, entstanden sein, während andere es als der rote oder als prussak, der preußische, erklären, im Gegensatz zu dem nörd- lichern weißwerdenden Schneehasen, Zepus varıabılıs. Dieser letztere war als Bewohner der Alpen zwar nicht den alten Griechen, aber doch den Römern bekannt (Varro de re rustica II 12, Plinius VII 55,81), hatte aber so wenig wie gegenwärtig einen eigenen volkstümlichen Namen, wenn nicht etwa, wie einige angeben, russak oder prussak bei den Russen den veränderlichen Hasen bedeuten soll. Bei den Romanen und Germanen galt und gilt der Hase all- gemein als gute Speise (inter quadrupedes mattea prima lepus Mar- tial XIII 92; vielerlei Bereitungsweisen bei Athenaeus deipnosoph. IX 31; Trattoria del lepre in Rom des jüngst verflossenen Jahr- hunderts), dagegen galt und gilt er als unrein und verboten nicht nur bei den Israeliten (Levit. 11, 6; Deuteronom. 14, 7), den Syrern 90 Martens, Ùber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. und Tiirken, (Russell 1797, Tristram 1868), und bei den Abyssiniern (Schimper) sondern auch bei den alten Bewohnern der schweize- rischen Pfahlbauten (Rütimeyer) und bei den Mexikanern (Gemelli Carreri 1697). Dagegen essen ihn die Araber in Syrien und Palä- stina und die Rothäute in Kanada. Bei den Hottentotten war er den Männern verboten, den Weibern erlaubt (Kolbe 1719). Eine rationelle Erklärung dafür zu finden ist schwer, vielleicht fürchtete man, daß das Essen des Hasenfleisches die Männer hasenherzig . mache, wie umgekehrt manche Vélkerstàmme glaubten durch Ver- zehren der getöteten Feinde ihre Kraft sich anzueignen. Kaninchen, die erste Erwähnung eines derartigen Namens novinhog findet sich bei Polybius XII 8 um 204 n. Chr. nach dem zweiten punischen Krieg als eines kleinen, auf Sardinien hausenden, im Boden grabenden Tieres; dann lateinisch cuniculus bei Zeitgenossen Caeser’s, Varro de re rustica III ı2, Catull 25,1 und 37,18, später bei Martial XIII 60 und Plinius VIII 55,81, xovıxÄos, zovvixios, xovvidos oder zxévizios im späteren Griechischen, wie Strabo II 2,6, Aelian hist. an. XIII 15 und Athenaeus IX 63 (bei Pozzuoli), überall als eines kleinen, aber massenhaft auf- tretenden, aus Spanien stammenden Tieres; und derselbe Name ist dem Kaninchen in der Mehrzahl der europäischen Sprachen bis zur Gegenwart geblieben; italienisch coniglio, spanisch conejo, portugiesisch coelho, provenzalisch conin oder conil, altfranzösisch connin (bei Gesner 1551) keltisch in Cornwales kynin, in Wales (kymoisch) cwningen, auf den Orkneyinseln cuning, gälisch coinin, englisch selten coney (Shakespeare Coriolan IV 5) oder cony, mittel- hochdeutsch conol in Prager Glossen aus dem XI. Jahrhundert, aber von der h. Hildegard 1150 und Conr. v. Megenberg 1350 nicht erwähnt, neuhochdeutsch Kaninchen seit Luther!), mit zahlreichen Variationen wie Karnickel, Künlein, Külle, Kül-Hase, in der Schweiz Küngeli, holländisch konijn, dänisch und schwedisch kanin, lettisch kannikis. Das russische und polnische krolik scheint durch Miß- verständnis sein r erhalten zu haben, indem man Küngeli (cuniculus) als Königlein auffaßte und daher mit krolik von slavisch krol wieder- gab. Der Name erscheint meist als Fremdwort, mit dem Tiere 1) Anm. Luther hat wahrscheinlich die wilden Kaninchen schon als Knabe in der Umgegend von Eisleben, wo sie noch jetzt zu finden, mit Interesse beobachtet, wie sie so flink in ihre Löcher schlüpfen, und ist daher umsomehr zu entschuldigen, daß er das hebräische saphan für Hyrax syriacus, „ein schwaches Volk und doch legt es sein Haus in den Felsen an“ mit Kaninchen übersetzte. Martens, Ùber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 9I selbst erst in späterer Zeit in dem betreffenden Lande heimisch geworden. Zwar nicht der sprachgelehrte Varro, aber doch Plinius geben an, dafi nicht nur das Tier, sondern auch der Name cuniculus aus Spanien stammt und dazu stimmt, daß dieser Name in der alten Literatur gerade dann zuerst auftritt, als die Romer sich in Spanien festgesetzt hatten (Polybius war ròmischer Gefangener und schrieb rômische Geschichte); und Heighton (Ann. Mag. nat. hist. [4] II 1869 p. 179—183) führt als Stiitze fiir den Ursprung des spanischen Namens an, daß eine Völkerschaft Kovveot und eine Stadt Kowotogyedis in Spanien in der alten Literatur vorkomme, derartige Laute also dem Iberischen nicht fremd seien. Eine gewisse Schwierigkeit liegt nur darin, daß cuniculus bei den Römern auch der technische Ausdruck für einen unterirdischen Gang, eine Mine und als solcher schon bei Livius V 19 in der Erzählung der Eroberung Vejis 396 vor Chr. vorkommt; daß Soldatenwitz die Mine einen Kaninchenbau nennen konnte, ist an sich einleuchtend, aber dann müßte man schon lange vor ihrer Fest- setzung in Spanien den Namen von dort erhalten oder früher einen anderen Ausdruck für eine solche Mine gehabt haben, welcher später spurlos verschwunden wäre, beides ist nicht recht wahr- scheinlich; ebensowenig möchte ich aber annehmen, daß das Wort cuniculus in der Bedeutung Mine altlateinisch schon zur Zeit der Etrusker-Kriege gewesen und erst später, nach der Bekanntschaft mit Spanien, von der Mine auf das Kaninchen übertragen worden wäre; schon die Diminutivform paßt besser auf das kleine Tier, als auf den doch längeren unterirdischen Gang. Dieses führt uns zu einer dritten Möglichkeit, die Annahme spanischen Ursprungs sowohl für das Tier als für den Namen zu verwerfen und ersteres als ein an verschiedenen Mittelmeerküsten alteinheimisches zu betrachten. Cuniculus ist nämlich nicht die | ältest-nachweisbare Benennung des Kaninchens, sondern das griechische daovrovs (Dichtfuß, Wollfuß) bei Aristoteles, also zur Zeit Alexanders des Großen; es wird durch ein Vorhandensein von Haaren unten an den Füßen und innen im Munde, sowie durch die Fort- pflanzungsverhältnisse, namentlich Superfötation als ein vielfach mit dem Hasen übereinstimmendes Tier gekennzeichnet, aber nur ein- mal, Hist. an. VIII 28 in demselben Kapitel mit dem Hasen erwähnt und auch hier nicht unmittelbar an derselben Stelle; überdies rührt dieses 8. Buch nach der Ansicht tüchtiger Kritiker überhaupt nicht von Aristoteles selbst her. Das Wort 4Zay@s, Hase, findet 92 Martens, Ùber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. sich in dessen Tiergeschichte nur an 3, in seiner Schrift, de partibus anim. an einer Stelle und in de generatione anim. gar nicht, wahrend daovmove in diesen Schriften 16mal (beziehungsweise II, 4 und I mal) vorkommt, mit manchen anatomischen Einzelheiten; es muß also dem Aristoteles leichter zu anatomischen Untersuchungen zugänglich gewesen sein, da seine Schriften wesentlich nach ana- tomisch-physiologischen Gesichtspunkten geordnet sind. Einige haben daher geglaubt, daovmovg sei nur eine andere Benennung für den Hasen, aber es wäre doch sonderbar, wenn Aristoteles in dem- selben Buche zweierlei Namen für dasselbe Tier an verschiedenen Stellen gebraucht hätte, ohne die Identität anzugeben. Ent- scheidend aber ist, daß Aristoteles hist. an. VI 33 (in anderen Ausgaben 35) ausdrücklich sagt, daß die neugeborenen Jungen des dacdrovs blind seien; das pafst nicht auf den Hasen, wohl aber auf das Kaninchen. wie schon Cuvier in der Pariser Ausgabe der die Tiere betreffenden Bücher des Plinius von Ajasson de Grandsagne 1827 ausgesprochen hat. Die klare Zusammen- stellung des Namens daovrovs deutet allerdings darauf hin, daß das Wort jünger ist als Aay&g, das mit lepus stammverwandt, also graeco- italisch sein dürfte, aber dennoch können wir aus Aristoteles ersehen, daf’ das Kaninchen schon vor irgendwelchem Einfluß der Römer auf Griechenland in letzterem lebte und leicht in Mehrzahl zu bekommen war, gewissermafsen schon Versuchskaninchen war, also nicht erst aus Spanien durch die Römer nach Griechenland gekommen. Merkwürdig ist nur, daß der Name dacvrou bei den späteren Griechen ganz verschwindet, also von dem lateinischen Wort verdrängt worden ist. Die Kaninchen haben sich von jeher gern auf kleineren Inseln stark vermehrt, wahrscheinlich weil ihnen da keine Gefahr von vier- füßigen Raubtieren droht. Erhard (Fauna der Cycladen 1858) macht darauf aufmerksam, daß von den Inseln des griechischen Archipels die einen nur Hasen, die anderen nur Kaninchen haben, beide sich also gegenseitig ausschließen; wie er auch auf einer eigenen Karte darstellt, finden sich Kaninchen auf Kythnos, Gyaros, der südlichen Hälfte von Andros, ferner Seriphos, Kymolos, Delos, Mykonos und Polyandros, während dagegen auf Keos, der nördlichen Hälfte von Andros, auf Syra, Tenos, Melos, Siphnos, Paros und Naxos, also durchschnittlich den größeren Inseln des Archipels, nur Hasen, nicht Kaninchen leben. Es dürfte interessant sein, diese Angaben mit denen des berühmten Botanikers Tournefort zu Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 93 vergleichen, welcher im Jahr 1700 die meisten Inseln des Archipels besuchte; er stimmt damit überein, daß beide Arten auf den einzelnen Inseln sich ausschließen und auf Naxos nur Hasen, auf Thermia (= Kythnos), Delos und Mykonos nur Kaninchen vor- kommen, erwähnt solche aber auch von Antiparos, über welche Insel Erhard nichts sagt. Der Besitzstand scheint sich also für die einzelnen Inseln in den dazwischenliegenden 1!/, Jahrhunderten nicht geändert zu haben. Das neuere Französische und das Englische haben die von cuniculus abgeleiteten Namen aufgegeben, vielleicht wegen ihrer Ähnlichkeit mit cunnus, franz. con, und sagen dafür franz. lapin mit der Verkleinerung lapereau, englisch rabbit. Ersteres erinnert auffällig an den Namen des Hasen, Lampe, in der niederdeutschen Tierfabel und es liegt nahe, darin eine Ableitung von lepus zu finden, allerdings unabhängig von liévre. Diez (etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprache II 1862 S. 365) bestreitet das allerdings und sucht den Ursprung in einem vorausgesetzten clapin, von dem Zeitwort clapir, sich verkriechen, ähnlich wie das fran- zösische loir aus einem vorausgesetzten gloir von lateinisch glis, gliris. Der eine von Diez gemachte Einwand gegen die Ableitung von lepus, das Fehlen des zum Wortstamm (leporis) gehörigen r wird durch die Verkleinerungsform lapereau entkräftet. Das englische rabbit auch schon bei Shakespare (loves labour lost III 1) ist doch wohl nur Entstellung von lapin; | und r stehen sich ja phonetisch nahe, eine Ableitung von lateinisch rapidus, reißend schnell, wie ältere eng- lische Philologen schon vorgeschlagen, scheint doch zu künstlich. — Unerklärt bleibt noch das lateinische laurices für junge Kanichen bei Plinius VIII 55, 51 und das portugiesische lousa für Kaninchenhöhle, in welch’ beiden Worten wir auch wieder das anlautende | finden. ‚Das heutige spanische gazupo, junges Kaninchen, woher auch gazapina Schwarm, Gesindel, ist vielleicht ein letzter Nachklang des altgriechischen Dasypus, indem wir unter den jetzigen spanischen Tiernamen manche finden, welche auffällige Ähnlichkeit mit alt- griechischen haben und auf den Einfluß griechischer Ansiedelungen zurückzuführen sein dürften, so z. B. golondrina, Schwalbe, mit xelıdov, galapago, Schildkröte, mit yéAve und xeAovn, nutria, Fisch- otter mit &vvdeıs. Den Buchstaben noch näher liegt allerdings das seltene lateinische Wort gausapa, wolliges Kleid, rauhe Decke, das wir gerade bei zwei römischen Schriftstellern, die in Spanien ver- kehrten, Varro und Martial, finden. O4 Martens, Über Tier-Namen in den europäischen Sprachen. Mebrere osteuropàische Sprachen bezeichnen das Kaninchen einfach als zahmen Hasen oder aus dem Ausland übers Meer ge- kommenen Hasen, so siebenbürgisch Mier-Huosen, magyarisch tengre- nyul (tengre, Meer), analog dem deutschen Meerschweinchen für Cara cobaya, rumänisch jepxo de kasze (Lepus casae), wie wir im Deutschen zuweilen Stallhase sagen. Endlich sei noch als Kuriosum erwähnt, daf der etymologisch noch nicht gentigend erklarte Name Spanien, den wir von den Römern (Hispania) erhalten, auch mit den Kaninchen in Verbindung gebracht worden ist, indem Kichenmeister (Denk- schriften der naturwissensch. Gesellschaft in Dresden 1864) annahm, die nach Spanien gekommenen Phönizier hätten die dortigen Kaninchen für den bei ihnen im Libanon heimischen Saphan (//yrax) gehalten, umgekehrt wie Luther, und danach das neu entdeckte Gebiet Land der Saphane genannt, woraus dann das römische Hispania entstanden; Mommsen dagegen erklärt es als entstellt aus dem griechischen Hesperia, Abendland. IV. Caviiden. Da alle Tiere dieser Familie amerikanisch sind, finden sich in in den europäischen Sprachen nur von dort entlehnte oder ganz neu- gebildete Namen für dieselben. Zu den ersteren gehört zunächst cavia, wahrscheinlich mit ¢ savia zu sprechen, nach Marcgrave (1643 allgemeine Benennung der Brasilianer für die kleineren minder- wertigen Tiere, ,,Cavia autem Brasiliensibus nomen est commune omnibus silvestribus Ratos de mato, ut Lusitani appellant‘, noch nicht von Linné aber von Pallas als zoologischer Gattungsname fiir die jetzigen Caviiden, aber mit Einschluß des altweltlichen Hyrax, verwendet. Cavia cobaya Brasiliensibus nennt Marcgrave eben- da das zahm gehaltene Meerschweinchen ausdrücklich seine eigen- tümliche Färbung erwähnend, ,,variegata diversimodo maculis albis nigris et rufis“, während er das wildlebende einfarbige in einem eigenen vorhergehenden Artikel als ,,Aperea Brasiliensibus‘ aufführt; man nahm daher an, daß cobaya die spezielle einheimische Be- nennung sei, aber Azara, der in Paraguay großenteils dieselben Tiernamen der Tupi-Sprache wiederfand, welche schon Marcgrave im nördlichen Brasilien aufgezeichnet, sagt, daß coba kein Tiername sei, sondern nur bedeute ,,das ist‘, cavia cobaya also ‚das ist eine cavia“. . Die Namen Paca (Coelogenys), Aguti!) oder Acuti 1) Anm. Aguti wird auch 1654 von Dutcotre und 1658 von Rochefort bei der Beschreibung der Säugetiere Westindiens gebraucht. Martens, Über Tier-Namen in den europäischen Sprachen. 95 (Dasyprocta), bei Linné Mus leporinus, und Capybara (bei Linné Sus hydrochoerus, jetzt als Gattung Hydrochoerus |Wasserschwein]) sind ebenfalls in Brasilien einheimische, durch Marcgrave 1648 in die europàische Literatur eingeführt und namentlich durch Buffon sanktioniert, die beiden letzteren auch bei den deutschen Einwan- derern in Siidbrasilien als Guti oder Cotia und Capivara gebrauch- lich; aperea als prea (Hensel 1866 und v. Jering 1896); acuchy bei Buffon fiir eine andere Art von Aguti aus Gagana ist wahr- scheinlich nur dialektische Variation von Aguti, ebenso acare, gegen- wartig in Venezuela fiir das Aguti (Ausstellung von 1886), Capiggona bei Azara und capivard bei dem französischen Reisenden Froger (1695), capivari solche von capybara, cabiai bei Buffon französisch mundgerecht gemacht. Auch Aperea ist der in Brasilien einheimische Name des unserem zahmen Meerschweinchen ähnlichen Tieres, schon von Marcgrave in die europäische Literatur eingeführt, und jetzt noch als Prea im südlichen Brasilien üblich (Hensel), und nicht etwa von aper Eber abzuleiten. Mara dürfte ebenso einheimische Benennung für die patagonische Dolichotis sein, wurde aber erst später, hauptsächlich durch Anderas Wagner indie europäische Literatur eingeführt; in früheren Reisebeschreibungen, z. B. bei dem ebengenannten Froger erscheint sie als patagonischer Hase. Deutsch Meerschweinchen, polnisch zwinka zamorska über Meer-Schweinchen, französisch cochon d’Inde, englisch guinea pig sind im achtzehnten Jahrhundert neugebildete Namen für das zahm gehaltene Tier, eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schwein, hauptsächlich wegen der grunzenden Stimme (Mus porcellus bei Linné) und die Herkunft aus der Fremde bezeichnend; Meer- soll übers Meer gekommen ausdrücken, das französische Inde meint West-Indien im weitesten Sinne, das tropische Festland von Süd- Amerika einschließend, und das englische guinea ist einer der nicht ganz seltenen Fälle, daß West-Afrika und die atlantische Küste des tropischen Amerika verwechselt wurden, wegen des vielfachen direkten Verkehrs zwischen beiden zur Zeit des Sklavenhandels. Der wissenschaftliche Name dieses Tieres Cavıa cobaya von Pallas und Schreber eingeführt, ist etymologisch noch etwas rätselhaft; er kommt zuerst wiederum bei Marcgrave 1648 vor, für das in seiner Färbung bunte Tier (diversicolore pelle), also unser Meer- schweinchen im zahmen Zustand, mit dem Bemerken, Cavia sei bei den Eingeborenen von. Brasilien der gemeinsame Name für die 96 Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. wildlebenden (silvestribus) kleineren vierfüßigen Tiere, welche die Portugiesen ratos do mato nennen, also kleinere Nage- und Beutel- tiere, cobaya wird gar nicht erklärt. Nach Azara 1801 soll letzteres ein reines Mißverständnis sein; coba bedeute in der Sprache der Eingeborenen ,,das ist‘. Die Einbürgerung des Meerschweinchens in Europa dürfte zwischen die Mitte des sechzehnten und des sieb- zehnten Jahrhunderts fallen; in Gesners Quadrupedia von 1551 kann ich es noch nicht finden, aber es kommt bei Aldrovandi 1621 oder 1627 und bei Nierembergus 1633 als cuniculus indicus vor und Marcgrave (1648) sagt, daß Gesner es schon als vor wenigen Jahren aus der neuen Welt nach Europa gebracht, nenne, vermutlich in einer spàteren Ausgabe. V. Edentaten. Da die meisten Tiere dieser Ordnung Amerika, die übrigen Afrika, südlich der Sahara, oder dem tropischen Asien angehören, so sind die Benennungen in den europäischen Sprachen nur Biicher- worte, entweder den in Amerika einheimischen entnommen oder erst in den letzten Jahrhunderten neugebildete. Das einzige in der griechisch-römischen Literatur vorkommende Wort, das sich auf ein Tier dieser Ordnung bezieht, ist garrayns, bei Aelian, hist. an. XVI, 6 im dritten Jahrhundert nach Chr. eine indische ,,Eidechse mit eisenharter Haut, aus der man Feilen und dgl. verfertigte; es läßt sich als das in Hindostan einheimische Schuppentier, Manıs pentadactyla L. (crassicaudata Griff.) deuten, obwohl keine der jetzt daselbst üblichen Benennungen, soviel ich weiß, damit übereinstimmt. Buffon hat den Namen in der Form „le phatagin für eine der beiden ihm bekannten Manzs-Arten aufgenommen, aber unglücklicher- weise gerade für die westafrikanische Art, welche den Alten nicht bekannt sein konnte. Der Name, welchen Buffon für seine zweite Art von Schuppentier einführte und der mehr üblich wurde, „le pangolin“, ist dem malayischen penguling, das sich einrollende, entlehnt und gehört daher eigentlich der Art der drei großen Sunda- Inseln, Manis javanica Desm. In Brasilien einheimische Namen aus der weit ver- breiteten Tapuga-Sprache, zuerst durch Marcgrave’s Werk über die Tiere und Pflanzen des damals von den Holländern besetzten nördlichen Brasiliens, das 1648 erschien, festgelegt und später gleich- falls durch Buffon in Europa in allgemeineren Gebrauch gekommen, sind die folgenden: Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. 97 Ai für das dreizehige Faultier; es soll die Stimme des Tiers ausdrücken, hai bei Lery, hau oder hauthi bei Thevet,-ai-ibrete der Tupistämme und in S. Paulo (v. Ihering 1896). Unau beiMarcgrave nicht deutlich gekennzeichnet, von Buffon willkürlich für das zweizehige Faultier verwendet. Tamandua für den Ameisenfresser (Myrmecophaga L.) mit verschiedenen Zusammensetzungen für die verschiedenen Arten; derselbe Name noch jetzt in Südbrasilien üblich nach K. R. Hensel 1863—66 und v. Ihering 1896, der große Ameisenfresser speziell Tamandua-bandeira, Fahnen-Tamandua bei den Weißen. Tatu für die Gürteltiere (Dasypus L.), ebenfalls mit ver- schiedenen Zusammensetzungen für die verschiedenen Arten schon bei Marcgrave, tatou bei Buffon. Rochefort gibt denselben Namen auch schon 1658, Io Jahre nach dem Erscheinen von Marcgrave’s Werk, für die auf der Insel Tabugo (Antillen) ge- fundene Art, doch wohl aus diesem entlehnt; Azara 1801 führt ebenfalls Tatu als allgemeinen Namen des Gürteltiers in Paraguay an, ebenfalls mit verschiedenen -Zusammensetzungen für die ver- schiedenen Arten, und derselbe Name gilt jetzt auch in Südbrasilien nach den Zeugnissen von R. Hensel 1863—66 und v. Ihering 1896. Von den bei Marcgrave vorkommenden Bestimmungs- worten der Tapuga-Sprache für einzelne Arten sind peba und apar gelegentlich auch in die wissenschaftliche Namengebung der Arten übergegangen. Cachicamo zwar nicht bei Marcgrave, aber für ein Gürteltier nach Ad. Ernst in Venezuela jetzt noch üblich, daher Cachicame bei Buffon für eine einzelne Art. Neubildungen oder zwar an sich ältere Worte, aber erst seit der Entdeckung von Amerika und des Seeweges nach Ostindien auf diese Tiere angewandt, sind: I. Für das Faultier portugiesisch poigueza, schon bei Marc- grave, oder preguica, vom lateinischen pigritia, spanisch perezoso, und jetzt noch in Venezuela pereza (Ad. Ernst), französisch le paresseux seit Buffon, alles ursprünglich vom lateinischen pigritia, Trägheit, stammend; holländisch lug art (Faullenzer) bei Marcgrave 1648 und in Niederländisch-Indien dann auch auf den trägen Maki, ‚Stenops, übertragen, woher der Büchername Lori für denselben seit Buffon; lateinisch Ignavus ebenfalls bei Marcgrave und schon bei Clusius 1605; englisch the sloth, mindestens seit Pennant, deutsch Faultier, schon bei Nemnich 1793 als gangbare Be- Zool. Annalen III. 7 98 Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. nennung. Sarkastisch dagegen ist das spanische perro ligero, leichter Hund, schon bei Oviedo 1525—1535. 2. Fir den Ameisenfresser ganz ibereinstimmend hollandisch mieren-eeter, schon bei Marcgrave, span. hormiguero; franzòsisch fourmilier, englisch ant-eater, neuhochdeutsch Ameisenfresser. 3. Fur das Giirteltier spanisch armadillo, der kleine Gewappnete, schon bei Marcgrave erwähnt und in die meisten europäischen Kultursprachen übergegangen, daher auch die wissenschaftlichen Gattungsnamen Armadillo und Armadillidium (bei Linné Oniscus armadıllo) für Isopoden, die sich in ähnlicher Weise einrollen, wie Dasypus tricinctus L. Ferner spanisch excuberto, der zugedeckte, vom lat. coopertus auch schon bei Marcgrave erwähnt und von Buffon als excouvert für eine einzelne Art, D. sexcinctus, ver- wendet; hollandisch Schild-verken, Schildschwein, auch schon bei Marcgrave, neuhochdeutsch Giirteltier wegen der 3—13 beweg- licheren Giirtel zwischen der vorderen und der hinteren Panzerplatte, auch schon bei Nemnich 1793, dagegen bei Bechstein 1805 Panzertier. All diese Namen beziehen sich auf die eigentliche Körperbedeckung. Dagegen hat Linné ziemlich unpassend den altgriechischen Namen Dasyfus (mit dicht behaarten Füßen), welcher bei Aristo- teles das Kaninchen bezeichnet, seit 1748 (sogenannte sechste Ausgabe des Systema naturae) auf dieses Tier übertragen; der einzige Grund, der sich dafür anführen läßt, ist der, daß im Gegen- satz zu dem haarlosen Rumpf bei einigen Arten die Füße ziemlich lang behaart auffallen. 4. Für das Schuppentier: Die von Linne seit 1748 eingeführte systematische Benennung J/amzs ist nicht etwa aus einem indischen oder afrikanischen Namen umgeformt, sondern wohl nichts anderes als der Singularis des altlateinischen Manes, Geister der Ver- storbenen, Gespenster, und dürfte dadurch veranlaßt sein, daß dieses Tier in älteren Büchern als „formosanisches Teufelchen“ bezeichnet wird, da eine Art im südlichen China lebt. Der mit den süd- amerikanischen Ameisenfressern gemeinsamen Mundbildung und Nahrung wegen heißt das Tier auch bei den Holländern in Indien einfach mieren-eeter, Ameisenfresser, im Französischen auch fourmilier écailleux. Schuppentier auch schon bei Nemnich. 5. Für den afrikanischen Ameisenfresser, Orycteropus, hollan- disch aard-varken, Erdschwein, schon bei Kolbe 1713 oder 1719. Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 99 VI. Beuteltiere. Die Beuteltiere erscheinen ihrer geographischen Verbreitung gemäß wie die Edentaten in den europäischen Sprachen erst seit der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien, und ebenso teils mit aus ihrer Heimat entlehnten Namen, teils mit neuen Zusammensetzungen. Die Eigentümlichkeit in der Pflege ihrer Jungen erregte schon sehr frühe die Aufmerksamkeit der einiger- mafsen wissenschaftlichen Berichterstatter über die neue Welt; schon Petrus Martyr, gestorben 1525, 32 Jahre nach Columbus’ erster Fahrt, erwahnt in seinen Briefen ein solches Tier, sei es aus Durina oder aus dem Marankongebiet (regio Parime bei Gesner 1551, der auch erzahlt, daf ein solches Tier lebend nach Spanien gebracht worden). Bei Oviedo, 1525, werden sie unter dem Namen chiurcha erwahnt (chucha in Quito nach Ulloa 1736) und diesem einigermaßen ähnlich ist sarigoy bei Lery, und garigueya, in der weit verbreiteten Tupi-Sprache, von Marcgrave 1648 ver- offentlicht; was Buffon als sarigue den Franzosen mundgerecht gemacht hat und Lafontaine auch in eines seiner Gedichte auf- genommen hat. Daneben kursierte bei den europàischen Ansiedlern im wärmeren Amerika auch die neue Zusammensetzung Wald-Ratte, hollandisch bosch-rat schon bei Marcgrave, und dann bei Fräulein Merian in Surinam 1726, französisch rat de bois in Louisiana und in Canada bei Charleroix 1744. Bei den Eng- lindern in Nordamerika wurde der einheimische Name oppossum herrschend, zuerst bei Smith 1606, als apassaun 1610 erwahnt, possum bei Lawson in Carolina, und dieser nordamerikanische Name wurde später von englischen Gelehrten auch auf die neu- hollandischen Beuteltiere ausgedehnt. Ziemlich komisch ist der Ausdruck ,surinamischer Aeneas“, der im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert fiir eine Art aufkam, die ihre Jungen auf dem Rücken trägt, Didelphys dorsigera L., da doch Aeneas be- kanntlich seinen Vater auf dem Riicken aus dem brennenden Troja davontrug. Von den übrigen bei Buffon und Linné vorkommenden Artennamen fiir amerikanische Beuteltiere ist cayopollin mexi- kanisch, der Schrift von Hernandez, Leibarzt Philipps II. ent- nommen, marmose aus einem Druckfehler der französischen Aus- gabe von Seba für marmote entstanden, was eine freilich sehr un- genaue Übersetzung von bosch-rat sein sollte, aber von Buffon TF IOO Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. absichtlich als eigener Artname benutzt wurde. Uber philander siehe gleich weiter unten. Der einheimische Name gamba wurde vom Prinzen von Neuwied in Ost-Brasilien gefunden und ist noch jetzt auch in der stidbrasilischen Provinz S. Paulo nach H. v. Ihering 1896 üblich. Treffend und lobenswert ist dagegen der von Linné schon bei der eisten Ausgabe seines Natursystems 1733 neugebildete Gattungs- name Didelphis, genauer Didelphys (doppelte Gebärmutter) für alle Beuteltiere. Einige Zeit nach den amerikanischen tauchen auch die australi- schen Beuteltiere und ihre Namen in der Literatur auf, zuerst die- jenigen von den Molukken und dem Papuagebiet: Coescoes bei Valentyn 1726, von Lesson zu Cuscus latinisiert, ist das ma- layische Kusu für die auf den Molukken vorkommende Art, Didelphys orientalıs Pall., später auch Phalangista genannt, nach dem von Buffon neugebildeten Wort le phalanger, von phalanx im Sinne Glied an Finger und Zehe, wegen der Verwachsung zweier Zehen der Hinterfüße untereinander. Pelandok ist der malayische Name des Zwergmoschustiers (77agulus) auf Malakka, Sumatra und Java, während der speziell javanische Kantjil (Kanchil) ist; die nach Neu- guinea fahrenden Malayen gaben nun dieselbe Benennung dem kleineren Känguru-artigen Tier, Dorcopsis Bruni Gm.; durch Schreib- oder Druckfehler wurde daraus pelandor und in den reichhaltigen, aber betreffs der Vaterlandsangaben und Namengebung kritiklosen Tiersammlungen Hollands vor der französischen Revolution, wie z. B. derjenigen des Apothekers Seba, auch auf amerikanische Beutel- tiere übertragen und zuletzt von Brisson 1756 zu dem scheinbar griechischen philander umgeformt, eine Reihe von Mifverständnissen und Entstellungen, wie sie sonst selten vorgekommen. Es ist ein Verdienst von Pallas und eine Frucht seines mehr- maligen Aufenthaltes in Holland (1760 — 1766), das tatsächliche Vor- kommen von Beuteltieren im östlichen Teil von Niederländisch- Indien festgestellt zu haben, gegenüber Buffon’s scheinbar wohl- begründeter kritischer Annahme, sie seien ausschließlich amerikanisch. Pallas erhielt bald darauf eine unwiderlegliche Bestätigung, als Joseph Banks, der Naturforscher der ersten Reise Cook’s, 1770 in der Endeavour-Bai an der Ostküste Australiens zuerst ein Känguru gesehen und dessen Namen (Kanguroo) bei den Eingeborenen er- kundet hat. John White, Wundarzt bei der ersten Sträflings- sendung nach Botany-Bai 1787, beschreibt 1790 bereits fünf ver- Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. IOI schiedene Beuteltiere aus dieser Gegend und gibt deren einheimische Namen an, von denen vier auf —ru endigen, nämlich neben Kanguru (A/acropus) noch Potoru(//yps:prymnus), Tapuru (Phalangista vulpina) und Hepuru (Pefawres), so daß dieses ru oder uru ein gemeinschaft- liches Glied zusammengesetzter Tiernamen in der Sprache der da- maligen Einwohner zu sein scheint. Etwas später tauchen die ein- heimischen Namen Wombat auf den Reisen von Peson und Hinders, an der Südküste Australiens 1800—1804 erkundet, und Koala (Cuvier 1817) in der europäischen Literatur auf. Seitdem ist die Entdeckung der zahlreichen Beuteltiere des australischen Kontinentes immer weiter gegangen und sind all die zahlreichen neuen Benennungen und andere bei den europàischen Zoologen ent- standen, wie Beutelwolf, Beuteldachs (lat. Pera-meles) und die ver- schiedenen auf griechischen Worten für Beutel beruhenden Gattungs- -namen, wie Zhylacinus, Balantıa, Phascol. arctos, Phascolo-gale, Phascolo-mys, wahrend die englischen Ansiedler sich neben den ein- heimischen Namen wie mit Ubertragung europäischer Namen, wie Wolf und Marder für 7#y/acinus und Dasyurns, oder mit drastischen Neubildungen wie native devil, eingeborner Teufel, für Savcophilus ursinus behelfen. VII. Adler. Die älteste germanische Form ist das gotische arans (in der Mehrzahl) bei Ulfilas, Ev. Luc. 17, 37; in der Einzahl vermutlich aro; ihm entspricht altnordisch ari, nach Ström (1762) in Norwegen stellenweise noch are, althochdeutsch ar, im Neuhochdeutschen nur noch dichterisch Aar. Im Althochdeutschen findet man im X. und XI. Jahrhundert auch arn, in schottischen Dialekten arne, im Holländischen ist arend heute noch der gewöhnliche Ausdruck für den Adler, im Altnordischen kommt, selbst in derselben Schrift, neben ari auch oern vor, in der Mehrzahl ernis, ebenso angelsächsisch earn, mit Umanderung des Anlauts und stàrkerem Heranziehen des n an die Stammsilbe. Dieses oern ist im Schwedischen und Dänischen geblieben, aber nicht zu vermengen mit dänisch aar, engl., schwedisch orre für den Birkhahn, Zezrao tetrix. Auch in nichtgermanischen Sprachen des nördlicheren Europas finden sich ähnliche Namen für den Adler, mit vokalischem Anlaut, darauf folgendem r und wechselndem Auslaut, bei denen es erst näherer Untersuchung bedarf, ob sie derselben Wurzel entstammen, so celtisch (in Wales) eryr, litthauisch eris oder erelis, lettisch 102 Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. erghlis und kirchenslavisch oralu, woher das jetzige russische, böhmische und krainische orel, polnisch orzel, also vorherrschend | als Auslaut und damit zum germanischen Wort sich verhaltend, wie Esel, gotisch asilus, zum lateinischen asinus, griechisch dvog mit aus- gefallenem s. Vielleicht darf man eine Bezeichnung der Zendsprache für Adler, erezifya in seinen ersten Silben damit vergleichen, was in griechischer Schrift aeSıyog wiedergegeben wird und auffällig an die altgriechischen Harpyien «grwıaı erinnert; Aug. Fick (1862) will letzteres Wort auf ein aus dem sanskritischen rjipya rekon- struiertes indogermanisches orgipya, aufstrebend, deuten, aber Harpyie läßt sich doch wohl nicht von griech. demalev, lateinisch rapere, raffen, rauben, und von «&erın, einem unbestimmten Raub- vogel in der Ilias 19, 350, trennen. Dieses führt uns auf das griechische Wort Ogvıs, Genitiv oevıJog, dorisch devizog, das Vogel im allgemeinen bedeutet und von den Philologen in ähnlicher Weise mit Ogruu, erheben, erregen, lat. orior sich erheben, in Verbindung gebracht wird. Die Buchstaben- ähnlichkeit mit dem skandinavischen örn ist freilich groß, aber die Bedeutung doch etwas sehr verschieden, um so mehr, als das griechische Wort sehr häufig für das Haushuhn gebraucht wurde, das doch in der volkstümlichen Anschauung weit von dem Adler absteht und für den Adler weniger das Auffliegen als das Nieder- stürzen auf seine Beute bezeichnend ist und zur Namengebung ein- laden sollte; vielleicht soll gerade das ar oder or ein solches Nieder- stürzen lautlich versinnlichen. Allerdings ist vwızerng, hochfliegend, bei Homer ein schmückendes Beiwort des Adlers; und im Gebrauch des englischen fowl, etymologisch gleich Vogel, speziell für das Huhn haben wir ein Seitenstück zum Gebrauch des griechischen dovis. Das mittelhochdeutsche adelare, seit dem zwölften Jahr- hundert nachweisbar, adelar bei Conrad v. Megenberg 1350, neuhochdeutsch Adler, bei Gesner 1557, wird meist als Zusammen- setzung von Adel = edel und Aar angesehen, so schon von Megen- berg, von Nemnich, Oken und den beiden Scholl (1844); es wiirde dann ein Seitenstiick zu den um vieles neueren Ausdriicken Edelhirsch und Edelfink sein. Doch scheint diese Etymologie etwas gesucht, ein ähnlich mit adel zusammengesetztes Wort findet sich meines Wissens sonst nicht im Mittelhochdeutschen und im Hin- blick auf das hollandische arend und das slavische orel mòchte man vermuten, daß das r nur, wie so oft, versetzt, und das 1 dem Martens, Uber Tier-Namen in den europàischen Sprachen. 103 hollandischen und skandinavischen n entsprechend sei, vielleicht mit einer gewissen Anlehnung an das dreisilbige aquila, wie man aus lat. gryphus Greif, als ob von greifen, gebildet hat. Mit A beginnen auch das griechische @etdg und das lateinische aquila, aber beide weichen doch unter sich und von dem germani- schen Wort im ibrigen wesentlich ab, namentlich fehlt ihnen das für das germanische wesentliche r. In œerds, bei Homer ateròs, Iliad. XII. 201 und ebenso bei spätern Dichtern, auch noch im Neu- griechischen üblich, aber hier auch für den Geier gebraucht, soll ein Digamma ausgefallen sein; es wird eine Lesart at@erog angeführt und demgemäß das Wort auf das indogermanische avi, im Sanskrit vi, lateinisch avis, Vogel zurückgeführt, insbesondere mit sanskr. vijatis, ebenfalls Vogel, zusammengestellt (Curtius). Es wäre demnach im Griechischen aus dem allgemeinen Begriff Vogel der spezielle, Adler, erwachsen und umgekehrt aus einem altarischen Wort für Adler (aro, Grn, orel) die allgemeine Bezeichnung des Vogels, was doch etwas kühn ist. Das lateinische aquila, sonderbarerweise nur als Femininum im Gebrauch, läßt sich nicht wohl von aquilo, Nordwind, und von aquilas (bei Plautus, also in der Umgangssprache), schwärzlich, trennen, doch scheint es näher zu liegen, die Benennung dieser beiden Begriffe von Adler, als die- jenige des Adlers von einem der beiden abzuleiten. Das lateinische Wort hat sich in den modernen romanischen Sprachen durchweg erhalten; italienisch aquila, in Sardinien abile, spanisch aguila (wie agua und aqua, mehr im Schreiben als im Sprechen verschieden), französisch aigle und englisch eagle; in den beiden letzteren ist das mittlere i ausgefallen, hat aber seine Spur in der Dimpfung des anlautenden a hinterlassen, daß die Englander den altgermanischen Namen aufgegeben und den romanischen angenommen, diirfte wohl mit der heraldischen Bedeutung des Adlers, die in der mit der normannischen Eroberung beginnenden Ritterzeit wichtig wurde, zu- sammenhingen. Das portugiesische aguia und das daco-romanische (rumänische) eguia haben umgekehrt das 1 ausgeworfen und i bei- behalten, vielleicht unter dem Einfluß einer Nachahmung des eigen- tümlichen Angriffslautes des Steinadlers, der. auch mit den Buch- staben hia hia dargestellt wird. Dieses aguia, auch in Brasilien von den dort angesiedelten Portugiesen gebraucht, ist dann in der systematischen Nomenclatur als eigener Gattungsname eines süd- amerikanischen Adlers, Agzwıa, benutzt worden, während es etymo- logisch nichts anderes als aquila ist. 104 Martens, Uber Tier-Namen in den europäischen Sprachen. Ganz eigentiimlich, wie zu erwarten, ist das magyarische sas; das im Russischen zuweilen gebrauchte berkut ist der Sprache der Kalmiiken und Kirgisen entlehnt; in diesem Worte kònnte man eine Lautmalerei des raschen Herabstürmens und gewaltsamen Zugreifens finden. Eine andere russische Benennung eines Adlers, mogulnik oder mogilnik, ist jetzt durch die strenge Prioritätsregel auch als Artname in die wissenschaftliche Nomenclatur eingedrungen. Was die einzelnen Arten von Adlern betrifft, so gelten ihrer geographischen Verbreitung und Häufigkeit gemäß die nordischen Namen hauptsächlich dem Seeadler, Æaliaëlos albicilla, die süd- europäischen dem Steinadler, Aguzla fulva, und dem Kaiseradler. Die Farbenbezeichnung fulva für den Steinadler (bei Linné Falco fulvus) findet sich schon bei Virgil, Aeneid. XI. 751; sie wird sonst auch für den Löwen gebraucht (Virg. georg: IV. 408, Ovid. metamorph. X. 698) und betrifft demnach zunächst die hellere gelb- liche Färbung des Oberkopfs und Nackens beim erwachsenen Vogel. Alte Nachrichten iiber Eustrongylus Gigas. Von Dr. J. Ch. Huber in Memmingen. af Canis lupus L. zu den bekannten Wirten des Zustrongylus gehört, steht fest. Die in der Niere resp. Bauchhöhle des Raubtieres gefundenen Wirmer wurden in früheren Jahr- hunderten öfter als Schlangen (colubri, serpentes) gedeutet, was bei der beträchtlichen Größe der Parasiten nicht zu verwundern ist. Der älteste Fall dieses Vorkommens findet sich bei zwei Autoren in wörtlicher Übereinstimmung erzählt: I. Alberici monachi trium fontium Chronicon e MSctis nunc primum editum, a Godofr. Leibnitio. Leipzig 1698. (Alberich lebte im 13. Jahrhundert, seine Chronik reicht bis 1241.) 2. Anselmi Gemblacensis Chronicon. — Pistorius. scr. rr. germ. [spy 957 Die Berichte der Chronisten lauten also: Duodecimo Calendas Februarii lupus venenatus et insanus, qui intra corpus suum habebat tres colubros vivos, consuetas latebras linquens rura petiit, et innumeram multitudinem porcorum, ovium, canum et armentorum morsu venenato exstinxit. Postea vasto impetu homines invadens plus quam duodecim morsu suo multavit, quorum quatuor misera morte defuncti sunt, septem vero ante obitum suum nullum liquorem videre vel gustare potuerunt. Tandem a quatuor viris fortissimis comprehensus et evisceratus fidem malitiae suae de colubris patefecit. (Gruner, Nosologia historica p. 151.) Der Bericht des Anselmus Gemblacensis ist identisch, hat aber als Exordium : 1134 Congregatio Malisnensis (Mecheln) ecclesiae, quae est in Brabanto, omnibus fidelibus salutem. 106 Huber, Alte Nachrichten iber Eustrongylus Gigas. Anselmus Gemblacensis ist der Abt Anselm von Gembloux (berühmtes Benediktinerkloster in Flandern), der den Historikern wohl bekannt ist. Diesen Chronisten scheint Albericus kopiert zu haben. — Der Bericht des Anselmus ist von Heusinger, Recherches de Pathologie comparée Vol. II. p. CLIII. abgedruckt worden. Der nächste hier in Frage kommende Schriftsteller ist Jean de Clamorgan, Capitaine des Chasses, dessen Buch über die Wolfsjagd (La Chasse du loup, Lyon 1570 auch 1574 und 1583. 4°.) uns Davaine (Traité des Entozoaires) wieder näher gerückt hat. Was Joh. Bauhin in seiner Schrift „Historie von etlichen wüthenden Wölfen um Mümpelgard und Belfort 1591‘ berichtet, ist aus Jean de Clamorgan entnommen. Bei Davaine ist eine franzòsische Ausgabe zitiert: Jean Bauhin, Hist. notable de la rage des loups advenue en l’an 1590 Montbeliard 1591. 8. Hier schreibt der Ver- fasser: „Les morsures des loups doivent être très venimeuses, suivant ce qu’en écrit Jean de Clamorgan, Seigneur de Saave en son livre de la chasse du loup, disant: ,,Il y a une chose, qui n’a été écrite par aucun, que dedans les rognons d’un vieil loup s’engen- drent et nourissent des serpents, ce qu’aye vu 4a trois, voire a quatre loups, aucune fois a un loup il y a en un rognon deux ser- pents, l’un d’un pied, l’autre d’un pouce de long, les autres moindres, et par succession de temps font mourir le loup et deviennent ser- pents et bêtes fort venimeuses.“ Portal (bei Gruner]. c.) erwähnt das Vorkommen von Würmern in der Niere des Wolfes (Bemerkungen über die Natur und Heilung der Wuth Cap. 4; franzòs. Yverdun 1779). Nach Faber (Die Wuthkrankheit 1846) ist in Hufelands Journal 1826 Dec. ein Fall erwahnt, in dem in der Niere eines Wolfes, der 23 Menschen gebissen hatte, sechs Wiirmer von 7—8 Zoll Lange gefunden wurden. Diesen Fall finden wir in Maximilian Schmidts Zoologische Klinik, Krankheiten der Raubthiere, Berlin 1872, p. 449. Er ereig- nete sich in Rußland (Lomzaer Kreis), Stadt Tykocin, und wurde von Dr. Levestamm berichtet, der aber die Würmer nicht gesehen hat, da sie durch Unvorsichtigkeit eines Polizeidieners abhanden gekommen waren. Bei Gelegenheit dieses Falles soll ein Bauer ge- sagt haben, daß bei tollen Wölfen Würmer in den Nieren vorkämen. iologische Versuche, welche ich vom Mai 1907 bis Juni 1908 an mehr als 60 Kulturen von Hydra fusca und grisea durch- geführt habe,!) ergaben als hauptsächlichstes Resultat neben Beobachtungen über Depressionserscheinungen eine weitgehende Verschiedenheit dieser beiden Species im Verhalten bei der Ge- schlechtsreife. Während 77. /usca, wie auch R. Hertwig und Krap- fenbauer in ähnlichen Untersuchungen 1905/6 festgestellt haben, nur durch Kälteeinwirkung (von + 5 bis 13° C etwa) zur Bildung von Geschlechtsprodukten zu bringen war, traten Hodenbildung und die wenigen erzielten Fälle von Eibildung bei 7. grisea nur in höherer Temperatur (von + 15 bis 25° C etwa) ein, von einigen seltenen sporadischen Vorkomnissen von Hodenbildung bei niedrer Temperatur abgesehen. Außerhalb dieser Temperaturgrenzen zeigte sich keinerlei Einwirkung, insbesondere war auch nicht Abstufung in der Quantität der Fütterung geeignet, die betr. Species zur Bildung von Geschlechtszellen zu veranlassen. Nicht minder wichtig, speziell für die Systematik der Hydren war aber auch ein anderes Ergebnis; sämtliche kultivierten Hydren, sowohl ZZ. fusca wie grisea zeigten gonochoristischen Geschlechts- charakter und behielten denselben ausnahmslos bei, auch durch Kultur- dauern von mehreren Monaten bei periodisch wiederholtem Auf- treten geschlechtsreifer Tiere in einer Kultur; so konnte ich von Tieren, welche Hoden hatten, Nachkommen in beliebiger Zahl züchten; alle bei Einwirkung geeigneter Temperatur später auftre- tenden Geschlechtstiere waren wieder männliche, während Nach- kommen eines Tieres, das Eier hatte, durch die analoge Tem- peratureinwirkung nur zur Eibildung gebracht werden konnten. Wenngleich diese Resultate auf eine große Zahl von Ver- suchen und lange Dauer der Kulturen sich stützten, schien es mir doch sehr wünschenswert Bestätigungen in den Angaben möglichst vieler Autoren der ganzen Hydra-Literatur aufzusuchen; ist doch keine, noch so sorgfältige biologische Untersuchung sicher vor der 1) S. Literatur-Verzeichnis. Qk 108 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. unbewußten Vernachlässigung irgend eines unbekannnten Faktors, angefangen von lokalen oder temporären speziellen Dispositionen des verwendeten Materiales bis zu der ganzen Summe von Be- dingungskombinationen, welche auf den Organismus einwirken. Diese Fehlerquelle konnte durch den Vergleich der Resultate anderer For- scher bedeutend eingeschränkt werden. Ich habe daher die einschlägige Literatur möglichst vollständig verglichen, bis 1800 alle mir bekannt gewordenen Arbeiten und No- tizen; von 1800 bis 1880 fehlen nur einige schwer zugängliche un- bedeutendere Arbeiten rein histologischen oder sonst fernliegenden Inhaltes; von 1880 ab wurden alle Publikationen soweit zugänglich in Referaten gelesen und alle direkt einschlägigen, d. i. der größere Teil, im Original. Die Ausbeute dieser literarischen Nachsuche schien mir zur Sicherung der systematischen Beurteilung der //ydra-Arten immer- hin der Veröffentlichung wert; sie bildet zugleich mit eigenen Beobachtungen an den erwähnten Kulturen Anlaß und Inhalt dieser Arbeit. Um in den betreffenden Arbeiten festzustellen, unter welchen Temperaturverhältnissen 77 fusca oder grisea geschlechtsreif ge- funden wurden, ob sie gonochoristisch oder hermaphrodit sich zeig- ten, war es natürlich vor allem nötig, mit möglichster Sicherheit die Art festzustellen, welche der betreffende Autor verwendet hatte; ich konnte mich dabei nicht einfach auf die Speciesbenennung bes. die Synonyma bei älteren Autoren verlassen, sondern mußte suchen, alle jene Angaben in der Arbeit aufzufinden, welche nach unserer heu- tigen Kentnis der Hydren eine von der Benennung durch den Autor unabhängige Feststellung der Art ermöglichten. Dies verlangte ein lückenloses Durchlesen jeder Arbeit, weil solche Merkmale, oft noch nicht als systematische Charaktere erkannt, ebenso wie Angaben über Temperatur etc. meist ganz zerstreut im Text erwähnt waren. Auf diese Weise glaube ich wirklich in einigen Fällen eine un- richtige Artbenennung festgestellt zu haben; (s. d. nachfolgd. Lit. Übersicht). Dies ist erklärlich für jeden, welcher sich längere Zeit mit //ydra beschäftigt hat und die Unsicherheit besonders der älteren Bestimmungsweise kennt. Als Anhaltspunkte für die Erkennung der Arten verwendete ich neben den schon seit Trembley (1744) bekannten Habitus- merkmalen besonders die schärferen Kennzeichen, welche Haacke 1880, Jickeli 1883 und Brauer 1891 angegeben haben. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 109 Nach jenen Habituscharakteren unterscheidet sich bekanntlich IH. fusca von grisea durch die ungemeine Dehnungsfähigkeit der Tentakeln, welche an Tieren in ungestört ruhig stehenden Gläsern z. B. bis zu 20 cm und mehr gestreckt gefunden werden, während für 77. grisea meist angegeben wird, daß die Tentakel nicht über Körperlänge gestreckt werden, eine, wie später noch zu zeigen, nicht ganz korrekte Angabe. Ferner hat /7. fusca einen deutlich und scharf abgesetzten Stiel, während derselbe bei /7. grisea durch all- mählichen Übergang in den Magenteil viel undeutlicher erscheint. Haacke (1880) war der erste, welcher ein schärferes Merkmal einführte. Er fand bei nichtgrünen, knospenden Hydren, daß eine Art die Tentakeln an der jungen Knospe alle gleichzeitig um das Peristom entstehen läßt und benannte diese Art, ohne sie weiter zu charakterisieren, als /7. 7remdleyz; bei einer anderen Art entstehen die Tentakeln in einem bestimmten Rhythmus, zuerst 2 gegenstandig, dann nacheinander ein 3. und 4. und event. 5. und 6., alle in be- stimmten Ebenen, wie er durch einfache Diagramme veranschau- lichte; er benannte diese Art, ohne weitere Merkmale anzugeben, als Z7. Roeselit. Schon vor ihm hatte dagegen Mereschkowsky (1878) angegeben, daß 77. vulgaris und ZZ. olıgactıs gleichen Ent- wicklungsmodus der Tentakel haben sollten; 77. olzgactis charakteri- sierte er durch einen deutlichen Stiel, also = /usca. Sicher hat er aber nicht mit Recht zwei Arten unterschieden; denn seine Abbil- dung der anderen Art (/7. vulgaris; Taf. XII Fig. 1) zeigt gleich- falls deutlich den Typus von fusca mit ausgesprochenem Stiel. Auch Haacke sagt, Mereschkowsky habe sicher nur /7. Roeselu ge- habt; und der gleichen Ansicht ist Nußbaum (1887). Letzterer bestätigt die Angaben Haacke’s und stellt fest, daß A Aoesedz gleich fusca, 7. Trembleyi gleich grisea zu setzen sei. Inzwischen war eine Arbeit erschienen, welche gegen Haacke zu sprechen schien; Jung (1882) gibt als Resultat seiner speziell zu dieser Frage gemachten Untersuchungen an, daß bei allen 3 Arten (fusca, grisea, viridis) sämtliche Tentakeln zu gleicher Zeit oder ein- zeln nacheinander entstehen können. Seine sichtlich sorgfältigen Angaben scheinen dies zunächst wirklich zu bestätigen; aber eine genaue Durchsicht seiner Schilderung und der Diagramme zeigt, daß auch bei seinen Versuchen für /wsca der Rhythmus deutlich er- kennbar ist und die Tentakeln lange Zeit große Längenunterschiede zeigen, entsprechend der Reihenfolge ihrer Entstehung, während bei H. grisea eine rasche Aufeinanderfolge und schneller Ausgleich der II1O Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. kleinen Langenunterschiede besteht; so z. B. erscheinen nach ihm (vom Auftreten des 1. Tentakels an) bei /7. fusca der 2., 3. und 4. Tentakel in 14, 24, 404, bei grisea in 7, 10, 22 2. Mit Recht macht ferner Nußbaum (1887) darauf aufmerksam, daß Jung absichtlich alle Hydren in abnorm tiefer Temperatur (5—8° C) kultiviert hat, um den Prozess zu leichterer Beobachtung zu verlangsamen, und daß nach seinen eigenen Beobachtungen die ersten Wärzchen bei H. grisea gleichzeitig entstehen, in der Entwicklung aber und zwar besonders in Kälte kleine Unterschiede zeigen. Bezüglich 77. grisea wurden die Angaben von Haacke bis heute nicht wieder bestätigt; wohl aber haben R. Hertwig (1906) : und Krapfenbauer (1908) für ZZ. /usca den eigentümlichen Rhyth- mus der Tentakelbildung neuerdings beschrieben; in meinen eigenen Kulturen habe ich nicht nur dasselbe für 77. /usca, sondern ebenso ausnahmslos für /7. grisea die gleichzeitige Entstehung konstatiert. Als Bestätigungen können ferner gelten jene in der nachfolgenden Literaturübersicht aufgeführten Fälle, bei denen neben diesem Merk- mal die Art schon durch die Merkmale des Habitus (Stiel, Tentakel) gekennzeichnet ist; es trifft dies zu bei No. 3 (Laurent), No. 36 (Baker) und vielleicht No. 13 (Leeuwenhoek). Ich durfte also dieses Merkmal nach Haacke als sicheres Kennzeichen für die Arten verwenden. Die nächste Angabe eines neuen systematischen Merkmales für Hydra findet sich bei Jickeli (1883); er hat für 77. fusca, grisea und vridis Größe und Form der Nesselkapseln verglichen und deutliche Unterschiede gefunden und durch Figuren festgelegt; sie beziehen sich ausser auf Grösse und Form auch auf die Art, wie der Faden in der Kapsel aufgerollt liegt; am auffälligsten und nach meinen Beobachtungen zur Unterscheidung von 77. grisea und fusca völlig ausreichend, ist der bedeutende Größenunterschied der größten Art von Nesselkapseln bei diesen zwei Species. 77. grisea besitzt bedeutend größere Formen als /usca. | Das Merkmal ist in einigen neueren Arbeiten (Schneider 1890, Zoja 1890, Wetzel 1898, Hanel 1907, Weltner 1908) gelegent- lich verwertet, doch ohne eine ganz sichere anderweitige Bestimmung des Materiales und auch ohne genauere Angabe des Resultates der Messung, so daß eine eigentliche Bestätigung der Angaben Jickeli’s noch nicht vorliegt; doch muf ich beiftigen, daf ich nicht alle Arbeiten gelesen habe, welche dem Titel nach rein histologisch Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. TOI mit der viclumstrittenen Frage von Bau und Entwickelung der Nesselkapseln sich befassen. Schneider (1890) bildet cine der Formen von Nesselkapseln für /7. fusca abweichend von Jickeli ab. Zoja (1890) beschreibt und zeichnet die Nesselkapseln für H. fusca und g7zsea übereinstimmend mit Jickeli, insbesondere bezüglich der Größenunterschiede. Die von Jickeli angegebene 4. Form bei H. grisea (Taf. XVIII Fig. 28), eine kleine längliche Kapsel mit quergerolltem Faden, erwahnt er jedoch nicht, bildet sie auch nicht ab (Taf. VI Fig. 1). Er hat zur Bestimmung seines Materiales aus- schließlich dieses Merkmal der Form der Nesselkapseln angewendet, leider auch ohne Angabe anderer Charaktere der betr. Hydren, welche zur Kontrolle dienen könnten. Wetzel (1898) gibt, bezugnehmend auf Jickeli, Umrißzeich- nungen der Nesselkapseln für 7. fusca und grisea, aber ohne Einzeichnung der Lagerung des Fadens. Er hat gleichfalls bei H. grisea die oben erwähnte 4. Form nicht gefunden. Auch ich konnte, allerdings bei ziemlich flüchtiger Untersuchung, diese Form nicht sehen. Dagegen hat Wetzel wieder sehr deutlich die starke Verschiedenheit der größten Nesselkapseln bei 7. fusca und grisea gesehen. Wetzel glaubt zwei Spielarten von 77. grisea unterscheiden zu können: I. eine 7. grisea mit geringerer Körpergröße, aber sehr großen plumpen Nesselkapseln; 2. Körper groß und Nesselkapseln (größte Form) kleiner, fast gleich dick wie bei /7. fusca, nur etwas länger und spitziger. Ich konnte an meinem Material diese beiden Formen der größ- ten Nesselkapseln bei /7. grisea auch deutlich sehen; ich habe sie aber an allen Individuen nebeneinander vorkommend und durch viele Übergänge verbunden gefunden, wobei allerdings die Maximal- größe etwas schwankt, während Kapseln jener geringen Größe, wie sie 7. fusca besitzt, stets vorhanden sind. Nie aber fehlten ganz diese bedeutend größeren Maximal- formen, welche die Erkennung von /7. grisea ermöglichen. Ich fand sie ausnahmslos an allen untersuchten Tieren, welche ich aus Kulturen vor /7. grisea konserviert hatte; daß ich dabei wirklich Ff. grisea vor mir hatte, ist zweifellos; die monatelange ununter- brochene Beobachtung der Kulturen nach Habitus und Tentakel- entwickelung führt natürlich zu einer sicheren Unterscheidung der vorliegenden Formen. Im Gegensatz dazu fand ich an keinem aus T2 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. H. fusca-Kulturen stammenden Exemplar so große Formen der Nesselkapseln. Ich halte demnach auch dieses von Jickeli einge- führte Merkmal für ein sicheres Kennzeichen der Arten. Endlich hat noch Brauer (1891) eine Unterscheidung der Arten auf Grund der Eiformen und der Art der Ablage der Eier ermög- licht. Er hat aber zugleich von 77. fusca eine neue Art abgetrennt, zunächst ohne Namen, als //. spec.? bezeichnet, ein Vorgehen, dem später mehrere Forscher gefolgt sind, so besonders Downing (1905), welcher diese Form zuerst als ZZ. monoecia (so auch Hefferan 1902) und später als /7. dioecta bezeichnet hat.. Die Berechtigung dieser Artaufstellung will ich erst nach Anführung der Literaturauszüge besprechen. Die Merkmale, welche Brauer angibt, sind folgende: | H. grisea: Eischale ist dick, mit großen, verzweigten Zacken. Die Eier fallen ab und sinken frei zu Boden. iR 72050a2, Das Bi istaplankonvyerx, "die obere om Seite mit kurzen Zacken besetzt. Die Eier werden vom Muttertier an der Unterlage angeklebt und zwar einzeln; es wurden nie mehrere nebeneinander gefunden. Diese Form ist hermaphrodit. Ff, spec?: Unterscheidet sich von 77 /usca hauptsächlich durch diöcischen Geschlechtscharakter. Ferner: Ei ist kugelig, Schale dünn mit kurzen Höckern. Die Eier werden angeklebt, im Kreis um das fest sitzende kontrahierte Tier. Die Unterscheidung .nach Brauer habe ich in 3 späteren Ar- beiten verwendet gefunden. | Wetzel (1895) hat zu seinen Transplantationsversuchen eine Hydra verwendet, welche er 77. fusca var. Brauer benennt. Er gibt als Kennzeichen an, daß der Fuß hell, durchsichtig, von ge- ringem Querschnitt und deutlich abgesetzt sei; er hatte also sicher ff. fusca; eine Anzahl bildeten Hoden oder Eier. Die Eier wurden fest geklebt, waren kugelrund und nur mit kurzen Fortsätzen besetzt. Downing (1905) nimmt die Einteilung Brauers an, da auch er hermaphrodite und diöcische A. fusca gefunden hat, ohne aber ein weiteres Unterscheidungsmerkmal außer eben der Diöcie anzu- geben; er führt den Namen ZZ. dioecia ein. Doch scheint er auch Eier von 77. grısea gehabt zu haben, ohne dass er sich über einen eigenen Befund an denselben klar ausspricht. Tannreuther (1908) gibt als Merkmal der Hydra, an welcher er die Entwickelung des Embryo studierte, nur an, daß sie diöcisch sei, die Eier angeklebt werden und die Entwickelung in dem am Muttertier festsitzenden Ei vor sich gehe. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. a} Es liegen also für 7/7. grisea keine Bestätigungen der Beobach- tung Brauers vor, wenn man nicht wieder zwei Falle des nach- folgenden Literaturauszuges dafür gelten lassen will, nämlich Rösel (Nr. 22) und Weltner (Nr. 28). Als Bestätigungen für H. fusca können eben daselbst noch gelten die Fälle Nr. 3 (Lau- rent) und Nr. 6 (Wetzel). Aber die Angaben Brauers sind so bestimmt und seine Figuren (Taf. XI und XII) zeigen einen so sehr in die Augen fallenden Unterschied der Stachelbildung bei seiner Fl sen sesenuben 74 Muscar und Zi specs daß sicher sein specifisches Merkmal der betreffenden Formen vorliegt; leider charakterisierte auch er sein Material durch kein anderes Merkmal. Aber schon Laurent (1844) konstatiert, daß die Eier seiner Hydren, welche nach seiner eingehenden Beschreibung und den vor- züglichen Tafeln unzweifelhaft /#sca waren, glatt und nicht stachelig waren; er spricht auch die Vermutung aus, daß das Fehlen oder Vorhandensein der Stacheln an der Eihülle ein systematisches Merk- mal sein könne (S. 97); ich selbst habe die gleiche Beobachtung an etwa 30 Eiern gemacht, welche ich teils im Freien abgelegt an Pflanzen gefunden habe, wobei diese durch das Ausschlüpfen unzweifelhafter junger AZ. fusca (z. T. weiter kultiviert) ihre Her- kunft sicher dokumentierten, teils von Tieren einer /zsca-Kultur (kontrolliert nach Haacke und Jickeli) durch entsprechende Ein- wirkung erhalten habe; keines zeigte jene. typischen gegabelten Stacheln, wie sie Brauer für das Ei von /7. grisea zeichnet, sondern nur kurze höckerige Fortsätze und auch diese z. T. scheinbar ganz fehlend. Leider bekam ich keine befruchteten beschalten Eier von H. grisea. za Gesicht. Doch scheint mir Vorstehendes eine ge- nügende indirekte Bestätigung der Angabe Brauers auch bezüglich H. grisea. Zudem konnte ich ein anderes von Brauer angegebenes Merkmal bestätigen, nämlich das Ankleben der Eier durch 77. fusca, einen Vorgang, den auch Laurent (1844) schon beschrieben und abgebildet hat. Ich will jedoch diese Beobachtung erst im folgen- den näher schildern. Ich glaube hiermit den Nachweis erbracht zu haben, daß ich berechtigt war, diese drei von Haacke, Jickeli und Brauer auf- gefundenen Merkmale als gute Kennzeichen der Arten anzusehen. In der folgenden Übersicht der bisherigen Beobachtungen von Geschlechtsreife bei //ydra unterscheide ich nur 7. fusca und ‘grisea; ich werde späterhin dann begründen, weshalb ich nicht eine Hl. dioecıa als besondere Art ausscheide. 114 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. Ich führe dabei die Artbezeichnung seitens des betreffenden Autoren, ferner die Synonyma älterer Autoren in Klammern hinter dem Autornamen an. Den beobachteten Geschlechtscharakter bei den gonochoristischen Tieren bezeichne ich kurz als mannlich oder weiblich für Tiere, welche nur Hoden oder nur Eier hatten. Jedem einzelnen Fall sind jene Angaben des Autors beigefiigt, welche für die Feststellung der Art maßgebend waren. Literatur-Angaben über Geschlechtsprodukte an //ydra. I. H. fusca, gonochoristisch. 1. Trembley 1744 (troisieme espèce). Männlich. Herbst und Anfang Winter. Zimmerkultu- | ren (ungeheizt ?). Mit ,Schwanz“. Tentakel bis 25 cm dehn- bar. Die Temperaturangabe bei Trembley ist nicht ganz sicher; er hat seine Kulturen ,in einem Zimmer gehabt, darin die Kälte nur einige Grade von der äußeren verschieden war“; aber er hat die Kälte ge- legentlich „dadurch etwas vermindert“, daß er seine Gläser „wenn es frohr, auf das Gesimse des Kamins setzte“. (Übersetzg. v. Goeze, S. 245.) 2. Wagler 1778 (H. grisea L. und A. pallens L.). Weiblich. Herbst. (Im Freien?) Die „Eiersäcke“ nach der Reife sorgfältig an Glas, Wurzeln etc. angeklebt. 3. Laurent 1844 (77. vulgaris Pallas, orangegelber Pol Rösels, S. 18). a) Weiblich. Ende Oktober, Anfang November im Freien. b) Männlich u. weiblich. November und Dezem- ber:im Zimmer, nicht Unit eri Miniehiteabier 10 (CS 61) Eibildung 1840—44 stets im im Spätherbst beobach- tet; gelegentlich März und April. Arme wenig lang; Stiel sehr deutlich; Ten- takel an Knospen: zuerst 1 oder 2 ge- bildet, dann erst 2 andere Höckerchen; ein 5. und 6. meist erst nach Ablösung (S. 60). Eier gelb (Taf. II), glatt und nicht stachelig (Compt. rend. Paris 1842 S. 373): werden nebeneinander angeklebt, wie sie am Tier sitzen (Taf. II, Fig. 3°, 4°, 5°). Die Artbezeichnung Laurents nach Pallas und Rösel ist sicher falsch; er hat zwei- fellos H. fusca gehabt, während obige Synonyme grisea bezeichnen. Laurent bildet allerdings Eier mit typischem Sta- chelbesatz ab: diese Figuren sind aber lediglich von Rösel und Ehrenberg übernommen. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. ue 4. Laurent 1853 (7. vulgaris = grisea 1..). Weiblich. November und Dezem- ber, Januar und Fe- bruar Anfang. Im Freien und in Kulturen? Gibt an: nach Eintritt von Kälte ist Befruchtung eingetreten; bei mildem | Wetter in dieser Zeit da- gegen die Eier zugrunde gegangen. . Brauer 1891 (7. spec.?). Männlich u. weiblich. Anfang Oktober im Zimmer (ungeheizt ?). Vor September gesammelt. Männlich u. weiblich. Im Winter im Freien. („Eine Anzahl.“) Männlich u. weiblich. Im Herbst im Freien. (Chicago, Parkweiher.) . Hertwig 1906, Krapfenb Männlich. In Zimmerkulturen bei +8 bis 10° C. Ohne Diagnose. Verg!. aber vorstehend Nr. 3 bezgl. 7. vulgaris bei Laurent. Struktur der Eischale und Art der Eiablage als neue systematische Merkmale; sonst ohne Diagnose. . Wetzel 1895 (A. fusca Var. Brauer). Stiel hell, durchsichtig, dünn. Eier kugel- rund, mit kurzen Fortsätzen. Angeklebt. . Downing 1905 (77. dioecia = H. spec.? Brauer). Nach den von Brauer für /7. spec. ? ange- gebenen Merkmalen. auer 1908 (77. fusca). Stiel scharf abgegrenzt. Tentakel-Entwick- lung an Knospen nach Haacke. II. H. fusca, hermaphrodit. . Goeze 1778 (ohne Benennung). Bundes Diezember, In Gläsern im Zimmer (un- geheizt?). Die Eiersäcke nach der Reife sorgfältig an Glas, Wurzeln etc. angeklebt. Auf Tafel bei Seite 821 zwei hermaphroditische Hydren abgebildet: I. mit 3 Eiern, und wenig Hodenbläschen vor und hinter den Eiern; 2. mit 2 Eiern, Ring von Hodenbläschen undeutlich Hodenbläschen hinter den Tentakeln. Die wiedergegeben; auch die Species nicht deut- lich charakterisiert, aber eher fusca als grisea. 10. Laurent 1844 (7. vulgaris November und Dezem- ber im Zimmer: Tem- peratur nicht unter +3° und nicht über + 15° G (S764): Pallas, orangegelber Polyp Rôsels, S. 18). S. Diagnose und Bemerkung bei Nr. 3. 116 IT. 12. 14. 15. 16. Le 18. 19. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. Brauer 1891 (fH. fusca) (neuerdings [1909] als H. polypus neu benannt). Oktober,zweite Woche (in der ersten Woche nicht geschlechtsreif ge- funden. Im Freien, Gräben; Oldenburg. Downing 1905 (7. fusca). ImsElenbsitaı,m@R reiten] Merkmale s. Nr. 5. (Gibt an, dafs die Gräben bei Ebbe sehr niederen Wasserstand haben; daher rasche Abkühlung. Nach den von Brauer für 77. fusca ange- (Chicago, Parkweiher.) Il. H. fusca, . Leeuwenhoek 1702 (ohne Im Sommer im Freien | (in der Maes.) (nur einige | Tiere). Anonymus 1703 (ohne Benen Im Juni im Freien (Eng- land), (nur ı Tier). A. B. 1746 (zweite weiße Ar Im August im Freien. | „Die um Stockholm ge- funden worden und der k. schwed. Ak. d. Wiss. verwichenen Heumonat sind gewiesen worden.“ Schäffer 1754 (langarmiger Im Sommer in Gläsern . . | („keine Eier gesehen‘). Rösel von Rosenhof 175 Im Juni beobachtet, im Zimmer. gebenen Merkmalen. ohne Geschlechts-Produkte. Benennung, animalcula). Tentakel sehr dehnbar, an der Knospe in 13—14h zwei, in 24h vier „Hörner“, 2 kleine, 2 große nung). An Knospe nach 2 Tagen 2—3 „Hörner“, nach 4 Tagen 6. t). Arme vielmal länger als der Körper, unglaublich zart und ineinander ver- schlungen. Schwanzpolyp). Tentakel sehr dehnbar. Mit „Schwanz“. 5 (brauner Polyp). Mit hörnerförmigen Armen, welche selber unter allen Sorten am längsten ausstreckt; dünner Teil länger, geschmeidiger, stark abgesetzt. Lichtenberg 1774 (der braune, langarmichte Polyp, den Rösel S. 505 beschreibt). Juni und Juliim Freien (Gräben und Fontäne bei Hannover). In großer Menge! Leydig 1848 (A. fusca). September u. Oktober im Freien? Nie Eibildung gesehen. | Tentakel sehr lang. Ohne Kennzeichen. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 20. Brauer 1801 (7. fusca). Oktober erste Woche, im Freien (in der zwei- ten Woche schon ge- schlechtsreif (Vergl. Nr. 10.) gefunden). 11007 Diagnose wie Nr. 5. IV. H. grisea, gonochoristisch. 21. Trembley 1744 (seconde espèce). Männlich u. weiblich (einige). Herbst u. An- fang Winter, im Zim- mer (ungeheizt?). (S. Bemerkung zu Nr. 1.) Ohne „Schwanz“; nach hinten allmählich, ohne Absatz dünner werdend. Tentakel meist 2—3 cm, selten bis 6 und 7 cm. 22. Rösel v. Rosenhof 1755 (oraniengelber Polyp). Männlich u. weiblich (einige). Im Herbst, im Zimmer (wahrschein- lich geheizt). Arme 3--4 mal länger als Körper; hinter ster Teil ganz dünn, aber mit allmähli chem Übergang. Eier abgefallen. Ei- schale mit langen gegabelten Stacheln (Taf. 83 Fig. 1). Rösel hat den ganzen Bildungsgang der Eier verfolgt und auch sonst sehr subtile, langwierige Versuche etc. angestellt; dabei schildert er in der Einleitung, wie er zu dieser Zeit durch einen schweren Schlag- anfall mit linksseitiger Lähmung ans Zimmer gefesselt und auf die Bei- hilfe seiner Frau angewiesen gewesen sei. Es wird hierbei wohl der Raum geheizt gewesen sein. 23. Ehrenberg 1836 (77. fusca aurantiaca oder pomeranzenfarbene Varietät wie bei Rôsel). Weiblich. | Eischale: allseitig mit Borsten wie Kletten, Im Juni im Freien (bei spalten sich an Spitze in krumme Haken. Berlin). Eier fallen ab (nach 6-8 Tagen). 24. Hancock 1850 (a new species? blaf fleischrot und gelblich). Variation von A. fusca? Männlich (schwache Ho- denbildung). Im Septem- ber, nach ı Monat Zim- merkultur. Sehr große Nesselkapseln (Taf. 7); mehr als doppelt so grofs wie jene von viridis (S. 288). Das abgelegte Ei schwimmt frei; gelbe durchsichtige Schale. 25. Leydig 1848 (A. vulgaris aurantiaca). Weiblich — Im September und Oktober im Freien ? Harte stachlige Eischale? Gibt an, daf er, wie Siebold, die Furchung ,,vor Bildung der harten stachligen Schale“ beobachtet habe. 118 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 26. Kleinenberg 1872 (H. aurantiaca und A. grisea). Weiblich (selten; meist hermaphrodit). September bis Januar im Freien? (Umgebung von Jena.) 27. Nußbaum 1887 (7. grisea). Weiblich. Schon Mitte August, und im Winter; zu letzterem fehlt Angabe, ob im Freien oder in geheiztem Raum. 27a. Zoja 1890 (7. grisea). Männlich u. weiblich. April und Mai in Aquarien in unerwartet großer Zahl. (Pavia !) 28. Weltner 1908 (77. grisea). Weiblich (alle, kein Tier hatte Hoden). Im Januar inAquarium (Zimmer geheizt ?). , Eischale ganz verschieden von der bei H. viridis. Mit vielen langen Stacheln, z. T. mit feiner Spitze, meist einfach oder doppelt gespalten mit 2—4 hakenförmi- gen Zacken endend (s. a. Taf. III Fig. 10). Tentakelentwicklung zeitig. an Knospe: gleich- Untersuchung der Juckeln. Nesselkapseln nach Tentakel z. T. bis 2°/ cm. Untersuchung der Nesselkapseln nach Jickeli. Eier abgefallen. V. H. grisea, hermaphrodit. . Schultze 1846 (7. vulgaris). (Nie Eier ohne vorher Ho- | den.) Mai bis Anfang Juli. Im Freien? 29 30 (Nie Eier ohne Hoden) (MARGE re) Im SeptemberimFreien. (Northumberland Lakes.) 3I September bis Januar. | Im Freien? (Umgebung von Jena.) Häufig. (S. Nr. 26.) 32. Brauer 1891 (A. grisea). (Ohne Ausnahme herma- phrodit.) Aprilbis Juni, und vereinzelt noch | Juli und August (in Perioden). Im Zimmer. (Tiere aus Eiern gezüch- tet!) | Eier abfallend; Oberfläche ganz mit eigen- tümlichen, gespaltenen, durchsichtigen Stacheln bedeckt. . Hancock 1850 (a new species? s. Nr. 24). Diagnose s. Nr. 24. . Kleinenberg 1872 (H. aurantiaca und H. grisea). S. Nr. 26. Ohne Diagnose; Struktur der Eischale und Art der Ablage der Eier als neue syste- matische Merkmale. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 119 33: Downing 1905 (/7. grisea). Frühjahr u Sommer. Im Freien. (Chicago, Parkweiher.) Nach den von Brauer für A. grisea an- gegebenen Merkmalen. VI. H. grisea, Ohne geschlechtliche Produkte. 34. A. B. 1746. (Erste weifse Art). im August im Freien | Arme 3—4mal länger als Korper (vergl. bei Stockholm Nr. 15). 35. Schultze 1846 (A. vulgaris). im April (im Freien? | Diagnose s. Nr. 29. (weder Ei noch Hoden). Ferner haben Baker 1744 und Pallas 1766 geschlechtsreife Hydren gefunden; bei beiden Autoren sind A. grisea und /usca aus der Beschreibung deutlich erkennbar, aber es ist keine Angabe darüber zu finden, welche Art Geschlechtsprodukte ausgebildet hatte. 36. Baker 1744. Im Sommer, im Zimmer be- | Art I= grisea: Schwanz kurz, nur bei Kon- obachtet männliche Tiere. traktion deutlich; 8—14 Tentakel. Der Jahreszeit nach sicher Art II und IV = fusca: Fuß lang, schlank, H. grisea (Art I) durchsichtig. 6—8 Tentakeln, sehr dehn- | bar. An der Knospe zuerst 2 Tentakel, dann 2 in Mitte dazwischen und endlich 4 in den Zwischenräumen. Übersetzung Demour S. ar u. 42. Baker bezeichnete seine Polypen als Art 1—4, lediglich der Herkunft nach sie unterscheidend; Art I z. B. stammt von 3 Polypen, welche ihm durch Folkes aus einer Sendung Trembleys überlassen wurden; ebenso Art 4, während er ,,Art 2“ selbst gefunden hat; Art 3 ist 77. viridis, selbst gefunden. 37. Pallas 1766. im Herbst weibl. Tiere, im | A. oligactis = fusca. Covpore caudato, gry- Winter Ausschlüpfen (2 seo, cyrrhis multoties longioribus. Schwanz Falle) beobachtet. so lange wie Magen. Tentakel sehr fein, bis rofache Länge des Körpers. H. vulgaris; H. attenuata = grisea. Cor- pore postice attenuato, gryseo, cyrrhis vix duplo longioribus. Schwanz allmählich übergehend. Tentakel meist zweifache ; Lange des Kôrpers. H. attenuata ist von Pallas ohne eigene Beobachtung nur als Synonym für Résels strohgelben Polypen aufgestellt. Species und Temp. nicht erkennbar. 120 Frischholz, Biologie und Systematik.im Génus Hydra. Endlich beschreibt Rösel noch 2 Arten, an denen er offenbar keine Geschlechtsprodukte gefunden hat; seiner weiteren Abhandlung legte er als Type nur 7. fusca zugrunde, den „braunen Polyp“, er- wähnt aber eingehend die Beobachtung von Eiern und Pusteln am oraniengelben Polyp, nicht aber an den 2 folgenden Arten; auch fehlt Angabe, zu welcher Jahreszeit etc. er diese zwei Formen beobachtet hat. 38. Rösel v. Rosenhof 1755. Der mittlere, oder halblang- | Ohne „Schwanz“; Tentakeln länger als bei armige Polyp, sei gleich der 1. Klasse (viridis) aber nicht so lang der zweiten Art bei wie beim oraniengelben. Trembley = grisea. Strohgelber Polyp. Es Mit kurzen, hörnerförmigen Armen, nie scheint môglich nach der _ länger als der Körper; nach hinten dicker; Beschreibung, daß dies sterben leicht ab. Hydren (grisea oder fusca) in Depressionszustand waren. Diese Literaturübersicht zeigt vor allem, daß fast ausnahmslos die Species, welche in den einzelnen Fällen beobachtet wurde, sich mit Hülfe der Merkmale welche uns heute für die Unterscheidung von Hydra fusca und grisea zu Gebote stehen, sicher feststellen läßt; im Zusammenhange damit steht dann eine große Übereinstimmung im biologischen Verhalten innerhalb jeder Species. Ich fasse zuerst das Resultat bezüglich der Temperatur zusammen, in welcher jede Art geschlechtsreif gefunden wurde. Sämtliche 12 Fälle bezgl. 7. /usca treffen in den Spätherbst und Winter; freilich erscheint die Wirkung niederer Temperatur dann unsicher, wenn die Beobachtung an Zimmerkulturen ohne Angabe der Temperatur, also vielleicht im geheizten Raum gemacht wurde; (bes. bei Nr. I, 2, 9) aber es stehen dagegen die bestimmten Angaben von Laurent, wonach der Eintritt der Geschlechtsreife deutlich mit dem Beginn der Winterkälte zusammenfällt oder durch niedere Temperatur in Kulturen erzielt wurde, ferner von Brauer (vergl. Nr. 11) und besonders die Ergebnisse der ausgedehnten syste- matischen Experimente von Hertwig und Krapfenbauer, sowie endlich meine eigenen Resultate, nach denen 77. fusca ausschließlich bei niederer Temperatur zur Hoden- und Eibildung kam. Von besonderem Werte scheint mir ferner der Vergleich jener 8 Falle, in denen 77 fusca ohne Geschlechtsprodukte gefunden wurde; es war dies ausschließlich in der warmen Jahreszeit der Fall, von Juni bis Anfang Oktober, also bis zum Einsetzen stärkerer Ab- Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 121 kühlung der Gewässer; zum Teil bezogen sich diese Beobachtungen auf große Mengen von Hydren; und am deutlichsten tritt das Zu- sammenfallen der Geschlechtsreife mit dem Eintritt kühlerer Tem- peratur wieder bei der Beobachtung Brauer’s hervor. (s. Nr. 20). Es wurden also /7. fusca mit Geschlechtsprodukten beobachtet entweder in Kulturen bei + 3 bis 15° C oder im Freien von Mitte Oktober bis Ende Februar, gelegentlich (Laurent. s. Nr. 3.) noch im März und April; ohne Geschlechtsreife dagegen von Juni bis An- fang Oktober. Nicht ganz so klar sind die Angaben bezg. 7. grisea. In den BälleneNe 27, 2270. 