mig ce ER ¥ eis on Dig an TT nee 2 - SUR, r Sn en I Fear SSSR. I en So DM nee re De 08 een 5 DM nd nee 3, « = ei a. = LÉ Rs D Pa ee me a een ————g: Se Py | ser tt er ; LÉ Received Accession No. *,*No book or pamphlet is to be removed from the Lab- oratory without the permission of the Trustees. ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER. ABTHEILUNG ANATOMIE UND ONTOGENIE DER THIERE. HERAUSGEGEBEN VON PROF. D£E. J. W. SPENGEL IN GIESSEN. NEUNZEHNTER BAND. MIT 25 TAFELN UND 85 ABBILDUNGEN IM TEXT. JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 1904. LS s r » Uebersetzungsrecht vorbehalte Ge RAT Inhalt. Heft I. (Ausgegeben am 19. Dezember 1903.) GUENTHER, KoNRAD, Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei und seine Bedeutung. Mit Tafel 1 - Livaxow, N., Untersuchungen zur Morphologie der nee Hierzu Tafel 2—6 Gross, J., Ueber das Palmén’sche pan der one del Hier Tafel 7 und 3 Abbildungen im Text : Versys, J., jr., Entwicklung der Columella auris bei den Basar. tiliern. Ein Beitrag zur Kenntniss der schalleitenden Apparate und des Zungenbeinbogens bei den Sauropsiden. Hierzu Tafel 8—11 und 10 Abbildungen im Text Heft II. Ausgegeben am 3. Februar 1904.) Bornnincuaus, GEORG, Das Ohr des Zahnwales, zugleich ein Bei- trag zur Theorie der Schalleitung. Hierzu Tafel 12 u. 13 und 28 Abbildungen im Text Heft III und IV. (Ausgegeben am 26. Mai 1904.) Drüner, L., Studien zur Anatomie der Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuskeln der Urodelen. II. Theil. Hierzu Tafel 14—25 und 44 Abbildungen im Text . Seite 1 29 91 107 189 361 AU TI EE To Ton su in RU Ben pre a 12 pote Mi Re ER Lt Fr Pla DLR. UE i > E Sey ure FLE oc 2 ER hy A x: 1 3 Hee Eu stores su in ZEN É sue >. % | } a we - ¢ x 5 LA FE 18 it iy ds an ‘a «ee aoe BET) DEE a à / ? k 4 - ie ny f 4 ; Me WITTEN TEEN i? ad ee Sere i ‘ a ‘ a TU le a Herz“ ; te oo A Pa) > ‘ * 7 k VE UE i ee i ares SYD te à Ra Pull 0, AP pay ; es ¥. . La ties? rete i a Lane nr 22 Er are mete (TE fs BEER Br LE PAC QUE 6 I urn: Et st . B D 4 CR à: se y: - . = oe = ı + = 4 ~ Fe a % . & je 2 i y ” J - 5 #4 ‘ + N d PRES he \ RB à AT : : fachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei und seine Bedeutung. Von Dr. Konrad Guenther, Freiburg i. B. Mit Tafel 1. I. Einleitung und Untersuchungsmethoden. Das Interesse am Nucleolus in reifenden Eiern hat in letzter Zeit wieder sehr zugenommen, seitdem ihm von einigen Forschern, deren Zahl von Jahr zu Jahr wächst, wieder eine Rolle zugewiesen ist, die ihn zu einem wichtigen Bestandtheil des thierischen Eies macht. So ist denn das Ansehen des Keimflecks bei diesen Gelehrten wieder auf eine Höhe gelangt, die derjenigen ähnlich ist, auf der er schon zweimal gestanden hat, bei seiner Entdeckung nämlich und in O. Hertwie’s (16) Arbeit über die Befruchtung des Seeigeleies. Als man dann die Be- | hauptung des letzt genannten Forschers, dass sich-aus dem Nucleolus des reifenden der bleibende Kern des befruchtungsfähigen Eies entwickle, als unrichtig erkannt .hatte, suchte man sich ver- schiedene Deutungen über seine Function zurecht zu legen, ich er- wähne nur die Häcker’sche (11, 12) Kernsecrettheorie, welche ihr Wesentliches darin hat, dass sie im Nucleolus ein vergängliches Neben- erzeugniss des Stoffwechsels, ein Abspaltungsproduct, erblickt. Diese Ansicht wird auch heute noch von vielen Autoren getheilt, so von MonTGOMERY (27), der uns einen sehr ausführlichen zusammen- fassenden Bericht bezüglich des Thatbestandes über die Nucleolen ge- geben hat. Gerade im Gegensatz zu der Theorie von HAcKER sind nun die am Anfang erwähnten neuern Arbeiten erschienen, die vom INucleolus die Chromosomen herleiten. Einen gewissen Abschluss für diese Untersuchungen hat R. Herrrwıg (19) in seiner neuerdings er- schienenen Studie „Die Protozoen und die Zelltheorie“ zu bringen versucht, indem er der Nucleolarsubstanz die wichtige Rolle der Or- | ganisation des Chromatins zuweist. | Zool, Jahrb, XIX. Abth. f. Morph, ll 2 KONRAD GUENTHER, Da alle diese letzt genannten Untersuchungen aber grosse Lücken aufweisen, welche die betreffenden Autoren selbst zugeben, so wandte auch ich mich einer ähnlichen Arbeit zu, indem ich, damals auf dem Boden der Kernsecrettheorie stehend, eins der Hauptbeweismittel Häcker’s (11, 12) für seine Theorie, nämlich das Fortbestehen des Nucleolus nach der Bildung der Richtungskörper, zum Gegenstand einer Studie machte. Ich wählte dazu die reifen Ovarien von Strongylo- centrotus lividus und Psammechinus microtuberculatus, weil bei diesen Seeigeln die Richtungstheilung ja schon im Ovarium stattfindet. Das Material, in Sublimat fixirt, brachte mir Herr Dr. PETRUNKEWITSCH diesen Frühling aus Rovigno mit, doch lieferten nur die Eier des letzt genannten Thieres klare Bilder; diese waren aber um so schöner. Da sich meine Ansicht, die ich mir beim Betrachten des Vergehens des Nucleolus bildete, immer mehr änderte, beschloss ich, um eine einheitliche Anschauung zu gewinnen, auch sein Entstehen zu ver- folgen, und verwandte zu diesem Zwecke unreife und reife Ovarien von Holothuria tubulosa in allen Stadien, die mir Herr Inspector KossEL aus Rovigno, nachdem er sie auch in Sublimat fixirt hatte, zusandte. Den beiden Herren bin ich für ihre Liebenswürdigkeit dankbar. Das Material habe ich in Paraffin eingebettet und die zu dicken Schnitte nicht mit Eiweiss-Glycerin, sondern nur mit Wasser auf den Objectträger gebracht. Von Färbungsmethoden habe ich die aller- verschiedensten angewandt, doch erwiesen sich nur wenige als vor- theilhaft; so konnte ich auch mit der Lasr’schen Berlinerblau-Methode keine besonders schönen Bilder erhalten. Als am besten erwies sich für die Seeigeleier das HEIDEnHAIN’sche Eisenhämatoxylin-Verfahren, — sowie ein 24stündiges Färben mit Boraxkarmin, bei welcher letztern Methode ich die schönsten und klarsten Bilder erhielt. Eine gewisse Differenzirung versuchte ich hierbei durch nachträgliches Behandeln mit BöHmer’schem Hämatoxylin hervorzubringen, wobei bloss der Nucleolus seine leuchtend rothe Farbe behielt, alles andere aber einen bläulichen Schimmer bekam; die sonstigen Doppel- und Dreifach- färbungs-Methoden dagegen erwiesen sich als unzweckmässig. Ganz anders verhielten sich die Holothurieneier. Wohl gab auch bei diesen das Boraxkarmin annehmbare Bilder, aber das HEIDEN- HAIN’sche Verfahren war hier durchaus unangebracht, denn das nach dem Färben mit Hämatoxylin angewandte Differenziren mit der Eisen- salzlösung wirkte nur einseitig, indem es die Farbe ungleichmässig auszog, so dass oft die eine Hälfte eines Eies noch stark gefärbt, die andere aber schon sehr verblasst war. Die schönsten Bilder gab mir Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 3 hier ein 5 Minuten langes Färben mit BOumer’s Hämatoxylin und ein nachfolgendes 1/,stündliches Behandeln mit salzsaurem Losin. Diese Methode färbte zwar nicht immer doppelt, verlieh aber dem Ganzen eine angenehme violette Tingirung, die stellenweise so gut differenzirt war, dass alles blass und nur der Nucleolus schön gefärbt war. Während ich die Seeigeleier-Schnitte mit Zeıss’scher apochro- matischer Immersion bei einer Vergrösserung von 1000 betrachten konnte, reichte diese für die so winzig kleinen Oocyten der Holo- thurien nicht aus, ich wandte für diese eine 1500malige Vergrösserung an, wobei dann das Tageslicht trotz ABBÉ’schem Beleuchtungsapparat nicht ausreichte und ich eine Petroleum-Mikroskopirlampe zu Hülfe nehmen musste, eine Procedur, die für das Auge sehr angreifend war. Zu den Zeichnungen verwandte ich den ABgé’schen Zeichenapparat, wodurch das Grössenverhältniss der Bilder ein der Wirklichkeit ent- sprechenderes wurde. IT. Die Bildung des Nucleolus. In den allerjüngsten und kleinsten Endblindschläuchen der Ovarien von Holothuria tubulosa sieht man als Wandbeleg winzig kleine Zellchen, deren Grenzen nicht deutlich zu erkennen sind, deren Kerne aber um so schärfer hervortreten. Es sind dies die jungen Oocyten (Eimutter- zellen) und die Follikelzellen. Ueber letztere sowie über den Bau der Ovarien der Seewalzen findet man bei Hamann (83) Näheres; hier will ich nur soviel mittheilen, dass die Follikelzellen später von der reifenden Oocyte hervorgehoben werden, um dann wie ein Kranz dieselbe zu umgeben. Im Anfang sehen sich beide Arten von Zellen sehr ähnlich, wenn auch bei den Follikelzellen eine dichtere Anhäufung des Chromatins den Kern dunkler macht und sie dadurch von den differenzirten Kernen der Oocyten unterscheidet, wie es Fig. 1 zeigt, wo die Kerne «a und b zu je einer Follikelzelle gehören, deren Grenzen aber hier, wie überhaupt auf dem ganzen Bilde, nicht her- vortreten. Dieser eben angeführte Unterschied ist aber nicht so funda- mental, wie es scheinen mag, denn im Anfang zeigen auch die Oocyten eine ähnlich dichte Concentrirung des Chromatins, und so deutet auch diese Wahrnehmung darauf hin, dass die Follikelzellen nur zurück- gebliebene Eizellen sind, die auf ihrer frühen Entwicklungsstufe be- harren. In der That sehen auch die Follikelzellen am grössten Ovarialei noch ganz so aus wie die jüngsten Oocyten und nehmen höchstens das Aussehen an, das die jungen Eier in Fig. 1 haben. Wir verlassen aber nun erstere, um uns den letztern zuzuwenden. 1* | | | | | | 4 KONRAD GUENTHER, Wir haben also in Fig. 1 6 junge Oocyten vor uns, in denen das Kerngerüst (sie sind mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt) gut zu sehen ist. Dieses ist in allen nicht mit Buchstaben versehenen Eiern ziemlich gleichmässig im Kern vertheilt; es finden sich hellere und dunklere Stellen, die als Linin und Chromatin zu deuten sind. Etwas anders verhalten sich die Eier ¢ und d. Hier hat sich das Kernplasma an die Membran des Kerns angelegt und lässt so in der Mitte eine Stelle frei, die besonders bei c gut zu erkennen ist. Bei diesem letztern Eikern bemerken wir auch schon ein weiteres Stadium der Entwicklung; es hat sich nämlich an einer Stelle das Keimplasma besonders ver- dichtet und eine dreieckige Gestalt angenommen. Um jedoch gerade dieses Stadium deutlicher zu verfolgen, wenden wir uns jetzt zu Fig. 2, die eine Oocyte darstellt, welche auf dieselbe Weise wie Fig. 1 ge- färbt ist. Das junge Ei ist in seiner Entwicklung schon weiter vor- gerückt, die Eimembran ist deutlich zu erkennen, und in dem Eiplasma nehmen wir die bekannte wabige Structur wahr. Der Kern zeigt in seiner Mitte den durch das Auseinanderweichen des Kerngerüsts ge- bildeten freien Raum, der drei grosse Zipfel und einen kleinen aussendet, und rechts ist auch hier wieder die Verdichtung und Anhäufung des Kernplasmas zu sehen. Bei den nächsten Figuren habe ich die Waben- structur des Eiplasmas, die in Fig. 2 genau ausgeführt wurde, nur angedeutet. In Fig. 3 haben wir eine wesentliche Veränderung vor uns. Die Zusammenziehung des Kerngerüsts ist hier an der einen Stelle noch weiter vorgerückt, und die Anhäufung desselben sendet drei Spitzen aus. Diese drei Spitzen stellen angeschnittene Verbindungs- stränge der Anhäufung mit dem gegenüber liegenden Wandbelag vor, eine Erscheinung, die wir auch bei den nächsten Bildern noch wahr- nehmen werden. Sie erklärt sich aus der Entstehung der Anhäufung von selbst, denn bei der flüssigen Natur des Kernplasmas kann der sich zusammenziehende Haufen nicht sofort von dem zurückbleibenden Plasma sich loslösen, sondern muss noch lange mit ihm durch einen Plasmastrang zusammenhängen. Wichtiger für uns als diese Erschei- nung ist aber etwas Neues, nämlich das Auftreten einer Vacuole in der Mitte der Plasmaanhäufung. Diese stellt sich wie ein Tropfen einer bei unserm Präparat bläulich gefärbten Flüssigkeit dar, die da- durch sofort ins Auge fällt, dass sie das Licht anders bricht als ihre Umgebung. Die bläuliche Farbe ist genau dieselbe wie die des Kern- safts in den Eiern von Fig. 1, sowie auch in dem dreizipfligen freien Mittelraum von Fig. 2, obgleich sie hier schon nicht mehr von der- selben Intensität ist. Ueberhaupt nimmt diese in den allmählich grösser Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 5 werdenden Kernen der Oocyten immer mehr ab, so dass der Kernsaft ein verdünnteres Aussehen gewinnt, bis er in den spätern Stadien, z. B. Fig. 7 und folgenden, absolut farblos geworden ist. Die Vacuole dagegen behält stets ihr intensives Blau, das erst in Fig. 9 und 10 einer andern Färbung Platz macht, auf die ich später zu sprechen kommen werde. Aus der Aehnlichkeit der Färbung zwischen dem Kernsaft der kleinsten Oocyten und der Vacuole könnte man schliessen, dass der erstere in Gestalt von Tröpfchen in die Plasmaanhäufung hineindringe, und ein Bild, wie es Fig. 6 zeigt, scheint dies zu be- stätigen, denn wir sehen hier verschiedene Vacuolen im wandständigen Kernplasma gebildet; dennoch neige ich einer andern Ansicht zu. Ich glaube, dass unsere Vacuole eine Ausscheidung des Plasmahaufens darstellt, denn erstens hat der Kernsaft, wie oben gesagt, gerade in der Zeit der Vacuolenbildung schon eine bedeutend blassere Färbung als die Vacuole, zweitens stellt Fig. 6 schon ein späteres Stadium der Entwicklung dar, und drittens habe ich in dem Plasmahaufen immer nur eine Vacuole gesehen, die von grösster Kleinheit an allmählich wuchs; das kann aber höchstens durch Tröpfchen von der aller- kleinsten Art, die der Plasmahaufen selbst ausscheidet, geschehen. Dass dieses Secret fundamental verschieden ist von dem Kernsaft, will ich hiermit nicht behaupten, noch auch, dass die Vacuolenflüssig- keit als ein neues Stoffwechselproduct ausgeschieden wird. Im Gegen- theil glaube ich, dass das sich zusammendrängende Kerngerüst, innig verbunden mit dem ursprünglichen Kernsaft, denselben nun wieder in seinem Innern ausscheidet und auf diese Weise einen Reservekernsaft bildet, der von der Verdünnung ausgeschlossen ist, also gerade die färbbaren Bestandtheile des Kernsafts beibehalt. Wir werden in unserm letzten Capitel auf diesen Punkt noch eingehen und wenden uns jetzt dem nächsten Stadium der heranwachsenden Oocyte zu. | In Fig. 4 haben wir ein mit Boraxkarmin gefärbtes Präparat vor uns. Das Kerngerüst ist ganz dunkelroth, der mittlere Kernsaft hell- rosa und die Vacuole mittelroth und stark lichtbrechend. Die letztere ist auch bedeutend grösser geworden und hat sich ganz abgerundet. Die Neigung hierzu zeigt auch das sie umgebende Kernplasma, doch hängt es noch durch einige Stränge mit dem andern Theil des Kern- wandbelegs zusammen. Im weitern Verlauf der Entwicklung greift nun diese Abrundung immer mehr um sich, bis dieselbe schliesslich in Fig. 6 und 7 vollständig erreicht ist. In diesen Abbildungen haben wir schon einen vollständigen Nucleolus vor uns, der das Bild einer dunklen Hohlkugel mit hellem Inhalt bietet. In Fig. 5 ist die Ab- 6 KONRAD GUENTHER, rundung schon nahezu erreicht, nur wenige Stränge verbinden noch den frühern Plasmahaufen mit dem andern Wandbeleg, doch ver- schwinden auch sie in den folgenden Figuren. In Fig. 5 hat die Vacuole ihren grössten Umfang gewonnen; auch schon bei 500facher Vergrösserung ist sie als stark lichtbrechend zu erkennen. Der Kernplasmahaufen, durch Zusammenballen aus dem Kern- gerüst entstanden, hat sich also nun zur Aussenkapsel des Nucleolus abgerundet. Wenn wir noch einmal von Fig. 1 an seine Entstehung verfolgen, sehen wir, das von Anfang an zwei Bestandtheile in ihm sich finden, nämlich hell und dunkel tingirte, also Linin und Chromatin. Dieses letztere scheint ihm dann auf den Plasmabrücken immer noch zuzuwandern, wie auf Fig. 5 ersichtlich, doch mag auch nach seiner Abrundung noch Chromatin in ihn hineindringen. Wenigstens sind in Fig. 7 wohl noch einige dunkle Partien im Kernwandbeleg zu sehen, aber keine Spur mehr davon findet sich in den Figg. 8—11. Hier ist allein der Nucleolus intensiv gefärbt, alles andere äusserst blass. Dennoch glaube ich, dass das meiste Chromatin in die Aussenkapsel wandert, wenn diese noch nicht abgerundet ist, denn gerade in diesem Stadium habe ich nur sehr selten dunklere Stellen im Kernwandbeleg gefunden, und so wird wohl in dieser Hinsicht Fig. 7 eine Ausnahme- stellung einnehmen. Wir haben hiermit einen gewissen Abschnitt in der Bildung des Nucleolus erreicht, nämlich die Bildung der Aussenkapsel mit der Innenvacuole, die aus einem grossen Flüssigkeitstropfen besteht, wie wir gesehen haben; von jetzt an beginnt ein neues Stadium der Ent- wicklung, nämlich die Auftheilung der Vacuole und die Auflockerung der Aussenkapsel. Sehen wir, wie dieselbe vor sich geht. III. Die Veränderungen im Nucleolus. Schon in Fig. 5 sehen wir von der Aussenkapsel einen kleinen Faden in die Vacuole hineinragen. Stellen wir uns vor, dass von der gegenüber liegenden Seite ihm ein eben solcher Strang flächenhaft ent- gegenwächst, so haben wir die Vacuole in zwei Theile zerlegt vor uns, oder besser, aus dem einen Tropfen sind zwei geworden. Dieses Stadium stellt Fig. 7 dar. Der Process greift nun immer weiter um sich, immer mehr werden die Tropfen zerlegt, in Fig. 8 sind es schon viele, noch mehr in Fig. 9, und in Fig. 10 haben wir eine ungeheure Anzahl solcher kleiner Tropfen vor uns. Diese Zerlegung geschieht nicht gleichmässig, grössere und kleinere Tropfen wechseln, wie es aus Fig. 8 und 9 ersichtlich ist. Da aber schliesslich bei einer be- Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 74 stimmten Grösse die Theilung aufhört, erhalten wir schliesslich, wie in Fig. 10, ein durchaus gleichmässiges Bild, das noch dadurch eine beinahe mathematische Genauigkeit annimmt, dass die Tröpfchen sich in concentrischen Kreisen anzuordnen scheinen, so dass wir das regel- mässigste Wabenwerk vor uns haben, bei dem die Grenzstellen von drei oder mehr Tröpfchen, wie bei jedem Wabenwerk, als dunkle Punkte auffallen. Diese Regelmässigkeit hat aber meiner Ansicht nach ihren Grund nur darin, dass die Tröpfchen, weil sie von derselben Grösse sind, sich nicht anders verhalten können. So gestalteter Nucleolen habe ich in meinen Präparaten sehr viele, sie sind auch schon von andern Autoren gesehen worden, in ähnlicher Weise neuerdings auch von HARTMANN (14) bei Seesternen. Der Nucleolus ist nun, wie aus den Bildern hervorgeht, die alle bei der- selben Vergrösserung gezeichnet sind, immer umfangreicher geworden, und die ihn erfüllende Flüssigkeit nimmt nun bei den Doppelfärbungen Hämatoxylin-Eosin einen mehr röthlichen Ton an, sei es, dass ihre chemische Beschaffenheit durch regen Stoffwechsel sich ändert, sei es, dass sie noch aus dem Kernsaft neue Flüssigkeit aufnimmt; vielleicht wirkt auch beides zusammen. Ausserhalb des Nucleolus ist nun alles Färbbare verschwunden, und das Linin hat sich zu einem Gerüst an- geordnet und so den frühern centralen Raum verdrängt. In der nun folgenden Fig. 11 (in dieser Abbildung ist, weil die Oocyte unter- dessen zu beträchtlich herangewachsen ist, nur der Kern gezeichnet, der Eikörper selbst angedeutet, ebenso in Fig. 13) ist die Färbung so schön differenzirt, dass das ganze Ei und der Kern vollständig farblos sind, nur der Nucleolus herrlich dunkelviolet, und das spricht in meinen Präparaten am meisten dafür, dass alles Chromatin in diesem Stadium im Nucleolus sitzt, denn die auf demselben Schnitt daneben liegenden Oocyten im Stadium von Fig. 1 oder die Follikelzellen haben einen ebenso schön gefärbten ganzen Kern, so dass man bei oberflächlicher Betrachtung geneigt ist, ohne weiteres den Nucleolus, wie ihn Fig. 11 zeigt, mit jenen ganzen Kernen zu identificiren, denn auf dem ganzen Präparat sind nur die Kerne der kleinsten Oocyten und Nucleolen der grossen Oocyten gefärbt. Wir treten aber mit Fig. 11 wieder in ein neues Stadium des Nucleolus ein und können den eben beschriebenen Vorgang als die Auflockerung der Aussenkapsel bezeichnen und damit ab- schliessen. Nachdem das Nucleolarplasma, wie ich es nennen will (es besteht aus Linin und Chromatin), sich nun in einem so feinen Wabenwerk 8 KONRAD GUENTHER, vertheilt hat, beginnt es sich wieder an gewissen Stellen zu concen- triren. In der Mitte des Wabenwerks tritt eine Verdunklung ein, wie es Fig. 11 und 12a zeigen, die immer mehr um sich greift, bis schliesslich meist nur eine Randlage des hellrothen Wabenwerks nach- bleibt. Ziemlich gleichzeitig beginnt sich am Aussenrande des Nucleolus eine dunkle Schicht von homogener Substanz abzulagern, in der man eine concentrische schwache Streifung angedeutet finden kann. Diese Schicht kann sich gleichmässig um den Nucleolus herumlegen, wie in Fig. 11, oder auch nur an einer Seite (Fig. 12a) ihm kappenförmig aufliegen. Wir erhalten dann ein Bild, wie es schon von einer ganzen Reihe von Autoren gesehen worden ist, wenn wir uns nämlich die Reste des Wabenwerks wegdenken. In Fig. 12a sehen wir ein weiteres Stadium; hier hat die Verdunklung das Wabenwerk in der Mitte ziem- lich verschwinden lassen, und ebenso sind nach links, nach der Kappe zu gerichtet, die Vacuolen dunkler geworden, während sie rechts um so heller hervortreten. Wir werden uns über diesen Vorgang noch im letzten Theil klar zu werden versuchen, jetzt wollen wir nur den weitern Schwund des Wabenwerks verfolgen. Dieser geht schnell vor sich, sei es, dass die Aussenwaben, wie in Fig. 12a, abgestossen, sei es, dass sie, wie in Fig. 12b, im Innern verdunkelt werden. Ich neige zu der letztern Ansicht, denn ich habe viele Bilder wie Fig. 12b, und zwar in verschiedenen Stadien, in welchen allmählich immer weniger Waben sichtbar werden, bis zuletzt der Nucleolus nur eine homogene, dunkel gefärbte Masse darstellt. Damit haben wir wieder ein Stadium der Entwicklung des Nucleolus verlassen, nämlich den Höhepunkt derselben, und wir können den eben verfolgten Process die Verdunklung des Nucleolus nennen. Von nun an wächst der Nucleolus nicht mehr, zeigt aber bei unserm Object noch keine wesentliche Veränderung, wenigstens äusserlich. Da bei diesem Capitel unser bisheriges Object zur Klärung der Ver- hältnisse nicht ausreicht, so werden wir in ihm uns unserm zweiten Ma- terial, den Ovarien von Psammechinus microtuberculatus, zuwenden. Es handelt sich nämlich jetzt um IV. Die Chromatinabgabe des Nucleolus. Während wir in Fig. 11 gesehen haben, wie ausser dem Nucleolus nichts Färbbares im Eikern vorhanden war, treten in den nun fol- genden Stadien nach und nach immer mehr Chromatinfäden auf; zuerst in der Nähe des Nucleolus am häufigsten, vertheilen sie sich später im Plasma. In Fig. 13 haben wir ein solches Bild, zugleich Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 9 sehen wir aber hier, wie ein Chromatinfaden aus der rechten Seite des Nucleolus mit Zurücklassung einer Vacuole heraustritt. Gerade diese Vacuole, so glaube ich, spricht für das Auswandern des Chromatin- fadens vom Nucleolus, ich habe ähnlicher Bilder mehrere gefunden. Immerhin werden solche Bilder etwas Problematisches an sich haben, und das ist der Grund, weshalb ich nicht mehr solcher Abbildungen gezeichnet habe. Ausserdem hat ja HARTMANN (14) beim Ei des See- sterns eine grosse Anzahl recht überzeugender Bilder gegeben, die denselben Vorgang beweisen sollen, und bei seinem Object lagen die Verhältnisse bedeutend günstiger, da hier das Chromatin vom Nucle- olus erst im Moment der ersten Richtungstheilung abgegeben wird, wobei der Nucleolus sich nach der Spindel zuspitzt und bei seiner Durchsichtigkeit das Heraustreten des Chromatins leichter erkennen lässt. Leider konnte ich gerade den Richtungstheilungsvorgang bei den Holothurien nicht beobachten, da die Polkörper dieser Thiere erst im Seewasser abgeschnürt werden und mir nur conservirte Ovarien zur Verfügung standen. Um den Vorgang aber dennoch mit Rück- sicht auf unsern Nucleolus kennen zu lernen, müssen wir uns den Seeigeleiern zuwenden, zuvor aber will ich noch die Betrachtung der Holothurieneier bis zu einem Abschluss bringen, nämlich bis zu der Oocyte, die reif genug ist, um aus dem Ovarium hinauszutreten. In Fig. 14 gebe ich ein solches Stadium, das mit BöHmer’s Hämatoxylin einfach dunkelblau gefärbt ist; ich habe diese Figur wegen ihrer Grösse nur bei 500facher Vergrösserung gezeichnet, denn wir sehen hier auch bei dieser alles Wesentliche. Der Kern mit seinem hellen Linin zeigt das Chromatin in Fadenform und in grosser Zahl peripher angeordnet, der Nucleolus, immer noch sehr gross, ist dunkel und von keiner auffallenden Structur. Es entsteht nun die Frage: Warum ist der Nucleolus nicht kleiner geworden, da doch ein wesentlicher Bestandtheil von ihm, nämlich das Chromatin, genommen ist? Darauf habe ich folgende Antwort: Wie wir in Fig. 13 gesehen haben, hat der Chromatinfaden bei seiner Auswanderung eine kleine Vacuole zurückgelassen, und wenn nun in diese der Kernsaft eintritt, so ist an Raum nichts verloren. In der That sieht man derartige kleine Vacuolen oft, auch in Fig. 13 ist noch eine an der linken untern Seite zu vermerken. So mag der Platz jedes ausgetretenen Chromatinfadens durch Kernsaft wieder ausgefüllt werden, und da der Nucleolus als ein dunkler Tropfen aufzufassen ist, so wird die Kern- saftvacuole auch durch Vermischung mit der vorhandenen Flüssigkeit bald verdunkelt werden und nicht mehr sichtbar sein, darüber will 10 KONRAD GUENTHER, ich aber erst später ausführlicher berichten. Die Auflösung des Nucleolus findet erst beim Platzen der Kernmembran durch Hinzu- treten des Eizellsaftes statt, das werde ich aber beim Seeigelei nach- zuweisen haben, und so schliesse ich hiermit die Untersuchung über die reifenden Oocyten der Holothurien. In den Ovarien von Psammechinus microtuberculatus habe ich die jüngsten Oocyten nicht finden können. Auch am innern Ende der Ovarien waren die Eier nicht mehr allzu weit vor der Reifungstheilung ; diese selbst erfolgte in einem kurzen Abschnitt des Eierstocks, so dass ich etwa nur 200 Schnitte erhielt, in denen sehr viele Eier die Rich- tungskörperbildungen zeigten ; der nachfolgende grösste Abschnitt des Ovars wies fast nur Eier mit befruchtungsfähigem Kern auf, und nur zurückgebliebene Eier am Rande zeigten das grosse Keimbläschen. Bei den Holothurien dagegen bot ein Ovarium die verschiedensten Stadien dar, die sich schon äusserlich durch dicke und dünne Ei- schläuche kennzeichneten. Ueber die Chromatinabgabe des Nucleolus bei Seeigeln habe ich Folgendes zu berichten: Die Nucleolen vor der Reifungstheilung stellen sich in zwei Arten dar, die beide in gleicher Häufigkeit vorkommen und die ich in Fig. 15a und b abgebildet habe. Ich schicke voraus, dass ich alle Bilder vom Seeigelei auch bei derselben Vergrösserung gezeichnet, die aber nur 1000 beträgt; daraus kann man sehen, um wie viel grösser die Nucleolen hier als bei den Holothurien sind. Die Keimflecke von den nun kommenden Figuren, mit Boraxkarmin ge- färbt, weisen eine helle und eine dunkle Partie auf. Bei Fig. 15a sitzt die helle in der dunklen in ungleichmässig vertheilten Tröpfchen, bei Fig. 15b hat sie sich zu einer grossen Vacuole zusammengezogen, die auf der einen Seite einen dickern Rand der dunklen Substanz nachlässt, der auch einige Tröpfchen der hellen eingelagert sind. Beide Bilder sind schon oft bei den verschiedensten Thieren gesehen worden. Ich bin der Ansicht, dass das Chromatin, wenigsten im Wesent- ichen, auch hier schon den Nucleolus verlassen hat; in welcher Weise ldieses hier auswandert, scheint aus Fig. 16 hervorzugehen. Das Bild, auch mit Boraxkarmin gefärbt, ist combinirt aus 2 Schnitten durch dasselbe Ei, und wir haben hier schon den Anfang der Strahlung vor uns. Im Keimbläschen ist noch der unverändert grosse, hufeisen- förmige Nucleolus zu sehen. Besonders an seiner offenen Stelle liegen runde, dunkelroth gefärbte Kügelchen, die ich für Chromosomen halte, welche ihre runde Gestalt dadurch erhalten haben, dass sie noch in Ueher den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 11 einem Tropfen der Nucleolarfliissigkeit eingelagert sind. Solche Kugeln sind häufig zu finden, so auch in Fig. 17, und oft nehmen sie schon eine Form an, die der der definitiven Cnromosomen durchaus ähnlich ist, so in Fig. 16 die dritte von links oben und in Fig. 17 die rechts gelegene. Zur genauern Untersuchung der Frage der Chromatin- abgabe erweist sich aber auch das Seeigelei als nicht allzu vortheil- haft; ich hoffe, in spätern Untersuchungen hierfür geeigneteres Material zu finden, und gehe denn zum letzten Stadium des Nucleolus über, von dem ich genauere Daten liefern kann. V. Die Auflösung des Nucleolus. Zunächst ein paar Worte noch über die Beschaffenheit des Keim- flecks vor seiner Auflösung und über seine beiden Substanzen. Ich werde später noch meine Ansichten über die dunkle Masse mittheilen, in Betreff deren ich zwei Deutungen für möglich halte, nämlich erstens, dass das Chromatin im Nucleolus sich einem regen Stoffwechsel unterzieht, und als Product dieses Stoffwechsels, also als Abspaltungsproduct, würde dann die dunkle Partie aufzufassen sein ; zweitens aber wäre auch die Vorstellung nicht von der Hand zu weisen, dass sie über- schüssiges Chromatin vorstellt. Die helle Flüssigkeit dagegen spreche ich als die Reste der ursprünglich gebildeten ersten Vacuole an, wie wir sie in den jüngsten Oocyten der Holothurien gesehen haben. Diese ist gleichwerthig mit dem Plastin der Autoren. Dabei können wir dann für die verschiedenen Formen der Nucleolen einen einheit- lichen Standpunkt gewinnen. Bei den Holothurien mag das Stoff- wechselproduct in einer flüssigen Form ausgeschieden werden, das gleichmässig den ganzen Nucleolus durchsetzt und erstens also schon in der Nucleolarflüssigkeit aufgegangen ist, zweitens aber sich auch leicht mit dem hinzutretenden Kernsaft mengt, so dass dieser, der in die vom auswandernden Chromatin frei gelassenen Lücken in Gestalt von Vacuolen eintritt, wie wir bei Betrachtung von Fig. 14 aus ein- ander gesetzt haben, bald dunkel gefärbt wird und der Nucleolus seine homogene Beschaffenheit beibehält. Beim Seeigel mag ein festeres Abspaltungsproduct vorliegen, das sich mit dem hinzutretenden Kern- saft nicht so leicht mengt, ebenso wie es sich mit der ursprünglichen Nucleolarflüssigkeit nicht vermischt hat, denn natürlich muss auch hier, da dem Nucleolus Substanz durch Verlust des Chromatins genommen ist, er selbst aber sich augenscheinlich nicht verkleinert hat, Kernsaft hineingedrungen sein, der sich mit der Nucleolarflüssigkeit mischt und sie verdünnt, ganz wie bei der sich vergrössernden Oocyte der ur- 12 KONRAD GUENTHER, sprünglich dunkle Zellsaft durch Verdünnung heller geworden ist. Bei einem solchen Mischungsprocess können die „Vacuolen“, welche ja als Tropfen zu denken sind, zusammenfliessen und eine grosse Vacuole bilden, wie in Fig. 15b abgebildet ist, oder sie können als verhältniss- mässig gleich grosse Gebilde auftreten. Auch kann es geschehen, dass der neu hineindringende Kernsaft eine grosse Vacuole für sich bildet und die Nucleolarflüssigkeit sich unverdünnt in Tropfen eingelagert am Rande erhält, weil die Mischung der beiden Flüssigkeiten gerade im Moment der Fixirung noch nicht vollendet war. So könnte auch die grosse Vacuole in Fig. 15a, die nicht gefärbt ist, nur aus Kern- saft bestehen, und in die untere Vacuole ist ein Tropfen desselben wohl eingedrungen, hat sich aber noch nicht mit der Nucleolarflüssig- keit gemengt, so dass wir beide scharf abgesetzt gegen einander vor- finden. So wird denn gerade durch unsere Annahme die sich so oft vor- findende Verschiedenartigkeit der Nucleolen erklärt. Ueber ähnliche Verhältnisse von Flüssigkeiten zum Nucleolus finden wir übrigens bei RHUMBLER (30) eine genaue Auseinandersetzung. Auch ALBRECHT (1. u. 2) ist der Ansicht, dass der Nucleolus als Tropfen aufzufassen sei, und was das erste Auftreten des Keimflecks betrifft, so stellt sich KORSCHELT (22) ebenso denselben in flüssiger Form vor, wenn er auch mit MONTGOMERY (27) der Ansicht ist, dass er ausserhalb des Kerns gebildet wird und von hier aus flüssig in jenen hineinwandert. Wir wenden uns zu einer zweiten Frage: Was ist das Agens, das das Auflösen des Nucleolus bewirkt? Zur Beantwortung dieser Frage verweise ich auf die Figg. 16 und 17. Beide stellen Eier von See- igeln dar, mit Boraxkarmin gefärbt. Dabei scheint Fig. 16 ein vor- gerückteres Stadium vorzustellen, denn hier ist schon der Anfang der Strahlung ausgebildet, während in Fig. 17 noch keine Spur von ihr — auch auf den Nebenschnitten nicht — zu sehen ist. Dennoch fällt es auf, dass in Fig. 16 der Nucleolus an Grösse noch nichts verloren hat, während er in Fig. 17 schon beträchtlich geschwunden ist. Ich er- kläre dies nun dadurch, dass ich darauf aufmerksam mache, dass in Fig. 16 die Kernmembran noch vollständig vorhanden ist, während sie in Fig. 17 bis auf wenige Reste auf der linken Seite geschwunden ist. In diesem Unterschied und in dem dadurch bedingten Herein- dringen des Zellsaftes vom Eiplasma sehe ich das auflösende Moment. Meistens tritt zuerst die Strahlung auf, dann verschwindet die Kern- membran, und mit ihr verkleinert sich der Nucleolus; um so be- weisender ist dann ein solches Bild wie Fig. 17, wo die Kernmembran Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 13 gewisser Maassen zu früh aufgelöst wird und nun auch sofort der Nucleolus verkümmert. Uebrigens hält auch Maruews (37) die Auf- lösung der Kernmembran für einen wichtigen Vorgang bei der Theilung. | In welcher Weise nun das Schwinden des Nucleolus vor sich geht, darüber belehren uns Fig. 18 und 19. Beide Figuren, nach der HEImDENHAIN’schen Eisenhämatoxylin-Methode behandelt, stellen Eier dar, in denen die Chromosomen sich schon zur Richtungsspindel ein- geordnet haben. Die noch immer vorhandenen, aber beträchtlich kleiner gewordenen Nucleolen sehen ganz verschieden aus, aber ich brauche nur auf Fig. 15a und b hinzuweisen, um sofort den Grund dafür klar zu legen. In Fig. 15 sind die beiden verschiedenen Arten von Nucleolen dargestellt, die sich in Seeigeleiern finden, und ich suchte oben ihre dennoch einheitliche Zusammensetzung zu erklären. Löst sich nun ein Keimfleck auf, wie ihn Fig. 15a darstellt, so erhalten wir ein Bild wie in Fig. 19, dagegen ist der Nucleolus in Fig. 18 ein Rest des in Fig. 15b dargestellten. Fig. 19 habe ich mit Hülfe des Zeichenapparats mit möglichster Genauigkeit dargestellt. Oben sieht man die Richtungsspindel in grosser Deutlichkeit, dann den Rest des Kerns, der sich, trotzdem ihm die Membran fehlt, immer noch deutlich vom Eiplasma abhebt, und ferner kann man erkennen, wie in ihm die Lininfäden zur Spindel hingezogen werden. Auf den Lininfäden, oft nicht allzu leicht von ihnen zu unterscheiden, liegen die Chromosomen, und ebenso geht der Nucleolus direct in dieselben über, was erstens seine Hüssige Natur beweist, zweitens aber die Möglichkeit nahe lest, dass die Chromosomen auf dem Wege der Lininfäden ihn verlassen. Um uns nun noch nach den letzten Resten des Nucleolus umzu- sehen, wenden wir uns zu Fig. 20a. Hier haben wir die letzten Ueberbleibsel eines Nucleolus von Fig. 15a vor uns, dessen vorher- gehendes Aussehen in Fig. 19 abgebildet ist. Das Präparat ist, wie auch Fig. 20b, mit Boraxkarmin gefärbt. Die rosa Flüssigkeit ist vollständig geschwunden, und die dunkle Masse ist nur als eine Gitter- kugel noch sichtbar. Zwischen Fig. 19 und 20a könnte noch als Zwischenstadium derselben Art des Nucleolus Fig. 17 dienen, das Wesentliche der Auflösung besteht eben darin, dass allmählich die dunkle Masse resorbirt wird, nachdem schon vorher die helle immer mehr verschwunden ist. Aehnlich verläuft auch der Schwund des Nucleolus von der Gestalt von Fig. 15b und Fig. 18. Hier bleibt als Rest noch ein immer kleiner werdendes Hufeisen, bis auch dieses verschwindet. Ich habe ein solches Bild, da es uns nichts Neues bietet, nicht gegeben, dagegen möchte ich auf eine aus- 14 KONRAD GUENTHER, nahmsweise Erscheinung aufmerksam machen, die ich in Fig. 20b abgebildet habe und die ich auch als die Reste eines zuletzt genannten Nucleolus ansehe. Hier ist nämlich im Gegentheil zuerst die dunkle Masse geschwunden, und Reste der rosa Flüssigkeit finden sich noch vor, in denen die Chromosomen liegen und von denen sie (auf Neben- schnitten) mittels der Lininfäden dem Innern der Spindel zuwandern. Ich erkläre diese Verhältnisse nun folgendermaassen. Ich glaube, dass auch hier, wie in Fig. 17, die Kernmembran zu früh geschwunden ist und die Strahlung sich schon gebildet hat, bevor die Chromosomen den Nucleolus verlassen haben. Durch diese Verhältnisse bedingt, mag dann die dunkle Substanz sich früher gelöst haben als die helle, die noch in inniger Verbindung mit den Chromosomen stand. Auch dieses Bild spricht ausserdem sehr für die Hervorwanderung der Chromo- somen aus dem Nucleolus. Damit verlassen wir unsern beschreibenden Theil und wollen nun zum Schluss sehen, in wie weit die hier beschriebenen Verhältnisse mit denen von andern Autoren übereinstimmen, wie wir dieselben deuten und wie wir diese mit den schon vorhandenen Nucleolus- theorien in Einklang zu bringen suchen. VI. Die Function und Bedeutung des Nucleolus. Meine Ansicht auf Grund der vorliegenden Untersuchung und ihres Vergleichs mit den schon vorhandenen Nucleolusforschungen ist folgende: Der Nucleolus des reifenden Eies entsteht als eine Ausscheidung des Kerngerüsts in Gestalt eines oder mehrerer Tropfen. An diesen (sc. diese) legt sich das chromatinhaltige Kernplasma an, um dann mit ihm auf dem Wege der Durchdringung in innige Berührung zu treten. Nach einiger Zeit wandert aus dem so entstandenen Gebilde das Chromatin wieder aus und vertheilt sich im Kerngerüst, oder es verschiebt seine Auswanderung bis zur Bildung der Richtungsspindel und tritt dann direct in Gestalt der Chromosomen auf, die sich in ersterer anordnen. In beiden Fällen wird meistens ein Restkörper (Metanucleolus HÂCKER) hinterlassen, der entweder als Stoffwechsel- product oder als überschüssiges Chromatin aufzufassen ist und der sofort aufgelöst wird oder längere Zeit persistiren kann. Mit dieser Auffassung lassen sich nun die meisten der vorhandenen Thatsachen in Einklang bringen. Zunächst lernen wir verstehen, warum bei ganz nahe verwandten Thieren ein oder mehrere Nucleolen vor- kommen. So hat unsere Holothurie einen Nucleolus, dagegen Cucu- Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 15 “ maria nach Cuénor (5) viele periphere, ebenso hat Caudina arenata nach GEROULD (8) zahlreiche Keimflecke, die sich an der Kernmembran bilden. Die beiden Typen Häcker’s (12), der Echinodermen- typus mit einem Nucleolus und der Vertebratentypus mit zahl- reichen, fallen nun unter einen Gesichtspunkt, denn da es nur darauf ankommt, dass das Chromatin in den Nucleolartropfen einwandert (darüber werden wir noch weiter unten reden), so ist es nicht von wesentlicher Bedeutung, ob es sich dabei ganz in einen Tropfen zu- sammendrängt oder ob es dieses Einwandern getrennt, an verschie- denen Stellen des Eies und in verschiedenen Tropfen, besorgt. Ueber die mannigfachen Arten der Nucleolen habe ich schon oben Einiges gesagt, ich habe dort die vacuolenreichen, zweifarbigen Kern- körper der Seeigel und die homogenen der Seewalzen unter einen Ge- sichtspunkt zu bringen versucht. Verschiedene Autoren, R. HERTWIG (20), Carnoy (4) und viele Andere, unterscheiden nun zwischen Plastin- nucleolen und Chromatin(Nuclein)nucleolen. Besonders scharf und charakteristisch ist dieser Unterschied wieder in Wırson’s (36) neuer Arbeit bei Eiern desselben Seeigels, nur auf zweierlei Weise mit Lösungen behandelt, hervorgetreten. In dem einen Falle nämlich zer- fällt der Nucleolus in einen dunklen Haufen (es geht das deutlich aus den Abbildungen hervor), der dann direct die Chromosomen bildet, im andern Falle kommen diese aus dem Kernnetz, und der blasse Nucleolus verschwindet allmählich ohne jede Beziehung zu ihnen. Mit Hülfe vorliegender Arbeit glaube ich diese merkwürdige Erscheinung folgendermaassen aufklären zu können. In dem ersten Falle haben wir es mit einem Nucleolus zu thun, in dem das Chromatin noch drin sitzt (etwa unsere Figg. 10, 11 oder 12), dabei mag dann die Lösung die Bildung der Spindel beschleunigen, so dass das Chromatin nicht Zeit hat, aus dem Nucleolus langsam auszuwandern und sich im Kernnetz anzulagern, sondern sich direct zur Bildung der Theilungsfigur an- schicken muss, wie das nach den Beobachtungen HARTMANN’S (14) am Seesternei die Regel ist. Der zweite Fall Wınson’s würde ein etwas älteres Stadium der Eireifung vorstellen, in dem das Chromatin den Nucleolus schon verlassen hatte, bevor die Lösung einwirkte. Hier konnte also die Richtungskörperbildung normal vor sich gehen, und der hier bleibende Metanucleolus war deshalb, von so blasser Farbe, weil er bloss aus der ursprünglichen Nucleolarflüssigkeit (dem Plastin) mit wahrscheinlicher Verdünnung durch den Kernsaft besteht. Was aus dem Abspaltungsproduct (resp. dem überschüssigen Chromatin) geworden ist, kann ich natürlich nicht entscheiden. Entweder gelangt 16 KONRAD GUENTHER, es bei jenem Seeigel in einer Weise zur Abscheidung, wie ich es bei den Holothurien beschrieben habe, nur dass es sich nicht so dunkel färbt, oder es ist durch die einwirkende Solution gelöst worden. Für die Klärung der Hauptfrage ist dies ja auch nicht von allzu grosser Wichtigkeit. Jetzt können wir auch den Unterschied zwischen Plastinnucleolen und Chromatinnucleolen verstehen. Der abgeschiedene Flüssigkeits- tropfen (Fig. 3, 4) vor seiner Durchsetzung mit Chromatin ist als Plastinnucleolus aufzufassen, in manchen Fällen auch der Metanucleolus. Wenn wir uns vorstellen, dass der Plasmahaufen, der diesen Tropfen absondert, sich nicht um ihn herumballt und abrundet, so dass der Tropfen scheinbar frei im Kerngerüst liegt, so haben wir einen reinen Plastinnucleolus vor uns. Ein eben solcher Vorgang, ich sage das nur anhangsweise, könnte bei den Körperzellen stattfinden, und das wäre mithin die Brücke zwischen diesen Nucleolen und dem wahren Keimfleck, mit dem wir uns hier ausschliesslich beschäftigt haben. Ein Tropfen gleicht dem andern, daher die Aehnlichkeit der ver- schiedenen Nucleolen. In den Körperzellen wird der Tropfen zu einem Zwecke ausgeschieden, über welchen ich ebenso wenig wie über die chemische Beschaffenheit des Tropfens hier etwas sagen kann, im Keimbläschen dagegen dazu, dass das Chromatin in ihn hineinwandere. Von diesem Excurs kehren wir aber wieder zu unserm Keim- fleck zurück. Solche eben beschriebenen, frei im Kernnetz herum- treibenden Nucleolen scheint es in den reifenden Eiern der verschie- denen Thiere wohl vielfach zu geben, so gehören auch die vielen Nucleolen des Vertebratentypus dazu, doch werden auch diese meistens an der Kernmembran, ganz wie bei unserm Object, ausgeschieden. Meistens aber haben sie kein langes Bestehen, bald legt sich Kern- plasma um sie herum, rundet sich ab, und es entstehen auf diese Weise die so oft schon beschriebenen zweitheiligen Nucleolen, wie sie besonders deutlich bei Mollusken und Spinnen auftreten. In interes- santer Weise kann ich nun die Befunde von Osst’s (29) ausführlicher Arbeit heranziehen, der diesen Vorgang genau beschrieben hat. Auch er hat in den jüngsten Eiern von Helix pomatia eine wandständige Lagerung des chromatinhaltigen Kernplasmas beobachtet, aber schon sehr früh einen oder mehrere Nucleolen. Diese färbten sich durchaus anders als alle andern Kernbestandtheile. Somit würde dieser Be- fund gegen meine oben ausgesprochene Vermuthung sprechen, dass der Nucleolartropfen gewissermaassen reservirter, unverdünnter Kern- saft ist, doch lege ich so wie so auf diesen Punkt keinen besondern Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. LY Werth, da eine solche Frage doch nur auf chemischem Wege zu lösen ist. Nach Ogsr’s Abbildungen könnte es wohl sein, dass seine Nucleolen auch Ausscheidungsproducte des Kernplasmas sind; sehr erinnern be- sonders seine Bilder von Epeira diademata an die meinigen, hier ist sogar der Plasmahaufen zu finden, und der Vorgang scheint dem bei den Holothurien beschriebenen sehr ähnlich zu sein, man vergleiche nur seine figg. 37 und 40 mit den meinigen. Jedenfalls erscheinen seine Nucleolen als Tropfen, sie wachsen durch Zusammenfliessen unter einander, und nun ist der Vorgang der Chromatinanlagerung sehr deutlich. Dieses legt sich nämlich prachtvoll differenzirt an den Nucleolus an und dringt in ihn hinein, ein Vorgang, den OBsT auch an seinen sonstigen Objecten (andern Mollusken und Spinnen) verfolgen konnte. Bei Epeira legt es sich kreisförmig um den Nucleolus herum, und Ossr glaubt sogar auch die Aussensubstanz als zähflüssiger als die innere ansprechen zu müssen. Es würde zu weit führen, in jeder Einzelheit auf die Uebereinstimmung seiner mit meinen Befunden einzugehen, nur so viel, dass auch Ossrt sagt, er glaube, dass (bei Helix pomatia) das Chromatin in feinsten Partikelchen in den Keimfleck übergehe, im Uebrigen aber ist er der Ansicht, dass der Nucleolus nicht bei Ausbildung der Chromosomen verwendet wird. Wir haben also gesehen, dass diese zweitheiligen Nucleolen aus der Nucleolarflüssigkeit (Plastin) und herum- oder angelagertem oder dieselbe durchdringendem Kernplasma mit Chromatin bestehen, sie stellen also Plastin-Chromatin-Nucleolen vor. Diese scheinen nun, wie ja auch aus unserer Betrachtung ersichtlich, die häufigsten in reifenden Eiern zu sein, oder, richtiger gesagt, auf ihrem Stadium be- harrt der Keimfleck am längsten. Was die reinen Chromatinnucleolen betrifft, so scheinen sie sehr selten zu sein. Ein Keimfleck, der bei Bildung der Richtungsspindel seine ganze Substanz für die Chromosomen hergiebt, ohne einen Rest- körper zu hinterlassen, würde einen solchen reinen Chromatinnucleolus vorstellen. Einen derartigen Fall hatten wir bei Wizson (36) vor uns, doch werden wir es hier wohl nicht mit normalen Erscheinungen zu thun haben, denn bei den Thieren, wo der Nucleolus erst bei der Spindelbildung sein Chromatin entlässt, bleibt doch meist ein Rest- körper, wie HARTMANN (14) gezeigt hat. Diesen letztern aber könnte man als einen reinen Chromatinnucleolus auffassen, wenn man seine Substanz als überschüssiges Chromatin ansieht. So würde man meine Zool, Jahrb. XIX. Abth. f. Morph. 9 a 18 KONRAD GUENTHER, Fig. 20a, wo jeder Rest der Nucleolarflüssigkeit geschwunden ist, wohl als Chromatinnucleolus deuten können. Wenn uns über die Einwanderung des Chromatins in das Plastin nicht allzu viel Angaben zu Gebote standen, so giebt es für seine Auswanderung um so mehr Belege. Hierhin gehören die Angaben von R. HerTwiG (21), BôamiG (3), Wırson (36), HARTMANN (14), GOLD- SCHMIDT (9), GARDINER (7), und man kann auch die Befunde von Munson (28) und GRIFFIN (10) als hierzu passend dazulegen. Ein Bild von dem Letztern nämlich zeigt bei der Spindel eines Echiuroiden, wie der Nucleolus sich nach dieser hin auszieht und einen chromosom- ähnlichen Fortsatz ihr zusendet. Munson (28) beobachtete bei Limulus, wie, als das Chromatin an Färbbarkeit abnahm, der Nucleolus in dem- selben Maasse an Tingirungsfähigkeit zunahm und sich wie das Chro- matin färbte. Er erhielt Bilder, die den meinigen sehr ähnlich sind, sogar das Maschenwerk im Nucleolus, ähnlich dem Chromatinnetzwerk des ganzen Kerns, konnte er beobachten (meine Fig. 11). So kommt er zu dem Schluss, dass der Nucleolus aus einer Substanz, ähnlich dem Chromatin, einer ähnlich dem Linin und einer ähnlich Dotter- kugeln bestehe, diese letztern dürften wohl das auswandernde Chro- matin einschliessen, ähnlich wie bei meiner Fig. 16. Interessant sind die Resultate von GARDINER (7). Bei Polychoerus caudatus, einer Planarie, erscheint der Nucleolus als ein dicker Faden, der dann im selben Maasse an Grösse und Affinität zu den Farben abnimmt, als das Kernnetz in denselben Eigenschaften zunimmt. Dann zerfällt der Keimfleck in Stücke, und GARDINER glaubt, dass von diesen das Chromatin herkomme. GOLDSCHMIDT (9) beobachtete ferner, wie bei den reifenden Eiern von Polystomum integerrimum der Nucleolus in Stücke zerfiel, an denen sich dann kleine Fäden zeigten, die der Autor für Chromosomen hielt. Auch an Gregarinen hat MARSHALL (25) ein Zerfallen der Nucleolen in das Chromatin beobachtet, und am be- kanntesten dürfte R. HEerTwiG’s (21) Arbeit über Actinosphaerium sein, worin der Autor auch die Nucleolarsubstanz als Substrat an- spricht, in der das Chromatin eingelagert ist. So erklärt auch schon R. Hertwie die Zweitheiligkeit anderer thierischer Nucleoli in der Weise, dass er sich hier für die Localisirung des Chromatins an eine bestimmte Stelle ausspricht. Zum Schluss erwähne ich noch einmal die Arbeiten von CARNOY u. LEBRUN (4), welche die Chromatin- abgabe aus vielen Nucleolen bei Amphibieneiern beschrieben haben. Aus allen diesen Thatsachen geht nun hervor, dass der Nucleolus die verschiedensten Wege einschlägt, um das Chromatin austreten zu Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 19 lassen, es kommt ihm offenbar dabei nur darauf an, dass es austritt, aber nicht, wie und wann es ihn verlässt. Dieses ‚Wann‘ ist für die Beobachtung des Vorgangs am günstigsten, wenn dieser, wie bei HARTMAnN’s (14) Asterias glacialis, erst bei der Spindelbildung statt- findet, so wie denn auch gerade seine Bilder sehr überzeugend sind. Ueber seine Arbeit habe ich jedoch schon des Oeftern gesprochen, ich möchte jetzt nur noch eine gewisse Unpräcision erwähnen, die sich bei ihm und noch Andern findet. HARTMANN redet nämlich davon, dass die Chromosomen aus dem Nucleolus entstehen, hat aber meiner Ansicht nach nur nachgewiesen, dass sie von ihm abgegeben werden. Denn er könnte das Erstere nur dann behaupten, wenn er nachgewiesen hätte, dass der Nucleolus als ein Gebilde sui generis entstände, in dem sich nun durch mannigfache Processe wirklich die Chromosomen entwickelten. Somit widersprechen seine und andere Angaben durchaus nicht, wie er es behauptet, der Individualität und qualitativen Verschiedenheit der Chromosomen im Sinne WEISMANN’S (33). In unserer Arbeit haben wir noch dazu gesehen, dass das Chromatin vor Bildung des Nucleolus da war und bloss in ihn hinein- trat und ihn wieder verliess, dabei Konnte es sehr gut individualisirt sein. So sehen wir denn, dass unsere ganze Vorstellung von der Ver- erbung und ihren Trägern in keiner Weise ins Wanken gerathen ist, und es ist gewiss mit Freude zu begrüssen, dass diese Theorie, die uns die verschiedensten Lebensvorgänge erklärt und unter einen Ge- sichtspunkt bringt, nun nicht durch neue Deutungen in Frage ge- stellt wird. Wir wenden uns nun der Häcker’schen (11 u. 12) Kernsecret- theorie zu und sehen, in wie weit diese sich mit unsern Ergebnissen vereinbaren lässt. Zunächst kann sie für alle Nucleolen der Körper- zellen bestehen bleiben, aber auch für den Keimfleck ist sie in mancher Hinsicht zu verwenden. Denn wenn man die eine meiner Deutungs- möglichkeiten annimmt, dass der Metanucleolus ein Stoffwechselproduct darstellt, so ist eben dieses auch als Abspaltungsproduct im Sinne HÄcker’s aufzufassen. Auch er verlässt dann als Kernsecret entweder in gelöster oder ungelöster Form den Kern, um dann langsam zu ver- gehen. Ich will hierbei nicht auf die vielen persistirenden Meta- nucleolen, wie sie von verschiedenen Forschern, Hicker (12), Fou (6), WHEELER (34, 35), MEAD (26), Ogst (29) und Andern beschrieben worden sind, eingehen, es würde mich das zu weit führen, auch kommt es für unsere Auseinandersetzung nicht in Betracht, wo und wann der Restkörper aufgelöst wird. Für das auflösende Agens, so sagte ich OF 20 KONRAD GUENTHER, schon oben, halte ich den Zellsaft, und es wird von der Beschaffenheit des Metanucleolus abhängen, ob jener sein Werk langsam oder schnell besorgt. Wichtiger ist die Frage: Was thut das Chromatin im Nucleolus? Dieser wollen wir uns jetzt zum Schluss zuwenden. Die Frage zu entscheiden, ist mir natürlich unmöglich, theils weil gerade in diesem Stadium die Verhältnisse im reifenden Ei zu schwer zu studiren sind, theils weil die chemische Natur derselben noch nicht ergründet werden kann, theils weil noch zu wenig Ver- gleichsmaterial vorliegt. Auf die zwei Hauptdeutungsmöglich- keiten aber habe ich schon mehrfach hingewiesen. Die eine davon war, dass wir uns vorstellten, dass das Chromatin in die Nucleolar- flüssigkeit hineinwandere, um sich in derselben einem regen Stoff- wechsel zu unterziehen, als dessen Abspaltungsproduct der Restkörper zu betrachten war. Denn es ist wohl möglich, dass das Chromatin, bevor es sich zur Anordnung in der Richtungsspindel anschickt, noch einer besondern Ernährung und Klärung bedarf. Bevor wir uns nun der zweiten Deutung zuwenden, will ich über eine Arbeit von SCHAUDINN (32) berichten, die über die Theilung von Foraminiferen handelt, wobei sich der Kern einer Veränderung unterzieht, die wegen ihrer grossen Aehnlichkeit mit den hier be- schriebenen Vorgängen von grösstem Interesse ist. Bei Calcituba | nämlich sind die durch Zerfall eines grössern Kerns entstandenen Tochterkerne homogen, und das Chromatin verdeckt die anatomische Substanz. Von aussen wandern nun Flüssigkeitströpfchen in das Ge- bilde hinein und lockern dasselbe so auf, dass es sich nun abrundet. Der Nucleolus meiner Fig. 8 ist dem ScHauprnn’schen Bild ganz ent- sprechend. Dieser Vorgang spielt sich nun in der Weise weiter ab, wie es auch in meinen Abbildungen zu sehen ist, und es entsteht eine Maschenkugel, die mit meinem Nucleolus auf Fig. 10 zum Verwechseln ähnlich ist. Nun sondert sich das Chromatin bei SCHAUDINN in der Mitte und wandert von hier an den Rand (siehe meine Fig. 11). Es entstehen aus diesem chromatische Brocken, die aus dem Gebilde aus- treten und wieder ganze Kerne darstellen. So haben wir hier beinahe denselben Vorgang wie beim Nucleolus des reifenden Holothurieneies, nur der Anfang ist ein wenig anders, aber doch nicht principiell unterschieden. Denn es ist von keiner grossen Wichtigkeit, ob das Kernplasma sich, wie bei unserm Object, an den einen Nucleolartropfen anlegt und dann in ihn hineindringt oder ob viele Nucleolartropfen sich an das Kernplasma anlegen und in dasselbe hineindringen. Das Endresultat ist in beiden Fällen ein Ueber den Nucleolus im reifenden Eehinodermenei. za! Nucleolus unserer Fig. 8, der daher auch durchaus der SCHAUDINN- schen bezüglichen Abbildung entspricht. Der Hauptunterschied ist nur der, dass bei uns bei der Chromatinabgabe nur einzelne Chromatin- fäden entlassen werden, bei ScHAUDINN aber sind es wieder Kerne. Es handelt sich in dieser angeführten Arbeit offenbar um eine gleichmässige Vertheilung des Chromatins; könnte nun dasselbe nicht auch in unserm Falle stattfinden? Ich sagte am Anfang, dass die Nucleolarflüssigkeit sehr dem ursprünglichen Kernsaft ähnele, aber selbst wenn sie auch von einer andern chemischen Beschaffenheit wäre, so könnte es immerhin möglich sein, dass es ihr hauptsächlicher Zweck ist, dem Chromatin einen freien Raum zu gewähren, um dann wieder auszutreten, gleich einer Armee, die vor dem Sturm sich noch einmal zusammenzieht, um dann in wohlgeordneten Marschkolonnen den Streit zu beginnen. Denn im Kern kann das Chromatin wegen der eng- maschigen Structur des Kerngerüsts (man sehe daraufhin meine Figg. 11 und 13 an) nicht so viel Raum zum Ordnen haben, wie in dem klaren Tropfen des Nucleolus. Im Raume des Keimflecks mögen auch die gereckten Chromatinfiden zu den Chromosomen zusammengedrückt werden, wenigstens in den Fällen, wo sie als solche den Nucleolus verlassen. An dieser Stelle möchte ich nun noch eine Arbeit von HENKING (15) über die Samenbildung von Pyrrhocoris erwähnen, der bei seinem Object Verhältnisse beschreibt, die wir hier wohl verwerthen können. Hier tritt nämlich der dunkel gefärbte Nucleolus gleich nach der Theilung der Spermatogonien in einer Bucht des zusammengedrängten Chromatins auf. In seinem Innern konnte HENKING keinen besondern Vorgang beobachten, er blieb homogen dunkel und ähnelte schliesslich so einem Chromatinbrocken, dass er nicht mehr von den andern zu unterscheiden war. Nun ist es zwar möglich, dass der von uns geschilderte Vor- gang sich im Nucleolus schon vorher abgespielt hat, aber noch mehr scheint mir hier ein anderes Verfahren der Natur wahrscheinlich. HENKING sagt, dass gewisser Maassen der ganze Kern in einer hellen Vacuole liege, sogar ohne durch eine Membran von dem Zelleib ge- trennt zu sein, und wir sehen innerhalb dieser Vacuole einen ähnlichen Vorgang sich abspielen wie bei unserm Nucleolus oder bei SCHAU- DINN’S Object. Auch hier bildet das Chromatin ein Maschenwerk, welches die ganze Vacuole durchsetzt, dann zieht es sich in der Mitte zusammen, um darauf in Gestalt der Chromosomen wieder aus einander zu wandern und sich zur Spindel anzuordnen. So ist es wohl möglich, dass hier eine vom Kerngerüst ausgeschiedene Vacuole als freier 22 KONRAD GUENTHER, Spielraum für Anordnung des Chromatins nicht nöthig ist, da gewisser Maassen der ganze Kern diesen Raum selbst darstellt, er lässt dem Chromatin genug Platz, da er nicht ein so engmaschiges Liningerüst einschliesst wie der bei den Oocyten, ja in diesem Stadium sogar wenig oder gar kein Liningerüst besitzt. Und hier mag der Nucleolus stets als Metanucleolus aufzufassen sein, also als echtes Abspaltungs- product oder überschüssiges Chromatin. Aehnliche Verhältnisse be- schreibt auch ©. HErRTwIG (17) bei Ascaris, und so finden wir viel- leicht auf diese Weise einen Anhaltspunkt, der uns die analogen Ver- hältnisse im reifenden Sperma verstehen lässt. Denn natürlich muss sich im Sperma ein ähnlicher Vorgang abspielen wie im Ei, das ver- langt unsere heutige Vorstellung von der Ei- und Spermazelle. Dass aber diese Deutung absolut fest steht und auf alle Spermatocyten an- wendbar ist, will ich nicht behaupten, obgleich mir auch bei Betrachtung der bezüglichen Bilder aus audern Arbeiten immer das massige, gedrängte Chromatin im saftreichen Kern aufgefallen ist. Ich hoffe, selbst die Verhältnisse beim Sperma nachzuprüfen, um dann zu sehen, ob ich auch diese in mein Schema einreihen kann. Zum Schluss nur noch ein paar Worte über die schon erwähnte R. HERTwIG’sche neue Arbeit: „Die Protozoen und die Zelltheorie“. R. HERTWIG spricht in dieser Arbeit folgende Ansicht über den Nucleolus aus: „Das aus dem Protoplasma stammende Chromatin wird in der Nucleolarmasse condensirt und dadurch organisirt. Zur Bildung von Chromosomen ist ein bestimmtes Quantum Nucleolarsubstanz nöthig. Der sich ergebende Ueberschuss wird in den Nucleoli festgelegt.“ Von dieser Zusammenfassung seiner genau aus einander gesetzten neuen Theorie lasse ich die ersten 5 Worte unberücksichtigt, da ihre Discutirung nicht in den Rahmen dieser Arbeit gehört. Dagegen haben wir wohl gesehen, dass das Chromatin in der Nucleolarsubstanz con- densirt wird; ob dasselbe aber dadurch auch organisirt wird, wird, abgesehen von andern Erwägungen, durch meine Befunde dadurch zweifelhaft gemacht, dass bei den Holothurien das Chromatin ja in der Form von Fäden in den Nucleolus hineintritt und ihn in ähnlicher Beschaffenheit wieder verlässt. Dass ferner „zur Bildung von Chromo- somen ein bestimmtes Quantum von Nucleolarsubstanz nöthig ist, haben wir auch gesehen, wenn wir uns diesen Vorgang auch in anderer Weise vorstellten; was aber den „daraus sich ergebenden Ueberschuss“ betrifft, „der sich in den Nucleoli festlegt‘‘, so können wir diese Auf- fassung mit unsern Befunden nicht vereinen. Denn ausser dem ersten Auftreten der Nucleolarflüssigkeit, von der wir aber gerade gesehen Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 23 haben, dass sie vor der Chromatineinwanderung vorhanden war, ist in unserm Keimfleck immer Chromatin enthalten, und auch wenn wir den Metanucleolus unserer Fig. 20a als reines Abspaltungsproduct be- trachten, so ist dieses jeden Falls von der ursprünglich vorhandenen Nucleolarsubstanz wesentlich verschieden. Somit scheint mir immer noch die obige Deutung die wahrscheinlichste: Der Nucleolus stellt einen vom Kerngerüst ausge- schiedenen Tropfen dar, in den das Chromatin hinein- dringt, um sich in ihm zu sondern und für seine Thei- lung zu ordnen. Dabei kannes immerhin mit der Nu- cleolarflüssigkeit auch einen regen Stoffwechsel ein- gehen. 24 KONRAD GUENTHER, Literaturverzeiehniss. In der Literaturangabe sind nur die Arbeiten genannt, die im Text berücksichtigt wurden. Mit einer genauern Aufzählung würde ich nur Moxréomery (27) wiederholen. 1) ALBRECHT, Untersuchungen zur Structur des Seeigeleies, in: SB. Ges. Morphol. Physiol. München, 1898, Heft 3. 2) —, Der physikalische Bau des Nucleolus in normalen und patho- logischen Zuständen, in: Ergebn. allgem. Pathol. path. Anat., Jo. 6, 1901: 3) Boumie, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Nemertinen, in: Z. wiss. Zool., V. 64, 1898. 4) Carnoy et Leprun, La cytodierese de l’œuf, la vésicule germinative et les globules polaires chez les Batraciens, in: La Cellule, V. 12, 1897, und V. 14, 1898. 5) Cuéxor, Notes sur les Echinodermes, in: Zool. Anz. V. 15, 1892. 6) Fou, Sur le commencement de l’hénogénie chez divers animaux, in: Ach Z00l 2exp ANG, 1801. 7) Garpiner, The growth of the ovum, formation of the polar bodies and the fertilization in Polychoerus caudatus, in: J. Morphol., V. 15, 1899. 8) GERoULD, The anatomy and histology of Caudina arenata, in. Bull. Mus. comp. Zool. Harvard Coll, V. 29, No. 3, 1896. 9) GoLDscHMIDT, Untersuchungen über die Eireifung, Befruchtung und Zelltheilung von Polystomum integerrimum, in: Z. wiss. Zool., Vi 71,21902; 10) Grirrin, Studies of the maturation, fertilization and cleavage of Thalassema and Zirphaea, in: J. Morphol., V. 15, 1899. 11) Hicker, Die Vorstadien der Eireifung, in: Arch. mikrosk. Anat. V. 45, 1895. 12) —, Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre, Jena 1899. 13) Hamann, Beiträge zur Histologie der Echinodermen, Holothurien, Jena 1899. Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 25 14) Harrmann, Studien am thierischen Ei, L, in: Zool. Jahrb., V. 15, Anat., 1902. 15) Henkıng, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insecten. II. Ueber Spermatogenese etc. bei Pyrrhocoris apterus, in: Z. wiss. Zool., V. 51, 1891. 16) Herrwic, O., Beiträge zur Kenntniss der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Kies, in: Morphol. Jahrb., V. 1, 3 und 4, 1876—1878. 17) —, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei den Nematoden, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 36, 1890. 18) —, Zelle und Gewebe, Jena 1892. 19) Herrwie, R., Die Protozoen und die Zelltheorie, in: Arch. Pro- tistenkde., V. 1, 1902. 20) —, Ueber die Entwicklung des unbefruchteten Seeigeleies, in: Festschr. GEGENBAUR, V. 2. 21) —, Ueber Kerntheilung, Richtungskörperbildung und Befruchtung von Actinosphaerium Eichhorni, in: Abh. Bayr. Akad. Wiss., math.-phys. CI, V. 19. 22) Korscnezr, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zell- kerns, in: Zool. Jahrb., V. 4, Anat., 1891. 23) —, Ueber Kerntheilung, Eireifung und Befruchtung bei Ophryo- trocha puerilis, in: Z. wiss. Zool., V. 60, 1895. 24) List, Beiträge zur Chemie der Zelle und Gewebe, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, V. 12, 1896. 25) Marsuarr, Beiträge zur Kenntniss der Gregarinen, in: Arch. Naturg., Jo 59, V..1,.1893: 26) Mean, Centrosomes in the Annelid egg, in: J. Morphol, V. 14, 1898. 27) MonrGomery, Comparative cytological studies, with especial regard ” to the morphology of the nucleolus, ibid. V. 15, 1899. 28) Munson, The ovarian egg of Limulus, ibid. V. 15, 1899. 29) Osst, Untersuchungen über das Verhalten der Nucleolen bei der Eibildung einiger Mollusken und Arachnoideen, in: Z. wiss. Zool., Ve 66011899. 30) RuumgLer, Ueber Entstehung und Bedeutung der in den Kernen vieler Protozoen und im Keimbläschen von Metazoen vorkom- menden Binnenkörper (Nucleolen), ibid. V. 56, 1893. 31) Rickert, Zur Entwicklungsgeschichte des Ovarialeies bei den Selachiern, in: Anat. Anz., V. 7, 1892. 32) Scuaupınn, Die Fortpflanzung der Foraminiferen und eine neue Art der Kernvermehrung, in: Biol. Ctrbl., V. 14, 1894. 33) Weismann, Vorträge über Descendenztheorie, Jena 1902. 34) WueeLer, The behavior of the centrosomes in the fertilized egg of Myzostoma glabrum Leuckart, in: J. Morphol. V. 10, 1895. 26 KONRAD GUENTHER, 35) WHEELER, The maturation, fecundation and early cleavage of Myzostoma glabrum Leucx., in: Arch. Biol., V. 15, 1898. 36) Wırson, Experimental studies in cytology, I., in: Arch. Entw.-Mech., V2 901". 37) Wıuson-MAruews, Maturation, fertilization and polarity in the Echinoderm egg, in: J. Morphol., V. 10, 1895. 09) Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. 27 Erklärung der Abbildungen. are t Fig. 1—14, ausser Fig. 12. Reifende Ovarialeier von Holothuria tubulosa. Fig. 16—20. Reifende Ovarialeier von Psammechinus micro- tuberculatus. Fig. 1. Jüngste Oocyten von Holothuria tubulosa mit ungleich- mässig vertheiltem Kernnetz. Fig. 2. Eine ältere Oocyte, bei der sich das Kernplasma rechts ansammelt. Fig. 3. Eine noch ältere Oocyte, bei der in der Kernplasma- ansammlung eine Vacuole auftritt. Fig. 4 Eine noch ältere Oocyte mit vergrösserter Vacuole und beginnender Abrundung des Plasmahaufens. Fig. 5. Ein weiteres Stadium mit grosser Vacuole und nahezu ab- gerundetem Plasmahaufen. Fig. 6. Eine reifende Oocyte, die mehrfache Vacuolisirung des Kernplasmas zeigend. Fig. 7. Ein an Fig. 5 anschliessendes Stadium. Der Plasmahaufen hat sich ganz abgerundet, die Vacuole ist schon zweigetheilt. So ist hier schon ein richtiger Nucleolus vorhanden. Fig. 8. Ein weiteres Stadium. Auftheilung der Vacuole in viele. Fig. 9. Weitere Auftheilung der Vacuole. Fig. 10. Ein weiteres Stadium. Regelmässiges Maschenwerk des Nucleolus. Fig. 11. Kern einer noch ältern Oocyte Beim Nucleolus Ver- dunklung in der Mitte des Maschenwerks und am Rande desselben. Fig. 12a u. b. 2 Nucleolen einer Oocyte, die in ihrer Entwick- lung an Fig. 11 anschliesst. Verschwinden der letzten Reste des Vacuolenwerks. 28 K. GUENTHER, Ueber den Nucleolus im reifenden Echinodermenei. Fig. 13. Kern einer noch ältern Oocyte. Auftreten der Chromatin- fäden. Austreten eines derselben aus dem Nucleolus mit Hinterlassung einer Vacuole, Fig. 14. Eine fast reife Oocyte bei schwächerer Vergrösserung. Nucleolus unredueirt, Chromatinfäden wandständig angelagert. Fig. 15a u. b. Zwei Arten von Nucleolen aus der reifenden Oocyte von Psammechinus microtuberculatus. Fig. 16. Bildung der Strahlung der ersten Richtungsspindel. Kernmembran vorhanden, Nucleolus unverkleinert. Im Kernnetz liegen dunkle Kugeln, die wohl die Chromosomen vorstellen, die noch in der Nucleolarflüssigkeit eingebettet sind. Fig. 17. Kernmembran gelöst, Strahlung noch nicht vorhanden, dennoch wesentliche Verkleinerung des Nucleolus. Fig. 18. Erste Richtungsspindel mit Chromosomen und verklei- nertem Nucleolus nach dem Schema von Fig. 15b. Fig. 19. Erste Richtungsspindel mit den Chromosomen, die auf den Lininfäden liegen, ebenso wie der Nucleolus, der wesentlich ver- kleinert ist, aber noch die Gestalt von Fig. 15a aufweist. Fig. 20a. Erste Richtungsspindel mit dem letzten Rest eines Nucleolus von Fig. 15a und 19. Fig. 20b. Erste Richtungsspindel mit zum Haupttheil geschwun- denem Nucleolus, von dem nur noch die Flüssigkeit übrig ist, in der die Chromosomen liegen, die aber zum Theil schon zur Spindel hin- gezogen werden. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. Von N. Livanow. (Aus dem zootomischen Institut der Universität zu Kasan.) Hierzu Tafel 2—6. I. Das Neuro- und Myosomit der Hirudineen. Wie sich der Begriff vom Somit der Hirudineen historisch ent- wickelt hat, ist bis zum Jahre 1887 bei S. APÂTHY (1888, p. 166— 167) dargestellt. Ohne daher dies zu wiederholen, wende ich mich direct zu den spätern Arbeiten über diese Frage. S. APÂTHY (1888) nimmt an, dass ein jedes Somit des Körpers durch die Anwesenheit eines Nervenganglions charakterisirt ist, und stellt auch die Vertheilung der Sinnesorgane in demselben durchaus zutreffend dar; er hat aber eine genauere Bestimmung des Neurosomits nicht gegeben, was sich aus dem Thema seiner Arbeit, nämlich der Analyse der äussern Körperform, erklärt. C. Wnırman (1892) behandelt darauf die Metamerie von Glosso- siphonia (Clepsine) hollensis WuitM., und hier finden wir zuerst eine zu- treffende Darlegung der Thatsachen über das Neurosomit und die Neuro- merie. C. Brıstor (1898) setzte Wuirman’s Untersuchungen fort, indem er die Neuromerie bei Herpobdella (Nephelis) lateralis SAY studirte, und machte viele detaillirte Angaben über das Neurosomit dieses Wurms. Auf Grund seiner Untersuchungen über Microbdella biannulata Moore wies sodann P. Moore (1900) und ganz unabhängig von ihm, auf Grund der Arbeiten seiner Vorgänger, W. CASTLE (1900) darauf bin, dass die bis dahin angenommene Begrenzung des Somits der- jenigen des Neuromers keineswegs entspreche; sie corrigirten die Vor- stellung vom Hirudineensomit, indem sie dasselbe mit den Grenzen des Neurosomits in Einklang brachten. 30 N. LIVANOW, Die so ausgearbeitete Vorstellung vom Neurosomit legte ich meinen Untersuchungen zu Grunde, deren Zweck ein möglichst allseitiges Studium sowohl des Neurosomits und der Neuromerie als auch des Myosomits und der Myomerie war. Meine Beschreibung beginne ich mit den Arten, welche ich zur Basis meiner Studien genommen habe, nämlich Hirudo medicinalis L. und Haemopis sanguisuga BERGM. (Aulastoma gulo M.-T.), den Ver- tretern unserer einheimischen Hirudiniden. Hirudo medicinalis und Haemopis sanguisuga. Da das Ganglion der Bauchkette schon von verschiedenen Autoren sowohl für Hirudo als auch für andere Hirudineen beschrieben ist, so will ich hier nur die wichtigsten Thatsachen über seinen Bau kurz anführen. Vorn und hinten setzt sich die Masse des Ganglions unmittelbar in die Connective fort und giebt seitlich je 2 Nerven ab. Der innere Abschnitt des Ganglions (Leypıe’s Punktsubstanz) enthält die Nerven- fasern, welche in die Neuroglia eingebettet sind. Diese fasrige Central- masse wird von einer dünnen Membran des Bindegewebsneurilemms, die sich von der allgemeinen Neurilemmscheide des Ganglions ab- trennt, von aussen überzogen. Die Masse der Nervenfasern stellt eine unmittelbare Fortsetzung der Connectivstämme im Ganglion vor, aber diese Stämme sind hier durch eine grosse Zahl von Nervenbündeln, welche in zwei Gruppen angeordnet erscheinen, mit einander verbunden (Taf. 2, Fig. 1). Die eine Gruppe der Querbündel liegt im vordern Abschnitt des Ganglions, die andere im hintern. Das Centrum des Ganglions enthält keine Querbündel, und hier bildet sich ein Hohl- raum in Form einer Pyramide, welche einerseits von den Längs- stämmen der Connective, andrerseits von den die letztern verbindenden vordern und hintern Querbündeln abgegrenzt ist. Selbstverständlich ist die Basis der hohlen Pyramide nach der Bauchseite des Ganglions gewendet. Der Faivre’sche Mediannerv, welcher zusammen mit den lateralen Stämmen der Connective in das Ganglion eintritt, durch- dringt das letztere; dabei verliert er seine Selbständigkeit nur an den Stellen seiner Berührung mit den vordern und hintern Querfasergruppen, wo seine Verbindung mit der centralen Fasermasse stattfindet. In den Ebenen der Querbündel treten auch die Wurzeln der Nerven aus der fasrigen Centralmasse des Ganglions nach beiden Seiten aus. (iat, 2, Fic. 2). Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 31 Als einzige zelligen Elemente der centralen Fasermasse erscheinen, abgesehen von den kleinen mesenchymatösen Zellen („Wanderzellen“, APÂray’s, 1897), 2 Gliazellen !) [,,mediane Sternzellen“ ApAruy’s, 1897], (Taf. 2, Fig. 1), welche in der ventralen Medianrinne hinter einander, also die eine unter der vordern, die andere unter der hintern Querfaser- gruppe, eingelagert sind. Diese Zellen befinden sich unmittelbar unter der Neurilemmscheide der centralen Fasermasse. Ihre Fortsätze dringen zwischen die Nervenfasern ein, wo sie in feinste Fibrillen zerfallen. An der Peripherie des Ganglions, die centrale Fasermasse be- deckend, befinden sich die Ganglienzellen, welche in die letztere ihre Fortsätze senden. Nur der mittlere Abschnitt der Rückenseite ist von Ganglienzellen frei, und hier liegen 2 Muskelzellen, von welchen die eine rechts, die andere links von der Medianlinie zwischen den Neuri- lemmschichten durch das ganze Ganglion verlaufen (Taf. 2, Fig. 3). Auch APÂTHY (1897) erwähnt diese Elemente als Muskelzellen. SIMON u. Tuiry (1895) betrachten sie irrthümlich als multipolare Ganglienzellen ; ihr Irrthum ist eine Folge der von ihnen angewandten Methode, näm- lich der Chromsilberimprägnation ohne genügende Nachprüfung mit andern histologischen Methoden. Aehnlich hält auch G. Rerzıus (1891) diese Muskelzellen für 2 Nervenbündel. Wie bekannt, erhält sich die Farbe bei der intravitalen Färbung mit Methylenblau ausser in Nerven- elementen auch noch in manchen andern Zellen, obgleich in verschie- denem Grade; daher sehen wir, dass RETZIUS die bezeichneten Muskel- zellen, zum Unterschied von den andern sich stärker färbenden und wirklichen Nervenbündeln, als die „hellen‘‘ Bündel bezeichnet. Die Ganglienzellen liegen an der Peripherie des Ganglions, be- stimmte Gruppen, sog. Packete bildend. Jedes Packet hat seine be- sondere Hülle von Neuroglia, welche von einer multipolaren Gliazelle („Sternzelle der Ganglienzellenpackete‘‘ ApATHy’s, 1897) ausgeschieden ist. Diese Zelle liegt gewöhnlich in der Mitte der entsprechenden Gruppe. Ausserdem ist jedes Packet durch die Neurilemmschicht von den anliegenden Ganglienzellenpacketen und von der centralen Faser- masse des Ganglions getrennt. Eine dicke Neurilemmscheide bedeckt auch die ganze Peripherie des Ganglions, wobei sie mit allen be- 1) In dieser Beschreibung gebrauche ich die Nomenclatur der Nervensystemzellen, wie sie von ApAruy (1897) vorgeschlagen ist, ohne die Frage nach ihrer wirklichen Bedeutung damit lösen zu wollen. Was die feinste Structur der Nervensystemelemente betrifft, so werde ich diese Frage nur beiläufig berühren, da sie nicht eigentlich zum Thema der vorliegenden Arbeit gehört. 32 N. LIVANOW, schriebenen Neurilemmschichten in unmittelbarer Verbindung steht. In jedem Ganglion der Bauchkette sind 6 Ganglienzellenpackete vor- handen: 4 laterale und 2 mediane (,,vorderes und hinteres Seitenpacket links, vorderes und hinteres Medianpacket, vorderes und hinteres Seiten- packet rechts“ nach ApAruy, 1897). Ihre gegenseitigen Lagebeziehungen sind folgende. An der Stelle des Uebergangs der Connective in die centrale Fasermasse beginnend, enden die vordern Seitenpackete gleich hinter der Wurzel des Vordernervs, so dass der letztere, mit allen seinen Hüllen sich in dieses Packet eindrückend, es durchdringt (Taf. 2, Fig. 2). Von unten tritt das vordere mediane Packet in der Form eines Keils zwischen den beschriebenen seitlichen ein. Auf Frontalschnitten dieses Packets sieht man eine Art Dreieck, welches mit seiner Spitze dem vordern Connectiv zugewandt ist. Die Basis dieses Dreiecks stellt eine gerade Linie dar, welche vom Raume zwischen den Nerven auf der einen Seite zu demselben Punkte auf der andern verläuft. Die Ganglien- zellenfortsätze, welche diesem Packet angehören, füllen den oben er- wähnten pyramidenartigen Hohlraum zwischen den Connectivstämmen und Querbündelgruppen des Ganglions aus (Taf. 2, Fig. 1). Das in Frontal- ansicht als ein Oval erscheinende hintere Medianpacket liegt unmittel- bar dem vordern Medianpacket an, und sein grösserer Durch- messer verläuft der Basis des letztern parallel. Die hintern Seiten- packete nehmen die hintere Hälfte der Seitenoberfläche des Ganglions ein und berühren sich so sowohl mit dem entsprechenden vordern Seitenpacket als auch mit den beiden medianen. In dieses Packet von unten oder von der Seite sich eindrückend, verläuft der hintere Nerv des Ganglions (Taf. 2, Fig. 2). Betrachten wir das Ganglion von oben, so bemerken wir nur die lateralen Ganglienzellenpackete, während die medianen unsichtbar sind. Wie erwähnt, erreichen die Seitenpackete nicht die Längsmedianrinne des Ganglions, und hier ist die centrale Fasermasse des letztern von Ganglienzellen frei. In Bezug auf die Zahl der Ganglienzellenpackete im Ganglion sind die Angaben der verschiedenen Autoren abweichend. E. HEr- MANN (1875) zählte 7 Gruppen. Er theilt nämlich das vordere Median- packet in 2, die „vordere ventrale‘“ und „mittlere ventrale“ Gruppe; jedoch sind sie „nicht durch ein Neurilemmseptum, sondern nur durch das hier stärker entwickelte, körnig-fibrilläre Zwischengewebe“ ge- trennt, d. h. mit andern Worten, de facto existirt eine Theilung des vordern Medianpackets nicht. Ausserdem beschreibt HERMANN noch eine paarige ,,dorsale“ Gruppe, welche seitlich nicht differenzirt sei. Sie könne als besondere Gruppe aufgefasst werden, weil sie ihre Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 33 Ganglienzellenfortsätze anders und unabhängig von den Seitenpacket- zellen abgiebt. Endlich vereinigt HERMANN das vordere und hintere Seitenpacket zu einer „seitlichen ventralen‘ Gruppe. Diese Angaben HerMANN’s beruhen einfach auf einer ungenügenden Vorstellung vom Ganglienzellenpacket, welches jetzt als ein Complex von Ganglienzellen aufgefasst wird, die von einer besondern, gut entwickelten und von einer Gliazelle ausgehenden Neurogliahülle umschlossen sind. W. ViGnAL (1883) fand im Ganglion nur 3 Gruppen, 2 laterale und 1 mediane. Diese Eintheilung ist ein wenig künstlich, weil sie nur darauf begründet ist, dass die Fortsätze der Ganglienzellen in die Centralmasse des Ganglions an 3 bestimmten Stellen, nämlich in einer länglichen ventralen Rinne und beiderseits lateral, eindringen und weil das Factum der Eintheilung einer jeden dieser Gruppen in 2 fest bestimmte Ganglienzellencomplexe dabei ignorirt wird. Während R. Leuckart (1894) für die Glossosiphoniden 6 Ganglien- zellenpackete annimmt, zählt er bei Hirudo 8, indem er die 2 über- zähligen Gruppen aus den Zellen, welche jederseits zwischen den Nervenwurzeln gelegen sind, bildet. Als Grund für diese Eintheilung dienten ihm die dorso-ventralen queren Neurilemmfalten, je 2 von jeder Seite des Ganglions; andere Forscher jedoch fanden nur eine solche Falte, und thatsächlich ist nur eine Neurilemmfalte vorhanden, welche das vordere Seitenpacket vom hintern abtheilt (Taf. 2, Fig. 2). G. Rerzıus (1891) behauptet, an der Dorsalseite 8 Zellenpackete ge- funden zu haben, nämlich 2 kleine mediane in den Grübchen vorn und hinten von der centralen Fasermasse und 3 Paar laterale (ein Paar vor den Nervenwurzeln, das zweite zwischen ihnen und das dritte hinter ihnen), und ausserdem alle Zellen, welche im Ganglion ventral liegen, in eine Gruppe vereinigt. Diese Rerzıus’sche Eintheilung beruht jedoch nicht auf exacter Untersuchung des Baues, sondern ist einfach auf der topographischen Stellung der Ganglienzellen begründet, wie er sie an Präparaten, die in toto mit Methylenblau gefärbt waren, be- obachtet hat. R. Saınt-Loup (1883), Pr. Francois (1886), S. APATHY (1897) geben durchaus richtige Beschreibungen der Ganglienzellenpackete. Diese hauptsächlich topographische Skizze des Centralnervensystems des Somits von Hirudo medicinalis beschliessend, will ich noch ein paar Worte über die Connective hinzufügen. Sie sind von 2 mächtigen Faserstämmen gebildet, von welchen jeder zwischen 2 benachbarten Ganglien je eine Zelle („Connectivzelle“ ApAruy’s, 1897) in der Mitte seines Verlaufs hat. Ausserdem befindet sich in den Connectiven ein Zool. Jahrb, XIX. Abth. f. Morph. 3 34 N. LIVANOW, schwach entwickeltes medianes Nervenbündel, der sog. „FArvke’sche‘“ Nerv, welcher ventral von den seitlichen Connectivstämmen verläuft und bisweilen mit ihnen anastomosirt!) (Taf. 2, Fig. 4). Von jedem Ganglion der Bauchkette von Hirudo gehen nach der Peripherie, wie gesagt, jederseits je 2 Nerven ab (Taf. 2, Fig. 2; Taf. 4, Fig. 24). Zwischen diesen Nerven, dicht bei ihrem Austritt aus den Seitenpacketen, liegt je eine der grossen sog. Leypicschen Zellen, die ihre Fortsätze sowohl in den vordern als in den hintern Nerven senden. Eine scheinbare Ausnahme bildet das vorletzte Ganglion der Bauchkette, indem es jederseits nur je einen Nerven abgiebt. Doch zeigt uns die nähere Untersuchung, dass auch dieser Nerv wie alle andern auf jeder Seite je ein Paar Wurzeln hat, welche sich aber bald zu einem Stamm vereinigen. Auf diese Thatsache hatte schon HER- MANN (1875) hingewiesen. Anfangs liegt der vordere und der hintere Nerv im innern Mes- enchym des Körpers, und beide verlaufen in demselben Ringe des Somits, in welchem auch das Ganglion sich befindet (Taf. 4, Fig. 24). Bei dem 6. Längsmuskelbande (von der ventralen Medianlinie des Körpers gerechnet) treten sie in die Längsmusculatur ein und kehren in das innere Mesenchym des Körpers nicht mehr zurück (Taf. 4, Fig. 25 u. 26; Taf. 5, Fig. 28). Kurz davor sendet der hintere Nerv nach oben einen grossen Zweig, den dorsalen Nerven des Somits, lenkt darauf nach hinten ab und tritt in den auf das Ganglion folgenden Ring ein. Im ersten Abschnitt ihres Verlaufs, d. h. im innern Mesenchym, geben die Nerven sehr wenige und kleine Zweige zu den Muskeln ab, aber gleich beim Eintritt in die Langsmusculatur theilen sie sich in ihre Hauptzweige. Vorher sendet der vordere Nerv einen unbedeutenden Vereinigungszweig zu dem hintern (Taf. 4, Fig. 24 u. 25; Taf. 5, Fig. 28). Hier an der Stelle seiner Abzweigung liegt eine kleine, schon von ver- schiedenen Autoren beschriebene Ganglienzellengruppe (VIGNAL’s [1883] „Lateralganglion“). Diese Gruppe stellt eine Ansammlung von 5—10 Zellen vor, die zwischen die Nervenfasern eingelagert sind und keine eigenen Hüllen besitzen. Aehnliche Ganglienzellen trifft man nicht selten einzeln in den peripheren Nerven an. Der Vereinigungszweig verläuft im innern Mesenchym, giebt einzelne Nervenfasern zu den Muskeln 1) In den Connectivfasern und in den Seitennerven des Ganglions habe ich bei Bearbeitung nach der ApAruy’schen Goldmethode oder mit Herpennain’s Eisenhämatoxylin sowie auch einfach mit Hämalaunfärbung sehr klare Bilder des Verlaufs der einzelnen Nervenfibrillen erhalten, die den Abbildungen Apärays ähnlich sind. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 35 und dringt in den hintern Nerven kurz vor dem Eintritt des letztern in die Längsmuskelschicht ein. Nachdem der vordere Nerv diesen Zweig abgegeben hat, theilt er sich in 2 Stämme, von denen der eine die bisherige Richtung beibehält und jenen Ring des Somits, in welchem das betreffende Bauchganglion liegt, innervirt (Taf. 4, Fig. 24 u. 25). Dagegen biegt der andere nach vorn, um die 2 Ringe, welche sich vor dem Ringe des Ganglions be- finden, zu innerviren (Taf. 4, Fig. 24, 26 u. 27). Der hintere Nerv ver- sorgt mit seinen Zweigen die beiden auf das Ganglion folgenden Ringe (Taf. 5, Fig. 28 u. 29). So sehen wir, dass das Neuromer von Hirudo von 5 Ringen ge- bildet ist, von denen der mittlere, d. h. der 3., das Bauchmarksganglion enthält. Allein bis in die letzte Zeit betrachtete man diesen Ring als den 1. im betreffenden Somit. Dieser Eintheilungsweise legte man nur jene Thatsache zu Grunde, dass dieser Ring äusserlich seinem Aus- sehen nach leicht zu unterscheiden ist, indem er die charakteristischen Sinnesorgane trägt und unmittelbar auf die äussern Oeffnungen der Nephridien folgt. Schon aus den Arbeiten Wuirman’s (1892) und BrisroL’s (1898) geht hervor, dass bei einer solchen Ansicht von den Grenzen eines Somits das Neuromer demselben keineswegs entspricht. MoorE (1900) und, von ihm unabhängig, CASTLE (1900) machten auf diese Thatsache aufmerksam und corrigirten die Auffassung vom Somit in der Weise, dass sie die Grenzen des letztern mit denjenigen des Neuromers identi- ficirten. Ausser der Segmentirung des Nervensystems spricht für die Richtigkeit dieser Ansicht auch die Lage anderer Organe im Somit; in dieser Beziehung werden hier einige Bemerkungen am Platze sein. Nach dem Nervensystem ist die Metamerie am deutlichsten im Bau des Darmes und der Nephridien von Hirudo ausgedrückt. Die Aussackungen des Darmes beginnen bei dieser Form jedes Mal in 2 Ringen, dem 1. und 2. des Neuromers, die vor dem Ringe des Ganglions, nämlich dem 3., gelegen sind, und setzen sich sowohl durch den letztern als auch durch die beiden darauf folgenden, also den 4. und 5. Ring, fort, um hier ihre Ende zu finden. Dem zu Folge stimmt die Metamerie des Darmes von Hirudo mit der Neuromerie vollkommen überein; dagegen widerspricht sie der üblichen Ansicht von der Umgrenzung des Somits, welche als 1. Ring denjenigen an- nimmt, der das Ganglion enthält. Si 36 N. LIVANOW, Nicht so klar ist die Sache bei den Nephridien. Zwar sind auch sie streng metamer, doch stimmt diese Nephromerie mit der Neuro- merie nicht überein. Der Nephridialtrichter liegt nämlich stets in dem auf das Ganglion folgenden, also 4. Ringe, während der zugehörige Nierenschlauch mit seinen Windungen 3 Ringe einnimmt, den 5. des betreffenden Neuromers und den 1. und 2. des folgenden; die äussere Mündung endlich befindet sich im 2. Ringe nahe der Querfurche, welche den Ring des Ganglions von dem vorhergehenden trennt. Ein derartiges Verhalten des Nephridialsystems könnte als ein wesentliches Argument für die Richtigkeit der üblichen Umgrenzung des Somits erscheinen, in Wirklichkeit aber lässt es gerade umgekehrt die Un- haltbarkeit jener Ansicht besonders scharf hervortreten und bestätigt die Richtigkeit der Umgrenzung des Somits gemäss den Grenzen des Neuromers. In seiner Darstellung der Nierenentwicklung von Hirudo sagt O. BÜRGER (1894), dass „die Trichterzellen an der hintern Grenze der jungen Seitenhöhlen liegen“, und weiter, dass „die Trichterzelle fortwährend kleinere Zellen hervorsprosst, die sich ihr hinten anlegen und einen Zellenwulst, der sich alsbald in einen dicken Zellenstrang nach hinten auszieht, erzeugen. Der Zellenstrang wächst durch das hintere, der Trichterzelle befindliche Septum hindurch und an der nach hinten folgenden Seitenhöhle entlang und drängt sich später so tief in dieselbe hinein, dass er sie in eine vordere und hintere Kammer zerlegt.“ Seine Abbildungen (fig. 21, 23, 37 u. 38) lassen uns in dieser Hinsicht nichts Besseres wünschen. Hieraus folgt, dass je ein Nephridialtrichter und der kleine ihm anliegende Theil des betreffenden Nierenschlauchs zu einem Somit, der übrige, grössere Theil desselben Nephridiums dagegen zum folgenden Somit gehören, und weiter, dass der Nephroporus nahe der Mitte seines Somits sich befindet. Daher kann eben die Nephromerie mit der Neuromerie nicht übereinstimmen und darf man noch viel weniger die Grenzen des Somits mit denjenigen des Nephridiums identificiren. In der weitern Beschreibung werde ich also im Somit den Ring des Ganglions als den 3., die 2 vor ihm liegenden als den 1. und 2. und die 2 auf ihm folgenden als den 4. und 5. Ring bezeichnen. Kehren wir nun zu den peripheren Nerven des Somits von Hirudo zurück. Als eine unmittelbare Fortsetzung des vordern Nerven des Ganglions erscheint der Nerv des 3. Ringes in jedem Somit (Taf. 4, Fig. 24 u. 25). Nachdem dieser Nerv bei dem 6. Längsmuskelband (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) in die ventrale Längs- Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 37 musculatur des Körpers eingedrungen ist, verläuft er in den Längs- muskeln, die letztern in 2 Schichten, eine obere und untere, theilend, zur Seitenlinie. So gelangt dieser Nerv zum lateralen Muskelband, geht an dem letztern von innen vorbei und biegt darauf nach der Dorsalseite ab, wobei er das äussere dorsale Längsmuskelband schräg durchsetzt. Weiter verläuft er schon dorsal zu der Medianlinie des Körpers an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur. Indessen erreicht er die Medianlinie nicht, indem er allmählich dünner wird und endlich am 3. Muskelbande (von der dorsalen Medianlinie des Körpers gerechnet) in feine Endzweige zerfällt. Der Nerv des 3. Ringes innervirt hauptsächlich das Integument und die Sinnesorgane in dem betreffenden Ringe Er sendet 3 be- sonders starke ventrale Zweige am 6. und 9. ventralen (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) und vor dem lateralen Muskel- band, sowie auch 2 eben solche Zweige auf der Rückenseite am 14. und 12. Dorsalband aus. Ausserdem giebt er 5 Nervenbündel zum 2. Ringe des Somits am 9. und 13. ventralen und unter dem lateralen Muskelband ab. An der Rückenseite des Ringes wird er durch 3 an- sehnliche Bündel des Dorsalnervs seines Somits verstärkt, deren Fasern die Sinnesorgane und das Integument des Rückens versorgen. Hier giebt der letztere Nerv 2 grosse Zweige zum Integument am 2. und 9. Längsmuskelband ab. Die schwächern, zum Integument gehenden Nervenäste gebe ich hier nicht an, da ihr Verhalten aus den Ab- bildungen ersichtlich ist. Was den Bau anbetrifft, so stellt der Nerv des 3. Ringes sowohl in Bezug auf seine Fasern, die hauptsächlich sensitiv sind, als auch in Bezug auf die Ganglienzellen, welche ihm eingelagert sind, nichts Besonderes vor. Viel mannigfaltiger erscheinen die Beziehungen der Nerven im 2. und 4. Ringe des Somits. Nachdem sich der vorderste Nerv des Somits vom Nerven des 3. Ringes abgesondert hat, durchsetzt er sogleich die Längsmusculatur, das 6. und 7. (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) Muskel- band der letztern schräg durchziehend (Taf. 4, Fig. 24 u. 26). Weiter verläuft er an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur zur Seitenlinie hin. In diesem Abschnitt seines Verlaufs, d. h. ventral, bekommt dieser Nerv 3 ihn verstärkende Zweige vom Nerven des 3. Ringes und giebt am 6. Muskelband ein starkes Nervenbündel für die Innervation der ventralen Mediantheile seines Ringes, sowie am 7. und 9. Muskelband noch 2 Nervenzweige zum 1. Ringe des Somits 38 N. LIVANOW, ab. Nach Abgabe eines eben solchen Zweiges zum 1. Ringe unter dem lateralen Muskelband wendet sich der bezeichnete Nerv der Rückenseite zu, und hier geht noch ein Nervenbündel am 3. Längs- muskelband (von der Seitenlinie des Körpers gerechnet) zum 1. Ringe ab. Dorsal verläuft der Nerv des 2. Ringes an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur, hier am 3., 6. und 9. Muskelband (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) 3 Zweige von dem Dorsalnerven des Somits bekommend, bis er die Medianlinie des Körpers erreicht, um sich dort endlich mit dem entsprechenden Nerven der andern Seite zu vereinigen. Auf diese Weise bildet sich ein fast vollständiger Nervenring an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur im 2. Ringe des Somits. Fügt man nun die Theile des vordern Nerven hinzu, welche sich im 6. und 7. Längsmuskelband des 2. Ringes und im innern Mesenchym sowohl des 2. als auch des 3. Ringes befinden und durch das vordere Querbündel der centralen Fasermasse des Ganglions mit einander ver- einigt sind, so erhält man einen vollen Nervenring im vordern Theile des Somits. Dieser Nervenring steht in engern Beziehungen zu besondern Längsmuskelsträngen (Taf. 4, Fig. 24 u. 26), welche sich an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur befinden. Ventral zwischen dem 7. und 8., 8. und 9. Längsmuskelband (von der Medianlinie des Körpers gerechnet), ferner seitlich über dem lateralen und dorsal zwischen dem 9. und 8., 7. und 6. Bande liegen jederseits 5 Längs- muskelbündel, welche zwar ziemlich schwach entwickelt, von den an- srenzenden Längsmuskelbändern aber doch ganz deutlich zu unter- scheiden sind (Taf. 2, Fig. 5, 7—9). Sie ziehen, ähnlich wie die ge- wöhnlichen Längsmuskelbänder, ohne Unterbrechung fast durch die ganze Länge des Körpers. Peripher in diesen Bündeln, näher an ihrer Aussenseite, finden wir immer eine Muskelzelle, welche die Eigen- thümlichkeit im Vergleich mit den benachbarten hat, dass ihr den Kern enthaltender Abschnitt stets streng metamer im 1. Ringe des betreffenden Somits liegt. An dieser Stelle verschwindet die fibrillär- contractile Schicht gewöhnlich im äussern, der Haut zugewendeten Theile des Zellkörpers und erhält sich nur an dessen innerer Seite. Folglich verliert hier die Muskelzelle ihre für die Hirudineen charakte- ristische Structur, indem die Muskelfibrillen dem kernhaltigen Zelltheil seitlich angelagert erscheinen (Taf. 2, Fig. 6). Aehnliche Muskelzellen fand ich bei Hirudo nur noch in den dorso-ventralen Muskeln des Mundnapfs. Nur durch die bezeichneten longitudinalen Muskelzellen, Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 39 welche jederseits ein besonderes System von 5 Längsmuskelsträngen bilden, stehen die obigen 5 Muskelbündel mit dem vordern Ringnerven des Somits in Verbindung. Diese Thatsache beschrieb zuerst C. BrıstoL (1898) für Herpo- bdella (Nephelis) lateralis Say, obgleich seine Darstellung unvoll- ständig und nicht ganz richtig ist, wovon weiter unten die Rede sein wird. Seiner Auffassung nach sollen dies nämlich keine Muskelzellen, sondern Längsnerven sein. Ohne die Arbeit Brıstor’s zu kennen, fand ich bei Hirudo das beschriebene System von Längsmuskelsträngen und hielt dasselbe Anfangs ebenfalls für einen Theil des Nerven- systems. Die weitern Untersuchungen aber, besonders an andern Arten von Hirudineen, überzeugten mich bald von meinem Fehler, welcher mehr durch die intime Verbindung der Muskelzellen der Längsstränge mit den Nerven als durch ihre Structur verursacht war. Dieses System, das zum Nerven des 3. Ringes gar keine Be- ziehung hat, steht in folgender Weise mit dem Ringnerven in Ver- bindung. Indem die Muskelzelle des Längsstrangs sich dem Ringnerven nähert, umhüllt sie sich mit einer mehrschichtigen Bindegewebsscheide und wird so von den übrigen Muskelzellen des Bündels isolirt (Taf. 2, Fig. 5). Im äussern Theil der Bindegewebsscheide kann man noch ausserdem einige kleine Muskelzellen bemerken. Diese Hülle verdickt sich allmählich und geht in das Neurilemm des Ringnerven direct über. Sie stellt eigentlich überhaupt nur eine Fortsetzung der Nervenhülle auf den Längsmuskelstrang hin vor, da wir auf der ganzen übrigen Ausdehnung des letztern keine derartige Scheide finden (Taf. 2, Fig. 6). Die Längsmuskelfaser selbst spaltet sich unmittelbar vor dem Ringnerven in viele kleine Zweige, welche weiter in zwei Richtungen verlaufen: während der eine Theil derselben innerhalb der Neurilemmscheide über dem Ringnerven hinweggeht und dort in eben solche Zweige des jenseits des Ringnerven gelegenen Längsmuskelstrangs übergeht, treten die andern in den Ringnerven ein, unter dessen Elementen sie sich nur mit den „grossen Nervenschläuchen“ ArArny’s vereinigen (Taf. 2, Fig. 5, 7—10). Sehr interessante Beschreibungen der Endverzweigungen der letztern im Bauchganglion haben G. Rerzıus (1891) und S. ApArny (1897) gegeben ; nach der Peripherie hin aber sind die grossen Nervenschläuche nicht verfolgt worden. Darüber haben wir nur eine kurze Bemerkung ApAtuy’s (1897), dass ihre Nervenkerne seitlich gelegen sind, und die von BrıstoL (1898) ausgesprochenen Vermuthungen. Im vordern Nerven verlaufen 3 grosse Nervenschläuche vom 40- N. LIVANOW, Ganglion aus, und sie alle treten, den Nerven des 3. Ringes bei Seite lassend, in den Ringnerven des 2. Ringes ein. Dort, wo der letztere sich dem innern ventralen Längsmuskelstrang annähert, flacht sich der eine — der grösste von den 3 grossen Nervenschläuchen — ab und wird zugleich breiter (Taf. 2, Fig. 5). In diesen flachen und breiten Abschnitt gehen nun die schon beschriebenen Zweige des Längs- strangs über, welche sowohl von vorn, d. h. von der vordern Längs- muskelzelle, als auch von hinten, also von der hintern Zelle her- kommen). Die oben erwähnten Muskelfasern, welche mit den Längs- strängen zusammen in dieselbe Bindegewebsscheide eingelagert sind, gehen über die Stelle der Vereinigung der letztern mit den grossen Schläuchen hinweg, indem sie sich hier nur etwas verdünnen, sich aber nicht unterbrechen. In der Nachbarschaft kann man oft 1—2 Ganglienzellen sehen, die im Ringnerv eingelagert sind. Dasselbe Bild wiederholt sich überall, wo der Ringnerv des 2. Ringes von einem Längsmuskelstrang durchkreuzt wird (Taf. 2, ie). Nachdem der grosse Nervenschlauch den innern ventralen Längs- strang passirt hat, verläuft er, sein gewöhnliches Aussehen wieder an- nehmend, im Ringnerven zum äussern ventraien Längsstrang (Taf. 2, Fig. 5), Zwischen dem letztern und dem 8. Längsmuskelband (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) liegt ihm eine bipolare, sehr typische Nervenzelle an (Taf. 4, Fig. 26), deren proximaler Fortsatz den eben bezeichneten grossen Nervenschlauch vorstellt. Ihr distaler Fortsatz, welcher ebenfalls als ein grosser Nervenschlauch erscheint, verläuft bis zur Durchkreuzung mit dem äussern ventralen Längsstrang, wo dieser Schlauch, auch die beschriebenen Beziehungen aufweisend, endet. Etwas ganz Aehnliches finden wir am mittlern (nach seiner Grösse) Nerven- schlauch (Taf. 2, Fig. 11), welcher die dorsalen Längsstränge durchkreuzt. Die zugehörige bipolare Nervenzelle befindet sich am 9. Längsmuskel- bande (Taf. 4, Fig. 26). Ihr distaler Fortsatz bildet den grossen Nerven- schlauch, welcher zum innern dorsalen Längsmuskelstrang zieht und hier endigt; dagegen verläuft der proximale Fortsatz stets im Ringnerven und erreicht so das Ganglion der Bauchkette. Als eine Abweichung vom 1) An den nach der Methode Arirny’s vergoldeten Präparaten kann man sehen, dass die Nervenfasern an dieser Stelle aus einander weichen und einige kleine Aeste nach den Seiten absenden. Das ist dennoch zu wenig, um die feinsten Wechselbeziehungen der grossen Nerven- schläuche und der Längsmuskelstränge aufzuklären. Hämalaun und HeipENHAIN’sches Eisenhämatoxylin geben auch ähnliche Bilder. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 41 beschriebenen Verhalten erscheinen die Beziehungen des grossen Nerven- schlauchs, welcher seiner Grösse nach der kleinste von dreien ist (Taf. 2, Fig. 11). Er durchkreuzt den lateralen Längsmuskelstrang und stellt nämlich den Fortsatz von einer unipolaren Nervenzelle vor, die dem Ringnerven seitlich über dem lateralen Längsmuskelstrang aufliegt (Taf. 2, Fig. 9). In Bezug sowohl auf ihren Bau als auch auf das Verhalten ihres in das Ganglion der Bauchkette gehenden Fortsatzes finden wir nichts Abweichendes. Zum Schluss der Beschreibung dieses Ringnerven wäre noch zu erwähnen, dass ausser den aufgezählten Elementen noch eine besondere Zelle unter dem lateralen Längsmuskelband ihm eingelagert ist. Und zwar ist es eine bipolare Zelle mit sich dunkel färbendem Plasma, einem hellen Kerne und sehr grossem Nucleolus. Ihre Fortsätze, welche die circuläre Muskelfaser des vordern Ringnerven bilden, haben eine volle Aehnlichkeit mit den für Hirudineen typischen Muskeln (Taf. 2, Fig. 11); doch der kernhaltige Theil dieser Zelle erscheint fast ohne fibrillär-contractile Schicht an der Peripherie. Der 1. Ring des Somits hat für seine Innervation keinen be- sondern Nerven, sondern wird ventral von den Zweigen des vordern Ringnerven seines Somits, dorsal aber von den Aesten des Dorsal- nerven desselben Somits innervirt (Taf. 4, Fig. 24 u. 27). Der mediane Bauchtheil erhält seine Nerven vom Zweige des vordern Ringnerven, welcher den ventralen Medianabschnitt des 2. Ringes versorgt. Andere Nervenzweige desselben Ringnerven treten in den 1. Ring am 7. und 9. ventralen (von der Medianlinie des Körpers gerechnet), unter dem lateralen und am 3. (von der Seitenlinie gerechnet) dorsalen Längs- muskelband ein und verlaufen hauptsächlich in den Schichten der Diagonal- und Ringmusculatur. Einen ähnlichen Verlauf haben auch die dorsalen Nervenzweige, welche am 3., 6. und 9. (von der Median- linie gerechnet) dorsalen Muskelband in den 1. Ring des Somits ein- dringen. Nur in diesem Ringe befinden sich die kernhaltigen Theile der 5 Längsmuskelstränge, was für ihn charakteristisch ist. Die Längs- stränge stehen hier mit den Nerven in keiner Verbindung. Auf solche Weise zeigt der 1. Ring des Somits in Bezug auf seine Innervirung einen unselbständigen Charakter und befindet sich in directer Abhängigkeit von den Nerven des 2. Ringes. Wenden wir uns nun zur Betrachtung des hintern Nerven, welcher den 4. und 5. Ring des Somits innervirt (Taf. 4, Fig. 24). Bei seinem Eintritt in die Längsmusculatur giebt er einen grossen Zweig 42 N. LIVANOW, ab (Taf. 5, Fig. 28), welcher die Muskeln und das Integument des medianen Bauchtheils im 4. Ringe versorgt. Nachdem der bezeichnete Nerv am 6. Längsmuskelbande in die ventrale Längsmusculatur des Körpers eingedrungen ist, verläuft er in den Längsmuskeln, die letztern in eine obere und untere Schicht theilend, zur Seitenlinie. Ein ähnliches Verhalten in seinem Verlauf sahen wir schon beim Nerven, welcher den 3. Ring des Somits ventral innervirt. Am lateralen Längsmuskel- band geht der Nerv des 4. Ringes von aussen vorbei und wendet sich darauf dorsalwärts, wo er schon an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur zur Medianlinie des Körpers verläuft. Hier ver- einigt er sich mit dem entsprechenden Nerven der andern Seite und bildet auf diese Weise einen fast vollen Nervenring im 4. Ringe des Somits, ähnlich wie der Nerv des 2. Ringes. Fügt man noch die Theile des hintern Nerven hinzu, welche im 3. Ringe verlaufen und durch das hintere Querbündel der centralen Fasermasse des Ganglions mit einander vereinigt sind, so erscheint der Ring vollständig ge- schlossen. Der letztere ist dem Nervenring, welcher vom vordern Ringnerven im 2. Ringe des Somits gebildet wird, fast ganz gleich. Im ventralen Abschnitt seines Verlaufs giebt der Nerv des 4, Ringes einige, darunter 3—4 stärkere Zweige, zum Integument und 3 ansehnliche Nervenbündel zum 5. Ringe, welch letztere am 7. und 9., sowie unter dem lateralen Längsmuskelband abgehen. Dorsal ver- stärkt er sich am 3., 6. und 9. Längsmuskelband durch 3 Zweige des Dorsalnerven seines Somits und sendet gleichzeitig 4—5 ansehn- liche Aeste zum Integument ab. Der bezeichnete Nerv durchkreuzt nur den lateralen und die beiden. dorsalen Längsmuskelstränge (Taf. 2, Fig. 10). Dem entsprechend findet man an ihm 3 unipolare Nervenzellen, 2 dorsale, jede median vom betreffenden Längsmuskelstrang, und eine laterale über dem late- ralen Strange (Taf. 5, Fig. 28). Ihre Beziehungen zu den betreffenden grossen Nervenschläuchen sind dieselben, wie wir sie am Ringnerven des 2. Ringes des Somits bei Beschreibung der unipolaren lateralen Nerven- zelle gesehen haben. Ein Unterschied besteht nur darin, dass der von der innern dorsalen Nervenzelle abgehende grosse Nervenschlauch gleich nach der Durchkreuzung des Längsstrangs in den hier ein- tretenden Zweig des Dorsalnerven übergeht (Taf. 2, Fig. 12) und so in den proximalen Abschnitt des hintern Nerven eindringt. Dagegen ver- laufen die grossen Nervenschläuche der äussern dorsalen und lateralen Nervenzellen zum Ganglion im hintern Ringnerven des Somits. Somit erscheint als eine Eigenthümlichkeit dieses Nerven, welche Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 43 für ihn im Gegensatz zum vordern Ringnerven des Somits charakte- ristisch ist, der beschriebene Ersatz einer dorsalen bipolaren Nerven- zelle der grossen Schläuche durch 2 unipolare, ausserdem das Fehlen der Durchkreuzung des äussern ventralen Längsmuskelstrangs und die Art der Verbindung mit dem innern Strange (Taf. 2, Fig.8; Taf.5, Fig. 28). Im Zwischenraum des 7. und 8. ventralen Längsmuskelbandes geht der einen grossen Nervenschlauch enthaltende Zweig vom Nerven des 4. Ringes ab. Dieser Zweig verläuft bis zu der Diagonalmuskelschicht, wo er eine Schlinge bildet und dann wieder in den ihn erzeugenden Nerven eintritt. Den untern Abschnitt der so gebildeten Schlinge durchkreuzt der innere ventrale Längsmuskelstrang, welcher auf die beschriebene Weise mit ihrem grossen Nervenschlauch in Verbindung steht. Im aufsteigenden Theil der Schlinge liegt eine bipolare Nerven- zelle, deren proximaler Fortsatz den grossen Nervenschlauch der Schlinge darstellt. Ihr distaler Fortsatz theilt sich in einige Zweige, die alle in den Ringnerven eintreten und hier wahrscheinlich ver- schwinden. Ich sage hier „wahrscheinlich“, weil es mir nicht gelang, diese genauer zu verfolgen. Im hintern Ringnerven beobachtet man im Gegensatz zu dem vordern, wo sich stets eine Muskelzelle befindet, keine andern Ele- mente als die beschriebenen. Die Innervation des 5. Ringes des Somits weist einen unselb- ständigen Charakter auf, wie wir das ähnlich schon beim 1. Ringe des Somits gesehen haben (Taf. 4, Fig. 24; Taf. 5, Fig. 29). Der ventrale Mediantheil des bezeichneten Ringes erhält seinen Nerven vom Zweige im entsprechenden Abschnitt des 4. Ringes. Weiter ventral, am 7. und 9. ventralen, sowie unter dem lateralen Längsmuskelband finden wir 3 ansehnliche Zweige für das Integument, welche sich vom Ringnerven des 4. Ringes abtrennen. Die Rückenseite wird von 3, am 3., 6. und 9. Längsmuskelband abgehenden Zweigen des Dorsalnerven innervirt. Von allen beschriebenen Nervenästen unterscheidet sich der ven- trale Ast, welcher sich am 7. Längsmuskelband vom hintern Ring- nerven des Somits abzweigt, durch folgende Eigenthümlichkeit. In dem- selben (Taf. 2, Fig. 13), verläuft einer von den grossen Nervenschläuchen des Ringnerven, und dem entsprechend findet man, dass dieser Zweig mit beiden ventralen Längsmuskelsträngen in Verbindung steht, während die übrigen Längsmuskelstränge den 5. Ring ohne jeden Zusammen- hang mit den Nerven des letztern passiren. Der bezeichnete Zweig nähert sich dem innern Längsmuskelstrang und durchkreuzt den letztern auf die gewöhnliche Weise. Weiter enthält er eine bipolare 44 N. LIVANOW, Nervenzelle der grossen Schläuche, welche ihm nach aussen vom 8. Längsmuskelband anliegt. Ihr proximaler Fortsatz stellt den grossen Nervenschlauch dieses Zweiges vor; ihr distaler Fortsatz, gleichfalls ein grosser Nervenschlauch, verläuft zur Durchkreuzung mit dem äussern ventralen Längsmuskelstrang, wo er endigt (Taf. 2, Fig. 7). So kommt ganz dasselbe Verhalten zu Stande, wie es für die ent- sprechende Zelle des vordern Ringnerven beschrieben ist. Wenden wir uns nun zu den grossen Nervenschläuchen des hintern Ringnerven. S. APÂTHY (1897) schreibt, dass 3 grosse Nervenschläuche vom Ganglion der Bauchkette im hintern Ringnerven verlaufen, von denen der feinste gleich nach dem Austritt sich in 2 Aeste theilt; der eine Ast tritt darauf in den Dorsalnerven des Somits ein, während der andere Zweig seinen Weg im Ringnerven weiter fortsetzt. Nach meinen Beobachtungen ziehen 4 grosse Nervenschläuche vom Ganglion der Bauchkette in den hintern Nerven des Somits. Der eine grosse Schlauch lenkt darauf zum Dorsalnerven des Somits ab (Taf. 2, Fig. 12), die 3 andern aber setzen ihren Weg im Ringnerven weiter fort. Der grösste von ihnen geht in den Zweig des 5. Ringes über (Taf. 2, Fig. 13); der mittlere Nervenschlauch stellt den Fortsatz der unipolaren Nervenzelle am lateralen Längsmuskelstrange vor, während der feinste als Fortsatz der unipolaren Zelle des äussern dorsalen Längsstrangs erscheint. Der grosse Nervenschlauch der Nerven- schlinge des 4. Ringes ist sehr schwach ausgeprägt; seinem Aussehen nach gleicht er eher den motorischen Nervenfasern, woher auch sein Verhalten schwer zu untersuchen ist. Die Beziehungen des Dorsalnerven waren im Allgemeinen schon bei der Darstellung der Innervation der verschiedenen Ringe des Somits beschrieben. Der ganze Verlauf dieses Nerven erscheint folgender- maassen (Taf. 4, Fig. 24, 27; Taf. 5, Fig. 28 u. 29). Nachdem er sich vom hintern Ringnerven im 3. Ringe abge- sondert hat, geht er zwischen dem Darm und seinen Aussackungen nach der Riickenseite. Unter den dorsalen Längsmuskelbändern theilt sich der bezeichnete Nerv in 3 Hauptzweige. Der innere Zweig ver- läuft zur Medianlinie des Körpers und gelangt so bis zum 3. Längs- muskelband ; der mittlere erhebt sich zum 6. Muskelband, und der äussere endlich nähert sich den Längsmuskeln am 9. Bande. Hier theilt sich jeder von diesen 3 Zweigen seinerseits in 3 Aeste. Der eine Ast versorgt den 3. Ring des Somits, der zweite den 1. und 2. und der dritte den 4. und 5. Ring. Alle diese Aeste passiren die Längsmusculatur an den bezeichneten Stellen und treten so in das Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 45 Integument ein. Die Nervenzweige des 2. und 4. Ringes geben noch in den Längsmuskeln Aeste für den 1., resp. 5. Ring des Somits ab, sowie auch kleine Nervenbündel zu den Ringnerven. In histologischer Beziehung bietet der Dorsalnerv nichts Besonderes dar. Er enthält einen grossen Nervenschlauch von der unipolaren Nervenzelle, welche, den innern dorsalen Längsmuskelstrang durch- kreuzend, dem hintern Ringnerven angehört (Taf. 2, Fig. 12). Es ist noch zu bemerken, dass der Dorsalnerv in seinem aufsteigenden Ab- schnitt einige kleine Aeste zu den dorso-ventralen Muskeln aus- sendet. Am Schlusse der Beschreibung des peripheren Nervensystems von Hirudo medicinalis wäre noch zu erwähnen, dass je 2 Ringnerven, abgesehen vom Nervenbündel, welches im innern Mesenchym des Körpers vom vordern zum hintern Nerven eines Somits verläuft, noch durch einige Nervenzweige vereinigt sind. Solche Vereinigungsäste befinden sich sowohl zwischen den Hauptnerven desselben Somits als auch zwischen den Nerven zweier auf einander folgenden Somite. Dies kommt gewöhnlich folgendermaassen zu Stande. Von einem ge- gebenen Ringnerven trennt sich ein Zweig ab, welcher Anfangs in der Längsrichtung zwischen den Schichten der Längs- und Diagonal- musculatur verläuft, darauf in die Schicht der Diagonalmuskeln ab- lenkt, die letzte sowie auch die darauf folgende Ringmusculatur durch- setzt und endlich in subepithelialer Lage erscheint. Hier findet nun eine Verbindung mit einem ähnlichen Zweige vom benachbarten Ring- nerven statt. Diese Einsenkung der Verbindungsäste unter das Epithel erlaubt uns, die beschriebene Verbindung als einen Abschnitt des all- gemeinen subepithelialen Nervenplexus zu betrachten. In Bezug auf den subepithelialen Nervenplexus möchte ich hier Folgendes hervorheben. Die Nervenzweige, welche das Integument erreichen, zerfallen unter den Zellen des Epithels in die feinsten Nerven- bündel und bilden so eine Art von unregelmässigem Netze. J. HAVET (1899) konnte unter Anwendung von Chrom-Silberimprägnation diesen Plexus leicht differenziren, doch geht er in seiner Auffassung weiter, indem er denselben für einen 2. Nervenring hält, welcher den be- schriebenen Ringnerven gleich sei und nur unter dem Epithel liegt. Ich habe den subepithelialen Nervenplexus selbst genau untersucht, doch konnte ich keine subepithelialen Nervenringe, sondern immer bloss einen Plexus auffinden. Als einzige Erklärung für die Angabe Haver’s erscheint mir seine Untersuchungsmethode, die überhaupt stets eine sorgfältige Nachprüfung mit andern Methoden erfordert. 46 N. LIVANOW, Das periphere Nervensystem von Haemopis sanguisuga BERG. (Aulastoma gulo M.-T.) ist seinem allgemeinen Bauplane nach dem für Hirudo beschriebenen Typus gleich, und nur in gewissen Einzel- heiten weist dieser Blutegel einige Abweichungen auf. So unterscheidet sich der vordere Nerv des Somits vom ent- sprechenden Gebilde von Hirudo nur durch den Zweig, welcher den 3. Ring innervirt (Taf. 5, Fig. 30). Dieser Zweig ist hier nicht be- sonders stark, und dadurch verliert die äussere Aehnlichkeit mit den Ringnerven. Bei Haemopis verläuft er ventral im innern Mesenchym des Körpers bis zum 10. Längsmuskelband (von der Medianlinie ge- rechnet), darauf, ins Mesenchym ziemlich fern von den Längsmuskeln eindringend, erhebt er sich zur Rückenseite und durchsetzt die Längs- musculatur am 3. Muskelband (von der Laterallinie des Körpers ge- rechnet). Im Integument zerfällt der bezeichnete Nerv in seine feinsten Nervenfasern. Auf seinem Wege im Mesenchym giebt er ventral am 5. und 7. Längsmuskelband (von der Medianlinie gerechnet) 2 grössere Zweige zum Integument seines Ringes; 2 eben solche Zweige theilen sich von ihm im aufsteigenden Abschnitt seines Verlaufs ab, von welchen der eine unter dem äussern ventralen Längsmuskelband, der andere über dem äussern dorsalen das Integument erreicht. Beim Eintritt in die Längsmusculatur liefert endlich der Nerv des 3. Ringes noch einen Zweig, welcher Anfangs zur Medianlinie des Körpers geht, darauf die Längsmuskeln schräg durchsetzt und etwas vor dem äussern dorsalen Längsmuskelstrang in das Integument ein- dringt. Der übrige und relativ grössere Abschnitt der Rückenseite des 3. Ringes ist vom Dorsalnerven des Somits, also von 3 seinen Zweigen, innervirt. Während bei Hirudo die Zweige des Dorsalnerven als verstärkende Nervenbündel für den Nerven des 3. Ringes erscheinen, sind sie bei Haemopis ganz selbständig, und der Nerv des 3. Ringes selbst stellt hier einen sensitiven Zweig für den ventralen und lateralen Abschnitt des Ringes vor. Dieselbe Rolle spielt nun auch der Dorsalnerv für die Rückenseite. Der hintere Ringnerv von Haemopis durchsetzt auf seinem Wege vom 9. Muskelband schräg die ventrale Längsmusculatur, unter dem 12. Längsmuskelband erreicht er die Diagonalmuskelschicht und er- hebt sich darauf, zum zweiten Mal die Längsmuskeln schräg durch- dringend, zur Rückenseite, wo er über dem lateralen Längsmuskel- band zwischen der Längs- und Diagonalmusculatur eintritt (Taf. 5, Fig. 31). Der weitere Verlauf des bezeichneten Nerven ist ein solcher, Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 47 wie er für Hirudo beschrieben worden ist. So sehen wir, dass dieser Nerv von Haemopis dem vordern Ringnerven seinem Verlauf nach ein wenig näher steht als bei Hirudo. Ausserdem ist die Nervenschlinge des 4. Ringes für den innern ventralen Längsmuskelstrang bei Haemopis anders gebildet, indem ihre beiden Abschnitte nach verschiedenen Seiten schräg aufsteigen und die Nervenzelle der grossen Schläuche ganz am Ende des distalen Abschnitts liegt. In manchen Fällen be- findet sich diese Zelle schon im Ringnerven dicht hinter dem Eintritt der Nervenschlinge. Als eine Besonderheit in der Lage der Zellen der grossen Nervenschläuche erscheint’ die Thatsache, dass die innere und äussere dorsale Nervenzelle im 4. Ringe von der Durchkreuzungs- stelle mit den Längsmuskelsträngen ein wenig entfernt liegt, also nicht gleich medianwärts von ihr wie bei Hirudo. Die innere von ihnen zeichnet sich durch ansehnliche Grösse aus, dagegen ist die äussere sehr schwach entwickelt. Das System der 5 Längsmuskelstränge unter- scheidet sich in seinem Bau von dem für Airudo beschriebenen eigent- lich nicht, nur dass alle Elemente bei Haemopis kleiner sind. Wenden wir uns nun zu den Sinnesorganen, welche im gewöhn- lichen Somit von Hirudo vorkommen. Im Epithel aller Ringe des Somits befinden sich Sinnesorgane einfachster Art, sog. Sinnesknospen („Tastkegelchen“ ApATHy’s und ,non-metameric scattered sensillae“ WHITMAN’s), welche regellos zerstreut liegen. Sie stellen nichts anderes als kleine Häufchen von Sinneszellen dar, deren distaler Theil über der untern Fläche der gewöhnlichen Epithelzellen hervorragt '). Die höher entwickelten Sinnesorgane, welche streng serial ange- ordnet sind, liegen in jedem 3. Ringe des Somits (Taf. 4, Fig. 24, 25; Taf. 5, Fig 30). Diese Organe stellen nur einen Complicationsgrad der Sinnesknospen vor. Zu je einer gut entwickelten Knospe kommt nämlich eine geringe Zahl von Retinazellen hinzu und bildet so eine Art ein- fachstes Sehorgan. Aehnliche Organe sind bei allen Hirudineen con- statirt. C. WxiTMAN (1892, 1893) nennt sie „metameric sensillae“ und unterscheidet sie von den ,,non-metameric scattered sensillae“. S. APATHY (1888, 1897) und, wahrscheinlich unter dem Einfluss dieses Autors, auch B. MAIER (1892) und R. Hesse (1897) verneinen jede Verbin- dung zwischen den Retinazellen und Nervenknospen. Sie fassen beide als von einander ganz unabhängige und nur zuweilen zufällig ver- 1) Auf meinen schematischen Abbildungen (Taf. 4, u. 5) scheinen diese Sinnesorgane fast regelmässige Lage zu besitzen. Dies ist jedoch nur das Resultat der Schematisirung. 48 N. LIVANOW, bundene Elemente auf, wodurch die Sensille als selbständiges Sinnes- organ von ihnen nicht anerkannt wird. R. BLANCHARD und A. Kowa- LEWSKY (1900) stimmen mit WHıTmAn vollständig überein. Und that- sächlich befinden sich, wie schon erwähnt, die einfachen Nervenknospen in allen Ringen des Somits von Hirudo regellos zerstreut; die Retina- zellen aber sind nur in streng bestimmter Lage und überdies immer in engster Verbindung mit einer Nervenknospe vorhanden. Ausser- halb eines solchen Complexes liegende Retinazellen konnte ich bei den Hirudineen niemals beobachten, ungeachtet der grossen Menge durch- forschten Materials. Daher betrachte ich die metameren Sensillen der Hirudineen als eine besondere Art Sinnesorgane, die von den übrigen streng zu unterscheiden sind. Im Gegensatz zu den einfachen Sinnes- knospen bezeichne ich nur diese Organe als Sensillen, wobei ich das Adjectivum ,,metamer‘ als überflüssig weglasse. Gewöhnlich wird die Lage der Sensillen durch die Längslinien des Körpers bestimmt, auf welchen sie angeordnet sind. Wrmıtman (1886, 1892) unterscheidet folgende Linien: eine mediane, eine innere und eine äussere laterale und eine marginale, also dorsal 6, lateral 2 und ventral 6 Linien. ApATHy (1888) giebt eine innere und eine äussere paramediane, eine innere und eine äussere paramarginale und eine laterale Linie an, also dorsal, resp. ventral 8 und lateral 2 Linien. R. BLANCHARD sowie W. CasrTLe (1900, 1) unterscheiden eine innere, eine intermediäre und eine äussere Längslinie. E. Bayer (1898) unterscheidet „nur die Paramedian-, Paramarginal- und Marginalreihe“. Alle Autoren legten einer solchen Bestimmung der Längslinien haupt- sächlich äussere Merkmale zu Grunde, und zwar die Anordnung der Pigmentflecke und der Papillen. Es erscheint mir richtiger, für diesen Zweck die allgemeine Lage der Muskeln, Nerven und Sensillen zu ver- wenden. Solche Längslinien sind dorsal folgendermaassen angeordnet (Taf. 4, Fig. 24 u. 25; Taf. 5, Fig. 30). Eine Längslinie befindet sich über dem 3. Längsmuskelband, dort, wo der innere Zweig des Dorsalnerven des Somits. zum Integument gelangt. Diese Linie entspricht der innern paramedianen Apiray’s (1888), welchen Namen ich beibehalten möchte, da man sie keineswegs als Medianlinie des Körpers bezeichnen kann, wie WHITMAN es thut, dessen Bezeichnungsweise ungenau erscheint. Die folgende dorsale Längslinie liegt da, wo der mittlere Zweig des Dorsalnerven das Integument erreicht, zwischen dem 6. und 7. Längs- muskelband, und für diese ist der ApAruy’sche Name „äussere paramediane“ Linie zutreffend, ebgleich dieser Autor selbst unter Untersuchungon zur Morphologie der Hirudineen. 49 diesen Namen die nächst folgende Längslinie des Körpers bezeichnet. Hier erreicht der äussere Zweig des Dorsalnerven das Integument, und für diese Linie schlage ich die Bezeichnung „intermediäre‘ vor, wie sie von R. BLANCHARD gebraucht worden ist. Die 2 folgenden Längslinien, eine innere und eine äussere paramarginale, ent- sprechen ihrem Namen und ihrer Lage nach denselben Linien von APÂTHY. Wuirman’s Bezeichnung ,,innere und äussere laterale Linie“, die den eben besprochenen Linien meistens entsprechen, gebe ich auf, weil diese Namen eine unrichtige Vorstellung hervorrufen können. Die innere paramarginale Linie liegt über dem 12., die äussere über dem 14. Längsmuskelband, wo 2 ansehnliche Nervenzweige vom Nerven des 3. Ringes zum Integument abgehen. Der Name Lateral- oder Marginallinie gehört selbstverständlich der Linie an, welche die Dorsalfläche des Körpers von der Ventralfläche trennt. Ventral haben wir dieselben Längslinien wie dorsal, und einen Unterschied bietet nur die Lage der äussern paramedianen Linie, welche sich unter dem 5. Längsmuskelband befindet, d. h. sie ver- läuft im Vergleich mit der dorsalen ein wenig mehr medianwärts. Als Mediaulinie endlich bezeichne ich diejenige, welche die rechte Hälfte des Körpers von der linken theilt. Von diesen Längslinien sind die Sensillen bei Hirudo und Haem- opis auf folgenden vorhanden: ventral auf der äussern paramedianen, der intermediären und der äussern paramarginalen, dorsal auf der äussern und der innern paramarginalen, der intermediären und der innern paramedianen Linie. Bei Haemopis sind die Sensillen auf der innern paramedianen dorsalen Linie durch ein Sinnesorgan ersetzt, welches den becher- förmigen Organen des Mundnapfs der Hirudineen ähnlich ist. Bei Hirudo beobachtete ich in einigen Fällen die Ausbildung einer gut entwickelten Sensille auf der äussern paramarginalen dorsalen Linie des 4. Ringes des Somits (Taf. 5, Fig. 28). Die Glossosiphoniden. Nach ausführlicher Beschreibung des Neurosomits bei unsern Ver- tretern der Hirudiniden wende ich mich nun zu den Glossosiphoniden, welche in dieser Beziehung noch sehr wenig erforscht sind, zugleich aber ein grosses Interesse darbieten. : Zool. Jahrb. XIX. Abth. f. Morph. 4 50 N. LIVANOW, Ich beginne mit unserm Vertreter ihrer primitivsten Gattung Protoclepsis !), nämlich Protoclepsis tessellata (0. F. MÜLLER, 1774) Braun, 1805. Bei diesem Blutegel giebt uns der Centralabschnitt des Neuro- somits, das Ganglion der Bauchkette, ein Beispiel von jener Ein- formigkeit in den wichtigsten Charakteren des Baues des Neurosomits, wie wir derselben in der weitern Beschreibung noch mehrfach be- gegnen werden. Die faserige Centralmasse, die eine Erweiterung der Connectivstämme im Ganglion darstellt, hat hier auch 2 Gruppen Querbündel; doch besteht hier keine so scharfe Trennung der letztern wie bei den Hirudiniden, wo sie durch einen pyramidenartigen Hohl- raum bedingt wird. Diesen Raum füllen die nach verschiedenen Rich- tungen verlaufenden Nervenfasern aus. Unter jeder Querbündelgruppe befindet sich je eine Gliazelle, so dass 2 solche Zellen, die in der ventralen Medianrinne der Centralfasermasse des Ganglions liegen, ihre zahlreichen Fortsätze in die letztere senden. Die Ganglienzellen bilden 6 Packete an der Peripherie des Ganglions, 2 mediane (ein vorderes und hinteres) und 4 seitliche (je ein vorderes und hinteres auf jeder Seite). Von den Medianpacketen, welche 2 ovale ventrale Massen darstellen, befindet sich das vordere vor dem Zwischenraum zwischen Querbündeln, das hintere hinter diesem. Ihre Ganglienzellenfortsätze dringen in die fasrige Central- masse entweder vor den vordern oder hinter den hintern Querbündeln ein, je nachdem sie vom vordern oder vom hintern Packet herstammen. Die seitlichen Packete sind von den ınedianen durch die vom Ganglion ausgehenden Nerven getrennt, deren Wurzeln sich nämlich nahe der Grenzlinie befinden, welche die ventrale Fläche der Centralfasermasse von der seitlichen abtheilt. Der eine, verhältnismässig schwache Nerv verläuft unter der Mitte des vordern Seitenpackets, nur etwas in das- selbe sich vorschiebend; 2 andere, viel mächtigere, fangen ein wenig höher an und liegen in den Ebenen der 2 entsprechenden Querbündel- gruppen. Dadurch, dass diese 2 Nerven derartig abgehen, erscheint das vordere und hintere Seitenpacket in ihren angrenzenden Theilen von unten etwas schräg abgeschnitten. Das Neurilemm und das Peritonealepithel, welche die äussern Scheiden des Ganglions bilden, setzten sich auf die Seitennerven fort, 1) Siehe meinen Artikel: Die Hirudineen-Gattung Hemiclepsis Vusp., in: Zool. Jahrb., V. 17, Syst., 1902. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 51 die letztern zu einem Stamme vereinigend. Doch ist die Selbständig- keit aller 3 Nerven in diesem gewahrt, und sie trennen sich von ein- ander, nachdem sie aus dem Neuralsinus in das innere Mesenchym des Körpers eingedrungen sind. Von diesen 3 Nerven begiebt sich der vordere in den 1. Ring seines Somits; der mittlere verläuft im 2. Ringe, und der hintere geht in den 3. Ring, wo er einen ansehnlichen Zweig, den Dorsalnerven des Somits, abgiebt (Taf. 5, Fig. 32). Der vordere und der mittlere Nerv anastomosiren entweder noch während ihres Verlaufs in der gemeinsamen Neurilemmscheide oder nach ihrem Eintritt in das innere Mesenchym des Körpers. Diese Anastomose wird bald durch einen besondern Vereinigungszweig, bald durch theilweises Verschmelzen der beiden Nerven hergestellt, und nur selten findet man, dass beide Nerven ganz selbständig verlaufen, ohne eine Anastomose zu bilden. Hierbei sei das folgende interessante, relative Verhalten hervorgehoben: bei den Hirudiniden besteht, wie wir sahen, eine volle Vereinigung dieser beiden Nerven zu einem ein- zigen, während bei Protoclepsis tessellata nur eine locale Anastomose vorhanden ist, welche in manchen, allerdings seltenen Fällen ganz fehlen kann. Bevor ich zum peripheren Nervensystem übergehe, seien noch einige Worte über die Connective gesagt. Die mächtig entwickelten Seitenstämme derselben schliessen in der Mitte ihres Verlaufs je 2 Connectivzellen ein, welche hinter ein- ander liegen. Selten theilen sich entweder eine dieser Zellen oder beide, und so entstehen 3 oder 4 Connectivzellen anstatt der gewöhn- lichen 2. Dieses Vorkommen von 2 Connectivzellen in jedem Stamm stelle ich mit der für Protoclepsis sehr charakteristischen Thatsache zusammen, dass jede ihrer Muskelzellen je 2 Kerne besitzt (Taf. 5, Fig. 14). Nur selten trifft man einkernige Muskelzellen an; gewöhn- lich findet man in jeder Zelle 2 hinter einander liegende Kerne. Als Uebergang erscheinen ovale oder eingeschnürte Kerne, welche in ihren beiden Hälften je einen Nucleolus besitzen; wir haben hier offenbar den Process einer amitotischen Kerntheilung vor uns (Taf. 3, Fig. 15). Und thatsächlich kann man allen Phasen derselben begegnen. Zu- weilen aber findet eine weitere Theilung statt. Entweder einer oder beide Kerne, welche der Muskelzelle angehören, theilen sich noch ein- mal, und es entstehen so entweder ein grosser Kern und anstatt des 2. ein Paar kleinere, oder 2 Paar kleinere anstatt der 2 grossen. Denselben Process kann man auch in den Connectivzellen sehen, worauf 4* 52 N. LIVANOW, besonders die Thatsache hindeutet, dass zuweilen nur eine einzige Connectivzelle, jedoch mit 2 Kernen, existirt, zuweilen aber eine oder beide dieser Zellen durch 1 resp. 2 Paar kleinere Zellen ersetzt sind. Nachdem der Farvre’sche Mediannerv sich von den Querbündeln der fasrigen Centralmasse des Ganglions abgesondert hat, erhebt er sich sehr bald, um in den Connectiven schon dorsal zwischen den Seitenstämmen seinen Verlauf zu nehmen, zuweilen mit dem einen oder andern derselben anastomosirend. Solche zelligen Elemente, wie die Connectivzellen der Seitenstämme, fehlen ihm ganz. Wenden wir uns nun zu den Nerven des Bauchganglions. Alle 3 verlassen am 5. Längsmuskelband das innere Mesenchym des Körpers und kehren nirgends mehr in dieses zurück (Taf. 6, Fig. 33, 35 u. 36). Zwischen dem 5. und 6. Längsmuskelband dringen die Nerven bis zur Diagonalmuskelschicht vor, ziehen weiter zur Lateral- linie und verlaufen dorsal, wo sie auf der ganzen Strecke sich an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur befinden. An der Durch- trittsstelle durch die Längsmuskeln lenkt sowohl der vordere als auch der hintere Nerv von der Mitte des 2. Ringes schon so weit ab, dass der eine von ihnen sich im hintern Abschnitt des 1. Ringes seines Somits, der andere aber im vordern Abschnitt des 3. Ringes befindet (Taf. 5, Fig. 32). Dieselbe Lage behalten sie in ihrem weitern Ver- lauf bei. Von den im innern Mesenchym sich abtrennenden Nervenzweigen erwähne ich nur die Innervationszweige des mittlern Abschnitts der Bauchseite, welche sich in jedem Ringe vom entsprechenden Nerven zwischen dem 4. und 5. Längsmuskelband zur Diagonalmusculatur hin abtrennen (Taf. 6, Fig. 33, u. 36). Ausserdem theilt sich noch ein Zweig vom mittlern Nerven ab, welcher über die ventralen Längs- muskelbänder hinweg zur Laterallinie des Körpers gelangt (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 35). Nach kurzem Verlauf im mittlern Ringe theilt er sich dichotomisch, und der eine von den so gebildeten Aesten lenkt in den 1., der andere in den 3. Ring seines Somits ein. Ungeachtet dessen, dass der 1. Nerv des Somits, wie schon er- wähnt war, bei seinem Austritt aus dem Ganglion von sehr geringer Grösse ist, verläuft er dennoch an der Grenze der Längs- und Dia- gonalmusculatur ventral zur Laterallinie des Körpers, erhebt sich hier dorsalwärts und zieht so zur Medianlinie, wo er in den entsprechenden Nerven der andern Seite übergeht (Taf. 6, Fig. 33). Auf solche Weise erscheint er als ein Ringnerv, welcher den für Hirudo beschriebenen analog ist und gemäss seiner Lage dem vordern Ringnerven des Somits Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 53 entspricht. Diese Analogie wird zur Homologie, wenn wir folgende Thatsachen in Betracht ziehen. Der beschriebene Nerv von Protoclepsis tessellata wird auf seinem ganzen Verlauf an der Grenze der Längs und Diagonalmusculatur von einer circulären Muskelfaser begleitet. Der Zellkörper der letztern, welcher 2 Kerne einschliesst, befindet sich zwischen dem seitlichen und dem ihm benachbarten dorsalen Längsmuskelband. Während der Nerv die Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur ventral verlässt, ver- läuft die eirculäre Muskelzelle in der bisherigen Richtung weiter, d.h. an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur bis zur Median- linie des Körpers, und so wird ein voller Muskelring im 1. Ringe des Somits gebildet. Bei den Hirudiniden, wie wir oben gezeigt haben, ist eine ähnliche circuläre Muskelfaser in die Scheide des vordern Ring- nerven eingeschlossen, hier aber verläuft sie vollständig getrennt nahe dem Nerven und erscheint somit als primitivste Phase der Entwick- lung der Beziehungen im Vergleich mit den Hirudiniden. Wir haben auf die Durchkreuzung des Ringnerven mit den Längs- strängen als auf das am meisten charakteristische Merkmal desselben bei den Hirudiniden hingewiesen. Aehnliche, sich mit den Ringnerven durchkreuzende Längsmuskelstränge existiren auch bei Protoclepsis tessellata. Besonders scharf sind 3 solche Stränge ausgeprägt, welche in allen Beziehungen unter einander gleich erscheinen (Taf. 6, Fig. 33 u. 13). Sie liegen völlig den Diagonalmuskeln an und erscheinen da- durch von den übrigen Längsmuskeln, welche etwas weiter nach innen von der Diagonalmusculatur gelegen sind, wie abgetheilt. Ihre Lage kann folgendermaassen bestimmt werden: ventral zwischen dem 7. und 8. Längsmuskelband, lateral an der Laterallinie des Körpers, wo die Längsmusculatur fehlt, und dorsal im Zwischenraum des 7. und 8. Längsmuskelbandes. Jeder Längsmuskelstrang ist in seinem Querschnitt entweder von einer einzigen oder von 2 Muskelzellen gebildet. Diese Zellen stehen in Verbidung mit den Ringnerven. Andere Muskelzellen, welche solche Beziehungen zu den Nerven nicht haben, sondern ein Muskelbündel mit den Längsstrangszellen bilden, wie wir bei Hirudiniden gesehen haben, existiren hier nicht (Taf. 3, Fig. 16, 17, 19 u. 20). Jede Zelle des Längsmuskelstrangs von Protoclepsis tessellata hat eine sehr verlängerte, an den Enden zugespitzte Form (Taf. 6, Fig. 34). Im hintern Ab- schnitt des 1. Ringes beginnend, verläuft sie durch das ganze ent- sprechende Somit, sich nach und nach verstärkend. In das folgende Somit eintretend, erreicht sie das Maximum ihrer Grösse, und hier 54 N. LIVANOW, befinden sich im vordern Abschnitt des 1. Ringes ihre 2 Kerne. Die Anwesenheit der 2 Kerne ist, wie schon erwähnt, für die Muskelzellen von Protoclepsis charakteristisch. Als Abweichung vom allgemeinen Bauplan erscheint folgende Thatsache: wie bei den Hirudiniden, so fehlt auch hier die periphere contractil-fibrilläre Substanz an den Stellen, wo die Kerne liegen, fast auf der Hälfte des Umkreises der Zelle. Weiterhin verläuft die Muskelzelle des Längsstranges, wieder ihre gewöhnliche Form annehmend, und erreicht den vordern Abschnitt des 3. Ringes, wo sie, sich allmählich verjüngend, endet. Folglich ist, wenn wir einen Längsmuskelstrang vor uns haben, derselbe nur am Ende des 3. Ringes eines Somits und am Anfang des 1. Ringes des folgenden Somits von einer einzigen Muskelzelle gebildet; in seinem übrigen Verlauf besteht er aus 2 Zellen, deren Durchmesser nur in der Mitte des 2. Ringes des Somits von gleicher Grösse sind. Diese Beziehungen der Längsstrangszellen, die bei Protoclepsis so einfach sind, sind viel complicirter bei den Hirudiniden. Bei ihnen kommt immer eine einzige Zelle im Längsmuskelstrang vor, obgleich die Kerne streng metamer im 1. Ringe des Somits gelagert sind. Kehren wir nun zum vordern Ringnerven von Protoclepsis tessellata zurück. Sich dem Längsmuskelstrang nähernd, wird er flacher und zugleich breiter (Taf. 3, Fig. 16 u. 17). Die den Nerven begleitende Muskelzelle liegt nach aussen vom letztern und verbreitert sich auch. Die Längsstrangzelle biegt um den Nerven von innen um, dabei so- wohl vor als auch hinter dem letztern viele kleine Aeste nach aussen abgebend. Der eine Theil dieser Aeste verschmilzt mit dem ver- breiterten Abschnitt der circulären Muskelzelle, der andere aber ver- einigt sich mit dem verbreiterten Abschnitt des Ringnerven. Wir sehen also, dass der Nerv wie in einem musculösen Ringe hinzieht, welcher von der Muskelzelle des Längsstranges, einem Theil ihrer Aeste und der verbreiterten circulären Muskelzelle gebildet erscheint. Von diesem Muskelgewölbe trennen sich einige Muskelfasern zum In- tegument hin ab. Im Vergleich mit den Hirudiniden erscheint es als eine Ab- weichung, dass die Muskelzelle des Längsstranges in ihrem grössern Theil um den Nerven von innen unverzweigt umbiegt, während sie bei den Hirudiniden in viele kleine Aeste zerfällt und letztere sich wieder nur dann vereinigen, nachdem sie bereits um den Nerven umgebogen sind. Diese Thatsache erklärt uns, warum jeder Längsstrang der Hirudiniden immer nur von einer Zelle gebildet wird — es anastomosiren nämlich die Längsstrangzellen mit einander dort, wo sie beim Ringnerven in Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 55 kleine Aeste zerfallen. Diese Anastomosen sind bei Protoclepsis noch nicht vorhanden. An der Stelle der Durchkreuzung mit dem Ringnerven kann man immer auf dem Längsmuskelstrang einige motorische Nerven- endigungen sehen, welche von den Nervenfasern, die sich hier vom Ringnerven abzweigen, gebildet werden !) (Taf. 3, Fig. 14). Ausser den beschriebenen, scharf differenzirten Längsmuskel- strängen durchkreuzt der vordere Ringnerv auf typische Weise noch einige andere Stränge. Sie sind in den Längsmuskelbändern peripher eingelagert und von den Muskelzellen gebildet, welche fast ebenso gebaut erscheinen wie die übrigen Zellen der Längsmusculatur, so dass sie eine derartige Selbständigkeit wie bei den 3 beschriebenen Längs- strängen nicht haben (Taf. 3, Fig. 14). Von diesen Strängen kann man leicht 2 unterscheiden, die im 9. ventralen und 9. dorsalen Längsmuskelband liegen und deren Kerne im 1. Ringe des Somits eingelagert sind. Die übrigen Längsmuskel- stränge befinden sich, von der Laterallinie des Körpers gerechnet, ventral im 3., 9. und 11., dorsal im 2., 4. und 14. Längsmuskelband (Taf. 6, Fig. 33 u. 36). Seine Kerne liegen verschieden: in den 2 seitlichen dorsalen an der Grenze zwischen dem 1. und 3. Ringe der 2 auf einander folgenden Somite, im mittlern dorsalen und allen ventralen im 2. Ringe des Somits. Eine gewisse Unbeständigkeit der bezeichneten Längsmuskel- stränge stellen die Fälle vor, in denen der vordere Ringnerv in einem Somit den Längsstrang in einem andern Längsmuskelband durch- kreuzt als in dem unmittelbar angrenzenden Somit, oder die Fälle, in denen die typische Durchkreuzung in einem Somit stattfindet, während sie in einem andern ganz fehlt. Ebenso können auch die Kerne ihre beschriebene typische Lage ändern. Jedoch sind diese Abweichungen nicht häufig, während der oben beschriebene Typus sehr constant er- scheint. In meiner weitern Beschreibung werde ich die Längsmuskelstränge, entsprechend den Längslinien des Körpers, folgendermaassen bezeichnen. Ich unterscheide nämlich (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 33 u. 36): einen lateralen, einen innern und einen äussern paramarginalen dorsalen sowie ventralen, einen intermediären dorsalen sowie ventralen und einen äussern 1) In Bezug auf den histologischen Charakter der Durchkreuzung des Ringnerven mit dem Längsmuskelstrang kann ich sagen, dass sie mir als eine unmittelbare Vereinigung zwischen der Muskelzelle und dem Nerv erscheint. Doch will ich diese Frage "vorläufig offen lassen. 56 N. LIVANOW, und einen innern paramedianen dorsalen sowie ventralen Längsstrang. Somit haben wir bei Protoclepsis tessellata: ventral einen innern und einen äussern paramedianen, einen intermediären, einen innern und einen äussern paramarginalen, lateral einen lateralen und dorsal einen innern und einen äussern paramedianen, einen iintermediären, einen innern und einen äussern paramarginalen Längsmuskelstrang. Ausser- dem werde ich als Hauptstränge solche bezeichnen, welche, wie wir noch sehen werden, sowohl mit dem vordern als auch mit dem hintern Ringnerven in Verbindung stehen. Bei Protoclepsis tessellata sind folgende Hauptstränge vorhanden: der äussere paramediane und der intermediäre ventrale, der laterale, der innere paramediane und der intermediäre dorsale. Schon früher erklärte ich bei den Hirudiniden, dass die grossen Nervenschläuche bei der Durchkreuzung mit den Längsmuskelsträngen eine wichtige Rolle spielen. Die diese Schläuche erzeugenden Nerven- zellen befinden sich in den Ringnerven. Bei Protoclepsis tessellata finden wir im vordern Ringnerven 3 solche Zellen (Taf. 6, Fig. 33). Eine bipolare liegt zwischen dem äussern paramedianen und dem inter- mediären Längsmuskelstrang, näher dem letztern, wie es bei den Hirudiniden der Fall ist. Zum Unterschied von den Hirudiniden finden wir bei Protoclepsis tessellata dorsal eine unipolare Nervenzelle der grossen Nervenschläuche (Taf. 3, Fig. 16). Diese befindet sich nach innen vom innern paramedianen Längsmuskelstrang und ist von letzterm durch ein Längsmuskelband getrennt. Nach innen vom late- ralen Längsmuskelstrang liegt eine bipolare Nervenzelle, von letzterm ebenso durch ein Längsmuskelbänd getrennt. (Taf. 3, Fig. 18). Daraus ersehen wir, dass alle 5 Nervenzellen, den grossen Schläuchen an- gehörig, in näherer Beziehung zu den Hauptlängssträngen stehen; dagegen befinden sich die übrigen Längsmuskelstränge von diesen Zellen weiter entfernt. Die Beziehungen der grossen Nervenschläuche zu den verschie- denen Längsmuskelsträngen näher zu studiren, wie ich es bei Hirudo gethan habe, gelang mir bei Protoclepsis tessellata nicht. Nahe den Nervenzellen der grossen Nervenschläuche finden wir zuweilen, besonders beim lateralen Längsmuskelstrang, 1—2 Ganglien- zellen (Taf. 3, Fig. 18). Zum Schluss der Beschreibung des vordern Ringnerven von Proto- clepsis tessellata muss ich auf eine wesentliche Eigenthümlichkeit des- selben hinweisen; alle seine Nervenbündel, abgesehen von den grossen Nervenschläuchen, sind nämlich aus motorischen Fasern gebildet. An Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 57 lückenlosen Schnittserien kann man alle vom Vordernerven abgehenden Fasern in ihrem ganzen Verlauf verfolgen bis zu den motorischen Endigungen an allen Muskelzellen, welche in der Längsmusculatur des Somits vorhanden sind. Auf solche Weise erscheinen alle Längs- muskelzellen entsprechend der Ringsrichtung des vordern Ringnerven innervirt (Taf. 3, Fig. 14). Im Integument des 1. Ringes des Somits von Protoclepsis tessel- lata kann man nur selten schwach entwickelte, primitive Nerven- knospen antreffen; demnach sind die sensitiven Nerven in diesem Ringe sehr wenig ausgebildet. Ventral werden sie durch Zweige des mittlern Nerven des Somits dargestellt, welche beim 9. und bei irgend einem von den seitlichen Längsmuskelbändern eintreten (Taf. 5, Fig. 32); dorsal sind sie durch subcutane Aeste der Zweige des Dorsalnerven gebil- det, welche Zweige im 2. Ringe des Somits in das Integument eindringen. Der mittlere Nerv des Bauchganglions von Protoclepsis tessellata ist im Vergleich mit dem vordern von ganz anderm Charakter (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 35). Derselbe stellt einen sehr mächtigen Nerven vor, welcher nur sensitive Nervenfasern enthält, während motorische ihm ganz fehlen. Er verläuft, anfangend vom 6. ventralen Längsmuskel- band, immer an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur. Nachdem dieser Nerv sich von der Ventral- zur Dorsalseite gewandt hat, entfernt er sich von der Laterallinie des Körpers nur bis zum 4. oder 5. dorsalen Längsmuskelband, wo er sich in die feinsten Zweige auflöst. Von Zellelementen kann man in diesem Nerven zuweilen Ganglienzellen finden; charakteristisch aber erscheint die Anwesenheit eines besondern accessorischen Ganglions. Das Zustandekommen dieses Ganglions geschieht auf folgende Weise: ein Zweig vom mittlern Nerven trennt sich nämlich im Zwischenraum vor dem Längsmuskel- band ab, welcher den intermediären ventralen Längsmuskelstrang enthält; dieser Nervenzweig endet mit einer Gruppe von 3—5 Ganglien- zellen beim Eintritt in das innere Mesenchym des Körpers, und diese stets vorhandene Zellengruppe bildet eben das accessorische Nerven- ganglion. In seinem Verlauf giebt der mittlere sensitive Nerv einige Zweige zu den Sinnesorganen ab, durch deren besondere Entwicklung sich der mittlere Ring des Somits auszeichnet. Ventral nahe der Stelle, wo der Nerv sich den Diagonalmuskeln nähert, sowie auch ein wenig nach aussen vom intermediären Längsmuskelstrang liegen 2 Nervenknospen, welche gut entwickelt und mit besondern Muskelzellen versehen sind, die sich rings um die Knospen am Integument befestigen. Durch 58 N. LIVANOW, Contraction dieser Zellen entstehen die Integumentpapillen, die also am Gipfel mit einer Sinnesknospe versehen sind. Ihre Lage wird von der äussern paramedianen und der intermediären Linie des Körpers bestimmt. Eben solche mit einer Sinnesknospe versehene Papillen be- finden sich auf der äussern Paramarginallinie. Auf der innern Para- marginallinie liegen gut entwickelte Sensillen, welche eben solche papillare Muskelzellen haben. Auf der äussern und innern dorsaien Paramarginallinie kommen eben solche Sensillen vor, welche durch Endzweige des sensitiven Nerven versorgt sind. Einfache Sinnes- knospen befinden sich auf der Laterallinie des Körpers. Ausgenommen die Innervation der Sinnesorgane des 2. Ringes, giebt der sensitive Nerv auch sensitive Zweige in den 1. und 3. Ring des Somits ab. Diese Zweige trennen sich vom Hauptnerven folgender- maassen (Taf. 5, Fig. 32; Taf, 6, Fig. 35): ein Zweig geht zum 3. Ringe noch während des Verlaufs des Nerven in der Längsmusculatur, hieraut 2 Paar weitere Zweige am intermediären Längsmuskelstrang und nicht fern vor der Laterallinie des Körpers, ein Paar auf der einen Seite zum 1. Ring und ein Paar auf der andern Seite zum 3. Ring. Der übrige Abschnitt der Dorsalseite des 2. Ringes ist vom Dorsalnerven des Somits innervirt. Seine 2 Zweige verlaufen durch die Dorsallängsmusculatur zu den gut entwickelten, mit papillären Muskelzellen versehenen Sensillen auf der intermediären und der äussern paramedianen Linie. Auf der innern Paramedianlinie liegt eine Sinnesknospe, welche auch von Muskelzellen umgeben ist und durch einen besondern Zweig des Dorsalnerven versorgt wird. Aehn- liche schwach entwickelte Knospen kann man auch nach innen und aussen von der intermediären Linie finden, welche von Nerven- zweigen auf der intermediären und der äussern paramedianen Linie innervirt werden. Folglich sehen wir, dass die Lage der wichtigen Sinnesorgane von Protoclepsis tessellata unbedingt durch dieselben Linien des Körpers bestimmt wird, welche schon früher für die Hirudiniden festgestellt waren. Obgleich der hintere Nerv des Bauchganglions von Protoclepsis tessellata bei seiner Abtrennung von mittlerer Grösse erscheint, wird er in seiner Mächtigkeit, nachdem der Dorsalnerv des Somits sich von ihm beim Eintritt in das innere Mesenchym des Körpers aufgetheilt hat, doch dem vordern Ringnerven gleich (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 36). Immer an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur verlaufend, lenkt er von der Ventral- zur Dorsalseite ab, und hier vereinigt er Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 59 sich in der Medianlinie des Körpers mit dem entsprechenden Nerven der andern Seite, d. h. er stellt, wie der vordere Nerv des Somits, einen Ringnerven dar. Doch weicht der hintere Ringnerv in seiner Beziehung zu den Längsmuskelsträngen sehr bedeutend vom vordern ab. Er durch- kreuzt unmittelbar nur die Hauptstränge — den äussern paramedianen ventralen, den lateralen, den intermediären und den innern paramedianen dorsalen. In seinem histologischen Verhalten zu den Muskelzellen der Längsstränge unterscheidet er sich von den Beziehungen des vordern Ringnerven hauptsächlich dadurch, dass die circuläre Muskelfaser, welche den vordern Ringnerven begleitet, hier ganz fehlt (Taf. 3, Fig. 20). Sich dem Längsmuskelstrang nähernd, flacht der hintere Nerv sich ab und wird zugleich breiter. Mit diesem abgeflachten und verbreiterten Abschnitt liegt er der Muskelfaser des Längsstranges an, wobei letzterer nach vorn und hinten vom Nerven viele kleine Aeste abgiebt, die in den abgeflachten und verbreiterten Abschnitt des Nerven eintreten, auf diese Weise eine Art Verbindung zwischen Ringnerven und Längsstrang bildend. Den Durchkreuzungsstellen entsprechend, finden wir am hintern Ringnerven die Nervenzellen der grossen Nervenschläuche (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 36). Eine unipolare Nervenzelle liegt ventral nach aussen vom äussern paramedianen Längsmuskelstrang, getrennt von letzterm durch ein Längsmuskelband; ihr Fortsatz verläuft zum bezeichneten Längsstrang. Eine eben solche unipolare Zelle, dem lateralen Strang an- gehörig, befindet sich auf dem Ringnerven dorsal vom lateralen Strang, getrennt von diesem durch ein Längsmuskelband (Taf. 3, Fig. 21). End- lich findet sich auch für den innern paramedianen Längsstrang eine uni- polare Nervenzelle, median von ihm gelegen und durch ein Längsmuskel- band von ihm getrennt (Taf. 3, Fig. 19). Jedoch verlässt der Fortsatz dieser Zelle den Ringnerven und tritt in den sich hier mit ihm vereini- genden Zweig des Dorsalnerven ein. Zuweilen kann man auf dem Ring- nerven eine unipolare Nervenzelle für den intermediären dorsalen Längs- muskelstrang bemerken, doch ist sie gewöhnlich schwach ausgebildet und findet sich nicht immer vor. Sie liegt ein wenig median von ihrem Längsstrang. Die Verbindung des hintern Ringnerven mit dem inter- mediären ventralen Längsmuskelstrang ist nur selten zu beobachten. Mit den Längssträngen, welche längs den andern Linien verlaufen, steht der hintere Ringnerv in keiner Verbindung. Der einzige grosse Nervenzweig vom hintern Ringnerven des Somits theilt sich von ihm bei seinem Eintritt an der Grenze der 60 N. LIVANOW, Längs- und Diagonalmusculatur ab, und während der Ringnerv selbst Anfangs im vordern Abschnitt des 3. Ringes verläuft, zieht der be- zeichnete Nervenzweig im hintern Abschnitt desselben Ringes parallel dem Ringnerven (Taf. 5, Fig. 32). Er endet hinter dem intermediären Längsmuskelstrang, getrennt von diesem durch 2 oder 3 Längsmuskel- bänder, und stellt gleichsam eine Ergänzung des Ringnerven vor, durch welche der letztere mit den beiden ventralen Hauptsträngen in Ver- bindung steht. Dem beschriebenen Nervenzweig liegt eine unipolare Nervenzelle an mit Tförmig sich verzweigendem Fortsatz, dessen Aeste zu beiden ventralen Hauptsträngen hinziehen, wobei das histo- logische Bild der Durchkreuzung mit dem schon für den hintern Ring- nerven beschriebenen identisch ist. Es sei nun bemerkt, dass der distale Fortsatz der Nervenzelle, welcher zum intermediären Strange zieht, gewöhnlich sehr schwach entwickelt erscheint, ebenso wie der Nervenzweig selbst hinter diesem Strange sehr fein ist. Dagegen ist der proximale Fortsatz derselben Zelle gut entwickelt. Eine sehr wichtige Aehnlichkeit des hintern Ringnerven mit dem vordern stellt seine rein motorische Zusammensetzung dar, ausge- nommen die grossen Nervenschläuche. Er sendet Zweige zu den Längsmuskeln in seinem ganzen Verlauf, und man kann hier, natürlich auf gut gelungenen Präparaten, an jeder Zelle der Längsmusculatur motorische Nervenendigungen sehen, welche in der Ringsrichtung des hintern Ringnerven gelagert sind. Dennoch trägt der 3. Ring des Somits in seinem Integument ziemlich viele und gut entwickelte Sinnesknospen (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 36): dorsal auf der innern und der äussern paramedianen Linie, auf der intermediären, nach innen und nach aussen von der letztern und auf der innern und der äussern paramarginalen; lateral auf der Lateral- linie; ventral auf der äussern und der innern paramarginalen und auf der intermediären Linie. Alle diese Sinnesknospen, ausgenommen die lateralen und die äussern paramarginalen, sowohl ventralen als auch dorsalen, sind mit Muskelzellen versehen, welche rings um sie Bogen bilden und die Ausbildung der Papillen bedingen. Die sensitiven Zweige zu den Sinnesorganen des 3. Ringes theilen sich nicht vom hintern Ringnerven, sondern vom mittlern Nerven des Somits ventral und vom Dorsalnerven dorsal ab. Wie schon oben beschrieben, treten die Zweige des sensitiven Nerven in den 3. Ring am 6. und 9. ventralen und nahe dem lateralen Längsmuskelband ein, wobei der letztere dieser Zweige mit dem Ringnerven in keiner Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 61 Verbindung steht. Ebenso existirt nur eine sehr schwache Ver- bindung, wenn sie überhaupt da ist, zwischen dem hintern Ring- nerven und den Zweigen des Dorsalnerven, welche in das Integument des 3. Ringes am 3. Längsmuskelband (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) und nahe dem innern paramedianen und dem inter- mediären Längsmuskelstrang eindringen. Vergleichen wir nun die hier beschriebenen Beziehungen des hintern Ringnerven des Somits von Protoclepsis tessellata mit den Be- ziehungen, die wir bei den Hirudiniden gefunden haben, so kann man nicht nur eine augenscheinliche Aehnlichkeit bemerken, sondern auch ferner, dass Protoclepsis tessellata einen primitiven Typus darstellt, von welchem als Ausgangspunkt die complieirtern Beziehungen der Hirudiniden leicht abgeleitet werden können. Bei Protoclepsis tessellata finden wir noch keine Andeutung der Nervenschlinge des hintern Ring- nerven der Hirudiniden. Dieser Nerv erscheint als ein einfacher Ring- nerv, welcher in oben angegebener Beziehung dem vordern Ringnerven ähnlich ist. Der Zweig zu den ventralen Längsmuskelsträngen bei Protoclepsis tessellata hat keinen so ausschliesslich differenzirten Charakter, wie es bei den Hirudiniden der Fall ist, und verläuft nach der Durchkreuzung mit dem intermediären Längsstrang weiter. Die Beziehungen der Nervenzellen des hintern Ringnerven und seines Zweiges bei Protoclepsis tessellata sind dieselben wie bei den Hirudi- niden, doch zeigt uns die Unbeständigkeit der Nervenzelle vom dor- salen intermediären Strang und die schwache Ausbildung der Ver- einigung mit dem intermediären ventralen Strang ganz deutlich, dass die Vereinigung mit diesen Strängen entweder noch nicht entwickelt ist oder dass sie schon im Verschwinden ist. Dasselbe deutet auch die schwache Differenzirung der bezeichneten Stränge im Vergleich mit den übrigen Hauptsträngen an. Die Frage über die Abstammung des Zweiges zu den ventralen Längssträngen ist durch die bei Proto- clepsis tessellata vorgefundenen Thatsachen nicht zu lösen. Um die Beschreibung des Neurosomits von Protoclepsis tessellata zu vollenden, bedarf es noch der Angaben über die Beziehungen des Dorsalnerven, obgleich der letztere in seinen Hauptzweigen schon bei- läufig oben dargestellt worden ist (Taf. 5, Fig. 32; Taf. 6, Fig. 35 u. 36). Nachdem der Dorsalnerv sich vom hintern Nerven des Somits abgetheilt hat, verläuft er, sich im 2. Ringe zur Dorsalseite erhebend, im innern Mesenchym zwischen dem Centralabschnitt und den blinden Aus- sackungen des Darmes. Auf diesem Wege giebt er nur kleine Nerven- 62 N. LIVANOW, äste, vermuthlich zu den dorso-ventralen Muskeln ab. Unter der dor- salen Längsmusculatur theilt sich der Dorsalnerv in seine Hauptzweige. Anfangs geht ein Zweig ab, welcher zur intermediären Linie des Körpers in den 3. Ring des Somits zieht, darauf ein weiterer Zweig in denselben Ring, jedoch zur äussern paramedianen Linie. Letzterer giebt schon im 3. Ringe einen Ast unmittelbar unter den Längsmuskel- bändern zum 3. Muskelband, d. h. zur innern Paramedianlinie ab. Der nach Abtheilung der Zweige des 3. Ringes übrig bleibende Dorsal- nerv theilt sich in 2 Aeste. Der eine von ihnen verläuft zur inter- mediären Linie des Körpers, der andere setzt seinen Weg in früherer Richtung fort und dringt in das Integument an der äussern Para- medianlinie ein, wo er noch einen Zweig zur innern Paramedianlinie unter den Längsmuskeln sendet. Wir sehen also, dass der Dorsalnerv im innern Mesenchym des Körpers keine besondern Zweige in den 1. Ring des Somits schickt, und, wenn solche Zweige existiren, dass es Integumentzweige sind, die sich von den Aesten des 2. Ringes abtrennen. Der 1. Ring des Somits ist nun in Betreff seiner sensitiven Nerven dem 2. und 3. Ringe nicht gleich, denn er erscheint vom 2. Ringe abhängig. Diese That- sache ergiebt den Nachweis, das der 1. Ring in phyletischer Beziehung eine engere Verbindung mit dem 2. Ring darstellt und wahrscheinlich nur durch Abtheilung des vordern Abschnitts vom 2. Ring ent- standen ist. Bei Protoclepsis tessellata ist es in Folge der hier vorhandenen, relativ einfachen Beziehungen ziemlich leicht, den Grundbauplan des Neurosomits zu reconstruiren, welcher sich bei den Hirudiniden schon viel schwerer ermitteln lässt. Das Neurosomit von Protoclepsis tessellata wird von 2 motorischen Nerven gebildet, dem vordern und hintern Ringnerven, welche alle Längsmuskeln des Somits entsprechend den beiden Ringgebieten inner- viren, sowie von 2 sensitiven Nerven, nämlich dem mittlern Nerven des Somits, welcher die Ventralregion versorgt, und dem Dorsalnerven desselben. Die sensitiven Nerven versorgen die verschiedenen Ringe des Somits mit ihren Zweigen entweder unmittelbar oder unter Ver- mittlung der Ringnerven. Zu diesem Zwecke dient die unmittelbare Verbindung des vordern und mittlern Nerven im ersten Abschnitt ihres Verlaufs oder die Verbindung zwischen denselben durch den Ast, welcher im innern Mesenchym des Körpers verläuft, sowie der Zweig vom mittlern Nerven zum hintern, welcher noch vor Eintritt des Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen, 65 Nerven in die Längsmusculatur beginnt und an der äussern Grenze der letztern endet. C. Wnırman (1892) beschreibt eben solche Beziehungen der mo- torischen und sensitiven Nerven für Glossosiphonia (Clepsine) hollensis Wurrm., doch für den Begriff vom Neurosomit sind sie ungenügend bearbeitet, Vergleichen wir nun mit diesen Befunden bei Protoclepsis tessellata die Thatsachen, die sich bei den Hirudiniden ergeben haben, so finden wir bei den letztern denselben Bauplan, nämlich 2 hauptsächlich mo- torische Ringnerven im vordern und hintern Abschnitt des Somits und 2 sensitive Nerven, einen ventralen, den mittlern Nerven des Somits, und einen dorsalen, den Dorsalnerven des Somits. Die Beziehungen von Protoclepsis tessellata und den Hirudiniden sind, was die Innerva- tion der Rückenseite anbetrifft, fast gleich, während die Verhältnisse auf der Bauchseite anders beschaffen sind. Bei den Hirudiniden finden wir eine Complication in so fern, als die sensitiven Bündel sowohl im vordern als auch im hintern Ringnerven eingelagert sind und haupt- sächlich von den Zweigen des sensitiven Nerven her stammen, Der vordere Ringnerv erhält ebenfalls solche Bündel dadurch, dass er auf einer gewissen Strecke seines Verlaufs mit dem mittlern Nerven ver- einigt ist. Am hintern Ringnerven kann als Beweis für den Besitz eines sensitiven Verbindungszweiges gelten, dass er einen Vereinigungs- ast noch im innern Mesenchym des Körpers vom mittlern Nerven er- hält. Dieser Ast ist einem gleichen Zweige von Protoclepsis tessellata homolog, der nur ein wenig weiter gelegen ist. Fast bei allen übrigen Vertretern dieser Gattung, nämlich bei Protoclepsis meyeri, Protoclepsis garjaewi und Protoclepsis mollissima, habe ich das Neurosomit ebenso eingehend wie bei Protoclepsis tessel- lata untersucht und überall eine grosse Einförmigkeit in seiner Zu- sammensetzung vorgefunden. Den Unterschied in der Lage der Nervenknospen und Sensillen, welche nur rein systematische Bedeutung hat, bei Seite lassend, will ich nur zwei Kategorien von Thatsachen anführen, die einige Schwankungen je nach den Arten darbieten. So finden sich bei allen Arten geringe Abweichungen von der für Proto- clepsis tessellata gekennzeichneten Lage der Kerne in den Längsmuskel- strangen, ausgenommen die Hauptstränge, wo die Kerne immer im vordern Abschnitt des 1. Ringes, nahe an der Grenze zwischen den- selben und dem 3. Ringe des vorhergehenden Somits, gelegen sind. In den übrigen Strängen, den ventralen innern paramedianen und innern und äussern paramarginalen, sowie in den dorsalen äussern 64 N. LIVANOW, paramedianen und innern und äussern paramarginalen, ist dieses Ver- halten kein beständiges. Bei Protoclepsis garjaewi z. B. liegen die Kerne aller dieser ventralen Stränge im 3. Ringe, näher oder weiter der Grenze des letztern mit den benachbarten Ringen. Die Kerne der beiden paramarginalen dorsalen Stränge befinden sich im 1. Ringe, während der Kern des äussern paramedianen dorsalen Stranges im 3. Ringe des Somits liegt. Bei dieser Art, Protoclepsis garjaewi, die noch einige andere primitive Merkmale besitzt, hat sich auch eine mehr ausgeprägte Gleichförmigkeit der Lage der Kerne aller Längsmuskel- stränge erhalten, was bei Protoclepsis tessellata schon weit weniger bemerkbar ist. In der Regel befinden sich die Kerne der Längs- muskelstränge nahe der Grenze der 2 benachbarten Somite und fehlen im mittlern Ringe ganz. Doch können die Kerne von der bezeich- neten Grenze in beliebiger Richtung verschoben sein. Eine andere Erscheinung, welche ich bei der Beschreibung von Protoclepsis tessellata nicht erwähnt habe, ist das Vorhandensein von Gliazellen sowohl im mittlern als auch im hintern Nerven des Somits an der Stelle des Austritts desselben aus dem Ganglion. Bei Proto- clepsis meyeri, wo die Gliazellen besonders scharf ausgeprägt sind, liegt eine jede solche Zelle über dem 3. ventralen Längsmuskelband, wobei sie ähnlich den Muskel- und Connectivzellen von Protoclepsis 2 Kerne enthält. Bei Protoclepsis mollissima befindet sich die Glia- zelle des hintern Nerven gerade dort, wo der Dorsalnerv sich abtheilt, dagegen liegt die Gliazelle des mittlern Nerven näher zum Ganglion über dem 3. Längsmuskelband, ebenso wie es bei Protoclepsis meyeri der Fall ist. Protoclopsis garjaewi weist die interessante Eigenthüm- lichkeit auf, dass beide bezeichneten Zellen einkernig sind und vom Ganglion gleich weit entfernt, nämlich über dem 4. Längsmuskelband liegen. Folglich liegt diese Zelle beim hintern Nerven nahe der Aus- trittstelle des Dorsalnerven. Auf diese Erscheinung werde ich noch bei der Beschreibung des Neurosomits von Glossosiphonia zurück- kommen. Wenden wir uns nun zur Gattung Glossosiphonia. Der Centralabschnitt des Neurosomits, das Bauchganglion, hat bei den von mir untersuchten Arten Glossosiphonia concolor APATHY, Gl. complanata L. und Gl. stagnalis L. fast keine Abweichungen vom Typus Protoclepsis aufzuweisen. Nur bei Glossosiphonia complanata ist zwischen den Quernervenbündeln einer- und den Connectivstämmen Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 65 andererseits ein Hohlraum vorhanden, welcher dem beschriebenen pyra- midenartigen Raum der Hirudiniden ähnlich ist. In den seitlichen Connectivstämmen der Bauchkette befinden sich bekanntlich in jedem 2 Connectivzellen, obgleich eine solche Duplicität, wie sie für Protoclepsis sowohl in Hinsicht der Connectivzellen als auch aller Muskelzellen charakteristisch ist, bei Glossosiphonia ausser in den Connectivstämmen sonst nirgends ausgeprägt erscheint. Die Muskelzellen der Glossosiphonien sind gewöhnliche, nach dem Hiru- dineentypus gebildete Zellen und enthalten nur einen Kern. Von den 3 bezeichneten Glossosiphonia-Arten finden wir die primitivsten Structurverhältnisse des Neurosomits bei Glossosiphonia concolor, und deswegen will ich diese Art meiner weitern Beschreibung und Vergleichung zu Grunde legen. Vom Bauchganglion von Glossosiphonia concolor entspringen je 3 Nervenwurzeln auf jeder Seite. Die vordere von ihnen, welche von unten aus zum vordern Seitenpacket hervortritt, ist ein kleiner Nerv, der sich sehr bald mit der mittlern Nervenwurzel des Ganglions ver- einigt. Die letztere, welche zum vordern Seitenpacket von hinten aus vorrückt, zeichnet sich durch ihre besondere Mächtigkeit aus. Auch die hintere Wurzel stellt einen mächtigen Nerven vor, welcher sich zum hintern Seitenpacket von vorn aus vorschiebt. Beide Nerven des Bauchganglions von Glossosiphonia concolor sind von einer allgemeinen Neurilemmscheide umhüllt. Innerhalb dieser behalten sie jedoch ihre Selbständigkeit bei, und nachdem sie den Neuralsinus des Cöloms durchsetzt haben, verlaufen beide Nerven im innern Mesenchym des Körpers schon unabhängig von einander weiter. Ueber dem 4. ventralen Längsmuskelband befindet sich eine schwache Anastomose zwischen dem vordern und hintern Nerven. An der Abtrittsstelle der Anastomose vom vordern Nerven ist gewöhnlich eine grosse Gliazelle vorhanden, deren Körper theils auf dem vordern Nerven, theils auf der Anastomose gelegen ist; in andern Fällen liegt der ganze Zellkörper auf dem Anastomosenzweig oder endlich theil- weise auch auf dem hintern Nerven. Auf diese Weise sind die Glia- zellen, welche sich bei Protoclepsis garjaewi auf dem mittlern und hintern Nerven je in der Einzahl befinden, bei Glossosiphonia concolor durch eine einzige mächtige Zelle ersetzt, die auf dem Anastomosen- zweige liegt. Hinter der Anastomose gehen die beiden Nerven aus einander. Hier giebt der vordere Nerv einen Zweig ab, welcher darauf in den 1. Ring des Somits eindringt, nach aussen vom 6. ventralen Zool. Jahrb. XIX, Abth, f. Morph, 5 66 N. LIVANOW, Längsmuskelband die Längsmusculatur durchsetzt und weiter an der Grenze zwischen den Längs- und Diagonalmuskeln verläuft. Dieser rein motorische Nervenzweig bildet den vordern Ringnerven des Somits, indem er sich mit dem entsprechenden Nerven der andern Seite dorsal vereinigt. In seinem Verlauf an der Grenze der Längs- und Diagonal- musculatur ist dieser Nerv von einer Muskelzelle begleitet, doch er- scheint die letztere von ihm ganz unabhängig und verlässt ihn am 6. ventralen Längsmuskelband, um, in der frühern Richtung verlaufend, auf der ventralen Medianlinie mit der entsprechenden Muskelzelle der andern Seite sich zu begegnen und auf diese Weise einen vollen Muskel- ring zu bilden. Der vordere Ringnerv des Somits von Glossosiphonia concolor durchkreuzt 5 ventrale, einen lateralen und 5 dorsale Längs- muskelstränge auf typische Weise, wie es für Protoclepsis tessellata beschrieben worden ist. Von den Längsmuskelsträngen sind der äussere paramediane ven- trale, der laterale und der innere paramediane dorsale Strang scharf individualisirt, indem sie gesondert von den Längsmuskelbändern liegen. Dagegen sind die übrigen Längsstränge nicht derartig ausge- prägt und wie die gewöhnlichen Muskelzellen in den Längsmuskel- bändern eingelagert. Die Kerne der Hauptstränge, d. h. des äussern paramedianen und des intermediären ventral, des lateralen lateral und des innern para- medianen und des intermediären Längsmuskelstranges dorsal, befinden sich streng metamer im 1. Ring des Somits nahe seiner Grenze gegen den 3. Ring des vorhergehenden Somits. Die Kerne der übrigen Längsmuskelstränge, d. h. des innern paramedianen, des innern und des äussern paramarginalen ventral, des äussern paramarginalen und des äussern paramedianen Strangs dorsal, sind im 3. Ring nahe seiner Grenze gegen den 1. Ring des folgenden Somits gelegen; am innern paramarginalen dorsalen Strange beobachtete ich die Kerne nur im 1. Ring des Somits. Die Nervenzellen der grossen Nervenschläuche liegen am vordern Ringnerven folgendermaassen: eine bipolare Zelle median vom inter- mediären ventralen Längsmuskelstrang, eine andere bipolare Zelle zu- sammen mit dem den Kern enthaltenden Körper der den vordern Ringnerv begleitenden Muskelzelle lateral vom innern paramarginalen dorsalen Längsmuskelstrang und endlich eine unipolare Nervenzelle median vom innern paramedianen dorsalen Strang, getrennt von letzterm durch ein Längsmuskelband. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen, 67 Auf diese Weise sehen wir, dass der vordere Ringnerv des Somits von Giossosiphonia concolor sich nur in der Lage der lateralen Nervenzelle und der begleitenden Muskelzelle vom Typus Protoclepsis unterscheidet, in allen übrigen Beziehungen aber ihm durchaus ähn- lich ist. Die Innervation der Sinnesknospen besorgen im 1. Ring des Somits von. Glossosiphonia concolor dorsal diejenigen Nervenzweige, welche vom Dorsalnerven des Somits abstammen, lateral ein Nerven- zweig vom ventralen sensitiven Nerven des 2. Ringes und ventral ein Zweig, welcher sich am 6. Längsmuskelband von demselben Nerven abtheilt und im 1. Ring den intermediären Längsmuskelstrang er- reicht. Nachdem der vordere Ringnerv des Somits sich vom vordern Nerven getrennt hat, setzt der grössere Theil der Nervenfasern des ‘letztern seinen frühern Weg im 2. Ring fort und bildet so den ventralen sensitiven Nerven des Somits. Lateral vom 6. ventralen Längsmuskelband durchdringt dieser Nerv die Längsmuskeln und verläuft weiter an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur. Auf diese Weise erreicht er die Laterallinie des Körpers und wendet sich dann zur Dorsalseite, wo er nahe dem 4. oder 5. Längsmuskelband (von der Laterallinie aus gerechnet) in seine feinsten Endzweige zerfällt. Von diesen Zweigen sind die grössten diejenigen, welche in der Nähe des 6. und 3. Längsmuskel- bandes (von der Laterallinie gerechnet) abgehen und sich zum 1. resp. 3. Ringe begeben. Die Innervation der Dorsalseite des 2. Ringes be- sorgt der Dorsalnerv des Somits, doch werden die Nervenknospen mit den Papillen auf der lateralen, der innern und der äussern paramargi- nalen Linie vom ventralen sensitiven Nerven innervirt. Die vom Dorsalnerven innervirten Sensillen und Sinnesknospen mit den Papillen sind auf der innern und der äussern paramedianen, der intermediären Linie sowie nach innen und nach aussen von der letztern gelegen. Zum Schluss der Beschreibung des ventralen sensitiven Nerven sei bemerkt, dass dieser Nerv vor dem intermediären ventralen Längs- muskelstrang einen geringen Zweig abgiebt, welcher, in das innere Mesenchym des Körpers eintretend, mit einem kleinen, von 4—5 Ganglienzellen gebildeten accessorischen Ganglion endet. Aus dieser Darstellung ergiebt sich, dass der Nerv des 2. Ringes des Somits von Glossosiphonia concolor mit entsprechenden Nerven von Protoclepsis ganz gleichartig ist. 5* 68 N. LIVANOW, Der hintere Nerv des Somits von Glossosiphonia concolor, zu welchem wir nun übergehen, giebt einen mächtigen Zweig, den Dorsal- nerven über dem 5. ventralen Längsmuskelband ab. Diesen Nerven sowie seine Hauptzweige habe ich im Vorhergehenden bereits beiläufig beschrieben, woraus seine volle Gleichartigkeit mit dem Dorsalnerven von Protoclepsis ohne Weiteres ersichtlich ist. Der in seiner Grösse dem vordern Ringnerven gleich kommende hintere Nerv durchdringt die Längsmusculatur lateral vom 6. ven- tralen Längsmuskelband und verläuft weiter an der Grenze der Längs- und Diagonalmuskeln, den hintern motorischen Ringnerven des Somits bildend. Er durchkreuzt auf typische Weise die Hauptlängsmuskel- stränge ventral den äussern paramedianen und den intermediären, lateral den lateralen, dorsal den innern paramedianen und den inter- mediären. Dieser Nerv besitzt 3 unipolare Nervenzellen der grossen Nervenschläuche. Die eine liegt ventral vor dem intermediären Strang, die andere dorsal vor dem innern paramarginalen und die dritte eben- falls dorsal median vom innern paramedianen Strang, von letzterm durch ein Längsmuskelband getrennt. Die sensitiven Nervenzweige, welche sich zu den Sinnesknospen des Integuments des 3. Ringes begeben, theilen sich ventral von den früher beschriebenen Zweigen des mittlern sensitiven Nerven des Somits, dorsal von den Zweigen des Dorsalnerven ab. Der hintere Ringnerv des Somits giebt nur einen ansehnlichen Zweig am 6. ventralen Längsmuskelband ab. Dieser Nervenzweig, im hintern Abschnitt des 3. Ringes ventral verlaufend, durchkreuzt auf typische Weise den äussern paramedianen und den intermediären Längs- muskelstrang und trägt vor dem letztern eine unipolare Nervenzelle. Dieses Verhalten entspricht vollkommen dem Typus Protoclepsis, abgesehen von einer unipolaren Nervenzelle, welche latero-dorsal liegt und im Vergleich mit Protoclepsis sich 2 Längsmuskelbänder weiter von der Laterallinie des Körpers befindet. Von den 2 andern von mir untersuchten Glossosiphonia-Arten unterscheidet sich Glossosiphonia complanata von dem bei Gl. concolor beschriebenen Typus sehr wenig. Die Gliazelle, welche bei Glosso- siphonia concolor dem Anastomosenzweige zwischen dem vordern und hintern Nerven eingebettet ist, liegt bei Gl. complanata so, dass ihr Körper theils auf dem vordern, theils auf dem hintern Nerven sich befindet und der Kern zwischen ihnen eingelagert erscheint. Ich mache hier darauf aufmerksam, dass diese Nerven an dieser Stelle einander sehr nahe liegen. Diese Beziehungen erinnern lebhaft an Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen, 69 die Lrypia’schen Zellen der Hirudiniden. Ausserdem ist die Lage der Nervenzellen nahe dem lateralen Längsmuskelstrang sowohl im vordern als auch im hintern Ringnerven eine etwas unbeständige; oft befinden sie sich lateral vom äussern paramarginalen Strang. Dem entsprechend ist die Lage des Zellkörpers der circulären Muskelfaser, welche den vordern Ringnerven begleitet, ebenso unbeständig; sie befindet sich nämlich zuweilen nicht lateral vom innern paramarginalen Längs- muskelstrang, sondern gleich medianwärts +). Glossosiphonia stagnalis L. stellt im Bau des Neurosomits einen höher entwickelten Typus dar. Sowohl der vordere als auch der hintere Ringnerv sind wie bei Glossosiphonia concolor gebildet, doch liegt der Zellkörper der circulären Muskelfaser am vordern Ringnerven gewöhnlich gleich medianwärts vom innern paramarginalen Längs- muskelstrang, d.h. so, wie es zuweilen bei Glossosiphonia complanata der Fall ist; und ausserdem befinden sich die Nervenzellen der grossen Nervenschläuche bei den lateralen Muskelsträngen lateral vom äussern paramarginalen Strang sowie bei Glossosiphonia complanata. Die Lage der ventralen paramarginalen Längsmuskelstränge von Glossosiphonia stagnalis erscheint ein wenig abweichend, da die Zahl der Längs- muskelbänder verringert ist (Taf. 6, Fig. 37); es sind nämlich vom lateralen Band bis zum intermediären Strang deren 8 vorhanden. Der äussere paramarginale Längsmuskelstrang liegt im 2. Längsmuskelband (von der Seite gerechnet) und der innere im 5. Band (auch von der Seite gerechnet). Als wichtigste Abweichung erscheint nun der Verlauf des ventralen sensitiven Nerven des 2. Ringes; er verläuft nämlich bis zur Late- rallinie im innern Mesenchym des Körpers unmittelbar über den ventralen Längsmuskeln, d. h. im Vergleich sowohl mit Protoclepsis als auch mit Glossosiphonia concolor und Gl. complanata auf einem kürzern Wege (Taf. 6, Fig. 37). In diesem Abschnitt seines Verlaufs 1) Glossosiphonia concolor ApAruy ist ihrem innern Bau nach von Glossosiphonia complanata L. leicht als besondere Art oder Varietät unterscheidbar. Bei der letztern sind die Papillen auf der äussern paramedianen Linie des 2. Ringes des Somits ausserordentlich mächtig entwickelt, und die Zahl der Längsmuskelbänder ist bei dieser Form dadurch vermehrt, dass die lateralen Längsmuskelbänder, welche bei Glossosiphonia concolor nur von 1 oder 2 Muskelzellen gebildet sind, hier ansehnliche Muskelbänder darstellen und nach aussen von ihnen sich noch schwach differenzirte Längsmuskelbündel vorfinden. In dieser Beziehung erscheinen die Formen von Baikalsee als Uebergang zwischen den typischen Gl. complanata und Gl. concolor. 70 N. LIVANOW, giebt der sensitive Nerv einige Zweige zum Integument seines und der beiden angrenzenden Ringe: am 6. Längsmuskelbande (von der Medianlinie des Körpers gerechnet) dort, wo die Ringnerven die Längsmusculatur durchdringen, am Muskelband gleich lateral vom intermediären Strang dort, wo bei Glossosiphonia stagnalis der Aus- führungsgang der Nephridien sich befindet, und endlich vor dem Muskel- band, welches den äussern paramarginalen Längsmuskelstrang enthält. In die Grenze zwischen der Längs- und Diagonalmusculatur tritt der sensitive Nerv des 2. Ringes des Somits unter dem seitlichen ventralen Längsmuskelband ein, wo er je einen Zweig in den 1. und 3. Ring entsendet, während er selbst zur Dorsalseite sich richtet. Hier zer- fällt er in seine feinsten Endzweige am 4. oder 5. Längsmuskelband (von der Laterallinie des Körpers gerechnet). Dieser Verlauf des ventralen sensitiven Nerven, welcher somit bei Glossosiphonia stagnalis verkürzt erscheint, liefert eine Parallele zu derjenigen Erscheinung, die wir für die Hirudiniden beschrieben haben. Aber dies hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Innervation, da alle Integumentszweige dieses Abschnitts erhalten bleiben. Bei Glossosiphonia stagnalis kommt auch der von uns bei allen untersuchten Arten beschriebene Nerven- zweig vor, welcher das accessorische Ganglion trägt. Dieser Zweig theilt sich vom sensitiven ventralen Nerven hinter dem äussern para- medianen Längsmuskelstrang ab und erscheint nur ein wenig kürzer als bei den übrigen Glossosiphonia-Arten. Das Ganglion selbst ist von 4—5 Ganglienzellen gebildet. So sehen wir also, dass zwischen den Gattungen Glossosiphonia und Protoclepsis, welche in ihrer Organisation überhaupt einander nahe stehen, solche Arten, wie Glossosiphonia concolor und Gl. complanata in Bezug auf den Bestand des Neurosomits den Uebergang vermitteln. Doch können wir in den Grenzen dieser Gattung auf eine Complication im Bau des Neurosomits hinweisen, wie es für Glossosiphonia stagnalis beschrieben worden ist. Die dritte bei uns vorhandene Gattung der Glossosiphoniden ist Hemiclepsis mit einem einzigen Vertreter Hemiclepsis marginata O. F. MÜLLER, 1774, deren Neurosomit ich ebenfalls eingehend untersucht habe. Ihr Bauchganglion ist dem Typus der schon beschriebenen Glosso- siphoniden ganz ähnlich. Jedoch im Gegensatz zu allen übrigen Arten dieser Familie hat Hemiclepsis marginata in jedem Connectivstamm zwischen 2 benachbarten Ganglien nur eine einzige, bloss mit einem Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 74 Kern versehene Connectivzelle, und dies nähert die bezeichnete Art der andern Familie der Rhynchobdelliden, nämlich den Ichthyobdelliden. Die letztern, die in jedem Connectivstamm auch nur eine einzige Con- nectivzelle besitzen, weisen ausserdem auch eine Uebereinstimmung im Bau vieler Muskelzellen, nämlich der Ring-, Diagonal- und Dorsoventral- muskeln auf. Diese Gleichheit erscheint mir als der Ausdruck näherer verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen den besagten Hirudineen. Die dorso-ventrale und meist auch die circuläre und diagonale Musculatur von Hemiclepsis marginata wird von Zellen gebildet, welche gemäss dem allgemeinen Hirudineentypus peripher die contractil- fibrilläre Schicht und central das Plasma haben. Doch fehlt die contractile Schicht an demjenigen Abschnitt ihres Zellkörpers, welcher den Kern (in den diagonalen Muskeln 2 Kerne) enthält, auf der einen Hälfte der Peripherie, so dass das Plasma als eine nackte halbkuglige Masse über dem glatten Zellcontour hervorragt, wo im Centrum der Kern liegt. Aehnliche Zellen erwähnten wir schon mehr- mals im Vorhergehenden, da nämlich die Muskelzellen der Längsstränge bei allen bereits besprochenen Hirudineen einen mehr oder weniger ausgeprägten ähnlichen Charakter aufweisen. Denselben Typus zeigen meist auch die den vordern Ringnerven begleitenden Muskelzellen. Wenden wir uns nun zur Beschreibung des Neurosomits von Hemiclepsis marginata. Wie bei allen Glossosiphoniden theilen sich vom Bauchganglion 3 Nervenwurzeln nach jeder Seite ab. Die schwach entwickelte vordere Wurzel verschmilzt sofort nach ihrem Austritt mit der grossen mittlern, so dass auf diese Weise ein sehr mächtiger vorderer Nerv des Somits zu Stande kommt. Der hintere Nerv bildet sich auf Kosten der Fasern der gut entwickelten hintern Wurzel. Der, weitere Verlauf der Nerven ist dem für Protoclepsis be- schriebenen ganz ähnlich. Ein geringer Nervenzweig, welcher sich über dem 5. ventralen Lärngsmuskelband vom vordern Nerven abtheilt, tritt in den 1. Ring des Somits ein und stellt seinen motorischen vordern Ringnerven vor. Er durchkreuzt die Längsmuskelstränge auf die für Glossosiphoniden typische Weise. Von diesen Strängen liegt nur der äussere paramediane ventrale, der laterale und der innere paramediane dorsale Strang von der übrigen Längsmusculatur etwas entfernt. Die Kerne dieser Stränge befinden sich im 1. Ring des Somits nahe der Furche zwischen ihm und dem 3. Ring des vorher- gehenden Somits. Der intermediäre ventrale sowie dorsale Längs- strang, welcher seinen Kern ähnlich den eben beschriebenen im 1. Ring hat, erscheint schon in den Längsmuskelbändern eingelagert. Ebenso 72 N. LIVANOW, liegen der innere paramediane ventrale, der äussere paramediane und beide paramarginalen dorsalen Stränge, welche alle die ihnen ange- hörigen Kerne im 3. Ring des Somits haben, sowie die beiden para- marginalen ventralen mit den Kernen im 2. Ring. Der vordere Ringnerv ist von einer circulären Muskelfaser be- gleitet, deren kernhaltiger Körper über dem Längsmuskelband zwischen den beiden paramarginalen dorsalen Längssträugen eingelagert ist. Der bezeichnete Nerv trägt gewöhnlich eine bipolare Nervenzelle des grossen Nervenschlauchs vor dem intermediären ventralen Längs- muskelstrang, eine andere eben solche lateral vom äussern paramargi- nalen dorsalen und eine unipolare Nervenzelle median vom innern paramedianen dorsalen Längsstrang. So sehen wir, dass die Nerven- zellen ihrer Ausbildung und Lage nach dem Protoclepsis-Typus ähn- lich sind, während der Zellkörper der den vordern Ringnerven be- gleitenden Muskelfaser ein wenig anders gelegen ist. Die sensitiven Nervenzweige des 1. Ringes des Somits werden, wie es früher für die übrigen Glossosiphoniden beschrieben worden ist, ventral und lateral vom sensitiven Nerven des 2. Ringes, dorsal vom Dorsalnerven geliefert. Der sensitive ventrale Nerv des 2. Ringes des Somits verläuft an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur ähnlich wie bei den Protoclepsinen, Glossosiphonia concolor und Gl. complanata. Auf einem kleinen Nervenzweige trägt er ein acces- sorisches Nervenganglion von 4—5 Ganglienzellen, welches sich nahe dem innern Mesenchym des Körpers vor dem intermediären Längs- muskelstrang befindet. Die ventral auf den gewöhnlichen Körperlinien gelegenen kleinen Sinnesknospen und eine auf der innern paramarginalen Linie gelegene, gut ausgebildete Sensille werden von Zweigen des bezeichneten Nerven innervirt. Dorso-lateral versorgt er mit seinen Nervenfasern eine sehr grosse Sinnesknospe, die dorsalwärts von der Laterallinie liegt und wahrscheinlich zwei verschmolzenen Nervenknospen der innern und der äussern Paramarginallinie entspricht. Eine gut entwickelte Sensille auf der intermediären dorsalen Linie und eine Sinnesknospe auf der äussern paramedianen sowie die Knospen mit den Papillen zwischen diesen Linien und die Sinnesknospe auf der innern paramedianen Linie werden von 3 Zweigen versorgt, welche der Dorsalnerv des Somits in den 2. Ring sendet. Der hintere Nerv des Somits von Hemiclepsis marginata bildet, nachdem er über dem 5. ventralen Längsmuskelband einen mächtigen sensitiven Zweig, den Dorsalnerven des Somits, abgegeben hat, einen für Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 73 die Glossosiphoniden typischen hintern motorischen Ringnerven. Er durchkreuzt die Hauptlängsmuskelstränge und zwar ventral den äussern paramedianen und den intermediären, lateral den lateralen und dorsal den innern paramedianen und den intermediären Strang; doch ist die Durchkreuzung mit dem intermediären ventralen Strang gewöhnlich sehr schwach und kaum erkennbar ausgebildet oder fehlt zuweilen ganz. Der Nervenzweig des hintern Abschnitts des 3. Ringes, welcher sich vom hintern Ringnerven zur Durchkreuzung mit den ventralen Längssträngen abtheilt, durchkreuzt in vielen Fällen den intermediären Strang nicht, indem er sich nur mit dem äussern paramedianen in Verbindung setzt und endet vor jenem mit einer unipolaren Nerven- zelle der grossen Nervenschläuche; zuweilen jedoch giebt er zum inter- mediären Längsstrang ein unbedeutendes Nervenbündel ab. Auf dem hintern Ringnerven liegen 3 unipolare Nervenzellen der grossen Nerven- schläuche, die eine median vom intermediären ventralen Längsmuskel- strang, die zweite lateral vom äussern paramarginalen dorsalen und die dritte median vom innern paramedianen dorsalen Strang, getrennt von ihm durch ein Längsmuskelband. Zuweilen befindet sich eine eben solche Zelle median vom intermediären dorsalen Strang, ebenfalls von letzterm durch ein Längsmuskelband getrennt. Volle Identität mit Protoclepsis finden wir in Betreff der Inner- vation der Sinnesknospen im 3. Ring des Somits von Hemiclepsis marginata, welche ventral und lateral von den Zweigen des ventralen sensitiven Nerven des 2. Ringes, dorsal aber von den Zweigen des Dorsalnerven des Somits besorgt wird. Auf solche Weise weicht das Neurosomit bei Hemiclepsis von demjenigen bei Protoclepsis und Glosso- siphonia fast gar nicht ab. Von Ichthyobdelliden standen mir nur wenige Vertreter zu Gebote; daher kann ich nur mittheilen, dass auch diese Hirudineen in jedem Somit 2 motorische Ringnerven aufweisen, welche die gewöhnlichen Längsmuskelstränge durchkreuzen und ebenso 2 sensitive Nerven be- sitzen, einen ventralen und einen dorsalen. Wenden wir uns nun zur 2. Familie der bei uns vertretenen Gnathobdelliden, den Herpobdelliden. Hier begegnen wir einigen interessanten und eigenartigen Be- sonderheiten, welche diese Familie vor allen andern auszeichnen. Eingehend untersuchte ich das Neurosomit von Herpobdella 74 N. LIVANOW, (Nephelis) atomaria Car. und H. octoculata BERGM., welche in dieser Beziehung einander völlig gleichen. Der Centralabschnitt des Neurosomits, das Bauchganglion, ist ebenso wie bei den Hirudiniden gebaut, d. h. dasselbe unterscheidet sich vom Ganglion der Glossosiphoniden durch die Anwesenheit des pyramidenartigen Hohlraums, welcher zwischen den Connectivstämmen und Querbündelgruppen liegt. Die Connectivstämme enthalten je eine Connectivzelle und weichen dadurch vom Typus Glossosiphonia und Protoclepsis ab, während der Verlauf des Fatvre’schen Mediannerven dorsal von den seitlichen Stämmen eine Aehnlichkeit mit den Rhyncho- bdelliden im Gegensatz zu den Hirudiniden darstellt. Das Vorhanden- sein von nur einer Connectivzelle in jedem Connectivstamm bringe ich in Parallele mit dem Bau der Muskelzellen. Die letztern erscheinen als typische Hirudineenmuskelzellen mit auf ‘der ganzen Peripherie geschlossener fibrillär-contractiler Schicht und haben ebenfalls einen einzigen Kern, wie solches auch bei den Hirudiniden und Glosso- siphonien der Fall ist. Vom Bauchganglion gehen jederseits je 3 Nervenwurzeln ab, von welchen die vorderste sehr schwach entwickelt ist und von unten her gegen das vordere Seitenpacket der Ganglienzellen vorrückend, letzteres durchdringt. Darauf vereinigt sich dieser Nerv sofort mit der mächtigen 2. Wurzel und bildet den vordern Nerven des Somits. Die 2. Wurzel trennt sich vom Ganglion ab, indem sie von hinten her gegen das vordere Seitenpacket vordringt. Die 3. Wurzel, welche gegen das hintere Seitenpacket von vorn oder von unten aus vordringt, stellt den hintern Nerven des Somits dar. Dieses Verhalten ist demjenigen von Glossosiphoma und Hemiclepsis ähnlich. Der vordere Nerv ist mit dem hintern gleich nach seinem Aus- tritt aus dem Ganglion durch eine grosse Gliazelle vereinigt. Der Zellkörper dieser Zelle, welche der sog. Leypic’schen von Hirudo durchaus entspricht, dehnt sich auf beide Nerven aus, während zwischen ihnen der Kern liegt. Somit haben wir hier ein Zwischenglied in der Entwicklungsreihe der Lrypie’schen Zelle zwischen den Hirudiniden und Glossosiphoniden. Bei Protoclepsis giebt es 2 gesonderte Zellen, je eine auf dem mittlern und hintern Nerven; bei Glossosiphonia ist jedoch nur eine Zelle vorhanden, die auf dem Vereinigungszweig zwischen dem vordern und hintern Nerven liegt; bei Herpobdella findet sich eine solche Zelle nahe dem Austritt der Nerven und endlich bei Hirudo liegt die Lrynie’sche Zelle unmittelbar dem Ganglion an. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 75 Der vordere Nerv von Herpobdella theilt sich im innern Mesen- chym des Körpers nahe dem 6. ventralen Längsmuskelband, ent- sprechend seinen Wurzeln, in 2 Stämme, einen unbedeutenden vordern und einen grossen hintern (Taf. 6, Fig. 38). Von ihnen lenkt der erstere zum 2. Ring des Somits ab, durchdringt die Längsmusculatur zwischen dem 6. und 7. Längsmuskelband und verläuft weiter an der Grenze der ‘Längs- und Diagonalmuskeln, den vordern motorischen Ringnerven des Somits bildend. Die sensitiven Nervenzweige des 2. Ringes theilen sich ventral vom Nerven des 3. Ringes, dorsal aber vom Dorsalnerv des Somits ab; diese Beziehungen sind also den für die Glossosiphoniden be- schriebenen ähnlich. Der vordere Ringnerv durchkreuzt die Längsmuskelstränge auf die für Hirudo beschriebene Weise. Die Lage der letztern ist folgende (Taf. 6, Fig. 38). Ventral liegt unter dem 7. Längsmuskelband der innere paramediane Strang, zwischen dem 7. und 8. der äussere para- mediane, zwischen 8. und 9. der intermediäre; lateral vom vorher- gehenden und von ihm durch ein Muskelband getrennt, befindet sich unter dem Längsmuskelband der innere paramarginale Strang und ein Band weiter vom letztern unter dem folgenden Muskelband (dem 4. von der Laterallinie des Körpers gerechnet) der äussere paramargi- nale. Dorsal liegt zwischen dem 2. und 3. Längsmuskelband, von der Seite aus gerechnet, der Längsmuskelstrang, welcher dem lateralen entspricht, 2 Bänder weiter medianwärts über dem 3. der äussere paramarginale Strang und zwischen dem 9. und 8. der innere para- marginale, welcher jedoch seinen Beziehungen nach dem intermediären der Glossosiphoniden entspricht, d. h. der Hauptstrang ist. Ueber dem 8. Muskelband befindet sich der intermediäre Strang, welchem bereits der Hauptstrangcharakter fehlt, und endlich sind auch zwischen dem 7. und 6. Band und zwischen dem 6. und 5. der äussere und der innere paramediane Längsmuskelstrang vorhanden, doch sind ihre Beziehungen im Vergleich mit denjenigen der Glossosiphoniden um- gekehrt, denn es entspricht der äussere Strang dem Hauptstrang, während der innere keine solche Hauptstrangcharaktere aufweist. Das ist eine für den Herpobdelliden typische Besonderheit, welche darauf hinweist, dass alle Längsmuskelstränge wahrscheinlich ur- sprünglich einen gleichen Entwicklungsgrad sowie eine gleiche Bedeu- tung hatten, in der Folge aber sich differenzirten, wobei einige von ihnen, die 5 Hauptstränge, schärfer entwickelt, die übrigen dagegen reducirt wurden. 76 N. LIVANOW, Es sei hier bemerkt, dass bei Herpobdella ventral der äussere paramediane und der intermediäre Strang, weiter der laterale und endlich dorsal der innere paramarginale, der innere und der äussere paramediane in besondere kleine Längsmuskelbündel eingelagert sind, wie es für die Hirudiniden von uns schon beschrieben worden ist. Alle übrigen Längsmuskelstränge liegen in den gewöhnlichen Längs- muskelbändern. Wie oben bereits erwähnt, entdeckte C. BrıstoL (1898) das System der Längsmuskelstränge bei Herpobdella (Nephelis) lateralis Say, wobei er dasselbe fälschlich für einen Theil des Nervensystems hielt. Ausserdem sah er nicht alle Längsstränge. Ihm waren nur der äussere paramediane und der intermediäre ventrale, der laterale und der äussere paramarginale dorsale Längsstrang bekannt. In diesem System von Längssträngen fand BrisroL Kerne für einen jeden Strang sowohl im 1. als auch im 3. Ringe jedes Somits. Trotz vielfacher Bemühungen, diese beiden Kerne aufzufinden, musste ich mich immer wieder davon überzeugen, dass die Kerne in den Haupt- längsmuskelsträngen von Herpobdella stets in der Einzahl vorhanden sind und zwar sich immer im 1. Ring befinden; ebenso liegen die Kerne der übrigen Stränge nahe der Grenze zwischen 2 benachbarten Somiten. Dieses Verhalten steht in vollem Einklang mit dem, was wir bei andern Hirudiniden gesehen haben. Am vordern Ringnerven des Somits von Herpobdella liegen die Nervenzellen der grossen Nervenschläuche (Taf. 6, Fig. 38). Die eine unipolare Zelle, welche einen ziemlich langen, wahrscheinlich Tförmig verzweigten Fortsatz besitzt (Taf. 3, Fig. 22), liegt vor dem inter- mediären ventralen Strang, und eben solch eine unipolare Zelle be- findet sich dorsal über dem 7. Längsmuskelband. Median vom late- ralen Strang, getrennt von ihm durch 2 Längsmuskelbänder, liegt eine bipolare Nervenzelle (Taf. 3, Fig. 23), welche im Vergleich mit den beschriebenen unipolaren ausserordentlich gross erscheint. Daneben befindet sich gewöhnlich eine unipolare Ganglienzelle, welche sehr leicht als Nervenzelle aufgefasst werden kann. Neben der bipolaren Nervenzelle der grossen Nervenschläuche entdeckt man auch den kern- haltigen Körper der circulären Muskelfaser, welche den vordern Ring- nerven begleitet, jedoch ausserhalb seiner Scheiden. Hierin spricht sich eine volle Aehnlichkeit mit den Glossosiphoniden, nicht aber mit den Hirudiniden aus. Der 1. Ring des Somits von Herpobdella wird von den Nerven- zweigen innervirt, welche sich von den sensitiven Nerven des 2. Ringes Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 77 abtheilen. Auf solche Weise ist der 1. Ring des Somits seiner Inner- vation nach unselbständig, wie es auch bei den Hirudiniden der Fall ist. In Bezug auf den vordern motorischen Ringnerven von Herpo- bdella muss ich hervorheben, dass meine Beobachtungen von den An- gaben BristTou’s in vieler Hinsicht bedeutend abweichen. Erstens sei hier bemerkt, dass Herpobdella atomaria und H. octoculata keinen vollen Nervenring haben, welcher unter dem Integument im 2. Ring des Somits ventral geschlossen wäre, und ein solcher Ring existirt wahrscheinlich auch nicht bei Herpobdella lateralis, wie das BRISTOL behauptet. Die Ursache dieser jedenfalls fehlerhaften Beobachtung BrisroL’s könnte vielleicht in dem Verhalten des Nervenzweigs liegen, welcher sich Behufs Innervation des ventralen Medianabschnitts der 2 vordern Ringe des Somits abtheilt. Dieser Nerv trennt sich näm- lich vom vordern Nerven des Somits zuweilen zwischen dem 6. und 7. Längsmuskelband, fast sofort über den Diagonalmuskeln ab, so dass man ihn sehr leicht für eine Fortsetzung des vordern Ringnerven halten und auf diese Weise zum Schluss gelangen kann, dass sich ein voller ventral geschlossener Nervenring im 2. Ring des Somits be- finde. Zweitens hat BrıstoL die Nervenzellen der grossen Nerven- schläuche in anderer Lage und Zahl am vordern Ringnerven abge- bildet, als ich es bei unsern Herpobdellen beobachtete. Ein Unterschied ist gewiss möglich, doch ersehe ich aus der Darstellung Brısrtor’s eher Folgendes. Er bildet nämlich sowohl die Nerven- als auch Ganglien- zellen in ganz gleicher Weise ab und hebt ausserdem gar keinen Unter- schied zwischen dem vordern und hintern Ringnerven des Somits her- vor. Daher glaube ich, dass BrısToL seine Beschreibung des vordern Ringnerven einfach durch seine Beobachtungen am hintern Ringnerven ergänzt hat. Hierauf werden wir übrigens noch im Weitern zurück- kommen. Der mächtige Nerv, welcher nach Abtheilung des vordern Ring- nerven übrig bleibt, verläuft in der frühern Richtung weiter, d. h. im 3. Ring des Somits, und stellt den ventralen sensitiven Nerven des- selben dar. Er durchkreuzt schräg das 7. Längsmuskelband, zuweilen aber auch das 8. und 9., wobei er immer nach innen von den ven- tralen Längsmuskelsträngen hinzieht. Weiter verläuft dieser Nerv an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur Anfangs ventral, darauf lateral und Theils auch dorsal. In seinem Verlauf giebt er Integument- zweige für die Sinnesknospen und Sensillen sowohl des 3. Ringes als auch der angrenzenden Ringe ab. Doch wird der grössere Abschnitt des Rückens in diesem Ring von einem andern Nerven, nämlich dem 78 N. LIVANOW, Dorsalnerven des Somits, innervirt. In dieser Beziehung ist Herpo- bdella den Glossosiphoniden sowie Haemopis ähnlich. Als eine wichtige Thatsache, welche ebenfalls an die Glossosipho- niden erinnert, erscheint die Anwesenheit eines accessorischen Nerven- ganglions. Vom sensitiven Nerven theilt sich ein Nervenzweig median vom intermediären ventralen Längsmuskelstrang ab und dringt in das innere Mesenchym des Körpers ein, wo er sofort mit einem kleinen Ganglion endet. Dasselbe wird von 4—5 Ganglienzellen gebildet. C. BrısToL (1898) giebt für Herpobdella (Nephelis) lateralis einen andern Verlauf des ventralen sensitiven Nerven des Somits an, näm- lich über der ventralen Längsmusculatur im innern Mesenchym des Körpers. Hier hätten wir also auch in der Familie der Herpobdelliden ein gut ausgeprägtes Beispiel von einem verkürzten Verlauf des ven- tralen sensitiven Nerven. Diese Thatsache bringe ich in Parallele mit den für Glossosiphonia stagnalis und Hirudiniden beschriebenen Be- funden. Der: hintere Nerv des Somits von Herpobdella liefert noch im 3. Ring, über dem 4. oder 5. ventralen Längsmuskelband, einen mächtigen sensitiven Zweig, den Dorsalnerven, dessen Beziehungen denjenigen, die für Hirudiniden und Glossosiphoniden beschrieben worden sind, ähnlich erscheinen. Darauf in den 4. Ring des Somits eintretend (Taf. 6, Fig. 39), giebt der hintere Nerv nahe dem 6. ven- tralen Längsmuskelband einen Nervenzweig zur Innervation des ven- tralen Medianabschnitts sowohl des 4. ais auch des 5. Ringes ab. In seinem weitern Verlauf durchkreuzt der bezeichnete Nerv schräg das 7. ventrale Längsmuskelband, wobei er einen Zweig aussendet, welcher um den äussern paramedianen ventralen Längsmuskelstrang von innen umbiegt. Nach seinem Austritt aus dem 7. Längsmuskelband tritt der hintere Nerv zwischen die Längs- und Diagonalmusculatur ein, wo er, den hintern motorischen Ringnerven des Somits bildend, An- fangs ventral, darauf lateral und zuletzt dorsal verläuft. Auf typische Weise durchkreuzt der hintere Ringnerv die Hauptlängsmuskelstränge, den äussern paramedianen und den intermediären ventralen, den lateralen, den innern paramarginalen und den äussern paramedianen dorsalen. Eine unipolare Nervenzelle der grossen Nervenschläuche, wahrscheinlich mit Tförmig verzweigtem Fortsatze, liegt ihm unmittelbar median vom intermediären ventralen Längsstrang an. Dorsal gleich medianwärts vom äussern paramedianen dorsalen Strang befindet sich eine unipolare Nervenzelle. Aehnlich wie beim vordern Ringnerven des Somits sehen wir endlich auch hier eine bipolare Nervenzelle der Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 79 grossen Nervenschläuche, welche sich durch ansehnliche Grösse vor den beschriebenen unipolaren auszeichnet; sie ist 2 Längsmuskelbänder weiter medianwärts vom lateralen Längsmuskelstrang gelegen. Wenn wir nun den hintern Ringnerven des Somits von Herpobdella mit dem vordern vergleichen, so bemerken wir zwischen ihnen eine fast volle Identität, abgesehen von der Lage der unipolaren Nerven- zelle der grossen Nervenschläuche am äussern paramedianen dorsalen - Längsmuskelstrang. Letzterer Umstand hängt vom Verlauf ihres grossen Nervenschlauchs zum Bauchganglion ab; derselbe verläuft entweder im Ringnerven selbst, wie es für den vordern Ringnerven beschrieben worden ist, oder trennt sich zum Dorsalnerven ab, wie es beim hintern Ringnerven der Fall ist. Die Innervation des Integuments im 4. und 5. Ring stammt dorsal von den Zweigen des Dorsalnerven des Somits, ventral von den Zweigen des sensitiven ventralen Nerven des 3. Ringes sowie den sensitiven Nervenbündeln ab, welche zum hintern Ringnerv vereinigt sind. Ein besonderes Interesse bietet ein schon oben erwähnter Nerven- zweig dar, welcher sich vom Ringnerven im 7. Längsmuskelband ab- theilt. Nachdem dieser Zweig von innen aus den äussern paramedianen ventralen Längsmuskelstrang umgebogen ist, verläuft er weiter parallel dem Ringnerven an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur und verschwindet noch ventral nahe der Laterallinie des Körpers. Zu- weilen aber kommt auch ein anderes Verhalten vor, indem sich dieser Zweig medianwärts vom intermediären ventralen Längsmuskelstrang von Neuem mit dem hintern Ringnerven vereinigt, ‘auf solche Weise eine Art Nervenschlinge um den äussern paramedianen Strang bildend (Taf, 6, Fig. 39). Diese Thatsache giebt uns einen bedeutungsvollen Hinweis darauf, wie die Nervenschlinge im 4. Ring der Hirudiniden etwa zu Stande gekommen sein könnte. Bei den letztern ist der Process viel weiter entwickelt; der hintere Ringnerv hat nämlich einen verkürzten Ver- lauf in der Längsmusculatur, steht jedoch mit den äussern para- medianen ventralen Längsmuskelstrang durch die Nervenschlinge in Verbindung. Die Verbindung mit dem intermediären ventralen Längs- strang, welche schon bei einigen Glossosiphoniden schwach ausgeprägt ist, fehlt nun den Hirudiniden ganz. Im 5. Ring des Somits von Herpobdella existirt, wie es für alle andern Hirudineen typisch ist, ein Nervenzweig des hintern Ring- nerven, welcher die ventralen Hauptlängsmuskelstränge durchkreuzt. Er trägt gleich median vom intermediären Längsstrang eine unipolare 80 N. LIVANOW, Nervenzelle der grossen Nervenschläuche mit ziemlich langem, wahr- scheinlich Tförmig verzweigtem Fortsatz. Vom intermediären Strang verläuft dieser Zweig lateralwärts ein wenig weiter als sehr schwach ausgeprägtes Nervenbündel, wie dies für die Glossosiphoniden be- schrieben worden ist. Den bezeichneten Nervenzweig bemerkte C. BrıstoL (1898) bei Herpobdella (Nephelis) lateralis gar nicht. Ein weiterer schon oben erwähnter Beobachtungsfehler BrıstorL’s wäre der Umstand, dass er gar keinen Unterschied zwischen dem vordern und hintern motorischen Ringnerven angiebt; in Folge dessen finden wir in seinem Schema vom vordern Ringnerven eine überflüssige Nervenzelle der grossen Nerven- schläuche. Es ist die median vom äussern paramedianen dorsalen Längsmuskelstrang angegebene Zelle, welche gewiss dem Verhalten des hintern Ringnerven entnommen ist. Ueber die Nervenzellen, welche bei BrisroL unter seinem 4. ventralen Längsmuskelband abgebildet sind, kann ich nichts Sicheres sagen, da ich an dieser Stelle solche Zellen gar nicht gesehen habe. In Bezug auf die Ausbildung des vollen Nervenrings unter dem Integument des 4. Ringes des Somits sei hier auf die für den vordern Ringnerven oben gegebenen Erklärungen hingewiesen. Bei den Hirudiniden habe ich die Lage der Längsmuskelstränge nicht näher festgestellt. Wenn wir die bei Herpobdella beschriebenen Thatsachen in Betracht ziehen, so erscheint diese Frage zu complicirt, als dass man sie auf Grund des bei Glossosiphoniden vorgefundenen Verhaltens entscheiden könnte. Es ist kein Zweifel, dass die ventralen Längsstränge der Hirudiniden den ventralen Hauptsträngen der übrigen Hirudineen entsprechen, d. h. der eine den äussern paramedianen, der andere den intermediären darstellt. Ebenso ist auch der laterale Hauptlängsstrang gut ausgeprägt. Allein ob die dorsalen Stränge den gleichnamigen Hauptsträngen der Glossosiphoniden oder der Herpo- bdelliden entsprechen, bleibt vor der Hand ungewiss. Doch wenn wir die Beziehungen dieser Stränge der Hirudiniden zur ganzen Längs- musculatur ins Auge fassen, sowie auch die nähern Verwandtschafts- beziehungen der Hirudiniden und Herpobdelliden berücksichtigen, so ist die Annahme zulässig, dass die dorsalen Längsmuskelstränge der Hirudiniden den Hauptsträngen der Herpobdelliden entsprechen, dass einer von ihnen den innern paramarginalen, der andere den äussern paramedianen Strang vorstellt. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 81 Hier scheint es mir am Platz, noch Folgendes zu erwähnen. Während wir auf den gewöhnlichen Längsmuskeln nur ausschliesslich motorische Nervenendigungen begegnen, haben die Längsstrangmuskeln ausser eben solchen motorischen Nervenendigungen noch eine auf ganz andere Weise zu Stande kommende Verbindung mit den Nervenfasern, welche einen ganz besondern Typus darstellen. Wie ich es eingehend beschrieben habe, stehen die Muskelzellen der Längsstränge in näherer Beziehung zu den eigenartigen Nerven- zellen, deren Fortsätze die grossen Nervenschläuche darstellen. Im Bauchganglion löst sich dieser grosse Nervenschlauch in die prachtvollen feinsten Endverzweigungen auf, wie sie von S. ApATHY (1897) und G. Rerzıus (1891) gezeichnet und beschrieben worden sind. Was für eine Function kommt nun diesen grossen Nervenschläuchen zu, und welcher Art könnten die Reize sein, die sie zu leiten haben ? Ihre Verzweigungen im Bauchganglion sind so charakteristisch, dass man sie mit vollem Recht als Endigungen sensibler Nervenfasern aufgefasst hat. Eine motorische Function ihnen zuzuschreiben, ist un- möglich, denn, abgesehen von den histologischen Beziehungen, spricht dagegen das gleichzeitige Vorhandensein gewöhnlicher motorischer Endigungen auf jedem Längsmuskelstrang. Wir haben hier offenbar ein vollständiges peripheres Neuron vor uns, welches in allen seinen Beziehungen den sensitiven peripheren Neuronen ähnlich ist, dessen distaler Fortsatz ausschliesslich mit den Längsmuskelstrangzellen in Verbindung steht und sonst keinen Zusammenhang mit andern Ele- menten hat. Wahrscheinlich spielen diese Gebilde im Gegensatz zu den motorischen Endigungen eine Rolle bei der Empfindung des Muskel- sinnes, und nur dies kann, wie mir scheint, ihre Function sein, um so mehr als der Muskelsinn bei Thieren mit so gut entwickelter Muscu- latur, wie die Blutegel sie haben, jeden Falls vorhanden sein muss. Indem wir nun diese Thatsachenreihe, die bei Untersuchung von Vertretern verschiedener Hirudineengattungen erhalten worden ist, resumiren, Können wir den Typus reconstruiren, welcher als Ausgangs- punkt der Entwicklung des Neurosomits der Hirudineen aufgefasst werden kann. Sein Centralabschnitt ist durch das gewöhnliche Bauchganglion dargestellt, in dessen Bau eine gewisse Duplieität leicht zu erkennen ist. Seine zwei Hälften, sowohl die vordere als auch die hintere, Zool. Jahrb. XIX, Abth, f. Morph, 6 82 N. LIVANOW, werden nämlich von je 3 Ganglienzellenpacketen (einem medianen und 2 seitlichen) gebildet, dem entsprechend auch die Centralfasermasse des Ganglions 2 Nervenbündelgruppen mit je einer Gliazelle darbietet. Diese Duplieität steht in vollem Einklang mit dem Verhalten, welches sich im peripheren Nervensystem des Somits bemerkbar macht. Das letztere wird von 2 hauptsächlich motorischen Ringnerven gebildet, die im vordern resp. hintern Abschnitt des Somits verlaufen. Beide Ringnerven nähern sich ventral und vereinigen sich fast mit einander in der Medianlinie des Körpers im Bauchganglion, wobei der vordere Ring- nerv mit der vordern, der hintere mit der hintern Hälfte des Ganglions in näherer Beziehung steht. Die Ringnerven enthalten ausser den motorischen auch sensorische Fasern, nämlich die grossen Nerven- schläuche des Muskelsinns. Die übrigen sensitiven Bündel bilden 2 Nerven, einen ventralen und einen dorsalen. Der ventrale sensitive Nerv, im mittlern Ring des Somits ventral und seitlich verlaufend, ver- sorgt mit seinen Nervenfasern die ventrale und seitliche Oberfläche des entsprechenden Somits, während der dorsale sensitive Nerv, ebenso im mittlern Ring des Somits dorsalwärts verlaufend, die Rückenseite seines Somits innervirt. Sowohl die Ringnerven als auch der sensitive ventrale Nerv, nachdem sie beim 6. ventralen Längsmuskelband das innere Mesenchym des Körpers verlassen haben, verlaufen weiter stets an der Grenze der Längs- und Diagonalmusculatur. Der vordere und der hintere Ringnerv sind ihrem Bau nach ein- ander gleich. Diese Gleichheit war besonders durch Vorhandensein je einer Nervenzelle der grossen Nervenschläuche an jedem Haupt- längsmuskelstrang zu Stande gekommen, in der weitern Entwicklung aber ist sie verloren gegangen theils mit der Ausbildung der bipolaren Zellen, welche sich mit einigen Strängen verbanden, theils mit der Differenzirung bestimmter Nervenabschnitte, wie einen solchen z. B. der Zweig mit dem grossen Nervenschlauch zu den ventralen Hauptlängs- muskelsträngen im hintern Ring des Somits darstellt. Die wichtigste Rolle im Neurosomit spielen beständig die 2 Ring- nerven, dagegen erscheinen die sensitiven Nerven mehr als locale Bildungen, die in Verbindung mit einer mehr oder weniger starken Entwicklung der Sinnesorgane entstanden sind. An diesen Typus erinnert am meisten das Nervensystem von Proto- clepsis. Hemiclepsis, Glossosiphonia concolor, Gl. complanata, Herp- obdella atomaria und Herpobdella octoculata stellen einen relativ nur wenig differenzirten Typus dar, während Glossosiphonia stagnalis, Herpobdella lateralis und die Hirudiniden schon eine am meisten ver- Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 83 änderte Structur des Neurosomits aufweisen. Dies kommt haupt- sächlich durch die Verkürzung des Verlaufs der ventralen sensitiven Nerven, zusammen mit seiner Verlagerung ins innere Mesenchym des Körpers, und durch die Vereinigung der sensitiven und motorischen Nerven zum Ausdruck. Als Resultat des letztern Vorgangs erscheint auch der Verlauf des hintern Ringnerven der Hirudiniden im innern Mesenchym des Körpers sowie die Bildung seiner dem äussern para- medianen ventralen Strang zugewandten Nervenschlinge. Die andere Reihe der von uns beschriebenen Thatsachen betrifft die Musculatur und die Beziehung zwischen den Muskeln und Nerven. Bei Hemiclepsis finden wir einen gut ausgeprägten zweifachen Bau der Muskelzellen. Die circulären, diagonalen, dorso-ventralen und die Längsstrangmuskeln weisen einen andern Charakter auf als die übrigen Längsmuskeln. Auf solche Weise kommen zwei Muskelgruppen zu Stande, von denen die eine den mesenchymatösen Chätopoden- muskeln, die andere den cölomatischen, d. i. longitudinalen Muskeln dieser Würmer entspricht. Bei den übrigen untersuchten Gattungen sind schon alle Muskeln, sowohl die circulären, diagonalen und dorso- ventralen als auch die longitudinalen gleich, die Längsstrangmuskel- zellen ausgenommen, welche stets den mehr oder minder ausgeprägten Typus dieser Hemiclepsis-Muskeln aufweisen. Die Längsmuskelstränge sind der Zahl nach jederseits 11, d. h. also 22 an der ganzen Peripherie des Körpers. Sie stehen alle in Verbindung mit dem vordern Ringnerven; die 5 Hauptstränge aber sind ebenso auch mit dem hintern Ringnerven verbunden. Auf solche Weise verläuft durch den ganzen Körper ein System von Längsmuskel- strängen, welches an das von E. Meyer (1901) für Lopadorhynchus beschriebene und zum Theil auch von E. WOLTERECK (1902) bei Polygordius sp. wiedergefundene System larvaler Längsmuskeln erinnert. Der Unterschied in der Zahl der Längsmuskelstränge ist hier durch- aus unwesentlich, um so mehr, als schon bei den Hirudiniden jeder- seits nur 5 Stränge anstatt der gewöhnlichen 11 vorkommen. Bei der Lopadorhynchus-Larve ist ausser diesem System von mesenchymatösen Längsmuskeln noch ein anderes, aus circulären mesenchymatösen Muskelbündeln bestehendes vorhanden; ausserdem entspricht diesem ganzen System von Mesenchymmuskeln ein eben- solches von primitiven Nerven, die sowohl longitudinal als auch circular verlaufen. Die Aehnlichkeit mit dem Verhalten bei den Hirudineen ist ins Auge fallend. 6* 84 N. LIVANOW, Ausser den Längsmuskelsträngen sind bei den letztern stets auch Muskelringe vorhanden, welche durch die den vordern Ringnerven be- gleitenden und mit den Längssträngen in Verbindung stehenden circu- lären Muskelfasern gebildet werden. Das Fehlen ähnlicher circulärer Muskelfasern beim hintern Ringnerven des Somits verringert die Be- deutung der angegebenen Thatsachen gar nicht, da unsere Kenntnisse in dieser Beziehung noch sehr ungenügend sind. In dieser Richtung weiter gehend, sehen wir, dass im Neurosomit der Hirudineen 2 Ringnerven vorhanden sind, welche in näherer Be- ziehung zu den Längsmuskelsträngen und zu dem Muskelring des vordern Ringnerven stehen. Diese Verbindung sowie auch die Dupli- eität des Bauchganglions wenden unsere Aufmerksamkeit auf die primi- tiven Ringnerven der Lopadorhynchus-Larve, wie etwa solche in ihrer weitern Entwicklung den allgemeinen Verlauf der motorischen Ring- nerven des Hirudineensomits bestimmt haben konnten. Längsnerven- stämme, welche den Längsmuskelsträngen entsprächen, fehlen bei Hirudineen allerdings; die Connective aber, welche, wie bei Lopado- rhynchus, im Anschluss an das 2. ventrale Paar larvaler Längsnerven secundär entstanden sein dürften, bilden eine derart genügende Nerven- verbindung, dass die Reduction aller übrigen Längsnervenstämme sehr leicht zu verstehen ist. In dem schwachen Farvre’schen Mediannerven aber haben wir hier vielleicht einen Hinweis auf einen Rest des medianen Paares primärer Längsnervenstämme vor uns, welche sich zu einem unpaaren Strang vereinigt und zusammen mit den Connectivstämmen von der Peripherie ins Cölom entfernt haben. In Verbindung mit dieser Vorstellung vom Bautypus des Nerven- systems der Hirudineen und der Beziehung des letztern zu den Muskeln möchte ich endlich noch auf die Anordnung der Sinnesorgane auf streng bestimmten Längslinien des Körpers hinweisen. Diese Linien entsprechen der Anordnung der Längsmuskelstränge, und eine rationelle Erklärung dieser Erscheinung, welche auf den ersten Blick sehr wunderbar ist, können wir vielleicht darin finden, dass wir uns die- selben aus gemeinsamen Neuromuskelanlagen, die auf diesen Längs- linien angeordnet waren, hervorgegangen denken. Hiermit will ich schliessen, da diese Arbeitshypothese, welche mit der Vorstellung von der Entwicklung des Nervensystems der Würmer durch Bildung eines primären subepithelialen Plexus, darauf durch weitere Differenzirung desselben in Längs- und Ringnerven und end- lich durch Substitution dieser letztern bei den erwachsenen Anneliden Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 85 durch die in situ entwickelten Bauch- und Kopfnervenmassen so gut im Einklang zu stehen scheint, erst noch eine Bestätigung durch weitere eingehende vergleichend anatomische und vor allem embryo- logische Untersuchungen erfordert. Am Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem hochge- schätzten Lehrer, Herrn Prof. E. MEYER, meinen verbindlichsten Dank sowohl für seine liebenswürdige Unterstützung bei meinen Arbeiten als für seine werthvollen Rathschläge auszusprechen. Literaturverzeichniss. Arirtuy, S., 1888, Analyse der äussern Körperform der Hirudineen, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, V. 8. —, 1897, Das leitende Element des Nervensystems und seine topo- graphischen Beziehungen zu den Zellen, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, V. 12. Bayer, E., 1898, Hypodermis und neue Hautsinnesorgane der Rhyncho- bdelliden, in: Z. wiss. Zool. V. 64. Brisroz, C. 1898, The metamerism of Nephelis, in: Journ. Morphol., iV, 16: Bürger, O., 1894, Neue Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hiru- dineen. Zur Embryologie von Hirudo medicinalis und Aulastomum gulo, in: Z. wiss. Zool. V. 58. CastLE, W., 1900, 1. The metamerism of the Hirudinea, in: Proc. Amer. Acad. Arts Se. V. 35. —, 1900, 2. Some North American fresh-water Rhynchobdellidae and their parasites, in: Bull. Mus. comp. Zool. Harvard College, V. 36, No. 2. François, Px., 1886, Contribution à l’étude du systeme nerveux central des Hirudinées, in: Rev. sc., (8) V. 11. Haver, J., 1900, Structure du système nerveux des Annelides Nephelis, Clepsine, Hirudo, Lumbriculus, Lumbricus, in: Cellule, V. 17. Hermann, E., 1875, Das Centralnervensystem von Hirudo medicinalis, München. Hesse, R, 1897, Die Sehorgane der Hirudineen, in: Z. wiss. Zool., V. 62. KowAuevsky, À. 1900, Etude biologique de ’Haementeria costata MÜLLER, in: Mém. Acad. Sc. St. Pétersbourg, V. 11, No. 1, Classe Phys. Math. LeuckarT, R., 1894, Die Parasiten des Menschen und die von ihnen herrührenden Krankheiten, V. 1, Lief. 5, Leipzig. Leypic, F., 1864, Vom Bau des thierischen Körpers, Tübingen. —, 1864, Tafeln zur vergleichenden Anatomie, Tübingen. 86 N. LIVANOW, Mater, B., 1892, Beiträge zur Kenntniss des Hirudineenauges, in: Zool. Jahrb. V. 5, Anat. Meyer, E., 1901, Studien über den Körperbau der Anneliden. V. Das Mesoderm der Ringelwürmer, in: Mitth. zool. Stat. Neapel, V. 14. Moors, P., 1900, A description of Microbdella biannulata with especial regard to the constitution of the leech somite, in: Proc. Acad. nat. Sc. Philadelphia, V. 6. Rerzius, G., 1891, Zur Kenntniss des centralen Nervensystems der Hirudineen, in: Biol. Unters., V. 2 (N. F.). Sımr-Lour, R. 1883, Sur la structure du systeme nerveux des Hiru- dinees, in: OR. Acad. Sc. Paris, V. 96. Simon, C., et Torry, G., 1895, Des ganglions de la chaîne nerveuse ventrale des Hirudinées, in: J. Anat. Physiol. Paris, V. 31. SOUKATSCHOFF, B., 1898, Contributions à l’étude du systeme nerveux de la Nephelis vulgaris, in: Trav. Soc. Natural. St. Petersbourg, V. 27, Lief. 4, Zool. Vicnaz, W., 1883, Recherches histologiques sur les centres nerveux des quelques Invertebrés, in: Arch. Zool. exp., (2) V. 1. Wurman, C., 1886, The leeches of Japan, in: Quart. J. microse. Sc., V. 26. —, 1892, The metamerism of Clepsine, in: Festschr. LEuUCKART, Leipzig. —, 1893, A sketch of the structure and development of the eye of Clepsine, in: Zool. Jahrb., V. 6, Anat. WOLTEREcK, E., 1902, Trochophora-Studien. I. Ueber die Histologie der Larve und die Entstehung des Annelids bei den Polygordius- arten der Nordsee, in: Zoologica, Heft 34, V. 13, Lief. 4—6. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. - 87 Erklirung der Abbildungen. Tafel 2—6. Fir alle Figuren giiltige Bezeichnungen: adst ausserer dorsaler Langsmuskel- strang der Hirudiniden agn accessorisches Ganglion apmd äussere Paramedianlinie, sowie äusserer paramedianer Längs- muskelstrang apmg äussere Paramarginallinie, sowie äusserer paramarginaler Längsmuskelstrang avst äusserer ventraler Längs- muskelstrang der Hirudiniden bg Bauchganglion bnz bipolare Nervenzelle der grossen Nervenschläuche cm circuläre Muskeln cmz circuläre Muskelzelle des vor- dern Ringnerven cne Connectiv df distaler Fortsatz einer bipolaren Zelle der grossen Nervenschläuche dinv Dorsalnerv dm diagonale Muskeln dnzw Zweige des Dorsalnerven dr Drüsenzellen dvm dorso-ventrale Muskeln ep Epithel des Integuments evzw Endverzweigungen des ven- tralen sensitiven Nerven Fnv Fatvre’scher Mediannerv glz Gliazellen gz Ganglienzellen hmp hinteres Medianpacket der Ganglienzellen hnv hinterer Nerv des Somits der Hirudiniden hnzw Zweig mit dem grossen Nervenschlauch des hintern Ring- nerven hgb hintere Querbündelgruppe des Bauchganglions hsp hinteres Seitenpacket Ganglienzellen idst innerer dorsaler Längsmuskel- strang der Hirudiniden int intermediäre Linie sowie inter- mediärer Längsmuskelstrang ipmd innere Paramedianlinie sowie der innerer paramedianer Längs- muskelstrang ipmg innere Paramarginallinie sowie innerer paramarginaler Längs- muskelstrang iszw sensitiver Nervenzweig im innern Mesenchym des Körpers ivst innerer ventraler Längsmuskel- strang der Hirudiniden lat Laterallinie sowie Längsmuskelstrang Im Längsmuskeln Imbd Längsmuskelbänder Istz Längsmuskelstrangzellen mend motorische Nervenendigungen mnzw Nervenzweig für den medianen Abschnitt der Ventralseite mz Muskelzelle nf Nervenfibrille nr! vorderer Somits nr? hinterer Nervenring des Somits nrl Neurilemmscheide lateraler Nervenring des 88 N. LIVANOW, nv Nerv nz unipolare Nervenzelle der grossen Nervenschläuche pap Papillen pf proximaler Fortsatz einer bi- polaren Nervenzelle der grossen Nervenschläuche pz Pigmentzellen schl grosser Nervenschlauch schlin Nervenschlinge im 4. Somit- ring der Hirudiniden snnv ventraler sensitiver Nerv des Somits snzw (snzw!, snzw?, snzw®) sensi- tiver Nervenzweig (zum 1. 2 5. Somitring) vmp vorderes Medianpacket der Ganglienzellen vnv Vordernerv des Bauchganglions der Hirudiniden vnzw Vereinigungsnervenzweig vgb vordere Querbündelgruppe des st) scs Seitenconnectivstamm Bauchganglions sens Sensillen vsp vorderes Seitenpacket der sknsp Sinnesknospen Ganglienzellen. Tafel 2. Fig. 1. Hirudo medicinalis. theil des Bauchganglions. Fig. 2. des Bauchganglions. Fig. 3. Hirudo medicinalis. Theil des Bauchganglions. 200: 58: Fig. 4 Hirudo medicinalis. Pikrinsalpetersäure, Hämatoxylin. Hirudo medicinalis. Sagittalschnitt durch den Seitentheil Pikrinsalpetersäure, Hämatoxylin. Sagittalschnitt durch den Median- 200°: 1. 20... Frontalschnitt durch den obersten Sublimat, Nachvergoldung nach Aräray. Querschnitt des Connectivs an der Stelle der Anastomose zwischen dem Fatvre’schen Mediannerven und dem Connectivstamm. Sublimatessigsäure, Eisenhämatoxylin. 175: 1. Fig. 5. Hirudo medicinalis. Frontalschnitt durch die Durch- kreuzungsstelle des vordern Ringnerven mit dem äussern ventralen Längsmuskelstrang. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 450: 1. Fig. 6. Hirudo medicinalis. Frontalschnitt durch den innern ventralen Längsmuskelstrang. Sublimat, Nachvergoldung. 450 : 1. Fig. 7. Hirudo medicinalis. Querschnitt. Nervenzweig mit dem grossen Nervenschlauch des hintern Ringnerven im 5. Somitring. Subli- matessigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 150:1. Fig. 8 Hirudo medicinalis. Querschnitt. Nervenschlinge des hintern Ringnerven im 4. Somitring. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin- Karmalaun. 200 : 1. Fig. 9. Hirudo medicinalis. Querschnitt. Durchkreuzung des vordern Ringnerven mit dem lateralen Längsmuskelstrang. Sublimat- essigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 450:1. | Fig. 10. Hirudo medicinalis. Sagittalschnitt durch die Durch- kreuzungsstelle des hintern Ringnerven mit dem innern dorsalen Längs- muskelstrang. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 150: 1. Fig. 11. Hirudo medicinalis. Querschnitt des vordern Ringnerven des Somits vor dem lateralen Längsmuskelstrang. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 800 : 1. Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. 89 Fig. 12. Hirudo medicinalis. Querschnitt des Dorsalnerven eines Somits. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 450 : 1. Fig. 13. Hirudo medicinalis. Querschnitt durch den Nervenzweig mit dem grossen Nervenschlauch des hintern Ringnerven. Sublimat- essigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 800: 1. Wafells Fig. 14. Protoclepsis tessellata. Querschnitt. Der vordere Ring- nerv des 1. Somitringes am intermediären dorsalen Längsmuskelstrang. Sublimat, Hämalaun in toto. 450 : 1. Fig. 15. Protoclepsis tessellata. Sagittalschnitt des Integuments. Sublimatessigsäure, Hämalaun in toto. 450: 1. Fig. 16. Protoclepsis tessellata. Frontalschnitt durch die Durch- kreuzungsstelle des vordern Ringnerven mit dem innern paramedianen dorsalen Längsmuskelstrang. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 800 : 1. Fig. 17. Protoclepsis tessellata. Sagittalschnitt durch die Durch- kreuzung des vordern Ringnerven mit dem innern paramedianen dorsalen Längsmuskelstrang. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 800 : 1. Fig. 18. Protoclepsis tessellata. Querschnitt. Bipolare Nerven- zelle des vordern Ringnerven beim lateralen Längsmuskelstrang. Subli- matessigsäure, Hämalaun. 800 : 1. Fig. 19. Protoclepsis tessellata. Querschnitt. Durchkreuzung des hintern Ringnerven mit dem innern paramedianen dorsalen Längsmuskel- strang. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 450 : 1. Fig. 20. Protoclepsis tessellata. Sagittalschnitt durch die Durch- kreuzungsstelle des hintern Ringnerven mit dem äussern paramedianen ventralen Längsmuskelstrang. Sublimatessigsäure, Hämalaun. 800 : 1. Fig. 21. Protoclepsis tessellata. Querschnitt. Unipolare Nerven- zelle des hintern Ringnerven beim lateralen Längsmuskelstrang. Subli- matessigsäure, Hämalaun. 800: 1. Fig. 22. Herpobdella atomaria. Querschnitt. Unipolare Nerven- zelle zwischen dem äussern paramedianen und dem intermediären ven- tralen Längsmuskelsträngen am vordern Ringnerven. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Karmalaun. 800: 1. Fig. 23. Herpobdella atomaria. Querschnitt. Bipolare Nerven- zelle des vordern Ringnerven. Sublimatessigsäure, Boraxkarmin-Karm- alaun. 200: 1. Want oul 4, Fig. 24. Schema des Neurosomits von Hirudo medicinalis. Fig. 25. Schema der Innervation des 3. Somitringes von Hirudo medicinalis. Fig. 26. Schema der Innervation des 2. Somitringes von Hirudo medicinalis. Fig. 27. Schema der Innervation des 1. Somitringes von Hirudo medicinalis. 90 N. LIVANOW, Untersuchungen zur Morphologie der Hirudineen. Tate lo: Fig. 28. Schema der Innervation des 4. Somitringes von Hirudo medicinalis. Fig. 29. Schema der Innervation des 5. Somitringes von Hirudo medicinalis. Fig. 30. Schema der Innervation des 3. Somitringes von Haemopis sanguisuga. Fig. 31. Schema der Innervation des ventralen Abschnitts des 4. Somitringes von Haemopis sanguisuga. Fig. 32. Schema des Neurosomits von Protoclepsis tessellata. Tafel 6. Fig. 33. Schema der Innervation des 1. Somitringes von Proto- clepsis tessellata. Fig. 34. Schema des äussern paramedianen ventralen Längsmuskel- stranges dreier auf einander folgenden Somite von Protoclepsis tessellata. Fig. 35. Schema der Innervation des 2. Somitringes von Proto- clepsis tessellata. Fig. 36. Schema der Innervation des 3. Somitringes von Proto- clepsis tessellata. Fig. 37. Schema des ventralen sensitiven Nerven des Somits von Glossosiphonia stagnalis. Fig. 38. Schema des vordern Ringnerven des Somits von Herpo- bdella atomaria und H. octoculata. Fig. 39. Schema des hintern Ringnerven des Somits von Herpo- bdella atomaria und H. octoculata. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Ueber das Palmén'sche Organ der Ephemeriden. Von Dr. J. Gross. (Aus dem Zoologischen Institut zu Giessen.) Hierzu Tafel 7 und 3 Abbildungen im Text. In seiner Arbeit „Zur Morphologie des Tracheensytems“ (1877) macht PALMÉN bei Besprechung der Tracheenäste des Kopfes des Ephemeriden folgende Angabe (I. c. p. 9, Anm. 1): „Die vier im Scheitel zusammenstossenden Aeste bilden in ihrem Kreuzpunkt einen rundlichen, aus concentrischen Chitinschichten bestehenden Körper, dessen Bedeutung ich nicht kenne.“ Er giebt dazu auf fig. 7 eine Abbildung von Kopf und Thorax der Larve von Cloëon dipterum L. mit dem Tracheensystem dieser Körpertheile bei schwacher Vergrös- serung, welche die Lage des genannten Knotenpunktes erkennen lässt. Sonst ist dieses Gebilde, soweit mir die Literatur bekannt ist, von keinem Forscher erwähnt worden. Bei der Anfertigung von Schnittserien durch Köpfe von Ephemeriden zum Studium des Gehirns dieser Insecten wurde ich auf den Knoten- punkt im Tracheensystem aufmerksam und konnte seine Beschaffen- heit vermöge der Schnittmethode genauer untersuchen als PALMEN, der lediglich auf Präparation oder Totaluntersuchung durchsichtiger Larven angewiesen war. Da aber auch ich, wie sich im Verlauf der Darstellung ergeben wird, nicht zu einem abschliessenden Urtheil über die Function des in Rede stehenden Gebildes gelangen konnte, so will ich es vorläufig nach seinem Entdecker das PALMÉN’sche Organ nennen, um so einen bequemen Ausdruck für die Besprechung zu haben. Am genauesten untersuchen konnte ich das Organ bei Ephemera vulgata L., von welcher Art ich ‚mir genügend zahlreiches Material verschaffen konnte. Die folgenden Angaben beziehen sich also sämmtlich auf diese Species, soweit nicht ausdrücklich andere Formen genannt sind. 92 J. GROSS, Was zunächst die Lage des Organs innerhalb des Tracheensystems des Kopfs betrifft, so geht dieselbe aus Fig. A hervor. Auf dieser ist die Vertheilung der Tracheenäste aus einer Querschnittserie re- construirt, die Darstellung daher etwas schematisch. Doch giebt die Figur die Verzweigung und Richtung der Haupttracheenäste richtig wieder, was für meinen Zweck genügt. Alle Seitenäste sind als für meine Untersuchung belanglos weggelassen. Wie die Figur zeigt, theilen sich die Längsstämme bereits im Prothorax in je zwei, einen äussern dorsalen und einen innern ventralen. Der äussere tritt ungetheilt in den Kopf ein und verläuft in diesem gerade nach vorn. Er versorgt hauptsächlich Augen und Fig. A. Kopf und Thorax von Antennen. Der innere Stamm giebt RE eee #05 P FA noch im Prothorax einen Ast ab, der nach innen und oben gegen den Scheitel verläuft. Der Hauptstamm setzt sich natürlich auch in den Kopf fort und giebt hier weitere Aeste an die bei Ephemeriden bekanntlich rudimentären Mundwerkzeuge ab. Im Kopf entsendet auch der äussere Längsstamm einen starken Ast nach innen gegen den Scheitel, der hier mit dem eben erwähnten des innern Längsstammes zusammen- trifft. An dieser in der Mittellinie des Hinterkopfs belegenen Ver- einigungsstelle der 4 von beiden Seiten zusammentretenden Tracheen- äste liegt das PALmEn’sche Organ (p in Fig. A). Die Anordnung der Tracheen im Kopf von Ephemera vulgata weicht im Einzelnen nicht unerheblich ab von der Beschreibung und Abbildung, welche PALMEN für die Larve von Cloéon dipterum gegeben hat. In der Hauptsache jedoch, in der Bildung des Knotenpunktes durch 4 im Scheitel zu- sammentretende Aeste, gleichen sich die beiden Arten. Den Bau des Organs hat PALMÉN ebenfalls, soweit es sich bei Totalansicht und geringer Vergrösserung zu erkennen giebt, richtig als den eines aus concentrischen Chitinschichten bestehenden rund- lichen Körpers bezeichnet. Die Vergleichung von Schnittpräparaten in den drei Hauptrichtungen des Raumes ergiebt folgenden feinern Bau. Auf einem medianen Längsschnitt durch den Kopf gewahren wir das Organ als einen elliptischen Körper, der aus einer Anzahl concentrischer Chitinlamellen zusmmengesetzt ist (Fig. 1). Die Zahl Ueber das Palmén’sche Organ der Ephemeriden. 93 der Lamellen -beträgt bei der Imago 14, bei der Subimago 131). Die einzelnen Lamellen sind mit feinen, nach innen gerichteten Chitin- härchen dicht besetzt. Die innerste Schicht besteht aus zwei hinter einander gelegenen ungefähr kreisförmigen Lamellen. Ein ganz ähn- liches Bild wie der Medianschnitt ergiebt ein durch die Mitte des Or- gans gelegter Querschnitt (Fig. 2). Nur ist die Gestalt desselben etwas abweichend. Während der Längsschnitt einen ungefähr elliptischen Umriss hat, nähert sich der Querschnitt mehr der Kreisform. Auch liegt auf dem Querschnitt im Centrum nur ein Kreis. Denn wie ein Vergleich von Fig. 1 und 2 ergiebt, kann bei dieser Schnittrichtung immer nur der eine der beiden centralen Kreise des Längsschnitts getroffen werden. Verfolgt man auf einer Serie von Medianschnitten das PaLmen’sche Organ von der Mitte nach aussen, so ergeben sich folgende Veränderungen. Wählen wir einen nur durch wenige Schnitt- dicken von dem mittelsten getrennten Schnitt, so bemerken wir, dass das Organ jetzt scheinbar aus weniger Schichten gebildet wird. Auf dem in Fig. 3 dargestellten Schnitt sind es nur noch 10. Dabei sind die centralen Kreise bedeutend grösser geworden. Das bedeutet natür- lich, dass die kleinsten, innersten der concentrischen Schichten vom Messer nicht mehr getroffen sind. Auch ergiebt sich in so fern ein Unterschied, als jetzt nicht nur die innerste Schicht aus 2 einfachen, hinter einander gelegenen Kreisen besteht, sondern die centralen Hohl- räume des Organs werden jetzt von 3 concentrischen Kreisen um- geben. Gehen wir noch um einige Schnittdicken nach aussen (Fig. 4), so haben wir überhaupt keine geschlossene Figur mehr vor uns, sondern wir gewahren 2 hinter einander liegende, weit offene Bogen, die mit ihren Scheitelpunkten gegen einander gerichtet sind. Jede der beiden bogenförmigen Figuren besteht aus nur wenigen — auf dem zur Ab- bildung ausgewählten Schnitt sind es 4 — Schichten. Betrachten wir jetzt einen etwas vor oder hinter der Mitte des Organs gelegenen Querschnitt, so erhalten wir folgendes Bild (Fig. 5). Die Zahl der concentrischen Schichten ist dieselbe geblieben. Dagegen bilden eine Anzahl der äussern Schichten keine geschlossenen Kreise mehr, sondern sind auf jeder Seite unterbrochen, so dass das ganze Organ eine un- 1) Imago und Subimago von Ephemera vulgata lassen sich auch auf Schnitten noch deutlich unterscheiden. Die Cuticula des Kopfs ist bei der Subimago mit zahlreichen dicht stehenden Haaren besetzt, die nur auf der Cornea der Facettenaugen und Ocellen fehlen. Der Kopf der Imago ist dagegen nackt, ein Unterschied der beiden Stände, der meines Wissens bisher noch nicht bekannt war. 94 J. GROSS, gefähr sanduhrförmige Gestalt erhält. Die Figur lässt ferner deutlich erkennen, dass die äusserste Schicht sich continuirlich in die Intima der anstossenden Tracheenäste fortsetzt, auf welche sich jedoch die feinen Härchen nicht erstrecken. Ziehen wir endlich zum Vergleich noch Horizontalschnitte heran, so können wir uns hier mit der Be- trachtung eines durch die Mitte des Organs gelegten Schnittes (Fig. 6) begnügen. Waren auf Fig. 5 die concentrischen Kreise auf zwei Seiten unterbrochen, so zeigen sie auf Fig. 6 vier ins Kreuz gestellte Unter- brechungen; oder man könnte vielleicht treffender sagen, die Chitin- lamellen sind nur an vier Stellen in geringer Ausdehnung vorhanden, nämlich vorn und hinten, rechts und links. Der Schnitt erhält da- durch eine sehr charakteristische Gestalt, die sich am besten mit der des bekannten preussischen Ordens des „eisernen Kreuzes‘ vergleichen lässt. Nur der innerste Kreis ist auch hier noch geschlossen. Was die Grössenverhältnisse des PALMÉN’schen Organs anbelangt, so habe ich durch Vergleichung verschiedener Schnittserien folgende Durch- schnittswerthe gefunden: 75 w in der Länge, 68 « in der Höhe und 61 u in der Breite. Reconstruiren wir jetzt aus den besprochenen Schnittbildern das ganze Organ, so erhalten wir folgendes Gesammtbild. Ein Körper, der im Längsschnitt kurz elliptisch, im Querschnitt ungefähr kreisförmig ist, setzt sich aus 14 concentrischen, aus zartem Chitin bestehenden Schalen zusammen, die an ihrer Innenfläche mit feinen Härchen dicht besetzt sind. Das Ellipsoid ist aber kein vollkommen geschlossenes. Vielmehr ist es von vier Seiten her tief ausgehöhlt. Das Ganze ist in den Kreuzungspunkt von 4 im Scheitel des Hinterkopfs zusammen- treffenden Tracheenästen eingeschaltet, und zwar so, dass die Luft zwischen den Schalen frei eirculiren kann, wenn auch durch die grosse Zahl der Härchen einigermaassen behindert. Ganz ähnlich gestaltet wie bei Ephemera vulgata L. fand ich das PALmkn’sche Organ noch bei Baétis rhodani Pıcr., Heptagenia sulphurea MÜLL., ferner bei den Larven einer Caénis sp. und einer Chirotonetes sp. Einige geringe Abweichungen in der Gestalt bei Baëtis rhodani konnte ich nicht hin- reichend genau feststellen, um sie hier zu besprechen, da ich mir nicht genügend Material beschaffen konnte. PALMEN (1877), der mehr als 20 Species von Ephemeriden untersuchte, hat das in Rede stehende Organ offenbar bei sämmtlichen gefunden, da er nicht angiebt, dass er es bei irgend einer Form vermisst hätte. Das Organ kommt also höchst wahrscheinlich allen Angehörigen der Ordnung zu. Bemerken Ueber das Palmén’sche Organ der Ephemeriden. 95 will ich noch, dass es in beiden Geschlechtern völlig gleich ausgebildet ist und keinerlei Unterschied erkennen lässt !). Bevor ich mich zu der Frage nach der Entstehung und Bedeutung des Organs wende, möchte ich noch auf die Fig. 7 und 8 hinweisen, die es bei stärkerer Vergrösserung, und zwar Fig. 7 von einer Sub- imago, Fig. 8 von einer Imago darstellen. Fig. 7 giebt einen nicht ganz medianen Schnitt wieder; daher sind die centralen Kreise hier schon von je 2 Lamellen begrenzt. Sonst zeigen die beiden Figuren noch das Epithel, welches das PALMEN’sche Organ natürlich ebenso bekleidet wie alle Verzweigungen des Tracheensystems. Dasselbe ent- hält deutliche ovale Kerne. Dagegen sind Zellgrenzen nur höchst selten zu entdecken. Diese sind ja in dem Epithel des Tracheen- systems überhaupt nur mit bestimmten Methoden gut sichtbar zu machen, zu deren Anwendung für mich kein Grund vorlag. Das Epithel, wie auch die Chitinschichten, sind durch ein fein vertheiltes Pigment ziem- lich dunkel gefärbt. Fig. 8 stammt aus einer durch Chlor entpigmen- tirten Schnittserie. Das Epithel zeigt sich an zwei einander gegen- über liegenden Stellen (a und b) stark verdünnt. Auch die Kerne sind hier, wie besonders Fig. 8 gut erkennen lässt, platter und liegen weniger gedrängt als an den übrigen Stellen. Fig. 7, die, wie er- wähnt, einen nicht völlig medianen Schnitt darstellt, lässt diese Ver- dünnungen nicht so deutlich erkennen. Die dünnen Stellen des Epithels sind eben nur auf kleine Flächen beschränkt und bilden nicht etwa eine ringförmige Zone um das ganze Organ, wie man aus der Be- trachtung der beiden abgebildeten Längsschnitte allein vielleicht folgern könnte. Ich komme auf diese Epithelverdünnungen noch in 1) Ich möchte hier eine Bemerkung über das Zahlenverhältniss der beiden Geschlechter bei Ephemera vulgata einflechten, da es mir ein anderes zu sein scheint als bei andern Ephemeriden. Nach Brenn (1892) sollen auf Tausende von Männchen nur wenige Weibchen kommen. Zimmer (1898) giebt an, dass er von Cloéon pumilla Burm. während eines ganzen Herbstes nur 3 oder 4 Weibchen erbeuten konnte, während er von jeder seiner Excursionen immer eine Anzahl Männchen nach Hause brachte. Bei Ephemera vulgata verhalten sich die Ge- schlechter dagegen wesentlich anders. Bei einem starken Fluge dieser Species in der Umgegend von Giessen fing ich an zwei Abenden 54 Stück, und zwar 36 Männchen und 18 Weibchen. Allerdings habe ich am zweiten Abend eine Anzahl Männchen, da ich deren schon ge- nügend erbeutet hatte, wieder fliegen lassen. Aber auch unter Berück- sichtigung dieses Umstandes wird sich die Zahl der gefangenen Weib- chen zu der der Männchen wie 1 zu 3 oder mindestens wie 1 zu 4 verhalten haben. 96 J. GROSS, einem besondern Zusammenhang zu sprechen. Die beiden Figuren lassen ferner erkennen, dass die Härchen auf der Innenseite der Chitinschalen aussen am längsten und stärksten sind und nach innen von Schicht zu Schicht immer kürzer und zarter werden. Dass die Gestalt des Organs auf beiden Bildern nicht nicht ganz gleich, über- haupt etwas unregelmässig ist, liegt an der bei der Conservirung nie ganz zu vermeidenden Schrumpfung der Tracheenintima. Auf den- selben Umstand ist es zurückzuführen, dass an einigen Stellen, be- sonders auf Fig. 8, einzelne Lamellen von ihren Nachbarn weit ab- stehen. In frischem Zustand berühren die Härchen jeder Schicht höchst wahrscheinlich die folgende ganz oder doch nahezu ganz. Ebenso liegt wohl sicher das Epithel beim lebenden Thier der äussersten Chitinlamelle direct auf. Was nun die Entstehungsweise des Organs anlangt, so liegt es von vorn herein nahe, sie mit den Häutungen während der Meta- morphose in Zusammenhang zu bringen; und diese Annahme ist, wie ich glaube zeigen zu können, auch durchaus zutreffend. Für ihre Richtigkeit spricht, ganz abgesehen von stärkern Gründen, schon die Zahl der Schalen. Es sind, wie erwähnt, bei Ephemera vulgata deren 14 vorhanden. Nun wissen wir, dass die Ephemeriden bis zu ihrer definitiven Ausbildung eine ganz beträchtliche Zahl von Häutungen durchmachen müssen. TÜMPEL (1901) giebt, wie aus dem Zusammen- hang hervorzugehen scheint, als besonders hohe Zahl für Cloéon ru- fulum Mii. 19 Häutungen an. Ferner habe ich gleichfalls schon erwähnt, dass das PALm£n’sche Organ von Ephemera bei der Imago eine Schicht mehr aufweist als bei der Subimago. Darauf hin an- gestellte Untersuchungen ergaben mir bei einer Larve von Caénis sp. 7 (Fig. 9), bei einer etwas ältern Larve derselben Art (Fig. 10) 9 Schichten. Es kann schon nach diesen Angaben eigentlich Kein Zweifel mehr bestehen, dass die Zahl der concentrischen Chitinlamellen mit den Häutungen steigt. Ich bin aber durch einen glücklichen Zu- fall in der Lage, auch direct ad oculos demonstriren zu können, dass die Vergrösserung des PALMÉN’schen Organs durch Häutungen be- wirkt wird. Ich besitze nämlich unter meinen Schnittserien eine durch den Kopf einer Subimago, bei welchem im Tracheensystem die Häutung bereits begonnen hat, der also gerade während des Häutungsprocesses conservirt wurde. Der bereits besprochenen Fig. 6 liegt ein Schnitt aus dieser Serie zu Grunde. Man sieht auf ihr deutlich, wie die In- tima der Subimagotracheen sich bereits von der neugebildeten Wand abgehoben hat und sich schon nach Art der Exuvien zusammenfaltet. Ueber das Palmén’sche Organ der Ephemeriden. 97 Nur am Parm&n’schen Organ liegen beide Schichten noch glatt auf einander. Ebenfalls nur an diesen vier Stellen ist die Intima der Imagotracheen mit den uns bekannten feinen Härchen besetzt. Streift nun das Insect mit seiner Haut auch die Intima der Subimagotracheen ab, so reisst diese am PALMÉN’schen Organ offenbar und bleibt hier, festgehalten von den benachbarten Schichten, zurück. Wir können uns, wie mir scheint, aus dieser einen Schnittserie ein vollkommen klares Bild von der höchst einfachen Entstehung des ganzen, an- scheinend so complicirten Apparats machen. Wie ich oben, bei der Besprechung der Medianschnitte erwähnte, liegen auf solchen in der Mitte hinter einander 2 getrennte, von besondern Lamellen gebildete Kreise. Es kann also Anfangs noch keine Verbindung aller 4 sich hier nähernden Tracheenäste bestehen. Vielmehr berühren sich hier zuerst 2 Bogen, ein vorderer und ein hinterer, nur mit ihren Scheitel- punkten. Von einem bestimmten Stadium an ist dann aber die Häutung des Tracheensystems keine vollständige mehr. Vielmehr reisst die Intima jeder der beiden Tracheenbogen nahe an seinem Scheitelpunkt ab, so dass ein allerdings nur sehr kleiner Rest im Körper der Larve durch alle Stadien bis zur Imago erhalten bleibt. Ob der genannte Vorgang schon bei der ersten Häutung eintritt oder erst bei einer der folgenden, bleibt ungewiss, da es mir nicht bekannt ist, wieviel Häutungen Ephemera vulguta im Lauf ihres Lebens durch- zumachen hat. Ebenso kann ich nicht entscheiden ob die rechten und linken Schenkel eines jeden der beiden Tracheenbogen von Anfang an mit einander in offener Communication stehen oder ob diese erst im weitern Verlauf der Entwicklung zu Stande kommt. Wie dem aber auch sei, durch das Abreissen und Zurückbleiben eines Stückes der Intima muss eine offene Communication aller 4 im Scheitel des Insects zusammentreffenden Tracheenäste bewirkt werden. Denn die Reste der ältesten Tracheenintima werden jetzt als einheitliches Ge- bilde von der neuen Intima umgeben, kommen also in einen Hohlraum zu liegen. Dieser muss sich, wie eine einfache Ueberlegung zeigt, bei allen spätern Häutungen erhalten, so dass die Luft zwischen den con- centrischen Chitinschichten des Organs frei circulirén kann. Das ganze, gewiss eigenthümliche Gebilde existirt, soweit unsere Kenntnisse reichen, nur bei der einen Ordnung der Ephemeriden oder Archipteren. Weder sein Entdecker PALMÉN, der das Tracheensystem bei Vertretern von neun Insectenordnungen untersucht hat, noch irgend einer der vielen andern Forscher, die sich mit dem Studium dieses Organsystems bei den verschiedensten Gruppen beschäftigt haben, hat ein gleiches oder Zool. Jahrb, XIX. Abth. f. Morph. "7 98 J. GROSS, auch nur ähnliches Organ bei einem andern Insect gefunden. Das Einzige was wir von andern Vertretern der Classe ebenfalls zum Ver- gleich heranziehen könnten, ist das Auftreten von nach innen ge- richteten Haaren oder Borsten auf der Intima der Tracheen einiger Insecten. Solche sind unter dem Namen „Stachelborsten“ zuerst von Stern (1847) von verschiedenen Coleopteren beschrieben worden. Weiter findet sie Leypıc (1857 u. 1859) bei Lampyris splendidula, Dorcadion lineatum, bei Angehörigen der Genera Leptura und Neerophorus. End- lich sah derselbe Forscher sie bei Musca domestica in den Tracheen, welche den Mastdarm umziehen. Auch GerSTÄCKER (1866 —79) er- wähnt ihr Vorkommen bei Lampyris. Besonders interessant ist dabei die Angabe Leypi@’s, dass die Borsten bei Dorcadion, Leptura und Necrophorus auf die Tracheen des Kopfs beschränkt sind. Sonst bieten sie aber, wie mir scheint, wenig Vergleichspunkte zu den feinen Härchen im PALMÉN’'schen Organ der Ephemeriden. Ich kenne sie aus eigner Anschauung nur von Lam- pyris. Hier sind sie von be- trächtlicher Grösse und stehen mit grossen Zwischenräumen weit zer- streut auf der Intima der grössern Tracheenäste. Immerhin können sie zeigen, dass Haare auf der Innenfläche der Tracheen in der D np & . nd k ng y Classe der Insecten keine ganz Fig. B. Längsschnitt durch den Kopf vereinzelte Erscheinung sind. von Ephemera vulgata. 40:1. g Gehirn, Noch muss ich eines wichtigen à ’ o medianer Ocellus, p PALMÉN’sches Organ, < ci x 5 np unter dem PALMEN’schen Organ ver- bisher unberücksichtigt gelassenen nn te game Umstandes gedenken. Unter dem PAzLMÉN’schen Organ verläuft näm- lich bei allen 5 von mir untersuchten Ephemeridenspecies ein starker, vom Gehirn kommender Nervenstrang. Seine Lagebeziehungen ergeben sich aus Fig. B, die einen Medianschnitt durch den Kopf einer Ephemera vulgata bei schwacher Vergrösserung darstellt. Der er- wähnte Nerv (np) verläuft in der Medianlinie vom Gehirn (g) nach hinten unter dem PALMÉN’schen Organ (p) hindurch und heftet sich hinter ihm an der Körperwand an. In einem Theil seines Verlaufs liegt er direct auf dem Nervus recurrens (nr) des unpaaren sym- pathischen Nervensystems. Ich habe den Nervenstrang weiter ins Ge- hirn verfolgt und kann über seinen Verlauf und Ursprung noch folgende Angaben machen. Er tritt auf der Ventralseite von hinten in das Ueber das Palmön’sche Organ der Ephemeriden, 99 Gehirn ein und theilt sich bald in 2 Aeste. Diese verlaufen dicht bei einander auf der Ventralseite des Gehirns nach vorn, steigen dann ziemlich senkrecht, noch immer sehr genähert, nach oben, entfernen sich darauf zuerst allmählich etwas von einander, biegen dann in fast rechtem Winkel nach aussen um und splittern schliesslich rechts und links in der dorsalen Ganglienzellenrinde der Protocerebronhemisphären auf. Ausser diesen beiden Wurzeln hat der genannte Nervenstrang aber noch 2. Aus den oberflächlichen Partien der gangliösen Rinde des Protocerebrons entspringt nämlich weit vorn auf jeder Seite ein, allerdings nur zartes und nur wenige Fasern umfassendes Bündel. Diese ziehen nach hinten und unten, treten aus dem Gehirn aus und münden in den Hauptstrang ein, bald nachdem dieser das Gehirn ver- lassen hat. Eine detaillirtere Beschreibung der Ursprungsweise der genannten 4 zu einem Nerv zusammentretenden Bündel nebst den dazu gehörigen Abbildungen behalte ich mir für eine grössere ver- gleichende Untersuchung über das Insectengehirn vor, mit der ich zur Zeit beschäftigt bin. Ein Stück des Nerven ist in Fig. 8 unter dem Parmen’schen Organ zu bemerken. Aehnlich wie das genannte Organ, so scheint auch der eben besprochene Nerv bei den allermeisten In- secten zu fehlen. Nur bei den Larven von Odonaten (Libellula, Aeschna) hat BERGER (1878) einen Nerven entdeckt, der mit dem unsern aller- dings überraschende Aehnlichkeit hat. Bei der Wichtigkeit die diese Uebereinstimmung für meine Untersuchung zu haben scheint, lasse ich BerGer’s Beschreibung in extenso folgen. Er sagt (1. c., p. 9): „Noch muss ich eines bisher unbekannten Nervenpaars erwähnen, das in der Medianebene an der hintern untern Fläche des Gehirns entspringt. Man beobachtet an einem Frontalschnitt, dass aus 2 Wurzeln, welche sich sofort, nachdem sie aus dem Gehirn hervorgegangen, vereinigen, ein Nerv entspringt. der knapp an der Hinterfläche des Gehirns ver- laufend, sich nach aufwärts begiebt und in mehrere Aeste theilt. Im unpaaren Theil dieses Nerven konnte ich einzelne Fasern sich kreuzen sehen. Die intracerebrale Verlaufsweise dieses Nerven ist eine höchst eigenthiimliche. An Sagittalschnitten sieht man ihn nach vorn ziehen, wobei er stets an der Unterseite des Gehirns bleibt. An durch den vordersten Theil des Gehirns geführten Frontalschnitten kann man beobachten, dass nahe der Medianebene 2 Faserbündel schräg nach oben zu einem median gelegenen Theil des Rindenbeleges ziehen. Einigemale konnte ich das untere Ende des oben besprochenen Faser- bündels hakenförmig umgebogen sehen, so dass ich nicht zweifeln kann, dass dieselben die Fortsetzung des median gelegenen Nervenpaares 7% 100 J. GROSS, vorstellen. Ueber das periphere Ende desselben bin ich leider zu keinem bestimmten Resultat gelangt. Der unpaare Nervenstamm theilt sich, wie ich schon erwähnte, in mehrere Aeste. Von denselben be- geben sich 2 in schräger Richtung nach vorn und oben, die Haupt- fasermasse des Nerven zieht aber vertical nach aufwärts und theilt sich in 4 Aeste. An dem obern Ende jedes Astes sieht man das Neurilemm sich trichterférmig erweitern und in die Matrix chitinogena übergehen. In dem Trichter liegt ein Haufen von Ganglienzellen, von denen einzelne nach oben gerichtete kurze Fortsätze erkennen liessen. Es scheint wohl zweifellos, dass dieser Nerv einem Sinnesorgan an- gehört. Möglich wäre es, dass er in Beziehung stände zu den in grosser Anzahl auf dem obern Kopfschild vorhandenen Hautborsten ; es gelang mir jedoch nicht eine Nervenfaser zu einer Hautborste zu verfolgen.“ Wie aus den Ausführungen BERGER’S hervorgeht, hat sein Nervenpaar innerhalb des Gehirns einen ganz ähnlichen Verlauf wie die beiden Aeste des Hauptstranges der von mir bei Ephemera ent- deckten Nerven. Dass sich bei den Odonaten die beiden Aeste erst ausserhalb des Gehirns vereinigen, ist ein Unterschied von nur unter- geordneter Bedeutung. Dagegen fehlen bei den Odonaten die beiden dünnen Bündel, die bei Ephemera noch an der Zusammensetzung des Nerven Theil nehmen. Ebenso fehlt natürlich ein dem PALMÉN’schen vergleichbares Organ, welches BERGER und den andern Autoren, welche Libellenlarven untersucht haben, besonders auch PALMEN selbst un- möglich hätte entgehen können. Auch ist die periphere Endigung der in ihrer Ursprungsweise so ähnlichen Nerven total verschieden. Zwar heftet sich, wie oben erwähnt, der Nervenstrang auch bei den Ephe- meriden an die Körperwand an, aber nur vermittels seiner binde- gewebigen Umhüllung. Die Nervenfasern, das lässt sich deutlich er- kennen, hören fast unmittelbar hinter dem PaLmén'schen Organ auf. Dieses Factum zwingt dem Beobachter unwillkürlich den Gedanken auf, dass der Nerv zu dem genannten Organ in Beziehung stehen müsse. Diese Vermuthung wird noch durch andere Umstände unter- stützt. Gerade dort, wo der Nerv an das Organ herantritt, befindet sich die eine der verdünnten Stellen im Epithel (@ in Fig. 8), auf die ich weiter oben bei der Beschreibung des Organs aufmerksam machte. Auch wüsste ich nicht, welchen Functionen der Nerv sonst dienen sollte. Seitenäste giebt er während seines ganzen Verlaufs nicht ab. Auch an eine Beziehung zu dem unter ihm hinziehenden Nervus re- currens des unpaaren sympathischen Nervensystems kann nicht ge- dacht werden. Denn wenn auch beide Nerven sich auf eine gewisse Ueber das Palmén’sche Organ der Ephemeriden. 101 Strecke berühren, so bleiben sie doch immer durch das gut ausge- bildete Neurilemm deutlich von einander getrennt. Auch stände es in der ganzen Classe der Insecten ohne Analogie da, dass ein zum sympathischen System gehöriger Nerv seinen Ursprung im Proto- cerebron hat. Da ein so starker und gut charakterisirter Nervenstrang aber doch eine Funetion haben muss, bleibt nichts anderes übrig, als diese in der Innervirung des PALMÉN’schen Organs zu suchen, obgleich es mir trotz Anwendung verschiedener specifischer Färbungsmethoden (Eisenhämatoxylin, Kupferhämatoxylin nach VIALLANES, Säurefuchsin) nicht gelungen ist, das Eintreten von Nervenfibrillen in das Epithel des Organs nachzuweisen. Wenn ich mich nun zu der physiologischen Bedeutung des PAL- MEN’ schen Organs selbst wende, so muss ich gestehen, dass ich zu einer sichern Auffassung nicht gekommen bin. Anfangs glaubte ich, dass seine Function vielleicht mit dem Wasserleben der Larve in Zu- sammehang stehe. Es fehlt ja aber allen andern im Wasser lebenden Insectenlarven, deren Tracheensystem oft und genau untersucht ist. Ich selbst habe noch die Köpfe von Larven von Notonecta glauca, Culex pipiens und einem Dytisciden untersucht, aber, wie zu erwarten war, ohne Erfolg. Doch auch andere Erwägungen zeigen, dass wir es zweifellos nicht mit einem lar- valen Organ zu thun haben. Ich habe oben schon dargethan, dass dasselbe seine volle Ausbildung erst beim Ueber- a g 2 ; ig. C. Längsschnitt durch den gang zum Imagoleben erreicht. Hier Kopf einer Caönis-Larve. 40:1. kann ich noch hinzufügen, dass seine 9 Gehirn, p PaLMÉwsches Organ, Si np unter dem PALMEN’schen Organ Beziehungen zu dem eben besprochenen verlaufender Nerv, nr Nervus recur- Nerven auch erst im Subimago- oder "es gf Ganglion frontale, ng Unter- ei a x schlundganglion. frühestens auf den ältesten Larven- stadien eintreten. Wie Fig. C, der Längsschnitt durch den Kopf einer Caënis-Larve erkennen lässt, ist der Nerv von dem Organ durch einen beträchtlichen Zwischenraum getrennt. Auch schien es mir, als ob bei jungen Larven in dem Strang noch gar keine nervösen Elemente vorhanden seien. Wir haben es also jeden Falls mit einem Organ zu thun, dass seine Rolle erst während des kurzen Imagolebens der Ephe- meriden spielt. Man könnte vielleicht meinen, dass das ganze Gebilde nur den Zweck hat, die 4 im Scheitel zusammenstossenden Tracheen- 102 J. GROSS, äste mit einander in offene Communication zu bringen, und dass sich seine phylogenetische Entstehungsweise in der Ontogenie auffallend deutlich erhalten habe. Dem widerspricht aber der so wahrscheinliche Zusammenhang des Gebildes mit einem starken Nerven, der den meisten andern Insecten fehlt; auch lässt sich nicht einsehen, welchen Zweck der Härchenbesatz der Tracheenintima haben sollte, der für das freie Circuliren der Luft doch höchstens ein Hemmniss abgeben könnte. Auch bliebe es dann immer noch sonderbar, warum ähnliche Gebilde bei den zahlreichen Anastomosen im Tracheensystem andrer Insecten, z. B. bei den so ähnlichen in der Mittellinie des Kopfs der Carabus- Arten (siehe KozBE 1893), niemals auftreten. Warum endlich fehlen die concentrisch geschichteten Körper den Anastomosen in den übrigen Körpersegmenten der Ephemeriden selbst? Ich glaube deshalb, dass für das räthselhafte Organ keine Er- klärung gefunden werden kann ohne Berücksichtigung des Nerven. Nehmen wir aber an, dass dieser wirklich zu dem Organ gehört, so kann dieses nichts anderes sein als ein Sinnesorgan. Da es aber, wenn auch ziemlich direct unter der Hypodermis — von dieser nur durch wenig Fettkörper getrennt — doch jeden Falls im Innern des Körpers der Thiere gelegen ist, kann es von allen uns von andern Thiergruppen bekannten Sinnesfunctionen nur denen eines Gleichge- wichtssinnes dienen. Es wäre also zu untersuchen, ob das Organ Eigenschaften besitzt, die auf ein Gleichgewichtsorgan schliessen lassen, und ferner, ob die Lebensweise der Ephemeriden den Besitz eines solchen Organs erklärlich erscheinen lässt. Ich will mit der Beant- wortung der zweiten Frage beginnen. Wohl jedem Beobachter der freien Natur ist der so besondere und anmuthige Hochzeitsflug der Ephemeriden bekannt. Auch ist er ja oft genug beschrieben worden. „An einem stillen Mai- oder Juniabend“ sagt BREHM (1892), „gewährt es einen zauberhaften Anblick eigenthümlicher Art, diese Sylphiden im hochzeitlichen Florkleide, bestrahlt vom Golde der sinkenden Sonne, sich in den lauen Lüften wiegen zu sehen. Wie verklärte Geister steigen sie ohne sichtliche Bewegung ihrer glitzernden Flügel auf und nieder und trinken Lust und Wonne in den wenigen Stunden, welche zwischen ihrem Erscheinen und Verschwinden, ihrem Leben und Sterben liegen.“ Genauer schildert Karon (1888) den eigenthünlichen Flug der Ephemeriden, der sie, soviel mir bekannt, von allen andern Insecten unterscheidet. Er schreibt !): „Viele kennen die gewöhnliche 1) Ich eitire die Stelle in der von Zimmer (1898) gegebenen Ueber- setzung. Ueber das Palmön’sche Organ der Ephemeriden. 3 5 vo Flugart einiger der häufigsten Eintagsfliegen, besonders der Männchen. In Folge einer unterbrochenen Action der Flügel besteht sie in einer tanzartigen Bewegung meist senkrecht auf und nieder: ein schnelles Aufsteigen und dann ein gemächliches sich Sinkenlassen in steter Wiederholung. Der Körper wird während des Aufsteigens in einer wenig von der Senkrechten abweichenden Lage getragen, die Füsse nach vorn gestreckt, die Schwanzfäden nachschleppend. Heptagenia (Baëtis), die ebenso wie ihre Verwandten, auch diese Lage, den Kopf gegen Wind gerichtet, einnimmt, nur dass die Schwanzfäden gespreizt sind, hat dadurch im Axlthal (Devon) den Namen „gelbe Aufrechte“ (Yellow Uprights) erhalten. Während des Sinkens wird der weniger steil getragene Körper getragen durch die bewegungslos halb ausge- breiteten Flügel und die ausgestreckten Schwanzfaden.“ Von der Richtigkeit dieser anziehenden Schilderungen kann sich jeder Beobachter leicht überzeugen !). Für meine Zwecke ist das Wichtigste das so auffallende Niedersinken, das ohne jeden Flügelschlag vor sich geht, wobei die Schwanzfäden und die halb ausgebreiteten Flügel als Fall- schirm dienen. Bei diesem Niedersteigen nun glaube ich, könnte ein Organ, welches das Thier über seine Gleichgewichtslage orientirt, wohl von Nutzen sein. Sehen wir also zu, ob das PALm&n’sche Organ in seinem Bau Eigenschaften erkennen lässt, welche es ermöglichen, ihm statische Functionen zuzusprechen. Ich will natürlich nicht auf die eigenthümliche Aehnlichkeit Gewicht legen, die ein Längs- oder Quer- schnitt durch die Mitte des Organs mit einem Statolithen aufweist. Diese ist natürlich ganz zufällig und nur durch die concentrische An- ordnung der Chitinschalen bedingt. Wichtiger erscheint mir die Lage des Organs genau in der Mittellinie des Hinterkopfs und die vier tiefen, trichterförmigen, ins Kreuz gestellten Aushöhlungen, wie sie Fig. 6 am deutlichsten zeigt. Denn diese vier nach der Mitte des Organs gerichteten Einbuchtungen liegen in vier Hauptrichtungen der Horizontalebene. Dazu kommt, dass durch die vielen concentrischen Chitinschalen mit ihrem feinen Härchenbesatz die Lufteirculation zwischen 1) Das Gesagte bezieht sich nur auf den Hochzeitsflug. Die Ephe- meriden sind, wie man leicht beobachten kann, auch zu ganz andern Flugweisen befähigt. Oft genug habe ich gesehen, wie aus einem tanzenden Schwarm sich plötzlich ein Theilnehmer hoch erhob und in pfeilgeschwindem Flug geradeaus in die Weite flog. Letzteres ist natürlich für die Ausbreitung der Art von grosser Bedeutung. Denn hätten die Ephemeriden nur den tändelnden Hochzeitsflug, so wären sie immer an den Ort ihrer Geburt gebunden und müssten auch dort wieder ihre Eier deponiren. 104 J. GROSS, den 4 zusammentretenden Tracheenästen bedeutend erschwert wird. Kommt nun das Insect beim Failenlassen und Abwärtssteigen irgend wie aus der Gleichgewichtslage, so kénnten sich in den verschiedenen Theilen des PazLmÉén'schen Organs Luftdruckunterschiede bemerkbar machen, die auf den darunter verlaufenden Nerven einen Reiz aus- üben könnten, welcher durch diesen dem Gehirn zugeleitet würde, um durch Vermittlung desselben, eine leichte Bewegung der Flügel oder Schwanzfäden auszulösen, die dem Thiere seine Gleichgewichtslage wiedergiebt und es so am Umpurzeln verhindert. Das PALMEN’sche Organ hätte also nach dieser Auffassung eine ähnliche Function wie die halbeirkelförmigen Canäle der Wirbelthiere, nur mit dem Unter- schied, dass es nicht in den drei Richtungen des Raums, sondern nur in den wesentlichsten einer Ebene orientirt ist. Natürlich ist die ganze Deutung noch vollkommen hypothetisch und muss dies bleiben, bis es gelingt, Nervenendapparate nachzuweisen. Die Härchen auf der Innenseite der Chitinschalen können natürlich nicht als Sinneshaare in Anspruch genommen werden, da nichts für eine solche Natur der- selben spricht. Man könnte meinen, der Beweis für die Richtigkeit der von mir versuchten Deutung des Organs liesse sich vielleicht durch zweckmässig angestellte Versuche erbringen. Das erscheint mir aber ziemlich ‘aussichtslos. Es wäre ja gewiss nicht unmöglich, das recht oberflächlich gelegene Organ zu zerstören, nachdem man vorher seine Lage so genau festgestellt hat, dass man sie schon von aussen am lebenden Thier angeben kann. Aber ich fürchte, dieses Experiment wird nicht viel helfen. Stellt sich nach dem operativen Eingriff irgend eine Aenderung der Flugweise ein, so kann diese auch durch die Ver- letzung an und für sich bewirkt sein. Wir wissen aus der experi- mentellen Gehirnphysiologie der Vertebraten zur Genüge, in welche schwere Irrthümer man geraten kann, wenn man die Verletzung oder Zerstörung eines Organs oder Organtheils als reinen Versuch be- trachtet. Während man aber bei einem Wirbelthier wohl warten kann, bis die störenden Nebeneffecte des operativen Eingriffs verschwunden sind, so scheint mir das bei einer „Eintagsfliege“ kaum möglich zu sein. Selbst ein nicht zur Begattung gelangtes Exemplar dürfte in der Gefangenschaft nur zu bald eingehen. Auch würden die Thiere wohl kaum den Hochzeitsflug aufnehmen, wenn man sie nicht in die ihnen zusagende, natürliche Umgebung und unter Artgenossen bringt. Thut man dies aber, so würden einem die Versuchsthiere gar zu leicht entschlüpfen, nachdem sie einmal aufgestiegen sind. Ebenso wenig Erfolg verspreche ich mir von dem Versuch, die Function des Organs Ueber das Palmén’sche Organ der Ephemeriden. 105 durch Verkleben der in die Kopftracheen führenden Stigmen festzu- stellen. Aus diesen Griinden habe ich von Experimenten tiberhaupt abgesehen und mich entschlossen, meine eigentlich noch nicht ganz reife Untersuchung zu publiciren, in der Hoffnung, dass ein andrer Forscher vielleicht mehr Glück hat und an günstigerm Material die Räthsel zu lösen vermag, die uns das PALMÉN’sche Organ, dieses so sonderbare Gebilde, aufgiebt. Literaturverzeichniss. 1878. Bercer, E., Untersuchungen über den Bau des Gehirns und der Retina der Arthropoden, in: Arb. zool. Inst. Wien, V. 1892. Brexm, Thierleben, 3. Aufl, Leipzig u. Wien. 1888. Eaton, A. E, A revisional ‘monograph of recent Ephemeridae or Mayflies, in: Trans. Linn. Soc. London, (2) V. 3. 1866-79. GERSTÄCKER, A., Die Arthropoden, in: Bronx Class. Ordn. Thierreich, V. 5, Berlin u. Heidelberg. 1893. Kousr, H., Einführung in die Kenntniss der Insecten, Berlin. 1857. Levoıc, F., Lehrbuch der Histologie, Frankfurt a./M. 1859. —, Zur Anatomie der Insecten, in: Arch. Anat. Physiol., Jg. 1859. 1877. Parmen, J., Zur Morphologie des Tracheensystems, Leipzig. 1847. Srtem, F., Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insecten, in Monographieen bearbeitet, 1., Berlin. 1901. Tünper, R., Die Geradflügler Mitteleuropas, Eisenach. 1898. Zimmer, C., Die Facettenaugen der Ephemeriden, in: Z. wiss. Zool., V. 63. 106 J. GROSS, Ueber das Palmén’sche Organ der Ephemeriden. Erklärung der Abbildungen. Date liye 4 Figg. 1, 3 u. 4 Längsschnitte durch das Parméx'sche Organ von Ephemera vulgata. 235 : 1. Figg. 2 u. 5. Querschnitte durch das Parménsche Organ von Ephemera vulgata. 235 : 1. Fig. 6. Horizontalschnitt durch das Parmün’sche Organ von Ephe- mera vulgata. 235 : 1. Figg. 7 u. 8. Längsschnitte durch das Parméxsche Organ von Ephemera vulgata. 680 : 1. Figg. 9 u. 10. Längsschnitte durch das Parmün’sche Organ einer Caënis-Larve. 235 : 1. Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. Ein Beitrag zur Kenntniss der schalleitenden Apparate und des Zungenbeinbogens bei den Sauropsiden. Von J. Versluys jr., Assistent und Privatdocent an der Universität Amsterdam. XVII. Hierzu Tafel 8—11 und 16 Abbildungen im Text. Inhalt. Einleitung. . Columella auris der erwachsenen Lacertilier; Nomenclatur. . Columella auris und Labyrinthkapsel. . Otostapes und Hyostapes. . Stapes-Extracolumellar-Gelenk. . Die Verbindung der Columella auris mit dem Zungenbeinbogen. . Das Intercalare; der Processus dorsalis der Columella auris. . Das dorsale Ende des Zungenbeinbogens, nachdem es von der Columella auris frei geworden ist, bis zum Zustand bei den erwachsenen Thieren; seine Verbindung mit dem Schädel. . Der Processus internus. . Die Entstehung des Insertionstheils der Extracolumella. . Die Muskeln der Extracolumella. . Der Nervus facialis (Chorda tympani) und die Columella auris. . Kurze Schilderung der Entwicklung der Columella auris der Lacertilier. Anhang: Amphisbäniden. . Die Lacertilier und Sphenodon. . Die Lacertilier und die Crocodilier. . Bemerkungen über die Columella auris der Vögel. . Lacertilier und Mammalia. A. Intercalare. B. Homologie der Gehörknöchelchen bei Sauropsiden und Säuge- thieren, Zusammenfassendes über das dorsale Ende des Zungenbein- bogens bei Sauropsiden. Nachweis der eitirten Schriften. Erklärung der Abbildungen. 108 J. VERSLUYS jr., Einleitung. Die vorliegende Arbeit ist eine Fortsetzung meiner frühern, 1898 erschienenen, über „Die mittlere und äussere Ohrsphäre der Lacertilia und Rhynchocephalia“. Als letztere Arbeit abgeschlossen wurde, war es mir nicht möglich, der Entwicklungsgeschichte der Gehörknöchelchen die ihr gebührende Berücksichtigung zu Theil werden zu lassen. Es war das vorliegende Thatsachenmaterial zu beschränkt, um ein sicheres Urtheil über einige der wichtigsten Fragen zu gewinnen; zu eigenen Untersuchungen fehlte mir die Zeit. Neben Parker’s älterer Untersuchung (1880) lag damals nur C. K. Horrmann’s kurze Darstellung der Entwicklung bei Lacerta agilis (1889) vor. Dazu ist in neuerer Zeit die in einigen Punkten abweichende Darstellung von a u. Ruppick (1899) und KınGs- LEY (1900) gekommen. Ich habe mich nun bemüht, vor allem die Punkte zu untersuchen, deren Bestätigung wegen ihrer Bedeutung für den Vergleich mit andern Ordnungen und Classen der Vertebraten erwünscht schien. Daneben wurde auch danach gestrebt, das Bild zu vervollständigen, und andere Classen der Amnioten zum Vergleich herangezogen. Das Material bestand aus verschiedenen Arten. Namentlich lagen mir ziemlich gute Reihen von Embryonen verschiedenen Alters vor von Lacerta (15 Serien), von Platydactylus mauritanicus (10 Serien) und von Gecko verticillatus (8 Serien); daneben einige Serien von Hemidactylus frenatus (4) und von Calotes jubatus (2). Dieses Material sowie anderes zum Vergleich benütztes verdanke ich dem überaus freundlichen Entgegenkommen der Herren M. Für- BRINGER, DAVIDOFF, F. MAURER, L. BOLK, FELIX, C. P. SLUITER und Max WEBER. Allen diesen Herren spreche ich hier meinen verbind- lichsten Dank aus. Namentlich den Herren M. WEBER und SLUITER bin ich für das Interesse, welches sie immer für meine Arbeit gezeigt haben, zu besonderm Dank verpflichtet. Ich finde es nicht nöthig, eine Darlegung des jetzigen Standes der Frage nach der Homologie der Gehörknöchelchen vorauszuschicken. In meiner frühern Arbeit (1898, p. 220) habe ich schon vieles darüber mitgetheilt und auch die Literatur berücksichtigt !). Dazu hat GAUPP 1) Von L. Dotto habe ich damals nur die Arbeit „On the malleus of the Lacertilia and the malar and quadrate bones of the Mammalia, in: Quart. J. microsc. Se., (N. 8.) V. 23, 1883“ erwähnt (VersLuxs, 1898, p- 153, 227), in der er sich für die Homologie des Quadratums der Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 109 (1899) eine ausführliche Besprechung des Baues, der Ontogenese und der Phylogenese des schalleitenden Apparats bei den Wirbelthieren gegeben (1899), worin die Punkte, über welche die Meinungen noch aus einander gehen, in sehr klarer Weise hervorgehoben sind. Da man nun, wenn man diesen Fragen näher treten will, GAupp’s Arbeit jeden Falls studiren muss, so sehe ich keinen Grund, hier noch ein Résumé zu geben. I. Die Columella auris der erwachsenen Lacertilier. Es möge eine kurze Schilderung des Baues der Columella auris bei erwachsenen Lacertiliern vorausgeschickt werden, vor allem als Einführung in die Nomenclatur (VERSLUYS, 1898; Gaupp, 1899). Die Columella auris besteht aus zwei Abschnitten, einem medialen Stapes und einer lateralen Extracolumella (Fig. 1 8 und Ext. col). Beide sind getrennt durch eine Gelenkspalte (Gel. St. Ext), oder diese ist verschwunden, und dann lässt sich die Grenze nur noch dadurch bestimmen, dass der Stapes knöchern, die Extracolumella knorplig ist, höchstens zum Theil verkalkt. Der Stapes hat einen langen, dünnen Stiel und eine oft kaum angedeutete runde oder ovale Fussplatte, welche die Fenestra ovalis verschliesst. Bei einigen Arten zeigt der Stapes am Uebergang von Stiel und Fussplatte ein Loch, durch das eine Arterie, die Arteria facialis, hindurchtritt (L). Die Extracolumella besteht aus einem stabförmigen Abschnitt, den ich Stiel genannt habe (Fig. 1 St. Ex.col), welcher die Verlängerung des Stieles des Stapes bildet, und einem im Trommelfell liegenden oder doch die Verbindung mit demselben wermittelnden Insertionstheil. Letzterer besteht immer aus einem ventralwärts und nach vorn gerichteten Abschnitt, der Pars inferior, und einer dorsalwärts und caudalwärts gerichteten Pars superior (Fig. 1 Pars inf. u. Pars sup). Daneben kommen ziemlich oft noch zwei kleine Fortsätze vor, ein nach vorn und dorsalwärts gerichteter Processus accessorius anterior und ein caudalwärts und etwas ventralwärts gerichteter Processus accessorius posterior (Fig. 1 Proc. acc. ant u. Proc. acc. post). Sauropsiden mit der Pars zygomatica des Squamosums bei Säugethieren ausspricht. Dorro hat sich aber später einer andern Meinung ange- schlossen, nämlich dass das Quadratum dem Tympanicum der Säuger homolog sei (L. Doro, Nouvelle note sur le Champsosaure, in: Bull. Soc. Belg. Géol. Bruxelles, V. 5, 1892, p. 182), was mir der Zeit leider entgangen war. 110 J. VERSLUYS jr., Der Stiel der Extracolumella sendet in der Nähe seines medialen Endes einen Fortsatz ab, der sich dem Periost des Quadratums an- legt und sich sogar bei einigen Arten entlang dem Quadratum ventral- wärts ziemlich weit ausdehnt als ein zarter, sich ventralwärts ver- jüngender Knorpelfaden. Ich habe ihn Processus internus genannt (Fig. 1 Proc.int). Von der ventralen Spitze der Pars inferior des Insertionstheils zieht eine Sehne im Trommelfell dorsalwärts bis zum obern Ende der Pars superior. Dort nimmt die Sehne, welche immer stärker geworden ist, einen mehr medialen Verlauf (Fig. 1 $) und heftet sich bei einigen Lacertiliern an der vordern ventralen Fläche des Processus paroticus fest, bei andern Lacertiliern aber an einem dort befindlichen Knorpel- stück. Letzteres ist meist nur ein medialer Fortsatz eines grössern Knorpelstückes, welches dem Processus paroticus lateral und vorn, ventral vom Squamosum, aufgelagert ist. Ich will diesen Knorpel, von dem die Sehne abgeht, Intercalare nennen (Fig. 1 Int. c, siehe hierüber weiter unten XVI, A). Die Sehne der Extracolumella heftet sich nur dann direct am knöchernen Processus paroticus an, wenn das Intercalare fehlt oder doch rudimentär ist. Für die ausführlichere Schilderung muss ich auf meine frühere Arbeit (1898, p. 134) verweisen. II. Columella auris und Labyrinthkapsel. HoFFMANN (1889, p. 16, 17) hat bei Embryonen von Lacerta agilis gefunden, dass ein medialer Abschnitt der Columella auris als ein Fortsatz der Labyrinthkapsel entsteht. Er fand keine Grenze zwischen dem Blastem der Labyrinthkapsel und dem medialen Ende des Stapes. KiNGSLEY (1900, p. 215) fand dagegen bei Embryonen eines Lacer- tiliers, wahrscheinlich von Sceleporus (einem Iguaniden), Verhältnisse, die er, wie folgt, beschrieben hat: „The stapedial portion of the stroma [des Hyoidbogens] runs inward from its point of connection with the hyoid proper . . . etc. Its proximal end terminates a short distance from the labyrinth of the inner ear, its shaft lying above the lateral portion of the pharynx. Proximally it has no connection with the otic capsule, which is just beginning to be differentiated, while the stapedial tissue is much more dense.“ Das Resultat der Untersuchung meiner Präparate ist fol- gendes. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. ia Da à A. Lacerta agilis und muralis. Bei einem sehr jungen Embryo von Lacerta (Embryo II; 1. Kiemen- spalte noch geöffnet; Blastembildung des Skelets anfangend, die Blastem- massen sind aber noch nicht scharf abgrenzbar) finde ich keine Grenze zwischen dem Blastem des Stapes und demjenigen der Labyrinthkapsel. Die Zellkerne liegen etwas dichter im Centrum des Blastems, woraus sich der Stapes entwickeln wird, aber nach dessen Rändern hin wird dieses Blastem weniger dicht und stimmt in Dichte und Grösse der Kerne mit der Anlage der Labyrinthkapsel überein, so dass es in meinen Präparaten (Querschnittserie der Ohrgegend; Schnittdicke 6 «; Färbung mit Parakarmin) nicht möglich ist, beide Blastemmassen gegen ein- ander abzugrenzen. Bei einem andern Embryo, der offenbar noch etwas jünger ist (Embryo I), finde ich das Blastem der Columella auris eben erkennbar. In der Gegend der Labyrinthkapsel liegen die Kerne nur wenig dichter als im benachbarten Gebiet, wo sich kein Skelet bilden soll. Die Stapesbasis reicht schon so weit medialwärts wie im definitiven Zustand und bleibt hier nicht lateralwärts von dem Areal, wo sich die Gehörkapsel bildet (wie es bei Säugethierembryonen der Fall ist). Eine Abgrenzung des Stapes gegen die Labyrinthkapsel ist auch bei diesem Embryo, wo beide am Anfang ihrer Bildung stehen, nicht möglich. Bei einem etwas ältern Embryo von Lacerta muralis (Embryo II; Querschnitte, 6 « dick; die 1. Kiemenspalte eben wieder geschlossen, die 2. noch geöffnet) findet sich in der Gegend, wo eine Grenze zwischen Stapes- und Labyrinthblastem etwa liegen müsste, ventral eine schmale, zellenarme Zone, dorsal aber vollständige Con- tinuität beider Blasteme. Ob ventral wirklich Spuren einer Grenze zwischen Stapes und Labyrinthkapsel vorliegen, lässt sich aus den Schnitten nicht sicher entnehmen. | Auch bei allen ältern Embryonen, bei welchen Stapes und Labyrinth- kapsel noch auf dem Blastemstadium stehen, finde ich eine Abgrenzung beider nicht möglich. Nur ist im Centrum der Anlage der Stapes- fussplatte das Blastem etwas dichter, etwas weiter vorgeschritten als mehr peripher und in der Labyrinthkapsel. In Fig. 2 habe ich einen Querschnitt der Ohrgegend von Lacerta agilis, Embryo IV, abgebildet (der Embryo war 8 Tage nach der natürlichen Eiablage abgetödtet), in dem die Continuität der Blastemmassen deutlich hervortritt; die relative Dichtigkeit der Kerne wurde möglichst genau angegeben, doch sind die Kerne etwas zu klein gezeichnet, und es musste daher, um 112 J. VERSLUYS jr., den Charakter des Bildes treu wiederzugeben, die Lage der Kerne überall etwas zu dicht angegeben werden. Für Lacerta finde ich also dasselbe Verhalten wie HOFFMANN, und zwar vom allerersten Anfang der Blastembildung an. Wenn später Vorknorpelbildung auftritt (d. i. wenn die Kerne wieder merklich aus einander weichen), hat die Fussplatte des Stapes ihren eigenen Vorknorpelkern, welche in meinen Präparaten immer durch eine Blastemzone vom Vorknorpel der Labyrinthkapsel getrennt bleibt. Dieser Vorknorpelkern des Stapes entsteht später als die Vor- knorpelbildung im Bereiche des Canalis semicircularis horizontalis des Labyrinths, aber früher als die Vorknorpelbildung im ventralen Bezirk der Ohrkapsel. Wenn dann der Knorpel in der Stapesbasis und der Labyrinthkapsel auftritt, sind beide getrennt durch eine breite Blastem- zone. Aus diesem Blastem entwickelt sich das Bindegewebe, welches beim erwachsenen Thier den Stapes in der Fenestra ovalis befestigt. Andere Verhältnisse finde ich aber bei Geckoniden. B. Platydactylus mauritanicus. Mein jüngster Embryo dieser Art (I; Querschnitte, 6 « dick; 1. Kiemenspalte eben verschlossen) zeigt eine als dichte Blastemmasse deutlich erkennbare Columella auris. Ihr inneres Ende wird von einer Arterie, der Arteria facialis, durchbohrt, ein Verhalten, welches ich schon früher (1898, p. 186) von einigen andern Geckonidenarten be- schrieben habe. Wichtig ist nun, dass der medial von dieser Arterie liegende Ab- schnitt der Columella auris, aus welchem sich die Fussplatte des Stapes entwickelt, sich gegen das Blastem der Labyrinthkapsel deutlich abgrenzen lässt (Fig. 3). Es ist das Blastem der letztern im Um- kreis der Stapesfussplatte erst äusserst schwach entwickelt, und da- durch liegt der mediale Abschnitt des Stapes als dichte Zellenmasse im viel zellenärmern Gewebe der Labyrinthkapsel. Letzteres ist in den Querschnitten (Fig. 3 Bl.O) ventral erst durch einen schmalen Blastemstrang angedeutet, welcher deutlich etwas medial vom Stapes bleibt. Dorsal findet sich eine grössere Zellenverdichtung, welche nicht so scharf gegen den Stapes abgrenzbar ist. Aber durch die dichtere und eirculäre Lage der Zellen und durch blassere Färbuug von beinahe allen Zellkernen bekundet der Stapes seine Selbständig- keit gegenüber dem Skelet der Ohrkapsel. Bei einem anscheinend nur sehr wenig ältern Embryo dieser Art (Embryo II, Querschnitte, 6 « dick) ist das Blastem der Ohrkapsel Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 113 etwas weiter vorgeschritten, und es ist bei diesem Embryo deutlich, wie das Blastem der Labyrinthkapsel medial vom Stapes eine con- tinuirliche Schicht bildet (in Fig. 3 schon angedeutet). Der Stapes liegt zwar diesem Blastem an, lässt sich aber doch durch die dichtere Lage und etwas blassere Färbung seiner Zellkerne gegen dasselbe ab- grenzen. Ventral liegen die Blasteme vom Stapes und Ohrkapsel sogar etwas von einander entfernt, indem eine zellenarme Zone zwischen beiden auftritt. Auch bei einem noch etwas ältern Embryo (Frontalschnitte) legt der Stapes sich nur gegen die Ohrkapsel an, lässt sich aber sehr gut gegen letztere abgrenzen. Das Ohrkapselblastem setzt sich auch im Bereich der spätern Fenestra ovalis als dünne Zellenschicht fort (Fig. 4 Bl. 0’). Die Verhältnisse bei diesen Embryonen von Platydactylus stimmen vollständig mit dem, was KINGSLEY (1900) bei Sceleporus gefunden hat. Bei weiterm Wachstum kommt die Stapesbasis immer mehr in die Labyrinthwand zu liegen. Die Blastemschicht medial vom Stapes wird dabei undeutlicher und geht wahrscheinlich im Perichondrium des Stapes auf. Der Stapes verknorpelt ohne Zusammenhang mit dem Knorpel der Ohrkapsel. Seine Verknorpelung findet etwa gleichzeitig statt mit der des dorsal von ihm liegenden Abschnittes der Ohrkapsel und früher als die Verknorpelung im ventralen Bezirk der letztern. C. Gecko verticillatus. Die Verhältnisse dieser Art stimmen mit denen von Platydactylus überein. Beim jüngsten Embryo (I; 1. Kiemenspalte wieder geschlossen, die andern noch offen; der Embryo scheint mir weiter vorgeschritten als der Embryo I von Platydaciylus, nach welchem die Fig. 3 ge- zeichnet wurde, aber jünger als der Embryo der Fig. 4) liegt der Stapes lateral vom Blastem der Labyrinthkapsel, letzteres zwar mit seiner ganzen medialen Fläche berührend, aber durch die grössere Dichte seines Blastems gegen das noch sehr lockere Blastem der Labyrinthkapsel deutlich abgrenzbar. Bei einem merklich ältern Embryo vom Gecko (Embryo III, alle Kiemenspalten geschlossen) hat sich die dichtere Zellenschicht, welche beim jiingern Embryo I derselben Art die Lagena umhüllt, schon ge- trennt in eine äussere dichtere Schicht, das Skeletblastem, und eine innere zellenarme Schicht embryonalen Bindegewebes. Auch hier ist der Unterschied in der Dichte der Zellen zwischen dem Ohrkapselblastem (d. i. der äussern Schicht) und dem lateral ihm an- Zool, Jahrb, XIX. Abth. f. Morph, 8 114 J. VERSLUYS jr., liegenden Stapesblastem noch nicht ganz verschwunden; der Stapes ist mit Parakarmin etwas dunkler gefärbt, und die Grenze zwischen beiden wird ziemlich scharf angegeben durch eine dichtere, durch noch etwas dunklere Färbung hervortretende Zellenschicht. Dieser Embryo von Gecko ist erheblich weiter vorgeschritten als der Embryo von Platy- dactylus der Fig. 4. Der Stapes behält auch bei der Verknorplung seine Selbständig- keit gegenüber der Labyrinthkapsel, bleibt davon erst durch Blastem, später durch Bindegewebe getrennt. | Bei Hemidactylus frenatus geben die Querschnitte ein Bild, wie es in Fig. 2 von Lacerta abgebildet wurde. Eine Abgrenzung des Stapes gegen das Ohrkapselblastem ist nicht möglich. Aus dem oben Mitgetheilten geht Folgendes hervor. Horrmann’s Angabe, dass sich bei jüngern Lacerta-Embryonen der Stapes nicht gegen die Ohrkapsel abgrenzen lässt, kann ich be- stätigen; Aehnliches finde ich auch bei Hemidactylus (nur eine Serie!). Andererseits war bei Platydactylus und Gecko immer eine Abgrenzung möglich, wie KıngsLey von Sceleporus (Iguanidae) beschrieben hat. Bei Platydactylus und Gecko setzt sich die Ohrkapsel auch medial vom Stapes als eine continuirliche Blastemschicht fort, wird also auch da angelegt, wo später die Fenestra ovalis entsteht. Dies beweist aber, dass die Fussplatte des Stapes sich nicht aus diesem Theil der Ohrkapsel bildet, sondern eine von der Ohrkapsel unabhängige Skelet- bildung ist. Die Unterscheidung beider ist bei diesen Arten auch erheblich leichter, indem der Stapes früher angelegt und immer weiter vorgeschritten ist als das Ohrkapselblastem. Die Continuität beider Blastemmassen bei Lacerta und Hemidactylus ist wohl vor allem Folge davon, dass beide Skeletbildungen etwa gleichzeitig erscheinen und immer gleich weit vorgeschritten sind. In Folge dessen liegen bei diesen beiden Arten zwei Blastemmassen von gleicher Dichte und Be- schaffenheit in enger Berührung, so dass eine Abgrenzung nicht mög- lich ist. Aber daraus darf nicht auf einen genetischen Zusammenhang geschlossen werden. Nicht unmöglich erscheint es, dass in der zarten Blastemschicht, welche die Labyrinthkapsel medial von der Stapes vervollständigt, bisweilen noch Knorpel auftritt. Bei Plalydactylus und Gecko ist dies zwar nach meinen Präparaten kaum möglich, denn die Schicht wird hier mit zunehmendem Alter immer zarter. Aber für Lacerta möchte ich eine geringe Betheiligung dieser Schicht, welche hier nicht vom Stapesblastem getrennt werden kann, nicht ausschliessen; meine Prä- Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 115 parate erlauben letzteres nicht. Allerdings fand ich keinen gesonderten medialen Knorpelkern ! Durch eine solche, an sich geringe Betheiligung der Labyrinth- kapsel an dem Aufbau der Fussplatte des Stapes lässt sich vielleicht der knorplige Zusammenhang zwischen Stapes und Labyrinthkapsel erklären, welchen SCHAUINSLAND (1900, p. 834) bei vielen Embryonen von Sphenodon gefunden hat; vielleicht auch das Auftreten eines be- sondern, sehr kleinen, ganz medialen Knochencentrums in der Fuss- platte des Stapes bei Crocodiliern (W. K. PARKER, 1885, p. 285, tab. 69, fig. 1, 2, 3). Ich erwähne dies nur, um zu betonen, das meine Präparate nur für Gecko und Platydactylus, nicht aber für Lacerta und andere Sauropsiden eine Betheiligung der Labyrinthkapsel am Aufbau des Stapes ausschliessen. Wohl aber beweisen meine Präparate, dass bei Gecko und Platydactylus die Fussplatte des Stapes ein vom Labyrinth unabhängig entstehender Skelettheil ist. Und dann wird man doch wohl gezwungen, für die Fussplatte bei allen Lacertiliern eine Ent- stehung ganz oder grössten Theils von der Labyrinthkapsel aus zu verneinen. Hierin schliesse ich mich KınasLeyY (1900, p. 216) an. IH. Otostapes und Hyostapes. Nach HorrmAnn (1889, p. 16; 1890, p. 2016) besteht die Colu- mella auris (er nennt dieselbe Stapes) bei Lacerta aus zwei Abschnitten. Der eine, weitaus grösste, den er Otostapes nennt, sei ein Theil des mesoblastischen Labyrinths; der andere, viel kleinere Abschnitt, der Hyostapes, sei ein vom Hyoidbogen abgetrennter Skelettheil. Er sagt darüber (1890, p. 2017) folgendes: „Sehen wir jetzt, wie das Blastem sich verhält, welches die Grundlage bildet, aus der sich das knorplige und knöcherne Labyrinth entwickelt. In der Gegend der Cochlea giebt dasselbe, noch bevor es irgend eine Spur von Knorpelbildung zeigt, distalwärts einen Fortsatz ab, welcher die Anlage desjenigen Theiles des Stapes bildet, den ich als Otostapes bezeichnet habe. Gleichzeitig sendet der Zungenbeinbogen proximalwärts ebenfalls einen Fortsatz ab, der dem soeben genannten entgegenwächst und mit ihm verwächst, aber so, dass die Grenzen beider Stücke auch in den spätern Entwicklungsstadien noch deutlich zu sehen sind. Letztgenanntes Stück bildet nun den andern, aber viel kleinern Theil des Gehör- knöchelchens, den ich ‚Hyostapes‘ genannt habe.