28 (Kremblewy, Rosrel, Weltnen)ssind die Beobachtungen an Zimmerkulturen im Herbst und Winter gemacht, und es läßt sich nicht sicher erkennen, ob eine künstliche Erwärmung stattgefunden hat; noch unsicherer sind die Beobachtungen bei Nr. 25, 26, 27, da hier gleichfalls Herbst und Winter als Zeit angegeben ist, dabei aber überhaupt die Angabe fehlt, ob im Freien oder an Zimmerkulturen beobachtet, wiewohl es sehr wahrscheinlich ist, daß zum Zwecke der betr. Untersuchungen das Material im Zimmer, also wohl bei Heizung gehalten wurde. Dagegen liegt eine Reihe sicherer Fälle von Beobachtungen ge- schlechtsreifer 77. grisea im Sommer vor: Nr. 23, 24, 27, 27a 29, 30, 32 u. 33 gehören hierher; in allen diesen Fällen treffen die Funde in die Monate April mit September, z. T. mit reichem Material; im April hat Brauer bei /7. grisea Geschlechtsprodukte an Zimmer- kulturen erhalten, weiterhin bis Juni und vereinzelt noch im Juli und August, ein deutlicher Hinweis auf die Wirkung der steigenden Temperatur im Frühsommer; von Bedeutung ist, daß Brauer und Downing sowohl 7. fusca wie 77. grisea beobachtet haben und bestimmt die verschiedene Jahreszeit angeben, in welcher sie beide Arten geschlechtsreif fanden. Schultze erwähnt ausdrücklich, daß er im April im Freien an seiner 7. vulgaris (= grisea, s. Nr. 29. und 35) weder Hoden noch Eier finden konnte, wohl aber vom Mai an bis kurz vor Abschluß seiner Untersuchungen, Anfang Juli. Jedenfalls stehen also den bestimmten Angaben von Geschlechts- reife bei A. grisea in der warmen Jahreszeit keine sicheren über solche Funde in Wasser von niederer Temperatur entgegen. Andererseits erwähnt zwar der anonyme Autor A. B. (Nr. 34), der im August ziemlich viele 77. grisea gesammelt zu haben scheint, nichts von Eiern oder Hoden; aber es ist die Temperatur nicht der einzige und kein zwingender Faktor für den Eintritt der Ge- Zool. Annalen III. 9 122 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. schlechtsreife; sie bildet nur jene Bedingung, welche den Eintritt derselben überhaupt ermöglicht. So berichtet auch Tannreuther (1908) in einer neuen Arbeit, daß er A. dioecia Downing, also 77. fusca, drei Jahre hin- durch im Sommer und Winter haufig (alle 2—3 Wochen) gesammelt habe (Woods Hall, N. Amerika), ohne sic je geschlechtsreif gefunden zu haben; nach Versetzung in Zimmerkultur sei nach einer Knos- pung von 2—6 Wochen (also Fütterung) Hoden- und Eibildung ein- getreten. Diese Angabe spricht aber, wie gesagt, nicht gegen das Resultat anderer Beobachtungen, daß die‘ kalte Jahreszeit die Zeit der Geschlechtsreife für 7. fusca sei. Über Temperatur oder Jahreszeit bei der Versetzung ins Zimmer fehlt übrigens jede Angabe, auch ist die Artbestimmung unsicher: er sah bei einem Teil der Tiere das charakteristische Ankleben der Eier (/usca), bildet aber eine typische Eischale von Z. grisea mit Stacheln ab und auch einen, übrigens instruktiven, Längsschnitt durch Hydra mit Eiern, der auf grisea schließen läßt. Er hat wohl, da außer dem teilweisen Ankleben der Eier ein zuverlässiges Merkmal nicht angegeben ist, beide Arten gemischt gehabt. Auch Kleinenberg (1872) berichtet schon, daß er /7. auran- laca (grisea, s. Nr. 26) zwei Jahre lang in der Umgebung von Jena nicht geschlechtsreif finden konnte; zu seiner Untersuchung hatte er dann aber doch nicht weniger als ca. 1500 Eier bekommen. Bei meinen systematischen Experimenten habe ich durch Ein- wirkung von Wärme (+ 20° C) an mehreren hundert /7. grisea Hodenbildung erzielt; nur sehr vereinzelte Fälle von Hodenbildung konnte ich kurz nach Versetzung in niedere Temperatur (+ 10° C) beobachten; dagegen habe ich noch Mitte und Ende Oktober im Freien bei einer Wassertemperatur (+ 10— 12° C) einige Exemplare von /7. grisea (etwa 5) geschlechtsreif, mit Hoden oder Eiern gefunden, zugleich mit geschlechtsreifen /7. fusca; aber der betr. Fundort war eine Pfütze von wenigen Metern Umfang, kaum 30 cm tief, der Rest eines in dem trocknen Sommer 1907 stark zurückgegangenen Alt- wassers der Isar; viele Tage im Oktober waren sonnig und warm, und es konnte leicht eine Durchwärmung dieser kleinen Wassermenge zeitweise stattfinden, der eine ebenso rasche Abkühlung nachts oder an kühlen Tagen folgen mochte; an einem anderen Fundorte, einem größeren Weiher, der mit einem ansehnlichen Flüsschen (Würm) in direkter Verbindung stand, habe ich in derselben Zeit und noch Ende Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 123 November über 100 /7. grisea ohne Geschlechtsprodukte gesammelt, dagegen hatten einige dort gefundene 77. fusca Hoden oder Eier; hier hatte die Abkühlung des Wassers schon zu konstant niedriger Temperatur gefiihrt. Es sind mir in der Literatur noch drei Falle bekannt geworden, welche den hier festgestellten Resultaten zu widersprechen scheinen; es sind dies Schultz (1906), welcher eine zwar unvollkommene, nur mikroskopisch konstatierte Hodenbildung bei Hydra (Art nicht er- kennbar) auf Rechnung starken Hungers ohne Temperatureinwirkung setzt; Downing (1905), welcher in 50 Experimenten vergeblich ver- suchte, durch Temperatureinwirkungen (von viel zu kurzer Dauer) Hydren zur Produktion von Geschlechtszellen zu bringen; und neuer- dings Weltner (1908), welcher sagt, daf er vor dem Herbst auch bei Temperaturen von + 4° C und darunter (das Optimum liegt bei + 10° C!) an /7. monoecia (fusca) vergeblich experimentierte. Diese Angaben sind teils zu unvollstandig beziiglich Artbestimmung, Dauer und Hohe der Temperatureinwirkung, teils sind die Experimente sichtlich ungeeignet angeordnet gewesen zur Erreichung eines be- weisenden Resultates. Zur Vollständigkeit sind noch einige Angaben über ZZ. v272415 anzufiigen; ich selbst habe mit dieser Species nicht gearbeitet und deshalb auch die einschlägige Literatur nicht eingehend berück- sichtigt; immerhin hat sich soviel ergeben, daß mit wenigen Ausnahmen ZZ. vırıdıs in der warmen Jahreszeit geschlechtsreif ge- funden wurde; nur 3 Autoren sind mir bekannt, welche solche Funde im späten Herbst oder Anfang Winter berichten (Leidy 1887, Thomson 1847, Günther 1904, z. T. im Aquarium). Whitney (1907) hat dann in zahlreichen Experimenten das Resultat erhalten, daß A. viridis durch Temperaturänderung im aufsteigenden Sinne zur Bildung von Geschlechtsprodukten veranlaßt wird. Es scheint demnach 77. virıdıs sich analog zu verhalten wie /7. grisea. Das Gesamtresultat aus den früheren Beobachtungen stimmt also recht gut mit den Ergebnissen meiner Untersuchungen zu- sammen. ZZ. fusca scheint strenge an die niedere Temperatur ge- bunden zu sein bezüglich der Geschlechtsreife; diese tritt unter natürlichen Verhältnissen (im Freien) nur im Winter ein: 77. grisea (und wahrscheinlich ebenso 727245) bildet Geschlechtsprodukte bei höherer Temperatur, wie sie der Sommerwärme in unserem Klima entspricht; doch scheint grzsea unter bestimmten Verhältnissen und in selteneren Fällen auch noch bei niederer Temperatur, vielleicht 9*r 124 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. nur als Nachwirkung vorheriger hoherer Temperatur, zur Geschlechts- reife zu kommen. Dies ist sicher cin interessantes Resultat in bezug auf die syste- matische Beurteilung der beiden Formen; es charakterisiert sie auch biologisch als streng verschiedene Arten. Ich komme nun zur Beurteilung des Geschlechtscharakters bei Hydra auf Grund der Literaturübersicht. Die Erfahrungen von Hertwig und Krapfenbauer, welche in individuenreichen Kul- turen von 77. fusca stets nur männliche Tiere erhielten, meine eigenen Resultate, nach denen sowohl //. fusca wie auch grisea sich stets rein gonochoristisch verhielten, im Gegensatze hierzu die bisherige Anschauung, daß wenigstens /7. grisea hermaphrodit sei, und endlich der Umstand, daß neuerdings nach dem Vorgange Downings vielfach eine neue vierte Art auf Grund gonochoristischen Verhaltens als H. dioecia angenommen wird, lassen eine Klärung dieser Frage sehr wünschenswert erscheinen: mir schien eine solche wenigstens teil- weise möglich durch genaue Vergleichung aller vorhandenen Be- obachtungen, die zugleich künftigen Untersuchungen in ähnlicher Richtung eine gute Grundlage geben möchte. H. fusca wurde schon früher häufig gonochoristisch gefunden ; es beweisen dies die Nr. 1, 3b, 5, 6, 7 und 8 der Literaturübersicht bezüglich rein männlicher Tiere, und Nr. 2, 3a, b, 4, 5, 6 und 7, bezüglich rein weiblicher. Trembley und Laurent haben zwar die Hodenbläschen nicht als solche erkannt, sondern für eine Krank- heit (Eiterpocken, pustules) gehalten; ihre Beschreibung läßt aber keinen Zweifel, daß sie Tiere mit Hoden vor sich hatten. Laurent hat auch an drei zusammengehörigen Generationen, welche er herangezüchtet hatte, Eibildung erhalten. (S. 95). Alle diese Autoren scheinen gonochoristische Tiere jn ziemlich großer Anzahl beobachtet zu haben; auf die letzten Beobachtungen an zahlreichen 77. fusca von Krapfenbauer und von mir selbst habe ich schon hingewiesen. In Rubrik II der Literaturübersicht sind die Funde von herm- aphroditen 77, /usca zusammengestellt; auch in diesen 4 Fällen scheinen immer ziemlich viele Tiere beobachtet worden zu sein; be- sonders hat Laurent sicher reichliches Material gehabt, denn er teilt (S. 18) seine Beobachtungen selbst in solche ein, wo Hydren nur Pusteln oder nur Eier und endlich Pusteln und Eier zugleich hatten. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 125 Die Rubriken IV und V der Literaturübersicht enthalten die Beobachtungen von geschlechtsreifen 77. grisea; die erste Rubrik zeigt, daß in nicht wenig Fällen auch bei dieser Species Tiere be- obachtet wurden, welche nur Hoden oder nur Eier hatten, also nicht hermaphrodit gefunden wurden. Unter den 9 Autoren haben 4 (Nr. 21, 22, 24, 27a) rein männliche Tiere gesehen, die übrigen fünf, und drei der ersteren (Nr. 21 bis 23, 25 bis 28 und 27a) rein weibliche. Die Angaben beziiglich Nr. 25 (Leidig) ist etwas unsicher, Hancock hat (Nr. 24) nur sehr schwache Hodenbildung gesehen, Kleinenberg (Nr. 26) nur in seltenen Fallen (sonst hermaphrodit). Es bleiben 9 Fälle bestimmter Angaben (3 männliche betr.), die Beobachtung gonochoristischer 7. grisea, meist in bedeutender Zahl. Dazu kommen wieder meine Resultate, das Auftreten zahl- reicher rein männlicher Tiere unter mehreren hundert 77 grisea, z. T. bei Kulturen, in denen während 2—3 Monate dieselbe Er- scheinung sich periodisch 3—4mal wiederholte; weibliche 77. grisea habe ich nur etwa 10 Exemplare gesehen, auch diese waren nicht hermaphrodit. Über Funde von hermaphroditen A. grisea berichten nur 5 Forscher, aber diese Angaben betreffen sichtlich größere Mengen von Tieren. Nicht in der Zusammenstellung erwähnt habe ich eine kleine Notiz von v. Siebold (1848), wonach er (S. 52, Anm. 4) FHT, vulgaris, also wohl grisea (Merkmale fehlen) in 3 Exemplaren geschlechtsreif fand, zwei hermaphrodit, eines nur mit Hoden. Auch bezüglich /7. vırıdıs kann ich einige Angaben machen, ohne daß, wie gesagt, meine Durchforschung der Literatur bezüglich H. viridis auf entsprechende Vollständigkeit Anspruch machen könnte. i x Wieder findet sich eine Anzahl Angaben iber gonochoristischen Geschlechtscharakter neben hermaphroditem. Thomson (1847), Browse 1852) Beier (1853) (Selten), Ars ha (res) Günther (1904), Whithney (1907a) haben rein männliche A. viridis beobachtet; Leidy (1887) berichtet, ohne Bezeichnung des Geschlechtes vom Funde gonochoristischer ZZ. vırıdıs. Dieselben Autoren, außer Günther und Leidy, haben aber auch hermaphrodite 77. vzrzdis gehabt; Thomson gibt an, daß er selten an den hodentragenden Tieren zugleich ein Ei fand; sonst betreffen die Funde wie es scheint zahlreichere Individuen. Aufser- dem berichtet Laurent (1850), daß er immer gesehen habe, da 126 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. bei der griinen Hydra die Ei- und Pustelbildung (d. i. Hoden) zu- sammenfallt. z Eines ist aus dieser Aufzählung sofort ersichtlich: nicht nur bei 7. fusca, sondern in gleichem Maße bei /7. grisea und vırzdis ist das Vorkommen gonochoristischer Tiere neben hermaphroditen erwiesen. Nun haben Brauer und Downing, auf Grund des Gonochorismus, von 7. fusca. die neue Art 77 diecia abgetrennt. Downing begründet dies noch weiter damit, daß Brauer sich mit der betreffenden gonochoristischen Form monatelang beschäftigt habe, ohne sie je hermaphrodit zu finden und daß er selbst mehr als hundert solche Hydra geschlechtsreif, aber auch nie hermaphrodit gesehen habe; dagegen solle bei den anderen drei Arten, 727425, grisea und fusca, welche er ausdrücklich als hermaphrodit bezeichnet, das Erscheinen von Hoden und Eiern nicht immer ganz gleichzeitig stattfinden, so daß gelegentliche Funde scheinbar gonochoristischer Hydren auch bei diesen Arten möglich seien, ohne daß echte Diöcie vorliege. Es bleiben die Beobachtungen bezüglich dieser Verhältnisse zu prüfen: Tatsächlich schildern mehrere Forscher eine solche Aufeinander- folge in der Ausbildung von Hoden oder Eiern. Schulze (1846) schreibt, daß bei /7. grisea die Hoden stets vor den Eiern erscheinen, daß ihre Reife aber erst eintritt, wenn wenigstens I reifes Ei am Tiere sei. Es kann sich demnach bei diesen Beobachtungen nur um eine kleine Zeitdifferenz im Erscheinen der beiden Geschlechtsprodukte handeln. Auch Kleinenberg (1872) gibt für A grisea Protandrie an, ebenfalls wie es scheint mit rascher Aufeinanderfolge. Hancock (1850) dagegen sah bei 77 grisea die Eibildung noch während der Hodenbildung beginnen. Ecker (1853) bezeichnet 77. viridıs als häufig protandrisch und bezweifelt echte Diöcie. Marshall (1882) hat beobachtet, daß seine 7. vırıdıs schon Ende Mai Hoden, nie aber vor Ende September Eier bekamen; dies bezieht sich allerdings auf eine etwas abnorme Form, eine kleine Varietät im salzigen See der Grafschaft Mansfeldt, welche Marshall als 7. vir. var. Bakeri bezeichnet. Zoja (1890) sagt, er habe öfter an den gonochoristischen Hydren in seinen Aquarien nachträglich Bildung der entgegenge- setzten Geschlechtsprodukte beobachtet, und zwar nicht selten Bil- Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 127 dung der Eier vor den Hoden (Proterogynie), wahrend doch meist das Gegenteil beobachtet sei. Downing selbst gibt auch an, daf alle drei von ihm als herm- aphrodit bezeichneten Arten in der Regel proterogyn seien. Diese Angaben von Zoja und Downing sind die einzigen über Proterogynie: alle übrigen Forscher haben in solchen Fallen des Geschlechtswechsels nur Protandrie beobachtet. Downing vermutet wegen dieses Widerspruches seiner Be- .obachtung, besonders mit der vorher genannten von Marshall, daß entweder die Fortpflanzungsweise bei Hydra mit den Bedingungen wechsle oder es habe Marshall Ende (Hoden) und wieder Anfang (Eier) eines Reproduktionszyklus gesehen. (S. 383.) Noch eine eigentümliche Angabe liegt vor. Nußbaum (1892) schildert folgendes: er hat eine Kolonie von Hydren mehrere Jahre in einem Aquarium beobachtet; im 5. Jahre, 1891, seien (im Juli, also wohl 77. grisea) nur Weibchen aufgetreten, während er vorher hermaphrodite Tiere gehabt zu haben scheint; er versetzte eine Anzahl Tiere in ein anderes Aquarium, und diese bekamen nach 1 Monat Hoden, während im Stammaquarium wieder nur Weibchen waren. Dasselbe Experiment konnte er im Februar nächsten Jahres wiederholen. Es wäre hier also eine Aufeinanderfolge hermaphro- diten, weiblichen und dann männlichen Geschlechtscharakters be- obachtet. In diesem letzten, wie in allen jenen Fällen, bei denen ein größerer Zeitraum zwischen den einzelnen Bildungen liegt, besteht aber eine große Unsicherheit: es ist nicht kontrollierbar, ob dieselben Tiere es sind, welche vorher z. B. Hoden und später Eier bildeten, oder ob die spätere Bildung nicht ganz andere Individuen betrifft; es bedürfte unter einer einigermaßen größeren Zahl Hydren einer sehr sorgfältigen Einzelbeobachtung, meistens wohl sofortiger Iso- lierungen, um dies sicher zu kontrollieren. Ohne dieses bleibt stets die Möglichkeit offen, daf von Anfang an Tiere mit zweierlei Disposition oder gar zweierlei Arten vor- handen waren, wie es bei dem letzterwähnten Falle (Nußbaum) wegen des Fehlens jeder Diagnose für die Tiere leicht möglich ist; der letztere Autor gibt auch an, daß die Bedingungen in den 2 Aquarien verschieden waren, ohne die Art dieses Unterschiedes näher zu bezeichnen. Es konnten also recht gut diese verschiedenen Bedingungen Ursache für die Geschlechtsreife einmal dieser und 128 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. dann einer anderen Individuengruppe oder Art sein, also doch Diôcie vorliegen. Immerhin scheint wirklich in einigen Fällen Protandrie mit rascher Aufeinanderfolge von Hoden und Eiern, wenigstens für IH. grisea, und vielleicht auch 7/7. vırıdıs, beobachtet zu sein. Bei H. viridis scheint auch der Umstand für Protandrie zu sprechen, daß nie rein weibliche, häufig aber rein männliche Exemplare ge- funden wurden: besonders bemerkenswert in dieser Richtung sind die Beobachtungen von Whitney (19072); er betont, daß er bei seinen Experimenten an Tausenden von 77. vırıdıs viele männliche Tiere bekam, nie aber solche fand, welche nur Eier produziert hatten; wohl aber sah er öfter, daß männliche Tiere nachträglich noch Eier entwickelten. Allerdings scheint er die geschlechtsreif gewordenen Tiere nicht lange weiter beobachtet zu haben. In solchen Fällen trifft also wohl die oben angeführte Angabe Downing’s, wenigstens für /7. grisea und virıdıs, zu, daß un- echte Diöcie bei diesen Arten beobachtet worden sei. Andererseits aber ist jene ,,echte“ Diöcie, welche Ursache zur Aufstellung der /7. dioecia gegeben hat, sicher in gleicher Weise auch bei /7. grisea und wohl auch bei /7. virıdıs beobachtet. Wenn Brauer monatelang an der betr. 77. fusca keinen Herm- aphroditismus beobachtete, so kann ich dem die gleiche Beobach- tung an //, grisea gegeniiberstellen; ich habe sogar, wie erwähnt, - aus einzelnen geschlechtsreifen Tieren individuenreiche Kulturen isoliert herangezüchtet und immer besassen alle Nachkommen, wenn sie oft in mehreren periodischen Wiederholungen während 2—3 Monate zur Geschlechtsreife kamen, denselben Geschlechts- charakter wie das betr_ffende Muttertier. Bei der erwähnten Angabe Marshall’s, nach der bei /7. vırıdıs zwischen der Hoden- und Eibildung der ganze Sommer lag, ist un- möglich festzustellen, ob beide Bildungen dieselben Individuen be- trafen; es kann die gleiche Diöcie vorliegen, wie bei A. fusca, grisea und den anderen oben erwähnten Funden gonochoristischer A. viridis. Für die 7 spec? von Brauer, d. i. 7. dioecia Downing ist aber ausser der Diöcie kein anderes sicheres Merkmal gegeben; zwar bezeichnet Brauer und nach ihm Downing das Ei als kugelig gegen das abgeflachte von 77 /usca, und die Oberfläche. mit kurzen Höckern, bei /usca mit kurzen Zacken besetzt; aber letzteren Unterschied lassen seine Abbildungen kaum merklich er- Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 129 scheinen; und die Abflachung ist vielleicht durch das beiden Abarten eigentümliche Ankleben der Eier an der festen Unterlage mit be- dingt, also ein sehr ungewisses Merkmal. Daf endlich nur bei der gonochoristischen Form von //. fusca Hodenbildung am hinteren Magenteile beobachtet sei (Brauer 1909), muf nicht auf eine be- sondere Art weisen; es scheint verständlich, daß bei hermaphroditer Ausbildung eines Individuums durch die Anlage der Eier an dieser Stelle in der Regel die Hodenbildung unterdrückt wird; es sagt aber schon Zoja (1890 S. 12): wenn bei hermaphroditen Hydren die Geschlechtsprodukte zahlreich sind, stehen die Hoden zwischen und auch hinter den Eiern; allerdings stellt er dies nicht speziell für 27. fusca fest (vergl. aber S. 147 bezgl. /7. grisea). In der gleichen Arbeit (1909) stellt zwar Brauer noch ein neues unterscheidendes Merkmal der beiden Abarten auf nach Untersuchungen an neuer- dings gefundenem Material der zwittrigen Art; es habe die gono- choristische Form nur 3 Arten von Nesselkapseln, die hermaphro- dite aber 4, darunter eine sehr große. Diese Angabe läßt sich aber nicht prüfen, denn es fehlt jede weitere Charakteristik dieses neu gefundenen Materiales, selbst die Angabe, ob die Tiere ge- schlechtsreif waren; die beigefügten Umrißzeichnungen der Nessel- kapseln (ohne Angabe der Vergrößerung) lassen an eine Verwechs- lung mit 77. grisea denken. Bildet aber nur die Diöcie das Merkmal für die Trennung von IH. fusca in eine 77. dioecia und eigentliche fusca, dann müßte nach den obigen Ausführungen konsequenterweise eine gleiche Spaltung der Art bei 7. grisea und 77. viridis vorgenommen werden. Aber ich glaube gezeigt zu haben, wie wenig sicher es ist, ob bei irgend einer der //ydra-Arten echte Diöcie vorliegt. Die angeführten Fälle protandrischen oder proterogynen Verhaltens lassen es recht wohl möglich erscheinen, daß alle Beobachtungen rein männlicher oder weiblicher Tiere bei //ydra sich nur auf eine sehr weit aus- einander gezogene Bildungsfolge der männlichen und weiblichen Ge- schlechtsprodukte beziehen, ein Zustand, der in einem gewissen Alter, oder unter uns noch unbekannten Umständen durch Zusammen- drängung leicht in deutlichen Hermaphroditismus übergeführt ge- dacht werden kann. Es ist nicht zu übersehen, daß ein Individuum bei solchen Metazoen, denen die vegetative Vermehrung fehlt, einen anderen Wert hat als dort, wo Knospung oder Teilung besteht. Echte Diöcie bei Hydra wäre, nach Analogie stockbildender Hydro- iden, nur dann gegeben, wenn alle vegetativen Nachkommen einer 130 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. aus dem Ei geschlüpften ZZydra gonochoristisch und gleichen Ge- schlechtscharakters bleiben. Dafür haben wir keinen Beweis, wenn auch in alten und neuen Experimenten Hydren monatelang und durch mehrere Generationen in gonochoristischem Geschlechts- charakter sich konstant erwiesen haben. Der Beweis kann nur er- bracht werden durch genügend lange fortgesetzte Kultur einer ent- sprechenden Anzahl von Hydren vom Ei ab, wobei die Nachkommen jeder einzelnen //ydra gesondert gehalten, die Bedingungen aber möglichst variiert werden; und es ist sehr unwahrscheinlich, daß dieser Beweis wird erbracht werden können. Dagegen spricht das nachgewiesene Vorkommen hermaphroditer Form bei allen drei Arten; es müßte dann eine dritte Sorte von „Stöcken‘“ geben, jene welche in allen Einzelindividuen sich hermaphrodit zeigen. Wenn demnach echte Diöcie unwahrscheinlich ist, so ist es freilich auch fraglich, ob man einen Zustand noch z. B. protandrisch und Hermaphroditismus nennen kann, bei dem Eibildung erst in einer so und so vielten vegetativen Generation einer vorangegangenen Hodenbildung folgt, also wahrscheinlich nicht am selben Individuum eintritt, wenn auch innerhalb derselben von ı Ei abstammenden Nachkommenschaft. Wiirde man aber selbst das Verhalten des einzelnen Individuums als Kriterium der Diôcie betrachten, dann erwächst eine andere Schwierigkeit: gewiß sind viele rein männliche oder weibliche Tiere bis zu ihrem Tode beobachtet worden, ohne daß sie andere Ge- schlechtsprodukte gebildet haben; aber die teilweise sicher be- stehende Protandrie läßt die Möglichkeit offen, daß diese Tiere, wenn sie durch geeignete Kultur am Leben geblieben wären, im nächsten oder übernächsten Jahre sich anderen gonochoristischen Charakters oder hermaphrodit gezeigt hätten. Diesem ganzen Dilemma würde man zwar durch Spaltung jeder Art in zwei neue entfliehen; aber es scheint mir weniger gewagt, zu folgern, daß gerade die Gleichartigkeit des Vorkommens gono- choristischen und hermaphroditen Charakters bei allen drei Species dafür spricht, daß wir es bei Hydra mit einem sehr labilen Zu- stand des Geschlechtscharakters zu tun haben, daß wahrscheinlich beide Charaktere an denselben Individuen oder wenigstens innerhalb derselben Nachkommenschaft auftreten, vielleicht bedingt durch den Alterszustand oder durch uns noch unbekannte äußere Bedingungen. Als Artmerkmal ist aber sicher die Diöcie z. Z. wenigstens nicht Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 131 verwendbar; es bestehen nur drei gut charakterisierte Arten: 7. viridıs, grisea und fusca. In diesem Zusammenhang muß ich kurz noch andere Versuche betrachten, neue Arten von //ydra aufzustellen. Von einigen älteren, nicht eingebürgerten, sowie von einigen außereuropäischen Neubenennungen (Amerika, Indien, Afrika) sche ich dabei ab. Interessant im Zusammenhalte mit dem Vorigen, wenn auch systematisch ohne Belang, ist eine Anschauung, welche Rouget (1852) äußerte. Nach ihm seien Z7 fusca, grisea und pallens (Linné) nur Zu- standsformen von //. vulgaris, so daß fusca erwachsene, grisea jüngere und fallens ganz junge Individuen wären; und die jüngsten (pallens) hätten nie Eier oder Knospen, die älteren je nach Alter immer mehr. Einen neuen Artnamen hat Asper (1880) für eine im hoch- gelegenen Silser See, Engadin, gefundene Hydra vorgeschlagen als Ff. rhaetica. Als Merkmale gibt er an, daß dieselben egelartig kriechen, leb- haft rot gefärbt sind, ferner, daß alle gonochoristisch waren. Die genannte Art zu kriechen ist bekanntlich allen Hydren eigen; schon Trembley hat ausgezeichnete Abbildungen und Be- schreibungen davon gegeben. Die Farbe aber ist bei Hydra voll- ständig unbrauchbar als Charakteristikum einer Art. Ebenfalls Trembley und Schäffer, die guten Beobachter, betonen dies Sthon Sichlaftes(1,55)2 sagt er sei „der NMeynune des erin Trembley, dafi die verschiedenen Farben keine besonderen Gat- tungen der Armpolypen verursachen.“ Trembley hat seine Hydren durch Fütterung willkürlich vom gewöhnlichen ,,braunrétlich“ in alle Schattierungen von rot gefärbt, ferner fast schwarz und selbst grün- lich; ja er versuchte dann sogar sie durch Fütterung mit schön- gefärbten zerschnittenen Blumenblättern und zuletzt mit einer In- fusion von Blumen recht mannigfaltig zu färben, ein Versuch, der natürlich übel mißlang. (S. 172—178 der Übersetzung v. Goeze.) Laurent (1842) will Hydren durch Fütterung von Indigo, Karmin und Kreide künstlich blau, rot und weiß gefärbt haben. (Vergl. die Tafeln zu seiner Zoophytologie 1844). Solche Angaben über Einfluß des Futters auf die Färbung fin- den sich noch öfter: (Baker 1744, Laurent 1853, Leidy 1887, Greenwood 1888, Hefferan 1902.) Asper selbst gibt (1879) an, 132 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. daß die Färbung durch Fütterung veränderlich sei. Ich konnte die Farbentône, welche Trembley an seinen Hydren erzielte, alle auch an meinen Tieren beobachten und den direkten Zusammenhang mit der Farbung des Futters konstatieren; insbesondere wurden die Hydren durch Aufnahme einer Diaptomus-Art, welche reichlich rote Oltropfen in sich hatte, lebhaft rot, bis zum schônsten Purpur. Auch Zschokke führt solche rote Farbung auf die Ernährung mit intensiv roten Copepoden zuriick. (Nach Steche 1908. S. 468). In der genannten Abhandlung Asper’s nun (1880) findet sich wenige Zeilen nach der Schilderung der rotgefarbten 77. rhaetica die Mitteilung, daß der betr. See sehr reich an pelagischen Krustern sei, welche lebhaft rote Oltropfen im Kérper hatten. Die Schaffung einer neuen Art auf Grund dieser Merkmale war also sicher nicht berechtigt. Die betr. Hydra gehôrte der Temperatur nach, in der sie ge- schlechtsreif gefunden war (—7° C, Luft wahrscheinlich) zur Species fusca. Die Abbildungen lassen hiertiber nichts erkennen. Ebenso ist der Vorschlag desselben Autors (1879) die Hydra der Limmat wegen ihres Gonochorismus als eigene Art zu betrachten, nicht be- rechtigt. Sehr interessante Experimente hat Whitney (19076) neuerdings gemacht; es ist ihm gelungen, durch Versetzen in sehr schwache (0,5 °/,) Lösung von Glycerin der 77. virıdıs die grünen Zellen zu entziehen, und die nun weifse Hydra bis 2 Monate weiter zu züchten und zu normaler Knospung zu bringen. Er vergleicht die so er- haltene Hydra mit 77. fusca, findet aber keine vollkommene Uber- einstimmung. Schon früher ist einigemal die Ansicht geäußert worden, daß H. vırıdıs vielleicht nur eine mit Algen infizierte Hydra anderer Art sei.. Ich halte dies nicht für richtig. Allerdings gleicht 77. viridis in Habitus und einigen Merkmalen der //. grisea (nicht fusca!); Tentakellänge, Stielform, Entwicke- lung der Tentakel an der Knospe sind bei beiden sehr ähnlich; aber die Bildung der Eischale ist, wie schon Ecker (1853) und be- sonders Brauer nachweisen, typisch verschieden. 77. vırıdıs hat ferner, wie es scheint, stets nur I Ei, grisea bis zu 8. (Ecker 1853, Nußbaum 87). Ähnlich ist zwar auch das biologische Verhalten bei der Geschlechtsreife (Sommer), aber von //. viridis sind keine rein weiblichen Tiere bekannt, bei 77. grisea häufig beobachtet. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 133 Schließlich ist es Whitney noch nicht gelungen, seine weiße Hydren wieder zu infizieren; man wird also nicht die 7. virıdıs als eine ‚grüne grisea“ betrachten dürfen. Ich will zum Schlusse noch meine eigenen Beobachtungen über die Merkmale der beiden Species genauer schildern, soweit es nicht schon geschehen ist. Es scheint mir nicht überflüssig, bei Hydra, die auch fernerhin wohl häufig das Material für biologische und histo- logische Untersuchungen bilden wird, die bisher so unsichere Er- kennung der Arten möglichst zu fördern. Dies mag die eingehen- dere Behandlung rechtfertigen. !) I. Färbung. Wie wenig diese geeignet ist, zur Unterscheidung der Arten zu dienen, habe ich schon erwähnt. Immerhin scheint doch jede der beiden Species eine gewisse „Grundfarbe‘‘ zu haben, welche ich bei /usca mit blaßgelb (gummigutt) bezeichnen möchte. Diese Farbe besitzen auch junge, aus dem Ei geschlüpfte /%scae vor jeder Nah- rungsaufnahme, wie auch Laurent (1844, S. 73) schon beobachtet hat. Es ist dies auch (jedoch orange) die Farbe des befruchteten Eies während der ganzen Entwickelungszeit. Bei 7. grisea schien mir dagegen mehr ein rötlicher Ton (ziegel- rot) vorzuherrschen; ausschlüpfende 77. grısea sah ich nicht. Wie erwähnt, sind aber diese Farben unter äußeren Bedingungen unge- mein veränderlich. Die Einflüsse, welche die Farbe bestimmen, sind nach meinen Beobachtungen: I. Gewisse Farbstoffe des Futters. (Vergl. S. 131/2 etc.) 2. Die Intensität der Fütterung und Verdauung: stark gefütterte Tiere werden dunkler gefärbt, jedoch um so weniger, je rascher zu- gleich die Verdauung vor sich geht (z. B. in Wärme). 3. Die Temperatur; sie beeinflußt in der Hauptsache gleichfalls die Intensität, weniger den Ton der Färbung. Näher auf diese Wirkungen einzugehen, ist hier nicht der Ort. 1) Ich darf vielleicht als Kuriosum hier auch die Begründung anführen, welche aus ähnlichem Anlaß ein früherer Autor ausgesprochen hat. Lichtenberg (1774) schließt seine Mitteilungen über einige Versuche an Hydra mit den Worten: Er hofft, sein Beitrag sei angenehm über ein Tier, ‚das, wenn es sich paarte und nicht vom Weine augenblicklich stürbe, vom Menschen selbst in gewissem Betracht be- neidet zu werden verdiente“. 134 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. Zonale Eine normale 77. fusca streckt, wenn sie nicht beunruhigt wird, ihre Tentakeln äußerst lang und fein bis zu 20 und 25 cm aus. Aber unter gewissen Umstanden, z. B. während starker Fütterung, fehlt ihr diese Fähigkeit mehr oder minder, während andererseits /7. grisea nicht selten, z. B. bei beginnendem Hunger nach guter Fütterung, ihre Tentakeln auch auffällig lang streckt. Ich beobachtete Längen bis zu 5 cm, Weltner (1908) solche bis fast 3 cm. In zwei Kulturen hatte ich Hydren, welche morphologisch wie biologisch sich vollständig wie /7. grisea verhiel- ten, deren Tentakeln aber dauernd sich ungewöhnlich langer Strek- kung (3—4 cm) fähig zeigten. Also auch dieses sonst sehr auf- fällige Merkmal ist nicht immer zuverlässig. Dem durch längere Beobachtung der Tiere geübten Blick zeigt sich jedoch immer ein Unterschied; die Tentakeln bei Fl. grisea bleiben auch bei ex- tremer Streckung stets etwas dicker, und die Haltung dersel- ben macht mehr den Eindruck aktiven Tragens, während JZ. fusca dieselben senkrecht frei herabhängen läßt; gestreckte Ten- takeln von /7. fusca sind meist Fig. 1. H. grisea. Habitusbild. (Zufällige Ver. gekräuselt oder stellenweise in wachsung der Fußscheiben.) Nach dem nen Schlingen gelegt, jene von 4. grisea, auch wenn die Enden ab- wärts gesenkt sind, stets gerade, mehr straff. Typisch ist auch die Haltung; grzsea trägt die Tentakeln in einer weit offenen Glocke, radiär abstehend, z. T. die Enden nach vorn abgebogen oder hängend (s. Fig. 1); der vom Körper fast senkrecht abstehende Teil ist so lang oder länger als dieser, bei /7. /usca da- gegen kürzer, die Haltung mehr trichterförmig nach vorn geneigt, ein Unterschied, der sich schon an jungen Knospen beider Arten ausprägt. (Figg. 7 bis 9 gegen 14 u. 15). Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra, 135 Die Zahl der Tentakeln schwankt bei den einzelnen Individuen bedeutend. Doch wird zuverlässig angegeben, daß 77 grisea im Mittel eine höhere Tentakelnzahl, ca. 7 besitzt und zugleich größere Variationsbreite, von 5-10 (Hanel 1907) und selbst 5—18 (Downing 1905), während für /7. fusca 6 die Normalzahl, die Schwankung 6—10 beträgt. (Downing). Ich selbst habe nur gele- gentlich Zählungen vorgenom- men. In zwei Stammkulturen der beiden Species von an- nähernd gleichem mäßigen da Fütterungszustand und ziem- Fy, lich gleicher Dauer der Kultur DA fand ich folgendes: ia sca an 136 Tieren: Aullent. bei Cana ze UO CP beimje 2.1005 fie esehty seltene mit CAI Re Wee eased = an 5A Tieren: O lenti bel Cas ASUG 7 ” „ „ 33.0 Sr TIRA ERO o A OLIO ih Nur sehr vereinzelt, fast nur abnormale 77. grisea hatten unter 6, dagegen fand ich Fo später vereinzelt über 10, in 7 fusca. Erstes und zweites Stadium der einem Falle 14 Tentakeln. Tentakelbildung an Knospen. (1. u. 2. Ten- takel, dann 3.) Nach Parke (1900) schwankt die Zahl nach Alter und Fundort. Vergl. auch Hanel (1907). 2, Snell fT. grisea erscheint im ganzen plumper, gedrungener als /#sca; dies ist hauptsächlich verursacht durch den Mangel eines scharf gesonderten Stieles (Fig. 12, 14). Bei /7. grisea nimmt der Körper von der Fußscheibe an ganz allmählich und gleichmäßig an Dicke zu und ebenso unmerklich geht die lichte bis fast glashelle Färbung 136 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. nahe der Fußscheibe in die oft intensive Färbung des Magenteiles über ; eine bestimmte Grenze zwischen Stiel und Magen fehlt gänz- lich; bei /usca dagegen liest hier meist eine plötzliche Verdickung, besonders aber ist der Stiel in seiner ganzen Länge gleichmäßig dünn, farblos bis glashell; seine Länge beträgt gewöhnlich 1/2 der Gesamtlänge. (Fig. 5). Aber wechselnde Kulturbedingungen haben oft die Verhältnisse bedeutend verschoben, z. T. direkt umgekehrt. Dies gilt besonders = Fig. 3. Fig. 4. H, fusca, Gegenseitige Stel- H. fusca. Tentakelstellung wie Fig. 3. Abgren- lung der beiden ersten Ten- zung des Stieles bei mittlerer Kontraktion. takelanlagen. (Vergl. Dia- gramm b S. 142.) für stark knospende 77. grisea, solche zeigen oft eine auffallend scharfe Sonderung des Stieles nach Dicke und Färbung (Figg. 11, 13), ein Umstand, der sehr für die Angabe von Hertwig 1906 spricht, daß durch den Prozeß der Knospung eine Umwandlung von Magen- gewebe in Stielgewebe stattfinde. Auch in Kälte scheint der Stiel bei 7. grisea deutlicher hervorzutreten. Andererseits sah ich stark gefütterte 77 fusca mit sehr kurzem dickem Stiel und selbst ohne jede deutliche Abgrenzung desselben, Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 1374 einen plumpen Sack bildend. Aber auch bei mäßig gefütterten A. fusca ist oft die Abgrenzung des Stieles nach Dicke und Fär- bung verwischt. (Fig. 7). Bei stark hungernden 77. fusca wird der Magenteil schließlich so dünn und farblos, daß ein Unterschied gegen den Stiel oft nur mehr unter dem Mikroskop erkennbar ist. Fast immer aber, auch. in den letztgenannten Fallen (nicht bei Depression) tritt der Stiel wieder deutlich bei Kontraktion hervor, während /7. grisea sich völlig zu einem ovalen Klümp- chen zusammenzieht. (Figg. 4, &, 1© u 12)% Bei /usca ist die deutliche Ausprägung des Stieles schon bei ausschlüpfenden Tieren meist sehr Fig. 5. Fig. 6 A. fusca, Drittes Stadium der Tentakel- H. fusca. Vier ältere Tentakel an bildung an Knospen (4. Tentakel). Nor- einer Knospe mit deutlichem Längen- male Abgrenzung des Stieles. (Mäßige . unterschied; Stellung wie Fig. 3. Streckung.) Scharfe Abgrenzung des Stieles bei starker Kontraktion. auffallend, also nicht ausschließlich ein Produkt späterer Lebensvor- gänge, sondern eine der Art zukommende Struktureigentümlichkeit. An Glycerinpräparaten konnte ich beobachten, daß das lichte fast durchsichtige Aussehen des Stieles bei /7. fusca nicht allein durch einen Unterschied im Pigmentgehalte des Stiel- und Magen- Entoderm bedingt ist, sondern auch durch die sehr verschieden starke Ausbildung des interstitiellen Gewebes in Stiel und Magen. Das Netz dieses Gewebes, dessen Zellen in zusammenhängenden Zool. Annalen III 10 138 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. Strangen stets unter den Zellgrenzen des Ektoderm zu finden sind (vergl. auch Schneider 1890, Taf. 17, Fig. 30 und Rouget 1852 Taf. 6, Fig. 4), setzt sich bei 77. grisea weit in die Gegend des Stieles fort, und wird nur ganz allmählich zellärmer und feiner, während es bei 7. fusca an der Stielgrenze scharf und fast vollständig aufhört. (Fig. 5 u. 12). So ist diese habituell erkennbare Verschiedenheit der zwei Arten der Ausdruck sehr weitgehender Verschiedenheit im anatomischen Bau. Wenn also auch Weltiuer (1908) mit Recht sagt, daß Körperform, Tentakelnlange und Farbe nur bei längerer Zuchtbeschäftigung brauchbar seien zu sicherer Bestimmung, so behalten diese Merkmale doch ihren Wert und besonders für eben diesen Fall; sie ge- statten dann doch eine sichere Erkennung auch nicht knospen- der und nicht geschlechtsreifer Tiere ohne mikroskopische Untersuchung. 4. Knospenstellung. Hertwig hat an Z. fusca eine gesetzmässige Stellung der Knospen beobachtet, ein Um- stand, auf den früher nie ge- Fig. 7. achtet wurde. Danach stehen H. fusca. Abnorme undeutliche Abgrenzun 2 5 5 : 4 i aa) SE die Knospen in einer Spirale, welche von der Stiel- Magen- Grenze ab in flacheren oder steileren Windungen (je nach Futter etc.) gegen den Vorderteil ziehend gedacht ist. Der Abstand der einzelnen Knospen betrage etwa 1/3 des Leibesumfanges der Mutter. Ohne daß ich regelmäßige Beobachtungen hierüber an- gestellt hätte, scheint mir dies wirklich die normale Anordnung zu sein; sie ist aber keineswegs ohne Ausnahmen. Ich habe mehrere Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 139 solche Falle gesehen und z. T. in Diagrammen festgelegt, wo zwei Knospen rein gegenständig waren; dann vier Knospen kreuzweise gestellt, in der bei Pflanzenblattern decussiert genannten Anordnung, das zweite Paar etwas hôher als das erste. Häufiger habe ich bei /7. grisea auf die Knospenstellung ge- achtet und glaube Unterschiede erkannt zu haben, die freilich nicht so konstant sind, daß sie systematisch verwertbar wären. Zur Untersuchung der Knospenstellung an lebenden Tieren ist es praktisch, Tiere, welche an der Wand des Glases sitzen zur Kon- traktion zu reizen; man bekommt dann förmlich die Projektion der ganzen Anordnung auf die Glaswand zu sehen und ver- meidet die häufigen sehr störenden torsionsartigen Be- wegungen des gestreckten Tieres. Bei 7. grisea scheint die Neigung zu kreuzweiser und decussierter Stellung der Knospen stark vorzu- wiegen, und im Zusammen- hange damit die gleich- zeitige Anlage von zwei und selbst vier Knospen. So sah ich als besonders auffallende Beispiele an einer ZZ. grisea vier dicke gleich große neue | ile & NA eine andere mit Jal. fusca. Vier altere Tentakel an einer Knospe ) mit deutlichem Langenunterschied. acht Knospen zeigte alle paarweise decussiert, so daß Paar 5—6 über 1—2, Paar 7—3 über 3—4 stand. Auch sonst standen, wie gesagt, meist zwei Knospen gegenständig, vier kreuzweise. Während in diesen Fällen sehr oft je zwei Knospen nahezu gleichen Alters waren (Fig. 11), auch oft zwei und selbst vier An- sätze zu gleicher Zeit erschienen, habe ich bei #7. fusca fast nie zwei Knospen gleichzeitig erscheinen sehen; die Knospen zeigten hier stets einen deutlichen Altersunterschied. Dies ist besonders interessant, wenn man sich an das Bildungsgesetz der Tentakeln an jungen Knospen erinnert, wo auch bei 7. grisea die Gleichzeitigkeit der Bildung herrscht, bei /7. /usca die Aufeinanderfolge; bei 7. grisea 10* N 140 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. erscheint der radiäre Typus reiner ausgeprägt als bei 7. fusca. Die Stellung der Eier scheint allerdings bei /wsca auch in der Regel 6 3 2 — — TET 2) D Fig. o. H. fusca. Viertes Stadium der Tentakelbildung (6 Tentakel). Die Reihenfolge der Entstehung klar erkennbar an den Längenunterschieden (2 und 2, dann 5 und 6 gleichzeitig angelegt). Ab- norme undeutliche Abgrenzung des Stieles. gegenständig zu sein, wie ich in mehreren Fällen bei zwei Eiern sah. Laurent (1844) bezeichnet ausdrück- lich die Stellung von 2 und 4 Eiern als kreuzweise. In einer Veröffentlichung von 1842 scheint er aber auch TI. grisea gehabt zu haben, da er vom Abfallen der Eier spricht, gleichzeitig sagt er, daß an den Tieren die Kno- spen (4) kreuzweise stehen; (S. 382). Doch hat er sicher zugleich 77. fusca in Kultur gehabt. Parke(1900)scheint seinen Abbildungen nach H. fusca gehabt zu haben, und gibt kreuzweise Stellung von zwei Paaren an. Zoja bezeichnet als weit- aus haufigsten Fall die Gegen- standigkeit vonzwei Knospen und die gekreuzte Stellung von zwei und mehr Knospen- paaren, und zwar ohne Riick- sicht auf die Species; bei seinen eigenen Beobach- tungen scheint er jedoch meistens nur //. grisea: ge- habt zu haben, und er bildet auch zur Veranschaulichung der decussierten Stellung von drei Knospenpaaren eine 7. grisea ab (Taf. Ill, Fig. 4). Es scheint demnach, daf in der Stellung der Knospen weder eine allgemeinere konstante Regel noch ein strenger Unterschied zwischen den Species besteht. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. I4I Für die Stelle einer Knospenanlage ist wohl zunächst, wie schon Zoja (1890) und Hertwig (1906) angenommen haben, die Nahrungs- verteilung im Gewebe des Magenteiles maßgebend; eine erste Knospe entsteht am Orte stärkster Ernährung, eine nächste dort, wo sie ihrerseits die günstigsten Raum- und Nah ungsverhältnisse findet. Dieses auch bei der Blattbildung am Vegetationskegel der Pflanzen zur Erklärung verwendete Prinzip ist aber natürlich für sich nicht ausreichend, eine bestimmte Reihenfolge und Stellung der jungen Anlagen zu begründen, wie es Zoja in schematischer Weise für die gegenständige und gekreuzte Knospenstellung versucht hat (Taf. III, Fig. 1—3). Nach meinen oben erwähnten Beobachtungen scheint mir nun ein zweiter Faktor, der die Anordnung der Knospen wesentlich mitbestimmt, in der Gleichzeitigkeit oder Aufeinanderfolge der Anlagen gegeben zu sein; dabei muß ich es völlig unentschieden lassen, ob für eine Species oder ein Indivi- duum eine bestimmte Veranlagung in dieser Hinsicht besteht, oder ob nur äußere Ein- flüsse auch dafür verantwortlich zu machen sind. Ich glaube aber, man kann bei Berück- sichtigung dieses Faktors das Zustandekommen einer bestimmten Anordnung sich ungefähr Fig. ro. H. grisea. Abgrenzung folgendermaßen vorstellen: des Stieles fehlt gänzlich, auch bei starker Kon- Die Stellung der Knospen wird durch die ion ici) Zahl der gleichzeitig oder fast gleichzeitig an- gelegten Knospen bestimmt; treten zwei Knospen gleichzeitig auf, dann bildet fiir sie die gegenstandige Stellung die vorteilhafteste Anordnung, und zwei spätere, gleichzeitig entstehende Anlagen werden etwas höher, in gekreuzter Stellung zum ersten Paar sich bilden. Entstehen gleichzeitig drei Knospen, so stehen sie in einer Ebene mit einem gegenseitigen Abstand von je !3 des Körper- umfanges der Mutter, wie ich tatsachlich in einigen Fallen beobachten konnte. Entstehen endlich die Knospen einzeln nacheinander, dann entsteht die eben geschilderte Spiralstellung. 5. Anlage der Tentakeln. Der klaren Beschreibung wie sie Haacke und neuerdings Hertwig und Krapfenbauer fir die charakteristische Reihen- folge in der Anlage der Tentakeln an jungen Knospen bei H. fusca 142 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. gegeben haben, habe ich wenig hinzuzufügen. Nur entsteht nach meinen Beobachtungen das erste Paar nicht genau gegenstandig wie bisher stets angegeben, sondern etwas konvergierend nach der vom Muttertiere abgewendeten Seite zu. (Fig. 2—7). Ich reproduziere das Diagramm (a), welches Krapfenbauer gibt, das ahnlichen Zeichnungen Haackes entspricht, und stelle da- neben das nach meinen Beobachtungen berichtigte Schema b. Es ist sofort klar, daß die Anordnung eigentlich von vornherein zu fordern ist, wenn später alle 6 Tentakeln in gleichmäßiger Anordnung um das Peristom stehen sollen; hauptsächlich aber erklart sich so ganz ungezwungen das regelmäßige Erscheinen des dritten Ten- takels vor dem vierten und sein Erscheinen an der bestimmten, dem Muttertiere zugewendeten Seite; es ist ai: b. eben dort der größte freie Raum ver- fügbar. Im Falle des Diagramm a aber sind durch die Anlage der vier ersten Tentakeln vier vollkommen gleichwertige Quadranten am Peristomrande geschaffen; schon Zoja (1890) hat auf Grund eines solchen Diagrammes theoretisch gefolgert, Diagramm der Tentakelanlage daß die Stellung des 5. und 6. Tentakel an Knospen von 4. /usca, unbestimmt sein müsse. Dies ist aber onen für /7. fusca, wie gesagt, unter normalen eobachtung des Verf. Tentakel 2 > 1 u. 2, dann 5 u. 6 erscheinen Verhältnissen keineswegs der Fall. SE pee eet Sp Vielleicht hangt mit der mehr oder minder exakten Gegenständigkeit dieser beiden ersten Tentakel auch die endgültige Ausbildung von nur 4 oder andererseits 6 Tentakeln an erwachsenen Tieren zusammen, vielleicht auch das Vorkommen von anderen Zahlen wie 5, 7 oder 8. Sind die zwei ersten Tentakeln rein gegenständig (Diagr. a.), dann ist z. B. die Zahl 4 oder 8 wahrscheinlich; im Falle des Diagramm b, der nach meinen Beobachtungen die Regel ist, die Zahl 6. Erwähnen möchte ich noch, daß Haacke (gegen Meresch- kowsky) den 5. und 6. Tentakel nicht gleichzeitig, sondern einen vor dem anderen entstehen sah, wahrend Krapfenbauer angibt, daß sie oft gleichzeitig entstehen; ich selbst habe hierüber keine Beobachtungen gemacht. Das Bildungsgesetz ist bei /7. fusca sogleich an den ersten Knospen, welche eine ausgeschlüpfte Hydra anlegt, sehr scharf ausgeprägt. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 143 Die beigefiigten Textfiguren sollen neben anderem insbesondere die Deutlichkeit und Regelmäßigkeit dieses Unterschiedes in der Tentakelentwickelung zwischen 77. /usca (Fig. 2—9) und 77. grisea (Fig. 10—15) in den verschiedenen Stadien illustrieren (s. a. Figuren- erklärung, vorn). Nur zwei Fälle konnte ich auffinden unter der großen Zahl von beobachteten 77. grisca, welche, sichtlich abnorm, eine Ähnlichkeit der Tentakelanlage mit A. fusca aufweisen (Fig. Tower7)2 Aber auch in diesen Fällen zeigt das zweite (kleinere) Paar der jungen Tentakeln nicht die ausgesprochene Ge- genständigkeit wie bei H. fusca. Die Tiere, welche in Fig. 2—17 dargestellt sind, wurden zur Sicher- heit alle auch durch Mes- sung der Nesselkapseln auf ihre Art gepriift, wie- wohl von jedem seine Herkunft aus einer /usca- oder grisea-Kultur zuver- lässig notiert war. 6. Nesselkapseln. Ich habe an etwa 40 Fig. 11. Tieren aus 8 Kulturen 2. grisea. Erstes Stadium der Tentakelanlage an ee turen von 77. grisea die ‘Knospung. Nesselkapseln mit Hilfe des Okularmikrometers gemessen; ausnahmslos stimmte das Resultat beztiglich der Verschiedenheit der beiden Species mit den Angaben Jickelis überein, und bestätigte so meine vorherige Artbe- stimmung nach dem Habitus und der Entwicklungsweise der Tentakeln. Bei den Tieren aus /usca-Kulturen fand ich eine Maximaldicke der größten Form der Nesselkapseln mit 8,0—8,5 u, bei allen 144 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. grisea-Tieren dagegen mindestens 10,5 # und meist 13,0—13,5 w. Der Unterschied ist also ganz bedeutend. Ich habe bei diesen Messungen meist nur einen Tentakel der in Glycerin gelegten konservierten Tiere flüchtig durchsucht und eine Anzahl der größten Kapseln gemessen, an manchen Tieren jedoch auch analoge Messungen am Magenteil vorgenommen. Die Maximal- dicke der größten Kapseln scheint am selben Tier in verschiedenen Körperregionen nicht zu variieren. Weil die für ZZ. grisea typischen großen Formen an manchen Individuen nur in geringer Zahl vorhanden sind, ist es eventuell nötig, mindestens einen Tentakel ganz zu durchsuchen. Daß 77. grisea auch große Kapseln von geringerem Durch- messer gleich jenen von /usca besitzt, habe ich schon erwähnt. Hunger scheint die Zahl der Nesselkapseln zu verringern, nicht aber ihre Größe. 7. Biihülleu. Biabilayege: Meine wenigen Beobachtungen an Eischalen von 27. fusca habe ich schon oben (S. 113) erwähnt. Hier muß ich nur noch naher das Ankleben der Eier > seitens /7. fusca schildern. Da a Es geschieht dies nach der Bildung H. grisea, Weitere Entwicklung der Eihülle, wenn also Befruchtung und ee ale Tentakel Nor ein Teil der Entwicklung schon ab: mal unmerklicher Übergang des gelaufen sind. Ich konnte den Vor- Seles) in/Magentsik) (Mittlere Kon Gang bei allen’ A/jfusca sehen, welehe traktion.) 5 befruchtete Eier hatten, im Ganzen bei etwa 10 Tieren. In 2 Fallen allerdings ist ein erstes befruchtetes Ei frei abgefallen. Unbefruchtete Eier zerfallen am Tier. Die Abbildung Laurent’s auf seinen Tafeln zur Zoophyto- logie (1844) veranschaulichen den Vorgang sehr gut. Ich fand die betreffenden Tiere mit breiter Basis an der Unterlage fest sitzend, der Stiel schien gänzlich verschwunden, das Tier direkt mit dem Magenteil angeklebt; die Verkürzung des Magenteiles wurde immer stärker, schließlich stellte die ganze Hydra nur ein spitzes Klümpchen dar, etwa von der Form einer niedrigen Pyra- mide. In solchen extremen Fällen verschwanden auch die Tentakeln Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 145 vollstandig, und 1 Tier starb in dieser Stellung nach 18 Tagen ab, wiewohl es infolge von guter Durchliftung schon einen Tentakel bis zu Körperlänge wieder regeneriert hatte. In dieser Stellung verblieben die Tiere meist ungefahr 14 Tage. Hatten sie sich allmählich wieder gestreckt und von der betreffenden Stelle entfernt, dann fanden sich dort die Eier angeklebt, zum Teil in der gegenseitigen Lage, wie sie am Korper des Tieres gesessen hatten. Nach Brauer und Downing kommt bei H. grisea dieser Vor- gang nie vor: ich habe von dieser Art keine befruchteten Eier er- halten. 8. Hoden. Während der Füh- rung meiner Kulturen bekam ich den Ein- druck, als ob auch eine Verschiedenheitin Form und Anordnung der Hodenbläschen bei A. fusca und grisea bestünde. Doch will ich auf diese Verhält- nisse nur kurz hin- weisen, da meine Be- Fig. 13. obachtungen überdiese 7: vised. Altere Tentakel an Knospen ; Langenunter- LOT schiede nn Stielgrenze reichend scheinen. Die Bläschen schienen mir bei /7. grisea größer, halbkugelig, und besonders das aufsitzende Spitzchen dicker und plumper, bei fl, fusca dagegen die Bläschen kleiner, mehr konisch, das Spitzchen kurz und fein. Bei allen meinen Tieren, die nie hermaphrodit waren, fand ich die Bläschen vorwiegend an der Mitte des Magenteiles sitzend, aber bei den meisten war zugleich der hintere Magenteil bis zur Stielgrenze reichlich besetzt. Nur in sehr seltenen Fällen bei 146 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. schwacher Hodenbildung, fanden sich Hodenblaschen nur am vor- deren Teile, nahe den Tentakeln. Häufig fand ich grisea, welche die Hoden in klumpiger An- häufung an der Magenmitte besaßen, während Vorder- und Hinter- ende des Magens von Bläschen frei waren. Uberhaupt schien bei grisea die Anordnung unregelmäßiger, die Hodenbläschen öfter gehäuft beisammen, bei /usca gleichmäßiger verteilt. Aus der Literatur habe ich hier nur gelegentlich ge- machte Notizen zu bieten. Hancock (1850) hat an hermaphroditen ZZ. grisea die Hoden stets dicht hinter den Tentakeln gefunden. si Semele Fig. 15. A. grisea, Typisch gleichmäßiges Wachstum der Tentakel an der Knospe. Normal unmerklicher Übergang des Stieles in Magenteil. (Mäßige Streckung.) Zoja (1890) sagt, die Zone der Hodenbildung liege meist im vorderen Teile des Kôrpers, jene der Eibildung in hinteren Teile. Bestimmter gibt Downing (1905) an, da& alle hermaphroditen Arten die Hoden am vorderen Teil des Magens und zwar in geringer Zahl, die diöcischen Tiere dagegen reichlich und am ganzen Magen- teil haben. Hertwig (1906) hat an gönochoristischen H. fusca Hoden- Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 147 bildung am ganzen Magen, aber vorzugsweise im vorderen Drittel, beobachtet. Brauer (1909) gibt als Artmerkmal für 7. grisea an: „Hoden nur im distalen Drittel des Körpers‘; diese Angabe ist nach meinen obigen Beobachtungen unhaltbar, (s. a. S. 129) und hängt mit dem Irrtum zusammen, daß /7. grisea stets hermaphrodit sei. Bei 77. virıdıs haben, soweit mir bekannt, alle Autoren die Hoden nur dicht hinter den Tentakeln gefunden. Schluß. In der Literatur sind vielfach Spekulationen zu finden über die Phylogenie der Hydren, und Vergleiche ihrer Geschlechtsorgane mit den Gonophoren anderer Hydroiden. Ich will nur einige typische Beispiele an- führen. Schon Eicker (1853) weist darauf hin, daß wir nicht wissen, ob eine aus dem Ei geschliipfte Hydra fähig sei, selbst Geschlechts- produkte zu produzieren, oder ob diese Fähigkeit are H. grisea. Abnorme Tentakelanlagen an Knospen ihren vegetativ erzeugten (ähnlich ZZ fusca s. Text S. 143). Nachkommen (Knospen) zu- komme, und sagt, in diesem Falle würde eine Art Generations- wechsel bestehen. Fig. 16. Fig. 17. Kleinenberg (1872) meint ebenfalls, es seien die sich ablö- senden Knospen vielleicht den Medusen oder medusoiden Knospen anderer Hydroiden vergleichbar, so daß das Muttertier nicht ge- schlechtsreif würde, und erst eine spätere Generation aus Geschlechts- knospen bestünde. M. Marshall (1885) kommt in seiner Arbeit über die Mor- phologie der Sexual-Organe bei Hydra zu dem Schlusse, Polypen mit freien Medusen seien die primitivsten; bei Hydroiden dagegen mit Gonophoren und besonders bei Hydra, wo die Geschlechts- 148 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. zellen direkt am Kôrper entstiinden, miisse (entgegen der Anschau- ung Weismann’s) starke Rückbildung angenommen werden. Auch Downing (1905) halt eine derartige Rückbildung für môglich wegen der Ahnlichkeit sehr früher Stadien der Knospenanlage mit solchen der Spermatogenese; es seien vielleicht die Hoden- blaschen rückgebildete Knospen. Aber die früh einsetzende Ver- schiedenheit der weiteren Entwicklung und die heterogenen biologischen . Ursachen beider Prozesse, dann das Fehlen anderer Merkmale der Riickbildung bei Hydra ebenso wie das Fehlen einer Wanderung der Geschlechtszellen gegentiber anderen medusoiden Polypen lassen ihn vermuten, daß doch Hydra eine primitive Form sei. Er hält es merkwürdigerweise gegen alle Erfahrungen anderer Forscher für die Regel, daß an knospenden Hydren die Geschlechtsprodukte eher an den „kräftigen“ Knospen, als an dem durch die Knospung „erschöpften“ Muttertiere entstünden, und von da an sei es dann nur ein Schritt bis zur Kolonie mit Knospen, die zu Gonophoren spezialisiert seien. Alimann (1864 u. 71) sagt, im Hoden von Hydra sei der Spadix der Gonophoren erhalten, im Ei aber unterdrückt, und auch Nußbaum (1887) glaubt in jungen Hodenbläschen „eine Art. Cytophor“ zu erkennen ähnlich wie bei Würmern (nach Aders 1903). Ich glaube, die vorliegende Arbeit zeigt deutlich, wie haltlos solche Spekulationen zur Zeit noch sind, so interessant sie erschei- nen mögen. Alle Voraussetzungen solcher Annahmen sind noch ungenügend geklärt; wir wissen noch nicht, ob eine Art Generations- wechsel bei den Hydren angenommen werden kann oder nicht, ob erst eine einzelne Hydra späterer Generation einem Geschlechtstiere anderer Hydroiden entspricht, oder ob alle Hydren einer und der- selben Nachkommenschaft an ihrem Körper Geschlechtsprodukte entwickeln können wie jeder Hydroidenstock Geschlechtsknospen. Wir wissen, wie ich eben ausgeführt habe, auch noch nichts Be- stimmtes über den Geschlechtscharakter dieser Tiere. In anderer Richtung könnte aber vielleicht ein Resultat dieser Arbeit als ein Hinweis auf die Phylogenie der Hydren genommen werden; ich meine die große Verschiedenheit der Temperaturen, in welchen 77. fusca u. 7. grisea ihre Geschlechtsprodukte bilden. Die merkwürdige Konstanz dieser Verschiedenheit bei zwei Formen welche gegenwärtig überall gemeinsame Bewohner der gleichen Ge- wässer sind, läßt vielleicht auf lange frühere Trennung, wenn nicht überhaupt auf geringere Verwandtschaft und nur äußerliche habitu- Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 149 elle Annäherung durch die späterhin gleichartig gewordenen Lebens- bedingungen schliessen. Ich habe oben schon auf die Wichtigkeit neuer, vom Ei ab geführter Kulturen für die weitere Klärung mancher offen gebliebenen Frage hingewiesen; eine Reihe solcher ungelöster interessanter Pro- bleme aus der Biologie von Hydra stellt auch Steche (1908) am Schlusse seiner Zusammenstellung unseres gegenwärtigen Wissens über Hydra auf!), und seine Fragen fallen sehr nahe zusammen mit . jenen, welche den Ausgang und Inhalt der gegenwärtigen Arbeit bilden; zu ihrer erschöpfenden Lösung konnten natürlich auch diese Untersuchungen nicht führen. Die Probleme, welche der Forscher angreift, sind die Köpfe einer Hydra; je weiter er vordringt, desto mehr neue Fragen wachsen rings um ihn hervor. Zum Schlusse dieser Arbeit möchte ich noch eine Notiz anfügen über die erste Anwendung des jetzigen Gattungsnamens Hydra in der Literatur. Schon Trembley nennt in seiner unübertroffenen Abhandlung die mehrköpfigen Polypen, welche er durch Spaltungen erhielt, Hydern, und von einem solchen siebenköpfigen Polypen, dem er alle Köpfe abschnitt, dem diese aber alle auch wieder nachwuchsen, sagt er: „ich sah daran ein Wunder, welches der Fabel von der Lernäischen Schlange nichts nachgibt.‘‘ Gleich charakteristisch gibt der anonyme Autor A. B. (1746) seinem Erstaunen über ähn- liche Versuche Ausdruck mit den Worten: ,,Solchergestalt können wir eine Hydra hervorbringen, mit welcher Herkules nach der Er- findung der Poeten stritt. Seine Schrift ist erschienen in den Ab- handlungen der schwedischen Akademie der Wissenschaften; sicher hat Linné sie gekannt; und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Gattungsname /Zydra in letzter Linie dieser echt zeitgemäßen Be- merkung des anonymen Herrn A. B. seine Entstehung verdankt. Zusammenstellung. . Zu den von Haacke 1880, Jickeli 1883 und Brauer 1891 alten Beobachtungen über charakteristische Unterschiede zwi- schen 77. fusca und 77. grisea in der Entwickelung der Tentakeln an jungen Knospen, in der Maximalgröße der Nesselkapseln und in 1) In Einzelheiten stimmen die Resultate gegenwärtiger Arbeit nicht immer mit den von Steche in seiner Zusammenstellung als richtig aufgenommenen Angaben überein; so z. B. besonders bezüglich der systematischen Merkmale, bezüglich JE rhaetica, der Resultate von Jung (1882) etc. 150 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. dem Stachelbesatz und der verschiedenen Art der Ablage der Eier ergaben sich aus dem Vergleiche fast der gesamten übrigen Hydra- Literatur mehrfach zuverlässige Bestätigungen, dagegen keine ein- wandfreien .Widerlegungen. 2. Ebenso ergaben sich nur Bestätigungen, z. T. in sehr vielen Einzelfällen, aus den Beobachtungen, welche vom Verfasser an Kulturen von /7. fusca und grisea in der Zeit vom Mai 1907 bis Juni 1908 gemacht wurden. Die genannten Unterschiede sind daher wohl als zuverlässige Merkmale zur Unterscheidung der beiden-Species /usca und grisea zu betrachten. 3. Diese Merkmale, in Verbindung mit den durch die Ver- schiedenheit des Stieles und der Tentakellänge gegebenen, ermög- lichten es, aus den Angaben einer großen Zahl von Autoren der Hydra-Literatur die von denselben untersuchten Species nachträg- lich unabhängig sicher zu bestimmen. Auf diesem Wege ließ sich das Folgende nachweisen. 4. MH. fusca wurde bisher geschlechtsreif gefunden entweder in Kulturen bei Temperaturen zwischen — 3 und + 15°C oder im Freien von Mitte Oktober bis Ende Februar, gelegentlich im März und April. FH. grisea wurde in allen sicher konstatierbaren Fällen ge- schlechtsreif gefunden im Sommer, insbesondere im Frühsommer. Bei einigen Fällen der Beobachtung geschlechtsreifer 77. grisea läßt sich die betr. Jahreszeit bezw. Temperatur nicht sicher feststellen. H. viridis scheint gleichfalls im Sommer zur Geschlechtsreife zu kommen. Die zur Feststellung des Vorstehenden verwendeten Literatur- angaben umfassen wahrscheinlich alle jene Fälle, in denen ge- schlechtsreife Hydren (/usca und grisea) bis jetzt überhaupt be- obachtet wurden. 5. Diese Beobachtungen früherer Autoren stimmen überein mit den Resultaten meiner erwähnten, vom Mai 1907—Juni 1908 durch- geführten biologischen Experimente an Hydra, wonach 77. fusca nur zur Bildung von Geschlechtsprodukten gebracht werden konnte in einer Temperatur von + 5 bis + 13°C, mit einem Optimum von etwa + 10°C, während 77. grisea fast ausschließlich bei + 15 bis + 25°C mit einem Optimum von ca. + 20°C zur Bildung von Geschlechts- produkten kam. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 15I 6. Es ließ sich ferner nachweisen, daß sowohl 77 fusca wie grisea und (soweit berücksichtigt) auch 7245 fast ebenso oft gonochoristisch wie hermaphrodit beobachtet wurden. A. viridis scheint nur rein männlich (nur Hoden, ohne Eier) beobachtet, HT, fusca und grisea sowohl rein männlich wie weiblich. 7. In meinen genannten Hydra-Kulturen habe ich ausschließlich gonochoristische Tiere erhalten, und zwar weibliche und (in be- sonders großer Zahl) männliche 77. fusca wie 7. grisea. 8. Ein Vergleich der bisherigen Literaturangaben läßt es mög- lich erscheinen, daß bei allen Hydren Hermaphroditismus vorliege, jedoch z. T. mit Protandrie und oft mit großem zeitlichen Abstand der Bildung der Eier von jener der Hoden, so daf eventuell erstere erst an ungeschlechtlichen Nachkommen der Hodentiere eintritt. Echte Diöcie im Sinne des diöcischen Verhaltens stockbil- dender Hydroiden ist nicht einwandfrei nachgewiesen. 9. Der Geschlechtscharakter kann daher z. Z. bei Hydra nicht zur Unterscheidung von Arten verwendet werden. Es bestehen nur 3 morphologisch wie biologisch gut charakterisierte Arten: Hydra fusca, H. grisea, H. viridis. 10. 7. fusca und 7. grisea unterscheiden sich, wie folgt: H. fusca L. Stiel meist farblos bis glashell, deutlich abgegrenzt (Fig. 3—6) Tentakeln bis zu 25 cm dehnbar. Die Tentakeln an jungen Knospen werden in gesetzmäfiger Reihenfolge angelegt, und zwar zuerst nur 2, ungefähr gegenstandig in bestimmter Lage. (Vergl. Diagramm b Seite 142; Fig. 2, 5 bis 9.) Der Dickendurchmesser der größten Art Nesselkapseln beträgt höchstens 8,5 x. Die Eischale ist ohne gegabelte Stacheln, nur mit kurzen Hôckern besetzt; die beschalten Eier werden an der Unterlage aktiv festgeklebt. Geschlechtsreife tritt im Freien im Winter, in Kulturen nur bei + 5 bis 13°C ein; Optimum + 10°C. Geschlechtscharakter un- bestimmt, wahrscheinlich Hermaphroditismus mit Protandrie. H. grisea L. Stiel meist ohne deutliche Grenze in den Magenteil übergehend. (Fig. 10, 12, 14, 15.) Tentakeln meist nicht länger als der Körper, seltener bis zu 5 cm gestreckt. Die Tentakeln an jungen Knospen werden gleichzeitig angelegt, 152 Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. und zwar meist mindestens 6, sehr selten nur 5 oder 4. (Fig. 11 bis 15.) Der Dickendurchmesser der größten Art Nesselkapseln dr mindestens .10,5 bis zu 13,5 u. Die Eischale ist mit langen gegabelten Stacheln besetzt; die Eier fallen ab, werden nicht angeklebt. Geschlechtsreife tritt im Freien im Sommer, in Kulturen fast ausschließlich bei + 15 bis 25°C ein; Optimum + 20°C. Ge- schlechtscharakter wie /7. jusca. Bei /7. fusca und grisea läßt auch die Haltung der Tentakeln einen typischen, aber weniger auffälligen Unterschied erkennen. (310861) Aus der im Text enthaltenen Zusammenstellung von Literatur- angaben (S. 114—120) lassen sich die wichtigsten Synonyma für FT, fusca und grisea entnehmen !). 11. Die Farbung ist bei nichtgriinen Hydren als systematisches Merkmal ganz unbrauchbar, da sie mit der Art und Intensitat des Futters sowie mit der Temperatur stark veränderlich ist. 12. Die normal sehr scharfe Ausprägung des Stieles bei 77. fusca ist nicht immer konstant, umgekehrt bei 77. grisea unter Umständen außergewöhnlich deutlich. (Fig. 7, 9, IT, 13.) Die scharfe Sonderung des Stieles bei H. fusca ist nicht nur durch die Verschiedenheit des Magen- und Stiel-Entoderms veran- laßt, sondern auch durch das fast völlige Fehlen des interstitiellen Gewebes am Stiel, welches sich bei /7. grisea bis gegen die Fuß- scheibe hin nur allmählich verliert. 13. Bei /7. fusca scheint eine spiralige Anordnung der Knospen, bei H. grisea die gegenstandige und gekreuzte vorzuherrschen. Die Stellung der Knospen wird wahrscheinlich mit bestimmt durch die Gleichzeitigkeit oder Aufeinanderfolge des Auftretens von Knospen- anlagen. 14. Die beiden bei ZZ. fusca zuerst entstehenden Tentakeln stehen meist nicht rein gegenstindig; hierdurch wird die gleich- mäßige Verteilung von 6 Tentakeln um das Peristom ermöglicht !) Brauer hat in einer neuen Publikation (1909), welche mir erst nach Ab- schluß des Manuskripts bekannt wurde, darauf hingewiesen, daß nach dem Prioritäts- gesetz die älteren Bezeichnungen von Pallas (1766) an Stelle der bisher üblichen von Linne (von 1767) wieder angenommen werden müßten. Es wäre danach überall zu setzen: A. fusca L. = I. oligactis Pall.; MH. grisea L. = Hi vulgaris Palli; MH viridis L. = H. viridissima Pall. Frischholz, Biologie und Systematik im Genus Hydra. 153 und das Erscheinen des 3. Tentakels an bestimmter Stelle und vor dem erklärt, (Diaz. br, Seite 142% Bio 24,6, 7.) Mit der gegenseitigen Stellung dieser beiden ersten Tentakeln steht vielleicht die endgültige Zahl der Tentakeln an der Knospe in Zusammenhang. Erteratunr Lice Leeuwenhoek, Philos. Transact. Nr. 283. Abridg’d by H. 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Leipzig. Brauer, A, Die Benennung und Unterscheidung der Hydra-Arten. Zoolog. Anz. Bd. 33. Frischholz, E., Zur Biologie von Hydra. Depressionserscheinungen und geschl. Fortpflanzung. Biol. Centr.-Bl. Bd. 29. 11* Rud. Burckhardts Bedeutung fiir die ver- gleichende Anatomie und Biologiegeschichte. ) Von Dr. Gottl. Imhof, Basel. ohl kein Zweig der wissenschaftlichen Biologie hat harter um Anerkennung ringen miissen, als die Biologiegeschichte. Dies mag wohl in erster Linie seinen Grund darin haben, daß der bis zum Exzef gediehene Spezialismus in der Naturforschung den einzelnen derart gefangen nimmt, daft ihm Zeit und Muße zu historischen Betrachtungen fehlt. Die Analyse nimmt die Natur- forscher der Gegenwart derart gefangen, daß ihnen für die Synthese kein Raum mehr bleibt. Zudem gilt es gegenwärtig als größerer Ruhm, neue Tatsachen zutage zu fördern, als, unter Verzicht- leistung auf diese letztere Seite der Forschung, das von andern ge- wonnene Tatsachenmaterial logisch zu verarbeiten und nach höhern, philosophischen Gesichtspunkten zu systematisieren. Die erdrückende Masse täglich geförderten Tatsachenmateriales war und ist der Hemm- schuh, der das Studium der historischen Entwickelung unseres Ge- dankeninhaltes verhindert. Daher die Diskrepanz unter den Natur- forschern zwischen Spezialarbeit oder historischer Arbeit. Doch hat es, namentlich seit Beginn des 20. Jahrhunderts nicht an Stimmen gefehlt, die zur Umkehr mahnten. Klein ist zwar die Zahl derer, die sich mit Biologiegeschichte beschäftigen und ihr Streben und Ringen wird gar zu gerne verkannt oder mißachtet. Der Verlust 1) In Bd. XX, Heft 1 der Verh. d. Naturforsch. Ges. in Basel ist vom gleichen Verfasser eine biographische Skizze über Rud. Burckhardt erschienen. Die hier vorliegende Studie soll eine Ergänzung hierzu bilden, indem sie die wissenschaftliche Bedeutung dieses Mannes eingehender beleuchtet, als dies dort geschehen konnte. Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 1 57 des einzelnen wiegt aber eben darum in der kleinen Schar um so schwerer. Wenn ein Forscher nach langer und erfolgreicher Lebens- arbeit, des Kampfes miide, sich zur Ruhe legt, so beklagen wir wohl seinen Verlust, aber seine volle Lebensarbeit verklart, wie die goldenen Strahlen der niedergehenden Sonne, seine letzte Ruhestàtte. Anders ist es aber, wenn ein Mann in der Vollkraft seiner Jahre durch das Schicksal dahingerafft wird in dem Augenblicke, wo er eine volle Saat reicher Ernte entgegenreifen sieht. Da kommt zu dem herben persönlichen Verlust auch noch die Trauer um die viel- versprechenden Friichte, die ein unverständliches Schicksal gleich einem vorzeitigen Frost vernichtet hat. So ist am Anfang des Jahres 1908 einer von uns gegangen, von dem die Wissenschaft noch vieles erwarten durfte, Carl Rudolf Burckhardt. Die hohe Be- deutung dieses Mannes fiir die Biologiegeschichte, seine unermiid- liche Mitarbeit an den Zoologischen Annalen rechtfertigt es darum, wenn seiner hier kurz gedacht wird; hat doch die Sorge um das Gedeihen dieser Zeitschrift ihn bis zum letzten Lebenstage be- schaftigt! Es würde aber zu weit führen, wollten wir das reiche Leben, das hier ein vorzeitiges Ende gefunden hat, in seiner ganzen Breite und Tiefe schildern. Was hier geboten werden soll, befaßt sich mit der Stellung, die der Verstorbene innerhalb des Kreises seiner Disziplinen einnahm. Sein Lebens- und Entwickelungsgang hat anderen Ortes eine Darstellung gefunden (vergl. Gottl. Imhof: Prof. Dr. Rud. Burckhardt 1866—1908, Verh. d. Naturforsch.-Ges. in Basel, Bd. XX, Heft ı, Basel 1908) und mag deshalb hier nur mit einigen Stichwörtern gekennzeichnet werden. Carl Rudolf Burckhardt wurde geboren in Basel am 30. März 1866 als Sohn des nachmaligen Rektors des Gymnasiums, Prof. Fritz Burckhardt. Von frühester Jugend war er von An- regungen mannigfachster Art umgeben. Seine Vorliebe zog ihn zur Zoologie hin; zuerst studierte er in Basel bei Rütimeyer, hierauf melBeipzigs.beir Beuekant, his und Zirkel, spater in’ Berlin“ In Basel bestand er 1889 das philosophische Doktorexamen und trat dann für 3 Jahre als Assistent bei seinem früheren Lehrer O. Hertwig in das II. anatomische, jetzt biologische Institut in Berlin. 