“ Und 1. c., p. 2019: „Wenn der embryonale Knorpel in Hyalin- knorpel sich umgebildet hat, ist das distale Ende des Otostapes mit SX 116 J. VERSLUYS jr., dem proximalen Theil des Hyostapes wohl bereits vollständig ver- wachsen, aber doch so, dass das Grenzgebiet beider Theile auf Quer- schnitten noch sehr deutlich zu sehen ist. In noch spätern Entwick- lungsstadien, wenn die erste Knochenbildung in dem knorpligen Laby- rinth und in dem proximalen Theil des Otostapes aufzutreten anfängt, verschmelzen Otostapes und Hyostapes so vollständig mit einander, dass es sehr schwierig ist, die Grenze beider Theile angeben zu können.“ Bis so weit HOFFMANN. Dieser Angabe von HOFFMANN muss ich als Ergebniss meiner Präparate gegenüberstellen, dass ich schon von den frühesten Stadien an bei Lacerta, schon beim Embryo II (1. Kiemenspalte noch geöffnet) mit noch ziemlich lockerer, nicht genau abgrenzbarer Blastemanlage der Columella auris, letztere als eine continuirliche Zellenverdichtung finde, mit nur wenig schwächerer Zellenanhäufung in der Mitte des Stapes. Und bei diesem Embryo ist die Blastembildung noch so wenig weit vorgeschritten, dass sie eben erst deutlich erkennbar ist; jüngere Embryonen werden kaum eine Blastemanlage der Columella auris be- sitzen, nur eine über die ganze Mittelohrregion ausgedehnte Zellen- verdichtung. Auch bei meinem sehr jungen Embryo I von Platy- dactylus tritt die Columella auris als continuirliches Blastem, ohne Discontinuität, hervor (siehe Fig. 5))). Ich habe nun in meinen Präparaten nach der Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes gesucht. Dieselbe soll lateral vom Pro- cessus internus liegen. HOFFMANN (1889, p. 15) beschreibt nämlich einen knorpligen Processus otostapedis, welcher zum Quadratum geht und, wie aus seiner fig. 4, tab. 3, geschlossen werden kann, mit meinem Processus internus identisch ist. Und dieser Processus otostapedis ist ja ein Fortsatz des Otostapes. Diese Grenze ist bei ältern Embryonen von Lacerta agihs, deren Columella auris schon verknorpelt ist, leicht aufzufinden als eine dünne, den hyalinen Knorpel durchtrennende Blastemscheibe (Lacerta, Embryo XIII, XIV). An derselben Stelle beschrieb schon früher Leyvıs (1872, p. 87, fig. 149 a) bei erwachsenen Thieren eine bis- weilen auftretende Andeutung einer Trennung. Und ich selbst (1898, p. 72, fig. 59 x, tab. 5) fand bei erwachsenen Exemplaren von Lacerta 1) Dass in meiner Fig. 3 die Columella auris nicht weiter lateral- wärts reicht, ist nur Folge davon, dass die Columella auris schräg latero-caudalwärts gerichtet ist, also auf Querschnitten des Kopfes schräg getroffen wird. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. RIT ocellata eine Einschnürung, wo der Stiel der Extracolumella mit ebenen Flächen getheilt werden konnte. Die Grenze zwischen Otostapes und und Hyostapes bleibt also auch bei der erwachsenen Lacerta bestehen (siehe Fig. 1 bei a). Bei jüngern Embryonen von Lacerta, deren Columella auris noch nicht verknorpelt ist, konnte ich aber keine Spur einer Trennung in Otostapes und Hyostapes finden. Horrmann’s Grenze, wie sie auf seinen figg. 7, tab. 1, 5 und 9, tab. 2, und 1, 3 und 4, tab. 3, abge- bildet ist, tritt in-meinen Präparaten erst bei der Verknorplung auf, also relativ spät. Die Grenze ist kein Beweis für HOFFMANN’S An- gabe, es entstehe die Columella auris aus einem labyrinthären und einem hyoidalen Abschnitt. Sie bezeichnet nur die Grenze zwischen zwei getrennt verknorpelnden Abschnitten der Columella auris. Die Verknorplung fängt bei der Basis des Otostapes an und schreitet von dort distalwärts bis an diese Grenze vor. Der Hyostapes verknorpelt erst später mit einem selbständigen Knorpelkern, der etwa da auftritt, wo Stiel und Insertionstheil der Extracolumella in einander übergehen, und dann medialwärts vorschreitet. Zwischen beiden Knorpelbildungen bleibt dann zuletzt die Blastemscheibe als schmale, nicht verknorpelnde Blastemschicht übrig, wodurch auch bei erwachsenen eine Trennung beider Abschnitte möglich ist (wenigstens oft). Auch bei Platydactylus und Gecko tritt eine solche Blastemscheibe auf, der Rest einer breiten Blastemzone, welche die Knorpelkerne von Otostapes und Hyostapes trennt. Nur finde ich dieselbe hier breiter und weniger scharf als bei Lacerta. Bei erwachsenen Exemplaren von Gecko finde ich dieselbe nicht. Im Blastemstadium konnte ich auch bei diesen Geckoniden keine Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes finden. HorrMann’s Angabe, es entstehe die Columella auris von Lacerta aus zwei getrennt angelegten Abschnitten, welche vom Zeitpunktab, wo sie sich berühren, lange Zeit deutlich gegen ein- ander abgegrenzt bleiben, ist unrichtig. Die Grenze entsteht erst spät, bei der Verknorplung in einer vorher längere Zeit continuir- lichen Blastemmasse; sie ist kein Beweis für einen Ursprung der Columella auris aus zwei genetisch verschiedenen Abschnitten, einem labyrinthären und einem hyoidalen. . Ich besitze nicht genügend zahlreiche Präparate, um zu behaupten, dass beim ersten Auftreten des Blastems Otostapes und Hyostapes nicht als getrennte Zellenverdichtungen angelegt werden. Dies scheint a priori sehr gut möglich; das Stadium HorrmMann’s kann mir sehr 118 J. VERSLUYS jr., gut entgangen sein, wenn die Vereinigung beider Blastemmassen nur sehr bald nach ihrem ersten Auftreten stattfindet. Das Vorkommen gesonderter Knorpelkerne in Hyostapes und Otostapes könnte damit Hand in Hand gehen. Sehr scharf kénnte diese Trennung allerdings bei der relativen Dichte der Zellen in der ganzen Mittelohrregion und der zuerst nur wenig dichtern Zellenanhäufung der Columella auris (Lacerta, Embryo I, II; Platydactylus, Embryo I) nicht hervortreten. Wir konnten aber im vorigen Abschnitt beweisen, dass der Stapes als eine von der Labyrinthkapsel unabhängige Bildung betrachtet werden muss. Und dann genügt eine solche eventuelle und bald vorübergehende Discontinuität in dem Blastem der Columella auris nicht, den Stapes als einen nicht zum Zungenbeinbogen gehörigen Skelettheil zu betrachten, wo er doch schon sehr früh continuirlich damit zusammenhängt. Es sei hier aber nochmals hervorgehoben, dass ich in meinen Präparaten keine Discontinuität gefunden habe. Auch KINGSLEY er- wähnt eine solche nicht. Ich leite aus meinen Präparaten ab, dass die Blastemscheibe zwischen Oto- und Hyostapes die Grenze darstellt zwischen zwei von je einem eigenen Centrum aus verknorpelnden Abschnitten der Colu- mella auris; sie bezeichnet nicht das dorso-mediale Ende des Hyoid- bogens; letzterer setzt sich bis in die Fenestra ovalis fort. IV. Das Stapes-Extracolumellar-Gelenk. Wie HorrmMann (1889, p. 18) schon mitgetheilt hat, liegt die Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes lateral von einem Fortsatz, den er Processus otostapedis genannt hat und der mit meinem Pro- cessus internus der Extracolumella (VERSLUYS, 1898, p. 144) identisch ist. Sie liegt also an einer andern Stelle als die Grenze (oder das Gelenk) zwischen dem knöchernen Stapes und der knorpligen Extra- columella des Erwachsenen, welche ja medial von diesem Fortsatz liegt (Fig. 1 a u. Gel. St. Ext). Beide sind also nicht identisch. Ein lateraler Abschnitt des Otostapes verknöchert niemals, und dieser bildet später den medialen Theil des Stieles der Extracolumella (Fig. 1 O). Es haben also Extracolumella und Stapes bei Lacerta nicht jede ihren eigenen Knorpelkern, sondern die Extracolumella ver- knorpelt theilweise vom Stapes aus, theilweise mit einem eigenen Knorpelkern (der den Hyostapes bildet). Das Stapes-Extracolumellar-Gelenk bildet sich erst sehr spät. Ich finde noch keine Spur davon bei meinem ältesten Embryo von Lacerta, Entwieklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 119 bei welchem die Deckknochen schon in voller Bildung sind und auch die Verknöcherung des Quadratums schon weit vorgeschritten ist. Bei Geckoniden fehlt das Gelenk, so dass die Trennung in Stapes und Extracolumella nur durch 'die Verknöcherung des Stapes angegeben wird. Selbst bei meinem ältesten Embryo von Gecko, der in der Ohr- gegend beinahe 7 mm breite Querschnitte gegeben hat, ist von einer Grenze zwischen Extracolumella und Stapes nichts zu sehen, die Colu- mella auris ist ein continuirlicher Knorpelstab. Bei jüngern Embryonen tritt eine Blastemgrenze auf, dieselbe entspricht aber der Grenze zwischen den beiden Knorpelcentren von Otostapes und Hyostapes, nicht dem fraglichen Gelenk. Sowohl das sehr späte Auftreten der Stapes-Extracolumellar- Gelenks als die Thatsache, dass die Verknorplung beiderseits von diesem Gelenk von demselben Knorpelkern (dem des Otostapes) ausgeht, be- weist zur Genüge, dass dieses Gelenk nur eine in einem einheitlichen Skeletstück entstandene secundäre Grenze darstellt. Dass es ein altes Gelenk ist, welches die Stammformen der Reptilien, wenigstens der Lacertilier, Rhynchocephalier und Croco- dilier, schon erworben hatten, macht die vergleichende Anatomie sehr wahrscheinlich (Näheres bei VERSLUYS, 1898, p. 134—138). Das späte Auftreten des Gelenks während der Ontogenese ist kein Beweis gegen diese Annahme. V. Die Verbindung der Columella auris mit dem Zungenbeinbogen. Schon bei meinen jüngsten Embryonen (namentlich Lacerta IT; anfangende, aber noch nicht scharf hervortretende Blastemmassen) ist deutlich zu erkennen, dass die Blastemmasse, welche die Anlage der Columella auris bildet, lateral nach hinten und ventralwärts abbiegt und sich continuirlich in den Zungenbeinbogen fortsetzt (Fig. 6). Bei etwas ältern Embryonen ist es möglich, die Blastemmassen annähernd gegen das umgebende Gewebe abzugrenzen und eine Abbildung der Columella auris und des Zungenbeinbogens nach den Schnittserien her- zustellen (Fig. 5 Platydactylus I; Fig. 7 Platydactylus V; Fig. 8 Lacerta V). Es ist dann auch die Pars inferior des Insertionstheils der Extracolumella als stumpfer Auswuchs der Columella auris schon angelegt. Aus den Figuren geht hervor, dass derselbe etwas weiter lateralwärts reicht als die Stelle liegt, wo der Zungenbeinbogen von : der Columella auris abbiegt. Namentlich an den Figg. 5 und 8 ist deutlich zu ersehen, wie der Zungenbeinbogen bei diesen, in der Ent- 120 J. VERSLUYS jr., wicklung schon etwas weiter vorgeschrittenen Embryonen nicht mehr die directe Fortsetzung der Columella auris bildet, sondern sich von hinten an die Columella auris heftet, an der Stelle, wo der Insertions- theil in den Stiel der Extracolumella übergeht. Bei Lacerta bleibt diese Verbindung des Zungenbeinbogens mit der Columella auris auch bei der weitern Entwicklung ganz lateral liegen. Dies hat HOFFMANN schon beobachtet und in seiner fig. 3, tab. 3 (1889), abgebildet. Wenn wir von dem in Fig. 8 abgebildeten Zustand (Lacerta agilis, Embryo V, 12 Tage nach der Eiablage getödtet) ausgehen, so finden wir für Lacerta folgende Umbildung der Zungenbeinbogen-Extra- columellar-Verbindung : Beim Embryo VI (L. agilis, 16 Tage nach der Eiablage getödtet) ist der Zusammenhang beider noch deutlich, aber doch etwas dünner als der nächstfolgende Theil des Zungenbeinbogens (die Spitze des 1. Zungenbeinhorns). Die Verbindungsstrecke verläuft ventralwärts und etwas caudalwärts, das darauf folgende 1. Zungenbeinhorn nach vorn, ventralwärts und stark medialwärts. Ich nenne die Verbindungs- strecke Interhyale; so wird dieselbe auch bei Säugethieren genannt. Während das Interhyale aus Blastem besteht, zeigt das dorsale Ende des 1. Zungenbeinhorns schon den ersten Anfang der Knorpelbildung, indem die Zellen aus einander weichen (Vorknorpelstadium). Wo das Interhyale von der Extracolumella abbiegt, d. h. wo Stiel und In- sertionstheil in einander übergehen, tritt auch eine schwache Vor- knorpelbildung auf. Beim Embryo VIII (L. agilis, 23 Tage nach der Eiablage getödtet) ist das Interhyale länger und dünner geworden. Es ist ein dichter, nicht scharf abgrenzbarer Zellenstrang, welcher vom Insertionstheil in der Höhe des Stieles abgeht und bis zum dorsalen Ende des 1. Zungen- beinhorns, des Zungenbeinbogens im engern Sinne, verfolgbar ist. Beim weitern Wachsthum wird nun das Interhyale ein immer | längerer und zarterer Zellenstrang, der, ventro-caudalwärts verlaufend, immer Extracolumella und Zungenbeinbogen verbindet. Während der Uebergang desselben in letztern so ziemlich auf einmal stattfindet, sendet die Extracolumella jetzt einen stumpfen, knorpligen Fortsatz dem Interhyale entgegen. Die Fig. 9 (L. agilis, Embryo X, Sagittal- schnitte) wird den Verlauf des Interhyale verdeutlichen. Ist die Verknorplung der Columella auris vollzogen, iso ist das Interhyale noch mehr rückgebildet. Entwieklung der Columella auris bei den Lacertiliern. Da Beim Embryo XIII ist es in ein dünnes Bindegewebsbündel um- gebildet, welches von einem besondern, vorknorpligen Fortsatz des Insertionstheils der Extracolumella abgeht und sich bis zum Zungen- beinbogen verfolgen lässt. Fängt die Verknöcherung des Articulare und des Quadratums an, dann ist das Bindegewebe schon wieder ver- schwunden, und es ist nur der kurze, jetzt knorplige Fortsatz des In- sertionstheils übrig geblieben, von welchem das Interhyale abging (Embryo XV). Es ist dann die Gestalt der Extracolumella schon so ähnlich derjenigen der erwachsenen Lacerta, dass alle die Fortsätze, welche bei Erwachsenen vorkommen, sich erkennen lassen; und es stellt sich dabei heraus, dass der Fortsatz, von dem das Interhyale abgeht, der Processus accessorius posterior der ausgebildeten Columella auris ist (Fig. 1 Proc.acc.post; Verstuis, 1898, tab. 5, fig. 59). Das dorsale Ende des Zungenbeinbogens (des 1. Zungenbeinhorns) hat sich indessen allmählich caudalwärts verschoben und liegt in der Halsgegend, annähernd gleich hoch wie die Columella auris. Bei Platydactylus mauritanicus findet beim weitern Wachsthum keine Verschiebung der Hyoidbogen-Extracolumellar-Verbindung lateral- wärts statt (Fig. 5, 7 u. 10). Zugleich mit der Verknorplung wächst hier der Hyoidbogen (im engern Sinne, das 1. Zungenbeinhorn) dorsal- wärts empor, lateral am Interhyale vorbei. Beim Embryo VII (Fig. 11) hat dieses Wachsthum schon angefangen. Das Interhyale ist hier ein stark nach aussen concav gebogener Blastemstrang, der caudalwärts und etwas medialwärts verläuft. Es findet sich in 16 auf einander folgenden Querschnitten der Serie von je 6 w Dicke und hat also parallel der Längsaxe des Thieres eine Länge von +0,096 mm; der Quer- durchmesser ist etwa 0,064 mm. Lateral von seinem hintern Ende, mit ihm seitlich verbunden, liegt die Spitze des Hyoidbogens, welche schon Knorpel aufweist und unter scharfer Biegung ins Blastem des Interhyale übergeht (Fig. 11). Im Interhyale tritt eine von der Extra- columella (dem Hyostapes) ausgehende Vorknorpelbildung auf, welche vom Zungenbeinhorn durch dichtes Blastem getrennt P'cibt. Beim Embryo IX von Platydactylus ist die Verbindung vom Interhyale mit dem Zungenbeinbogen gelöst. Das nunmehr freie cau- dale Ende des Interhyale wird durch eine zellenreiche Bindegewebs- masse vom Hyoidbogen getrennt. Das Interhyale ist zu einem caudal- wärts und ventralwärts gerichteten Fortsatz der Extracolumella ge- worden, welche da abgeht, wo deren Stiel und Insertionstheil in ein- ander übergehen. Der dorsale Endabschnitt des Hyoidbogens zeigt eine sehr scharfe Biegung medialwärts nach dem Interhyale zu. Neben dem 122 J. VERSLUYS jr., Interhyale ist schon der Processus accessorius posterior erkennbar. Bei Platydactylus ist also dieser Fortsatz kein Rest des Interhyale, wie es bei Lacerta der Fall war. Bei meinem ältesten Embryo (Platydactylus, Embryo X; Frontal- schnitte; das Trommelfell schon ziemlich dünn) ist das Interhyale ein zarter, ventral gerichteter knorpliger Fortsatz, welcher vom Stiel der Extracolumella, nicht vom Insertionstheil, abgeht. Bei Hemidactylus frenatus geht aus dem Interhyale gleichfalls ein Fortsatz des Stieles der Extracolumella hervor. Dieser Fortsatz ver- knorpelt (Fig. 12). Da er bei jungen und erwachsenen Thieren fehlt, muss er später wieder resorbirt werden. Die Fig. 13 giebt eine Abbildung der Columella auris von Gecko verticillatas (Embryo VII), von unten gesehen. Die Rückbildung des ventralen Abschnitts des Interhyale ist schon ziemlich weit vorge- schritten, der dorsale Abschnitt ist mit Ausnahme einer blastematösen Spitze verknorpelt, bildet einen Fortsatz der Extracolumella, und zwar des Hyostapes, welcher vom Stiel abgeht, mit der Pars inferior des Insertionstheils kaum zusammenhängt. Beim etwas jüngern Embryo VI, wo das Interhyale noch mit dem Zungenbeinbogen verbunden ist, geht das Interhyale bestimmt vom Stiel der Extracolumella ab (vom Hyostapes), etwas medial von dessen Uebergang in den Insertionstheil. Es scheint also die Abgangsstelle etwas variiren zu können. Beim erheblich ältern Embryo VIII (Quadratrum fängt an zu ver- knöchern; Breite des Kopfes in der Ohrgegend auf den Schnitten bei- nahe 7 mm) kann ich den Knorpelfortsatz nicht wiederfinden, ist das Interhyale also wie bei Hemidactylus verschwunden. Fassen wir die Ergebnisse der Untersuchung kurz zusammen, so kommen wir zum folgenden Resultat. Die Columella auris ist, wenn sie zuerst auftritt, nur eine medial- wärts abbiegende dorsale Strecke des Zungenbeinbogens. Wenn bald darauf der Insertionstheil der Extracolumella sich bildet, geht der Zungenbeinbogen da von der Columella auris ab, wo der Insertions- theil in den Stiel der Extracolumella übergeht. Bei der Verknorpelung haben Hyoidbogen (im engern Sinne, 1. Zungenbeinhorn) und Extra- columella (Hyostapes) getrennte Knorpelkerne. Eine Verbindungsstrecke bleibt zuerst noch blastematös, differenzirt sich dadurch sowie durch geringere Stärke gegenüber den Hyoidbogen und bildet ein Interhyale. Bei ältern Embryonen verknorpelt dasselbe theilweise von der Extra- columella aus, und indem die Verbindung mit dem Zungenbeinbogen schwindet, bildet es einen Fortsatz der Extracolumella. Dieser Fort- Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 123 satz geht bei Lacerta vom Insertionstheil der Extracelumella ab und bildet bei den erwachsenen Thieren den Processus accessorius posterior, liegt also im Trommelfell und ist während der Ontogenese etwas lateralwärts verschoben. Bei den 3 untersuchten Arten von Gecko- niden (Gecko, Platydactylus, Hemidactylus) geht der Fortsatz vielmehr vom Stiel der Extracolumella aus; höchstens ein kleiner Bezirk seiner Basis ist dem Insertionstheil angefügt. Der Fortsatz ist hier während der Ontogenese eher etwas medialwärts verschoben, vor allem bei Gecko und Hemidactylus. Er ist nicht identisch mit dem Processus accessorius posterior, der neben ihm besteht. Später wird er ganz zurückgebildet, denn bei erwachsenen Exemplaren von Gecko und und Hemidactylus fehlt er. Wie schon HoFFMANN (1898) für Lacerta hervorgehoben hat, findet bei den 4 von mir untersuchten Genera (Lacerta, Gecko, Hemi- dactylus und Platydactylus) also stets die Verbindung des Hyoid- bogens mit der Extracolumella statt, und zwar mit dem Hyostapes, nicht mit dem lateralen Ende des Stapes. Die Extracolumella liegt nicht lateral vom Hyoidbogen, sondern sein Stiel ist ein Abschnitt von dessen medialwärts (bis in die Fenestra ovalis) verlaufendem dor- salen Theil. Nur der Insertionstheil liegt nach vorn und lateral von der Hyoidbogen-Extracolumellar- Verbindung. KINGSLEY u. Ruppick geben eine Abbildung der Ohrregion von einem Embryo von Sceleporus (1899, fig. 2), auf welcher die Stelle, wo der Hyoidbogen von der Columella auris abgeht, ziemlich weit medial liegt, nur um ein Geringes mehr lateral als ein Fortsatz, welcher sehr wahrscheinlich dem Processus internus entspricht. Weil aber die Verbindung doch nicht medial von diesem Fortsatz liegt, findet dieselbe jeden Falls nicht mit dem Stapes, sondern wie bei Lacerta und Gecko- niden mit der Extracolumella statt. Ob sie mit dem Hyostapes oder mit dem lateralen, nicht verknöchernden Abschnitt des Otostapes statt- findet, kann man aus der Figur nicht schliessen ; im Texte (p. 220) wird die Columella auris als ein Knorpelstab beschrieben und nichts über irgend eine Gliederung gesagt, welche der Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes entsprechen könnte. In der ausführlichern Abhandlung von KINGSLEY (1900) wird angegeben, dass der Hyoidbogen mit dem distalen Ende des Stapes zusammenhängt (bei Sceleporus, p. 215, Alinea 3) und dass die Extracolumella nach vorn davon als selb- ständiges Skeletstück entsteht. KınasLey sagt p. 216: „The recognition of the extracolumella as an independent element has not been made before.“ Auch giebt er davon eine Abbildung (I. c., fig. 2) nach einem 124 J. VERSLUYS jr., Embryo, der anscheinend viel jünger ist als derjenige, von welchem KINGSLEY u. Ruppick die Columella auris auf der oben besprochenen Figur (fig. 2, 1899) abgebildet haben. Letztere beweist aber, wie schon bemerkt, dass auch bei Sceleporus der Hyoidbogen mit der Extra- columella im Sinne von Gapow und mir selbst, nicht aber mit dem Stapes zusammenhängt. KınasLey hat beide Theile der Columella auris, die bei Embryonen noch nicht von einander durch Gelenk ge- trennt sind, in anderer Weise abgegrenzt, als es bei erwachsenen Thieren der Fall ist. Dadurch kam er zu seiner unrichtigen Angabe, es gehe der Zungenbeinbogen vom Stapes ab. Ob bei Sceleporus der Hyoidbogen vom lateralen Ende des Oto- stapes oder vom medialen Ende des Hyostapes abgeht, kann ich aus Kinastey’s Angaben und Figuren nicht entscheiden. Die fig. 2 von KINGSLEY (1900) spricht aber für einen Abgang vom lateralen Ende des Otostapes. Dies wäre ein wichtiger Unterschied gegen die von mir untersuchten Lacertilier, wo die Verbindung des Zungenbeinbogens immer mit dem Hyostapes stattfindet. VI. Das Interealare; der Processus dorsalis der Columella auris; GAUPP’s Processus paroticus. Schon bei jungen Embryonen von Lacerta findet man einen dorsal- wärts gerichteten Fortsatz der Columella auris, der lateral von der Vena capitis lateralis frei endet, etwas caudal und medial vom dor- salen Ende des Quadratums und ventral von dem Vorsprung des Schädels, aus dem sich der Processus paroticus entwickeln wird. Beim Embryo IV von Lacerta ist der Fortsatz als Blastem eben erkennbar (Fig. 2), beim Embryo V (Fig. 8) schon stattlich entwickelt. Bei dem jüngern Embryo III findet man lateral von der Vena capitis lateralis nur eine nicht sehr starke Zellenverdichtung, welche sich bis zur Haut erstreckt, und in dieser Zellenverdichtung entsteht dann der dor- sole Fortsatz (Embryo IV). Beim Embryo II ist auch von einer Zellenverdichtung wenig zu bemerken (Fig. 6). Ich will diesen Fortsatz weiterhin Processus dorsalis nennen. Sein Ende ist zuerst nicht scharf abgrenzbar und wächst unter Aufnahme der umgebenden Zellen bald erheblich. Dadurch bekommt der Fort- satz die Keulenform, die auf Fig. 8 abgebildet ist. Beim Embryo VI ist der Processus dorsalis dem obern Ende des Quadratums schon viel näher gerückt, von demselben aber noch durch eine zellenarme Schicht getrennt. Zur gleichen Zeit wächst der Schädel- abschnitt, welcher den Canalis semieircularis horizontalis umgiebt, lateral © Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 125 von der Vena capitis lateralis ventralwärts, bildet einen Fortsatz, der beim Embryo VI noch sehr klein ist, bei ältern Embryonen aber bis caudal vom obern Ende des Processus dorsalis hinabreicht. Dieser Schädelfortsatz ist die Anlage des Processus paroticus. Von jetzt ab (Embryo VII) kann man auch die Anlage der Sehne der Extracolumella (siehe Fig. 1) unterscheiden, zuerst als Zellen- anhäufung (Blastem), worin sich bald Bindegewebsfasern differenziren. Diese Sehne nun entspringt vom Processus dorsalis, und zwar vom untern Theil der keulenförmig verdickten Endpartie desselben. Der Processus dorsalis ist ein Fortsatz des Otostapes, und zwar von dem lateralen Abschnitt desselben, der später in die Extracolumella aufgenommen wird und nicht verknöchert. Dies zeigt erstens der Embryo XIII, wo die Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes sicht- bar wird, und zweitens geht dies mit Sicherheit daraus hervor, dass der Processus dorsalis in einer Höhe mit dem Processus internus ab- geht, welcher ein Fortsatz von diesem Abschnitt des Otostapes ist. Bei ältern Embryonen von Lacerta liegt der dorsale Abschnitt des Processus dorsalis zwischen dem obern Ende des Quadratums, vorn und lateral, und dem Processus paroticus, caudal medial und dorsal. Dort nimmt er immer an Masse zu, wächst namentlich in die Breite, während die untere Strecke, die Verbindung mit der Columella auris, zu einem ziemlich langen und dünnen Blastemstrang reducirt wird (Embryo X, Fig. 9). Bei den Embryonen VIII, IX und X wird der dorsale Abschnitt des Processus dorsalis noch immer durch eine Schicht weniger dichten Gewebes vom Quadratum und Processus paroticus getrennt. Da aber alle drei im Wachsthum begriffene Blastemmassen sind (auch das dorsale Ende des sonst beim Embryo X schon ver- knorpelten Quadratums), welche keine markirte Grenzschicht (Peri- chondrium) besitzen, so ist eine scharfe Grenze nicht vorhanden. Auch bei den Embryonen XI und XII ist der Processus dorsalis eine selb- ständige Zellenanhäufung, welche durch weniger dichtes Gewebe mit Quadratum und Processus paroticus zusammenhängt. Beim Embryo XIII von Lacerta finde ich den dorsalen Theil des Processus dorsalis grössten Theils verknorpelt. Dieser Knorpel hängt nur durch ein dünnes, kurzes Ligament mit der Columella auris zu- sammen, welches der letzte Rest des proximalen, dünnen Abschnitts des Processus dorsalis ist. Es ist denn auch besser, diesen Knorpel, da er kein Fortsatz der Columella auris (mehr) ist, auch nicht mehr Processus dorsalis zu nennen; ich werde denselben weiter unten Inter- calare nennen (man vergleiche darüber weiter unten XVI, A). 126 J. VERSLUYS jr., \ Dieser Knorpel ist beim Embryo XIII durch eine Gelenkspalte gegen das knorplige Quadratum abgegrenzt. Vom gleichfalls knorpligen Processus paroticus ist das Intercalare getrennt durch eine schmale, aber deutliche Bindegewebsschicht (Fig. 14 Int.c). Das Intercalare vermittelt die Verbindung des Quadratums mit dem Processus par- oticus. Wie bei jiingern Embryonen der dorsale Abschnitt des Pro- cessus dorsalis, liegt der daraus hervorgegangene Knorpel zwischen jenen Skelettheilen eingefiigt. Von seiner ventralen und medialen Ecke ent- springt die Sehne der Extracolumella; da geht auch das Ligament zur Columella auris ab (siehe Fig. 24). Bei der erwachsenen Lacerta ist das Intercalare leicht aufzufinden. Ich habe dasselbe früher folgendermaassen beschrieben (1898, p. 72): „Am Schädel inserirt sie [d. i. die Sehne der Extracolumella] an einem Knorpelstückchen, das ventral zwischen Quadratum und Processus paroticus liegt und lateral übergeht in ein viel grösseres, hyalines Knorpelstück, das auf dem Quadratum liegt, aber sehr bestimmt gegen dieses und die übrigen Schädelknochen abgegrenzt ist.“ Ich habe mich durch erneute Präparation bei Lacerta ocellata davon überzeugt, dass der ‘grössere laterale Abschnitt ein unverknorpelter Theil des Quadratums (Fig. 15 K) und getrennt ist vom medialen Abschnitt, welcher allein dem Intercaiare entspricht (Fig. 15 Int.c). Die Sehne der Extracolumella entspringt noch davon (S). Die dorsale Fläche des Intercalare grenzt an das Squamosum sowohl bei dem erwachsenen Exemplar von L. ocellata wie beim Embryo VIII (Lacerta muralis). Beim Embryo XIII ist das Quadratum, nach vorn von seiner Ver- bindung mit dem Intercalare, mit seinem medialen Rande der Labyrinth- kapsel in der Gegend des Canalis semicircularis horizontalis und etwas nach vorn von der Basis des Processus paroticus sehr genähert. Beim Embryo XV findet dort eine Befestigung des Quadratums mittels Bindegewebes statt. Dazu kommt noch die Befestigung des Quadratums am Processus paroticus und am Parietale mittels Squamosum und Para- quadratum. Bei der erwachsenen Lacerta ocellata liegt das Intercalare zwischen Quadratum und Processus paroticus, von ersterm durch eine Gelenkspalte getrennt, letzterm mittels Bindegewebes fest angeheftet. Verhältnissmässig ist das Intercalare hier viel kleiner als beim Em- bryo XV, und Quadratum und Processus paroticus berühren einander denn auch dorsal vom Intercalare mit knorpligen Gelenkflächen. Es kann nach meinen Präparaten nicht zweifelhaft sein, dass das Intercalare sich aus dem Processus dorsalis der Columella auris ent- wickelt; die ganz übereinstimmende Lage zwischen Quadratum und Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 127 Processus paroticus, lateral von der Vena capitis lateralis, der Ur- sprung der Extracolumellarsehne von beiden, beweisen ihre Identität. GaupP hat bei Embryonen von Lacerta agilis den Processus dor- salis zuerst gefunden (1900, p. 462) und denselben mit dem Processus paroticus des knöchernen Schädels identificirt. Er hat nämlich ge- funden, dass der Fortsatz (die Knorpelpartie im Processus dorsalis) auf spätern Entwicklungsstadien continuirlich knorplig aus der Crista parotica hervorgeht. Diese Verschmelzung findet bei ältern Embryonen statt, als mir vorliegen; bei meinen ältesten Embryonen XIV und XV finde ich das Intercalare noch deutlich gegen den Processus paroticus abgegrenzt. Das Vorkommen einer Knorpelpartie bei erwachsenen Thieren genau an derselben Stelle wie das Intercalare der Embryonen beweist aber, dass nicht das ganze Intercalare in den knöchernen Processus paroticus aufgenommen wird. Wenigstens der grösste Theil bleibt knorplig. Offenbar tritt der Unterschied zwischen Intercalare und Processus paroticus, deren Grenze durch die Verschmelzung ihres Knorpels verwischt war, bei der Verknöcherung des letztern wieder hervor, indem das Intercalare unverknöchert bleibt und wieder durch eine Bindegewebsschicht vom Processus paroticus getrennt wird. Bevor die Verschmelzung des Intercalare mit dem Processus paroticus stattfindet (Embryo XIII, XIV, XV), ist letzterer knorplig schon vorhanden, in der Lage und relativen Ausdehnung wie später der knöcherne Processus paroticus. Dass nach der Verschmelzung die Verknöcherung des Processus paroticus auch auf das Intercalare über- greift, ist nicht unmöglich. Doch wäre dann der Antheil des Inter- calare an der Bildung des knöchernen Processus paroticus der er- wachsenen Thiere nur ein sehr untergeordneter; das geht aus dem Grössenverhältniss beider im knorpligen Zustand hervor. Wahrschein- lich finde ich es, dass die Verknöcherung eben an der alten Grenze aufhört. Ich komme also zu dem Schluss, dass bei Lacerta der Processus paroticus ein Fortsatz des Schädels ist, wie man immer gemeint hat, und dass der Processus dorsalis an dessen Bildung keinen oder nur einen geringen Antheil nimmt. Hierin muss ich von GAupP abweichen. Der Processus dorsalis entwickelt sich unter Abschnürung von der Columella auris zu einem selbständigen Knorpelstück. Bei einem Embryo von Calotes jubatus, wo die Knorpelbildung in der Columella auris eben angefangen hat, finde ich den Processus dorsalis als deutlichen Fortsatz der Columella auris (Fig. 16). Sein dorsaler Theil ist verbreitert, und im Centrum davon liegen die Zell- 128 J. VERSLUYS jr., kerne etwas weiter aus einander, was wohl als ein erster Anfang von Knorpelbildung zu deuten ist. Der Processus dorsalis geht gegenüber dem Processus internus ab, wie bei Lacerta, ist also wohl ein Fort- satz des Otostapes. Die Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes ist nicht sicher zu erkennen, dafiir ist die Knorpelbildung noch nicht weit genug vorgeschritten. Die Fig. 17 giebt eine Abbildung der Columella auris desselben Embryos, aus welcher man die Abgangs- stelie des Processus dorsalis besser ersehen kann als aus Fig. 16. Der Fortsatz erreicht den Processus paroticus noch nicht; eine scharfe Abgrenzung seiner im Wachsthum begriffenen Spitze ist aber nicht möglich, und zellenreiches Bindegewebe zieht von seiner Spitze zum Processus paroticus (Fig. 16). Die Sehne der Extracolumella ist schon angelegt (Fig. 17 S) und geht hier vom Processus dorsalis nahe dessen Mitte ab. Bei einem viel ältern Embryo von Calotes, bei welchem der Pro- cessus paroticus schon verknöchert ist, schickt das knorplige Inter- calare einen starken Fortsatz nach der Columella auris hin, dessen Spitze sich in ein deutliches Bindegewebsband fortsetzt, welches sich wieder an einen langen, zarten Knorpelfortsatz des medialen Theiles der Extracolumella heftet, welcher Fortsatz genau gegenüber dem Processus internus abgeht (Fig. 18). Auch beim erwachsenen Calotes jubatus bleibt diese Verbindung bestehen (Fig. 19 bei +). Es wird bei Calotes der untere Theil des Processus dorsalis umgebildet zu einem Bindegewebsbändchen, in das sich ein Knorpelfortsatz der Extra- columella erstreckt; er wird hier nicht ganz zurückgebildet, wie es bei Lacerta der Fall war. Diese Verbindung des Intercalare mit der Columella auris hatte ich schon früher gefunden (1898, p. 43), und die Fig. 18 ist nur eine etwas vereinfachte Copie der fig. 29 auf tab. 3 jener Arbeit. Und dort habe ich auch von andern Agamiden das Bändchen be- schrieben, nämlich von Uromastix (1898, p. 34) und Agama (p. 40).. Bei Amphibolurus ‚kommt es nicht vor (conform 1898, p. 39; auf p. 217 der nämlichen Arbeit, 1. Zeile von oben, ist dieses Genus un- richtig genannt worden). Das Intercalare eines erwachsenen Uromastix spinipes stimmt in der Lage mit dem von Lacerta überein; nur reicht es nicht so weit medial und ist dagegen lateral verbreitert zu einer Knorpelplutte, welche das Trommelfell dorsocaudal etwas überdeckt. Vom Processus paroticus finde ich den Knorpel beinahe überall durch eine deutliche Bindegewebsschicht getrennt; nur lateroventral finde ich kein Binde- Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 129 gewebe, es lassen sich aber Knochen und Knorpel mit ganz ebenen Flächen trennen. Von einer engern Verwachsung mit dem Processys paroticus finde ich keine Andeutung. Medial und dorsal vom Inter- calare berührt das Quadratum direct das Squamosum, mittels dessen es auch wieder mit dem Processus paroticus verbunden ist (siehe VER- SLUYS, 1898, fig. 23—25, tab. 3). Fassen wir die Resultate für die Agamiden, soweit dieselben unter- sucht sind, zusammen, so finden wir, dass auch bei diesen Lacertiliern das Intercalare Antheil hat an der Befestigung des Quadratums am Schädel und dass bei einigen Arten (Agama, Uromastix, Calotes) die Verbindung mit der Columella auris als Bindegewebsband erhalten bleibt; in dieses Band kann sich von beiden Enden ein Knorpelfort- satz erstrecken, so dass dann die ausschliesslich bindegewebige Strecke dieser Verbindung sehr kurz ist (Calotes, alter Embryo; bei einem erwachsenen Agama konnte ich, 1898, p. 40, auch einen knorpligen Fortsatz der Extracolumella in dem Bändchen verfolgen). Ein ähnliches Bändchen kommt bei Phrynosoma cornutum, einem Iguaniden, vor (VERSLUYS, 1898, p. 49). Bei Platydactylus mauritanicus entsteht das Intercalare unab- hängig von der Columella auris. An der Stelle, wo bei Lacerta und Calotes das keulenförmig verdickte Ende des Processus dorsalis liegt, tritt bei Platydactylus schon früh eine Verdichtung von Zellen auf, welche zu einer von allen andern Skeletanlagen getrennten Blastem- masse wird. Mit dem latero-dorsalen Ende der Columella auris hängt dieses Blastem durch eine dichtere Zellenanhäufung zusammen (Fig. 5, Embryo I), doch ist dies nur die Anlage der Extracolumellarsehne (vgl. Embryo VI, Fig. 10, und Embryo VII, Fig. 11), und es hat diese Verbindung mit der Columella auris eine mehr laterale Lage als die Stelle, wo bei Lacerta der Processus dorsalis von der Extracolumella (vom Otostapes!) abgeht. Als Ausnahme finde ich diese letztere Verbindung vom Blastem des Intercalare mit dem Blastem der Columella auris bei meinem Embryo III von Platydactylus (Fig. 20 +) gut entwickelt. Und dies macht es für letztere Art zur Gewissheit, dass ehemals das Intercalare aus einem Fortsatz der Extracolumella hervorging, wie jetzt noch bei Lacerta und Agamiden, und dass der Zusammenhang mit der Columella auris bei Platydactylus nur secundär fehlt. Wenn bei Platydactylus mit zunehmendem Alter der Embryonen der Processus paroticus an Grösse zunimmt und sich sein laterales Ende auch ventralwärts ausdehnt, erreicht sein Blastem alsbald der Zool. Jahrb. XIX. Abth. f. Morph. 9 130 J. VERSLUYS jr., Blastem des Intercalare (Fig. 10 u. 11), und dann gehen die Rander der beiden Blastemmassen continuirlich in einander über. Doch ist die Anlage des Intercalare noch durch seine Lage deutlich zu er- kennen, so wie auch dadurch, dass seine Zellen viel dichter liegen als im Processus paroticus (Embryo VII; in Fig. 11 habe ich dies durch dichtere Punktirung des Intercalare angegeben). Dies ist eine Folge davon, dass im Processus paroticus die Zellen schon wieder aus ein- ander weichen, der erste Anfang der Knorpelbildung, während das Intercalare noch vollständig auf dem Blastemstadium steht. Gegen das Quadratum lässt das Intercalare sich immer ziemlich gut ab- grenzen; es liegt caudal von jenem und etwas nach vorn von dem ventro-lateralwärts vorwachsenden Processus paroticus. In den Sagittal- schnitten des Embryos VIII ist das Intercalare eine dichte Zellenmasse (im Centrum liegen die Zellen etwas weniger dicht, der Anfang der Verknorpelung), welche zwischen Quadratum und Processus paroticus liest, und gegen beide deutlich, wenn auch nicht in allen Schnitten gleich scharf, abgrenzbar (Fig. 21 Int. ce). Die Blastemmasse bei Platydactylus stimmt vollständig mit dem Intercalare von Lacerta und den Agamiden, an ihrer Identität mit diesem kann nicht gezweifelt werden. Sie hat auch ein eigenes Knorpel- centrum, die Sehne der Extracolumella entspringt von ihr, und dorsal davon entsteht das Squamosum (Fig. 21 S', Squam). Aus dieser Fig. 21 ist auch ersichtlich, dass das kleine Intercalare nur ventral Quadratum und Processus paroticus trennt; dorsal von ihm liegt nur embryonales Bindegewebe zwischen diesen beiden Skelettheilen, theil- weise auch das Squamosum. Medial vom Intercalare sind Quadratum und Processus paroticus gleichfalls durch Bindegewebe verbunden; dies ist deutlich beim Embryo IX von Platydactylus, wo das Inter- calare schon verknorpelt ist. Dasselbe hat bei Platydactylus eine mehr laterale Lage als bei Lacerta und Gecko. Bis in ein ziemlich weit vorgeschrittenes Stadium (Gecko, Em- bryo VII; Platydactylus, Embryo IX, beide mit Bildung von Deck- knochen) finde ich das Intercalare als ein selbständiges, durch eine dichte Bindegewebsschicht vom Processus paroticus getrenntes Knorpel- stück. Bei ältern Embryonen von Geckoniden findet aber eine ähn- liche Verschmelzung des Intercalare mit dem Processus paroticus statt, wie GaupPp bei Lacerta beobachtet hat. Bei meinem ältesten Embryo von Platydactylus, Embryo X, der nicht viel älter ist als Embryo IX, liegt das Intercalare, wie immer, zwischen Quadratum und Processus paroticus und ist gegen letztern Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 131 beinahe überall durch eine deutliche Bindegewebsschicht abgegrenzt, nur lateral nicht, wo das Intercalare untrennbar zusammenfliesst mit dem Processus paroticus, welcher einen kräftigen Fortsatz lateralwärts sendet (Fig. 23). Bei meinem Embryo VIII von Gecko (das Quadratum verknöchert) ist die Verschmelzung eine noch ausgedehntere; es ist aber medial noch eine deutliche Grenze vorhanden, wodurch es möglich ist, das Intercalare mit Bestimmtheit zu erkennen (Fig. 22); von seiner innern stumpfen Ecke geht noch die Sehne der Extracolumella ab. Dem Processus paroticus gegenüber ist das Intercalare nur klein. Bei einem jungen Individuum von Hemidactylus frenatus (NV ; Quer- schnittserie) liegt zwischen Quadratum und Processus paroticus noch ein kleines Knorpelstück. Dasselbe ist vom Quadratum durch eine Gelenkspalte getrennt; dem Processus paroticus liegt es eng an, zwischen beiden liegt aber das Periost des knöchernen Processus paroticus, dessen periphere Knochenlamelle sich continuirlich unter dem Knorpelstückchen fortsetzt. Es liegt also das Knorpelstückchen dem Processus paroticus nur eng angelagert, ist aber kein unver- knöchertes Stück desselben. Die Sehne der Extracolumella entspringt sowohl vom Knochen wie vom Knorpel. Es ist denn auch nicht zweifelhaft, dass der Knorpel das Intercalare ist. Bei erwachsenen Gecko verticillatus gelang es mir, unter der Lupe auch das kleine Knorpelstückchen aufzufinden. Es liegt in unmittel- barer Nähe des Ursprungs der Extracolumellarsehne vom Processus paroticus, welche mit einem kleinen Theil ihrer Fasern vom Intercalare abgeht. Zusammenfassend können wir folgende Schlüsse ziehen: 1) Vom innern Theil der Extracolumella, dem lateralen Theil des Otostapes, ging bei den Stammformen der Lacertilia ein Fortsatz dorsal, der Processus dorsalis, ab. 2) Dessen oberer Abschnitt entwickelt sich zu einem zwischen Quadratum und Processus paroticus liegenden, von ersterm durch eine Gelenkspalte getrennten Knorpelstück, dem Intercalare. 3) Dasselbe verschmilzt bei ältern Embryonen mit dem Processus paroticus, bei Lacerta nach Gaupr (1900) vollständig, bei Gecko und Platydactylus wenigstens zum Theil. 4) Wenn der Processus paroticus verknöchert, bleibt das Inter- calare, ganz oder grössten Theils, frei davon, bildet von Neuem ein selbständiges Knorpelstück zwischen Quadratum und Processus par- oticus. 192 J. VERSLUYS jr., 5) Bei Embryonen vermittelt das Intercalare eine Zeit lang allein die Anheftung des Gelenkkopfs des Quadratums an den Processus paroticus des Schädels; später kommen dazu noch andere Verbin- dungen, mittels Paraquadratum und Squamosum. Unter Reduction des Intercalare kann auch theilweise eine directe Verbindung des Quadratums mit dem Processus paroticus stattfinden (Gecko, Hemi- dactylus). Aber bei ältern Embryonen, bei denen die Deckknochen schon deutlich hervortreten, fehlen letztere Verbindungen noch und findet die Verbindung des Quadratums mit dem Schädel nur mittels des Intercalare, also mittels eines vom Hyoidbogen herstammenden Knorpels, statt. 6) Die Verbindung des Intercalare mit der Extracolumella geht meist verloren, bleibt aber als ein Bändchen, in das sich Knorpel- fortsätze erstrecken können, erhalten bei einem Theil der Agamiden und bei einem Iguaniden. 7) Der ganze oder doch der grösste Theil des Processus paroticus entsteht als ein Fortsatz der Crista parotica des Schädels. Der An- theil des Intercalare am Aufbau des knöchernen Processus paroticus ist jeden Falls ein sehr geringer. Deshalb kann ich den Processus dorsalis resp. das Intercalare nicht mit Gaupr (1900, p. 463, 519) Processus paroticus nennen. Im Uebrigen sind meine Resultate eine Bestätigung von GAupp’s Angaben (1900, p. 519). VII. Das dorsale Ende des Zungenbeinbogens, nachdem es von der Columella auris frei geworden ist, bis zum Zustand bei den erwachsenen Thieren, seine Verbindung mit dem Schädel. Wenn sich die Verbindung des Interhyale mit dem Zungenbein- bogen rückgebildet hat, hat letzterer, das 1. Zungenbeinhorn, ein freies dorsales Ende (siehe V). Bei Lacerta, wo das Interhyale ziemlich lang ist (Fig. 9), liegt - dieses dorsale Ende dann schon caudal und ventral vom Processus paroticus in der lateralen Halswand. Das Interhyale geht hier, soweit es nicht den Processus accessorius posterior des Insertionstheils bildet, in ein dünnes Ligament über, welches sich am Zungenbeinbogen, ein wenig unterhalb dessen dorsalen Endes, festheftet; bei ältern Embryonen ist es verschwunden. Neben diesem Ligament tritt dann (Embryo XII) ein zweites, auch sehr zartes, auf, welches genau vom dorsalen Ende des Zungenbeinbogens (hier immer im engern Sinne genommen, das 1. Zungenbeinhorn) nach vorn und dorsalwärts zieht und sich wahr- scheinlich (es ist in meinen Präparaten, Embryo XIII, XIV, XV, schwer Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 133 zu verfolgen) an der seitlichen untern Ecke des Processus paroticus festheftet. Beim erwachsenen Thier besteht letzteres Band noch und heftet sich am Processus paroticus an (Fig. 15); es kommt dem Inter- calare sehr nahe, heftet sich aber sehr wahrscheinlich nicht daran an, auch nicht bei den Embryonen. Es heftet sich nicht an den Knorpel auf dem Quadratum (Fig. 15 K), wie es in meiner vorigen Arbeit irrthümlich mitgetheilt wurde (VERSLUYS, 1898, p. 72). Gänzlich andere Verhältnisse zeigen die Geckoniden. Es ist bei ihnen das Interhyale nur kurz, so dass die Spitze des Hyoidbogens ventral und nicht weit vom Processus paroticus liegt. Seine Spitze wächst nun (knorplig) dorsalwärts, während die Verbindung mit dem Interhyale gelöst wird. Der Musculus stylohyoideus, der bei seinem ersten Auftreten da vom Hyoidbogen abgeht, wo dieser ins Interhyale übergeht (Platydactylus, Embryo VIII), entspringt von dieser dorsal- wärts wachsenden Spitze des Zungenbeinbogens. Letzterer erreicht zuletzt den Processus paroticus und verbindet sich damit (Gecko, Embryo VIII). Dies scheint bisweilen sehr spät stattzufinden, denn bei einem jungen Exemplar von Hemidactylus (V ; Schnittserie; Quer- durchmesser des Kopfes in der Ohrgegend in den Schnitten beinahe 7 mm) hat der Zungenbeinbogen den Schädel noch nicht erreicht, ist sein dorsales Ende nur durch Bindegewebe am Processus paroticus befestigt, nicht, wie beim erwachsenen Thier, durch Knorpel. In meiner vorigen Arbeit (1898) habe ich beschrieben, wie bei den erwachsenen Geckoniden und bei Uroplates der Zungenbeinbogen sich mit einer ziemlich breiten knorpligen Endplatte an den knöchernen Processus paroticus heftet (1898, p. 215; tab. 1, fig. 5, 6, 8; tab. 2, fig. 18). Ich habe der Zeit kein Bedenken getragen, diese Endplatte ganz zum Zungenbeinbogen zu rechnen. Einerseits zeichnet sie sich gegen den Processus paroticus dadurch aus, dass sie nicht verknöchert und ihr Knorpel mit scharfer gerader Grenzlinie diesem Knochen an- gefiigt ist, andrerseits bildet sie mit dem Zungenbeinbogen eine Knorpel- masse. Die Knorpelplatte verjüngt sich ventralwärts zu einem Knorpel- stab, dem Zungenbeinbogen; dort findet sich zwar eine Abgliederung, aber derselben konnte ich keine grössere Bedeutung zuschreiben, da solche Abgliederungen bei den Visceralbogen eine allgemeine Erscheinung sind und nur als secundäre Bildungen betrachtet werden können. Dies finde ich bei meinen Embryonen bestätigt; die Discontinuität ist nur eine sehr spät hervortretende Gliederung des Zungenbeinbogens. Ich erwartete denn auch, dass diese Platte sich während der Onto- genese als eine Verbreiterung des dorsalen Endes des Zungenbein- 154 J. VERSLUYS jr., bogens bilden würde. Die Untersuchung hat aber ergeben, dass die Verhältnisse etwas anders, verwickelter sind. Es ist nämlich bei meinem jungen Exemplar von Hemidactylus (V) schon eine Knorpelplatte als Anhang des knöchernen Processus par- oticus anwesend, wiewohl das dorsale Ende des Zungenbeinbogens den Schädel noch nicht erreicht hat. Dass es wirklich die Knorpelplatte ist, geht aus der Lage und Form hervor und auch daraus, dass der Muskel, welcher bei erwachsenen Geckoniden von der Platte zur Extra- columella zieht (VERSLUYS, 1898, p. 18, 154) und welchen ich weiter M. extracolumellaris nennen will, auch vom fraglichen Knorpel abgeht. Bei den Embryonen anderer Geckoniden finde ich ähnliche Ver- hältnisse. Der M. extracolumellaris geht vom Processus paroticus ab, und dieser Bezirk des Processus paroticus ist es, der zu einer Knorpel- platte auswächst. Zur gleichen Zeit verschwindet die Grenze zwischen Processus paroticus und Intercalare eben da, wo die Platte entsteht (vgl. Fig. 23). Ich kann denn auch nicht mit Bestimmtheit entscheiden, ob das Intercalare Antheil hat an der Bildung der Knorpelplatte; dies scheint mir sogar nach meinen Präparaten nicht unwahrscheinlich. Aber der M. extracolumellaris ist schon erkennbar zu einer Zeit, da das Intercalare noch überall vom Processus paroticus deutlich abge- grenzt ist, und entspringt dann von letzterm; und dann geht auch aus dem Ursprung dieses Muskels von der Knorpelplatte auf spätern Stadien hervor, dass der Processus paroticus an der Bildung derselben einen wichtigen Antheil hat. Dies ist vor allem deutlich bei meinem Embryo X von Platydactylus. Bei diesem Embryo ist der Processus paroticus noch ganz knorplig, ohne Verknöcherung, so dass die Platte sich gegen ihn nicht scharf abgrenzen lässt; aber die Plattenform, die Lage und der Ursprung des M. extracolumellaris erlauben keinen Zweifel daran, dass der am meisten laterale Theil dieses Schädelfortsatzes der Knorpelplatte der erwachsenen Geckoniden entspricht (Fig. 23 Parot. Pl). Der Zungenbeinbogen heftet sich nun bei ältern Embryonen oder erst bei den jungen Thieren an dieser Knorpelplatte des Processus paroticus an. Beim Embryo X von Platydactylus liegt das dorsale Ende des Zungenbeinbogens (1. Zungenbeinhorn) der Paroticusplatte schon sehr nahe, und sein dorsales Ende ist verbreitert zu zwei Fortsätzen, welche beide der Paroticusplatte sehr nahe kommen, der eine ventral und mehr medial, der andere, grössere, lateral, dorsal und mehr nach vorn zu (vereinfachte Darstellung in Fig. 28). Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 135 Bei Gecko (Embryo VIII) finde ich eine ähnliche Zweitheilung des Hyoidbogens, und dessen beide Fortsätze verbinden sich mit der knorpligen Platte, welche dem knöchernen Processus paroticus lateral angefügt ist. Beim laterodorsalen Fortsatz (Fig. 29 a) bleibt die Grenze des Hyoidbogens gegen die Paroticusplatte noch durch eine dünne Bindegewebsschicht erkennbar, beim medioventralen Fortsatz (Fig. 29 b) hat aber eine Verschmelzung beider Kuorpel stattgefunden. Im Centrum der Knorpelplatte entsteht dadurch ein Loch, welches wir bei den erwachsenen Thieren von Gecko, Thecadactylus und Hemi- dactylus auch noch finden (VERSLUYS, 1898). Bisweilen ist bei er- wachsenen Exemplaren die laterale Umrahmung des Loches unvoll- ständig (ich fand dies bei einem jungen und einem alten Exemplar von Gecko verticillatus und bei Hemidactylus frenatus). Es hat in diesen Fällen also der laterale Fortsatz des Zungenbeinbogens (Fig. 29 a) die Paroticusplatte noch nicht erreicht. Die mediale Ver- bindung (Fig. 29 b) fand ich bei erwachsenen Thieren immer ohne Discontinuität. Die Knorpelplatte, welche den Zungenbeinbogen mit dem Processus paroticus verbindet, entsteht also zum Theil aus ersterm, zum Theil von letzterm aus. Das Loch und die laterale Discontinuität ermög- lichen eine Abgrenzung beider Abschnitte. Der hyoideale Abschnitt liegt ventral und lateral vom Loch, der Schädelabschnitt (die Paroticus- platte) dorsal und medial. Der Musculus stylohyoideüs entspringt ent- weder ventral von der Platte, sogar mitunter ventral von der secun- dären Abgliederung (Fig. 29 c), oder vom hyoidealen Theil der Knorpel- platte. Der Musculus extracolumellaris entspringt von der vordern Fläche derselben dorso-medial vom Loch, also wie bei den Embryonen von der Paroticusplatte. Von der hintern Fläche der letztern ent- springt der Musculus episterno-cleido-mastoideus; ob derselbe bei er- wachsenen Thieren seinen Ursprung auch noch auf den hyoidealen Ab- schnitt der Platte ausdehnt, lässt sich, bei der stattfindenden Ver- schmelzung der beiden Abschnitte der Platte, aus meinen Präparaten nicht sicher entnehmen. Erheblich wird das dorsale Ende des Zungen- beinbogens zur Ursprungsfläche dieses Muskels nicht beitragen !). 1) VersLuys, 1898, p. 11; M. FürprINGER hat meine Angabe über den Ursprung des M. episterno-cleido-mastoideus vom dorsalen Ende des Hyoidbogens bestätigt (1900, p. 520), wohl ein Beweis, wie sehr die Paroticusplatte sich dem Zungenbeinbogen angefügt hat und ganz den Charakter eines nicht zum Processus paroticus gehörigen Skelet- theils hat. 136 J. VERSLUYS jr., Wo kein Loch bei den erwachsenen Thieren vorkommt, ist es nicht möglich, die beiden Abschnitte der Knorpelplatte gegen einander abzugrenzen (so bei Pachydactylus bibroni und Ptyodactylus lobatus). Vielleicht wird in solchen Fällen wohl ein Loch gebildet, dasselbe wächst aber später zu; bei erwachsenen Thecadactylus rapicaudus fand ich (1898) das Loch wenigstens schon sehr klein. Bei den Arten, wo kein Loch vorkommt, wird die Platte doch aus einem hyoidealen und einem Schädelabschnitt gebildet werden. In dieser Hinsicht ist es von Bedeutung, dass Uroplates in der Knorpelplatte eing Naht zeigt, welche ein Rest der Verwachsungslinie beider Abschnitte sein könnte (VersLuys, 1898; tab. 2, fig. 18 habe ich in jener Arbeit dieselbe durch eine zarte Linie angegeben, im Text nicht erwähnt), zumal da der M. episterno-cleido-mastoideus medial, der M. stylohyoideus lateral und dorsal von der Naht entspringen. Fassen wir das, was wir über die Knorpelplatte bei Geckoniden ermitteln konnten, zusammen, so ist das Wichtigste folgendes. An der Bildung der Platte sind sowohl der Schädel als das dor- sale Ende des Hyoidbogens (1. Zungenbeinhorn) betheiligt. Der Schädel- abschnitt ist eine knorplig bleibende laterale Erweiterung des Processus paroticus. Vielleicht liefert auch das kleine Intercalare Material für die Bildung der Platte, welche dann aus der Vereinigung dreier ver- schiedenen Skelettheile entstehen würde. Unter den Lacertiliern haben nur die Geckonidae, Uroplates und Eublepharis (Core, 1892, p. 191) einen bis zum Processus paroticus emporsteigenden Zungenbeinbogen. Bei weitaus den meisten Lacertiliern liegt dessen dorsales Ende in der lateralen Halswand ohne Verbindung mit dem Processus paroticus, oder mit demselben doch nur durch ein schwaches Band verbunden, wie z. B. bei Lacerta. | Dass die festere Verbindung der Geckoniden und Verwandten sich nicht von dem Zustand der übrigen Lacertilier mit ihrem freien, caudalwärts verschobenen Ende ableiten lässt, ist wohl nicht fraglich. Auch die Anwesenheit eines M. stylohyoideus bei Geckoniden (VERSLUYS, 1898, p. 9, 127) setzt eine Befestigung des dorsalen Endes des Zungen- beinbogens bei den Vorfahren derselben voraus. Ein dorsal frei endender Zungenbeinbogen wäre nicht geeignet, mit seinem dorsalen Abschnitt als Ursprungsflache für den M. stylohyoideus zu dienen, und ein solcher Zustand ist denn auch nicht bekannt. Eine andere Frage ist diese, ob wir dann den Zustand bei Lacerta und andern Lacertiliern mit freien, nicht am Schädel befestigten Zungenbeinbogen vom Zustand bei den Geckoniden ableiten müssen Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 137 oder ob. bei ihren Vorfahren der Zungenbeinbogen, nachdem er sich von der Columella auris gelöst hatte, direct caudalwärts verschoben wurde und bei ihren Vorfahren also ein geckonidenartiges Stadium in dieser Hinsicht gefehlt hat. Letzteres ist bei der Ontogenese von Lacerta der Fall; das schwache Band, welches bei diesem Genus vom Zungenbeinbogen zum Processus paroticus zieht, ist kein genügender Beweis für eine ehemalige knorplige Verbindung dieser beiden. Entscheidend für diese Frage sind aber für mich die Verhältnisse bei Uromastix (Agamidae). Leider konnte ich die Entwicklung dieser Art nicht untersuchen und bleibt unsere Kenntniss auf den erwachsenen Zustand beschränkt. Ich habe «denselben früher (1898, p. 31, 216) beschrieben und sagte von Uromastix spinipes darüber p. 31 Folgendes: „Die erwähnte, am dorsocaudalen Rande des Trommelfells liegende Knorpelplatte stimmt in ihrer Lage auf dem lateralen Ende des Pro- cessus paroticus mit der dorsalen Endplatte des Zungenbeinbogens bei den Geckoniden überein; überdies geht vom freien, in der Halsgegend liegenden, dorsalen Ende des 1. Zungenbeinhorns ein Band nach vorn, das sich an einen caudalwärts gerichteten Fortsatz der Knorpel- platte auf dem Processus paroticus heftet, welches Band auf eine ehemalige engere Verbindung hinweist. Von diesem Band entspringt der Stylohyoideus, der bei Uromastix acanthinurus, den ich auf diesen Punkt untersuchte, wie bei Uroplates, von der dorsalen Knorpelplatte selbst entspringt. Diese Beziehung zum 1. Zungenbeinhorn und zum M. stylohyoideus beweist wohl, dass uns in der Platte nur ein dor- saler Theil des Zungenbeinbogens vorliegt, der bei der Verschiebung dieses Bogens caudalwärts auf dem Processus paroticus liegen blieb, gegenüber demselben aber sehr deutlich abgegrenzt ist.“ Ich meinte also für Uromastix ein ehemaliges Aufsteigen des Zungenbeinbogens zum Schädel annehmen zu müssen, worauf dann wieder eine Trennung folgte, indem das 1. Zungenbeinhorn caudal- wärts verschoben wurde unter gleichzeitiger Rückbildung einer Strecke desselben zu dem horizontalen Bindegewebsband. Ich kann mich dieser Deutung auch jetzt anschliessen. Nament- lich der Ursprung des M. stylohyoideus macht die Homologie des Knorpelstücks mit dem hyoidealen Abschnitt der Knorpelplatte der Geckoniden sehr wahrscheinlich. Und dasselbe kann doch den Schädel nur dadurch erreichen, dass der Hyoidbogen, nachdem er sich von der Extracolumella gelöst hat, bis zum Schädel emporwächst, dabei den M. stylohyoideus mitnehmend (siehe S. 133), oder dies wenigstens auf einem frühern phylogenetischen Stadium that. 138 J. VERSLUYS jr., Wir miissen also ein Aufsteigen eines continuirlich knorpligen Zungenbeinbogens voraussetzen fiir die gemeinsame Stammform der Geckonidae, Uroplatidae, Eublepharidae und der Agamidae (wegen Uromastix). Von dieser Stammform müssen aber beinahe alle Familien der Lacertilier abgeleitet werden, da die Geckonidae ein sehr alter Ast des Lacertilierstammes sind, ja wahrscheinlich auch die Chamae- leontia, welche mit Uroplates verwandt erscheinen (FÜRBRINGER, 1900, p. 610, 620). Und so kommen wir dazu, für alle Lacertilier (weniger sicher scheint dies nur für die sehr aberranten Amphisbäniden) eine ehemalige Verbindung des Zungenbeinbogens mit dem Processus par- oticus anzunehmen, wie wir dieselbe jetzt noch bei Geckoniden und verwandten Arten finden’). Später folgte dann Reduction einer Strecke des Zungenbeinbogens zu einem Bindegewebsband, während der weit- aus grösste Theil des Zungenbeinbogens caudalwärts verschoben wurde. Der M. stylohyoideus entsprang etwa von der Strecke, welche reducirt wurde (Geckonidae, Uromastix spinipes), verlor also die Ursprungs- fläche und wurde auch rückgebildet; er ging bei beinahe allen Lacer- tiliern dabei ganz verloren, ist bei Uromastix spinipes als schwacher, vom Band entspringender Muskel erhalten; bei U. acanthinurus ent- springt er hoch hinauf von der Knorpelplatte, dorsal von der Strecke, welche rückgebildet wird, behält einen festen Ursprung und ist denn auch nicht rudimentär. Die Rückbildung kann, soweit ersichtlich, zu sehr verschiedenen Zeiten, mehrere Male in ähnlicher Weise stattgefunden haben (bei Chamäleonten z. B. wohl unabhängig von der Reduction bei Agamidae), ist also auch kein Zeichen engerer Verwandtschaft. Die Knorpelplatte, welche bei Uromastix in einer mit den Gecko- niden übereinstimmenden Weise dem Processus paroticus angefügt ist, setzt sich bei ersterer Art continuirlich fort in das Intercalare, welches durch das Band zur Extracolumella und durch den Ursprung der Extracolumellarsehne leicht erkennbar ist. Bei der grossen Mehrzahl der Lacertilier findet man keine so gut entwickelte Knorpelplatte, so bei Lacerta, wo das Band zum Zungenbeinbogen vom knöchernen Processus paroticus abgeht (siehe S. 133, Fig. 15). Bei einigen Arten ist ein am dorsocaudalen Trommelfellrand liegendes Knorpelstückchen, welches mit dem Intercalare zusammenhängt, als Homologon der Platte zu deuten, also als Rest eines dorsalen Abschnitts des Zungenbein- 1) Es sprechen hierfür auch die Crocodilia (siehe XIV) und meines Erachtens auch Sphenodon (XIII). Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 139 bogens (Calotes, Fig. 19). An der Bildung wird in einigen Fällen auch noch wohl ein nicht verknöchernder Rand des Processus paroticus Theil haben (so bei Calotes). Ich habe früher (1898, p. 217) das Intercalare zum Zungenbein- bogen gerechnet wegen seines Zusammenhangs mit der Knorpelplatte auf dem Processus paroticus (Uromastix, Calotes etc.), welche ihrer- seits direct mit dem Zungenbeinbogen verbunden sein kann (Gecko- nidae, Uromastix). Die Ontogenese zeigt nun, dass diese Auffassung modificirt werden muss. Wie oben dargelegt, entsteht das Intercalare gar nicht vom Zungenbogen (im engern Sinne, 1. Zungenbeinhorn) aus, sondern der Zusammenhang damit ist secundär, unterbleibt sehr oft; dieser Zusammenhang berechtigt uns also nicht, das Intercalare zum Zungenbeinbogen zu rechnen. Dies muss man zwar dennoch thun, aber aus einem ganz andern Grunde, nämlich weil es (bei Lacerta und Calotes) als ein Fortsatz der Columella auris entsteht, welch letztere wieder ein Theil des Zungenbeinbogens ist (vgl. VI; siehe auch Gaupp, 1900), 9.519). | Die in diesem Abschnitt beschriebenen Vorgänge die ziemlich verwickelt sind, bringen uns dazu, für die dem Processus paroticus bei erwachsenen Lacertiliern angefügte Knorpelpartie, welche einen sehr einheitlichen Charakter hat, einen Ursprung von drei verschiedenen Skelettheilen aus anzunehmen, vom Intercalare, vom dorsalen Ende des Hyoidbogens und vom Processus paroticus des Schädels aus, welche aber gar nicht immer alle drei an deren Aufbau betheiligt sind. Dies hat etwas Befremdendes, und ich muss gestehen, dass es mich nichi wundern wird, wenn eine Untersuchung zahlreicherer Arten zu einer Modification der obigen Schilderung führen wird. Was ich gefunden habe, vermag ich aber nicht anders zu deuten. Unverständlich ist auch, wodurch es bedingt wird, dass das Inter- calare mit dem Processus paroticus während der Ontogenese ver- schmilzt, später wieder selbständig wird. Die Verschmelzung des Intercalare mit dem Processus paroticus findet bei Geckonidenembryonen nur lateral statt mit der Paroticus- platte (Fig. 22, 23), während medial die Trennung in meinen Präpa- raten deutlich erhalten ist. Deutet dies vielleicht auf eine ehemalige Betheiligung des jetzt bei Erwachsenen selbständig bleibenden Inter- calare an der Bildung jener Knorpelplatte, mit welcher das dorsale Ende des Zungenbeinbogens sich verbindet? Dies wäre ein gleicher Zusammenhang, wie er bei Uromastix vorkommt. Unsere Kenntniss der Lacertilier ist für eine Entscheidung nicht genügend. Die Ver- 140 J. VERSLUYS jr., haltnisse bei Sphenodon und den Crocodiliern sprechen dafiir, dass die Verbindung des dorsalen Endes des Zungenbeinbogens bei den primi- tiven Sauropsiden mit dem Intercalare und nicht oder nicht allein mit einem knorplig bleibenden Abschnitt des Processus paroticus (Paroticusplatte) stattfand (vgl. XIII, XIV u. XVII). Die Resultate dieser Besprechung sind folgende: 1) Wenn der Zungenbeinbogen seine Verbindung mit dem Inter- hyale löst, wächst er bei Geckoniden dorsalwärts und heftet sich am Processus paroticus an. 2) Bei Lacerta findet eine solche Verbindung niemals statt; noch bevor das Interhyale verschwunden ist, schiebt sich das dorsale Ende des Zungenbeinbogens schon caudalwärts, wobei das Interhyale zu einem langen Strang ausgezogen wird, in dem sich Bindegewebe ent- wickelt. 3) Letzteres muss als ein verkürzter Entwicklungsgang gedeutet werden. Die Geckonidae, Uromastix, namentlich die Ursprungsver- hältnisse des M. stylohyoideus bei letzterm, machen es sehr wahr- scheinlich, dass bei der Stammform der Lacertilia eine Verbindung des Zungenbeinbogens (1. Zungenbeinhorn) mit dem Processus paroticus stattfand, wie jetzt noch bei den Geckonidae. Dieses phylogenetische Stadium wäre dann in der Ontogenese von Lacerta unterdrückt. 4) Wenn in der Ontogenese der Zungenbeinbogen den Processus paroticus erreicht, findet eine Verschmelzung mit einer dort liegenden Knorpelplatte statt. Bei Geckoniden ist dies ein knorplig bleibender Auswuchs des Processus paroticus, an dessen Bildung aber vielleicht doch auch das Intercalare betheiligt ist. Bei Uromastix ist die Be- theiligung des Intercalare an der Knorpelpartie leicht zu constatiren, scheint aber der Processus paroticus davon ausgeschlossen. 5) Der M. stylohyoideus entspringt bei jüngern Embryonen von Geckoniden zuerst vom Hyoidbogen in unmittelbarer Nähe des Inter- hyale. Wenn der Hyoidbogen dorsalwärts wächst, wird der Muskel mitgenommen und entspringt später viel höher hinauf, oft von der Knorpelplatte auf dem Processus paroticus. VIII. Der Processus internus der Extracolumella. Der Processus internus ist ein Fortsatz der Extracolumella, der nach vorn und ventralwärts gerichtet ist (Fig. 1); er verbindet sich fest mit dem Quadratum und kann sich noch als cylindrischer Knorpel- strang entlang dem Quadratum eine Strecke weit ventralwärts in der Richtung des Unterkiefers fortsetzen. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 141 Er fehlt bei erwachsenen Geckoniden (VersLuys, 1898, p. 147), und ich habe ihn auch bei den Embryonen von Gecko, Platydactylus und Hemidactylus vermisst !). Bei erwachsenen Lacerta ist der Processus internus gut ent- wickelt, und bei den Embryonen von L. agilis und L. muralis ist er denn auch leicht aufzufinden. Horrmann hat ihn Processus otostapedis genannt (1889, p. 18). Bei meinen jüngsten Embryonen von Lacerta fehlt der Fortsatz noch. Erst beim Embryo VI ist er sicher erkennbar, beim Embryo V vielleicht eben angedeutet. Er geht etwa in der Mitte der Columella auris nach vorn ab, entsteht später als der in gleicher Höhe abgehende Processus dorsalis, auch später als der Insertionstheil der Extracolu- mella. Er wächst nach vorn und erreicht das Quadratum meist erst spät, wenn die Verknorpelung der Skeletanlagen schon ziemlich weit vor- gerückt ist, bisweilen aber auch viel früher (z. B. bei Embryo VIII von Lacerta, bei welchem die Verknorpelung des Stapes eben anfängt). Es ist dann ein langer, dünner Knorpelstab (Fig. 24 Proc.int), der alsbald die Abplattung zeigt, die er auch bei den erwachsenen Thieren aufweist. Weder als Knorpel noch als Blastem erstreckt er sich dem Qua- dratum entlang ventralwärts, wie das bei andern Lacertiliern (z. B. Agamiden, VERSLUYS, 1898, tab. 3, fig. 25, 29) der Fall ist. Bei meinem jüngern Embryo von Calotes, wo die Knorpelbildung im Otostapes noch wenig vorgeschritten ist, erreicht der Processus internus das Quadratum auch noch nicht, sondern endet mit freier, nicht genau abgrenzbarer Spitze medio-caudal vom stabförmigen Körper des Quadratums. Wir sehen also: 1) dass bei Geckoniden (wenigstens bei den 3 untersuchten Arten) der Processus internus nicht mehr angelegt wird; 2) dass bei Lacerta der Fortsatz spät entsteht, bei den Embryonen niemals stärker entwickelt ist als bei den erwachsenen Thieren ; 3) dass sein unteres Ende nicht mit dem Mecker’schen Knorpel verbunden ist. Die Untersuchung der erwachsenen Thiere hat mich dazu ge- bracht, für die Stammform aller Lacertilia das Vorkommen eines 1) Das Interhyale ist nicht damit zu verwechseln; dasselbe hat bisweilen etwas Aehnlichkeit damit, wenn man Querschnittserien durch- mustert (Hemidactylus, vgl. Fig. 12 Int. h). 142 J. VERSLUYS jr., Processus internus anzunehmen (VERSLUYS, 1898, p. 147, 177—179). Ich sehe im Fehlen dieses Fortsatzes bei Geckoniden auch während der Ontogenese und im späten Auftreten bei Lacerta keinen Grund, meine Meinung zu ändern, gegenüber allem, was ich zur Zeit für die- selbe anführen konnte. IX. Die Entstehung des Insertionstheils der Extracolumella. In meinen Schnittserien, auch denen durch sehr junge Embryonen, habe ich nirgends eine Andeutung einer vom Zungenbeinbogen ge- trennten Entstehung des Insertionstheils oder sogar der Pars inferior desselben gefunden. Immer erscheint letztere als ein Auswuchs des Stieles der Extracolumella, der da abgeht, wo letzterer ventralwärts und caudalwärts im 1. Zungenbeinhorn umbiegt. Die Pars superior des Insertionstheils ist ein von derselben Stelle abgehender, dorsal und caudal gerichteter Fortsatz, immer viel kürzer als die Pars inferior. Beide entstehen sehr früh; die Pars inferior ist nur bei meinen jüngsten Embryonen von Lacerta (I, II, III) noch nicht an- gelegt, sonst überall schon erkennbar. KınastLey fand bei Sceleporus abweichende Verhältnisse, die er, wie folgt, beschreibt (1900, p. 215): „The stapedial portion of the stroma runs inward from its point of connection with the hyoid proper Another element enters into the composition of the columella — the extracolumella — and my studies show that at first this is a discrete part. It appears at first as a slender rod of procartilage just in front of the hyoid and ventral to the tympanic cavity. Its upper end is closely related to the dorsal end of the hyoid and the distal end of the stapes .. .“ | Hierin meint KINGsLEy mit ,,stapedial portion“ die ganze Colu- mella auris vom Labyrinth ab bis am Uebergang ins 1. Zungenbein- horn, den Zungenbeinbogen im engern Sinne. Da letzterer aber von der Extracolumella abgeht (vgl. V), ist sein ,,stapedial portion“ oder stapes’ nicht nur dem Stapes vergleichbar, sondern enthält auch einen erheblichen Abschnitt der Extracolumella. Was KINGSLEY Extra- columella nennt, ist nur der Insertionstheil derselben. KING@SLEY’s Behauptung von einer selbständigen Entstehung der Extracolumella ist eine Folge davon, dass er die Stapes-Extracolumellargrenze zu weit lateral gesucht hat. Letztere tritt erst sehr spät auf (IV) und fehlte anscheinend bei seinen Embryonen noch. Eine Entstehung der Extracolumella lateral und getrennt vom Hyoidbogen hat KINGsLEY für Sceleporus nicht bewiesen, sie wird bei Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 143 dieser Art gewiss ebenso wenig stattfinden wie bei Lacerta. Das ist wichtig, weil nach KınasLey’s Deutung die Extracolumella gegenüber dem Hyoidbogen und Stapes eine ähnliche Lage einnehmen würde wie Hammer und Amboss bei Säugethieren, was eine sehr wichtige Stütze für die PETERS-GApow’sche Hypothese über die Homologie der Gehörknöchelchen wäre. Wie aber schon gesagt, beruht diese Angabe KıngsLey’s nur auf einer unrichtigen Abgrenzung der Extracolumella gegen den Stapes. Aus Kinasuey’s Schilderung geht nur hervor, dass er eine ge- sonderte Entstehung des Insertionstheils der Extracolumella oder nur von dessen Pars inferior beobachtet hat. Gänzlich frei vom Hyoid- bogen scheint aber derselbe doch nicht zu entstehen, denn er giebt an, das obere Ende desselben sei „closely related to the dorsal end of the hyoid and the distal end of the stapes“. Auf seiner fig. 2 geht seine Extracolumella continuirlich in die Columella auris über, und aus seiner fig. 3 ist auch nicht ersichtlich, dass „ex“ kein Fortsatz ist von „Ay“. Ich finde denn auch in KınasLeyY’s Angaben keinen genügenden Grund dafür, den Insertionstheil oder dessen Pars inferior als einen dem Hyoidbogen fremden Skelettheil zu betrachten. Meine Präparate von Lacerta und Geckoniden sprechen bestimmt für einen Zusammen- hang mit dem Zungenbeinbogen vom Anfang an; er entsteht nur bei Sceleporus mehr selbständig. Einen vom Knorpelcentrum des Hyostapes gesonderten Knorpel- kern für den Insertionstheil habe ich nicht beobachtet. Ich schliesse also, dass die Pars inferior und superior des In- sertionstheils nur Fortsätze der Extracolumella sind und wie diese dem Zungenbeinbogen zugerechnet werden müssen. X. Die Muskeln der Extracolumella. Einen Muskel der Extracolumella bei erwachsenen Lacertiliern habe ich früher nur bei Geckoniden gefunden und als einen Laxator tympani: gedeutet (VERSLUYS, 1898, p. 18 und 154). Ich will den- selben hier als M. extracolumellaris bezeichnen. Die der Zeit geäusserte Vermuthung, dass er ein Derivat der Facialismusculatur ist, wird von der Ontogenese vollständig bestätigt; meine Embryonen von Platydactylus lassen darüber keinen Zweifel. Am ersten ist der M. extracolumellaris erkennbar bei Embryo VI dieser Art. Es gehen hier Muskelfasern vom Processus accessorius posterior caudalwärts, bis sie den vordern Rand der Facialismusculatur, 144 J. VERSLUYS jr., und zwar C,m.d (RUGE, 1896), erreichen und sich diesem Muskel anschliessen. Es ist deutlich zu sehen, dass kein besonderer Muskel vorliegt, sondern nur ein Bündel Fasern, welche vom vordern innern Rand der Facialismusculatur abbiegen und an der sehr nahe liegenden Extracolumella inseriren. Beim Embryo VII trennt dieses Faser- bündel sich noch mehr von C,m.d und entspringt zum Theil vom Processus paroticus. Noch selbständiger ist der Muskel geworden bei Embryo VIIL In Fig. 21 ist er abgebildet (M.ext); die ventral davon gezeichneten Fasern von C,m.d (M.par.md.pr) steigen im nächst äussern Schnitt bis in die Höhe des Processus paroticus hinauf, ihr Ursprung liegt aber noch viel mehr dorsal. Aus diesen Fasern von C,m.d bildet sich der M. parieto-mandibularis profundus (VER- SLUYS, 1898, p. 126), der hier schon deutlich erkennbar ist, wenn er auch ventral den Zusammenhang mit dem grossen Abschnitt des C,m.d, aus welchem der M. depressor mandibulae hervorgeht, noch nicht auf- gegeben hat. Beim Embryo VII ist diese Trennung noch gar nicht angedeutet. Es ist also der M. parieto-mandibularis profundus die tiefste Portion von C,m.d, wie schon 1898, p. 8 und p. 126, von mir angegeben wurde !). Der M. extracolumellaris, der sich von seinem vordern Rand abspaltet, kann als gleich tief betrachtet werden. Der M. extracolumellaris erreicht im nächst innern Schnitt als der in Fig. 21 abgebildete den Processus accessorius posterior der Extracolumella; er ist gut entwickelt, kommt in 8 Schnitten von je 6 u vor und ist in den mehr medialen Schnitten etwa doppelt so breit wie in Fig. 21. Die Stelle, wo er vom Processus paroticus entspringt, wächst zur Paroticusplatte (siehe VII, S. 134) aus. Dies hat beim Embryo VII vielleicht schon angefangen und ist deutlich bei Embryo X (Fig. 23, Parot.Pl; M.ext). Der M. parieto-mandibularis profundus schiebt sich dabei nach vorn in den hintern Rand der äussern Gehörhöhle und verliert jeden Zusammenhang mit dem M. extracolumellaris. Die Paroticusplatte und die dorsalwärts wachsende Spitze des Zungenbein- bogens schieben sich zwischen den M. extracolumellaris und die übrige Facialismusculatur. Bei andern erwachsenen Lacertiliern ist der Muskel noch nicht gefunden worden. Es gelang mir aber leicht, denselben bei Lacerta- Embryonen wieder zu finden. 1) Dies ist eine tiefere Portion als der von Ruan, 1896, p. 329, d, als C,m.d profundus bezeichnete Muskel. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 145 Beim Embryo VII von Lacerta agilis reicht die Facialismusculatur weit .nach vorn; ihre vordersten dorsalen Fasern fangen lateral von der Vena lateralis capitis an und heften sich am Interhyale, ja auch noch an der Pars superior des Insertionstheils an, einige Schnitte caudal von der Extracolumellarsehne. Embryo VIII ist wichtig. Die Muskelfasern, welche an der Pars superior inseriren, haben sich hier zu einem besondern Faserbündel entwickelt, welches zwar dorsal noch nicht von der übrigen Facialis- musculatur (C, m.d.) abgetrennt ist, aber durch grössere Stärke des Bündels und mehr nach vorn und ventralwärts gerichtetem Faser- verlauf gegen die ventralwärts und caudalwärts gerichteten Fasern des M. depressor mandibulae eine unverkennbare Selbständigkeit be- sitzt. Das Faserbündel hat seine Insertion an der Pars superior der Extracolumella weiter nach vorn aus gedehnt als bei Embryo VII, und seine Insertionsfläche schliesst sich direct an die der Extracolu- mellarsehne an. Bei meinem jüngsten Calotes-Embryo finde ich ganz ähnliche Ver- hältnisse; ich habe das vordere Faserbündel in der Fig. 17 (MW. ext) eingezeichnet. Es entspringt dorsal etwas caudalwärts vom Processus dorsalis der Extracolumella. Bei ältern Embryonen von Lacerta ändert sich der Verlauf des Faserbündels; anstatt vorherrschend dorso-ventral, verläuft es mehr von hinten und dorsal nach vorn und ventral. Dadurch wird dasselbe gegen die dorso-ventralen Fasern des ©, m.d (Depressor mandibulae) immer schärfer abgegrenzt. Sehr deutlich ist dies bei Embryo XIII (Lacerta muralis), wie aus Fig. 24 ersichtlich. Die Fasern entspringen hier zum Theil von der untern lateralen Ecke des Processus paroticus, kommen letztern wenigstens sehr nahe. Sie bilden einen kleinen seibständigen Muskel, der sich zwar noch direct an den Depressor mandibulae anschliesst, aber eine andere Richtung seiner Fasern zeigt. Bei den Embryonen XIV und XV von Lacerta entspringt der kleine Muskel zweifellos vom Processus paroticus. Einige Fasern des Depressor mandibulae entspringen gleichfalls von diesem Schädelfort- satz, und eine scharfe Trennung besteht dort zwischen den beiden Muskeln noch nicht. Ein Vergleich mit Platydactylus (siehe Fig. 23 und 24) lässt keinen Zweifel an der Homologie des kleinen Muskels der Lacerta- und Calotes-Embryonen mit dem M. extracolumellaris, dem Laxator tympani der erwachsenen Geckoniden. Es ist ein Muskel, der sich am vordern Rande der Facialismusculatur differenzirt (aus C, m.d), Zool. Jahrb. XIX, Abth. f. Morph. 10 146 J. VERSLUYS jr., vom Processus paroticus zur Pars superior und dessen Processus accessorius posterior geht, also vom Schädel zum Zungenbeinbogen ; er ist ein Cyh.d. Wie C,m.d liegt der M. extracolumellaris lateral vom Muskelast des N. facialis. Dieser Muskel ist bei Lacerta bereits durch KıLıan gefunden, wie aus seiner Beschreibung (1890, p. 643) hervorgeht. Er nennt denselben M. stapedius. Er hat auch schon die Abspaltung von C, m.d hervorgehoben, sowie auch das relativ späte Auftreten seiner Differen- zirung. Die Homologie des Kırıan’schen Muskels mit dem M. laxator tympani habe ich schon 1898 (p. 150) als möglich angegeben; doch war es wegen der Extracolumellarsehne und der kurzen Angaben Kırıan’s nicht sicher zu entscheiden, ob dieser Vergleich richtig war. Dieser Befund eines M. extracolumellaris bei Embryonen ver- schiedener Familien der Lacertilier (Geckonidae, Lacertidae, Agamidae) ist wichtig, weil wir hierdurch genöthigt werden, für die Stammformen der Lacertilier (neben der Extracolumellarsehne) den Besitz eines M. extracolumellaris anzunehmen, der jetzt bei den erwachsenen Thieren meist fehlt. Ich fand denselben nur bei den Geckonidae (VERSLUYS, 1898); er ist aber so klein, dass ein Uebersehen bei einigen der andern untersuchten Arten nicht ausgeschlossen werden kann; vor allem scheint es, da er doch angelegt wird, sehr gut möglich, dass er noch bei andern Lacertiliern als den Geckoniden auch bei den er- wachsenen Thieren vorkommt. Ob er bei den Stammformen der Lacertilier auch als M. laxator tympani functionirte, scheint zweifelhaft. Diese Function kann der Muskel sehr gut erst bei den Geckoniden erworben haben. Früher (1898, p. 159) glaubte ich mich gegen eine Homologie des M. laxator tympani (M. extracolumellaris) der Geckoniden mit dem M. stapedius der Crocodilier entscheiden zu müssen, weil letzterer scheinbar eine andere Function, andern Verlauf und andere Ursprungs- stelle hatte. Da es sich aber herausgestellt hat, dass der Muskel bei Geckoniden auch vom Processus paroticus, nicht vom Zungenbeinbogen entspringt (siehe VII, S. 134), sein Verlauf während der Ontogenese durch das Hervorwachsen der Paroticusplatte geändert wird und seine Function als Laxator tympani wohl eine erst kürzlich erworbene sein kann !), so bleibt von meinen der Zeit angeführten Gründen jetzt nichts 1) Selbstverständlich bleibt auch die Möglichkeit, dass der Muskel bei den Geckoniden doch ein M. tensor tympani sei, nicht ausgeschlosen. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 147 Sicheres übrig. Ich trage denn auch kein Bedenken, mich der von KILIAN vertretenen Homologie des M. stapedius der Crocodilier mit dem Muskel der Lacerta-Embryonen anzuschliessen. Die über diesen Muskel gewonnenen Resultate sind folgende: 1) Der Extracolumellarmuskel der Geckoniden kommt bei den Embryonen anderer Lacertilier vor. 2) Er ist dem von Kırıan beschriebenen M. stapedius von Lacerta homolog; letzterer ist also nicht homolog mit der Sehne der Extra- columella. 3) Der M. extracolumellaris der Lacertilier spaltet sich vom vordern innern Rande der dorsalen Facialismusculatur ab, aus welchem sich bei Lacerta (und Calotes) die Hauptportion des Depressor mandi- bulae entwickelt (siehe VersLuys, 1898, p. 125, 126). Bei Geckoniden entsteht aus den vordersten Fasern dieser Muskelschicht, nach Ab- spaltung des kleinen M. extracolumellaris, ein besonderer tiefer Muskel, der M. parieto-mandibularis profundus. 4) Der M. extracollumellaris entspringt von der ventro-lateralen Ecke des Processus paroticus. 5) Bei Geckoniden wächst dieser letztere Bezirk zur Paroticus- platte aus, mit welcher sich das dorsale Ende des 1. Zungenbeinhorns verbindet, und aus beiden entsteht dann eine Knorpelplatte, welche bei erwachenen Thieren zwischen dem M. extracolumellaris und dem Muskelcomplex C,m.d liegt. 6) Der M. extracolumellaris ist dem M. stapedius der Crocodilier homolog. Ich führe hier die Sehne der Extracolumella auf, weil dieselbe vielleicht aus einem umgebildeten Muskel hervorgegangen ist (siehe VERSLUYS, 1898, p. 156—158). Die Sehne tritt bei Lacerta ziemlich früh auf (Embryo VI) als ein durch grössere Zellendichte gegen das umgebende zellenreiche Bindegewebe hervortretender Blastemstrang. Letzterer verläuft von der Mitte des Processus dorsalis der Columella auris lateralwärts zur Pars superior des Insertionstheils. Er hat also denselben Verlauf wie die Sehne bei der erwachsenen Lacerta, welche ja abgeht vom Intercalare, das aus der Verknorpelung des grössten dorsalen Abschnitts des Processus dorsalis hervorgegangen ist. Die Sehne verbindet also zwei Fortsätze der Extracolumella; davon ist Ich habe die Function als M. laxator tympani nur aus dem Verlauf des Muskels erschlossen. 10% 148 J. VERSLUYS jr., aber der mediale ein Fortsatz des Otostapes, der andere des Hyo- stapes. Wenn die Sehne auftritt (als Blastemstrang), zeigt dieselbe keinen Zusammenhang mit der Facialismusculatur, deren vorderer Rand zuerst deutlich caudal von der Sehne bleibt (Lacerta, Embryo VI, VII). Beim Embryo VIII inseriren die vordersten Fasern der Facialismusculatur (diejenigen, welche die Anlage des M. extracolumellaris bilden) direct im Anschluss an die Insertion der Sehne an der Pars superior; doch bleiben beide immer deutlich getrennt, auch bei ältern Embryonen (Fig. 24). Zwischen beiden verläuft ein Seitenzweig der Vena lateralis eapitis. Der Embryo von Calotes zeigt keinen Unterschied gegen meine Lacerta-Embryonen. Bei Platydactylus tritt die Sehne schon sehr früh auf. Bei Embryo III (Fig. 20 S) und VI (Fig. 10 S) ist sie schon als ein Zellenstrang erkennbar, der die Anlage des Intercalare verbindet mit der latero-dorsalen Ecke der Extracolumella (Region der Pars superior des Insertionstheils). Ja, schon beim Embryo I finde ich dort eine schwache Zellenverdichtung (Fig. 5 S). Beim Embryo VII ist die An- lage der Sehne sehr breit, entspringt zum Theil vom Processus par- oticus (Fig. 11 8). Erst beim Embryo VIII fängt der Zellenstrang an faserig zu werden (Fig. 21). Bei meinem ältesten Embryo (X) von Platydactylus entspringt die Sehne noch deutlich vom Intercalare. Bei erwachsenen Geckoniden (Gecko, Hemidactylus) entspringt die Sehne vom Processus paroticus, aber ihrer Basis angelagert fand ich noch Reste des Intercalare. Beweise dafür, dass wir in der Sehne einen ehemaligen Muskel sehen müssen (VERSLUYS, 1898, p. 158), bringen meine Präparate nicht. Dieselbe entsteht nicht im Zusammenhang mit der Facialismusculatur; wohl kommt letztere ihr sehr nahe. Muskelfasern finde ich in der Sehne nicht. In allen meinen Prä- paraten sehe ich in derselben niemals die deutlichen, breiten, mit mehreren länglichen Kernen versehenen Fasern, welche die embryo- nalen Muskeln in denselben Präparaten aufweisen. Die Sehne zeigt eine viel weniger deutliche, unregelmässigere und feinere Faserung und ist auch durch Parakarmin blasser gefärbt als das Muskelgewebe. Bei Sphenodon konnte SCHAUINSLAND (1900, p. 829) auch keine Muskelfasern in der Sehne auffinden. Stellen wir die Resultate kurz zusammen, so ergiebt sich: 1) Die Sehne entsteht genau so, wie sie bei erwachsenen Thieren liegt. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 149 2) Sie entwickelt sich nicht aus der Facialismusculatur. 3) Sie entspringt bei Embryonen immer vom Intercalare, vom Processus dorsalis, also von einem Fortsatz des Otostapes, und in- serirt an der Pars superior der Extracolumella, also am Hyostapes. 4) Aus dem Ursprung bei Geckonidenembryonen vom Intercalare (wie bei Lacerta und Calotes) geht hervor, dass der spätere Ursprung vom Processus paroticus secundär ist. | 5) Da der M. extracolumellaris (M. stapedius, KıLıan) dem M. stapedius der Crocodilier homolog ist, ist die Sehne diesem Muskel der Crocodilier nicht homolog, wie HorrmMann (M. stapedius, 1889, p. 20) und ich selbst (1898, p. 159) gemeint haben. 6) Beweise dafür, dass die Sehne einen frühern Muskel repräsentirt, wurden nicht aufgefunden ; dies kann darum selbstverständlich doch wohl der Fall sein. XI. Der Nervus facialis (Chorda tympani) und die Columella auris. Der Ramus posterior des Nervus facialis geht dorsal von der Columella auris zu seinen Muskeln. Wenn der Processus dorsalis ent- steht (Abschn. VI), liegt der Nerv medial und caudal von diesem Fortsatz. Bei Geckoniden und Uroplates, bei welchen der Zungenbeinbogen sich knorplig mit dem Schädel verbindet, tritt der Nerv nach vorn von demselben zu seiner Musculatur (VERSLUYS, 1898, tab. 1, fig. 3, 4, 8). In der Ontogenese wird dies dadurch bedingt, dass der Muskel- ast des Facialis, nachdem er den Stapes überschritten hat, sich stark lateralwärts wendet und nach vorn vom Processus paroticus zu seinen Muskeln tritt. Das dorsalwärts bis zum Processus paroticus empor- wachsende Ende des 1. Zungenbeinhorns (Zungenbeinbogen im engern Sinne) bleibt dadurch caudal vom Muskelast des Facialis. Das dor- sale Zungenbeinbogenende liegt bei Embryonen ziemlich weit caudal von der Extracolumella. Die Chorda tympani wird, wie ich schon früher (1898, p. 179) angegeben habe, in ihrem Verlauf beeinflusst durch die Columella auris. Dass die Chorda in den Bereich der Columella auris kommt, an- statt vom Anfang an einen mehr directen Verlauf vom Ganglion des Facialis zum Unterkiefer zu nehmen längs der vordern Trommelhöhlen- wand, wird dadurch bedingt, dass sie ein Ramus posttrematicus ist, caudal von der 1. Kiemenspalte ventralwärts zieht. Bei meinem Embryo II von Lacerta war letztere nach aussen durchgebrochen und konnte die Chorda mit Sicherheit verfolgt werden, wie sie, von vorn 150 J. VERSLUYS jr., kommend, diese 1. Kiemenspalte dorsal tiberschreitet, hinter derselben ventralwärts zieht und dann wieder unter derselben hindurch nach vorn zur innern Seite des Unterkiefers geht. Sie kommt dabei hinter der 1. Kiemenspalte sehr weit lateral, in geringer Entfernung von der Epidermis. Die Stelle, wo die Chorda vom N. facialis abbiegt, liegt dorsal vom Stapes, der als Blastem eben erkennbar ist. Bald folgt nun der Verschluss der 1. Kiemenöffnung, aber die Chorda verläuft dann noch caudal von der 1. Kiemenspalte, etwas medial von der Verschlusstelle. In diesem Stadium tritt nun der Processus dorsalis der Columella auris auf, und zwar als eine Blastemverdichtung nach vorn von der Chorda tympani (Lacerta, IV), welche also auch um diesen Fortsatz eine Schlinge bildet. Und dadurch wird von jetzt ab ein Vorwärts- schieben der Chorda verhindert. Dass dies wirklich so ist, wird auch durch den Zustand bei Geckoniden wahrscheinlich, wo beim Fehlen des Zusammenhangs zwischen Intercalare und Columella auris!) dieses Hinderniss nicht besteht und thatsächlich die Chorda bei Erwachsenen viel mehr nach vorn verläuft (VersLuys, 1898, p. 177). Der Insertionstheil der Extracolumella entsteht caudal von der Chorda, und wenn später die Körperwand in dessen Umgebung zum Trommelfell umgebildet wird, liegt die Chorda auch nach vorn davon. Das Trommelfell entsteht nicht als eine Verschlussmembran der 1. Kiemenspalte, sondern caudal von letzterer; der laterale Theil der Paukenhöhle ist eine Erweiterung des medialen Theiles der 1. Kiemen- spalte, welche sich caudal von der Chorda lateralwärts ausdehnt. Der laterale, nach vorn von der Chorda liegende Abschnitt der 1. Kiemen- spalte, der eine Zeit lang nach aussen durchbrach, ist vollständig rückgebildet und hat keinen Antheil an der später stattfindenden Aus- bildung der Paukenhôhle. Thäte sie dies, dann könnte die Chorda auch wohl schwerlich anders als caudal von der Paukenhöhle oder im Trommelfell verlaufen, jeden Falls nicht, wie sie jetzt verläuft, an der dorsalen und vordern Paukenhöhlenwand. Dies ist nur der ontogenetische Process; wie sich in der Phylo- genese die Verlagerung der Chorda vollzogen hat, ist noch eine andere Frage. Bei Anuren verläuft das Homologon der Chorda bekanntlich caudal vom Trommelfell. Betrachtet man das Trommelfell der Saur- opsiden als dem der Anuren nicht homolog, dann kann man die Er- klärung des verschiedenen Verlaufs der Chorda in einer von Anfang 1) Die Verbindung tritt höchstens sehr kurze Zeit auf (VI, S. 129). Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 151 an an verschiedener Stelle stattfindenden Bildung des Trommelfells suchen. Das ist aber wohl nicht die einzig mögliche Erklärung. Wenn, etwas später als der Processus dorsalis, der Processus internus entsteht, liegt die Chorda auch lateral von demselben. Und erreicht der Fortsatz zuletzt (meist erst bei ziemlich vorgeschrittenen Embryonen) das Quadratum, dann ist er ein Hinderniss für eine even- tuelle Verschiebung der Chorda nach vorn zu. Es kann also eine Verschiebung der ganzen Chorda tympani nach der Rückbildung des distalen Abschnitts der 1. Kiemenspalte nicht stattfinden, weil sie vom Processus dorsalis daran verhindert wird. Wenn später bei vielen Arten der Processus dorsalis proximal rückgebildet ist, ist der Processus internus schon ausgebildet und ver- hindert eine solche Verschiebung (VERSLUYS, 1898; Varanus, Polychrus, Zonurus). Wo aus dem proximalen Abschnitt des Processus dorsalis ein Bändchen hervorgeht, welches dann bei den erwachsenen Thieren das Intercalare mit der Columella auris verbindet, geht die Chorda denn auch caudal von diesem Bändchen lateralwärts (Draco volans). Nur bei den Geckoniden, wo beide Fortsätze fehlen, finden wir die Chorda tympani bei den erwachsenen Thieren an der vordern Paukenhöhlenwand weit nach vorn von der Columella auris (VERSLUYS, 1898, tab. 8, fig. 95). Verschieden ist der Verlauf der Chorda auch noch gegenüber der Sehne der Extracolumella. Bei einigen Arten geht sie ventral von letzterer (Chamaeleon, Varanus, Draco, Zonurus, Phrynosoma; darauf muss auch der Verlauf bei Geckoniden zurückgeführt werden), bei den meisten Gattungen der Lacertilier dorsal davon (z. B. Iguana, Tupi- nambis, Uromastix, Calotes [Fig. 17 Ch] Mabuia, Anguis, Lacerta, Heloderma, Gerrhosaurus). Der ventrale Verlauf scheint der ur- sprünglichere wegen des Vorkommens bei den mehr abweichenden Familien (Chamaeleontidae, Geckonidae, Uroplatidae, Varanidae etc.) und auch bei Sphenodon (Rhynchocephalia). Die Chorda tympani ver- läuft, wie gesagt, caudal vom Processus dorsalis und kommt dadurch in unmittelbare Nähe der davon entspringenden Sehne. Wodurch aber der verschiedene Verlauf dorsal resp. ventral von derselben bedingt wird, kann ich nicht angeben (vgl. auch VERSLUYS, 1898, p. 177, 179). Der Verlauf dorsal von der Sehne verhindert die Chorda gleich- falls, sich nach vorn zu schieben; wenn bei diesem Verlauf der Pro- cessus dorsalis und internus rückgebildet sind, kann die Chorda doch nicht den kürzern Verlauf wie bei den Geckoniden nehmen. 152 J. VERSLUYS jr., Dass die Chorda tympani danach strebt, den möglichst kurzen Verlauf zu nehmen, das beweisen die Geckoniden. Auch bei ihnen verläuft die Chorda zuerst caudal vom lateralen Abschnitt der 1. Kiemenspalte (Gecko, Embryo I). Die in diesem Abschnitt gewonnenen Resultate über die Beein- flussung des Verlaufs der Chorda durch die Columella auris sind folgende. Dass die Chorda bei den meisten (erwachsenen) Lacertiliern einen so erheblichen Umweg macht, ist Folge davon, dass sie ein Ramus posttrematicus des N. facialis ist. Dadurch liegt dieselbe bei Embryonen so weit caudal, dass sie ihren Verlauf lateralwärts nach hinten von dem Processus dorsalis der Extracolumella nimmt. Einen mehr directen Verlauf kann sie nur bei den Arten nehmen, wo dieser und der Pro- cessus internus rückgebildet sind. Dass die Chorda an der dorsalen und vordern Paukenhöhlenwand verläuft, anstatt an deren hinterer und ventraler Wand, wird bedingt durch die Entstehung des lateralen Abschnitts der Paukenhöhle nicht als Erweiterung des lateralen, nach vorn von der Chorda liegenden Theiles der 1. Kiemenspalte, sondern caudal davon und caudal von der Chorda als eine lateralwärts vorschreitende Erweiterung des medialen Theiles der 1. Kiemenspalte. Der laterale, bei jüngern Embryonen nach aussen durchbrechende Abschnitt der 1. Kiemenspalte liegt nach vorn und dorsal von der Chorda; er müsste zwischen Quadratum und Chorda liegen, wenn er bei erwachsenen Thieren nicht ganz rückgebildet wäre. XII. Kurze Schilderung der Entwieklung der Columella auris bei den Lacertiliern. Die Columella auris und der Zungenbeinbogen hängen schon von ihrem ersten Auftreten als Blastem an eng zusammen. Sie bilden einen Blastemstab, welcher lateral, etwas caudal von der 1. Kiemen- spalte, eine ziemlich scharfe Biegung zeigt (Fig. 6); aus dem dorsalen Abschnitt entwickelt sich die Columella auris, der ventrale wird zum 1. Zungenbeinhorn, dem Zungenbeinbogen im engern Sinne. Eine vom Hyoidbogen gesonderte Entstehung des medialen Ab- schnitts der. Columella auris konnte nicht gefunden werden. Ich ver- füge aber nicht über genügend zahlreiche Embryonen, um eine solche selbständige Anlage des basalen Theiles des Stapes verneinen zu können. Nur verschmilzt derselbe dann jedenfalls sehr früh vollständig mit dem Blastem der übrigen Columella auris und des Zungenbeinbogens. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 153 Aber das mediale Ende des Blastemstabes (des Stapes) lässt sich bei Geckoniden bestimmt gegen das Blastem der Labyrinthkapsel abgrenzen (Fig. 3, 4) und muss ohne Zweifel dem Zungenbeinbogen zugerechnet werden. Der Stapes entsteht nicht vom Blastem der Labyrinthkapsel aus. Auch wird der Stapes bei Geckoniden deutlich früher angelegt als letzteres; sind beide Blasteme etwa gleich weit vorgeschritten, dann kann eine Abgrenzung beider nicht mehr möglich sein (Lacerta, Fig. 2, 6); dies darf aber nicht als ein Beweis des genetischen Zu- sammenhangs dieser Skelettheile (Stapes und Labyrinthkapsel) be- trachtet werden. Aus diesem Blastem der Columella auris wachsen folgende Fort- sätze hervor: a) Der Intertionstheil der Extracolumella. Derselbe entsteht vom lateralen Ende der Columella auris aus. Die Pars inferior entsteht zuerst, ventralwärts gerichtet, nach vorn und etwas lateral vom Hyoid- bogen. Eine gesonderte Entstehung wurde nicht beobachtet (Fig. 5). Die Pars superior entsteht erst später, ist lange sehr klein (Fig. 10, 11). b) Der Processus dorsalis tritt auch früh auf als ein von der Mitte der Columella auris dorsalwärts wachsender Fortsatz (Fig. 8 Proc. dors.). Sein dorsaler Abschnitt liegt später zwischen Processus ‘paroticus des Schädels und Quadratum. c) Der Processus internus wächst etwa aus der Mitte der Colu- mella auris nach vorn und erreicht relativ spät das Quadratum. Den Unterkiefer erreicht der Fortsatz nicht, auch nicht als Blastem. Er liegt dorsal und nach vorn von der 1. Kiemenspalte, Die Verknorpelung der Columella auris tritt ohne Zusammenhang mit der Knorpelbildung im 1. Zungenbeinhorn auf. Es entsteht zuerst ein Knorpelcentrum im medialen Theil der Columella auris, da, wo Stiel und Fussplatte des Stapes zusammen- kommen (Fig. A D). Von hier aus verknorpelt die Fussplatte des Stapes, während die Verknorpelung sich lateralwärts, an der Basis des Processus dorsalis vorbei, ausdehnt (Fig. B, bis «). Deutlich später entsteht ein zweites Knorpelcentrum, da, wo Stiel und Insertionstheil der Extracolumella zusammentreffen (Fig. A ID) und der Zungenbeinbogen abgeht. Von diesem Centrum aus dehnt die Verknorpelung sich über den ganzen Insertionstheil sowie medial- warts im Stiel der Extracolumella aus (Fig. B ID). Die beiden Knorpelcentra J und II wachsen also einander entgegen, bis sie lateral von Processus dorsalis und Processus internus einander begegnen (Fig. B, bei a). Dort erhält sich bei Lacerta eine dünne Blastem- 154 J. VERSLUYS Jr. scheibe; dieselbe ist die von HOFFMANN beschriebene Grenze zwischen Otostapes unb Hyostapes (Fig. 1, a), welche also erst spät auftritt. Aus dem Centrum J geht der Otostapes, aus IZ der Hyostapes hervor (HOFFMANN). Fig. A. Fig. A. Knorpelcentra in der Columella auris eines Lacertiliers; Anfang der Ver- knorpelung. Schema. Die Knorpelcentra sind dunkel schraffirt, Blastem weiss. J Knorpel- centrum des Otostapes, ZI des Hyostapes, ZIT des Intercalare. Fig. B. Wie Fig. A; die Verknorpelung ist weit vorgeschritten. Der Processus internus verknorpelt vom Otostapes aus (Fig. B Proc.int). Vom Hyostapes aus kann eine Strecke des Interhyale, der Blastemverbindung zwischen Columella auris und Zungenbeinbogen, ver- knorpeln. Es entsteht dadurch ein knorpliger Fortsatz der Extra- columella, welcher aber niemals den Knorpel des 1. Zungenbein- horns erreicht (Fig. C Int.h). Dieser Processus interhyalis ist der Pro- cessus accessorius posterior des Insertionstheils bei der erwach- senen Lacerta. Bei Geckoniden Fig. C. Wie Fig.. A; die Verknor- pelung ist beinahe vollendet. Die Blastem- : strecke + ist zu einem Bändehen rück- \ Proc.int \b gebildet. Das Interhyale ist theilweise X als Fortsatz der Extracolumella erhalten ~~ Zpb.b (Int. h), theilweise riickgebildet (0). geht er mehr medial, vom Stiel der Extracolumella, ab (Fig. 12 Int.h), wird aber später riickgebildet. Im Processus dorsalis tritt ein dritter Knorpelkern auf (Fig. A ZIT), und zwar im distalen Abschnitt desselben, welcher dann erheblich an Grösse zunimmt. Der mediale Theil bleibt unverknorpelt, verschwindet Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 155 meist (Lacerta und die meisten andern Lacertilier; Fig. A, B, C +), bleibt aber bei einigen Arten als Bindegewebsband bestehen (Calotes). Dadurch wird der dorsale, selbständig verknorpelnde Abschnitt des Processus dorsalis zu einem von der Columella auris getrennten, relativ beträchtlichen Knorpelstück, dem Intercalare (Fig. 1, 19). Bei den untersuchten Geckoniden fehlt von Anfang an die Verbindung des Intercalare mit der Columella auris oder tritt wenigstens nur während sehr kurzer Zeit auf (Platydactylus, Fig. 20 +). Die andern Lacertilier (Lacerta, Calotes) beweisen aber, dass das Intercalare als ein Ab- kömmling des Zungenbeinbogens (im weitern Sinne; der Columella auris) betrachtet werden muss. Das Intercalare bildet eine Zeit lang die alleinige Verbindung des Quadratums mit dem Processus paroticus des Schädels (Fig. 14). Das Palatoquadratum kann auf diesem Stadium wohl nicht als „Auto- styl“ bezeichnet werden, da seine Befestigung nur mittels eines gene- tisch zum Zungenbeinbogen gehörigen Knorpelstücks stattfindet. Die Grenze des Intercalare gegen den gleichfalls knorpligen Pro- cessus paroticus verschwindet nun vollständig (bei Lacerta, nach GAUPP), vielleicht bei Geckoniden nur theilweise. Wenn aber später der Pro- cessus paroticus verknöchert, tritt das Intercalare wieder als selb- ständiges Knorpelstück hervor (Fig. 15, 19), welches noch an der Be- festigung des Quadratums am Schädel betheiligt ist. Ob in dieser Befestigung des Quadratums am Schädel mittels eines Fortsatzes des Hyoidbogens ein primitiver Zustand vorliegt, können erst weitere Untersuchungen begründen. Bei erwachsenen Geckoniden ist das Intercalare grössten Theils rückgebildet. Das Interhyale verschwindet, wodurch das dorsale Ende des 1. Zungenbeinhorn frei wird von der Columella auris. Bei Lacerta bleibt das 1. Zungenbeinhorn frei und verschiebt sich bald caudalwärts. Bei Geckoniden wächst das dorsale Ende des Zungenbeinbogens empor, bis es eine knorplige Platte auf dem Processus paroticus erreicht und sich daran anheftet, wobei eine mehr oder weniger vollständige Ver- schmelzung der Knorpel stattfindet (Fig. D, E). Diese Knorpelplatte auf dem Processus paroticus steht wohl im Zusammenhang mit dem Intercalare, entsteht aber sicher zum grössten Theil, vielleicht ganz, vom Processus paroticus aus. Bei Uromastix kommt eine ähnliche Knorpelplatte vor, welche aber wahrscheinlich aus einem dorsalen Abschnitt des 1. Zungenbeinhorns und vom Intercalare gebildet wird, woran der Processus paroticus nicht betheiligt ist. 156 J. VERSLUYS jr., An der Stelle, wo Otostapes und Hyostapes zusammentreffen (Fig. C a), findet sich bei der erwachsenen Lacerta oft eine Discon- tinuität im Knorpel der Extracolumella. Diese Grenze ist nicht iden- \ \ er) Col x vere ; Pars inf Fig. D. Anheftung des Zungenbeinbogens am Schädel bei einem Geekoniden. Erstes Auftreten der Verbindung mittels Bindegewebe (d). Schema. Fig. E. Wie Fig. D; die Anheftung ist vollendet. Schema. d latero-dorsale, m medio-ventrale Anheftungs- stelle; zwischen beiden bleibt ein Loch; ce Discontinuiät im Knorpel des Zungenbeinbogens. Der Processus paroticus ist verknöchert mit Ausnahme der Paroticus- platte (Parot. Pl). Das kleine Intercalare (Int. C') ist vom Processus parotieus unterscheidbar. tisch mit dem Stapes- Extracolumellargelenk, denn letzteres liegt medial, erstere lateral vom Pro- cessus internus. Es ent- steht also die Extracolu- mella bei Lacerta aus dem Hyostapes und einem di- stalen Abschnitt des Oto- stapes (Fig. 1 o). Bei Geckoniden, wo der Pro- cessus internus und dor- salis beide fehlen, ist dies nicht zu entscheiden und kann daher auf eine ähn- liche Betheiligung des Oto- stapes an der Bildung der Extracolumella nur nach Analogie mit Lacerta ge- schlossen werden. Calotes stimmt mit Lacerta über- ein. Das Stapes - Extra- columellargelenk entsteht erst sehr spät. Ein Muskel, der dem M. extracolumellaris (M. laxator tympani) der Geckoniden homolog ist, wird auch bei andern Lacertiliern angelegt. Er entsteht durch Abspaltung von der Facialismuscu- latur, entspringt vom Processus paroticus und heftet sich an der Pars superior des Insertionstheils der Extracolumella oder an dessen Pro- cessus accessorius posterior an. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 157 Die Sehne der Extracolumella entsteht nicht in Zusammenhang mit der Facialismusculatur. Anhang zu XII: Die Amphisbäniden. Diese, Embryonen von Lacertiden, Geckoniden und Agamiden ent- lehnte Schilderung mag in allen wesentlichen Punkten für die grosse Mehrzahl der Lacertilier zutreffend sein. Dadurch ist aber das Vorkommen erheblich abweichender Zu- stände bei aberranten Lacertiliern nicht ausgeschlossen. Ich denke dabei vor allem an die Amphisbäniden mit ihrer sehr abweichend gebauten Columella auris (VERSLUYS, 1898, p. 87; tab. 6, fig. 66, 68, 69). Bei diesen Thieren sitzt dem distalen Stapes- ende keine normal gebildete Extracolumella auf, sondern es geht von demselben ein sehr langer, dünner Knorpelstab nach vorn, lateral vom Quadratum und vom Unterkiefer. Da nun oben für Lacertilier fest- gestellt wurde, dass der Zungenbeinbogen (1. Zungenbeinhorn) von der Extracolumella abgeht, so scheint eine Homologie des Knorpel- stabes mit ersterm nicht unmöglich, vor allem da sonst ein Hyoid- bogen bei Amphisbaena fehlt. Es müsste dann die caudale Spitze des Stabes, welche gelenkig mit dem Stapes verbunden ist, als Rest der Extracolumella gedeutet werden. Man braucht hierin nicht direct einen sehr primitiven Zustand zu sehen. Die grabende Lebensweise der Amphisbäniden wird wohl zum Verlust des Trommelfells und zur Re- duction des grössten Theils der Extracolumella geführt haben. Dass der Zungenbeinbogen Zeit Lebens in Verbindung mit der Columella auris bleibt, kann auch sehr gut secundär sein. Da doch beim Functions- verlust der Columella auris eine Abtrennung des 1. Zungenbeinhorns von derselben nicht mehr nöthig war, konnte dieselbe sehr gut in der Onto- genese unterbleiben, Amphisbaena also in dieser Beziehung auf einer embryonalen Stufe stehen bleiben. Die Verbindung des Zungenbein- bogens mit der Columella auris wäre also sehr gut als Entwicklungs- hemmung zu erklären, vorausgesetzt, dass die Homologisirung des Knorpelstabes mit dem 1. Zungenbeinhorn richtig ist. Ist die Zungenbeinbogen-Extracolumellarverbindung der Amphis- bäniden primitiv, hat bei diesen Thieren eine Abtrennung des Zungen- beinbogens von der Columella auris noch nicht stattgefunden (während der Phylogenese), dann stehen dieselben hierdurch im Gegensatz zu allen andern bis jetzt näher untersuchten Lacertiliern und den Chamä- leonten, würden als ein phylogenetisch sehr alter Seitenzweig des 158 J. VERSLUYS jr., Sauropsidenstammes betrachtet werden müssen. Von einer nähern Verwandtschaft mit den Tejidae (BOULENGER; FÜRBRINGER, 1900, p. 617, 618) oder sogar typischen Lacertiliern könnte dann keine Rede sein. Es liegt hier eine für die Systematik der Sauropsiden sehr wichtige Frage vor. Ich kann mich vorläufig nur der zuerst gegebenen Deutung der Verhältnisse als durch Bildungshemmung bedingt anschliessen. Sie allein steht mit der herrschenden Auffassung, wonach die Amphis- bäniden stark umgebildete, von typischen Lacertiliern (mit functio- nirendem schalleitenden Apparat) abstammende Thiere sind, in Einklang. Vor allem ist aber abzuwarten, was eine nähere Untersuchung uns über die Homologie des Knorpelstranges mit dem 1. Zungenbein- horn lehren wird, da dieselbe jetzt noch nicht näher begründet werden kann und nur eine Hypothese ist. XII. Die Lacertilier und Sphenodon. Für die Deutung der Columella auris und deren Zusammenhang mit dem Zungenbeinbogen beim erwachsenen Sphenodon, namentlich auch für die Frage, ob uns im Trommelfell bei allen Vertebraten eine homologe Bildung vorliegt (GAupP, 1899, p. 1146), ist es von grösster Bedeutung, die Frage zu erledigen, ob es Vorfahren des Sphenodon mit functionirendem schalleitenden Apparat gegeben hat oder nicht, mit andern Worten: haben wir das Fehlen des Trommelfells bei dieser Art als durch Rückbildung bedingt zu betrachten, oder müssen wir darin eine sehr ursprüngliche, allen Vorfahren des Sphenodon zu- kommende Organisation sehen ? Dass uns hier ein rückgebildeter, ausser Function gesetzter schall- leitender Apparat vorliegt, hat zuerst PETERS (1874, p. 40) ausge- sprochen. Nach PETERS stammt Sphenodon von Reptilien ab, bei denen der Zungenbeinbogen caudal vom Trommelfell und ohne Ver- bindung mit dem Insertionstheil der Extracolumella bis zum Processus paroticus emporstieg. Ich habe mich dieser Auffassung unbedingt angeschlossen (1898, p. 114). Die Stabform des Stapes, die Fussplatte desselben, das Stapes-Extracolumellargelenk, die Sehne der Extracolumella, die sehnige mittlere Schicht des Trommelfells, die geräumige Paukenhöhle, das sind alles Eigenthümlichkeiten, welche sich nur begreifen lassen bei der Annahme, Sphenodon habe Vorfahren gehabt, bei denen Trommel- fell und Columella auris als schalleitender Apparat functionirten. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 159 Ein wichtiger Grund für mich war auch das Vorkommen einer rudimentären äussern Ohrhöhle (VERSLUYS, 1898, p. 102); da ScHAU- INSLAND deren Vorkommen aber leugnet (1900, p. 830), ist dieser Punkt zweifelhaft und kann ich mich nicht mehr zur Bestärkung meiner Ansicht darauf berufen. Bedeutungsvoll ist aber, dass die Columella auris bei den Embryonen lateralwärts bis nahe an die Epi- . dermis reicht und nicht, wie beim erwachsenen Sphenodon, lateral vom M. depressor mandibulae bedeckt wird (Howes & SWINNERTON, 1901, tab. 5, fig. 12; ScHAUINSLAND, 1900, p. 828). Es dehnt sich also dieser Muskel erst ziemlich spät über dem Trommelfellareal nach vorn aus, lässt dasselbe längere Zeit frei. Auch haben sowohl PETERS als GADOw (1888, p. 468, Specimen C) ein Exemplar beschrieben, bei welchem der Zungenbeinbogen gar nicht vollständig mit der Extracolumella verschmolzen war, sondern dem- selben nur anlag und sich deutlich bis zum Schädel verfolgen liess (Fig. J, K). Die grosse Variabilität spricht dafür, dass in Umbil- dung begriffene Skelettheile vorliegen, und steht in Einklang mit der Auffassung, dass hier ein ziemlich recenter Functionsverlust des schall- leitenden Apparats stattgefunden hat. Ich sehe auch in den Verwandtschaftsbeziehungen von Sphenodon eine sehr grosse Schwierigkeit für die Auffassung, es liege hier ein Thier vor, dessen Vorfahren niemals einen functionirenden schall- leitenden Apparat besessen haben. Daraus folgt nämlich erstens, dass für Amphibien, Sauropsiden und Säuger die unabhängige Entstehung des Trommelfells angenommen werden muss, unter gleichzeitiger Um- bildung des dorsalen Abschnitts des Zungenbeinbogens aus indifferentem Zustand zu einer Columella auris resp. Stapes. Diese so eigenthümliche Umbildung soll also drei Mal (oder, wenn man die Mammalia von primitiven, schon ein Trommelfell besitzenden Amphibien ableiten will, zwei Mal) stattgefunden haben. So etwas wäre nun allerdings nicht unmöglich, aber doch wenig wahrscheinlich (GAuPpP, 1899, p. 1146, weist aus andern Gründen auf die Möglichkeit der drei- maligen Ausbildung des schalleitenden Apparats hin). Aber damit sind wir noch nicht fertig mit der Ausbildung dieses Apparats. Soweit nämlich unsere Kenntniss von der Verwandtschaft der verschiedenen Sauropsiden-Typen jetzt geht, muss dann auch inner- halb der Sauropsiden die Ausbildung desselben sehr wahrscheinlich mehr als ein Mal stattgefunden haben. Nur in einem Falle wäre dies nicht nöthig, nämlich wenn der Stammbaum der Sauropsiden wäre, wie ich in der Fig. F angegeben habe, wenn man also die Rhyncho- 160 J. VERSLUYS jr., cephalia sich zu allererst von dem gemeinsamen Sauropsidenstamm abzweigen lässt und für die Stammform aller übrigen Sauropsiden die Entstehung eines Trommelfells annimmt, bevor die verschiedenen Ord- nungen der Reptilien und die Végel sich von dieser Stammform aus differenzirt haben (Fig. F bei A). Sobald man aber eine der Ordnungen der Reptilien als näher mit den Rhynchocephaliern verwandt betrachtet, z. B. die Lacertilier, oder wenn man die Vögel und Chelonier als besondere, tiefere Seitenzweige Fig. F. Der, (Er Lacertilia Lacer- Rhyncho- Crocodilia, Chelonia, Aves tilia cephalia Rhynchocephalia i Crocodilia : - y À ARTE: à N Chelonia Aves ; 0 Ki fs x - \ \ H ; Pi 4 À \ ae ‘ 1 a LR vy / x 4 / ‘ \ 4 / ‘ C4 \ 4 ‘ ‘ een ay: ' \ ‘ ' 5 À à ? \ Ars % \ 1 Y \ y #. \ } “és : A _ Prosauropsidae en Thiere mit funct. schall. Apparat Prosauropsidae —— , ohne ,, ” ” Fig. D. Schematischer Stammbaum der Sauropsiden. A Thiere, bei denen ein Trommelfell sich herausbildet, ---- Thiere mit functionirendem schalleitenden Apparat, — Thiere ohne functionirende schalleitenden Apparat. Fig. E. Schematischer Stammbaum der Sauropsiden. Erklärung wie bei Fig. D. des Sauropsidenstammes betrachtet, muss für jeden dieser Seiten- zweige die Ausbildung eines schalleitenden Apparats aus einem Sphenodon-ähnlichen Zustand angenommen werden. Den extremen Fall, mit viermaliger Ausbildung eines schalleitenden Apparats, habe ich in Fig. G wiedergegeben. Selbstverständlich ist für diese Frage die Höhe, in welcher die Seitenzweige vom Stamme abgehen, gleichgültig und kann nach Belieben geändert werden. Nimmt man für Chelonier und Crocodilier eine gemeinsame Wurzel an, so kommt man zu einer dreimaligen Ausbildung des schalleitenden Apparats etc. Die Ophidier, von welchen man wegen der engern Verwandtschaft mit den Lacertiliern wohl annehmen muss, dass der schalleitende Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 161 Apparat rückgebildet ist, habe ich fortgelassen, um die Schemata möglichst einfach zu halten. Mir scheint nun der Stammbaum der Fig. F sehr wenig wahrscheinlich. Die engere Verwandtschaft, die zwischen Lacertiliern und Rhynchocephaliern besteht (FÜRBRINGER, 1900, p. 625; Howes & SwiNNeRTON, 1901, befürworten eine nähere Ver- wandtschaft von Sphenodon mit den Cheloniern, doch scheint dieselbe mir nicht richtig), und der tiefe Ursprung vom Sauropsidenstamm, welcher für die Vögel angenommen werden muss (FÜRBRINGER, 1900, p. 680), stehen mit einem solchen Stammbaum nicht in Einklang. Eine Folge der Annahme, es sei das Fehlen eines functionirenden schalleitenden Apparats eine ursprüngliche Eigenschaft von Sphenodon, ist also, dass dann nicht allein bei Amphibien und Säugethieren, sondern auch zwei bis vier Mal innerhalb des Sauropsidenstammes eine Herausbildung dieses Apparats angenommen werden muss, also im ganzen vier bis sechs Mal. Oder es sind die Anschauungen vieler Forscher über den genetischen Zusammenhang der Vögel und der Reptilien, welche auch von FÜRBRINGER (1900, 1902) vertreten werden, nicht richtig. Dem gegenüber steht die Annahme, Sphenodon habe sein Trommel- fell durch Rückbildung verloren, und die primitiven Sauropsiden wären schon im Besitz eines functionirenden schalleitenden Apparats gewesen, meines Erachtens viel besser in Einklang mit dem, was seine ganze Organisation uns über seine Verwandtschaft lehrt. Ich schliesse also, dass wegen einer Reihe von Einzelheiten im Bau des schalleitenden Apparats und des Vorhandenseins einer Paukenhöhle der Besitz einer functionirenden Columella auris und eines Trommelfells für die Vorfahren von Sphenodon vorausgesetzt werden muss und dass dies auch mit den Verwandtschaftsbeziehungen dieses Thieres, soweit man darüber ein Urtheil aussprechen kann, gut in Einklang steht. Es ist die Umbildung wahrscheinlich eine recente, da sonst wohl eine Rückbildung der Paukenhöhle, wie bei Ophidiern und Amphisbäniden, stattgefunden haben würde. Diese Rückbildung des Trommelfells lässt sich leicht erklären aus der grabenden Lebensweise (Newman, 1878, p. 225; auch die jungen Thiere fangen bald an zu graben, wie Howes & SWwINNERTON, 1901, p. 10, mittheilen), welche bei vielen Lacertiliern eine solche Rück- bildung hervorgerufen hat. Auch verweilen die Thiere viel in und unter Wasser (NEWMAN, 1878, p. 230; Buzzer, 1879, p. 350), wobei ein Trommelfell keinen Nutzen hat. Es kann also der Grund der Rückbildung in dem Uebergang des Lebens auf freiem Boden zur Zool. Jahrb. XIX. Abth, f. Morph. al 162 J. VERSLUYS jr, grabenden und schwimmenden Lebensweise gegeben sein. Sphenodon ist aber gar keine typische Grabform, was auf das Recente dieser Aenderung in der Lebensweise hinweist und womit die wenig vorge- schrittene Riickbildung des schalleitenden Apparats in Einklang steht. Ich habe schon früher (1898) eine Erklärung des Baues des schalleitenden Apparats bei Sphenodon zu geben versucht, welche von diesem Standpunkt ausging. Ich muss aber jetzt doch etwas an der dort gegebenen Deutung ändern, welche sich vollständig an die von PETERS (1874), Baur (1887) und Gapow (1888) gegebene an- schloss. Ich dachte mir nämlich der Zeit die Verbindung des Zungenbein- bogens mit der Extracolumella als eine neu erworbene, entstanden durch eine Verschiebung des Zungenbeinbogens nach vorn, wobei der- selbe sich der Extracolumella angelegt habe und jetzt mehr oder weniger eng mit letzterer verbunden wäre. Es kommt nun aber während der Ontogenese kein Stadium vor, wo der Zungenbeinbogen nicht mehr mit der Extracolumella zusammenhängt (Howes & Swin- NERTON, 1901, p. 46; SCHAUINSLAND beschreibt nur vorgeschrittenere Embryonen, bei denen die Columella auris schon verknorpelt ist). Es ist die Verbindung beider schon von Anfang an da, und dieselbe stimmt mit der bei Lacerta-Embryonen von HorrMANN, von mir hier von Lacerta- und Geckonidenembryonen beschriebenen Verbindung des Zungenbeinbogens mit der Extracolumella überein. Es bleibt also diese sehr ursprüngliche Verbindung bei Sphenodon Zeit Lebens be- stehen. Im Lichte der oben gegebenen Betrachtungen, woraus ge- schlossen wurde, dass für Sphenodon die Rückbildung eines Trommel- fells angenommen werden muss, kann ich in dem Erhaltenbleiben der- selben nur eine Hemmungsbildung sehen ; Sphenodon bleibt in dieser Beziehung auf einer embryonalen Stufe stehen. Bei seinen Vorfahren muss eine Abtrennung des Zungenbeinbogens von der Columella auris stattgefunden haben, wie sie jetzt noch bei den Lacertiliern stattfindet, da sonst das Trommelfell durch den gut entwickelten M. stylohyoideus zerrissen werden müsste (VERSLUYS, 1898, p. 114). Eine genügend feste Verbindung der Columella auris mit dem Schädel, um die Ueber- tragung des von diesem Muskel mittels des Zungenbeinbogens auf die Columella auris ausgeübten Zuges auf das doch immer zarte Trommel- fell zu verhindern, kann schwerlich stattgefunden haben, solange die Columella auris noch als schalleitender Skelettheil functionirte. Während bei den Vorfahren eine Abtrennung des Zungenbeinbogens von der Extracolumella stattfand, unterbleibt dieselbe jetzt wieder. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 163 In den Beschreibungen von SCHAUINSLAND (1900) und Howes & SWINNERTON (1901) habe ich nichts gefunden, was gegen die hier dargelegte Auffassung spricht. Für die Lacertilier muss als primitiv angenommen werden, dass der Zungenbeinbogen, nachdem er seine Verbindung mit der Columella auris (mittels des Interhyale) aufgegeben hatte, dorsalwärts empor- wuchs, bis er den Processus paroticus und das Intercalare erreicht hatte (siehe VII, S. 136). Denken wir uns nun einen solchen primi- tiven Lacertilier, bei dem der Zungenbeinbogen seine Verbindung mit der Extracolumella nicht mehr aufgiebt (wobei das Interhyale ausfällt), wohl aber dorsalwärts emporwächst bis zum Intercalare. Es wird dann bei einem Embryo dieses Lacertiliers, dessen Columella auris etwa so gestaltet ist, wie in Fig. 25 angegeben (vgl. Fig. 8 und 17), ein Fortsatz etwas medial von der kaum angedeuteten Pars superior des Insertionstheils aus dem Stiele der Extracolumella emporwachsen (Fig. 26 *), bis dessen Spitze den Processus dorsalis erreicht (Fig. 27 * erreicht +). Wenn dabei der Fortsatz * nur nicht zu weit lateral liegt, wird die Chorda tympani eine Schlinge um denselben machen, wie sie das auch um den Processus dorsalis thut (vgl. Fig. 25— 27, 8 und 17); die Chorda geht dann also caudal vom Fortsatz *, d. i. das Homologon der dorsalen Strecke des Zungenbeinbogens bei den Geckoniden, lateralwärts und dann lateral davon nach vorn zum Quadratum und diesem entlang zum Unterkiefer. Ich habe die Chorda tympani (Ch.ty) ventral von der Extracolu- mellarsehne (Fig. 25 5) verlaufen lassen, wie für Lacertilier wahrschein- lich als primitiv angenommen werden muss (diese Arbeit, S. 151; VERSLUYS, 1898, p. 179). Dann kommt aber die Chorda auch zwischen die Sehne und den Fortsatz * zu liegen (Fig. 26, 27 Ch.ty); da die Sehne etwas caudal vom Stiel der Extracolumella liegt, kommt der Fortsatz * nach vorn von derselben und wird die Chorda nach ihrem Ursprung vom Nervus facialis von hinten nach vorn erst medial von der Sehne und dann lateral vom Fortsatz * verlaufen. Bei Geckoniden geht der Muskelast des Nervus facialis nach vorn vom Hyoidbogen lateralwärts. Bei dem hypothetischen Embryo wird er caudal von der Spange * verlaufen, als Folge des Emporwachsens dieses letztern so viel weiter nach vorn als der Zungenbeinbogen bei Geckoniden. | Es würde in dieser Weise bei einem erwachsenen Lacertilier ein Zustand entstehen können, wie ich ihn in Fig. 28 gezeichnet habe. Und das ist ja bis in viele Details die Form des erwachsenen Sphenodon, 11% 164 J. VERSLUYS jr., namentlich der von HuyLey und mir untersuchten Exemplare (Fig. 29, HuxLey, 1869, p. 397, fig. 4). Die Spange +, medial vom Loch H (Fig. 29), entspricht nach dieser Deutung dem Processus dorsalis der Extracolumella bei den Lacertaliern, der Knorpel dorsal von dieser Spange dem Intercalare (Fig. 29, Int.c). Mit diesem Vergleich stimmt, dass diese Spange oft einen bindegewebigen Abschnitt zeigt oder eine Discontinuität im Knorpel wie bei Agamiden (Fig. 19 7), und dass die Knorpelpartie dorsal davon ein eigenes Knorpelcentrum hat, nicht von der Columella aus verknorpelt, ganz wie das Intercalare der Lacertilier. SCHAUINSLAND (1900, p. 835) nennt diesen Knorpel dorsal vom Loch den ,,Insertionstheil mit dem Quadratum“ und sagt darüber p. 836 folgendes: „Mehr als wahrscheinlich ist es mir, dass die beiden durch das runde Foramen unterbrochenen Theile dieses Insertions- stückes (also meine Spangen + und *) auch wirklich ursprünglich zwei getrennt von einander angelegte Knorpelpartien sind, denn in manchen Fällen sah ich die Brücke, welche das Foramen gegen das Quadratum abschliesst, nicht aus Knorpel, sondern nur aus Bindegewebe bestehen.“ Das stimmt mit meiner Deutung, nach welcher eine solche getrennte Verknorpelung und secundäre Verschmelzung der Knorpelspangen * und + erwartet werden müsste. Howes & SwIn- NERTON haben eine Entstehung dieses Knorpels aus einem Stück be- obachtet; wenn ich damit ihre Angaben richtig deute, würde ich hierin gegenüber SCHAUINSLAND’s Befunden einen secundären Zustand sehen müssen. SCHAUINSLAND (1900, p. 835) beschreibt die beiden Spangen als im Anfang gegen die Extracolumella abgegrenzt, also als von eigenen Centren aus verknorpelnd. Die Spange + stimmt also darin mit dem » Processus dorsalis (dem Intercalare) überein, und bei der Deutung der Spange * als eines dorsalen Hyoidbogenabschnitts hat das Auf- treten eines ihr eigenen, von der Extracolumella getrennten Knorpel- centrums nichts Befremdendes; ihre Selbständigkeit gegenüber den Hyoidbogen kann secundär sein, eine Folge der Erhaltung der Zungen- beinbogen-Extracolumellarverbindung. Diese Selbständigkeit der Spangen + und * gegen die Extra- columella ist auch von Howes & SwINNERTON (1901) beobachtet worden, wie aus ihrer Textfigur 11, p. 48, ersichtlich. Diese interes- sante Figur gebe ich auf folgender Seite wieder (Fig. H), mit An- gabe der zwei Knorpelcentren in den Spangen nach SCHAUINSLAND und mit den hier gegebenen Deutungen. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 165 Namentlich sicher begründet scheint mir der Vergleich des ,,supra- stapedial‘“ von Huxtey (1869) und Howes & Swinnerron (1901), der Spange + meiner Figuren mit dem Intercalare resp. Processus dorsalis der Lacertilia Wie das Intercalare, so liegt das „suprastapedial“ zwischen Gelenkkopf des Quadratums und Processus paroticus, ventral vom Squamosum (vergl. die figg. 10 u. 13 auf tab. 5 von Howes & SWINNERTON mit meiner Fig. 21). Bei den Embryonen von Sphenodon geht auch die Sehne der Extracolumella vom ,,suprastapedial“ ab, wie ich aus Howes & SwinnerTon’s fig. 12, tab. 5, schliesse?). Auch zeigt der Knorpel während der Ontogenese eine gelenkige Verbindung mit dem Gelenkkopf des Quadratums, wie sie auch beim Intercalare der Lacertilia vorkommt; das leite ich wenigstens aus dem Ver- gleich der fig. 12, tab. 5, von Howes & SwINNERTON und meinen KE -- Figg. 14 und 22 ab. SCHAUINS- LAND (1900, p. 832) giebt für den Embryo, den er zuerst beschreibt, Lee auch eine gelenkige Verbindung p,,s inf en des Knorpels mit dem Quadra- tum an. Fig. H. Extracolumella und Zungen- D d Here I beinbogen bei einem Embryo von Sphenodon ; ass weder der ganze inser- Copie der Textfigur 11, p. 48, von HOWES tionstheil am Quadratum (SCHAU- & SWINNERTON (1901); Knorpeleentren der é - Spange * und des Intercalare nach SCHAU- INSLAND) noch die mediale Spange jxcraxp (1900). + dem Processus internus der Lacertilia entsprechen, geht mit Gewissheit hervor aus der andern Lage, daraus, dass die Verknorpelung nicht von der Extracolumella ausgeht, und aus der eben dargelegten vollständigen Uebereinstimmung mit dem Intercalare, da er doch nur einem der beiden, dem Processus in- ternus oder dem Processus dorsalis, homolog sein kann. Der Processus internus fehlt bei Sphenodon vollständig. Bei einigen Exemplaren von Sphenodon (PETERS, 1874, p. 44, fig. A; Gapow, 1888, fig. 11 C 2, tab. 72; die Figuren habe ich in meinen Figg. J und K copirt) liess die laterale Spange * sich ent- 1) Beim erwachsenen Sphenodon entspringt die Sehne vom Squa- mosum, welches medial vom Intercalare zwischen Quadratum und Pro- cessus paroticus an der dorsalen Paukenhöhlenwand hervortritt. Diese Angabe von SCHAUINSLAND kann ich bestätigen. Die Sehne geht nicht vom Processus paroticus ab, wie ich früher (1898, p. 109) in Folge zu grosser Schonung des Objects irrthümlich mitgetheilt habe. 166 J. VERSLUYS jr., lang den Rand der Extracolumella bis zum Zungenbeinbogen ver- folgen, dadurch noch seinen genetischen Zusammenhang mit letzterm als dessen dorsalwärts emporwachsende Spitze bekundend. Interessant ist, dass nach Prerers bei seinem Exemplar die Spangen * und + (vgl. Fig. J) dorsal vom Loch ZH nicht verbunden waren; dies kann als secundär gedeutet werden, da die Verbindung desselben wohl ein sehr alter Zustand sein mag (vgl. VII, S. 139, und XVII). Der Verlauf der Chorda tympani caudal und lateral von der Spange *, also von dem dorsalwärts wachsenden Abschnitt des Hyoid- bogens (1. Zungenbeinhorn), kann bedingt sein durch die Entstehung Fig. J. PAR RES SAR à Fig. J. Rechte Columella auris von Sphenodon, von hinten gesehen. Copie der fig. A von PETERS (1874, p. 44). Der Zungenbeinbogen setzt sich direct in die Spange * fort. ZH das Loch zwischen den beiden Spangen * und +. Fig. K. Columella auris von Sphenodon. Copie von GADOW’s fig. 11, C 2, 1888, tab. 72. des letztern weiter nach vorn als bei den Stammformen, was wieder Folge davon ist, dass der Zungenbeinbogen seine Verbindung mit der Extracolumella nicht aufgiebt. Ich kann den Verlauf zwischen Sehne und Knorpelspange * hindurch nicht als primitiv betrachten, bevor Beweise dafür beigebracht werden. Jeden Falls ist der Verlauf der Chorda bei Sphenodon wie bei Lacertiliern dorsal vom Stiel der Extracolumella und nicht lateral vom Insertionstheil der Extracolumella im Trommelfell; das geht aus dem Verlauf ventral von der Sehne Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 167 hervor (vgl. Fig. 25, 28). Die Chorda liegt bei Sphenodon an der vordern dorsalen Paukenhöhlenwand und kommt nur durch die eigen- thümliche Lage des dorsalen Hyoidbogenstücks * mehr nach vorn als bei den Lacertiliern lateral von letzterm und dadurch im Bereich des Trommelfells. Gaurp (1899, p. 1103, 1104) hat angegeben, wie man den Ver- lauf der Chorda bei den Lacertiliern von dem bei Sphenodon ableiten kann. Gegen seine Deutung lässt sich, so weit der Verlauf der Chorda allein in Betracht kommt, nichts einwenden. Die Deutung der Spange * als dorsaler Abschnitt des Zungenbeinbogens spricht an- scheinend gegen Gaupp’s Ableitung, allein es ist wohl möglich, durch eine unerhebliche Modification von Gaupp’s Hypothese diese Schwierig- keit zu umgehen. Aber wegen des ganz andern Standpunkts, von dem ich bei der Beurtheilung des schalleitenden Apparats bei Sphenodon ausgehe, kann ich mich der Gaupp’schen Ableitung vorläufig nicht anschliessen. Damit soll nicht gesagt sein, dass der Verlauf der Chorda tympani um das dorsale Ende des 1. Zungenbeinhorns herum (wobei auch der Nervus facialis dann caudal von demselben zu seinem Muskelgebiet ging) nicht primitiver ist als ein Verlauf der Chorda ganz nach vorn davon (wobei dann auch der Nervus facialis nach vorn vom Zungenbeinhorn zu seinen Muskeln zog). Nur glaube ich, wegen des Zustandes bei Geckoniden, letztern Verlauf der Chorda als den- jenigen bei der unmittelbaren Stammform der Lacertilier annehmen zu müssen, und dannt scheint dies auch für Sphenodon sehr gut möglich, denn daraus wird der jetzige Verlauf der Chorda bei letzterer .Art ebenso gut hervorgehen können wie aus dem Verlauf caudal vom 1. Zungenbeinhorn. Ob der Verlauf der Chorda bei Sphenodon in dieser Hinsicht primitiv ist oder Folge der Rückbildung, kann also nicht entschieden werden; solange aber letzteres nicht ausgeschlossen werden kann, hat eine Ableitung des Verlaufs der Chorda bei andern Sauropsiden von dem Verlauf bei Sphenodon nur einen sehr hypo- thetischen Charakter. Vom Verlauf der Chorda bei den Amphibien ist der Verlauf derselben bei Sphenodon und bei Lacertiliern gleich abweichend, denn während die Chorda bei Amphibien ventro-caudal vom Trommelfell verläuft, geht sie bei beiden letztern an der vordern und dorsalen Wand der Paukenhöhle, dorsal von der Columella auris 1). 1) Wie der Verlauf an der vordern Paukenhöhlenwand zu Stande kam, darüber wurde im Abschnitt XI einiges mitgetheilt. 163 J. VERSLUYS jr. Ich deute also den Bau des schalleitenden Apparats bei Sphenodon als theilweise embryonal und dadurch primitiv, in andern Beziehungen aber als bedingt durch ein ehemaliges Functioniren, wobei sein Bau im Allgemeinen dem der primitiven Lacertilier ähnlich war. (Wie im nächsten Abschnitt gezeigt werden soll, besteht auch grosse Aehnlich- keit mit den Crocodiliern.) Embryonal ist die Verbindung des Zungenbeinbogens mit der Columella auris, das beweist der Vergleich mit Lacertilierembryonen. Als Reste aus einer Zeit, da der schalleitende Apparat functionirte, müssen die gut entwickelte Paukenhöhle, die Sehne der Extracolumella, die Form des Stapes (mit Fussplatte) und auch wohl das Stapes- Extracolumellargelenk betrachtet werden. Die Pars superior des In- sertionstheils ist reducirt, die Pars inferior scheint mir zum Theil erhalten, wenn auch meist mit dem Zungenbeinbogen verschmolzen; in Fig. K ist ihre Spitze aber noch selbständig. Als durch das Erhaltenbleiben der Zungenbeinbogen-Extracolu- mellarverbindung bedingt betrachte ich die Lage des dorsalen Ab- schnitts des 1. Zungenbeinhorns (Spange *) so weit nach vorn; und daraus kann auch der Verlauf der Chorda erklärt werden. Dass die Stelle, wo jetzt das 1. Zungenbeinhorn sich an die Columella auris heftet, genau dieselbe ist wie in der Zeit, wo noch eine Ablösung des 1. Zungenbeinhorns erfolgte, ist wohl schwer zu entscheiden. Ein Vergleich mit Lacertilierembryonen lässt vermuthen, dass dieselbe früher etwas mehr dorsal und vielleicht auch medial lag, aber doch mit der Extracolumella stattfand, nicht mit dem Stapes. XIV. Lacertilier und Crocodilier. Aus Parker’s Beschreibung und Abbildungen (1883) geht hervor, dass die Columella auris der Crocodilier während der spätern Ent- wicklungsstadien eine weitgehende Aehnlichkeit mit derjenigen der Lacertilier zeigt. Bei den jüngsten von PARKER beschriebenen Embryonen war die Columella auris schon verknorpelt, so dass eine Schilderung der Blastemstadien bis jetzt noch ganz fehlt. Anstatt meines frühern (1898, p. 162), nur auf die Verhältnisse bei erwachsenen Lacertiliern und auf PArker’s Schilderung der Ent- wicklung bei Lacerta (1880) gestützten Vergleichs der Columella auris bei Crocodiliern und Lacertiliern kann ich hier einen andern geben. Man vergleiche dazu meine Figg. 30 und 31 mit Fig. 8 und B (S. 154). Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 169 Die stabförmige Columella auris zeigt bei jüngern Crocodilus- Embryonen etwa in ihrer Mitte eine Trennungslinie im Knorpel, welche später verschwindet. Dieselbe ist der Grenze zwischen Otostapes und Hyostapes der Lacertilia gleich zu setzen (vgl. Fig. 31 a mit Fig. 1 a). Das Suprastapediale PARKER’s geht dorsalwärts ab vom lateralen Ende des Otostapes (Fig. 31 $.st), entspricht hierin dem Processus dorsalis der Lacertilier (Fig. 8 u. Fig. B); es ist gegen die Columella auris abge- grenzt, woraus ich schliesse, dass es einen eignen Knorpelkern besitzt, wie das Intercalare der Lacertilier. Bei alten Embryonen liegt es dort, wo Quadratum und Processus paroticus sich berühren (Fig. 32). An der Anheftung des Quadratums am Schädel nimmt es, soweit aus Parker’s Arbeit hervorgeht, keinen Antheil, darin kann ich aber keinen Grund gegen seine Homologie mit dem Processus dorsalis und dem Intercalare von Lacerta sehen. Die Verbindung des Suprastapediale mit der Columella auris verknorpelt zwar, aber es tritt darin doch nach PARKER eine Discontinuität auf (wie bei Sphenodon). Später findet die Verbindung mit dem innern Ende der Extracolumella statt, eine weitere Aehnlichkeit mit dem Processus dorsalis der Lacertilier (man denke an das Bändchen der Agamiden, Fig. 19 j) :). HuxLEY (1869, p. 397) hat die Spange + bei Sphenodon schon „Suprastapedial“ genannt, ein Vergleich, dem ich mich hier also anschliesse. Eine Sehne der Extracolumella ist bei Crodiliern noch nicht be- kannt, kann uns bei unserm Vergleich also nicht helfen. Ich fand bei Alligator mississipensis nur ein schwaches Faserbündel, welches der Insertion der Columella im Trommelfell aufgelagert ist (dem Extrastapediale, PARKER) und sich im hintern Trommelfellrand in der Nähe des Intercalare (Suprastapediale) verliert; dasselbe ist zu schwach entwickelt, um darin das Homologon der Extracolumellarsehne der Lacertilier mit Sicherheit zu erkennen. Dem Extrastapediale PArRKER’s entspricht der Hyostapes von Lacerta (Fig. 30, 31 E. St). Der Insertionstheil hat eine andere Form. als bei Lacertiliern; eine deutliche Pars superior und inferior sind daran nicht entwickelt. Es bleibt nun noch der Knorpelstrang zu deuten, mittels dessen die Extracolumella mit dem hintern innern Ende des Unterkiefers verbunden ist (Fig. 30 Ep.hy, C.hy). Dieser Strang wurde von 1) Nach Kırııan (1890, p. 639) ist der Knorpel des Suprastapediale bei erwachsenen Crocodiliern bisweilen resorbirt; ich finde ihn noch gut erhalten bei einem Exemplar von Alligator mississipensis von 20 cm Kopflänge. 170 J. VERSLUYS jr., PETERS (1868) aufgefunden und mit dem Processus internus der Lacertilier homologisirt, von Huxiey (1869) und PARKER (1883) als dorsaler Theil des 1. Zungenbeinhorns gedeutet. Ich habe mich früher (1898, p. 163) PETERS angeschlossen; ein Vergleich meiner Lacertilier- embryonen mit PArKER’s Beschreibung der Entwicklung der Columella auris bei Crocodiliern zwingt mich aber jetzt, mich PARKER’s Deutung !) anzuschliessen und eine Homologie mit dem Processus internus als unrichtig zu betrachten. Dafür sprechen folgende Gründe: 1) Der Processus internus geht vom Otostapes, der Strang der Crocodilier wie der Zungenbeinbogen der Lacertilier vom Hyostapes ab (Fig. 30, 31). 2) Der Processus internus liegt dorsal und nach vorn von der 1. Kiemenspalte, der fragliche Strang (das Ceratohyale, PARKER) caudal davon, wie aus PArker’s Beschreibung und Figuren, namentlich aus seiner fig. 1 auf tab. 63, hervorgeht. Dazu ist es noch sehr zweifelhaft, ob der Processus internus bei den Vorfahren der Lacertilier den Unterkiefer erreichte; auf diese Verbindung war aber vor allem Peters Homologisirung gegründet (siehe VERSLUYS, 1898, p. 147; diese Arbeit S. 140). Ich sehe also mit PARKER im Ceratohyale nur einen Abschnitt des Zungenbein- bogens (Fig. 30 C.hy), dessen ventrales Ende sich in einer allerdings sehr eigenthümlichen Weise mit dem Articulare des Unterkiefers ver- bindet. Diese Verbindung ist eine sehr enge. Ich besitze eine Schnitt- serie, auf welcher eine Abgrenzung der Knorpel von Zungenbeinbogen und Articulare nicht möglich ist, wohl aber zeigt der Knorpelstrang des Zungenbeinbogens ziemlich viele unregelmässig geformte und mit Parakarmin dunkler gefärbte Zellkerne, welche im Articulare fehlen. Bei den Lacertiliern kommt der Zungenbeinbogen sehr- nahe der Stelle des Unterkiefers, wo bei Crocodiliern die Verwachsung stattfindet. Bei erwachsenen Geckoniden kommt eine Befestigung des Zungenbein- bogens mittels eines Ligaments am Unterkiefer vor (VERSLUYS, 1898, p. 9, fig. 4, 8, tab. 1); aus einer solchen Befestigung kann sich der Zustand der Crocodilierembryonen entwickelt haben, vor allem durch die Reduction des ventralen Abschnitts des Zungenbeinbogens und den Verlust des Musculus stylohyoideus. Wie bei den Lacertiliern, so verknorpelt auch bei den Crocodiliern der Zungenbeinbogen (Cerato- 1) Huxıey’s Meinung in dieser Frage ist dadurch von wenig Werth, dass er die Verbindung des Stranges mit dem Unterkiefer verneint hat. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 171 hyale) unabhängig von der Columella auris. Das Interhyale ver- knorpelt theilweise von der Extracolumella aus, bildet einen Fortsatz, das Infrastapediale PArKER’s, wie ein solcher auch bei Lacertiliern vorkommt (Fig. 30, 31 Inf. St, Fig. 12, 13 Int.h). Der darauf folgende Abschnitt des Stranges zeigt einen eigenen Knorpelkern, das Epihyale ParKer’s (Fig. 30—32 Ep.hy); bei Lacertiliern finde ich eine ähn- liche Sonderung nicht. Noch eine weitere, sehr wichtige Ueberein- stimmung mit dem Zungenbeinbogen der Lacertilier zeigt der Knorpel- strang bei reifen Embryonen der Crocodilier, indem sein dorsales Ende, das Epihyale, die knorplige Verbindung mit dem Infrastapediale (dem Interhyale) aufgiebt und mit dem Suprastapediale in engere Verbindung tritt (PETERS, 1870, Figurenerklärung; PARKER, 1883), Auch für Lacertilier haben wir ja oben eine ähnliche Umbildung der Befestigung des dorsalen Endes des 1. Zungenbeinhorns, zuerst am Interhyale, später am Intercalare (homolog dem Suprastapediale) oder doch in dessen unmittelbarer Nähe am Schädel, feststellen können (Abschn. V, VI). Die neue Verbindung wird bei den Crocodiliern nur mittels Bindegewebe gebildet, und von der alten Verbindung mit dem Infra- stapediale (Interhyale), welche zuerst continuirlich knorplig ist, bleibt auch noch ein bindegewebiger Rest übrig, aber die Verlagerung der dorsalen Spitze des Zungenbeinbogens, des Epihyale, dorsalwärts bis in unmittelbare Nähe des Suprastapediale ist doch sehr deutlich (vel. Fig. 32 mit Fig. 30) und gleicht vollständig dem, was bei Lacertiliern geschieht. Bei einem Alligator mississipensis (junges Exemplar von 20 cm Kopflänge) finde ich das Epihyale sowohl dem Intercalare als der Extracolumella angelagert und mit beiden durch straffes Bindegewebe, welches dasselbe ganz umhüllt, fest verbunden; es liegt im hintern Trommelfellrand (siehe Fig. 32). Der Raum zwischen Processus dor- salis und Extracolumella wird durch das Epihyale zu einem Loche abgeschlossen, welches in seiner Begrenzung vollständig mit dem bei Sphenodon zwischen den Spangen * und Ÿ liegenden Loch überein- stimmt (Fig. 25—28, Fig. Ju. K, H). Nur besteht bei Alligator wahr- scheinlich eine bindegewebige Grenze zwischen dem Knorpel der Extra- columella (infrastapedialer Theil) und des Epihyale, während die Ver- bindung beider beim erwachsenen Sphenodon eine continuirlich knorp- lige ist. Dass bei der Deutung der Spange * von Sphenodon als des dorsalen, den Zungenbeinbogen mit dem Intercalare verbindenden Ab- schnitts des 1. Zungenbeinbogens eine so weitgehende Uebereinstim- mung mit den Crocodiliern besteht, ist seinerseits eine Bestätigung 172 J. VERSLUYS jr., dieser Deutung, denn an der Homologie des Epihyale mit dem dorsalen Abschnitt des Zungenbeinbogens bei Geckoniden kann nicht gezweifelt werden. Bei den Crocodiliern ist das Loch weniger vollständig als bei Sphenodon, und in dieser Hinsicht zeigen erstere einen Sphenodon mit den Lacertiliern verkniipfenden Zustand. Ich komme darauf noch weiter unten zurück (Abschn. XVII). Ein Processus internus fehlt bei Crocodiliern. XV. Bemerkungen über die Columella auris der Vögel. Man vergleiche hierüber Suscakın’s Arbeit (1899), worin auch die Literatur eingehend berücksichtigt ist. Bei mehreren Vogelarten geht ein Knorpelstrang von der Extra- columella ventralwärts (Fig. 33 Zbb) bis in die Nähe des Unterkiefers (Peters, 1868; HuxLey, 1869; PARKER, 1870; Gapow, 1838) Diesen Knorpelstrang haben PETERS, GADow und ich selbst (1898, p. 166 bis 168) mit dem Processus internus der Lacertilier homologisirt; den Zungenbeinbogen konnten wir darin nicht erkennen (auch HUXLEY nicht, 1869, p. 399). Parker (1870, 1879) nennt den fraglichen Knorpelstrang der Vögel und den Processus internus von Lacerta beide Infrastapediale, betrachtet dieselben also auch als homolog. Es wird nun aber dieser Vergleich schon dadurch zweifelhaft, dass der sehr ähnliche Knorpelstrang der Crocodilierembryonen nicht dem Processus internus, sondern dem Zungenbeinbogen entspricht. Letzteres scheint mir auch für den Knorpelstrang (Fig. 33 Zbb) der Vögel zutreffend; namentlich SucsuKin’s Untersuchung (1899, p. 20 und 136) macht dies sehr wahrscheinlich. Der Knorpelstrang Zbb der Fig. 33 muss als sehr wahrscheinlich als dem Zungenbeinbogen der Lacer- tilier, des Sphenodon (Fig. 29 Zbb) und der Crocodilierembryonen (Fig. 30 C.hy) homolog betrachtet werden. Der Zungenbeinbogen geht dann auch bei Vögeln von der Extracolumella, nicht vom lateralen Ende des Stapes, ab. Diese Homologisirung ist vor allem auch wichtig, weil dann bei Vögeln der Zungenbeinbogen Zeit Lebens in knorpligem Zusammenhang mit der Columella auris bleibt, wie bei Sphenodon. Ja, wahrscheinlich ist die Aehnlichkeit mit Sphenodon eine noch weitere. Es findet nämlich nach SuscuKin (1899, p. 191) bei ältern Embryonen von Tinnunculus (einem Tagraubvogel) ein Abschluss des zwischen Suprastapediale (Processus dorsalis) und Extrastapediale (Extracolumella) befindlichen Raumes zu einem Loche statt (Fig. 33 H) durch das Auftreten eines die distalen Enden beider (Fig. 33 + und ne ‚ee A rn — 5 Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 173 Ext. col) verbindenden Knorpelstabes (* Fig. 33). Ist SuscHKIn’s Deutung der Spange + als Suprastapediale, also als Processus dorsalis, richtig, dann ist auch die laterale Spange * von Tinnunculus der Spange * von Sphenodon und dem Epihyale der Crocodilier homolog. Und diese Deutung scheint mir die wahrscheinlich richtige. Eine ähnliche Deutung der Fortsätze der Vogelextracolumella hat schon früher Parker (1876) gegeben; namentlich seine figg. 20 und 8, tab. 20, zeigen eine erhebliche Uebereinstimmung mit Sphenodon. Huxrey (1869, p. 399) hat beim Huhn eine etwas andere Deutung gegeben. Wiewohl eine nähere Untersuchung mir noch erwünscht erscheint, glaube ich doch, dass alles für die Richtigkeit der in den Bezeichnungen von PARKER und SUSCHKIN ausgedrückten Homologie der Fortsätze der Extracolumella der Vögel mit dem Infrastapediale und Supra- stapediale der Crocodilier und von Sphenodon spricht. Und dann besteht eine sehr grosse Uebereinstimmung mit Sphenodon darin, dass auch bei Vögeln der Zungenbeinbogen seine Verbindung mit der Colu- mella Zeit Lebens behält und dass dorsal der Raum zwischen Processus dorsalis und Extracolumella durch eine spät entstehende Knorpelspange (* der Figuren) zu einem Loche abgeschlossen wird. Diese Spange * der Vögel entspricht dann also dem Epihyale der Crocodilier, nicht dem Suprastapediale der letztern, wie SUSCHKIN meint (1899, p. 136). Ueber die Frage, in wie weit hier primitive Zustände vorliegen, muss ich auf den letzten Abschnitt dieser Arbeit verweisen. Die Columella auris der Ophidier und Chelonier ist noch nicht genügend erforscht worden. Auf einen Vergleich derselben mit der- jenigen der Lacertilier und Crocodilier muss ich deshalb verzichten. Verbindungen zwischen Zungenbeinbogen und Columella auris bestehen bei erwachsenen Ophidiern und Cheloniern nicht; darin schliessen diese sich den Lacertiliern an. XVI. Lacertilier und Mammalia. A. Das Intercalare. Die erste Frage, auf die ich hier eingehen will, ist die, ob ein Homologon des Intercalare der Lacertilier, des Suprastapediale der Crocodilier, auch bei Säugethieren nachweisbar ist. Und es ist allerdings bei letztern Thieren ein Skeletstückchen bekannt, welches sehr viel Aehnlichkeit damit hat, nämlich das Inter- 174 J. VERSLUYS jr., calare von Dreyruss (1893), das Laterohyale von Broman (1899). Aus den Beschreibungen dieser beiden Untersucher geht Folgendes her- vor. Bei Säugethierembryonen giebt der Zungenbeinbogen die zuerst bestehende Verbindung mittels des Interhyale mit dem Stapes auf und erwirbt dann mehr caudal und dorsal eine neue Befestigung an einem besondern Knorpelstückchen, dem Intercalare oder Laterohyale, welches selbst wieder der Labyrinthkapsel anliegt, und zwar lateral von der Vena jugularis primitiva und vom Nervus facialis. Wenn das Inter- calare zuerst als Blastemmasse erkennbar ist, steht es schon mit dem dorsalen Ende des 1. Zungenbeinhorns und mit dem Stapesblastem in continuirlichem Zusammenhang (BroMAN, 1899, tab. B, fig. 5; hier copirt in Fig. 34). Es zeigt das dorsale Ende des Zungenbeinbogens bei Säugethierembryonen, wenn es noch blastematös ist, eine Gabelung in einen medialen (Interhyale und Stapes) und einen latero-dorsalen Ast (das Intercalare). Der Zungenbeinbogen der Lacertilier zeigt schon sehr früh eine Gabelung (in Stapes und Processus dorsalis, Fig. 8), welche vielleicht derjenigen der Säuger entspricht. Doch scheint dies noch zweifelhaft, da die Verbindung des Zungenbeinbogen- und Inter- hyale-Blastems mit dem Intercalare bei Säugerembryonen (Fig. 34) wohl der Spange * von Sphenodon und nicht dem Processus dorsalis von Lacerta (Spange + bei Sphenodon) entsprechen kann; vielleicht sind sowohl die Verbindung des Intercalare mit der Extracolumella als die mit dem dorsalen Ende des Hyoidbogens der Sauropsiden in der Verbindung des Intercalare mit dem Interhyale und Hyoidbogen bei Säugern vereinigt. Nähere Untersuchung hierüber ist noch ab- zuwarten. In der Gabelung liegen bei Säugethieren und bei Lacertiliern die Vena lateralis capitis (Vena jugularis primitiva) und der Nervus facialis. Die Chorda geht bei Säugern caudal vom Intercalare lateralwärts und bildet eine Schlinge um das Intercalare wie um den Processus dorsalis der Lacertilier (man vergleiche Broman’s Figuren). Das Intercalare der Säuger ist also der selbständig verknorpelnde dorsale Abschnitt eines latero-dorsalen Fortsatzes des Zungenbeinbogen- Blastems. Es hat eine ähnliche Lage wie das Intercalare der Lacer- tilier und dient auch zur Befestigung des dorsalen Endes des 1. Zungen- beinhorns (wie bei Crocodiliern und angedeutet bei Uromastix). Eine Homologie des Intercalare der Sauropsiden (Suprastapediale der Crocodilier und von Sphenodon, und vielleicht der Vögel) mit dem Intercalare (Laterohyale) der Säugethiere scheint mir denn auch sehr Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 175 wahrscheinlich. Dass das Intercalare der Säuger später verknöchert, ist für die Homologisirung wohl nicht wichtig. In dem Processus dorsalis resp. Intercalare der Sauropsiden und Mammalia und dessen Betheiligung an der Befestigung des Hyoidbogens am Schädel (Crocodilier, Stammformen der Lacertilier, Sphenodon, Säugethiere) muss wegen der grossen Verbreitung eine sehr alte Bil- dung der Amnioten gesehen werden. Dadurch wird auch die Möglichkeit grösser, dass uns in der Be- theiligung des Intercalare an der Befestigung des Quadratums am Schädel bei Lacertiliern (Abschn. VI) ein phylogenetisch sehr alter Zustand vorliegt. B. Die Homologie der Columella auris der Sauropsiden mit den Gehörknöchelchen der Säugethiere. Hierüber habe ich mich auch in meiner vorigen Arbeit ausge- sprochen (1898, p. 220). Wenn ich auch damals keine der verschie- denen Deutungen als bewiesen betrachten konnte, sprachen meine Befunde doch anscheinend für die Richtigkeit der von PETERS gegen die REICHERT’sche Hypothese erhobenen Einwände. Für diese Frage sehr wichtig erschien eine erneute Untersuchung über die Stelle, wo bei Sauropsiden das 1. Zungenbeinhorn von der Columella auris abgeht. PETERS hat sich gegen die REICHERT’sche Hypothese erhoben aus drei Gründen !): I. Die Columella auris der Sauropsiden bestehe aus zwei, gelenkig verbundenen Abschnitten (Stapes und Hammer nach PETERS; GADOW hat für den Hammer den Namen Extracolumella eingeführt), nicht aus einem Gehörknöchelchen, wie REICHERT meinte. Es entspreche also der Stapes der Säuger nicht der ganzen Columella auris der Sauropsiden. Nach PETERS sollte nun der laterale Abschnitt dem Hammer (und Incus) der Säugethiere entsprechen, denn: II. Bei Sauropsiden bestehe ein knorpliger, mitunter zum Theil bindegewebiger Verbindungsstrang von der Extracolumella (Hammer) zum MEcKEr’schen Knorpel (bei Crocodilier- und Vogelembryonen und bei erwachsenen Lacertiliern). III. Die Extracolumella (Hammer) liege lateral vom Zungenbein- bogen wie der Hammer (und Incus) der Säugethiere. 1) Ich will hier auf die verschiedenen Arbeiten von PETERS, Huxzey, Gapow etc. nicht näher eingehen, man kann sich darüber in meiner frühern Arbeit und bei GAaupr (1899) orientiren. 176 J. VERSLUYS jr., Hierüber habe ich jetzt Folgendes zu bemerken: Punkt I. Dass Prrers hierin Recht hatte, dass die Columella auris der Sauropsiden aus zwei Skeletelementen besteht, ist jetzt wohl sicher festgestellt. Dass die Extracolumella knorplig ist, ist kein Grund gegen ihre Anerkennung als selbständiger Skelettheil !). Punkt IL Für die Crocodilier ist PETERS’ Angabe, es bestehe eine knorplige Verbindung der Extracolumella mit dem Unterkiefer, von mehreren Forschern (PARKER, GADOw, KILIAN, in dieser Arbeit von mir selbst) bestätigt. Es ist aber der Knorpelstrang als ein Theil des Zungenbeinbogens zu betrachten (vgl. Abschn. XIV), dessen Ende in allerdings sehr eigenthümlicher Weise mit dem Unterkiefer ver- schmolzen ist. PARKER’s Untersuchung und ein Vergleich seiner An- gaben mit den Resultaten, zu denen ich in dieser Arbeit gekommen bin, über die Zungenbeinbogen-Extracolumellarverbindung der Lacer- tilier machen dies für mich zur Gewissheit. Der Knorpelstrang der Vögel (PETERS, 1868; PARKER; GADOW, 1888; Verstuys, 1898) ist leicht aufzufinden (Fig. 33 Zbb). Auch er entspricht aber sehr wahrscheinlich dem Zungenbeinbogen (SUSCHKIN, 1899; weiter oben Abschn. XV). Dass er bisweilen mit dem Unter- kiefer continuirlich knorplig zusammenhängt, wie PETERS für einen Embryo von Struthio angegeben hat, ist noch nicht bestätigt worden; bei Tinnunculus ist dies nicht der Fall (Suschkin, 1899), auch nicht bei Apteryx (T. J. PARKER, 1891). Bei Lacertiliern kommt allerdings ein Fortsatz der Extracolumella vor, den ich Processus internus genannt habe, der sich eine Strecke weit längs dem Quadratum in der Richtung des Unterkiefers ausdehnen kann. Er ist nicht eine Strecke des Zungenbeinbogens. Einen Zu- sammenhang mit dem Unterkiefer als Knorpel oder als Blastemstrang konnte ich aber nicht finden. Was PETERS darüber angiebt, ist bis jetzt noch nicht näher bestätigt (siehe Abschn. VIII, S. 140). Von dem als Zungenbeinbogen gedeuteten Knorpelstrang der Crocodilier und Vögel unterscheidet der Processus internus sich da- durch, dass er nach vorn, der Zungenbeinbogen caudal von der 1. Kiemenspalte liegt (PARKER, 1885, tab. 63, fig. 1; SuscHKin, 1899, pda): Wiewohl von den Vorfahren der Lacertilier ein Zusammenhang 1) Verknöcherung scheint auch bisweilen vorzukommen, so bei Vögeln; Parker (1876, p. 126, tab. 23, fig. 10, 11) giebt eine Ver- knöcherung derselben bei Podargus an. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern, 177 des Processus internus mit dem Unterkiefer noch nicht geleugnet werden kann, ist dieser aber sehr unsicher. Und bei andern Saur- opsiden besteht eine Verbindung der Extracolumella mit dem Unter- kiefer, welche derjenigen des Hammers mit dem MEcKEr’schen Knorpel bei Säugern homolog ist, nicht. Früher habe ich mich hierin PETERS angeschlossen; jetzt kann ich das nicht mehr thun, betrachte dieses Argument von Peters als widerlegt. Punkt III. Hierin hat PETERS sich geirrt. Der Zungenbein- bogen verbindet sich bei Lacertiliern, Crocodiliern und sehr wahrschein- lich auch bei Vögeln mit der Extracolumella und nicht direct mit dem Stapes. Dass PETERS in der Zungenbeinbogen-Extracolumellarverbindung beim erwachsenen Sphenodon keinen Beweis gegen seine Auffassung sehen konnte, darin hatte er meines Erachtens Recht. Ich bin denn auch jetzt der Meinung, dass aus den Untersuchungen von PARKER, HOFFMANN, SUSCHKIN sowie aus den in dieser Arbeit mitgetheilten Befunden hervorgeht, dass PETERS’ Angriff auf die REICHERT’sche Hypothese ein verfehlter gewesen ist. Für die Kennt- niss der Columella auris der Sauropsiden sind seine Untersuchungen aber sehr wichtig gewesen. Ein lateral vom Hyoidbogen liegendes und mit dem MEcker’schen Knorpel mittels eines Knorpelstranges (der nicht der Zungenbeinbogen ist) zusammenhängendes Gehörknöchelchen besteht bei Sauropsiden nicht. Die Extracolumella stimmt hierin nicht mit Hammer und Amboss der Säuger überein. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass letztere in der Columella auris der Sauropsiden nicht vorhanden sind und ein der Extracolumella vergleichbares Element bei erwachsenen Säugern fehlt. Bei Säugethierembryonen wird die Extracolumella an- Scheinend repräsentirt durch das Blastem, welches Stapes, Hyoidbogen und Intercalare bei ihrem ersten Auftreten verbindet, also durch einen Theil des Interhyale, welches dem Stapes am nächsten ist (vgl. S. 174). Soweit unsere, immerhin noch sehr unvollständige Kenntniss vom schalleitenden Apparat jetzt geht, sprechen die Befunde an Saur- opsiden also nicht für eine Homologie ihrer Extracolumella mit Hammer und Amboss der Säugethiere. Für die Erledigung der Frage, ob eine Extracolumella auch den Amphibien und Säugethieren zukommt resp. als functionirendes Element des schalleitenden Apparats ehemals zu- kam, dafür scheint mir unsere jetzige Kenntniss noch nicht genügend. Dass der Stapes der Säuger die ganze Columella auris der Sauropsiden, auch die Extracolumella, enthalte, scheint von vorn herein nicht wahr- Zool. Jahrb, XIX. Abth. f. Morph. 12 178 J. VERSLUYS jr., scheinlich, kann aber meines Erachtens noch nicht sicher entschieden werden. | XVII. Zusammenfassendes über das dorsale Ende des Zungen- beinbogens bei Sauropsiden. Bei einem Theil der Sauropsiden endigt das 1. Zungenbeinhorn, der Zungenbeinbogen im engern Sinne, dorsal frei, so bei Schlangen und vielen Lacertiliern, ist bis auf einen kleinen ventralen Rest rück- gebildet bei Cheloniern (und also auch ohne dorsale Befestigung). Bei andern Sauropsiden ist das dorsale Ende des Zungenbein- bogens an andern Skelettheilen befestigt, und zwar in zweierlei Weise: I. Es verbindet das dorsale Ende desselben sich mit der Extra- columella: Vögel, Sphenodon und, vielleicht, die Amphisbäniden. II. Es heftet der Zungenbeinbogen sich direct am Schädel, und zwar meist am Intercalare, an: Crocodilier, ein Theil der La- certilier.. Ich habe in dieser Arbeit den sub II aufgeführten Zustand als denjenigen betrachtet, welcher den Stammformen aller Sauropsiden zukam, von welchem die andern Zustände der Vögel, Sphenodon, vieler Lacertilier und der Ophidier sowie muthmaasslich auch der Chelonier abgeleitet werden müssen. Dass die Lacertilier mit freiem dorsalen Ende des Zungenbein- bogens von solchen, wo derselbe am Schädel befestigt ist, abstammen, darüber habe ich mich schon im Abschnitt VII, S. 136 ausgesprochen. Den Stammformen der Lacertilier kam wohl sicher ein am Schädel (anı Intercalare) angehefteter continuirlich knorpliger Zungenbeinbogen zu, der ventral den Körper des Zungenbeins erreichte und von welchem nahe seinem dorsalen Ende der M. stylohyoideus (ein C,h.v, RUGE) ventral ging. Dass die Anheftung am Schädel mittels des Intercalare geschah, machen die Crocodilier und Uromastix wahrscheinlich. Auch für die Stammformen der Ophidier und der Amphisbäniden mag diese bei Lacertiliern und Crocodiliern vorkommende Befestigung ange- nommen werden; dafür spricht ihre engere Verwandtschaft mit den Lacertiliern. Gegen die Annahme aber, dass die Vorfahren der Vögel und von Sphenodon auch früher einmal einen am Schädel befestigten Zungen- beinbogen besassen, der seine Verbindung mit der Extracolumella auf- gab, lässt sich einwenden, dass der Sphenodon-Zustand auch bei den Embryonen der Lacertilier und Crocodilier vorkommt, also dass aus der Ontogenese viel eher geschlossen werden muss, dass die letztern Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 179 Thiere in dieser Beziehung eine höhere Stufe erreicht haben, bei Sphenodon und den Vögeln der primitive Zustand erhalten blieb. Wir müssten dann im letztern Zustand, wobei der Zungenbeinbogen direct aus der Extracolumella hervorgeht, auch den der Stammform aller Sauropsiden sehen. Ich kann mich dieser letztern Möglichkeit aber nicht anschliessen, glaube für letztere Stammform ein Heraufsteigen des Zungenbeinbogens bis an das Intercalare annehmen zu müssen, wobei er wenigstens in so weit von der Columella auris frei war, dass er an ihr keine Be- festigung suchte. Ich thue dies aus folgendem Grunde. Aus dem Vorkommen eines M. stylohyoideus, eines sehr alten Muskels (C, h.v, RUGE), der auch den Amphibien und Säugern (wenn auch in etwas anderer Form) zukommt, bei Geckoniden und bei Sphenodon geht hervor, dass dieser Muskel auch der Stammform der Sauropsiden zukam. Dies setzt für letztere auch den Besitz einer starken dorsalen Befestigung des Zungenbeinbogens, entweder an der Extracollumella oder mehr dorsal am Schädel, voraus. Dabei war der Zungenbeinbogen continuirlich knorplig, wie Geckoniden und Sphenodon uns lehren. Dem gegenüber ist der Zungenbeinbogen der Vögel ent- schieden rudimentär. Solange aber der Zungenbeinbogen in diesem gut ausgebildeten Zustand mit der Columella auris fest zusammenhing, so lange war auch ein Functioniren der Columella auris als schalleitender Apparat ausgeschlossen. In vieler Hinsicht entspricht nun Sphenodon einer solchen Stammform; mittels ber beiden Spangen * und T (Fig. 29) besteht eine genügende Befestigung des lateralen Endes der Columella auris am Schädel, so dass der Zungenbeinbogen wieder von der Colu- mella auris abgehen kann und daran allein eine genügend starke An- heftung findet; damit geht dann aber auch Hand in Hand, dass ein schalleitender Apparat nicht functionirt, kein Trommelfell da ist. Wir können nun von Sphenodon sehr gut die Verhältnisse des Zungenbein- bogens der Vögel ableiten; man braucht nur den M. stylohyoideus schwinden zu lassen bei gleichzeitiger Rückbildung des Zungenbein- bogens zu einem kleinen Rest, und es steht nichts mehr einer Function der Columella auris als schalleitender Skeletstab entgegen, während auch ein Trommelfell zur Ausbildung kommen kann. Andrerseits kann man auch den Lacertilier- und Crocodilierzustand sehr gut vom Sphenodon- Zustand ableiten, indem man nur eine engere Verbindung der Spange * (vgl. Fig. 28, 29) mit dem Zungenbeinbogen annimmt (letztere kommt ja schon vor; Fig. J, K, S. 166) unter gleichzeitiger Lockerung der Ver- 12* 180 J. VERSLUYS jr., bindung dieses Knorpelstabes mit der Extracolumella. Dadurch wiirde die Columella auris ihren Antheil an der Anheftung des Zungenbein- bogens verlieren und kénnte es zur Ausbildung eines Trommelfelles und eines functionirenden schalleitenden Apparats kommen in einer zu den Crocodiliern und Lacertiliern führenden Weise. Diese Ableitung zwingt uns dann aber, für die Vögel eine von den übrigen Sauropsiden gesonderte Ausbildung des schalleitenden Apparats anzunehmen, und auch noch für Chelonier und Crocodilier, da ein gemeinsamer Ursprung der Lacertilier und dieser letztern Ord- nungen aus dem Sphenodon-Stamme nicht wahrscheinlich erscheint !). Dazu ist auch im Bau von Sphenodon so Vieles, was nur seine natür- liche Erklärung findet durch die Annahme, dass seine Vorfahren einen functionirenden schalleitenden Apparat besessen haben, dass ich mich dieser Auffassung vom Sphenodon- und Vogelzustand als dem ursprüng- lichen nicht anzuschliessen vermag. Man vergleiche hierüber auch den Abschnitt XIII, S. 158. Ich deute den Zustand des erwachsenen Sphenodon als bedingt durch die recente Erwerbung einer grabenden und schwimmenden Lebensweise, welche die Rückbildung des Trommelfells zur Folge hatte. Dadurch verlor die Columella auris ihre Function als schalleitender Apparat, und dann konnte auch die nur während der Ontogenese be- stehende Verbindung des Zungenbeinbogens mit der Columella auris Zeit Lebens erhalten bleiben. So trat beim erwachsenen Sphenodon secundär wieder ein sehr alter Zustand auf, aber daneben bestehen noch Speeialisirungen aus der Zeit, da ein schalleitender Apparat noch functionirte ! | Für die Vögel muss ein ähnliches Stehenbleiben der Columella- Zungenbeinbogenverbindung auf einer vorher embryonalen Entwick- lungsstufe angenommen werden. Der Zungenbeinbogen ist ja sehr rudimentär; er ist zu einem Fortsatz der zarten Columella auris ge- worden, welcher niemals einen Zug auf letztere auszuüben vermag, im Gegentheil dieselbe stützen hilft. Der M. stylohyoideus ist verschwunden. Ohne die Function des schalleitenden Apparats zu gefährden, konnte auch bei den Vögeln die Ablösung des rudimentären Zungenbeinbogens von der Columella auris immer später in der Ontogenie stattfinden und zuletzt ganz unterbleiben. Der Vogelzustand lässt sich in dieser Weise sehr gut von dem eines primitiven Lacertiliers oder Crocodiliers ableiten, also auch von einer ähnlich gebauten Stammform. 1) Und zuletzt auch für die Mammalia und die Amphibien. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 181 Ich schliesse also, dass wohl bei den Vögeln und bei Sphenodon sehr primitive Verhältnisse vorkommen, doch dass diese hier durch ein Stehenbleiben auf embryonaler Stufe bedingt sind, und dass die Lacertilier und Crocodilier in ihrem schalleitenden Apparat und der Befestigung des Zungenbeinbogens der gemeinsamen Stammform aller Sauropsiden näher stehen. Für diese Stammform muss der Besitz eines Trommelfells angenommen werden. Die Uebereinstimmung in der Befestigung des dorsalen Zungen- beinbogenendes, welche wahrscheinlich besteht bei Mammaliern und Lacertiliern, spricht auch für die Richtigkeit meiner Auffassung (vgl. Abschn. XVI A). Wohl muss man annehmen, dass das 1. Zungenbeinhorn, bevor es bei den Stammformen der Sauropsiden (Amnioten) seine Befestigung an der Columella auris, der Zeit nur einem wahrscheinlich schwach entwickelten dorso-medialen Abschnitt des Zungenbeinbogens, aufgab, schon eine genügende Befestigung mittels Bindegewebe oder eines Knor- pelfortsatzes (Homologon der Spange * von Sphenodon) am Schädel er- worben hatte. Dann erst konnte der dorso-mediale Abschnitt des Zungen- beinbogens im Dienste der Schalleitung aus- und umgebildet werden. Ob bei Amphibien der schalleitende Apparat sich unabhängig von der Ausbildung desselben bei den Amnioten gebildet hat, um das zu entscheiden, müssten die Verwandtschaftsbeziehungen der Amphibien besser bekannt sein. In Betreff der Umbildungen des Zungenbeinbogens bei den Amnioten komme ich also zu folgenden zwei Schlüssen : 1) Aus den Verhältnissen des Zungenbeinbogens bei Lacertiliern, Crocodiliern und Säugethieren, welche einander sehr ähnlich sind, lässt sich ein lacertilierartiger Zustand des Zungenbeinbogens als Aus- gangspunkt für alle Amnioten reconstruiren. 2) Rückbildung des Zungenbeinbogens bei Vögeln, Verlust des Trommelfells bei Sphenodon hatte zur Folge, dass der Zungenbein- bogen secundär seine während der Ontogenese bestehende Verbindung mit der Extracolumella nicht mehr aufgab. Dasselbe hat vielleicht auch bei Amphisbäniden stattgefunden. Gapow hat vor 2 Jahren auch eine kurze Uebersicht über die Umbildungen des Zungenbeinbogens bei den Landvertebraten gegeben (1901, p. 400), wobei er sich auch auf die Ergebnisse meiner ersten Untersuchung (1898) gestützt hat. In Folge meiner Studien an Lacer- tilierembryonen komme ich jetzt zu einigen abweichenden Resultaten, wie oben dargelegt. 182 J. VERSLUYS jr., Literaturverzeichniss. Baur, G., 1887, Ueber das Quadratum der Säugethiere, in: Biol. Ctrbl., V. 6, 1887. Broman, W. L., 1899, Die Entwicklungsgeschichte der Gehérknéchelchen beim Menschen, in: Anat. Hefte, Heft 37, V. 11. Buzzer, J., 1879, Further notes on the habits of the Tuatara Lizard, in: Trans. New Zealand Inst., 1878, V. 11. Corn, E. D., 1892, The osteology of the Lacertilia, in: Proc. Amer. phil. Soc. Philadelphia, V. 30. Dreyruss, R., 1893, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Mittel- ohrs und des Trommelfells des Menschen und der Säugethiere, in: Morph. Arb. Scuwauss, V. 2, Heft 3. FÜRBRINGER, M., 1900, Zur vergleichenden Anatomie des Brustschulter- apparats und der Schultermuskeln, in: Jena. Z. Naturw., V. 34. —, 1902, Beitrag zur Genealogie und Systematik der Vögel, ibid. V. 36. Gapow, H., 1888, On the modifications of the first and second visceral arches, with special reference to the homologies of the auditory ossicles, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London, V. 179. —, 1901, The evolution of the auditory ossicles, in: Anat. Anz,, V. 19. Gaupp, E., 1899, Ontogenese und Phylogenese des schalleitenden Apparats bei den Wirbelthieren, in: Ergebn. Anat. Entw.-Gesch. MERKEL- Bonnet, V. 8, 1898. —, 1900, Das Chondrocranium von Lacerta agilis, in: Anat. Hefte, Heft 49, V. 14. Horrmann, C. K., 1889, Over de ontwikkelingsgeschiedenis van het gehoororgaan en de morphologische beteekenis van het gehoorbeentje bij de Reptiliön, in: Natuurk. Verh. Akad. Wet. Amsterdam, V. 28, Separ.-Abdruck. —, 1890, Schlangen und Entwicklungsgeschichte der Reptilien, in: Bronx, Class. Ordn. Thierreich, V. 6, Abth. 3. Howes, G. B., and H. H. Swiynerton, 1901, On the development of the skeleton of the Tuatara, Sphenodon punctatus, in: Trans. zool. Soc. London, V. 16, Part 1. Huxtey, T. H., 1869, On the representatives of the malleus and the incus of the Mammalia in the other Vertebrata, in: Proc. zool. Soc. London. Kırrıan, G., 1890, Die Ohrmuskeln des Crocodiles, in: Jena. Z. Naturw., V. 24. Kiınestey, J. S., and W. H. Ruppiox, 1899, The ossicula auditus and mammalian ancestry, in: Amer. Naturalist, V. 33, No. 387. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 183 Kınssiey, J. S., 1900, The ossicula auditus, in: Tufts Coll. Stud., No. 6. Leypie, F., 1872, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier, Tübingen 1872. Newman, A. K., 1878, Notes on the physiology and anatomy of the Tua- tara (Sphenodon güntheri), in: Transact. New Zealand Inst., 1877, VE 10, PARKER, T. J., 1891, Observations on the anatomy and development of Apteryx, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London for the year 1890, V. 182. Parker, W. K., 1870, On the structure and development of the skull of the common Fowl (Gallus domesticus), in: Phil. Trans. Roy. Soc. London for the year 1869, V. 159. —, 1876, On the structure and development of the bird’s skull, in: Trans. Linn. Soc. London, (2) V. 1, Zool., Part 3. —, 1880, On the structure and development of the skull in the Lacer- tilia, in: Phil. Trans. Roy. Soc. London for the year 1879, V. 170. —, 1883, On the structure and development of the skull in the Croco- dilia, in: Trans. zool. Soc. London, V. 11, 1885. Peters, W., 1868, Ueber die Gehörknöchelchen und den Meckkr’schen Knorpel bei den Crocodilen, in: Monatsber. Akad. Wiss. Berlin. —, 1869, Ueber die Gehörknöchelchen der Schildkröten, Eidechsen und Schlangen, sowie über die Höhlen des Unterkiefers der Crocodile, ibid. —, 1870, Ueber den Ductus pneumaticus des Unterkiefers bei den Crocodilen, ibid. —, 1874, Ueber die Gehörknöchelchen und ihr Verhältniss zu dem ersten Zungenbeinbogen bei Sphenodon punctatus, ibid. Ruen, G., 1896, Ueber das peripherische Gebiet des Nervus facialis bei Wirbelthieren, in: Festschr. GEGENBAUR, V. 3. SCHAUINSLAND, H., 1900, Weitere Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hatteria, in: Arch. mikrosk. Anat., V. 56. SUSCHKIN, P. P., 1899, Zur Morphologie des Vogelskelets. I. Schädel von Tinnunculus, in: Nouv. M&m. Soc. Naturalist. Moscou, V. 16 (21). VersLuvs, J., 1898, Die mittlere und äussere Ohrsphäre der Lacertilia und Rhynchocephalia, Inaug.-Diss. Giessen, in: Zool. Jahrb., V. 12, Anat. 184 J. VERSLUYS jr.. Erklärung der Abbildungen. Tafel 8—11. In allen Figuren bedeutet: a Blastemscheibe zwischen Oto- stapes und Hyostapes à. Geh.h äussere Gehörhöhle A.car.int Arteria carotis interna A.fac Arteria facialis BI. O Blastem der Ohrkapsel Can. hor Canalis semicircularis hori- zontalis Ch.d Chorda dorsalis Ch.ty Chorda tympani Col Columella auris Dep.md Depressor mandibulae Ext. col Extracolumella Ext. col. St Stiel der Extracolumella Fusspl Fussplatte des Stapes Gel. St. Ext Gelenk zwischen Stapes und Extracolumella Gel. Uk Unterkiefergelenk H Haut (Epidermis) Hy. St Hyostapes Inf. st Infrastapediale Int.c Intercalare Int.h Interhyale K Knorpel auf dem Quadratum L Loch im Stapes, durch das die Arteria facialis tritt Lab Labyrinthhöhle Lag Lagena M: ep. cl.m M. mastoideus M.ext Muskel der Extracolumella M. par. md. pr M. parieto-mandi- bularis profundus M. pter M. pterygoideus Ok Ohrkapsel O. st Otostapes episterno - cleido- Parot. pl Paroticusplatte Par.qu Paraquadratum Pars.inf Pars inferior des Inser- tionstheils der Extracolumella Pars.sup Pars superior desselben Pauk.h Paukenhöhle Ph Pharynx Proc. acc.ant Processus accessorius anterior Proc. acc.post Processus accessorius posterior der Extracolumella Proc.dors Processus dorsalis Proc. int Processus internus Proc.par Processus paroticus Qua Quadratum R.comm.int Ramus communicans internus S Sehne der Extracolumella Sch.b Schädelbasis Sph.c Sphincter colli Sq Squamosum St Stapes St. Ex. col Stiel der Extracolumella Trf Trommelfell Uk Unterkiefer Ven. lat. cap Vena lateralis capitis Wd. Lag Wand der Lagena Zb.b Zungenbeinbogen 1.K.S 1. Kiemenspalte VII Nervus facialis VII, M. a Muskelast des Facialis + ventraler Theil des Processus dorsalis * dorsaler Theil des Zungenbein- bogens. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 185 Mehrere der Figuren (z. B. Fig. 5, 7, 8, 10, 11, 20) sind Re- constructionen der Columella auris nach Schnittserien. Um dabei die- selbe doch in der natürlichen Lage gegenüber Weichtheilen und Kopf- skelet anzugeben, wurde erst ein typischer Schnitt, worin möglichst viel wichtige Theile waren, gezeichnet und dann die in andern Schnitten befindlichen Theile der Columella auris etc. in diese Zeichnung mittels der Camera eingetragen, die Skelettheile der verschiedenen Schnitte also alle auf einander gezeichnet. In dieser Weise bekommt man aus einer Querschnittserie eine Ansicht der Columella auris von hinten (oder von vorn), aus einer Frontalschnittserie eine Ansicht von oben oder von unten. Auch der Verlauf von Nerven und Gefässen konnte dabei dargestellt werden. Diese Methode giebt allerdings keine so klaren Bilder wie ein Wachsmodell, aber, wie man aus den Figuren sehen kann, ist das Resultat doch ein befriedigendes. Tafel 8. Fig. 1. Rechte Columella auris eines Lacertiliers, von vorn ge- sehen. Schema zur Erläuterung der Nomenclatur. o medialer Abschnitt der Extracolumella, welcher zum Otostapes gehört. Fig. 2. Lacerta agilis. Embryo IV. Querschnittserie des Kopfes. Ohrgegend des Schnittes, worin Stapes und Processus dorsalis (Proc. dors). alee Ue Fig. 3. Platydactylus mauritanicus. Embryo I. Querschnittserie des Kopfes. Schnitt durch den Stapes, welcher von der Arteria facialis (A. fac) durchbohrt wird. Die Kerne im Stapes- und Ohrkapselblastem sind etwas zu’ zahlreich angegeben. Man sieht, wie das Stapesblastem weiter entwickelt ist als das Blastem der Ohrkapsel (Bl.O, Bl.O', X) und sich deutlich als selbständige Skeletanlage darthut. In den nächst vordern Schnitten dehnt die 1. Kiemenspalte (1. K.S) sich weiter lateralwärts aus, nach vorn von der Chorda tympani (Ch.ty). In mehr caudalen Schnitten geht das distale Ende der Columella auris über in das 1. Zungenbeinhorn (siehe Fig. 5). >< Blastem der Ohrkapsel dorsal vom Stapes; Bl.O' dasselbe medial vom Stapes, nur erst als eine sehr schwache Zellenverdichtung erkennbar. 296: 1. Fig. 4. Plalydactylus mauritanicus. Embryo V. Frontalschnitt- serie des Kopfes. Schnitt durch die Stapesbasis und Ohrkapsel. Man sieht deutlich, wie erstere letzterer nur anliegt, das Ohrkapselblastem sich aber medial vom Stapes fortsetzt (BI. 0"). 296:1. Das Loch L, durch das die Arteria facialis tritt, ist hier kleiner als sonst bei dieser Art. Wd.ven.lat. cap Wand der Vena lateralis capitis: a embryonales Bindegewebe zwischen Ohrkapsel und Stapes. Der Pfeil weist nach vorn. Fig. 5. Platydactylus mauritanicus. Embryo I. Querschnittserie des Kopfes. Von einem Querschnitt durch den linken Stapes ist die Ohrgegend gezeichnet und darin eine Reconstruction der Columella auris und des Zungenbeinbogens. So scharfe Umrisse, wie in der Zeichnung angegeben, zeigt das Skeletblastem meist noch nicht. Auch die Aus- 186 J. VERSLUYS jr., dehnung der 1. Kiemenspalte (7.K.S) und die Arteria facialis (A. fac) sind nach mehreren Schnitten eingezeichnet. 122 : 1. S' erste Andeutung der Sehne der Extracolumella. Fig. 6. Lacerta. Embryo II. Querschnittserie des Kopfes. Quer- schnitt durch den Stapes, Ohrgegend. Blastem der Columella auris und des Zungenbeinbogens aus einer Reihe von Schnitten in das Bild ein- gezeichnet. Es liegt der laterale Theil des Zungenbeinbogens (Zb.b) viel mehr caudal als sein medio-ventraler Theil und als der Stapes. Das Blastem der Skelettheile war gegen das umgebende embryonale Gewebe noch nicht abgegrenzt, wohl aber durch die erhebliche Zellendichte leicht erkennbar. Das Ohrkapselblastem (Bl. O) fängt an sich zu bilden. 70:1. Symm.Eb Symmetrieebene des Körpers; Geh Gehirn, nur ein Theil von dessen Umriss ist angegeben. Fig. 7. Platydactylus mauritanicus. Embryo V. Frontalschnitt- serie. Linke Ohrgegend des Schnittes durch die Stapes-Basis, worin die Reconstruction der Columella auris und des Hyoidbogens ein- gezeichnet sind. Ansicht von oben. Die Grenzen des Skeletblastems sind zu scharf angegeben (vgl. Fig. 4). 70:1. e niedriger, dorsalwärts gerichteter Fortsatz (Pars superior), welcher ohne Grenze übergeht in die Anlage der Extracolumellarsehne und dadurch mit dem Intercalare verbunden ist (siehe Fig. 5 S' und Int.c) Symm. Eb Symmetrieebene des Körpers. Tafel}9. Fig. 8. Lacerta agilis. Embryo V. Querschnittserie des Kopfes. Schnitt durch die Stapes-Basis, linke Seite, Ohrgegend. Darin die Re- construction der Columella auris und des Zungenbeinbogens. Ansicht von hinten. Die Lage des Quadratums und Unterkiefers und der Ver- lauf der Chorda tympani (Ch.ty) sind angegeben. 70:1. Tr Trachea, Fig. 9. Lacerta agilis. Embryo X. Sagittalschnittserie. Recon- struction des Interhyale (Int.h) und des Processus dorsalis (Pr. dors). Blastem dicht, Knorpel weniger dicht punktirt. 70:1. Q.BI blaste- matöser Gelenkkopf des Quadratums; e.B embryonales Bindegewebe, welches beim Embryo den Raum der Paukenhöhle einnimmt. Der Pfeil giebt die Richtung nach vorn an. Fig. 10. Platydactylus mauritanicus. Embryo VI. Querschnitt- serie des Kopfes. Querschnitt durch die Fenestra ovalis. Reconstruction der Columella auris etc. Ansicht von hinten und oben. Gelenkkopf des Quadratums (Qua) und hinteres Ende des Unterkiefers (Uk) sind eingezeichnet. 70:1. Der Pfeil weist dorsalwärts und etwas nach vorn. Fig. 11. Platydactylus mauritanicus. Embryo VII. Wie Fig. 10. Ansicht von hinten und etwas von unten. Der Gelenkkopf des Qua- dratums ist nicht eingezeichnet. 70:1. Bnd Band, welches vom Zungenbeinbogen abgeht und bei erwachsenen Thieren den Unterkiefer erreicht. Der Pfeil weist dorsalwärts und etwas caudalwärts. Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. 187 Fig. 12. Hemidactylus frenatus. Embryo IV. Querschnitt durch die linke Columella auris. Schnitte etwas nach vorn geneigt. 70:1. Der Pfeil weist dorsalwärts und etwas nach vorn. Fig. 13. Gecko verticillatus. Embryo VII. Frontalschnittserie. Reconstruction der Columella auris, von unten gesehen. Ein Theil des Interhyale ist verknorpelt (Int.h) und bildet einen Fortsatz der Colu- mella auris, der andere Theil ist rückgebildet (D). 70:1. Bnd Band vom Zungenbeinbogen zum Unterkiefer. Fig. 14. Lacerta (muralis?) Embryo XIII. Frontalschnittserie. Schnitt durch das Intercalare (Int.c). Man sieht, wie dasselbe durch ein Gelenk mit Gelenkspalte (Gel. S) mit dem Quadratum articulirt und dem Processus paroticus mittels Bindegewebe angeheftet ist. 70:1. Musk Muskeln; Gel.S Gelenkspalte; À.dent Arteria dentalis inferior. Fig. 15. Lacerta ocellata, erwachsen. Die Figur zeigt die Lage des Intercalare (Int.c) zwischen Quadratum (Qua) und Processus par- oticus (Proc.par) sowie die Befestigung des Zungenbeinbogens (Zb.b) am Processus parotieus mittels eines feinen Bandes (Bnd). Vergrössert. Proc.par' knorpliger Ueberzug auf dem Processus paroticus; Par Parie- tale; K Knorpelstück auf dem Quadratum. Der Pfeil weist nach vorn. Fig. 16. Calotes jubatus. Embryo I. Querschnittserie. Schnitt durch den Stapes. Ohrgegend. Skelet (Knorpel und Blastem) punktirt. 83:1. Ep.Ph Schleimhaut der Paukenhöhle; letztere hat noch ein sehr enges Lumen; e. B embryonales Bindegewebe. Tafel 10. Fig. 17. Calotes jubatus. Embryo I. Columella auris, von vorn gesehen, Reconstruction, schematisch. Die Chorda tympani und der Extracolumellarmuskel sind eingezeichnet. 70:1. Fig. 18. Calotes jubatus. Embryo II (älterer Embryo). Sagittal- schnitt durch das Bändchen +, welches Intercalare (Int.c) und Extra- columella (Col) verbindet. Der Processus paroticus ist verknöchert. Vom Quadratum (Qua) liegt nur ein sehr kleiner, noch nicht ver- knöcherter, dorso-medialer Theil im abgebildeten Schnitte. Der Knorpel Z ist vielleicht ein noch nicht verknöcherter Theil des Processus paroticus, viel wahrscheinlicher aber ein Abschnitt des Zungenbeinbogens. 83:1. e Schleimhaut der Paukenhöhle. Der Pfeil weist nach vorn. Fig. 19. Calotes jubatus, erwachsen. Linke Columella auris und Intercalare in situ, von hinten gesehen. 131/,:1. K knorpliger Ueberzug des Processus paroticus. Fig. 20. Platydactylus mauritanicus. Embryo III. Querschnitt- serie. Linke Ohrgegend, Schnitt durch die Fenestra ovalis, Recon- struction der Columella auris und des Zungenbeinbogens. Das Inter- calare ist bei diesem Embryo mittels der Spange + mit der Columella auris verbunden. Ansicht von hinten und etwas von oben. 70:1. Fig. 21. Platydactylus mauritanicus. Embryo VIII. Sagittalschnitt- serie. Schnitt durch das Intercalare. 70:1. Blastem dicht, Knorpel 188 J. VERSLUYS, jr .Entwicklung der Columella auris bei den Lacertiliern. weniger dicht punktirt. Deckknochen (Squamosum) dunkel schraffirt. D Bindegewebe; V Vene. Der Pfeil weist dorsalwärts. Fig. 22. Gecko verticillatus. Embryo VIII. Querschnittserie; Schnittrichtung etwas nach vorn geneigt. Schnitt durch das Intercalare. 70:1. À Fortsätze, an die sich das 1. Zungenbeinhorn anheftet (vgl. Fig. D und E). Fig. 23. Platydactylus mauritanicus. Embryo X. Frontalschnitt- serie. Intercalare (Int.c) und M. extracolumellaris (M.ext), aus mehreren Schnitten reconstruirt, von der Dorsalseite gesehen. 70:1. Der eine Pfeil (V) weist nach vorn, der andere (M) medialwärts. Fig. 24. Lacerta (muralis?). Embryo XIII. Frontalschnittserie. Columella auris, Intercalare, Sehne der Extracolumella und M. extra- columellaris in situ Reconstruction, von der Ventralseite gesehen. Nervus facialis und Chorda tympani auch eingezeichnet. 70:1. Der Pfeil weist nach vorn. beers ih abil. Fig. 25—28. Schemata der Columella auris fiir die Ableitung des Sphenodon-Zustandes (Fig. 28) aus einem embryonalen Lacertilier- Zustand (Fig. 25); von hinten gesehen. Das Blastem ist etwas dichter punktirt als der Knorpel. FM Loch in der Knorpelplatte zwischen Pro- cessus dorsalis (Spange +) und dorsalem Abschnitt des Zungenbein- bogens (Spange *). Fig. 29. Sphenodon punctatus; rechte Columella auris, von hinten gesehen. Copie nach VersLuys, 1898, tab. 8, fig. 90; etwas corrigirt. 6:1. H Loch in der Knorpelplatte. Fig. 30. Rechte Columella auris von Crocodilus palustris, Embryo, von aussen und hinten gesehen. Copie von PArker’s fig. 10, tab. 68 (1883). 12:1. Ep.hy Epihyale; C.hy Ceratohyale; I. st Infrastapediale; S.st Suprastapediale (Intercalare); O.st Otostapes (Parker’s Stapes und Mediostapediale); E.st Extrastapediale (Hyostapes). Fig. 31. Extracolumella und Zungenbeinbogen der Fig. 30. Copie nach Parker (1883), fig. 11, tab. 68. 24:1. Bezeichnungen wie in der vorigen Figur. Fig. 52. Linke Extracolumella und die dorsalen Reste des Zungen- beinbogens bei einem reifen Embryo von Crocodilus palustris, von aussen gesehen. Copie von Parker’s fig. 7, tab. 70 (1883). 51/,:1. % Knorpel- überzug des Processus paroticus; Ep.hy, C.hy, I.st, S.st, E.st wie in Fig. 30. Fig. 33. Linke Columella auris von Tinmunculus alaudarius. Ansicht von unten und etwas von hinten, Copie von Suscuxin’s fig. 93, tab. 5 (1899). 16:1. H Loch in der Knorpelplatte; % Verknöcherung. Fig. 34. Stapes, Intercalare (Laterohyale) und Zungenbeinbogen bei einem menschlichen Embryo. Frontalschnitt. Linke Seite, von hinten gesehen. 25:1. Vereinfachte Copie nach Bromay, fig. 5, tab. B (1899). Pars can. sem Pars canalium semicircularium, Pars. cochl Pars cochlearis der Labyrinthkapsel. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2556 Nachdruck verboten. Uebersetzungsrecht vorbehalten. Das Ohr des Zahnwales, zugleich ein Beitrag zur Theorie der Schalleitung, Eine biologische Studie von Dr. med. Georg Boenninghaus, Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke, Primärarzt am St. Georgs-Krankenhaus in Breslau. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau.) Hierzu Tafel 12, 13 und 28 Abbildungen im Text. Uebersicht. Einleitung. I. Das äussere Ohr. 1. Das äussere Ohr von Phocaena. 2. Vergleich des äussern Ohres von Phocaena und Seehund. IT. N mittlere Ohr. . Die Knochen der seitlichen Schädelbasis. Die grosse Knochenmulde. Das Tympano-Perioticum. 2. Die Weichtheile an der seitlichen Schädelbasis. Das Bindegewebe. Der Fettkörper des Unterkiefers. Die M. pterygoidei. 3. Die Ohrtrompete. a) Morphologie. b) Physiologie. 4. Die Paukenhöhle. a) Morphologie. Das Trommelfell. Die Gehörknöchelchen. Das Corpus cavernosum tympanicum. Die Arteria carotis interna. b) Physiologie. 5. Die pneumatischen Hohlräume. a) Morphologie. b) Physiologie. Zool. Jahrb. XIX. Abth. f, Morph. 13 190 GEORG BOENNINGHAUS, III. Das innere Ohr. a) Morphologie. b) Physiologie. Die akustische Function. Die statische Function. Schluss: Das Gehör des Wales. Anhang. Die Blutcireulation in der Schädelhöhle. Zusammenfassung. Literaturverzeichniss. Erklärung der Abbildungen. Einleitung. Das Ohr des Zahnwales finden wir anatomisch vielfach beschrieben und physiologisch betrachtet, denn ein so hochgradig umgeändertes Organ konnte natürlich der Aufmerksamkeit der Forscher nicht leicht entgehen. So musste es von vorn herein als ein gewisses Wagniss erscheinen, dieses Organ aufs Neue als Studienobject zu wählen. Wenn es trotzdem geschah, so bildete die intensive Bearbeitung eines so grossen Materials, wie es bisher noch Niemandem zur Verfügung stand, die nothwendige Voraussetzung. Die Tendenz dieser Studie, die biologische Erkenntniss als End- ziel zu erstreben, führte dazu, auch die Nachbarschaft des Ohres mit in den Kreis der Untersuchungen zu ziehen, denn in ihr finden sich Veränderungen vor, zu welchen die Veränderungen am Ohr vielfach in Beziehung stehen. Vor allem sind die Veränderungen an der Tube abhängig von solchen im Rachen. Letztere bildeten daher den Aus- gangspunkt meiner Betrachtungen und sind unter dem Titel „Der Rachen von Phocaena communis Less“ in Band 17 dieser Zeitschrift erschienen. Durch diese Ausdehnung der Untersuchung wurde uns ein eindringenderes Verständniss für den ganzen Umbau des Kopfes eröffnet. Auf Schritt und Tritt prägt sich in den Veränderungen die Zweckmässigkeit aus für das Leben im Wasser, diesem dem Säugethier ursprünglich fremden Element, Veränderungen, die wir treffend als Anpassungserscheinungen bezeichnen. Von den Wegen, welche man zur Erforschung der Schalleitung im Labyrinth einschlagen Kann, scheint mir der vergleichend-anatomische der aussichtsvollste und von den Objecten, welche hier in Frage kommen, der Wal das werthvollste zu sein. Doch liegt noch ein viel weiteres, physiologisch noch wenig befruchtetes Gebiet vor, das Gebiet der niedern Amphibien und Reptilien mit nur einem Labyrinthfenster, Das Ohr des Zahnwales. 