1893 als Privatdozent nach Basel, 1894 Professor extraordinarius, 1907 wissen- schaftlicher Direktor der Zoologischen Station des Berliner Aqua- riums in Rovigno, daselbst gestorben am 14. Januar 1908. — So einfach dieser äußere Lebensgang war, so reich und kom- pliziert war die innere Entwickelung des Verstorbenen, die ihn denn 158 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. auch spontan, aus innerer Notwendigkeit heraus abseits vom Strome der ibrigen Naturforscher auf einsamen und eigenen Wegen nach selbst gesteckten, hohen Zielen geführt hat. Ein tragisches Schick- sal hat es nicht gewollt, daß er seine klar erfaßten Ziele erreichen sollte. Wohl ist er aus dem Leben geschieden, aber andere werden die Wege weiter schreiten, die Rud. Burckhardt gewiesen hat. Schon die außerordentliche Gründlichkeit und Sorgfalt, die seine empirischen Arbeiten auszeichnet, hätten genügt, ihm einen dauern- den Platz unter den Naturforschern der Gegenwart zu sichern. Das dieser Arbeit beigefügte Literaturverzeichnis zeigt zur Evidenz, daß sie fast jedes Gebiet der Vertebratenzoologie an wesentlichen Punkten betreffen. Seine Bedeutung reicht aber noch weiter, denn nach breitester empirischer Umschau, die sich auch auf marine Zoo- logie, Paläontologie, Tiergeographie, Pathologie, Teratologie, Tier- arznei und Museumswesen erstreckte und zu deren Förderung er wiederholt Studienreisen nach Paris, London, Neapel etc. gemacht hatte, wandte er sich der Philosophie und Historie zu. Hier suchte und fand er Anregungen mannigfachster Art. Von diesen beiden Disziplinen her erwartete er eine Reformation der Naturforschung. „Man wird‘, so schrieb er 1904 in einem Briefe an Prof. M. Braun in Königsberg, ‚der Zoologie des XX. Jahrhunderts nachrühmen, daf sie den Bereich ihrer Forschung über den ganzen Erdball und durch alle Meerestiefen erweitert habe, möchte man alsdann von ihr sagen können, daß sie auch nicht unterlassen habe, den Anschluß an die ewigen Grundlagen menschlichen Denkens, wie sie uns in Geschichte und Philosophie entgegentreten, gesucht habe“. Seine biologiegeschichtlichen Studien legen auch einen deutlichen Beweis ab für die klare Erfassung dieses Zieles, das den Verstorbenen in den letzten Lebensjahren außerordentlich beschäftigte. — Bevor wir aber die Bedeutung Rud. Burckhardts für diesen Teil der Wissen- schaft einer näheren Betrachtung unterziehen, sollen zunächst seine empirischen Leistungen beleuchtet werden. Dabei beschränken wir uns auf sein Hauptarbeitsgebiet, die vergleichende Anatomie des Zentralnervensystems, nicht, daß seine anderen Spezialforschungen minderwertiger wären, sondern weil der Verstorbene auf diesem Gebiet schon rein quantitativ mehr produziert hat als etwa in der Ornithologie, der Tiergeographie, der Paläontologie oder der Odon- tologie. Überall, ganz besonders frappant aber in den neurologischen Arbeiten tritt zweierlei ganz besonders hervor: einmal die völlige Unabhängigkeit von Mode, Clique und Schablone, sowohl in der Imho f, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. | 59 Problemstellung, als in ihrer Verarbeitung; zweitens der mächtige, folgerichtige und vorbildliche Zug, der immer und iiberall auf allen Forschungsgebieten zu den großen und letzten Einheiten geht, zum lebendigen Organismus nicht nur in der Natur, sondern auch in der Lebensgeschichte der Wissenschaft von der Natur selbst. Dabei be- trachtete er all seine Publikationen als Vorarbeiten zu späteren größeren Zusammenfassungen. „Je mehr ich mich‘, schreibt er in einem Briefe an Dr. Em. Rädl in Prag, ‚von allen Fesseln befreit habe, um so wohler ist mir und um so zuversichtlicher reifen auch meine definitiven Urteile, die dann erst später gedruckt werden. Aristoteles hat erst mit 50 Jahren Bücher zu schreiben angefangen“. — Mit einer neurologischen Arbeit ist der junge Doktor vor die gelehrte Mitwelt getreten (Lit.-Verz. Nr. 2), ein gewaltiges Werk über das Zentralnervensystem der Selachier ist durch den frühzei- tigen Tod unvollständig geblieben (Lit.-Verz. Nr. 61), dazwischen lisgt eine Tätigkeit auf dem Gebiete der Nervenforschung, die ihren Niederschlag in 18 Publikationen gefunden hat. Hier, auf dem Ge- biet der vergleichenden Anatomie des Zentralnervensystems war Rud. Burckhardt’s eigenste Domäne und das Gebiet unbestrit- tener Meisterschaft. Seine letzte glänzende Leistung auf diesem Gebiet war das vorhin erwähnte Selachierwerk (Lit.-Verz. 61). Sollte diese auf 5 Teile berechnete umfangreiche Publikation auch ein Torso bleiben, — wir hegen jedoch die Zuversicht, eine pietätvolle Hand vermöge wenigstens den 2. und 3. Teil zum Abschluß zu bringen, — so legt doch dieser Torso mehr noch als alle anderen einschlä- gigen Arbeiten Zeugnis ab von dem in die Tiefe dringenden Geist seines Schöpfers. Denn sie ist nicht nur originell in der Problem- stellung und grundverschieden von allem, was bisher über das Zentral- nervensystem der Selachier gearbeitet worden ist, sondern sie ist es auch in bezug auf methodische Gliederung und logische Ver- arbeitung. Die scharfe Erfassung des Problems, die tiefgründliche Durcharbeitung des Stoffes, die frappante Unabhängigkeit des Urteils, der lapidare Styl, der oft an die klassische Sprache des grofsen Lehrmeisters Aristoteles erinnert, unterscheiden diese Publikation von allen ähnlichen, ganz abgesehen von der rein äußerlichen Gliede- rung und der hervorragend gediegenen Illustration. — Wir glauben kaum fehlzugehen und sind der Zustimmung vieler Fachgenossen gewiß, wenn wir Rud. Burckhardt mit Ludw. Edinger und Elliot Smith zusammen als die bedeutendsten vergleichenden Neurologen der Jetztzeit einschätzen. Aber selbst 160 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. innerhalb dieses kleinen Kreises nimmt Rud. Burckhardt eine ganz besondere Stellung ein, die sich vielleicht am ehesten dadurch präzisieren läßt, wenn wir seine Ansichten von den Aufgaben der Nervenforschung mit denen seiner beiden anderen Fachgenossen ver- gleichen. Edinger und Smith sind beide zufolge der von ihnen betriebenen medizinischen Studien von der menschlichen Hirnana- : tomie ausgegangen. Sie erachten demzufolge das Zentralnerven- system als in erster Linie nach der funktionellen Seite hin des Studiums wert, als edles, reizleitendes und reizumsetzendes Organ, das sie meist losgelöst von ihrer Umgebung studieren. Das Schwer- gewicht ihrer Forschung fällt daher in erster Linie auf das Studium der Gangliosa und ganz besonders der Faserbahnen. Das große Interesse, das sie den einzelnen Hirnteilen in ihrer physiologischen Dignität zuwenden, ist das charakteristische Merkmal dieser Art der Forschung und bedingt ihre Anschauung, das Gehirn habe deshalb gerade in phylogenetischer Hinsicht geringen Wert, weil sich seine Ausbildung so vielfach direkt nach der Lebensweise richte. Die Urteile dieser Richtung der Nervenforscher äußert sich hauptsäch- lich darin, daß ihre Urteile stets mehr oder weniger sub specie hominis geschehen. Dabei ist es verständlich, daß die funktionell unwichtigen interstitiellen Gewebe, also die Stützsubstanz beiseite gelassen werden, da ihr Studium bei funktionsphysiologischer Be- trachtung recht wenig Resultate verspricht. Ganz anders die Stellung, die Rud. Burckhardt in diesen Prinzipienfragen einnimmt. Es mag vielleicht paradox erscheinen, wenn wir in der Art, wie er an das Studium des Zentralnerven- systemes herantritt, die Anregungen seines großen Lehrers Rüti- meyer nachwirken sehen. Oft hat nämlich dieser Phylogenetiker betont, daß für die Stammesgeschichte des Lokomotionsapparates nicht der funktionell wichtige Teil, nämlich die Muskulatur bedeu- tungsvoll ist, sondern der physiologisch unwichtigere Stützapparat, das Skelett. Ähnlicher Art waren'die Überlegungen, von denen Rud. Burckhardt bei der Beurteilung des Zentralnervensystems aus- geht. Wohl vernachlässigt er das Studium der gangliösen Gewebe keineswegs, aber er ist aus der Schule der Zoologie hervorgegangen und kann sich der physiologischen Dignität dieser Gewebe nicht ohne weiteres unterwerfen. Er sieht im Gegenteil gerade in den funktionell unwichtigen, konservativen Stützgeweben das Instrument, mit Hilfe dessen die Phylogenie des Zentralnervensystems aufge- hellt werden könnte. Bei dieser starken Betonung der Stammes- Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. [6] geschichte erscheint es uns angebracht, Rud. Burckhardt’s An- sichten über die Aufgaben der Phylogenie des Zentralnervensystems klarzulegen, da gerade unter den Hirnanatomen der größte Wider- stand gegen eine stammesgeschichtliche Betrachtung herrscht. Er spricht sich über das Problem: ,,Hirnforschung und Entwickelungs- lehre“ unter anderem in der Einleitung zu seinem Selachierwerk (L. V. 61, p. 252—255) folgendermaßen aus: „Die allgemeine Bil- ligung, deren sich gegenwartig die Hirnforschung erfreut, ist durch nichts eindringlicher demonstriert worden als durch den bekannten Beschluß des Pariser Akademiekongresses vom Jahre 1900. Das Nervensystem ist heute die vielleicht meist kultivierte Domine der deskriptiven Histologie. Zahlreiche und wertvolle Einzelarbeiten be- reichern uns hier fast täglich mit neuen Erfahrungen. Fragen wir dagegen nach dem allgemeinen Standpunkt, der für die Omientierune dieser Untersuchungen maSeebend sist, so entspricht er fast ausschließlich dem Wunsche, das Studium des menschlichen Hirnes und der uns an ihm wichtig scheinenden Funktionen, der Nervenphysio- logie, zu fördern. Das beweist besonders intensiv die Aktualität des Streites um die Neuronenlehre. Die Physiologie strebt vor allem danach, entweder bei niederen Organismen Zustände zu finden, die sich experimentell verwerten lassen oder beim Menschen und verwandten Säugetieren auf Grund des anatomischen Baues durch Isolierung einzelner Leitungsbahnen reine Experimente zu erhalten. Von diesen die Physiologie dominierenden Gesichts- punkten wird aber auch die vergleichend-anatomische Forschung beherrscht. Die Bemühung, diesen oder jenen anatomischen Befund, die An- oder Abwesenheit der einen oder anderen Funktion des Menschenhirns bei einem niederen Tier nach- zuweisen, geht wie roter Faden durch alle Hirnarbeiten, daneben her wohl auch die Absicht, anatomische Verhältnisse mit der speziellen Lebensweise eines Untersuchungsobjektes in Zusammen- hang zu bringen. Der Mensch und die Leistung seines Nerven- systems also sind beinahe ausschließlich Leitstern und Ziel der Hirn- anatomie. Dazu kommt, diesen Standpunkt festigend, daß für die praktische auf den Menschen orientierte Wissenschaft die Methode der Selbstbeobachtung sich hier mit der objektiven Beobachtung verbinden läßt und damit das Recht der Physiologie, den Menschen im Zentrum der Forschung zu behalten, noch mehr zu verstärken scheint. — Aber nicht nur dieser positive und in seiner Weise pro- 162 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. gressive Charakter ist der gegenwärtigen Hirnforschung eigen, son- dern auch ein negativer. Diesen erblicken wir darin, daß in der rein genetischen Betrachtungsweise des Hirns diejenigen Gesichtspunkte die leitenden sind, die es auch schon vor einem halben Jahrhundert waren, und daß in dieser Hinsicht die Frucht- barkeit aller physiologischen Fortschritte keine Veränderung im Sinne der Entwickelungslehre hervorgerufen hat. Zwei Beispiele mögen dies illustrieren: Die von His geschaffene Wachstums- physiologie des embryonalen Hirns hat noch nicht vermocht C. E. v. Baers unheilvolles Schema der Hirnbläschen zu beseitigen, auf die Theorien vom Bau des Wirbeltierkopfes zurückzuwirken und eine allgemeine, phylogenetisch begründete Wachstumsphysiologie des Wirbeltierhirns zu erzeugen. Das beweisen alle Lehr- und Hand- bücher. Zweitens aber hat die Wirbeltiersystematik mit Aus- nahme der Hirnwindungen bei den Säugetieren keine neuen Merk- male aus der Hirnanatomie gewonnen, ja nicht in einer einzigen Schrift ist die Bedeutung der Hirnmerkmale für die Phylogenie der niederen Vertebraten erörtert worden. Und doch ist zu bedenken, daß in diese ganze Periode der Durchbruch der Entwickelungslehre fällt. Da hätte es nahe gelegen, auch die Erforschung des Nervensystems genetisch zu revolutionieren, dieskon- sequenzen der Deszendenztheorie und der Dezentrali- sation des Menschen auch für sein Hirn zu ziehen‘ „Statt dessen besitzen wir nur die triviale Übereinanderstellung des Hirn- schemas der 5 Wirbeltierklassen und ihre grobe Anwendung auf die Doktrinen der Entwickelungsdogmatik“. „Ein Ausweg aus dieser Stagnation konnte meiner Ansicht nur geschaffen werden durch folgende Mittel: Erstens möglichste Erweiterung des genetisch verwertbaren Materiales. Zweitens Abwägung des Ver- hältnisses’ "zwischen einer Stammesgeschichressder Wirbeltiere, wie sie ganz auf dem Boden der Entwickelungs- theorie und unter Berücksichtigung der Paläontologie entstanden ist, einerseits und der Stammesgeschichte des Zentral- nervensystems andererseits unter möglichster Anwendung der Schnitt- und Färbetechnik. Eine Vergleichung zwischen den Um- wandlungsprozessen des Hirns und seiner Träger mußte dazu führen, zu wissen, was der zoologische Systematiker vom Hirn für seineZwecke zu halten habe. Endlich mußte eine kon- sequent durchgeführte Phylogenie des Hirns ganz von selbst dazu verhelfen, die Hirnphylogenie mit der der übrigen Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 163 Organe zu vergleichen, sie wachstumsphysiologisch zu er- fassen und mit der Wachstumsphysiologie zu verbinden, letztere neu befruchtend. Erst von da aus war weiter vorzudringen gegen die Fragen der Kopfbildung und der Beziehungen zwischen HirnundiSinnesorcanentrespiden verschiedenen durch sie vermiecelten 2nerziatorine me Aus dem Bediirfnis nun, Entwickelungslehre und Hirnforschung zu verbinden, bildete sich bei Rud. Burckhardt allmahlich jenes naturhistorische Problem heraus, das er im Vorwort zu seinem Selachierwerk formuliert hat. Dort sagt er (L. V. 61, p. 249): „Die theoretische Erforschung des Nervensystems erfordert, daß wir es als das Resultat zweier Komponenten verstehen lernen: Die eine ist die Zelle als das organische Substrat jeder komplizierten Organisation, die andere ist die Einwirkung der Außenwelt auf den Organismus, wie sie sich an dem organischen Substrat, innerhalb seines gesamten Lebens durch Summation bis auf die Gegenwart herab bleibend kundgibt. Das Nervensystem ist daher als eine Form organischen Daseins und als eine Grundlage organischer Verrichtungen nachzuweisen, deren Notwendigkeit auf dem Aus- gleich zwischen biologischer und energetischer Einheit beruht. Dieser Ausgleich stuft sich aber in mannigfaltiger Weise ab und seine Wirkung auf den Organismus läßt sich naturgemäß folgendermaßen gliedern: Bau und Verrichtungen des Nerven- systems sind zurückzuführen erstens auf die funktionellen Ansprüche des Sinnesorgansystems. Dieses ist wieder als das Resultat des organischen Substrates und der diesem zugänglichen, in Gestalt von Reizen einwirkenden Energieformen zu be- trachten. Zweitens auf die funktionellen Ansprüche der vom Nervensystem Reizer empiangenden Periphenie. Drittens auf die Einschaltung neuer zentraler Organe, welche den einen Reflexbogen komplizieren und viertens auf den mecha- mischen Bimtlußrn denzdie Ore ane rund. Gewebe des Ge: hirnes, des Kopfes und des ganzen Körpers aufeinander ausüben“. Gerade dieser letzte Punkt, der von den meisten Neurologen übersehen wird, interessierte Rud. Burckhardt in hohem Grade. Jene gingen vom funktionsphysiologischen Standpunkte aus, er vom wachstumsphysiologischen; die beiden Betrachtungsweisen sind aber genau konträr, jene schließt die phylogenetische Betrachtungsweise aus, diese führt naturgemäß zu ihr hin. Das geringe Ansehen, das 164 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. die Phylogenie gemeinhin unter den Neurologen genießt, rührt wohl daher, daß die wenigsten Forscher Zeit und Gelegenheit haben, sich eingehender mit dieser Materie zu beschaftigen und unter Phylogenie diejenige Naturbetrachtung glauben ablehnen zu miissen, die vor 30 Jahren unter dieser Etikette ihr Wesen, oder besser gesagt, Un- wesen trieb. Es ist eben eine feststehende Tatsache, daf die Phylo- genetiker in Physiologie besser Bescheid wissen, als die Physiologen in der Phylogenie. Die Pravalenz, die Rud. Burckhardt der Phylogenie gegen- über der Physiologie einräumte, läßt sich aber nur verstehen aus seinen Ansichten über das Wesen der Natur. Obwohl der Ver- storbene sich viel und griindlich mit philosophischen Problemen be- schäftigte — mehr denn eine Studie aus den letzten Jahren läßt dies erkennen — so hat er sich doch nie einer bestimmten Schule verschrieben. Er war hier, wie übrigens auch in Sachen der Kunst, weiser Eklektiker. Wir erinnern uns eines Wortes, das er einst im Kolleg sagte, und das etwa folgendermaßen lautete: Ein Unterschied zwischen theoretischer Biologie und Philosophie existiert nicht, denn Biologie und Philosophie sind nicht verschiedene Wissenschaften. Philosophie ist überhaupt keine Wissenschaft; sie ist Erzeugerin von Wissenschaft, Freude an Weisheit und Wissenschaft. Sie ist System oder Systematisieren und ist eines und dasselbe in der einfachsten „biologischen“ Arbeit, insofern diese über die bloß begriffliche Wiedergabe sinnlicher Wahrnehmung hinausgeht, wie in irgend einem Hauptwerk eines „Philosophen“. Mit seinen Ansichten über die letzten Probleme der Forschung und das Wesen der Natur hielt aber der Verstorbene nicht hinter dem Berge zurück. Schon im Jahre 1893, als er zum ersten Male Geschichte und Kritik des Darwinismus las, bekannte er sich als Vitalist. Er hat seine Ansichten hierin nicht mehr geändert, er hat im Gegenteil redlich mitgeholfen, die Zoologie aus dem Sumpfe des Mechanismus und Materialismus, in den sie in den 70er und 8oer Jahren des vorigen Jahrhunderts geraten war, herauszuziehen. Mit dem materialistischen Monismus, der mit allerlei dialektischen Kunststücken die tiefe Kluft zwischen organischer und anorganischer Natur zu verkleistern sucht, konnte er sich nie be- freunden. Wohl gibt er zu, daß die belebte Natur mit der Welt des Anorganischen die Einheit von Kraft und Stoff teilt, und über- haupt die konkrete Beschaffenheit, wo durch sie für unsere Erfah- rung in gleicher Weise wahrnehmbar ist. ,,Solchen Übereinstim- mungen stehen aber wichtige Unterschiede gegenüber. Die Orga- Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 165 nismen sind reizbar, mit spontanen Wirkungen begabt, individuell gegliedert und organisiert, aus Teilen von verschiedener, aber im Sinne des Individuums einheitlicher Wirkung bestehend. All das fehlt den anorganischen Körpern. Aber noch etwas anderes. Mag immerhin die moderne chemische Analyse sich ihrer Erfolge über die Fortschritte der Eiweißchemie freuen, mag auch die Hoffnung auf Synthese der Eiweißstoffe noch so berechtigt erscheinen, die organischen Körper bleiben dennoch etwas Eigenartiges, da sie frei auf der Erde nicht vorkommen. Über diese Tatsache hilft keine Analyse hinweg‘. Genauer noch präzisierte Rud. Burckhardt seine Stellung zum Vitalismus: ,,Im Sprachgebrauch der aktuellen Naturphilosophie lautet das Feldgeschrei der beiden Parteien: hie Mechanismus — hie Vitalismus. Für uns aber existiert dieser Gegen- satz nicht in der ihm gegebenen ausschließlichen Form, vielmehr erscheint uns das Problem schief gestellt. Wir brauchen nämlich nicht zu bestreiten, daß der Ablauf des Entwickelungsprozesses der organischen Natur ein gesetzmäfiger sei und können doch ruhig behaupten, daß er für uns nicht erklärbar sei. Denn neben allem, was sich als gesetzmäßigen Ablauf deuten läßt, hebt sich um so sichtbarer ein, wenn auch nur hypothetisch zu ergründender Ablauf ab, und zwar um so mehr, je schärfer sich die mechanisch verständ- lichen Strukturen und Vorgänge im Organismus formulieren lassen“. deep 18, Bünzihn eilt Sstetssund überall das vom Goethe modernisierte Wort des Protagoras: „Wir mögen an der Natur beobachten, messen, wägen, wie wir wollen, es ist doch nur unser Maß und Gewicht, wie der Mensch das Maß aller Dinge ist.“ Aus all diesen Anschauungen heraus ist es denn verständlich, daß Rud. Burckhardt der vergleichenden Biologie den Vorzug vor der experimentellen einräumte, daß er denjenigen Disziplinen organi- scher Forschung, die sich der Methoden der anorganischen Forschung bedienen, ein gewisses Mißtrauen entgegenbrachte. Er stellte be- wußt die Phylogenie, allerdings eine kritisch gereinigte und geläuterte, nicht die Phylogenie aus den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, über die Physiologie. Über ihr gegenseitiges Verhält- nis spricht er sich ausführlich in einer schon erwähnten Studie über die Geschichte der biologischen Systematik (42, pag. 397—406) aus. Kurz und präzis faßt er seine Ansicht über diese Materie zusammen in einem Brief an Dr. Em. Rädl in Prag: „Und schließlich liegt sogar in der Phylogenie eine Superiorität über die Physiologie, die sie mit der Genealogie in der Sprachforschung teilt. Sie bedarf 166 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. einer größeren Menge von physiologischer Vorarbeit, als die Physio- logie von phylogenetischer; ist daher auch später und vollkommener und unterscheidet sich auch dadurch, daf sie die Einheit der Sache aus der Realitàt derselben begriindet, nicht aus der Idealitatedes menscehlichen, Geistes dedukrivzche wickelt, wenn überhaupt von Rangverhältnis zwischen beiden Be- trachtungsweisen geredet werden soll.“ Diese Anschauungen führten Rud. Burckhardt zum Versuch einer natürlichen Geschichte des Zentralnervensystemes. Vor allem ging er darauf aus, die Anpassung- erscheinungen auf gemeinsame äußere Faktoren zurückzuführen, auf mechanische Wirkungen der im Kopf koexistierenden Organe, auf Ansprüche der Zirkulation und auf funktionelle Ansprüche der Peripherie. Nach Ausscheidung all dieser Momente blieb ihm dann noch ein Rest von Eigentümlichkeiten, ‚die nach dem längst ent- schwundenen und umgewandelten Urtypus hinweisen und daher den Bauplan enthüllen.“ Der Verstorbene trachtete also das Zentral- nervensystem auch in den größten Zusammenhängen mit der Natur- geschichte seines Trägers zu erfassen und verstehen und betrat damit neue Bahnen, auf denen er die Nervenlehre nicht mehr .als isolierte Disziplin, sondern als Teilgebiet einer allgemeinen Biologie erfassen mußte. Damit hatte er das Ziel erreicht, das auf ganz anderem Wege und unabhängig von ihm der große Historiker der Neurologie an der Sorbonne in Paris, Jules Soury, gefunden hatte. War Rud. Burckhardt auch Vitalist, so schloß das nicht aus, daß er auch Monist war. Allerdings hing er nicht dem materialisti- schen Monismus an, der heute noch vielfach Mode ist, er neigte vielmehr dem Immaterialismus Berkeleys zu, dessen Ideengänge ihn in der immer wieder betonten Auffassung von der individuellen und zeitlichen Bedingtheit unseres Wissens bestärkten. Diese wachsende Erkenntnis führte ihn denn auf das Gebiet, auf dem er bahnbrechend wirken sollte, zur Biologiegeschichte. Relativ spät, erst gegen Ende der 90er Jahre, wandte sich Rud. Burckhardt diesem Zweige zu. Bekanntlich sind die Historiker unter den Zoologen der Gegenwart etwas außerordentlich Seltenes. Denn das, was man so als historische Einleitungen in zoologischen Werken liest, ist wohl selten mehr als Chronologie eines speziellen Faktums und bewegt sich rein nur nach der mate- riellen, nicht aber nach der methodisch-logischen und philosopischen Seite hin. Das ist aber nicht Geschichte. Unter einer Geschichte der Zoologie ist nicht zu verstehen eine Aufzählung dessen, was die Forscher dieser Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 167 oder jener Epoche über diese oder jene Tiergruppe beobachtet oder wieweit er dieses oder jenes Gewebe durchforscht habe. Wahre Ge- schichte betreibt nur der, der aus den Werken der Vergangenheit den Kern unverganglicher Ideen herausschalt und ihre philosophische Ver- knüpfung zu höhere logischen Einheiten aufhellt. Also nicht um Tatsachen handelt es sich, oder um Ausdrücke, sondern um Ge- dankenkonstruktionen. Es darf sich auch nicht um eine Historie handeln, die praktische Zwecke verfolgt, wie etwa die Widerlegung oder Stütze biologischer Dogmen, sondern um ein Studium, das voraussetzungslos darauf ausgeht, die Entwicklungsgeschichte der Zoologie selbst zu erfassen, um aus ihr neues Leben für diese Wissenschaft selbst zu schöpfen. Die für den Fernestehenden überraschende Wendung zur Ge- schichte ist bei Rud. Burckhardt nur aus dem Milieu heraus zu verstehen, in dem er aufgewachsen und herangereift ist. Wohl ver- fügte er schon als Schüler nach dem Urteile seiner Lehrer über ein ungewöhnliches Maß von Einsicht in historische Zusammenhänge ; wohl verstanden treffliche Lehrer dieses Talent zu fördern und zu pflegen; aber dazu mußten erst noch die herrlichen Traditionen seiner Vaterstadt, einst die Hochburg des Humanismus, mitwirken, um das historische Talent zu selbsttätigem, schöpferischem Leben zu wecken. Dazu kamen mannigfache Einflüsse während der Zeit seines Aufenthaltes in Berlin. Ganz besonders stark waren die Bande der Dankbarkeit, die ihn an den großen Kirchenhistoriker Harnack knüpften. Er spricht sich hierüber u. a. in einem Brief an W. May in Karlsruhe (Mitteilungen zur Gesch. d. Med. u. Naturwissensch. VII. Bd., Nr. 4) aus wie folgt: „Also Sie sind jetzt auch an den Kirchenvätern. Auch ich habe seinerzeit Harnacks Dogmen- geschichte mit großem Nutzen gelesen, außerdem Augustin und Thomas von Aquin im Original studiert. Kennen Sie auch Harnacks Schrift: Medizinisches aus der Kirchengeschichte? Er hat mir seinerzeit Manches daraus vor der Drucklegung vorgelegt und dazu beigetragen, in mir das Bewußtsein von der historischen Unbildung der Naturforscher erzeugen zu helfen.“ Zu diesen äußeren Einflüssen und Anregungen kamen nun aber auch noch solche aus seinem eigensten Studiengebiet, der ver- gleichenden Anatomie des Zentralnervensystems. Einen genialen Wegweiser hatte er ja auch hier schon gefunden, in Jules Soury, den er nicht nur als Gelehrten, sondern auch als Menschen außer- ordentlich hoch schätzte und dem er dauernd warme, dankbare 168 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. Freundschaft bewahrte.!) Bei tieferem Studium der niederen Wirbel- tiere nimlich hatten sich fir Rud. Burckhardt die heute gebrauch- liche Nomenklatur und Systematik, nicht nur der Individualklassi- fikation, sondern auch die Systematik der einzelnen Teile und Er- scheinungen eines Organismus als vollständig unzulänglich erwiesen. Er sah sich daher gezwungen, wollte er auf eine vollstandige Durch- dringung des Stoffes nicht verzichten, den Begriffsapparat, mit dem die Wissenschaftsmethodik der Gegenwart operiert, kritisch zu revi- dieren und auf seine Entstehung zurtickzuverfolgen. Und noch ein weiteres Moment wirkte mitbestimmend auf Rud. Burckhardts historische Richtung. An nur zu manchem seiner Fachgenossen hatte er gesehen, wohin es führt, wenn ein Forscher die Tradition ganz beiseite läßt und sich restlos dem Objekt ergibt. Der mit allen Hilfsmitteln der Technik arbeitende Spezialismus absorbiert eben den sich ihr ergebenden meist so voll- ständig, daß er nur zu leicht in den Bann des Objektes gerät und gegen das Opfer seines Persönlichkeitsgehaltes eine pessimistische und freudlose Auffassung von Wissenschaft und Leben- eintauscht. Da gibt es eben nur ein Palliativmittel: Der biologische Forscher werde sich, unter dem Einfluß des Entwicklungsgedankens, des eigenen organischen Lebens seiner Wissenschaft bewußt, er erkenne, daß einzig ihre Entwicklungsgeschichte den Weg weist, auf dem der Fluch des Spezialismus individuell überwunden werden kann. Von allen Epochen der Biologiegeschichte nun schätzte Rud. Burckhardt das klassische Altertum am höchsten. Und zwar darum, weil hier die Biologie noch naiv und jugendfrisch ist, noch nicht angekränkelt von der Sucht nach grauer Theorie. „In Grie- chenland wurde sie aus einer nie wieder erreichten Höhe reich schwingenden Lebens selbst erzeugt. Griechische Wissenschaftlich- keit ist und bleibt das prometheische Feuer, aus dem auch unsere Wissenschaft, Licht empfangend, ihre Dämmerzustände siegreich überwindet.“ (59, p. 6). Von der Biologiegeschichte erwartete Rud. Burckhardt aber viel, mehr als bloß eine historische Be- !) Als Beleg für die warme Freundschaft, die der große französische Neurologe für den Verstorbenen empfand, mag folgender Passus aus einem Briefe dienen, den Jules Soury kürzlich an den Verfasser dieser Zeilen gerichtet hat. Er schrieb: „Dans la dernière lettre qu’il m’a fait l’honneur et l’amitié de m’écrire, il reconnais- sait avec cette amour enthousiaste de la verité qui était l’äme de tous ses travaux, que mon interpretation de la doctrine du wegi ieofs vodoov était la vraie, contraire- ment à ce qu'il avait lui-même admis, a la suite de tous les historiens de la philo- sophie grecque et de tous les neurologistes de Littré A Paul Flechsig.“ Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 169 griindung der aktuellen Biologie, sie sollte vielmehr die grofen Leitlinien der Entwicklung der Naturforschung aufdecken. Deshalb hielt er auch strenge darauf, daß sie nicht mit allen Mängeln und Halbheiten dilettantischen Betriebes behaftet sei, sondern er ver- langte, daß sie mit vollem geschichtstheoretischem Rüstzeug auf den Plan trete. Welchen Stempel trägt aber gemeinhin die biologie- geschichtliche Literatur? Bei genauem Zusehen finden wir, daß die meisten Autoren Probleme und Fragestellung meist nur bis zu dem Punkte zurückverfolgen, wo das Tatsachenmaterial zu kümmerlich oder die Nomenklatur zu fremd zu erscheinen beginnt und wo man konsequenterweise gezwungen wäre, der Geschichte der Philosophie nachzugehen. Biologie ohne geschichtliche Vertiefung ist für Rud. Burck- hardt ein Unding. Beide zusammen erst machen einen wissen- schaftlichen Organismus aus. Im Symbol des Janushauptes spiegelt sich ihm die Wissenschaft wieder. „Der Positivist starrt es von der Normallinie der einen Seite her an. In seiner Zwangslage ver- flacht sich die Plastik schon dieses einen Gesichtes zu einer geo- metrischen Zeichnung. Das Erinnerungsbild daran, daß das Antlitz ein körperliches sei und eine entgegengesetzte Hälfte, nämlich die Geschichte, als notwendige Ergänzung besitze, wird bei dem Fas- zinierten ausgetilgt. Es wird zum Medusenhaupt, das den Schwachen mit seinem versteinernden Blick nicht mehr aus dem Banne der Tatsachen herauskommen läßt.“ (52, p. 377). Über diesen tragischen Konflikt kommt man aber erst hinweg, wenn zwischen Geschichte und Naturforschung das richtige Verhältnis wiederhergestellt ist. Und dieses ist nur denkbar, „wenn die Geschichtsforschung nicht mehr mit dem erborgten Flitter ihrer rasch emporgekommenen Schwester prunkt, sondern die beiden in entgegengesetzter Richtung ihres Selbstgefühles Entzweiten sich besinnen, daß sie einer Mutter Kind sind. So ergeben sich denn für die Zoologiegeschichte Ziele mannigfaltigster Art, begründet in ihrer Doppelstellung zwischen Biologie und Geschichte; nicht zum mindestens muss sie die ver- heißungsvolle Aufgabe locken, auszugleichen und zu vermitteln, wo heute nur Klüfte zu gähnen scheinen. Eine Zukunft liegt vor uns. Aber nur aus Überfluß und Freude geschaffen und gepflegt wird sie des Zaubers mächtig sein, zu binden, was die Mode streng ge- teile (52,502 383)). Dieses Ziel anzustreben, hat sich Rud. Burckhardt redlich bemüht. In einer Reihe in glänzendem Stil geschriebener Aufsätze Zool. Annalen III. 12 170 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. hat er Ziele und Aufgaben der Biologiegeschichte formuliert. Als die geistreichste und philosophisch tiefste nennen wir die oben zitierte Studie: Zoologie und Zoologiegeschichte (52). In anderen Schriften wieder suchte er durch glanzende Schilderungen das Interesse ftir die Biologie der Antike zu wecken (45, 46); dann dem klassischen Altertum räumte er die größte Bedeutung ein. Aber mit dem bloßen Hinweis auf die Geschichte seiner Wissenschaft selbst genügte er sich nicht, er bereicherte vielmehr die Wissen- schaftsgeschichte um eine Reihe wertvoller Publikationen (42, 44, 47, 60, 63). Ihre Zusammenfassung und Ergänzung erfuhren diese Studien in der Geschichte der Zoologie (62). Klein und unschein- bar ist dieses Büchlein, aber eine Fülle neuer Gedanken und ori- gineller Urteile quellen aus ihm hervor. Es ist so überaus ver- schieden von all dem, was man sonst über Zoologiegeschichte zu hören und zu lesen bekommt, daß wir uns nicht versagen können, zur Charakterisierung folgende Stelle daraus wiederzugeben: „Wie für jede andere Disziplin sind auch für unsere die Grundlagen in Griechenland gelegt worden. Immer deutlicher hebt sich beim Studium der antiken Literatur ab, wie die ersten Gedankenreihen der Zoologie sich dort bildeten. Es ist weniger die Kenntnis neuer Tiere, als die Vertiefung in ihren Bau und die logische Gestaltung des Beobachteten, durch die auf hellenischem Boden die wissen- schaftliche Betrachtung der organischen Natur entstand und sich entwickelte.“ (62, p. 14). Wir haben den Inhalt dieses so überaus wertvollen Büchleins in unserer oben erwähnten Biographie kurz skizziert, so daß wir hier auf eine Wiederholung verzichten. Hinter der Zoologiegeschichte erblickte Rud. Burckhardt aber noch ein anderes höheres Ziel, nämlich die Biologiegeschichte, denn er verschloß sich der Einsicht nicht, daß prinzipiell mit von den aller- wichtigsten Anregungen für die Zoologie nicht aus ihr selbst, sondern aus anderen Disziplinen geflossen sind. So ist in Zeiten wissen- schaftlichen Hochganges, wie etwa im Altertum oder in der Renais- sance der Einfluß der Botanik auf die Zoologie ein sehr intensiver, wohl ebenso wichtig sind ihre Beziehungen zu Medizin und Theologie und zur Geschichte der anorganischen Naturwissenschaften. Man denke nur etwa an die experimentelle Physiologie. Diese wäre ohne Physik und Chemie ja gar nicht denkbar. Als letztes Desiderat verblieb ihm und uns endlich die letzte, große Verknüpfung: eine Geschichte und Systematik der Wissen- schaften überhaupt. Allen Bestrebungen, die dahin zielten, kam Rud. Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 171 Burckhardt mit großem Interesse entgegen und hier war auch der Boden, wo er sich mit Leuten in Freundschaft verbinden konnte, deren Persönlichkeitsgehalt von dem seinen durchaus verschieden war. Das Schicksal hat es verhindert, daß der Verstorbene die beiden letzten Ziele erreichen konnte. Es hat dieses geistsprühende Leben lange vor der Zeit gebrochen. Aber dieser Geist wird weiter wirken, andere werden die Fahne ergreifen und vorantragen, die dem durch ein tragisches Geschickt jäh gefällten Führer entglitten ist. Seine Arbeiten werden weiter wirken und andere zum Suchen und For- schen anspannen. Wir würden aber Rud. Burckhardts wissenschaftlichen Lei- stungen nicht allseitig gerecht werden, wenn wir nicht noch ein Wort über seine Vorlesungen sagten; denn diese waren vielleicht der beste Teil seiner Arbeit. Auf die Vorbereitung für seine Vor- lesungen verwandte er eine kaum abzuschätzende Summe von Privat- arbeit. In der Beurteilung des dargebotenen Stoffes war er stets selbständig, in der methodischen Durcharbeitung durchaus originell und wich dadurch oft ganz erheblich von der Lehrbuchliteratur ab; der Stil war glänzend und meisterhaft. Es waren Vorlesungen, die wohl selten durch das Lehrbuchstudium zu ersetzen gewesen wären, denn Rud. Burckhardt ließ es sich ernstlich angelegen sein, einerseits den Wissenschaftszweig, den er vortrug, bis auf die neuesten Spezialarbeiten zu verfolgen, andererseits aber die Probleme, bis auf ihre Entstehung zurückzuverfolgen, und gerade durch dieses letztere gelang es ihm, in seinen Zuhörern das Interesse für die Biologiege- geschichte, speziell im Altertum zu wecken. Er wußte wohl, daß der in Amt und Würden stehende Naturforscher nicht Zeit und Muße findet, die Geschichte seiner Wissenschaft zu studieren, daß man bei der Jugend anfangen müsse. Bezeichnend sind hier für einige Stellen aus seiner Korrespondenz: ,, Wir müssen die Jugend, eine neue Generation für das Verständnis dieser Aufgaben heranziehen, sonst wird nichts mit unserer Geschichte.“ (Brief an Max Braun, Königsberg.) „Meiner Ansicht nach ist eine Befreiung der nach- folgenden Generation von der Langweiligkeit und entpersönlichenden Wirkung des gegenwärtigen Naturgeschichtsunterrichtes überhaupt nur denkbar, wenn wir die Naturforschung selbst humanisieren.“ Diese kurzen Hinweise auf seine Lehrtätigkeit mögen genügen, da sie sich ja ganz der Öffentlichkeit entzog und in seiner Vater- stadt wohl nicht einmal den vorgesetzten Behörden bekannt war. Um so lebendiger aber ist dafür das Andenken, das sich der Ver- 12* 172 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. storbene in dem Herzen seiner Schiler schuf. Es ist wohl keiner zu finden, der ihm nicht in Dankbarkeit weit tiber die Studienjahre anhing und sich nicht gerne und oft mit seinem Lehrer und seinen einstigen Studiengenoßen in freiem Verkehr zusammengefunden hätte. Eine ,, Schule‘ hat R. Burckhardt nie gegründet, er war nicht einer von denen, der seine speziellen Interessen all seinen Schülern einimpfte und durch Jahre und Jahrzehnte hinaus dasselbe Thema in endlosen Varianten durcharbeiten liess. Jeden liess er nach seiner Eigenart arbeiten, wie und was er wollte. Darum war auch der Verkehr in seinem Kreise stets anregend in reichem Maße. Früh ist Rud. Burckhardt aus dem Leben gegangen, viel zu früh für seine Freunde und die Wissenschaft, aber doch nicht so früh, um nicht Samenkörner ausgestreut zu haben, die in der Zukunft Früchte tragen werden. Möge es der Wissenschaft, speziell der Zoologie nie an Männern fehlen von dem offenen Blick, dem un- abhängigen, selbständigen Geist und dem unerschütterlichen Trieb nach Wahrheit in der Forschung, wie dies der Dahingegangene in so reichem Maße besaß. Verzeichnis der von Rud. Burckhardt an der Universität Basel abgehaltenen Vorlesungen. (In chronologischer Reihenfolge.) 1. Geschichte und Kritik des Darwinismus. S.S. 1893. S.S. 97. S.S. 1900. 2. Vergleichender histologischer Kurs. S.S. 1893. 3. Paläontologie der Wirbeltiere. W.S. 1893/94. W.S. 96/97. W.S. 99/1900. W.S. 02/03. 4. Vergl. Anatomie: Nervensystem, Sinnesorgane. W.S. 1893/94. W.S. 95/96. W.S. 98/99. W.S. 1904/05. Paläontologie der Fische. S.S. 1894. Tiergeographie. W.S. 1894/95. W.S. 97/98. Embryologischer Kurs. W.S. 1894/95. Lektüre und Besprechung morphologischer Arbeiten. W.S 1894/95. S.S. 97- W.S. 98/99. S.S. 99. S.S. 1900. 9. Naturgeschichte der tracheaten Arthropoden. S.S. 1895. S.S. 98. 10. Vergl. Anatomie: Extremitäten, Muskulatur, Urogenitalsystem. W.S. 95/96. W.S. 95/96. S.S. 99. 11. Geschichte der Zoologie bis Linné. W.S. 95/96. Du ay Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 173 12 13. I4. 15. 16. 17 18. TO. 20. 21. 22. 23. 24. = 25. 26. Systematik der Fische und Amphibien. W.S. 95/96. Morphologie des Zahnsystems. S.S. 96. S.S. 1901. S.S. 1905. Spongien und Còlenteraten. W.S. 99/1900. Lektüre und Besprechung von Aristoteles Tiergeschichte. W.S. 99/1900, Spezielle Systematik und geographische Verbreitung der Säugetiere und Vögel. W.S. 1900/01. Praktische Übungen im Unterricht der Naturkunde und Geographie. 3.9. 1901. 9.92 1903. Stammesgeschichte der Sinnesorgane und des Nervensystems. W.S. 1901/02. Vergleichende Anatomie der Chordaten. S.S. 1902. Lektüre und Besprechung zoologischer Schriften. S.S. 1902. Geschichte der Biologie. W.S. 1903/04. Geschichte der Zoologie seit Linné. S.S. 1904. Lektüre und Besprechung biologischer Schriften von Hippokrates. S.S. 1905. Lektüre und Besprechung biologischer Schriften des Aristoteles. W.S. 1905/06. Besprechungen über Naturgeschichtspädagogik. W.S. 1905/06. Anleitung zu selbständigen Arbeiten, gemeinsam mit dem Ordinarius. W.S. 1899/1900. W.S. 1905/06. Verzeichnis der von Rud. Burckhardt verfaßten und im Druck erschienenen Publikationen. Doppelanlage des Primitivstreifens bei einem Hühnerei. Arch. f. Anat. u. Physiol. Jahrg. 1889. Histologische Untersuchungen am Rückenmark der Tritonen. (Dissertation.) Arch. f. mikr. Anat. Bd. 33, Jahrg. 1889. Die Schlammfische im Berliner Aquarium. Berl. Sonntagsbl. Nr. 48. 1890. Untersuchungen am Hirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthyophis. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 52. Heft 3. 1891. Kurze Mitteilung über Protopterus annectens, sowie weitere Mitteilungen über Protopterus annectens und über einen in seiner Chorda dorsalis vor- kommenden Parasiten (Amphistomum chordale). Sitzgsber. d. Ges. natur forsch. Freunde zu Berlin. 1891. Die Zirbel von Ichthyophis glutinosus und Protopterus annectens. Anat. Anz. VI. Jahrg. 12. 1891. Das Zentralnervensystem von Protopterus annectens. Eine vergleichend- anatomische Studie. Festschr. z. 70. Geburtstage Leuckarts. Berlin 1892. Uber das Zentralnervensystem der Dipnoér. Verh. d. deutsch. Zool. Gesellsch. auf d. 2. Jahresvers. zu Berlin. 1892. Das Gehirn von Triceratops flabellatus. Neues Jahrb. f. Mineralogie. Bd. II. 1892. 174 Im hof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. IO. TRIO 12. 18, T4. 15. 16. ty 18. 19. 20. 21. 22. 32. 33° Uber Aepyornis. Mit 4 Tafeln. Pal. Abh. Bd. 6, 2. Jena 1893. Die Homologien des Zwischenhirndaches und ihre Bedeutung fiir die Mor- phologie des Hirnes bei niederen Vertebraten. Anat. Anz. Bd. IX. Nr. 5/6. 1893. Die Homologien des Zwischenhirndaches bei Reptilien und Vògeln. Anat. Anz. Bd. IX. Nr. 10. 1893. Zur vergleichenden Anatomie des Vorderhirns bei Fischen. Anat. Anz. BdM ING 12 160; Der Bauplan des Wirbeltiergehirnes. Morphol. Arb. Herausgeg. von G. Schwalbe. Bd. IV. Heft 2. 1894. Uber den Bauplan des Gehirnes. Verh. d. anat. Ges. auf der 8. Jahres. vers. zu Strafsburg 1894. Schlufsbemerkung zu K. F. Studniékas Mitteilungen tiber das Fischgehirn. Anat. Anz. Bd. X. Nr. 6. 1894. Das Gebif der Sauropsiden. Morphol. Arb. Herausgeg. v. G. Schwalbe. Bd. V. Heft 2. 1895. Prof. Dr. L. Rütimeyer (Nekrolog). Allgem. Schw. Ztg. Nr. 281/283. Basel 1895. Über die Herkunft unserer Tierwelt. Basel (Birkhauser) 1806. Beitrag zur Morphologie des Kleinhirns der Fische. Arch. f. Anat. und Physiol., Anat. Abt. Suppl.-Bd. 1897 ‘Festband zu Ehren von W. His). Die Riesenvögel der südlichen Hemisphàre. Ber. d. Senckenb. natur- forsch. Ges. in Frankfurt a. M. 1898. E. A. Göldi und das Museum in Para (Brasilien). Die Schweiz. Jahrg. 1899. Heft 26. Hyperodapedon Gordoni. Geol. Mag. N. S. Decade IV. Vol. VII. London 1900. On the Luminous Organs of Selachian Fishes. Ann. and Mag. of Nat. Hist. Ser. 7. Vol. VI. S. Kensington 1900. Uber die Selachier. Ber. d. Senckenb. naturforsch. Ges. in Frankfurt a. M. 1900. Theodor Bihler-Lindenmeier (Nekrolog). Verh. naturforsch. Ges. Basel. Bd. XII. Heft 2. 1900. Beitrage zur Anatomie und Systematik der Laemargiden. Anat. Anz. Bd. XVIII. 1900. Der Nestling von Rhinochetus jubatus. Fin Beitrag zur Morphologie der Nestvégel und zur Systematik der Rhinochetiden. Nova Acta. Abh. der k. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. d. Naturforscher. Bd. 77. Nr. 3. 1900. . Der Nestling von Rhinochetus jubatus. Verh. d. naturforsch. Ges. Basel. Bd> XII, Heft 3.210900; . Le Poussin de Rhinochetus jubatus. Ornis Tome XI. Paris 1900. . Note on certain Impressions of Echinoderms, observed on the Sandstone Slabs in which the Skeletons of Hyperodapedon and Rhynchosaurus are preserved. Geol. Mag. Decade IV. Vol. VII. Nr. 439. 1901. Jules Soury, le Systeme nerveux central, Structure et Fonctions, Histoire critique des Théories et des Doctrines. Zeitschr. f. Psych. und Physiol. der Sinnesorg. Bd. 27. 1901. Die Invertebraten der Elginsandsteine. Eine Erwiderung. Centralbl. f. Miner. etc. Nr. 9. 1901. Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 175 34 35° 36. OR 38. 39: 40. AI. 42. 43: 44: 45: 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53: 54 DI: Der Nestling von Psophia crepitans und das Jugendkleid von Rhinochetus jubatus. Nova Acta. Abh. d. K. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. d. Natur- forsch. Bd. 79. Nr. 1. 1901. Zum 70. Geburtstage von Wilhelm His. Centralbl. f. Schweiz. Arzte. Nr21732100r: H. G. Stehlin: Über die Geschichte des Suidengebisses. Zool. Centralbl. . Bd. VIII. Jahrg. ıgo1. Nr. 21. Die Einheit des Sinnesorgansystems bei den Wirbeltieren. Verh. des V. Intern. Zool.-Kongr. zu Berlin 1901. Das Gehirn zweier subfossiler Riesenlemuren aus Madagascar. Ebenda, sowie Anat. Anz. Bd. XX. Nr. 8/9. 1901. Das Problem des antarktischen Schöpfungszentrums vom Standpunkt der Ornithologie. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. u. Biol. der Tiere. Herausgeg. v. J. W. Spengel. 15. Bd. 6. Heft. 1902. | Die Entwickelungsgeschichte der Verknôcherungen des Integumentes und der Mundhöhle der Wirbeltiere. O. Hertwig Handb. d. vergl. u. exper. Entwicklungslehre. Bd. II. Teil I. 1902. Paläontologisches (Wirbeltiere). Schwalbes Jahresber. f. Anat. u. Ent- wickelungsgesch. 1902. Zur Geschichte der biologischen Systematik. Verh. der naturforsch. Ges. Basel. Bd. XVI. 1903. Paläontologisches (Wirbeltiere). Schwalbes Jahresber. f Anat. u. Ent- wickelungsgesch. 1903. Das Koi’sche Tiersystem, eine Vorstufe der zoologischen Systematik des Aristoteles. Verh. d. naturforsch. Gesellsch. Basel. Bd. XV. Heft 3. 1904. Uber antike Biologie. 34. Jahresheft d. Ver. Schweiz. Gymnasial-Lehrer. Aarau 1904. Die Biologie der Griechen. Ber. der Senckenb. naturforsch. Gesellsch. in Frankfurt a. M. 1904. Das erste Buch der aristotelischen Tiergeschichte. Zool. Ann. Zeitschr. f. Gesch. der Zoologie. Bd. I. Würzburg 1904. Zur Geschichte und Kritik der biologiehistorischen Literatur. I. J. V.Carus. Ebenda. Paläontologisches (Wirbeltiere). Schwalbes Jahresber. f. Anat. u. Ent- wicklungsgesch. 1904. Mauthners Aristoteles. Offener Brief an Herrn Georg Brandes. Basel, Birkhäuser, 1904. Das Zentralnervensystem von Ceratodus forsteri von Dr. R. Bing und Prof. Dr. Rud. Burckhardt. Semon: Zool. Forschungsreisen in Austr. und den Malaien-Archipel. Jen. Denkschr. IV. 1905. Zoologie und Zoologiegeschichte. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 83. 1905. Hirnbau und Stammesgeschichte der Wirbeltiere. Ber. d. Senckenb. naturforsch. Gesellsch. in Frankfurt a. M. 1905. Mode und Methode in der Erforschung der organischen Natur. 36. Jahres- bericht d. Schweiz. Gym.-Lehrerver. Aarau 1905. Zur Geschichte und Kritik der biologiehistorischen Literatur. II. Joh. Spix. IL Oskar Schmidt. Zool. Ann. Zeitschr. f. Gesch. d. Zool. Bd. II. Würzburg 1905. 176 Imhof, Rud. Burckhardts Bedeutung f. d. vergl. Anatomie u. Biologiegeschichte. 56. Uber den Nervus terminalis. Verh. d. Zool. Ges. in Marburg 1906. 57. Uber sechs in den mittleren und untern Palembangschichten gefundene Selachierzàhne. A. Tobler: Top. u. geol. Beschr. d. Petr. Gebiete bei Moera Enim (Siid-Sumatra). Tijdschr. v. h. Kon.-Ned. Aardr. Gen. 1906. 58. On the Embryo of the Okapi. Proc. Zool. Soc. of London 1906. | 59. Biologie und Humanismus. Drei Reden. Jena (Diederich) 1907. 60. Ein Experiment bei Hippokrates. Festschrift zu Ehren von + Prof. Kahlbaum. 1907. 61. Das Zentralnervensystem der Selachier als Grundlagen einer Phylogenie des Vertebratengehirns. I. Teil: Einleitung und Scymnus lichia. Nova Acta. Abh. d. k. Leop.-Carol. Deutsch. Akad. d. Naturforscher. Bd. 73. Nr. 2. 1907. 62. Geschichte der Zoologie Sammlung Göschen. Leipzig 1907. 63. Aristoteles und Cuvier. Zool. Ann. Bd. III. 1908. Ausserdem zahlreiche Rezensionen und Referate über wissenschaftliche Arbeiten in verschiedenen Zeitschriften: Allgem. Schweizerztg., Anatomischer Anzeiger, Correspondenzblatt f. Schweiz. Arzte, Frankfurter Zeitung, Geolog. Zentralblatt, Geolog. Magazine, Journal of Comp. Neurology, Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaft, Neues Jahrbuch fiir Mineralogie, Die Schweiz, Sitzungsber. der Gesellsch. naturforsch. Freunde, Berlin, Verh. d. naturforsch. Gesellsch., Basel, Zeitschrift fiir Psychol. u. Physiol., Zoolog. Zentralblatt. etc. Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. Von Dr. Ludwig Keilhack, Assistent am Zoolog. Institut in Berlin. ) [ei der Bearbeitung einer Systematik der deutschen Süßwasser- phyllopoden für die ,,Sii&S$wasserfauna Deutschlands“ habe ich bemerkt, daf die übliche Nomenklatur bei einer ganzen Reihe von Arten und Gattungen auf Irrtiimer oder Vernachlässigung der Nomenklaturregeln zurückzuführen ist, und daf mehrere der ge- brauchlichsten Namen fallen miissen. Da der Charakter des erwahn- ten Bestimmungswerkes eine ausführliche Erörterung dieser Fragen nicht zuläßt, so will ich diese Besprechung hier vornehmen. Es sei mir gestattet, an dieser Stelle Herrn Professor F. C. v. MAEHRENTHAL für die weitgehende Unterstützung, durch die er mir die Behandlung historischer und nomenklatorischer Untersuchungen ermöglichte, meinen verbindlichen Dank zu sagen. Herrn Professor G. W. Miter habe ich für eine briefliche Mitteilung über den Monoculus conchaceus L. und Herrn Dr. E. Worr-Frankfurt für die Angabe mehrerer Phyllopodenfundorte zu danken. I. Notostraca und Anostraca. 1. Die älteste der in Frage kommenden Gattungen ist Mon- oculus L. 1758. Da der Verbleib des Namens Monoculus bisher in der Literatur unbeachtet gelassen ist, muß ich die Frage an dieser Stelle behandeln. Die Gattung ist in der 10. Ausgabe des „Systema naturae‘ aufgestellt für folgende 9 Arten: 178 Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. M. polyphemus, wird 1785 Limulus O. F. MiLLerR (Xiphosura GRONOVIUS 1781). foltaceus, „ 1762 Binoculus GEOFFROY. apus, „ 1762 Dinoculus GEOFFROY. pulex, » 1766 Branchipus SCHAEFFER. pediculus, » 1776 Polyphemus O. F. MÜLLER. quadricornis, „ 1776 Cyclops O. F. MÜLLER. conchaceus, ,„ 1776 Cypris O. F. Miter. lenticularis, ,, 1820 Limnodia BROGNIART. tclemus ist fragliches Synonym zu Hyaloea tridentata LAMARCK. Als erster hat Grorrroy 1762 (Insectes des Environs de Paris, p. 658—661) den Gattungsbegriff Monoculus L. eingeschränkt durch die Aufstellung der Gattung Prroculus, die außer einer Epheme- riden-Larve (Drnoculus ,,cauda foliacea“) den Argulus fohaceus L. (Binoculus „gasterostei“) und Apus cancrıformıs aut. (Din. ,,cauda biseta‘‘) enthält. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch der Monoculus apus durch Grorrroys Gattung eliminiert wird, da der Gattungsbegriff von Drnoculus noch weit mehr umfaßt als die ,,Apodiden“; (will man Elimination ganz streng nur für die Falle gelten lassen, in denen für eine der in der ursprünglichen Gattung enthaltenen Arten eine neue Gattung aufgestellt wird, so würde Mon. apus erst durch Zefrdurus LeAcH 1816 und Mon. foliaceus erst durch Avgulus ©. F. Mii. 1785 eliminiert sein; für den Ver- bleib des Namens Monoculus ist das belanglos). Die nächste Elimination hat 1766 stattgefunden durch die Auf- stellung der Gattung Branchipus SCHAEFFER (Elementa entomologica, 1766), für die der Autor 3 Arten als Vertreter abbildet: Afzs cancriformis aut., Lranchipus stagnalis aut. und Daphnia magna aut. Da die Frage nach der von Scuarrrer angewendeten Nomen- klatur und auch die nach dem Umfang seiner Gattung nicht mit vollster Gewißheit zu entscheiden ist, will ich den vollen Text hier wiedergeben; zunächst auf der letzten Seite der Gattungstabelle: GENVS. | PEDES. |OCVLI.'ANTENNAE.|. OS.- CORPVS. CAVDA.| TAB. Geschlechts. Füsse, | Augen.| Fühlhörner. Maul, Körper. Schwanz. Kupfert. name. | | 103 branchiati;| testae | maxillosum;|testa tec-| diversa. | XXIX. BRANCHI-| plurimi. | innati. | intratestam.| tum. PVS x : 3 o Lungen- | in der Freßzangen,| schaalig. | verschie- Her fus, füsse;viele.| Schale. in der den. Schale. Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. 179 Dann die Erlauterung der Tafel 29, auf der die 3 oben ge- nannten Arten abgebildet sind: IIR AUNC Jal? WS); u ANPINSINOIN ES Je UC, Io Wes WIE PEDES: plurimi, branchiati, natatorii. . Fig. II. a. a. V.a.a. CORPNSaitestar tectums ABI Tas ba Va: OCVLI: testae innati. Fig. I. b. IV. b. Fam. J. Canecriformis. Bio. III Fam ey sbasciformisye sich lee Ville Fam. III. Conchiformis. Fig. HI. IV. Es folgt die deutsche Ubersetzung dieser Zeilen. SCHAEFFER hat mit den Worten cancriformis usw. seine Arten (daß er sie Fam. nennt, ist belanglos) nicht benennen, sondern nur charakterisieren wollen. Das ergibt sich mit Sicherheit aus dem Text zur Gattung Sphinx, bei der die entsprechende Stelle lautet: Fam. I. Alae angulatae. Fam. II. ,, integrae, cauda simplici. Fam. III. va a » pilosa. Daß auch das Wort APTERON kein Artname sein soll, ergibt sich daraus, daß sich bei den Hemipteren an der entsprechenden Stelle findet: ,,coleoptero-hymenopteron seu hemipteron‘‘, sowie daraus, daß alle 132 Gattungen des Werkes an der entsprechenden Stelle nach den Flügeln charakterisiert sind. SCHAEFFERS „Elemente“ verstoßen also nicht gegen die binäre Nomenklatur, sie geben vorschriftsmäßige Gattungsnamen und kurze Kennzeichnungen der einzelnen Arten, ohne diese zu benennen. Nun der Umfang der Gattung: sie muß, meiner Ansicht nach, mindestens die Notostraca, die Anostraca und die Daphniden ent- halten. SCHAEFFER hat z. B. den „krebsförmigen Kiefenfuß mit der langen Schwanzklapp“, den er schon 1756 beschrieb, sicher nicht ausschließen wollen, sondern für die 3 Hauptgruppen seiner Gattung eben nur je einen Vertreter abgebildet. Durch ScHAEFFERS Dranchipus ,,conchiformis“ wird also aus der Linnéschen Gattung der A/onoculus pulex eliminiert. Die nächste Elimination findet 1776 durch O. F. MiLurrs „Prodromus“ statt. |MürLer übernimmt hier Grorrrovs Gattung Binoculus, führt aber als Arten nur den Din. palustris (= Mon. 180 Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. apus L.) und Lin. piscinus (= Argulus foliaceus aut.) an.| Seine Gattung Polyphemus ist fiir P. oculus aufgestellt, an dessen Identitat mit Mon. pediculus keine Zweifel bestehen; Mon. quadricornis und Mon. conchaceus werden bei der Aufstellung der Gattungen Cyclops und Cypris ausdrücklich, der erste als Art, der zweite als Synonym zu C. pubera, angeführt. Von den 3 übrig gebliebenen Arten der Gattung Monoculus wird 1785 die Art AZ. polyphemus durch Limulus O.F. ML. 1785 (Entom. seu ins. testac. p. 125) eliminiert. Miter führt als Synonym zu Z. gigas ausdrücklich 47. polyphemus an. |Die Art kann schon durch Gronovius’ (Zoophylacium, 1764) Gattung Arphosura als eli- miniert angesehen werden; die Frage hat nur für den Namen Xiphosura (Limulus) Bedeutung.| 1820 wird durch Broeniarts Gattung Limnadia der Mon. lenticularis eliminiert. Die Gattung ist aufgestellt für Z. hermannz, deren Identität mit Linnés Art außer Zweifel steht. Es ist demnach in der Gattung Monoculus nur eine Art ver- blieben: A7. Zelemus, der von Lamarck als fragliches Synonym zu Hyaloea tridentata gestellt wird (Hist. nat. d. anim. s. vert. Bd. VI. i Lei 1819). Der Name MWonoculus Lo ist demnachmals fragliches Synonym des Pteropoden Cavolina natans ABILDGAARD 1791 (= Hyaloea tridentata Lamarck 1709) unter- gebracht. 2. Als nächstes ist der Verbleib des Namens Binoculus GEOFFROY 1762 zu erörtern. Der Inhalt der Gattung ist oben an- gegeben. Durch SCHAEFFERS Gattung .Pranchipus 1766 wird aus ihr der Din. „cauda biseta‘ und durch MiLrers Gattung Argwlus 1785 der Bin. „gasterostei“ eliminiert. Der Name Drnoculus bleibt daher der Ephemeridenlarve Azz. „cauda foliacea“, dem „Binocle à queue en plumet“; die von Latreille 1833 für dieselbe Art aufgestellte Gattung Prosopistoma wird Synonym der Gattung Binoculus Geoffroy 1762. 3. Aus der oben ausführlich wiedergegebenen Gattung Bran- chipus SCHAEFFER 1766 wird durch Daphne MüLL. 1776 der Dran- chipus „conchiformis“ und durch die Übernahme von GEOFFROYS Gattung Dinoculus in demselben Werk MiLLers der Zranchipus „cancriformis“ als Din. palustris eliminiert. Der Name Dran- chipus bleibt also der von SCHAEFFER als ,,pisciformis“ beschriebenen Form, dem Dranchipus stagnalis aut. Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. 181 4. Der Name Apus taucht nach 1758 als Gattungsname zuerst auf bei J. A. Scopouı (Introductio ad historiam naturalem sistens genera lapidum, plantarum et animalium hactenus detecta. Prag. 1777.) ScopoLi bezeichnet den als Cypselus bekannten Vogel mit dem Namen Apus. In demselben Werke stellt er aber (S. 404) eine Phyllopodengattung auf, die er Afos nennt. Beide Namen stehen im Inhaltsverzeichnis des Werkes hintereinander. Die von der Norm abweichende Transskription Afos für «-sovg ist demnach jedenfalls absichtlich zur Unterscheidung des Krebsnamens vom Vogelnamen gewählt, und die beiden Nämen haben durchaus nebeneinander Be- rechtigung. Für die Phyllopodengattung bleibt nur der Name Afos ScoroLı 1777. Die spätere Schreibung Agus LarREILLE 1801 (schon Cuvier 1798) ist mit Rücksicht auf die Homonymie mit der Vogel- gattung zu verwerfen. Da mit der Deutung des Inhalts der Gattung A/os ScoroLı den späteren Autoren ein bedauerlicher Irrtum passiert ist, so gebe ich die fragliche Stelle im Wortlaut wieder: + 106. MONOCVLVS. Palpi postici saepius auriformes Fagric. Antennae plerisque ramosae. Corpus superne loricatum. Pedes dissimiles. 107. APOS. Scop. Antennae simplices. Cauda articulata. Lorica nulla. Monocvivs Apus Linn. SCHAEFFER von dem filhförmigen Kiefenfuß. LEDERMÜLLER Mikroskop. Tab. 73. 75. 2. Diese beiden Diagnosen lassen ganz zweifellos erkennen, daß ScoroLı mit seiner Gattung Agos einen Branchipodiden gemeint hat. Vermutlich hat er unter „Mon. apus L.‘“ irrtümlich einen anostraken Phyllopoden verstanden. Da die Diagnose für den Gattungsbegriff in erster Linie maßgebend ist und nicht die Synonymie, so muß der Name os auf einen Branchipodiden bezogen werden, und da schon 1776 die Gattung Dranchipus SCHAEFFER 1766 so weit ein- geengt war, daß ihr Rest sich mit dem Gattungsbegriff von Afos ScopoLi deckt, so wird Apos ScopoLı 1777 Synonym zu Branchipus SCHAEFFER 1766 und verschwindet aus der E ite rat Ino SCHRANK 1803 und Lranchiopoda Bosc 1802 (Lamarck 1801) sind ebenfalls Synonyme zu Dranchripus SCHAEFFER 1766. 182 Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. 5. Für den bisher Agus genannten Phyllopoden ist erst 1803 durch Schrank (Fauna Boica, p. 180) ein gültiger Name geschaffen: Triops. Die Schreibung 77/09es findet sich bei ScHRANK nur an einer Stelle, während 7»zops in der Übersicht der Gattungen und im Inhaltsverzeichnis steht. Die Schreibung ohne e ist daher vor- zuziehen; sie stellt übrigens auch die bessere Wortbildung dar. SCHRANK hat unsere beiden Triopsiden noch nicht unterschieden. Der erste, der dies tat, war LeacH, der für die Art Aroductus Bosc = apus L. den Namen Zepidurus einführte. Da die Familie nach der typischen Gattung zu benennen ist, so muß sie Triopsidae nov. nom. heißen. Da SCHAEFFER, wie oben ausgeführt, seinen Arten keine Namen gegeben hat, so bleibt die Frage nach den Artnamen der beiden von ihm als cancriformis und pisciformis gekennzeichneten Arten noch zu erörtern. Die als cancriformis bezeichnete Art ist 1802 von Bosc (Hist. Nat. d. Crust., p. 244) mit dem Speciesnamen cancrıformis belegt, muß also hinfort 7710ps cancriformis (Bosc) 1802 heißen. (Der Name palustris (O. F. Mitt. 1776) kann nicht auf die fragliche Form angewendet werden, da er synonym zu dem Artnamen apus L. ist.) Die als pisciformis bezeichnete Art ist von den spàteren Autoren immer mit dem für sie unbrauchbaren Namen s/agnalıs belegt und hat dann durch Fischer de Waldheim 1834 den Namen schaeffert bekommen; der später wieder angenommene Name /zsczformzs wird demnach synonym zu dem von Fischer gewählten. _ II. Conchostraca. Bei den Conchostraken haben sich ebenfalls mehrere Anderungen als notwendig erwiesen. 1. Der Name Zstheria (Ripp. 1837) ist schon 1830 von RoBINEAU- Desvoiwy für eine Dipterengattung verwendet worden. Der fragliche Phyllopode bekommt den Namen Cyzicus Aupoun 1837. 2. Die EZ. dahalacensis Rüpr. ist in die Gattung Zeptestheria G. O. Sars zu stellen. 3. Statt Zimnadıia hermanni BROGNART ist zu schreiben ZL. len- ticularis (E.),-s. 0. S.180, Abs. 2. Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. 183 4. Für den Namen Lzmzetzs Lovin 1846 hat der Name Lynceus O. F. MiLL. 1776 einzutreten. Während der letzten Jahre (seit 1901) ist dieser Standpunkt von mehreren Autoren eingenommen. Die Griinde, die bisher fiir dies Verfahren beigebracht sind, entsprechen jedoch durchaus nicht den Prioritàtsregeln.. Die Frage, ob der Name Lynceus für Limnetis oder fiir Alona einzutreten habe, ist u. a. an folgenden Stellen behandelt: 1. Litisepore, W., ,,Cladocera Sueciae“, Nov. Acta Reg. Soc. Sci. Upsaliensis, ser. II. Bd. 19, Upsala 1900, p. 446. 2. Sars, G. O., ,,Contributions to the knowledge of the Fresh- water-Entomostraca of South America“, Arch. Math. Nat., Kristiania 1901. 3. STEBBING, T. R. R., ,,Lynceus and Lynceidae“, The Zoologist, London 1902. As SNES, (GO), Oia wae Crustacean Fauna of Centralasia“, pt. Il: „Cladoeera‘,: Ann. Mus. Zool. Acad: Imp. Sci. St. Peters- burg, 1903, Bd. 8, No. 2, De RL, 5. Exman, S. „Cladoceren und freilebende Copepoden aus Ägypten und dem Sudan“, Schwed. Zool. Exped. Jägerskiöld, pt. 1, 8, 1904. Ich will mein Verfahren, den Namen Lynceus statt Zimnelıs Loven zu gebrauchen, im folgenden begründen: Die Gattung Lynceus ist von O. F. Miter 1776 (Zool. Dan. Prodr. No. 2392—2398) für folgende 7 Arten aufgestellt: L. sphaericus, wird 1816 Chydorus LEacH. quadrangularis, „ 1843 Alona Baio. long trostris, » 1845 Dosmina BARD. trigonellus, » 1843 Pleuroxus BAR». lamellatus, „ 1843 Zurycercus Bairv. macrourus, „ 1843 Camptocercus BAIRD. brachyurus, gehòrt in die von Lovin 1846 (11. Februar) aufgestellte Gattung Lzmnets. Bei LeAacH 1816 und bei Bairp 1843 werden die Arten MÜLLERS ‘bei der Aufstellung der neuen Gattungen ausdrücklich angeführt. Die Gattung Dossnina Baırn 1845 ist aufgestellt für 2. cornuta, die mit MüLLers Z. longrrostris artlich zusammenfällt. 184 Keilhack, Zur Nomenklatur der deutschen Phyllopoden. BairD (1843) gibt an, LracH habe dvachyurus zum Typus der Gattung Lynceus. gemacht; dies ist indessen nicht der Fall. Eine Typusbestimmung vor 1845 ist mir nicht bekannt. Da 1845 alle Arten bis auf Z. drachyurus eliminiert waren, so muß der Name Lynceus für diese Art beibehalten werden. Die Liste der deutschen Euphyllopoden gestaltet sich demnach rolgendermafsen : I. Zriops cancriformis (Bosc), 2. Lepidurus apus (L.), 3. Branchipus schaeffert FIscuer, 4. Chirocephalus grubü (Dys.), 5. a6 diaphanus PREVOST, 6. 3 josephinae (GRUBE), 7. Streptocephalus auritus (Koch), 8. Artemisia salina (L.), o. Limnadia lenticularis (L.), 10. Leptestheria dahalacensis (Rivp.), 11. Cyzicus tetracerus (KRYN.), 12. Lynceus brachyurus (O. F. Mix.) Die Stufenfolge der Dinge, der Versuch eines natürlichen Systems der Naturkörper aus dem achtzehnten Jahrhundert. Eine historische Skizze von Dr. August Thienemann, Münster i. W. „Die Geschichte mit ihrer festen Vergangenheit scheint so wenig einer Zeit etwas bieten zu können, für welche alles Heil in der Zukunft liegt, eine Zeit, die rastlos von Tatsache zu Tatsache fort- schreitet, in fester Zuversicht, dass jedes Neue heller und heller leuchte und endlich den Schlußstein des Zusammenhanges liefere. Man mag dieses Streben noch so sehr anerkennen und bewundern, so wird es doch nebelhaft bleiben, wenn nicht wenigstens von Zeit zu Zeit der Blick zurückgewendet wird auf die Wege, welche durch- schritten wurden, d. h. auf die Geschichte dieses Strebens. Es liegt sicherlich auch ein Widerspruch darin, daß man unser Zeitalter das der „Entwickelung‘“ nennt und es mit diesem Namen hochpreist und von der vergangenen Entwickelung der Wissenschaft wenig wissen will.“ Hansen, Goethes Metamorphose der Pflanzen. Ge- schichte einer botanischen Hypothese (1907, p. 379). Zool. Annalen III 13 186 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Poh aa | Einleituns A une AR EE NE CO Se RE STO LE Wail ar DES Mankskript des Thüringer Anonymus vom Jahre 1780, mit Anmerkungen aus zeitgenössischen Schriftstellern ver- SEHEN EUR En ae e er Ra Run el SELBER Teil II: Die Stufenfolge der Natur, der Versuch eines natürlichen Systems der Dinge aus dem 18. Jahrhundert. As Eenbnitz undrdier!Bexscontnuners ue 20290 255 B. Die Stufenleiter der Natur. Bonnet incl seine Schule sfiBa:die ya 235— 246 C. Von der Kette und Leiter zum Netz, Zur = Nona geographica, zur stereometrischen AI dnung und zum Bilde des Baumes . . . . + 247-255 D. Modifikationen des Systems co SUR Von RfobinietàziOkenaf8Elte die nese 255—261 E. Kritik des Systems der Stufenfolge quran abe Za genossen und vom modernen Standpunkte aus. . 261—272 SCHIEBEN ARE LE ET A RIO Greer deena RNC RARO Pane OTT in eigenartiger Gedarike zieht sich schon im Altertum durch die Schriften theoretisierender Biologen; er fand seinen kurzen Ausdruck in der Formel „natura non facit saltus‘‘, die Natur macht keinen Sprung. Nach der Aristotelischen Anschauung ist der Übergang vom Unbeseelten zum Beseelten ein ganz allmählicher. ‚Natura enim continue transit ab inanimatis ad animalia per ea, quae vivant quaedam, sed non sint animalia, ita ut parum admodum differre alterum ab altero videatur, propter suam propinquitatem.“ (De part. animal. IV. 5; cf. Hist. animal VIII. 1). Die Pflanzen folgen auf die unorganische Natur, sie sind beseelter als diese, aber weniger beseelt als die Tiere; niedere Meerestiere verknüpfen wiederum Pflanzen und Tiere. Aber auch innerhalb der einzelnen Reiche stehen Mittelglieder zwischen den verschieden organisierten Organismen- klassen; so ist, um nur ein Beispiel hervorzuheben, das sich bis in die neuere Literatur erhalten hat, der Strauß nach Aristoteles „partim avis, partim quadrupes“. (De part. animal. IV. cap. ult.) Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 157 Mehrfach kehrt der Aristotelische Gedanke in der mittel- alterlichen Literatur wieder; Nemesius (im 4. Jahrhundert nach Christus) spricht ihn in seiner Schrift meet qÜceus advdoammov aus (ed. 1671. p. 6 ff.). Von den arabischen Zoologen stellte Kazwini (f 1283) eine Reihe auf, die von der Erde über Mineral und Pflanze zum Tier, von diesem über den Menschen zum Engel ging. ,,Das niedrigste Tier ähnelt den Pflanzen und hat nur einen Sinn (Gefühl). Es ist ein im Innern einer steinernen Röhre lebender Wurm, der Siehan einigen Ufern finder (Carus, Gesch. di Zook p. 167.) Aus der Zeit des Humanismus sei hier nur Conrad Gesner genannt, der als Bindeglieder zwischen Tier- und Pflanzenreich die Zoophyten ansah (De aquatilibus. L. IV. Cap. de Spongiis. p. 1066 edit. Tigurin, p. 888 edit. Francofurti 1620). Diese kurze Auswahl genügt, um die weite Verbreitung des Gedankens zu zeigen, der, seit Aristoteles ihn zum ersten Male klar ausgesprochen, immer wieder in naturwissenschaftlichen Erörte- rungen auftauchte. Eigentümlich ist es gewiß, daß dieser Gedanke einer konti- nuierlichen Formenkette in der Natur schon so früh, ganz im Be- ginne wissenschaftlichen Denkens schon auftrat, denn, um mit Kant zu reden (vergl. p. 262), Beobachtung und Einsicht in die Einrich- tung der Natur allein konnte diese ,,Liickenlosigkeit® als objektive Behauptung nicht an die Hand geben. Die Sprossen einer solchen Leiter der Natur, so wie sie uns die Erfahrung angeben kann, stehen so weit auseinander, daß bloße Erfahrung nie den Satz von der „Natur, die keinen Sprung tut‘ hätte aussprechen lassen. Die historische Betrachtung wird aber zeigen, wie recht Kant hatte, wenn ven) die Methode, nach, einem solchen (Prinziper der Affinität „Ordnung in der Natur zu suchen, und die Maxime, eine solche, obzwar unbestimmt wo und inwieweit, in einer Natur überhaupt als gegründet anzusehen“, „ein rechtmäßiges und treff- liches regulatives Prinzip der Vernunft‘ nennt. Einen systematischen Ausbau fand die Lehre von der Konti- nuität in der Natur im achtzehnten Jahrhundert; und die Entwicke- lung der Systeme, die auf dieser Grundlage errichtet wurden, hat meiner Meinung nach ein nicht ganz geringes historisches Interesse. Denn die zunehmende Komplikation dieser Systeme, die, je konse- quenter der Grundgedanke durchdacht und verwertet wurde, sich stetig steigerte, führte wohl nach der einen Seite hin in eine Sack- gasse. Auf dem anderen Wege aber traten doch immer mehr schon 15% MIS Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. die Prinzipien hervor, durch die eine wirkliche Weiter- und Hoher- entwickelung des natürlichen Systemes der Naturdinge möglich war. Der Gedanke der ‚natürlichen Stufenfolge‘ oder der ,,Konti- nuitat in, der Natur“ gab so eine Grundlage ab, auf und aus der der Deszendenzgedanke mit hervorging. Das reiche und fruchtbare Geistesleben des achtzehnten Jahr- hunderts war auch fir die moderne Entwickelungslehre ein unent- behrliches Keimbett. fe Des Thüringer Anonymus Manuskript vom Jahre 1780, mit Anmerkungen aus zeitgenòssischen Schriftstel- lern versehen. Der Anlaß, der mich zum Studium der Vertreter der ,,Scala naturae‘‘ führte, war ein rein äuferlicher. Vor einigen Jahren schenkte mir Herr Architekt Hans Gebhardt in Gotha zwei kleine Manuskriptbändchen, die beide von der gleichen Hand ge- schrieben waren. Das eine, bei dem die Titelseite fehlte, behandelte, nach Linnéschem Vorbild -die Naturgeschichte der Vögel; die Gattungen werden darin noch kurz beschrieben, die Arten einfach aufgezählt; das Manuskript ist durchaus nicht originell und ohne jedes allgemeinere Interesse. Um so interessanter ist das andere. Auch dies stellt ein Heft im Oktavformat dar, das in rohen Pappdeckel gebunden ist. Seine erste Seite trast den Titel: „Entwurf einer nach derimue maßlichen Stufen- Folge eingerichteten allsemeimen Naturgeschichte 1780“ Darunter in anderer, anscheinend späterer, Handschrift: „Erste Linien einer allgemeinen Natur- geschichte nach der mutmaßlichen Stufenfolge der Dinge“. Das Büchlein enthält keinen Autornamen, ebensowenig irgend einen Hinweis, aus dem sich der Verfasser erschließen läßt. Sicher ist nur, daß das Manuskript aus einer Thüringer Familie stammt, sicher auch, dafs der Verfasser ein studierter Mann gewesen ist; möglicherweise ein Pfarrer. Aber Gewißheit konnte ich darüber auf keine Weise erlangen; auch der frühere Besitzer der Hand- schrift, Herr H. Gebhardt, wußte nichts über ihre Herkunft. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 189 Von vornherein war die Moglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß das mir vorliegende Manuskript schon irgendwo ge- druckt ist. Ich habe daher die Literatur des 18. Jahrhunderts, die sich mit der „Stufenleiter der Natur“ befaßt, soweit sie mir zugäng- lich war, genau verglichen; aber mit negativem Erfolge. Möglich war es auch, daß es sich in unserer anonymen Hand- schrift um eine bloße, jeder Originalität bare Kompilation aus anderen Schriftstellern handelte, die sich der Autor, zum Selbst- studium, angefertigt hat. Auch das ist nicht der Fall. Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß der Anonymus stellen- weise Johann Christian Polykarp Erxlebens ,,Anfangsgriinde der Naturgeschichte“, ein in jener Zeit weit verbreitetes Buch, stark benutzt hat; diese ‚Benutzung‘ ohne Anführung des Autors wird an einigen Stellen direkt zur „Abschrift“. Doch das bezieht sich auf Einzelheiten; der Grundgedanke, die Tendenz unseres Manuskriptes ist diametral entgegengesetzt der des Werkes Erxlebens. Unser Anonymus hat, in Anlehnung an Linne, Bonnet, Erxleben und andere Naturforscher seiner Zeit, in seinem Manu- skript ein Werk geschaffen, das gleichsam als Schulbeispiel für die Richtung der „Scala naturae“ dienen kann. Wohl ist die Bonnet- sche ‚Leiter‘ ursprünglicher; aber der Versuch, das ihm zugäng- liche naturkundliche Wissen seiner Zeit möglichst vollständig zur „Stufenfolge‘“ zu ordnen und die einheitlich und scharf durchge- führte Art dieser Gruppierung geben unserem Anonymus mit seinem Manuskripte doch eine Sonderstellung. Wer sich über die Anschauungen jener Naturforscher und Naturphilosophen, die den gesamten Kosmos im Bilde einer einreihigen, ununterbrochenen Kette sahen, orientieren will, der kann es am leichtesten und bequemsten in dem übersicht- lichen Schriftchen unseres anonymen Thüringers tun. Von dem äußeren Ansehen des Manuskriptes ist nicht viel zu sagen. Es besteht aus 106 Oktavseiten, die von einer meist gut leserlichen und ziemlich sorgfältigen Hand beschrieben sind. An vielen Stellen sind Einschaltungen gemacht worden, die auf einen anderen und anscheinend späteren Autor zurückzuführen sind. Je eine Seite wird von der eigentlichen Abhandlung eingenommen; die andere trägt „Anmerkungen“, kurze Notizen meist aus zeitgenössi- schen Schriftstellern, manchmal mit Angabe des zitierten Autors, manchmal ohne dessen Namen. Der erste Teil des Werkes ist * reichlicher mit solchen Anmerkungen versehen; im zweiten, zoologi- schen, finden sich fast keine mehr. LOO}: Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Im folgenden gebe ich die Abhandlung selbst in extenso wieder ; von den Anmerkungen des Anonymus nur die, die mir ein allge- meines Interesse zu haben scheinen. Ferner führe ich aus der naturwissenschaftlichen Literatur des 18. Jahrhunderts Stellen an, die Parallelen zi? den Äußerungen unseres Anonymus bilden; und wo mir die Quellen, aus denen er geschöpft hat, bei meinen Lite- raturstudien bekannt geworden sind, weise ich in den Anmerkungen auf sie hin. So mag aus dem Manuskript und den Anmerkungen der Ver- such eines natürlichen Systems der Organismen, ja der gesamten Natur, wieder lebendig werden, wie es sich im Kopfe einzelner Ge- lehrter gestaltet hatte zu einer Zeit, in der weder die Fülle natur- wissenschaftlich festgelegter Einzelheiten noch die auf diesen Einzel- heiten gegründeten und sie zur Einheit zusammenfassenden allge- meinen Gesichtspunkte und Theorien dem systematisierenden Forscher zu Gebote standen. Entwurf einer nach der mutmaßlichen Stufen-Folge ein- gerichteten allgemeinen Naturgeschichte 1780. Anmerkungen: Untertitel, von einer anderen Hand geschrieben: „Erste Linien einer allgemeinen Naturgeschichte nach der Mutmaßlichen Stufenfolge der Dinge“. — Auf der ersten Textseite des Manuskriptes findet sich, gleichsam als Motto, folgendes Zitat: „Sander, über Natur und Religion P. 1. p. 96. Und doch ist eine unermeßliche Folge der Dinge cder aller Wesen, Von der Erde zum Kiesel, Vom Kiesel zur Bewegung, Von der Bewegung zur Reizbarkeit, Von der Reizbarkeit zur Empfindung, Von der Empfindung zur Vernunft.