191 ein Gebiet, welches ja durch Hasse’s umfassende Untersuchungen anatomisch vollkommen klar liegt. — Es wird nun bei dergleichen Untersuchungen darauf ankommen, welche Deutung man den gefundenen Dingen beimisst, und da giebt es eine gefährliche Klippe, wenn man morphologischen Veränderungen unbedeutender Art einen zu hohen physiologischen Werth beilegt. Eine bis zur letzten Consequenz durch- geführte Idee aber, welche auf irriger Prämisse aufgebaut ist, pflegt zu unlöslichen Widersprüchen und zu innern Unwahrscheinlichkeiten zu führen, welche uns den Irrweg doch schliesslich erkennen lassen. Ich hoffe nun, diese Klippe vermieden zu haben — und sollten weitere Forschungen auch ergeben, dass nicht alles aufrecht erhalten werden kann, was ich aus der Anatomie des Walohres auf dessen Schalleitung und von da aus rückwärts auf die Schalleitung des Menschen und der Landsäugethiere geschlossen, so hoffe ich doch einiges Licht in das bisher dunkle Capitel geworfen und weitern Forschungen die Wege geebnet zu haben. Die Voraussetzung für die biologische Erforschung gerade des Walohres bildet die gründliche Kenntniss der vergleichenden Anatomie und Physiologie des Ohres, denn man kann von diesem Organ des Wales behaupten, dass bei seinem Umbau zwar nichts von seinen ur- sprünglichen Elementen abhanden gekommen ist, dass auch keine neuen Elemente hinzugekommen sind, dass aber die alten ausnahmslos verändert sind und oft derartig, dass es grosse Mühe kostet, sie wieder zu erkennen, die Ursache ihres Umbaues und ihre veränderte Function zu ergründen. Die Hand- und Lehrbücher der vergleichenden Anatomie und Physiologie geben uns nun gerade fürs Ohr nicht die- jenige Tiefe des Einblicks, wie sie für dieses schwierige Verständniss des Walohres erforderlich ist. Deshalb habe ich den be- treffenden Capiteln die erforderlichen vergleichenden Notizen in Kürze klein gedruckt vorausgeschickt. Mein Material bestand hauptsächlich aus Phocaena communis, dem Braunfisch, jenem ausgewachsen 1!/,—2 m langen Zahnwal, welcher, den Heringen nachstellend, mit diesen in die Nord- und Ostsee eindringt und deshalb nicht schwer zu erhalten ist. Von Phocaena standen mir zur Verfügung Exemplare von 90, 105, 114, 116, 125, 130 und 131 cm Länge; ausserdem 5 Köpfe von Exemplaren mittlerer Grösse; endlich ein Embryo von 7,1 und einer von 68 cm Länge. Ausserdem ein alter Spirituskopf von Delphinus delphis und ein 48 cm langer Zahnwalembryo unbekannter Species. Dazu Schädel von Delphinus delphis, Delphinus tursio, Delphinus 13* 192 GEORG BOENNINGHAUS, rostratus, Globiocephalus melas und Monodon monocerus. Zum Ver- gleich dienten 3 Köpfe vom Seehund, Köpfe vom Pferd, Rind und Schaf. Schliesslich die Schädelsammlung des Breslauer Zoologischen Instituts. Die Phocaena-Embryonen stammten aus dem Privatbesitz des Herrn Prof. KÜKENTHAL. Die Textfiguren wurden zumeist von Fräulein HELENE LIMPRICHT, Lehrerin an der hiesigen Kunstgewerbeschule, die Tafelfiguren zumeist von Herrn Dr. LOscumMANnN, akademischem Zeichner an der hiesigen Universität, ausgeführt. Herrn Prof. KüKENTHAL danke ich auch an dieser Stelle für das stete Interesse, welches er meiuen Untersuchungen entgegenbrachie. I. Das äussere Ohr. 1. Das äussere Ohr von Phocaena. Beim vollkommenen Mangel einer die äussere Oberfläche des Kopfes überragenden Ohrmuschel findet man bei den Bartenwalen sowohl wie bei den Zahnwalen als Eingang in das äussere Ohr nur eine einfache, durch keine Erhebung der äussern Bedeckung ge- kennzeichnete kleine Oeffnung in der Kopfhaut (Taf. 12, Fig. 1a und a,, ferner Fig. A 7). Bei Phocaena liegt sie etwa 4 cm hinter dem lateralen Winkel der Lidspalte. Sie wird bei diesem Zahnwal ge- wöhnlich als rund beschrieben. In Wirklichkeit aber hat sie eine in- dividuell verschiedene Gestalt. Bald ist sie rund, bald oval mit von oben nach unten gerichteter Längsaxe. Bald aber ist sie nur schlitz- förmig, wie ein einfacher, mit dem Messer angelegter kleiner Haut- schnitt, und in diesem Fall ist die Oeffnung bisweilen vollkommen ver- klebt und tritt erst zu Tage, nachdem man die oberflächliche Epithel- schicht etwas abgeschabt hat. Auch kann sich an der hintern Wand der Ohröffnung ein kleiner, knöpfchenförmiger Fortsatz der Haut be- finden. An den 5 Köpfen, welche mir als Untersuchungsobject für das äussere Ohr dienten, war dieses Knöpfchen einmal vorhanden, und zwar auf der rechten Seite. Howes aber fand eine ähnliche Bildung bei seinen 2 erwachsenen Phocänen beide Male, und zwar ebenfalls nur rechts, bei einem Fötus von Phocaena und bei einem solchen von Beluga leucas sogar doppelseitig. Bei zwei andern Föten von Phocaena aber fand er keine Andeutung von ihr. Howes hält diese Bildung für ein Rudiment der Ohrmuschel, eine Meinung, die KÜKENTHAL be- reits als irrig nachwies. Was aber diese häutige Bildung zu bedeuten Das Ohr des Zahnwales. 193 hat, muss unentschieden bleiben. — Besonders bei schlitzförmiger Oeffnung kann man oft lange, selbst mit der Lupe suchen, ehe man sie findet; man wird am leichtesten durch eine Delle zu ihr geführt, welche sich auf der eintrocknenden Haut dieser Gegend bildet; denn in dieser Delle liegt der Ohrschlitz, und zwar in einer jener zahlreichen feinen Hautfurchen, welche die sonst glatte Haut des Braunfisches in transversaler Richtung vom Rücken zum Bauch hin durchsetzen. = ——# => m Fig. A. Frontalschnitt durch die Ohrgegend einer erwachsenen Phocaena, schema- tisirt nur in so fern, als Theile, die nicht ganz in einer Frontalebene liegen, in die- selbe gerückt sind, z. B. die Gehörknöchelchen. Natürliche Grösse. i äussere Ohr- öffnung, 2 äusserer häutiger Gehörgang, 3 Ohrknorpel (nur die dickere untere Wand ist gezeichnet), 4 Bindegewebsschicht, den äussern Gehörgang umgebend, 5 Trommelfell, 6 Proc. zygomaticus squamosi, 7 Squamosum, 8 Parietale, 9 Perioticum, 10 Tympanicum, 11 Basioccipitale, 12 Proc. basioccipitalis, 73 hinterer Zipfel des Markkörpers des Unter- kiefers, 14 verdicktes Periost des Tympanicums, 15 Kette der Gehörknöchelchen, 16 N. acustico-facialis, 17 obliterirte Carotis, 18 Plexus venosus caroticus, 19 Cavum tym- panicum, 20 Sinus pneumaticus peribullaris, 21 Sinus pneumaticus peripetrosus, 22 Sinus (venosus) petrosus internus, 23 Art. meningea spinalis, 24 Dura mater, 25 Tentorium cerebelli, 26 hintere Schädelgrube, 27 mittlere Schädelgrube, 28 Fossa temporalis, 29 Rachenrinne, aa sagittale Medianebene des Schädels. Eine dünnere Knopfsonde dringt mit einem kleinen Ruck durch diese Oeffnung hindurch, denn die Oeffnung ist die engste Stelle des Ohrganges; dann aber wird sie mit Leichtigkeit weiter in den Ohrgang eingeführt, eine Metallsonde etwa 2 cm weit, eine elastische Sonde aber tiefer, bis 6 cm weit. Obwohl nun die Kenntniss der Wale bis ins graue Alterthum zurückreicht, ist doch der Gehörgang, wohl in Folge der winzigen äussern Oeffnung, erst spät gefunden 194 GEORG BOENNINGHAUS, worden und zwar nach Rapp fast gleichzeitig von BELON im Jahre 1553 und von RONDELET im Jahre 1554. BELON sagt von ihm: ,,Meatus ad audiendum, in quos si festucam adegeris, protinus eos ad os petrosum desinere comperies.“ — Die Autopsie belehrt uns über die Einzelheiten des Ohrganges. Er stellt eine membranöse Röhre dar, die als Fortsetzung der äussern Haut zu betrachten ist und, wie diese, eine tief schwarze Farbe, durch Ablagerung von schwarzem Pigment in die Epidermis, besitzt. — Der Verlauf des Ohrganges entspricht im Allgemeinen einem aufrecht stehenden, schwach gekrümmten S (Fig. A 2). Der äussere Schenkel des S durchsetzt fast geradlinig in horizontaler Richtung die etwa 2 cm dicke Unterhautfettschicht. Dann aber an der äussern, convexen Oberfläche des Squamosum (Fig. A 6) ange- langt, muss der Gang die Krümmung desselben umgehen, um zum Trommelfell (Fig. A 5) zu gelangen. Er bildet zu diesem Zweck zu- nächst einen Bogen mit oberer und dann einen solchen mit unterer Convexität und verläuft schliesslich mit einem mehr geradlinigen innern und gleichfalls horizontalen Schenkel zum Trommelfell. Dieser ganze Sförmige Ohrgang liegt nun annähernd in einer senkrecht und transversal auf die Längsaxe des Körpers gestellten Ebene. Ab- weichungen aus dieser Ebene sind vorhanden. Am bedeutungsvollsten für uns (s. später) ist es, dass die äussere Ohröffnung constant etwas vor dieser Ebene liegt, so dass der äussere Schenkel eine leichte Neigung von vorn nach hinten bekommt. Dagegen sind Abweichungen von dem bisher geschilderten Verlauf der Curven bald vorhanden, bald nicht, also ohne Gesetzmässigkeit, und betreffen immer nur kurze Strecken, in denen der Ohrgang ein wenig nach oben oder unten, auch nach hinten oder vorn von der Hauptrichtung abweicht. Der Knorpel (Fig. A 3) aber, welcher von der äussern Curve ab den Ohr- gang besonders von unten bedeckt, macht grössere Abweichungen von der regulären Linie als der Ohrgang selbst, und auf ihn stösst man zunächst, wenn man den Ohrgang von unten her, was am bequemsten ist, aufsucht. Beurtheilt man nun den Verlauf des Ohrganges nach dem Verlauf des Knorpels, was ja nahe liegt, so kommt man leicht zu der Auffassung, dass der Ohrgang von Phocaena einen sehr unregelmässigen, geschlängelten, gedrehten Verlauf habe, wie man das öfters angegeben findet. Aber schon Hunter hat die Richtung des Ohrganges bei den Walen im Allgemeinen ge- nau so beschrieben, wie ich sie bei Phocaena fand, indem er sagt: „Es geht in einer Schlangenlinie, erst in einer horizontalen Richtung, hernach niederwärts, hierauf wieder horizontal bis an die Das Ohr des Zahnwales. 195 Trommelhaut, wo es sich endiget.‘‘“ Auch BEAUREGARD beschreibt bei Delphinus delphis die Richtung des Ohrganges Sförmig, merkwürdiger Weise aber fand er das S liegend, mit einer nach vorn und einer nach hinten gerichteten Curve. — Ein freies Lumen hat der Ohrgang in seinem rein membranösen Theil nicht, indem die in Längsfalten ge- legte membranöse Schlauchwand sich allseitig berührt. Erst in dem von Knorpel bedeckten Theil des Ohrganges beginnt allmählich ein freies Lumen, welches etwa 1 cm vor dem Trommelfell anfängt sich trichterförmig zu erweitern, am Trommelfell der Peripherie des letztern entspricht und mit abgestossenen Gehörgangsepithelien ausgefüllt ist. Fie. B. Fig. C. Fig. B. Knorpel des äussern Ohres von Phocaena in natürlicher Grôsse, rechte Seite. Der Knorpel ist eben ausgebreitet und seine Aussenfläche gezeichnet. Fig. a ist ein weniger stark, Fig. b ein stark reducirtes Exemplar. a, und b, sind die ent- sprechenden Querschnitte, in der natürlichen Röhrenform dargestellt, erhalten in der Schnittlinie x. Bei a und b befindet sich linker Hand das proximale, rechter Hand das distale Ende. / die dickere, 2 die dünnere Partie des Knorpels, 3 membranöser Ohrgang. Fig. C. Querschnitt durch den äussern Ohrgang von Phocaena. 12:1. Der Schnitt ist durch den distalen Theil des Ohrknorpels (Fig. B a und b, rechter Hand) angelest. i Knorpel, 2 Ohrgangslumen, hier sehr eng, umsäumt von schwarz pigmen- tirter Epidermis, 3 Bindegewebe zwischen Knorpel und Ohrgang, 4 M. oceipito-auri- eularis profundus, 5 Fettgewebe. Der Knorpel ist durch äusserst festes Bindegewebe (Fig. A 4) an die Unterfläche des Squamosum (6) befestigt. Auch zwischen membranösen Ohrgang und den Knorpel schiebt sich besonders im distalen Abschnitt des Knorpels streckenweise eine breite Bindegewebs- schicht ein, so dass dann im mikroskopischen Schnitt (Fig. C) der Ohrschlauch weit entfernt vom Knorpel liegt. Der Knorpel ist im Allgemeinen röhrenförmig zusammengerollt (Fig. B a, und b,), doch 196 GEORG BOENNINGHAUS, ist er nicht breit genug, eine vollkommene Röhre zu bilden, und es bleibt die vordere Wand des membranösen Ohrschlauchs fast voll- kommen von Knorpel unbedeckt. Der proximale Theil des Knorpels und, von ihm ausgehend, ein schmaler Knorpelstreif (Fig. B 7), welcher so liegt, dass er den Ohrgang von unten bedeckt, bilden eine einzige, ziemlich dicke Knorpelplatte. Der übrige Knorpel (Fig. B 2) aber, welcher die hintere und obere Wand des Ohrschlauchs bedeckt, ist äusserst dünn, vielfach zerrissen und hängt mit der dickern Knorpel- platte nur noch mit einer schmalen Brücke zusammen. Dieser dünnere Theil ist bisher so gut wie übersehen worden, denn wo überhaupt vom Knorpel die Rede ist, ist sie es immer nur von einem Knorpel- streif oder Knorpelband, welcher die untere Wand des Ohrganges be- deckt; nur DENKER fand den dünnern Theil, und zwar im mikro- skopischen Schnitt. — Der Öhrgangsknorpel ist nun theils wegen seiner Dünnheit, theils wegen seiner Umhüllung mit festem Binde- gewebe schwer unversehrt frei zu präpariren. Die Präparate in Fig. B a, a, sind gewonnen durch Abzupfen des Bindegewebes nach einge- leiteter Maceration. Der Knorpel wurde dann zwischen zwei Object- trägern plattgedrückt und so gezeichnet. a stellt den am wenigsten stark, b den am stärksten reducirten Knorpel dar, den ich fand; a, und b, sind die entsprechenden Querschnitte in ihrer natürlichen zu- sammengerollten Form. — In wie weit nun dieser höchst absonder- liche Ohrknorpel von Phocaena noch die Möglichkeit der Homologi- sirung mit dem Ohrknorpel anderer Säugethiere zulässt, werden wir später sehen. Die äussern Ohrmuskeln (Taf. 12, Fig. 1 u. 2) sind wegen ihrer Zartheit und ihrer Einlagerung in das sehr dicke Unterhautfett- gewebe sehr schwer zu präpariren. Die nachfolgende Beschreibung derselben beruht auf der Untersuchung von 10 Ohren, weshalb ich hoffe, dass sie den thatsächlichen Verhältnissen entspricht. K. E. v. BAER war der Erste, welcher uns Nachricht von der Existenz von Ohrmuskeln bei den Walen gab, indem er in der Ein- leitung zu seiner classischen Abhandlung über die Nase des Braun- fisches bemerkt, dass äussere Ohrmuskeln diesem Thier nicht ganz fehlen. 50 Jahre später beschreibt MurıE die Ohrmusculatur von Lagenorhynchus albirostris und Globiocephalus melas genauer. Es sind bei beiden Zahnwalen 3 wohl entwickelte Muskeln, welche sich an den Knorpel des Ohrganges ansetzen. Mure hält sie für homolog den kleinen Ohrmuskeln der Helix und des Tragus der höhern Säuge- thiere, nennt sie aber ganz im Widerspruch mit dieser Auffassung ne a RTE ~- Das Ohr des Zahnwales. 197 Attrahens, Retrahens und Attollens. In der wenig sorgfältigen Zeich- nung sieht man den Attrahens nach vorn, den Retrahens nach hinten, den Attolens in der Mitte zwischen beiden nach vorn und oben zum Kopf verlaufen. Erst BEAUREGARD kam bei Delphinus delphis den Verhältnissen, wie ich sie bei Phocaena fand, nahe, denn er fand, wie ich, 4 Muskeln. Sein M. superior entspricht wohl meinem M. oc- cipito-auricularis superficialis, denn er nennt ihn einen Hautmuskel; sein M. auricularis posterior wohl meinem M. occipito-auricularis posterior, denn er sagt von ihm, dass er in die Fascia temporalis übergehe; sein M. auricularis anterior wohl meinem M. orbito-auri- cularis, denn er sah ihn sich in der Regio maxillo-temporalis verlieren ; sein M. auricularis externus endlich kann als einzig übrig bleibender Muskel nur meinem M. zygomatico-temporalis entsprechen, doch bleibt sein Verlauf nach B.’s Schilderung völlig unklar. Auch B.’s Abbildung steht auf keiner grössern Höhe als diejenige Murin’s. Wegen seiner interessanten Vergangenheit beansprucht aber das rudimentäre äussere Ohr der Wale unsere Aufmerk- samkeit in viel höherm Maasse, als sie ihm bisher zu- gewandt wurde, und in erster Linie sind es die Muskeln, welche uns die frühere Function dieses Organs erkennen lassen. Aus diesem Grunde glaubte ich der bildlichen Wiedergabe der Ohrmuskeln eine besondere Aufmerksamkeit widmen zu müssen. Die Frage der Homologisirung der Ohrmuskeln des Wales geht zweckmässig deren Beschreibung voraus. Schon die geringe Anzahl von 4 Muskeln, wie sie dem Phocaena-Ohr eigen ist, zeigt uns, dass wir zur Homologisirung derselben keineswegs die mit am besten be- kannte Ohrmusculatur unserer Haussäugethiere heranziehen können, denn diese steht auf der höchsten Stufe ihrer Differenzirung, die wiederum im engen Zusammenhang steht mit der Absprengung eines besondern Knorpels, des Scutulums, vom Knorpel der Ohrmuschel, welches einer grössern Anzahl der Ohrmuskeln zum Ansatz dient und daher auch dem Walohr fehlt. Den Ausgangspunkt unseres Vergleichs müssen vielmehr Säugethiere mit gering differenzirter Ohrmusculatur und demnach ohne Scutulum bilden. Diesen Anforderungen entsprechen die Halbaffen, deren Ohrmuskeln auf das genaueste von Ruce vom Standpunkt ihrer Genese aus untersucht wurden. Rucz brachte bei den Prosimiern den Nach- weis, dass die gesammte, vom Facialis innervirte Haut- musculatur des Kopfes von dem subcutanen Muskelblatt abstamme, welches (als Fortsetzung des allgemeinen Körperhaut- muskelblatts) als Subcutaneus nuchae, faciei und colli den ‘Kopf bedeckt. Durch Spaltung der Länge, der Quere und der Dicke nach entstanden hieraus die einzelnen Muskeln des Gesichts mit 198 GEORG BOENNINGHAUS, Einschluss derjenigen der Ohren. Ihr ursprünglicher Zusammenhang mit jenen 3 Muskelgebieten ist noch bei vielen Halbaffen nachweisbar, bei Phocaena aber fand ich die Ohrmuskeln schon vollkommen von ihrem Mutterboden getrennt, mit Ausnahme des zunächst zu beschrei- benden Muskels. 1) M. occipito-auricularis superficialis (Taf. 12, Fig. 1 2). Dieser Muskel ist sehr diinn, und man iibersieht ihn leicht, wenn man ihn vom Ohr aus darzustellen versucht. Zweckmässiger fängt man daher mit der Präparation der subcutanen Muskelschicht des Nackens an (Fig. 1 7), auf welche man stösst, nachdem man in der Nacken- gegend die etwa 2 cm dicke Fettschicht (Taf. 12, Fig. 1 c) entfernt hat. Man bemerkt nun, dass der Subcutaneus dorsi schon in so fern erheblich redueirt ist,. als er die mediane Nackenlinie nicht mehr er- reicht. Ventro-oralwärts geht er in den Subcutaneus colli über. In der Seitenlinie aber hört er, stark verdünnt, aber noch mit gut ab- gegrenztem vordern Rand, schon einige Centimeter hinter der äussern Ohröffnung auf. Die obersten Züge dieses vordersten Randes aber treten als zartes, 0,1—0,15 cm dickes und 0,6—0,7 cm breites Bündel auf den nicht mehr von Knorpel bedeckten, die Unterhautfettschicht durchsetzenden, rein membranösen distalen Theil des äussern Ohrganges über und bedecken dessen dorsale Seite bald bis zur Haut, bald bis in die Nähe derselben. Sein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Subcutaneus nuchae charakterisirt ihn als den M. oceipito-auricularis im Sinne Ruge’s; ich möchte ihn aber wegen seiner oberflächlichen Lage, im Gegensatz zu dem später zu beschreibenden M. occipito- auricularis, den M. occipito-auricularis superficialis nennen. Seine Innervirung konnte ich nicht nachweisen, wohl wegen der Zartheit des zu diesem zarten Muskel gehörigen Nerven, doch zweifle ich nicht daran, dass er, wie alle äussern Ohrmuskeln, vom Facialis innervirt wird. 2) M. orbito-auricularis (Taf. 12, Fig. 1 3). An die distale Portion des vorigen Muskels, soweit sie den Ohrgang bedeckt, legt sich eng, ja vielleicht sogar mit ihm Fasern austauschend, ein zweiter Muskel an, welcher den Ohrgang mehr auf seiner vordern Seite bedeckt. Er strahlt gegen den Supraorbitalrand aus und verliert sich hier in der zarten Fascie, welche als Fortsetzung des vorigen Muskels das Gesicht des Braunfisches bedeckt. Er ist zwar annähernd von derselben Breite und Dicke wie der vorige Muskel, ist aber individuell verschieden stark sehnig durchwachsen (vergl. denselben Muskel des See-. hundes), so dass bald der Eindruck eines Muskels, bald der Eindruck Das Ohr des Zahnwales. 199 eines Ligaments überwiegt. Seine Ausstrahlung in die Regio supra- orbitalis, dicht über den Orbicularis oculi, charakterisirt ihn als M. orbito-auricularis im Sinne Ruge’s, einen Abkömmling des Subcutaneus faciei. Innervirt wird er vom Facialis. — Die bisherigen beiden Muskeln haben eine oberflächliche Lage, die jetzt fol- genden eine tiefe: 3) M. oceipito-auricularis profundus (Taf. 12, Fig. 2 1 und 1 7). Durchtrennt man den M. occipito-auricularis superficialis und die unter ihm gelegene, !/, cm dicke Fettschicht (Fig. 2 Ah), welche sich von der Unterhautfettschicht durch ihre Weichheit, ihr drusiges Gefüge und ihre gelbe Farbe scharf unterscheidet, so kommt man, am Ohrgang in die Tiefe gehend, auf einen dritten Ohrmuskel. Er ist grobfasriger als die bisherigen Muskeln und von braunerer Farbe. Der spindelförmige Muskel setzt sich mit seiner Basis theils an das distale Ende des Ohrknorpels, theils auch an den benachbarten Theil des vom Knorpel nicht mehr bedeckten membranösen Ohrganges an. Seine nach oben gerichtete Spitze geht in eine äusserst feine, faden- förmige Sehne (Fig. 2 1,) über, welche, parallel der Crista occipitalis externa (Fig. 2 d) und in ihrer nächsten Nähe verlaufend, sich direct dorsalwärts zur Protuberantia occipitalis externa begiebt, an welche sie sich ansetzt, nachdem sie sich vor ihrem Ansatz in 2 oder mehr Sehnen gespalten hat. Dieser Muskel gewährt mit seinem nur 2 cm langen Muskelbauch und seiner 11 cm langen Sehne einen äusserst originellen Anblick. Seine Präparation hat unmittelbar am Ohr niit dem Muskelbauch zu beginnen, denn die zarte Sehne ist in dem Fett nicht zu finden, wenn man nicht vom Muskel aus zu ihr geleitet wird; und auch so noch schneidet man sie leicht unmittelbar an der Spitze des Muskels ab. Das scheint bisher allen Untersuchern so gegangen zu sein, denn von einer Sehne dieses Muskels sagen sie uns nichts, obwohl gerade die Sehne, d. h. der Ansatzpunkt des Muskels am Schädel, für seine Homologisirung entscheidend ist. — Abweichungen von diesem einfachern Verhalten scheinen die Regel zu sein. Denn man findet den Muskel meist an seiner Spitze zweizipflig oder gar in seiner ganzen Länge in 2 annähernd gleiche Muskeln gespalten. Dem entsprechend hat der Muskel dann 2 Sehnen, die sich wieder in mehrere Sehnenfäden spalten und ein mehrere Centimeter breites Ge- biet der seitlichen Nackengegend bedecken. Diese grosse Breiten- ausdehnung zeigt uns, dass wir es hier mit den Ueberresten eines ehemals sehr breiten Muskels zu thun haben. Gern hätte ich seine Beziehungen zu den weiter caudalwärts gelegenen Muskeln des Rückens 200 GEORG BOENNINGHAUS, genauer durchuntersucht, jedoch war mir dieses nur an einem Kopf einigermaassen möglich, weil die übrigen Köpfe zu kurz abgeschnitten waren. An diesem konnte ich nun Folgendes feststellen: Einige Centi- meter caudalwärts von dem geschilderten Ohrmuskel kommt ein dem Ohrmuskel, was Sehne und Muskelbauch anbelangt, vollkommen gleicher Muskel zum Vorschein. Seine Sehne kommt von der Linea nuchae, die sie kreuzt, um in die Sehne des gleichartigen, contralateralen Muskels unmittelbar überzugehen. Die Sehne verläuft parallel der Sehne des Ohrmuskels an der seitlichen Nackengegend hinab und geht erst spät, später noch als der Ohrmuskel, in einen kurzen Muskel über, welcher zwischen Ohr und Scapula sich dem Srannius’schen M. occipito-humeralis zugesellt. Es scheint dieser Nackenmuskel das Rudiment des Cucullaris zu sein, welcher ja den Walen als ausgebil- deter Muskel fehlt. Weiter nach hinten beginnt der ebenfalls sehr reducirte M. rhomboideus superior. Auch dieser Muskel erinnert in seiner äussern Erscheinung sehr an den Ohrmuskel; man kann ihn sich zusammengesetzt denken aus vielen hinter einander angeordneten Muskeln von der Form des Ohrmuskels. Nun sind die Sehnen des Ohrmuskels, des Cucullaris und des Rhomboideus sämmtlich in eine sehr zarte Fascie eingebettet, die oberflächliche Rücken- fascie. Das aber weist auf einen gemeinsamen Ursprung dieser Muskeln hin, welcher jeden Falls nicht der Subcutaneus nuchae ist, wie Ruce das für die Halbaffen von dem betreffenden Ohrmuskel an- nimmt. — Homolog aber ist der Ohrmuskel dem von RUGE so ge- nannten M. auricularis superior der Halbaffen: Bei diesen Thieren entspringt er von der Crista occipitalis externa, gelegentlich aber bis zur Protuberanz hinauf. Besonders interessant aber ist für uns das von RuGE gefundene Verhalten des Muskels bei einem Varecia-Embryo. Hier entspringt er von der Crista occipitalis externa nahe der Pro- tuberanz mittels einer flachen Sehne, welche sich längs der Linea nuchae sup. (das soll wohl heissen Crista occipitalis externa), ihr fest adhärent, eine Strecke weit nach aussen (also doch Crista oceipitalis externa) erstreckt, um dann erst in den eigentlichen Muskel überzu- sehen. Also fast ganz so wie bei Phocaena, und über die Identität dieses Muskels mit dem entsprechenden Muskel der Halbaffen kann gar kein Zweifel sein. Rue leitet den Muskel, wie gesagt, vom Subeutaneus nuchae ab, und zwar von einer tiefern Schicht, während : er von der oberflächlichen Schicht den schon beschriebenen M. oceipito- auricularis (superficialis) ableitet. Da hätte es doch wohl nahe ge- legen, den Muskel mit dem Namen M. occipito-auricularis profundus Das Ohr des Zahnwales. 201 zu belegen, welcher den Muskel, mag nun sein Ursprung so oder so sein, nicht nur in seiner Herkunft vom Hinterhaupt, sondern auch in Beziehung zu unserm M. occipito-auricularis superficialis charakterisirt. — Bei den Halbaffen verläuft nun der M. occipito-auricularis super- ficialis und profundus annähernd in gleicher Richtung vom Nacken zum Ohr von hinten-oben nach vorn-unten. Bei Phocaena aber hat der Profundus einen senkrechten Verlauf, von oben nach unten, ein- genommen. Das ist offenbar die Folge der Drehung seines Ansatz- punktes, der Protuberantia occipitalis externa, frontalwärts, welche ja bei den Walen eingetreten ist (cf. „Rachen von Phocaena“). In- nervation: Facialis. 4) M. zygomatico-auricularis (Taf. 12, Fig. 2 2). Unter dem Orbito-auricularis, und von ihm durch dieselbe Fettschicht ge- trennt, welche auch den M. occipito-auricularis superficialis und pro- fundus von einander trennt, liegt ein kurzer, dickerer, ebenfalls grob- fasriger und brauner Muskel. Er kommt breit von dem stummel- artigen Proc. zygomaticus ossis squamosi und setzt sich ausschliesslich an den von Knorpeln bedeckten Theil des Ohrganges fest, und zwar proximaler als der vorige Muskel, etwa an das mittlere Drittel des Knorpels. Man kann an ihm einzelne mehr oder minder isolirte Züge unterscheiden; besonders setzt sich öfter ein dorsaler und ein ventraler Zug von dem Hauptmuskel ab. Auf Grund dieser Absetzung aber mehrere Muskeln aus diesem Muskel machen zu wollen, geht nicht an, da die Absetzung zu inconstant ist. Sie scheint mir aber ein Zeichen dafür zu sein, dass dieser Muskel ursprünglich aus mehreren Muskeln bestand. — Einen M. zygomatico-auricularis haben die Halbaffen nicht. Sie haben aber einen M. auriculo-labialis inferior, ein Derivat des Subcutaneus colli, welcher von der Unterlippe über den Proc. zygo- maticus hinweg zum Ohr zieht. Dadurch, dass nun dieser Muskel an dem vorspringenden Proc. zygomaticus einen Ansatz gewinnt, wird er in zwei Theile gespalten, in den Zygomatico-labialis inferior und den Zygomatico-auricularis. Das kommt schon bei den Halbaffen ge- legentlich vor, es geht aber dabei der Zygomatico-auricularis zu Grunde. Bei den Affen und dem Menschen aber bleibt er erhalten und heisst beim Menschen M. auricularis anterior profundus (CRUVEILHIER, cf. SCHWALBE). Es ist derselbe Muskel, welcher sich bei den mit einem Scutulum ausgestatteten Thieren in mannigfacher Weise zergliedert. Diese Zergliederung ist, wie gesagt, beim Wale noch angedeutet, ein Scutulum aber oder eine Andeutung von einem solchen konnte ich nicht finden. Innervation: Facialis. 202 GEORG BOENNINGHAUS, 2. Vergleich des äussern Ohres von Phocaena und Seehund. Die morphologische Kenntniss des Walohres bildet nun den Aus- gangspunkt unserer weitern biologischen Forschung, und wir fragen uns: Wie ist die Umwandlung des ursprünglichen Land- säugethierohres in das Walohr vor sich gegangen, und weshalb wurde es rudimentär? Die erste Frage ist bisher noch nicht aufgeworfen und die letzte nur sehr wenig befriedigend beantwortet worden. Man sagte sich, zur Umwandlung der Körper- form des Wales aus der typischen Landsäugethierform in die des Fisches war es erforderlich, dass alle Hervorragungen an der Ober- fläche des Walkörpers beseitigt wurden. So wurden die männlichen Sexualorgane und die Mammae, und so wurde auch das Ohr unter die Oberfläche verlegt. Der Vortheil, welchen das Verschwinden des äussern Ohres von der Körperoberfläche für die Fortbewegung des Wales hat, kann natürlich nicht geleugnet werden. Indess, das Ohr wurde rudimentär, jene Organe aber nicht. Dieses differente Verhalten des äussern Ohres lässt uns nach einer andern Auffassung suchen. In der langen Reihe von Veränderungen, welche hier allmählich vor sich gegangen sein müssen, bildet nun das Ohr der „ohr- losen“ Robben eine werthvolle Etappe, weil es mitten zwischen dem Landsäugethierohr und dem Walohr steht: es fehlt ihm ebenso wie dem Walohr ein äusseres, die Körperoberfläche über- ragendes Ohr und mithin die Function des äussern Ohres als Schall- fänger; geblieben ist ihm aber — als Organ temporärer Wassersäuge- thiere, welche der Luftleitung zum Ohr bei ihrem Aufenthalt ausser Wasser um so mehr bedürfen, als ihr für das Wasserleben angepasstes Auge in der Luft hochgradig myopisch ist — ein functionsfahiger äusserer Ohrgang. Merkwürdiger Weise ist nun die Anatomie des äussern Ohres der ohrlosen Robben, selbst diejenige des so leicht er- hältlichen Seehundes, so wenig bekannt — ich fand nur eine kurze und wenig zutreffende Beschreibung des Seehundohres von ROSENTHAL aus dem Jahre 1825 — dass ich mir sie erst schaffen musste: Den Eingang in den äussern Ohrgang des Seehundes bildet ein Hautschlitz (Fig. E a), welcher, 1'/, cm hinter dem lateralen Lid- winkel gelegen, senkrecht gestellt und 1 cm lang ist. Der Ohrgang (Fig. E a) ist, wie beim Wal, 6 cm lang, auch ist er, wie beim Wal, Sförmig gekrümmt. Er stellt, wie beim Wal, eine membranöse Röhre dar, die ebenfalls im distalen Theil rein membranös, im Uebrigen aber mit Knorpel (Fig. D) bekleidet ist. Jedoch ist der rein membranöse Das Ohr des Zahnwales. 203 Theil nur '/, cm lang. Auch hat der distale Theil ein wenigstens nicht beständig offenes Lumen, denn hier berühren sich im Ruhezustand die Wände gegenseitig, und das stets freie Lumen beginnt erst im knor- peligen Theil und erstreckt sich bis ans Trommelfell. Im Gegensatz zum Wal ist der äussere Ohrgang scheidenartig, mit oberer und unterer Kante, äusserer und innerer Wand. Eine weit wichtigere Differenz zwischen Wal und Seehund ist aber die, dass der äussere Ohrgang des Seehundes direct unter der Haut, mit seiner ganzen vordern Wand der Schädeloberfläche an- liegend, von vorn nach hinten verläuft. Der Knorpel des Ohrganges ist beim Seehund noch hoch entwickelt, wie wir sogleich sehen werden, und in seinen einzelnen Theilen noch voll- kommen dem Ohrknorpel des Landsäugethiers vergleichbar. Dieser stellt eine Knorpelplatte dar, die dütenförmig zusammengerollt ist. Soweit die Düte allseitig von Knorpel umschlossen, also vollkommen röhren- förmig ist, reicht der knorpelige Gehörgang; den übrigen breiten, nur löffelförmig zusammengerollten Theil der Knorpeldüte nennt man die knorpelige Ohrmuschel. Gehérgang und Ohrmuschel sind stets durch eine tiefe Incisur des Knorpels von einander getrennt. Die Gestalt des Knorpels ist nun im Einzelnen verschieden, und man kann einen hoch differenzirten und einen gering differenzirten Ohrknorpel unterscheiden. Bei den Landsäugethieren mit hoch differenzirtem Knorpel treten am Gehörgang folgende Umwandlungen des knorpeligen Dütenrohrs ein: Der proximale Theil sondert sich vollkommen von dem übrigen Knorpel, er heisst Ringknorpel oder Basalstück. Im restirenden übrigen Gehörgangsknorpel bildet sich eine tiefe Incisur, welche die sog. Mittelspange von der Tragusplatte trennt (SchwALer). Von dem vordersten, durch die schon genannte Incisur von der Tragusplatte abgetrennten Theil der knorpeligen Ohrmuschel löst sich ein Stück Knorpel vollkommen ab, das Scutulum, der Schiidknorpel, welcher einer Reihe von Muskeln zum Ansatz dient. — Anders gestaltet sich die Figuration bei den Säugethieren mit gering differenzirtem Knorpel, vor allem also den Halbaffen und Affen. Hier kommt es nicht mehr zur Abschnürung eines Ringknorpels, die Incisur zwischen Mittelspange und Tragusplatte ist weniger tief, und die ganze Differen- zirung des knorpeligen Gehörganges besteht nur in kleinen Lücken im Knorpel, den Incisurae Santorini. Am Knorpel der Ohrmuschel kommt es nicht mehr zur Absprengung eines Scutulums, sondern nur noch zur Ausziehung des betr. Knorpelabschnitts ohne Absprengung. So entsteht am vordern proximalen Helixrand die Spina helicis, zum Ansatz von Muskeln bestimmt. Hand in Hand mit dieser mangelhaften Differenzirung des Knorpels kommt es auch zu einer Re- duction der knorpeligen Ohrmuschel: der löffelartige Theil der Ohr- muschel wird kürzer, und es bleibt bei den Anthropoiden und dem Menschen nur noch die Spitze des Löffels andeutungsweise übrig, die sog. Darwin’sche Spitze. 204 GEORG BOENNINGHAUS, Vergleichen wir nun mit dem Landsäugethierohr das Ohr des Seehundes. Der knorpelige Gehörgang zeigt hoch entwickelte Differenzirung: Ein dicker, stark ovaler Ringknorpel (Fig. D 1) ist an den nach vorn gerichteten Meatus auditorius ex- ternus osseus durch straffes Bindegewebe beweglich befestigt. Es folgt die Mittelspange (2), mit dem Ringknorpel in leicht beweglichem, bindegewebigem Zusammenhang, hierauf eine gut abgegrenzte Tragus- platte (3). Ja, beim erwachsenen Thier ist die Tragusplatte von der Mittelspange sogar vollkommen losgetrennt. An der Ohrmuschel (5) ist der Antitragus (4) allein noch leidlich entwickelt, aber schon sehr dünn. Die Anthelix ist nicht einmal mehr angedeutet; der löffel- -.-- > \ 0 ‘ % Fig. D. Der Knorpel des äussern Ohres vom Seehund in natürlicher Grösse, rechte Seite. 1 Ringknorpel, 2 Mittelspange, 3 Tragusplatte, 3, Tragus, 4 Antitragus, 5 Ohrmuschel, 6 Ohrspitze, 7 Spina helicis, 8 membranöser Ohrgang, 9 äussere Ohr- öffnung, 10 Meatus auditorius osseus ext., 71 Proc. zygomaticus ossis squamosi, 12 Os zy gomaticum. formige Theil der Ohrmuschel ist nur noch sehr kurz, die Ohrspitze (6) ist aber noch sehr deutlich. Ebenso deutlich ist die Spina helicis (7), während ein Scutulum fehlt. Alles in allem haben wir also am knorpeligen Ohr des Seehundes einen hoch entwickelten knorpeligen Gehörgang, eine stark reducirte knorpe- lige Ohrmuschel. Von allen diesen Dingen sagt uns ROSENTHAL nur Folgendes: „Der knorpelige Theil des Gehörganges besteht aus 4 breiten Knorpelringen, die durch eine starke Haut mit einander vereinigt werden. Der äussere Knorpelring [gemeint ist wohl die Ohr- muschel] ist an seiner vordern Seite schwach gewölbt und nach oben mit einem kleinen Fortsatz [gemeint ist wohl die Ohrspitze] versehen.“ Diesen Fortsatz hält R. irrthümlich für den Tragus. ROSENTHAL ist Das Ohr des Zahnwales. 205 also der auch heute noch allgemein verbreiteten Meinung, dass dem Seehund die Ohrmuschel fehle. Das ist also ein Irrthum, die Ohr- muschel ist vorhanden, liegt aber unter der Haut ver- borgen. Vergleichen wir nun den Knorpel des Walohres mit dem Knorpel des Seehundohres resp. demjenigen der Land- säugethiere, so finden wir nur noch bisweilen (in Fig. B a am proxi- malen Ende des Knorpels) eine Sanrorini’sche Incisur, wohl als An- deutung der Abgrenzung eines Ringknorpels resp. Basalstückes von dem übrigen Gehörgang. Sonst finden wir keinerlei Differenzirungen am Korpel vor, welche die Homologisirung bestimmter Theile mit ent- sprechenden Theilen des Ohrknorpels der andern Säugethiere recht- fertigen könnten. Insbesondere ist weder ein Gehörgang von einer Ohrmuschel zu differenziren, noch ist eine Ohrspitze, noch eine Spina helicis vorhanden. Es fragt sich nun unter diesen Um- ständen, ob der noch vorhandene, stark reducirte Ohr- knorpel des Wales ausschliesslich als Gehörgangs- knorpel oder als Gehérgangsknorpel+Muschelknorpel zu betrachten ist. Eine Entscheidung kann hier ganz allein noch durch den Ansatz der Muskeln getroffen werden. Unter den Muskeln eignet sich der M. zygomatico-auricularis am besten für den vor- liegenden Zweck, denn er setzt sich constant an die Spina helicis, d. h. also an den proximalsten Theil des Ohrmuschelknorpels an. Der Ansatz des Zygomatico-auricularis (Taf. 12, Fig. 2 2) liegt nun bei Phocaena im mittlern Drittel des reducirten Ohrknorpels, und so können wir also sagen, dass von dem Ohrknorpel des Wales die proximale Hälfte etwa dem knorpeligen Gehörgang, die distale Hälfte etwa der knorpeligen Ohrmuschel zuzuzählen ist. Schon K. E. v. Barr hat es ausgesprochen, „dass das äussere Ohr dem Wale eigentlich nicht fehle, dass die Muschel sich vielmehr nur röhrenförmig in die Haut zurückgezogen habe‘. So erkennen wir auch in diesem kurzen Ausspruch wieder den Meister- blick des unsterblichen Forschers. Wenn nun K. E. v. Barr’s Aus- spruch bisher nicht die geringste Zustimmung gefunden hat, einfach deshalb, weil auch nicht die Spur eines Beweises von ihm für seine Behauptung beigebracht wurde, so erscheint es nunmehr an der Zeit, das Vorhandensein einer Ohrmuschel beim Wal anzu- erkennen. Eine weitere Frage, welche uns beschäftigen muss, ist: Wie ge- langte die Ohrmuschel beim Seehund und beim Wal Zool, Jahrb. XIX. Abth. f. Morph. 14 206 GEORG BOENNINGHAUS, unter die Haut? Ganz so einfach, wie es zunächst scheint, ist die Antwort auf diese Frage nicht. Denn ohne weiteres anzunehmen, dass dieser Process die einfache Folge der Reduction des knorpeligen Obres sei, ist nicht zulässig. Das geht zunächst beim Seehund schon aus der Lage des Tragus hervor. Der Tragus ist der distalste Theil des Gehörganges und liegt bei den Landsäugethieren stets an der Oberfläche des Kopfes. In gleichem Niveau mit dem Tragus aber liegt der Antitragus, der an den Gehörgang stossende proximale Theil der Ohrmuschel. Da nun der Gehörgang des Seehundes nichts weniger als reducirt ist, können wir auch nicht das Hinabsinken des Tragus und der Ohrmuschel von einer Reduction des Gehörganges abhängig machen. Wir müssen daher ein anderes Moment suchen, und dieses scheint sich mir aus folgender Betrachtung zu ergeben: der horizontal nach vorn gerichtete Verlauf des Ohrganges beim Seehund ist sehr ungewöhnlich, denn er kommt bei den Landsäugethieren nicht vor, Er wird dadurch herbeigeführt, dass der M. orbito- auricularis (Fig. E 3) äusserst kurz ist und die Spitze der Ohrmuschel, an welche er sich ansetzt, dicht am Auge fixirt. Wenn nun bei fortschreitendem Wachsthum des Kopfes die Distanz zwischen Orbitalrand und äusserm knöchernen Gehörgang, d. h. also zwischen dem Fixationspunkt der Ohrspitze einerseits und der Gehörgangsbasis andrerseits, grösser wird, wenn aber das zwischen diesen zwei Punkten ausgespannte knorpelige äussere Ohr nicht entsprechend mitwächst — was ja zwar nicht für den Ge- hörgang, wohi aber für die Ohrmuschel gilt, denn diese ist beim er- wachsenen Thier nur um ein Weniges (1, cm) länger als beim neu- geborenen — so muss die weniger fest als die Basis des Gehörganges fixirte Ohrspitze unter die Haut hinabgezogen und die Haut, welche die Ohrspitze umgiebt, entsprechend weit mit eingezogen werden. So kommen denn folgende Differenzen zwischen Ohr des jungen und Ohr des erwachsenen Seehundes zu Stande: 1) Beim neugeborenen 83 cm langen Seehund verläuft der Ohrgang noch nicht direct nach vorn zur Lidspalte, sondern mehr schräg zur Stirn. Der beschriebene Zug aber zieht den Ohrgang später in die Horizontale. 2) Beim neugeborenen Seehund überragen die Ohrspitzen noch um ein Weniges die äussere Ohröffnung. (ROSEN- THAL beschreibt dieses hervorragende Knöpfchen irrthümlich als Tragus; er giebt sein Material, an welchem er arbeitete, nicht an, offenhar aber war es noch jung.) Beim jungen, 103 cm langen Seehund überragte die rechte Ohrspitze sogar die äussere Ohröffnung noch um !/, cm, Das Ohr des Zahnwales. 207 während sie auf der linken Seite bereits unter der Kopfoberfläche lag, Beim erwachsenen Seehund endlich liegt die Ohrspitze etwa !/, cm unter der Kopfoberfläche und ist nicht mehr sichtbar. Von der Kopf- oberflache aber führt zur häutigen Auskleidung der Ohrmuschel und des Gehörganges die entsprechend weit eingezogene Haut der Umgebung hinab. So sehen wir also den von mir so genannten, nichts prä- judicirenden häutigen, äussern „Öhrgang“ beim Seehund (und auch beim Wal) aus 3 Abschnitten zusammenge- setzt: aus der eingezogenen Haut des Kopfes, aus der Haut der Ohrmuschel undaus der Haut des Gehörganges. Aehnlich, aber nicht gleich, liegt die Sache beim Wal: KÜKENTHAL fand bei einem 2,5 cm langen Embryo von Phocaena communis auf der linken Seite noch die den Landsäugethieren eigene Anlage des äussern Ohres in Form der 6 Auricularhöcker. Auf der rechten Seite fehlten sie und waren nach meiner Auffassung hier be- reits unter das Niveau der Haut hinabgezogen. Weiter sah ich bei einem 48 cm langen, nicht näher bezeichneten und auch noch nicht näher bestimmbaren Zahnwalembryo aus der Sammlung der hiesigen Anatomie den Ohrgang in einem Bogen aus der Tiefe kommen und dann mindestens in ?/, seiner Länge direct unter der Haut hori- zontal nach vorn verlaufen. Weitere Stadien von Embryonen standen mir leider nicht zur Verfügung, denn dem sonst so vielfach von mir wegen seiner guten Conservirung zum Vergleich benutzten Phocaena-Embryo von 68 cm Länge fehlte bereits die Kopfhaut grössten Theils, als er in meine Hände kam. Beim nächsten in Be- tracht kommenden Object, der 90 cm langen jungen Phocaena, ver- lief der Ohrgang bereits so wie beim erwachsenen Thier, d. h. hori- zontal nach aussen mit einer leichten Neigung seines distalen, die Haut durchsetzenden Theiles nach vorn. Aus alle dem ist nun folgender Schluss gestattet: die Ohrmuschel des Zahn- wales überragte so wie diejenige des Seehundes ur- sprünglich die Oberfläche des Kopfes. Auch machte das Zahnwalohr ein Stadium durch, in welchem der Ohrgang horizontal nach vor verlief, wie der des See- hundes. Beide Stadien liegen stammesgeschichtlich sehr weit zurück. In späterer Zeit aber, als das Ohr rudimentär wurde, gab das Zahnwalohr den Verlauf nach vorn wieder auf, um wieder, wie bei den Land- säugethieren, horizontal nach aussen zu verlaufen. — Was nun das Zurücksinken des rudimentären Walohres unter die 14# 208 GEORG BOENNINGHAUS, Hautoberfläche anbelangt, so muss hier unsere Auffassung der Ursache eine etwas andere sein als beim Seehund. Beim Wal liegt eine so starke Reduction nicht nur des knorpeligen Gehörganges, sondern auch der knorpeligen Ohrmuschel vor, dass bei der starken Entwick- lung der Speckschicht das äusserste Ende der Ohr- muschel gar nicht die äussere Körperoberfläche auf die Dauer überragen konnte. Der Ohrknorpel, in fester Ver- bindung mit dem knöchernen Schädel, gelangte vollkommen unter die Haut, und diese wurde entsprechend tief röhrenartig eingezogen. Endlich vermag uns der Vergleich mit dem Seehundohr noch darüber aufzuklären, in welcher Weise das jetzt rudimentäre Walohr in einer frühern Zeit der Stammesgeschichte seiner Function gedient hat. Bei den theils im Wasser, theils am Lande lebenden Wasser- säugethieren ist es vortheilhaft, dass während des Aufenthalts unter dem Wasser der äussere Gehörgang wasser- dicht verschlossen sei. Denn wäre er es nicht, so würde ein scharfes Hören nach dem Auftauchen so lange unmöglich sein, bis das während des Tauchens in den Gehörgang gedrungene Wasser, sei es durch Schüttelbewegungen des Kopfs, sei es durch Ver- dunstung wieder aus demselben verschwunden wäre. Wie sehr nun selbst ganz geringe, den Gehörgang nicht einmal verlegende, sondern nur das Trommelfell in seiner Schwingungsfähigkeit beein- trächtigende Wassermengen das Gehör herabsetzen, bis etwa auf den 3. oder 4. Theil der normalen Hörweite, können wir an uns selber beobachten, wenn nach dem Ausspritzen des Gehörganges auch nur etwas Wasser an der gedachten Stelle zurückblieb. Wir können nun beim temporären Wassersäugethier zwei Arten des Gehörgangs- verschlusses unterscheiden: 1) Der active Verschluss. Ein Beispiel desselben ist das Nilpferd. Es zieht, kurz bevor es tauchen will, seine kleinen Obr- muscheln rückwärts und legt sie ganz flach an das Hinterhaupt. Beim Wiederauftauchen schüttelt es das offenbar in der Ohrmuschel lagernde Wasser ab. Wie im Einzelnen durch die gedachte Ohrenbewegung ein Verschluss des Gehörganges zu Stande kommt, wissen wir nicht, wahrscheinlich ist es wohl, dass eine Art Abknickung des Meatus ein- tritt. Dieser Modus des Verschlusses ist als ein mühevollerer zu be- trachten als der folgende, und die Fähigkeit, den Gehörgang auf diese Weise abzuschliessen, repräsentirt daher die unvollkommenere Art der Anpassung an das Wasserleben. Das Ohr des Zahnwales. 209 2) Der passive Verschluss. Dieser Verschluss ist dem See- hund eigen. Befindet sich der Seehund mit seinem Kopf über Wasser, so bemerkt man, wenigstens wenn das Thier sich beobachtet fühlt — und das ist ja in einem zoologischen Garten, in welchem ich den See- hund wiederholt aufsuchte, um das Verhalten seines Ohres zu prüfen, stets der Fall — kurz hinter dem lateralen Augenwinkel ein kreis- rundes Loch etwa von der Grösse einer Flintenkugel; das ist die auf- gerissene äussere Oeffnung des Ohrganges. Ob nun der Seehund sein Ohr schliesst in dem Moment, in welchem er tauchen will, oder ob er mit geschlossenem Ohr wieder auftaucht, das war mir nicht möglich zu constatiren, denn das Niedertauchen geht blitzschnell vor sich, und das Wiederauftauchen geschah immer an einer Stelle des grossen Bassins, an welcher man es am wenigsten vermutete, kurz, plötz- lich war der Seehund verschwunden, und ebenso plötzlich war er wieder da. Indess kann es, nach den vorhergegangenen Erörte- rungen, gar keinem Zweifel unterliegen, dass der Ohrgang des tauchenden Seehundes geschlossen ist. Es fragt sich also: wie kommt die Oeffnung des Ohrganges, wie seine Schliessung zu Stande? Nach den schon erörterten anatomischen Verhältnissen kann die Schliessung passiv, allein durch den Druck des Wassers, erfolgen. Dieser Modus ist um so sicherer anzunehmen, weil ein Muskel, welcher im Sinne der Schliessung wirken könnte, gar nicht vorhanden ist (cf. später). Im Ruhezustand liegt nun, wie erörtert, im distalen, rein membranösen Theil des äussern Ohrganges die laterale Wand desselben der medianen dicht an, der äussere Ohrgang ist daher geschlossen, in dem Sinne etwa, wie die Urethra geschlossen ist. Taucht nun das Thier, so wird der Wasserdruck den Verschluss verstärken — und zwar um so mehr, je tiefer das Thier taucht — denn der Ohrgang liegt, wie er- örtert, mit seiner Breitseite direct unter der Haut und ist deshalb dem Wasserdruck leicht zugänglich. Dieser vollkommen automatische Verschluss ist jeden Falls für das Thier der bequemere und stellt ebenso wie der automatische Verschluss der äussern Nasenöffnung (cf. „Rachen von Phocaena“) bei den Walen eine geradezu voll- endete Anpassung an den Aufenthalt im Wasser dar; deshalb ist auch der Verlauf des Ohrganges beim See- hund unter der Haut nach vorn als exquisite Anpas- sungserscheinung zu deuten. Hingegen muss das Thier, wenn es sich an der Luft befindet und gut hören will, seinen äussern Ohr- gang durch Muskelkraft öffnen und offen erhalten. Hierdurch befindet sich das Thier gegenüber den Landsäugethieren zwar im Nachtheil, aber es ist doch für das Wassersäugethier dieser, was die Anspannung 210 GEORG BOENNINGHAUS, der Ohrmuskeln anbelangt, dem Vorgang beim Nilpferd geradezu ent- gegengesetzte Vorgang bequemer. Denn beim Tauchen ist ohnehin die übrige Körpermusculatur aufs höchste angespannt im Gegensatz zum Landaufenthalt, welcher fast ausschliesslich der Ruhe dient. Fragen wir uns nun, welchen Functionsmodus das äussere Ohr des Wales einst, als dieses Thier sich noch im Stadium des temporären Wassersäugethieres be- fand, gehabt hat, den activen des Nilpferdes oder den passiven des Seehundes, so wird unser Urtheil wohl zu Gunsten der vollkommnern Einrichtung des Seehundes ausfallen müssen. Dass dieses nun aller Wahrscheinlichkeit nach der Fall ist, soll den Schluss unserer Betrachtungen über das äussere Ohr bilden. Zu ihrer Durchführung ist es aber nothwendig zunächst die Musculatur des Seehundohres kennen zu lernen. EHER IN y fh ff 4 Gh Lh Af 7 yf Ni Lif ? > } 7, PT NY TL VIT Fig. E. Ohrmusculatur eines erwachsenen Seehundes. 3:5. 1 vorderes Ende des allgemeinen Hautmuskels, 2 M. occipito-auricularis superficialis, 3 M. orbito-auri- cularis, 4 M. occipito-auricularis profundus, 5 M. zygomatico-auricularis, 6 M. orbicularis oculi, a äusserer Ohrgang, membranöser Theil, der Knorpel ist schraffirt, a‘ äussere Ohröffnung, b Proc. zygomat. ossis squamosi, c Os squamosum. Auch sie scheint, wie der Ohrknorpel, allein von ROSENTHAL be- schrieben zu sein. R. fand nun, ebenso wie ich, ‘4 Muskeln, jedoch Das Ohr des Zahnwales, 211 sind nur 2 Muskeln der Wirklichkeit entsprechend von ihm gefunden worden (mein Muskel 1 und 4). Im Uebrigen aber ist die Beschreibung ungenau, sehr kurz und die Deutung der Function der Muskeln gänz- lich verfehlt, so dass ich kein Unrecht zu begehen glaube, wenn ich die R.’schen Untersuchungen nicht weiter berücksichtige. Das Seehundsohr hat nun folgende Muskeln: 1) M. oceipito-auricularis superficialis (Fig. E 2). Er ist der vorderste gegen den äussern Ohrgang ausstrahlende, kräftige Zug des ebenso kräftigen Hautmuskels (7), welcher, als Fortsetzung des allgemeinen Hautmuskels auf den Kopf, vom Nacken zum Hals und Unterkiefer ausstrahlt. Er setzt sich an die laterale Wand des membranösen Ohrganges, soweit sie vom Knorpel unbedeckt ist, an und geht vorn in feine Sehnenfäden über, welche bis in die Haut der lateralen Lippe der äussern Ohrôffnung ausstrahlen. Der Muskel ge- winnt an seinem hintern obern Ende mit seinen tiefern Schichten einen festen Ansatzpunkt an der Protuberantia oceipitalis externa, wodurch ihm eine besonders kräftige Wirkung garantirt wird. Diese besteht darin, den in der Ruhe geschlossenen, vordersten Theil des membra- nösen äussern Ohrganges zu Öffnen, indem der Muskel die laterale Wand dieses Theiles des Ohrganges von der medianen, grössten Theils durch die knorpelige Ohrmuschel gestützten und in seiner Lage ge- haltenen Wand abzieht. 2) M. orbito-auricularis (Fig. E 5). Er kommt vom obern Orbitalrand und geht an die Spitze der rudimentären Ohrmuschel und die mediane Lippe der äussern Ohréffnung. Dieser kurze Muskel ist beim jungen Seehund noch vollkommen fleischig, beim erwachsenen Seehund aber findet man ihn in ein festes, kurzes, straffes Ligament umgewandelt, in welchem nur noch spärlich eingestreute Muskelfasern an seine ursprüngliche Beschffenheit erinnern. (Man vergleiche hier- mit den M. zygomatico-facialis des Wales, der eine ähnliche Be- schaffenheit hat!) Seine entwicklungsgeschichtliche Bedeutung ist be- reits gewürdigt und besteht, um es zu wiederholen, darin, dem äussern Ohrgang seine Richtung nach vorn zu geben zur Erzielung des be- quemsten Ohrverschlusses beim Aufenthalt im Wasser. Wie die Um- wandlung in Bindegewebe zeigt, ist die Function dieses Muskels schliesslich nicht mehr diejenige eines Muskels, sondern eines Liga- ments, dazu bestimmt, die knorpelige Muschel und die mediane Lippe der äussern Ohröffnung dicht an der Seite des Schädels zu fixiren. Die Fixation der medianen Wand des distalen Abschnitts des Ohrganges ist aber nothwendig, 212 GEORG BOENNINGHAUS, wenn durch die Wirkung des M. occipito-auricularis superficialis auf die laterale Wand dieses Abschnitts wirklich eine Eröffnung desselben zu Stande kommen soll. 3) M. occipito-auricularis profundus (Fig. E 4). Dieser sehr kräftige Muskel liegt tiefer als die beiden vorigen Muskeln. Sein Ursprung ist 1 cm vor der Protuberantia occipitalis externa an der Crista sagittalis, welche an dieser Stelle, soweit der Muskel von ihr entspringt, verbreitert ist. Sein Ansatz ist die dorsale Kante des Muschelknorpels. Er zieht den distalen Theil des äussern Ohr- ganges nach oben, eine Bewegung, welche durch die lockere Be- festigung der Mittelspange des Gehörganges an den Ringknorpel er- möglicht wird. Man könnte nun annehmen, dass die Möglichkeit der Emporziehung der Ohrôffnung dem Thier desshalb gegeben sei, damit ihm, wenn es an der Oberfläche des Wassers schwimmt, das letztere nicht so leicht in das zum Hören geöffnete Obr eindringe. Allein das scheint mir nur ein Nebenzweck, wenn auch ein sehr nützlicher, dieser Einrichtung zu sein. Viel werthvoller aber scheint mir der Umstand zu sein, dass durch die schräge Richtung des emporgezogenen Ohr- ganges die Fasern des M. occipito-auricularis superficialis eine für die Eröffnung des Ohrganges effectvollere, mehr winklige Richtung zum Ohrgang erhalten. Es ist nun auffallend, dass im Vergleich mit dem Wal beim See- hund der Ansatzpunkt sowohl des M. occipito-auricularis superficialis als des Profundus am Schädel nach vorn verschoben ist. Das ist offenbar die nothwendige Folge der Verschiebung der äussern Ohr- öffnung beim Seehund nach vorn. 4) M. zygomatico-auricularis (Fig. E 5). Vom dorsalen Rande des an den äussern knöchernen Gehörgang stossenden hintern Theiles des Proc. zygomaticus ossis squamosi entspringt beim jungen Seehund ein noch gut ausgeprägter Muskel, welcher sich zur Spina helicis begiebt. Beim erwachsenen Seehund findet man statt dessen nur noch spärliche Muskelfasern vom Proc. zygomaticus schräg nach vorn zum untern Rande des Ohrganges verlaufen. Wenn man diesen Fasern noch eine Function zuschreiben will, so ist es die, den empor- gehobenen Ohrgang wieder in seine Ruhelage herabzuziehen. Allein dieser Vorgang scheint sich der ganzen Sachlage gemäss hinreichend präcis genug passiv vollziehen zu können, so dass der überflüssige Muskel der Reduction anheimfiel. Betrachten wir nun den M. orbito- und zygomatico-auricularis als functionslos, was in Anbetracht ihrer Reduction wohl ohne weiteres Das Ohr des Zahnwales. 213 statthaft ist, so sehen wir beim Seehund die Oeffnung des Ohres durch die combinirte Wirkung zweier Muskeln, die Schliessung aber ohne Muskelwirkung allein durch den Ruhezustand des Ohres mit Unter- stützung des Wasserdrucks sich vollziehen, in der That ein sinnreicher Mechanismus, wie er einfacher nicht gedacht werden kann. Vergleichen wir nun die Ohrmuskeln des Seehundes mit denjenigen des Wales, so finden wir bei beiden genau dieselben Muskeln. Fragen wir uns nun, nachdem wir gesehen haben, dass nicht nur der Bau des äussern Ohrganges beim Wal und beim Seehund auffallende Aehnlichkeiten zeigt, sondern dass auch die Ohrmuskeln beider Thiere vollkommen übereinstimmen, ob denn auch der Mecha- nismus des Oeffnens und Schliessens beim Walohr ein- mal derselbe gewesen, wie er beim Seehund ist, so können wir das so ohne weiteres nicht bejahen. Denn der ganze Mechanismus beim Seehund ist gebunden an den Verlauf des Ohrganges unter der Haut parallel der Oberfläche des Schädels. Bei Phocaena aber verläuft er senk- recht zur Oberfläche. Aus diesem Dilemma aber befreit uns die Be- obachtung, dass bei dem 48 cm langen Zahnwalembryo der Ohrgang so wie beim Seehund verläuft. Kannten wir auch die Species des Zahnwalembryos nicht, so lässt sich doch aus der Thatsache, dass tiefgreifende anatomische Unterschiede zwischen den einzelnen Zahn- walspecies nicht vorhanden sind, schliessen, dass der Verlauf des Ohr- ganges beim Phocaena-Embryo nicht anders sein wird als bei jenem nicht bestimmbaren Embryo. Das aber führt uns zu dem Schluss, dass Phocaena im Besondern und die Zahnwale im Allge- meinen zu derZeit,als sie noch temporäre Wassersäuge- thiere waren, einen Mechanismus der Oeffnung und der Schliessung des äussern Ohres besassen, welcher analog war dem Mechanismus beim Seehund. Als nun der Aufenthalt auf dem Lande von den Walen aufgegeben wurde und der Walkörper hydro- statisch sich so gestaltete, dass bei der gewöhnlichen Ruhelage an der Oberfläche des Wassers das Ohr sich unterhalb der Wasserlinie befand, da hatte der Waj keine Veranlassung mehr, sein äusseres Ohr zur Auf- nahme der Schallwellen aus der Luft zu öffnen, und zur Aufnahme der Schallwellen aus dem Wasser erhielt das Ohr eine andere Einrichtung, die wir später unter- 214 GEORG BOENNINGHAUS, suchen werden. So wurden die Muskeln functionslos und rudimentär, und der stets geschlossene Ohrgang verfiel demselben Schicksal. II. Das mittlere Ohr. 1. Die Knochen der seitlichen Schädelbasis. An der ganzen Umgestaltung des Schädels der Zahnwale ist die Schädelbasis sehr erheblich betheiligt. Wir finden zwar alle an der Bildung derselben betheiligten Knochen auch hier wieder, und zwar im Allgemeinen auch in der für die Landsäugethiere geltenden Nebenein- anderlagerung, im Einzelnen aber sind sie sehr stark verändert. Ein Blick auf die ventrale Fläche der Schädelbasis von Phocaena (Fig. F) zeigt uns zunächst den harten Gaumen, bestehend aus Zwischen- kiefer (7), Vomer (2), Maxillare (3), Palatinum (4) und aus dem zur Gaumenfläche umgebogenen Theil des Pterygoids (5,). Hinter dem harten Gaumen wird die ganze mittlere Partie der Schädelbasis von einer breiten, sich von vorn nach binten ziehenden Halbrinne einge- nommen, welche nach vorn zu in die „falschen Choanen“ übergeht (cf. „Rachen“), zwischen welchen die verticale Platte des Vomers (7) aufgerichtet ist. Die Rinne wird gebildet vom Basioccipitale (8) und vom Basisphenoid, dem als Deckknochen die horizontale Platte des Vomers (6) aufgelagert ist, und ist bestimmt zur Aufnahme des Rachenschlauchs. Die grosse Knochenmulde. Die seitliche Partie der Schädelbasis nun ist es, welche wir wegen ihrer innigen Beziehung zum Ohr genauer untersuchen müssen. Dabei soll alles das, was nur dem Walschädel eigenthümlich ist, durch gesperrten Druck hervorgehoben werden. Man kann sagen, dass die ganze seitliche Schädelbasis durch mehr oder minder steile Er- hebung von Knochenpartien an ihren Rändern zu einer Art Mulde umgestaltet ist, die vorn flach beginnt und hinten bis 2 cm und dar- über tief wird. An der vordern Spitze unseres Gebiets bemerken wir das Zygomaticum. An ihm ist eine merkwürdige Differenzirung eingetreten, denn es besteht aus einem eigentlichen Corpus zygo- maticum (75) und aus einem langen spangenförmigen Fortsatz, welcher sich hinten mit dem Proc. zygom. squamosi (72°) verbindet. Diese Spange bildet die untere rudimentäre Wand der Orbita. Das Joch- bein liegt schon zum Theil der ventralen Fläche des mächtig ent- Das Ohr des Zahnwales. 915 Fig. F. Ventrale An- sicht eines um 45° um die dels einer Phocaena von mittlerer Grösse. 3:4. 1 Intermaxillare, 2 Vomer, verticale Platte, 3 Maxil- lare, 3° Proc. frontalis maxillaris, weit über das Frontale geschoben, 4 Palatinum, 4‘ Ala palatina, 5 Pterygoid, hinterer Theil, 5, Pterygoid, vor- derer palatinaler Theil, horizontale Platte, 5,, desgl., verticale Platte, 6 Vomer, horizontale Platte, 7 Vomer, verticale Platte, 8 Basioccipitale, 8° Proc. basioceipitalis, 9 Condylus oceipitalis, 10 Ineisura basi-paroccipitalis, 11 Exoceipitale, 11° Proc. paroccipitalis des Exoceipitale, 12 Squa- mosum, 12’ Proc. zygomaticus squamosi, 12° Fossa glenoidalis squamosi, 12“ Proc. faleiformis squa- mosi, 13 Zygomaticum (Körper), 13° spangen- formiger Processus des Corpus zygomatici, 14 Fron- tale, 14‘ Margo supraorbitalis frontalis, 14“ Proc. postorbitalis frontalis, 15 Parietale, 16 Alisphenoid, 17 Orbitosphenoid, 18 halbkreis- formige Incisur zur Verbindung mit dem Tympanicum, J vordere Lücke der Schädel- basis (Foramen optieum + Foramen lacerum anterius + Foramen rotundum), IJ mittlere Lücke der Schädelbasis (Foramen ovale + Emissarium venosum), IIT hintere Lücke der Schädelbasis (Foramen lacerum medium + posticum). Längsaxe gedrehten Schä- : 216 GEORG BOENNINGHAUS, wickelten Frontale (14) auf, welches dorsal bedeckt wird von dem zu einer enormen Knochenplatte umgestalteten Proc. front. maxillae (3°). Der lauge Margo supraorbitalis (14) endet hinten mit dem starken Proc. postorbitalis (74,). Nach hinten schliesst sich an das Frontale das glatte Parietale (75) an. Von ihm ist nur die an der Seitenfläche des Schädels gelegene Partie sichtbar, denn die an der Schädelbasis gelegene Partie wird bis zu den grossen Lücken (II u. III) fast vollkommen vom Squamosum (12) bedeckt. Dieses ist also von der Bildung der eigentlichen, das Gehirn umschliessenden Schädel- kapsel vollkommen ausgeschlossen, wie das auch z. B. beim Schaf (BEAUREGARD) der Fall ist. Von der kleinen, dünnen Schuppe erhebt sich ein mächtiger, die Hauptmasse des Squamosum bildender Proc. zygomaticus squamosi (12', bes. linke Seite). Er trägt an seinem vordern Ende die flache, nach vorn gerichtete Fossa glenoidalis (72). Seine mediane Kante entsendet einen frei in die grosse Mulde der Schädelbasis hineinragenden plattenartigen Processus (72“), den Proc. falciformis (BEAUREGARD). Das Exoccipitale (11) hat einen kräftigen, ca. 11/, cm hohen Proc. par- oceipitalis (77). Das Basioccipitale (8) bildet weiterhin mit seiner lateralsten Partie den Boden der Mulde. Von dieser Partie erhebt sich ein ca. 2cm hoher Processus, der Proc. basioceipitalis (8°) heissen möge. Zwischen ihm und dem Proc. paroceipitalis befindet sich eine tiefe Incisur, die den Namen der Incisura basi- paroccipitalis (70) verdient. Die Verlängerung des Proc. basi- oceipitalis nach vorn wird gebildet von dem zu einer mächtigen verticalen Platte umgebildeten Pterygoid (5), welches eine tiefe Ineisur, die Incisura tubaria, trägt. Der vordere Theil dieser Platte wendet sich mit seiner ventralen Partie zuerst nach innen und ist zunächst in der Figur nicht mehr sichtbar; er krümmt sich dann nach aussen um, wodurch eine horizontale Platte (5,) entsteht, welche die Fortsetzung des harten Gau- mens nach hinten bildet. Diese horizontale Platte schlägt sich endlich zu einer verticalen Platte (5,) um, welche mit einem freien, in der Figur nicht sichtbaren Rand endigt. Seitlich vom Pterygoid bemerkt man am Grund der Mulde das Alisphenoid (76) und das Orbitosphenoid (77). Vorn stösst das Pterygoid an das Gaumenbein. An ihm unterscheidet man eine horizontale Fläche (4), welche den harten Gaumen mitbilden hilft, und eine verticale Fläche, welche die vordere mediane Begrenzung der Mulde bildet und an das Maxillare (3) stösst. Von der verticalen Fläche geht ein flügelartig ab- Das Ohr des Zahnwales. ! DIT stehender, nach hinten gerichteter Fortsatz (4) aus, der Proc. alaris palatini heissen mag. Im Grunde dieser so umgrenzten Mulde der Schädelbasis bemerken wir in ihrem vordersten Theil zwischen Palatinum, Zygomaticum und Frontale eine in der Figur mit keiner Bezeichnung versehene Grube, den Eingang in den Sinus pneumaticus frontalis, welcher dem Hirnschädel von vorn her aufgelagert ist. In der eigentlichen Basis des Hirnschädels bemerken wir nun anstatt der für den Durchgang der Nerven bestimmten, den Landsäugethieren eigenen Löcher drei hintereinander gelegene, unregelmässig gestaltete grosse Lücken. Um diese Lücken zu homologisiren, müssen wir die durch dieselben tretenden Nerven bestimmen. Es tritt durch die vordere Lücke I: 1) der N. opticus, 2) die Bewegungsnerven des Augapfels, 3) der 1. Ast des N. trigeminus, 4) der 2. Ast des N. trigeminus. Die Gebilde 1—3 verlaufen von innen nach aussen durch diese Lücke, da sie der Orbita zustreben; der 2. Ast des Trigeminus aber strebt nach vorn dem Maxillare zu, die übrigen Nerven von unten her kreuzend. Was nun die Homologisirung dieser Lücke I anbelangt, so entspricht sie also folgenden vereinigten Löchern: 1) dem Foramen opticum, bei den Landsäugethieren das Orbitosphenoid durchbohrend ; 2) und 3) dem Foramen lacerum anticum; 4) dem Foramen rotundum, - sonst im vordern Theil des Alisphenoids gelegen. Durch die kleinste mittlere Lücke ZI tritt medial der 3. Ast des Trigeminus aus, sie entspricht also dem Foramen ovale, welches sonst im hintern Theil des Alisphenoids liegt. Lateral dient die Lücke als venöses Emissarium, wie wir später sehen werden. In der grössten hintern Lücke III liegt beim Embryo von Phocaena, nicht aber beim ältern Thier, das Perioticum, welches mit dem Tym- panicum vereinigt ist. Sie entspricht also der Lücke, welche bei der systematischen Eintheilung des Schädels in Segmente zwischen dem parietalen und occipitalen Segment für das Perioticum bleibt. Der vordere Theil dieser Lücke wäre also als das vor dem Herabsinken des Perioticums zwischen diesem und dem Parietalsegment befindliche Foramen lacerum posticum anzusehen. Wie bei den übrigen Säuge- thieren durch das Foramen lacerum posticum, tritt bei den Zahnwalen durch die hintere Partie der Lücke der N. glosso-pharyngeus, der N. vagus und der N. recurrens und dazu, am meisten nach vorn, die Vena jugularis. Von den Löchern an der Schädelbasis der Landsäugethiere sind nur folgende geblieben: 1) Das Foramen caroticum. Es liegt dort, wo 218 GEORG BOENNINGHAUS, Basioccipitale, Alisphenoid und Pterygoid zusammenstossen und zwar ganz dicht an der lateralen Seite des hohen, durch den Proc. basi- occipitalis und das Pterygoid gebildeten Knochenkamms. Es ist äusserst eng und ist in der Figur sichtbar, jedoch ohne Bezeichnung. Der ebenfalls sehr enge Canalis caroticus durchsetzt von hier aus schräg nach innen oben das Präsphenoid. 2) Das Foramen condyloideum für den N. hypoglossus. Es liegt sehr versteckt am Boden der Incisura basi-paroccipitalis und führt in einen langen Canalis condyloideus, welcher die Schädelbasis zwischen Basioceipitale und Exoccipitale nach hinten und etwas nach innen zu durchbohrt. So sind die Lücken der Schädelbasis bei einem mittelgrossen Exemplar von Phocaena gestaltet. Je kleiner aber das Exemplar ist, um so grösser sind die Lücken; es fliessen zuerst Lücke ZZ und III zusammen und schliesslich beim 68 cm langen Embryo alle 3 Lücken. Andrerseits finde ich bei dem einzigen erwachsenen Exemplar (150 cm Skeletlänge), welches mir zugänglich war, die Lücken sehr viel kleiner und regelmässiger gestaltet. Insbesondere hat sich von Lücke I ein typisches Foramen opticum abgesondert. Lücke ZZ hat sich in zwei Foramina verwandelt, in ein inneres ovales für den 3. Ast des Tri- geminus und in ein äusseres rundes, welches offenbar als venöses Emis- sarium dient. Auch sind bei diesem Exemplar die sonst papierdünnen, die Lücken begrenzenden Knochen der Schädelbasis compacter ge- worden. Aehnlich so wie bei Phocaena liegen die Verhältnisse bei Del- phinus delphis, von welchem mir ebenfalls Schädel aus verschiedenen Alterslagen zur Verfügung standen. Im Uebrigen untersuchte ich noch, nach dem Zustand der Nähte zu schliessen, ausschliesslich ausge- wachsene Schädel, und zwar von Delphinus tursio, Delphinus rostratus, Globiocephalus melas und Monodon monoceros. Hier waren die Ver- hältnisse ähnlich denjenigen bei der erwachsenen Phocaena, d. h. typisches Foramen opticum und ovale, dazu kleinere Lücken J und III. Es dürften sich somit bei allen Zahnwalen die Verhältnisse an der Schädelbasis mit zunehmendem Alter derart verschieben, dass sie denen der Landsäugethiere immer ähnlicher werden, und aus dieser Ver- änderlichkeit der Lücken dürften sich die oft diametral entgegen- gesetzten Beschreibungen der verschiedenen Autoren erklären. Aus alledem ergiebt sich als charakteristisch für die seitliche Schädelbasis der Zahnwale ihre mulden- artige Umwandlung und ihre einestheils verzögerte, anderntheils nie vollkommen erfolgende Verknöche- Das Ohr des Zahnwales. 919 rung. Von den Knochen der Schädelbasis haben vier Auswüchse getrieben, das Basioccipitale (Proc. basioccipitalis), das Pterygoid (palatinaler Antheil), Palatinum (Proc. alaris) und Squa- mosum (Proc. falciformis). Alle diese Veränderungen an den Knochen unseres Gebietes haben den gemeinsamen Zweck, das Leben des Säugethieres im Wasser auf die Dauer zu ermöglichen. Das werden unsere Auseinandersetzungen noch ergeben. Das Tympano-Perioticum. In der Fig. F vermissen wir die beiden letzten und uns natur- gemäss am meisten interessirenden Knochen der Schädelbasis, das Tympanicum und das Perioticum. Denn sie fehlen an allen gut mace- rirten Zahnwalschädeln, weil sie nur durch Bindegewebe an der Schädelbasis befestigt sind. (Ausgenommen hiervon ist nur Delphinus gangeticus nach HyrTz.) Das kommt bei keinem andern Säugethier, auch nicht bei den Bartenwalen, vor. Das Tympanicum ist aber mit dem Perioticum verwachsen, so dass man von einem Tympano-Perioticum reden kann. Das Os temporum der Säugethiere zerfällt also beim Zahnwal in das am Schädel festgewachsene Os squamosum und das mit ihm knöchern nicht verbundene Tympano-Perioticum. Das er- innert uns stark an gewisse Ungulaten, z. B. an das Pferd, den Tapir, bei welchem das Tympano-Perioticum ebenfalls nicht mit dem Squa- mosum verwächst. Doch wird es hier von ihm und dem Exoccipitale so umklammert, dass es bei der Maceration am Schädel bleibt. In diesem Capitel wollen wir nun allein die äussere Form des Tympano-Perioticums und seine Beziehung zum Schädel betrachten. Die äussere Form (Fig. G) ist so vollkommen von derjenigen der übrigen Säugethiere, mit Ausnahme der Bartenwale, verschieden, dass sie eingehend betrachtet werden mus. Am Tympanicum so- wohl wie am Perioticum wollen wir einen Körper und zwei Fortsätze unterscheiden, mittels deren die Körper an einander gefügt sind. Der Körper des Tympanicum ent- spricht der sog. Bulla tympanica vieler Säugethiere und gleicht einer Muschel mit einem breiten, nach oben gerichteten und von vorn nach hinten durchgehenden Spalt. Der Spalt theilt die Bulla in eine äussere und innere Lippe. Der Körper des Perioticum ist das Petrosum und hat die Gestalt einer 6. Die Fortsätze sind ebenfalls nichts Neues, sie finden sich auch bei denjenigen Säugethieren, bei welchen Peri- oticum und Tympanicum ohne Zwischenlagerung des Squamosums 220 GEORG BOENNINGHAUS, Fig. G. Das Tympano-Periotieum von Phocaena. Rechte Seite. Natürl. Grösse. a äussere Ansicht, b obere Ansicht, e in- nere Ansicht, d untere Ansicht, e hintere Ansicht, f vordere Ansicht. 1 Bulla tympanica (äussere Lippe), ‘2 Petrosum, 3 Proc. ant. bullae, 4 Proc. post. bullae, 5 Proc. medius bullae (rudi- mentäre untere Gehörgangswand), 6 Proc. tubarius (Theil des Proc. ant.), 7 Proc. sigmoideus (rudimentäre vordere Gehör- gangswand, hintere Wand des ,Schall- trichters“). 8 Membrana tympani, 9 Spitze des Petrosum, 10 Proc. ant. petrosi, 11 Proc. post. (mastoideus) petrosi, 12 Hiatus epitympanicus, 13 Apertura ext. aquae- ductus vestibuli, 74 Apertura ext. aquae- | duetus cochleae, 15 Porus acusticus int. | 16 Bulla tympanica (innere Lippe), 17 Orificium (Hiatus) tympanicum, 18 Fissura tympano-periotica, 19 Fenestra rotunda, 20 Rinne für den N. facialis. Das Ohr des Zahnwales. 291 direct mit einander verwachsen. Nur sind sie hier, mit Ausnahme des einen, des Proc. mastoideus petrosi, nicht so distinct abgegrenzt wie beim Wal, so dass das Bedürfniss für ihre besondere Beschreibung nicht vorlag. | Tympanicum und Perioticum sind nun zu einem länglichen, cubischen Körper zusammengewachsen. Zur systematischen Beschrei- bung (Fig. G a—f) unterscheiden wir an diesem Körper zweckmässig eine äussere (a), obere (b), innere (c), untere (d), hintere (e) und vordere (f) Fläche, wenn auch diese Eintheilung nicht genau auf den in situ befindlichen Körper anwendbar ist, worüber wir später Näheres erfahren werden. Wir beginnen mit der äussern Fläche und drehen dann den Körper immer um 90° um seine von vorn nach hinten ver- laufende Längsaxe, so dass nach einander die äussere, die obere, die innere (diese kopfstehend) und die untere Seite sichtbar wird. Zum Schlusse betrachten wir dann die kleine hintere und vordere Fläche. Die äussere Fläche (Fig. G a). Die äussere Lippe (7) der muschelförmigen Bulla entsendet nach oben zur Verbindung mit dem Petrosum (2) einen Processus anterior (3) und posterior (4). Zwischen beiden erhebt sich ein nur kurzer Proc. medius (5). Der breite Proc. anterior ist an seiner vordern und hintern Kante merkwürdig gestaltet. Die vordere Kante (6) ist knaufförmig nach innen unter das Perioticum gerollt. Der solide Knauf dient der Tuba Eustachii, wie ich fand, zur Befestigung und ist daher der Proc. tubarius tympanici, wie man ihn z. B. beim Pferd und beim Schaf vorfindet. Von BEAUREGARD wurde er in Unkenntniss seiner Bestimmung apophyse conique anté- rieure genannt. Die hintere Kante (7) des Proc. anterior ist in Form eines S blasig nach aussen aufgetrieben, und BEAUREGARD nennt ihn Processus sigmoideus. Wir müssen in ihm die vordere Wand eines rudimentären äussern Gehörganges erblicken (cf. später). Der Proc. posterior (4) sieht einem Pilz ähnlich und hat einen Hals und einen Kopf. Der obere Rand des Kopfes ist halbkreis- formig und vermittelt ganz allein die Verbindung des Tym- pano-Perioticums mit dem übrigen Schädel in der Weise, wie wir sie später schildern werden. Der vordere Rand des Kopfes wächst nach vorn dem Proc. sigmoideus entgegen, ohne ihn jedoch ganz zu erreichen. So entsteht zwischen Proc. anterior und posterior bullae eine kreisartige Lücke, der Porus acusticus externus, in welchem das Trommelfell (8) ausgespannt ist. Diese Lücke wird von unten her durch den niedrigen Proc. medius (5), von BEAUREGARD apophyse Zovl. Jahrb. XIX. Abth, f. Morph, 15 222 GEORG BOENNINGHAUS, conique postérieure genannt, eingeengt. Er ist das Rudiment der untern Gefässwand (cf. später). Die obere Fläche (Fig. G b). Die obere Fläche des Tympano- Perioticums wird im Wesentlichen von dem Petrosum (2) gebildet. Es läuft, wie bei den übrigen Säugethieren, nach vorn in eine Spitze (9) aus. Zur Verbindung mit dem Proc. anterior bullae (3) entsendet es nach aussen einen sehr kurzen Proc. anterior (70), zur Verbindung mit dem Proc. posterior bullae (4) einen etwas längern Proc. posterior (11). Letzterer kann seiner Lage nach nichts anderes sein als der äusserst reducirte Proc. mastoideus petrosi der übrigen Säuge- thiere (FLOWER, BEAUREGARD). — Zwischen den Proc. anteriores und posteriores der Bulla und des Perioticums bleibt nun eine rundliche Lücke (72) übrig. Sie durchsetzt in Form eines tiefen Hiatus das dicke, von dem Perioticum gebildete Dach der Paukenhöhle. Wegen dieser Tiefe ist sie nicht jenen Dehiscenzen an die Seite zu stellen, welche sich am Dach der Paukenhöhle mancher Säugethiere vorfinden. Sie ist vielmehr eine dem Walohr eigen- thümliche Lücke. Sie führt, direct an der Innenfläche des Trommel- fells hinabsteigend, zur obern Nebenhöhle der Pauke, dem Cavum epi- tympanicum (cf. in Fig. A den Raum, in welchem die Zahl 75 steht), und bildet den Verbindungsgang des Raumes mit dem Sinus pneu- maticus squamosi, von welchem später die Rede sein wird. BEAU- REGARD nannte den Canal den Ductus petro-tympanicus. Diese Be- zeichnung aber könnte zur Verwechslung mit der so wichtigen Fissur gleichen Namens (cf. später) Anlass geben, und ich möchte ihn daher ersetzen durch Hiatus epitympanicus. — Die Processus anteriores und posteriores vermitteln nun ganz allein die Verbindung von Perioticum und Tympanicum. Dabei ist die vordere Verbindung nur im Bereich des Proc. tubarius eine solide (cf. Fig. 11 6), im Uebrigen aber mehr eine Berührung als Verbindung. Es bleibt also den breiten und com- pacten Proc. posteriores (cf. Fig. 11 7) fast allein die Aufgabe der festern Verbindung übrig, und letztere ist auch nur bei ältern Thieren eine wirklich feste, durch Gewalt nicht lösbare. Die innere Fläche (Fig. G c). Die innere Fläche des Tympano- Perioticums wird oben (in der Figur unten) von der zu einer 6 zu- sammengerollten innern Fläche des Petrosums (2) gebildet, und zwar erscheint auf der dargestellten rechten Seite die 6 im Spiegelbild. Die Spitze der 6 ist die Spitze (9) des Petrosums. Das Auge der 6 ist der Porus acusticus internus (75), in welchem die üblichen Löcher für den Eintritt des Acustico-facialis bemerkbar sind. Auf der Kante der Das Ohr des Zahnwales. 223 6 bemerkt man die schlitzförmige Apertur des Aquaeductus vestibuli (13) und die runde Apertur des Aquaeductus cochleae (14). Hinter der Apertura vestibuli bemerkt man die Innenfläche des Proc. mastoideus (77). — Der untere, in der Figur obere, Theil der Innen- fläche wird gebildet von der innern Lippe (76), der Bulla tympanica. Ihr innerer Rand erreicht das Petrosum nicht, er bleibt ‚vielmehr in ganzer Ausdehnung von demselben durch einen breiten Spalt, die Fissura tympano-periotica FLower’s (77), getrennt. Zwar verwächst bei vielen andern Säuge- thieren der Rand der Bulla ebenfalls nicht mit dem Petrosum, allein zu einer derartig breiten Spaltbildung kommt es nirgends. Sie ent- steht beim Wal offenbar dadurch, dass der innere freie Rand der Bulla sich muschelförmig nach oben umkrümmt, und von einem Defect der Bulla, wie bei den Sirenen, kann hier gar nicht die Rede sein. Dieser Spalt gewährt einem sehr merkwürdigen Gefässkörper den Ein- tritt in die Bulla, wie wir später sehen werden. Die untere Fläche (Fig. G d). Sie wird allein von der Bulla gebildet. Die Zusammensetzung der Bulla aus einer äussern (7) und innern (76) Lippe findet sich hier durch eine Längsrinne angedeutet, welche vorn flach ist, hinten aber die Bulla tief einkerbt. Die Fläche der innern Lippe ist durchaus rauh, die Fläche der äussern Lippe aber spiegelglatt, ausgenommen den hintern processusartigen Theil, welcher ebenfalls rauh ist. So weit die Rauhigkeit reicht, ist die Bulla sehr dick und von dickem Periost überzogen, im Bereich der Glätte aber ist die Bulla papierdünn und von einem äusserst zarten Periost bedeckt. Die hintere Fläche (Fig. G e). Auf ihr bemerkt man die Bulla tief eingekerbt, das Petrosum abgerundet (Promontorium) und mit einem direct nach hinten sehenden Loch, der Fenestra rotunda (18), versehen. Die Verbindung von Petrosum und Tympanicum durch die hintern Fortsätze ist sehr deutlich. Zwischen dem Petrosum und Tympanicum blickt man von hinten nach vorn durch die ganze Fissura tympano-periotica (17) hindurch. Aus ihrer hintern Oeffnung tritt der N. facialis hervor, welcher sich nach aussen um den Hals des Proc. posterior tympanici (4) herumschlägt und dort eine Rinne (20) erzeugt. Die hintere Apertur der Fissur ist also dem Foramen stylomastoideum der andern Säugethiere als gleichwertig zu betrachten. Die vordere Fläche (Fig. Gf). Sie zeigt uns oben die kurze Spitze des Petrosums, unten die längere Spitze der Bulla tympanica. Die letztere ist durch einen tiefen Spalt (79) in die äussere (7) und 195 224 GEORG BOENNINGHAUS, innere (16) Lippe gespalten. Dieser Spalt ist das Orificium tympanicum tubae Eustachii, welches hier nicht zu einem Loche geschlossen ist, wie bei den andern Säugethieren. Der Tubenspalt setzt sich nach hinten ununterbrochen in die Fissura tympano-periotica (18) fort. An der äussern Lippe dieses Hiatus tympanicus tubae bemerkt man sehr deutlich den knaufartigen Proc. tubarius bullae (6). Haben die Wale einen äussern knöchernen Gehör- gang? Diese Frage ist von Cuvier an bis auf unsere Zeit stets ver- neint worden, aber mit Unrecht. Entwicklungsgeschichtlich be- trachtet, ist der äussere Gehörgang derjenige Theil des Tympanicums, welcher sich von der Uranlage dieses Knochens, vom Annulus tym- panicus, aus nach aussen entwickelt, während die Bulla derjenige Theil ist, welcher sich nach innen zu entwickelt. Nun giebt es eine ganze Reihe von Säugethieren, bei denen die Entwicklung nach aussen aus- bleibt, die also des äussern Gehörganges entbehren. Hierhin gehören die Feliden, die Lemuriden, die Platyrhinen u. a. Sie haben an Stelle des Gehörganges nichts weiter als ein einfaches Loch in der äussern Wand der Bulla. Schon die Caniden aber, welche z. B. HyrTL auch zu den Gehörgangslosen rechnet, haben einen, wenn auch kurzen, äussern Gehörgang, d. h. sie haben einen röhrenartigen Vorbau vor der genannten Oeffnung in der äussern Wand der Bulla, wenn er auch nur kurz ist. Einen kurzen Vorbau haben nun auch die Wale, nur ist er nicht röhrenförmig gestaltet. Wie schon bemerkt (cf. Fig. G a) wird der Porus acusticus externus vorn vom Proc. sigmoideus begrenzt, unten vom Proc. medius, hinten vom Proc. tympanicus posterior. In Fig. G b bemerkt man auch, dass der Proc. sigmoideus und medius nicht unbeträchtlich die äussere Bullafläche überragen. In Fig. 12a, Taf. 13, wo man von der Paukenhöhle aus durch den Porus acusticus externus ins Freie sieht, bemerkt man deutlich, wie bedeutend, und zwar 2'/,—3 mm weit, der Proc. sigmoideus (7) und medius (2) die punktirte Linie, welche den Annulus tympanicus angiebt, nach aussen überragt. Wir haben also den Proc. sigmoideus und Proc. medius als vordere resp. untere Gehörgangswand aufzufassen. Beide aber sind eigenartig modificirt: der Proc. sigmoideus ist mit seinem Rande nach dem Gehörgang zu umgekrempelt, im Uebrigen aber nach vorn concav, wodurch die charakteristische Form dieses Processus ent- steht; der Proc. medius aber ist von der Bulla aus ausgehöhlt (2°). — Doch auch das Rudiment einer hintern obern Gehörgangswand ist vorhanden. Die vordere Spitze des Proc. tympanicus posterior ist Das Ohr:des Zahnwales. 295 nämlich durch eine Naht vom übrigen Processus abgesetzt (cf. Fig. G a 7), und diese Naht lässt sich bis zum Annulus tympanicus nach innen zu verfolgen. Es grenzt sich also dieses Stückchen in derselben Weise von der Bulla ab, wie es der Meatus externus vieler Säugethiere thut, und es muss deshalb als Gehörgangswand betrachtet werden. Nur ist dieses Rudiment so kurz, dass es die äussere Oberfläche der Bulla, wie der Proc. sigmoideus und medius es thun, nicht überragt. Man bemerkt diese Spitze (3,) ebenfalls in Fig. 12a, Taf. 13. — Es bleibt uns nur noch die Betrachtung der hintern Umrandung des Porus acusticus externus übrig, soweit er vom Hals des Proc. posttympanicus gebildet wird, und ganz allein dieser Theil entbehrt thatsächlich eines Meatus osseus vollkommen (ef. Fig. 12a, die Strecke zwischen 2 u. 3,) So haben wir also gesehen, dass das Tympanicum und Perioticum des Zahnwales dieselben Bestandtheile hat wie die gleichen Knochen anderer Säugethiere, Charakteristisch aber für den Wal ist ihre mangelhafte Zusammenfügung, wodurch Lücken entstehen, die sonst nicht vorhanden sind: die Fissura tympano-periotica, der Hiatus tubarius und der Hiatus epitympanicus. Fig. H. Frontalschnitt dureh die Ohr- gegend eines Phocaena-Embryos von 68 em. Natürliche Grösse. Die Anordnung der Nummern ist dieselbe wie in Fig. A. Es ist also: 5 Trommelfell, 7 Squamosum inel. Parietale, 9 Perioticum, 10 Tym- panicum, 11 Basioceipitale, 72 Proc. basi- oceipitalis, 15 Kette der Gehörknöchelchen, 16 N. acustico-facialis, 17 Carotis int. (hier noch nicht obliterirt), 18 Plexus venosus caroticus, 19 Cavum tympanieum, 22 Sinus - (venosus) petrosus int., 23 Art. meningea spinalis, 24 Dura mater, 25 Tentorium cerebelli, 26 hintere Sehädelgrube, 27 mitt- lere Schädelgrube, 28 Fossa temporalis, 29 Rachenrinne. In dieser Figur tritt hinzu: 30 Sinus (venosus) petrosus ext. — aa sagittale Medianebene des Schädels. Die Beziehungen des Tympano-Perioticum zum übrigen Schädel. Betrachten wir den Schädel des 68 cm langen Embryos (Fig. H), so finden wir das Tympano-Perioticum in der- selben Lage wie bei den übrigen Säugethieren, d. h. das Perioti- cum (9) liegt in der Lücke zwischen Occipital- und Parie- talsegment des Schädels, ja es springt nicht unerheblich in das Schädelinnere (26, 27) vor. Es bildet also auch beim Wal ursprüng- lich einen Theil der eigentlichen Schädelkapsel, was bisher unbekannt 226 GEORG BOENNINGHAUS, war. Mit fortschreitendem Wachsthum aber zieht das Perioticum sich nach unten allmählich aus der Schädel- kapsel zurück und steht bei dem mittelgrossen Thier in Fig. A bereits 1?/, cm unter der Schädelbasis. Es hat die Dura (24), welche am Rande des Meatus auditorius internus fest mit ihm verwachsen ist, tief eingezogen und dem entsprechend die hintere Schädelgrube (Fig. A 26) zu einem tiefen, nach vorn gerichteten Trichter ausge- zogen, in dessen Spitze man den Meatus auditorius internus bemerkt, zu welchem der entsprechend verlängerte Acustico-facialis (75) hinzieht. Das Perioticum ist allseits vom Schädel abgerückt, meist sogar recht weit. Nur das Tympanicum steht noch in directer Beziehung zum Schädelgehäuse, und auch das nur in bescheidenem Umfang, wie wir gleich sehen werden. Fragen wir nach der Ursache dieser merkwürdigen Dislocirung des Perioticums bei den Zahnwalen, so finden wir sie in folgendem Umstand: der Proc. posterior des Tympanicums heftet diesen Knochen an die ventro-orale Kante des Proc. paroccipitalis (Fig. F 11°) des Occipitale und an die Radix proc. zygomatici des Squamosum (Fig. F 12. Hier findet sich eine halbkugelförmige Grube ausgespart (Fig. F 18), entsprechend der ähnlichen Gestaltung des Kopfes des Proc. posterior tympanici. Festgehalten wird dieser Processus in der Grube durch eine sehr feste Bindegewebsmembran, wie wir später sehen werden. Beim Embryo von 68 cm liegt nun die Sache so, dass der Proc. paroceipitalis und der Proc. zygomaticus noch sehr niedrig, ja kaum angedeutet sind. Wenn nun aber diese Processus in späterer Zeit nach abwärts wachsen, so rückt auch die halbkugelförmige Verbindungsstelle derselben mit dem Tympanicum nach unten. Dadurch wird auch das Perioticum aus seiner Schädellücke nach unten gezogen. Man kann nun hiergegen einwenden, dass bei andern Säuge- thieren, bei denen die Verhältnisse in Bezug auf die Befestigung des Tympano-Perioticums an den ürigen Schädel genau so liegen wie beim Wal, doch keine Dislocirung dieses Knochens nach unten eintritt. Als derartige Thiere lernten wir bereits das Pferd und den Tapir kennen. Allein hier erfolgt das Wachsthum des in Frage kommenden Proc. par- oceipitalis und Proc. zygomaticus ganz anders. Diejenige Stelle dieser Processus nämlich, mit welcher das Tympano-Perioticum in Berührung tritt, wächst nicht nach der Geburt, sondern es wachsen nur die seitlich von dieser Berührungsstelle gelegenen Theile der Processus nach unten. Sie wachsen lang aus, klemmen beim Pferd den Proc. mastoideus zwischen Das Ohr des Zahnwales. 927 sich oder umwachsen ihn beim Tapir vollkommen, (Bei diesen Thieren ist der Proc. mastuideus petrosi nicht, wie beim Wal, rudimentär und besorgt die Verbindung mit dem übrigen Schädel.) So bleibt denn der Proc. mastoideus in seiner ursprünglichen Lage an der Basis des Proc. paroccipitalis und Proc. zygomaticus (sog. Proc. „posttympanicus‘ bei Pferd und Tapir) liegen, und hiermit bleibt also das Perioticum in seiner alten Lücke in der Schädelkapsel. Ausser dieser Dislocation nach unten erfährt das Tympano- Perioticum noch verschiedene unwesentliche Drehungen: beim Embryo von 68 cm ist die Spitze der Bulla direct nach vorn gerichtet, später aber, wie bei allen Säugethieren, nach innen, und zwar beim Thier von 90 cm (Taf. 12, Fig. 3) schon etwas nach innen, beim Thier von 105 cm (Taf. 12, Fig. 4) schon stärker nach innen und beim Thier von 125 cm (Taf. 12, Fig. 5) stark nach innen. Das hängt mit dem Umstand zusammen, dass mit zunehmendem Wachsthum eine nicht unerhebliche Verbreiterung der Schädelbasis eintritt (Taf. 12, Fig. 5). Hierbei rückt die Verbindungsstelle zwischen Tympanicum und übrigem Schädel nicht nur nach aussen, sondern auch etwas nach vorn, und die Folge ist die Drehung des hintern Endes des Tympano-Perioticums nach hinten aussen, des vordern Endes nach vorn innen. Endlich tritt eine leichte Drehung des Tympano-Perioticums um seine sagittale Axe derart ein, dass das Trommelfell in der Jugend mehr nach unten sieht als später (cf. Fig. A u. H, ferner Taf. 12, Fig. 4 u. 5). Das mag mit leichten Veränderungen an der Verbindungsstelle von Peri- oticum und Schädel zusammenhängen, welche sich unserer Beurtheilung entziehen. 2. Die Weichtheile an der seitlichen Schädelbasis. Uebersicht. Wie die Knochen, so sind auch die Weichtheile an der Schädelbasis in erheblicher Weise verändert. Sie sind beim „Rachen“ genau beschrieben, so weit sie mit diesem in Beziehung stehen. Es bleiben uns hier die Theile übrig, welche mit dem Ohr in Beziehung treten, das Bindegewebe an der Schädelbasis, der Fett- körper des Unterkiefers und die M. pterygoidei. Entfernt man (cf. „Rachen“, tab. 1, fig. 1) die Haut des Halses mit ihrer mächtigen Fettschicht und das Platysma myoides, so kommt man auf den M. mylo-hyoideus. Durchtrennt man ihn median und schlägt ihn nach Ablösung vom Zungenbein nach aussen über den Unterkiefer zurück, entfernt die Zunge mit dem Zungenbeinapparat 228 GEORG BOENNINGHAUS, und die Pars inferior des Rachenschlauchs mit dem Kehlkopf, so steht man vor der Ansicht, wie sie sich auf Fig. 3, Taf. 12, präsentirt. Die knöcherne Rachenrinne ist ausgefüllt von der Pars superior des Rachen- schlauchs (7), welche durch die „falschen“ Choanen zur Nase empor- steigt. Die ganze seitliche Partie der Schädelbasis ist bedeckt vom M. pterygoideus internus (2), durch welchen hinten die Bulla tym- panica (77) hindurchschimmert. Pterygoideus internus und Rachen- schlauch sind getrennt durch das Lgt. pterygoideum (5°). Trennt man den Ansatz des M. pterygoideus internus von diesem Ligament ab und zieht den Muskel zur Seite, so bemerkt man, dass das Ligament die ventrale Kante einer Bindegewebsmasse bildet, welche hinten (5) als glatte Membran die Bulla beklei- det und vorn (5) mit grossen Löchern durchsetzt ist. Die Löcher gewähren der Vena pterygoidea (16) den Eintritt in dieses das Corpus fibro-cavernosum pterygoideum vorstellende Gewebe. Seit- lich vom Pterygoid bemerkt man den M. mylo-hyoideus (3) über den Unterkiefer zurückgeschlagen. Legt man nun nach Entfernung des Rachenschlauchs 1 cm dorsal- wärts von Fig. 3 einen Horizontalschnitt durch die Weichtheile an der Schädelbasis und durch den Unterkiefer (24) und das Pterygoid (18), so erhält man ein überraschendes Bild (Fig. 4): Seitlich vom Pterygoid (78) ist die Tuba Eustachii (7) in ihrem distalen Ende er- öffnet, sie führt in das Vestibulum pneumaticum (8) und dieses in die Bulla (77), in welcher ein merkwürdiger Körper (77“) zum Vorschein kommt, das Corpus cavernosum tympanicum. Seitlich von der Tuba bemerkt man das Corpus fibro-cavernosum pterygoideum (5'), seitlich hiervon den mächtigen Fettkörper des Unterkiefers (6) und schliess- lich den letztern selbst (24). Legt man nun einen weitern Horizontalschnitt 1 cm ter an (Fig. 5), räumt den Unterkiefer mit seinem Fettkôrper und die M. pterygoidei weg, entfernt das Pterygoid (18 Fig. 4) und die Gaumen- platte des palatinalen Antheils des Pterygoids (78°), so hat man die vordern pneumatischen Hohlräume (9, 10 u. 11) an der Schädelbasis frei gelegt, welche mit dem Vestibulum pneumaticum (8) unter dem Corpus venosum pterygoideum (5‘) hindurch in Verbindung stehen. In der Figur befinden sich Sonden vom Raum 8 aus, in den Raum 70 und 77 eingeführt. — Das genügt zu unserer Orientirung. Betrachten wir nun unser Gebiet genauer. Das Ohr des Zahnwales. 