‘ In dem angeführten Werke: „Über Natur und Religion für die Liebhaber und Anbeter Gottes. Von Heinrich Sander, Professor am Gymnasio illustri in Carlsruhe und Ehrenmitglied der Gesellschaft Naturforschender Freunde in Berlin. Erstes Stück. Leipzig, in der Weygandschen Buch- handlung 1779 —‘ kann ich die zitierte Stelle nicht finden. Doch finden sich ähnliche Gedanken bei Sander. So Il. p. 161: „Es liegt in der Welt eine einzige Zeichnung, von Sandkorn bis zum Menschen, zu Grund, und dieser Rif ist ganz ausgeführt. Keine Schönheit, die nicht genützt wäre, keine denk- bare Form, die nicht angebracht wäre“. Und an anderer Stelle: „.... die sanften Übergänge vom Mineral zum Organ, vom Wurm zum Insekt, vom Strauß zum Cameel, von vielen Tieren zum Menschen . . . . .. Linne würde das Stückwerk seines Wissens einsehen ..... Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. IOI Einleitung. SL. Die Universal-Naturgeschichte begreift die Kenntnis aller natür- lichen Körper in sich und übersieht gleichsam mit einem Blick das ganze System der sinnlichen Schöpfung. URN N a € Sie behandelt daher die Werke der Natur, welche solange Naturalien genennet werden, solange sie weder durch Menschen noch durch Thier verändert worden sind. $ 3. Der Schôpfer selbst hat.dazu die Ordnung gemacht. Solche entwickelt sich in der Stufenfolge, welche teils in der äußerlichen Figur, teils durch die innere Struktur der Dinge bezeichnet wird. $ 4. Wo die Naturalien Form und Wesen verändern, da ist der Abschnitt der verschiedenen Reiche; wo aber Ahnlichkeiten sind, da sind die Glieder der allgemeinen Kette anzutreffen. S 5. Ein jeder Körper, den die Natur in geheimer Werkstätte für- bringt, ist von einfachen Elementarischen Wesen zusammengesetzt. Ist die Zusammensetzung ohne genaue Ordnung und gleichsam nur durch zufallige Häufungen geschehen, so ist’s eine Minera. Regnum minerale. Zeiget sich die Verbindung so, daß gewisse Bewegungen flüssiger Teile dabei statthaben, so nennt man solches ein organon; und sind dergleichen organa viele in eines verbunden, so sagen wir, es ist organisieret; und bewegen sich wirklich die flüssigen Teile, daß der Körper wächset, grünet, blühet und Früchte trägt, so heifset es eine Pflanze. Regnum vegetabile. Äußern sich endlich an einem solchen Körper sinnliche Empfindungen und willkürliche Bewegungen, die da Merkmale eines dunklen oder deutlichen Bewußtseins geben, so heißen es Tiere. Regnum animale. $ 6. Man lese hierbei Bonnets Werke über die Natur. Ingl. Reaumurs und Reumarus von den Kunsttrieben der Tiere. UN Anmerkungen: Das Wort ,Universal-Naturgeschichte“ hat unser Anonymus von Erx- leben; vergl. die Vorrede zu: „Anfangsgründe der Naturgeschichte, ent- 192 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. worfen von Johann Christian Polykarp Erxleben, der Weltweisheit D. und Professor auf der Georg-August-Universitàt, des königl. Inst. d. hist. Wiss. zu Göttingen, der königlichen Landwirtschaftsgesellschaft zu Zelle und der Batavischen Societät der Experimentalphilosophie zu Rotterdam Mitglied. Zwote, vermehrte und verbesserte Auflage mit Kupfern. Göttingen und Gotha, bei Johann Christian Dieterich 1773“. — Der Anonymus hat Erxleben stark benutzt; das geht u. a. daraus hervor, daß er als Anmerkungen zu $ 2 den $ 2 Erxlebens — ohne Be- zeichnung des Zitates! — abschreibt; der $ 2 des Anonymus erinnert stark an $ 5 Es; $ 5 des Anonymus .entspricht § 7, 8 und 9 bei Erxleben; zu $ 4 schreibt der Anonymus als Anmerkungen den $ 13 E’s wörtlich ab, zu § 5 den § 34 EVs. Doch ist der Grundgedanke unseres Manuskriptes ein ganz anderer als der der Naturgeschichte Erxlebens; man vergleiche den § 13 Erxlebens (p. 8, 9): „Noch andere verwerfen alle Einteilung der natürlichen Körper in Reiche, Classen und so weiter iberhaupt. Sie verteidigen das hier vielleicht ibel angewandte Gesetz der Continuitàt der Natur, und ihrer Meinung nach stammt alles von einem einzigen, prototypischen Wesen ab. Ihnen ist alles, was existiert, Tier, nichts tot, nichts unorganisiert, nichts aller Vernunft beraubt. Metaphysische Raisonnements, die man gemacht hat, ohne auf die Natur selbst zu merken, und Misbrauch der Wörter, die schon eine andere eingeführte Be- deutung haben. De la nature par J. B. Robinet. Tome IV. a Amsterdam 1766. 8°. Hierher gehört auch gewissermaßen Bonnets Leiter.“ Abhandlung. Der erste Stoff aller natürlichen Kôrper sind die Elemente. Die Erde gibt die Hauptanlage, die Luft führet die Teile herbei, das Wasser verbindet sie und das Feuer bringt das ganze zur Reife und Vollkommenheit. — Wie die Natur durch die Elemente alles herfürbringt, so löst sie auch alles durch dieselben wieder auf; ein jedes Element nimmt alsdann das Seine wieder zurück, und bildet in der Folge neue Wesen, so daß eine immerwährende Schöpfung daraus herzuleiten und anzunehmen ist. Erste Stufe. Erde — Werra. Die Jungfer Erde, ohne Geschmack und Farbe. Durch die Vermischung verschiedener aufgelöster Körper entstehen die ver- schiedenen Erdarten, als 1. Baum-, Mist-, Torf- und Rasen-Erde, 2. Letten- und Thon-Erde, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 193 3. Kalk-, Gyps- und Kreiden-Erde, 4. Mergel- und Talck-Erde, 5. Sand- und Kiesel-Erde. Anmerkungen: Der Anonymus bemerkt bei „Kreide“: „die Kreide kann als Übergang von den Erden — zu den Steinen angesehen werden. Wallerii Min. System“. Übrigens behandelt der Anonymus diesen ersten, „mineralogischen“ Teil seiner Stufenfolge ohne jede Anlehnung an Erxleben. Als Quelle — die aber nur „frei“ benutzt ist — hat dem Anonymus das folgende Werk gedient: Johann Gottschalk Wallerius, der Welt- weisheit und Arzneikunst Doktors auf der königl. Akademie zu Upsala, der medicinischen Fakultät Adjunctus, der ròmisch-kaiserlichen Akademie der Naturforscher, wie auch des königl. medicinischen Collegii zu Stockholm Mit- gliedes, Mineralogie oder Mineralreich, von ihm eingeteilt und be- schrieben. Ins Deutsche übersetzt von Johann Daniel Denso, Professore, und der großen Stadtschule zu Wismar Rektore, der königl. deutschen Ge- sellschaften zu Königsberg, Greifswald und Leipzig Mitgliede. Zweite ver- besserte und vermehrte Auflage. Mit allergnädigsten Freiheiten. Berlin, bei Friedrich Nicolai 1763. , W allerius Mineralogie — ein 600 Seiten starker Oktavband — zahlt die Mineralien systematisch auf und beschreibt sie kurz, im Stile Linnés etwa; von ,Stufenfolge“ ist darin keine Rede; der Anonymus hat nur das rohe Material dem Wallerius entnommen, Verarbeitung und Anordnung ist sein eigenstes Werk. — Wallerius Buch wurde ibrigens in jener Zeit viel benutzt; noch im Jahre 1781 und 1783 erschien eine neue, zweibändige Ausgabe durch Leske und Hebenstreit, die der erstere A. G. Werner widmete. — Als eine weitere Quelle fiir den mineralogischen Teil seines Manuskriptes stand dem Anonymus, wie aus seinen Anmerkungen hervorgeht, ,Joh. Wilh. Baumers Naturgeschichte des Mineralreichs mit besonderer Anwendung auf Thüringen (Gotha, bei Dieterich 1763 und 64)“ zur Verfügung. — Seine „erste Klasse, Erdarten, Terrae“ definiert Wailerius (l. c. p. 5) als „mineralisch lose Körper, welche aus losen und nicht zusammenhängenden Teilen bestehen“. Er zählt deren über 50 „Arten“ auf! Zweyte Stufe. Saltz — Sal. Natur-Saltz, acidum vitriolum, Grund-Säure. Giebt den Ge- schmack und Geruch, und macht das körperliche Leben aus. Durch die Vermischung entstehen: I. acida, Saure Salze, färben die blauen Säfte rot und verfliegen immkeuer: walls a) acid. Vitriolum Vitriol-Säure, b) — Nitri Salpeter-Säure, c) — Salis Kochsalz-Säure. 104 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 2. alcalia, Lauchen-Salze. Färben die blauen Säfte grün; als a) fixa, feuerbeständige, aus Mineralischen Bädern, Thieren und Pflanzen. b) volabilia, flüchtige; Brunnenstein, Urin- und Hirschhorn- Salze. 3. mixta s. media. Mittelsalze; eine Komposition der vorigen als: a) Salia media saturata; völlig saturierte, b) Salia media falsa; nicht völlig saturierte, als Bittersalz, Salpeter, Küchensalz, Salmiak, Borax, Zucker, Honig und sal mirabile Glauberi. Anmerkungen: Das Reagens, ,,die blauen Safte“, die durch Säuren rot, durch Alkalien grün gefärbt werden, ist, wie ich dem Wallerins (1. c. p. 17. 229. 235) ent- nehme, der ,,Violsyrup“; ein weiterer „Pflanzensaft“, der in jener Zeit den heute gebräuchlichen Lakmus vertrat, ist der „Turnesolssaft“, (1. c. p. 17), der durch Alkalien blau gefàrbt wird. — Tournesol = Crozophora tinctoria. „Brunnenstein“: vergl. W allerius I. c. p. 229: ,,Alkalisches Brunnensalz. Spezies 190. Alcali in acidulis vel thermis hospitans. Alcali acidulare. Sel alcali de fontaine. Findet sich in einem grofsen Teile von Sauerbrunnen und Bädern, bald mehr, bald weniger . . ... Dritte Stufe. Schwefel — Sulphureum. Phlogiston, s. Principium Sulphureum, brennbarer Körper, Schwefel; giebt die Farbe und verursacht teils einen erstickenden saueren, teils einen balsamischen Dampf. Befördert die Reife der Körper. Ist bald fest, bald flüssig. I. Schwefel mit seinen Arten; entweder a) durchsichtig, b) undurchsichtig. 2. Erdharze und Bergfette, als Naphta, Petroleum, Oleum terrae, asphaltum, ambra, succinum, copal, saevum minerale. 3. Mixta; Erdharzige Erde, Umbra, Köllnische Erde, Bituminöse Erde, Erdharzige Steine, Steinkohle, Erdharzige Vegetabilien, Taub- kohlen, Torf. Anmerkungen: Bei Wallerius (l. c. p. 250. ff.) zerfällt die „Ordnung“ der Schwefei- arten, Sulphurea (,,Kòrper, welche. entweder vor sich selbst brennen oder doch etwas in sich enthalten, welches im Feuer mit einigem Geruch ver- brennet und vom Ohle, aber nicht vom Wasser aufgelöset werden kann“) in folgende „Genera“ und „Species“. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 195 I. Bergfett, Bitumen, mit den „Species“: 1. Bergbalsam, Naphta, . Bergöhl, Petroleum, . Bergtheer, Maltha, . Bergpech, Asphaltum, È . Bergpecherde, Bergtorf, Terra bituminosa, . Steinkohle, Lithantrax, 7. Gagath, Gagas. An a w DN Il. Bernstein, Succinum: 1. klarer B. S. pellucidum, 2. undurchsichtiger B. S. opacum, 3. gefarbter B. S. coloratum. II. Ambra: 1. gesprenkelter A. Ambra grisea, 2. einfarbiger A. Ambra unicolor. IV. Schwefel, Sulphur: 1. Gediegener S. Sulphur vivum, 2. Schwefelerde, Sulphur coloratum, 3. Schwefelkies, Pyrites sulphureus rudis, 4. Kiesbälle, Bergeier, Globuli pyritacei, 5. Kieskristalle, Marcasite, Marchassita, 6. Wasserkies, Pyrites fuscus. Jede dieser „Species“ hat wieder mehrere „Abänderungen“ (varietas.). — Mit „Oleum terrae“ ist ein mit Erde verunreinigtes Petroleum gemeint (Wallerius. c. p. 252.); „ambra‘ sind Konkretionen aus Walfischdärmen (Physeter), sog. Darmsteine. Umbra (Köllnische Erde) rechnet Wallerius zu den Erden, bemerkt aber dabei (l. c. p. 11.): „Durch das Feuer und den Geruch findet man, daß diese Stauberdeart ihre Farbe von Erdpechigen (bituminosa) damit vermischten Sachen her habe; daher sie auch Libavıus unter die Steinkohlen rechnet. Ss, Eibayıusı Smeul Br NP. Tosorete Mit „Taubkohlen“ ist fossiles resp. subfossiles Holz gemeint (vergl. Baumenl-c. p. 37): Mit „saevum minerale“ ist eine Art Petroleum (,,Bergfett“) gemeint (Baumer I. c. p. 26.), mit ,,Copal“ wohl eine Bernsteinart (l. c. p. 32). Vierte Stufe. Steine — Lapides. Wann und wo Erde, Salz und Schwefel die Luft zusammen trägt, das Wasser verbindet und die Wärme gestehend (? Th.) macht und zur Reife bringt, da entstehen die Steine, entweder durch ein Sediment oder Kongelation. Wie die Erde als Grundanlage, so fällt auch der Stein aus. 1. Kalksteine, als gemeiner Kalkstein, Marmor, Kreide, Tropf- stein, Sinter. 196 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 2. Gypssteine, als gemeiner Gypsstein, Alabaster, Gypsspaat, Federweif, Selenit. = 3. Thon- und Leimensteine, als Röttelstein, Seifenstein, Talck- stein, Amiant und Asbest, Bergleder, Glimmer. 4. Sand und Kieselstein, als gemeiner Sand und Kieselstein, Horn- und Feuerstein, Felsstein, Granit, Porphyr, Flußspaat, Quarz. Anmerkungen: Aufzählung der Steine zum Teil nach Baumer. (l. c. p. 176. ff.) „Feder- weiß“ ist „strahliger Gypsspath“ (l. c. p 204), „Selenit“ oder „Fraueneis“ ist „durchsichtiger blättriger Gypsspath“ (l. c. p. 202): Baumer (l. c. p. 215). „Das Bergleder, aluta montana, hat eine weif- liche oder gelbliche Farbe und biegsame, untereinander laufende Fasern, die eine blätterige Gestalt hervorbringen. Wenn diese Blätter hart und dünne sind, so heißt es Bergpapier; bestehet es aber aus dickeren Blättern von harten und gröberen Fäsergen, so erhält es den Namen des Bergfleisches; dergleichen zu Sahlberg und Danemor in Schweden gefunden wird.“ Bergkork, Bergleder, Bergflachs, Bergfleisch, Bergpapier, Bergholz, Amiant sind alles nur Modifikationen des Asbestes. Sander, über Natur und Religion II. p. 181, 182: „Je mehr die schwere Materie verfeinert wird, je schöner, je harmoni- scher sie zusammengesetzt wird, desto mehr nähert sie sich der höheren Stufe der Pflanzennatur oder des tierischen Organismus. Es ist schwer zu sagen, durch welches Geschöpf Pflanzen und Mineralien vereinigt werden’). Vielleicht ist die erste Anlage dazu im Asbest und Amianth, wo die noch tote und unorganisierte Materie schon so weit von der Natur bearbeitet und veredelt worden ist, daß sie sich in Fäden spalten läßt, gerade wie eine Hanfpflanze aus lauter Fasern zusammengesetzt ist. Bohrt diese Steinfibern durch, so habt ihr Röhren, in welchen, wie im Gewächs, Wasser hin und her lauten kann 2 20. Mit den Knorpeln der Tiere hat Bergkork und Berg- leder einige Verwandtschaft. Fünfte Stufe. Ertze — Minerae. Gehen die metallischen Urstoffe durch die mineralischen Wetter, Dünste und Schwaden zu denen Steinen über, daß sie dieselben weniger oder mehr durchdringen oder anschlagen, so entstehen daher die Erze, welche besonders in Ganggebürgen, teils aber auch in Flözgebürgen, Gang-, Flöz-, Stock- und Nesterweiß, oder in Ge- 1) „Man macht, wie ich glaube, diese Lehre der Naturforscher lächerlich, wenn man, wie in den Mineral. Belust. T. ı. p. 63 erzählt wird, behauptet, daß Gott gleich im Anfang steinerne Fische geschaffen habe, um Thiere und Mineralien zu verbinden. Da geht doch wohl die Versteinerungssucht zu weit, wenn man nicht mehr spielt, sondern dem Schöpfer selber Ungereimtheiten andichtet.“ Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 197 schieben und Geschichten, nach einer gewissen Teufe angetroffen und gebrochen werden. Diese Mineren sind: 1. Metallartige Erze, woraus unter anderen besonders Halbmetalle gesondert werden, als Arsenik, Antimonium, Cobald, Magnet, Zink, Wismuth. 2. Achte metallische Erze, welche teils unedle, teils edle Metalle geben. a) Unedle, als Eisenstein, Bleyerz, Zinn, Kupfer und Queck- silber. b) Edle, als Silber, Platina, Gold. Anmerkungen: Ahnliche Anschauungen tiber die Entstehung der Erze, wie sie hier der Anonymus ausspricht, finden sich auch bei Baumer (I. c. p. 366—367). Sechste Stufe. Bdelsteine — Braetrosa. Wenn die metallischen Salze und Schwefel sich mit der natür- lichen Masse Sand und kieselartigen Steinen unrein vermischen, so entstehen daraus die halbedlen, halbdurchsichtigen Steine, als I. Topas, 5. Amethyst, 2. Smaragd, 6. Beryll, 3. Chrysolith, 7. Opal, 4. Hyacinth, S. Turmalin. Setzen sich aber diese Teile rein, als ein Tropfen Wasser an, so fallen sie nach bestimmter Form des Salzes und nach der Art des Schwefels mit oder ohne Farben aus, und geben die ganz edlen farbigen oder unfarbigen ganz durchsichtigen Edelsteine omit, Barbe: als Rubin, Saphir, 2. ohne Farbe, mit hellem Wasser: Diamant. Anmerkungen: Sander, über Natur und Religion II. p. 180, 181: „In den Steinen gibt die Natur schon Härte, Festigkeit, Zusammenhang, wie an den Knochen des Thieres, und die Edelsteine haben wie die Salze ihre bestimmte Figur, scharfe Kanten, geschliffene Flachen und eine regel- mäßige, immer bleibende Bildung, eine Art von Organisation, die aber nur ‘ das Äußere des Körpers verschénert; noch ist inwendig kein Netz von Ge- fäßen, keine ineinander verschlungenen Röhren, keine Flüssigkeiten, die durch ihren Umlauf ein Leben im Körper unterhalten könnten.“ 198 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Siebente Stufe. Steingewächse — Lithophyta Die nach gewisser Figur regelmäßig sich entwickelnden Edel- steine, noch ganz Miner(ae), grenzen genau an den noch ganz mine- ralischen Gewächsen, welche Lithophyten, Steinpflanzen, genennet werden. Sie bestehen aus kalkartigem Stoff, pflanzen sich nach ihren verschiedenen Arten durch einen gelben Punkt fort, wachsen im Wasser und perennieren. Man kann sie als die erste Sprosse des Pflanzenreiches ansehen; und werden in vier Ordnungen zu- sammengefasset; als I. Tubipora, Röhrenkorall, Kettenkorall, Seeorgel. 2. Madrepora, Sternkorallen, entweder a) mit einfachen Sternen, b) mit zusammengesetzten Sternen. 3. Millepora, Punktkorallen. 4. Cellepora, Cellenkorallen. Anmerkungen: Linne, Systema naturae. X. Ausgabe 1758 (iterum edita 1894) p. 789 bis FOLLI „Lubipora. Animalia Nereides . .. Millepora. Animalia Hydrae... Madrepora. Animalia Medusae. Simplices: stella unica communi, simplici . . . Composita: stella e plurimis composita . . . . . “ Linné Syst. nat. XIII. Ausg. von Gmelin 1788. p. 3791: außer den eben angeführten noch ,,. . . Cellepora. Animal Hydra..... “ ,,Cellepora“ tritt schon in der mir nicht zugänglichen 12. Ausgabe zu den drei Lithophyten der 10. Ausgabe hinzu; vergl. Reimarus, besondere Arten der tierischen Kunsttriebe 1773: „In der zwölften Ausgabe des Systema naturae ist noch eine vierte Gattung von Lithophytis, nämlich die Schorfkoralle (Cellepora) angezeigt, welche dünne, zugerundete Höhlungen hat“. Diese zwölfte Ausgabe (1766—68) ist von unserem Anonymus benutzt worden. — Linnes Gesamtcharakteristik der Lithophyten lautet in der zehnten Ausgabe (1758 resp. 1894) p. 789: „animalia Mollusca composita, pullulantia, e Corallio lapideo subjecto, cui inserta, quodque aedi- ficant“. In der Gmelinschen Ausgabe sind die Lithophyta mit unter die Vermes Zoophyta aufgenommen. Nicht ohne Interesse ist die Stellung, die Otto von Münchhausen (der Hausvater. Zweiter Teil. Zweite Auflage. Hannover 1774) zu den Litho- phyten einnimmt; er stellt nämlich für die Wesen, die man nicht recht „Pflanzen‘ oder ,,Thiere“ nennen könne, ein „Regnum neutrum“, ein „Mittel- reich“ auf und zählt dazu nicht nur „Polypen, Hydrae“ und „Lithophyta, korallenartige Gewächse“, sondern auch, und zwar als erster, wie er stolz hervorhebt ,,Fungi, Schwämme“ mit der Begründung (p. 751): „Ich behaupte aber, daß die Schwämme, Fungi, wie auch die Lichenes, auf dem Lande dasjenige, was die Lithophyta im Meere, sind, nämlich ein Gebäude von Polypen“. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 199 Man vergl. mit dieser Gründung des „Regnum neutrum“ das moderne dritte Reich der Protisten, das durch dasselbe Bediirfnis, wie jenes, geschaffen wurde! Das „Mittelreich“ wurde schon von Erxleben (l. c. p. 8) scharf kritisiert. Es sei gleich hier bemerkt, daß die Anordnung der Organismenfamilien bei dem Anonymus umgekehrt ist gegenüber der Gruppierung Linnes (und Erxlebens), der der Autor im einzelnen folgt; d. h. bei Linné stehen an erster Stelle die höchst organisierten Organismen (Mensch, Phanerogamen), an letzter die niedersten Formen beider Reiche (Zoophyta, Cryptogamen). Auch innerhalb einzelner Familien der Tiere zeigt sich diese Umkehr. Achte Stufe. Steinpflanzen — Zoophytae. Stehen mit den vorigen in genauer Verwandtschaft, nähern sich in der Entwickelung durch Figur und Fortpflanzung um so mehr den Pflanzen, da sie Stämme, Zweige, Blüten treiben und einen gallertartigen Saamen von sich geben. Man findet sie Horn-, Schwamm-, Moos- und Seepflanzenartig. Die bisher entdeckten Ge- schlechter sind folgende: a) Isis, edle Koralle, b) Gorgonia, Hornkoralle, c) Alcyonium, Seekoralle, d) Spongia, Meerschwämme, e) Flustra, Seerinde, f) Tubularia, Seeköcher, g) Corallina, Korallenmoos, h) Sertulariae, Korallinen, i) Vorticella, Seegallerte. Anmerkungen: Linne, Syst. nat. X. 1894, P. 793: „Zoophyta. Animalia composita, efflorescentia; stirps vegetans. — PIANE »Zoophyta . . . in bivio Animalium vegetabiliumque constituta PRA ac si Plantae essent Zoophyta, sensu motuque destituta; et Zoophyta verae Plantae, sed systemate nerveo, sensus motusque organo instructae; equidem his inesse sensum, quae nec animalium nec fruticum, sed tertiam ex utroque naturam habent. Plin.“ ce Carus, Geschichte der Zoologie p. 516: „Die Zoophyten sind ihm (Linné) aber doch noch Pflanzen; in der zehnten Ausgabe sagt er geradezu von ihnen: ,vegetierende Pflanzen mit tierisch belebten Blüten“: in der zwölften giebt er zwar die Definition: ,zu- sammengesetzte Tiere mit einer nach Art der Pflanzen erscheinenden Efflores- zenz“, drückt aber bei der Aufzählung der Arten seine Ansicht dahin aus, 200 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. daß der Stamm dieser Stöcke wahre Pflanzen bilde, welche durch eine Metamorphose in Blüten übergehen, welche wahre Tiere darstellen. So be- ginnt er daher die Diagnose der Gattungen jedesmal mit den Worten „Blüten sind Hydren“ oder dergl., wie bei Isis, Gorgonia, Sertularia, aber auch bei Flustra. —“ | Die von unserem Anonymus aufgezählten Zoophyten sind ebenfalls in der hier gegebenen Reihenfolge der 12. Ausgabe des Systema naturae Linnés entnommen. Nur schliefsen sich bei Linné direkt an die Gattungen: Hydra, Pennatula, Taenia, Volvox, Furia, [Chaos]. Diese trennt der Ano- nymus von seinen Zoophyten und gewinnt durch sie einen Ubergang von den ,sensitiven Pflanzen“ zum Tierreich. Vergl. die 18. und 19. Stufe. Schon Erxleben 1773 aber erkannte die wahre Natur der sogenannten Zoophyten und Lithophyten, die er vereinigte und zu den Tieren stellte; erste Entdecker der tierischen Natur dieser Wesen sind schon Peyssonel und Réaumur (1727) — vergl. Erxleben I. c. p. 289—290. Welch heterogene Wesen hier von dem Anonymus nach Linnés Vorbild zusammengeworfen wurden, mag aus dem Vergleich mit der Stellung hervorgehen, die diese Genera im modernen System einnehmen: Es gehören: Vorticella zu den Protozoa (Ciliata, Peritricha). Spongia zu den Coelenterata (Spongiaria). Tubularia Millepora pa den Cnidaria (Hydroidea). Sertularia Tubipora Madrepora | Isis \ zu den Cnidaria (Anthozoa). Gorgonia Alcyonium Flustra Cellepora —— | zu den Bryozoa (Ectoprocta). Corallina schießlich ist eine echte Pflanze, eine Kalkfloridee. Neunte Stufe. Aloe — Algae: Seegrasser. Kommen der Hornkoralle sehr nahe; sind auf der oberen Fläche des Meeres und anderer Gewässer befindlich; perennieren; haben schildähnliche Wurzeln, an den Zweigen Bläsgen, welche die Blüte vor- stellen und Samen erzeugen. Werden sie in die freye Luft gebracht, so erhärten sie und werden brüchig, gleich der Hornkoralle. Man zählet aber auch hierher ähnliche süße Wasser-Gewächse und das bekannte Lichen an den Baumrinden. Die bisher bekannt gewordenen Arten sind Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 20I I. Marchantia 7. Tremella 2. Fungermannia 8. Ulva 3. Targionia 9. Zucus Meergraß 4. Lichen Flechte 10. Chara 3. Llapra 11. Anthoceros 6. Riecıa 12. Conferva Graasleder. Anmerkungen: Die ,Seegräfser“ entsprechen genau der 62. Ordnung Erxlebens (p. 524—525); ähnlich auch Linnés Algae. In dieser Stufe ist eine bunte Gesellschaft zusammengewiirfelt. Es ge- hòrt zu den Algen: Chlorophyceen: Conferva — Ulva, Phaeophyceen: Fucus, Characeen: Chara. Pilzen: Basidiomyceten: Tremella. Flechten: Lichen. Lebermoosen: Riccia, Jungermannia, Anthoceros, Blasia, Marchantia. Targionia. Zehende Stufe. Toute = subeia subtertanea. Vermittelst dieser Gewächse arbeitet sich die Natur gleichsam aus dem Wasser durch die Erde in freye Luft, vereinigt die minerali- schen mit den vegetabilischen Säften, in der herftirgebrachten Triiffel. Sie wächset unter der Erde in sandigem Boden. Ein unregelmäßiger und dem ersten Anblick nach zufälliger Klumpen. Entstehet aus einem Samenkorn, welches sich nach seiner Art entwickelt, in sich selbst die Merkmale der Fructification zu haben scheint oder dieselbe in den äußeren Erhöhungen und Vertiefungen vorzeigt. Man spüret an ihr einen mineralisch-vegetabilischen Duft, der sich solange äußeret, als die Trüffel frisch und feucht bleibt. Es gehört hierher: 1. Tubera perniciosa. Hirschbrunst unter der Erde, Hirschtrüffel. 2. Tubera subterranea, testiculorum forma. Schweinetrüffel. 3. Lycoperdon solidum. Weiße Trüffel. 4. Tubera subterranea, eigentliche Trüffel. a) Grob oder b) klarkôrnig. Anmerkungen: 1. Hirschtrüffel = Elaphomyces granulatus. 2. Schweinetrüffel, wohl = Tuber rufum. Zool. Annalen III. 14 202 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Lycoperdon bezeichnet im modernen Sinne eine Bovistgattung; die „weiße Trüffel“ heißt jetzt Choiromyces meandriformis. Von der „eigentlichen“ eßbaren Trüffel werden heutzutage vier Arten unterschieden. Elfte Stufe. Schwamm — Fungus. Wenn die Trüffel ein unterirdischer, schwammartiger Körper ist, so macht sie ganz richtig den Übergang zu den bekannten Schwämmen über der Erde. Schwämme sind Gewächse, welche aus einer fleischichten, Gallert- oder lederartigen Masse bestehen. Sie entwickeln sich aus einem Samenkorn, treiben einen Strunk oder Stiel, mit oder ohne Hut, haben zum Teil Lamellen, insgesamt aber Biüthen und Saamen. Werden an Holz und Steinen, auf der Erde, auf Kräutern, Früchten und anderen Körpern angetroffen. Die gewöhnliche Abteilung ist: . fibrosi s. Bysst Haarschwämme, . Agarıcı Blätterschwämme, . Boleti Pilze, . Iydna Stachelschwämme, . Elvelae Faltenschwamme, Clavariae Keulschwimme, . Pezizae Becherschwämme, . Stemonides Kolbenschwämme, . Mucores Staubschwämme, 10. Lycoperda Unechte Staubschwimme, 11. Phallz Gicht- oder Morgelschwämme, 12. Clatri Gitterschwämme. COTON Gn ES Gore Ko) Zwolfte Stufe. Moos — Muscus. Die Gitterschwämme zeignen sich unter den Schwämmen am vorzüglichsten aus; sie wachsen gleich den gemeinen weißen Blumen Crocus ohne Blätter, sind aber sonst in ihrem Bau und Farbe einer jeden Blume des Pflanzenreiches an die Seite zu setzen. Dabei zeiget die künstliche Natur, wie sie von einer Gestalt zur anderen übergehe und durchs Mannigfaltige zu den vollkommensten hinauf- steige. Stellt man diesen Gitterschwamm neben den Schimmel oder Staubschwämmen, so gelangt man durch deren genauere Beob- achtung, vermittelst eines WVergrößerungsglases, zu einer neuen Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 203 Sprosse der arbeitsamen und schöpferischen Natur, zu den den rasenartigen Schimmelschwämmen ähnlichen Moosen, welche schon mehr zusammengesetzte und mit mannigfaltigen Schönheiten ver- sehene Gewächse sind. Sie erzeugen eine sichtbare Blüthe auf kleinen Stengeln, so zwischen den Blättern herfürsteigen. Die ge- sellschaftliche Menge und das Abwechselnde derselben verräth auf der oberen Flache einer sonst 6den Gegend den reizenden Garten,. schönste Flur und herrlichste Weide, in welcher sich oft unzählige Thierchens aufhalten und nähren. Die Geschlechter der Moose sind nach der Angabe des berühmten Erxleben folgende: . Lycopodium Schlangenmoos, . Fontinalis Flußmoos, . Porella, Sphagnum Pfützenmoos, . Mnium Sternmoos aus kalten Quellen, . Polytrichum Goldhaar, . Phascum, . Splanchnum, . Bryum, . Aypnum Astmoos, . Buxbaumia Buxbaummoos. "oO ON AUAWDH A = Anmerkungen: Erxleben (p. 523- 524) hat genau die gleiche Reihenfolge; vergl. auch Linnés Musci. Dreyzehende Stufe. Farrenkrauter — Filices: Das Niedere und Unmerkliche so vieler Mooße würde oftmals das Auge der Menschen verlieren, wenn nicht die Vorsehung ein erhabeneres, doch noch immer zu den niederen Stufen gehöriges Gewächse unter sie gepflanzt hätte. Es sind dies die Farrenkräuter, welche weder Moos noch Gras, doch von beiden etwas haben und also das Mittelding werden, von den Mooßsen zu den Gräsern über- zugehen. Die Farrenkräuter tragen meist nur Blätter, erzeugen aber an der unteren Seite derselben borkenartige Hügel, in welchen der Saame zur Reife kömmt. Man wird also an ihnen weiter keinen Mangel dessen, was zu einer wirklichen Pflanze gehört, gewahr, als den Stengel, aus welchem sich der Blüthenschmuck erheben sollte. Von diesen allgemeinen gehet Ophioglossum ab, welches Saamen- knoten aus Stengeln herfürbringt. Man zählet bisher folgende: 14* 204 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Ophioglossum Natternziinglein, 8. Blechnum 2. Osmunda, o. Lonchitis Hirschzunge, 3. Onoclea, 10. Hemionatıs, 4. Trichomanes, 11. Polypodıum, 5. Adiantum Frauenhaar, 12. Acrosticum, 6. Asplenium Milzkraut, 13. Marsilia, 7. Pteris Farrenkraut, 14. Pilularia, 15. /soétes. Anmerkungen: Diese Gattungen entsprechen fast genau Erxlebens ,Geschlechter der Farnkräuter“ (p. 522). Vierzehende Stufe. Graeser — Gramina. An der Seite der Farrenkräuter steigt, im einfachen Saamen- blatt, cin sehr merklicher Theil des Pflanzenreiches mit knotigten Halmen und blumenreichen Rispen, welche zuletzt kornreiche Ahren werden, das. Gras, empor. Die Fructificationsmerkmale sind sichtbar genug, so wie ihre Fruchtknoten. Die wechselweise stehenden schmalen und geäderten Blätter, die gleichsam den Halm mit einer Scheide umgeben, verleihen dem Gewächse ein reizendes Aussehen. In allen Theilen und Gegenden der Welt, sogar noch unter dem äußersten Nordpol, verschönen sie die Oberfläche des Erdbodens und verschaffen denen animalischen Wesen Nahrung und Unterhalt. Man könnte sie überhaupt in zwei Hauptgattungen abteilen: nämlich 1. in Gräßer zur Fütterung der Tiere, und 2. in Gräßer zur Speisung der Menschen. Weil aber dieselben noch nicht aufs genauste unter- sucht und vieles von deren Nutzen und Anwendung noch unbekannt, so bleibt man billig bei der bloßen Benennung der Geschlechter. Als: 1. Phalaris, 11. Alopecurus, 21. Briza, 2. Cornucopiae, 12. Lagurus, 22 SEHON, 3. Nardus, 13. Agroslis, 23. Untola, 4. Paspalum, 14. Avena, 24. Bromus, 5. Cenchrus, 15. Milium, 25. Festuca, -6. Phleum, 16. Saccharum, 26. Lygeum, 7. Cinna, 17. Arundo, 27. Bobarta, 8. Stipa, 18. Melica, 28. Cynosorus, 9. Aristida, 19. Dactyls, 29. Panicum, 10. Anthoxandum, 20. Poa, 30. Lolium, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 205 31. Zriticum, 37. EHATUS,, Be (Giga. 32 Sec 38. Zizania, 44. Olyra, 33. Aegilops, 39. Holcus, 45. Lea, 34. Elymus, 40. Andropogon, 46. Apluda. 35. Hordeum, 41. Lschaemum. 36. Oryza, 42. Tripsacum, Anmerkungen: Aufzählung der Gräser fast genau wie bei Erxleben. Der Anonymus macht hier folgende Anmerkung: „Zwischen den Gräsern und den folgenden Palmen kommen noch da- zwischen die Calamariae, welche von den Gràsern in ihrem mehrentheils drei- eckigen Halm ohne Knoden, der ungespalteten Blattscheide und den nicht zusammengesetzten Blumen abweichen. Die Geschlechter sind halbgetheilt oder auch in Zwitterblumen. Staubfaden sind drei vorhanden; Griffel einer mit zwo oder drey wolligen Narben..... vid. Erxleben p. 205. P. IL 1. Schoenus, 5. Eriophorum, 2. Cyperus, 6. Typha, 3. Carex, 7. Acorus, A. Scirpus, 8. Sparganium.“ In der mir vorliegenden Ausgabe Erxle bens findet sich die zitierte Stelle in § 646, p. 517 - 518. Fiinfzehende Stufe. Palmen — Palmae. Fast auf eben die Art, als die Gräser in einem einfachen Samen- blatt auskeimen, steigen auch die Palmen aus ihrem Samenkorn herfür, erheben sich aber mit mehrerer Vollkommenheit in das Pflanzenreich. Es sind die Palmen Gewächse mit einfachem Stamm und Wurzeln, ohne eigentliche Zweige und ohne Rinde, an dessen Spitze die fächerförmigen Blätter sich entwickeln und einen präch- tigen Wipfel formieren. Ihre Blüthe ist wie bei den Gräsern eine Rispe; die Frucht ist fleischig und enthält 1 — 3 Steinfrüchte, welche bisweilen mit einer lederartigen, bisweilen mit einer schuppigten Haut bekleidet ist. Einige Palmen gewinnen auch Zweige und sehen einem Strauch nicht unähnlich; man könnte sie daher in strauch- und baumartige einteilen; da sie noch zum Teil unbekannt sind, so merket man folgende: I. Cocos Kokusnuß, 6. Cycas Sagobaum, 11. Strattotes, 2. Phoenix Dattel, 7. Corypha, 12. Aydrocharıs, 3. Elate Pflaumpalme, 8. Dorassus Weinpalme, 13. Vallısneria, 4. Areca Arakbaum, 9. Chamaerops, 14. Lemna, 5. Caryota, 10. Zamia, 15. Pista. 206 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Anmerkungen: Die Aufzählung der Palmen = Erxlebens $ 648; doch setzt Erx- leben hinter No. 11-15, die mit den Palmen ja nichts zu tun haben, Frage- zeichen. Sechszehende Stufe. Krauter — Herbae. Nach den Palmen erreichet die Natur den höchsten Grad vege- tabilischer Vollkommenheit und läßt alles Vorhergehende weit zu- rück in den eigentlichen Kräutern. Die Organisation derselben ist so wunderbar, als wunderbar die Bewegung der flüssigen Säfte der- selben, welche die würkende Natur zu Stämmen, Zweigen, Blättern, Blüthen und Früchten mit Formen und Farben umsetzt. Die ner alle haben: 1. Antheren= Staubfaden, 2. Eyerstöcke = Staubwarzen. Sie sind der Reiz, unserer Augen, Die Bluthezeit ist die Zertider Begattung und zugleich ihrer schönsten Entwicklung. Der Same ist das Ey, durch welches sie sich in ihrer Art fortpflanzen. Man kann sie außer der Linnaeischen Ordnung, die nach den Fructifica- tionsmerkmalen bestimmt ist, gar füglich in drei Hauptfamilien ab- teilen. Nämlich: 1. in niedere Kräuter, 2. in erhabene Stauden, 3. in prachtvolle Baume. Eben die Safte, welche sich durch die regel- mäfigste Absonderung in die Glieder und Früchte der Kräuter ver- theilen, sind der feste Grund der Infusion des Lebens. Die Unvoll- kommenheit des Kôrpers aber, welcher zu ganz etwas anderes als sinnlichen Bewegungen und gefühlvollen Empfindungen bestimmt war, verhindert es, daf diese Lebenssafte sich durch sinnliche Thatig- keiten äußern können. Ihr ganzes Leben besteht im Wachsen, sich nähren, im grünen, blühen und fortpflanzen. Die künstliche Ein- teilung der Botaniker ist folgende: Ord. 1. Monandria Einmänneriche als Ingwer, — 2. Dinandria Zwey — als Jasmin, — 3. Trinandrıa Drei — als Gräser, — 4. Tetrandria Vier — als Scabiosa, — 5. Pentandria Fünf — als Taback, — 6. Hexandrıa Sechs — als Tulpe, Bilie: — 7. Heptandria Sieben — als Kastanea, — 8. Octandria Acht — als Heidelbeere, — 9. Henneandria Neun — als Lorbeer, —- 10. Decandria Zehn — als Raute, — 11. Dodecandria Zwölf — als Hauswurz, eH > 2. Icosandria Zwanzig — als Pflaume, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 207 Ord. 13. Polyandria Vielmänneriche als Linde, — 14. Didynamıa Zweimachtige als Kazminz, — 15. Zetradynamia Viermachtige als Kohl, — 16. Monadelphia Rechte Brüder als Malve, — 17. Diadelphia Halbbrüder als Erbse, Bohne, — 18. Polyadelphia Vielgeschwister als Citrone, — 19. Syngenesta Schwager als Sonnenblume, — 20. Gynandria Weibermänner als Passionsblume, — 21. Monoecta Einhäufler als Hasel, | — 22. Dioecia Zweihäußler als Hopfen, — 23. Polygamia Vielfacheher als Espe, — 24. Cryplogamıa Heimlicheher als Schwämme, Mooße. Anmerkungen: Komisch wirkt hier mitten in der ,,Stufenfolge“ das Linn éische System, und ebenso der Rückfall in die primitivste Systematik (Kräuter — Stauden — Bäume). Siebenzehende Stufe. Empfindsame — Sensitiva. Durchwandert man mit Aufmerksamkeit die fast unübersehliche Reihe der Pflanzen, so siehet man gar deutlich, wie sowohl durch die Form als das Betragen einiger derselben sich dieser Theil des vegetabilischen dem animalischen Leben nähert. Als 1. durch die Form, unter anderen die Ophrys insectifera, eine schwedische Blume, die den Fliegen so ähnlich ist, daß ein Unwissen- der glauben sollte, es säßen 2—3 Fliegen an dem Stengel. vid. Linnes Reisen durch Oeland und Gothland pag. 52. 2. durch das Betragen vieler aus der 19. ord.: syngenesia als Sonnenblume, der 17. ord. Diadelphia, Erbsen und Bohnen, der 22. ord. Dioecia, Hopfen. Besonders aber, die zur 19. Ordnung gehören. Wenn man von diesen Blumen die Spitzen einiger Blüthen nur obenhin mit der Hand oder mit der Spitze einer Nadel berührt, so bewegen sie sich plötzlich von selbst, gleichsam als wenn sie erwachten. Eben dies thun Polygamische. Unter andern folgende: a) Cardobenedict — Centaurea, e) Onopordum — Zollblume, b) Serratulae — Scharten, f) Atractyhs — Spindelkraut, c) Cynarae — Artischocke, o) Aritium — grüne Klette, d) Carlina —- Eberwurz, h) Carthamus — Saflor. Die Vereinigung beider Reiche geschieht ohne Zweifel anfäng- — 208 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. lich durch die sogenannten Empfindsamen Pflanzen, wovon bis gegen- wartig nur folgende Arten entdeckt sind, als: 1. Mimosa die eigentliche Empfindsame Pflanze, 2: das rußische Lammegen, 3. Dionaéa muscipula die Fliegenfalie der Venus. Anmerkungen: Die ,,sensitiven“ Pflanzen spielen in der naturhistorischen Literatur des 18. Jahrhunderts eine große Rolle. — Sander, über Natur und Religion II. PICO die sichtbarste Bewegung hat die im Jahre 1776 aus Bengalen zum ersten Male nach Europa gekommerie sich bewegende Pflanze (the moving Plant). Die Asiaten legen ihr große Eigenschaften bei, und die Europäer bewundern die Mannigfaltigkeit der Natur und die Annäherung vom Gewächs zum Tier... . . “ Wie aus einer Anmerkung hervorgeht, ist Hedy- sarum (Desmodium) gyrans gemeint. DARTO7 ES en Die Tremelle oder der Wasserfaden (Conferva gela- tinosa minima) scheint ein empfindsames Gewächs zu sein. Der Schôpfer sieht dies Thierchen in Radgleisen auf der Straße in unaufhörlicher Bewegung. Wie eine Schraube schlingt es sich um andere seinesgleichen, dreht Kopf und Stiel herum und bewegt sich nach allen Richtungen, auch der Lange nach regelmäßig .... [s. Saggio di observationi sopra il falso ergotte la tremella di Felice Fontana. Fior. 1775. p. 29. Gött. Anz. 1775 St. 138]. Als Sensitiva führt Sander ferner noch an Mauerkraut — Parietaria officinale — [Staub- faden] und Springkraut — /mpatiens noli me tangere — [Fruchtgehause]. Als Literatur über die , Empfindsamen“ — die er übrigens durchaus nicht mit den Tieren in Verbindung bringt — gibt Erxleben $ 568 an: Casp. Bosc de motu plantarum sensus aemulo. Lips. 1728. 4. Ferd. Christ. Oettinger et auct. Joh. Friedr. Gmelin diss. irritabilitas vege- tabilium in singulis plantarum partibus explorata et contirmata. Tubing. 1768. 4. Joh. Ellis de Dionaea Muscipula: Beschreibung der Dionaea Musci- pula, einer neuentdeckten merkwürdigen empfindlichen Pflanze. a. d. Engl. übersetzt von D. Joh. Christ. Dan. Schreber, Erlangen 1771. 4. (Flittner, Ch. G.) Gynäologie X. Bd. Die Begattung und Fortpflan- zung organisierter Wesen nach der Stufenleiter der Natur. Berlin 1797. — p. 17, 18: „Die Natur steigt auf unmerklichen Stufen von dem zusammen- gesetzten Bau des Menschen bis zu dem einfachen Bau des Polypen, von den vollkommensten Gewächsen bis zu den Gräsern und Schwämmen hinab. Je weiter die Pflanzen- und Thiernatur zu ihren unvollkommensten Geschöpfen hinabsteigt, desto mehr nähern sich beide; die Thiernatur nimmt mehr und mehr ab und die Pflanzennatur verdrängt allmählich jene gleichsam, um sich in den Besitz des ganzen Körpers zu setzen. Daher geschieht der Übergang von dem unvollkommensten Thiere nicht zu der vollkommensten Pflanze, sondern gerade umgekehrt verbinden sich beide nur in ihren unvollkommensten Extremen; die nackten und gehäuseten Pflanzenthiere (Zoophyta et Corallia), die Schwämme und das Grasleder (Spongia et Conferva) machen diese Ver- knüpfung“. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 209 Was der Autor mit dem ,,russischen Lammgen“ meint, konnte ich nicht enträtseln, bis mich Herr Dr. F. Tobler freundlichst auf eine Stelle'in War- burgs „Kulturpflanzen der Weltwirtschaft“ aufmerksam machte, die vielleicht den Schlüssel liefert. Diese lautet (p. 373-374): „Sowohl Mittelasien wie Turkestan, die südliche Tatarei und Persien, als auch Vorderasien, besonders Armenien, Syrien und Anatolien lieferten im Mittelalter dem Handel nach Europa herrliche und hochgeschätzte Baumwoll- stoffe, aber gleichzeitig wurden dann auch seltsame Fabeln über die Herkunft dieser Stoffe verbreitet, die bis zum 17. Jahrhundert immer wieder nach- geschrieben wurden. Man nahm an, der Baumwollstoff sei ein Produkt der Wolle des tatarischen Pflanzenschafes, auch syrisches Schaf oder Barometz genannt, einer Pflanze, deren Früchte von der schönsten weißen Wolle be- deckte kleine Lämmer enthalten. „Und daran wuchs“, schreibt Sir John Mandeville, Ritter von England, der viele Länder bereiste, um ihre Wunder und Sitten kennen zu lernen, „eine Art Früchte, als ob es Kürbisse wären; und wenn sie reif sind, kann man sie essen, und man findet darinnen ein kleines Tier im Fleisch, Bein und Blut, als wenn es ein kleines Lamm sei, außen mit Wolle; und man ift beides, Frucht und Tier und das ist ein großes Wunder. Und auch ich habe von dieser Frucht gegessen, aber obgleich es wundervoll ist, so weiß ich doch, daß Gott wunderbar ist in seinen Werken“. Andere wieder berichteten, es sei ein Lamm, das mit seinem Nabel auf dem Stamm der Pflanze befestigt sei und sich von den ringsherum wachsenden Gräsern nähre; wenn aber das Futter aufgezehrt sei, so verwelke der Stamm und sterbe das Tier.“ Warburg reproduziert auch zwei fabelhafte Abbildungen dieses Wundertieres. Achtzehende Stufe. Polypen — Phytozoa. Sollten die Sensitiva nicht an die Polypen grenzen? Mir deucht, in diesen pflanzenartigen Geschöpfen stehet das vegetabilische mit animalischem Leben in gleicher Waage; man nennet sie aus dem Grunde pflanzenartige Thiere. Sie leben sowohl in süßen als anderen Gewassern. Eine gallertartige Masse, die sich in einem Stamme formiert, auf dessen oberer Flache sich eine Miindung zeiget, macht den Körper dieses Geschöpfes aus; die Glieder desselben erscheinen als Fäden, vermittelst welcher die Polype, gleich als mit Armen, ihren Raub erhascht, aber auch sich willkührlich in Bewegung setzen kann. Sie pflanzet sich gleich einem Gewächse durch Augen fort, welche sich an der äußeren Rinde herfürbringen; diese Augen ge- langen zu der Gestalt kleiner Zweige, die, wenn sie zu gehöriger Stärke und Reife gediehen sind, sich losreißen und Wesen von der Art werden, von welcher sie entsprungen und losgerissen sind. Das Wunderbarste ist, daß auch aus einzelnen zerschnittenen Theilen der Polypen neue und vollkommene Polypen erwachsen; und die- 210 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. selben, wenn sie auch wie ein Handschuh umgekehrt werden, ohnge- | hindert fortleben, wachsen, sich nähren und Be erzeugen. Es gehören dahin: 1. Hydra, Süße Wasser Polypen, mit ihren Abänderungen, als a) Federbusch Polypen, b) Armen Polypen, c) Blumen Polypen. Pp See Bolypen! Anmerkungen: Um eine Anknüpfung der „Sensitiva“ an das Tierreich zu gewinnen, mußte der Anonymus von den Linnéischen Zoophyta, die er sonst zur Verbindung von Mineralreich und Pflanzenreich an die ,,Lithophyten® an- schloß (vergl. 7. und 8. Stufe), die hier genannten Hydra, Pennatula, Taenia, Volvox, Furia [Chaos], abtrennen. Die Hydra, der Polyp, war im 18. Jahrhundert gleichsam ein ,,philo- ophisches“ Tier, über das viel geschrieben wurde. Sander (über Rel. u. Nat. Il) gibt p. 191 eine kleine Zusammenstellung der Literatur. Man ver- gleiche auch, „wie Leibniz die Existenz des Polypen vorausgeahnt“. (Teil II, Abschnitt Leibniz). Nachdem Sander (Nat. u. Rel. II) alle merkwiirdigen Eigenschaften declayaragauicezA tifa Int emo (pastor 192): RN „Wer würde da nicht zur Bewunderung des Schöpfers, der Erzengel schafft und Würmer bildet, die dem Erzengel ein Beweis der Größe Gottes sind, und zur innigen Verehrung der weisen und unergründlichen Haushaltung und der Geheim- nisse der Natur, wofür selbst Sulzer den Polypen erkläret, hingerissen? Wer sah da nicht das Gesetz der Stetigkeit, das die Natur in allen ihren Werken beobachtet und die allmählige Erhebung der Schöpfung vom Staub zum Ysop, vom Moos zur Eiche, vom Würmchen zum Elefanten, vom Menschen zum Geist, der der thierischen Natur na ehren kann! Grof ist die Ehre der Er- In dem Manuskripte des Anonymus lag an dieser Stelle ein Zettel, von einer anderen Hand geschrieben, mit einer Notiz über einen Röhrenwurm, der hier anscheinend als weiteres Bindeglied zwischen Tier und Pflanze be- trachtet wird: „Die Thierblume zu Macao. Ein Herr Bridge hat ein sehr merkwürdiges Gewächse mit nach England gebracht. Er fand es in einer Höhle ohnweit Macao und nannte es die Thierblume. Es wächst auf einem Felsen ohne Blätter, und sobald sich ihm ein Gegenstand in der Weite eines Fußes nähert, nimmt es schnell seine Blüthe ein, zieht sich in eine Art von hohen Stengel zusammen, welcher dann der Haut eines Tieres gleicht, und verbirgt sich gänzlich in den Felsen mit einer solchen Schnelligkeit, daß es sehr schwer ist, es zu bekommen, vornehmlich, da es unter Wasser wächst, das tief ist. Hat man es aber einmal, so läßt es sich im Wasser lebendig erhalten. Aus der Gothaischen Zeitung No. 155 in der 39. Woche, Freytags den zoten Sptbr. 1800“. i Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge ctc. aus dem 18. Jahrhundert. 211 Mit moderner Nomenklatur ist Armpolyp = Hydra, Federbuschpolyp = Lophopus crystallinus und Plumatella repens (Bryozoen), Blumenpolyp = Vorticelliden (Carchesium polypinum u. a.) und Rotatorien (Melicerla u. a.) Neunzehende Stufe. Gewürme — Vermes. An die Polypen grenzen Geschöpfe, die zwar zum Teil noch etwas Pflanzenartiges verraten, aber im Ganzen betrachtet, animali- sche Wesen sind, und für einfache Thiere angesehen werden können. Ihre Gestalt ist so einfach, als der innere Bau ihres Körpers. Sie nähren sich in und durch die Feuchtigkeiten anderer Körper. Einige befinden sich im Meere, einige in moorastigen Gegenden. Als: — . Pennatula Seefeder, . Furia Höllendrache, Taenia Bandwürmer, Volvox Kugeltierchen. N RES Anmerkungen: „Furia“ steht bei Linné in der to. Ausgabe zwischen Gordius und Lumbricus, in der 12. an der auch hier gegebenen Stelle. Folgendes die Be- schreibung davon ,,Furia infernalis..... pessima omnium, ex aethere de- cidua in corpora animalium ea momento citius penetrat, intra horae quadran- tum dolore atrocissimo occidit..... Habitat in Botniae Sueciae septentrio- nalis paludosis..... È Dieses Fabelwesen wird schon von Blumenbach (Handbuch der Naturgeschichte 1821 p. 435) kräftig kritisiert. — Sander, über Natur und Religion IL p. 194-195: „Der Bandwurm ist ein ordentliches Senkreis; er vermehret sich wie eine Pflanze; aus einem kleinen Stück wird im mensch- lichen Kôrper ein Thier, das viele Ellen lang ist“. Zwanzigste Stufe. Gewürme — Intestina. Sollte das Kugelthierchen, welches einen gallertigen, runden Körper hat, sich blos durch innere Kraft, ohne Gliedmaßen, willkür- lich in kreiselförmige Bewegung setzet, nicht an die Reihe der eigentlichen Gewürmer (Intestina) gränzen? Oder wohl gar die erste Sprosse dieser Geschöpfe ausmachen? und schon zu den eigentlichen 212 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Gewürmen gezahlt werden müssen? Die Gewiirmer selbst, immer noch sehr einfach, bewegen sich ohne Füße oder Gliedermaßen, durch das Ausdehnen oder Zusammenziehen ihrer körperlichen Ringe. Ihr Blut ist ein weißer Saft. Sie nähren sich von den Feuchtig- keiten des thierischen oder Pflanzenreiches, woselbst sie zugleich ihren Aufenthalt haben und sich als Hermaphroditen fortpflanzen. Man sagt, daf sie weder Geruch noch Gesicht hätten. Man nennt sie weil sie sich größtenteils in dem Eingeweide anderer Tiere aufhalten, - Intestinalia. Als: I. Gordius Fadenwurm, 4. Fasciola Bindwürmer, 2. Ascaris Spulwurm, 5. Hırudo Blutegel, 3. Lumbricus Regenwurm, 6. Myxıne Rauchbart. Anmerkungen: In der 10. Ausgabe des Systema naturae kam zu den hier genannten 6 Gattungen der Intestina noch ,,Furia“ und ,,Teredo“ Zu Teredo vergl. Carus, Geschichte der Zoologie p. 515. i Eigenartig ist es, wie hier unter die verschiedenen Würmer die Myxine, ein parasitischer Fisch, gerät! Einundzwanzigste Stufe. Gewtirme — Mollusca. Die Natur gehet von den Unvollkommeneren zu den Vollkom- menen über. Zeigte sie in. den Intestinis lebendige animalische Wesen ohne Glieder, so bildet sie nun Gewürme mit Gliedern, und hanget dieselben gleichsam mit dem Blutigel, diesen aber mit der nackten Gartenschnecke unzertrennt zusammen. Sie sind mit dem Namen Mollusca belegt worden. Ihre Glieder stellen bald Fühlhôrner, bald Arme, bald Füße vor. Man teilt sie nach der Art ihrer Be- wegung in Schnecken-, Wurm- und Polypenartige ein. Als: 1. Schneckenartige. | A. Limax, Erdschnecke ohne Haus. Ein Zwitter. Pflanzt sich durch Eier fort. Nährt sich von Thau und zarten Gartengewächsen. An der rechten Seite ihres Körpers zeigt sich zur Paarung sowohl als zur Auswerfung des Unrats eine Öffnung. Die Fühler stellen die Augen mit einem schwarzen Punkt dar. Ihre Bewegung geschieht wellenförmig mittelst eines Wulstes. Man kennt hier: a) Limax cinereus maculatus große nackte Waldschnecke, b) Limax subrufus röthliche Bergschnecke, c) Zimax ater schwarze Waldschnecke, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert DAS d) Zimax flavus gelbe, weißgefleckte Wiesenschnecke, e) Limax serpentens (2) Kellerschnecke, d) Limax agrestis s. cınereus maculatus minor die kleine graue Feldschnecke. 2. Wurm- und Polypenartige, welche vielleicht zum Theil den nackten Schnecken vorzusetzen sind. Als: a) Laplysia depilans, i) Zerebella Steinbohrer, b) Doris ohnschaalige Schnecke k) 77/072 Steinschnecke, mit 2 Fühlern, c) Aphrodita Seeraupe 1) Lernaea Kiemenwürmer, d) Nerézs Seetausendbein, m) ‚Scyllaea Seemoosschnecke, e) Ascidia Seescheide, n) Cho Fligelwurm, f) Actinta Seenessel, o) Saepia Blackfisch, g) Tethys Seehaase, p) Medusa Qualle. h) Zolothuria Seeblase, Anmerkungen: Diese und die folgende Stufe bilden die Mollusca Linnés; übrigens eine buntzusammengewiirfelte Gesellschaft! Zweyundzwanzigste Stufe. Halbkonchylien — Semiconchyliae. Ahnliche Geschépfe vorigen Gattungen, die in ihrem Bau den Wiirmern noch ganz gleich sind, sich aber durch eine zarte Decke, meist knorpelartig, unterscheiden; nähern sich den gehäußten Schnek- ken. Solches sind: I. Asterza. Seesterne. Das Maul stehet in der Mitte mit 5 Klappen. Sind theils gallert, theils knorpelartig. Ihr Aufenthalt ist im Meere; schwimmen in drehender Bewegung, leben von kleinen Seegeschöpfen, werden aber auch größeren wieder zu Theil. Sie pflanzen sich durch Eyer fort und sind in gewissen Stiicken polypen- artig; denn wenn ein Arm von ihnen abbricht, erwachst aus dem- selben ein vollkommener Seestern. Die Arten sind: a) Stellae fissae, mit gefurchten Strahlen, | b) S7ellae integrae, mit ganzen Strahlen, nämlich 1. Stellae vermiformes mit wurmförmigen Strahlen, 2. Stellae crinitae haarigte, 3. Stellae astrophytae s. arborescentes, deren Sterne in Zweige auslaufen. 214 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 2. Echinus. Seeapfel, Meerigel. Mit beweglichen Stacheln. Hat die Miindung unten. Folgende Einteilung ist linneisch. a) regelmaftig gebildete mit ganz rundem Korper, b) unregelmäßige, welche teils oval, teils spitzig sind. Dreyundzwanzigste Stufe. Schnecken — Conchyliae. Gewürme mit kalkartiger Bedeckung, Schnecken und Muscheln, Conchyliae; ein Reiz für die Augen in Ansehung der Figuren sowohl als Farbe und Zeichnung, aber oft Ungeheuer in der Gestalt des Wurmes, welcher weiblich oder männlich oder zwitterartig ist. Sie sind theils ovipara, theils vivipara; zur Paarzeit begegnen sie einander mit pfriemenartigen Pfeilchen. Sie sind mit Fühlhörnern versehen und nähren sich von Thau und Pflanzen. Man bestimmt sie über- haupt genommen nach ihrem Aufenthalt; als 1. Erdschnecken, Conchyhae terrestres; können auch im Wasser leben. È a) conchyliae lunares mit mondförmiger Öffnung, b) conchyliae globosae kugelförmige, weitbauchige, c) Duccinae Trompetenschnecken, d) Zurbines Schraubenschnecken. 2. Flußschnecken, Conchyliae Auviatiles, welche nicht außer dem Wasser leben können, werden eingetheilt in a) eigentliche Flußschnecken, als: I. Patellen, 4. Serpentulz, 7. Turbines, 2. Nertthen, 5. Zonnenschnecken, 8. Strombz. 3. Cornua anomones, 6. Buccinae, b) Flu&muscheln : 1. Chamae fluviatiles, 2. Muscul s. Mutult Malmuscheln, 3. Tellinae Tellermuscheln. 3. Seeschnecken und Muscheln, conchyliae marinae, welche nach dem Linné in 3 Abteilungen gebracht werden. Als a) vielschaalige : Il Chiton, °22 Depas, 3: Tholas; Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 215 b) zweischaalige : 1. Mya, 6. Donax, Io. Arca, 2. Solen, 7. Venus, 11. Ostrea, 3. Zellına, 8. Spondylus, 12. Anomua, 4. Cardium, 9. Chama, 13. Mytilus, 5. Mactra, 14. Pinna, c) Einschaalige, und zwar I. Gewundene : a) Argonauta, f) Voluta, k) Zrochus, b) Nautilus, o) Buccinum, 1) Turbo, c) Conus, h) Strombus, m) Helix, d) Cypraea, Dre, Mera e) Bulla, o) Hahotıs. 2. Ungewundene: © a) Patella, c) Serpula, e) Sabella. b) Dentalium, d) Teredo. Anmerkungen: Der Anonymus hat hier zwei verschiedene Systeme vermischt, daher einzelne Genera mehrfach auftreten. Die unter 3. genannten Geschlechter sind Linnéisch; woher die Finteilung der ersten und zweiten Gruppe ent- nommen ist — ob etwa Original? — weifs ich nicht. Vierundzwanzigste Stufe. Insekten — Insecta. Obige Schalthiere verlieren sich allmahlich in das Reich der Insekten durch die Krebse, welche sowohl als jene mit einer kalk- artigen Decke versehen sind. Insekten müssen wenigstens 6 Füße haben; an den Einschnitten ihres Körpers befinden sich die Luft- werkzeuge. Sie haben statt des Knochengebäudes äußerlich harte Decken teils hall teils hornartier "Ihre, Huhler und 23.4. Be- wegung haben sie mit dem Gewürm gemein. Auch befinden sich mehrere Sinne an ihnen, als bei voriger Stufe wahrgenommen wurden, und vielleicht haben sie noch ganz besondere, die aber noch unbekannt sind. Sie springen, gehen und fliegen, und alle Himmels- striche geben ihnen Aufenthalt und Nahrung vermittelst des Pflanzen- und Thierreiches. Mehrerentheils sind sie der Verwandlung unterworfen. Ihre Fähigkeiten und Kunsttriebe sind außerordentlich. Einige geben phosphorescierendes Licht, andere einen widrigen oder angenehmen 216 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Geruch von sich. Sie pflanzen sich teils durch Eier, teils durch lebendige Junge fort. Mehren sich außerordentlich und sind oft eine Plage, oft aber auch zum größten Vortheile der Menschen. Die Linneische -Eintheilung folget der Autor nach; als: i 1. Aptera. Ungefligelte. Sind räuberisch, bekommen im Alter mehrere Glieder. Ihre Puppen sind dem daher entstehenden Insekt gleich. Haben wunderbare Zeugungsglieder, und leben teils im Wasser, teilspaufsder Erde, Als: a) Lepisma Zuckergast, g) Cancer Krebs, b) Zermes Holzwürmer, 1, Seekrebs, c) Pediculus Laus, 2. Flußkrebs, d) Pulex Floh, 3. Landkrebs Cancer ruricola, e) Aranea, Spinne, von den Antillen, Jamaika, f) Scorpio Scorpion, Küste von Guyana. Sander über, Nat. u. Rel. I pao: 2. Diptera. Zweigeflügelte. Sind mit Palanzierstäben versehen, haben Polster an den Füßen, leben vom Blut der Thiere und anderen Feuchtigkeiten, als: a) Oestrus Bremse d) Culex kleine Mücke, Schnake, b) Zzpula große langfüßige e) Conops Stechfliege, Mücke, c) Musca, Fliege, f) Æippobosca Fliegende Läuße. 3. Llymenoptera. Mit häutigen Flügein; haben einen Lege- stachel, leben in Einsamkeit, teils aber auch in republikanischer Gesellschaft. Nähren sich vom Safte des Pflanzenreichs. Als: a) Cynıps Gallapfelwurm, d) Vespa Horniss, b) Zenthredo Schlupfwespe, e) Apzs Biene, c) /chneumon Raupentôter, f) Formica Ameise. 4. Neuroftera. Mit netzförmigen Flügeln; haben hornartige Kiefern, sind räuberisch und leben von anderen Insekten. Als: a) Libellula Wasserjungfer, c) Panorpa Scorpionfliege, b) Ephemera, d) Raphidia Kameelhals. 5. Lepidoptera. Mit 4 gefiederten oder geschuppten Flügeln. Sind einer 4fachen Verwandlung unterworfen. Nähren sich ver- schiedentlich, je nach dem es ihr Verwandlungsstand erfordert. Werden folgender weiße abgetheilt. Nämlich: a) Papilones. Tagesvögel mit keulförmigen Fühlhörnern und senkrechten Flügeln. Gehen am Tage ihrer Nahrung nach: Als: Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. DI 1. Equaites Ritter, 4. Nymphales Nymphen, 2. Heliconit Heliconier, 5. Plebejt Bauern. 3. Danaz, b) Sphinges. Pfeilschwanze. Dämmerungsvögel, mit nieder- gebogenen Fliigeln. Suchen abends und morgens ihre Nahrung. Als: I. Sphinges legitimae alis ungulates, 2. — — adscilae. c) Phalaenae. Nachtvôgel, mit dunklen Farben. Fliegen des Nachts und ruhen am Tage; als: Attaci, alis patulis Atlaß, 4. Geometrae Spannenmesser, Bombyces Spinner, 5. Zortrices Blattwickler. Noctuae Eulen, Oo D 6. Hemiptera. Mit halben Flügeldecken. Haben theils 2, theils 4 Flügel. Führen einen niedergebogenen Rüssel. Als: a) Gryllus Grashüpfer, d) Vepa Wasserscorpion, b) Czcada Heupferd e) Camex Wanze, c) Notonecta Wasserwanze, f) Aphis Pflanzenlaus. 7. Coleoptera. Mit ganzen Fliigeldecken; hornartig, theils beweg- lich, theils unbeweglich. Verpuppen sich in der Erde. Richten große Verwiistungen unter dem Laube an. Als: a) Scarabaeus Kafer, h) Cerampyx Holzbock, b) Zucanus Schröder, i) Elater Springkäfer, c) Dermestes Speckkafer, k) Dytsscus Wasserkäfer, d) Szpha Todengräber, 1) Carabus Erdkäfer, e) Coccinella Gotteskühgen, m) Meloe Maykäfer, f) Chrysomela Goldhahn, n) Mortella Erdfloh, g) Curculio Rüsselkäfer, o) Forficula Ohrwurm. Anmerkungen: Aufzählung der Insekten nach Linné; nur beginnt dieser mit den Coleo- piera und schließt mit den Affera. Auch führt er viel mehr Gattungen an als der Anonymus. ; Sander, über Nat. u. Rel. II. p. 204, 205: „Überhaupt schließt sich das Volk der Insekten an Alles, was lebt, an. Einige unter ihnen fressen Fleisch, andere nähren sich von Pflanzen, einige Gattungen reiben sich selbst unter einander auf, einige bringen ihre Jungen lebendig zur Welt, andere pflegen und beschiitzen sie, wann sie aus dem Ei geschliipft sind; darin gleichen sie unstreitig den vierfüßigen Thieren. Maulwiirfe und Füchse bauen sich Gruben unter der Erde und einige von diesen kleinen Geschöpfen wohnen auch immer in der Tiefe“. Weiter werden die Hörner der Säugetiere mit dem „zur Ver- Zool. Annalen II. i 15 218 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. _theidigung zackigten Brustschild der Insekten“ verglichen; S/rauß und Schila- kröte lassen ihre Eier von der Sonne ausbrüten, so auch die Insekten. Über- einstimmung zwischen Vögeln und Insekten: „im leichten Bau, im Flug, im Putz, im Feuer der Liebe, in der ewigen Unruhe, im Eierlegen‘“. Gleich Fischen legen die Wasserinsekten Eier ans Ufer ab; Härung und Mauserung = Abstreifen der Haut bei /nsekten usw. Fünfundzwanzigste Stufe. Zweylebige — Amphibia. Unter voriger Stufe zeichnet sich sonderlich der Dyiscus, Wasserkäfer aus. Er lebt sowohl in als außer dem Wasser, ist mit Schwimmfüfßen versehen und stellt eine wahre Amphibia unter den Insekten für. Er gibt daher füglich das Mittelding ab, die Insekten mit den Amphibien zu verbinden. Es sind dieses aber Tiere, welche zum Theil sowohl in als außer dem Wasser leben, insgemein aber mit ı Herz und ı Herzkammer und -Ohr, willkürlichen Lungen, rothem kaltem Blute versehen sind. Ihr Ansehen hat etwas warnen- des. Einige vertheidigen sich mit besonderen Waffen, andere durch ihr Gift. Das Skelett besteht aus Knorpeln. Pflanzen sich durch Eier oder lebendige Junge fort. Haben ihren Aufenthalt an feuchten und dumpfigten Örtern. Leben von mancherlei Speise und sind zum Theil der Verwandlung unterworfen, gleich den Insekten, ehe sie zur gänzlichen Vollkommenheit gelangen. Die Abtheilung ist: I. Reptilia. Kriechende, mit 4 Füßen, welche 4—5 theils freye, theils verwachsene Finger haben. Als: a) Zestudo Schildkröte, als . Landschildkröte, . Wasserschildkröte, . Sumpfschildkröte. COO N et b) Kana Frosch, 1. Land- und Wasserfrosch, 2. Land- und Wasserkröte. c) Draco Drache, d) Lacerta Eydechse. 2. Serpentia. Schlangenartige. Bewegen sich wellenförmig. Führen zum Theil Giftzähne im Maule. Riechen widrig. Legen zu- sammengekettete Eyer. Hauten sich und wachsen, so lange sie leben. a) Crotalus Klapperschlange,. d) Azguis Aalschlange, b) Boa Riesenschlange, e) Amphysbaena Ringelschlange, c) Coluber Natter, f) Coectla Blindschleiche, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 219 3. Meantia. Gehende. Mit äuferlichen Luftwerkzeugen und besonderen Lungen. Sind mit 2 Füßen, woran breite Nagel befind- lieh, versehen. Als: a) Syrena fabulosa die Syrene der Alten, b) Syrena lacerta Eydechsensyrene, von Dr. Garden entdeckt. 4. Nantia. Schwimmende Wurden ehemals zu den Fischen gezählt. Leben blos im Wasser, sind zum Theil giftig. Haben amphibische Lungen. Als: a) Mit mehr als 1 Luftwerkzeug. Nämlich: I. Raja Roggen, 3. Chimaera Seedrach, 2. Squalus Hayfisch, 4. Petromyzon Pricke. b) mit 1 Luftwerkzeug, als: 1. Lophius Seeteufel, 6. Diodon Igelfisch, 2. Accipenser Stohr, 7. Cyclopterus Meerhaase, 3. Balistes Hornfisch, 8. Centriscus Schildfisch, 4. Ostracion Beinfisch, 9. Syngnathus Nadelfisch, 5. Zetrodon Stachelbauch, 10. Pegasus Meerpferd. Anmerkungen. Einteilung und Reihenfolge Linné isch. Zu Siren lacertina vergl. Erxleben p. 207, p. 208; Carus, Geschichte der Zoologie p. 510. Sander, über Nat. und Rel. IL p. 208: „Den Schwanz, der dem /rosch und der Äröte fehlt, und Schuppen auf dem Körper, gab die Natur dem Æydechsengeschlecht, und sichtbar ist es, wie sie da von dem kleinsten zum fürchterlichsten Thier aufsteigt. Was sind unsere Eydechsen in Wald und Garten anders, als Crocodile im kleinen, die unter den Insekten eben solche Verheerungen anrichten, wie jene Fresser in Egypten unter Menschen und größeren Thieren.“ Als Übergänge von den kriechenden Amphibien zu den Schlangen bezeichnet Sander p. 210, 211: I. Schleich- eydechsen, Lacerta serpens, im Syst. nat. Anguis serpens L. 2. Lacerta apoda L. 3. Lacerta anguinea L. Sechsundzwanzigste Stufe. Bische Pisces: Die amphibischen Fische führen ganz natürlich zu den eigent- lichen Fischen. Es sind solches geschuppte Geschöpfe, die nur allein im Wasser leben. Sie haben rothes, kaltes Blut, statt der Lunge Kiemen, ein Herz mit einer Kammer. Die Flossen machen ihre Glieder aus und heißen Rücken-, Sterz-, Brust- und Bauchflossen. Ihr Skelett besteht aus elastischen Gräten. Die innere Blase dient ihnen zum Steigen oder Sinken im Wasser. Einige leben einsam, 15* 220 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. einige gesellschaftlich. Ihre Nahrung suchen sie des Nachts; besteht aus Kräutern, Insekten und Käfern. Manche Gattungen gehen zug- weise. Die Mannchen werden Milcher, die Weibchen Roggener ge- nannt. Ihre Einteilung ist hergenommen von der Lage ihrer Flossen. Als: 1. Afodes, Kahlbäuche. Fische ohne Bauchflossen, von schlangen- ahnlichem Aussehen. Häuten sich und leben im Meere und in Alussens vs: a) Muraena Aal, d) Ammodytes Sandfısch, b) Gymnotus Surinamischer Aal, e) Ophzdium, c) Anarrhichas Seewolf, f) Xzphias. 2. Fugulares. Halsflosser. Fische mit Bauchflossen vor den Brustflossen an der Kehle. Räuberischer Art. Häufen und mehren sich außerordentlich. Als: a) Callyonimus Schellfischteufel, d) Gadus Kabeljau, b) Uranoscopus Sternseher, e) Dlennius Rozfisch. c) Zrachinus Petermannchen, 3. Zhoracici. Brustbäucher. Fische, deren Bauchflossen gerade unter den Brustflossen stehen. a) Cepola Spitzschwänze, k) Sparus Meerbrachsen, b) Echeneis Sauger, 1) Zabrus Lippfisch, c) Coryphaena Stutzkôpfe, m) Sczaena Umbrafisch, d) Gobius Grundel, n) Perca Barschnig, e) Cottus Knorrhahn, o) Gasterosteus Stachelbarsche. f) Scorpaena Meerscorpion, p) Scomber Makrele, g) Zeus Spiegelfisch, q) Mullus Barbe, h) Pleuronectes Seitenschwimmer, r) 77zg/a Seehahn. i) Chaetodon Klipfisch, 4. Abdominales. Bauchflosser. Fische, deren Bauchflossen hinter den Brustflossen stehen. Als: a) Cobitis, k) Argentina Silberfisch, b) Amza, 1) Atherina, Kornährfisch, c) Szlurus Wels, m) Mugi! Meeräsche, d) Zeuthis Felsenfisch, n) Æxocoetus Fliegender Fisch, e) Loricaria Panzerfisch, 0) Polynemus Fingerfisch, f) Salmo Salm, p) Mormyrus Murmelfisch, g) Fistularıa Pfeifenfisch q) Clupea Hering, h))-Zsox Hecht, r) Cyprinus Karpfen. i) Zlops Eydechsfisch, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 221 Anmerkungen: Einteilung der Fische nach der 12. Ausgabe des Systema naturae. Fingerzeig zum Verstand des Königreiches Gottes und Christi p. 116: „Ehe wir weiter gehen und zu den fliegenden Stufen aufsteigen, müssen wir noch bemerken, daß hier ein großer Grenzort in der Schöpfung ist. Bis- her haben wir ungemein viele Pracht, Schönheit, Stärke, Leben und Munter- keit bei den Geschöpfen gesehen. Aber bei diesem Allen herrschet ein tiefes Stillschweigen; noch keine harmonische Stimme, keine Melodie: Allein in den folgenden Stufen wird es laut, harmonisch, nun bekommen nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren eine angenehme Beschäftigung.“ Siebenundzwanzigste Stufe. Vögel — Aves. Wie nahe die Fische an die Vögel grenzen, zeiget sowohl ihre Nahrung als ihre Bewegung. Außer diesem nähern sie sich aber den Vögeln durch den Godo Cottus Kaulkopf, welcher seine Roggen brütet und durch den T7rrgla volitans fliegender Seehaase und Exocoetus volitans fliegende Wachtel. Vögel sind befiederte Thiere, so mit 2 Flügeln und 2 Füßen versehen sind. Sie haben hornartige Krallen und Schnäbel, athmen vermittelst der Lungen und legen Eyer. Sie bauen künstliche Nester, singen und beweisen viel Fähig- keit und Witz. Einige verrichten ihre Geschäfte am Tage, einige des Nachts. Nähren sich von Pflanzen und zum Theil vom Thierreich. An ihrem Auge befindet sich eine Nickhaut. Man hat Zug-, Strich- und Verbergende (? Th.) Vögel, wie auch besonders einheimische .. Vögel. Sie werden nach der Beschaffenheit ihrer Schnäbel und Füße eingetheilt in: I. Anseres. Schwimmvögel, theils mit breiten, theils spitzigen Nägeln. Verlappte Füße. Wohnen auf dem Wasser, nisten im Schilf und in die Löcher der Ufer. Tauchen unter und schmecken thranigt. Als: a) Anser Gans, f) Plotus Langhals, b) Cygnus Schwan, g) Pehcanus Pelican, c) Anser mergus Tauchergans, h) Colymbus Taucher, d) Anas Ente, i) Larus Môve, e) Alca Papagaytaucher, k) Sterna Meerschwalbe. 2. Grallae, Stelzenläufer, mit langen runden Schnäbeln und hohen Beinen, woran allemahl 2 Zehen mit einer Membran ver- wachsen sind. Gesellschaftliche Thiere; halten sich an Sümpfen und Flüssen auf. Leben von Pflanzen und Thierreich. Als: N N N Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. a) Grus Kranich, e) Zringa Strandläufer, b) Ardea Reyher, f) Fulıca Wasserhuhn, 1.2Storch, g) Parra Kybiz, 2., Rohrdommel, h) Otis Trappe, c) Zandalus Brachvogel, i) Struthio Strauß, d) Scolopax Schnepfe, k) Platalea Lôffelgans. 3. Gallinae, Hühnerartige. Mit rundem erhabenen Schnabel, davon das Ober-Teil über den unteren herfürragt. Ihre Zehen sind gepolstert. Lieben ihresgleichen. Leben von Körnern und bauen ohngekünstelte Nester. Als: i a) Didus Kasuar, e) Numida Perlhuhn, b) Pavo Pfau, f) Zetrao Berghuhn, c) Meleagris Truthahn, I. mit haarigten, d) Phastanus Fasan, 2. mit glatten Füßen. 4. Passeres, Sperlingsartige. Mit spitzigem, kegelförmigen Schnabel, zarten Beinen. Gute Sanger, Kunstbaumeister; Leben von Gesäme und Insekten. Als: a) Columba Taube, h) Fringilla Fink, b) Alauda Lerche, i) Muscicapa Fliegenfänger, c) Sturnus Staar, k) Motacılla Bachstelze, d) Zurdus Krammetsvogel, 1) Pupra Zeißig, e) Ampelıs Seidenschwanz, m) Fares Meise, f) Loxta Kernbeißer, n) Hırundo Schwalbe, g) Emberiza Ammer, o) Caprimulgus Ziegenmelker. 5. Picae, Spechtartige. Mit keulförmigen, spitzigen Schnäbeln und wurmförmiger Zunge. Zwei Zehen vorn und zwei hinten am Fuße. Britten in hohlen Bäumen und leben von Insekten. Als: a) Picus Specht, i) Gracula Krahe, b) .Sz//a Blauspecht, k) Paradisea Paradiesvogel, c) Alcedo Eisvogel, 1) Cuculus Kukuk, d) Psettacus Papagey, m) Upupa Wiedehopf, e) Merops Bienenfresser, n) Certiia Baumläufer, f) Corvus Rabe, o) Yunx Wendehals, g) Oriolus Golddrossel, p) Zragon Kreuzschnabel, h) Coracias Rackervogel, q) ZrockWlus Kolibrih. 6. Accipitres, Habichtartige. Mit krummen, im oberen Teil ein- gezackten Schnäbeln, die mit Nasenwachs und Barthaaren versehen sind. Kurze starke Beine mit freien Zehen und großen Klauen. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 223 Mehren sich wenig, bauen Horste; leben von blutigem Raub und durchstreichen mit scharfem Blick Wälder und Felder. Als: a) SAaravertus Sperber, Habicht, e) Falco Falke, b) Aquila Adler, f) Ulula Eule, dahin c) Vultur Geyer, I. Bubo Huhu, d) Muvus Weyhe, DSL Kauz, g) Zanius Neuntöder, Würger. Anmerkungen: Auch die Vòge/ handelt der Anonymus nach der — umgekehrten! — Linnéischen Finteilung ab. Sander, iber Nat. und Rel. II. p. 212 ff: „Auch die Vögel sind durch viele Bander mit vielen anderen Geschöpfen verbunden. 3: Kolibris schöne Farben, geringe Größe, hornartige Zunge wie die Sphinges; der Totenkopf giebt sogar einen zwitschernden Ton von SIC iso Viele Vögel haben Federn wie Haare aussehend . . .. Vögel — Trappe — Strauß — Kameel. Man nennt den S/rauß mit Recht ein befiedertes Came Fledermäuse — Fliegendes Eichhörnchen (Sciurus volans L.). Kasuar trägt ein hohles Horn ..... es ; (Ch. G. Flittner.) Die Begattung und Fortpflanzung organischer Wesen nach der Stufenleiter der Natur (Gynäologie 10. Bd.) Berlin 1797. p. 260—61: „Bei keinem Vogel trifft man mehr Ähnlichkeit des organischen Baues mit dem der vierfüßigen Tiere an, als bei dem S/rauß. Die meisten Vögel haben kein sichtbares Zeugungsglied; bei dem S/rauf ist es desto beträchtlicher .. . Man will eine solche Ruthe gesehen haben, die fünf und einen halben Zoll lang war. Bei dem Weibchen fand man wie gewöhnlich einen Eierstock und eine Clitoris. Diese Bildung der Geschlechtsteile, und die mehreren Magen, und solche Gedärme, welche denen der wiederkäuenden Thiere glichen, ver- anlaßten Buffon, den S/rauß als ein Mittelgeschöpf zwischen den vierfüßigen Tieren und Vögeln zu betrachten ..... Schon Aristoteles [De partibus animalium Lib. IV. cap. ultimo] sagt vom S/rauß „Partim avis, partim quadrupes“. Buffon, Allg. Hist. d. Natur. 1776. 4°. IX. 2. p. 143, schreibt über den Strauß: „Seine Stelle sollte in einem richtigen System der Natur weder in die Klasse der Vögel noch der vierfüßigen Tiere, sondern auf der Grenze zwischen beiden angewiesen sein“, Achtundzwanzigste Stufe. Quadrupedes — Vierfüßige Thiere. Die Raubvôgel nähern sich in ihrem Betragen ungemein den vier- füßigen Thieren; insonderheit aber der Strauß, dessen Schnabel mehr einem thierischen Maule ähnlich sieht, wie auch dessen Füße; und grenzen dem Anschein nach nahe an die fliegende Katze, fliegendes Eichhorn, den Vampier und Fledermäuße. Sollten dieses nicht die 224 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Mitteldinge sein, wodurch die Vögel mit den vierfüßigen Thieren verbunden werden? Vierfüßige Thiere haben rothes warmes Blut, 1 Herz mit 2 Herzkammern und -Ohren; 4 Füße mit Klauen, Hufen oder Nägeln. Meist mit Haaren, Wolle, Stacheln oder Borsten bedeckte Haut; bringen lebendige Junge zur Welt, nähren sie an ihren Brüsten. Haben Zähne im Munde zur Zermalmung ihrer Speise, die sie dem Thier- und Pflanzenreich entnehmen. Sind witzig, ge- lehrig und stark; haben ihren Aufenthalt bis auf wenige, welche im Wasser leben, auf dem Lande. Geben gute Lastthiere ab. Leben theils einsam, theils gesellschaftlich. Lassen sich zum Theil zähmen und zu Hausthieren abrichten. Die Linn&ische Abtheilung ist von ihren Zähnen hergenommen; als: I. Glires. Razenartige Thiere, mit gespalteten Oberlippen und scharfen Vorderzähnen. Bauen in die Erde und tragen aus dem Pflanzenreich Vorrath für den Winter ein. Als: a) Gls Raz, I. Marmota Murmelthier, 2. Mus citellus Hamster, b) Zystrıx Stachelschwein, c) Lepus Haase und Kaninchen, d) Castor Biber, e) Mus Maus, f) Sciurus Eichhorn, g) Noctilio fliegende Raze. 2. bruta. Thiere mit gespalteten Klauen, ohne Schneidezähne. Voller List und Starke; halten sich im Trockenen auf und leben vom Pflanzenreich; als: a) Elephas Elephant, d) Manis Schuppenthier, b) A%inoceros Nashorn, e) Lradypus Faulthier, c) Myrmecophaga Ameisenbär, f) Dasypus Panzerthier, 3. Pecora. Wiederkäuende Thiere, ohne Vorderzähne mit ge- spalteten Klauen, Hòrnern und Geweihen; gute Lastthiere, lassen sich zahmen. Als: a) Camelus Kamel, d) Capra et hircus Bock und Ziege, b) Moschus Bisamthier, e) Ovzs ef aries Schaaf und Widder, c) Cervus Hirsch, f) Gos et vacca Ochs und Kuh. I. Camelopardalıs, 222 Nlcesal®lch, 3. Zarandus Rennthier, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 225 4. Dama Damm-Hirsch, 5. Capreolus Reh. 4. Delluae. Thiere mit Pferdegebiß, stumpfen Vorderzähnen, ganzen Hufen; gesellschaftlich, zur Arbeit geschickt; leben vom Pflanzenreich; als: a) Equus Pferd, b) Zyppopotamus Nilpferd, 1. Mulus Maulthier, 2. Asinus Esel, 3. Zebra Waldesel, 5. Bestiae. Thiere mit rüßelartiger Schnauze und von einander stehenden spitzigen Zahnen, theils mit Borsten, theils mit Haaren bedeckt. Leben von Pflanzenreich und Gewiirm. Als: a) Sus et Porcus Schwein und Eber, d) Sorex Spitzmaus, b) Zrinaceus Igel, e) Didelphys Beutelraz. c) Zalpa Maulwurf, 6. Ferae. Raubthiere. Lieben die Freyheit, lassen sich schwer und nur mit Gefahr zähmen. Haben einzelne Hunds- und spitzige Schneidezähne; sind blutdürstig und grausam. Haben Krallen an den Füßen und nähren sich vom Raub; zeigen viel List und sind stark. Als: a) Canıs Hund, b) Zelis Katze, I. Zupus Wolt, 1. Leo Löwe, 2. Ayaena Hyaene, 2 Ins, IE 3. Vulpes Fuchs. 3. Pardus Leopard, 4. Onca Panther, 5. Zynx Luchs, c) Mustela Wiesel, d) Ursus Bär, pie 078220915 Otter, I. Meles Dachs, 2. Gulo Vielfraß, 2. Lotor Wäscher. 3. Martes Marder, 4. Putorius Iltis, e) Viverra. Frett, 5. Zibelina Zobel, I. /chneumon Pharaoraz, 6. Erminea Hermelin. 2. Zibetha Zibetthier. 7. Bestiae marınae. Räuberische Seethiere, theils mit Hunds-, theils mit Schneidezähnen. Haarigte Haut, Schwimmfüße. Leben im Wasser in Gesellschaft und nähren sich von Seethieren und See- era Als a) Phoca vitulina Seehund, b) Zrechechus Meerkuh. 226 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 8. Cetae. Wallfische. Haben Flossen. Leben von Seefischen und sind die größten Ungeheuer der Natur. Als: a) Monodon Wale, c) Physeter Kaschelot, b) Dalaena Wallfisch, d) Delphin Meerschwein. 9. Primates s. Magnates. Menschen und Menschenähnliche Thiere; mit einzelnen Hunds-, Schneide- und Backenzähnen: breiten Nägeln an Händen und Füßen. Leben von Pflanzen und Thierreich. Sind klug und witzig und beschließen das Thierreich vermittelst des Menschen als der edelsten Kreatur und Beherrschers aller leiblichen Kreaturen, zu unendlicher Glückseeligkeit bestimmt; als: a) Vespertihio Fledermauß, d) //omo Mensch, b) Zemur Gespenstthier, I. Homo marinus Seemensch, c) Stima Affe, 2. Homo nocturnus Waldmensch, 3. Homo diurnus Vernünftiger Mensch. Anmerkungen: Anordnung der Säugetiere frei nach Linné; Reihenfolge umgekehrt. Bei ,,Homo“ macht der Anonymus im Anschluß an Blumenbach folgende Anmerkung: ,,Macht eigentlich eine besondere Ordnung aus vermége der Fähigkeiten seines Geistes und der Eigenschaften seines Körpers. Außer dem Begattungstrieb hat er wenige Spuren von Instinkt; keine Kunsttriebe wie die Thiere; dafür hat er den Gebrauch der Vernunft, daher eine Sprache, die mehrsals StimmerderiThiere 102.2. Zu den körperlichen Eigenschaften gehören vorzüglich sein aufrechter Gang und Gebrauch zweier Hände. Es giebt nur eine Gattung Mensch, welche alle von Adam abstammen...... Sander, über Nat. und Religion. U. p. 215: „Mit den Fischen sind die Landthiere durch die Rodden, durch die Wallrosse, durch die Wallfische ver- wandt“. Noch in der 6. Auflage des Systema naturae werden übrigens die Wale als „Plagiuri‘ zu den Fischen gestellt mit folgender Begründung: ,,Or- dinis hujus omnia animalia potius quadrupedia quam pisces structura interna referunt; pulmones, respiratio, mammae, penis, partus vivus etc. hoc evincunt. Nihilominus ad pisces referimus ad habitum, elementum, pinnas etc...... ne Scyllam incidamus cupientes vitare Charybdin; natura enim affinitates tam matris quam patris ostentat“. Mit dem „Homo nocturnus“ sind der Orang-Utang und überhaupt die Menschenaffen gemeint. Vergl. Sander Il. p. 219—20: „Wie viele Ähnlichkeit ist zwischen dem Orang-outang und dem wirk- lichen Menschen! Sie ist so groß, daß der große Kenner der Natur . Linne dadurch verführt wurde, zwo Gattungen im Menschengeschlecht an- zunehmen.“ In der X. Ausgabe des Systema naturae (p. 24) beschreibt Linne den „Orang-Outang“ als Homo nocturnus oder silvestris und sagt dabei: „Loquitur sibilo, cogitat, credit sui causa factam tellurem, se aliquando iterum fore impe- ranten, si fides peregrinatoribus“. Vergl. auch den Aufsatz Lönnbergs: Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 2277 Carl von Linée und die Lehre von den Wirbeltieren (Jena 1909), in dem sich p. 26-27 ein Auszug aus einem ungedruckten Manuskripte Linnees findet, das den Titel trägt „Die Cousins des Menschen“ und von den Affen, als den „nächsten Verwandten“ des Menschengeschlechtes, handelt. Vergl. auch Buffon, Allgemeine Historie der Natur. 1752. 4°. IL. 1., wo er p. 248 ff. von den ,,ge- schwänzten Menschen“ spricht. Zu Homo marinus: ,,Meermenschen“ finden sich in Rondelets und Geßners Fischbüchern aus dem 16. Jahrhundert in großer Zahl; sogar ein „Meermönch“ und „Meerbischoff“. Irgend ein absonderlich geformter sel- tener Fisch, den ein Sturm gelandet und den ein Spaßvogel vielleicht noch künstlich zurecht gestutzt hatte, gaben das Urbild dazu ab. — Aber auch im 18. Jahrhundert spukten die fabelhaften Meermänner und Meerweiber noch reichlichst in der Literatur herum. Man vergleiche z. B.: Telliamed, on entretiens d’un philosophe indien avec un missionaire francois sur la diminution de la mer, par M. de Maillet. Nouvelle edition, revue, corrigee et augmentée sur les originaux de Pauteur, avec une vie de M. de Maillet. A la Haye, chez Pierre Gosse, Junier 1750. Der Verfasser dieses hoch- originellen, dem illustren Cyrano von Bergerac gewidmeten Werkes, der den Ursprung der festen Erde und ihrer Bewohner aus dem Wasser ableitet, handelt (Tome II) auf nicht weniger als 21 Seiten (181—202) von den „hommes marins“; weiterhin auch ausführlichst von „hommes sauvages‘, unseren „Homines nocturni“. Robinet — Vue philosophique de la gradation naturelle des formes de Pétre, ou les essais de la Nature qui apprend à faire l’homme. Amsterdam 1768 — behandelt von Kapitel 76 bis 98 — p. 106 — 134 — ausführlichst die „Hommes marins“ und bildet auch 3 ab, darunter auch „une femme marine que l’on voyait vivante a Paris en 1759“. (!) Neunundzwanzigste Stufe. Genius, Schutzgeist — Genius. Wenn in der ganzen Schöpfung kein leerer Raum und ebenso- wenig ein Sprung in der Reihe der Dinge stattfindet, so sind aller- dings über die Grenzen der menschlichen Schöpfung noch andere Wesen, so die Reihe bis ans Ende füllen, anzutreffen. Vielleicht sind es die Schutzgeister, Genii. Feinere Wesen mit ätherischen Leibern, die eben sowohl Ordnung als das menschliche Geschlecht unter sich errichtet haben. Vielleicht auch sind es die erhabenen Geschöpfe, durch welche die Ahndungen und andere Gefühle unserer Seele so- wohl als unserer Sinne herfürgebracht werden. Und vielleicht sind es die lebendigen Wesen, welche unter besonderer Verbindung den Staat für oder wider den Menschen ausmachen, unter welchen die erhabene göttliche Vorsehung eben die Gegenstände fürbringt, in welchen sich die guten und bösen abgeschiedenen Seelen, bis zur 228 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. gänzlichen Wiederbringung aller Dinge in Erwartung der Belohnung oder Bestrafung, aufhalten. Als: a) Genius bonus guter Schutzgeist, b) Genius malus Plagegeister. Anmerkungen: Sander über Nat. und Rel. II. p. 160: „Wer es auch unternehmen will den Gang der Natur in ihren Werken zu zeichnen, der muf doch, da wir die Ausdehnung und die Rangordnungen in der Geisterwelt nicht kennen, bei dem Menschen und also an den Grenzen der sichtbaren Welt aufhòren. Im Fingerzeig zum Verstand des Königreichs Gottes und Christi. Winterthur 8. 1778 ist S. 95 etc. eine magere Abhandlung von der Stufenleiter der Natur, wo das Gewöhnliche gesagt ist, aber die Leiter noch außerhalb den Gränzen der Welt mit grofser Dreistigkeit fortgesetzt ist, bis sie an Gott reichen soll, mit Hilfe der so oft unrichtig verstandenen und falsch erklärten Ausdrücke Cherubim, Seraph, Thronen und Herrschaften, in der Bibel. Daf Ordnungen und Stufen, Verschiedenheiten, unter den Geistern, wie unter uns Erden- bürgern sind, das leugnet wohl niemand, der denken kann, aber wir wissen sie nicht. Und gesetzt, jene bildliche, morgenländische Redensarten hätten den Sinn, den man ihnen andichtet, so bleibt noch immer zwischen dem aller- vollkommensten Geschöpf, und zwischen dem, der Leben und Kraft von und in sich selber hat, ein unermeßlicher Raum und Abstand übrig. Leibniz hat das mit einem für die Kenner wollustreichen Bilde ausgedrückt: So wenig eine Hyperbel, die sich den Assymptoten unaufhörlich nähert, diese jemals erreichen und mit ihnen in einem Punkte zusammenfallen wird, so wenig wird ein erschaffener Geist im ewigen Wachsthum seiner Vollkommenheiten Gott jemals erreichen und ihm gleich sein“. PERL7O MESIA Wenn man es doch einmal den wahren Philosophen glauben wollte, daf wir vom Geisterstaat Gottes mit Gewifsheit nichts wissen Der Gedanke, dafs über dem Menschen noch Wesen existieren müssen, stammt von Leibniz und ist aus seiner Lex continui heraus geboren; vergl. Kuno Fischer, Leibniz. 2. Auflage. p. 499: „Nach dem Gesetz der Analogie darf man erklären, daß sie vollkommnere Individuen, feiner organisierte Wesen, höhere Geister, durchsichtigere Körper, mit einem Worte „Genien (genii)“ sind, und es könnte sein, daß der mensch- liche Geist nach jener Metamorphose, die wir Tod nennen, ein solcher Genius wird, und in immer höheren Verwandlungen zu immer höherer Vollkommen- heitkfostschreitegn e Diese Vorstellung empfängt von Leibniz die deutsche Aufklärung und nimmt sie zum Lieblingsthema ihrer Gedanken über Tod und Unsterblichkeit.“ Dreyfigste Stufe. Morgensterne — Beati. Wie viele Körper wälzen sich in dem Ungeheueren Raum der ätherischen Schöpfung, welche theils unserem Erdkörper ähnliche, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 229 theils der von uns anerkannten Sonne, jenem unermeßlichen Feuer- klumpen, wo nicht vollständig gleich, doch ähnlich sind. Sollten etwa hier die verschiedenen Morgensterne, Beati, ihren Aufenthalt haben; als noch edlere Wesen göttlicher Schöpfung, welche von hier nach der Offenbarung des Geistes zu reden: Gott lobeten? und zu welchen unsere in das Reich der Schutzgeister verfeinerten Seelen übergehen, um zu noch größerer Vollkommenheit fortzu- schreiten, bis sie endlich in das herrliche Gebiet der schon Seeligen, reinen und ganz geistigen Wesen, ohne jemals einen Leib gehabt zu haben, das ist zu den Engeln Gottes übergebracht werden. Einunddreyßigste Stufe. Kinder Gottes — Angeli. Die Diener und Boten Gottes, welche ehemals als die Kinder Gottes über die Schöpfungszwecke jauchzten; heilige Wesen, die nach gewißem Grade ihrer unabsehbaren Fähigkeiten auch zu ver- schiedenen Arbeitsleistungen bestimmt wurden und durch diese Bestimmung unterschieden sind. Wer weiß nicht von den Thronen und Herrschaften? von den Engeln und Erzengeln, die sich freuen über einen Sünder, der Buße thut, und welche gleich den Winden und Feuerflammen fertig stehen und bereit sind, den Wink und Befehl des allerhöchsten Gottes auszurichten. Ganz Geister, aber mit schöpferischer Kraft insofern ausgerüstet, daß sie nach Erforde- rung der Umstände einen gewissen Körper annehmen und unter mancherlei Gestalt den Menschen erscheinen können. Das möchten die dienstbaren Geister sein, die da ausgesandt sind zu Diensten derer, die erwerben sollen die Seeligkeit. I. angelus bonus 2. angelus malus. Zweyunddreyfigste Stufe. Engel des Bundes. — Christus. Christus der nach Göttlichem Ratschluß aus dem Evwigen Wesen Gottes, ohne Anfang, von Ewigkeit her erzeuget, der einge- bohrene und einige Sohn Gottes, das wesentliche Ebenbild des Vaters, und das fleischgewordene Wort, durch welches alle Dinge ge- worden und nichts ohne dasselbe gemacht. Der in der Fülle der Zeit empfangen vom H. Geiste, wie die Kinder Fleisch und Blut angenommen, und gebohren von einem darzu geheiligten Weibe, um 230 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. durch sich selbst als Gott und Mensch in einer Person die Gott- menschliche Versòhnung zu stiften; damit die Ruhe und Glückselig- keit wieder hergestellt werden möchte, durch welche die Menschen nach deren Bestimmung verklärt nach dem Ebenbilde des, der sie ge- macht hat, nämlich zu dem Leben und der Seeligkeit zurück kommen, das in ihm und durch Gott besteht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Dreyunddreißigste Stufe. Der Dreyeinige Gotti. — Jehovah. Gott! der große, unerforschliche und unbegreifliche; des Name heilig und heer ist; Jehovah. Mit dem Sohn und Geist gleiches Wesens, Macht und Ehren. Von dem, durch den und in dem alle Dinge sind. Von welchem alles seinen Ursprung hat und zu dem Alles übergehet. Betet ihn an und gebet ihm Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! IL. Die Stufenfolge der Natur, der Versuch eines natürlichen Systems der Dinge aus dem achtzehnten Jahrhundert. A. Leibniz und die Lex continui. Je mehr man unter den Organismen Formenreihen fand, deren einzelne Glieder miteinander durch mehr oder weniger große Ahn- lichkeit verbunden waren, so daf diese Reihen von einem zum anderen Ende eine lückenlose Stetigkeit zeigten, je mehr man auch Mittelglieder fand, die die Züge verschiedener solcher Formenreihen in sich vereinigten und so deren Verbindung herzustellen schienen: um so brennender mußte die Frage nach der Ursache dieser Kon- tinuität in der Natur, dieser verbindenden Ähnlichkeiten unter den Organismen, für den denkenden Naturforscher werden. Seit dem Erwachen der Botanik und Zoologie in der Renais- sancezeit hatten die „Väter“ der Deutschen Naturgeschichte, ein Brunfels, Fuchs, Bock und Gefiner, die in ihren klassischen Kräuter- und Tierbüchern zum ersten Male über die Alten hinaus wirklich nach der Natur die Naturalien beschrieben und abbildeten, eine Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. PEN stattliche Reihe von Nachfolgern gefunden; und die Einzelbeschrei- bungen der Tiere und Pflanzen waren in zwei Jahrhunderten zu einer schier unübersehbaren Fülle angewachsen. Da kam das acht- zehnte Jahrhundert, die Zeit der Aufklärung mit ihrem vielseitigen, reichen und tiefen geistigen Leben; sie versuchte auch in das ver- wirrende und verwirrte Material, das in der naturgeschichtlichen Literatur aufgestapelt war, Ordnung zu bringen. Mancherlei ,,Systeme der Natur‘ entstanden; ich erinnere nur an das Linnésche. Auch der Gedanke der Liickenlosigkeit in der Natur, der, wie wir in der Einleitung schon sahen, seit dem Altertum sich stets lebendig erhalten hatte und immer wieder einmal ausgesprochen wurde, wurde wieder aufgenommen; man schuf Systeme der Organismen, ja der gesamten Natur, in denen man die Dinge nach ihrer Ahn- lichkeit gruppierte; zeigten sich irgendwo Liicken, so schob man das auf die unvollkommene Naturkenntnis der Zeit. Natura non facit saltus; der Satz stand fest. Aber ein Jahr- hundert, das es mehr und mehr lernte, mit scharfem und kritischem Denken selbst an die schwierigsten und tiefsten Fragen der mensch- lichen Geistesstruktur zu gehen, konnte sich bei der einfachen Tat- sache jener ,,Stufenleiter“ der Natur nicht begnügen. Das „Warum“ wollte beantwortet sein. Dem modernen Naturforscher mag es wunderbar erscheinen, wie man ein in vielem natürliches System der Organismen aufstellen konnte, wie man die reihenweisen Formähnlichkeiten erkennen konnte, und doch trotz des tiefgefühlten Bedürfnisses kausaler Er- klärung nicht zu der einfachen und anscheinend so nahe gelegenen Lösung kam: die Ähnlichkeit zweier Tiere oder Pflanzen hat den- selben Grund wie die Ähnlichkeit innerhalb einer menschlichen Familie, nämlich Blutsverwandtschaft. Solch ähnliche Formen stam- men entweder von einer gemeinsamen Urform ab oder stellen direkt Urform und Abkömmling vor. Aber noch fehlte in jener Zeit das gesamte naturwissenschaft- liche Material, das durch den Nachweis der Variabilität des Or- ganismus, der Anpassungsfähigkeit etc. die kräftigsten Stützen für den Deszendenzgedanken stellte. Noch herrschte in den weitesten Kreisen ein fester Glaube an die biblischen Dogmen; biblische Schöpfungsgeschichte und die Überzeugung von der Konstanz der Art legten Linné den Ausspruch in den Mund: Tot numeramus species, quot ab initio creavit infinitum ens. Es mußte eine Theorie gefunden werden, die die Ähnlichkeit 232 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. der Organismen erklärte ohne mit dem Dogma der Artkonstanz und der Schöpfertätigkeit Gottes in Konflikt zu kommen. Eine solche Theorie bot sich im Leibnizschen System. Wenn ich Leibniz an die Spitze der Betrachtung der ‚Scala naturae“ stelle, so bin ich mir wohl bewußt, daß ich damit in strikten Gegensatz zu dem Historiker der Zoologie, Carus, trete. In seiner Geschichte der Zoologie betont Carus (p. 586) ausdrücklich, daß „Leibniz’ Philosophie auf die Wissenschaft der belebten Natur, welche sich der Anwendung mathematischer Betrachtung entzog, um so weniger Einfluß hatte, als die scholastisch-logische Form, die ihr besonders Wolf gab, nur Distinktionen und Definitionen er- kennen ließ, und die Annahme Gottes als zureichenden Grundes der Welt für die Erklärung der Lebenserscheinungen noch weniger Anhaltspunkte bot, als bei der Betrachtung der allgemeinen Natur- gesetze.“ In dieser Allgemeinheit ist Carus’ Ansicht unrichtig. Die Naturwissenschaft des 16.—18. Jahrhunderts hatte allerdings einen vorwiegend deskriptiven Charakter und richtig ist es zweifellos, daß die Leibniz- Wolfische Philosophie auf die rein beschreibenden Naturwissenschaftler keinen Einfluß hatte, aber welchen Einfluß sollte auch Philosophie überhaupt auf die Beschreibung der Natu- ralien haben! Die theoretisierenden Biologen des 18. Jahrhunderts verdanken Beibniz: unendlich viel: Bonnet, Robinet, Reimarısrer klären in ihren Werken ausdrücklich den Leibnizschen Gedan- ken der Stetigkeit in der Natur ais den Ausgangspunkt ihrer Natur- betrachtung und den Grundton, der sich durch ihre Werke hindurch- zieht. Und welcher Beliebtheit sich z. B. Bonnets „Betrachtung der Natur“ erfreute, mag man daraus ersehen, daß sie 1803, 39 Jahre nach der ersten Ausgabe, noch einmal, zum fünften Male, in deutscher Übersetzung erschien. Ich bin im Gegensatz zu Carus der Meinung, daß auch für die Wissenschaft von den Organismen das Wort Du Bois-Reymonds gilt, das er in einer seiner Reden !) über Leibniz geprägt hat: „Dem Insekt gleich, das Honig sammelnd den Blütenstaub von Blume zu Blume trägt, hınterläßt sein beweglicher Geist, indem er von Disciplin zu Disciplin schweift, reich befruchtende Spur, auch wo er nur tändelnd sich niederzulassen scheint... 1) Du Bois-Reymond, Reden. 1. Folge. Leipzig 1886. ,,Leibnizische Gedanken in der neueren Naturwissenschaft“, p. 33, 34. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 233 Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, Leibnizs Kontinui- tätsgesetz, auf das die Autoren der Scala naturae sich stets berufen, aus seinen metaphysischen Anschauungen zu entwickeln und auf die einfachsten Grundprinzipien seiner Monadologie systematisch zurück- zuführen; ich verweise hierfür auf die klassische Darstellung, die uns Kuno Fischer im zweiten Bande seiner Geschichte der neueren Philosophie von der Lehre des Philosophen gegeben hat!). Es ge- nügt für unsere Zwecke, dieses Gesetz und seine Bedeutung möglichst mit den Worten Leibnizs selbst wiederzugeben und in Kürze und ohne Verwendung der nur im Zusammenhange des ganzen Systemes klaren Leibnizschen Terminologie zu untersuchen, wie sich das Gesetz aus den Grundvoraussetzungen jener Metaphysik herleitet und versteht. „Nichts geschieht auf einen Schlag und es ist einer meiner entschiedensten und wichtigsten Grundsätze, daß die Natur niemals Sprünge macht. Ich habe dies das Continuitätsgesetz genannt als ich einmal in den neuen Nachrichten aus der Gelehrtenrepublik da- von sprach; und der Nutzen dieses Gesetzes in der Physik ist sehr bedeutend“. (Leibniz, neue Abhandl. über den menschl. Ver- stand; ed. Kirchmann. Vorrede p. 17.) Die erste Erwähnung des Gesetzes, auf die sich der Philosoph auch hier beruft, findet sich in dene, Nouyelles de 1a Republique) des Lettres Juillet 1637. (p: 74540), mie toloenden Worten 0e ce principe qui est de grand usage dans le raisonnement et que je ne trouve pas encore assez employé, ni assez connu dans toute son étendue. Il a son origine de „linfini‘‘, il est absolument nécessaire dans la Géométrie, mais il réussit encore dans la Physique, parceque la souveraine sagesse qui est la source de toutes choses agit en parfait Géomètre, et suivant ze harmonie à laquelle rien ne se peut ajouter ..... On le peut énoncer ainsi: lorsque la différence des deux cas peut être diminuée au dessous de toute grandeur donnée, „in datis‘‘ ou dans ce qui est posé, il faut qu'elle se puisse trouver aussi diminuée au dessous de toute grandeur donnée ,,in quaesitis‘ ou dans ce qui en résulte. Ou pour parler plus familièrement: lorsque les cas (ou ce qui est donné) s’approchent continuellement et se perdent enfin Yun dans l’autre, il faut que les suites ou évenements (ou ce qui est demandé) le fassent aussi. Ce qui dépend encore d’un principe plus général, sgavoir: ,,datis ordinatis etiam quaesita sunt ordinata‘. Mais #) Vergl. auch Dillmann, Leibnizische Monadenlehre, p. 360—363. Zool. Annalen IIL, 16 234 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. ‘ pour l’entendre il faut des exemples“ Und nun folgt das Beispiel der Ellipse und Parabel, die ihm nichts qualitativ Verschiedenes sind, da die Gesetze, die für jene gelten, sich auf diese übertragen lassen. Das Stetigkeitsgesetz !) hat verschiedene Seiten und ist der manigfachsten Anwendung fahig. Ruhe und Bewegung sind ihm keine Gegensätze, denn Ruhe lässt sich als unendlich kleine Bewe- gung in Rechnung bringen; Gleichheit ist verschwindende Ungleich- heit, das Leiden gehemmte Tatigkeit, das Schlechte ein geringeres Gutes, die verworrene Vorstellung nur eine minder deutliche usw. (Falkenberg, Gesch. d. neueren Philosophie p. 245). Seine größte Bedeutung hat es für die Mathematik und führte Leibniz zur Erfindung der Differentialrechnung. Wollen wir das Stetigkeitsgesetz in seiner Bedeutung für die belebte und leblose Natur entwickeln, so mögen wir es etwa so formulieren: Die wahre Physik — d. i. die Naturwissenschaft — muß nach Leibniz aus den göttlichen Vollkommenheiten geschöpft werden. Ist Gott das vollkommenste Wesen, d. h. mit der höchsten Allmacht, Allwissenheit und Güte begabt, und ist die Schöpfung ein Akt seiner Kraft, so muß das Geschaffene, die Welt, in dem Sinne vollkommen sein, daß keine mögliche Art des Seins und speziell auch des Lebens, fehlt. Sie muß in einer Harmonie bestehen „der man nichts hinzu- fügen kann“. Lückenlos, doch auch ohne jede überflüssige Verdop- pelung, muß sich Glied an Glied schließen, Kreaturen wie Geschehen müssen sich in unendlich kleinen Differenzen abstufen und so eine kontinuierliche Stufenreihe bilden, deren einzelne Stufen nur quanti- tativ, nicht qualitativ verschieden sind. Denn wären die Differenzen nicht unendlich klein, so würden Lücken entstehen, im Reiche der Geschöpfe ein ,,vacuum formarum“, es würde „ein mögliches Leben- dige fehlen‘‘ — damit aber wäre ein — unmöglicher — Widerspruch gegen das vollkommene Wesen des Schöpfers gegeben’). Sind nun alle möglichen Arten der Wesen geschaffen, so müssen sie sich in lückenloser Stufenfolge aneinander reihen lassen. Und zeigen sich zur Zeit noch Lücken in dem natürlichen System der Organismen, so muß das auf der Unvollkommenheit unserer Kennt- 1) G. Wanke hat es zum Gegenstande einer Dissertation gemacht (Kiel 1892), die, in hochpastoralem Tone abgefaßt, für unser Problem nichts bietet, um so mehr, als der Verfasser naturwissenschaftliche Kenntnisse verrät (cf. p. 40), die „au dessous de toute grandeur donnée“ sind. ?) Man vergleiche hierzu auch Reimarus, Triebe der Thiere, 1773, p. 363, Anh. p. 10; desgl Reimarus, Vornehmste Wahrheiten der natiirlichen Religion, p. 270. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 235 nisse beruhen und die Zukunft wird die verbindenden ,,Mittelwesen‘‘ noch auffinden. Solche Lücke bestand zwischen Pflanze und Tier. In einem Briefe (zitiert von Kuno Fischer p. 495) schreibt Leib- niz: „Swammerdam hat durch seine Untersuchungen gezeigt, daf die Insekten sich in Rücksicht der Respirationsorgane den Pflanzen annähern, und daß es in der Natur eine Stufenordnung gibt, die von den Tieren zu den Pflanzen herabsteigt. Indessen finden sich vielleicht noch außerdem Mittelwesen zwischen beiden.“ Viel bestimmter noch sprach er sich in einem anderen, oft zitierten Briefe aus: ,,Telle est la force du Principe de Continuité chez moi, que non seulement je ne serois point étonné d’apprendre qu’on eut trouvé des étres, qui par rapport a plusieurs propriétés, par exemple celles de se nourrir ou de se multiplier, puissent passer pour des Végétaux à aussi bon droit que pour des Animaux — que 77é72e Je suis convaincu quil doit y en avoir de tels, que l’histoire naturelle parviendra peut-étre a les connoitre un jour, quand elle aura étudié d’avantage cette infinité d’étres vivants qui se trou- vent cachés — dans l’abime des Faux‘ (König. Appel. au Public. Beide 21752, 94.72). In dem -Sußwasserpelypen, der LIydra, glaubte die Naturforschung des achtzehnten Jahrhunderts das ver- bindende Glied zwischen Tier und Pflanze entdeckt zu haben — Trembley beschrieb die Hydra 1739 — und ausdrücklich weist man in jenen Zeiten auf den eben zitierten Leibnizschen Brief hin, in dem jene Entdeckung gleichsam vorhergesagt worden sei. „Groß ist die Wonne, womit jeder unverdorbene Mensch im Wasserglase diesem Schauspiel (sc. dem Polypen) zusehen kann. Aber größer als das Alles ist der Ruhm des deutschen Beibniz, der die Be- kanntmachung dieser Tiere nicht erlebte, aber sie im festen Ver- trauen auf seine von der Natur selber gelernte Grundsätze, ehe er starb, weissagte“. (Sander über Natur und Religion II p. 192—193)!). B. Die Stufenleiter der Natur. Bonnet und seine Schule; Bradley. Hatte der Philosoph das Gesetz gefunden, das die schein- bare Lückenlosigkeit in der Reihe der Geschöpfe, die Ähnlich- keiten unter den Lebewesen erklärte, so war es nun Aufgabe des 1) Vergl. Kuno Fischer, Leibniz, IL Aufl., p. 496. — Ulrich, Übersetzung der nouveaux essais, II. p. 131 fi. — Ludwig Feuerbach, Sämtliche Werke, V. p. 92 und 216. 16* 236 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Naturforschers, diese Stetigkeit im ganzen Bereiche der Organis- menwelt nachzuweisen, vor allem die Mittelglieder festzustellen, die die auf den ersten Blick so verschiedenen Abteilungen der Pflanzen und Tiere, oder der Insekten und Wirbeltiere, ja auch die anschei- nend so weit getrennten Reiche der leblosen Mineralien und der Organismen, zur harmonischen Einheit verbinden, und so ein System auszuarbeiten, das natürlich ist, d. h. dem vom Schépfer in seinem Werke befolgten Plane méglichst kongruent. Der Plan selbst war ja durch die Lex continui vorgezeichnet. Wie also sollte man Steine, Pflanzen und Tiere gruppieren, so daß die Stetigkeit, die Lückenlosigkeit in der Natur am besten zum Ausdruck kommt? Der erste Weg, der sich dem sinnenden Forscher bot, war ge- rade und einfach: man reihte die Mineralien in einer Linie aneinander, so dafs am einen Ende der Reihe Steine standen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Pflanzen zeigten, schloß hier die Pflanzen an und verband mit ihnen durch bestimmte Mittelglieder die Tiere, die in dem Menschen gipfelten. So war die gesamte irdische Schöpfung in einer einzigen Linie angeordnet, in einer Reihe, in einer Leiter, deren Sprossen die einzelnen Geschöpfe waren, in einer Kette, deren Glieder lückenlos und unzerreißbar aneinander hängen, vom Kiesel zur Pflanze, von der Pflanze zum Tier, vom Tier zum vernünftigen Menschen. Ein einziger, gerader Weg, ohne Gabelung, ohne Seiten- pfade, der von den Elementen hinaufführte bis zum Menschen, ja über diesen hinaus noch ins Reich der Geister. Der originalste und klassische Vertreter dieser Art der ,,grada- tion naturelle“ war der Genfer Charles Bonnet; weit überragt sein Werk, das Fülle der Gedanken und hoher Schwung des Aus- druckes auch heute noch zu einer genußreichen Lektüre machen, die Menge von Schriften, die im Anschluß an die „Contemplation de la nature‘ bald erschienen. Wie man sich im Einzeln eine solche einreihige natürliche Stufenfolge vorstellte. hat uns das Manuskript des Thüringer Anonymus gezeigt; wir sahen dort auch, wie die Leiter aus dem festen Grunde der „Physik“ noch weit hinauf ragte bis in die luftigsten Höhen eines metaphysischen Himmels. Es sein nunmehr gestattet, an der Hand Bonnets noch einmal die rein naturwissenschaftlichen Gebiete zu durchwandeln; vor allem werden uns hier die Wesen interessieren, die die heterogenen Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 237 Gruppen vereinigen sollen, und die Begrindungen, mit denen sie zu den Mittelgliedern gestempelt werden. Bonnets ,,allgemeine Vorstellung der Stufenfolge in den Dingen“ finden wir in den ersten vier Teilen seiner ,,Contemplation de la nature“. Die erste Auflage der ,, Contemplation de la nature“ ist datiert vont nomex, unweit Genf, den 22 Jun? 7764. 1766 erschien die erste deutsche Übersetzung durch Johann Daniel Titius; neue Auflagen der deutschen Ausgabe kamen 1772, 1774, 1783 und 1803 heraus. Spallanzani übersetzte die „Betrachtung über die Natur“ ins Italienische, eine Dänische Bearbeitung in 6 Bänden (1791—94) hat T. Rothe zum Autor. Ich referiere im folgenden nach der 3. deutschen Auflage). Indem Bonnet die Stufenleiter der Dinge zeichnet, will er damit „keineswegs die eigentlichen Stufen der Natur festsetzen, sondern nur einen Weg zeigen, wie man die natürlichen Dinge füg- lich betrachten und durchlaufen könne“. Allerdings hat die Natur re vera ihre Stufenfolge; aber noch kennen wir die einzelnen Glieder der großen Kette und ihre Aufeinanderfolge nur unvollständig (XXXIII). Die Natur in ihrer Ordnung ist das Werk der ewigen Vernunft; dasjenige, was vorhanden ist, ist auch alles, was sein konnte; allem Möglichen hat der wirkende Wille auch eine Wirklichkeit gegeben. (2, 3). Unzählige mittlere Stufen verbinden die hôchsten und niedrigsten Stufen der körperlichen und geistigen Vollkommenheit zur „allge- meinen Kette“, die alle Wesen und alle Welten vereinigt und ver- bindet; nur ein Wesen steht außerhalb, dasjenige nämlich, das diese Kette hervorgebracht hat (29). Die Natur leidet keinen Sprung, alles geht in ihr stufenweise. Die Leiter der Natur entsteht, wenn wir von dem Einfachen, Zusammensetzenden, zum Zusammengesetzten, vom Unvollkommeneren zum Vollkommeneren übergehen. (32). 1) Vollständiger Titel: Betrachtung über die Natur von Herrn Karl Bonnet Mitglied der römisch-kaiserlichen Gesellschaft der Naturforscher, und der Akademien und Gesellschaften der Wissenschaften zu Petersburg, London, Stockholm, Lyon, München und Bologna; wie auch Correspondenten der königl. Akademie der Wissen- schaften zu Paris und der königl. Gesellschaften zu Montpellier und Göttingen; mit den Zusätzen der italienischen Übersetzung des Herrn Abt Spallanzani, Professors an der Universität und dem adeligen Collegio zu Modena und Mitgliedes verschiedener Akademien; und einigen eigenen Anmerkungen herausgegeben von Johann Daniel Titius, der Naturlehre Professorn auf der Universität zu Wittenberg. Dritte Auflage. Mit Kupfern. Mit gnädigster Freyheit. Leipzig, bei Johann Friedrich Junius 1774. 238 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Am Grunde der Leiter stehen die Elemente, Wasser, Luft, Feuer und Erde. Ihre Vereinigung schafft die leblosen Kôrper, die Erden, Harze, Schwefel, Metalle, Halbmetalle, Vitriole und Salze; schließlich die Steine (35—38). Die blättrigen Steine, wie Schiefer, Talkstein, und die faserigen, wie der Amianth mit seinen verschie- denen Abarten leiten zu organisierten Körpern über. „Inzwischen scheint dieser Übergang nicht so genau und glücklich zu sein, als er sich in vielen anderen Klassen der irdischen Wesen findet. Die Natur scheint hier einen Sprung zu tun, der aber ohne Zweifel wegfallen wird, wenn wir mit der Zeit zu richtigerer und mehrerer Erkenntnis dieser Dinge gelangen“ (38). Hier schließen sich nun die steinigen Meerpflanzen, die Lithophyten Linnés an und vermitteln den Ubergang ins Pflanzenreich; es folgen die Triiffel, Pilze, Flechten. Schimmel, Moose (40, 41); darauf die Krauter, die Baume und Sträucher (43). Die „furchtsame, empfindliche Pflanze (sensitiva) oder die Mimosa“ (48) bildet den Ubergang von den Gewächsen zum Tier, ihr steht am nachsten der Polyp (49—53), der sich, wie die Pflanze, durch Zweige vermehrt; die gleiche Fortpflanzung haben einige Wiirmer (53), die also zu den Wiirmern überleiten, an die sich, ebenso, wie jene gegliedert, die eigentlichen Insekten (55— 59) anreihen lassen. Der Übergang von den Insekten zu den Schaaltieren läßt zum ersten Male die Frage aufwerfen, ob die Wesen wirklich solch ein- fache, einreihige Kette bilden. „Die Würmer, deren Körper in einer schaaligten oder steinigten Röhre liegt, scheinen die Insekte mit den Schaalenthieren zu verbinden. Inzwischen gibt es Schaalthiere von so einfacher Struktur, daß sie deswegen mit dem Polypen streiten. Von dieser Zahl ist die Teichmuschel, bei welcher man weder Rückenmark, noch Schlag- und Blutadern, noch auch Lungen wahr- nimmt. Sollte sich wohl die Leiter der Natur aufwärts in Äste ver- theilen? Sollten wohl die Schaalthiere zween Seitenzweige sein, die von diesem großem Stamme gleich weit abstehen? Wären wohl der Frosch und die Eydexe, die den Insekten so nahe kommen, Äste von ihnen? Wären es gleichergestalt auch der Krebs und die Krabbe? Wir können diese Fragen zur Zeit noch nicht beantworten“. (61, 62). Jedenfalls nähern sich Insekten und Schaaltiere in einem Charakter: beide haben äußerlich ihre „Knochen“ (63). Die Weg- schnecke verbindet die Schaltiere mit den kriechenden Tieren (Rep- tilien) und Wasserschlange und Aal diese mit den Fischen. Bei den kriechenden Tieren wächst die tierische Vollkommenheit schon ganz merklich (66). Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 239 Die fliegenden Fische leiten zu den Vögeln über (68); aber der Seelöwe, Seebär, die Seekuh, das Seekalb, das Flußpferd verbinden die Fische mit Krokodil, Schildkrôte und so auch mit den Vier- füßlern (69). „Ohne indessen zu bestimmen, welchen Weg die Natur nimmt, so wollen wir zur Zeit die Vögel zwischen die Fische und vierfüßigen Thiere stellen .... In dieser Ordnung stehen die Wasser- vögel unmittelbar über dem fliegenden Fische. Die Zwittervögel, das sind die, so auf dem Lande und im Wasser gleichmäßig leben, nehmen die gleich folgende Stufe ein und machen also die Verbin- dung der Wasser-, Land- und Luftgegenden miteinander“ (69). Fledermaus und fliegendes Eichhorn, ‚welche die Stufenfolge zwischen den Naturwerken so geschickt beweisen helfen“, „der Strauß mit Ziegenfüßen, der mehr läuft als fliegt‘‘, verknüpfen Vögel und Säuge- tiere (70). Weiter stehen die vierfüßigen, fleischfräßigen Thiere mit den Raubvögeln, die, so von Kräutern und Körnern leben, mit den Vögeln, die sich von ähnlichen Sachen nähren, in Verwandtschaft. Das Käutzchen ist unter den Vögeln das, was die Katze unter den Säugetieren ist. Biber und Wasserhund grenzen nahe aneinander (70). „Durch welche Stufe wird die Natur zum Menschen ge- langen? .... Der Affe ist dieser Entwurf vom Menschen, ein grober, ein ungeschickter Entwurf, ein unvollkommenes, jedoch ähnliches Bild“ (71). Aber auch innerhalb des Menschengeschlechtes herrscht eine natürliche Stufenfolge (82, 83). „Auf den lappländischen Zwerg lasset den Riesen in Madagaskar folgen. An die Stelle des Afri- kaners mit plattem Gesichte, schwarzer Farbe und wolligtem Haare lasset den Europäer folgen, dessen regelmäßige Gesichtszüge noch durch die Weiße der Haut und die Schönheit der Haare erhoben werden. Der Unreinigkeit des Hottentotten setzet die Reinigkeit des Holländers entgegen. Vom grausamen Menschenfresser gehet geschwind zum menschlichen Franzosen. Stellet den dummen Huron gegen den tiefsinnigen Engländer. Steiget vom schottischen Bauer zum großen Nevton herauf, und von der Harmonie des Rameau!) zu den Feldgesängen des Schäfers herunter. Vergleichet den Schlös- ser, der einen Bratenwender machet, mit dem Vaucanson?), der seine Automata schaffet. Zählet einmal, wie viel Stufen vom !) Rameau (1683— 1764), berühmter französischer Musiker und Musiktheoretiker. ?) Vaucanson (1709— 1782) verfertigte außer Maschinen für die Seidenfabrikation verschiedene künstliche Automaten, so einen Flötenspieler, einen Tambourinspieler, einen Hahn (der die aufgenommene Nahrung sogar in eine kotähnliche Masse verwan- delte und aus dem After ausstief !). 240 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Schmiedeknechte, unter dessen Hammer der Ambos seufzet, bis zum Reaumür!) sind, der das Eisen anatomieret‘“. Uber den Menschen hinauf verlangert auch Bonnet die Leiter zu den Hierarchieen, den Engeln, Erzengeln, Seraphinen etc. (84), wie wir es bei der Stufenfolge des Thüringer Anonymus schon kennen gelernt haben. Unser naturwissenschaftliches Interesse hört naturgemäß beim Beginn jener metaphysischen Kette auf. Mehrere Jahrzehnte vor Bonnet verfasste schon Richard Bradley, Professor der Botanik in Cambridge eine ‚Scale of Life“. In seinem ,,Philosophical account of the Works of Nature‘ führt der erste Teil den Titel ,, The several Gradations remarkable in the Mineral, Vegetable and Animal parts of the Creation, tending to the; Composition of a Scale ot ife: Wenn ich dieses, zeitlieh frühere Werk dem Bonnetschen System nachstelle, so hat das seinen Grund in dem ganz wesentlich geringeren Einfluß den Brad- ley auf die Wissenschaft wie auf die weiteren Volksschichten der Zeit gehabt hat. Wohl erlebte auch der ,,philosophical account‘ 2—3 Auflagen (1721 in 4°; 1721 in folio; 1739 in 8°); übersetzt wurde das englische Buch nicht. Bonnet wird seinen Vorgänger . wohl gekannt haben, doch zitiert er ihn, soviel ich sehe, nicht; ein nennenswerter Einfluß Bradleys auf Bonnet ist nirgends zu er- kennen. In der Literatur des 18. Jahrhunderts wird Bradley wenig erwähnt; eigentlich nur bei den viel belesenen, bedeutenderen Fachnaturwissenschaftlern (z. B. Pallas, Blumenbach). Die Gründe für die geringe Bedeutung der Bradleyschen „scale of life’ sind verschiedene. Einmal die Sprache des Werkes; die Sprache der Gebildeten und auch vieler Gelehrter war das Franzö- sische, das Englische spielte in jenen Kreisen damals noch eine geringe Rolle. Zudem konnte der ziemlich nüchterne Ton, in dem das Buch geschrieben, nicht viel Freunde unter den der Naturwissen- schaft ferner Stehenden werben. Aber der Hauptgrund ist wohl noch tiefer in der ganzen Anlage dieser Scala vitae zu suchen: es fehlte ihr der einheitliche, geschlossene Aufbau. Gerade diese ein- heitliche Systematisierung aller Naturkörper in einer Reihe, die ) Reaumur (1683—1757), der bekannte und vielseitige Naturforscher, schrieb 1722 eine „Siderotachosie, ou l’Art de convertir le fer forgé en acier et l’art d’adoueir / » ) 5 le fer fondu et de faire des ouvrages de fer fondu aussi fins qu’en fer forgé“. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 241 Bonnet in seiner „Contemplation de la nature“ gab, war das Be- stechende und Faszinierende, dem gegentiber der Nichtfachmann die Mängel und das Gezwungene, das doch an vielen Stellen hervortrat, leicht und gern übersah. Auch Bradley stellt an das unterste Ende der Leiter Erden und Mineralien; sie haben ,,a kind of Growth, and even a Mode of Generating and Increasing’ (p. 22. Ausgabe 1739). Es folgen , Coralline, Truffle, Fungus, Sponge, and such Bodies which possess the first Degree of Vegetative Life, and are seemingly the Passage between Minerals and perfect Plants“ (23). Da die höheren Pflanzen keine Lokomotion vornehmen können, so findet Brad- ley den Ubergang von ihnen zu den Tieren in den ,,immoveable Shell-fishs“ (70), Austern, Muscheln, Cirripedien usw.; an sie schließen sich ,,Schaltiere‘ mit Bewegung: Hummer, Krabbe, Seesterne (76), Wasserschnecken (80): alles Meerestiere, denen der Autor die Seefische und Cetaceen folgen läßt, auch die Süßwasser- fische werden angeschlossen (p. 82 ff.). Aal und fliegender Fisch bilden den Ubergang zur nächsten Gruppe, den Schlangen, Kroko- dilen, Fidechsen und dem Chamäleon; die fliegende Eidechse (Draco volans) verbindet Fisch und Vogel. Die Vögel gehen durch Fledermaus und fliegendes Eichhorn zu den Vierfüßlern über (p. 122). Innerhalb der Vierfüßler wird keine einheitliche, bestimmte Ordnung errichtet; an den Schluß dieser Klasse stellt Bradley ,,amphibische“ Säugetiere, wie Nilpferd, Otter, Bieber (160— 161) und gewinnt so einen Übergang zu Frosch und Kröte „and such Creatures, as are partly Animal, and partly Insectal“ (163). Ein ganz sonderbarer Übergang! Frosch und Kröte sind ihm nämlich vor allem deshalb zum Teil ,,Insectal‘‘, weil sie eine Metamorphose besitzen, ferner weil ihre Jugenstadien im Gegensatze zu den Erwachsenen Wasser- tiere sind, wie die Larven der Mücke, schließlich weil sie einen Winterschlaf besitzen, wie die Insekten! (163—164). Und nun folgen, als „Insekten‘‘ eine ganz bunte Schar von Formen, erst ungeflügelte — Snailes, Eearth-Worms, Centipedes, Millepedes, Spiders — (p. 174) dann geflügelte (p. 186 ff.) und zum Schluß kommen recht unver- mittelt, die Infusorien und anderen Protozoen, die man aus „Cheese, sour Liquors, Pepperwater, putrified Paste“ (p. 212) er- ziehen kann. Sicher ist diese Scala naturae höchst sonderbar! Schr gut hat sie Blumenbach in seinen „Beiträgen zur Naturgeschichte“ (1. Teil, 2. Auflage 1806) p. 107—108 charakterisiert: 242 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. „Wer fühlte nicht das Gezwungene, wenn Bradley seine Stufenfolge von den einfachsten Fossilien durchs Pflanzen- und Thier- reich bis zum Menschen hinaufführt, aber alles, was sich auf dieser Skale nicht füglich will unterbringen lassen, zu einer zweiten ver- spart, auf welcher er jenseits wieder von jener Höhe herabsteigt.“ Durch die Zweiteilung weicht diese Stufenfolge schon völlig von der Bonnetschen ab. Noch ein anderes kommt hinzu; wäh- rend Bonnet und seine Schule nicht nur die Tatsachen registrieren, die Naturkörper nach ihrer Ähnlichkeit zur Reihe gruppieren, sondern auch wenigstens den Versuch machen, diese Kontinuität zu erklären, fehlt bei Bradley das kausale Moment vollständig. Er ordnet die Wesen zu seiner eigenartigen Reihe an; aber die Frage nach den Gründen der Ähnlichkeit so vieler Organismen wird überhaupt nicht gestellt. Während Bonnet und seine Schüler sich ausdrücklich auf das Gesetz der Stetigkeit Leibniz berufen und in ihm die metaphysische Begründung ihrer Systeme sehen, steht Bradleys Leiter ohne diesen historischen Zusammenhang isoliert da. Vielleicht ist sie vorsichtiger „strenger naturwissenschaftlich“; aber das Groß- zügige und Begeisternde des genialen Romanen fehlte dem nüchternen Engländer. Bonnets Werk, gleichsam ein Dithyrambus auf die Einheit und Harmonie in der Natur, fand eine begeisterte Aufnahme; schon die Zahl der Auflagen und Übersetzungen zeigt dies. Noch mehr aber die Menge der ‚Stufenleitern“, die im Anschluß an ihn er- schienen. Es hat keinen Zweck auf diese Opuscula näher einzu- gehen; es sind fast durchweg Nachahmungen ohne viel Originalität, ja teilweise nichts weiter als Exzerpte aus der ,,Contemplation de la nature“. Nur einige Einzelheiten herauszugreifen sei gestattet. Im „Fingerzeig zum Verstand des Königreichs Gottes und Christi‘; (Winterthur 1778) — einem Büchlein, das nach Kaysers Bücherlexikon Phil. Matth. Hahn zum Verfasser hat — findet sich p. 95—131 eine „große Schöpfungsleiter von dem Staube bis zum Thron Engel‘. Bei näherem Zusehen zeigt sich, daß diese Leiter ein Exzerpt aus Bonnets Werk ist, ohne irgendwelche neuen Tatsachen oder Gedanken, aber auch ohne jede Angabe der Quelle, aus der der Verfasser so frei und unverfroren geschöpft hat. — Als einer der selbständigsten und selbstdenkenden und -beob- achtenden Nachfolger Bonnets tritt uns Heinrich Sander — Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 243 Professor am Gymnasio illustri in Karlsruhe und Ehrenmitglied der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin — in seinem Buche „Über Natur und Religion für die Liebhaber und Anbeter Gottes‘ entgegen. Uberall hebt er die Schònheit und weise Ordnung und lückenlose Stufenfolge in der Natur hervor. ,,Also will die Natur, daß in der Schöpfung kein Wesen, das Leben haben kann, fehlen soll“ (p. 201). ,,Zu jedem Werke macht die Natur, die Freundin der Ordnung, der ungestòrten Harmonie, der Stetigkeit und Regel- mäfigkeit, erst die Anlage, und setzet hernach unvermerkt in un- sichtbaren Gradationen immer mehr zu diesem Anfang. Nie ein Sprung, nie ein blitzschnelles Fortreißen ihres unmiindigen Werks, nie ein plötzliches Erheben dessen, was erst werden soll, auf den Gipfel der Vollkommenheit, niemals ein augenblickliches Erscheinen eines ganz fremden Geschöpfes in unserm Weltsystem‘ (p. 31, 32). In den Ausführungen über die Stufenfolge tritt überall das Bestreben hervor, neue Gedanken und neue Tatsachen dem Bonnetschen System hinzuzufügen; die Anmerkungen, die wir aus Sanders Arbeit entnommen und der Stufenfolge des Thüringer Anonymus beigesetzt baben, können dafür zeugen. Auch Buffons ist in diesem Zusammenhang zu gedenken. Der große Gegner Linnés, der dem systematisierenden, scharf logischen Werke des Schweden eine Naturgeschichte entgegensetzte, die überall den Reichtum und die Fülle des Interessanten schon in einer einzigen Lebensform, wie die Einheit und Harmonie im Natur- ganzen hervorhob, und das in einer von poetischer Begeisterung ge- tragenen eleganten Form, wie sie dem Franzosen eigen: diesem Manne mußte die Naturanschauung, die die Contemplation de la nature durchzieht, im höchsten Grade sympathisch sein. An vielen Stellen des Buffonschen Werkes findenwir daher die Idee der natürlichen Stufenfolge explicite oder implicite ausgedrückt!). Einige weitere Arbeiten über die ,,Stufenfolge will ich der Vollständigkeit halber hier wenigstens nach den Titeln aufführen, soweit sie nicht im Verlaufe unserer Abhandlung noch erwähnt werden (und zwar zum Teil nach der Aufzählung im ersten Kapitel von Hermanns Tabulae affinitatum animalium): Antonius Vallisnieri, Opere fisico-mediche. In Venetia 12733. LOL praeeipue epistola Wp. 284, inserta. Deutsch ım ') Cfr. Hist. nat. gen. T. XIII. p. 330 ed. 4. 244 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Allgemeinen Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaften. Leipzig NASA MIN Wo SIN Stück: Carol. Joseph Oehme, diss. de Serie corporum naturalium Continua Rips. 1772.12. Joann. Phil. Rüling, Commentatio botanica de ordinibus naturalibus plantarum. Goetting. 1766. 4°. 1774. 8°. De Necker, Enumeratio generalis vegetabilium in Tabella genealogica relatorum (Manuskript). DS. Ps Voyage a isle de France 1773. p) 146) [darin eine Stufenfolge der Conchylien|. Retr, Bened. Christ. Graumann, Betrachtungen übensdie allsemeine Stufenfolge der natürlichen Körper. Rostock 1777. Gottl. Conr. Christ. Storr, Entwurf einer Folge von Unter haltungen zur Einleitung in die Naturgeschichte. Francf. u. Leipz. ATOME IN 46021. An Essay on comparative Anatomy. London 1744 introduct. Os le Ss Gedanken über das Stufenmäßige Steigen und Fallen der er- schaffenen Dinge “In |, Promptuario, Dresdensi- PANDA mene. DANS H. F. Link, über die Leiter der Natur, und die natürliche Ordnung, in: Beitrage zur Philosophie der Naturgeschichte I. p. 7. Comierson, in) Rozier “Journ de Phys 17755 Pevieipa oo: vergl. dazu. Moewes, Comerson. Nat. Wochenschrift. N. F. IN 29.40. 1902/03. Renee (Ch 31°. Der Orang-Outang oder Wald-Mensch, samt den übrigen doppelartigen Naturgeschöpfen als Verbindungsgliedern der großen Naturkette in den verschiedenen Naturreichen. Mannheim 1787. Es mag gestattet sein, am Schluße dieses Kapitels noch einmal auf das Charakteristische, Gemeinsame in den Systemen Bonnets und der anderen hier behandelten Autoren — einschließlich des Thüringer Anonymus — hinzuweisen: das ist die Einreihigkeit der Anordnung, die von den Mineralien in gerader Linie über die Pflanzen zu den Tieren übergeht und so die „Leiter“ oder „Kette“ schafft. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 245 Die graphische Darstellung des Systems ist also die denkbar einfachste: eine gerade Linie, deren einzelne Punkte die verschie- denen Organismen darstellen. Bonnet selbst hat in einem Jugendwerke, der Insectologie, eine Tabelle, cine einfache schematische Ubersicht seiner Stufenleiter gegeben chi, entnchmesier den deutschen von]. B. Goeze besorgten Ausgabe der Insectologie (1773. p. 57. 58)?). E migliori einen Dei gender mauun)ıchenDinmee Klassen Verbindungswege Waldmensch, Orang-Outang Der Mensch | Affe | Das fliegende Eichhorn Vierfüßige Tiere Fledermaus | | Strauß Wasservogel | | | Die Vôgel Vögel, die in und außer dem Wasser leben Fliegende Fische Kriechende Fische | Die Fische Aale Wasserschlangen Die Schlangen Schnecken in Häusern Schnecken ohne Haus Conchylien | Röhrenwürme Motten !) Bonnet beschreibt darin u. a. zum ersten Mal die Parthenogenese bei den Blattläusen. Die „Gallinsekten“ (vergl. die Tabelle) bilden einen „Verbindungsweg“ wegen ihrer ,ungeschlechtlichen* Vermehrung. 246 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Klassen Verbindungswege Gallinsekten Bandwurm Insekten Polypen Meernesseln | Fühlkraut Moosse | Schimmel Schwämme | Trüffel Pflanzen Corallen und Corallenarten | Steinpflanzen | Bergflachs | Talke, Gypse, Seleniten Schiefer Figurierte Steine Steine | | Crystallisationen Salze Vitriole Metalle n — — Halbmetalle — 0 un Schwefel = = — Harze | Erdarten | Reine Erde Wasser RS Luft = = — Feuer — — — Feinere Materien cat ear Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 247 C. Von Kette und Leiter zum Netz, zur Mappa geographica, zur stereometrischen Anordnung und zum Bilde des Baumes. Bei der einreihigen Anordnung der Lebewesen konnte das System der natürlichen Stufenfolge nicht stehen bleiben. Jedes Glied der Kette war hier mit zwei benachbarten verbunden. Wie aber, wenn ein Organismus a) nicht nur große Ähnlichkeit zu b) und c), sondern auch zu einem dritten und vierten Wesen x) und y) zeigte, und wenn anderseits andere Formen n) und p) nicht nur sich an m) o) und q) sondern auch an x) und y) anschlossen? Und solche Arten, die in ihrer Organisation und ihrem Leben einer ganzen Anzahl anderer ahnlich waren, zeigten sich nicht selten dem Forscher. Schon die Lex continui forderte ja auch, daß jeder Or- ganimus nicht nur mit zwei einzelnen anderen Arten verknüpft sei. Rechts und links von der „Leiter‘‘ war gleichsam ein leerer Raum, ein „Vacuum formarum‘; auch dies mußte nach dem Gesetze aus- gefüllt sein. So wurde aus der „Kette“ das „Netz“. Jedes Wesen war ein Knoten in dem Gewebe, und seine Ähnlichkeit, seine Verwandt- schaft mit anderen Formen, drückte sich in den Fäden aus, die von Knoten zu Knoten sich ausspannen. Diesen Gedanken sprach zuerst Vitaliano Donati 1745 in seiner Geschichte des Adriatischen Meeres aus): „Dans tous ces ordres, dans tous ces classes, la nature forme sa série et passe insensiblement d’un anneau de sa chaine a l’autre. De plus les anneaux d’une chaîne sont tellement entrelacés aux anneaux d’une autre chaine qu’on devroit comparer les pro- gressions de la nature plutöt a un filet 4 rezeau qu’a une chaîne. C'est un tissu de plusieurs fils qui se communiquent, se rapportent et s’unissent les uns aux autres.“ Vollendet und glanzend ausgearbeitet wurde das Organismen- netz durch den Straßburger Professor Johannes Hermann in der Schrift: Tabula affinitatum animalium, olim academico specimine edita, nunc uberiore commentario illustrata cum annotationibus ad historiam naturalem animalium augendam facientibus. Argentorati 1783. Schon 6 Jahre vorher waren Hermanns Anschauungen durch seinen Schüler G. Ch. Würtz — ,,strenuus noster cüuuayos, collega 1) Essai sur l’histoire naturelle de la mer Adriatique par le Docteur Vitaliano Donati ...., traduit de l’Italien. 1758. p. 20. 248 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. nunc noster aestumatissimus“ nennt er ihn, |. c. p. 27 — öffentlich akademisch verteidigt worden. |Affinitatum animalium Tabulam brevi commentario illustratam, praeside Joanne Hermanno, Phil. et, Med Det. Prot Publ. Ext NcademskReer succ. >. baer soccer Phys. Berol. Membro, in alma Argentoratensium universitate aca- demicis exercitationibus ventilandam A. N. C. MDCCLXXVII D. XXI Junii proposuit Joh. Christoph Würtz.] Seine allgemeinen Ansichten über die ,,affinitas animalium“ und deren Darstellung spricht Hermann p. 26 ff. aus: ,,Non una recta linea, qualem Bonnetiana scala primo simplicissimi schematis ten- tamine expressa sistit, excurrere corporum seriem, sed plurimos per laterales ramos spargi et diffundi affinitates, colligi rursus et im- plicari mutuis nexibus, quod ab aliis jam recte observatum est, deprehendent. Unde proxime sibi posita ac vicina relinquere quum oportuerit ea quae maxime sibi essent conjuncta, non potuerunt similitudines cum aliis quae saepe sunt satis multae, ullo alio modo, nisi per lineas indicari, nec si in tabula nostra aliam e. g. avem altiori, aliam inferiori loco posuimus, ideo perfectionem gradibus tantundem eas a se invicem distare concipimus, sed istius cum mammalibus, hujus cum insectis aut aliis inferiore loco positis ani- malibus analogiam exhibere voluimus, oportuitque in medio spatium relinqui, quo reliquarum avium quae sane avi cuilibet conjunctiores sunt, quam aliud quodcumque animal, necessitudines ostenderentur, et concursiones generum mixtique characteres qui multam saepe in bivio positi crucem figunt iis, qui per ordines et classes distribuere naturalia corpora allaborarunt.“ Die Hermannschen Tafeln geben wir hier verkleinert wieder (Tafel III). Ein ungeheurer Fleiß steckt in diesem System von Namen und Linien und eine außergewöhnliche Geschicklichkeit in der Anordnung; langer Erläuterungen bedürfen die Tafeln wohl kaum. Es sei nur auf einige originelle Verbindungen hingewiesen. So auf die Linie Homo — Simia — Lemur — Lemur volans — Vespertilio — Caprimulgus (von da seitlich zu Hirundo!). Da- sypus — Testudo, Manis — Lacerta. Trochilus leitet zu den Sphinges über (langer Schnabel und lange Rollzunge: Blütenbesuch!) Die ,,larvae hirsutae Lepidopterorum“ führen zu Aphrodita; Nais — Taenia führt zu den ,,Plantae stoloniferae“, die Testacea zur Terra calcarea etc. | Das Hermannsche Netz blieb lange Zeit als bester Ausdruck des sog. natürlichen Systems in den Lehrbüchern erhalten — und Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 249 wenn man an den „Baum“ des Pallas (vergl. unten) die Zweige . anastomosieren läßt, so wird er ja auch zum „Netz“ —. Mir liegt J. G. Bujacks ,,Naturgeschichte der höheren Tiere mit besonderer Berücksichtigung der Fauna Prussica“ vor, die im Jahre 1837 in Königsberg erschien; darin lautet der $ 4 folgendermaßen: „Über das Verhältniss der Naturkörper sind die Ansichten ver- schieden. Aristoteles nahm eine fortlaufende Kette der Natur- produkte an, Boddart, Hermann und Bonnet modificierten diese Ansicht so, daß sie sich die Mineralien das unterste Ende dieser Kette einnehmend dachten; auch das Altertum hatte bereits die Trias der Naturreiche unter dem Bilde eines Dreiecks, dessen Basis das Mineralreich bildet, vorgestellt. Das Bild eines Netzes, dessen Maschen die sich vielseitig berührenden Naturkörper sind, oder das Bild eines durch Anastomose in seinen Zweigen ver- schlungenen Baumes scheint mit der Natur am meisten zu harmo- nieren.. Die Darstellung der Ähnlichkeit der Organismen wurde eine immer konsequentere, oder, wenn man lieber will, eine immer äußer- lichere. "Von. der, Kette oder Leiter‘“ war. man deshalb. zum „Netz“ übergegangen, weil man sich sagte, daß jeder Organismus Ähnlichkeiten nicht nur mit zwei anderen Arten zeige, sondern meist mit einer ganzen Anzahl. "Und so stellte jeder Knoten im Netz eine Art dar, die von dem Knoten ausgehenden Fäden aber die Ähnlichkeiten mit den Nachbararten. Doch das Kontinuitätsgesetz schien durch das Netz noch nicht befriedigt; noch umschlossen ja die Maschen „Löcher“, leeren Raum. Sollten oder mußten nicht der Ähnlichkeiten zwischen zwei Formen so unzählige sein, daß unzählige Fäden von jeder Verknotung zu den Nachbarknoten ziehen und so das Netz zur ,,Flache‘ ausfüllen mußten? Es war Linné, der diesen Schritt weiter ging. Nicht in seinem „Systema naturae‘‘ das ja ein im ganzen künstliches System war. Doch war er sich des künstlichen Charakters der Anordnung wohl bewußt und stellte ihr in seiner Philosophia botanica (Stockholm 1751. p. 27. ff.) einen, wie er es nannte, ,,Methodus naturalis‘‘ gegen- über mit den Worten: „Methodi naturalis fragmenta studiose inquirenda sunt. Primum et ultimum hoc in Botanicis desideratum est. Natura non facit saltus. Plantae omnes utrinque affinitatem monstrant, uti Territorium in Mappa geographica.‘‘ Es folgt eine 9 Seiten lange Aufzählung Zool. Annalen III. 17 250 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. der ihm bekannten Pflanzengenera in einer ihm natiirlich erscheinen- den Reihenfolge: ,,Defectus nondum detectorum in causa fuit, quod Methodus naturalis deficiat, quam plurium cognitio perficiet; Natura enim non facit saltus.“ So stellte sich Linné eine Organismenart als ein Land auf der Landkarte vor, das rings von anderen umgeben ist; die Grenze zwischen zweien kann eine langere oder ktirzere Linie sein, die so in ihrer Ausdehnung den Grad der Ahnlichkeit benachbarter Formen anzeigt. Und lückenlos ist solches System gewiß ! Aber die Anordnung hat immer noch eine schwache Seite; sie ist ja nur flächenhaft! Wollte man dem Leibnizischen Stetig- keitsgesetz wirklich vollkommen genügen, so mußte man bei der Darstellung der Ähnlichkeit der Lebewesen in die dritte Dimension, in den Raum hineingehen, das System mußte stereometrisch werden. Ausgeführt worden ist ein solches System im achtzehnten Jahrhundert nicht!); aber angedeutet hat man es. Pallas tat diesen letzten Schritt auf dem Wege Leiter — Netz — Landkarte — Körper und stellte wenigstens die Möglichkeit solcher stereo- metrischen Anordnung als gar nicht so übel hin. Nachdem er die Bonnetsche Leiter kurz kritisiert hat, fährt er nämlich so fort ?): „Und nicht weniger gut, wo nicht gar noch besser, würde es sein, wenn man die Geschlechter der organischen Körper also nebenein- ander vertheilte, daß sie eine mit vielen Flächen und Fächern ver- sehene vieleckigte Figur vorstelleten, indem die verschiedenen Stufen ihrer Anverwandtschaft eben dadurch deutlich gemacht werden könnten‘. Noch ein zweiter Weg, von der Bonnetschen Leiter oder Kette zu einem ausdrucksvolleren natürlicheren Systeme zu kommen, war möglich und wurde auch betreten. Schon Bonnet selbst deutete ihn an, als er in seiner Betrach- tung der Natur (p. 62) die Frage aufwarf: „Sollte sich wohl die Leiter der Natur: aufwärts in Äste verteilen? Sollten wohl die Schaaltiere zween Seitenzweige sein, die von diesem großen Stamme gleich weit abstehen?‘‘ Eine ähnliche Bemerkung findet sich auch auf p. 60. !) Man vergleiche aber das in Abschnitt D über Oken Gesagte. 2) Pallas, Charakteristik der Tierpflanzen. Deutsch von Wilkens und Herbst. 1787. P- 47. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 251 Das Bild des Baumes, das hier zum ersten Male bei der syste- matischen Anordnung der Lebewesen Verwendung fand, wurde weiter ausgeführt von Pallas!). sUnter allen übrigen bildlichen Vorstellungen des Systems der organischen Körper würde es aber wohl die beste sein, wenn man an einen Baum gedächte, welcher gleich von der Wurzel an einen Vogel Insehter Fierreich Der Stammbaum der Organismen nach P. S. Pallas. doppelten, aus den allereinfachsten Pflanzen und Thieren bestehenden, also einen thierischen und vegetabilischen, aber doch verschiedentlich aneinander kommenden Stamm hätte. Der erste, welcher von den 1) Pallas, Elenchus Zoophytorum. 1766. p. 23—24. Deutsch von Wilkens und Herbst unter dem Titel: Charakteristik der Tierpflanzen 1787. p. 47-48. 172 252 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. schallosen Thieren anfinge und sich bis zu den Fischen erhòbe, wiirde, nachdem er einen großen Seitenast für die Insekten getrieben hätte, alsdenn zu den beidlebigen Thieren übergehen; und gleich wie dieser Stamm auf seinem äußersten Gipfel die vierfüßigen Thiere zu tragen hätte, so würde er unterhalb demselben für die Vögel einen gleich- falls großen Seitenast herausgehen lassen. Mit dieser Figur würde zugleich deutlich angezeigt worden sein, daf die organischen Körper mit den ‘nicht organischen und leblosen (Bruta) keineswegs in eins fortgehen und mit denselben auch nicht anverwandt seien, sondern daß sie nur ihren Standort darauf haben, sowie ein Baum auf seinem Boden stehet. Der aus der vorzüglicheren Reihe anverwandter und dicht aneinander stehender Geschlechter zusammengesetzte Stamm würde aber auch für diejenigen Geschlechter, welche mit jenen in der Seitenverwandtschaft stehen, sich aber doch nicht zwischen jenen einschalten ließen, hin und her gewisse kleine Nebenäste ausgetrieben haben.‘ Versuchen wir des Pallas Anschauung bildlich darzustellen, so kommen wir zu etwa dem umstehenden Schema. — Mit dem „Baume“ aber war nicht nur ein neues Bild, sondern implicite wenigstens auch eine ganz wesentliche Änderung des systematischen Inhaltes gegeben; denn der Baum konnte nur die eine Seite, den einen Teil der Ähnlichkeit der Organismen ausdrücken. Doch davon in einem anderen Kapitel. In welch ungeheuerliche Schwierigkeiten man sich verwickelte, wenn man alle Arten von Ähnlichkeit unter den Organismen in einer einzigen Tabelle graphisch darzustellen versuchte, war dem Verfasser der vollständigsten und — rein naturwissenschaftlich — wertvollsten solchen Tabula, Johannes Hermann, selbst ganz klar. Vielleicht lag nun ein Ausweg nicht allzufern; man analysierte den Begriff der Ähnlichkeit genauer und kam zu dem Resultat, daß die „Ähnlichkeiten“, die die Wesen verknüpfen, doch prinzipiell recht verschiedener Natur sind. Und nun verzichtete man auf die Einheit der Darstellung und drückte jede Art der Ähnlichkeit in einer besonderen Tabelle aus. Dies tat Felix Vicq d’Azyr, ein Pariser Arzt und Natur- forscher (1748—1794), vielleicht eine der interessantesten Persönlich- keiten jener Zeit, in seiner „Table pour servir à l’histoire anatomique ~ Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 253 et naturelle des corps vivans ou organiques; publiée le 12 Novembre 1774 à la séance publique de l’académie royale des Sciences 1). Die Tafel besteht aus drei Abteilungen. Einmal enthalt sie eine einreihige Stufenfolge, die ganz nach dem Bonnetschen Schema angeordnet ist. Auf der einen Seite die „Klassen“, hier „Chefs, ou suite de genres anatomiques“ genannt: Homme, Quadrupedes, Cétacées, Oiseaux, Amphibies, Poissons, Insectes, Vers, Polypes, Plantes, Molécules organiques. In jeder der Klassen wird eine größere Zahl Arten oder Familien aufgezählt. Auf der anderen Seite die „Verbindungswege‘“, hier ,,Individus qui servent de passage ou de liaison entre les differentes classes‘. Auch diese Aufzahlung enthalt nur die uns schon bekannten Mittel- glieder, allerdings noch einige mehr, als das Bonnetsche System, bringt aber nichts prinzipiell Neues. Das Mittelstiick der Tafel nimmt eine Einteilung der Organis- men nach rein anatomischen Merkmalen ein und zwar in der Form — größere und immer kleiner werdende Klammern — in der man auch heute noch systematische Gruppierungen vorzunehmen pflegt. Hier teilt Vicq d’Azyr die Organismen ein in solche mit und ohne Herz. Die letzteren zerfallen in solche „qui peuvent se locomou- voir‘ — die Polypes revétus et nuds mit insgesamt 10 Familien — und solche ‚qui ne peuvent se locomouvoir“. Das sind die Pflanzen, und zwar die mit einem oder zwei Cotyledonen (Familien: Herbes, Arbrisseaux, Arbres) oder ohne Cotyledonen (Champignons, Algues, Mousses — plantes parasites, Truffes). — Die Wesen mit Herz werden nach dem Bau des Herzens in drei Gruppen gesondert: 1° à deux ventricules: l’homme; Quadrupedes, Cétacées, Oiseaux. Die weitere Gliederung dieser Abteilung wird teils nach dem Bau des Verdauungstraktus, teils nach Skelett und Zahnen vorgenommen. 2° à un seul ventricule: Amphibies (Tortues, Grenouilles, Serpents) und Poissons |a) qui ont une oreillette bulleuse sans péricarde — Chiens de mer; Raye. b) qui ont un coeur avec un péricarde et un appendice en forme de larme de Job — Congres, Carpes, Brochets.| 3° irrégulier ou à plusieurs ventricules. Hierher die a) In- sekten, und zwar die mit Metamorphose — die Insekten im mo- dernen Sinne — und ohne Metamorphose — Krebse und Flöhe. 1) Veröffentlicht in Rozier, observations d’hist. naturell. 1774. Decemb. p. 479. — Mir liegt ein Exemplar vor, das der Hermannschen Tabula affinitatum animalium beigeheftet ist. (Bibl. Reg. Berol. L. k. 4095.) 254 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. b) Die Würmer; diese eingeteilt in Æevé/us (Mollusken) und Nxds (Limax und die eigentlichen Würmer). z Nun aber stellt Vicq d’Azyr fest, daß die Lebewesen 9 ,,Fonc- tions ou Caractères propres‘ besitzen, nämlich Nutrition, Génération, Irritabilité, Circulation, Secrétion, Respiration, Ossification, Digestion, Sensibilité. Und für jede dieser Funktionen — mit Ausnahme der Circulation, für die er auf die vorige Haupttabelle verweist, — stellt er eine besondere Tabelle der Ähnlichkeiten auf. Es seien hier, um einen richtigen Begriff dieses Systems zu geben, die Tabellen über die Génération, Irritabilité und Sensibilité angeführt. Quadrupedes ı Cetacees \quelg. Insectes quelg. Vers | Vivipares Oeufs qui se dévelop- pent dans le ventre de}Plusieurs amphibies la femelle ou immedi-) atement apres en être Poissons cartilagineux | Muscles a l’intérieur { Insectes crustacés sorti | | (Oiseaux Génération | Ozipares 4 Amphibies tétrapedes ; sieur hibie | Oeufs qui se dévelop- SL Jo: lsat pene polari teMPS) Poissons épineux apres leur sortie a Insectes Vers | [Plantes (Quelgues Insectes LABS douce | boutures \Polypes Plantes | | Polypes Tout le corps contractile ! Insectes | Insectes mols | | Quadrupedes ire] | Cétacées Irritabilité | Muscles a l'extérieur | Oiseaux | | Amphibies | Poissons A peine quelque partie contractile { Plantes Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 255 [ Quadrupedes Oiseaux | Nerfs et cerveau | Cétacées I Amphibies | Poissons Sensibilité | Cerveau et très petits nerfs { Insectes | Point de cerveau, à peine des nerfs { e | connus | Ni nerfs, ni cerveau Polypes | Plantes Es mag vielleicht scheinen, als sei Vicq d’Azyr hier ein all- zu breiter Raum gewidmet worden. Aber meiner Meinung nach gibt die Bedeutung, die Vicq d’Azyrs Tafel zuzusprechen ist, die Be- rechtigung zu längerem Verweilen. Denn die Einsicht in die Un- möglichkeit, alle Ähnlichkeiten organisierter Wesen in einem ein- zigen System darzustellen, bedeutet einen ungeheueren Fortschritt und eine Erkenntnis, deren tiefe Wichtigkeit erst über ein halb Jahrhundert später der Wissenschaft voll zum Bewußtsein kam. Und in diesem Sinne kann man Vicq d’Azyr gewiß als einen Vorläufer der großen vergleichenden Anatomen der ersten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts bezeichnen. (Man vergl. Kapitel E.) D. Modifikationen des Systems der Stufenfolge: Von Robinet zu Oken. Herder. Es muß zugegeben werden, daß die in diesem Kapitel zu be- handelnden Autoren nur in loserem Konnex mit der Bonnetschen Schule stehen; ihre Behandlung wird auch eine skizzenhafte sein. Aber ganz fehlen durften sie in diesem Zusammenhang doch nicht, damit die eine Seite der Weiterbildung der Stufenfolge-Systeme klar wird; die innere Ähnlichkeit, die zwischen den Gedanken des hoch- originellen Robinet und denen des ebenso berühmten wie berüch- tigten, zeitlich viel späteren Oken, besteht, in einer besonderen Zusammenfassung einmal eingehender darzustellen, dürfte nicht ohne Interesse und Wert sein. Robinet — Oken. Die uns in diesem Zusammenhange interessierenden Ausfüh- rungen Robinets finden sich im vierten Bande seines Werkes „De la nature“ und im fünften, der den besonderen Titel führt ,,Vue 256 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18 Jahrhundert. philosophique de la gradation naturelle des formes de l’étre, ou les essais de la nature qui apprend a faire l'homme“. Robinets Buch erschien zuerst anonym von 1761-1766 und wurde vielfach Voltaire zugeschrieben; ich zitiere nach der zweiten, unter Robinets Namen herausgegebenen Auflage (Amsterdam 1763 — 1768). Robinet bekennt sich offen als Anhänger der Stufenfolge und der Lex continui: „La nature ne va point par sauts; elle marche toujours et agit en tout par degrés et par nuances imperceptibles“ (IV. p. 1). Diese große und gewichtige Wahrheit ist ihm ,,la clé du système universel‘ (IV. p. 2). Ein logisches Durchdenken dieser Wahrheit fihrt dazu, daf man allen Dingen in der Natur ein ein- ziges einheitliches Wesen zuerkennen muß, an dem sie alle, je nach ihrer Stellung auf der allgemeinen Leiter teilhaben: das ist die „animalite‘“ (p. 19 ff.). Die einzigen Eigenheiten, die das Tier cha- rakterisieren sind ,,se nourrir, croître, et engendrer; et avec les yeux de la philosophie il est aisé de les voir dans tous les étres: donc tous les êtres participent à l’animalité“ (p. 76). Damit verschwindet aber auch der Unterschied zwischen toter und belebter Materie: „la matière est essentiellement organique“ (p. 113 ff.). Alles ist belebt und beseelt, Tier wie Pflanze, Gestein, Feuer, Wasser, Luft und Erde; desgleichen alle Himmelskörper: „tout est animé, tout est animal‘ (p. 241). Der Gedanke der Allbeseeltheit war schon von Bonnet ange- deutet worden: Robinet führte ihn in äußerst konsequenter Weise durch (vgl. Fechner!) und machte so das System der Stufenfolge zu einem hylozoistischen. Die Verquickung des Hylozoismus mit der Stufenfolge ist das erste Charakteristikum des Robinetschen Werkes. Dazu kommt eine zweite, eigenartige Idee. Der Titel des fünften Bandes drückt sie kurz und präzise aus: la nature apprend à faire l'homme. Das große Endziel der schaffen- den Natur ist der Mensch; alle übrigen Geschöpfe sind nur Proben, Versuche, essais, den Menschen zu schaffen. ,,Tous les Etres ont été congus et formés d’après un dessin unique, dont ils sont des variations graduées à l’infini. Ce prototype est la forme humaine, dont les métamorphoses sont considérées comme autant de progrès vers la forme la plus excellente de l’étre (la forme humaine)“ [V. p. Il. Und. so findet denn Robinet sowohl unter Steinen wie Pflanzen überall Formen, die einzelnen Organen des Menschen Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 25%] gleichen; das sind eben essais de la nature qui apprend a faire l’homme! Damit aber wird Robinet zum unmittelbaren Vorläufer der deutschen Naturphilosophie, wie sie Schelling und in naturwissen- schaftlicher Beziehung vor allem Oken vertritt. Ist es nicht der Robinetsche Gedanke, den Oken in den ersten Worten der Vorrede seines ,,Abrisses des Systems der Bio- logie“ (Göttingen 1805) ausspricht: „Was ist das Thierreich anders als der anatomierte Mensch, das Macrozoon des Microzoon? In jenem liegt offen und in der schönsten Ordnung auseinander ge- wickelt, was in diesem, zwar nach derselben schönen Ordnung, in kleine Organe sich gesammelt hat“. Was das Tierreich nur verteilt, nur stückweise Beste das ver- einigt der Mensch nach Oken in sich (cfr. Dacqué, der Deszen- denzgedanke p. 76). Der Gefühlsinn ist dem Wurm eigen, der Tastsinn der Schnecke, der Gehörsinn dem Vogel und der Maus, der Lichtsinn dem Insekt: der Mensch aber ist das Allsinnestier. Er ist „das vollkommenste Hand- und Gliederthier, die Krone der Handthiere, dann der Zitzenthiere, dann aller Thierklassen“. Und das Schema, das ihm den „Standpunkt und die Verwandt- schaft der Thiere‘“ zueinander ausdrücken soll (Abriß p. 230 ff.) ist weder eine bloße Leiter, noch ein flaches Netz, sondern ‚ein stereo- tisches Netz, eine Leiter, deren Basis ein Netz ist“. Ich will nun nicht etwa behaupten, daß Oken direkt durch Robinet beeinflußt worden ist. Aber das ist sicher, daß die deutsche Naturphilosophie des Anfangs des neunzehnten Jahrhunderts manche ihrer Grundgedankengänge schon in der französischen Natur- philosophie der Aufklärungszeit vorfand. Und wenn man den Deutschen und den Franzosen hier vergleicht, so fällt der Vergleich nicht gerade zugunsten des Deutschen aus. Denn die Gedanken, die sich in den französischen Systemen klar und folgerichtig aus den Voraussetzungen entwickelten und einen ebenso durchsichtigen, guten sprachlichen Ausdruck fanden, kehren in der deutschen Natur- philosophie oft ganz unvermittelt und ohne klaren Zusammenhang wieder und werden atıßerdem durch schwülstige Sprache und ein Übermaß von Bildern derart verdunkelt und schwer verständlich, daß man die Mißachtung und Verspottung, die die Naturphilosophie Schelling-Oken und Kompagnie durch die großen Naturforscher der Folgezeit erfuhr und die sich, nicht zum besten der gedank- lichen Durcharbeitung naturwissenschaftlicher Tatsachen, auch auf 258 Thienemann, Die Stufentolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. naturphilosophische Versuche späterer Jahrzehnte übertrug, wohl verstehen kann!). : Herder. Auch Herder muf meines Erachtens in dieser Betrachtung einen Platz finden. Wenn ich ihn etwas eingehender behandle, als ihm nach seiner Bedeutung fiir das Problem der Stufenfolge eigent- lich zukommt, so liegt dies daran, daß kürzlich Adolph Hansen, Professor der Botanik in Gießen, eine kleine Schrift?) veröffentlicht hat; in der er Herder als ,,Monisten und Vertreter des Deszen- denzgedankens hinstellt. Als Monisten mag man Herder wohl bezeichnen; das ist Geschmackssache, und schließlich ist ja auch Robinets System, durch das nach Windelband (Geschichte der Philosophie (1892 p. 386) ein universalistischer Zug weht, in ge- wissem Sinne ein ,,Monismus‘. Aber als Vertreter der Deszendenz kann ich Herder nicht ansehen. „Seine Ideen zur Geschichte der Menschheit‘?) bilden kein strenges, naturwissenschaftliches System; sind vielmehr eine von höchstem poetischen Schwung getragene allgemeinverständliche Dar- stellung. Und darin liegt die Schwierigkeit streng-kritischen Ver- ständnisses; in dichterische Metaphern läßt sich mancherlei hinein- interpretieren. Jedoch: unter Deszendenz kann nichts anders als der genetische Zusammenhang der Organismen durch Blutsverwandt- schaft verstanden werden. Die eine Species der Lebewesen ist aus einer anderen entstanden, wie die Kinder von den Eltern erzeugt sind. Die Lebewelt der Gegenwart mit ihren ungezählten Arten ist von anders gebildeten Arten der Vergangenheit gezeugt und. jene !) Anhangsweise führe ich hier an, was Falkenberg in seiner Geschichte der neueren Philosophie über das Verhältnis der Schellingschen Philosophie zum Dar- winismus p. 389 ff. sagt: „Die Betonung der Einheit der Natur, die eine gewisse Verwandtschaft der Schellingschen Naturphilosophie mit dem Darwinismus begründet, war ein gewaltiger Gedanke, der trotz der Mängel der oft spielenden, oft sorglos kecken Beweisführung im einzelnen, den Dank der Nachwelt verdient..... Der wesentliche Unterschied betrifft das Subjekt der Entwickelung: Darwin läßt die Arten auseinander entstehen, bei Schelling entwickelt sich die schaffende Natur, die gleich einem Künstler immer wertvollere Produkte hervorbringt. Bei Darwin verhalten sich die vollkommenen Arten zu den weniger vollkommenen, wie Nachkommen und Vorfahren, bei Schelling, wie jüngere und ältere Geschwister.