299 Das Bindegewebe an der Schädelbasis. Die Schädelbasis des Zahnwales erfreut sich eines Stützgewebes, wie es weder an Ausdehnung noch an Festigkeit noch an Eigen- artigkeit seiner Anordnung bei einem Landsäugethier vorkommt. Alles das weist darauf hin, dass dieses Bindegewebe hier eine Rolle von ganz besonderer Bedeutung spielt. Man kann an dem Bindegewebe zweckmässig die hintere, mebr flichen- oder plattenartige, undurchbohrte Partie von der vordern, mehr körperlichen, von zahlreichen Venen durchbohrten Partie unter- scheiden. Die hintere Partie bedeckt die Bulla tympanica, und die vordere liegt vor der Bulla. Die Bindegewebsplatte der Bulla (5 in Fig. 3, 4 u. 5, Taf. 12). Der für das Tympano-Perioticum bestimmte hintere Theil der grossen Mulde an der Schädelbasis wird ventralwärts von einer Bindegewebsmembran abgeschlossen, welche die ganze ventrale Fläche des Tympanicums bedeckt und sich seitlich an die überknorpelte ventrale Kante des Proc. basioccipitalis, des Proc. paroccipitalis und des Proc. zygom. squamosi festsetzt. Diese Bindegewebsplatte über- brückt die Incisura basi-paroccipitalis und wird aussen vom Meatus auditorius membranaceus (Fig. A) und hinten aussen vom N. facialis durchbrochen. Sie ist mit dem Knorpel der Knochenkämme und mit dem Tympanicum derartig verbunden, dass man keinen anderweitigen bindegewebigen Ueberzug dieser Theile nachweisen kann. Die Binde- gewebsplatte ist deshalb das Perichondrium resp. das Periost der betr. Theile. Man kann nun zwei Abtheilungen an dieser Bindegewebsplatte unterscheiden. Die hintere innere Partie ist eine äusserst zähe, unter dem Messer knirschende Schwarte. Ihre Dicke ist bedeutend und erreicht in der Kerbe zwischen den beiden Lippen der ventralen Bullafläche die Stärke von 1/, cm. Sie ist äusserst fest mit der Bulla tympanica verwachsen, und in dem Bereich dieser Verwachsung ist die Bullaoberfläche rauh (Fig. G d), die Bulla selbst aber äusserst com- pact, bis '/, cm stark (Fig. A 10). Von dieser Rauhigkeit und Stärke ist die ganze mediale Hälfte der Bulla und dazu noch der hintere, eine Art Processus bildende Theil der lateralen Hälfte (Fig. G d) und der Proc. posterior tympanici betroffen. Es ist nun ganz klar, dass die Verdickung der Bulla und diejenige ihres Periosts in einem gewissen wechselseitigen Zustand der Hyperplasie sich befindet. Auch der Zweck dieser zwei- 230 GEORG BOENNINGHAUS, fachen Verdickung ist klar. Sie gewährt einerseits der sonst nur dünnen Bulla die nothwendige innere Festigkeit. Andrerseits befestigt sie die Bulla äusserst sicher an die Schädelbasis, so sicher, dass es Mühe macht, sie aus ihrer Verbindung zu lösen, obwohl sie derart federt, dass man ihre Spitze gegen die Schädelbasis herabdrücken kann. Gerade entgegengesetzt ist das Verhalten der äussern vordern Partie der Bindegewebsplatte. Sie ist äusserst zart und lässt sich durch den leisesten Zug von der Bulla tympanica lösen. Dem ent- sprechend ist auch die ihr anliegende Partie der Bulla von glatter, spiegelnder Oberfläche (Fig. G d), die Bulla aber selbst ist hier papier- dünn (Fig. A 10) und bei ihrer glasartigen Sprödigkeit äusserst zer- brechlich. Der cavernöse Bindegewebskörper (5, in Fig. 3, 4 u. 5 auf Taf. 12). Von der nach hinten sehenden Spitze der Ala palatina (19) und von dem der Ala entgegen strebenden, dorsalwärts umge- bogenen Theil der Gaumenplatte (S,) des Pterygoids entspringt breit, in verticaler Linie, ein fibröses Netzgewebe. Es strebt nach hinten zu der Bindegewebsplatte der Bulla entgegen und geht in sie über. Medianwärts bedeckt es die Tube (7 in Fig. 4, Taf. 12) und das Vestibulum pneumaticum (8) und läuft ventral in eine ligament- artige Kante, das Lgt. pterygoideum (5" in Fig. 3, Taf. 12), aus. Dieses Ligament bildet die Fortsetzung des den Proc. basioccipitalis bedeckenden, dicken, schon beschriebenen Perichondriums nach vorn. Es bedeckt den Kamm des Pterygoids, überbrückt die Incisura tubaria desselben und befestigt sich breit an der Spitze der palatinalen Platte des Pterygoids (78). Lateralwärts befestigt sich das cavernöse Bindegewebe unter starker Verbreiterung seiner Masse an die ganze vordere Kante des Proc. faleiformis (23,), ferner an die ihm nahe liegende, in der Figur unsichtbare Spitze des Felsenbeins und an die Basis des Proc. tubarius tympanici, wo es in das Periost des Peri- oticums und Tympanicums übergeht. Ein Theil aber der in diese Gegend ausstrahlenden Bindegewebsmasse befestigt sich nicht an dieser breiten Ansatzlinie, sondern verläuft weiter nach hinten aussen und umgreift, die Richtung mehr ventralwärts nehmend, die Bulla von aussen, um schliesslich nach hinten zu in das verdickte Periost der Wurzel des Proc. zygomaticus überzugehen. In Fig. 4, Taf. 12, sieht man diesen Zipfel an der Aussenseite der Bulla die Schnittfläche erreichen und in das Periost (5) der Bulla resp. des Proc. zygomaticus übergehen. Dieser Bindegewebskörper ist nun von vielen grossen und kleinen, unter einander communicirenden venösen Hohlräumen durchsetzt, Das Ohr: des Zahnwales; 231 welche im Horizontalschnitt als von vorn nach hinten gerichtete Ovale erscheinen. Man kann den Bindegewebskörper cavernös nennen, ohne indess mit diesem Begriff den Begriff der Schwellbarkeit zu verbinden. Denn schwellbar ist er keineswegs. Dazu ist das die Venen um- gebende Bindegewebe viel zu stark, weil es aus sehr dicken Fibrillen besteht, die sich zu Bindegewebsstricken vereinigen und sich vielfach netzartig durchflechten, wie die mikroskopische Untersuchung zeigt. Das Bindegewebe ist überhaupt an diesem Körper Haupt- sache, die Venen Nebensache, denn das Bindegewebs- netz dient einem sehr wichtigen Zweck. Es befindet sich nämlich im äussersten Zustand der Spannung und erhält dadurch das distale Tubenende und das Vesti- bulum pneumaticum, welche mit ihm verwachsen sind und lateral der eigenen Wandspannung entbehren, im Zustand der Entfaltung. Dieser Zustand ist aber sehr noth- wendig, wie wir später sehen werden. Ferner gewährt der Körper den M. pterygoidei eine fixe Ansatzfläche, die ihnen in ihrem hintern Theil von Seiten des Pterygoids nicht zu Theil wird, und setzt sie in den Stand, den Unterkiefer zu bewegen. Endlich vereinigt der Körper das Nützliche mit dem Nothwendigen, dass er eine grosse Menge Venenblut unterbringt, deren die Natantia zum längern Tauchen be- nöthigen (cf. später). Vom Standpunkt der Construction aus bildet der vielfach durchbrochene Bindegewebskörper eine Ueberbrückung des Raumes zwischen Ala palatina und Proc. falciformis, die an Festigkeit, Leichtigkeit und Eleganz ihres Gleichen sucht. Hiermit ist das Bindegewebe an der Schädelbasis noch nicht erschöpft, denn der cavernöse Bindegewebskörper entsendet um die mediale Wand der Tube herum durch die Knochenlücken im Schädel Fortsätze zur Dura mater der Basis, welche ebenfalls einen cavernüsen Bau, doch ohne so festes Bindegewebe, besitzt. Andrerseits entsendet das Bindegewebe, welches den Proc. zygom. squamosi bedeckt, zum Proc. postorbitalis frontalis (22 in Fig. 5, Taf. 12) einen Fortsatz hinüber, welcher sich am hintern und vordern Orbitalrand zu einer Art Orbita verdickt und die nur mangelhaft knöchern präformirte Orbita zu einer geschlossenen Orbita gestaltet. Es bleibt uns noch die Homologisirung des cavernösen Bindegewebes übrig. Beim Menschen findet sich ein sehr stark entwickelter Plexus venosus pterygoideus. Er entspricht dem arteriellen Gebiet der Maxillaris interna. Er liegt an der Schädelbasis zwischen aufsteigendem Kieferast und Tube. ZUCKERKANDL unterscheidet an 232 GEORG BOENNINGHAUS, iim einen Plexus externus um das Kiefergelenk herum, einen Plexus interpterygoideus zwischen den Pterygoidei und einen Plexus internus zwischen Pterygoideus internus und Tubenwand. Er steht nach oben mit den venösen Sinus in der vordern Schädelgrube in Verbindung und entleert sein Blut nach aussen in die Venae temporales profundae und in die Vena facialis postica. Er wird durchsetzt vom 3. Ast des Trigeminus. — Die Homologie zwischen diesem Plexus des Menschen und dem Plexus im Bindegewebskörper des Wales ist nun bis in die Einzelheiten eine vollkommene, sowohl in Bezug auf seine Lage und Ausdehnung als auch in Bezug auf die Einschaltung in den später zu beschreibenden venösen Blutlauf als auch endlich auf seine Beziehung zum 3. Ast des Trigeminus (s. 74 in Fig. 5, Taf. 12), welcher ihn von aussen durchbohrt, um den Pterygoidei und dem Unterkiefercanal zuzustreben. Bei ‘den Landsäugethieren scheint dieser Plexus noch nicht beschrieben zu sein, doch ist nicht daran zu zweifeln, dass er auch hier vorhanden ist. Wir haben es also hier mit dem Plexus venosus pterygoideus zu thun, der sich aber von dem- jenigen des Menschen und wahrscheinlich auch der Landsäugethiere dadureh unterscheidet, dass sein sonst spärliches Zwischengewebe eine enorme Stärke angenommen hat. Mit Rücksicht auf seine Ausdehnung und die Stärke seines Bindegewebes kann man ihn das Corpus fibro- cavernosum pterygoideum nennen. Trotz dieser hohen Bedeutung des Bindegewebes an der Schädel- basis der Zahnwale finden wir in der Literatur nur spärliche Angaben darüber, und diese beschränken sich im Wesentlichen auf die Notiz, dass in der Gegend des Pterygoids ein grosses Venennetz vorhanden sei. Murie bildet es auch im injieirten Zustand ab, doch nur in der Absicht, die Gefassdurchflechtung in ihm darzustellen, und einen weitern Zweck erfüllt das Bild auch nicht. Der „Fettkörper“ des Unterkiefers. An der Innenfläche des Unterkiefers der Zahnwale befindet sich ein Fettkörper (76 Fig. 4 Taf. 12) von nicht unbedeutender Grösse, Das ist sehr auffallend, denn im Innern des Zahnwalkörpers befinden sich, im Gegensatz zu den übrigen Säugethieren, sonst Keine Fett- depots. Trotzdem wissen wir auch von diesem Fettkörper nur, dass er existirt, was er aber ist und wozu er dient, das ist bis heute un- bekannt. Das Ohr des Zahnwales. 933 Der Unterkiefer der Zahnwale (Fig. J) besteht aus zwei Hälften, die nur vermittelst einer bindegewebigen Symphyse (5) mit einander verbunden sind. Er weicht in seinem Bau sehr von dem der Landsäuge- thiere ab. Zunächst fehlt ihm gänzlich der aufstei- gende Ast, er besteht also ganz allein aus einem Körper oder einem horizontalen Ast, Der verticale Ast fiel offen- bar dem Princip der spindel- förmigen, fischartigen Um- gestaltung des Walkörpers zum Opfer. ‚Jede Unter- kieferhälfte kann man sich aus 2 geraden, flachrinnigen Spangen zusammengesetzt denken, einer äussern (7) und einer innern (2), welche mit ihren concaven Flächen einander zugekehrt und mit ihrer dorsalen und ventralen Kante an einander ge- wachsen sind. Der trans- versale Durchmesser einer solchen Unterkieferhalfte ist nicht gross (Fig. K), der ver- ticale beträgt vorn 11/, cm und vergrössert sich nach hinten bis auf 5—6 cm. In # Ermangelung eines aufstei- genden Astes sitzt der Proc. glenoidalis (4) dem horizon- talen Ast direct auf, und zwar dessen hinterer, gerad- \ linigen Kante, und sieht Fig. J. Rechter Unterkiefer von Phocaena, direct nach hinten, ent- mittelgrosses Exemplar, von innen gesehen. 3:4. sprechend der nach vorn 1 äussere Knochenspange, 2 innere Knochenspange, . ie 3 Symphyse, 4 Proc. glenoidalis, 6 Proc, coron- sehenden Fossa glenoidalis. oideus, 6 Hiatus mandibularis. IM VA Wy {11 IM | 234 GEORG BOENNINGHAUS, Das ist die zweite Merkwürdigkeit der Zahnwalmandibel, denn sonst ist der Proc. glenoidalis nach oben gerichtet. Der kurze Proc. coro- noideus (5) sieht indess, wie immer, nach oben. Die dritte und uns am meisten interessirende Eigenthümlichkeit ist es nun, dass die hintere Hälfte der medialen Spange des Unterkiefers vollkommen fehlt. Die mediale Spange endigt mit einem nach hinten sehenden, spitzbogenartigen Rand. Der Rand bildet mit der lateralen Spange den hiatusartigen Eingang in den weiten Unterkiefer- canal, und dieser Hiatus mandibularis (6) entspricht also dem Foramen mandibulare der übrigen Säugethiere. Die grosse Knochenmulde nun an der Innenseite der hintern a b Hälfte des Unterkiefers, welche durch das Fehlen der hintern Hälfte der innern Kieferspange entsteht, ist ausgefüllt von einem Fettkörper (Fig. Ka5). Dieser Fettkörper ist das Knochen- mark der hintern Hälfte ger des Unterkiefers, denn einer- seits ist der Körper an seiner PR medialen Seite von einer Binde- gewebsmembran (2) bedeckt, die als Periost der fehlenden Hälfte der innern Kieferspange aufzu- i NE fassen ist, weil sie überall in das me Cas decselben wirkliche Periost des Unterkiofers vordern Hälfte. 1 äussere Knochenspange, (1) übergeht; andrerseits aber ae de 2 pcm ae geht der, Fettkürper dureh dei 3 Knochenmark, 4 lateralster Zahn, 5 M. Hiatus unmittelbar in das Knochen- eur. 6 M. pterygoideus int, mark der vordern Hälfte (Fig. K 7 M. pterygoideus ext. b 3) der Mandibel über, und die Mandibulargefässe und Nerven (Fig. K au. b) ziehen auch durch den Fettkörper zum Canalis mandibularis. Dieser Markkörper des Unter- kiefers unterscheidet sich nun durch drei Momente vom gewöhnlichen Knochenmark. Zunächst ist er durchsetzt von einem starken, grob- fasrigen Bindegewebsnetz mit weiten Maschen. Dieses Netz stellt eine starke Verbindung her zwischen dem von Knochen freien Periost (Fig. K a 2‘) und der ihm gegenüber liegenden äussern Spange des Unterkiefers (7). Dadurch erhalten die M. pterygoidei (6 u. 7) und der M. mylo-hyoideus (5), welche sich zum grossen Theil an das vom Das Ohr des Zahnwales. 235 Knochen unbedeckte Periost (2') ansetzen, erst diejenige feste An- griffsfläche am knöchernen Unterkiefer, welche zu seiner Bewegung nöthig ist. Ferner ist das in den Maschen des Netzwerks liegende Knochenmark nicht von der gewöhnlichen Consistenz des Knochen- marks, wie sie auch das Mark der vordern Kieferhälfte besitzt, sondern es ist halbflüssig, ölartig. Endlich hat das Knochenmark eine entschiedene Neigung zur Hyperplasie, denn es bildet nicht nur einen hühner- bis gänseeigrossen Körper, sondern der Körper sendet auch, wohin es ihm immer der Raum gestattet, natürlich vom Periost (2°) überzogene, Fortsätze aus: Er drängt sich nach unten in den An- satz des Mylo-hyoideus (5) hinein. Er wächst nach vorn über die Kante des Hiatus eine Strecke weit hinweg, die M. pterygoidei vom Unterkiefer abhebend. Er sendet endlich auch einen Fortsatz nach hinten zur Bulla. Dieser Fortsatz (Fig. A 13) tritt also in unmittel- bare Beziehung zum Ohr und interessirt uns deshalb besonders. Er ruht in der muldenförmigen Vertiefung der ventro-lateralen Fläche der Bulla, welche dadurch entsteht, dass hier, im Gegensatz zur Nachbar- schaft, das Periost der Bulla sehr dünn ist. Dieser Markzipfel ist wie der übrige Markkörper von zwei Häuten eingeschlossen, von einer innern dünnen Haut, der eigentlichen allgemeinen Umhüllungsmembran des Knochenmarks (cf. Fig. K a), und in Ermangelung des Knochens vom vorgeschobenen Periost des Unterkiefers. Die ventrale Periost- fläche des Markzipfels ist nun dick und ihre Kanten verwachsen mit den Kanten des verdickten Periosts der Bulla (Fig. A 14), so dass die Bulla bei der Präparation zunächst von einer gleichmässigen fibrôsen Bindegewebsschicht bedeckt erscheint. Die dorsale Fläche des Periosts aber ist äusserst dünn und verwächst in ganzer Aus- dehnung mit dem hier ebenso dünnen Periost der Bulla derartig, dass eine Trennung dieser feinen Häute kaum noch möglich ist. — Die Bedeutung aber der ölartigen Umwandung des Knochenmarks und die Bedeutung der Hyperplasie desselben werden wir später kennen lernen. Die M. pterygoidei. Der M. pterygoideus internus (2 in Fig. 3 u. 4, Taf. 12) deckt ventralwärts das ganze Gebiet der seitlichen Schädelbasis, welches wir hier betrachten, zu. Seine Ausdehnung ist also eine ungewöhnlich grosse. Er entspringt in seinen ventralen Schichten (Fig. 3) von der Seitenkante des hintersten Theiles des Maxillare, welches in der Figur nicht mehr sichtbar ist, von der Seitenkante des Palatinums (79), vom palatinen Theil des Pterygoids (18), weiter vom Lgt. pterygoideum 236 GEORG BOENNINGHAUS, (5,) und dem Perichondrium des Proc. basioccipitalis. Diese innere Ansatzlinie ist 11—12 cm lang. Von ihr aus streben die Fasern fast parallel schräg nach hinten und aussen und befestigen sich nach kurzem Verlauf vorn noch an der innern Spange des Unterkiefers, in der Mitte an dem Periost des Markkörpers des Unterkiefers und hinten am bindegewebigen Ueberzug der Bulla. Der Muskel ist also, ab- weichend von den andern Säugethieren, ein äusserst langer, halb ge- fiederter Muskel. Sein hinterster Antheil, soweit er die Bulla be- deckt, ist nur sehr dünn, der vor diesem gelegene grössere Antheil aber ist sehr dick und bildet die Hauptmasse des Muskels und füllt zusammen mit dem dorsal von ihm gelegenen Pterygoideus externus die grosse dreieckige Grube an der Schädelbasis aus, welche zwischen Palatinum und Pterygoid, vorderm Ende der Bulla und Unterkiefer gelegen ist. Diesen tiefern Theil des Muskels bemerken wir im Horizontalschnitt der Fig. 4 Er entspringt von der Ala pala- tina (79,), von dem verticalen Theil der palatinalen Platte (18,) des Pterygoids, von der lateralen, schräg nach aussen abfallenden Ober- fläche des cavernösen Bindegewebskörpers (5,). Er setzt sich lateral an das Periost des Markkörpers der Mandibel fest, mit seinem vor- dersten Theil aber, wie die oberflächliche Schicht, noch an die Innen- fläche der Mandibel selbst. Der M. pterygoideus externus liegt, wie gesagt, dorsalwärts von dieser Hauptpartie des Internus und hat denselben, nur mehr dorsalwärts gelegenen Ursprung. Seinen Ansatz findet er ebenfalls an dem Periost des Markkörpers, und zwar dorsal vom Internus, ferner aber auch an der schmalen, dorsalen Kante der hintern Hälfte des Unterkiefers (Fig. K a 7), mit Einschluss also des Proc. coronoideus. Sein Faserverlauf ist schräger nach aussen und etwas horizontaler gerichtet als der des Internus, der Unterschied ist aber sehr gering. Was die Function der Muskeln anbelangt, so müssen wir der hintern dünnen Partie des Internus, welcher die Bulla bedeckt, eine eigentliche Function absprechen, denn diese Fasern verbinden zwei Gebilde mit einander, das Lgt. pterygoideum und die Bindegewebs- kapsel der Bulla, welche in Anbetracht ihrer eigenen Stärke und der Schwäche der betreffenden Muskelschicht jeden Falls als feste Punkte zu betrachten sind. Der vollendete Zustand der Anpassung an das Wasserleben, in welchem sich die Wale befinden, giebt uns kein Ver- ständniss für diese Muskelpartie, die doch jeden Falls früher einmal eine Function gehabt haben muss. Wir können sie jetzt nur als Das Ohr des Zahnwales. 237 aberrante functionslose Partie des Muskels betrachten und müssen ihre Bedeutung unaufgeklärt lassen. Die vordere Partie des Pterygoideus externus dagegen zieht, vermöge der fast gleichen Richtung seiner Muskelfasern, den Unterkiefer bei doppelseitiger Contraction nach vorn oder bringt ihn, was der thatsächlichen Function wohl mehr entspricht, bei alternirender Wirkung der beiderseitigen Muskeln in schleifende Bewegung gegen den Oberkiefer. Dass diese Bewegung bei den Zahn- walen einem andern Zwecke dient als bei den übrigen Säugethieren, ist bereits beim „Rachen“, Cap. Schlingact, genügend erörtert. Der Vergleich der Pterygoidei der Zahnwale mit denen anderer Säugethiere, soweit diese Muskeln bei solchen untersucht sind (cf. BRONN), zeigt uns Folgendes: Der Pterygoideus externus hat seine alte, von vorn nach hinten gehende Richtung beibehalten, insbesondere gewinnt er auch am Proc. coronoideus des Unterkiefers seinen Ansatz. Der M. pterygoideus internus hingegen hat seine alte Richtung von oben nach unten aufgegeben und hiermit auch seine Funcion, den Unterkiefer gegen den Oberkiefer zu heben, als Unterstützer des Masseter und Temporalis. Er ist also functionell vollkommen ein Ge- nosse des Externus geworden. Diese Umwandlung seiner verticalen Verlaufsrichtung in die horizontale ist offenbar dem Schwund des auf- steigenden Kieferastes zuzuschreiben, wodurch der ventrale Rand des Unterkiefers gegen die Schädelbasis in die Höhe gerückt und in die gleiche horizontale Ebene mit dem Ursprung des Muskels am Pterygoid etc. gelangt ist. Das ungewöhnliche Uebergreifen des Pterygoideus auf das Periost der Bulla ist bisher nur noch bei Myrmecobius be- obachtet. Geschichtliches. Rapp (1837) beschreibt die Pterygoidei der Zahnwale zuerst, den Externus im Allgemeinen richtig, den Internus jedoch sehr unvollständig; doch bemerkte er schon sein Uebergreifen auf die Bulla. Srannius (1849) findet bei Phocaena den Externus, wie ihn Rapp fand, den Internus lässt er an der Innenseite des hintern Theiles des obern Unterkieferrandes sich befestigen. MURIE (1874) beschreibt die Pterygoidei bei Globiocephalus in sehr dürftiger, aber im Ganzen zutreffender Weise. v. Kosraneckr (1891) sah bei Phocaena und Delphinus delphis den Internus bereits vom Let. pterygo- ideum entspringen. Den lateralen Ansatz des Internus fand er bei Phocaena am untern Rande des Unterkiefers und beim Delphin am Fettkörper; im Uebrigen aber kann man sich keine klare Vorstellung von seiner Schilderung machen. v. Kosraneckr glaubt nun, dass die Fasern der Pterygoideus internus, welche von dem besagten Ligament Zool. Jahrb. XIX. Abth, f. Morph. 16 238 GEORG BOENNINGHAUS, entspringen, eröffnend auf das distale Ende der Ohrtrompete wirken können. Das ist aber gänzlich ausgeschlossen, denn das scharf ge- spannte Ligament ist der fixe Ansatzpunkt des Internus. Es ist auch vollkommen überflüssig, denn das distale Ende der Tube klafft schon von selbst (cf. Ohrtrompete). Endlich ist es auch schwer denkbar, dass beim Kauen eine Eröffnung der Ohrtrompete stattfinden sollte, da sie doch bei allen übrigen Thieren nur beim Schlingen eintritt (ef. Ohrtrompete). ZUCKERKANDL (1886) hatte offenbar dieselbe Ansicht von der Wirkung des Internus auf die Tube, nur verkannte er ihn und hielt ihn für den Tensor palati. Der Tensor palati ist allerdings mit seiner hintern Hälfte bei allen übrigen Säugethieren an dieser Stelle, d. h. zwischen Pterygoideus int. und Tube, zu finden, nur nicht beim Wal, wie wir sehen werden. 3. Die Ohrtrompete. a) Morphologie. Vergleichende Anatomie der Öhrtrompete der Säuge- thiere. Die Ohrtrompete ist der Canal, welcher den Nasenrachen- raum mit der Paukenhöhle verbindet. Wie diese, entsteht sie aus der ersten Schlundspalte, welche sich in ihrem proximalen Abschnitt zur Tube verengert, während sie im distalen Abschnitt weit bleibt und zur Paukenhöhle wird. Die Tube besteht im Allgemeinen aus einem häutigen, proximalen und aus einem knöchernen, distalen, der vordern Paukenwand angehörigen Abschnitt. Der uns hier haupt- sächlich interessirende häutige Theil der Tube der Säugethiere ist stets scheidenförmig, was aus den Zeichnungen von RÜDINGER und ZucKERKANDL hervorgeht. Die Breitseiten der Tube haben im Allgemeinen eine laterale und mediale, die Kanten eine dorsale und ventrale Lage. Die dorsale Kante pflegt durch festes Bindegewebe der Schädelbasis angeheftet zu sein. Der Verlauf der Tube ist im Allgemeinen ein gestreckter und horizontaler. Die häutige Tube erhält in der Regel als Stütze Knorpel, der ihr aufgelagert ist. Der Knorpel besteht aus einer die Medianseite der häutigen Tube deckenden Platte, welche sich noch über die dorsale Kante hakenförmig hinwegkrümmt und auch den dorsalen Theil der lateralen Seite bedeckt. Die Tube hat zwei Muskeln, den Tensor veli und Levator veli. Functionell steht aber nur der Tensor mit ihr in Beziehung, und zwar als Dilatator. Der M. dilatator tubae entspringt von der Spitze des lateralen Knorpelhakens, schlingt sich um den Hamulus pterygeideus des harten Gaumens herum, um an der sehnigen Platte des weichen Gaumens, welche die hintere Fortsetzung des harten Gaumens bildet und dem beweglichen Theil des weichen Gaumens den Ursprung liefert, Das Ohr des Zahnwales. 239 sich anzusetzen. Trotz seiner Bezeichnung als Tensor veli hat dieser Muskel keine Einwirkung auf die Bewegung des Gaumensegels, da ja sein Ansatzpunkt, die Gaumenaponeurose, unbeweglich ist. Der Gaumen- ansatz ist also der fixe Punkt des Muskels. Seine Züge treten von aussen her schräg an den Tubenhaken heran, bei der Con- traction muss der Muskel daher den lateralen Tubenhaken von der medianen Platte abziehen und die Tube eröffnen. Diese Function theilte dem Muskel schon sein Entdecker Vatsatva zu: „Nam si musculus iste leviter digitis trahitur, tunc nasi interna foramina tubaque Eustachiana dilatantur“ (p. 34). Aber erst Porırzer erbrachte den physiologischen Nachweis für diese Function des Muskels durch Reizung seines Nerven, des Trigeminus. — Der M. levator veli entspringt am Boden der Tube — und zwar ebenso wie der Dilatator in deren ganzer Länge — und befestigt sich an dem Gaumensegel derartig, dass innerhalb des- selben der Levator der einen Seite schlingenförmig in den der andern Seite übergeht (v. Kostanecki). Der fixe Punkt ist der nur wenig bewegliche Tubenboden, der bewegliche Punkt aber das Gaumensegel. Wegen seines parallelen Verlaufs mit der Tube ist eine Wirkung auf dieselbe bei seiner Contraction ausgeschlossen. Bewiesen wird das beim Menschen dadurch, dass beim Phoniren (cf. physiolog. Bemerkungen), wobei ja der Levator, nicht aber der Tensor sich con- trabirt, die Tube geschlossen bleibt, dass ferner bei der Lähmung des Levator (Gaumensegellähmung) die Eröffnung der Tube durch den Tensor prompt von Statten geht. Abweichungen von diesem Durchschnittsverhalten der Tube sind häufig und zum Theil nicht unwichtig für die Auffassung der Cetaceentube: 1) Ornithorhynchus hat überhaupt keine Tube (Rünınger, ZUCKERKANDL, v. Kostaneck1), und die Verbindung zwischen Rachen und Paukenhöhle wird, wie bei den Anuren, hergestellt durch ein ein- faches Loch an der Seitenwand des Rachens, welches wahrscheinlich nicht verschliessbar ist. Der letztere Umstand repräsentirt, wie aus den physiologischen Betrachtungen hervorgehen wird, functionell einen niedern Zustand. — Auch Myrmecophaga jubata soll nach Hyerı keine Ohrtrompete, ja nicht einmal eine Verbindung von Rachen- und Pauken- höhle haben. Das schloss Hyrrı daraus, dass er am macerirten Schädel die Paukenhöhle vorn vollkommen geschlossen fand. Die Annahme Hyerr’s ist aber von vorn herein sehr unwahrscheinlich, denn wo eine Paukenhöhle ist, findet sich auch eine Verbindung zwischen dieser und dem Rachen. Die Tube kann nur bei Myrmecophaga nicht wie bei den übrigen Säugethieren am vordern Pol der Bulla in diese einmünden. Denn der Nasenrachenraum ist bei diesem Thier dadurch sehr weit nach hinten gerückt, dass die Pterygoide ventral sich zusammenschliessen und, in ähnlicher Weise wie bei den Zahnwalen, den harten Gaumen nach hinten verlängern. Diese Verlängerung ist so stark, dass die hintere Kante des harten Gaumens fast in einer transversalen Linie mit dem hintern Bullarande liegt. Wenn man also nach einem Orificium tubarium bullae am Schädel dieses Thieres sucht, muss man es im 16* 240 GEORG BOENNINGHAUS, hintern Theil der Bulla suchen, und thatsächlich ist hier am Boden der Bulla ein Loch, welches aller Wahrscheinlichkeit nach der Tube den Eintritt in die Bulla gewährt. 2) Die membranöse Ohrtrompete ist an ihrer untern Kante nicht zu einer Scheide geschlossen, sondern ver- harrt in ihrem embryonalen sackartigen Zustand. Ein derartiger Tuben- sack ist bisher bekannt beim Pferd und Esel (alte Beobachtung), beim Tapir (ZucKERKANDL), beim Klippschliefer (Branpr und GEorGE), bei der Fledermaus (Rünınger). Von der physiologischen Bedeutung dieses Sackes wird später die Rede sein. 3) Der laterale Knorpelhaken fehlt den Raubthieren mit Ausnahme der Feliden (Rünınger), der Tensor entspringt in diesen Fällen von der lateralen Wand der häutigen Tube. Der Rüsselbär (ZucKERKANDL) hat nur eine schwache Einlagerung von Knorpel in die mediale Wand. Den Beutelthieren, den Eden- taten und der Echidna fehlt der Tubenknorpel voll- kommen (ZUCKERKANDL, v. KosTAnecks). 4) Der Dilatator tubae setzt sich bei Dasypus sexcinctus nicht (?) an die Tubenwand an, nicht an die Gaumenaponeurose beim Hirsch (v. K.). Er fehlt bei Bradypus didactylus und Choloepus didactylus (v. K.), ist aber bei der Fleder- maus vorhanden (v. K.), wo Rüpisser ihn nicht fand. — Der Levator veli kommt beim Pferd (Rüpınser) nicht vom Tubenboden, da dieser ja fehlt, sondern wie der Dilatator vom Knorpelhaken und ist hier vielleicht zugleich Erweiterer der Tube. 5) Mensch, Pferd und Hirsch haben noch einen 3. Tubenmuskel, den M. salpingo- pharyngeus. Er entspringt an der medialen Knorpelwand der Tube, und zwar am proximalsten Abschnitt derselben, welcher in den Nasen- rachenraum hineinragt, und geht in den Palato-pharyngeus über. Er zieht die mediale Wand des Tubenostiums von der lateralen ab und hilft dadurch das Ostium pharyngis tubae erweitern. Beim Menschen ein sehr schwacher und wenig functionsfähiger Muskel, ist er beim Pferd sehr stark und offenbar der Haupteröffner des in der Ruhe ge- schlossenen pharyngealen Tubenostiums. Für die Physiologie sehr wichtig ist die Frage, ob die Tube im Ruhezustand geschlossen sei oder nicht. Beim Menschen nahm man seit Toynper (1853) an, dass sie geschlossen sei, bis RÜDINGER (1865) mit der Behauptung hervortrat, dass dies ein Irr- thum sei. Er fand an der menschlichen Leiche den direct unter dem Knorpelhaken gelegenen Theil der Tube geöffnet und nannte ihn die „Sicherheitsröhre“. Uebereinstimmend mit der bisherigen Anschauung aber fand er die übrige Tubenspalte geschlossen und nannte den ge- schlossenen Theil „die Hilfsspalte“. v. TrourscH widersprach dem partiellen Geöffnetsein und suchte die Frage generell durch die ver- gleichende Anatomie zu entscheiden. Das Resultat war, dass er bei den untersuchten Säugethieren die Tube geschlossen fand. RüÜDINGER wiederholte und erweiterte diese Untersuchungen von v. TröLtsch, An- fangs mit dem Erfolg, der seiner ursprünglichen Ansicht Recht gab, und zwar für Kalb, Ziege, Schaf, Reh, Hirsch, Pferd, Katze, Tiger und Löwe, bis schliesslich die Tube des Schweines und des Marders, die keine „Sicherheitsröhre“ aufweisen, seine Ueberzeugung ins Wanken PR er Das Ohr des Zahnwales. 241 brachte. Er revidirte jetzt seine frühern Untersuchungen und trat seinen Rückzug an, der einer gewissen unfreiwilligen Komik nicht entbehrt. Zunächst (1869) gab er beim Menschen zu, dass die Tube, wenigstens im mittlern Theil ihres Verlaufs, wie es der Thatsache entspricht, ge- schlossen sei, aber bei alten Leuten klaffen könne. Dann (1870) gab er wenigstens die Möglichkeit des Geschlossenseins aus der Anzahl der früher untersuchten Thiere beim Pferd, Hirsch, Reh und der Ziege zu und blieb nur für Schaf, Katze, Tiger und Löwe bei seiner ursprüng- lichen Anschauung. Es scheint nun, als ob die Wissenschaft nach dieser Erklärung Rünınser’s über diese Frage zur Tagesordnung über- gegangen sei, wenigstens nehmen die Zoologen, soweit sie sich darüber äussern, die Tube am Cadaver jetzt als geschlossen an; auf physio- logischem Gebiet aber ist der Streit um den Ruhezustand der Tube noch nicht ganz geschlichtet (cf. später). — Betrachtet man heute die Anschauung Rüpınger’s mit dem Auge der Kritik, so muss man Fol- gendes sagen: Es kommt für die physiologische Bewerthung der Verhältnisse, auf die ja die ganzenin dieser Rich- tung unternommenen anatomischen Untersuchungen hin- zielen, nicht darauf an, ob die Tube in ihrer ganzen Aus- dehnung, sondern ob sie an irgend einem Punkte ihres Verlaufs im Ruhezustand geschlossen sei, und zwar durch einfaches Aneinanderliegen ihrer Wände, etwa in der Weise, wie die Wände der Urethra an einander liegen, denn einen Schliessmuskel der Tube kennen wir nicht. Diese Frage ist nun nicht an der heraus- genommenen und in Serienschnitte zerlegten Tube zu entscheiden, wie RÜDINGER es versuchte, denn durch diese Manipulationen kann künst- lich ein Klaffen der Wände erzeugt werden, welches in Wirklichkeit nicht besteht. Deshalb ist die Untersuchung in situ, wie sie v. TRÖLTSCH vornahm, allein entscheidend. Man kann nun heute sagen, dass die Tube am Cadaver geschlossen ist, entwederinihrem ganzen Verlauf, z. B. beim Schwein, Marder und Dachs, oder wenigstens an einer Stelle ihres Verlaufs. Die Lage dieser Stelle ist verschieden. Beim Menschen z. B. befindet sie sich in der Mitte des Verlaufs der Tube, beim Pferd an ihrer pharynge- alen Mündung. Die Tube von Phocaena ist ein häutiges Rohr von nur 0,5—0,8 mm Wandstärke, welches des Knorpels und der Muskeln fast gänzlich entbehrt. Das pharyngeale Tuben- ostium bildet einen senkrechten, etwas schräg von vorn nach hinten gerichteten Spalt mit oberm spitzen und unterm abgerundeten Winkel. Das Tubenostium und der ihm zunächst gelegene, etwa 1 cm lange Theil der Tube ist am Cadaver geschlossen. Die übrige Tube aber klafft von Wand zu Wand 0,1 bis 0,15 mm weit. Die Tube ist im Allgemeinen scheidenartig gebaut, hat eine mediale und laterale Breitseite und eine dorsale und ventrale 242 GEORG BOENNINGHAUS, Kante. Im Uebrigen aber ist sie ganz eigenartig verändert, und wir wollen diese Veränderung von vier Gesichtspunkten aus besprechen. 1) Die Veränderung der Richtung der Tube. Nur der distale Theil der Tube hat seine ursprüngliche Lage beibehalten. Der proximale Theil hingegen zieht in einem gleichmässig abgerundeten Bogen nach oben (5 Fig. 6, Taf. 13). Diese Krümmung der Tube ist die Folge davon, dass der knöcherne Nasenrachenraum, an dessen Seite das pharyngeale Ende der Tube befestigt ist, sich in Folge der Drehung des Präsphenoids mit nach oben gedreht hat (cf. „Rachen“, Cap. „Das Präsphenoid“). — Die Tube ist nun sehr lang, denn die gerade Linie, welche die Tubenenden mit einander verbindet, misst 41/,—6 cm. Das ist nicht so sehr die Folge der Drehung des Prä- sphenoids wie seiner gleichzeitigen Verlängerung. In Folge der Auf- wärtsdrehung der Tube und dieser im Verhältniss zur Grösse des Thieres enormen Länge derselben liegt nun die pharyngeale Tubenöffnung sehr hoch. Man hat theils desshalb, theils aus dem Grunde, weil die knöcherne Begrenzung des Nasenrachenraums bei den Zahnwalen zu einem Rohr geschlossen ist, angenommen, dass die pharyngeale Tubenöffnung dieser Thiere in der Nase liege. Das ist aber nicht der Fall, denn sie liegt unterhalb der gekrümmten Choanalfläche (Fig. L a, b) welche das knöcherne Rachenrohr von dem Nasenrohr trennt. 2) Die Veränderung der Beziehung der Tube zur Um- gebung. Der proximale Abschnitt der Tube liegt, wie immer, an der Innenseite des Pterygoids, der distale Antheil aber gelangt durch die Incisura tubaria, welche durch das Lgt. zu einem Fenster ge- schlossen ist, auf die Aussenseite des Pterygoids (cf. Fig. 6, Taf. 13). Das kommt sonst nicht vor. Es ist das die Folge der starken Ver- längerung des Pterygoids nach hinten. Wir treffen diese bei den Zahnwalen und bei Myrmecophaga. In beiden Fällen aber hat sich die Tube diesem Verhältniss in verschiedener Weise accommodirt. Bei Myrmecophaga bleibt sie gänzlich auf der Innenfläche des Pterygoids, kann aber deshalb, wie erwähnt, die Bulla erst in ihrem hintern Theil erreichen. Bei den Zahnwalen aber durchbohrt die Tube das lange Pterygoid und kann so die Bulla zwar von vorn erreichen, gelangt aber natürlich dabei an die Aussenfläche des Pterygoids. — Der pro- ximale Abschnitt liegt ferner mit seiner medialen Breitseite dem musculösen Rachenschlauch ein ganzes Stück weit bis zu seinem Verschwinden in die Incisura tubaria direct an (cf. Fig. 6). Das ist die Folge davon, dass durch die Drehung Das Ohr des Zahnwales. 243 und Hebung des Nasenrachenraums nicht nur die Tube, sondern auch der Rachenschlauch mit in die Höhe in das enge knöcherne Rachenrohr gezerrt wurde. Ein derartiges längeres Nebeneinanderliegen von Rachenschlauch und Tube kommt sonst nicht vor, denn die Tube schlägt, bald nach ihrem Ursprung aus dem Rachen, gewöhnlich eine horizontalere und mehr nach hinten aussen gehende Richtung ein, als sie der Rachen einschlägt. Dieses scheinbar unwesentliche Aneinander- liegen von Tube und Rachenschlauch ist für die Eröffnung der Tube wichtig, wie wir später sehen werden. — Der distale Abschnitt der Tube liegt nicht wie sonst der Schädelbasis direct an und ist nicht > DENTS SANS Les Rie cree TOA Er Y < VS IS BS Fig. P'. Schemata der Entwicklung des Visceralskelets. a. Links Visceralbogen. Art. quadrato-mandibularis im Kieferbogen (Afb) vor der 1. Schlundspalte unter der Anlage der 1. Thymusknospe 7A,. Hinter dieser Spalte der ventrale Schleimhautast des Facialis (Cht), dem Hyoidbogen (Hy) angehörig. Diesem fehlt ein Arterienbogen. Hinter der 2. Schlund- (1. Kiemen-)Spalte unter 74,, der Anlage der 2. Thymusknospe, der 1. Kiemenbogen mit Glossopharyngeus und 1. Kiemenarterie und -vene. Die 3. Kiemenvene und -arterie sind noch nicht gebildet. Rechts. Lage der Ganglien des V., VII.-VIIL, IX. und X. zu den Anlagen der Thymusknospen (7h,__,), zu den dorsalen Muskelanlagen der Visceralbogen (mit gekreuzten Strichen bezeichnete Felder) und zu der Carotis interna (C.i), welche oral von Th, die Art. quadrato-mandibularis, oral von Th, und Th, die 1. und 2. Kiemenvene aufnimmt. Gbl Gehörbläschen, 2., 3. KBN 2., 3. Kiemenbogennerv, Thy lhyreoïidea, Ao Aorta, V Ventrikel, A Atrium. b—e. K Kieferbogen, H Hyoidbogen, 1.—/. Kb 1.—4. Kiemenbogen. Plica hyo- mandibularis und Thyreoidea schraffirt. Truncus arteriosus, Kiemenarterien nnd -venen quer gestrichelt. Schlundtasche und tritt dann in den Kieferbogen über, sondern sie verläuft in ihrer ganzen Länge im Kieferbogen vor, rostral von der 1. Schlundspaltenanlage. Ihr ventraler medialer Theil bildet sich zu- rück, ohne auch nur vorübergehende Verbindung mit irgend einem Theil der sich völlig neu bildenden Carotis externa zu haben. Ein Blick auf die Fig. P! zeigt sofort, dass die Arteria carotis externa einen völlig andern Verlauf hat als der mandibulare Arterien- Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen, 591 bogen. Der topographische Ort, an welchem seine Ueberbleibsel zu suchen wären, führt dorsal von dem Stiel der Thyreoidea (III der Fig. P!) vom Truncus arteriosus bis zur Plica hyomandibularis, dann hinter dieser oral am Hyoidbogen seitlich bis zum hintern Ende des Unterkiefers, und hier würde der Uebergang in den bleibenden Theil des 1. Arterienbogens, in die Arteria quadrato-mandibularis, zu suchen sein. Die Carotis externa verläuft aber Anfangs lateral von dieser Linie in einem Gebiet, das nach dem Schwund des 1. Arterienbogens erst zur Ausbildung gelangt, und kreuzt sie später mit ihren End- ästen. Ihre Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit der des M. rectus hypobranchialis, den sie lateral überall begleitet und mit ihren Aesten versorgt. Von dem 1. Arterienbogen bleibt dagegen eine wichtige und sämmt- lichen Urodelen, zum Theil dauernd, zum Theil vorübergehend, eigene Arterie zurück, die Arteria quadrato-mandibularis; sie geht aus dem dorsalen Theil des Arterienbogens hervor. MAURER kannte diese That- sache nicht. Die Untersuchung einiger Stadien der Entwicklung von Triton bot mir Gelegenheit, diese Differenzen weiter zu prüfen 1). Bei einer Larve von 5 mm Länge bildet der erste von F. MAURER als Arteria hyomandibularis bezeichnete Arterienbogen noch ein mäch- tiges Gefäss, welches vorn aus dem Truncus entspringt und fast trans- versal, nur ein wenig schräg nach rostral und dorsal zur Carotis in- terna verläuft. Etwa in der Mitte seines Verlaufs entsendet es ein Gefäss in das Rusconi’sche Häkchen, dessen Rücklauf auch ich nicht sicher ermitteln konnte. Oral von der Austrittsstelle aus dem Truncus arteriosus, in der Gabelung des Gefässes, liegt die Anlage der Thyreoidea. Lateral von ihr grenzt das Mesoderm des Kieferbogens an das Ento- derm an, welches hier im ventralen Bereich keinerlei Taschenbildung aufweist. Hyoid- und Kieferbogen sind hier nicht mehr von einander durch die Verbindung des Entoderms mit dem Ektoderm geschieden. Der 1. Arterienbogen liegt unmittelbar vor dem Hyoidbogenmesoderm, wie auch MAURER angiebt. Was ihn zu der Angabe veranlasst haben mag, dass der Arterienbogen dicht hinter der 1. Schlundtasche ver- laufe, ist mir unerfindlich. Irgend eine Erweiterung der Kopfdarm- höhle, die dafür angesprochen werden könnte, ist weder in diesem Stadium noch in einem der jüngern von 3,5 und 4,0 mm Länge vor- 1) Ich verdanke 4 derselben Herrn Dr. KorscH; sie massen 3,5, 4,0, 5,0 und 5,5 mm. 2 etwas ältere Stadien erhielt ich von Herrn Dr. Roruic. Ich selbst besass eine grössere Zahl älterer Larven von 9 mm Länge an. 592 L. DRÜNER, handen. Dorsal von der Abgabe des Astes für das Ruscont’sche Häkchen biegt sie vor der nie zum Durchbruch kommenden 1. Schlundspalten- anlage, die etwa die gleiche Beschaffenheit zeigt wie die von Siredon in Fig. G abgebildete, medial um und ergiesst sich in die Carotis in- terna. Bei dem 5,5 mm langen Triton ist auch die letzte Verbindung zwischen Epithel der Kopfdarmhöhle und Epidermis im Bereich der 1. Schlundspalte verloren gegangen. Die Arterie verläuft aber auch hier vor dem dicken, soliden Entodermzapfen, aus dem die 1. Thymus- knospe hervorgeht. Auch hier liegt dieser natürlich dem VII.-Ganglion ventral an. Ein Lumen bekommt dieser Entodermzapfen in keinem Stadium seiner Entwicklung, auch nicht in den jüngern von 3,5 und 4,0 mm Länge, aber seine Berührung mit dem Ektoderm ist hier eine breitere und reicht etwa bis zur Hälfte des Hyoidbogens nach ventral, so wie wir es am 10. Tage bei Siredon finden. Der Arterienbogen liegt wie dort, so auch hier bei Triton unmittelbar vor dieser Be- rührung der beiden’ Keimblätter. Dass in jüngern Stadien diese Ver- bindung noch weiter nach ventral reicht, ist anzunehmen. Ich konnte dies aber an dem jüngern Stadium von 3,5 mm Länge nicht feststellen, da die Serie defect war. Siredon und Triton unterscheiden sich also darin, dass der erste mandibulare Arterienbogen bei Triton relativ längern Bestand hat. Während er sich bei Siredon etwa gleichzeitig mit der Lösung der Verbindung zwischen Ekto- und Entoderm im Bereich der 1. Schlund- spalte rückbildet und nur sein dorsaler Theil als Arteria quadrato- mandibularis übrig bleibt, erhält sich bei Triton auch die ventrale Verbindung mit dem Truncus arteriosus länger als die 1. Schlund- spaltenanlage. Dieser relativ längere Bestand des Arterienbogens fällt mit der stärkern Ausbildung des Rusconr’schen Häkchens zusammen, das bekanntlich auch bei ältern Larven, welche bereits 4 offene Kiemenspalten und knorpelige Kiemenbogen haben, noch vorhanden ist. Die Arteria quadrato-mandibularis verläuft in diesen Stadien wie bei Siredon oral von der 1. Thymusknospe, die ventral dem VII.- Ganglion anliegt und eine birnförmige Gestalt mit schmalem, dem Pharynxepithel ansitzendem Stiel hat. Sie besteht aus Zellen, die mit Dotterkörnchen noch voll gepfropft sind. Caudal von ihr liegt der N. alveolaris, die Chorda tympani. Hinter dem Quadratknorpel theilt sich die Arterie in die auch bei Siredon gefundenen Arterien des Unterkiefers und der Gegend hinter dem Quadratknorpel und giebt einen kräftigen Ast für das Rusconrsche Häkchen ab. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 593 Die Carotis externa ist um diese Zeit längst gebildet und hat denselben Verlauf wie bei der ausgebildeten Larve. Zwischenstadien zwischen diesem und dem 5,5 mm langen fehlten mir, und ich war daher ausser Stande, die Bildung der Carotis externa und die Rückbildung des 1. Arterienbogens bei Triton zu verfolgen, habe aber nach Feststellung der Uebereinstimmung der besprochenen Stadien von Triton mit denen von Siredon keinen Grund anzunehmen, dass Maurer’s Darstellung für Triton das Richtige trifft. Auch bei ältern Larven bleibt die Arteria quadrato-mandibularis noch erhalten. Ich bildete sie in fig. 47 art des I. Theils dieser Arbeit ab. Sie liegt vor dem Epithelzapfen (Spl), dessen Auffassung als Rudiment der 1. Thymusknospe nun volle Berechtigung hat. Hinter dem Epithelzapfen verläuft der N. alveolaris. Neben der Arteria quadrato-mandibularis hat sich aber schon eine neue Arterie entwickelt, die Arteria mandibulo-jugularis (A.m.j Fig. 52 des I. Theils), die das Gebiet der sich rückbildenden Arteria quadrato- mandibularis durch Anastomosenbildung übernimmt. In Fig. 47 ist der mediale Unterkieferast dieser Arterie bei a.m.m quer getroffen. Noch früher kommt bei Salamandra maculosa die Arteria quadrato- mandibularis zur Rückbildung. Bei 15 mm langen Embryonen ist sie noch die einzige die Unter- kiefergegend versorgende Arterie. Bei der Geburt der Larven aber findet man von ihr nichts mehr. An der Stelle ihres Ursprungs von der Carotis externa entspringt jetzt die Arteria petrosa lateralis. Dass auch die Larven der Anuren eine Arteria quadrato-mandi- bularis haben, deren Verlauf und Verbreitung mit der der Urodelen im Wesentlichen übereinstimmt, wurde bereits im Anhang 2, I. er- wähnt. 594 L. DRÜNER, Anlage VIII Zungenbein- und Kehlkopf-Skelet, -Muskeln und-Nerven von Cryptobranehus japonicus. Von Cryptobranchus japonicus stand mir ein kleines, 36 cm langes Exemplar zur Verfügung, das ich lebend erhielt. Es wurde vom Bulbus arteriosus aus in der früher !) bereits bezeichneten Weise durch Injection mit Sublimat-Essigsäure fixirt und in Alkohol conservirt. Von einem sehr grossen, ca. 160 cm langen Exemplar, das im Berliner Aquarium gestorben war, erhielt ich durch die Güte von Herrn Geh. Med.-Rath Prof. Dr. OÖ. HErTwIG ?) einen Theil des Kopfes mit Unterkiefer, Zungenbein und Kehlkopf. Hiervon konnte ich eben- falls die Musculatur darstellen, und durch einige Abweichungen von dem erst genannten Exemplar war die Untersuchung desselben mir von Wichtigkeit. Die Präparation der Nerven war an demselben nur un- vollständig durchführbar. Nach Abschluss dieses Theils der Handschrift erschien die Mono- graphie von OsawA?°), dem ein Material von 50 Cryptobranchus zur Verfügung stand. Meine Darstellung der Hyoid-Kiemenbogengegend ist trotzdem nicht überflüssig geworden, wie ich annehme. Nicht allein der Vollständigkeit der Uebersicht über die Grundlagen für meinen Vergleich wegen habe ich die Anlage VIII unverändert bestehen ge- lassen, obgleich vieles darin Mitgetheilte bereits von Osawa richtig erkannt und beschrieben wurde, sondern auch wegen der vielen Differenz- punkte, in denen mir Osawa’s Angaben zum Theil unvollständig, zum Theil ungenau zu sein scheinen, weil meine nur an 2 Exemplaren ge- wonnenen Untersuchungsergebnisse mit denen bei Menopoma, das ich an mehreren Exemplaren ungleich genauer bearbeiten konnte als Cryptobranchus, und mit denen bei den übrigen Urodelen zusammen- stimmen, während ich in Osawa’s an 50 Exemplaren gewonnenen Er- gebnissen manchen negativen Fund erkannt zu haben glaube. Und ein positiver Befund beweist ja mehr als unzählige negative; zwei 1) H. Braus u. L. Drüner, Ueber eine Methode grössere Thiere in toto histologisch zu fixiren etc., in: Jena. Z. Naturw., 1894. 2) Ich spreche auch hier für die liebenswürdige Unterstützung meinen ergebensten Dank aus. 3) Gacuraro Osawa, Beiträge zur Anatomie des japanischen Riesen- salamanders, in: Mittheilungen aus der medicinischen Facultät der Kais.-japanischen Universität zu Tokio, V. 5, No. 4, Tokio 1902. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 595 an verschiedenen Exemplaren festgestellte übereinstimmende und mit Menopoma gleichartige Befunde sind aber erst recht befugt, gegen 50 negative in Concurrenz zu treten. Ich habe die Abweichungen meiner Befunde von denen Osawa’s zum Theil kenntlich gemacht. 1. Das Zungenbein- und Kehlkopf-Skelet. Das Skelet des Zungenbeins wird aus dem Hyoidbogen, dem 1. und 2. Kiemenbogen und der Copula zusammengesetzt. Der Hyoidbogen zeigt in seinem Bau grosse Uebereinstimmung mit dem von Menopoma. Er besteht aus einem Ceratohyale, einem Hypohyale und zwischen den Hypohyalia beider Seiten auch einem von der Copula abzuleitenden, hier ungetheilten Knorpelstück. Das Ceratohyale unterscheidet sich von dem von Menopoma nur durch das Fehlen der Verknöcherung im dorsalen und hintern Drittel. Es zeigt, wie jenes, eine Rolle am dorsalen Ende, welche von straffem Bindegewebe überzogen wird und ein Gleitlager für die tiefe dritte Abtheilung des M. cephalo-dorso-mandibularis darstellt. Sie liegt einem Knorpelvorsprung, Processus hyoideus, des Quadratknorpels, wie bei Menopoma, lateral und ventral an und ist mit diesem und dem Quadratum durch ein mächtiges Band, Lig. hyoquadratum, verbunden, welches sich nach ventral in eine allmählich breiter und schlaffer werdende Membran fortsetzt, die zwischen seitlicher Kante des Cerato- hyale und Mandibula ausgespannt ist. Diese Membran ist oral vom Ursprung des M. interhyoideus besonders kräftig entwickelt (L. hm. a Fig. Q'). Die ganze äussere Kante des Ceratohyale begleitet ein dickes Bindegewebspolster. Vom hintern Ende der Rolle am dorsalen Ende des Ceratohyale geht ein zweites, sehr kräftiges Band, Lig. hyovertebrale, aus, welches sich nach caudal und medial in eine mächtige, breite Aponeurose fortsetzt. Diese liegt ventral der hyp- axonischen Längsmusculatur der Wirbelsäule auf und ist mit den beiden Aortenbogen und der Aorta selbst fest verwachsen. Von der Muscu- latur ist sie durch loses Bindegewebe geschieden, heftet sich dagegen mit straffen Faserzügen an die Muskelsepta und in der Mittellinie an die Körper des 1.—4. Wirbels. Auch mit dem Parasphenoid ist sie fest verbunden. Ein drittes Band entspringt ventral von dem vorstehenden von der Hyoidrolle und heftet sich an der Spitze des Ceratobranchiale 1 an, Ligamentum ceratohyoideum. Es ist nicht sehr. kräftig und ziem- lich schlaff, so dass es dem Ceratobranchiale 1 weite Excursionen ge- stattet. 596 L. DRÜNER, Auf diese Weise ist auch hier der Hyoidbogen an seinem Hinter- ende am Schädel unverschieblich befestigt. Die Verbindung lässt in- dessen eine Beugung zu. Das Vorderende des Ceratohyale bildet eine breite Knorpelplatte, an deren vorderern Kante lateral sich das Hypo- hyale ansetzt. Dieses ist, wie bei Menopoma, eine gebogene Knorpel- N \ A (iL hima. + Fig. Qt. Hyoid-Kiemenbogen- und Kehlkopf-Skelet von Cryptobranchus japonicus von der ventralen Seite gesehen. Bezeichnungen wie bei Menopoma. L.h.m.a Lig. hyo- mandibulare anticum. spange, welche in dem vordern Rande der Zunge eingebettet ist. Sie ist von festem Bindegewebe eingehüllt, das besonders an seiner vordern Kante mächtig entwickelt ist. An seinem medialen Ende ist das Hypohyale viel schmaler als an | | | | | Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 597 seinem lateralen und verbindet sich hier mit der bei Cryptobranchus ebenfalls in 3 Stücke getheilten Hyoidcopula. Dieser vordere abgesprengte Theil der Zungenbeincopula läuft nach caudal in eine stumpfe Spitze aus, von der ein dickes Band zu dem hintern Theil der Copula führt. Bei dem grossen, ca. 160 cm langen Exemplar ist die Zahl der den Hyoidbogen zusammensetzenden Knorpelstücke noch um eins ver- mehrt durch ein kleines Knorpelstückchen, welches medial neben dem Hypohyale dem vordern Rande des Ceratohyale aufsitzt und ebenfalls mit dem hintern Theil der Copula und den ihm anhaftenden Knorpel- platten durch feste Bandmassen verbunden ist. Bei dem kleinern Exemplar von 36 cm ist an seiner Stelle eine vorspringende Ecke vorhanden, deren Knorpel noch nicht von dem des Ceratohyale abgeschnürt, aber durch Bindegewebe von vorn her eingeschnürt erscheint. Der Knorpel ist mit den auch bei Menopoma am medialen Rande des Ceratohyale bisweilen vorhandenen Knorpelabsprengungen in Par- allele zu stellen. Der 1. Kiemenbogen bleibt wie der Hyoidbogen bei Crypto- branchus Zeit Lebens knorpelig. Er stellt in der Regel einen gleich- mässig dicken, auf dem Querschnitt ovalen, nach seitlich und ventral gekrümmten Knorpelstab dar, dessen Zusammensetzung aus einem Ceratobranchiale und Hypobranchiale, bei dem grossen Exemplar an der rechten Seite durch eine kaum kenntliche Trennungslinie nur noch angedeutet ist; es entspricht dies der Regel!). Bei dem kleinen, 36 cm langen Exemplar ist diese Trennungslinie dagegen noch sehr deutlich. An der linken Seite findet sich bei dem grossen, 160 cm langen Exemplar eine Abweichung, welche weiter unten mitgetheilt wird. Das ventrale Ende dieses Knorpelstabes verbindet sich durch eine ziemlich grosse Facies auricularis mit der Copula. Eine Gelenkhöhle ist nicht vorhanden. Die Befestigung geschieht durch Bindegewebe. Das dorsale Ende ist nach vorn durch das Ligamentum ceratohyoi- deum laterale (L.ch.l Fig. Q') mit der Hyoidrolle, nach hinten durch ein kurzes, straffes Band mit der Spitze des Ceratobranchiale 2 verbunden. Dieses Band setzt sich zwischen dem Ceratobranchiale 1 und 2 als eine breite Membran fort, Membrana intercartilaginea, welche das breite Fenster zwischen diesen beiden Skelettheilen ver- 1) Mehrere Skelette, die ich zu sehen Gelegenheit hatte, zeigten das gleiche Verhalten. 598 L. DRÜNER, schliesst und nur medial die bereits von den Salamandriden her be- kannte Lücke für den Durchtritt des M. rectus profundus lässt. Hier bildet die Membran also gegen den Muskel einen freien Rand, welcher durch besonders dicke, straffe Faserzüge verstärkt ist (L.ch.m Liga- mentum ceratohyoideum mediale). Sie geben einem Theil des M. cerato- hyoideus (internus), welcher das Ceratobranchiale 1 ganz in sich ein- hüllt, Ursprung. Der 2. Kiemenbogen besteht ebenfalls aus einem Cerato- und Hypobranchiale, deren einander zugekehrte Enden keulenförmig ver- dickt sind. Sie sind bei dem kleinen Exemplar durch eine Binde- gewebsschicht mit einander verbunden. Jeder der beiden Theile besteht hier aus einer knöchernen Dia- physe und knorpeligen Enden. Das dorsale Ende des Ceratobranchiale 2 läuft spitz zu und ist durch das bereits oben erwähnte Band (Z. ch. 1) mit der Spitze des Ceratobranchiale 1 verbunden. Das ventrale vordere Ende des Hypobranchiale 2 verbindet sich in der Mittellinie mit dem der andern Seite und mit der Hinterseite der Copula und ist hier in eine dicke Bindegewebsmasse eingebettet, welche als kurzes, straffes Band, Lig. hyolaryngeum, sich nach caudal zu dem bis hierher vor- gerückten Kehlkopf fortsetzt. Bei dem grossen Exemplar sind die beiden knorpeligen Epi- physen in der Mitte des 2. Kiemenbogens, welche die Verbindung zwischen Cerato- und Hypobranchiale 2 herstellen, völlig geschwunden. Die Verbindung ist hier eine knöcherne geworden. Die Grenze zwischen den beiden Skelettheilen wird durch eine Einschnürung noch markirt. Das dorsale Ende des Ceratobranchiale 2 und das ventrale des Hypo- branchiale 2 zeigen auch nur noch minimale Knorpelhütchen. Von der Hinterseite des Ceratobranchiale 2, von der Spitze an abwärts bis etwa zur Mitte desselben, entspringt ein mächtiges, breites Band, das Lig. branchio-pectorale, von dem die Pars ventralis des M. cephalo-dorso-pharyngeus entspringt und an dem die Partes dorsales 3 und 4 ansetzen. Es verläuft an der medialen Seite der Arterien- bogen ventralwärts und heftet sich mit seinem stärksten Strang hinter der Arteria pulmonalis an der 2. Inscriptio tendinea des M. rectus profundus fest. Ein kleinerer Zipfel geht weiter nach hinten zur 3. In- scriptio tendinea und verbindet sich hier mit der Sehne einer Ab- theilung des M. dorso-pharyngeus 4. Ausserdem finden sich noch 2 Bänder, von denen das eine den Schlitz zwischen 4. und 3. Arterien- bogen, das andere den Schlitz zwischen 3. und 2. Arterienbogen dicht am Rectus passirt. Beide Bänder sind ebenfalls Fortsetzungen des Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 599 Lig. branchio-pectorale und vereinigen sich ventral an der Inscriptio mit dem erst genannten stärksten Zipfel. Das grosse, ca. 160 cm lange Exemplar zeigt an der linken Seite eine beachtenswerthe Besonderheit. Der Knorpel des 1. Kiemenbogens ist an der Stelle der Ver- bindung zwischen Cerato- und Hypobranchiale 1 nach caudal mächtig verdickt, und beide Theile, die hier von einer tief eingeschnürten Trennungslinie noch deutlich geschieden sind, bilden gemeinsam eine in der Mitte eingezogene Verbindungsfläche mit einem Vorsprung am Hinterende des knöchernen Hypobranchiale 2, welcher auf diese Fläche genau passt. Beide sind durch Bindegewebe mit einander fest ver- bunden. Der Vergleich mit den Formen der Salamandridenlarven und Siredon deutet darauf hin, dass diese Verbindung wahrscheinlich bei der Larvenform von Cryptobranchus stets vorhanden ist. Die Copula besteht aus dem bereits oben beschriebenen abge- trennten vordern Stück, welches dem Hyoidbogen angehört, und einem hintern Stück. Letzteres (Cp, Fig. Q!) hat einen dicken Körper, zwischen den beiden Facies auriculares, den Verbindungen mit dem Hypobranchiale 2. An diesen Körper setzen sich nach vorn 2 fast symmetrische, flügelförmige Knorpelplatten an, welchen die Zungen- schleimhaut unmittelbar anliegt. Von diesen Knorpelplatten ist bei dem grossen Exemplar die linke von dem Körper der Copula durch eine Bindegewebsschicht getrennt. Ihre Oberfläche zeigt verschiedene Rauhigkeiten und Löcher zum Durchtritt von Gefässen und Nerven (Rr. linguales der Art. lingu- alis und des N. lingualis IX). Diese Knorpelplatten sind Homologa des hintern Radienpaares von Salamandra und des Hyoidbügels von Triton und Amblystoma. Osawa beschreibt nicht die bereits von HyrTL, allerdings nicht ganz vollständig erkannte und beurtheilte Gliederung des mittlern, von ihm als Copula bezeichneten Theils des Hyoidbogens und hat auch die medial dem Ceratohyale anhaftenden Knorpelstücke übersehen. Die bei Menopoma bereits von H. H. Wiper festgestellte Trennungs- linie im 1. Kiemenbogenknorpel, welche die Verwachsungsgrenze zwi- schen Cerato- und Hypobranchiale 1 bezeichnet, hat er ebenfalls bei Cryptobranchus nicht gefunden. Das Kehlkopfskelet wurde nur an dem grossen Exemplar untersucht. Der Kehlkopfeingang bildet einen Schlitz, dessen vorderes Ende unmittelbar auf die Verbindung zwischen den beiden Hypobranchialia 2 600 L. DRÜNER, in der Transversalebene folgt. Wie bereits erwähnt, geht von dieser Verbindung eine dicke Bindegewebsmasse aus, Lig. hyolaryngeum, welches sich zu beiden Seiten des Kehlkopfeingangs unmittelbar in die Umhüllung desselben fortsetzt. Führt man einen Sagittalschnitt durch den Kehlkopfeingang, welcher die Trachea längs schneidet, und macht man Querschnitte durch die Trachea, so erkennt man, dass die Trachea eın hohles Rohr bildet, welches von einer dicken, starren, ungegliederten Wand umschlossen wird, die nur an der ventralen Seite in der Mitte durch Bindegewebe unterbrochen ist. Dieses starre, nur in der ventralen Mittellinie durch Bindegewebe vervollständigte Rohr wird durch ein straffes Fasergewebe gebildet, welches dem der oben erwähnten Polster an den Rändern der Ceratohyalia gleich gebaut ist, aber ausser echten Bindegewebs- zellen vereinzelte Knorpelzellen und Nester von solchen enthält und hier und da die Structur des Faserknorpels aufweist. Die Wandung dieses Rohres geht ohne Unterbrechung und Gliede- rung in die des Kehlkopfs über. Der röhrenförmige Hohlraum endigt dort an der Stimmritze, welche schräg, von oral-dorsal nach ventral-caudal gestellt ist und einen Vorraum, das Vestibulum (A Fig. Q!), zwischen ihr und dem Kehlkopfeingang von dem laryngo-trachealen Hohlraum ( V) scheidet. Sie beginnt dicht hinter dem caudalen Winkel des Kehlkopfeingangs. Die Wände dieses Vor- raums liegen bei geschlossenem Kehlkopfeingang einander an. Sie werden von festem, aber von Knorpeleinlagerungen freiem Bindegewebe gebildet. Die Stimmritze bildet eine geradlinige Spalte. Die Starrheit ihrer Begrenzung verräth schon die Anwesenheit von Knorpel in ihr. Dieser Knorpel ist die Cartilago lateralis, welche auf Schnitten als aus hyalinem Knorpel bestehend erkannt wird und sich schon makro- skopisch von dem undurchsichtigen Fasergewebe der Umgebung ab- hebt. Der Knorpel ist auch leicht aus ihm zu isoliren. Er bildet eine viereckige, längliche Platte, deren äussere und innere Seite nahezu parallel sind. Am Winkel der vordern und äussern Seite ist sie am dicksten und trägt hier einen seitlichen Vorsprung, den Processus muscularis, an welchem die Sehne des M. dorso-laryngeus sich an- heftet. Die schräge vordere Seite bildet mit der medialen innern eine weit ausgezogene Spitze, welche nach vorn etwa bis zur Mitte des Kehlkopfeingangs reicht und hier dem Schleimhautepithel dicht anliegt. Von dieser Spitze erhebt sich nach dorsal und caudal ein Knorpelzipfel, welcher neben der dorsalen Mittellinie, von Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 601 dickerm Fasergewebe eingeschlossen, caudalwärts reicht und etwa halb so lang ist wie die viereckige Knorpelplatte, Processus trachealis (P.tr Fig. Rt), Er liegt hier neben dem gleichen Fortsatz der andern Seite, mit dem er an seinem Ende fest verbunden ist. Im Uebrigen aber befindet sich zwischen ihnen eine schlaffere Binde- gewebsschicht, welche ein Auseinanderweichen nach vorn gestattet. Die mediale Seite der viereckigen Knorpelplatte liegt in dem Stimm- band eingebettet und wird hier unmittelbar von der Kehlkopfschleim- haut überzogen. An dem ventralen und caudalen Ende der Stimm- ritze läuft die Knorpelplatte in einen längern Knorpelzipfel aus, welcher neben der ventralen Mittellinie mit dem der vordern Seite fest ver- löthet ist. Da, wo beide endigen, beginnt die ventrale Unterbrechung des Trachealrohrs. a b Fig. Rt, a Sagittalschnitt durch den Kehlkopf von Cryptobranchus. A Vestibu- lum, V Laryngotrachealraum, zwischen beiden die Glottis ; 4Ad.l Aditus laryngis, punk- tirt ist die Cartilago late- ralis und die Knorpelinseln im Trachealrohr. b Cartilago lateralis von Cryptobranchus. Pm Processus muscularis, P. tr Processus trachealis, von der Dorsalseite gesehen. Durch einen Zug am Processus muscularis wird die Stimmritze, ähnlich wie das Glockengewölbe bei Siredon, aufgeklappt, und ihre Seiten bilden nun einen nach oral und dorsal offenen Winkel, durch den der Weg von der Trachea zu dem gleichzeitig geöffneten Vorhof und Kehlkopfeingang führt. Unmittelbar hinter dem Muskelvorsprung führt um die Kehlkopfwand eine seichte Furche, in der der M. con- strictor laryngis liegt. 2. Muskeln. A. Die von VII, IX. X. versorgten Muskeln des Unter- kiefers, des Zungenbeins und Kehlkopfs. 1) M. cephalo-dorso-mandibularis (Cdm Fig. 26, 27). Ein mächtiger Muskel, welcher nach Entfernung der Haut noch von einer andern dünnen Muskellage, dem M. cephalo-dorso-pectoralis Zool. Jahrb. XIX, Abth, f. Morph. 39 602 L. DRÜNER, (Sphe) überdeckt ist und nur in seinen vordersten Theilen unter derselben hervorsieht. Erst nach ihrer Entfernung kann man ihn ganz über- sehen. Er stellt einen dreieckigen Muskel dar, welcher mit breiter Basis dorsal entspringt und seinen Ursprung nach hinten etwa ebenso _ weit ausdehnt wie der ihn deckende M. cephalo dorso-pectoralis. Die Spitze des Dreiecks liegt am Ansatz der dicken Sebne an dem hintern Vorsprung des Unterkiefers. In der Mitte des Dreiecks geht von der Spitze am Unterkiefer nach dorsal eine Sehnennaht, zu deren beiden Seiten die Muskelbündel gefiedert ansetzen, und dorsal von dieser Fiederung setzt sich ein Spalt im Muskel fort, aus welchem der R. jugularis VIL-+IX hervor- kommt. An seinem vordern Rande treten, wie bei allen Urodelen, die Nn. cutanei mandibulae lateralis und medialis zwischen ihm und Para- quadratum hervor. Wie bei Menopoma zerfällt der Muskel in 3 Abtheilungen: a) Eine hintere (Cdma), welche an der Fascie des M. cephalo- dorso-pectoralis ihren Ursprung etwa ebenso weit über den M. cephalo- dorso-pharyngeus nach hinten schiebt wie jener. Diese hintere Abthei- lung ist, wie bei Menopoma, von den beiden andern am Schädel ent- springenden durch einen weiten Spalt geschieden, den der M. lev. arcus branch. 2 mit seinem Ursprung an dem vordersten Theil der Fascia cephalo-dorsalis durchsetzt. Ventral von ihm tritt auch hier eine Vene hindurch, welche das Gebiet der V. jugularis externa mit dem der V. jug. interna verbindet. Die Faserrichtung ist schräg von dorsal und caudal nach ventral und oral. Der Muskel ist ziemlich dünn, aber breit und parallelfasrig. Seine Bündel bilden mit denen der vordern am Ansatz die bereits ge- nannte gefiederte Linie über dem hintern Kieferfortsatz. b) Die zweite, die vordere laterale (Cdmb) Abtheilung bildet mit der dritten, der mittlern und medialen Abtheilung (Cdme) eine engere Zusammengehörigkeit. Sie werden nur unvollständig vom R. ju- gularis VII+IX geschieden. Die vordere liegt mit ihrem Muskelbauch in der vom Paraquadratum gebildeten Rinne, an deren Rande sie, zum Theil die hintere deckend, entspringt. Nur die tiefsten Bündel sind mit denen der mittlern Ab- theilung am Ursprung verwachsen und gehen von der dorsalen und hintern Kante des Paraquadratum aus. Der Muskel ist viel mächtiger, breiter und dicker als die hintere Abtheilung. Nur ihre oberflächlichen Lagen bilden daher die Fiederung mit jener, während die tiefen eine Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 603 starke dicke Sehne aus sich hervorgehen lassen, die auch der dritten Abtheilung zum Ansatz dient. c) Diese (Cdmce) nimmt ihren Ursprung, unter der vordern verborgen, an dem hintern Rande des Paraquadratum und an der Seitenwand des Petrosum und steigt nur in ihren hintern Theilen an die Oberfläche, Ihr Muskelbauch wälzt sich über die vom dorsalen Ende des Cerato- hyale gebildete Rolle, welche von der Rinne des Paraquadratum, dem Lager der vordern Abtheilung, durch eine breite Leiste, den hintern Rand des Paraquadratum, getrennt ist. Die Faserrichtung ist auch hier im Einklang mit Menopoma schräg von oral und dorsal nach ventral und caudal. Sie wird durch die Rolle am Dorsalende des Ceratohyale nach ventral abgelenkt. Die Verkürzung dieser Abtheilung muss daher ausser einer Hebung des hintern Unterkieferfortsatzes auch eine Senkung des Hinterendes des Ceratohyale hervorrufen. Osawa trennt die schon von RugE mit gutem Grund unter- schiedenen Abtheilungen nicht. 2) M. interhyoideus. Auch bei Cryptobranchus fehlt noch die bei den Salamandriden vorhandene Zergliederung dieses Muskels in einen M. subhyoideus (genio-hyoideus lateralis WALTER) und einen M. inter ossa quadrata. Während sich bei Amblystoma eine gewisse Vorbereitung dieser Dif- ferenzirung darin fand, dass der Ursprung des Muskels sich vom Cerato- hyale auf das Ligamentum hyoquadratum fortgesetzt hatte, zeigt Cryptobranchus in dieser Richtung einen weitern Fortschritt in so fern, als hier auch das Quadratum selbst dem Muskel zur Anheftung dient. Seine zusammenhängende Ursprungslinie erstreckt sich von der hintern Seite des Quadratum zum vordern Ende der Rolle des Ceratohyale und von dort am vordern und seitlichen Rande desselben nach vorn bis etwas über die Grenze zwischen mittlerm und hinterm Drittel dieses Randes hinaus, also bis zum hintern Ende der Anheftung des Ligamentum hyomandibulare laterale. Die Ursprungsbündel bilden so ' eine nach vorn offene Tasche). Seitlich divergiren sie ähnlich wie bei Menopoma. Die am Qua- dratum entspringenden Bündel liegen zu hinterst und verlaufen rein transversal oder etwas nach caudal und medial zur Mittellinie, wo sie eine nach vorn sich verbreiternde Zwischensehne von den Faserenden 1) Vergl. G. Rue, Facialis, p. 306. Er bezeichnet die am Qua- dratum entspringende Portion mit C,hv(cr). 39* 604 L. DRÜNER, der andern Seite trennt. Die vom Ligamentum hyoquadratum ent- springenden Bündel folgen nach vorn, und die vom Ceratohyale aus- gehenden Fasern endlich bilden den vordersten Theil des Muskels, welcher schräg nach vorn und medial ausstrahlt, sich dorsal über den M. intermandibularis posterior schiebt, so dass sein vorderes Ende, von unten gesehen, von diesem überdeckt wird. Seine Fasern stossen vorn spitzwinklig in einiger Entfernung vom Unterkiefer in der Mittellinie zusammen und heften sich an die Zwischensehne, an welcher auch der M. intermandibularis posterior ansetzt. Wie bei Amblystoma und Menopoma wirkt er ausschliesslich als Zusammenschnürer und Heber des Mundhöhlenbodens, da Ansatz und Ursprung an für ihn unbeweglichen Skelettheilen angeheftet sind. Innervation vom R. jugularis VII + IX. 3) M. cephalo-dorso-pectoralis (Sphe Fig. 26). Aehnlich wie bei Menopoma gestaltet. Er entspringt breit in einer geschwungenen Linie an der Fascia cephalo-dorsalis. Seine Fasern verlaufen, den hintern Theil des M. cephalo-dorso-mandibularis mit seinem Ansatz am Unterkiefer deckend und sich hier mehr und mehr zu einem schmalen Muskelband zusammenlegend, ventralwärts und schliessen sich hinten an den M. interhyoideus an. Nur der vorderste Theil der Fasern nimmt Ansatz an der sehnigen, hier schmalen Linea alba der Mittellinie in der Fortsetzung des Ansatzes des vorge- nannten Muskels. Der grössere hintere Theil der Fasern befestigt sich an der Fascia pectoralis, welche hier mit der Haut fest ver- wachsen ist. Diese Ansatzlinie wird nach dorsal durch den hintern Rand des Muskels fortgesetzt. Die hintern Ränder verlaufen nicht rein transversal, sondern bilden einen stumpfen Winkel, dessen Schenkel sich nach dorsal weit caudal- wärts bis über die Gegend der Arterienbogen und den Ursprung des M. trapezius herüberlegen. An diesem ganzen hintern Rande ist die Haut fest mit der an die Mittellinie anschliessenden Fascia pectoralis verwachsen. Die Haut bildet hier eine Falte, hinter der ihre Farbe ventral etwas heller ist. In dieser Falte haben wir das Homologon der Kehlfalte der Salamandriden zu erblicken, welche durch die Ver- schmelzung des Randes des Kiemendeckels mit der Haut der Brust- gegend entstanden ist. Innervirt durch den R. jugularis VII + IX. Der Muskel wirkt als Zusammenschnürer der Gegend des hintern Unterkieferfortsatzes und als Heber des Mundhöhlenbodens. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 605 Auf der linken Seite trat an seinem hintern Rande dorsal in der Nähe des Uebergangs der Muskelfasern in die Sehnenfasern der Fascia cephalo-dorsalis eine starke Vene nach innen, welche sich aus 2 Venen sammelte, aus der medial vom Unterkiefer verlaufenden Vena mandi- bularis und aus der von der Augengegend kommenden Vena facialis. Die aus diesen beiden Theilen entstehende Vene ist die Vena jugularis externa, welche bei Salamandra maculosa im Wesentlichen die gleiche Lage hat. Der Verlauf der Vena mandibularis ist bei Salamandra nur in so fern ein anderer, als sie medial vom M. quadrato-pectoralis nach hinten zu ihrer Vereinigung mit der Vena facialis tritt, während sie hier bei Cryptobranchus ebenso wie bei Menopoma lateral von dem Homologon dieses Muskels, dem M. cephalo-dorso-pectoralis, liegt. An der rechten Seite trat die Vene dagegen zwischen den Fasern des M. cephalo-dorso-pectoralis etwa in seiner Mitte dicht am Ueber- gang in die Fascia cephalo-dorsalis nach innen durch einen Schlitz hindurch 4). Osawa bezeichnet die Mm. interhyoideus und cephalo-dorso-pecto- ralis zusammen als M. mylohyoideus posterior (wie J. H. FISCHER) und hat die guten Angaben G. RuGe’s über Ursprung und Ansatz nur unvollständig übernommen. 4) Eine Strecke weit hinter dem vorgenannten Muskel liegt ein nicht ganz so breites Muskelband, welches von der Fascia dorsalis entspringt und den hintersten Theil des M. trapezius bedeckt. Es umschlingt vor dem Schultergürtel, schräg nach vorn und ventral ge- richtet, den Körper dicht unter der Haut und setzt sich ventral an der Fascia pectoralis an. Ich bezeichne dasselbe als M. dorso- pectoralis (Dp Fig. 27). Die Wirkung muss die gleiche sein wie die des vorher beschrie- benen Muskels, nur auf weiter caudal gelegene Theile. Innervirt von Rr. accessorii des Truncus intestino-accessorius, welche sich um den hintern Rand des M. trapezius schlingen. Die Zugehörigkeit zum M. trapezius wird dadurch gekennzeichnet ?). 1) G. Rues, 1. c., in: Festschrift für C. GeGensAaur, scheint den gleichen Befund erhoben zu haben. Ein so starkes Auseinanderweichen der Faserbündel des Muskels, wie es Rue zeichnet (fig. 53 1. c.), habe ich nicht gefunden. Die Innervation beider Theile ist jedenfalls die gleiche aus dem R. jugularis. Die Abtrennung des hintern Theils als C;vd (IX.-Gebiet) entbehrt der Begründung, 2) Bei Menopoma ist dieser Muskel ebenfalls stets vorhanden, vergl. Dp Fig. 24 u. 25. 606 L. DRÜNER, OsawA kennt den Muskel nicht. 5) M. ceratohyoideus (Chi). Der überaus kräftige, breite und dicke Muskel entspringt vom Ceratobranchiale 1, von dessen ganzer Aussen- und Innenseite, und hüllt es so ganz in sich ein, nur die caudale Kante frei lassend, von der das starke Zwischenband ausgeht, welches das Ceratobranchiale 1 mit dem Ceratobranchiale 2 verbindet. Auch von diesem Zwischen- band nimmt der Muskel Ursprung und greift mit demselben auch noch auf die Aussenseite des Ceratobranchiale 2 über. Er wendet sich parallelfasrig nach vorn und inserirt an der ven- tralen Seite des zu einer breiten Knorpelplatte umgestalteten vordern Endes des Ceratohyale und seines Nebenknorpels an der medialen Seite derselben. Innervirt vom Glossopharyngeus. Beide Anheftungspunkte des Muskels sind beweglich. Je nachdem der eine oder der andere durch die Function anderer Muskeln relativ festgestellt wird, muss seine Wirkung eine verschiedene sein. Die Uebereinstimmung dieses Muskels mit dem M. ceratohyoideus internus der Salamandriden ist eine fast vollständige. Nur die Lage des versorgenden Nerven bietet hier, wie bei Menopoma, einen Dif- ferenzpunkt. Der Stamm des N. glossopharyngeus liegt hier nämlich links in der ganzen Länge des Muskels an seiner Aussenseite, während er rechts, wie bei Menopoma, Anfangs aussen verläuft und ihn dann durchbohrt. Bei den Salamandriden bleibt er an seiner Innenseite. Osawa bezeichnet ihn irrthümlicher Weise als Ceratohyoideus externus. 6) Mm. subarcuales obliqui (Chbr Fig. 26 u. 27). Sie zeigen bei Cryptobranchus im Wesentlichen den gleichen Be- fund wie bei Menopoma. Wie dort in der Zweizahl vorhanden, bilden sie einen Schlitz, den der 2. Arterienbogen passirt. Der vordere ist kräftiger als der hintere. Der Ursprung weicht von dem bei Menopoma ab und stimmte auch bei den beiden untersuchten Exemplaren nicht ganz überein. Bei dem kleinen, 36 cm langen Exemplar entsprang der vordere, ungleich kräftigere, von dem knorpeligen dorsalen Ende des Cerato- branchiale 2 und dehnte seinen Ursprung nach ventral etwa bis zur Hälfte der knöchernen Diaphyse des Ceratobranchiale 2 aus. Der hintere entsprang etwas weiter ventral und caudal von der an der Hinterseite des Ceratobranchiale 2 angehefteten mächtigen Bandmasse Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 607 (Lig. branchio-pectorale), gegenüber dem Ansatz der Pars dorsalis 3 des M. cephalo-dorso-pharyngeus. Bei dem grossen, etwa 160 cm langen Exemplar waren beide Muskeln relativ schwächer entwickelt und entsprangen beide dicht neben einander vom dorsalen Ende des Ceratobranchiale 2, dem hier eine knorpelige Spitze fehlte. Beide Muskeln vereinigen sich zu einem Bauch, nachdem sie den 2. Arterienbogen zwischen sich hindurch gelassen haben, und inseriren, wie bei Menopoma, an dem Sehnenbogen, welcher die 1. Inscriptio tendinea des M. rectus superficialis hypobranchialis seitlich fortsetzt und hier an dem Hypobranchiale 2 und der 1. Inscriptio des Rectus profundus befestigt ist. Innervirt werden beide Muskeln fast ausschliesslich vom 2. Kiemen- bogennerven, doch hatte einer der Muskeläste auch eine Verbindung mit dem 3. Kiemenbogennerven und dem R. recurrens intestinalis X., die aber sehr fein war. Ihre Function kann wohl nur in einer Zusammenschnürung der Gegend des 2. Kiemenbogens bestehen. Sie wirken hierbei mit dem M. cephalo-dorso-pharyngeus zusammen. Mit ihm gemeinsam können sie auch das nach hinten verschobene dorsale Ende des 2. Kiemen- bogens wieder nach vorn ziehen. Auch ein Einfluss auf die Blut- circulation durch eine Compression des 2. Arterienbogens ist an- nehmbar. Osawa kennt nur einen der beiden Muskeln und rechnet ihn als lateralen, accessorischen Kopf zum Geniohyoideus. Ebenso wie WILDER bei Siren giebt er irrthümlicher Weise die Innervation vom Hypo- glossus an. 7) M. cephalo-dorso-pharyngeus. Wie bei Amblystoma zerfällt der Muskel in Partes dorsales und eine Pars ventralis. Zu den Partes dorsales rechne ich die noch ge- sondert an die beiden ersten Ceratobranchialia ansetzenden Levatores arcuum branchialium 1 und 2. Beide sind bei dem 160 cm langen Exemplar vorhanden, bei dem kleinern fehlte der erste. Der Ursprung und die Innervation konnten nur an letzterm studirt werden. a) Die Pars dorsalis 1, Levator arcus branchialis 1, welcher nur bei dem grossen, ca. 160 cm langen Exemplar vorhanden war, bildet dort ein ziemlich breites, dünnes Bündel, welches oral an dem 1. Arterienbogen, Carotis interna, vorbei lief und sich dorsal dicht am Ursprung des M. ceratohyoideus internus am Ceratobranchiale 1 608 L. DRÜNER, anheftete. Ursprung und Innervation waren nicht zu ermitteln. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Muskel nur einen abge- sprengten Theil des: vom 2. Kiemenbogennerven versorgten Levator arcus branch. 2 darstellt. b) Pars dorsalis 2, Levator arcus branchialis 2 (Lab,). Er bildet bei dem kleinen, 36 cm langen Exemplar den ersten der 4 auf einander folgenden Muskeln, welche von der Fascia cephalo-dorsalis in einer fast geraden, durch den ziemlich scharf abgesetzten dorsalen Seitenrand der dorsalen Lingsmusculatur gebildeten Linie entspringen. Diese starke, breite Fascie deckt, vom Rücken gesehen, die ganze Musculatur als dickes Sehnenblatt zu, welches vorn am Parietale be- festigt ist, zwischen den beiden Mm. temporales aber nur durch loses Bindegewebe mit dem Occipitaltheil des Schädels und den Dornfort- sätzen des 1. und 2. Wirbels verbunden ist. Mit den Inscriptiones tendineae der dorsalen spinalen Längsmusculatur ist die Fascie da- gegen fest verwachsen. Vorn überkleidet sie auch den dorsalen Theil des M. masseter, dessen Fasern zum Theil an ihrer Unterfläche ent- springen. Zwischen Masseter und M. cephalo-dorso-mandibularis sendet sie ein Fascienblatt transversal in die Tiefe, welches sich an dem vordern Rande des Paraquadratum anheftet, die Scheide des Muskel- gebiets des V. und des VII. bildet und beiden Muskeln zum Ursprung dient. Seitlich bildet sie hier an der Oberfläche in der nach vorn ver- längerten dorsalen Seitenkante der spinalen Längsmusculatur über dem M. cephalo-dorso-mandibularis einen Sehnenbogen mit lateral freiem Rand, von dem nach vorn Fasern des Masseter, nach hinten ober- flächlich solche des M. cephalo-dorso-pectoralis ausgehen. Unmittelbar unter dem letztern entspringen hier von der Fascie die des M. lev. arc. branch. 2, indem sie, wie bereits oben erwähnt, die Lücke zwischen der hintern und den beiden vordern Abtheilungen des M. ce- phalo-dorso-mandibularis durchbrechen. Der M. levator arcus branch. 2 setzt an der dorsalen Spitze des Ceratobranchiale 2 an und gelangt dorthin zwischen 1. (Carotis in- terna) und 2. Kiemen-Arterienbogen hindurch. Er wird von Aesten des 2. Kiemenbogennerven versorgt. c) Pars dorsalis 3 (Lab.). Sie entspringt in unmittelbarem An- schluss an den vorstehenden Muskel von der Dorsalfascie. Seine vor- dersten Fasern werden von denen jenes dachziegelförmig überdeckt. Die Lücke zwischen beiden Muskeln passirt der 2. Arterienbogen. Er setzt an dem obersten Theil des Ligamentum branchio-pectorale an. Bei dem Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 609 kleinern Exemplar entspringt ventral davon an dem Bande der zweite M. ceratopectoralis, bei dem grossen Cryptobranchus die zugehörige Pars ventralis (subpharyngea). Die Pars dorsalis 3 wird von Aesten des 3. Kiemenbogennerven innervirt. d) Pars dorsalis 4 (M. dorsopharyngeus 4). Dieser Muskel ist in fast vollständiger Uebereinstimmung mit dem von Menopoma aus mehreren nach der Insertion verschiedenen Abtheilungen zu- sammengesetzt, welche aber gemeinsamen Ursprung an der Dorsal- fascie haben und hier ein breites Blatt darstellen. Auch die Inner- vation durch den 4. Kiemenbogennerven beweist ihre enge Zusammen- gehörigkeit. Nach hinten wird er durch den Durchtritt der Arteria pulmonalis vom M. dorsolaryngeus abgegrenzt. a) Das vorderste Bündel (Lab,) inserirt am Lig. branchio-pectorale, in unmittelbarem Anschluss an die Pars dorsalis 3, gegenüber dem Ur- sprung der Pars subpharyngea. Den Schlitz zwischen dieser ersten Abtheilung der Pars dorsalis 4 und der Pars dorsalis 3 durchsetzt der 3. Arterienbogen. B) Ein der Mitte der Pars dorsalis 4 entstammendes kräftiges Bündel (Dph,) wendet sich lateral von dem übrigen Muskel und vom M. dorsolaryngeus, medial von dem Bogen der Arteria pulmonalis schräg nach hinten. Es bildet eine kräftige Endsehne, die an der 3. Inscriptio tendinea des M. rectus profundus sich anheftet. Ver- einzelte Fasern enden im Bindegewebe etwas weiter vorn und bilden das Rudiment einer bei Menopoma unter 8 beschriebenen besondern vordern Abtheilung. 7) Der Rest, der weitaus grösste Theil des Muskels (Dph,, bildet in derselben Weise wie bei Menopoma ein am Ursprung und Ansatz breites, an der Mitte sanduhrförmig eingeschnürtes Muskelband, welches medial am M. dorsolaryngeus vorbeizieht und sich an der Seite der Trachea und an der Fascienunterlage der ventralen Pharynxwand zu ihrer Seite ansetzt. Das grosse 160 cm lange Exemplar zeigt etwas einfachere Verhältnisse in so fern, als die unter £ aufgeführte Ab- theilung fehlt und die Insertion der Abtheilung y auf die Trachea be- schränkt ist. Innervirt wird der ganze Muskel von einer grössern Zahl von dorsalen Aesten, welche alle aus einem als 4. Kiemenbogennerv oder als Vereinigung eines 4. und 5. Kiemenbogennerven zu betrachtenden Nervenstamm hervorgehen. Zum Unterschied von Menopoma war eine Betheiligung ventraler Nerven aus dem R. recurrens intestinalis X. nicht vorhanden. 610 L. DRÜNER, e) Pars ventralis m. cephalo-dorso-pharyngei (Pars subpharyngea). Sie entspringt an der Aussenseite des Ligamentum branchio-pectorale als ziemlich kräftiges Bündel und gelangt dorsal von der Arteria pulmonalis in fast rein transversalem Verlauf an die Ventralseite der Trachea, da, wo mit ihr der Truncus arteriosus durch eine feste Bindegewebsmasse verlöthet ist. An diese Bindegewebs- masse inserirt der Muskel in der gleichen Weise wie bei Menopoma. Osawa hat diese Verhältnisse richtig erkannt, nur die Angabe der Insertion der Mm. lev. arc. br. an der Schlundfascie ist incorrect, und die Beschreibung des M. dorsopharyngeus 4 (dorsotrachealis) ist nicht so vollständig, dass sie den Vergleich mit den andern Urodelen ermöglichte. Innervation durch den R. recurrens intestinalis X. 8) M. dorsolaryngeus (Dl). Er stimmt mit dem von Menopoma vollständig überein. Als ein schmales, parallelfasriges Bündel, welches mit seinem Ursprung unmittelbar an den M. dorsopharyngeus anschliesst und nur durch den Durchtritt der Verbindung der Arteria pulmonalis mit dem 3. Arterienbogen (Ductus Botallii) von ihm geschieden ist, zieht er zunächst ventral und medial und biegt, nachdem er den Bogen der Arteria pulmonalis gekreuzt hat, nach oral um. Während dieser Umbiegung liegt er Anfangs dem M. dorsopharyngeus 4 ventral und lateral an und kreuzt dann dorsal von der Pars sub- pharyngea des M. cephalo-dorso-pharyngeus diesen und die vier Ar- terienbogen. Hier ist er schon in unmittelbare Nachbarschaft der Trachea gekommen, an der er durch eine breite sehnige Muskelscheide festgehalten wird. Von hier aus gelangt er in rein oralem Verlauf zum Kehlkopf. Er bildet eine breite Inscriptio tendinea mit den beiden Mm. laryngei, dorsalis und ventralis, und heftet seine Endsehne am Processus muscularis der Cartilago lateralis an. Innervation durch mehrere Aeste des Truncus intestino-accessorius, welche unter dem ventralen Rande des M. trapezius zu ihrem Ziel gelangen, nicht wie bei Menopoma mit dem 4. Kiemenbogennerven Verbindungen haben, und einige feine Zweige des R. recurrens in- testinalis X. 9) Die Kehlkopfmuskeln. Auch sie stimmen fast völlig mit denen von Menopoma überein. Der M. dorsolaryngeus geht am caudalen Ende des Kehlkopfs in eine ziemlich lange Endsehne über, die an den Proc. muscularis der Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 611 Cartilago lateralis sich anheftet. An dieser Endsehne entspringen nach beiden Seiten die Mm. laryngei. Während bei den Salamandriden die Inscriptio tendinea zwischen M. dorsolaryngeus einerseits und den Mm. laryngei andrerseits liegt, ist sie hier durch die eigenartige Veränderung des Verlaufs des M. dorsolaryngeus in Folge der Verschiebung des Kehlkopfs nach vorn!) zwischen die beiden Mm. laryngei gerückt. Die Endsehne des Dorsolaryngeus bildet die Inscriptio tendinea zwischen den beiden Mm. laryngei, die hier ausserordentlich breit, breiter als bei Meno- poma sind. Auch hier ist die Faserrichtung keine rein transversale. Namentlich der ventrale richtet seine Fasern schräg ventral und oral zur Mittellinie. Caudal vom Muskelvorsprung umkreisen die Cartilago lateralis, wie gewöhnlich, die Ringfasern des M. constrictor laryngis. Innervirt werden diese 3 Muskeln vom N. laryngeus recurrens, welcher aus dem R. recurrens intestinalis X. stammt. Derselbe kreuzt den Bogen der Art. pulmonalis lateral und ventral, den Stamm der- selben am Ursprung aus dem Truncus dorsal, schlingt sich also hier um die Arteria pulmonalis nach innen. Ihm sind auch feine Aeste für den M. dorsolaryngeus beigesellt. B. Die hypobranchiale spinale Musculatur. Auch in ihrem Gebiet findet sich weitgehende Uebereinstimmung mit Menopoma. 1) M. geniohyoideus (medialis), rectus hypobranchialis superficialis anterior. Der Ursprung am Unterkiefer ist der gleiche wie bei allen andern Urodelen. Auch bei Cryptobranchus ist er ein kräftiger, breiter, parallelfasriger Muskel. Sein Ansatz stimmt bei dem kleinern Exem- plar völlig mit dem bei Menopoma überein. a) Der mediale Haupttheil setzt sich an einem Sehnenbogen an, welcher in der Mitte den hier aus der Tiefe hervortretenden Abdomino- hyoideus überspannt und an dessen medialem Ende der M. sterno- hyoideus entspringt, an dessen lateralem Ende die zu einem Bauch vereinigten Mm. subarcuales obliqui ansetzen. b) Der seitliche Theil des Muskels ist bei dem kleinen Exemplar rechts ebenso stark entwickelt wie bei Menopoma beiderseits, links 1) Der Kehlkopf ist hier noch weiter nach oral gewandert als bei Menopoma; sein vorderes Ende mit dem Eingang liegt in einer Linie, welche die Grenze des vordern und mittlern Drittels des Hypobranchi- alis 2 der einen Seite mit der der andern verbindet. 612 L. DRÜNER, besteht er dagegen nur aus wenigen Fasern. Er setzt wie dort zu beiden Seiten der Verbindung zwischen Cerato- und Hypobranchiale 2 an der lateral-oralen und ventralen Fläche dieser Knochen an. Dem grossen Exemplar von Cryptobranchus fehit der Theil beider- seits. Innervation vom N. hypobranchialis. 2) M. genioglossus. Wie bei Menopoma ist er auch hier sehr schwach entwickelt. Er besteht nur aus einzelnen Fasern, welche dorsal vom M. geniohyoideus am Unterkiefer entspringen und an die Schleimhaut der Plica hyo- mandibularis treten. Die mittlern Fasern beider Seiten durchkreuzen sich. Ein Theil der Fasern gelangt bis zum Hyoidbogen. 3) M. sternohyoideus, rectus superficialis hypobranchialis posterior. Er entspringt als schmales, aber ziemlich dickes Bündel, mit dem der andern Seite verschmolzen, an dem medialen Theil des oben be- schriebenen Sehnenbogens, welcher hier die 1. Inscriptio tendinea zwischen Unterkiefer und Sternum bildet. Auf dieselbe folgen noch zwei Inscriptiones, welche, wie bei Menopoma, seitlich in die des Abdo- mino-hyoideus übergehen. Auch hier sind die oberflächlichen Schichten des letztern zum Rectus superficialis zu rechnen, können vom R. pro- fundus aber nicht abgesondert werden. Innervation vom N. hypobranchialis und vom 4. Spinalnerven. 4) M. rectus profundus hypobranchialis (Abdomino- hyoideus). Er entspringt mit kurzer kräftiger Sehne von dem mittlern un- paaren Theil der Copula (Manubrium) zwischen den beiden Hypo- branchialia 1 und von der Verbindung jener mit diesen. Die lateralen Theile gehen mit ihrem Ursprung auf die hintere Kante und ventrale Seite der vordern paarigen Knorpelplatte der Copula über und durch- ziehen die Lücke zwischen Hypobranchiale 1 und 2. Die medialen und oralen zwei Drittel des letztern werden so ganz in die Substanz des Muskels eingebettet, ohne dass aber Muskelfasern von dem Knochen entspringen. Einen 3. Ursprungspunkt findet der Muskel an der Austrittsstelle der Arterienbogen aus dem Herzbeutel. Caudal und oral von der- selben gehen Muskelfasern von der festen Bindegewebsmasse aus, durch die der Herzbeutel mitsammt dem Truncus arteriosus hier an der Trachea befestigt ist. Die oral vom Truncus entspringenden Muskel- bündel sind ziemlich zahlreich, sie gehen beiderseits von der Mittel- Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 613 linie der Trachea aus. Diese Muskelfasern schliessen sich in caudal- wärts gerichtetem Verlauf dem Muskel an. 5 Inscriptiones tendineae durchsetzen den Muskel bis zum Ster- num, von denen aber, wie bei Menopoma, nur die ersten beiden durch Vermittlung des M. sternohyoideus bis zur Mittellinie gelangen, während die andern in einiger Entfernung von der Mittellinie schräg nach hinten abbiegen und an der Vorderseite des Sternums endigen. Der M. omohyoideus befestigt sich mit seinen lateralen Theilen an der 2., mit seinen medialen, hintern Theilen an der 3. dieser Zwischen- sehnen. An der 3. setzt sich die Abtheilung % des M. dorsopharyn- geus an, und in die 2. geht das Ligamentum branchio-pectorale über. Die ersten 4 Zwischensehnen sind mit dem Herzbeutel verwachsen. Innervation durch den N. hypobranchialis und ventrale Aeste des 3. und 4. Spinalnerven. Osawa bezeichnet mit M. sternohyoideus den ganzen Rectus zwischen Sternum und Hyoid, Rectus profundus und superficialis zu- sammen. Nur die vorderste Abtheilung des Rectus hypobranchialis superficialis posterior bis zu seiner 1. Inscriptio tendinea, die directe Fortsetzung des Geniohyoideus nach hinten, trennt er als medialen accessorischen Kopf des Geniohyoideus vom Sternohyoideus, den vor- dern M. subarcualis obliquus rechnet er zum Geniohyoideus, den hintern kennt er nicht. 3. Nerven. 1) N. facialis. Bei Cryptobranchus wurde von einer Darstellung des Nerven- ursprungs am Gehirn und des Verlaufs des Facialisstammes in der Schädelwand sowie des N. palatinus und der mit dem Trigeminus verbundenen Nerven (Nn. ophthalmicus superficialis und maxillaris superior) abgesehen. Der Theil des Facialis, welcher nach Abzug dieser Nerven übrig bleibt, tritt, wie bei allen Urodelen, unmittelbar hinter der ventralen Befestigung des Quadratum am Petrosum aus diesem hervor und theilt sich in die bei allen Urodelen typischen Aeste: a) Der N. cutaneus mandibulae lateralis entsendet auf seinem Wege zwischen Quadratum und M. cephalo-dorso-mandibularis eine Reihe von feinern Hautästen, welche etwas dorsal vom Stamm in den gleichen Zwischenraum unter die Haut gelangen. Sie wenden sich hier grössten Theils caudalwärts und gehen vielfache Verbindungen mit den Nervi cutanei occipitales des Vagus und auch solche mit Aesten 614 L. DRÜNER, des R. ophthalmicus superficialis des Trigeminus ein. Die Stelle, an welcher der Nerv zwischen Trigeminus- und Facialismusculatur zur Oberfläche gelangt, liegt bei Cryptobranchus weiter dorsal als bei allen andern Urodelen. Der Nerv verläuft dann unter Abgabe zahlreicher kräftiger Hautäste für die Gegend hinter dem Auge nach vorn, und zwar dorsal von der Stelle, an welcher der N. cutaneus mandibulae lateralis trigemini unter die Haut tritt, zieht er an dem M. masseter vorbei und senkt sich da, wo seine vordersten Fasern am Unterkiefer ansetzen, in einen Knochencanal, in dem er bis nach vorn verläuft und aus dem er eine Reihe von Aesten austreten lässt. Osawa bezeichnet den Nerven als R. maxillaris, kennt den Ver- lauf im Knochencanal nicht. b) Der N. cutaneus mandibulae medialis ist bis unter die Haut dicht über dem Kiefergelenk unverzweigt, wendet sich hier medial um den Unterkiefer und dann nach vorn, um sich an der Haut der Intermandibularregion wie bei den andern Urodelen zu verzweigen. Er bildet hier mancherlei Verbindungen mit den Hautästen des R. inter- mandibularis trigemini. Nicht immer zeigt er den bei den übrigen Urodelen typischen Zerfall in 2 Aeste. Osawa bezeichnet den R. cut. mand. med. als R. mentalis. c) Der N. alveolaris wendet sich von seinem mit dem R. jugularis gemeinsamen Austritt aus der Schädelwand zunächst eine kurze Strecke caudalwärts, um erst dann ventral umzubiegen und in der gewöhnlichen Weise an der medialen Seite des Quadratum zu verlaufen. Sein Eintritt in den Knochencanal an der medialen Seite des Unterkiefers und seine Verzweigung ist die gleiche wie bei Menopoma. d) Der R. jugularis setzt sich auch hier aus zwei Theilen zu- sammen, von denen der aus dem Glossopharyngeus stammende etwa um ein Drittel an Umfang geringer ist als der Facialisantheil. Beide vereinigen sich in einiger Entfernung vom Austritt des Facialis zu einem ziemlich kräftigen Stamm, nachdem der Facialisantheil bereits vorher mehrere Muskeläste für die tiefe, hintere Portion des M. cephalo- dorso-mandibularis entsandt hat. Der Stamm gelangt dann zwischen der eben genannten und der vordern Abtheilung des M. cephalo-dorso-mandibularis, sie mit Muskel- ästen versorgend, schräg nach hinten und lateral unter den M. cephalo- dorso-pectoralis und zerfällt hier in mehrere Aeste, von denen a) die einen caudal sich an der hintern, an der Dorsalfascie ent- springenden Abtheilung des M. cephalo-dorso-mandibularis verzweigen Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 615 und auch mit einigen Hautästen sich an dem Geflecht betheiligen, deren Hauptantheil die Kiemenbogennerven liefern. B) Zwei kräftige Aeste versorgen den M. cephalo-dorso-pectoralis. Einer durchbohrt ihn, der andere schlingt sich um seinen vordern Rand zur Oberfläche, an welcher beide in ihre Endzweige zerfallen. Auch feine Hautäste enthält der Nerv. y) Der stärkste Ast biegt hinter dem Kiefergelenk ventral um und verzweigt sich am M. interhyoideus. Er hat stets eine Verbindung mit dem R. intermandibularis trigemini. Auch er führt sensible Fasern für die Haut der Intermandibularregion. 0) Mit den Muskelästen für die hintere Abtheilung des M. cephalo- dorso-mandibularis gemeinsam oder neben ihnen verlassen den Stamm mehrere, rechts 4, links 2, feine Nerven, die einen eigenthümlichen Verlauf nehmen. Sie schlingen sich um den hintern Rand dieses Muskels nach innen und gelangen so in das Bindegewebe vor dem M. ceratohyoideus (internus), indem sie sich vielfach mit einander verflechten. Rechts hatte einer dieser Nerven auch eine Verbindung mit einem Hautast des Glossopharyngeus. Die Endigung dieser Nerven war nicht ganz sicher festzustellen. Sie schienen sich im Bindegewebe zu verlieren. In den M. ceratohyoideus (internus) gelangten sie nicht. Die ventralsten waren oral neben dem Seitenrande des Ceratohyale bis zu dessen vorderm Ende zu verfolgen. Diese Nerven entsprechen nach Lage und Anordnung denen, welche bei den Salamandridenlarven und bei Siredon den M. cerato- hyoideus externus versorgen. Bei Siredon überdauern sie den Unter- gang des Muskels und sind als weisse Stränge auch nach der Meta- morphose in dem Bindegewese, an dessen Stelle vorher der Muskel gelegen hatte, nachzuweisen. Erst einige Zeit nach der Metamorphose gehen sie verloren. Bei Amblystomen findet man längere Zeit nach derselben nur noch spärliche Reste der Bindegewebsstränge von der Configuration der frühern Nerven, in denen Nervenfasern nicht mehr nachzuweisen sind. Die bei Cryptobranchus gefundenen Nervenrudimente lassen keinen Zweifel über den gleichen Zusammenhang. Es muss aus ihnen ge- folgert werden, dass Cryptobranchus ein Larvenstadium hat, in welchem ein M. ceratohyoideus externus vorhanden ist. Den R. alveolaris bezeichnet Osawa nach dem Vorgang von G. RuGE und andern Autoren als Chorda tympani. Auch ich sehe ihn, im Gegensatz zu meiner frühern Angabe, als ein Homologon der- selben an. Den R. jugularis beschreibt Osawa unvollständig. Die 616 L. DRÜNER, IX.