“ ?) Haeckels „Welträtsel* und Herders Weltanschauung. Gießen, Toepel- mann 1907. ‘ 3) Zitiert nach der Ausgabe durch Johann von Müller. Tübingen 1827. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 259 vergangenen Formen haben sich von Generation zu Generation immer mehr verändert, bis sie die Züge angenommen haben, die die Organismen der Gegenwart tragen. Nur dies Band der Bluts- verwandtschaft kann der Begriff der „Deszendenz‘ bedeuten. Solche Gedanken kann ich bei Herder nirgends ausgesprochen finden; die Stellen, die Hansen (p. 21) so interpretiert wissen will, scheinen mir durchaus nicht beweisend zu sein. Wenn ich sie ganz unvoreingenommen lese, so muf ich sie vielmehr als in den Ge- dankenkreis der „Stufenfolge‘‘ gehörig betrachten. Ehe mir Hansens Schrift bekannt war, hatte ich Herders Anschauungen schon als eine „Modifikation der Stufenfolge“ ange- sehen, und ich halte diese meine Ansicht auch jetzt noch aufrecht, so, wie ich sie im folgenden wiedergebe: Herder bekennt sich selbst zur Stufenfolge: ‚Vom Stein zum Krystall, vom Krystall zu den Metallen, von diesem zur Pflanzen- schöpfung, von den Pflanzen zum Thier, von diesem zum Menschen sahen wir die Form der Organisation steigen, mit ihr auch die Kräfte und Triebe des Geschöpfes vielartiger werden und sich endlich alle in der Gestalt des Menschen, sofern diese sie fassen konnte, ver- einigen“ (p. 201). An anderer Stelle (p. 52): „Das Gewächsreich ist eine höhere Art der Organisation als alle Gebilde der Erde, und hat einen so weiten Umfang, daß es sich sowohl in diesen verliert, als in mancherlei Sprossen und Ähnlichkeiten dem Thierreich nähert“. Gleich Leibniz nahm auch Herder über den Menschen hinaus eine Kette höherer Wesen an. Zwei Unterschiede aber zeichnen die Herdersche „Stufenfolge“ gegenüber dem Bonnetschen System aus: I. Auch Herder nahm an, daß die Kräfte und Triebe aller Geschöpfe sich in der Gestalt des Menschen, sofern sie diese fassen konnte, vereinigen (cfr. oben). Seite 73—74 sagt er wörtlich: „Der Mensch endlich scheint unter den Erdthieren das feine Mittelgeschöpf zu sein, in dem sich, soviel es die Einzelheit seiner Bestimmung zuließ, die meisten und feinsten Strahlen ihm ähnlicher Gestalten sammeln. Alles in gleichem Maße konnte er nicht in sich fassen; er mußte also diesem Geschòpf an Feinheit eines Sinnes, jenem an Muskelkraft, einen dritten an Elasticität der Fiebern nachstehen. So viel sich aber vereinigen ließ, ward in ihm vereinigt. Mit allen Landthieren hat er Theile, Triebe, Sinne, Fähigkeiten, Künste gemein; wo nicht ererbt, so doch erlernt, wo nicht ausgebildet, so doch in 260 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. der Anlage. Man kônnte, wenn man die ihm nahen Thierarten mit ihm vergleicht, beinahe kühn werden zu sagen: sie seien gebrochene und durch katoptrische Spiegel auseinander geworfene Strahlen seines Bildes. Und so können wir den vierten Satz annehmen: daß der Mensch ein Mittelgeschöpf unter den Thieren, d. i. die ausge- arbeitete Form sei, in der sich die Züge aller Gattungen um ihn her in feinstem Inbegriff sammeln. Ich hoffe nicht, daß die Ähnlichkeit, auf die ich zwischen Menschen und Thieren zeige, mit jenen Spielen der Einbildung werde verwechselt werden, da man bei Pflanzen und sogar bei Steinen äußere Glieder des menschlichen Körpers aufhaschte und darauf Systeme baute. Jeder Vernünftige belacht diese Spiele, da gerade mit der äußeren Gestalt die bildende Natur innere Ähnlichkeiten des Baues verdeckte und verlarvte“. Nun, so grob und äußerlich wie dieser Teil der Robinetschen Gradation naturelle ist Herders Anschauung allerdings nicht. Aber im Innern, dem Grundgedanken nach, kommt sie doch auf den Robinet-Okenschen Gedanken hinaus, daß das Tierreich der „anatomierte Mensch‘ sei. II. Nach Leibniz folgt die kontinuierliche Scala naturae aus dem Wesen des Schépfers; aus dessen Vollkommerheiten mußte auch folgen, daß alle Dinge zugleich geschaffen wurden. Das ist eine notwendige, wenn auch nicht von allen Vertretern jener Ansicht ausgesprochene Konsequenz. Nach Herder aber folgen die verschiedenen Stufen auch zeit- lich aufeinander; p. 14, I5: „Die Masse wirkender Kräfte und Elemente, aus der die Erde ward, enthielt wahrscheinlich als Chaos alles, was auf ihr werden sollte und konnte. In periodischen Zeit- räumen entwickelte sich aus geistigen und körperlichen staminibus die Luft, das Feuer, das Wasser und die Erde. Mancherlei Ver- bindungen des Wassers, der Luft, des Lichtes mußten vorherge- sangen sein, ehe der Same der ersten Pflanzenorganisation, etwa das Moos, hervorgehen konnte. Viele Pflanzen mußten hervorge- gangen und gestorben sein, ehe eine Thierorganisation ward; auch bei dieser gingen Insekten, Vögel, Wasser- und Nachtthiere den gebildeten Thieren der Erde und des Tages vor, bis endlich nach allen die Krone der Organisation unserer Erde, der Mensch auftrat, Mikrokosmus. Er, der Sohn aller Elemente und Wesen, ihr er- lesenster Inbegriff und gleichsam die Blüthe der Erdenschöpfung, konnte nicht anders als das letzte Schoßkind der Natur sein, zu Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 261 dessen Bildung und Empfang viele Entwickelungén und Revolutionen hervorgegangen sein mußten‘. Seite 63—64 stehen die oft zitierten Sätze: „Der Menschen ältere Brüder sind die Thiere. Ehe jene da waren, waren diese; und auch in jedem einzelnen Lande fanden die Ankömmlinge des Menschengeschlechtes die Gegend, wenigstens in einigen Elementen, schon besetzt. Denn wovon sollte, außer den Pflanzen, sonst der Ankömmling leben?“ Waren tür Herder auch die ieres der Menschen ältere Brüder, so blieben doch Tier und Mensch eben Brüder!) d.h. beide stammen aus gemeinsamem schöpferischen Urquell; „der Mensch ist das letzte Schoosskind der Natur‘. Der Mensch ist ihm nicht aus dem Tier entstanden, ebensowenig wie das Tier aus der Pflanze. Das Tierreich bot dem Menschen nur die Möglichkeit, sein Leben zu fristen, und mufite daher älter sein als der Mensch; und älter als das Tier mußte wiederum die Pflanze als Grundlage für dessen Leben und Ernährung sein. Der Gedanke zeitlicher Aufeinanderfolge ist da?) aber der direkte genetische Zusammenhang, d. i. der Deszendenzgedanke, fehlt ! E. Kritik des Systems der Stufenfolge durch die Zeit- genossen und vom modernen Standpunkte aus. Daft ein System, wie das Bonnets und seiner Nachfolger, neben begeisteter Aufnahme und Anerkennung auch scharfe Kritik, ja Verurteilung erfahren mußte, leuchtet ein. Schon die von den Anhängern als sichere Tatsache hingestellte ununterbrochene, lücken- lose Reihe der Geschöpfe konnte nicht so allgemein widerspuchslos hingenommen werden von einer Zeit, der Linnés Werk ein Systema naturae gegeben hatte, das sich gerade auf den schärfsten, trennen- den Distinktionen aufbaute. Und ein Jahrhundert, dessen Philo- sophie die großen und größten Geister zu einer Klarheit und Logik des Denkens erzogen hatte, wie sie die Folgezeit — leider! — nie wieder erworben, durfte auch die metaphysischen Voraussetzungen des Systemes nicht ohne kritischste Prüfung bestehen lassen. 1) Mit der modernen Anschauung, daß weder Orang-Utang noch Schimpanse unsere direkten Vorfahren seien, sondern nur ältere Brüder, hat dieses „Brudersein“ natürlich nichts zu tun (wie es Hansen p. ı8, Anmerkung ı meint). ?) Er lag ja schon im Robinetschen System. 262 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Der erste, dem wir hier das Wort zur Kritik geben, ist Kant. Seine Meinung über das System der Stufenfolge sprach er in der Kritik der reinen Vernunft aus (1. Ausgabe p. 668; ed. Kirchmann DI 328: Riel Na maps To) »Ebenso ist es mit der Behauptung oder Anfechtung des so be- rufenen, von Leibniz in Gang gebrachten und durch Bonnet trefflich aufgestutzten Gesetzes der continuierlichen Stufenleiter der Geschöpfe bewandt, welche nichts als eine Befolgung des auf dem Interesse der Vernunft beruhenden Grundsatzes der Affinitàt ist; denn Beobachtung und Einsicht in die Einrichtung der Natur konnte es gar nicht als obiective Behauptung an die Hand geben. Die Sprossen einer solchen Leiter, so wie sie uns Erfahrung angeben kann, stehen viel zu weit auseinander und unsere vermeintlich kleinen Unterschiede sind gemeiniglich in der Natur selbst so weite Klüfte, daf auf solche Beobachtungen (vornehmlich bey einer grossen Mannigfaltigkeit von Dingen, da es immer leicht sein muß, gewisse Ähnlichkeiten und Annäherungen zu finden), als Absichten der Natur gar nichts zu rechnen ist. Dagegen ist die Methode, nach einem solchen Princip Ordnung in der Natur aufzusuchen, und die Maxime, eine solche, obzwar unbestimmt wo und wie weit, in einer Natur überhaupt als gegründet anzusehen, allerdings ein rechtmäßiges und treffliches regulatives Princip der Vernunft, welches aber, als ein solches, viel weiter geht, als daß Erfahrung oder Beobachtung ihr gleichkommen könnte, doch ohne etwas zu bestimmen, sondern ihr nur zur syste- matischen Einheit den Weg vorzuzeichnen.“ Dieser Abschnitt ist der Beschluß des ,,Anhanges zur transscen- dentalen Dialektik: Von dem regulativen Gebrauch der Ideen der reinen Vernunft‘. Im Zusammenhange des Ganzen stellt er eine Kritik des Systems in der Natur dar, die auch für die modernen Ausführungen eines solchen Systems heutzutage noch — meiner Meinung nach — vollste Gültigkeit hat. Doch wollen wir uns hier, wo uns rein naturwissenschaftliche Interessen näher liegen, nicht auf philosophische Betrachtungen ein- lassen. ; Ganz anders geartet ist eine Kritik, der wir den zweiten Platz einräumen. Hielt sich Kants Kritik an das Wesentliche, an die Grundidee des Systems der Stufenfolge, der sie eine ebenso maßvolle wie würdige und gerechte Beurteilung zu teil werden ließ, so geht diese kritische Auseinandersetzung von Einzelheiten aus und überschüttet auf Grund einzelner, vielleicht übertriebener oder — Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 263 wie es der derzeitige Zustand des Wissens mit sich brachte — lücken- hafter Ziige im Gesamtbild der Stufenfolge dieses mit hamischem und beißendem Spott, ohne dem zweifellos durchaus zu billigenden Grundgedanken des Ganzen und dem ehrlichen Streben der Ver- fasser gerecht zu werden. Voltaire ist es, der in seinen „Questions sur l'Encyclopédie‘ (Nouvelle Edition. II. 1771 p. 204 287: E Chaîne des étres crées einer satirischen Besprechung unterzog. „Cette gradation d'êtres qui s’élevent depuis le plus léger atöme jusqu'à l’Etre suprême; cette échelle d’infini frappe d’admiration. Mais quand on la regarde attentivement, ce grand fantôme s’évanouit, comme autrefois toutes les apparitions s’enfuyaient le matin au chant du coq. L’imagination se complait d’abord à voir le passage impercep- tible de la matière brute, a la matière organisée, des plantes ou zoophites, de ces zoophites aux animaux, de ceux-ci à l’homme, de l'homme au génies, de ces génies revêtus d’un petit corps aérien a des substances immatérielles; et enfin mille ordres différens de ces substances qui de beautés en perfections s’élevent jusqu’à Dieu méme. Cette hiérarchie plait beaucoup aux bonnes gens, qui. croyent voir le pape et ses cardinaux suivis des archevéques, des évéques; après quoi viennent les curés, les vicaires, les simples prêtres, les diacres, les sousdiacres, puis paraissent les moines et la marche est fermée par les capucins. Mais il y a peut-étre un peu plus de différence entre Dieu et ses plus parfaites créatures, qu’entre le saint pere et le doyen du sacré collège : ce doyen peut devenir pape, mais le plus parfait des génies créés par l’Etre suprême, peut-il devenir Dieu? n’y a-t-il pas l’infini entre Dieu et lui? Cette chaîne, cette gradation prétendue n’existe pas plus dans les végétaux et dans les animaux; la preuve en est qu’il y a des espèces de plantes et d'animaux qui sont détruites. Nous n’avons plus le murex. Il était défendu aux Juifs de manger du griffon et de l’ixion; ces deux espèces ont probablement disparu de ce monde, quoi qu’en dise Bochart!): où donc est la chaîne? Quand même nous n’aurions pas perdu quelques espèces, il est visible qu’on en peut détruire. Les lions, les rinoceros commencent à devenir fort rares. Si le reste du monde avait imité les Anglais, il n'y aurait plus de loups sur la terre. 1) Bochart gab 1663 ein ,Hierozoicon* heraus. 264 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Il est probable qu'il y a eu des races d'hommes qu'on ne retrouve plus; mais je veux qu’elles ayent toutes subsisté, ainsi que les blancs, les Negres, les Cafres à qui la nature a donné un tablier de leur peau, pendant du ventre a la moitié des cuisses, et les Samoyèdes dont les femmes ont un mammelon d'un bel ébène ete. = N'y a-t-il pas visiblement un vuide entre le singe et l’homme? n'est-il pas aisé d’imaginer un animal à deux pieds sans plumes, qui serait intelligent sans avoir ni l'usage de la parole, ni notre figure, que nous pourrions apprivoiser, qui répondrait à nos signes et qui nous servivait? et entre cette nouvelle espèce et celle de l’homme n’en pourrait-on pas imaginer d’autres? . . . .. B In dieser Tonart geht es noch 11/2 Druckseiten fort. Selbst zugegeben, daß das System der Leiter der Natur einen Kopf, wie Voltaire, zur Kritik, ja Satire stark herausfordern mußte: solch feuilletonistische Geistreicheleien konnten den Kern der Sache nicht treffen. Von den bedeutenderen Naturforschern der damaligen Zeit hat Joh. Fr. Blumenbach an zwei Stellen seiner Werke der „Stufen- folge‘ eine eingehende, gründliche kritische Besprechung gewidmet: einmal in der 7. Auflage seines Handbuches der Naturgeschichte, p. 6. ff. zum anderen in der 2. Auflage seiner Beiträge zur Natur- geschichte p. 106— 112. Gegen die Tatsachen, die die Systeme der Stufenfolge bei ihren Schematisierungen der Naturkörper verwenden, wendet er — mit richtigem naturwissenschaftlichem ‚Gefühl‘, aber ohne dies Ge- fühl verstandesgemäs begründen zu können — ein, es sei „ge- zwungen“, wenn man z. B. bei den Cikaden oder der Stubenfliege die Analogie mit den Vögeln aufstellte, oder wenn Bonnet die Schild- läuse zur Übergangssprosse von anderen Insekten zum Bandwurm ge- wählt habe. Wenn auch Linné sage ,,nullum characterem hactenus eruere potui, unde Homo a Simia internoscatur‘‘ — so sei doch hoffentlich in praxi nie ein Naturforscher in Verlegenheit gekommen, Menschen und Affen etwa zu verwechseln (Handbuch p. 7). „Als das abenteuerliche Wunderthier des fünften Welttheils, der Ornitho- rhynchus paradoxus, entdeckt ward, sahen das manche Verfechter der Stufenfolge für eine neue Stütze derselben an, da es, wie mir deucht, vielmehr eine neue Instanz gegen die Realität derselben ab- gibt. Mir scheint es ein ebenso isoliertes Geschlecht in seiner Art, das sich ebensowenig, wie das der Schildkröten, der Sepien etc. ohne sichtlichen Zwang in den natürlichen Ordnungen des Tierreiches, Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 265 a= als so manche Pflanzengeschlechter, wie z. B. vitis, cissus etc., in denen des Gewächsreiches, will unterbringen lassen. Uberdem ist ja aber auf der Bonnetschen u. a. dergl. einfachen Leitern die Übergangs-Sprosse von den Vögeln zu den Quadrupeden längst durch die Fledermäuse besetzt; und doch können schwerlich zwei Formen von Säugethieren gedacht werden, die auffallender von einander ab- weichen, mithin in jener Gradation weiter von einander abstehen müßten, als die der Fledermäuse und des Schnabelthiers“. (Beiträge PIO 11102) Diese Einwände des großen Blumenbach haben sicher mehr Hand und Fuß, als die mancher anderen Naturforscher. Man ver- gleiche z. B. den Einwurf Arnaults in der Gazette littéraire de KEutope Baris SMR 79 722 Nous vovons des anımauzra deux et à quatre pieds, mais il n’y en a point à trois...‘ etc. — Für das Pflanzenreich leugnete Mitterpacher (Elem. rei rusticae. 1777. p. 4, 7, 8) das Vorhandensein von Mittelgliedern zwischen den verschiedenen Gruppen. Aber anderseits erkennt Blumenbach doch an, dafs man den metaphoristischen Bildern von Kette, Leiter, Netz etc. in der Natur „nicht nur zur Übung des Scharfsinns, sondern auch zum nütz- lichsten regulativen Gebrauch für ein natürliches System in der Naturbeschreibung‘‘ |,,worin man die Geschöpfe nach ihren meisten und auffallendsten Ähnlichkeiten, nach ihrem Totalhabitus und der darauf gegründeten sogenannten Verwandtschaft untereinander, zu- sammen ordnet‘| vollste Gerechtigkeit widerfahren lassen muß. Ein unverkennbarer Wert für die Methodologie sei ihnen nicht abzu- sprechen, aber einen so reellen Grund in der Natur selbst haben sie nicht, daß man sie dem Schöpfer in den Plan der Schöpfung selbst hinein legen dürfe; und die Vollkommenheit und der Zu- sammenhang in der Natur könne nicht darin gesucht werden, daß die Natur, wie man sich ausdrückt, keinen Sprung tue, weil die Geschöpfe in Rücksicht ihres äußeren Habitus sich so fein stufen- weise aneinander reihen ließen. (Beiträge p. 111, 112. Handbuch p. 8, 9.) Die ,,metaphysische‘ Begründung des Systems durch die L eib- nizsche Lex continui lehnte Blumenbach also als eine nicht „seale ab. Und so lange, der ‚reelle Grund“, den die ‘moderne Naturforschung in der Deszendenz fand, noch nicht gesichert da- stand, konnte der nüchterne und kritische naturwissenschaftliche Geist Blumenbachs dem Versuche eines ‚natürlichen‘ Systems Zool. Annalen III. 18 266 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. mit Recht nur eine methodologische, also formale Bedeutung zu- gestehen. 3 Sicher die beste naturwissenschaftliche Kritik des Systems der natürlichen Stufenfolge hat P. S. Pallas geliefert, eine Kritik, die schon deutlich die Punkte hervorhebt, bei denen eine Beurteilung oder Verurteilung jenes Systems vom modernen Standpunkte aus ansetzen muf!). „Mit so überaus ansehnlichen und überall zu Tage liegenden Beispielen werden wirs nun aber auch bestätiget finden, daß die Natur niemals einen Sprung thue, wohl aber, daf sie besonders das ganze Heer der organischen Körper in der größten Ordnung neben und aufeinander habe folgen lassen, und daß sie nach der aller- genausten Anverwandtschaftsfolge die Arten in Geschlechter, diese in Ordnungen, und die Ordnungen in Klassen, die Klassen aber wieder unter sich selbst zusammengesetzet habe; man wird aber auch inne werden, daß sie dabei ganz und gar nicht auf solche superficielle und idealische Anverwandtschaften gesehen habe, als sie von einigen bei einer auszufertigenden Stufenleiter der Natur erfordert werden; z. B. daß die Hände der Fledermäuse in Flügel ausgespannet sind, daß die verlängerten Seitenflossen der fliegenden Fische Flügel abgeben, daß der mit Schwimmfüßen versehene Biber einen schuppigen Schwanz hat, und was dergleichen mehr ist; so daß sie vielmehr die Structur, die immer mehr abnehmende Leibes- größe (abstractiori habitu), die Zeugungsart usw. dabei beobachtet habe. Indem sie so von den allereinfachsten Dingen den Anfang macht, so verändert und bildet sie die Organe, ihrer Bestimmung gemäß, allmahlig, sie untermenget aber auch mit dem einfachen Bau nach und nach allerlei neues, und füget es sehr passend zu- sammen. Hieraus hat nun der große Beweis, welchen man aus der Ähnlichkeit der Körper hernimmt, dessen man sich aber nicht ohne reife Überlegung bedienen muß, seinen Ursprung erhalten. Darauf beruhet es auch, das verschiedene Schriftsteller eine gewisse Leiter der Natur zierlich aneinander zu setzen sich haben angelegen sein lassen, welche jedoch niemals in der Art befunden werden wird, als Bradley und Bonnet sie verlangen.“ Setzen wir für „superficielle und idealische Anverwandtschaft“ den Ausdruck der modernen vergleichenden Anatomie, „Analogie“, 1) P. S. Pallas, Charakteristik der Thierpflanzen. Deutsch von Wilkens und Herbst. Nürnberg 1787. 4°. p. 46, 47. Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18, Jahrhundert. 267 für „Struktur und Zeugungsart‘‘ „Homologie‘“, so sind wir schon mitten in der Kritik, wie sie die heutige Naturwissenschaft an dem System der Stufenfolge zu üben sich gezwungen sieht. Welche Stellung nimmt der moderne Naturforscher dem System der Stufenfolge gegenüber ein? Erxleben hat in seinen Anfangsgründen der Naturgeschichte (1773. p. 16) eine Definition des natürlichen Systems der Natur- körper gegeben, die man auch heute noch annehmen kann: „Es läßt sich ohne Zweifel wohl eine Methode gedenken, in welcher die Anordnung nach der allergrößten Ähnlichkeit der natürlichen Körper untereinander geschehen ist, in welcher allemal diejenigen Körper nebeneinander stehen, welche in den allermehresten Eigenschaften übereinkommen. Diese nennen wir die natürliche Methode (me- thodus naturalis) und sie ist der philosophische Stein der Natu- ralisten‘“. In diesem Sinne ist das System Bonnets, Hermanns usw. gewiß ein natürliches, versucht es wenigstens zu sein. Aber welch himmelweiter Unterschied gegenüber einem modernen natürlichen System! Diese Unterschiede können nicht nur in der Erweiterung der Kenntnis der Naturalien liegen, die seit dem achtzehnten Jahr- hundert in ausgedehntem Maße stattgehabt hat; sie müssen prin- zipieller Natur sein. Sie liegen in der Analyse des Begriffes der Ähnlichkeit zweier Organe oder Organismen, die die Naturwissen- schaft und speziell die Zoologie des verflossenen Jahrhunderts vor- genommen hat. Gewiß war der Begriff des Organes ursprünglich ein physiologi- scher: Der „Flügel“ war das Organ, mit dem man flog, das „Bein“ war das Organ des Gehens und der Teil des Beines, mit dem das Tier auftrat, war der „Fuß“; daß die Funktion das am meisten ins Auge Fallende und Bestimmende war, geht schon daraus hervor, daß die Namen der Organe zum größten Teil von der Funktion der Organe genommen wurden. Aber mit dem Begriff Organ verquickte sich natürlich bald auch die Vorstellung von der Form, dem Bau, der Stellung am tierischen Körper. Und so wurde „Organ“, ein aus anatomischen und physiologischen Vorstellungen gemischter, unklarer Begriff; er blieb es von Aristoteles bis zum Beginne des neun- zehnten Jahrhunderts. Flügel hatte der Vogel, die Fledermaus und Schmetterling; daß aber mit dem Worte Flügel bei jedem der drei 18* 268 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Tiere ein ganzlich anders gebautes Organ bezeichnet wurde, kam nicht zum Bewußtsein. > Es ist das Verdienst der großen vergleichenden Anatomen der ersten Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts, und speziell Richard Owens hier durch scharfe Analyse Ordnung geschaffen zu haben. Zwcierlei Charaktere kann man an jedem Organ unterscheiden, einen physiologischen, d. i. seine Funktion, und einen morphologi- schen, d. i. die Summe seiner Formmerkmale und Lagebeziehungen zu den übrigen Teilen des Tierkörpers. Ihre volle Bedeutung ge- winnt diese Unterscheidung bei einer vergleichenden Betrachtung der Organe verschiedener Tiere. Physiologische Gleichwertigkeit braucht mit morphologisch- anatomischer durchaus nicht immer verbunden zu sein und morpho- logisch völlig gleichwertige Teile können absolut verschiedene Funk- tionen besitzen. Nehmen wir das eben erwähnte Beispiel der Flügel der Fledermaus, des Vogels und des Schmetterlings. Bei allen drei Arten dienen diese Organe zur Fortbewegung in der freien Luft, sind also physiologisch vollkommen gleichwertig. Die Morphologie aber zeigt, daß der Fledermausflügel eine Flughaut ist, die die hintere Extremität bis zur Fußwurzel und die vordere Extremität in ganzer Ausdehnung bis an die Fingerspitzen einfaßt; nur der Daumen bleibt frei. Der Flügel des Vogels ist eine Ansammlung von Federn, also integumentalen Horngebilden, auf Unterarm und Hand der Vorderextremität. Die Flügel der Insekten schließlich sind Bil- dungen des äußeren Chitinskelettes, in die Ausstülpungen der Leibes- höhle und Tracheen eintreten. Die physiologisch gleichen Organe sind bei Fledermaus, Vogel und Insekt also morphologisch denkbar verschiedenartig. Physiologisch gleich, aber von höchst ungleicher morphologischer Bedeutung sind ferner die Augen der verschiedenen Tierstàmme, die Atmungsorgane der verschiedenen Klassen und andere mehr. Anderseits können morphologisch gleiche Organe bei den ver- schiedenen Tiergruppen einen Funktionswechsel durchmachen und so physiologisch völlig verschieden werden. So wird die Wirbeltier- extremität bei der Fledermaus zum Flügel, beim Walfisch zur Flosse, beim Affen zur Greifhand. Die Schwimmblase des Fisches, ein hydrostatisches Organ, tritt bei den höheren Formen als Lunge in den Dienst der Atmung. Das Visceralskelett der Fische, ursprüng- lich Stütze der Kiemen, wird bei dem Übergang zum Landleben Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 269 und damit zur Lungenatmung, bedeutungslos; aber nur ein Teil der Visceralbögen geht wirklich verloren, ein anderer Teil liefert Kiefer, Zungenbein und die Gehörknöchelchen. Für die physiologische Gleichartigkeit zweier Organe führte Owen den Ausdruck ‚Analogie‘ ein, für die morphologische wurde der Aristotelische Ausdruck „Homologie‘‘ beibehalten. Visceral- bögen der Fische und Kiefer, Zungenbein und Gehörknöchelchen der höheren Formen sind demnach „homolog‘‘, Flügel der Fleder- maus und der Vögel ‚analog‘. Nunmehr aber mußte naturgemäß auch die Frage nach der Ursache dieser analogen oder homologen Gleichheit auftreten. Wie ist es zu verstehen, daß gewisse Organe bei einer großen Anzahl verschiedener Tierarten immer in der gleichen Form und Lage wiederkehren; wie anderseits die merkwürdige Tatsache, daß Organe, die nach ihrer ganzen Morphologie sicher grundverschieden sind, doch nicht nur die gleiche Funktion verrichten, sondern auch eine große äußerliche Ähnlichkeit besitzen? Antwort auf die zweite Frage fand man in dem formbildenden und umbildenden — direkten oder indirekten — Einfluß des umgebenden Mediums, der zuerst von Etienne Geoffroy St. Hilaire und Lamarck betont wurde. Gleiche Lebensbedingungen verändern die Lebewesen in der gleichen Richtung und so können morphologisch verschiedenwertige Organe unter der Einwirkung gleicher oder ähnlicher Mediumbedingungen auch eine Form- ähnlichkeit oder Formgleichheit annehmen. So wird als Organ der Fortbewegung im freien Wasser, als Schwimmorgan, überall im Tierreich ein ruderartiges Gebilde entstehen, wo immer in einer Tierklasse das Leben in das freie Wasser verlegt wird. Welches Organ im morphologischen Sinne diese Rolle übernimmt, wird ver- schieden sein bei den verschiedenen Gruppen der Wassertiere. Echtes Wasserleben mußte als Atemorgane in allen Tiergruppen, wo die Atmung überhaupt eine lokalisierte, an bestimmte Organe gebundene wurde, stets Kiemen schaffen. Physiologisch gleichwertige Gebilde, die auf diese Weise aus morphologisch ungleichen auch zu einer Formähnlichkeit oder -Gleichheit herangebildet worden waren, nannte man, wie oben erläutert, analoge, und man fügte hinzu, sie seien durch „Konvergenz“ — sc. ursprünglich ungleicher Organe — ent- standen. Formähnlichkeit konnte also bei analogen Organen durch ,,Kon- vergenz‘ erklärt werden. 270 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. Eines war dabei allerdings Voraussetzung: der Bann der Theo- rie der Artkonstanz mußte gebrochen sein. Die stets ja vorhandene, aber gerade durch Linné und Cuvier völlig in den Hintergrund gedrangte Einsicht von der Variabilität der Lebewesen mußte stark in den Vordergrund treten und als sichere Tatsache gelten. Die Be- tonung der Variabilität der Art, im Gegensatz zu Cuvier, ist ein Hauptverdienst Etienne Geoffroys und Lamarcks. War aber einmal die Variabilität des Organismus und der Einfluß der äußeren Lebensbedingungen auf die organische Form fester Besitz der Wissenschaft geworden, so war der Gedanke der Deszendenz auch in allernächste Nähe gerückt. In der Luft lag er schon lange; Illiger hat schon 1800 in seinem „Versuch einer systematischen vollständigen Terminologie für das Tierreich und Pflanzenreich“ eine recht erwähnenswerte Äußerung darüber getan (XXXVII, XXXVIII): „So sehr man auch geneigt sein möchte, zu glauben, die Arten einer Gattung wären aus einem gemeinschaftlichen Urstamme ent- sprossen, und durch dieses Band der Verwandtschaft aneinander geknüpft, so müssen wir dies doch als einen unerweislichen, ja der Natur der Art widersprechenden Satz dahin gestellt sein lassen, bis uns einst mehr Beobachtungen den Schlüssel zu dem Geheimnisse der Natur geben werden, wie sie die Arten erzeugt und wie sie zu- fällig entstandene und durch äußerliche Einwirkung hervorgebrachte Abänderungen zu erblichen Abarten macht‘. Die Grundfrage der Deszendenztheorie war damit schon gestellt; einen Schlüssel zu „diesem Geheimnisse der Natur‘ auf Grund der schon vorhandenen fremden und einer Fülle neuer eigener Beobachtungen geliefert und damit der Deszendenztheorie eine, wir dürfen wohl sagen, unum- schränkte Herrschaft gesichert zu haben, ist die unsterbliche Tat Darwins, die auch durch die Verdienste seiner Vorgänger, vor allem Lamarks, nicht verdunkelt werden kann. Die Ähnlichkeit im Baue der Organismen erklärt sich so auf gleiche Weise, wie die Ähnlichkeit der Glieder einer menschlichen Familie, durch den genetischen Zusammenhang, durch Blutsverwandt- schaft. Stammform und Derivat werden solche Ähnlichkeiten auf- weisen, und gleichermaßen alle Derivate einer Stammform. Erklärte sich die Formähnlichkeit physiologisch gleichwertiger Organe, die Analogie, durch Konvergenz, so war Deszendenz die Ursache der Formähnlichkeit morphologisch gleichwertiger Organe, der Homologie. Die vorstehende Betrachtung gibt uns den Maßstab, mit dem Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. ZA wir das System der Stufenfolge vom Standpunkte der modernen Naturforschung Kritik prüfen können. Wenn das System der Stufenfolge ein „natürliches“ war, inso- fern es versuchte, die „natürlichen Körper nach der allergrößten Ähnlichkeit“ zu ordnen, oder, um mit Lamarck zu reden, nach den „Beziehungen“, so kann die — prinzipielle — Schwäche des Systems nur in dem Begriffe der „Ähnlichkeit‘‘ oder der „Beziehungen“ liegen. Noch kannte man nicht den Unterschied von Analogie und Homo- logie und vermischte noch die Ähnlichkeit, die auf Deszendenz be- ruht, mit der, die aus Konvergenz entstanden ist. Das System Bonnets und seiner Nachfolger war der Ver- such, die physiologischen Ähnlichkeiten unter den Organismen gleichermaßen wie deren geneologischen Zusammenhang zum Aus- druck zu bringen; das moderne System stellt nur die eine Art des Zusammenhangs, die Deszendenz, dar. Wer die Bonnetsche Leiter oder das Hermannsche Netz betrachtet, kann sich leicht davon überzeugen. In den einzelnen Klassen ist der Zusammenhalt meist ein auf Homologie, auf Deszendenz beruhender, aber die ,,Ver- bindungswege“ stellen durchweg nur Analogien dar. Wenn die Säugetiere mit den Vögeln durch das fliegende Eich- horn, die Fledermaus und den Strauß, wenn Fische mit den Schlangen durch Aal und Wasserschlangen, wenn schließlich Tierreich und Pflanzenreich durch Polyp und Mimose verknüpft werden, so sind damit physiologische Ähnlichkeiten, Konvergenzerscheinungen zum vereinigenden Prinzip im System erhoben worden. Wer die Ab- schnitte über Bonnet und Hermann und das Werk des Thüringer Anonymus aufmerksam durchliest, kann die Beispiele beliebig ver- mehren. Aus dem Geiste der Zeit heraus ist das System der Stufenfolge durchaus folgerichtig entstanden; und daraus, daß der Begriff der Formähnlichkeit noch nicht analytisch gespalten war, kann man jenen Systematikern keinen Vorwurf machen. Denn um Homologien und Analogien scharf unterscheiden zu können, mußte die ver- gleichende Anatomie erst ein bedeutendes Tatsachenmaterial schaffen und verarbeiten. Damals aber war die vergleichende Anatomie noch nicht zur selbständigen Wissenschaft geworden. Das natürliche System des siebzehnten Jahrhunderts war so inhaltsreicher, voller als das moderne, rein deszendenz theoretische. Aber in dem Bemühen, Deszendenz und Konvergenz im gleichen Schema zu vereinen, steckte auch die Unmöglichkeit der Ausführung. 272 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. ‚Denn wenn die analogen Formähnlichkeiten oder gar auch die phy- siologischen .Annaherungen im weiteren Sinne (Lebensweise etc.) dargestellt werden sollen, so miissen in dem System auch alle még- lichen Arten der äußeren Verhältnisse, die gestaltend in das Leben des Organismus eingreifen können, zum adäquaten Ausdruck kommen: ein Unding! Und dieses System müßte mit der Darstel- lung der echt verwandtschaftlichen genetischen Zusammenhänge verquickt werden. Ein solches Schema ist natürlich eine Unmög- lichkeit. Das moderne System begnügt sich damit, die genealogische Verknüpfung zum Ausdruck zu bringen; sein Schema ist der Stamm- baum. Und es ist interessant und gewif kein Zufall, daß schon damals, als zum ersten Male einem Forscher — es war Pallas 1766 — der Unterschied von Analogie — ,,superficieller und ide- alischer Anverwandtschaft“ — und Homologie — „Struktur und Zeugungsart“ — wenn auch noch unklar, zum Bewußtsein kam, demselben genialen Kopf die natürlichen Zusammenhänge der Lebe- wesen auch zum ersten Male unter dem Bilde eines Baumes er- schienen. Schluss. Als die Formähnlichkeit organischer Wesen auf die Wirkung der Abstammung oder der Lebensverhältnisse zurückgeführt worden war, war sie in einem Sinne gewiß „erklärt“. Die Ähnlichkeit, die Eltern und Kinder oder Bruder und Schwester zeigen, ist uns selbst- verständlich, das Gegenteil erscheint merkwürdig und einer Erklärung bediirftig. Wenn wir den gegenwärtigen Zustand in Zusammenhang mit dem, der vorausging, gebracht haben, so ist er uns verständ- lich; historische Betrachtung erklärt aus der Folge der Zustände und Ereignisse und befriedigt so die eine Seite des Kausalitätsbe- dürfnisses. 7 Aber gibt es nicht noch einen anderen und vielleicht tieferen Sinn des ,Erklärens“? Läßt nicht die Ähnlichkeit Verwandter abermals die Frage ‚Warum‘ zu? Warum gleichen sich Vater und Sohn so stark, warum reagiert anderseits der Organismus auf die Bedingungen der Außenwelt? Augenscheinlich will der Fragesteller hier eine prinzipiell anders geartete Antwort haben: wie der Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. 273 Physiker die Einzeltatsache in das System physikalischen Wissens einreiht und das Besondere auf die allgemeinen Eigenschaften der Materie zurückführt und so aus ihnen wiederum versteht, so soll auch das biologische Einzelphanomen aus den Eigenschaften des lebendigen Stoffes hergeleitet und so „erklärt‘‘ werden. Das Leben aus der Natur des Protoplasmas in ihrer Wechselwirkung mit der Außenwelt zu verstehen, die Erscheinungen am lebenden Protoplasma möglichst als Resultat chemisch-physikalischer Komponenten zu deuten, oder wenigstens die Grenzen zu bestimmen, innerhalb deren die chemisch-physikalischen Kräfte als Erklärungsgrund ausreichen, und das Verhältnis festzulegen, in dem der ,,vitale Faktor“ zu jenen Kräften des Anorganischen steht und so das Lebendige auf das Spiel einfachster Kräfte zurückzuführen: das ist das Ideal, das einer echt „causalen‘‘ Erforschung des Organischen heutzutage vor- schwebt. Treten wir diesem Gegensatz noch von einer anderen Seite näher und beleuchten ihn von einem höheren Standpunkte aus. Wir schließen uns hierbei den Ausführungen Windelbands an, wie er sie in seinen Vorlesungen über Erkenntnistheorie und Meta- physik zu geben pflegt und in seiner Straßburger Rektoratsrede vom Jahre 1894 über , Naturwissenschaft und Geschichte“ veröffentlicht hat. Zweifellos bilden Tatsachen, also Besonderes, Spezielles den Ausgangspunkt aller empirischen Wissenschaften; jede empirische Wissenschaft ist induktiv und verarbeitet die ihr durch die Wahr- nehmung gegebenen Tatsachen vermöge der Axiome; denn Tatsachen allein sind noch keine Wissenschaft. Aber diese Verarbeitung kann zweierlei ganz verschiedene Ziel- punkte haben und danach lassen sich zwei Methoden wissenschaft- licher Arbeit unterscheiden. Das Interesse des Forschers kann sich entweder auf das Allgemeine oder das Besondere im Wirk- lichen richten. Die „naturwissenschaftliche‘‘ Methode sucht das Allgemeine, das Typische in allem Sein und Geschehen. Sie erforscht das Ge- setz, das Gattungsmaftige im Einzelnen und findet in ihm die Er- klärung des Einzelnen. Völlig gleichgültig ist ihr dabei das spezi- fische Wesen des Individuellen, der Einzelerscheinung. Anders die „historische“ Methode. Ihr Endzweck ist das Er- fassen des Einzelnen, die umfassende, erschöpfende Darstellung einer räumlich und zeitlich begrenzten Wirklichkeit. Die Gesetzmäßigkeit selbst ist ihr nur ein Mittel, um diesen Zweck zu erreichen und Cl 274 Thienemann, Die Stufenfolge der Dinge etc. aus dem 18. Jahrhundert. “die individuelle Gestaltung eines bestimmten Geschehens wird von ihr aus dem vorhergehenden Zustand verstanden. a Bis zur neusten Zeit, bis zum Auftreten der Entwicklungs- mechanik und der. experimentellen Biologie überhaupt, war man der Lösung des Formproblems der Organismen fast ganz ausschließlich mit Hilfe der als „historisch‘‘ bezeichneten Methode nachgegangen, und einen gewissen Abschluß fand das Problem durch die Des- zendenztheorie. Man suchte das ,,Vorher‘ zu erkennen um daraus das „Jetzt‘‘ zu verstehen, man begriff das bunte Organismenmosaik der Gegenwart aus der Form und Zusammensetzung der Lebewelt früherer Epochen. Erst der neuesten Zeit blieb es vorbehalten, die ,,naturwissen- schaftliche‘ Methode, die in voller Reinheit und allein ja in Physik und Chemie herrscht, auch auf die Wissenschaft vom Lebendigen in Anwendung zu bringen und hier den Gesetzen nachzuspüren, die in der lebenden Substanz wirken und die Form des Einzelwesens bestimmen. Noch ist solche Zurückführung des Lebens ‘auf ein- fachste Gesetzmäßigkeit ein Ideal, ein Ideal, zu dem der Weg sicherlich noch unendlich weit ist. Noch heute gilt das Wort, das Karl Ernst von Baer vor 80 Jahren geprägt hat: ‚Die Palme wird der Glückliche erringen, dem es vorbehalten ist, die bildenden Kräfte des tierischen Körpers auf die allgemeinen Kräfte oder Lebensrichtungen des Weltganzen zurückzuführen. Der Baum, aus welchem seine Wiege gezimmert werden soll, hat noch nicht ge- keimt“ !). Aber wie dem auch sei: der Tod, den ein Problem in seiner Lösung findet, wird stets zugleich die Geburt einer neuen Fragen- fülle sein, auf die eine Antwort zu geben, Aufgabe zukünftiger Geschlechter ist. ') Über Entwickelungsgeschichte der Thiere. Königsberg 1828. p. XXIL Druckfehler-Berichtigung zum II. Band: In Bd. II, p. 205, Z 24 v. u. lies Cyphinidoma statt Cyphinodoma; „ DD 295 2. 22 4 yi, ..Cyphindura : 9.) “Cyphinoduras » Il, p. 339, Z. 8 u. 9 v. o. lies Trichocerca statt Trichocera. Zoologische Annalen Bd. ILI. | Tafel I AQT E TABULA AFFINITATUM ANIMALIU M. Patigons uu HOMO. Kamelehadalx stecter, 0 +» Quimos pme Longimara natio Modspaftaria. COMMERSON. Siren BARTHOLINI? © + + + + = + Anthropophagi. . + © ©, 0 2 Cad, Prulpes — Can. Zapopus — Camis fin — FERE. — — — — Sim Sphinx Sì Sat. Pongo Simia | Sorat — — Sim. Sapri ALLAMANDI. — mn Simia longimana. 1 1 È . Use . S. Mai smi S1Syluenun,e Sin. 005) mme I Simia ONION CIME EC e 9 9 I MUNE © *Cuv. Lycson * Com, Lupus. o S. doi. 5 . : 5 Bradypus. = te Oni OF Sl o 0 ll olo o are a won 2 = U. Arélo vi Viv Surikatta,* > Silenus. O 20. corti. = U. Arto. iverra jv Surikstta.* le RIMATES. È D : & ue 7 . & Gate 5 . - Myrmecophaga. 2 5 29 So ata ore Ika ts NER 5. Cercopithect, Sì eynocepbal. S. Nonaus. —— Simit prehenfiles) —— Seiurea. Sì Apela. Sim. Sagoini. È 5 i BRUTA. 5 : vel Sapajous. = È °M. Lutra. Moftela. |}. Vulpecuts. = * Dafypus. Manis. 9 S. Etbiops. . 3 Sim. Jocckui. = 2 i} S:Didelphys 1. 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Bampull. 1 G Catani == | fe Fil 5 n È : : b toidese. * È Sert. parafitice, È Millepara=|-210. carte, Vol. Uylindroides. 8. Zirgiera.ì Buccin.Callidea, Ner.elegans, u.a R. ambigu.” 3 | Cercaria Cyelidium. I desio i urn Aide c= Bu HS À Ha M. ——asıix. —— :-Hel. füccınea. at | Cyelidium. I Paramecium | iL sr =e an pre Bet. Aaliseiden, —Hel.obeolula, Mf. © I È 3 tal I 5 B f $ O 3 5 2 I È ite - È | Bull, fontinali, — 3 TTT : PL DETTE È | INFUSORIA. : 4 7 ! 1 cettwiaria. P. È Celanguin. Ij, Alleria. — — | Lis Hippur. 21] Serpula firorbin = = = mel e e = = Planorbis.) a Cato, viridir. | Pibrio Anguillula aceti. Gort. li i Burfaria. i : i u i 10 Ancip. fabelum.|— Antipathes, = | - G. Plucomus,| 1 Aleyon. Akidioides. P. (FEESER ampullaces. | . 'Exchel) rs 1 h ‘ | = = È BUI È © 1 i i ci. eripa. : Mill. Agaricites. le rae 4 È PRIMAL MO ad aah Seen IA A : = Ò #“ jt = ; ZOOPHYTA. . 1 Gorgor. czralina-Gorg. Antipath-|-: — per Ati PI ÿ TESTACEA . 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Ges. naturf. Freunde Berlin (Jahrg. 1909 p. 575— 581) erschienene Notiz „Zur Termino- logie der Didemnıdae“. Die Korrekturen, welche mein im Jahre 1008 veröffentlichter ,,Nomenclator generum“ durch letztere beiden Arbeiten erfährt, sind in der folgenden Liste zu- sammengestellt. Sie beziehen sich in der Hauptsache auf Syn- onymieen. Gleichzeitig sind für diese Liste noch eine Anzahl weiterer abweichender Schreibweisen von Gattungsnamen!), zum Teil nur in Verbindung mit einem älteren Autor, sowie die seit 1908 aufgestellten neuen Gattungen berücksichtigt worden. Beide Listen ergänzen sich demnach in der Weise, daß die Korrekturen und Neuaufnahmen der folgenden Liste, in den Nomenclator von 1908 eingetragen, letzteren dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens entsprechend ausgestalten. Ich benutze die Gelegenheit, um mit ein paar Worten auf die Kritik einzugehen, welche meine Terminologie bei den Fach- kollegen gefunden hat, soweit sich diese in Publikationen oder !) Abweichende Schreibweisen von Artnamen sind in den „Bronn“ aufge- nommen worden. Zool. Annalen Ill. 19 276 Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. brietlich dazu geäußert haben. Im Grunde genommen bedeuten diese Äußerungen ja lediglich eine Stellungnahme zu den Nomen- klaturregeln überhaupt, so daß sie schon deshalb allgemeinere Beachtung verdienen. Der Inhalt der Äußerungen ist recht ver- schieden ausgefallen, teils rückhaltlos zustimmend, teils schreff ablehnend, teils nach keiner Seite hin sich bindend. In allen diesen Äußerungen, ganz gleich in welchem Sinne sie ge- halten sind, wird jedoch meist in sehr beredter Weise dem Be- dauern über die ungeheuren Umwälzungen Ausdruck gegeben, welche die Befolgung der Nomenklaturregeln für die Terminologie der Ascidien mit sich bringt, ein Bedauern, das vielleicht keiner meiner Fachkollegen in dem Maße empfunden hat, wie ich selbst in meiner Eigenschaft’ als Revisor der Gruppe. Immerhin ist das Gesamturteil über die vorliegenden Äußerungen dahin zusammen- zufassen, daß die Stimmung für die Befolgung der Nomenklatur- regeln und damit für eine Anerkennung der von mir vorge- schlagenen gültigen Familien- und Gattungsnamen im allgemeinen günstig ist und es muß anerkannt werden, daß fast ausnahmslos der Wille vorhanden ist, auf eine einheitliche Nomenklatur hin- zuarbeiten, so daß wir hoffen dürfen, wenigstens für die Ascidien in absehbarer Zeit eine definitive Festlegung der gültigen Familien- und Gattungsnamen zu erreichen. Zwei unserer führenden Systematiker auf ascidiologischem Gebiete, Sluiter und Michaelsen, haben in ihren jüngsten Arbeiten meine Nomenklatur bereits in der Praxis befolgt und befürworten ihre allgemeine Annahme auf das Dringendste!). Letzterer macht überdies den sehr zweckmäßigen Vorschlag, die bisher gültigen Namen den jetzigen, wenigstens für die Zeit des Überganges, in [ ] beizufügen. Diesen Vorschlag hat Sluiter ebenfalls angenommen. Bjerkan hat mir brieflich seine Bereit- willigkeit erklärt, die neue Nomenklatur zu befolgen. Della Valle faßt sein Urteil in folgendem Satze aus einem Briefe an mich zusammen: „Irovo per altro che, in fondo, la ragione è della parte di Lei e di chi sostiene come Lei le ragioni della cronologia. Tutto sta che si trovi chi sia disposto a seguirei“. Wenn sich Della Valle demnach auch nicht auf die Regeln 1) Vergl. Sluiter, Die Ascidien der Siboga-Expedition, II. Abt. Siboga-Exped., Vol. 56b p. 2. Leiden 1909, und Michaelsen, Die Pyuriden (Halocynthiiden) des Naturhistorischen Museums zu Hamburg. Mt. Mus. Hamburg, Vol. 25 p. 227 ff. Ham- burg 1908. Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. 277 festlegt, so klingt aus diesem Satze doch mehr eine Zustimmung als eine Absage heraus. In ähnlicher Weise ist die Antwort von Ritter gehalten, der sich seine Entscheidung aber noch vor- behält. Er schreibt mit Bezug auf die Anwendung der Nomen- klaturregeln: „I have not yet gone into the general question fully enough to enable me to have an intelligent view as to its merits.“ Huntsman in Toronto, der sich neuerdings mit Ascidien- systematik beschäftigt, bis jetzt aber meines Wissens noch nichts über diese Gruppe publiziert hat, hat in einem langeren Schreiben an mich meiner Terminologie im Prinzip ebenfalls zugestimmt. Nur in der Frage, ob die von Baster (Gen. Ascıdıum) und Bohadsch (Gen. Zethyum) befolgte Nomenklatur als binär zu bezeichnen ist, weicht er von mir ab und gelangt dadurch natùr- lich auch zu einem abweichenden Ergebnis hinsichtlich einiger Gattungsnamen. Es ist hier nicht der Platz, auf diese Einwände zu antworten. Es wird sich dazu Gelegenheit bieten, wenn Huntsman’s terminologische Arbeit publiziert sein wird. Hier interessiert uns nur die Tatsache, daß Huntsman gleich mir durchaus für die Befolgung der Nomenklaturregeln eintritt. In der von Grobben bearbeiteten kürzlich erschienenen Neuauflage von Claus, Lehrbuch der Zoologie, sind die von mir vorgeschlagenen terminologischen Änderungen für das System der Ascidien bereits angenommen, Herdmann nimmt in seiner Antwort einen vermittelnden Standpunkt ein. Er erkennt einerseits die Nützlichkeit inter- nationaler Nomenclaturregeln rückhaltlos an, wünscht aber anderer- seits in der Anwendung derselben eine gewisse Baschränkung, derart, daß Namen, die während eines längeren Zeitraumes — etwa fünfzig Jahre — allgemein gebräuchlich gewesen, keinen Ände- rungen unterworfen werden dürfen. Für jede Tiergruppe müsse eine Liste derartiger Namen aufgestellt werden. Bei den Tuni- caten kämen für eine solche Liste in erster Linie die Gattungs- namen Ascidia, Molyula und Cynthia (Halocynthia) in Betracht. In ähnlichem Sinne habe ich mich im ı. Aufsatz in dieser Zeit- schrift (Vol. 3 p. 3) geäußert. Auf einem ganz ablehnenden Standpunkte steht dagegen Caullery!), der gelegentlich seiner Arbeit über die Gattung. !) Caullery, Recherches sur les Synascidies du genre Colella et considérations sur la famille des Distomidae. Bull. sci. France Belgique, ser. 6 v. 42 p. 41 u. 42. Paris 1908. 19* 278 Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. Colella seine Stellung zu den Nomenklaturregeln präzisiert und auch brieflich sich mir gegenüber in demselben Sinne geäußert hat. Er folgt darin durchaus Seeliger, der gerade in der letzten vor seinem Tode erschienenen Arbeit wiederholt gegen die strenge Befolgung der Nomenklaturregeln polemisiert hat. Korrekturen und Nachträge zum Nomenclator generum?). TAlderia Lah. Nicht aufzuklarende Tethyiden-Gattung (s. Bronn, p. 1365). Amarouicum |pro: Amaroucium Milne Edwards 1841] Osw. Seelig er in: Bronn, KI. Ord. Thierr., Vol. 3 suppl. p. 1244. 1907. *Aphanibranclrion Oka. Sehr wahrscheinlich synonym mit Diazona Sav. (s. Bronn, p. 1442). * Aplidiopsis Lah. Synomyn mit Macroclmum Verr. Appldium|pro: Aplıdıum Jules: César Savigny 1816] Fernand Panille Rech. Tun. p. 200. 1800. * Astellium Giard. Synonym mit Leffoclunum Edw. | Drplosoma M’Don.]. Astropera Piz. Bleibt selbständige Gattung (s. Bronn, p. 1325). *Boltenia Sav. Synonym mit Pywra Mol. |//alocynthia Verr. s. Cynthia Sav.] (s4 Bronn, pP. 173350). Bothyllus [pro: Lotryllus Gaertner in: P. S. Pallas 1774] M. Hesse in: Ann. Sci. nat. ser. 5 Vol. ı p. 347.220 botryllocarpa [nov. nom. pro: Protobotryllus A. Pizon 1908] R. Hartmeyer in: Bronn, Kl. Ordn. Thierr., Vol. 3 suppl: p. 1484. 1000, * Brevistellium Jourd. Synonym mit Lepfoclinum Edw. [Diplosoma M'Don.|. *Cellulophana O. Schm. Synonym mit //olozoa Less. 1) Seeliger, Tunicata in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., v. 3 suppl. p. 1075, 1139, II42, II58, 1155, 1216. Leipzig 1907. *) * bedeutet synonyme, ‘| unsichere Gattung. Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. 279 Chelisoma [pro: Chelyosoma W.J.Broderip u. G.B.Sowerby 1829] William Swainson, Treat. Malacol., p.45 u. 236. 1840. *Circinalium Giard. Synonym mit Szdnywm Sav. Clavella [pro: Clavelina Jules-Cesar Savigny 1816] C. Ph. Sluiter, Siboga Exp., Monogr. 56a p. g. 1904. Clavellina [pro: Clavelina Jules-Cesar Savigny 1816] [Jules- César] Savigny, Descr. Egypte, Vol. 1 part 2 De 375 AOs 57, 58. [18162]. *Corellascidia Hartmr. Synonym mit Rhodosoma Ehrbg. +Cystingia M’Leay. Die Gattung bedarf der Aufklarung. Diacona [pro: Diazona Jules-Cesar Savigny 1816] H. G. Ludwig Reichenbach, Zool., Vol. ı p. 85. 1828. * Didemnoides Drasche. Synonym mit Didemnum Sav. [Leptoclnum]. * Diplosoma M’Don. Synonym mit Zeplochnum Edw. * Distaplia D. V. Synonym mit //olozoa Less. Distaphia |pro: Distaplta Antonio Della Valle 1881] Paul Bjerkan in: Tromsö Mus. Aarsh., no. 25 p. 108. 1908. Ectinascidia |pro: Ecternascidia W. A. Herdman 1880] Edw. CaldwellRye in? Zool Nec, Vol.ız Index. p. 5. 1881. + Huceeliwm Sav. Encoehum |pro: Eucoclium Jules-César Savigny 1816] Stefano delle Chiaje, Mem. An. Napoli, Vol. 3 p. IV, 98, 100, 121757230. 1828. Unsichere Gattung, vermutlich zu den Polycitoridae gehörig und vielleicht am nächsten Cys/odifes stehend (s. Bronn, p. 1434). Eudistoma (Subgen.) Maurice Caullery in: Bull. sci. France Belgique, ser. 6 vol. 42 p. 44. 1908 (s. Bronn, p. 1431). Sp.: Alle Polycitor- [Distoma-] Arten mit 3—7 Reihen Kiemenspalten und glattem Magen. * Forbesella Herdm. Synonym mit Pyura Mol. [Halocynthia Verr. s. Cynthia Sav.] (s. Bronn, p. 1337). Forbesesella [pro: Forbesella W. A. Herdman] Paul Bjerkan in: Tromsò Mus. Aarsh., no. 25 p. 109. 1908. 280 Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. * Forbesia Lac. Duth. et Del. Als selbständige Gattung aufgestellt (nicht abweichende Schreib- weise), Synonym mit Pywra Mol. (s. bei Zorbesella). * Fragarium Giard. Synonym mit Parascıdıa Edw. (s. Bronn, p. 1473). *Glandula Stimps. Synonym mit Zeihyum Boh. [Styela M’Leay]. Gymnocistis |pro: Gymmocystıs Alfred Giard 1872] Samuel H. Scudder, Nomencl. zool., univ. Index p. 137. 1882: *Herdmania Lah. Synonym mit Pyura Mol. 005, nthıa Verr. s. Cynthia Sav.] (Ss, Bronn, pP. 1337). *Hypurgon Sollas. Synonym mit Didemnum Sav. [Leptoclinum]. * Klephtes. Synonym mit Pyura Mol. (s. Boltenia). *Lacinia Sel. Sehr wahrscheinlich synonym mit Didemnum Sav. [Lepto- clinum |). Leptochmus [pro: Leptoclinum, H. Milne-Edwards 1841] W. Redikorzew in: Trav. Soc. Nat. Pétersb, Vol. 37 Ligeia p: 13 81000) *Lioclinum Verr. . Synonym mit Didemnum Sav. [Leptoclinum] und Leptoclinum Edw. [Drplosoma M Don. |}. *Lissoclinum Verr. Synonym mit SIZE Edw. [Dzplosoma M’Don.). + Melanosteum Raf. * Monandrocarpa Mchlsn. Synonym mit Pandocia Flem. *Morchellioides Herdm. Synonym mit Morchellium Giard. Lachyclacna[pro: Pachychlacna W. A. Herdman 1880] Edward Caldwell Rye in: Zool. Rec., Vol. 17 Index p. 8. 1881. *Paradistoma (Subgen.) Maurice Caullery in: Bull. sci. France Belgique, ser. 6 Vol. 42 p. 44. 1908. Sp.: Distoma (Paradistoma) adriaticum. D. (P.) crystallinum, D. (P.) nitidum, D. (P.) pulchrum. Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. 281 Der Gattungsname ist durch /0/yeztor Ren. s. str. zu ersetzen (s. Bronn, p) 1431): Parascidea [pro: Parascidia (H. Milne-Edwards manuscr.) M: G. P. Deshayes 18422] D. T. Ansted & R. G. Latham, Channel Islands, p. 219. 1862. Perephora [pro: Perophora Ar. Fr. Aug. Wiegmann 1835] Fernand Lahille, Rech. Tun., Index. 1800. Perophosopsis |pro: Perophoropsis F. Lahille 1887] F. La hille in: Natural, ann. 14 no. 120 p. 12. 1802. {Pleurolophium A. Giard in: Grande Encycl., Vol. 3 p. 330 [1886 — 87]. Sp.: P. belaterale [Typus]. Unsichere Gattung (s. Bronn, p. 1468). {Polycarpoides Piz. Unsichere, vielleicht mit Pandocıa Flem. [Polycarpa Hell.] synonyme Gattung (s. Bronn, p. 1366). Pollicitor [pro: Polycitor S. A. Renier 1804] H. M. Du- ezotay de Blainwille ane | Ehys. Chin. Hist.) nat, Wolk 36 px 200. 1818. Polyclininum |pro: Polychnum Jules-Cesar Savigny 1816] H. J. Buchanan-Wollaston in: Irish Nat., Vol. 16 p. 33. 1907. * Polyclinoides Drasche. Synonym mit Amarouctum Edw. {Polystyela Giard. Unsichere Gattung, vielleicht synonym mit //eferocarpa Lac. Duth. et Del. (s. Bronn, p. 1375). | Protobotryllus James Rankin in: Rep. Brit. Ass. Vol. 72 e273. 1903: Sp. 2 tenuis: Unsichere Gattung (gen. et spec. nud.). *Protobotryllus Antoine Pizon in: Rev. Suisse Zool., Vol. 16 DA 2332 1908. Sp. 7. Qoradıs, Synonym mit Dofryllocarpa Hartmr. (s. Bronn, p. 1484). {Psadiroma C. S. Rafinesque in: J. encycl. Sicile, no. 12. 1814. [fide: C. S. Rafinesque in: J. Phys. Chim. Hist. nat., Vol. 89 p. 154. 1819]. Sp.: 4. 0200/07. Unsichere Gattung. 282 Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. * Psammaplidium Herdm. Die Arten verteilen sich auf die Gattungen: Polyclinum Sav., Macroclnum Verr., Amaroucium Edw. und Aplıdıum Sav. (s. Bronn, p. 1471). * Pseudodidemnum Giard. Synonym mit Zeplochnum Edw. [Drplosoma MDon.|. * Pulmonellum H. M. D. de Blainville, Man. Actin., p. 526. 1834. Sp.: 2. jicus. Synonym mit Apldium Sav. Pulmonella [pro: Pulmonellum H.M.D. de Blainville 1834]. H. M. D. de Blainville, Man. Actin., p. 683. [1837]. * Pycnoclavella Garst. Synonym mit Chondrostachys M’Don. * Rhabdocynthia Herdm. Synonym mit Pywra Mol. [Halocynthıa Verr. s. Cynthia Sav.] (SMBroNN D 7337) Rhızomolynla|pro: Rhizomolgula Wm. E. Ritter 1901] R. Hart- meyer in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., Vol. 3 suppl. p. 1594. 1910. * Rhodozona Van Name. Synonym mit Chondrostachys M Don. Rophalea [pro: Rhopalaea Philippi 1843] R. Hartmeyer in: Bronn; Ki Ord: Wier Voli3 suppl. ps 1302) 1900: Sarcobortrylloides |pro: Sarcobotryllordes Richard v. Drasche 1883] Paul Bjerkan in: Tromsò Mus. Aarsh, no. 25 p. 108. 1908. Sarcobothrylloides [pro: Sarcobotrylloides Richard v. Drasche 1883] S. V. Awerinzew in: Trav. Soc. Nat. St. Pétersb, Vole Sep No 10077 {Sarcodidemmnoides Oka et Willy. Unsichere Gattung (s. Bronn, p. 1447). Sidneioides H. Leigthon Kesteven in: P. Linn. Soc. INS) Wales, Vol. 34%: 277. 1909. Sp.: S. Zamaramae, Sınoycum |pro: S'ynozcum C. J. Phipps 1774] Osw. Seeliger in: Bronn, Kl. Ordn. Thierr., Vol. 3 suppl. p. 1244. 1907. Styllopsis [pro: Styelopsis M. P. A. Traustedt 1882] W. Redi- korzew in: Irav. Soc. Nat. St.. Petersh., Vol. 37 Ligha ps 3. 1900: - Hartmeyer, Zur Terminologie der Ascidien. 283 +Symplegma Herdm. Unsichere Gattung, vermutlich synonym mit Diandrocarpa Name (s. Bronn, p. 1371). +Synstyela Giard. Unsichere Gattung, vermutlich synonym mit /rs/omus Gaertn. (s. Bronn, p. 1375). Synthethys [pro: Syntethys Edward Forbes u. J. Goodsir 1851] Antonio Della Valle in: Atti Acc. Sci. Napoli, ser. 2 Viol: 13 p: 80. 1908. *Tetradidemnum D. Valle. Synonym mit Didemnum Sav. |Leplochnum). Trididemnum D. Valle. *Triglossium |? A. Giard 1873] A. Giard in: Grande Encycl., Vol. 3 p. 330 [1886—87]. Sp.: 7. albicans Edw. [Typus], T. punctum Guard. Tylobronchion |pro: Lylobranchion William A. Herdman 1886] Osw. Seeliger in: Bronn, KI. Ordn. Thierr., Vol. 3 suppl. pP 12572 1007. Die von Seeliger (Bronn, Vol. 3 p. 1077) und mir (Zool. Ann., Vol. 3 p. 8) eingefihrten Familien- bezw. Unterfamilien-Namen Rhodosomidac, Rhodosominae und Chelyosominae sind nicht korrekt gebildet. Sie müssen lauten: Rhodosomatidae, Rhodosomatinae und Chelyosomatınae. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. m 15. September d. Js. sind 50 Jahre seit dem Tode Heinrich Rathke’s verflossen. Wie heute rüstete sich | im Jahre 1860 Königsberg zum Empfange der Ver- sammlung Deutscher Naturforscher und Arzte, zu deren Geschäftsführern auf der vorausgehenden 34. Versammlung in Karlsruhe Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. H. Rathke und Prof. Dr. v. Wittich ernannt worden waren. Nachdem alle Vorberei- tungen getroffen waren, wurde die Versammlung zum 15. September 1860 einberufen. Am Morgen des 15. war Rathke, der kurz vorher, am 13. Juli unter allgemeiner Teilnahme das 25jahrige Jubiläum als Ordinarius der Albertus-Universität begehen konnte, im Begriff, zum Empfange der von auswärts eintreffenden Gäste auszugehen, als ihn in seiner Wohnung im Zoologischen Museum ein plötzlicher Tod dahinraffte. Tief bewegt eröffnete Sonntag den 16. September v. Wittich die erste Allgemeine Sitzung mit folgenden Worten: „Wohl noch nie ist eine Versammlung mit so erschütternder Nachricht eröffnet worden, als diejenige ist, welche gestern schon in den Frühstunden die Straßen der Stadt durcheilte, und die zu verkünden von dieser Stelle aus ich heute die traurige Pflicht habe. Heinrich Rathke ist nicht mehr. In einem Alter von 67 Jahren verschied er gestern. Körperlich und geistig rüstig, wie es wenigen ver- gönnt, ereilte ihn ein schneller unerwarteter Tod. Nicht ward ihm das Glück, Sie, meine Herren, von diesem Platze aus in seiner biederen freundlichen Art zu begrüßen, nicht ward Ihnen die Freude zu Theil, den körperlich und geistig rüstigen Greis noch zu sehen, ihn in seiner ganzen persönlichen Liebenswürdigkeit, in seinem noch stets regen wissen- schaftlichen Eifer kennen zu lernen. -Seit nun 25 Jahren verehren wir in ihm den wohlwollendsten Lehrer und Collegen, den biedersten Mitbürger unserer Vaterstadt, unserer Albertina. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 285 Bald ein halbes Jahrhundert hindurch aber leuchten uns seines Geistes Werke vorweg den oft nicht allzu hellen Weg wissenschaftlichen Forschens und Strebens. Gleich grofs ist die Wunde, die sein jaher Tod den Seinen, den Freundeskreisen, wie der Wissenschaft schlug; ein Trost bleibt uns: sein Wirken und Schaffen — ewig wird es in unser aller Gedächtnis leben.“ Die Versammlung ehrte das Andenken des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen und beschloß auf Vorschlag des Geh. Rat Dr. Eisenlohr-Karlsruhe, der Beerdigung in corpore beizuwohnen. „Mit der Trauerbotschaft von dem unerwarteten Ableben Heinrich Rathke’s, ihres ersten Geschäftsführers, war die XXXV. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte er- öffnet, sein Begräbnis war der letzte gemeinschaftliche Akt, der dieselbe noch einmal vereinte. Am 20. September nachmittags 4 Uhr folgte ein großartiger Zug Leidtragender dem Sarge Heinrich Rathke’s auf der kurzen Strecke von dem Sterbehause in der Besselstraße bis zum Friedhofe. Namentlich waren es außer den Mitgliedern und Theil- nehmern unserer Versammlung die Universität, die Spitzen des Civils und Militairs, die städtischen Behörden, die Geistlichkeit, welche nebst einer großen Zahl Studierender dem Verstorbenen das letzte Geleitgaben. Auf dem einfachen schwarzen Rittersarg thronte der Doctorhut, der Sarg wurde umgeben von acht Candi- daten der Medicin mit gezogenen Hiebern und gleich hinter dem- selben folgte der Assistenzarzt Dr. Neumann, auf einem Samt- kissen die Orden des Verblichenen tragend. Am Grabe empfing ein Sängerchor, aus Mitgliedern des hiesigen Sängervereins be- stehend, die Leiche und der Hofprediger Hoffheinz hielt die Grabrede in der diesem Geistlichen eigenen schlichten, aber ge- dankenreichen Weise.“ Unter den Klängen eines M endelssohn’schen Liedes schloß sich das Grab über Rathke’s irdischer Hülle!“ Diese dem ,Amtlichen Bericht über die 35. Versammlung Deutscher Naturforscher und Arzte“ entnommene Darstellung zeigt, welcher Hochachtung, Liebe und Wertschatzung sich Rathke allgemein erfreut hat. Dies läßt auch unzweideutig die Gedächtnis- rede erkennen, die sein Nachfolger, Gustav Zaddach am 21. Dezember 1860 in der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg gehalten hat (Neue Preuß. Provinzialblätter III. F. Bd. VI. Heft 6. Kônigsb. 1861 p. 271—312); in ihr sind auch die wissenschaftlichen Verdienste Rathke’s voll gewürdigt. Wie 286 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. über letztere die Fachgenossen urteilten, ergeben ferner die Vor- reden, welche C. Gegenbaur, A.Kölliker und R. Leuckart bei Herausgabe der hinterlassenen Werke (Vortràge zur ver- gleichenden Anatomie der Wirbelthiere [Lpzg. 1862], Entwicke- lungsgeschichte der Wirbelthiere [Lpzg. 1861] bezw. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen |Lpzg. 1862]) geschrieben haben. Diese Anerkennung ist bis heute geblieben und kann sich auch in Zukunft nicht ändern. Die Zahl derer aber, die Rathke persònlich gekannt haben und ihn auch um seiner personlichen Eigenschaften willen hoch schätzten, ist naturgemäß immer kleiner geworden. Daher dürfte es angezeigt erscheinen, sein Andenken gerade nach dieser Richtung hin zu erhalten, was um so eher möglich ist, als Briefe vorhanden sind, in denen sich der ernste und gewissenhafte Forscher, als den ihn auch alle diejenigen kennen, die nicht mit ihm in persönliche Be- ziehungen treten konnten, von der rein menschlichen Seite gibt. Unter den von dem Sohne Rathke's, Prof. Dr. B. Rathke in Marburg dem Herausgeber abschriftlich mitgeteilten Briefen sind diejenigen zur Veröffentlichung ausgewählt worden, welche Rathke im Sommer 1832 von einer Reise über Finland nach St. Petersburg und in der ersten Hälfte des Jahres 1833 von der Reise nach der Krim an seine Frau gerichtet hat, welche die Trennungszeit in der Heimat beider, in Danzig, verbrachte. Die Schilderungen der Reise selbst, der berührten Ortschaften, der durcheilten Landschaften, der Sitten und Gewohnheiten der Be- wohner u. a. m. werden gewiß auch bei anderen als den Fach- genossen des Briefschreibers Interesse erregen. Der Hauptzweck der Reise nach der Krim war, wie Rathke selbst sagt, auf die Förderung der vergleichenden Anatomie und der Entwickelungsgeschichte der Tiere gerichtet. Eine faunistische Erforschung des bereisten Gebietes war von vornherein nicht be- absichtigt; sie mußte aus Rücksicht für den Hauptzweck unter- bleiben und konnte das um so mehr, als vortreffliche Arbeiten von Pallas und Steven bereits vorlagen. Immerhin hat Rathke selbst das, was sich in dieser Beziehung ergab, zu einem Beitrage „Zur Fauna der Krym“ verarbeitet, die Mollusken und In- sekten seinem Reisebegleiter Kutorga überlassend, während die entwickelungsgeschichtlichen Ergebnisse größtenteils in dem Werke: „Zur Morphologie, Reisebemerkungen aus Taurien‘ (Riga u. Leipzig 1837) veröffentlicht wurden. M. Br. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 287 I. Briefe von der Reise iiber Finland nach St. Petersburg. Newel jer 7. Juni 1832. Meine liebe Mathilde! In der Antwort auf Deinen letzten Brief schrieb ich Dir, daß Du wohl sobald keine Zeile von mir sehen würdest. Aber ich bin zu sehr mit Dir in meinen Gedanken beschäftigt, als daß ich nicht, wo und wie sich Gelegenheit bietet, mit Dir mich schrift- lich unterhalten sollte. Und so erhältst Du denn nach Ablauf von erst 14 Tagen schon den dritten Brief. Ich fuhr am vorigen Montag, am 13. d.M., fruhmorgens von Dorpat aus und gelangte um 11 Uhr nachts auf der Station Poddruss an, wo die kleine Poststraße von Dorpat nach Reval sich mit der großen PoststraBe von St. Petersburg nach Reval verbindet. Auch wenn ich hier nicht hatte übernachten wollen, so hatte ich doch wider meinen Willen bleiben missen. Denn gerade als ich dort ankam, ward auch der Kaiser erwartet, der von Reval nach Petersburg reiste, und alle Pferde der Posthalterei waren für ihn und sein Gefolge bestimmt worden. Am anderen Tage traf ich gegen Abend in Reval ein, nachdem ich in 24 Stunden eine Strecke von 224 Werst, also 32 Meilen gefahren war. Mehrmals hatten wir unterwegs Regenschauer, ja ein paar Mal so starke, daß wir froh waren, das Ende derselben unter Dach und Fach abwarten zu können. Bis Wesenberg, einem kleinen, freundlich gelegenen und niedlichen Landstädtchen, das auf der Hälfte des Weges zwischen Dorpat und Reval liegt, ging der Weg immer über sanfte und bewaldete Hügel, wo sich manche gar artige Aus- sichten darboten. Aber von Wesenberg aus war die Landschaft flacher und weniger bewaldet, hier und da auch mit Granitblöcken und kleinen Kalksteinen wie besät. 30 Werst vor Reval begann ein Lager von Kalkschiefer, das sich bis zu dieser Stadt un- unterbrochen hinzog. An vielen Stellen lag das Gestein auf der Landstraße ganz bloß und ich fuhr auf großen Strecken wie auf einem Fußboden, der mit großen und unregelmäßigen Fliesen bedeckt war. Reval, wo ich nun schon den dritten Tag zubringe, hat eine höchst romantische Lage und gefällt mir gar wohl. Es liegt dicht an einer Meeresbucht, die von zwei großen Vorgebirgen gebildet wird. Beide hatten eine ziemliche Höhe, sind stark be- 288 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. waldet und meistens dicht am Meere steil abgeschnitten. Wo sie aber zum Meere allmählich abfallen, befinden sich zum Theil recht stattliche Gebäude, die sich gegen den waldigen und hohen Hintergrund malerisch schòn ausnehmen. Gegenüber der Stadt, am Eingang in die Bucht, liegt in weiter Ferne eine betrachtlich große Insel, zwischen ihr und der Stadt aber ragen einige Festungs- werke wie weißgraue Felsen aus dem Meere hervor. Ein un- beschreiblich schònes Schauspiel hatte ich gestern von der Woh- nung aus, die der alte Deutsch (1)*) in einer von den Vorstadten Revals bewohnt. Von einem Balkon aus, der vor den Fenstern dieser einstöckigen Wohnung sich hinzieht und in einer Höhe von etwa 60 Fuß über dem Meere zu schweben scheint (denn die Wohnung liegt auf einem eben so hohen Felsen), übersah ich den größeren Teil der Einfassung der Bucht oder des Hafens, die oben erwähnten felsenartigen Festungswerke und eine Flotte von ungefähr 30 Kriegsschiffen allerlei Art. Es bildeten diese Schiffe einen weiten großen Halbkreis, der vor mir in einer Ent- fernung von wenigen Werst ausgebreitet lag. Rechts davon be- fanden sich noch einige andere Kriegsschiffe in einem großen Bassin, das im Meere aus Holz und Steinen aufgemauert ist. Noch mehr rechts lagen die Kauffahrteischiffe zwischen zwei Molen, die aus Pfählen und Steinkasten aufgebaut sind. Als ich einige Zeit bei Deutsch mich befunden hatte und im Anblick des Ganzen, das der heitere Hımmel deckte und die Abendsonne be- leuchtete, versunken war, kam eine Fregatte in die Bucht und begrüßte das Admiralschiff mit 21 Kanonenschüssen, worauf dann dies Linienschiff mit einigen Schüssen Erwiderung tat. Der Ein- druck, den dieses Schauspiel auf mich machte, wird mir mein Lebtag im Gedächtniss bleiben. Nicht minder bin ich erfreut und beglückt worden durch den Aufenthalt in Catharinenthal, das ich schon zweimal besucht habe. Es besteht dieser Ort aus einem großartigen Park voll uralter Bäume, der sich an einer Berglehne oder mit anderen Worten an der rechten Einfassung der Bucht von Reval ein paar Werst lang hinzieht und an manchen Stellen nicht 200 Fuß vom Meere entfernt liegt. In ihm liegt ein kaiserliches Schloß mit einigen dazu gehörigen Gebäuden. Am Rand desselben liegt auf hohem Felsen ein Leuchtthurm, an und auf dem sich eine der anmuthigsten *) Ueber die in den Briefen genannten Personen folgen am Schluß nähere Daten, die der Herausgeber Herrn Geh. Medicinalrat Prof. Dr. L. Stieda verdankt. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 289 Aussichten darbietet, die man nur haben kann. Man iberschaut von da aus nicht nur den Hafen mit seinen Inseln, Festungs- werken und Schiffen, sondern auch die Stadt, die Vorstadte und einen großen Landstrich um sie herum. Bei Catharinenthal be- findet sich übrigens eine große Menge zum Theil recht schöner und großer Gartenhäuser, desgleichen etliche Häuser für Bade- gäste und ein Tanzsaal, ähnlich dem in Zoppot und auch ebenso nahe am Meere gelegen. Broecker (2) und die Hofrätin Esch- holz (3) wohnen dicht neben diesem Saal. Die Stadt Reval selbst ist ungefähr so groß wie Elbing. Ihr Aussehen ist sehr alterthümlich, doch nicht gefällig. Die Straßen sind eng und winklig. Die meisten Häuser sind hoch mit der schmalen Seite nach der Straße gekehrt und mit ein- fachen Giebeln versehen. Sehr viele haben nur in der untersten Etage Fenster, das übrige von ihnen ist Speicher. Die Dächer sind gewöhnlich sehr hoch, haben also einen weit nördlicheren Charakter, als selbst in Dorpat. Ein Theil der Stadt übrigens liegt auf einem Berge und zu ihm gehören die schönsten und grössten (gebäude. Der Kirchen giebt es in der Stadt mehrere (3 lutherische und 2 russische) und ihre Thürme und Kuppeln sind schon aus weiter Ferne sichtbar. Die nordwestliche Hälfte der Stadt ist von hohen Wällen und Mauern, die noch eine Menge von Festungsthürmen tragen, umgeben. Außerhalb der jetzt trockenen Festungsgräben aber umgiebt den erwähnten Theil der Stadt eine Allee von Pappeln und anderen Bäumen. Der Berg, auf dem die andere Hälfte der Stadt ihre Lage hat, ist nach außen steil abgeschnitten und trägt auf seinem Rande eine sehr hohe mit Thürmen versehene und alterthümliche Mauer. . . . .. Reval, den 21. Juni 1832. Tags darauf, als ich hier angekommen war, miethete ich mich auf einem Schiffe fiir die Uberfahrt nach Helsingfors ein. Die Abreise war auf den 18. angesetzt und ich mußte an diesem Tage mein Gepäck an Bord schicken. Aber noch am selben Tage setzte sich der Wind, der bis dahin fiir die Uberfahrt sehr giinstig gewesen war, nicht bloB um, sondern verwandelte sich auch in einen Sturm, der noch bis heute angedauert hat. Die drei letzten Tage sind mir nicht gerade die angenehmsten gewesen. Ab- 290 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. gesehen von der Spannung, in der ich mich befunden habe, besaß ich wahrend derselben zu meiner Verfiigung nur das, was ich auf dem Leibe trug, und mußte jetzt in dem Gasthause, wo ich wohnte, und das war das vorzüglichste in Reval, doch das schlechteste, in dem ich mich jemals befunden habe, ein mise- rables Leben führen. Zu meiner Zerstreuung besuchte ich jetzt noch einige Mal Deutsch und Broecker, desgleichen mit dem Dr. Burkhardt, einem praktischen Arzt und Apotheker in Reval, dem ich viele Gefälligkeiten verdanke, das große See- hospital, das Institut für die Soldatenkinder, die sogenannte Kessel- batterie und dergleichen mehr. Die Kesselbatterie ist ein Festungs- werk mitten im Meer und ungefähr eine Werst vom Lande ent- fernt. Sie ist aus behauenen Steinen vom Grunde aus aufgeführt, besteht zum Theil aus ungeheueren Mauern, die inwendig und auswendig ganz glatt und mit grauer Ölfarbe angestrichen sind, und enthält in ihrem Innern unter anderem zwei Gebäude mit großen Öfen, die dazu bestimmt sind, viele Hunderte von Kanonen- kugeln gleichzeitig glühend zu machen. Der Zweck dieser Batterie, die übrigens das schönste Werk dieser Art ist, das ich jemals gesehen habe, ist nämlich der, auf feindliche Schiffe, die sich dem Hafen näherten, glühende Kugeln abzuschieBen. . . . .. Helsingfors, den 24. Juni. Endlich ist die Seefahrt abgemacht und ich befinde mich jetzt wohlbehalten, gesund und vergnigt auf Finlands Granit- felsen. Am 22. frühmorgens kam mein alter Schiffer mit der erfreulichen Nachricht in mein Zimmer zu Reval, daß jetzt der Wind zur Abreise günstig sei. Eine halbe Stunde darauf war ich an Bord. Als Reisegesellschaft fand ich da vor die Schwester von meinem Kollegen Moier (4) mit ihren drei Tòchtern, die Witwe eines russischen Marineobersten mit ihrer Tochter, beide ebenfalls deutscher Nation und zwei Dienstmädchen. Im ganzen waren wir zehn Passagiere, die Schiffsmannschaft dagegen bestand nur aus zwei Seelen. Daraus wirst Du schon einen Schluß auf die Größe des Fahrzeuges ziehen können. Es war ein einmastiges Packet- boot, hatte zwei sehr kleine Kajüten und war übrigens nach meiner Kenntniss von der Schiffsbaukunst *) ein gut gezimmerter *) Rathke’s Vater war Schiffsbaumeister. Zur Erinnerung an Heinrich -Rathke. 201 und zuverlässiger Schnellsegler. Unter munteren und lustigen Gesprächen wurde in See gestochen. Nicht lange aber dauerte es, so wurde die Unterhaltung immer einsilbiger, und kaum waren zwei Stunden vergangen, als auf unserer Nufschale, die in nicht kleinen Sprüngen über die Wellen hiipfte, schon fast alle an der Seekrankheit litten. Außer unseren beiden Schiffern blieben nur Moier’s Schwester, ich und das eine Dienstmädchen von diesem jammervollen Übel frei. Die Reise dauerte 30 Stunden. Als die Nacht eintrat, mehrere Stunden nachdem wir schon alles Land aus dem Gesicht verloren hatten und nur Himmel und Wasser sahen, trat eine völlige Windstille ein und dauerte etwa vier Stunden. Die See, die jetzt noch infolge des mehrtägigen Sturmes sehr hoch ging, warf nun unser Schifflein gar jämmerlich von einer Seite zur anderen, und ich muß gestehen, daß die Bewegung des Körpers durch dieses Hin- und Herschleudern die abscheu- lichste war, die ich bis dahin kennen gelernt habe. Gegen Morgen stellte sich endlich wieder ein frischer Wind ein, das Schiff durch- schnitt wiederum die Wellen, nach einiger Zeit tauchte auch wieder Land auf und um die Mittagszeit segelten wir an der Festung Sweaborg vorbei und in den Hafen von Helsingfors hinein. Über diese Universitätsstadt, die durch ihre Schönheit meine Erwartungen weit übertroffen hat, das Nähere in dem folgenden Brief. Morgen geht die Reise auf zweiräderigem Wagen weiter in Finland hinein und auf Petersburg zu. Grüße die Verwandten und unsere Kinder und bleibe hold Deinem Rathke. St. Petersburg, den 13. Juli 1832. Liebe Mathilde! Meinen letzten Brief an Dich, den ich in Helsingfors ge- schrieben hatte, wirst Du wahrscheinlich schon längst erhalten haben. Durch Herrn D. habe ich Deinen Brief vom 5. Juli schon längst erhalten und daraus ersehen, daß Du und unsere Kinder ein wenig kränkeln. Ich will hoffen, daß Euer Husten sich jetzt schon verloren hat. Die Klage, die Du über das schlechte Wetter in Danzig führst, läßt sich auch auf die Gegenden anwenden, die ich bereiset habe und wo ich mich jetzt befinde. Während meines fast zweiwöchentlichen Aufent- haltes in Finland war die Witterung nur an zwei Tagen gut Zool. Annalen III. 20 202 Zur Erinnerüng an Heinrich Rathke. zu nennen und der Himmel an diesen Tagen hell und heiter. Glücklicherweise waren dieses gerade diejenigen Tage, an denen ich die vorzüglichsten Merkwürdigkeiten Finnlands in Augen- schein nahm, nämlich die Wasserfälle bei Abbersfors, bei Heyfors und den Imatra. Der Fall des Imatra gewährte eines der groß- artigsten Schauspiele, die ich in meinem Leben gesehen habe. Ihm kommt in Europa nichts weiter gleich. Etwas Ausführliches über ihn, sowie überhaupt über meinen Aufenthalt in Finnland gedenke ich Dir später mitzutheilen, da ich dazu jetzt nicht viel Zeit habe, obschon ich fast täglich mir über das Gesehene mancherlei Bemerkungen niedergeschrieben habe. Für jetzt nur einiges, was sich besonders auf meine Person bezieht. Ein paar Tage vor meiner Abreise aus Dorpat las ich in der Petersburger Zeitung, daß am 10. Juni d. Js. die Universität in Helsingfors mit großem Pomp eingeweiht werden sollte, und theilte dies einigen meiner Collegen mit. Man meinte, diese Gelegenheit benutzen zu müssen, und die Universitat Dorpat gab mir deshalb ein großes lateinisches Gratulationsschreiben an die Universität Helsingfors mit, und ertheilte mir den Auftrag, sie dort bei den Feierlichkeiten zu repräsentieren. Leider aber kam ich zu spät, fand jedoch noch mehrere Personen vor, die aus verschiedenen Gegenden Finnlands des Festes wegen, das vier Tage gedauert hatte, zusammengekommen waren. Bei den Professoren fand ich eine höchst freundliche Aufnahme und sie bemühten sich, mir meinen Aufenthalt möglichst angenehm zu machen. Dasselbe auch geschah von einigen anderen Personen, die nicht zu der Universität gehörten. Es war für mich eine ziemliche Über- raschung, auch von den Gelehrten Finnlands, dieses hoch nach Norden gelegenen und mit dem übrigen Europa nur in geringer wissenschaftlicher Berührung stehenden Landes, sehr wohl ge- kannt zu sein und bei ihnen Schriften von mir zu finden. Die Landessprache ist beinahe bis Petersburg hin schwedisch, doch verstehen die Gelehrten fast alle Deutsch und besitzen deutsche Bücher. Helsingfors und Finnland überhaupt werden mir stets angenehme Erinnerungen gewähren. Man rieth mir in Helsingfors von da aus einen Abstecher gerade hinauf gegen Norden nach Tavastehus und Tammerfors zu machen. Einer von den Professoren erbot sich auch, mich bis dahin und wieder zurück zu begleiten, und der Oberbauintendant Engel, ein Berliner von Geburt und höchst liebenswürdiger Mann, wollte mir seinen Wagen zu dieser Zur Erinnerting an Heinrich Rathke. 203 Reise geben. Nach einigem Besinnen aber stand ich von dieser Reise ab, da es mir wegen der Witterung, die nicht viel Gutes hoffen ließ, am rathsamsten schien, in ziemlich gradem Strich durch Finnland quer hindurchzufahren, zumal ich durch widrigen Wind weit über Erwarten in Reval zurückgehalten worden war. Ich fuhr deshalb in der Nähe der Küste nach der Festung Friedrichshamm und brachte auf dieser Reise eine Nacht in der Stadt Borga und die zweite Nacht in der Stadt Lowisa zu. Einen Abstecher nach dem Peyaene See, den ich früher beabsichtigte und der mir drei Tage gekostet haben würde, gab ich auf, da ich infolge der ein- gezogenen Erkundigungen nicht hoffen durfte, daselbst etwas ausgezeichnet Merkwürdiges zu finden. Dagegen wandte ich mich von Friedrichshamm aus wieder nach Norden, fuhr an der Festung Davidstadt vorüber nach der Festung Willmannsstrand, die an dem Saimen, einem der größten Landseen Europas liegt, blieb dort eine Nacht, fuhr darauf einen halben Tag lang an den Ufern des Saimen, in den liebliche Inseln in zahlloser Menge aus- gesäet sind, hin, besah darauf den Imatra-Wasserfall, durch den sich der genannte See in den noch größeren Ladogasee ergießt, und wandte mich darauf wieder gen Süden nach Wiborg hin. In dieser Stadt blieb ich beinahe zwei Tage und besuchte den daneben gelegenen berühmten Park Monrepos. Hier und am Imatra habe ich besonders an Dich gedacht und gewünscht, daß Du den Genuß, den ich hatte, mit mir getheilt hättest. Einen jenem ähnlichen Park kann man wohl nirgends weiter in Europa finden. Was ihn besonders auszeichnet, sind: theils seine Lage, dicht an einem Busen der Östsee, theils die hohen schroffen und zerklüfteten Granitfelsen, auf und neben denen sich die lieblichsten und großartigsten Gartenanlagen befinden. Der Park neben dem Kloster Oliva und Catharinenthal bei Reval sind geringfügige Kleinigkeiten dagegen. Von Wiborg fuhr ich in anderthalb Tagen nach Petersburg, wo ich am Dienstag vor acht Tagen, am 5. Juli, eintraf. — Das Reisen in Finnland hat sehr viel Eigenthümliches. Der Weg geht unaufhörlich bergab, bergan und meistens in starken Krümmungen und Windungen wegen der Granitfelsen und der häuserhohen Steinblöcke, die fast allenthalben in den Weg treten. Die höchsten Berge jedoch, die ich gesehen habe, übertreffen den Karlsberg bei Oliva wohl nicht mehr, als etwa um das Doppelte. Freilich steigt das Land von der Küste gegen das Innere, wenn auch nicht sehr bedeutend, so doch merklich 20* 204 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. genug, immer höher und höher hinan. Ferner habe ich von Helsingfors bis Wiborg immer einen zweiräderigen Karren ge- habt, vor dem nur ein Pferd vorgespannt war, das die Größe eines esthnischen Pferdes hatte und sehr sicher ging. Bergab ging es meistens im Galopp, was man auch dagegen sagen und thun mochte. Anfangs schien mir diese Art des Bergabfahrens zumal auf einem zweiräderigen Wagen einigermaßen gefährlich, bald aber gewöhnte ich mich daran. Im Durchschnitt fuhr ich auf den vortrefflich unterhaltenen und mit einer Kieschaussee zu vergleichenden Wegen in einer Stunde ıo Werst, mitunter sogar ı2 Werst. Einigemal bekam ich keinen Fuhrmann mit, sondern mußte Pferd und Wagen bis zur nächsten Station selber regieren und dann dort abgeben. Einigemal auch schien mir der kleine Junge, der mein Fuhrmann sein sollte (und gewöhnlich bekommt man ein Kind zum Kutschieren), das Fahren gar nicht zu verstehen und ich sah mich wiederum genöthigt, die Zügel zu ergreifen. Bis Friedrichshamm hatte die rechte und die linke Wand des Kastens der Karren oben einen Ausschnitt; über den Aus- schnitt ging nach der ganzen Länge einer jeden Seitenwand eine Latte aus Birkenholz, auf beiden Latten aber ruhte das mit Lehnen versehene Gesäß und war daran befestigt. Die Latten vertraten also die Stelle von Federn. Auch ließ sich ziemlich bequem auf diesen Wagen fahren. Von Friedrichshamm aber bis Wiborg oder vielmehr bis beinahe nach Petersburg mussten mir und Asmuss(5) unsere Mantelsäcke und die aus Dorpat mitgenommenen Lederkissen in dem Karren als Sitze dienen. Von Helsingfors bis Friedrichshamm fanden wir allenthalben große Reinlichkeit, sehr gute Wirthshäuser und eine höchst anständige Beköstigung, auf dem übrigen Theil der Reise dagegen von dem allen gerade das Gegentheil. Merkwürdig ist übrigens in Finland die Wohl- feilheit des Reisens. Das Postgeld betrug von Helsingfors bis Wiborg auf einer Strecke von 350 Werst oder 50 deutschen Meilen für mich und Asmuss zusammen 25 Rubel banco! Trotz nicht geringer Strapazen, die ich hatte überstehen müssen, bin ich doch sehr frisch und munter in Petersburg an- gekommen und bin es auch bis zu diesem Augenblick geblieben. Über Petersburgs Merkwürdigkeiten läßt sich in der Kürze nichts angeben. Daher nur einiges Allgemeine und Einiges, das mich selbst betrifft. Apotheker Strauch, den ich tags nach meiner Ankunft besuchte, wollte mich durchaus nicht im Gasthause Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 205 logieren lassen, und wie sehr ich auch für seine Gefälligkeit und Freundlichkeit dankte, so liefi er doch, als ich am folgenden Tage zum Minister Lieven gefahren war, mein Reisegepäck aus dem Gasthause abholen. Ich wohne jetzt also bei ihm im Hause und habe übrigens, da sich Madame Strauch auf dem Lande be- findet, vier elegant möblierte Zimmer im Besitz. Auch hat der alte Strauch sowohl als sein ältester Sohn, dem er die Apotheke übergeben hat, alles aufgeboten, um mir den Aufenthalt in Peters- burg nicht bloß angenehm, sondern auch lehrreich und nützlich zu machen. Dasselbe muß ich von Dr. Brandt (6) und einem Bekannten des Strauch’schen Hauses, der des Finanzministers Liebling sein soll, aussagen. Überhaupt kann ich die freundliche Aufnahme und die Zuvorkommenheit, die ich in Petersburg ge- funden habe, nur lobend und rühmend anerkennen und ich glaube, daß nur wenige in Petersburg in so kurzer Zeit so viel werden zu sehen bekommen haben, als ich, ja manches habe ich gesehen, was nur äußerst selten und wenigen gezeigt werden kann. Ich bin jetzt ıı Tage hier gewesen, aber beinahe ebensoviele Tage würde ich brauchen, um Dir von dem, was ich hier gehört, ge- sehen und beobachtet habe, eine vollständige Erzählung machen zu können. Jetzt will ich noch Kronstadt, Peterhof und ein paar Fabriken in der Stadt besuchen und dann am nächsten Dienstag, als am 19. Juli, nachdem ich dann 14 Tage in Petersburg ver- lebt habe, nach Dorpat heimkehren. Im deutschen Theater habe ich der Aufführung des Freischütz und des Schnee beigewohnt. Endlich habe ich auch das Glück gehabt, zwei der größten oder vielleicht überhaupt die größten Ballette zu sehen, nämlich Paul und Virginie, und Kiaking. Der Aufwand an Decorationen und Kostümen, desgleichen an Zahl der Tänzer war über alle Vor- stellung groß. Auch die Solopartien wurden bewunderungs- würdig ausgeführt. Wie man sagt, soll das Ballett in Petersburg noch besser sein, als selbst in Paris, also am schönsten in Europa überhaupt. Das französische Theater habe ich noch nicht besucht, wenn ich aber noch einen Abend frei habe, so will ich doch hin, obgleich dieses Theater beinahe eine Meile von meiner Wohnung entfernt liegt. Die sehr großen Entfernungen in der Stadt machen dem Reisenden das Leben hier beschwerlich und kostspielig. Ich habe hier an die Droschkenfuhrleute und Gondoliere schon doppelt soviel oder selbst noch mehr Geld ausgegeben, als mir das Post- geld auf der Reise durch Finnland gekostet hat, und dessen un- 296 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke.. erachtet bin ich täglich einmal oder auch mehrmals fast zum Hinsinken müde gewesen. Bei dieser Gelegenheit will ich be- merken, daß ich, obschon ich in Petersburg sehr angenehme Tage verlebt habe und obschon mir manches hier sehr wohl gefallen hat, doch nicht mein ganzes Leben hier zubringen möchte. Es ist diese Stadt kein Ort für einen wahren Gelehrten und man muß nach allen Erfahrungen, die ich gemacht, und allen Er- kundigungen, die ich eingezogen habe, viel Geld zu verzehren haben, wenn man mit Frau und Kind hier nur einigermaßen an- genehm leben und den Kindern eine standesgemäße Erziehung geben will. Mein gelehrter Freund hier am Orte sehnt sich des- halb auch sehr zurück. Er lebt mit seiner Frau, obschon er ebensoviel Gehalt hat, als ich in Dorpat, wie ein Einsiedler. Sehen mußt Du einmal Petersburg, aber einbürgern werde ich mich mit Dir hier niemals. — Der Minister Lieven sowohl als sein College Herr Uwarow (7) haben mich sehr wohlwollend und freundlich behandelt. Bei ersterem habe ich zweimal zu Mittag essen müssen, mit letzterem habe ich eines Vormittags eine Unter- redung von zwei Stunden gehabt. Letzterer hat mir besonders wohlgefallen. Er ist ein wissenschaftlich höchst gebildeter Mann und scheint sich für Dorpat sehr zu interessieren. Was meine Reise nach dem Schwarzen Meer anbelangt, so ist officiell darüber noch nichts entschieden, doch waren sowohl der Fürst Lieven als Herr v. Uwarow dafür. Ich hoffe, Dir schon bald darüber etwas Gewisses schreiben zu können. 16. Juli. Heute in 11/2 Stunden gedenke ich mit Asmuss und den beiden Herren Strauch auf einem Dampfschiff nach Kronstadt zu fahren. Ehe ich aber abfahre, will ich Dir noch ein paar Worte über das Ballett Kiaking mittheilen. Von einem der Direktoren des Theaters, worin es gegeben wurde, habe ich dar- über noch folgendes erfahren. Der Tänzer, die darin auftreten, waren 400. Die meisten und zwar die vorzüglichsten Anzüge waren echt chinesisch. Der Kaiser von China hatte sie vor mehreren Jahren an die Kaiserin Catharina die Große geschenkt, der Kaiser Alexander aber späterhin an das Theater, um das erwähnte Ballett recht gianzreich geben zu können, überwiesen. Die Kleidung des Kaisers Hantsu in dem Ballett soll weit über Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 297 100000 Rubel werth sein. Die vertriebene Kaiserin Min trug in den zwei letzten Akten auf inrem Kopf die echten und hochst werthvollen Brillanten einer der ersten hiesigen Familien. Von bunten Lampen waren im letzten Akt 1340 angebracht, wieviel der bunten Laternen aber auf die Scene kamen, habe ich nicht erfahren. Die Decorationen waren ebenfalls hòchst ausgezeichnet. Durch Glanz und Großartigkeit zeichnet sich besonders der Saal im dritten Akt aus. Ich glaubte in einen Feenpalast versetzt zu sein und ein Feenmärchen verwirklicht zu sehen. Rathke. II. Briefe von der Reise nach der Krim. Petersburg, den 6./18. Januar 1833. Mein werther Schatz! Aus der Überschrift kannst Du ersehen, daß ich meine Ent- deckungsreise schon angetreten habe und um 50 Meilen weiter von Dir entfernt bin, als ichs vor ı4 lagen war, da ich den letzten Brief an Dich schrieb. Ich habe Dorpat am zweiten Weihnachtsfeiertage alten Stils verlassen und das unter sehr günstigen Aussichten für meine Reise. Denn nachdem vorher einige Zeit hindurch ein solches Thauwetter stattgehabt hatte, daß man fürchten mußte, es werde die Schlittenbahn bald ganz ver- schwinden, fing es in der Nacht vor meiner Abreise an zu frieren und ich fuhr nun bei sehr günstiger und mäßig kalter Witterung auf einem meistens glatten Wege bis Petersburg hin. Fast immer ward die Fahrt im Galopp gemacht, und jetzt erst habe ich einen Begriff von der Schnelligkeit bekommen, mit der man in Rußland reisen kann. Fast unglaublich wird es scheinen, wenn ich Dir erzähle, daß ich einmal 26 Werst, also beinahe 4 Meilen in 11/2 Stunden zurückgelegt habe. Die Nächte habe ich auf den Posthaitereien geschlafen und bin 21/2 Tage gefahren. Mit meinem Schlitten bin ich sehr zufrieden. Er ist nicht bloß recht bequem, sondern auch recht fest und dauerhaft. Abermals habe ich in Petersburg eine sehr freundliche und wohlwollende Aufnahme gefunden, namentlich auch im Ministerium. Beschweren könnte ich mich einigermaßen nur darüber, daß ich zuviel in Gesell- schaften gebeten worden bin, so daß ich bis jetzt noch keinen Tag 295 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. ganz fiir mich frei gehabt habe. Viele neue Bekanntschaften habe ich bei der großen und glänzenden Versammlung der Academie gemacht, die zwei Tage vor Anbruch des neuen Jahres gehalten und in der ich zum correspondierenden Mitgliede der Academie ernannt wurde. Ich habe durch diese Ernennung ein halbes Bürgerrecht in Petersburg bekommen. Strauch ließ mir keine Ruhe, bis ich wieder zu ihm ins Haus zog. — Das Theater habe ich erst zweimal besuchen können. Einmal sah ich einige französische Vaudevilles, das andere Mal das neue und überaus prachtvolle Ballett Zambekka oder die Eroberung von Kasan. — Wer nicht die Hoffnung hat, Petersburg mehr als einmal in seinem Leben besuchen zu können, möge nur im Sommer hierher kommen. Mehr Gewihl ist hier zwar im Winter. (Nur allein 12000 Lohnfuhrleute, die auf den Straßen anstehen, sind dann hier zu finden.) Aber der Anblick der Stadt in ihren einzelnen Theilen ist dann lange nicht so groBartig als im Sommer. Die schénste Ansicht gewähren mir jetzt am Abend die Ufer der Newa, indem ich mich auf die Mitte der Isaaksbrücke stelle, und die mehrere Werst weit reichende durch das Licht .der Hauser und Paläste und durch die vielen großen Straßenlaternen bewirkte Beleuchtung der beiden Seiten des fast ganz geraden, sehr breiten und jetzt von Schiffen ganz freien Stromes betrachte. Nach einer guten Stunde will ich ausgehen, um die Ein- weihung der Newa mit anzusehen. Es ist heute das Fest der Erscheinung Christi, eins der größten, das die griechische Kirche begeht. Das Geläute der Glocken hat mich erweckt und ich bin schon um vier Uhr, indem ich mich in der Zeit irrte und auch durch das Läuten wieder einzuschlafen verhindert wurde, aus dem Bette gestiegen und habe mich an den Tisch gesetzt. Wenn ich nun späterhin vor Abgang der Post noch einige Zeit behalte, so werde ich Dir noch heute eine kurze Beschreibung der Feier- lichkeiten mitteilen. Am nächsten Dienstag hoffe ich, Petersburg verlassen zu können. Die Empfehlungsschreiben will Minister v. Lieven mir heute übergeben. Hast Du mir etwas Dringendes zu schreiben, so kannst Du zu dem russischen Consul in Danzig gehen und ihn ersuchen, in russischer Sprache die Adresse auf den Brief zu schreiben. Sie möge auf Sympheropol in der Krim lauten. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 299 Moskau, den 20. Januar 1833. Nachdem ich hier gestern um die Mittagszeit eingetroffen bin, will ich mich beeilen, auf frischer That fir Dich einige Be- merkungen niederzuschreiben, zu denen mir die Reise von Peters- burg bis hierher Veranlassung gegeben hat, zuvor aber noch er- wahnen, daß ich auch die Strecke zwischen diesen beiden Haupt- städten Rußlands ohne allen Unfall weiter als daß vor Twer die eine eiserne Schiene des Schlittens zerbrach, zuriickgelegt habe. Ich verließ mit meiner kleinen Gesellschaft *) Petersburg heute vor acht Tagen, kurz vor Untergang der Sonne, habe die Nachte immer auf den Stationen zugebracht und habe im Durchschnitt taglich innerhalb 12—13 Stunden 140 Werst oder 20 deutsche Meilen zurückgelegt. Abends hatten wir immer hellen Mondschein und erst um neun oder zehn Uhr machten wir Halt. Als wir Petersburg verließen, betrug die Kälte 6 oder 7° R. Je weiter wir aber fuhren, desto mehr nahm sie zu, so daß sie, als wir hier in Moskau anlangten, 21° betrug. Wir gewöhnten uns so allmählich an sie, daß wir selbst zuletzt nicht viel davon emp- fanden, ja mitunter in unserem halbverdeckten Schlitten und in unsere Pelze eingehüllt, recht wacker geschwitzt haben. Einige Kleidungsstücke, die ich auf starke Kälte gefaßt, mir gegen diese hatte machen lassen, hatte ich anzulegen gar kein Bedürfnis ver- spürt, z. B. Pelzhandschuhe und Pelzsocken. Wahrscheinlich werden wir auch weiterhin durch die Kälte nicht belästigt werden, da wir etwa acht Tage in Moskau zu verweilen gedenken und dann geradewegs immer weiter nach Süden fahren werden. Die Chaussee, die von Petersburg bis nach Moskau reicht und siebenhundert Werst oder hundert Meilen lang ist, wird auch im Winter in möglichst gutem Zustande erhalten, nämlich, soviel es sich thun läßt, geebnet und ist deshalb auch in dieser Jahreszeit im ganzen genommen recht bequem zu befahren. Die einzige Unannehmiichkeit, die sie dann gewährt, wird durch die Fracht- fuhrwerke bewirkt, indem diese den Weg mehr oder weniger versperren und auch die Bahn uneben machen. Auf keiner Straße in der Welt werden wohl der Lasten soviel hin- und hergefahren, als auf der erwähnten Chaussee. Schlecht gerechnet, bemerkte ich auf je zwei Werst 4o Schlitten (von denen einige mit drei *) Dieselbe bestand aus Rathke, seinem Assistenten Kutorga, einem Dor- pater Studenten (im Folgenden als K. bezeichnet) und einem Bedienten. 300 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. Pferden, die meisten jedoch nur mit einem Pferde bespannt waren), also auf der ganzen Straße zusammen wenigstens 18000 Fracht- fuhren. Wahrscheinlich aber ist diese Rechnung viel zu niedrig und ich bin aller Wahrscheinlichkeit nach an 25 000 solcher Schlitten vorübergefahren. Hier und da bildeten ihrer 50 und darüber einen einzigen Zug. Meistens halten sie sich in der Mitte der Chaussee; deshalb und weil die Pferde einen langsamen und fast regelmäßig abgemessenen Schritt halten, dieser Schritt auch theils wegen der ziemlich gleichen Größe der Pferde theils vielleicht auch aus Noth- wendigkeit und Gewohnheit bei allen diesen Thieren ziemlich gleich groß ist, kommt es, daß sehr bald in der Mitte der Chaussee Querfurchen entstehen, die ungefähr einen halben Fuß Breite haben und zwischen denen sich platte und etwas über einen Fuß breite Schneerücken befinden. Die Länge dieser Furchen und Rücken aber ist stellenweise verschieden, beträgt jedoch im allgemeinen 6—-8 Fuß. Geraume Zeit hindurch war ich wirklich der Meinung, daß die erwähnten Vertiefungen auf künstliche Weise durch die Chausseearbeiter bewirkt worden wären, bis ich nachher durch mehrere Umstände die Überzeugung erhielt, daß sie durch die Tritte der scharf beschlagenen Fuhrmannspferde hervorgebracht worden waren. Als eine andere Merkwürdigkeit der genannten Chaussee wäre noch der Umstand anzuführen, daß sie von Peters- burg aus 116 Werst schnurgerade fortgeht und auf dieser ganzen Strecke nirgends eine Biegung nach rechts oder links hat. Schade ist es übrigens, daß sie nirgends mit Bäumen bepflanzt, sondern allenthalben ganz kahl ist. Beinahe auf allen Stationen außerhalb der Städte gibt es großartig eingerichtete Posthäuser, wo der Fremde gut logiert und beköstigt wird. Die beste und freund- lichste Aufnahme fanden wir am ersten Abend auf der Station Pommerania, wo die Wirthin, ein ältliches, gesprächiges und heiteres Mütterchen, sowie auch ihre Schwiegertochter geborene Danzigerinnen waren. Eine recht schlechte Aufnahme dagegen beitheurer Bezahlung fanden wir in den großen Städten Nowgorod, Wischni-Woloschek und Twer, wo sich zur Aufnahme der Reisenden nur Privatgasthäuser befinden. Nicht einmal hinreichend genug Betten konnten wir dort erhalten, und schon hier kam es mir gut zu statten, daß ich ein Bett auf die Reise mitgenommen hatte. Eigentliche Posthaltereien, gibt es übrigens auf der ganzen Strecke von Petersburg nach Moskau nirgends, sondern in den großen Posthäusern befindet sich außer einem besonderen Gastwirthe nur Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 301 ein Postcommissär als bloßer Schreiber. Die Pferde müssen von den Bauern gestellt werden, die alle oder doch fast alle zugleich Fuhrleute sind. Diese Einrichtung hat zur Folge, daß man, an einer Station angelangt, sogleich, wenigstens im Winter von einem Schwarm solcher Fuhrleute umringt wird, die alle wie Juden ihre Dienste anbieten und einem sehr lästig werden, zumal wenn man eine Podoroschna*) hat, in welchem Falle der Postcommissär für die Herbeischaffung der Pferde Sorge tragen muß, der Reisende dann aber unnöthigerweise das Geschrei jener Leute auszuhalten hat. Dagegen kann man bei dieser Einrichtung die Ausgabe für die Podoroschna sparen, wenn man nicht etwa, wie ich, in Krons- angelegenheiten reist und dieses Schriftstück umsonst erhalten hat. Die Dörfer, durch die ich von Petersburg aus gekommen bin, haben meistens eine bedeutende Größe und bestehen entweder aus einer einzigen Straße oder auch wohl aus mehreren Straßen, Die Häuser stehen immer dicht beisammen und sind alle aus Holz erbaut. Meistens haben sie ein reinliches und nettes Aus- sehen und unterscheiden sich höchst vortheilhaft von den Bauern- häusern in Livland und Esthland. Häufig sind sie am Giebel oder auch an den Fenstern mit Schnitzwerk verziert. Die meisten sind einstöckig und haben gewöhnlich über den ziemlich großen Fenstern der Vorderseite eine über diese ganze Seite hinüberlaufende Galerie, auf die man vom Boden aus durch eine Thür hinaustreten kann (Altan) oder unter den Fenstern eine lange Vorlaube. Viele andere Bauernhäuser, die ich sah, waren sogar zweistöckig. Die Fensterläden sind nicht selten mit Farben bunt bemalt, ja zwischen Wischni-Woloschok und Twer bemerkte ich in einigen Dörfern viele und übrigens recht große Häuser, an deren Fensterläden reiche Vergoldungen angebracht waren. Die Dortkirchen sind in der Regel sehr groß und schön, stets massiv aufgemauert und an den Wänden gelb und weiß, an den Kuppeln der Thürme grün bemalt, tragen an den beiden Enden des Rechtecks, das sie bilden, zwei an Größe ungleiche Thürme und sind meistens in jeder Hin- sicht besser gebaut als die Kirchen selbst im Danziger und Marien- burger Werder. Noch ein anderer Umstand, der mir an diesen Dörfern besonders im Vergleich mit denen in Livland und Esth- land auffiel, war die geringe Anzahl der Krüge und die Reinlich- *) Podoroschna ist ein vom Gouvernement ausgestelltes Dokument, das den Inhaber berechtigt, auf den Poststationen Pferde zu einem festgesetzten Preise zu ver- langen; Privatreisende haben für die Podoraschna eine Gebühr zu entrichten. 302 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. keit vor denselben. In unserem guten Livland ist vor jedem Kruge die LandstraBe nach ihrer ganzen Breite so mit Heu be- deckt, daß in der Winterszeit ein größerer ‚Schlitten von den Pferden kaum hinübergeschleppt werden kann, auch ist daselbst die Straße gewöhnlich durch eine Menge von Wägen oder Schlitten halb gesperrt. Gerade das Gegentheil hiervon habe ich jetzt im eigentlichen Rußland gefunden. Überdies habe ich auf dem ganzen Wege von Petersburg bis Moskau auch nicht einen einzigen Betrunkenen bemerkt. In den Erzählungen, die in Deutsch- land über die Trunksucht der Russen im Umlaufe sind, herrscht meinen Wahrnehmungen zufolge eine sehr große Übertreibung. Der gemeine Mann in Deutschland*) liebt den Branntwein nicht weniger als der Russe, verträgt dieses Getränk im allgemeinen besser als der letztere und bekommt es auch weit kräftiger; denn aller Branntwein, der im eigentlichen Rußland verschenkt wird, ist wenigstens durch drei verschiedene Hände mit Wasser ver- dünnt worden. Von Petersburg bis Nowgorod, also auf einer Strecke von 180 Werst, hat man nur ganz flaches ebenes Land vor sich, doch wird der Blick in die Ferne meistens durch ungeheure Waldungen von Fichten**), die sich zu beiden Seiten der Chaussee hinziehen, gehemmt. Die Dörfer liegen an der Landstraße ziemlich dicht beisammen. Mehrere Meilen von Nowgorod sieht man links und in mäßiger Entfernung von der Straße zwei der berühmten und viel besprochenen Militärcolonien, ungeheuere Dörfer, in denen beiden die einzelnen Häuser sehr verschiedene Bauart haben, in deren jeder aber alle Bauern- und Soldatenhäuser nach einem und demselben Plane gebaut sind. Die einzelnen Häuser stehen immer in einiger Entfernung voneinander; die Straßen, die sie bilden, sind schnurgerade. Nowgorod kündigt sich schon aus weiter Ferne durch die Menge seiner Kirchthürme an. Das Innere der Stadt läßt, ab- gesehen von einigen Kirchen, nichts mehr von der ehemaligen Größe, der Macht und dem unermeflichen Reichthum dieses Ortes ahnen, wodurch er vor wenigen Jahrhunderten imponierte und wodurch Veranlassung zu dem ehemals herrschenden Sprichwort gegeben worden war: Wer kann gegen Gott und Groß-Nowgorodl| *) Vielmehr in Ost- und Westpreußen, mit denen Rathke allein vertraut war. **) Es ist dazu zu bemerken, daß man in Rathke’s Heimat als Fichten die Kiefern zu bezeichnen gewohnt ist. : Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 303 Die Privathäuser in der Stadt sind alle von neuer Bauart, nur ‚mäßig groß und zeichnen sich durch Nichts besonders aus. Nur von einem einzigen Hause aus alter Zeit ist noch ein Uberrest vorhanden, nämlich von dem der in RuBlands Geschichte merk- wirdigen Marfa, der Frau des letzten Birgermeisters in der freien Hansastadt Nowgorod, die diese Stadt gegen den Czaren Iwan den Grausamen, nachdem die Birger sich schon hatten übergeben wollen, noch geraume Zeit in alles aufbietender Gegen- wehr erhielt, bis sie zuletzt durch Erstürmung erobert wurde. Das erwahnte Haus steht versteckt auf einem kleinen Hof zwischen Stallungen, scheint nur der kleinere Teil eines ehemals weit gròBeren Hauses zu sein, ist auch urspriinglich ohne Kalkbewurf gewesen, hat einige schwache, gothische Verzierungen iber den Fenstern, und wird jetzt von ganz armseligen Leuten bewohnt. Einen recht hiibschen Anblick bietet dagegen der Kauthof. Es besteht der- selbe aus vier langen, schmalen und einander parallelen Gebäuden, deren jedes von einer Colonade umgeben ist und die alle ihre schmale Seite der ausnehmend schönen und großartigen Brücke zukehren, die in neueren Zeiten hoch über den breiten Wolchow- strom aus Mauerwerk und Granitsteinen aufgebaut ist, auf einer Menge von Bögen ruht und zu beiden Seiten ein zierliches und theilweise vergoldetes Geländer aus Gusseisen besitzt. Noch weit vorzüglicher sind von derselben Brücke die Aussichten nach den .drei übrigen Richtungen hin, nämlich stromabwärts auf eine lange Reihe von Häusern, die sich an beiden Ufern der Wolchow gegen Norden hinziehen und auf eine Menge von flachen Flußschiffen, Jachten und ein paar Dampfschiffe, stromaufwärts auf den Ilmen- see, aus dem die Wolchow breit entspringt, auf einige Landhäuser und das große Mönchskloster zum heiligen Georg, endlich in ent- gegengesetzter Richtung von dem Kaufhofe und dem größeren Theil der Stadt auf die weltberühmte Sophienkirche. Was die soeben erwähnte Kirche anbelangt, so ist dieselbe vor 700 Jahren erbaut worden, ist gegen unsere altgothischen bedeutenderen Kirchen in Deutschland nur klein zu nennen, hat die Form eines Kreuzes mit gleich langen, verhältnismäßig aber nur sehr kurzen Armen, wie die meisten Kirchen der Russen, und besitzt eigent- lich keinen Thurm, sondern nur mehrere Kuppeln. Die Glocken hängen in einem besonderen Gebäude. Das Licht fällt ins Innere der Kirche fast nur durch die mittlere größte Kuppel und erhellt es nur so mäßig, daß allenthalben ein feierlich stimmendes Halb- 304 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. dunkel vorhanden ist und die Kirche noch durch Lichter erleuchtet werden muß. Zu diesem Zwecke ist denn auch ein colossaler Kronleuchter angebracht, der von der mittleren Kuppel herab- hängt. Sonderbar fielen mir außerdem die verhältnismäßig un- geheuer dicken vierkantigen Pfeiler auf, die das Gewölbe der Kirche tragen und den Raum überaus beengen, so daß zwischen ihnen und den Seitenwänden nur sehr mäßig breite Gänge übrig geblieben sind. Der Altar ist sehr alterthümlich, hat aber sonst nichts Ausgezeichnetes. Zerstreut stehen ziemlich viele Sarcophage, welche die Gebeine von Heiligen und von bedeutenderen ge- schichtlichen Personen einschließen. Die meisten sind aus Sand- stein, der eines Heiligen NN. aus massivem Silber, alle aber haben eine kistenartige Form und beträchtliche (Größe. Das Inter- essanteste für mich und wonach ich zuerst fragte, waren jedoch die uralten Broncethüren, über die vor ein paar Jahren in Deutsch- land so mancherlei geschrieben worden ist. Auch diese Reliquien habe ich endlich zu sehen bekommen, sie schließen den größten und nach Westen gekehrten Haupteingang der Sophienkirche ab, sind vor vielen Jahrhunderten von Cherson, also aus dem süd- lichsten Theile des jetzigen europäischen Rußlands, hierher gebracht und enthalten auf ihrer einen Seite eine große Menge in Basrelief dargestellte Scenen aus der Lebensgeschichte Christi, die auf ebensoviele Felder vertheilt sind. Alle Figuren sind überaus roh, und das Ganze hat einen Werth nur für die Kunstgeschichte. Als ich mir die Sophia besehen hatte, ging ich in eine nahe gelegene und etwas neuere Kirche, wohnte der Messe bei, die der Metro- polit in hohem Schmucke hielt, und fuhr darauf einige Werst weit nach dem Georgenkloster. Von den drei Kirchen, die zu demselben gehören, besah ich vorzüglich die älteste oder Haupt- kirche, die im Innern überaus reich verziert ist und deren schönster Hauptaltar, abgesehen von den Räumen, wo sich Bilder befinden, an seiner Vorderseite ganz und gar aus stark vergoldetem und getriebenem Metalle besteht, so daß man eine sehr große Wand aus reinem und blankem Golde vor sich zu haben glaubt. Zu- gleich ließ ich mir in Gesellschaft mehrerer fremder Herren und Damen, die sich zur selben Zeit im Kloster eingefunden hatten, die unnennbar reiche Garderobe der Geistlichen zeigen. Ich habe manches derart schon in katholischen Kirchen gesehen, eine solche Pracht und einen solchen Reichthum aber nirgends weiter als hier in dieser griechischen Kirche. Abgesehen von den Edelsteinen. Zur Erinnerting an Heinrich Rathke. 305 und dem Golde war an den sechs verschiedenen Mützen für den Metropoliten und an den ungemein zahlreichen Meßgewändern nur allein von großen echten Perlen eine solche Menge vor- handen, daß ihr Werth auf einige Millionen Rubel angeschlagen werden kann. Nachdem wir in Nowgorod den halben Sonntag mit dem Beschauen der Merkwürdigkeiten zugebracht hatten, setzten wir nachmittags um 2 Uhr unsere Reise fort. In dem großen Dorfe Bronitza an der Msta trafen wir Alt und Jung, vielleicht den größten Theil der Einwohnerschaft, außer den Häusern im Freien und hatten Gelegenheit, die Töchter des Landes in ihren großen- theils seidenen, hellrothen, grünen oder gelben und übrigens saubern und netten Sonntagskleidern kennen zu lernen. Obgleich die Kälte 8—10° betragen mochte, saßen sie doch großentheils in Haufen vor den Thüren ganz gemüthlich beisammen und trieben untereinander oder mit den Mannsleuten allerlei Kurzweil. Einen kleinen munteren Jungen, der, als die Pferde gewechselt wurden, mit vielen anderen vor meinem Schlitten stand und der mir be- sonders gefiel, ließ ich fragen, ob er wohl mit uns nach dem schönen Moskau fahren möchte, um sich dasselbe zu besehen, wir würden ihn dann wieder zurückbringen. Er antwortete, er habe es gut genug zu Hause, sein Vater besitze zwar vier Söhne, doch seien für jeden von ihnen vier Troiken (Gespann von drei Pferden) bestimmt. Ich führe diese Äusserung des Knaben an, um einen Begriff von der Wohlhabenheit mancher russischen Bauern zu geben. Bis Kreszy, einem kleinen Städtchen, wo wir übernach- teten, blieb der Boden noch fast ganz eben, von da an aber wird er immer unebener und erhob sich allmählich zu dem Waldaigebirge, dessen höchste Punkte jedoch, wenn ich nicht irre, nur etwa 1000 Fuß über dem Meere liegen. Es besteht dieses ganze Gebirge nur aus aufgeschwemmtem Lande, nicht aber theilweise aus Felsmassen und ist aus lauter mäßig hohen Hügeln aufgethürmt. Wie gewöhnlich an den von Osten nach Westen verlaufenden Gebirgen der Erde ist auch bei ihm die Abdachung nach Norden steiler als gegen Süden. Gegen die letzterwähnte Himmelsgegend geht der Waldai kaum merkbar in ganz ebenes Flachland über. Seine Bewaldung ist nur schwach, doch mag er im Sommer viele recht anmuthige Aussichten ge- währen. Dörfer gibt es in ihm in Menge und mehrere derselben 306 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. haben eine bedeutende Größe. Seine Bewohner werden für die schönsten und kräftigsten Rußlands gehalten. Da es ziemlich kalt war, als ich über dieses Gebirge fuhr, so habe ich nur wenige seiner Bewohner zu sehen bekommen; unter diesen traf ich nament- lich in dem Städtchen Waldai mehrere, die wohl jene allgemeine Meinung rechtfertigten. Besonders zeichnete sich ein etwa sechs- zehnjähriges Mädchen aus, das mir zugleich mit mehreren anderen die in Rußland berühmten und schon in Petersburg von mir auf den Märkten gesehenen Kringel zum Kauf anbot, und das überall würde als eine Schönheit gegolten haben. Unerschöpflich waren übrigens diese Mädchen in der Anpreisung ihrer Ware und über- häuften dabei einen jeden von uns mit schmeichelhaften Aus- drücken, den einen nannten sie schönäugig, den anderen schön- nasig usw. Von Waldai bis nach Moskau wechseln wellenförmige Er- hebungen des Bodens mit unübersehbaren Ebenen ab, und nur in der Nähe des letzteren Ortes finden sich wieder größere Er- höhungen. Wälder sieht man wieder in Menge und zum Theil von sehr großer Ausdehnung. Die Fichten herrschen in ihnen vor. Sparsam kommen Tannen, Birken, Espen und Erlen vor. Die Stadt Wischni-Woloschok, wo wir übernachteten, hat für den Kaufmann eine nicht geringe Bedeutung, indem sie an dem Kanal liegt, der die Msta mit der Twerza verbindet, welcher erstere Fluß in den Ilmensee, also auch nach Petersburg und in die Ostsee, welch letzterer Fluß aber in die Wolga, also auch ins kaspische Meer führt. Die Schleusenwerke dieses Kanals, namentlich diejenigen, welche in und bei der oben genannten Stadt liegen, sollen sehr sehenswerth sein. Da sie jetzt mit Schnee und Eis bedeckt sind, verlor ich keine Zeit damit. Von der eben erwähnten Stadt aus kamen wir nach 7 bis 8 Stunden zu dem an der Twerza halb auf Anhöhen, halb in einer Vertiefung recht schön gelegenen und netten Städtchen Torjok, in dem sehr viele und sehr verschiedene leichte Leder- waren verfertigt werden z. B. Morgenstiefel von verschiedener Art, Brieftaschen usw. Zuvor aber befuhren wir einige Werst weit die Twerza und sahen an ihren Ufern zum ersten Male, seit wir die Ostseeprovinzen verlassen hatten, wieder ein paar herr- schaftliche Landhäuser, denn von Petersburg aus bis hierher hatten wir auf dem Lande nur Bauernhäuser und Kronsgebäude erblickt. Auch sahen wir auf beiden Ufern ungefähr hundert große platte Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 307 und breite Flußschiffe, sogenannte Barken im Bau. Wenn sie im Sommer mit Waren beladen an ihrem Bestimmungsort angelangt sind, werden sie zerschlagen, machen also die Fahrt stromaufwärts nicht wieder zurück. Twer, wo wir ungefähr ıo Uhr abends nach einer langweiligen Fahrt anlangten, auf der wir fast nur große Schneefelder und Waldungen gesehen hatten, ist eine sehr ausgedehnte Stadt mit vielen schönen Privathäusern. Im Winter halten sich hier viele adelige Familien auf, die in der Provinz Twer ihre Güter haben. Näher habe ich die Stadt nicht besehen, weil sie für mich nichts Merkwürdiges enthält. Auf der letzten Tagereise gelangte ich noch zu einem Städt- chen, das in Rußland durch die Eisenwaren, die in ihm in Menge verfertigt werden, sehr bekannt ist, nämlich nach Klin. In einem Kaufmannsladen neben dem Posthause, wo viele feinere Waren derart ausgestellt waren, besah ich sie mir mit großem Vergnügen. Es waren hauptsächlich Waffen, allerlei Luxusartikel und Haus- geräthe aus Stahl, und viele davon waren zierlich, zum Theil vergoldet. Die Vergoldung stellte Arabesken, Blumen und der- gleichen dar. Um eine Ansicht von Moskau aus der Ferne zu erhalten, blieb ich die Nacht auf der letzten Station vor dieser geschicht- lich berühmten und großartigen Stadt. Leider aber ward die Luft, als ich ihr Tags darauf entgegenfuhr, nebelig, und der Wunsch, eine Fernansicht von ihr zu erhalten, ward völlig vereitelt. Moskau, den 23. Januar 1833. Der alte große Czarensitz, in dem ich mich jetzt befinde, ist seit dem Brande zur Zeit der Besitznahme durch Napoleon zum größten Theil als eine ganz neue Stadt zu betrachten, denn fast nur allein der Kreml und eine Menge von Kirchen sind bei jenem Brande der Zerstörung entgangen. Nirgends aber erblickt der Fremde jetzt mehr eine Spur jenes vielbeklagten Unfalls, denn der weite Raum, auf dem er sich ereignete, ist allenhalben wieder mit Gebäuden bedeckt worden. Auf mich hat Moskau einen weit angenehmeren Eindruck gemacht als Petersburg und Berlin, welche beide Städte übrigens viel kleiner sind als jene. Die Straßen, von denen die meisten schnurgerade verlaufen, sind nicht so übermäßig lang und breit Zool. Annalen III. 21 308 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. als insbesondere in Petersburg, und die Hauser der Bürger haben nicht das einförmige kasernenartige Aussehen, wie das so häufig in jenen beiden Stadten der Fall ist. Im ganzen genommen sind sie, wie auch die Paläste der vielen hier wohnenden hohen und reichen Adligen nicht bloß verschiedenartiger, sondern auch ge- schmackvoller gebaut. Schön geformte und leichte Säulen und mannigfaltigste Stuccaturarbeiten sieht man in jeder Straße vor Häusern und Palästen sehr häufig. In vielen Straßen befinden sich ferner vor den Wohnungen große Hofanlagen oder kleine Gärten, die vorne von einem Gitter eingeschlossen werden. In anderen und zwar den besuchteren Straßen sind die Eckhäuser abgerundet und oben mit einer Kuppel versehen, so dass sie als griechische Tempel erscheinen. Ein ganzer großer Stadttheil, der sich an den Kreml anlehnt und wie dieser von einer hohen Mauer eingeschlossen ist, kann als der Kaufhof oder Bazar angesehen werden. Er besteht aus einer Menge überaus großer Gebäude, die alle Arcaden haben und von denen einige nur Kaufläden und Magazine sind, andere auch die Wohnungen von Kaufleuten enthalten. Zwei der größten unter ihnen oder vielleicht die beiden größten bestehen nur aus einer Etage und haben am platten Dache eine Menge kleiner Kuppeln und sehr lange, aber nur wenig breite und wenig hohe Aufbaue, durch deren Seitenwände, die fast nur aus Fenstern bestehen, das Licht in das Innere fällt. Dieses Innere enthält eine Menge von schmalen und viele Hundert Fuß langen Straßen, die sich unter rechten Winkeln durchschneiden und nur allein von Kaufläden gebildet werden. Die Waren je einer Klasse finden sich immer nur in einer solchen Straße beisammen. Hier siehst Du nur Arbeiten aus Gold, Silber und Edelsteinen bei- sammen, dort nur Seidenwaren. In einer anderen Straße sind die Eisenwaren, in einer vierten Colonialwaren, in einer fünften Caviar, gesalzene, getrocknete und gefrorene Fische beisammen aus- gestellt und so weiter fort. Das Gewühl in den angegebenen, aber auch noch in einigen anderen Stadttheilen übersteigt alle Vor- stellung. Menschen und Equipagen drängen sich durcheinander, der Fremde fürchtet fast jeden Augenblick umgerannt oder über- fahren zu werden. 20000 Fuhrleute stehen in Moskau zur Winters- zeit aus, wie man mir gesagt hat, und bieten ihre Equipagen und ihre Dienste an. Der Schauspielhäuser gibt eshier mehrere. Das vorzüglichste gehört zu den größten Europas, ist in einem zwar einfachen, doch Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 309 edlen Stil erbaut und auch diesem entsprechend im Innern ver- ziert. Ich sah gestern darin eine Comédie und ein Ballett auf- führen. Die Schauspieler führten ihre Comödie meisterhaft aus. In dem aus drei Akten bestehenden Ballet, das in die Zeiten des spanischen Ritterthums versetzte, kamen ein paar Hundert Personen vor. Der Inhalt desselben war gemüthlich und rührend und hat mir besser gefallen als die neueren großen Ballette, die ich bis jetzt gesehen habe. Das Pantominenspiel und die vielen Tänze der Hauptpersonen waren höchst ausgezeichnet und haben mich mehr ergötzt als in Petersburg. Nicht so gut dagegen wie in Petersburg führten die Nebenpersonen ihre vielen Tänze aus. — Noch ist mir von Moskau viel zu sagen übrig. Dies im näch- sten Briefe. Moskau, den 24. Januar 1835. Liebe Mathilde! Es hat mir einige Mühe gekostet aus Petersburg fortzukommen, weil man von mehreren Seiten mich auf eine freundliche und wohl- wollende Weise einen Tag nach dem anderen zurückzuhalten suchte. Im ganzen habe ich jetzt noch mehr als im vorigen Sommer Ur- sache gehabt, mit der Aufnahme, die man mir zu Theil werden ließ, zufrieden zu sein und mich darüber zu freuen. Abgesehen von der Familie Strauch, den beiden Leibarzten Rauch und Lerche und mehreren Academikern haben auch der Minister Fiirst Lieven, Geheimrat Uwarow und unser biederer Curator Baron v. Pahlen mich überaus zuvorkommend und gütig behandelt, und wahrschein- lich ist es, daß dieser mein zweiter Aufenthalt in Petersburg der Universitàt Dorpat und insbesondere der medicinischen Facultàt derselben nicht geringen Vortheil bringen wird. Ich habe mich über manches Mangelhafte und Wünschenswerte ganz unumwunden gegen die letztgenannten Herren ausgesprochen, bei ihnen viel Vertrauen auf mich gefunden und von ihnen gehört, daß man wohl geneigt sei, auf meinen Antrag noch für die Universität zu thun was möglich ist. Ich habe dem Curator meine Anliegen zuletzt noch schriftlich auseinandersetzen müssen, daß er darauf gehörig fußen konnte. Von seiten der Academie der Wissenschaften hat man abermals den Wunsch ausgesprochen, in sie einzutreten und nach Peters- burg zu ziehen. Staatsrath v. Fiss, das Factotum der Academie 21* 310 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. meinte, es wiirde sich leicht bewerkstelligen lassen, mir noch eine Nebenstelle mit 5000—6000 Rubel*) Gehalt zu verschaffen, die meine Zeit nur wenig in Anspruch nehmen wirde, und nannte mir zwei solcher Stellen. Ich habe zwar nicht nein gesagt, doch meine Antwort auf Schrauben gestellt. Der Prasident der Academie, Herr v. Uwarow, gab mir noch privatim ein Empfehlungsschreiben an seinen speciellen Freund, den Generalgouverneur von Taurien, wozu die Krim gehòrt, mit auf den Weg, obschor an ihn auf officiellem Wege meinethalben schon geschrieben worden war und zwar von. seiten des Ministeriums des Innern. Als ich in Petersburg war, herrschten dort zwei Krankheiten epidemisch und in so hohem Grade, daß ein sehr großer Theil der Menschen krank war, nämlich die Influenza und ein Schmerz der Riickenmuskeln, insbesondere in der Gegend zwischen Brust und Kreuzbein, der bei manchem jede Bewegung des Rumpfes unerträglich machte. Die Apotheker hatten so viel zu thun, daß sie kaum mit der Anfertigung der ihnen zugeschickten Recepte zurecht kommen konnten. Dieselben Krankheiten haben — wie ich jetzt erfahre — zur selben Zeit auch in Moskau geherrscht. Auch ich mußte unerwarteterweise wieder den praktischen Arzt spielen und zwar bei unserem Curator, dem Baron v. Pahlen, der selber mit seinen Bedienten und dem Adjutanten an der Influenza erkrankt war und mit den Petersburger Ärzten nichts zu schaffen haben wollte. Aber auch ich bekam nachher die obenerwähnte Rückenkrankheit, sah die Geschichte den ersten Tag ruhig an, indem ich hoffte, daß die Natur sich selber helfen werde. Als sie das aber nach 24 Stunden nicht gethan hatte, ich aber nicht Zeit hatte, lange krank zu sein, ließ ich mir zehn Blut- egel in den Rücken setzen und nahm etwas Medicin ein, worauf dann nach abermals >24 Stunden das Übel gänzlich verschwand. Im Militär herrschte seit mehreren Wochen die ägyptische Augen- entzündung, und mehrere Hundert Soldaten waren sowohl in Kronstadt als in Petersburg selbst daran erkrankt. Das Übel war aus den östlichsten Provinzen des europäischen Rußlands eingeschleppt worden. Ich habe mir heute einen schönen bequemen und fast ganz neuen Wagen für 400 Rubel gekauft. Nach dem Preise zu ur- *) Es ist dazu zu bemerken, daß hier und sonst wohl stets Rubel Banco gemeint sind. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. SL theilen, wirst Du glauben, daß er nicht viel taugen werde. Ich muß deshalb bemerken, daß nirgends in Rußland die Wagen so billig sind, als in Moskau. Es ist der meinige eine mittelmäßig große Britschke, die nicht bloß hinten, sondern auch vorne Federn hat. Der Kasten besteht zum Theil nicht aus Flechtwerk, son- dern aus Ledertafeln. Wenn der Wagen die Reise glücklich aushält, so werden wir ihn zu Spazierfahrten bei Dorpat und in der Stadt selbst sehr brauchen können. Jetzt werde ich ihn auf eine Schleife setzen lassen, die ich mir schon besehen habe, und hoffe, noch bis Charkow den Weg damit machen zu können. Die Kibitke habe ich für 70 Rubel verkauft, für 10 Rubel hat sie mir also auf 1020 Werst ihre Dienste geleistet. In Moskau gedenke ich noch bis zum 27. Januar alten Stils zu bleiben. Grüße die Kinder, Deine Mutter, Geschwister und all unsere Freunde in Danzig recht herzlich von mir und bleibe mit ihnen zusammen recht gesund und behalte mich lieb! Charkow, den 10/22. Februar 1833. Meine liebe Mathilde! Gestern gegen Abend bin ich glücklich und wohlbehalten hier angekommen, nachdem ich von Dorpat aus etwas über 250 Meilen gefahren bin. Es sind mir jetzt nur noch 600 Werst übrig, bis ich zur südlichen Kiste der Krim, dem Ziele meiner Reise gelangt bin, und diese hoffe ich in etwa 7 Tagen zurück- zulegen. Bis zur letzten Station vor Charkow bin ich auf Schnee gefahren, da aber mufite ich den Schlitten vom Wagen fort- nehmen und diesen auf die Rader setzen lassen, weil hier schon vor etlichen Wochen der Schnee vom Wege verschwunden war. Hier am Orte gedenke ich drei Tage zu bleiben, um mir die Universitat und besonders ihre Museen gehòrig zu besehen und einige Professoren naher kennen zu lernen. Die Reise von Moskau bis Charkow, welche beide Städte etwas über 700 Werst von- einander entfernt liegen, habe ich in weit langerer Zeit als ich hoffte, gemacht, nàmlich in 13 Tagen. In dem Briefe, den ich aus Moskau an Dich abgesandt habe, äußerte ich, daß ich wahr- scheinlich hòchstens 8 Tage dazu brauchen wiirde. Die Ursache der Verzögerung hat in dem überaus schlechten Wege gelegen, den ich von Moskau aus bis ungefähr 100 Werst vor meinem 312 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. jetzigen Aufenthaltsorte gefunden habe, insbesondere aber zwischen Moskau und Tula. Obgleich ich in meinem Leben schon ziemlich viel gefahren bin, so habe ich doch niemals_ einen schlechteren Winterweg gefunden als zwischen den beiden zuletzt genannten Städten, Beinahe auf der ganzen Strecke zwischen ihnen befand sich Grube bei Grube und fast jede von einer nicht unbeträcht- lichen Tiefe, so daß ich auf eine arge Weise fast immer im Wagen herumgeworfen und in die Höhe geworfen bin. Daß der Wagen selber nicht umgeworfen ist, verdanke ich nur den großen Flügeln, die der Schlitten, worauf er ruhte, hatte und die durch einen Querbaum, den ich bald hinter Moskau noch unterziehen ließ, gestützt und gesichert worden waren. Die Gruben auf dem Wege waren durch die vielen kurzen Fuhrmannsschlitten, die unaufhör- lich zwischen Moskau und Tula hin und her fahren, erzeugt und besonders bei dem Sturm und durch das auf ihn folgende Thau- wetter, das sich gleich nach meiner Abreise von Moskau ein- stellte, vergrößert worden. Vier Tage habe ich darauf zugebracht die 180 Werst von Moskau bis Tula zurückzulegen, obgleich ich ununterbrochen täglich vom frühen Morgen bis in den Abend hinein gefahren bin. Zweimal war in dieser Zeit die Deichsel gebrochen. Ein paar Mal wurden auch die Schienen vom Schlitten so verschoben, daß ich sie aufs Neue befestigen lassen mußte. Ich war deshalb recht -froh, als ich endlich in Tula ankam. Bald aber, nachdem ich mich niedergelegt hatte und schon halb ein- geschlafen war, weckte mich Kutorga (8) und theilte mir die Nachricht mit, die glücklicherweise sich nachher nicht bestätigte, daß unser Bedienter sich unterwegs beim Heben des Wagens, als wir während eines Schneegestöbers vom Wege abgekommen waren, das Schlüsselbein gebrochen hätte. Diese Nachricht und der Gedanke, daß hinter Tula vielleicht bis Charkow hin ‘der Weg nicht viel besser sein möge und daß bei dem eingetretenen Thauwetter die Flüsse, die noch zu passieren waren, wahrschein- lich aufgehen oder doch austreten werden, verstimmte mich in hohem Grade und ließ mich nur zwei Stunden während der ganzen Nacht schlafen. Mit größter Ungeduld erwartete ich den Morgen. Zu meiner Freude fand ich dann, als ich den Bedienten selbst untersuchte, daß sein Schlüsselbein nur stark gedrückt war und daß die Furche, die Kutorga in demselben bemerkt hatte, von einem früheren aber schon längst verheilten Bruche herrührte. Am Tage besah ich mir Tula näher, besonders die große Gewehr- Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 313 fabrik daselbst und ließ am Schlitten einige Reparaturen machen. Als ich am folgenden Tage abreiste, hatte sich ein leichter Frost eingestellt, der mir sehr zu statten kam und der dann auch mit einer Unterbrechung von ein bis zwei Tagen bis jetzt ange- dauert hat. Aber nicht bloß der Weg, sondern auch die Menschen am Wege von Moskau bis hierher haben mir keine sonderliche Freude verursacht. Noch nirgends, wo ich bis jetzt noch gewesen bin, habe ich unter Christen solche ohne alle Rücksichten nur auf ihren Vortheil bedachte Menschen gefunden, als an jenem Wege, insbesondere aber zwischen Moskau und Tula. Von ihren Prellereien könnte ich eine sehr lange Erzählung geben. Alle Klugheit, Er- fahrung und Vorsicht vermochte nicht dagegen gehörig zu schützen. Dazu kamen außerdem noch die schmutzigen und überhaupt schlechten Wirthshäuser, in denen ich, weil ich der schlechten Wege halber die Nächte hindurch nicht weiter fahren konnte, ‘ die Abende und Nächte zuzubringen mich genöthigt sah. Nur allein in der Stadt Kursk habe ich ein wohleingerichtetes sauberes und dennoch verhältnißmäßig billiges Wirthshaus gefunden. Aehn- licherweise beschaffene Posthäuser aber wie in den Ostseeprovinzen oder wie an der Chaussee zwischen Petersburg und Moskau habe ich hinter dieser letzteren Stadt nur einige sehr wenige gesehen. Betten gab es nirgends, und ich bin deshalb meinem Collegen Ledebour (9) großen Dank für den Rath schuldig, ein Unterbett und eine Decke mitzunehmen. Bier habe ich von Moskau aus erst wieder hier in Charkow bemerkt. Doch mache ich mir jetzt. auch nichts daraus, da ich mich unterwegs an den Kwas gewöhnt habe und dieses Getränk für mich auch zuträglicher finde, als Bier. Statt einer Fleischsuppe habe ich gewöhnlich Scy, d.h. eine mit Fleisch gekochte Suppe aus Weißkohl, wie ein National- russe gegessen, und bin sehr zufrieden gewesen, wenn ich sie nur einigermaßen gut bereitet erhielt. Doch da ich nun einmal von Essen und Trinken gesprochen habe, so will ich Dir nun auch die ganze Lebensweise angeben, die ich seit ungefähr 14 Tagen führe. Frühmorgens ließen wir uns eine Maschine mit Wasser bringen und machten uns dann daraus und dem Thee und Zucker, den wir in Moskau eingekauft hatten, unser Getränk. Bald nach sechs Uhr wurde darauf abgefahren, auf der nächsten Station wurde der Esskober hervorgeholt und Frühstück gehalten; nun fuhren wir in einem Zuge fort bis zum Abend, Endlich angelangt 314 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. im Nachtquartier, wurde etwas Warmes gegessen und dann kurz zuvor, ehe wir uns zum Schlaf niederlegten, noch einmal Thee getrunken. Wie abweichend diese Lebensart nun auch von meiner früheren gewesen ist, so habe ich mich doch dabei sehr wohl befunden und meine beiden Begleiter meinen, daß ich früher lange nicht so frisch und wohl ausgesehen hätte, als gerade jetzt. Ich schließe diesen Brief mit dem herzlichsten Wunsche, daß Du mit den Kindern Dich recht wohl befinden möchtest und bitte zugleich, daß Du alle die Unsrigen und auch die Freunde in der Heimath von mir herzlichst grüßen möchtest. Mit der zärtlichsten Liebe verbleibe ich ganz der Deinige. HrRathee Sympheropol;, — TORE Glücklich bin ich vorgestern in Perekop, dem Eingang in die . Krim angelangt, nachdem ich von Dorpat aus gerade acht Wochen unterwegs war (den Aufenthalt in Petersburg und Moskau ein- gerechnet) und beinahe 350 Meilen zurückgelegt hatte. Von Perekop reiste ich gestern Nachmittags um 3 Uhr ab, fuhr durch die einförmige Steppe die Nacht hindurch und langte, nachdem ich 138 Werst zurückgelegt hatte, heute früh um 6 Uhr hier in der Hauptstadt der Krim an. Die Reise von Charkow aus, wo ich den letzten Brief an Dich schrieb, habe ich in ziemlich kurzer Zeit zurückgelegt und ohne daß auf dieser Strecke von 700 Werst mein Wagen, ob- gleich er sehr stark beladen ist, die mindeste Beschädigung er- litten hat. In Charkow bin ich 4 Tage geblieben, und habe dort unter den Professoren, deren mehrere, an die ich mich gewandt hatte, mich sehr freundlich und zuvorkommend aufnahmen, recht angenehme Bekanntschaften gemacht. Der Himmel war die ganze Zeit über, die ich in Charkow zubrachte, und dann auch während der Reise bis zur Krim völlig wolkenlos. Die Sonne wärmte an geschützten Stellen schon recht stark, doch wehte fortwährend ein scharfer Ostwind, und in der Nacht fror es, die letzten Tage ausgenommen, recht stark. Hinter Charkow verlor der Schnee sich immer mehr und mehr und bald jede Spur desselben. Nach der ersten. Tagereise von etwa 130 Werst kam ich schon in Steppengegenden, wo große Heerden grauen podolischen Rind- Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 315 viehs das ganze Jahr hindurch unter freiem Himmel weiden, und am Ende des zweiten Tages langte ich in Jekaterinoslaw an, nachdem ich über den Dniepr, der dort breiter als die Weichsel bei Danzig ist und der noch eine ziemlich dicke Eisdecke hatte, hertiber gefahren war. In der letztgenannten, zum Theil sehr schönen Stadt verblieb ich K.’s wegen einen Tag, weil dieser dort einen seiner Briider, der Capitan beim Geniekorps ist, an- traf. Darauf ging es wieder in die Steppe bis zu der deutschen Colonie Neuenburg, auf welchem etwa 70 Werst betragenden Wege ich kein Haus weiter sah, als ein paar elende Posthäuser. In Neuenburg blieb ich die Nacht: bei wem? würdest Du wohl nicht errathen. Bei einem Mennoniten aus Walddorf dicht bei Danzig, der Peter Harder heifit und Schulze im Orte ist. Aufer dem eben erwähnten Dorfe gibt es in der Nähe desselben noch 16 andere und diese sind fast allein von Menschen aus der Um- gebung Danzigs und deren Nachkommen bewohnt. Mehrere dieser Dörfer tragen auch den Namen von Dörfern aus der Um- gebung Danzigs. So giebt es dort einen Ort genannt Osterwyk, einen anderen genannt Einlage u. s. w, Häuser, Ställe, Möbel, Kleidung, Sitten, Sprache, Wagen und Geschirr und die nicht hoch genug zu schätzende Reinlichkeit und Ordnungsliebe, alles war hier ganz so zu finden wie in der Umgegend meiner lieben Vaterstadt, so daß ich mich in die Nehrung oder in das Werder versetzt glaubte. Die Leutchen waren mit ihrem Zustande recht wohl zufrieden und beklagten sich nur darüber, daß zuweilen während des Sommers eine fortwährende Dürre und bedeutende Hitze herrsche, wodurch Mißwachs an Getreide und Gras herbei- geführt und ihr Wohlstand sehr beeinträchtigt werde. Auch im vorigen Sommer hatte es nicht ein einziges Mal geregnet und die Ernte war fast gänzlich fehlgeschlagen. Mehr über diese Colonien, die sich von den russischen Dörfern im südlichsten Theil Rußlands wie ein sonniger Tag von der finstersten Nacht unter- scheiden, desgleichen über meine Reise von Moskau bis zu der Krim sollst Du späterhin erfahren. Und ich will hier über jene Colonien nur noch dieses bemerken, daß in ihnen sich auch mehrere verschiedene Handwerker befinden, die recht gute Arbeiten liefern. — Nach einer halben Tagereise von den erwähnten Colonien aus, um die der Dniepr eine sehr große Krümmung macht, kam ich bei dem Städtchen Nicopolis zum zweiten Male an diesen Fluß. Herzlich froh war ich, als ich glücklich über 316 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. ihn hinübergelangt war, denn bei Nicopolis war seine Eisdecke schon sehr mürbe und dünn geworden. Wäre ich ein paar Tage später gekommen, so hätte ich wahrscheinlich eine oder einige Wochen an jenem Flusse verweilen müssen, weil er, wenn er aufgeht, gewöhnlich auf viele Werst weit von seinen Ufern aus das naheliegende Land überschwemmt. Bis Perekop bot die Reise nichts dar, dessen Erzählung für Dich Interesse haben könnte. Denn nur eine zuerst sehr hügelige und dann ganz ebene menschenleere Steppe war es, durch die mein Weg mich immer- fort führte. Allenfalls wäre es des Anführens werth, daß ich sehr häufig auf ihrem Zuge von Süden nach Norden begriffene Schwärme von Störchen, Lerchen, wilden Gänsen und Eulen zu sehen bekam. Bei meinem Eintritte in die Krim aber ging mir eine ganz neue Welt auf; es war das Leben des Orients, das ich und zumalin dem sogenannten armenischen Bazar, einem Flecken 4 Werst weit von Perekop, in dem ich die Nacht und mehr als einen halben Tag zubrachte, zu sehen bekam. Zweibucklige Kameele traf ich da zu Hunderten an. Einige zogen paarweise durch ein einfaches, aber schweres und übrigens zwischen dem Halse und dem vordersten Buckel aufliegendes Joch schwerfällige vier- oder zweiräderige Wagen, deren Achsen niemals geschmiert werden und die ein zehnmal ärgeres Geknarr und Gekreisch ver- ursachen, als die esthnischen leichten Wägelchen; andere Kameele fraßen stehend oder liegend mit auffallendem Geknirsche harte saftlose Steppenkräuter, namentlich verschiedene Arten von Wermuth und Salzpflanzen, die man ihnen in kleinen Bündelchen vorgeworfen hatte. Von Menschen wimmelte der Ort, aber unter ihnen sah man nur höchst wenige Russen, die übrigen waren vorzüglich Armenier, dann Tataren, Nogaien, Griechen, Zigeuner und karaitische Juden. Über die letzteren muß ich Dir etwas Näheres noch mittheilen. Es sind das Juden, die nur das alte Testament und auch dieses nur zum Theil als Religions- und Gesetzbuch angenommen haben, den Talmud aber durchaus ver- werfen. Es giebt ihrer, wie man behauptet, jetzt nur etwa 7000 und von diesen bewohnt die Mehrzahl einen kleinen in der Nähe von Sympheropol auf einem hohen Felsen gelegenen Ort, der Dschufut-Kalee heißt. Ihre Sitten, ihr Charakter und ihre Gesichts- bildung unterscheiden sie bedeutend und zwar höchst vortheilhaft von den übrigen Juden. Sie sollen namentlich in hohem Grade rechtlich und zuverlässig sein. Form und Haltung des Körpers Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. ST sind in der Regel gefällig und der Ausdruck ihres Gesichtes zeigt ein heiteres, freisinniges und männlich kräftiges Wesen. Als ich im Bazar herumging und Geld wechselte, zog unter den Karaiten ein etwa 3ojähriger und übrigens sehr schöner und munterer Mann mich besonders an. Durch Vermittelung von K. und einem anderen ehemaligen Zuhörer von mir, der in Perekop als Kreisarzt angestellt ist, ließ ich mich mit ihm in ein Gespräch ein und ließ ihn und seinen älteren Bruder, der ein sehr unter- richteter Mann war, über Verschiedenes befragen. Nachdem unsere Unterhaltung eine geraume Zeit gedauert hatte, lud er uns in seinen Laden zu Gast und überreichte einem Jeden von uns mit vieler Artigkeit eine Apfelsine. — Unter dem armenischen Bazar hatte ich mir einen schönen und glänzenden Kaufhof ge- dacht. Nicht wenig war ich daher betroffen, als ich in ihm etwas ganz Anderes fand. Er besteht hauptsächlich zum Theil aus niedrigen Buden, die mehrere Straßen und Marktplätze bilden, zum Theil aus kleinen, elenden Wohnungen der Tataren und übrigen Orientalen. Alle diese Gebäude sind aus Lehmziegeln aufgeführt und mit Lehm überstrichen. Fast alle haben zum Dach ein Flechtwerk aus Baumzweigen, auf dem eine ungefähr fußdicke Decke von Erde liegt, bei einigen aber befindet sich auf dieser Decke noch eine Lage von stark gewölbten und meistens so gut als gar nicht befestigten Dachpfannen. Die meisten Wohn- häuser bilden ein Viereck, das einen kleinen Hofplatz einschließt; die nach den Straßen gekehrten Seiten des Vierecks haben keine Fenster, damit die Frauen dem Anblicke der Fremden entzogen sind, die wenigen Fenster des Gebäudes aber sind dem Hofe zugekehrt und enthalten statt der Glasscheiben senkrecht gestellte Stäbe, zwischen denen Streifen Papiers eingeklebt sind. Die Er- wärmung der Zimmer wird durch große Kohlenbecken bewerk- stelligt. Beiläufig bemerkt, habe ich im Bazar nur wenige Frauen- zimmer bemerkt und diese waren zum Theil Russinnen, zum Theil häßliche, zänkische und elend gekleidete Zigeunerinnen. Der Buden, die ich oben erwähnte, sind immer mehrere aneinander- gereint und haben ein weit vorspringendes stark abfallendes, nach außen auf einer Reihe von dünnen viereckigen und rohen hölzernen Pfeilern ruhendes und gewöhnlich sehr niedriges Dach vor sich. In ihnen kann man höchst verschiedene Waaren finden. In keiner, soweit ich sie durchstöbert habe, gar kostbare. Eine Menge solcher Buden bemerkte ich auch, in denen Handwerker 318 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. bei offener, das Tageslicht in das Innere hineinlassender Thir ihr Geschaft trieben. Hier arbeitete ein Backer, dort ein Schneider u. s. w. In einer Bäckerbude sah ich drei Tataren auf mu- hamedanische Weise mit untergeschlagenen Beinen um eine Pfanne sitzen, in der sich ein Fleischgericht befand, und mit den Fingern diese ihre Kost zerreißen und zum Munde führen. Auch einige Kaffeehäuser giebt es im armenischen Bazar, hölzerne zwei- stöckige Häuser, an welchen eine Treppe zu einer Galerie an der Vorderseite führt, von der aus man in das Innere der oberen Etage gelangt. Ich besuchte das angeblich beste derselben. Der innere Raum, in den ich von der Gallerie aus gelangte, war durch zwei Reihen Pfeiler, zwischen denen sich Geländer be- fanden, in drei Theile abgesondert, nämlich in einen mittleren, mäßig breiten Gang und zwei größere Seitentheile. Jeder der letzteren war durch ein quergehendes Geländer wieder in zwei kleinere Theile abgetheilt. In der Mitte eines jeden solchen vierseitigen Raumes stand ein großes Kohlenbecken mit glühenden Kohlen, worauf auch die Pfeifen ausgeklopft wurden; ein Ofen fehlte. Ringsherum an den Wänden des vierseitigen Raumes befand sich eine Erhöhung von kaum einhalb Fuß, auf der ganz ordinäre Teppiche ausgebreitet waren, und die gleichsam einen Divan bildeten, auf dem mehrere Personen mit untergeschlagenen Beinen saßen, von denen einige Karten spielten. Am Ende des oben beschriebenen Ganges aber und gegenüber der Thür des Zimmers befand sich eine Art Nische mit einem kleinen Fenster, in der ein ebenfalls kleiner, jedoch hoher Herd angebracht war, auf dem in kleinen kannenförmigen eisernen und mit einem Stiel versehenen Gefäßen über Kohlen, die mit einem Blasrohr an- gefacht wurden, der Kaffee bereitet wurde. Man reichte ihn in kleinen Porcellantassen, deren jede in einem besonderen becher- förmigen Untersatz ruhte, den Verlangenden. Ich setzte mich ebenfalls mit unterschlagenen Beinen zu den Orientalen und ließ mir Kaffee reichen. Er war durchaus rein, ohne Milch und Zucker und schmeckte nicht übel. Der Preis für jede Tasse war zehn Kopeken Kupfer. Noch: eine andere Einrichtung, die im armeni- schen Bazar auf den Orient hindeutet, sind die Minarets, deren es dort mehrere giebt. Es sind dies einfache, enge Thürme, um die in der Höhe eine Gallerie herumgeht, von der aus viermal in 24 Stunden ein muhamedanischer Geistlicher die Gläubigen zum Gebete ruft. Außer den schon beschriebenen Gebäuden be- Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 319 finden sich außer einer Synagoge und etlichen ärmlichen Moscheen noch einige wenige auf europäische Weise gebaute Häuser und eine griechische Kirche. In Sympheropol gedenke ich etwa 5 Tage zu bleiben und bei einigen hiesigen Gelehrten, die das Land genau kennen, Er- kundigungen einzuziehen, welchen Ort an der nahe gelegenen Küste ich zuerst für meine Zwecke zu längerem Aufenthalt wählen soll, und auch den Generalgouverneur von Taurien, Grafen v. Woronzoff, an den ich vom Ministerium empfohlen bin und der dieser Tage erwartet wird, zu sprechen. Sewastopol, den 4./16. April 1833. Liebe Mathilde! | Wie Du aus dem Briefe, den ich vor etwa fünf Wochen von Sympheropol an Dich abschickte, ersehen haben wirst, hatte ich an diesem Orte noch nicht das ersehnte Schreiben von Dir vor- gefunden. Ich erhielt es aber 14 Tage später, als ich mich in Balaclawa befand, wohin der Staatsrath Mühlhausen es mir nachgesandt hatte. Es war ein sehr erfreulicher Tag für mich, da ich nach Verlauf von ungefähr drei Monaten endlich wieder einmal erfuhr, daß Du und meine lieben Kinder sich wohl be- finden und ihres Aufenthaltes in der Heimath froh wurden. Deinen Wunsch, Dir auf Deinen Brief mit umgehender Post eine Antwort zu schicken, habe ich nicht erfüllt, theils weil ich in Balaclawa nicht Sicherheit genug hatte, daß von da aus ein Schreiben richtig an Dich gelangen würde, theils weil ich von Sympheropol aus den Grund, warum Du so baldige Antwort haben wolltest, näm- lich eine Erklärung über den Ankauf eines Wagens in Danzig schon im Voraus beseitigt zu haben glaubte. Was diesen Punkt anbetrifft, so will ich Dir darüber auf alle Fälle die Bemerkung wiederholen, daß ich es Dir ganz überlasse, ob Du unseren Kutschwagen verkaufen und einen anderen Wagen dafür an- schaffen willst, oder nicht. Doch muß ich gestehen, daß es mir lieb wäre, wenn Du einen recht guten Halbwagen kaufen könntest. Die Britschke, die ich in Moskau gekauft habe, kann ich ohnehin, wenn sie uns überflüssig sein sollte, für dasselbe Geld oder beinahe für dasselbe, was sie mir kostet, aller Wahrscheinlichkeit nach in Livland wieder verkaufen. Diese Bemerkung aber verlangt 320 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. nothwendigerweise noch eine andere. Ich schrieb Dir in meinem letzten Briefe Einiges über den jetzigen Stand meiner Finanzen, damit Du Dich in Deinen Einkäufen danach richten Könntest. Wenn ich aber nicht sehr irre, so habe ich damals vergessen anzugeben, daß ich von der Universität für Vorlesungen, die ich im vorigen Semester an Stelle des Professors der Zoologie ge- halten habe, noch 500 Rubel bekomme und daß diese wahrschein- lich jetzt schon bezahlt werden können. Ein anderer Umstand, der Dir ebenfalls nicht unangenehm sein wird, ist der, daß mir mein Aufenthalt in der Krim weit weniger kostet, als ich be- fürchtete, daß der Fall sein würde. In Folge der mir vom Ministerium gegebenen Papiere hat mir der Gouverneur der Krim an die Behörden derjenigen Städte, die ich bis jetzt besucht habe, Empfehlungsschreiben gegeben, die mir überall eine zuvor- kommende Aufnahme und freies Logis verschafften. Ich habe deshalb vor einigen Tagen an Schmalz (10) geschrieben, daß ich nur 1000 Rubel nachgechickt wünschte. Das übrige mir von der Universität gebührende Geld steht zu Deiner Verfügung. Jetzt über meine Reise. In Sympheropol bin ich 8 Tage geblieben, um dort die Einleitung zu der Reise durch die Krim machen zu können, sammelte in dem neben der Stadt liegenden Kalksteingebirge versteinerte Muscheln und Schnecken, fand an den letzten Tagen des Februars in diesem Gebirge Veilchen und Crocus in Blüthe und verlebte bei den ehemaligen Aerzten, den Staatsräthen von Steven und Mühlhausen viele frohe und für mich lehrreiche Stunden. Nur der kleinere Theil der Stadt, die einen beträchtlichen Umfang hat, ist auf euro- päische Weise gebaut und enthält nicht gar viele überdies weit auseinander liegende, aber meistens ziemlich große und ansehnliche Häuser, auch eine überaus geschmackvoll gebaute griechische Kirche. Der übrige Theil der Stadt enthält nur Häuser von Tataren und Zigeunern, kleine unansehnliche und schmutzige Hütten, ähnlich denen im armenischen Bazar bei Perekop, die ich Dir schon beschrieben habe. Ferner eine große Anzahl von ebenfalls schlecht ins Auge fallenden Kaufläden, die mehrere Straßen bilden und meistens Tartaren angehören, endlich eine Menge kleiner, zum Theil aber doch ziemlich gefälliger Moscheen. Am meisten hat der Mittwochs stattfindende Wochen- markt für mich Interesse gehabt. Auf einem sehr großen Platze sah ich eine sehr bedeutende Menge orientalischer Gesichter, Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 321 viele Kameele und eine Fülle von Früchten, besonders köstlichen Aepfeln, die zu einem äußerst geringen Preise zu Kauf standen, Auch habe ich in Sympheropol mehrere zum Theil reich ge- kleidete tatarische Frauen in der Nähe ihrer Häuser gesehen, doch waren die meisten bis auf die Augen dicht und dick ver- schleiert, nur wenige ließen etwa die Hälfte ihres Gesichtes sehen, das, soviel ich bemerkte, nichts sagte und keineswegs hübsch aber wohl blendend weiß war. Von Sympheropol fuhr ich 62 Werst weit nach dem be- kannten Kriegshafen Sewastopol. Der Weg führte meistens durch ein bald engeres, bald weiteres von hohen Bergen zu beiden Seiten begrenztes Thal, das eine beinahe ununterbrochen fort- laufende Kette von Gärten enthält, in denen besonders Obst und Wein kultiviert werden. Mehrere kleine Bergströme, ein paar romantisch gelegene und durch die in und bei ihnen vorkommen- den italienischen Pappeln sehr geschmückte Tatarendörfer, des- gleichen einige Landhäuser vornehmer Russen erhöhen den Reiz dieses Thales gar sehr. Leider war, als ich hindurchfuhr, erst wenig Grün darin zu erblicken, um 8 Tage aber, zu welcher Zeit ich durch dasselbe wieder zurückfahren will, werde ich es hoffent- lich in vollster Pracht sehen. Etwa eine halbe Meile von Sewastopol bekam ich schon den vollen Anblick auf das schwarze Meer, über dem der hellste reinste Himmel ausgebreitet war. Diese Reinheit und das dunkle Blau des Himmels, zudem der Abglanz der Sonne von den dort röthlichen, dort weißen Felsen, die es rechts und links vor mir begrenzten, war wohl die Ursache, daß mir das Meer weit dunkler erschien, als ich jemals die Ostsee gesehen zu haben mich erinnere. Die Gefühle, die in mir auf- stiegen, als ich endlich das ersehnte Ziel meiner Reise und das Feld, an und auf dem wiederum einmal meine Thätigkeit einen Spielraum finden sollte, vor mir sah, vermag ich nicht mit Worten zu schildern. In Sewastopol blieb ich vorläufig nur 11/2 Tage, um mir einigermaßen das Terrain zu besehen, und fuhr dann über kahle steinige und mäßig hohe Berge ostwärts zu dem 15 Werst davon gelegenen Balaklava, einem höchst interessanten Ort für einige wenige Tage, aber nicht für längere Zeit. Einzig in ihrer Art sind für Europa, abgesehen von Griechenland, Lage, Bauart und Bewohner des Ortes. Wenn man auf der von Sewastopol ausgehenden Landstraße die Berge herabsteigt, erblickt man rechts einen tiefen von steilen rothen und zum Theil aus Marmor be- 322 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. stehenden Felsen gebildeten Kessel, zu dem von der Landseite her nur ein einziger Weg als Eingang dient. Ein anderer Ein- gang ist nur vom Meere her, diesen aber wird man erst dann gewahr, wenn man dicht davor steht, weil er zwischen zwei an- einander vorgeschobenen Felswänden hindurchführt und nicht so breit ist, daß zwei große Schiffe nebeneinander vorbeisegeln können. Auf diesen Felsen, welche die Masten auch des größten Linienschiffes sehr weit überragen würden und welche dem von Sewastopol Herkommenden als Hintergrund der Scene erscheinen, liegen die weitläufigen und thurmreichen Ruinen zweier Burgen, die vor mehreren Jahrhunderten von den Genuesern zur Ver- theidigung des hier befindlichen und damals ihnen gehörigen Hafens erbaut worden waren. Der Boden des erwähnten Kessels ist noch mit Meereswasser bedeckt und giebt einen überaus sicheren und bequemen Hafen ab. Jetzt wird er nur als Noth- hafen gebraucht und ich traf in ihm nur vier oder fünf Seeschiffe an. Links endlich ist an die eine Felswand das Städtchen Bala- klava gleichsam angeklebt und nimmt sich von Ferne recht romantisch aus. Es wird mit Ausnahme einiger wenigen Tataren nur von Griechen bewohnt. Die Männer sind alle Soldaten und bilden das sog. Arnauten-Bataillon, welches die Küste der Krim gegen das Einschleppen der Pest bewahren und beschützen muß. Die Männer und Frauen sind meistens kräftige, blühende Gestalten mit höchst ausdrucksvollen und charakteristischen Gesichtern, besonders in Hinsicht der Augen. Die Frauen sind übrigens zu ihrem Nachtheil sehr zum Fettwerden geneigt und haben, selbst die aus höherem Stande, für die Ausbildung des Geistes wenig oder gar keine Neigung und Sinn. Auch die gemeinen Soldaten sind wohlhabend, da jeder soviel Land in Besitz nehmen kann, als er zu bearbeiten Lust und Kräfte hat. Ein Jeder besitzt des- halb auch seinen Weinberg. Der Weingärtchen giebt es demnach eine große Menge bei Balaklava (doch nicht an den Wänden des oben beschriebenen Kessels, denn diese sind kahle rothe und höchst steile Felsmassen), Obstgärten aber nur wenige, Wald nirgends herum. Die Häuser des Städtchens sind ganz so gebaut wie es in Griechenland üblich ist: höchst leicht und luftig, ein jedes an der oberen Etage vorn und hinten mit einem nach der ganzen Länge des Hauses hinlaufenden Balcon und einem weit vorspringenden Dache zum Schutze gegen die Sonne darüber. In die Zimmer fällt deshalb nur wenig Licht und selten ein Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. : 328 Sonnenstrahl. Auch in dem Hause, in dem ich einquartiert worden war und zwei Zimmer hatte, einem der größten und besten am Orte, befand sich die beschriebene Einrichtung und war mir fùr meine Untersuchungen wenig passend. Nur zwischen 2 und 4 Uhr gelangten die Sonnenstrahlen in mein Arbeitszimmer, um 4 Uhr verbarg sich die Sonne hinter dem diesem Zimmer jenseits der breiten Meeresbucht gegenüberliegenden Felsen — ein Umstand, woraus Du auf die Höhe dieser Berge einen Schluß machen kannst. Abends ging ich zuweilen auf den Balcon, von dem ich die ganze Bucht iberblicken konnte, um mir den Sternenhimmel und einige Tage später den auf dem Wasser sich spiegelnden Mond zu betrachten, sowie die alten Ruinen im Hintergrunde. Einen solchen Sternenhimmel aber wie hier habe ich im Norden nie und nirgends erblickt. Die Venus leuchtet so hell wie der Mond im ersten Viertel, und eine unendliche Menge kleiner Sterne, die wir im Norden wegen der Dünste niemals mit bloßen Augen sehen können, tritt hier scharf und klar auch fürs bloße Auge hervor. Wissenschaftlicher Zwecke wegen fuhr ich ein paar Mal aufs Meer und besah mir von unten die himmel- hohen, einige Male von Nebeln zum Theil bedeckten, schroffen Ufer mit ihren Küsten und Grotten, in denen Seevögel und wilde Tauben ihre Wohnung haben. Vergnügenshalber ging ich gegen Abend, wenn die hinter den Felsen sich verbergende Sonne mir meine Untersuchungen zu beschließen befahl, in die Berge und kletterte auf die Felsen, betrachtete die Landschaft und die an den steilsten Felsen herumkletternden Herden von Schafen, Ziegen und Rindern und erfreute mich an den für mich neuen Blumen, deren mehrere schon hervorgesprossen waren (obgleich mehrmals es während der Nacht noch etwas fror) und unter denen sich auch eine große Anzahl von Hyacinthen befand, ein kleines zier- liches Pflänzchen mit zwei bis drei blauen, einfachen Blüthen, das Du später einmal zu sehen bekommen sollst, da ich es für Dich eingelegt und aufbewahrt habe. Auch Balaklava selbst wirst Du zu sehen bekommen, da ich in Moskau zufälligerweise für einen geringen Preis die berühmten großen Ansichten der Krim von Kügelgen gekauft habe. Sehr werth wird mir Balaklava bleiben, auch wegen eines höchst feingebildeten und liebens- würdigen Mannes, der sich meiner dort wie ein Bruder annahm. Es ist das der Chef des Arnautenbataillons Caccioni, ein Grieche, der aber sehr gut Französisch spricht. Ich war auf seine dringende Zool. Annalen Ill. 22 324 à Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. und herzlich gemeinte Einladung sein täglicher Mittagsgast, eine Einladung, die für mich nicht zu verschmähen und die hoch an- zuschlagen war, da ich sonst außer Brod und Aepfeln manchen Tag nichts weiter zu essen gehabt hatte, zum Theil deshaib, weil jetzt die Fastenzeit war. Nachdem ich 15 Tage in Balaklava verweilt und mehrere Untersuchungen beendigt hatte, schickte ich den Dr. Kutorga reitens nach Sewastopol mit einem Empfehlungsschreiben an den dortigen Hafen-Admiral Pataniotti, einen Griechen, um Quartier fiir mich daselbst auszumitteln. Tags darauf, am 18. Marz hielt ich selber meinen Einzug, einen einspännigen Wagen mit den eingesammelten Naturalien hinter mir her. Der Admiral hatte Kutorga sehr freundlich aufgenommen und mir ein aus zwei großen und recht schön möblierten Zimmern bestehendes Logis bei einem Kaufmann anweisen lassen. Ich konnte also schon mit der ersten Aufnahme in Sewastopol zufrieden sein. Nachher hat man sich von mehreren Seiten bemüht, mir meinen Aufenthalt hierselbst möglichst nutzreich und auch angenehm zu machen, nicht bloß der Admiral, sondern auch die Generale v. Berg, v. Sievers, v. Brakel und v. Rosen, welcher letzte hier Commandant ist, haben mich auf eine Weise aufgenommen und bis dahin behandelt, die des wärmsten Dankes werth ist. Bei den oben genannten Generälen, die alle aus Livland und Esthland hergeschickt und übrigens wie auch ihre Frauen und Kinder äußerst liebe und anspruchslose Leute sind, besonders aber bei Berg und Rosen befinde ich mich, als wäre ich ein Glied ihrer Familie. Bei Pataniotti, bei dem ich einige Male habe zu Mittag in größerer Gesellschaft sein müssen, kann dies nicht so der Fall sein, da ich mich mit ihm und seiner Frau, die nur russisch und griechisch sprechen, unmittelbar gar nichtund mit seinen Töchtern nur in der französischen Sprache, in der ich jetzt schon eine ziemliche Geläufigkeit erlangt habe, unterhalten kann. Die Oster- feiertage habe ich alle meine Arbeiten ruhen lassen und in den Familien dieser Herren verlebt. Am ersten Feiertag war ich bei Berg zu Mittag, ging darauf mit ihm und der Familie in den etwa eineinhalb Werst von der Stadt gelegenen Garten, wo die Aprikosen-, Mandel- und Lorbeerbäume in vollster Blüthe standen, und verließ erst nach neun Uhr Abends sein Haus. Am zweiten Feiertage, d. h. gestern, war ich bei dem Admiral zu Tisch, wo alle hier noch befindlichen Stabsofficiere der Flotte mit ihren Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 325 Frauen und Töchtern eingeladen waren, hörte eine angenehme, von den Militärmusikern und Sängern aufgeführte Musik und verschiedene Gesänge, besah mir recht genau die vornehmen, weiß und roth geschminkten Griechinnen und brachte darauf den Abend wieder bei dem General Berg zu. Heute am dritten Feiertage war ich bei dem Commandanten Baron v. Rosen zu Mittag und Thee und habe mich wieder, wie schon oft bei ihm, recht heimisch und fröhlich gestimmt gefunden. Hierbei muß ich Dir noch erzählen, daß meine Wirthsleute sehr große Augen machen, wenn ich an ihnen vorübergehe, und mich, was mir sehr spaßhaft vorkommt, für eine sehr wichtige Person halten, da alle die Herren Militärs, die ich Dir genannt habe, mich ab und zu besuchen, auch Ausfahrten zu Wasser und zu Lande mit mir machen u. s. w. Eine solche etwas größere Fahrt werde ich morgen mit dem General Berg, der die Oberaufsicht über alle Leuchtthürme der ganzen russischen Küste des Schwarzen Meeres hat, nach der Landspitze Fanary (12 oder 15 Werst von Sewastopol) machen und dort dann etwa zwei bis drei Tage zubringen, um bei dem Warter des dortigen Leuchtthurms, der eine starke Fischerei hat, einige Untersuchungen auf Meerthiere anzustellen. Der Hafen von Sewastopol ist, wie Du es schon gehört haben wirst, einer der schönsten und größten in der Welt. Er besteht aus mehreren großen, besonders langen, untereinander zusammen- hängenden tiefen und fast allenthalben von hohen Kalksteinufern umgebenen Buchten und könnte bequem die Flotten aller euro- päischen Mächte aufnehmen. Leider war, als ich hier ankam, schon die Hälfte des hier stationierten Schiffsgeschwaders nach Constantinopel abgesegelt, die andere Hälfte aber habe ich noch einige Zeit hindurch täglich vor Augen gehabt. Wenn ich auf den Balkon meines Logis hinaustrat, konnte ich sie beinahe völlig und ganz in meiner Nähe übersehen. Die Stadt hat eine sehr bedeutende Ausdehnung, da in manchen Theilen die Häuser weit auseinander stehen und auch eine sehr große Anzahl abgesonderter großer Krongebäude zu ihr gerechnet werden muß. Mitten in Stadt liegt ein Berg, weit größer, insbesondere länger als der Domberg bei Dorpat, und auf diesem und an ihm, nämlich auf lauter Terrassen steht der größere Theil der Privatgebäude. Abends, wenn in den Häusern Licht angezündet worden ist, nimmt sich besonders von der Rhede (der mehrere Werst langen und etwa eine Werst breiten Hauptbucht) und von dem gegenüber- 22* 320 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. liegenden Ufer aus die Stadt wunderschòn aus. Nicht so aber ist es der Fall am Tage. Die meisten Hauser sind klein, haben auch kein sonderlich gefälliges Aeußere, zwischen ihnen aber und neben ihnen kommen viele aus gelbgrauen Kalksteinen und Lehm erbaute und Höfe einschließende Mauern vor, die wie Ruinen verfallener Häuser aussehen. Auch die nächste Umgebung von Sewastopol ist nicht sehr einladend. Sie besteht aus mäßig hohen, steinigen Bergen, enthält keinen Baum und kein Gesträuch, außer in den wenigen und überdies hauptsächlich nur für den Weinbau bestimmten Gärten, ist nur im Frühling auf kurze Zeit sehr spär- lich mit Grashalmen geschmückt, etwas später, wenn die Sonne heißer zu scheinen angefangen hat, wiederum völlig öde. Alle aus den Ostseeprovinzen hierhergekommenen und jetzt hier an- sässigen Personen sehnen sich deshalb nach ihrem Norden zurück, wo das Auge durch den Anblick der Wiesen und Wälder erfreut werden kann. Ueber die diesjährige Witterung ist hier im Allgemeinen Klage. Nachdem im Januar schon sehr warme Tage eingefallen waren, stellte sich nachher wieder Kälte bei großer Trockenheit ein. Als ich in Balaklawa mich aufhielt, zeigte am 10. März das Reaumur’sche Thermometer um 6 Uhr Morgens 10° Wärme, vom 13. bis 16. dagegen um dieselbe Zeit 3 bis 5° Kälte. In Sewastopol fand ich um dieselbe Zeit am 23. Marz die Luft 12°, am 27. nur 1 bis 2° warm. Ich habe auch in meinem Leben im Zimmer nie so gefroren, wie zuweilen in Balaklawa und Sewastopol, da man hier gegen die Kälte nicht so gut als im Norden sich zu schützen bemüht gewesen ist. Der eigentliche Frühling scheint hier erst mit dem ersten Osterfeiertage eingetreten zu sein. Die Aprikosenbäume aber und Mandelbäume fingen schon in der Mitte des März zu blühen an. Die Korneelkirsche sah ich sogar schon in Sympheropol an den ersten Tagen des März in Blüthe. Am nächsten Montage, 10./22. d. Mts. gedenke ich Sewastopol zu verlassen und in Baktschiserai, wo das berühmte Schloß der Krim’schen Sultane ist, auf das ich ein Einquartierungsbillet be- kommen habe, zwei Tage zu bleiben, dann über Sympheropol nach. dem östlichen Ende der Krim zu gehen und mich dort in Theodosia und Kertsch einige Wochen in der Nähe des Meeres aufzuhalten. Bis jetzt habe ich in der Krim schon viele inter- essante Untersuchungen gemacht und mit Kutorga wenigstens 300 Tiere eingesammelt, die für die Universität Dorpat bestimmt Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 327 sind. Ich hoffe, daß meine Reise für mich und die Universität reichlich lohnend ausfallen wird. i Deine Briefe kannst Du nur immerfort nach Sympheropol senden, von wo aus ich sie durch den Staatsrath Mühlhausen zugestellt bekomme. Wenn Du aber diejenigen Briefe, die ich Dir über Georgenburg zugesendet habe, richtig erhalten hast, so schicke mir die Deinigen auf demselben Wege, also durch Ver- mittelung von Herrn Kr. wieder zu, da sie dann fiir mich nicht so kostspielig werden, als wenn ich sie direkt von Danzig erhalte. Fir Deinen letzten Brief habe ich zehn Rubel und einige Kopeken zahlen miissen. Nun lebe recht gesund und vergniigt bis auf Wiedersehen, grüße und küsse die Kinder für mich, grüße auch die Deinigen und bleibe mir hold. Ganz der Deinige. H. Rathke. Sympheropol, den 13./25. Mat 1833. Liebe Mathilde! Nachdem ich gestern Abends aus dem östlichen Theile der Krim hier wieder eingetroffen bin, will ich mich beeilen, wieder einige Zeilen an Dich zu richten. Den letzten Brief habe ich in den Osterfeiertagen in Sewastopol geschrieben, also vor 6 Wochen. Ich hoffe, daß er Dir richtig zugegangen sein wird. In Sewastopol blieb ich noch beinahe 14 Tage nach Ostern, im Ganzen etwas über vier Wochen, weil ich dort ein reiches Feld für meine Unter- suchungen und ein sehr passendes Logis zur Anstellung derselben gefunden hatte. Wie ich jetzt erst recht ersehe, so ist auch die Ausbeute, die ich dort gemacht habe, nicht unbedeutend und für die Wissenschaft von nicht geringer Wichtigkeit. Ein paar Tage nach Ostern besuchte mich der Professor Nordmann (11) aus Odessa, der gehört hatte, daß ich mich in der Krim befand. Mit ihm zusammen machte ich einen Abstecher nach dem etwa ı5 Werst von Sewastopol befindlichen Vorgebirge Parthenion, berühmt aus dem Alterthum, weil dort ein Tempel der Diana gestanden und die bekannte Geschichte zwischen der Iphigenia und ihrem Bruder sich zugetragen haben soll, jetzt aber ein völlig öder Platz, auf dem nichts weiter als ein Leuchtthurm steht. Wir blieben bei dem Wächter des Leuchtthurms vier Tage und drei Nächte, 328 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. fischten, jagten und stellten viele mikroskopische Untersuchungen an und wurden durch die Wissenschaft über das ziemlich salzige Wasser, das wir trinken mufiten, und das herzlich schlechte Essen, das uns die bei dem Thurme angestellten Soldaten kochten, voll- kommen entschädigt. — Später reiste ich mit meinen beiden Gefahrten über Baktschiserai nach Sympheropol, nachdem ich das 16 Werst östlich von Sewastopol und dicht am Meere zwischen hohen Felsen überaus romantisch gelegene Georgiew’sche Kloster besehen hatte, eine Partie, die zum Entzücken schön ist, aber selbst nicht einmal durch den Pinsel treu geschildert werden kann, weil von dem Kloster aus die Landschaft terrassenartig zwischen zwei hoch hervorragenden wilden Vorgebirgen steil etwa goo bis 1000 Fuß gegen das Meer hin abfällt. In Baktschiserai, wo ich zwei Tage und zwei Nächte in dem weitläufigen Palaste der ehe- maligen Herrscher der Krim wohnte, konnte ich das Leben der Orientalen in vollem Maße kennen lernen. Was ich früher davon gesehen hatte, war nur ein kleiner Vorgeschmack gewesen. Nur Tataren und andere Orientalen wohnen in dieser ziemlich großen und in einem ziemlich langen schmalen Thale zwischen zwei hoch aufsteigenden Bergreihen gelegenen Stadt, die man als einen großen Markt betrachten kann, denn fast jedes Haus bildet vorn eine offene Bude. In der einen hat ein Kaufmann die erhandelten Waaren, in der anderen ein an der Straße in seiner Bude arbeiten- der Handwerker sein eben verfertigtes Produkt zum Kauf aus- gestellt. Von nahe und fern besucht täglich eine Menge von Menschen die Stadt, daher denn in den engen Straßen, wo kaum zwei Wagen aneinander vorbeifahren können, ein unaufhörliches Gedränge von Menschen, Pferden und Zugochsen, unter welchen letzteren sich auch viele Büffel befinden! Daß ich mir den Palast der Chane, in dem ich einquartiert war, gehörig besehen habe, versteht sich von selbst. Er kam mir vor wie ein Feenschloß, besonders an den mondhellen Abenden, die ich in seinem Bereiche verlebte. Auf dem sehr großen und mit Gras bewachsenen Hof, der zu dem Palaste gehört, hatte ich zu einer Seite den noch sehr wohl erhaltenen, im orientalischen Geschmacke phantastisch gebauten und beträchtlich langen Palast selbst, zur anderen Seite die schönste Moschee, die es in der Krim giebt, und zwei große Mausoleen der Verstorbenen aus der Chansfamilie, vor mir weit- läufige an den Bergen auf Terrassen angelegte und schon in Blüthe stehende Gärten, hinter mir das große Thor und ein Seiten- Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 329 gebäude des Palastes. Dazu denke Dir die, ich möchte sagen, wehmiithige Stimme des Mullah, der vom Minarete wie aus himmlischen Höhen die Gläubigen zum Gebete rief, und Du wirst Dir einigermaßen vorstellen können, in welche Stimmung ich in Baktischiserai versetzt worden bin. Auch bin ich zweimal in die Moschee gegangen und habe kurz vor dem Beiramsfeste dem sonderbaren Gottesdienste der Muhamedaner beigewohnt. Von Baktschiserai machte ich endlich noch einen kleinen Abstecher zu Pferde nach Dschufut-Kale, der Stadt oder eigentlich der Festung der karaitischen Juden, einem Orte, der wie ein Adler- nest auf einem hohen steilen Felsen gelegen ist. Ich lernte auf dem Wege dorthin, der fast immer über Felsen ziemlich steil und zum Theil auch an ziemlich tiefen Schluchten vorbeiführte, zum erstenmal den sicheren Tritt der tatarischen Pferde kennen. Zu- gleich besuchte ich bei dieser Gelegenheit das gleich einem Schwalbenneste unsinnigerweise an einer viele Hundert Fuß hohen Felsenwand auf halber Höhe angeklebte, von Balken, die in die Felsen eingelassen sind, getragene kleine Kloster zur Himmel- fahrt Mariae. In Sympheropol angekommen, blieb ich daselbst nur 1!/2 Tage und machte nun die Reise nach der über 200 Werst entfernten östlichsten Spitze der Krim, da wo der Bosporus, eine an der schmalsten Stelle höchstens vier Werst breite Meerenge, Europa von Asien scheidet. Auf dieser Fahrt kam ich durch den größten Markt der Tataren, durch Karassubazar, eine zwischen Kreide- bergen in weitem Kessel gelegene bedeutende Stadt, in der die größten und reichsten Waarenlager der Krim’schen Tataren sein sollen. Weiterhin ging es immer fort durch die Steppe über Feodosia, eine ehemals sehr reiche und große, jetzt aber sehr heruntergesunkene Seestadt, wo ich übernachtete, nach Kertsch. Hier blieb ich acht Tage und hatte täglich die 16 Werst weit entfernte Küste von Asien und gegen 200 Schiffe, die in der sicheren und geräumigen Meeresbucht in beträchtlicher Entfernung von der Stadt Quarantaine halten mußten, vor Augen. Kein Schiff, das aus dem Mittelländischen Meere ins Schwarze Meer gekommen ist, darf ins Asowische Meer, ohne bei Kertsch angelegt und Quarantaine gehalten zu haben, falls es diese nicht schon bei Odessa oder Feodosia überstanden hat. Die Stadt, die vor Christi Geburt einige Zeit hindurch die Residenz der pontischen Könige und namentlich auch des berühmten Mithridates, späterhin aber 330 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. eine wichtige und reiche Colonie der Genueser gewesen war, sank in der neueren Zeit beinahe zu einem Dorf hinab. Jetzt aber hat sie sich seit einigen wenigen Jahren wieder außerordentlich gehoben. Die meisten Hauser, die hier stehen, sind erst ein paar Jahre alt und eine groBe Anzahl anderer war man eben jetzt im Begriff aufzuführen oder zu vollenden. Es wird dazu ein lockerer Kalkstein verwendet, den man mit leichter Mùhe zersagt und mit dem Beile wie Holz bearbeitet. Deshalb und weil ein unerschòpf- liches Lager solchen Steines in der Nähe vorkommt, geht in Kertsch das Bauen auch sehr schnell von statten. Mebr aber als die gleich Pilzen daselbst hervorschießenden Häuser zogen die vielen aus den verschiedensten Gegenden der Levante ange- kommenen Seefahrer mit ihren verschiedenartigen und zum Theil auffallenden Trachten und Gesichtern meine Aufmerksamkeit auf sich: es war mir Anfangs als befände ich mich auf einer Maskerade. Auch die Umgebung der Stadt bot mir Manches dar, das großes Interesse erweckte. Sowohl auf der Steppe als auf den Bergen um Kertsch erhebt sich eine unzählbare Menge von Hügeln, deren jeder etwa 20 bis 30 Fuß hoch ist und die Gestalt eines abgestumpften niedrigen Kegels hat. Alle diese Hügel nun sind Begräbnisse der früheren Bewohner des östlichen Theiles der Krim und ins- besondere der alten Griechen. Mehrere davon sind geöffnet worden. In einem fand man vor zwei Jahren die Scelette von einem Mann und einer Frau, die so viele, übrigens höchst sauber gearbeitete und für die Kunstgeschichte überaus wichtige goldene Geräth- schaften an und um sich hatten, daß noch der Rest, der nach Petersburg gebracht worden ist, 30,000 Rubel an Goldeswerth hat. Eine Menge von Geschirren, Putzsachen und kleinen griechi- schen Götterstatuen, die in anderen solchen Grabhügeln gefunden worden waren, habe ich in dem Kunstmuseum zu Kertsch ge- sehen. Einige solcher Dinge wurden mir von dem Gouverneur der Stadt für die Universität Dorpat geschenkt, desgleichen ein sehr wohl erhaltener Schädel aus einem solchen alten griechischen Grabe und ein anderer durch in der Kindheit auf den Kopf an- gewendeten Druck sehr sonderbar geformter Schädel eines Ur- Einwohners der Krim. Endlich hatte ich noch das Vergnügen, der Eröffnung eines großen Grabhügels beizuwohnen, die in Gegenwart des gerade anwesenden Generalgouverneurs von Taurien statt hatte und wozu man auch mich eingeladen hatte. Ehe ich Kertsch ganz verließ, machte ich noch auf zwei Tage Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 331 einen Abstecher nach der Festung Jenikale, die den Bosporus beherrscht. Von hier aus besuchte ich mit dem Commandanten und dessen Frau den östlichsten Winkel der Krim und nament- lich den größten daselbst befindlichen Schlammvulkan und eine Naphthaquelle. Eine andere Fahrt wollte ich auf dem Fischer- boote nach der vier Werst von Jenikale entfernten Küste von Asien machen. Aber zufälligerweise — und ich kann wohl sagen glücklicherweise — hielt ich mich, als alles zur Abfahrt schon eingerichtet war, auf Europas Küste bei der Untersuchung der soeben in großer Menge eingefangenen und zum Theil goo bis 1000 Pfund schweren Störe etwas zu lange auf. Denn als ich mich dabei ganz vertieft hatte, erhob sich ein Sturm, der das Herüberfahren nicht zuließ. Wäre ich aber etwas früher ab- gefahren, so hätte ich drei Tage lang auf einer wüsten Sandinsel zwischen den Fischern und Kosaken verweilen müssen, denn so lange hielt der widrige Sturmwind an. Mein Wunsch, den Fuß auf Asiens Boden gesetzt zu haben, ist also leider vereitelt worden. — VonKertsch ging es zurück durch die Steppe nach dem 120 Werst davon entfernten Feodosia. wo ich mich dann meiner Untersuch- ungen wegen 6 oder 7 Tage aufhielt. Und darauf, um die Natur der Steppe noch näher kennen zu lernen, zum Pastor Kyber, dessen Schwester bei Wendt in Langfuhr lebt und die auch Dir von Dorpat her bekannt ist, auf dessen an mich erfolgte Einlad- ung ich hinfuhr. Er wohnt in Zürichthal, einer aus Schweizern und Württembergern bestehenden Colonie, in einiger Entfernung vom Gebirge mitten in der Steppe, einem Lande, ähnlich dem höher gelegenen Theile des Danziger Werders. Bei ihm ließ ich meinen Wagen und Bedienten zurück und ritt mit Kutorga am vorigen Sonntage ins Gebirge, um den östlichen Theil des- selben und der Südküste der Krim kennen zu lernen. Auf jeder Station bekamen wir frische Pferde und einen Tataren als Be- gleiter. Kyber hatte mir seinen Sattel geliehen. Die Tagereisen waren nur klein, die Gregenden höchst romantisch, das Wetter sehr günstig. Am ersten Tage kamen wir nach Eskikrim, der früheren Residenz der Krim’schen Chans, einem jetzt aber ganz verfallenen und fast nur von Armeniern und Griechen bewohnten Flecken. Am Nachmittage desselben Sonntags bestiegen wir in Gesellschaft des Polizeimeisters dieses Fleckens, des Pastor Kyber, der uns bis dahin begleitet hatte, und zweier Führer den Ager- misch, einen der höchsten Berge der Krim, und genossen von 332 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. dessen bewaldetem Ricken eine weite und schòne Aussicht auf einen Theil des Schwarzen Meeres, des Asowschen Meeres, der tiefer liegenden Felsen und Berge, wie auch der Steppe. An den beiden folgenden Tagen ging der Weg durch ein neues von Bulgaren, die vor drei Jahren aus der Tiirkei einwanderten, er- bautes Dorf, ein auf hohem Berge mitten im Walde gelegenes armenisches Kloster (wo uns der Archimandrit sehr freundlich aufnahm und mir beim Abschiede ein zierliches Crystallflaschchen mit echtem Rosenòle zum Andenken schenkte) und durch die überaus reizend zwischen Felsen und Waldern in Thälern an- gelegten Tatarendòrfer Otous und Koos nach Sudagh. Wir ritten meistens über sehr hohe felsige, aber stark bewaldete Berge und . hatten die großartigsten Ansichten unter oder vor uns. Schöneres von Gebirgsgegenden habe ich in Deutschland nicht gesehen. Die Wälder standen schon in vollster Frühlingspracht. Was mir besonders an ihnen auffiel, war die große Mannigfaltigkeit der Baum- und Straucharten, woraus sie bestanden. Gar sehr zeich- neten sie sich dadurch vor denen des Nordens aus, in denen meistens nur eine Art von Bäumen vorkommt oder doch sehr vorherrscht. Doch waren die Baume fast alle alte Bekannte. Der Weg war meistens sehr steil, doch klimmte das tatarische Pferd ihn leicht wie die Gemse hinan. Abwärts zu gehen kostete ihm aber mehr Mühe und mehrmals waren wir deshalb genòthigt, abzusitzen und das Pferd-allein gehen zu lassen. In Sudagh, einem langen und weiten Thale, das sich gegen das Meer ôffnet, schöne Gartenhäuser und so große Weingarten besitzt, daß darin im Durchschnitt jährlich für eine Million Rubel Wein gewonnen wird, blieb ich einen Tag und eine Nacht und besah mir be- sonders die großartigen und zum Theil noch gut erhaltenen Ueberreste einer auf himmelhohen Felsen über dem Meere ge- legenen genuesischen Festung, die eine große Aehnlichkeit mit den Ruinen der deutschen Ritterburgen haben. Von Sudagh fuhr ich, da von dort aus nach Zürichthal ein vortrefflicher Post- weg führt, auf einer Telega durch das Gebirge etwa 40 Werst weit zum Prediger Kyber zurück, indeß die Natur mir unver- geßlichen Genuß gewährte. Ueber Karassubazar gelangte ich endlich, wie schon erwähnt, gestern wieder in Sympheropol an. — Hier will ich mich noch morgen und übermorgen aufhalten, um die bis jetzt eingesammelten größeren Naturalien, die fünf kleine Fässer und zwei Kisten anfüllen, mit einem Fuhrmann über Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 333 Charkow nach Dorpat abzusenden. (Die kleinen, die viele Gläs- chen und Schachteln anfillen, nehme ich auf meinen Wagen zurück.) Darauf gedenke ich auf einer Telega mit Kutorga am 16. d. Mts. nach Alupka 35 Werst von hier auf der Süd- kiiste der Krim zu fahren, von dort aus den Dschatyr-dagh, den hòchsten Berg der Krim, den ich von Sympheropol aus täglich vor Augen habe, zu besteigen, den etwa i150 Werst langen Küstenstrich bis Balaklawa zu Pferd zu durchwandern, von ihm aus nach etwa drei Wochen nach Sympheropol zurückzukehren und dann endlich von der Krim Abschied zu nehmen. Die Rück- reise soll über Odessa gehen und von dort aus darfst Du erst wieder einen Brief von mir erwarten. Vor dem 13./25. August gedenke ich mit Gottes Hilfe wieder in Dorpat zu sein und dann wünsche ich Dich ebenfalls dort zu wissen. Nach Empfang dieses Briefes schicke Du keinen weiter an mich nach Sympheropol ab, sondern allenfalls nach Dorpat. Vielleicht wird es Dir aufgefallen sein, daß ich in diesem Briefe K.’s nicht erwähnt habe. Zu meiner Freude hat sich dieser Jammerprinz von mir in Sympheropol nach unserer Rückkehr von Sewastopol getrennt, weil er auf meiner Weiterreise nach Kertsch kein Amusement zu finden hoffte. Er hatte bis dahin auf der Reise auch nicht das Allermindeste für die Wissenschaft gethan, sondern nur auf dem Sopha gelegen, Karten gespielt, wo er es nur thun konnte, und sich den Backenbart, den er sich wieder hat über das halbe Gesicht wachsen lassen, gestriegelt, wozu er eine Bürste mitgenommen hatte, die auf dem Rücken mit einem Spiegel versehen war. Er treibt sich jetzt auf eigene Hand im Lande herum und ist in Sympheropol bei allen wissen- schaftlichen Männern und deren Familien zum Gelächter ge- worden. Von Odessa aus wünscht er mit mir wieder zurück- zureisen. Ich habe aber wenig Lust, ihn mitzunehmen, da ich ihn jetzt verachte. Kutorga dagegen hat mir treulich geholfen und sich keine Mühe verdriefien lassen. Mit ihm habe ich so- viel zusammen gearbeitet und gesammelt, daß unsere Reise einen glänzenden Erfolg haben und zu den ersprießlichsten gehören wird, die von der Universität Dorpat aus der Wissenschaften wegen gemacht worden sind. Für Klinsmann“) habe ich selber eine hübsche Anzahl von *) Rathke’s Schwager, Arzt in Danzig und eifriger Botaniker. 334 Zur Erinnerung an Heinrich Rathke, Pflanzen gesammelt. Wenn Du ihn siehst oder seine Frau, so sage ihm dies. 2 Wahrscheinlich wird es Dir keine Neuigkeit mehr sein, daß ich vor etwa zwei Monaten vom Kaiser den Annenorden be- kommen habe. Von der Universität habe ich noch keine Nach- richt darüber erhalten, wohl aber das Nähere in zwei officiellen russischen Zeitungen gelesen. Eine andere Auszeichnung, die mir in diesem Jahre geworden ist, ist die, daß man mir in Oester- reich den neuesten Band der ältesten und berühmtesten medicini- schen Zeitschrift Deutschlands gewidmet hat. Der Fürst von Lieven hat seinen Abschied als Minister bekommen. Der Präsident der Petersburger Academie, Greheimrath Uwarow, der mich, wann ich in Petersburg war, stets wohl- wollend und mit Auszeichnung aufgenommen hat, ist an Lievens Stelle getreten. Meine Mutter bitte ich zu besuchen, sie zu grüssen und ihr den Inhalt dieses Briefes mitzutheilen. Vielleicht schreibe ich noch dieser Tage an sie, vielleicht aber auch erst vor meiner Abreise aus der Krim. Auch bitte ich die Deinigen von mir herzlichst zu grüßen, unsere Kinder in meinem Namen zu küssen und selber mir gut zu bleiben. Der Deinige für immer. Rathke. P.S. Mein Portrait hast Du wohl schon längst erhalten. Es ist eigentlich fürs Erste meiner Mutter bestimmt, der wirst Du es also bei Deiner Rückkehr nach Dorpat übergeben. Stirbt sie, so fällt es Max zu. In Dorpat will mich derselbe Künstler nochmals portraitieren und dann lithographieren. | Soeben wie ich diesen Brief schließen und auf die Post bringen wollte, erhielt ich den Deinigen vom 22. April neuen Stils und war dadurch sehr beglückt. Es bleibt mir jetzt nicht mehr Zeit, darauf viel zu erwidern. Nur Folgendes noch. Am 23. Mai neuen Stils war ich beim Pastor Kyber in Zürichthal und habe an Emma nicht gedacht. Robert und auch Emma*) bitte ich meine Glückwünsche zu bringen. Was Du an Schmalz geschrieben hast, damit bin ich völlig zufrieden. Aus der Ant- wort wirst Du ersehen, ob Du noch mehr Geld als das verlangte bekommen kannst; ist es der Fall, so fordere es, falls Dein Brief *) Robert und Emma: Geschwister der Frau Rathke. Zur Erinnerung an Heinrich Rathke. 335 noch vor dem 10. Juni alten Stils in Dorpat ankommen kann, denn dann wird Schmalz wohl nach Preußen reisen. Wegen Erdmann (12) mache wie es Dir gefällt und wie Du es kannst. Doch das Tabakskästchen kann ihm nichts nützen, da er nicht Tabak raucht. Das bei Martens eingegangene Geld kannst Du Dir geben lassen, ich wüßte nicht, wem ich in Danzig es zuweisen sollte. Freund Geiseler, Martensund Berend bitte ich zu grüßen. Das Zettelchen von dem Letzteren, das in Deinem Brief liegen sollte, habe ich darin nicht gefunden. Tatarenmädchen und Weiber habe ich jetzt schon genug ge- sehen, sie gefallen mir nicht. Das Reisen durch die Steppen ist nicht so arg, als man es sich denkt, Es giebt in ihnen, wenigstens im südlichen Rußland, Flüsse und Wasser genug und nirgends fährt man rascher und sanfter als in ihnen. Lebe recht wohl und gedenke meiner in Liebe; der Deinige. Rathke. 1. Deutsch, Chr. Fr. v., Professor der Geburtshilfe in Dorpat von 1804-1835; geb. 27. Sept. 1788 in Frankfurt a. O., gest. 17. April 1843 in Dresden. 2. Broecker, Erdmann Gustav v., Professor des Staats- und Völkerrechts in Dorpat von 1825-1854; geb. 18. Nov. 1784 zu Riga, gest. 4 März 1854 in Dorpat. 3. Eschholz — die Wittwe von Joh. Friedr. E, der unter O. v. Kotzebue zwei Erdumseglungen mitmachte (1815—1818, 1823—1826) und am 7. Mai 1831 in Dorpat an Typhus gestorben ist. 4. Moier, Joh. Christian, von 1814—1836 Professor der Chirurgie in Dorpat; geb. 10. Marz 1786 in Reval, gest. am ı. April 1858. 5. Asmuss, Herm. Martin, geb. 31. Mai 1812 in Dorpat, habilitierte sich daselbst 1835, erhielt 1857 die Professur für Zoologie; gest. 6. December 1859. 6. Brandt, Friedr., Akademiker, geb. 1802 in Jüterbogk, gest. 1879. Uwarow, S. S., Praesident: der Akademie der Wissenschaften von 1818 bis zu seinem Tode (4. September 1855). 8. Kutorga, Stephan, geb. 1808, studierte in Dorpat, wurde Professor der Zoologie in St. Petersburg; gest. 1861. 9. Ledebour, Karl Christian, von 1811-1836 Professor der Naturgeschichte und Botanik in Dorpat. Geb. 8. Januar 1785 in Stralsund, gest. 22. Juni 1851 in München. 10. Schmalz, Johann Friedrich Leberecht. 1829— 1845 Professor der Landwirtschaft in Dorpat. Geb. 25. Juni 1781 in Wildenborn i. S., gest. 23. Mai 1847 in Dresden. ri. Nordmann, Alexander von. Geb. 1803, gest. 1866, Professor der Zoologie in Helsingfors, wirkte eine Zeitlang in Odessa. 12. Erdmann, Joh. Friedr. v., 1817-1842 Professor der Pathologie und Klinik in Dorpat. Geb. 1775 in Wittenberg, gest. 1846 in Wiesbaden. Der Jahrgang 1907 der ,,Zeitschrift fiir wissenschaftliche Insektenbiologie‘‘ und der Name Myrmegryllus dipterus Fiebrig. Von Dr. P. Speiser, Kreisassistenzarzt in Sierakowitz (Kr. Carthaus, Westpreufen). biologie“ eine gewisse Krisis durchzumachen gehabt, indem Bi verschiedentlich ihre Druckerei wechselte. Der verdienst- volle Herausgeber hat alles Mögliche daran gesetzt, die Aus- stattung und den Druck allen berechtigten Anforderungen ent- sprechen zu lassen, ja er hat sich schließlich dazu entschlossen, die ersten 7 von den ı2 Heften der Zeitschrift nochmals in besserer Ausführung, als das zuerst geschehen war, drucken zu lassen und diese Neudrucke seinen Abonnenten ohne weiteres zur Ver- fügung zu stellen. Es existieren also von diesem Jahrgange der Zeitschrift die Seiten 1—228 in doppelter Ausführung. Da es sich um verschiedene Druckereien handelte, die auch zu ver- schiedenen Zeiten die Druckausführung zu leisten hatten, so ist es nicht weiter verwunderlich, daß diese beiden Ausführungen nicht in allen Stücken identisch sind. Größtenteils sind ja aller- dings sogar die Umbruchstellen der Seiten ganz gleich, viele Druckfehler der ersterschienenen Ausgabe sind übernommen, und es hat wohl kaum ausbleiben können, daß sich bei dem Neudruck andere Druckfehler dazu eingestellt haben. Diesem kaum vermeidlichen, bedauerlichen Umstande habe ich bei der Anfertigung des Inhaltsverzeichnisses auch Rechnung getragen, indem ich sagte, (p. X unter ,,Berichtigungen‘): „Diesen Berich- Zool. Annalen. Bd. III. Heft 4. | | m Jahre 1907 hat die „Zeitschrift für wissenschaftliche Insekten- Speiser, Jahrg. 1907 d. Zeitschr. f. wissenschaftl. Insektenbiologie etc. 337 tigungen sind die Neudrucke von den Heften 1—7, pag. 1—228, nicht die ursprünglich ausgegebenen Hefte zugrunde gelegt“. Mir ist aber bei der Anfertigung des Inhaltsverzeichnisses ein Gegenstand entgangen, der vielleicht für zukünftige Zitate nicht ganz ohne Bedeutung ist, und der deshalb hier besprochen werden soll. Wenn ich auf p. III des Inhaltsverzeichnisses zitiere: „Fiebrig, K.: Eine ameisenähnliche Grille aus Paraguay, Phyllos- cirtus macılentus Sauss. ... 101“, so steht damit in Inkongruenz die Angabe auf p. X: „Als neu beschrieben: Orthoptera: A/yrme- gryllus dipterus nov. gen. nov. spec. 101 (= Phylloscirtus macılentus Sauss.).“ Einmal habe ich nämlich dabei den Neudruck zitiert, das andere Mal die ursprüngliche Ausgabe. Und dies ist die Stelle, wo die wesentlichste Abweichung besteht. Als das Heft 4, das mit p. 101 beginnt, im April erschien, war weder der Verfasser des Aufsatzes, noch der Herausgeber darüber klar, daß die zu behandelnde Grille schon beschrieben sei, sie wurde als neu be- trachtet und wurde hier als „nov. gen. et sp.“ unter dem Namen Myrmegryllus dipterus eingeführt. Der ursprünglich publizierte Titel der Mitteilung heißt denn auch: „Eine Ameisen ähnliche Gryllide aus Paraguay, Myrmegryllus dipterus nov. gen. et sp.“ Durch wen und wann dann der Herausgeber oder der Verfasser aufgeklärt worden ist, daß es sich bei dieser Grille um den schon bekannten Phylloscirtus handele, das ist nicht zu ersehen, im Heft 11 heißt es auf p. 350 plötzlich „Nachtrag zu Phylloscirtus macılentus Sauss.“ In den Neudruckheften aber steht gleich auf Seite 101 an Stelle des Namens Myrmegryllus dipterus der Name Phylloscirtus macılentus Sauss., welcher ja allerdings dem be- handelten Tier rechtmäßig zukommt. Wird nun also ein Jahrgang aus den neugedruckten Heften 1—7 nebst den gleich befriedigend gedruckten 8—12 zusammengebunden und eingereiht, so ist nichts Auffallendes darin außer meiner Notiz über die als neu beschriebene Art und Gattung im Inhaltsverzeichnis p. X. Da ich dort auch gleich die Synonymie mit dem richtig geltenden Namen angegeben habe, so ist wohl auch mit diesem Hinweis alles in Ordnung, immerhin wird doch mancher sich verwundern, wenn er auf der angegebenen Seite keine Spur mehr von dem Namen Miyrme- gryllus dıpterus findet. Deshalb glaubte ich diesen Hinweis geben zu sollen, und zugleich damit den Herren Nomenklatoren den auf diese Weise stark für Vergessenheit gefährdeten Namen für diese interessante Grille anempfehlen zu sollen. 538 Speiser, Jahrg. 1907 d. Zeitschr. f. wissenschaftl. Insektenbiologie etc. Daß dies geringe Versehen dem Herrn Autor im fernen Paraguay nicht sonderlich anzurechnen sein wird, ist ja wohl ganz klar, und es wäre viel besser gewesen, dieses Übersehen in dem Nachtrag ganz deutlich auszusprechen und zu sagen, was auf p. 101 als neu beschrieben ist, ist Phylloscirtus mactlentus Sauss. Haben doch selbst Autoren, die an der Zentrale saßen, schon Gattungen und Arten neu beschrieben, die ebenfalls schon lange bekannt waren. — So wie hier vorgegangen ist, kommt ein schnurriger Fall von einer gewissen Unterschlagung eines wesent- lichen Bestandteils einer Publikation zustande, indem wohl alle gebundenen Exemplare der Zeitschrift den Neudrucktext haben werden, während sich doch mindestens eine Anzahl der ursprüng- lichen Abonnentenauflage von den 7 Heften mit der ersten, ab- weichenden Benennung in Bibliotheken oder im Antiquariatshandel erhalten wird. Besprechungen. 339 Besprechungen. Keller, C., Die ausgestorbene Fauna von Kreta und ihre Beziehungen zur Minotaurus: sage. Vierteljahrsschr. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 54. Heft 3/4. p. 424—435. 1909. — Auch Professor Conrad Keller in Zürich, der bereits früher mit seiner , Ab- stammung der ältesten Haustiere“ einen grundlegenden Beitrag zur Geschichte der antiken Tierwelt geliefert hatte, machte neue Entdeckungen in dieser Richtung. Auf einer Herbstfahrt 1909 nach Kreta konnte er dort verschiedene Tierreste untersuchen, die zunächst eine Verbindung Kretas mit dem kleinasiatischen Festland noch in der Diluvialzeit wahrscheinlich machen. Reste von Wildschwein, Edelhirsch und Bison fanden sich. Auch das Vorkommen von Wildziegen (Capra aegagrus) noch heute in Kreta konnte im Anschluß an v. Lorenz-Liburnau bestätigt werden. Ganz be- sonders interessant ist aber der Fund von 16 Hornzapfen des Dos primigenius im Palaste des Minos zu Kuossos. Keller kommt auf Grund verschiedener Dokumente und Überlegungen zur Überzeugung, daß „Minotaurus“ nichts anderes bedeutet habe als „Stier des Minos“ d. h. Bos primigenius, von denen eine Anzahl in dem labyrinth- artig angelegten Palast gehalten wurde. Funde außerhalb Kuossos sowie Bildwerke zeugen dafür, daß der Ur in Kreta wild vorkam, jung eingefangen, gezähmt und so- dann zu Kampfspielen verwendet wurde, bei denen die der Sage nach von Athen ge- lieferten Jünglinge und Jungfrauen mitwirkten. Da einzelne früher oder später doch dem Stier zum Opfer fielen, mußte immer wieder für Ersatz gesorgt werden. Die Sage vom Minotaurus als Mensch-Stier-Ungeheuer, das die Königin Pasipha& geboren haben soll, sei nichts als gehässige Nachrede der von König Minos unterjochten Athener gewesen. Strohl, Zürich. Keller, Otto, Die antike Tierwelt. I. Bd. Säugetiere. Mit 145 Abbildg. im Text und 3 Lichtdrucktafeln; XII u. 434 S. Leipzig, Wilh. Engelmann, 1909. Der Verfasser, früher Philosophieprofessor in Prag, jetzt in Stuttgart lebend, dürfte auch in zoologischen Kreisen nicht unbekannt sein. War er doch der Mit- arbeiter des weltberühmten Winterthurer Numismatikers Imhoof-Blumer bei Heraus- gabe jenes prachtvollen einzigen Quellenwerkes „Tiere und Pflanzen auf Münzen und Gemmen des klassischen Altertums“ (Leipzig 1889). Nach mannigfachen Vorarbeiten bestehend vor allem in kulturgeschichtlichen Monographien über Tiere des klassischen Altertums (Innsbruck 1887) unternimmt es jetzt Keller, unterstützt durch die Wiener Akademie der Wissenschaften die Geschichte der antiken Tierwelt im Zusammenhang zu schildern, den Grenzen nach scheinbar eine Wiederholung des Werkes, das vor einem halben Jahrhundert Harald Ottmar Lenz uns geboten in seiner bekannten „Zoologie der alten Griechen und Römer“ (Deutsch in Auszügen aus deren Schriften mit Anmerkungen). Bedeutende Vorzüge aber hat Keller’s Unternehmen vor H. O. Lenz’ verdienstvoller Zusammenstellung voraus; zunächst die Berücksichtigung auch der ägyptischen Antike; dann die kulturgeschichtliche und philologisch-kritische Verarbeitung des Materials, das nicht mehr als eine nur mit Anmerkungen versehene Excerptenreihe vor uns erscheint; schließlich und hauptsächlich die überaus dankens- werte Heranziehung der antiken Bildwerkmotive, wie sie ja in den zwischen Lenz Zool. Annalen III. 23 340 Besprechungen. und Keller liegenden Dezennien so reichlich zutage gefördert wurden. Gerade letz- teres Moment macht die Originalität und. den Hauptwert des Keller’schen Werkes aus. Ja, es ist in ihm, so läßt sich hoffen, neben vielem rein kulturhistorisch Interessanten, der erste Ansatz zu einer kommenden Geschichte der zoologischen Illustration enthalten, ein wünschenswertes Seitenstück zu Ludw. Choulant’s Ge- schichte der anatomischen Abbildungen. Daran denkt man bei Betrachtung mancher der ägyptischen Zeichnungen (dem Babuin p. 9 z. B.) oder auch bei Begegnung des Einteilungsschemas der Bronzeleber von Piacenza (p. 329). Es ist dies ein allem An- schein nach von den etruskischen Haruspices im 2. oder 3. Jahrhundert v. Chr. bei der Opferschau oder zur Unterweisung von Schülern benutztes stilisiertes Schafsleber- modell, das in verschiedene Götterbezirke eingeteilt ist. [Noch anschaulicher wäre allerdings die Beigabe einer Reproduktion nach den Originalaufnahmen von Körte gewesen (Taf. XII der Mitteil. des Deutschen archäol. Inst. in Rom, Bd. XX, 1905), wo das Relief der Gallenblase, des Proc. papillaris und Proc. pyramidalis deutlich hätte erkannt werden können.] — Gerne sieht man manches, das man bisher nur dem Namen nach gekannt hat, und dessen Abbildung in archäologischen und kunstgeschichtlichen Werken für Zoologen nicht so leicht auffindbar ist, so z. B. die Abbildung der von den römischen Fein- schmeckern zum Masten von Siebenschläfern verwendeten Glirarien (p. 191). Ein- gehendere Berücksichtigung haben, wie natürlich, die Haustiere gefunden, allen voran der Hund und das Pferd, denen je 60 und 4o Seiten gewidmet sind. Von grösstem Wert ist z. B. das Kapitel über die Geschichte der antiken Hunderassen, für welches die Arbeiten von C. Keller, O. Albrecht, Ed. Hahn u.a. verwertet wurden. — Auch der Verwendung im Post- und Kriegsdienst, zu Sport- und Gewerbezwecken wurde jeweils bei den in Frage kommenden Tierarten gedacht. Über 200 antike Hundenamen sind angeführt, während für das Pferd dem Verfasser sogar 400 Namen bekannt sind. Dies als Zeichen für das gewaltige Material, das in dem Buch ver- arbeitet ist. Nur will es manchmal scheinen, als seien für Fabel und Mythos zu großer Spielraum gelassen und zwar auf Kosten des einheitlich-wissenschaftlichen Gusses. Wo dergleichen Quellen reichlich fließen, sind sie wiederholt ausgenützt selbst auf die Gefahr hin, dass man dadurch über das betr. Tier weder zoologisch noch kultur- geschichtlich mehr erfährt. Vielleicht läßt sich dies im 2. Band noch weiter ein- schränken. Hier sei nur noch im Anschluß an eine mehr zufällige Lektüre im Corpus hippo- craticum eine kleine berichtigende Anmerkung eingefügt. Keller meint (p. 20), daß das Igelfleisch weder gegessen noch auch medizinisch verwendet worden sei. In der pseudohippokratischen Schrift zeoi duairns erwähnt jedoch der unbekannte Verfasser bei Aufzählung der diätetischen Qualitäten der verschiedenen tierischen Nahrungsmittel neben dem Fuchsfleisch auch das Igelfleisch als Urin abführend (oögnzız&) und feucht machend (dyoaive.). Alles in allem bedeutet Keller’s Werk den wertvollen Sichtungsversuch und die moderne Darstellung eines gewaltigen Rohmaterials, das die hochinteressante Ge- schichte des antiken Tierbestandes ergiebt, welche zugleich ein Stück Zoologiegeschichte, Kulturgeschichte und Philologiegeschichte ist, und deren besonderer ja vielleicht Haupt- wert in den Abbildungen besteht. Wir dürfen daher auf den 2. Band gespannt sein, der an Illustrationen in streng systematischer Auswahl eher noch mehr bringen möge. Strohl, Zürich. Berichtigungen zu dem Artikel von R. Hartmeyer: Zur Terminologie der Ascidien. Seite 277 Zeile 14 von unten lies: „Herdman“ statt „Herdmann“. EN IE, N „ „Beschränkung“ statt „Baschränkung“. ZN Such i » »Molgula® statt „Molyula“. » 282 , 17 „ oben , ,Rhizomolyula“ statt „Rhisomolynla“. SI fr ts ier ole Re es È Herausgegeben ‚von NE 2 Geh. Reg: Rat Dr. Max Braun, n Inhalt — Würzburg. Curt Kabitzsch (A. Stuber’ s Verlag) AG, se von “Mk. is bilden. * Einzelhefte Weiden: iiicht. aa Re tige Manuskripte in deutscher, englischer, französischer oder italienischer olle | ‚man ‚an Herrn Geh. Reg. -Rat Prof. Dr. Max Braun in ne ig % Berg, i. Pry Zoolog. Museum. bitzsch (SÌ Subers Ver). Würzburg. ris hen Parasiten des Menschen. = a Handbuch für Studierende um und Ärzte | von Geh. Reg. ‚Rat a Max Braun, enthaltend : ‘Die P thol ogio and tr à der caricarsi Krankheiten a von Se To Otto Seifert, En ee TO, Professor der Universität iii : ar EN FARO Er 40 Bogen mit 325 Abbildungen. +} AA CES “Preis ‚brosch. Mk. 15.—, in Halbfranz gebunden Mk. 17.—. ; Wetec Die neue Auilage trägt den Fortschritten des parasitologischen Wissens Rechnüng, die reni ungen wurde um 60 vermehrt. 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Mk. 6.—. a Aa i Erfahrungen der vo “beruhend, will ein Leikfaden sein, tar gen und -Übungen in der Parasitenkunde, ‘der eine beständig — ommt, Eine grosse Zahl vollständig neuer Abbildungen bat darin Auf- rer Teil stammt aus dem grossen Braunschen Parasitenwerke, Nachstehend sehr anerkennenden Urteilen der tierärztlichen und medi- ur Fleisch- ad Milehygiene. bte ausgezeichnete Anleitung zur cs: upttypen der tierischen. Schmarotzer, die au ch den: Ti erärzten un Giro empfehlen ist, — | icin. Wochensehrift. . . . Was. dem Buche seinen grossen We rt ver- n RU ASPRERO ntlich grosser Inhalt und sachlicher i in kom- ren ue dn pets Leitfaden gibt treffliche nti zur Technik au: versäumt auch nicht, .. olle Winke über den Versand von Praparaten zu geben, um deren Prifung und die Nach- ene Peden bee zu ‚ermöglichen. Ein wahrhaft nützliches Buch, x 4 Curt Kabitzsch (A. Stuber’s ieee Würzburg. | „Mannus“, Zeitschrift für Vorzendii : . Organ der Deutschen Gesellschaft für Vorgeschichte. herausgegeben von Professor Dr. Gustaf Kossinna. | Jährlich ein Band a 3—4 Hefte im Umfange von ca. 20 Bogen. und zahlre che 7 Tafeln und Abbildungen im Text. Abonn. Preis Mk. 16.— pro Band. 2 Bande und 1 EREANZUNER BE liegen erie vor, Band u ‚m Erscheinen. Verhandlungen Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft zu Würzburg. re Preis pro Band im Umfang von ca. 25 Druckbogen M. 14. SIL CINE Neue Folge. Band XLI. Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Menschen und das Abstanmungproblem der ‚heutigen Menschenrassen, (Sep.-Ausg. Preis Mk. 1.50) — È Sehultze, 0., Uber den direkten Zusammenhang von Muskelfibrillen und Schnenfibrilen. .M 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis: Mk, —.80.) Bro A cé _y. Frey, M., Die Wirkung einfacher Druckempfindungen aufeinander. mr Inouye, T., Zwei Abhandlungen zur Mechanik des quergestreiften Muskeis. Sasa Stueken, H. M., Experimentelle Beitrige zur Wirkung subkonjunktivaler Rod (Sep.-Ausg. Mk. 1.50.) Boveri, Th., Über das Verhalten der Genie in der bermaphroditischen Generati von Rhabditis nigrovenosa. Gahlen, Fr., Entoptischer Befund bei Chorioretinitis. Mit 3 Tafeln. (Sep.- Ausg. Pa M. 1.60. ) Reiss, A., Studien über die Bakterienflora des Mains bei Wiirzburg in qualitativer, Mi ana tativer Hinsicht. Mit 2 Tafeln. (Sep.-Ausg. Preis M. 2.—.). Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirges VII. (Sep.-Ausg, Preis M. 1. —) und der mikroskopischen Anatomie - mit besonderer Beriicksichtigung des menschlichen Körpers — einschliesslich der mikroskopischen Technik von ss DES Dr. Ladislaus Szymonowicz. 2 a i = o. ö. Professor der Histologie und Embryologie an der Universität Lemberg. Zweite Auflage 7 volistandig umgearbeitet und erganzt unter Mitarbeit ven Dr. Rudolf Krause a. 0. Professor der Anatomie an der Universitàt Berlin. 60 teils farbigen Tafeln. è a Preis brosch. M. 15.—, gebd. M. 17.—. . N Es Anatomischer Anzeiger. ESE Das Werk zeigt in der neuen Auflage ganz wesentliche Verbesserungen und steht RE a! der Höhe der Zeit. Die Ausstattung ‘ist in höchstem Masse anzuerkennen; der Preis ee Beigabe von sechzig grossenteils farbigen, schönen und klaren Tafeln niedrig. ’ Kgl. Univ.-Druck. H, Stürtz A.G., Würzbg. i SER Zooagsche malen — Toiischift für Geschichte der Zonlage Herausgegeben von i RIA È nd | Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, Professor der Zoologie u. vergl. ‘Anatomie und Direktor des zoolog. Museums in Kônigsberg i. Pr. | Band IV, Heft 3. Ù so nat: | | Steier, Die Einteilung der Tiere in der Naturalis Historia des Plinius. _ Killermann, Der Waldrapp Gesners (Geronticus eremitat L.). aes Darwin und AE Matthew. Mit 1 Tafel. À Würzburg. 4 Curt Kabitzsch (A. Stuber’s Verlag 1911, Sprache wolle man an DE Geh. Rex -Rat Prof. Dr. Max Braun in ra | berg i. Pr., Zoolog. Museum einsenden. I | . Völlig neubearbeitet erfcheint in vierter Auflage: = Brehms Tierleben Unter Mitarbeit hervorragender Zoologen herausgegeben von Profeffor Dr. Otte zur Straffen Mit über 2000 Abbildungen im Text und auf mehr als 500 Tafein in Sarbendruck, Kupferdgung und Holzichnitt fowie 13 Karten 13 Bände in Halbleder: gebunden:zu. je: 12 Mark. Verlag des Bibliographifhen fnftituts in Ceipzig und Wien Curt Kabitzsch (A. Stuber’s Verlag), Wirzburg. ii —— _———————————._____= Se Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Menschen und das Ahstammungsproblem j von Professor Dr. Joh. Sobotta-Wiirzburg. Mit der heutigen Menschenrassen 4 Abbildungen im Text. Preis Mk. 150. ° Die Herkunft der Germanen, — Zur Methode der Siedlungsarchäologie. an Von Professor Dr. Gustaf Kossinna. 2 Bogen mit einer Karte. = PRIS MK. 1.00: (Briefe an einen gebildeten Laien.) Von Privatdozent Dr. med. Paul Sittler. is 5 Bogen. Preis broschiert Mk. 1.30. EN Das Büdlein will für den Gesunden ein Wegweiser zur Erhaltung seiner Ge sundheit, für denjenigen, der seinen Körper durch unrichtige Lebensweise ge- — schädigt hat, eine Warnung sein, dass er sich in falscher Richtung bewegt. Inhalt: Vorzüge der natürlihen und Gefahren der künstlichen Säuglingsernährung. — Grundregeln für die Et nährung älterer Kinder. — Spezielle Diät des älteren Kindes. — Sonstige Körperpflege beim Kinde. Grundregeln für die Ernährung des erwachsenen Menschen. — Darmbakterien des Menschen. — Schädlicdh keit des übermässigen Fleischgenusses. — Die Gewürze. — Das Wasser als Nahrungsmittel. — Die Genus mittel. — ,,Wie‘ und ‚Wieviel‘ sollen wir essen? — Berechnung unseres Nahrungsbedürfnisses. =" Zusammenstellung der Nahrung aus den einzelnen Nährstoffen. — Beispiel einer Speisenzusammenstellung. — Regulierung der Ernährung nach gegebenen Vorschriften. — Veranlagung zur Erkrankung. — Erkältung; ~ Abhärtung. — Kleidung. — Körperbewegung, Schlaf. — Hygiene der Wohnung. de Gesunde Nerven == ‘ Arztliche Belehrungen fiir Nervenkranke und Nervenschwache ~ von Dr. med. OTTO DORNBLUTH, Nervenarzt in Wiesbaden. Vierte verbesserte Auflage. 156 Seiten, Preis brosch. nur Mk. 2.—, gebd. Mk. 2.50. ‘Cart Kabitzsch (a Stuber’ 8 Verlag in | Würzburg. a = | Verhan dtungen Pan der | Physikalisch -Medizinischen Gesellschaft zu Wiirzburg. Preis pro Band im Umfang von ca. 25 Druckbogen M, 14.—. Neue Folge. Band XXXIX. | is | Schmitfenmer, È “ ae Vorgänge bei Okulationen und Kopulationen. | __ (Sep.-Ausg. —, Kraus, Gi Gynaeceum oder Gynoeceum ? und anderes Sprachliche. (Sep.-Ausg. M. —.60.) Schmincke, A., Die Regeneration der quergestreiften Muskelfasern bei den Wirbel- «+ tieren. Eine vergleichende Bao Ei rana gem Delo Studie. I. a hep opaidene > ona a 2 lithogr. Tafeln. (Sep.-Ausg. M. 3.50.) 1 n Lüdke, H., Zur Kenntnis der Komplemente. (Sep. -Ausg. M A Manchot, W., Über Sauerstoffaktivierung. (Sep.-Ausg. M. —.80.) ge o) | + Sobotta, J., "Die Richtungsteilungen des Säugetiereies, speziell über die Zahl der res riale (Sep.-Ausg. M. —.80. Goldschmidt, M „ Die Flora des Rhöngebirges VI. (Sep.- „Ausg. M. 1.20.) crater, Er una mehrpolige Mitosen bei Seeigeleiern (Sep.-Ausg. M. 4:20.) > Neue Folge. Band XL. Bett cnkaiin Demonstration einiger neuer Strukturmodelle. (Sep.-Ausg. M. —.80). Kraus, Gr., Erfabrungen tiber Boden und Klima auf dem Wellenkalk. Aus der Pflanzen- - welt Unterfrankens X. (Sep.-Ausg. M. —.80.) Breidenbach, H., Der Zustand des Mainwassers und der Mainufer bherhialbi unter- halb und innerhalb Würzburgs unter Verwendung chemischer, bakteriologischer : und biologischer Methoden, (Sep.-Ausg. M. 2.40.) - Riedin er, F., oe die Wirkung moderner Projektile. Mit 14 Tafeln. (Sep.- ca Preis = se Ment: M, Gedächtnisrede auf E. v. Rindfleisch. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.50.) Kraus, Gr., Aus der Pflanzenwelt ‘aria XI. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.80.) - - Schultze, O., Neue Methoden der histologischen, auffallenden und korrodierenden ER Technik. Mit 1 Doppeltafel. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.50.) . Lang, H. K., Der Sauerstofigehalt der pa Wasser in Würzburg und d Umgebung, DANN ea Ausg, Preis M. 1.20.) 3) _ Neue Folge. Hand XLI. Sobotta, Ji Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Menschen und das Ab- Be TE ARE one der heutigen Menschenrassen. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.50.) a ‘Schultze, 0 … Uber den direkten Zusammenhang von Muskelfibrillen und Sehnen- DE fibrillen. Mit 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. —.80.) ER, vw Frey, M., Die Wirkung einfacher Druckempfindungen aufeinander, Se FAURE Inouye, de Zwei Abhandlungen zur Mechanik des quergestreiften Muskels. M. 1. _ Stucken, H. M., Experimentelle Beiträge zur Wirkung subkonjunktivaler Kochsalz. VR injektionen, Mit einer Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.30.) - Boveri, a Über das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Hermaphroditismus. (9 Fig. im Text. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.—.) È … Gahlen, Ja a aes Befund bei Chorioretinitis. Mit 3 Tafeln. (Sep.-Ausg. reis 1.60.) _ Reiss, A., Studien iiber die Bakterienflora des Mains bei Würzburg i in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Mit 2 Tafeln. (Sep.-Ausg. Preis M. 2.—.) Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirges VII. (Sep.-Ausg. Preis M, 1.—.) 5. oe _‘Sizungsberot der Physikal.-Med. Gesellschaft zu Würzburg. (Enthaltend ea Arbeiten kleineren Umfanges und geschäftliche en) Jahrgang 1900 bis 1911 M. a “Die Flora des Rhongebirges. Von M. Goldschmidt-Geisa. sE ‘Bolee: Preis M. —.60. III. Folge. Preis M. 1.—. IV. Folge. Preis M.1.—. V. Folge. Preis M. —.80. Da VI. Folge. Preis M. 1.20. VII. Hole: Preis M. 1—. a Die 1. Arbeit der ganzen Reihe wurde in der Allgem, botan. Zeitschr, 1900 Nr. 12 veröffentlicht, - \ Curt Kabitzsch (A. Stuber’s Verlag) in Wiirzburg.. 6s Zeitschrift für Vorgeschichte, „Mannus 9 Organ der Deutschen Gesellschaft LT TT AS fir Vorgeschichte. Herausgegeben von Professor Dr. Gustaf Kossinna. Preis pro Band (3—4 Hefte) im Umfange von 20 Bogen und zahlreichen Tafeln M. 16.— Band I und II mit einem Ergänzungsband liegen komplett vor, Band III im Erscheinen. © Würzburger Abhandlungen ESA: der praktischen Medizin. Unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten herausgegeben von Prof. Dr. Joh. Müller und Hofzat Prof, Dr. ae Seifert. Einzelpreis der Bde. I—VII pro Heit 12 ee Band Jährlich erscheinen: osten im 75 Pi, ab Bd. VIII Abonnement nur Mk. 7.50. 12 Hefte. pro Heft 85 Pf. veni EOS TATA, ER TEA Tea oa BS Ausführliches Inhalts -Verzeichnis liefert der Verlag kostenfrei. —— — | nm Erseheinen-der. AM. Band Beiträge zur Klinik der Tuberkulose — und spezifischen Tuberkulose-Forschung. === Unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten herausgegeben von Dr. Ludolph Brauer Ärztlicher Direktor des allgemeinen Krankenhauses Hamburg-Eppendorf. Subskriptionspreis pro Band M. 16.—. Bisher liegen 20 komplette Bände vor, Bd. 21 im Erscheinen. Das ; ‘ „Internat. Centralblatt für die gesamte Tuberkulose -Forschung“ erhalten die Abonnenten unberechnet geliefert. Letzteres kann auch apart bezogen werden, a Preis für den Jahrgang-(12 Nummern) M, 16.—. (I. Jahrgang M. 8.—., If. und III Jahrgang je M. 12.—.) Zeitschrift für Laryngologie, Rhinologie und ihre-Grenzgebiete unter ständiger Mitarbeit der Herren Hofrat O. Chiari-Wien, Prof. Citelli-Catania, Prof. Friedrich-Kiel, Prof. Gerber-Königsberg, Geh. San.-Rat Prof. Gluck-Berlin, Dr. Goris-Brüssel, Sanitätsrat Graeffner-Berlin, Dr. Guthrie-Liverpool, Prof. Gutzmann-Berlin, Privatdozent Ha jek- Wien, Prof. Herxheimer-Wiesbader, Geh. San.-Rat Prof. P. Heymann-Berlin, Oberarzt Dr. Richard Hoffmann- Dresden, Dr. Imhofer-Prag, Prof. Juradz-Lemberg, Prof. Kan-Leiden, Dr. Katz-Kaiserslautern, Dr. Kronenberg- Solingen, Geh. Med,-Kat. Kuhnt-Bonn, Prof, Lindt-Bern, Dr. Lue- Paris, Dr. Emil Mayer-New York, Dr. Jorgen Möller-Kopenhagen, Prof. Neumayer- Miinchén, Hofrat Prof, von Noorden-Wien, Prof. Onodi- -Budapest, Primararzt Dr. L. Polyak- E Prof. Preysing-Köln, Hofrat Prof. Seifert- Würzburg, Primararzt Alfr. von Sokolowski- Warschau, Starek-Karlsruhe, Dr. von Stein-Moskau, Dr. St. Clair Thomson, London. Herausgegeben von Dr. Felix Blumenfeld (Wiesbaden). Jährlich ein Band à 6 Hefte im Umfange von zus. 35—40 Bg., Preis Mk. 24.—. Beiträge zur Kenntnis der Kallus- und Wundholzbildung | geringelter Zweige und deren histologischen Veränderungen. Von Dr. phil. August Krieg, Assistent am botan. Institut der Univ. Würzburg. Gr. 8°. — Mit 25 Tafeln. — Preis M. 12, === Druck der Kònigl. Universita tsirienei H. Stürtz A. G., Würzburg. Dieses Heft bildet den Schluss des IV. Bandes. Zoologische Annalen Zeitschrift für Geschichte der Zoologie Herausgegeben von N) t Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, | 0. è, Professor der Zoologie u, vergl. Anatomie und Direktor des zoolog. Museums in Königsberg i. Pr. Band IV, Heft 4. Inhalt: Zimmer, ui Vorkommen der europàischen Sumpischildkröte in der î preussischen Provinz Schlesien. Mit 1 Karte. Schertel, Schelling und der Entwicklungsgedanke. Karny, Revision der von Serville aufgestellten Thysanopteren-Genera. dt, pa | Würzburg. i Da Verlag von Curt ae Ch 1912. Die „Zoologischen Annalen“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen ungefähr vier einen Band von 320 bis 400 Druckseiten gr. 8° zum Subskriptions- È preise von Mk. 15.— bilden. Einzelhefte werden nicht abgegeben. _ Druckfertige Manuskripte in deutscher, englischer, französischer oder italienischer _ Sprache wolle man an Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Max Braun in enige, | berg i. Pr., Zoolog. PIOBESI einsenden. Siglo: Proßeffar Dr. Otto zur Straîfen mit über 2000 Abbildungen im Text und auf mehr als 500 Tafeln i in n Sarbendruck, Kupferägung und Holzichnitt fowie 13 Karten te “ a iù 13 Bände in Halbleder gebunden 2 zu.je 12; Mark Verlag des een ee Inffituts in Leipzig und Wien Verlag von | Curt cad da Virus. „Mannus“, Zeitschrift für Vor Organ der von Gesellschaft für Vorgeschichte à herausgegeben von Professor Dr. Gustaf, Kossinna. — irae 2 Jährlich ein Band a 3—4 Hefte im Umfange von ca. 20 Bogen und. ‚zahlreic . Tafeln und Abbildungen im Text. Abonn.-Preis Mk. 16.— pro Band. ~ 3 Bände und 2 Ergänzungs-Bände liegen Komplett vor, Band: IV im n Mannusbibliothek “ui DENSA: Zur Methode der Siediungoarchéologie. Von Professor Dr. Gustaf Kossinna. : 2 Bogen mit einer Karte. , Preis Mk. 1.50, Subskriptionspreis Mk. 1.20. In Vorbereitung: NDR N be os Die germanischen Stimme die Kulturen zwischen Oder und Passarge zur rômischen Kaiserzg Von Dr. Erich Blume-Posen. Ca. 14 Bogen mit ca. 200 Abbildungen. ‘ ; ta Einzelpreis etwa Mk. 9.—, Subskriptionspreis etwa Mk. 7.- —. = In Vorbereitung: RTG Die deutsche Vi Vorgeschiehte eine hervorragend nationale Wissenschaft. || ©“ Von Professor Dr. Gustaf Kossinna. nee Ca. 5 Bogen mit ca.150 Abb. im Text. Einzelpr. ea. Mk. 3.—, Subskr.-Preis ca. Mik. | 4 ue von Curt Kabitzsch, Wurzburg. Die tierischen Parasiten des Menschen. I Ein Handbuch für Studierende und Ärzte von. | Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, Varner Professor fiir Zoologie und vergl. Anatomie und Direktor des Zoolog, Museums in Königsberg. Vierte verbesserte, durch einen Anhang erweiterte Auflage LA enthaltend ; Die Pathologie und Therapie der tierisch-parasitären Krankheiten n° ; RER ER DIOR Seifert, F dai; n a. 0. Professor der Universitàt Wurzburg. È 4 40 Bogen mit 325 Abbildungen. Preis brosch. Mk. 15.—, in Halbfranz gebunden Mk. 17.—. „Berl. klin. Wochenschrift‘: Die neue Autlage trägt den Fortschritten des parasitologischen Wissens Rechnung, die Zahl der Abbildungen wurde um 60 vermehrt. Eine wertvolle Bereicherung stelit der klinisch-therapeutische von Seifert verfasste Anhang dar, der das Buch auch den ärztlichen Praktikern in erhöhtem Masse nutzbringen machen wird. Wir rühmen an dem Braun’schen Buche Klarheit der Darstellung, Vollständigkeit und nie ver- sagende Zuverlässigkeit. . . Seifert hat aie klinische Seite der Parasitologie in recht geschickter Weise geschildert. gez. Zinn-Berlin, | Archives de Pastiglie: MANNI ouvrage est plus que jamais recommandable; il doit étre le quide de tous ceux qui s ’adonnent aux de parasitologiques, Les belles figures dont il est orne le rendent particulierement facile à consulter et à lire, ar Zentralblatt. + Die neue Auflage des Braun’schen Werkes: kann nur mit Freude und Dank- 5}.ciffaden cc zur ua tierischer Parasiten des Menschen und der Haustiere. Von Geh. Reg.-Rat Dr. Max Braun, o. 6, Professor der Zoologie und vergl, Anatomie und Direktor des Zool. Museums in Königsberg i, Pr. je und Privatdozent Dr. M. Liihe, I. Assistent des Instituts. 12 Bogen mit 100 Abbildungen im Text. Preis brosch. Mk. 5.20, gebd. Mk. 6.—.. Das Buch, auf vieljährigen Erfahrungen der Verfasser beruhend, will ein Leitfaden sein für Spezialvorlesungen und -Übungen in der Parasitenkunde, der eine beständig wachsende Bedeutung zukommt, Eine grosse Zahl vollständig neuer Abbildungen hat darin Auf- nahme gefunden, ein anderer Teil stammt aus dem grossen Braunschen Parasitenwerke, Nachstehend |. einige Auszüge aus den sehr anerkennenden Urteilen der tierärztlichen und medi- Zinischen Fachpresse: | Zeitschrift für Fleisch- ‘und Milehhygiene. . . Eine ausgezeichnete Anleitung zur _ Untersuchung der Haupttypen der tierischen Schmarotzer, die auch den Tierärzten und. Studierenden zu empfehlen ist, = | Berliner klin. Wochenschrift. ... Was dem Buche seinen grossen aie yt ver- . leiht, ist einmal sein ausserordentlich grosser Inhalt und sachlicher Umfang in kom- pendiôsester Form, dann aber — und dies vorziiglich — das exakte Eingehen auf die Methoden der Untersuchung in der Art, dass jeder, der mit den gewöhnlichen Arbeiten des medizinischen * Laboratoriums Bescheid weiss, auch diese zoologischen Versuche an der Hand des Leitfadens auszu- führen vermag. . . Der Leitfaden gibt treffliche Anleitung zur Technik und versäumt auch nicht, |. wertvolle Winke über den Versand von Präparaten zu geben, um deren Prüfung und die Nach- | prüfung der eignen Versuchsergebnisse zu ermöglichen. Ein wahrhaft nützliches Buch. ‘dn da à Re apache Anatomie | mit besonderer Berücksichtigung — RE des menschlichen Korper _ von Dr. Ladislaus Savoia. .. o. 6. Professor der Histologie und Embryologie an der Universitàt Lemberg Zweite Auflage | vollständig, umgearbeitet und ergänzt unter Mitarbeit von j Dr. Rudolf Krause a. o. Professor der Anatomie an der Universitat Berlin, | 60 teils farbigen Tafeln. | Preis brosch. M. 15.—, gebd. M. 1 ara Zentralblatt fùr normale Anatomie. + + + Sowohl im Text wie in den Abbildungen weist das ‘Bach zuhlösche Verlag en ‘auf, das Bestehenbleibende wurde einer gründlichen Revision unterzogen. . . . Die Ausstattung. des | À Buches ist eine hervorragend gate, der Preis (M. 15.—) ein durchaus mässiger, Be de Fülle des in Wort und Bild Gebotenen zu nennen, Verhandlungen der Ka ie: Gesellschaft zu Würzburg. Neue Folge. Band XLI. Sobotta, J., Die neuesten Ergebnisse der Paläontologie des Merita dot as Ab stammungsproblem der heutigen Menschenrassen. (Sep.-Ausg. Preis M. 1. 50.) Sehultze, 0., Ueber den direkten Zusammenhang von Ben und ‚Sehne fibrillen. Mit 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. —.80.) — | v. Frey, M., Die Wirkungen einfacher Druckempfindungen aufeinander. Ip Au Inouye, T., Zwei Abhandlungen zur Mechanik des quergestreiften Muskels. | M. 1. — Stucken, H. M., Experimentelle Beitràge zur Wirkung subkonjunktivaler Kochsalzin jektionen. Mit 1 Tafel. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.30.) Boveri, Th., Ueber das Verhalten der Geschlechtschromosomen bei Hermaphroditismus Mit 19 Fig. im Text. (Sep.-Ausg. Preis M. 1.—.) Gahlen, Fr., Entoptischer Befund bei Chorioretinitis. Mit 3 Tafeln. (Sep.- Au Preis M. 1.60.) Reiss, A., Studien über die Bakterienflora des Mains bei Würzburg in qualitativer unc quantitativer Hinsicht. Mit 2 Tafeln. (Sep--Ausg. Preis M. 2.—.) Goldschmidt, M., Die Flora des Rhöngebirges VIL (Sep.-Ausg. Preis M.1.—) — Helfreich, Fr., Geschichte der Augenheilkunde in Würzburg. Preis M. 1.20. Unger, W., Beitrage zur Physiologie des Calciumoxalates. Preis M. 180. = ; (Enthaltend Arbeiten kleineren eae und eg Notizen) Jahrgang 1900 bis 1911 M. a Das Weib in none Betrachtung Von Dr. Oskar Schultze, Professor der Anatomie an der Universität Würzburg. pute Mit 11 Abbildungen. — Preis M. 2.20. io Eg). Univ.-Druck. H, Stürts A.G., Würzbg. AU WHSE 07972 ere “hee Seiya entra Dante) Sees ern £ ny CORE EEE Te ARR A D LD LE RE SEE N pepe i LC SR re EIERN ATP pio È 3 £ 5 È Lesa rear à Tee 3 PS ; 7 Bu + n + à x 5 x £ = erg eur a re Ai De de PILA Pat n - v EEE RARI nen be e: an a; ee ge er - ‘ a CIO up prensa ee