-VIL-Anastomose hat er gesehen, macht aber keine genauern An- gaben über sie. 2) Nn. glossopharyngeus und vagus. Die Lage des Ganglions ist die gleiche wie bei den bisher be- schriebenen Urodelen. Von der dorsalen Seite wird es von der spinalen Längsmusculatur bedeckt, deren tieiste Schicht von dem Musculus rectus capitis gebildet wird. Dieser entspringt am Hinterhaupt an der dorsalen Peripherie des Foramen oceipitale magnum und von den hintersten Theilen der knöchernen Gehörkapsel und gelangt mit schräg nach medial und caudal gerichtetem Faserverlauf zum 1. Wirbelbogen. Erst nach seiner Wegräumung tritt das Ganglion zu Tage. Es liegt in der Bucht, welche vom Condylus occipitalis und von der knöchernen Labyrinthkapsel gebildet wird. Die typischen Beziehungen der Kiemennerven zu den Arterien- bogen, welche auch hier interessante Besonderheiten aufweisen, machen eine etwas eingehendere Beschreibung derselben an dieser Stelle noth- wendig. Oryptobranchus hat 4 Arterienbogen. Der Truncus arteriosus ist da, wo die Arterienbogen aus ihm hervorgehen, an der Umschlagstelle des parietalen in das viscerale Pericard durch eine feste Bindegewebs- masse mit der ventralen Wand der Trachea verlöthet. Von dieser Bindegewebsmasse entspringen Bündel des M. rectus profundus. Die Arterienbogen wenden sich von dieser Stelle dorsal vom M. rectus pro- fundus lateralwärts, dorsal von ihnen liegt die Pars subpharyngea des M. cephalo-dorso-pharyngeus. Bis zum seitlichen Rande des Rectus liegen sie einander dicht an und sind von einer gemeinsamen Binde- gewebsmasse umschlossen. Von hier aus aber weichen sie von einander. Der 1. Arterienbogen (Carotis communis), welcher viel schwächer ist, etwa halb so stark im Durchmesser wie die 3 andern, ziemlich gleich starken, zieht dorsal von den Mm. subarcuales obliqui lateral- und oralwärts und biegt um ihren vordern Rand seitlich und dorsal um. Hier bildet er die sogenannte Carotisdrüse, von der 3 Arterien- stämme ausgehen. Die Carotisdrüse zeigt, ähnlich wie bei Amblystoma, einen sehr einfachen Bau. Die Carotis communis endet mit einem etwas er- weiterten Hohlraum, von dem aus bei dem von mir untersuchten Exemplar 6 Oeffnungen in eine kurze, cavernöse Masse führen, aus welcher die Arteria carotis externa und interna hervorgehen. Die grösste, am meisten ventral gelegene Oeffnung führt unmittelbar in die Carotis externa. rs A Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 617 Der Verlauf dieses Gefässes am medialen Rande des M. cerato- hyoideus und seine Verzweigung bieten keine Besonderheiten und blieben im Einzelnen ununtersucht. Die Carotis interna setzt die Richtung des Arterienbogens fort. Sie liegt, in dorsaler Richtung ver- laufend, dem Ceratobranchiale 1 an und biegt vor dem M. levator arc. branchialis 1 bezw. 2 nach innen um. Ueber der dorsalen Pharynx- schleimhaut empfängt sie hier durch die Verbindung mit dem Aorten- bogen einen mächtigen Zuwachs. Von hier an wendet sie sich nach oral zur Schädelbasis. Die dritte Arterie, welche aus der Carotisdrüse an ihrer dorsalen caudalen Ecke hervorgeht, stellt eine Collaterale der äussern Strecke der Carotis interna bis zur Umbiegungsstelle am vordern Rande des Levator arc. br. 2 dar. Es ist eine kleine Arterie, welche in flachem Bogen caudal neben der Carotis interna herläuft und an der genannten Umbiegungsstelle in diese wieder einmündet. In ihrer ventralen Hälfte hat diese Collaterale eine kleine Abzweigung. Dieser kleinen Seiten- arterie sitzt ein ziemlich grosses Epithelkörperchen an. Sie löst sich in ihm in Capillaren auf, die sich, wie es scheint, zu einem abführenden Gefäss sammeln, welches in die Collaterale wieder einmündet. Aber auch eine feine Vene zur Vena jugularis externa liess sich nachweisen. Wir haben hier also ganz ähnliche Verhältnisse vor uns wie im Pigmentkörper bei Amblystoma, nur dass das Pigment fehlt oder nur in unscheinbaren Resten vorhanden ist. Dass diese Collaterale bei Cryptobranchus mit ihrer Abzweigung für den Epithelkörper als Rudiment der Gefässe des 1. Kiemenbüschels und -plättchens der Larve aufgefasst werden muss, ergiebt dieser Vergleich mit Am- blystoma von selbst. Der 2. Arterienbogen passirt den Schlitz zwischen den beiden Mm. subarcuales obliqui, wie bei den Larven der Salamandriden die Lücke zwischen den gleichen Muskeln. Er läuft dann an der Seite des Ceratobranchiale 2 dorsalwärts und biegt mit scharfer Wendung in der Spalte zwischen Levator arcus branch. 2 und 3 nach medial und oral um, durchquert diese Spalte und nimmt unmittelbar medial von ihr den 3. Arterienbogen auf, um so den Stamm des Aortenbogens zu bilden. An der Umbiegungsstelle mündet, wie bei der Carotis interna, eine kleine Collaterale in den 2. Arterien- bogen ein, welche an seiner Seite nur wenig weiter ventral entspringt. Mit dem Epithelkörper des Carotisbogens und seiner Collaterale ist er in eine gemeinsame Bindegewebsmasse eingebettet, und in dieser Binde- gewebsmasse, welche etwas fester und dichter ist als das lose sub- Zool. Jahrb. XIX, Abth, f. Morph, 40 618 L. DRÜNER, cutane Bindegewebe der Umgebung, sich von ihm aber nicht etwa scharf abhebt, fand sich rechts bei dem 36 cm langen Exemplar ein zweites, sehr kleines Epithelkörperchen, dessen Gefässversorgung nicht zu ermitteln war. Von der Collaterale des 2. Arterienbogens schien sich keine Arterie abzuzweigen. Ganz die gleichen Verhältnisse bietet der 3. Arterienbogen, welcher dorsal den Schlitz zwischen Levator arc. br. 3 und 4 passirt. Auch hier fand sich die kleine Collaterale, nur ein Epithelkörperchen fehlte an derselben. An der rechten Seite aber zeigte sie in ihrer Mitte eine Auflösung in ein kleines Gefässknäuel, aus dem auch eine feine Vene zur Vena jugularis externa führte. Auch die Collaterale des 3. Arterienbogens wird von der gemein- samen Bindegewebsmasse der beiden ersten mit eingeschlossen. Dass in diesen Bildungen das Homologon des Pigmentkörpers von Amblystoma vorliegt, kann, wie mir scheint, keinem Zweifel unter- liegen. Es wird dadurch bewiesen, dass auch Cryptobranchus ein Larvenstadium mit 3 Kiemenbüscheln hat. Der 4. Arterienbogen bietet völlig die gleichen Verhältnisse wie beim erwachsenen Salamander. An derselben Stelle wie beim Sala- mander liegt auch hier ihm dorsal der ziemlich grosse Suprapericardial- körper an, der auch bei Cryptobranchus nur an der linken Seite vor- handen ist. Von demselben gehen 7 Nervenstämme aus, der N. glossopharyn- geus, der 2. und 3. Kiemenbogennerv, der Truncus intestino- acces- sorius mit dem 4. Kiemenbogennerven, die Nn. cutanei occipitales, der N. lateralis superior und medius. 1) Der N. glossopharyngeus. Er theilt sich beim Verlassen des Ganglions sofort in 3 Aeste, die IX.-VIL-Anastomose, den R. prae- trematicus IX. mit den Rr. pharyngei und den R. posttrematicus. a) R. communicans cum N. faciali (IX.-VIL-Anastomose) ist sehr kräftig. Er verläuft dorsal von dem mächtigen Lig. hyopetrosum und gesellt sich, ohne auf seinem Wege irgend welche Zweige zu entsenden, dem Facialisantheil des R. jugularis in einiger Entfernung von seinem Austritt bei (vgl. oben). b) R. praetrematicus gelangt in rein transversalem Verlauf, unter Abgabe mehrerer Rr. pharyngei dorsales, ventral unter dem Lig. hyo- petrosum hindurch an die Innenseite des Ceratohyale, an der er bis zur Zungengegend zu verfolgen ist. Sein Stamm begleitet Anfangs die vordere Kante des Ceratohyale, löst sich aber bald in eine grössere Zahl feiner Aeste auf. Die Rr. pharyngei dorsales biegen lateral um Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 619 die Carotis interna um und verlaufen nach medial und oral. Sie gehen mit Aesten des R. palatinus VII. Verbindungen ein. c) R. posttrematicus wendet sich schräg caudal und lateral zum hintern Ende des Ceratohyale und biegt hier zu dessen Aussenseite ventral um. Er gelangt so links an die Seite des M. ceratohyoideus (internus), die er, allmählich nach oral umbiegend, bis nach vorn be- gleitet, sich dabei dem medialen Rande des Muskels mehr und mehr nähernd. Rechts durchsetzt der Nerv den Muskel wie bei Menopoma und giebt die unten aufgeführten Zweige an denselben ab. An dem Ansatz dieses Muskels kreuzt seine Endverzweigung dessen Rand und dringt nach dorsal zwischen Hyoid- und 1. Kiemenbogen als R. lingualis in die Zunge ein. Auf dieser Strecke giebt er eine grosse Zahl von Aesten ab: a) Rr. cutanei jugulares, mehrere, links 3, rechts 4 Nervenzweige, welche vom hintern Rande des M. cephalo-dorso-pectoralis unter die Haut treten und hier mit Aesten des Facialis und des folgenden Kiemenbogennerven ein Geflecht bilden. 6) Rr. musculares für den M. ceratohyoideus (internus). Sie nehmen zum Theil einen rückläufigen Weg, indem sie ziemlich weit ventral an der Seite des Muskels vom Nervenstamm entspringen, dann nach dorsal umbiegen und, sich um seinen dorsalen Rand schlingend, von innen her in den Muskel eintreten. y) Schleimhautäste für die den 1. Kiemenbogen und dem M. cerato- hyoideus deckende Schleimhaut. 0) Einen Verbindungsast mit dem 2. Kiemenbogennerven. é) R. cutaneus retrocurrens. Er zweigt sich etwa im Querschnitt des untern Randes der Thyreoidea vom Stamm ab, verläuft nach median, kreuzt die Vena thyreoidea dorsal und wird von da an von einem Aste der Carotis externa begleitet, mit der zusammen er den Seitenrand des M. geniohyoideus passirt und nun die hintersten Bündel des M. interhyoideus in einiger Entfernung von der Mittellinie durch- setzt. So gelangt er unter die Haut, an deren knospenförmigen Organen er endigt. C) Seine Endverzweigung nimmt der Glossopharyngeus als R. lingualis in dem Raum zwischen Hyoid und 1. Kiemenbogen mit einer grössern Zahl von Aesten, von denen mehrere die knorpelige Endplatte der Copula durchsetzen, um so in die Zunge zu gelangen. Einige feine Nerven schienen auch in der Sehne des M. ceratohyoideus (internus) und am Perichondrium des Hyoidbogens zu endigen. 40* 620 L. DRÜNER, 2) Der 2. Kiemenbogennerv entspringt unmittelbar hinter dem Glossopharyngeus vom Ganglion und ist hier auch von dem 3. Kiemenbogennerven an seinem Ursprung völlig geschieden. Er verläuft durch den Spalt zwischen Schädelportion des Trapezius und Levator scapulae lateral und caudal und biegt um das Lig. hyo- costarium unmittelbar hinter dem Dorsalende des Ceratohyale nach lateral und ventral um. Er passirt hier den vordern Rand des M. levator arcus branch. 2. Auf dieser Strecke giebt er a) einen kräftigen R. pharyngeus dorsalis ab, welcher zwischen Carotis interna und 2. Arterienbogen hindurch zur Schleimhaut des Mundhöhlendachs gelangt, wo er mit Aesten des IX. und 3. Kiemen- bogennerven das dorsale Pharynxgeflecht bildet; b) da, wo der Stamm den vordern Rand des M. levator arcus br. 2 passirt, entsendet er 2 kräftige Muskeläste für diesen. Er verläuft dann zwischen 1. und 2. Arterienbogen am Cerato- branchiale 2 ventralwärts, und nachdem er die Carotis communis dorsal gekreuzt hat, zieht er am medialen Rande des M. cerato- hyoideus internus weiter nach vorn, um sich mit seinem stärkern Endast durch den Zwischenraum zwischen Hypobranchiale 1 und 2 nach dorsal zur Schleimhaut des Rachens seitlich vom Kehlkopf zu begeben. Seine Verzweigungen reichen nach vorn bis zur hintern Zungengegend. Während dieses Verlaufes entsendet er c) mehrere (4) Rr. cutanei jugulares, welche mit denen des Glosso- pharyngeus und des 3. Kiemenbogennerven das bereits oben erwähnte Hautgeflecht bilden. Ein kleiner Zweig eines dieser Hautnerven be- giebt sich zu dem der Gefässschlinge des 1. Arterienbogens anhaften- den Epithelkérperchen. Ob er dort endigte, war nicht sicher fest- zustellen. d) Ein kräftiger Schleimhautast begiebt sich am Ursprung des vordern M. subarcualis obliquus in den Zwischenraum zwischen Cerato- branchiale 1 und 2 und versorgt die Schleimhaut, welche letzteres und die zwischen beiden ausgespannte straffe Membran bedeckt. e) Ein feiner Nerv passirt ventral den Zwischenraum zwischen 1. und 2. Arterienbogen etwas medial von der Carotisdrüse und zer- fällt hier in feine Fäden, welche an der Carotisdrüse und an der Carotis externa und communis sich verzweigen. Von demselben Stämmchen geht ventral vom 1. Arterienbogen und von der Carotis externa eine feine Nervenverbindung zum Glossopharyngeus. Da der Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 621 1. Arterienbogen und die Carotisdrüse dem Innervationsgebiet des Glossopharyngeus zuzurechnen sind, so ist anzunehmen, dass die er- wähnten Nerven für diese Theile durch die beschriebene Nerven- verbindung aus dem Glossopharyngeus stammen. f) Rr. musculares für die Mm. subarcuales obliqui. Zwei ziemlich kräftige Nerven, welche dorsal von der Carotis communis zu den Muskeln gelangen. Einer derselben verbindet sich mit einem feinen Aste des 3. Kiemenbogennerven. g) Der Rest bildet den bereits oben beschriebenen Schleimhaut- nerven für die Gegend seitlich vom Kehlkopf bis zur hintern Zungen- region. Er biegt dorsal von der Carotis communis nach oral um und ist daher als R. recurrens des 2. Kiemenbogennerven zu bezeichnen. Fast der ganze Nerv gelangt durch den Zwischenraum zwischen Hypo- branchiale 1 und 2. Ein kleiner Seitenzweig nur verläuft ventral vom Hypobranchiale 2, zwischen diesem und den Mm. subarcuales obliqui, medianwärts und verzweigt sich weiter hinten an der Schleimhaut zur Seite der Trachea. 3) Der 3. Kiemenbogennerv. Er entspringt unmittelbar hinter dem 2. am Ganglion und läuft neben ihm bis zu dem Liga- mentum hyo-vertebrale; unmittelbar darauf scheiden sich ihre Wege durch den M. levator arcus branch. 2. Während der 2. Kiemenbogen- nerv vor diesem vorbeizieht, tritt der 3. durch die Lücke zwischen Lev. arc. br. 2 und 3. Zwischen 2. und 3. Arterienbogen zieht er dann ventralwärts. Das Endstämmchen gelangt durch die Lücke zwischen 2. und 3. Arterienbogen, nach oral umbiegend, als R. recurrens zur ventralen Pharynxschleimhaut an der Seite der Trachea. Er entsendet folgende Zweige: a) R. pharyngeus dorsalis. Ein kräftiger Nerv, welcher wie bei Siredon den Winkel passirt, welcher durch die dorsale Vereinigung des 2. und 3. Arterienbogens gebildet wird. b) R. muscularis für die Pars dorsalis 3 des M. cephalo-dorso- pharyngeus, versorgt diesen Muskel und hat ausserdem eine feine Verbindung mit dem für die Pars dorsalis 4 bestimmten motorischen Nerven des 4. Kiemenbogennerven. c) Mehrere (2) Rr. cutanei jugulares, die sich mit dem oben be- reits genannten Hautgeflecht verbinden. d) Zwei kräftige Schleimhautnerven, welche vor dem Ansatz der Pars dorsalis 3 am Lig. branchio-pectorale zur seitlichen Rachen- schleimhaut treten. 622 L. DRÜNER, Durch die Abgabe dieser Nerven ist der Stamm fast erschöpft. Der Rest bildet ein winziges Fädchen, welches sich am hintern M. subarcualis obliquus in feine Endverzweigung auflöst. e) Ein feines Aestchen verbindet sich mit den Muskelästen des 2. Kiemenbogennerven für den eben genannten Muskel. Dieses Verbindungsästchen nimmt einen feinen Nerven auf, welcher ventral vom 3. und 4. Arterienbogen verläuft und aus dem R. recurrens intestinalis X stammt. f) Der Rest stellt den schon erwähnten R. recurrens des 3. Kiemen- bogennerven dar, welcher zur ventralen Pharynxschleimhaut gelangt. 4) Der 4. Kiemenbogennerv. Während der 3. Kiemenbogen- nerv nur in so fern Reductionen zeigt, als sein ventraler Endast sehr schwach war, bildet der 4. Kiemenbogennerv ein Rudiment, dessen Rückbildung etwa ebenso weit vorgeschritten ist wie bei den Sala- mandriden. Es sind von ihm nur noch die motorischen Aeste übrig geblieben, welche die Pars dorsalis 4 des M. cephalo-dorso-pharyngeus versorgen. Diese entspringen auch bei Cryptobranchus nicht gesondert vom IX.-X.-Ganglion, sondern sind dem Truncus intestino-accessorius angegliedert worden. Nicht weit von dem Abgang dieses Stammes vom Ganglion verlassen ihn bei dem von mir untersuchten kleinern Exemplar 2 ziemlich feine Aeste, welche unter dem ventralen Rande des M. trapezius zu der Innenseite der Pars ventralis 4, und zwar dorsal von der Verbindung der Art. pulmonalis mit dem 3. Arterien- bogen gelangen. Der vordere hat eine bereits oben erwähnte feine Verbindung mit dem dorsalen motorischen Aste des 3. Kiemenbogen- nerven, und die beiden Theile des 4. Kiemenbogennerven bilden in ihrer peripherischen Verteilung an dem Muskel vielerlei Verbindungen unter einander. Die Endäste sind zwischen den Muskelbündeln weit ventralwärts zu verfolgen, ohne dass der Abgang von Schleimhautästen festzustellen war, und es scheint, als wenn diese im ventralen Bereich wenigstens gänzlich fehlen. Dorsal dagegen findet sich ein vom Truncus intestino-accessorius entspringender R. pharyngeus dorsalis, welcher mit den motorischen Aesten für die Pars dorsalis 4 durch eine Schlinge verbunden ist. Er sendet seine Aeste der Schleimhaut medial von diesem Muskel und ist daher möglicher Weise als ein Bestandtheil des 4. Kiemenbogennerven aufzufassen. 5) Der Verlauf des Truncus intestino-accessorius, des stärksten Stammes, welcher das Ganglion an seinem caudalen Ende verlässt, ist der nämliche wie bei allen andern Urodelen. Er liegt zu- nächst medial vom M. trapezius zwischen diesem und M. levator Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 623 scapulae, tritt dann unter dem ventralen Rande des erstern hervor und theilt sich hier in seine Endäste, den N. lateralis inferior, den R. recurrens intestinalis und die Rr. intestinales. Bis zu dieser Theilung entsendet er folgende Aeste: a) Rr. musculares für den M. dorso-laryngeus, 2 ziemlich feine Nerven, welche unter dem ventralen Rande des M. trapezius hervor- treten und, diesen umschlingend, sich von der medialen Seite her in den M. dorso-laryngeus einsenken. b) Rr. musculares für den M. trapezius, mehrere kräftige Stämme, welche sich von der medialen Seite her in den Muskel einsenken. Einer desselben schlingt sich um den hintern Rand des Muskels und versorgt den M. dorso-pectoralis, welcher als eine abgesprengte Partie des Trapezius anzusehen ist. c) Rr. pharyngei dorsales. Mehrere feine Nerven, von denen einer, wie bereits oben erwähnt, mit dem 4. Kiemenbogennerven in Verbindung steht. d) Der an der Theilungssteile entspringende N. lateralis inferior bietet in seinem Verlauf nichts Bemerkenswerthes. e) R. recurrens intestinalis X. Er schlingt sich lateral um die Arteria pulmonalis herum. Kurz bevor er dieselbe lateral und ventral kreuzt, giebt er einen feinen Ast ab, welcher medial von der Arterie zum M. dorso-laryngeus tritt. Er ist als ein dem Stamm secundär angegliederter Nerv aufzufassen. Der R. recurrens entsendet alsdann folgende Nerven: a) einen R. pulmonalis, welcher die Art. pulmonalis zu den Lungen begleitet; B) Rr. musculares für die Pars ventralis des M. cephalo-dorso- pharyngeus ; y) Rr. pharyngei ventrales und tracheales für die Schleimhaut des Rachens neben der Trachea und die jener selbst; 0) einen feinen Nerven, welcher um die ventrale Seite der Arteria pulmonalis tritt und sich hierbei theilt. Ein feines Fädchen verläuft an ihr medianwärts zum Truncus arteriosus, R. cardiacus anterior. Der Rest, ein sehr feines Fädchen, kreuzt den 3. Arterienbogen und verbindet sich mit dem 3. Kiemenbogennerven; e) ein kräftiger Nerv ist der N. laryngeus, welcher, der abge- änderten Lage des Kehlkopfs entsprechend, einen von der Regel ab- weichenden Verlauf nimmt. Er zweigt sich von einem Muskelast für die Pars ventralis des M. cephalo-dorso-pharyngeus ab, kreuzt diesen Muskelbauch dann dorsal und begleitet mit der von der Art. pulmonalis 624 L. DRÜNER, entspringenden Arteria laryngea zusammen den medialen Rand des M. dorso-laryngeus nach oral. Er zerfällt schon bald in mehrere (3) Aeste, von denen der eine dem eben genannten Muskel auf diesem Wege mehrere feine Aeste sendet. Am Kehlkopf angelangt, zerfällt der Nerv in feine Endäste für die Mm. laryngei dorsalis und ventralis und den M. sphincter aditus laryngis. Auch der Schleimhaut sendet er sensible Aeste. 6) Die Nn. laterales superior und medius entspringen getrennt vom Ganglion, der erstere dorsal vom 3. Kiemenbogennerven, der letztere dorsal vom Truncus intestino-accessorius. Ihr Verlauf bietet nichts Bemerkenswerthes. 7) Die Nn. cutanei occipitales gehen, zu einem mächtigen Stamm vereinigt, dorsal vom Glossopharyngeus vom Ganglion ab. Verlauf und periphere Verbreitung bieten ebenfalls nichts Erwähnenswerthes. Osawa hat die Vagusgruppe nicht vollständig genug beschrieben, um im Einzelnen die Aeste mit denen der übrigen Urodelen zu ver- gleichen. Auf einen Versuch, seine Befunde mit den meinigen zu identificiren, muss ich noch verzichten. 4) N. hypobranchialis. Er setzt sich aus Bestandtheilen der ventralen Aeste des 1., 2. und 3. Spinalnerven zusammen. Bei dem von mir untersuchten kleinen, 36 cm langen Exemplar fehlte ein occipitaler Nerv. An der Stelle, an welcher der Nerv bei Menopoma die Schädelwand verlässt, fand sich auch kein Loch. M. FÜRBRINGER !) fand bei Cryptobranchus die Reste eines Nerven, welcher als ein spino-occipitaler anzusehen war. Der 1. Spinalnerv tritt, wie bei allen Urodelen, durch ein Loch des 1. Wirbels dorsal von der occipitalen Gelenkfläche nach aussen. Eine dorsale Wurzel und ein Spinalganglion fehlen ihm. An der Seite des 1. Wirbels theilt er sich in einen dorsalen Ast, welcher zwischen M. rectus capitis (minor) und dorsaler Längsmusculatur sich verzweigt, und einen ventralen Ast, welcher schräg caudal und lateral die hypaxonische Längsmusculatur durchsetzt und an ihrer ventralen Seite, dicht am lateralen Rande derselben, aus ihr hervortritt. Ausser Muskelästen giebt er da, wo er die Art. vertebralis collateralis kreuzt, auch einen feinen sympathischen Nerven ab, welcher an der genannten Arterie zum Geflecht des Aortenbogens gelangt. 1) In: Festschrift für GEGENBAUR. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 625 Der Rest des ventralen Astes kreuzt dann den N. intestinalis, in dessen Begleitung er, für eine Strecke durch eine gemeinsame Binde- gewebshülle fest mit ihm verbunden, ventralwärts zieht. Nachdem sich der N. lateralis inferior X. vom R. recurrens intestinalis X. losgelöst und den ventralen Ast des 1. Spinalnerven lateral gekreuzt hat, löst sich der letztere vom Vagus los und biegt nun nach oral und medial zur Seite der hypobranchialen Musculatur um. Hier empfängt er einen Zuwachs, welcher Bestandtheile des 2. und 3. Spinalnerven führt und mit ihm zusammen den N. hypobranchialis bildet. Der 2. Spinalnerv tritt zwischen 1. und 2. Wirbel hin- durch. Er hat eine dorsale und ventrale Wurzel und ein kleines Spinalganglion. Die dorsale Wurzel betheiligt sich aber nur an der Zusammensetzung des dorsalen Astes. Der ventrale Ast ist rein motorisch. Sein Verlauf in der hypaxonischen Musculatur bietet dieselben Beziehungen wie der 1. Spinalnerv. In dem Winkel, den der Nerv bei seiner Vereinigung mit dem 1. Spinalnerven bildet, nach- dem er vom 3. Spinalnerven Zuwachs erhalten hat, wird nicht, wie sonst die Regel, die V. brachialis externa eingeschlossen, sondern die Stämme der Vv. jugulares externa und interna. Die Vena brachialis externa mündet hier in die Vena jugularis externa. Da, wo der 2. Spinalnerv ventral dem breiten, aus der Vereinigung dieser Venen- stämme mit der Vena cardinalis und der V. thyreoidea hervorge- gangenen extrapericardialen Venensinus anliegt, hat er eine oder mehrere feine Verbindungen mit den sympathischen Herznerven, welche diesen Sinus umspinnen und zum Theil auf den Sinus venosus im Pericard übergehen. Sie stammen, wie bei den Salamandriden und bei Siredon, aus dem Geflecht der Aorta in der Höhe des Ursprungs der Art. brachialis und gelangen in Begleitung der hintern Cardinal- vene zu dem extrapericardialen Venensinus. Der 3. Spinalnerv, welcher caudal von der Rippe des 2. Wir- bels aus einem Loche desselben hervortritt, hat eine kräftige dorsale und ventrale Wurzel und ein entsprechend grosses Spinalganglion. Der ventrale Ast besteht aus gemischten Elementen und führt dem N. hypobranchialis sensible Bestandtheile zu, die durch mehrere Haut- äste zu der Haut oral vom Schultergürtel hinter der Kehlfalte ge- langen. Die Verzweigung des N. hypobranchialis bietet die gleichen Ver- hältnisse wie bei allen andern Urodelen dar. Osawa behauptet, dass ein spino-occipitaler Nerv bei Crypto- branchus niemals fehlt. Bei dem von mir untersuchten 36 cm langen 626 L. DRÜNER, Exemplar war er selbst bei starker Präparirvergrösserung nicht nach- weisbar. Bei dem besondern Werth, den ich auf einen positiven Befund gelegt hätte, und der grossen Mühe, mit der ich ihn auch mikroskopisch gesucht habe, würde er mir schwerlich entgangen sein. Wenn OsawA bei allen 50 Exemplaren den Nerven fand, nehme ich unter Zurechnung von M. FÜRBRINGER’s Befund vorläufig ein Fehlen des Nerven in nicht ganz 2 Proc. der Fälle an. Anlage IX. Zungenbein- und Kehlkopf-Skelet, -Muskeln und -Nerven von Amphiuma tridactylum. Von Amphiuma tridactylum standen mir 2 Exemplare, ein 41 cm und ein 60 cm langes, zur Verfügung. Ich verdanke dieselben Herrn Geh. Hofrath Prof. Dr. M. FÜRBRINGER. Die Zungenbein- und Kiemen- bogengegend war an denselben zu anderweitigen Zwecken schon theil- weise präparirt. Das Bild, welches ich mir von ihrem Bau machen konnte, ist daher, namentlich in Bezug auf die Hautnerven, kein ganz vollständiges. 1. Skelet. Das Zungenbein wird bei Amphiuma aus dem Hyoidbogen, den 4 Kiemenbogen und der Copula gebildet. Die in der Einzahl vor- handene Kiemenspalte liegt zwischen dem 3. und 4. Kiemenbogen. 1) Der Hyoidbogen besteht aus einem Ceratohyale, einem Hypo- hyale und mehreren (5 bezw. 7) zwischen den beiden Hypohyalia in der Zungenspitze gelegenen Knorpelstückchen. Das Ceratohyale ähnelt in seiner Form dem von Amblystoma. Es stellt einen schmälern und zierlicher gebogenen Knorpelstab dar, dessen vorderes Ende zu einer breiten Knorpelplatte umgestaltet ist. Dieser Knorpelstab wird von einer knöchernen Scheide umschlossen, welche aber an keiner Stelle den Knorpel in seiner ganzen Querschnittsperipherie umschliesst, son- dern die vordere Verbreiterung und die ganze laterale Kante desselben frei hervortreten und in der hintern Hälfte auch die mediale Kante unbekleidet lässt. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 627 Das Hypohyale ist ziemlich gross, abgeplattet, birnformig von Ge- stalt und wird mit der Knorpelplatte durch eine ziemlich dicke, straffe Bindegewebsschicht verbunden, die mit dem beide Theile umgebenden dicken Bindegewebspolster in unmittelbarem Zusammenhang steht. Sie bildet auch die Hauptmasse des Stratums der Zungenspitze. In ihr sind vor und zwischen den beiden Hypohyalia noch mehrere kleine Knorpelstückchen eingeschlossen !), ein unpaariges in der Mitte und 2 grössere symmetrisch zu beiden Seiten. Diesen liegt links aussen ein halbmondförmiges Knorpelstück an, dem rechts 4 kleinere Knorpel- fragmente in der Symmetrie entsprechen. Alle sind mit den Hypo- hyalia zusammen, wie schon erwähnt, in eine dicke Bindegewebsmasse eingebettet, welche sich nach caudal mit dem vordern knorpeligen, ebenfalls zwischen den beiden Hypohyalia gelegenen Ende der Copula verbindet. Das dorsale Ende des Ceratohyale wird durch 2 starke Bänder in seiner Lage festgehalten. Das vordere, Ligamentum hyoquadratum, geht von seinem ganzen hintern Drittel zum hintern Rande des Para- quadratums und Quadratums und ist am obern Ende und in der Mitte mit kräftigern Faserzügen ausgestattet. Es bildet da, wo der Facialis nach aussen tritt, einen Schlitz am hintern Rande des Paraquadratums. Das zweite hintere Band befestigt sich ventral an der 1. Inscriptio tendinea der hypaxonischen Längsmusculatur und an der den Aorten- bogen umkleidenden Fascie. 2) Der 1. Kiemenbogen besteht aus einem Röhrenknochen, welcher knorpelige Enden trägt. In seiner Mitte ist er eingeknickt und bildet einen nach lateral und vorn offenen stumpfen Winkel. An der medialen Seite dieser Einknickung springt ein ziemlich dicker Höcker vor, an welchen sich das knorpelige Ceratobranchiale 2 an- gliedert; nach vorn von diesem Höcker buchtet sich an der medialen Seite des Knochens eine längliche, ziemlich tiefe Nische ein, welche die Thyreoidea enthält. Dass dieser Skelettheil aus der Verschmelzung eines Cerato- und Hypobranchiale hervorgegangen ist, kann nach dem Vergleich mit allen andern Urodelen nicht zweifelhaft sein. Eine Trennungslinie ist aber nirgends mehr angedeutet. Man müsste sie unmittelbar medial und oral von dem Höcker suchen. Die Thyreoidea liegt bei allen andern Urodelen der medialen Seite des Hypobranchiale 1 an. 1) Bei dem von Fiscuer abgebildeten Exemplar ist an Stelle dieser Knorpelstückchen eine zusammenhängende Knorpelplatte vorhanden. Vergl. in: Bronn, Class. Ordn., Abth. Amphibien, tab. 7, fig. 5. 628 L. DRÜNER, Das Dorsalende des 1. Kiemenbogens ist medial durch ein straffes, dickes Band an der 1. Inscriptio tendinea der dorsalen Längsmusculatur, über den Nervenstämmen des Vagus befestigt und wird auch mit dem Dorsalende des Ceratohyale durch Faserzüge verbunden. Der 2. Kiemenbogen besteht bei den von mir untersuchten beiden Exemplaren nur aus einem knorpeligen Ceratobranchiale. Ein Hypobranchiale 2, das FiscHer abbildet, fehlt. Das mediale Ende der Knorpelspange ist etwas verdickt und verbindet sich durch Bindegewebe mit dem oben beschrieben Höcker des 1. Kiemenbogens und mit dem ebenfalls verdickten medialen Ende des Ceratobranchiale 3, das etwas schwächer ist als das Cerato- branchiale 2, aber sonst die gleiche nach aussen gebogene Gestalt zeigt. Das Ceratobranchiale 4 schliesst mit seinem medialen Ende an das verdickte Köpfchen des Ceratobranchiale 3 an. Zwischen ihm und Ceratobranchiale 3 liegt die Kiemenspalte, und da, wo es der hintern Wand jener anliegt, ist es zu einer ziemlich breiten, kräftigen Platte umgestaltet. Nach dorsal geht es wieder in eine dünnere Spitze über, die mit den Spitzen der Ceratobranchialia 2 und 3 und der des 1. Kiemenbogens durch ein kräftiges Band verbunden ist. Dieses Band setzt sich nach caudal in das Ligamentum branchio- pectorale fort, welches sich auch hier an der 3. Inscriptio tendinea des Rectus profundus anheftet. Die 3 hintern Kiemenbogen, die knorpeligen Ceratobranchialia 2, 3 und 4, liegen aussen einer kräftigen Membran auf, welche zwischen dem 3. und 4. Kiemenbogen durch die Kiemenspalte durchbrochen wird. Sie spannt sich auch über den ganzen ventralen Zwischenraum zwischen den Kiemenbogen beider Seiten, in der gleichen Weise wie bei Proteus und Menobranchus die Membrana interbranchialis, und bildet hier die Unterlage für die ventrale Pharynxschleimhaut. Sie wird wie dort vom Kehlkopfeingang durchsetzt. Auch das die Mittel- linie verstärkende Band, welches vom hintern Ende der Copula zum Kehlkopf führt, Ligamentum hyo-laryngeum, ist wohl ausgebildet. Die Copula bildet ähnlich wie bei Proteus einen ziemlich langen Knochenstab mit knorpeligen Kuppen an beiden Enden. Die Mitte ist wie dort eingeschnürt, das hintere Ende keulenförmig verdickt. Es verbindet sich mit den beiden 1. Kiemenbogen. Ein Copulastiel oder ein Rest desselben fehlt. Das vordere Knorpelköpfchen der Copula ist von dem festen Bindegewebe eingehüllt, welches auch, wie bereits oben erwähnt, die Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 629 Hypohyalia und die in der Zungenspitze gelegenen kleinen Knorpel- stückchen umschliesst. Die Cartilago lateralis lässt sich ähnlich wie bei Crypto- branchus aus dem dichten Fasergewebe. ausschälen, welches die Wand des Kehlkopfs und der Trachea bildet, und zeigt ähnliche Form- und Lageverhältnisse wie dort. Sie stellt einen Kleinen Knorpelstab dar mit medialer und lateraler Kante. Die laterale Kante trägt nahe dem vordern Ende, welches neben der Mitte des schlitzförmigen Kehlkopf- eingangs liegt, den Muskelvorsprung für den Ansatz der Sehne des M. dorso-laryngeus. Die mediale, ganz geradlinige Kante ist unmittel- bar von Kehlkopfschleimhaut überzogen und bildet mit der andern Seite die Stimmritze, welche das Vestibulum von dem Laryngo- Tracheal-Hohlraum scheidet. Die hintern Enden der beiden Cartilagines laterales stossen ventral von diesem Hohlraum an einander und sind hier durch festes Bindegewebe verlöthet. Ein Knorpelfortsatz, wie er sich bei Cryptobranchus neben der dorsalen Mittellinie des Pharynx nach hinten erstreckt, fehlt Amphiuma. Die die Cartilago lateralis einbettende straffe Fasermasse setzt sich zu beiden Seiten der Trachea fort und stützt ihre Wand auf diese Weise. Sie erscheint auf dem Querschnitt beiderseits als sichelförmige Ver- dickung der seitlichen Trachealwand. In der Mittellinie ist die Wand der Trachea dagegen dorsal und ventral dünn. In diese Fasermasse sind einzelne Knorpelinseln, stäbchenförmige, runde oder ovale Stück- chen eingesprengt. Stellenweise bestehen zusammenhängende Knorpel- verbände. Hier und da hat die Masse den Charakter des Faser- knorpels. 2. Muskeln. A. Die von VII, IX. und X. versorgten Muskeln. 1) M. cephalo-dorso-mandibularis (Cdm). Der mächtige Muskel besteht aus 3 Portionen. a) Die vordere tiefe entspringt von der ganzen Seitenfläche des Paraquadratums und greift mit ihrer an der Oberfläche gelegenen Schicht auch auf den vordern Theil der Fascia cephalo-dorsalis über. Die Fasern dieser Abtheilung convergiren nach ventral und caudal und gelangen medial und hinter der zweiten und dritten zu ihrem Ansatzpunkt am hintern Fortsatz des Unterkiefers. b) Die zweite, hintere geht von der Fascia cephalo-dorsalis aus und deckt die hintere Hälfte der ersten und die dorsalen Enden der 630 L. DRÜNER, Kiemenbogen. Sie reicht dorsal an ihrem Ursprung bis hinter die Kiemenöffnung. c) Die dritte Portion, M. cerato-mandibularis, liegt unter der zweiten ganz verborgen; sie geht von der dorsalen Spitze der Cerato- branchiale 1 aus und schliesst sich der zweiten an. Eine tiefe, am Petrosum entspringende Abtheilung des Muskels fehlt Amphiuma, ebenso wie dem umgewandelten Salamander. Alle drei bilden zusammen nach dem hintern Unterkieferfortsatz zu eine kurze kräftige Sehne, welche sich zwischen beide Abtheilungen ziemlich tief hineinschiebt. Die Function wird die gleiche sein müssen wie bei allen andern Urodelen. Die 3. Portion, die auch als gesonderter Muskel angesehen werden kann, wird die Spitze des 1. Kiemenbogens nach vorn ziehen. Jedoch ist dies wegen seiner Befestigung an der 1. Inscriptio tendinea der spinalen Längsmusculatur nur in sehr engen Grenzen möglich. Die Innervation der vordern Portion erfolgt von Aesten des Facialis, die, wie es schien, von IX.-Beimischungen frei waren. Die beiden andern erhalten gemischte Nerven. Die Lage des Facialis zu dem Muskel weicht von der der andern Urodelen sehr wesentlich ab. Der ganze R. jugularis bleibt nach Vereinigung mit der IX.-VIL.- Anastomose medial von dem Muskel. Von hier aus sendet er ihm feine Aeste, von denen die vordern unmittelbar vom Facialisstamm entspringen. Den Muskelästen für die 3. Portion, M. cerato-mandi- bularis, gesellt sich der N. lateralis VII. bei, dessen eigenartiger Ver- lauf unten beschrieben wird. Er durchbohrt den M. cerato-mandi- bularis. Auch der R. cutaneus mandibulae medialis bleibt an der medialen Seite des M. cephalo-dorso-mandibularis und tritt erst ventral neben dem Ast für den M. interhyoideus unter jenem hervor. Allein der N. cutaneus mandibulae lateralis VII. gelangt vor dem Muskel zwischen seinem vordern Rande und Paraquadratum unter die Haut, nimmt also den Weg, den bei den Salamandriden auch der R. jugularis und cutaneus mand. med. einschlagen. 2) M.interhyoideus (Jh Fig.28—32) ist bei Amphiuma ausser- ordentlich breit und kräftig. Sein Ursprung ist ein etwas anderer als bei den bisher untersuchten Urodelen. Während er dort stets mit seinem Haupttheil vom Ceratohyale selbst entsprang und bei einigen Vertretern (Siredon- Amblystoma, Cryptobranchus, Menopoma) mit seinen hinteren Bündeln auf das Lig. hyo-quadratum überwanderte, entspringen hier nur wenige Fasern, die hintersten, von der Spitze des Ceratohyale. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 631 Die nach vorn an sie anschliessenden Bündel gehen von dem hier ausserordentlich breiten Lig. hyo-quadratum aus, das einerseits nicht allein von der Spitze des Ceratohyale, sondern auch von dem caudalen Drittel seines vordern Randes ausgeht und sich andererseits am hintern Rande des Quadratums in seiner ganzen Länge anheftet, nach dorsal auf den hintern Rand des Paraquadratum bis zu dessen hinterm Vorsprung übergreift und in der Mitte den von einem Sehnen- bogen überbrückten Schlitz zeigt, durch den der Facialis einen Theil seiner Aeste hindurchtreten lässt. Von diesem Bande entspringt in seiner ganzen Länge der Muskel bis zum untern Ende des Quadratums am Kiefergelenk. Sein Punctum fixum bildet daher der ganze hintere Rand des Quadratum und Paraquadratum, und nur die hintersten Fasern können unmittelbar auf die Spitze des Ceratohyale wirken. Seine Fasern divergiren ausserordentlich stark. Die vordersten am untern Ende des Quadratum entspringenden ziehen schräg nach vorn und stossen im spitzen Winkel dorsal von denen des M. intermandibularis posterior in der ziemlich schmalen sehnigen Mittellinie nahe dem vordern Kieferwinkel zusammen; die mittlern haben transversale Richtung, die hintersten reichen, den breiten Fächer vervollständigend, weit nach hinten und liegen hier unter dem M. quadrato-pectoralis versteckt, der an der Mittellinie mit seinem Ansatz an den M. interhyoideus anschliesst. Innervation von R. jugularis VII + IX. 3) M. quadrato-pectoralis (omo-humero-maxillaris, FISCHER) (Sphe). Er entspringt wie beim Salamander von einer kräftigen Sehne, welche über dem Kiefergelenk am Quadratum und Paraquadratum ange- heftet, aber auch mit der Gelenkkapsel und so mit dem Unterkiefer selbst und der ihn seitlich bekleidenden Fascie, die sich auf den M. masseter fortsetzt, fest verwachsen ist. Aus dieser Sehne geht ein breiter Muskel hervor, dessen Fasern nach hinten gerichtet sind und nur wenig divergiren. Die medialsten Bündel heften sich im Anschluss an den M. inter- hyoideus an der Mittellinie an. Die Fortsetzung bildet der Ansatz an der Fascia pectoralis in einem Winkel, dessen Scheitel bis hinter die vordere Extremität reicht. Die seitlichsten Bündel heften sich an das Procoracoid und bilden zum Theil mit den mittlern Bündeln des Trapezius eine Inscriptio tendinea. FISCHER giebt ausserdem noch einen Ansatz am Humerus an, den ich vermisste. Die Uebereinstimmung des Muskels mit dem von Salamandra maculosa springt auf den ersten Blick in die Augen, und es erscheint 632 L. DRÜNER, kaum verständlich, wie der Besitz des M. omo-humero-maxillaris lange Zeit als eine Besonderheit von Amphiuma und der Cöcilien angesehen werden konnte). Innervation vom R. jugularis VII + IX. 4) M. ceratohyoideus (internus) (Chi). Er entspringt von der ventralen Seite der hintern Hälfte des 1. Kiemenbogens, dessen Spitze er aber frei lässt für den Ursprung des M. cerato-mandibularis, und setzt an der oralen Hälfte der ventralen Seite des Ceratohyale und an dem hintern Ende des Hypohyale an. Er wird vom Glossopharyngeus, der ihn durchbohrt, und vom 2. Kiemenbogennerven versorgt. Der von hinten her eintretende Ast des 2. Kiemenbogennerven ist hier sehr kräftig. 5) Mm. subarcuales recti (Scb). Wie bei den Salamandriden sind deren 3 vorhanden. Sie entspringen, wie dort, vom Ceratobranchiale 4, und zwar von seiner hintern Fläche, hinter dem Kiemenloch. Der erste, am meisten ventral entspringende, ist besonders kräftig und breit und deckt die beiden andern von ventral her in seinem Verlauf nach vorn zum 1. Kiemenbogen, an dessen hinterm Rande er etwa in der Mitte zwischen Höcker und dorsalem Ende breit ansetzt. Der zweite, unter ihm, von ventral her gesehen, verborgene, setzt an der ventralen Seite des Ceratobranchiale 2, der dritte an der des Ceratobranchiale 3 an. Alle drei biegen sich um die ventrale Kante des Kiemenlochs. Sie erhalten Aeste vom 2. und 3. Kiemenbogennerven und vom R. recurrens intestinalis X. 6) M. subarcualis obliquus (Chbr). Dieser Muskel ist in der Einzahl vorhanden; er entspringt am Ceratobranchiale 3 medial neben dem Ansatz des M. subarcualis rectus 3. Sein Ursprung wird, wie bei den Salamandriden, von ventral gesehen, von den Mm. subarcuales recti 1 und 2 verdeckt. An ihrer medialen Seite verläuft er schräg nach vorn, heftet sich aber hier nicht an die Fascie des Rectus profundus, sondern an den hintern Rand des 1. Kiemenbogens medial vom M. subarcualis rectus 1 an. Seine am meisten lateral gelegenen Fasern waren mitten von einer Inscriptio tendinea unterbrochen. 1) Vergl. ©. K. Horrmann, Amphibien, in: Broxn, Class. Ord., p. 93; R. WIEDERSHEIM, Anatomie der Gymnophionen, Jena 1879, p. 66. Erst G. Rue hat den Muskel richtig bestimmt in: Festschr. GEGENBAUR, Viedps oki, Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 633 Seine Lage und sein Ursprung sind so charakteristisch, dass über seine Homologie mit dem hintern M. subarcualis obliquus der Sala- mandridenlarven wohl kaum ein Zweifel bestehen kann. Die Innervation erfolgt aus dem R. recurrens intestinalis X. und einem feinen Aste des 2. Kiemenbogennerven. 7) Mm. levatores arcuum branchialium (Lab 1—4). Am- phiuma hat deren 4. Ihre Anordnung stimmt mit der von Siredon ziemlich überein. Der erste, Levator arcus branch. 1, entspringt vom hintern Ende der von dem dorsalen Rande des Squamosum und dem Petrosum gebildeten Crista, welche auch hier eine Tuberosität trägt, von der die Schädelportion des Trapezius und der Lev. arc. branch. 1 in un- mittelbarem Zusammenhang ihren Ausgang nehmen. Der letztere ver- läuft in rein caudaler Richtung neben der spinalen Längsmusculatur zum Dorsalende des Ceratobranchiale 1, an dessen Vorderseite er sich anheftet. Er wird von 2 Aesten des Glossopharyngeus versorgt. Die Mm. levatores arc. branch. 2, 3 und 4 schliessen unmittelbar an einander an, während der erste isolirt durch eine weite Lücke von dem zweiten getrennt ist. Sie entspringen, von dem M. cephalo-dorso- pharyngeus gedeckt, von der Fascia cephalo-dorsalis. Der zweite ist schräg von oral-dorsal nach caudal-ventral gerichtet. Diese Faser- richtung geht bei den folgenden allmählich in eine mehr transversale über. Der M. dorso-laryngeus schliesst an den Lev. arc. branch. 4 an. Der zweite Levator setzt an der medialen Seite des Dorsalendes des Ceratobranchiale 2, der dritte an das des Ceratobranchiale 3 an. Sie werden von dem zu ihnen gehörigen Kiemenbogennerven versorgt, der (wie auch der Glossopharyngeus vor dem Lev. arc. branch. 1) oral von seinem Levator nach aussen tritt, während der zugehörige Arterienbogen durch die Lücke caudal vom Levator hindurch gelangt. Besonderheiten bietet nur der M. levator arc. branch. 4, dessen Verhalten mit dem von Siredon übereinstimmt. Der vordere Theil setzt an das dorsale Ende des Ceratobranchiale 4 an, der hintere Theil geht, wie dort, auf das Ligamentum branchio-pectorale über, das hier mit 2 Schenkeln den M. dorso-laryngeus umfasst und in die 3. In- scriptio tendinea des M. rectus profundus übergeht. Ihm gegenüber entspringt die zweite Abtheilung des M. interbranchialis 41). Beide Theile werden von einem Aste des Truncus intestino-accessorius in- nervirt, welcher keine andern Bestandtheile enthielt. 1) Vergl. H. H. Wırper. Zool. Jahrb. XIX. Abth. f. Morph. 41 634 L. DRÜNER, 8) M. interbranchialis 4 (Jb4), ein sehr kräftiger Muskel, welcher mit zwei Portionen, einer vordern am Ceratobranchiale 4 und einer hintern am Lig. branchio-pectorale, entspringt. Beide Portionen schliessen unmittelbar an einander an. Der hintern gegenüber setzt die hintere Abtheilung des Lev. arc. branch. 4 an. Die im Allgemeinen transversal verlaufenden Fasern divergiren nach ihrem Ansatz zu, welcher an der Mittellinie ventral von der Trachea vom Kehlkopf an caudalwärts erfolgt, nur wenig. 9) M. dorso-laryngeus (Dl), Er ist bei Amphiuma sehr kräftig und entspringt im Anschluss an die vorstehenden Muskeln breit von der Dorsalfascie. Hinter dem 4. Kiemenbogen zerfällt er in zwei Portionen. Die. vordere, Pars laryngea, biegt dorsal von dem M. interbranchialis 4 nach oral um und gelangt zum Kehlkopf, wo sie an dem Proc. muscu- laris sich anheftet. Da, wo sie den vordern Rand des M. interbranchi- alis 4 passirt, erhielt sie bei dem grössern Exemplar Zuwachs durch Muskelbündel, welche von dem den Muskel hier einhüllenden straffen Bindegewebe ausgingen. Dieses dient einer Portion des M. rectus profundus zum Ansatz. Die hintere, Pars trachealis (M. dorso- trachealis), verläuft in transversaler Richtung weiter und heftet sich an der Seite der Trachea dorsal vom M. interbranchialis 4 an. Sein Ansatz reicht etwas weiter nach hinten als der des letzt genannten Muskels. Innervirt vom N. laryngeus recurrens und von Aesten, welche vom Truncus intestino-accessorius entspringen. 10) Die Kehlkopfmuskeln (Jlv, Cal). Es sind die Mm. la- ryngei dorsalis und ventralis und der M. constrictor laryngis vor- handen. Ihr Bau bietet nichts Bemerkenswerthes. Er stimmt mit dem von Menopoma und Cryptobranchus im Wesentlichen überein. Innervation von N. laryngeus recurrens. Der Kehlkopf ist auch hier beträchtlich nach vorn verschoben. Amphiuma nimmt hierin eine Mittelstellung zwischen Siredon und Menopoma ein. Der Kehlkopfeingang liegt unmittelbar hinter der Querschnittsebene, welche durch die Dorsalenden der Ceratohyalia ge- legt wird, etwa in der Mitte zwischen hinterm Ende der Copula und Truncus arteriosus. B. Die hypobranchiale spinale Musculatur. Sie zeigt die gleichen Bestandtheile wie bei allen andern Uro- delen. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 635 1) M. rectus hypobranchialis superficialis anterior, geniohyoideus (Gh). Er entspringt am Unterkiefer neben der Mittel- linie, dorsal vom M. intermandibularis anterior und läuft als breites, dünnes Muskelband caudalwärts. Er geht durch eine Inscriptio tendinea in den hintern Theil des M. rectus über. Diesen Muskel gesondert zu beschreiben, berechtigt nur der Vergleich mit den Urodelen, bei welchen er an dem Hyoidstiel inserirt und dadurch von dem anschliessenden Sternohyoideus geschieden ist. Hier bei Amphiuma bildet er aber die unmittelbare Fortsetzung. Diese Inscriptio tendinea liegt in der Querschnittsebene, welche die hintern Enden der Ceratobranchialia 4 und die hintere Grenze des Kehlkopfs trifft. Sie ist nicht auf den Rectus superficialis beschränkt, sondern hängt mit der 1. Inscriptio des Rectus profundus unmittelbar zusammen. Von der Inscriptio gehen oberflächlich nach caudal seitlich die Fasern des M. omohyoideus (Oh) aus, der hier sehr kräftig entwickelt ist, und medial daneben ein flaches Muskelband, welches eine Inscriptio tendinea, die 2., überspringt und sich erst an der 3. anheftet. Innervirt wird der Muskel wie immer vom N. hypobranchialis. 2) M. genioglossus (Ggl). Er ist bei Amphiuma auffallend stark entwickelt. Er entspringt dorsal vom M. genio-hyoideus am Unter- kiefer und strahlt mit etwa 10 ziemlich dicken Bündeln zur Zunge hin aus. Er befestigt sich nicht am Skelet, sondern an der Schleim- haut. Die mittlern Muskelbündel sind nur kurz und endigen in der Gegend der dicken Drüsenschläuche der Zungenspitze. Nach der Seite zu nehmen die Fasern an Länge zu, die längsten strahlen an der Plica hyomandibularis aus. Auch hier sind zwischen den Muskelfasern kleine Drüsenschläuche zu bemerken. Eine Durchkreuzung der mittlern Fasern beiderseits findet nicht statt. Innervation vom N. hypobranchialis. 3) M.rectushypobranchialis profundus (4h). Er entspringt von einer starken Sehne, welche aus dem Periost der dorsalen und ventralen Seite des Copula hervorgeht und auch mit den Vorderenden der 1. Kiemenbogen fest verwachsen ist. Der runde Muskelbauch, welcher an seinem Anfang sehr dünn ist, nimmt schnell an Dicke zu und bildet ventral vom Kehlkopf die 1. Inscriptio tendinea, welche in der Mittellinie mit der des Kehlkopfs und der Trachea durch eine straffe Fasermasse fest verwachsen ist. Von dieser erhält er einen kräftigen Zuwachs von Muskelfasern (4h), welche vom hintern Ende des Kehlkopfs an bis zum Anfang des Herzbeutels von der Ventralseite der Trachea 41* 636 L. DRÜNER, entspringen. Der Herzbeutel ist hier ebenfalls fest mit der genannten Fasermasse verwachsen, an welcher sich von der Seite her der M. interbranchialis 4, ebenfalls ventral von der Trachea, anheftet. Einen zweiten Zuwachs erhält der Muskel von der Fascia inter- branchialis an der medialen Seite des ventralen Endes des Cerato- branchiale 4 (Ahi). Hier ist diese Fascie durch eine dicke Fasermasse verstärkt, welche den 3. Arterienbogen umschliesst und auch um den M. dorso-laryngeus am Vorderrand des M. interbranchialis 4 eine dicke Scheide bildet; diese giebt auch einem Theil des M. dorso-laryn- geus Ursprung. Im Uebrigen sind die Formverhältnisse im Wesentlichen die gleichen wie bei den andern Urodelen. Die Inscriptiones tendineae von der zweiten an sind mit dem Herzbeutel verwachsen, an der 3. Inscriptio tendinea heftet sich das Ligamentum branchio-pectorale an. Nach caudal geht der Muskel in den M. rectus abdominis und obliquus internus über. Innervirt wird er vom N. hypobranchialis und ventralen Aesten der folgenden Spinalnerven. 3. Nerven. Auch bei Amphiuma wurde nur der Verlauf der Nerven ausser- halb des Schädels genauer studirt. 1, N. facialis. Die dem Trigeminus angegliederten Theile wurden nicht unter- sucht. Der R. palatinus tritt unmittelbar vor der äussern Oeffnung des Canalis caroticus, wie bei allen Urodelen, aus einem besondern Loch im Petrosum hervor, hat hier eine Verbindung mit dem R. pha- ryngeus IX. und verläuft dann in der von straffem Bindegewebe über- brückten Furche zwischen Pterygoid und Parasphenoid nach vorn. Seine Verästelung wurde im Einzelnen nicht verfolgt. Der Hauptstamm des Facialis kommt aus der äussern Oeffnung des Facialiscanals hervor, welche wie immer zwischen ventraler Verbindung des Quadrat- knorpels mit der Labyrinthkapsel und Operculum gelegen ist. Er theilt sich hier in die für alle Urodelen typischen Aeste R. cutaneus mandibulae lateralis, R. cutaneus mandibulae medialis, R. alveolaris und R. jugularis. Von diesen bleibt nur der R. alveolaris medial am Quadratum und läuft an diesem unmittelbar hinter der Art. quadrato- mandibularis ventralwärts. Die 3 andern durchsetzen gemeinsam den Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 637 von der Sehne des M. interhyoideus gebildeten Schlitz am Hinter- rande des Squamosum und kommen so an die Aussenseite dieses Muskels. 1) R. cutaneus mandibulae lateralis (R.c.m.lat. VII). Er ist der einzige Facialisast,welcher vor dem M. cephalo-dorso-mandibularis ver- läuft. Zwischen Paraquadratum und dem vordern Rande dieses Muskels unmittelbar über dem Kiefergelenk gelangt er in die Ursprungssehne des M. quadrato-pectoralis, durchsetzt dieselbe und läuft dann wie ge- wöhnlich an der Seite des Unterkiefers nach vorn, seine Zweige den knospenförmigen Organen dieser Linie sendend. Er giebt auch einen Hautnerven ab, welcher rückläufig sich an der den M. cephalo-dorso- mandibularis deckenden Haut verzweigt. 2) Der R. cutaneus mandibulae medialis (R.c.m. med. VII), welcher bei allen andern Urodelen zunächst den gleichen Weg wie der laterale einschlägt, bleibt hier an der medialen Seite des M. cephalo-dorso-mandi- bularis und des quadrato-pectoralis. Er verläuft an der Aussenseite des M. interhyoideus ventralwärts, biegt hinter dem Kiefergelenk dann nach vorn um und tritt erst am medialen Rande des M. quadrato-pectoralis medial neben dem Kiefergelenk unter die Haut, um sich bald in 2 Aeste zu spalten, deren Verlauf und Verbreitung an den knospenförmigen Organen die gleichen sind wie bei den übrigen Urodelen. Auch er hat mannigfache Verbindungen mit Hautästen des N. intermandibularis trigemini. 3) Der R. jugularis (R.j. VII) von Amphiuma gewährt durch die Eigenart seiner Lage und seiner Verzweigung besonderes Interesse. Er zerfällt, indem er nach Durchtritt durch den oben genannten Sehnen- schlitz an der Aussenseite des M. interhyoideus caudalwärts verläuft, in eine grössere Zahl von Aesten, von denen einer caudal neben dem R. cu- taneus mandibulae medialis ventralwärts umbiegt und sich an dem M. interhyoideus verzweigt, nachdem er einen Zuwachs aus der IX.- VIL.-Anastomose erhalten hat. Ein zweiter, caudal von dem vorstehenden, wendet sich schräg caudal und ventral zu dem M. quadrato-pectoralis. Auch er nimmt, ganz selbständig geworden, einen feinen Ast aus der IX.-VIL- Anastomose auf. Von den übrigen Aesten treten alle, ausser einem, von der medialen Seite her in den M. cephalo-dorso-mandibularis ein, um diesen zu versorgen. Nur bei zweien derselben, welche unmittelbar nach dem Austritt aus dem Sehnenschlitz den Stamm verliessen, war 638 L. DRÜNER, eine Beimengung von Aesten der IX.-VIL-Anastomose nicht festzustellen, aber auch nicht sicher auszuschliessen. Alle übrigen nahmen eine solche in grösserer oder geringerer Entfernung von dem Abgang vom Stamme des R. jugularis auf. Mit dem Aste für den M. cerato-mandibularis war der N. lateralis VIL. (N.!. VII) verbunden, welcher zwischen den Fasern dieses Muskels hindurchtrat und an dem hintern Rande desselben zum Vorschein kam. Er verläuft dorsal neben der Vena suprabranchialis (jugularis externa) dorsal- und caudalwärts, theilt sich hier in 2 Aeste, welche getrennt die Thymus durchsetzen, dann zwischen den Fasern des M. dorso- laryngeus hindurch von aussen nach innen an die Seite der spinalen Längsmusculatur gelangen und sich hier wieder zu einem Stamme ver- einigen. Dieser legt sich lateral neben den N. lateralis medius X. und ist mit ihm zusammen am Körper weit nach hinten zu verfolgen, indem er unter Abgabe feiner Zweige an die mittlere Seitenlinie all- mählich dünner wird. Ueber 20 Muskelsegmente habe ich ihn dargestellt; er war nach dieser Strecke etwa halb so dick wie zu Anfang. Ausser diesem eigenartig bei Amphiuma ausgebildeten Hautast, welcher in dieser Form andern Urodelen nicht zukommt, war dem Aste für den M. quadrato-pectoralis und dem für den M. cerato-mandibularis je ein feiner Hautnerv zugetheilt, welcher am hintern Rande des M. cephalo-dorso-mandibularis unter die Haut gelangte und sich hier vor der Kiemenöffnung verzweigte. Sie sind als Rr. cutanei jugulares anzusehen. Die IX.-VII.-Anastomose biegt über den dorsalen Rand des Liga- mentum hyoquadratum nach ventral um und theilt sich lateral am M. interhyoideus in eine grössere Zahl von Aesten, die sich den oben beschriebenen des Facialis beigesellen. So wird der grösste Theil der- selben erschöpft. Es besteht ausserdem aber noch ein recht feiner Verbindungsnerv, welcher am Glossopharyngeus sowohl wie auch am Facialis ventralwärts weiter zu verlaufen schien, dessen Herkunft und Endigung mithin nicht festzustellen war. Es ist möglich, dass er vom IX. stammt und sich sensiblen Bestandtheilen des VII. beigesellt und ein Homologon des bei Siredon gefundenen Nerven ist, welcher sich einem R. cutaneus zugesellte. 4) Der N. alveolaris zeigt in seinem peripheren Verlauf dasselbe Verhalten wie bei Siredon. Er nimmt zwei feine Verbindungen aus dem Glossopharyngeus auf, eine aus dem R. pharyngeus und eine aus dem R. praetrematicus desselben. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 639 Er tritt nach Abgabe mehrerer feiner Schleimhautäste in das Canälchen des Unterkiefers, aus dem er eine grössere Zahl von Aesten zur Schleimhaut des Mundhöhlenbodens zwischen Unterkiefer und Hyoid und zur Zunge sendet. Ueber die Kiemenarterienbogen von Amphiuma. Der R. alveolaris des Facialis verläuft von seinem Ursprung vom Facialisstamm bis zum Eintritt in seinen Unterkiefercanal hinter einer sehr kräftigen Arterie, welche von der Carotis interna da entspringt, wo diese ventral den Facialisstamm kreuzt. Sie folgt dann der medialen Seite des Unterkiefers ventral von dem M. intermandibularis posterior nach vorn und versorgt die Haut und die oberflächlichen Muskeln der intermandibularen Region. Ein kleines Aestchen begleitet noch den R. alveolaris in dem Knochencanälchen. Von dieser Arterie, der Arteria quadrato-mandibularis, geht unmittelbar an ihrem Ursprung von der Carotis die Arteria petrosa lateralis ab, welche, wie bei den Salamandriden, durch das Antrum petrosum laterale nach vorn in das Trigeminusgebiet führt; etwas weiter ventral entspringt die Arteria jugularis, welche mit dem R. jugularis den Sehnenschlitz hinter dem Paraquadratum passirt, den M. cephalo-dorso-mandibularis versorgt und auch neben dem N. cutaneus mandibulae lateralis VII. Hautäste entsendet. Wir haben hier also ganz die gleichen Verhältnisse vor uns wie bei Siredon-Amblystoma und erkennen in dieser Arterie den Abkömm- ling des 1. Arterienbogens, welcher dem Kieferbogen angehört '). Bei Amphiuma finden sich 3 Kiemenarterienbogen. 1) Die Arteria quadrato-mandibularis findet sich im Wesentlichen in der gleichen Form wie bei vielen Urodelen in der Embryologie der Säuger wieder. Tanpzer (Zur Entwicklungsgesch. der Kopfarterien bei den Mammaliern, in: Morph. Jahrb., V. 30, 1902) hat ihre Ableitung aus dem Arterienbogen des 1. Visceralbogens und ihre Umwandlung beim Menschen und bei der Ratte zuerst richtig und vollständig be- schrieben. Meine Untersuchung bestätigte später (ohne Kenntniss von Tanpier’s vortrefflicher Arbeit) einen Theil seiner Angaben bei derMaus (Anat, in: Anz., V. 24, 1904, p. 285). Ich verdanke Herrn Prof. TANDLER die Liebenswürdigkeit, mich privatim auf seine frühern umfassendern Ergebnisse aufmerkam gemacht zu haben. Bei den Säugern tritt die von der Carotis interna entspringende Arterie des 2. Visceralbogens (Art. hyoidea) später durch Anastomosen- bildung mit der Art. quadrato-mandibularis in Verbindung und über- nimmt einen Theil ihres Gebiets. Die Anastomose durchbohrt das Stapesblastem und wird zum Stamm der Art. stapedia. Der ventrale Theil des 1. Arterienbogens geht bei den Urodelen zusammen mit dem unpaaren, zu ihm gehörigen vordersten Theil des Truncus arteriosus zu Grunde (vergl. Anh. 2 zur Anl. VII). Die Carotis externa bildet sich von der Kiemenvene des 3. Visceralbogens aus neu, 640 L. DRÜNER, Der 1. ist, wie überall zur Carotis geworden, der 2. bildet den Stamm des Aortenbogens, der 3. ist zu einem sehr feinen Gefäss ge- worden. Ein 4. Arterienbogen endlich fehlt ganz. Die Art. pulmonalis hat einen wesentlich andern Verlauf, und wenn sie auch an der Stelle vom Truncus arteriosus entspringt, an welcher der Anfang eines 4. Kiemenarterienbogens zu suchen wäre, so ist ihre Lage zu den Nerven doch eine von der bei den andern Urodelen so weit abweichende, dass ihre complete Homologie mit der Arteria pulmonalis jener in Frage gestellt werden muss. Das Herz ist bei Amphiuma relativ ausserordentlich gross und weiter nach caudal gewandert als bei irgend einem andern Vertreter der Urodelen. Es liegt hinter der vordern Extremität. Der gegen den Bulbus scharf abgesetzte Truncus arteriosus gabelt sich in der Querschnittshöhe der 3. Inscriptio tendinea des Rectus; beide Aeste der Gabel treten gesondert aus dem Herzbeutel, dessen Umschlagsstelle zwischen ihnen bis zur 2. Inscriptio tendinea recti oral- wärts reicht und hier mit dieser und der dorsal von ihm gelegenen Trachea fest verwachsen ist. Hier ist zugleich das hintere Ende des Ansatzes des M. interbranchialis 4. Jeder der beiden Gabeläste des Truncus arteriosus giebt an der Seite, nur wenig oral von der Theilungs- stelle, die Arteria pulmonalis ab, welche sich sofort nach caudal wendet und an der Rückseite des Herzbeutels zu den Lungen gelangt. Die Beziehungen dieses Gefässes zu den benachbarten Organen sind hier also wesentlich andere als bei den übrigen Urodelen. Dort bildete die Arteria pulmonalis den 4. Kiemenarterienbogen. Er entspringt vom Truncus arteriosus in engem Zusammenhang mit dem 3. Arterienbogen und läuft dann an der Aussenseite des Cerato- branchiale 4 dorsalwärts, um über dessen Spitze in ein Gefäss einzu- münden, welches sich von der dorsalen Vereinigung des 3. und 2. Ar- terienbogens caudalwärts fortsetzt und zwischen M. lev. arc. branch. 4 Bei einigen Säugern geht der Stamm der Carotis externa aus dem ventralen Theil des 1. Arterienbogens hervor, welcher nicht oder nur vorübergehend am Ursprung vom Truncus arteriosus einen unpaaren Stamm bildet (vergl. b. Tanpiur). Beim Menschen fand ich in einer vortrefflich conservirten Serie eines Embryos aus der 4. Woche, deren Benutzung ich Herrn Geheimrath Herrwıc verdanke, Gefäss- rudimente, die ich als die Reste eines unpaaren Stammes und eines in Rückbildung begriffenen ventralen Theiles des 1. Arterienbogens auffasse. Danach scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen zu sein, dass im Stamme der Säuger die Entwicklung der Carotis externa keine ganz gleichartige ist, dass sie bei den einen Formen (Ratte, Maus) aus den ventralen Theilen des 1. Arterienbogens, bei den andern (Mensch) aus denen des 2. Arterienbogens sich bildet. Keinesfalls ist aber nach der ontogenetischen Entstehung die Carotis externa der Urodelen als ein Homologon der Carotis externa der Säuger zu betrachten, und es wäre daher angebracht, für die Carotis externa der Urodelen einen andern Namen, Arteria hypobranchialis, einzuführen, Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 641 und Dorsolaryngeus nach aussen tritt (vgl. fig. 11 und 42a, b, c des I. Theils). Es ist oral stärker als der 4. Arterienbogen und bildet bei den Larven der Salamandriden die Hauptblutzufuhr für die Arteria pulmonalis, neben welcher der sehr feine 4. Arterienbogen kaum in Be- tracht kommt. Während der Metamorphose kehrt sich dieses Verhält- niss um. Der 4. Arterienbogen wird zu einem mächtigen Gefäss, das nun die Hauptzufuhr zur Art. pulmonalis übernimmt, während die dor- sale Verbindung mit dem 3. Arterienbogen (bzw. seiner Verbindung mit dem 2.) im Wachsthum ganz zurückbleibt. Den gleichen Zustand wie bei Salamandra nach der Metamorphose finden wir bei Cryptobranchus japonicus, während Menopoma die Ver- hältnisse der Salamandridenlarven zeigt. Ganz gleichförmig bei allen diesen ist aber die Lage des R. re- currens intestinalis X. zur Arteria pulmonalis. Er kreuzt den aus der Vereinigung der 4. Kiemenarterie mit der oben genannten dorsalen Verbindung mit der 3. Kiemenarterie hervorgegangenen Stamm der Art. pulmonalis aussen, lateral. Die Nervenäste, welche zum Kehlkopf und zur ventralen Pharynxschleimhaut vor dem Truncus arteriosus gelangen, kreuzen den Theil der Arteria pulmonalis, welcher aus dem 4. Arterien- bogen hervorgegangen ist, also die Strecke, welche vom Truncus arte- riosus bis zu der dorsalen Verbindung mit dem 3. Arterienbogen reicht, innen, dorsal, sie liegen zwischen Pharynx und Arterienbogen. Diese Aeste des R. recurrens intestinalis X. schlingen sich also von aussen nach innen um den 4. Arterienbogen oder die aus ihm gebildete Strecke der Arteria pulmonalis. Eine Arteria pulmonalis, welche entwicklungsgeschichtlich aus einem 4. Arterienbogen hervorgegangen ist, wird auch dieses Verhalten stets beibehalten müssen. . Die Thatsache, dass bei Amphiuma diese Beziehungen aufgegeben sind, beweist, dass die Arteria pulmonalis mit dem verloren gegangenen 4. Arterienbogen nichts gemeinsam haben kann als den Ursprung am Trun- cus arteriosus. Wenn in der Ontogenie von Amphiuma ein 4. Arterien- bogen früher bestanden hat, müssen wir uns seinen Verlauf so denken, dass er am Abgang der Art. pulmonalis vom Truncus arteriosus ent- sprang und ventral die Muskel- und Schleimhautäste, insbesondere den R. laryngeus kreuzte, dann an der Aussenseite des Ceratobranchiale 4 verlief und dorsal vom Lig. branchio-pectorale nach innen zwischen Dorsolaryngeus und M. lev. arc. branch. 4 die Verbindung mit dem 3. und 2. Arterienbogen aufnahm. Von einer solchen Arterie finden wir bei Amphiuma keine Spur. Wäre sie neben der jetzt bestehenden Arteria pulmonalis vorhanden, so würden sich die Aeste des R. recurrens intestinalis X., im Besondern der N. laryngeus recurrens zu ihr so verhalten, wie der linke N. laryn- geus recurrens der Säuger zum Ductus Botalli. Unmittelbar oral von der Art. pulmonalis entspringt an der Seite des Truncus arteriosus der 3. Arterienbogen, welcher zu einem sehr feinen Gefäss geworden ist. Er kreuzt schräg oral und lateral die 642 L. DRÜNER, Mm. dorso-laryngeus und interbranchialis 4 ventral vom Pharynx und wird dann von dem straffen Fasergewebe umschlossen, welches am Vorderrand des M. interbranchialis 4 dem Rectus profundus und einigen Bündeln des M. dorso-laryngeus Ursprung bietet. Er durchsetzt das- selbe und tritt nun dorsal von den Mm. subarcuales recti an die Seite des 3. Kiemenbogenknorpels vor die Kiemenspalte, Ventral von dem Verbindungsband der Spitzen der Ceratobranchialia tritt er nach innen und gelangt zwischen den Ansätzen der Mm. lev. arc. branch. 3 und 4 zu dem 2. Arterienbogen, mit dem er sich verbindet. An dieser Ver- bindungsstelle deutet nichts auf ein in der Ontogenie etwa rückgebil- detes Gefäss hin, welches caudal den Weg der Arteria pulmonalis der übrigen Urodelen einschlug. Reste einer Gefässchlinge, welche, wie bei Menopoma und Crypto- branchus, als Reste eines Kiemenbüschelkreislaufs anzusehen wären, fanden sich bei Amphiuma nicht. Der 1. und 2. Kiemenarterienbogen bilden vereint die Fortsetzung jeder der beiden Gabeläste des Truncus arteriosus. Sie laufen parallel dem 3. Arterienbogen. Der 2. kreuzt den M. subarcualis obliquus dicht an seinem Ursprung und dann die Mm. subarcuales recti 1 und 2 dorsal. Nachdem er die Aussenseite des Ceratobranchiale 2 bis zu seiner dorsalen Spitze begleitet hat, tritt er zwischen Ceratobranchiale 2 und 3 und den Ansätzen der zugehörigen Mm. levatores arc. branch. nach innen und bildet nach Aufnahme des kleinen 3. Arterienbogens den Stamm des Aortenbogens. Der 2. Arterien- bogen ist bei weitem der stärkste. Der Durchmesser seiner Dicke ist etwa 3mal so gross wie der des 1. Arterienbogens und doppelt so gross wie der der Arteria pulmonalis. Der 1. Arterienbogen giebt auf der Strecke vom Truncus arteriosus bis zu der Stelle, wo er sich dem 1. Kiemenbogen anlegt und die Carotisdrüse bildet, dorsal vom Seitenrand des M. subarcualis rectus 1 mehrere kleine Arterien ab. Die erste entspringt bald, nachdem er den Herzbeutel verlassen hat, und bildet ausser mehreren kleinen Aesten für den Rectus profundus die Art. laryngea, die also hier nicht aus der Art. pulmonalis entspringt. Ein Ast der Art. laryngea begleitet den N. laryngeus recurrens bis zu seinem Ursprung am N. intestnalis X. Der zweite Ast entspringt von dem 1. Arterienbogen am medialen Rande des M. subarcualis obliquus und verzweigt sich an der ven- tralen Pharynxschleimhaut mit dem Endast des 2. Kiemenbogen- nerven. Aus der ziemlich kleinen Carotisdrüse, deren Bau ich genauer nicht untersucht habe, geht ventral die Art. carotis externa, dorsal die Arteria carotis interna hervor. Die Carotis externa begleitet den 1. Kiemenbogen am Ursprung des M. ceratohyoideus internus ventral von der Thyreoidea nach vorn. Ihre Verzweigung bietet nichts Erwähnenswerthes. Die Carotis interna folgt als Fortsetzung des 1. Arterienbogens dem 1. Kiemenbogen nach dorsal und tritt zwischen 1. und 2. Kiemen- bogen unter dem Verbindungsband der Spitzen beider nach innen. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 643 Hier biegt sie nach oral um und gelangt, die grossen Nervenstämme des IX. und VII. ventral kreuzend, neben der Vena pharyngeo-palatina an die Schädelbasis. Der Ursprung der Art. quadrato-mandibularis wurde bereits oben beschrieben. An der Umbiegungsstelle ist sie durch ein kräftiges Gefäss mit dem 2. Arterienbogen, der sich in den Aorten- bogen fortsetzt, verbunden. Dieses Gefäss giebt etwa in seiner Mitte einer kräftigen Arterie Ursprung, welche mehrere kleine Aeste dem 1. und 2. M. levator arc. branch. sendet und deren Hauptast die Carotis dorsal kreuzt und sich an der Aussenseite des M. interhyoideus vertheilt. Ihr Ursprung und ihre Verästelung entspricht theilweise denen der Arteria mandibulo- jugularis der Salamandriden. Beziehungen zu einem Arterienbogen des Hyoids kommen nicht in Frage, weil sie von der Verbindung zwischen 1. und 2. Kiemen- arterienbogen entspringt, nicht vor dem 1. Kiemenarterienbogen von der Carotis interna. Schliesslich sei hier noch eines eigenartigen Stranges Erwähnung gethan, über den mein Material keine sichern Feststellungen erlaubte. Er besteht aus ziemlich festem Bindegewebe und ist etwa so dick wie die Carotis communis. Auf dem Querschnitt zeigt er ein Lumen, dessen Auskleidung festzustellen nicht gelang. Er beginnt dorsal vom Herz- beutel neben der Trachea, läuft eine Strecke weit caudal von dem 3. Arterienbogen diesem parallel ungefähr in der Lage, in welcher der 4. Arterienbogen zu suchen wäre. Er begleitet dann die Vena jugu- laris externa ventral vom Lig. branchio-pectorale nach aussen und lagert sich für eine Strecke einem ihrer Aeste, der Vena brachialis externa an. An dem Ansatz des Trapezius am Schultergürtel ver- lässt er die Vene und tritt zwischen den beiden Portionen des Muskels nach innen zur Seite der spinalen Längsmusculatur; hier endet er in der Linie, in welcher die Nn. lateralis medius X. und lateralis VII. verlaufen, an einem Bläschen, welches flüssigen Inhalt enthielt. Dort fanden sich auch zahlreiche gelbe Körner, welche Colloidkörnern der Thyreoidea glichen. Eine Abzweigung des Ganges gelangte hinter dem Schultergürtel zur Haut. Einen Aufschluss über den feinern Bau dieses Ganges sowie über Anfang und Ende gestattete mein Material leider nicht. Er war bei beiden Exemplaren von Amphiuma auf beiden Seiten vorhanden, 2. Nn. glossopharyngeus und vagus. Das Glossopharyngeus-Vagusganglion liegt in einer tiefen Knochen- nische an der Seite des Condylus oceipitalis. Dorsal vom Ganglion kommt die Vena jugularis interna aus dem Foramen jugulare hervor und vereinigt sich, nachdem sie zwischen IX. und 2. Kiemenbogen- nerven hindurch getreten ist, mit der Vena petrosa lateralis und _ pharyngo-palatina. 644 L. DRÜNER, Aus dem Ganglion gehen 6 Stämme hervor: der Glossopharyngeus, der 2. Kiemenbogennerv, der 3. Kiemenbogennerv, der Truncus intestino-accessorius, die zu einem Stamm vereinigten Nn. lateralis medius und superior und die Nn. cutanei occipitales. 1) N. glossopharyngeus. Er theilt sich unmittelbar nach seinem Austritt aus dem Ganglion in 3 Theile, den R. communicans, den R. praetrematicus und den R. posttrematicus. Der R. communicans (IX.-VII.-Anastomose) tritt durch den Schlitz hindurch, welcher vom M. levator arcus branchialis 1 und dem Liga- mentum hyo-quadratum gebildet wird, nach aussen und gelangt so an die laterale Seite des M. interhyoideus. Er theilt sich schon kurz vorher in einen sehr feinen vordern und einen sehr kräftigen hintern Ast. Der vordere läuft in gerader Linie auf den Sehnenschlitz zu, aus welchem der Facialis austritt. In welche Bahnen dieser Nerv peripher- wärts einlenkt, blieb ungewiss. Er vereinigt sich mit dem R. jugu- laris VII, und es hatte den Anschein, als ob seine Fasern in ventraler Richtung in ihm weiter liefen. In der Mitte etwa verliess ihn ein feiner Muskelast für den M. cephalo-dorso-mandibularis, dessen Zusammen- setzung aus VII. und IX.-Theilen sich nachweisen liess. Der hintere Ast der IX.-VIL.-Anastomose, der bei weitem stärkste Theil des Glossopharyngeus, läuft an der Seite des M. interhyoideus ventralwärts und splittert sich hier in die einzelnen Zweige auf, welche sich mit denen des R. jugularis VII. vereinigen und so ein peripher gelegenes Geflecht mit diesen bilden. Der R. praetrematicus schlingt sich ebenfalls lateral um die Arteria carotis und Vena petrosa lateralis, bleibt aber an der medialen Seite des M. interhyoideus. Er giebt hier einen kräftigen R. pharyngeus ab, welcher neben der Vena pharyngo-palatina und Carotis interna unter Abgabe zahlreicher Pharynxäste nach vorn verläuft. Die Schleim- hautäste bilden mit den hintern des N. palatinus VII. ein Geflecht. Ausserdem besteht aber auch eine feine unmittelbare Verbindung zwischen beiden Nerven am Austritt des N. palatinus vor dem Foramen caroticum externum. Der R. pharyngeus IX. hat noch eine zweite Verbindung mit dem Facialis, welche bedeutend kräftiger ist als die eben genannte. Sie geht in den N. alveolaris über, nachdem sie sich zuvor mit einem feinen Zweige des R. praetrematicus vereinigt hat, welcher weiter ventral am Hyoid entspringt und rückläufig zum N. al- veolaris gelangt. Der R. praetrematicus IX. verläuft wie bei allen Urodelen an der Innenseite des Ceratohyale unter der Schleimhaut Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 645 ventral- und oralwärts und versorgt diese mit einer grossen Zahl von feinen Aesten. Der R. posttrematicus ist der kleinste der 3 Aeste des Glosso- pharyngeus; er läuft bis zum Dorsalende des Ceratohyale neben der Vena jugularis nach hinten und giebt auf dieser Strecke mehrere Rr. pharyngei ab. Dann biegt er über dem Ceratohyale seitlich um. Da, wo er den untern Rand des M. levator arcus branchialis 1 kreuzt, sendet er diesem Muskel 2 feine Aeste. Der Stamm läuft dann zwischen M. cerato-mandibularis und cerato-hyoidens (internus) ventral- warts und tritt schliesslich zwischen die des letztern, dem er eine grosse Zahl von Muskelästen abgiebt. Auch mehrere Schleimhautäste entsendet er auf diesem Wege zu der Pharynxwand zwischen Hyoid- und 1. Kiemenbogen. Sein Endast, der R. lingualis, gelangt wie immer durch die Lücke zwischen Ceratohyale und 1. Kiemenbogen neben der Copula in die Zungenschleimhaut. Ein R. cutaneus retrocurrens liess sich nicht auffinden. 2) Der 2. Kiemenbogennerv. Er gelangt auf seinem schräg caudal und lateral gerichteten Verlauf dorsal von den grossen Ge- fässtämmen vor den Ansatz des M. levator arcus branchialis 2. Kurz vorher giebt er einen kräftigen R. pharyngeus ab, welcher zwischen Carotis interna und 2. Kiemenarterienbogen die Verbindung zwischen beiden umschlingt und sich an der Pharynxschleimhaut hauptsächlich oralwärts verzweigt, indem er mit den Pharynxästen des Glosso- pharyngeus den Plexus pharyngeus dorsalis bildet. Da, wo der Stamm des Nerven vor dem Ansatz des M. levator arc. branch. 2 an die Oberfläche tritt, sendet er einen R. cutaneus jugularis zur Haut und wendet sich neben dem Ceratobranchiale 2 ventralwärts, um vor dem 2. Kiemenarterienbogen über dem M. sub- arcualis rectus 2 zu verschwinden. Er sendet dem M. subarcualis rectus 1 einen kräftigen und dem zweiten einen kleinern Muskelast. Am medialen Rande dieser Muskeln kommen seine beiden Endäste nach Entfernung des M. rectus profundus wieder zum Vorschein. Beide sind sehr kräftig. Der eine kreuzt die Art. carotis communis ventral und versorgt den medialen Theil des M. ceratohyoideus (internus). Der zweite kreuzt die Carotis communis dorsal und verbreitet sich an der ventralen Pharynxschleimhaut zwischen den Kiemenbogen von der Zunge bis zum Kehlkopf. 3) Der 3. Kiemenbogennerv ist bereits rudimentär. Er verlässt aber selbständig das Ganglion, läuft als feiner Nerv neben 646 L. DRÜNER, dem vorbeschriebenen zu der Lücke zwischen den Ansätzen des M. levator arcus branch. 2 und 3. Kurz zuvor giebt auch er einen feinen R. pharyngeus ab, der sich in analoger Weise verzweigt wie der des 2. Kiemenbogennerven. Er sendet dann dem M. levator arcus branchialis 3 mehrere feine Aeste, läuft am Ceratobranchiale 3 ventral- wärts und kommt als winziges Schleimhautästchen am medialen Rande des M. subarcualis obliquus dicht an seinem Ursprung wieder zum Vorschein. Er versorgt die Schleimhaut seitlich vom Kehlkopf. Ventrale Muskeläste waren nicht aufzufinden. 4) Vom 4. Kiemenbogennerven, welcher einen Ast des Truncus intestino-accessorius darstellt, ist nur noch der den M. levator arcus branchialis 4 versorgende Zweig übrig geblieben. Er verlässt ge- meinsam mit dem R. accessorius als feines Fädchen den Truncus bald hinter dem Ganglion und vertheilt sich an der medialen Seite an den beiden Portionen des M. levator arcus branchialis 4. 5) Der Truncus intestino-accessorius. Dieser kräftigste, aus dem Ganglion hervortretende Nervenstamm enthält auch hier die motorischen Elemente für den M. dorso-laryngeus, den M. trapezius, den M. interbranchialis 4, die Kehlkopfmuskeln und einen Theil der Mm. subarcuales. Er verläuft am untern Rande der (auch hier wie bei Salamandra und Triton am Hinterende der Kante des Paraquadratum ventral vom M. levator arcus branchialis 1 entspringenden) Schädelportion des M. trapezius und giebt hier einen ziemlich kräftigen Nerv ab, welcher seine Verzweigungen den verschiedenen Abtheilungen des M. trapezius und dem M. dorso-laryngeus sendet. Letzterer entspringt gemeinsam mit dem Muskelnerven für den Lev. arc. branch. 4 vom Stamme. Am hintern Rande des M. dorso-laryngeus tritt er medial vom Lig. branchio- pectorale ventralwärts und liegt hier unmittelbar neben dem 1. Spinal- nerven, der ihn, nach vorn umbiegend, kreuzt. Hier zerfällt der Stamm in seine Endäste, die Nn. intestinales X. und den R. recurrens intestinalis X. Der letztere entsendet ventral neben dem Ligamentum branchio-pectorale den N. lateralis inferior X., dessen Verlauf nichts Erwähnenswerthes bietet, und vertheilt sich dann am M. interbranchialis 4. Ein feiner Zweig verläuft weiter nach vorn und sendet den Mm. subarcuales feine Aeste. Ausserdem biegen mehrere sehr feine Aeste medial ab und verlieren sich in dem Binde- gewebe in der Umgebung der Arterienbogen. Nach dem Vergleich mit andern Urodelen sind sie theils als Schleimhautäste anzusehen, theils Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 647 als Nerven, welche die Arterienbogen selbst versorgen und neben ihnen auch zum Truncus arteriosus gelangen. Mit dem 2. Kiemenbogennerven und dem Glossopharyngeusgebiet hat der Nerv keine Verbindung. Der N. laryngeus recurrens wird von einem R. intestinalis entsandt. Er kreuzt die hintere, an der Seite der Trachea ansetzende Abtheilung des M. dorso-laryngeus ventral und zieht an der medialen Seite der Pars laryngea dieses Muskels nach vorn. Er entsendet ihm und den kleinen Kehlkopf- muskeln Aeste. 6) Die Nn. lateralis medius und superior entspringen gemeinsam neben dem Truncus intestino-accessorius vom Ganglion. Beide betten sich tief in die spinale Längsmusculatur ein. Der N. late- ralis medius erhält durch die Begleitung des N. lateralis VII, welcher neben ihm nach hinten verläuft, Beziehungen, welche noch der ge- genaueren Untersuchung, namentlich entwicklungsgeschichtlich, be- dürfen. 7) Die Nn. cutanei occipitales bieten nichts besonders Er- wähnenswerthes. Sie entspringen als ein Stamm an der Dorsalseite des Ganglions. 3. Der N. hypobranchialis setzt sich aus dem 1. und 2. Spinalnerven zusammen. Ein oceipitaler Nerv wurde nicht aufgefunden. Dem 1. Spinalnerven, welcher wie bei allen andern Urodelen durch ein Foramen des 1. Wirbels nach aussen tritt, fehlte ein Spinalganglion, der 2. hatte ein kleines rudimentäres Ganglion. Der Verlauf der Nerven bietet keine erwähnenswerthen Besonder- heiten. 648 L. DRÜNER, Anlage X. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopf-Skelet, -Muskeln und -Nerven von Sören lacertina. Von Siren lacertina erhielt ich durch die Freundlichkeit von Herrn Prof. Dr. TORNIER mit Genehmigung des Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Môgius ein 25 cm langes Exemplar aus dem naturhistorischen Mu- seum zu Berlin mit der Erlaubniss, an demselben die eine Seite der Zungenbein- und Kiemenbogengegend zu präpariren. Das Exemplar war in Alkohol conservirt und nur an einigen Stellen für die Präparation nicht ganz günstig erhalten. Wenn auch die Ergebnisse der Innervation in Folge dessen nicht ganz vollständige sind, bieten sie doch in den meisten Punkten für den Vergleich mit den übrigen Urodelen eine genügende Grundlage, und bei der Seltenheit des Materials erscheint mir die Mittheilung der Präparationsresultate nicht überflüssig und wohl geeignet, dem glück- lichern Forscher, welcher über ein reichlicheres Material verfügt, für eine genauere Bearbeitung Anhaltspunkte zu geben. Meine Befunde weichen von denen H. H. Wırper’s (Zool. Jahrb., V. 4, Anat., 1891) in vielen Punkten ab. 1. Skelet (Fig. St). Es hat dieselben Bestandtheile wie das der Salamandriden und von Siredon, nur ist das Vorhandensein eines Hypohyale zweifelhaft. Die Copula des Ceratohyale, das Hypobranchiale 1 und 2, sowie der Copulastiel sind theilweise verknöchert. Das Ceratohyale bildet einen langen, etwas seitlich gebogenen Knochenstab, welchem medial eine Knochenkappe aufsitzt. Das ganze hintere Ende bleibt knorpelig und ist zu einer kolbenförmigen An- schwellung geworden, die von einem dicken, straffasrigen Perichondrium überzogen wird. Sie ahmt im Allgemeinen die Formen des hintern Endes des Ceratohyale der Salamandriden nach, nur ist die Ver- dickung eine mächtigere. An der medialen Seite geht das Perichondrium in ein breites, dickes Band über, welches das Ceratohyale an dem Petrosum und Quadratum befestigt. Beide Theile desselben stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 649 Das mediale, mit einem Knorpelüberzug versehene Ende verbindet sich mit dem verknöcherten Theil der Copula und mit dem Knorpel, der die Spitze derselben bildet. Es war auch ein kleines, gesondertes Knorpelstückchen an der Seite dieser knorpeligen Spitze der Copula vorhanden, gegen dessen Auffassung als Hypohyale nichts anzuführen ist. Eine Entscheidung könnte jedoch nur die Ontogenie bringen. Der 1. und 2. Kiemenbogen bestehen je aus einem Hypobranchiale und einem Ceratobranchiale, deren Verbindung unter einander und mit der Copula den gleichen Verhältnissen bei den Salamandridenlarven und bei Siredon entspricht. Die Hypobranchialia enthalten hier aber eine knöcherne Diaphyse, welche beiderseits Knorpelenden trägt. In Folge dessen sind sie viel zierlicher gestaltet. Are. aort. Fig. St. Hyoid-Kiemenbogen-Kehlkopf - Skelett von Siren nebst Kiemenbogen- gefässen. Knorpel punktirt, Knochen schattirt. hy Hypohyale, Chy Ceratohyale, Hbr.1, 2 Hypobranchiale 1 u. 2, Cbr. 1—/ Ceratobranchiale 1—4, Cp Copula, Cp. St Copulastiel, C©.! Cartilago lateralis, Tr. art 'Truncus arteriosus, C.e Carotis externa, C.7 Carotis interna, K. A. 1—3 Kiemenarterien, X. V.1—3 Kiemenvenen, K.4A./ Gefäss des 4. Kiemenbogens, Arc.art Arcus aortae, A.p Arteria pulmonalis. Das Ceratobranchiale 1 trägt seitlich eine besonders stark vor- springende Muskelkante, welche dem Ursprung des M. ceratohyoideus externus zur Verstärkung dient. Auch die Formen der Ceratobranchialia 3 und 4 stimmen im All- gemeinen mit denen bei den Salamandridenlarven. Die dorsalen Enden aller 4 Ceratobranchialia sind wie dort in Knorpelzipfel ausgezogen, welche dorsal von den Kiemenvenen sich bogenförmig verbinden. Das Kehlkopfskelet bildet ein Proarytänoid (Fig. T!). Zool. Jahrb. XIX. Abth, f. Morph. 42 650 L. DRÜNER, Der aus der Cartilago lateralis hervorgegangene Theil desselben (zwischen o und c der Textfigur) liegt mit seiner medialen und ven- tralen Kante der Kehlkopfschleimhaut an und bildet die Unterlage / l ! I | i l 1 Fig. Ti. A u. B Proarytänoid von Siren; A von der ventralen, B von der rechten Seite. C Kehlkopfmuskeln von Siren, D Medianschnitt durch den Kehlkopf, P.m.sp Processus muscularis spurius, P.tr Proc. trachealis, C./ Constrietor laryngis, Z.v Laryn- geus ventralis, D} Dorsolaryngeus, Dtr Dorsotrachealis, Z.tr Laryngo trachealis ventralis. für die Stimmritze. Das Epithel ist hier abgeflacht, zwei bis drei- schichtig, während im Uebrigen den Kehlkopf ein hohes, zweischichtiges Flimmerepithel auskleidet. Seitlich trägt die ziemlich dünne Knorpel- Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 651 platte, deren Form aus der beistehenden, nach einem Reconstructions- modell gezeichneten Figur ersichtlich ist, einen dicken, nach ventral und lateral hervortretenden Vorsprung, über dessen Bezeichnung als Processus muscularis spurius unten bei der Kehlkopfmusculatur die Rede sein wird. Dieser setzt sich nach hinten und medial in den Processus trachealis fort (P.tr), der durch eine dünne fasrige Zwischen- schicht von dem neben der dorsalen Mittellinie in der Trachealwand eingebetteten Trachealknorpel getrennt ist. Letzterer verschmilzt hier an der Grenze zwischen Kehlkopf und Luftröhre mit dem der andern Seite für eine kurze Strecke zu einem unpaaren Stück, welches seit- lich in die Anfangs rein fasrigen, weiter caudal aber zunehmend knorpeligen Charakter zeigenden Halbrinnen zu beiden Seiten der Trachea übergeht. Der Kehlkopf ist auch hier nach vorn gewandert und liegt etwa zwischen den Mitten der beiden Hypobranchialia 21). Im Bereich der Kiemengefässe (vergleiche Fig. T! rechte Seite) be- steht nur in der Bildung des 4. und der Art. pulmonalis eine be- merkenswerthe Abweichung von den sonst gleichartigen Verhält- nissen der Salamandridenlarven. Meine Befunde stimmen mit denen von Boas überein ?). Das Gefäss des 4. Kiemenbogens entspringt nicht vom Truncus arteriosus, sondern ist eine kleine, unscheinbare Verbindung zwischen 3. Kiemenarterie und 3. Kiemenvene, welche hinter der 4. (oder richtiger 3. bleibenden) Kiemenspalte (5. Schlund- spalte) von Siren (zwischen Ceratobranchiale 3 und 4) verläuft und sich über der Kiemenspalte mit der vor der 4. Kiemenspalte, am 3. Kiemen- bogen liegenden Gefässverbindung zwischen 3. Kiemenarterie und -vene zu einem Stamm vereinigt, der sich in die 3. Kiemenvene ergiesst. Diese passirt, wie immer, zwischen Ceratobranchiale 3 und 4 nach innen. Die Arteria pulmonalis entspringt in ganz von dem sonst Typischen abweichender Weise von der 3. Kiemenvene selbst lateral von ihrem Durchtritt zwischen Ceratobranchiale 3 und 4 und von der Stelle, an welcher sich der oben erwähnte Stamm in sie ergiesst, welcher aus der Vereinigung des 4. Kiemengefässes mit der Verbindung zwischen 1) Vergl. E. Göppert, Der Kehlkopf der Amphibien und Reptilien, in: Morphol. Jahrb., V. 26, 1898, tab. 9, fig. 8—12, und H. H. WırDer, A contribution to the anatomy of Siren lacertina, in: Zool. Jahrb., V. 4, Anat., 1891, und The Amphibian larynx, ibid. V. 9, 1896. 2) Boas, Conus arteriosus und Arterienbogen der Amphibien, in: Morphol. Jahrb., V. 7, 1882, tab. 25, fig. 37. 42% 652 L. DRÜNER, 3. Kiemenarterie und -vene hervorgegangen ist, und wendet sich schräg nach caudal und ventral zum hintern Rande des M. dorso-laryngeus. Von hier aus läuft sie lateral neben den Stämmen des R. intesti- nalis X. caudalwirts. Vom R. recurrens intestinalis X. wird sie nicht umschlungen. % Muskeln. Die Musculatur des Visceralskelets zeigt mancherlei Abweichungen von den bei den andern Urodelen gefundenen Verhältnissen, die aber auch hier leicht die Grundform erkennen lassen. A. Die von VII. IX. und X. versorgten Muskeln. 1) M. cephalo-hyo-mandibularis. Eine Portion, welche an der Fascia cephalo-dorsalis, und eine solche, welche am Ceratobranchiale 1 entspringt, fehlt bei Siren. Dafür ist der Ursprung am dorsalen Theil des Ceratohyale nur dieser Art eigenthümlich. Nur bei Salamandridenlarven finden sich bisweilen ver- einzelte Fasern, welche den gleichen Verlauf haben. Aus einem M. cephalo-dorso-mandibularis ist also hier ein M. cephalo hyo-mandibularis geworden. Er bildet eine dicke breite Muskellage mit schräg von dorsal- caudal nach ventral- oral gerichtetem Faserverlauf. Er entspringt von der besonders kräftigen Membrana inter- muscularis zwischen Facialis- und Trigeminusmusculatur, welche sich an dem hintern Rande des schmalen Paraquadratum (Squamosum) anheftet, ferner von der knöchernen Seitenfläche des Petrosums dorsal vom Operculum bis zum hintern Ende desselben, drittens geht eine mächtige Abtheilung von der ganzen Vorderfläche des dorsalen, ver- breiterten, knorpeligen Endes des Ceratohyale aus. Sie reicht am weitesten caudalwärts und wird hinten von der Seite her durch den M. levator arc. branch. 1 bedeckt. Sämmtliche Bündel vereinigen sich zu einer kurzen Sehne, welche am hintern Fortsatz des Unterkiefers ansetzt. Innervirt vom R. jugularis VII. + IX. 2) M. levator hyoidei!). Dieser kräftige, dicke, aber kurze Muskel kommt unter den ausgewachsenen Urodelen ausschliesslich Siren zu. Er entspringt von der Seitenfläche des Petrosum unmittel- 1) Dieser Muskel ist, soweit ich sehe, von frühern Forschern nicht beschrieben worden. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 653 bar unter dem dorsalen Ende des Paraquadratum und der an dieses sich anschliessenden Knochencrista des Petrosum, welche auf der dorsalen Seite der spinalen Längsmusculatur Ursprung giebt. Die Ur- sprungsfläche des Muskels wird dorsal und ventral von Bündeln des M. cephalo-hyomandibularis umgriffen. Er verläuft schräg lateral und caudal und heftet sich an der medialen Seite des Ceratohyale, nicht ganz bis zu seiner Spitze hin, an. Seine Innervation habe ich nicht feststellen können; doch kann in Uebereinstimmung mit den Befunden bei den Salamandridenlarven kein anderer Nerv als der R. jugularis VII. +IX in Frage kommen. 3) M. interhyoideus. Er entspringt wie bei den Salamandriden an der ventralen Kante des Ceratohyale vor und hinter dem Winkel desselben, indem er auf seine Aussenseite und das von hier zum Quadratum gehende Ligamentum hyo-quadratum und den Processus hyoideus des Quadratums übergreift. Der Ansatz an der Mittellinie ist der gleiche wie bei allen andern Urodelen. In Bezug auf die Lage zu den andern in Betracht kommenden Muskeln ist zu erwähnen, dass er hier vom Unterkiefer durch den bei Siren zu einem mächtigen ge- sonderten Muskel ausgebildeten M. pterygoideus (pterygo-maxillaris), welcher von der medialen Seite her mit convergenten Fasern am hintern Fortsatz des Unterkiefers und an seiner medialen Seite sich anheftet, abgedrängt wird. Auch die Innervation des Interhyoideus bietet in so fern eine Besonderheit, als nur die hintern Partien des Muskels vom R. jugu- laris versorgt werden, während die vordern Theile einen auffallend kräftigen Ast aus dem R. intermandibularis V. beziehen. Beide Nerven haben auch hier vielfache Verbindungen. Bei Salamandra wurde dies Verhalten ausnahmsweise festgestellt (fig. 28, I. Theil). 4) M. interbranchialis 1. Er entspringt ventral vom M. ceratohyoideus externus mit einer kurzen Sehne vom Ceratobranchi- ale 1 mit wenigen Bündeln von der den letztgenannten Muskel deckenden Fascie. Der M. interbranchialis 1 schliesst caudal an den M. interhyoideus auch mit seinem Ansatz an der Mittellinie an. Die hintersten Fasern befestigen sich an der Fascia pectoralis, und ihr Ansatz beiderseits bildet so einen nach hinten offenen Winkel, wie bei Cryptobranchus und Menopoma. Innervation vom R. jugularis VII. + IX. 5) M. ceratohyoideus externus ist ganz typisch in seinem Verhalten. Er entspringt von dem dorsalen Theile des Cerato- branchiale 1 und setzt an der ventralen Fläche des knöchernen Theils 654 'L. DRÜNER, des Ceratohyale an. Mit einigen Fasern greift er auf das Hypohyale über. Innervation vom R. jugularis VII. + IX). 6) M. levator arcus branchialis 1. Während dieser Muskel bei fast allen Urodelen seinen Ursprung seitlich von der spinalen Längsmusculatur am Schädel hat und daher mehr oder weniger von der Oberfläche abgerückt ist, liegt er bei Siren in seinem mittlern Abschnitt unmittelbar unter der Haut dem hintern Theile des M. cephalo-hyo-mandibularis an. Sein Ursprung an der Fascia cephalo- dorsalis schiebt sich unter den der andern 3 Levatores arc. br. Ver- lauf und Ansatz an der Vorderseite des dorsalen Endes des Cerato- branchiale 1 bieten nur in so fern etwas Besonderes dar, als der An- satz sehr breit ist und am Ceratobranchiale 1, gedeckt vom M. cerato- hyoideus externus, weit hinabreicht bis zum Ursprung des M. cerato- hyoideus internus. Innervation vom IX., der den Muskel durchbohrt. 7) M. ceratohyoideus internus?). Er ist ein mächtiger Muskel, welcher auch bei Siren, ähnlich wie bei Amphiuma, nicht allein von der ventralen und vordern Fläche des medialen Endes des Ceratobranchiale 1 entspringt, sondern auch von der oral und lateral gekehrten Seite des hier knöchernen Hypobranchiale 1, dessen ventrale Kante sogar zur Vergrösserung der Ursprungsfläche in eine Crista aus- gezogen ist. Der Muskelbauch füllt den vordern Theil des Zwischen- raums zwischen Hyoid- und 1. Kiemenbogen ganz aus und geht nach vorn in eine kräftige Sehne über, die sich zum Theil an dem medialen vordern Ende des Ceratohyale und seiner Verbindung mit der Copula anheftet, zum Theil -ventral von derselben in die Zungenspitze aus- strahlt. Versorgt wird er von einem Nerven, welcher aus der Vereinigung des IX. mit einem Aste des 2. Kiemenbogennerven hervorgegangen ist. Ueber seinen von dem bei andern Urodelen abweichenden Verlauf siehe bei N. glossopharyngeus. 8) Mm. levatores arcuum branchialium 2, 3 und 4 entspringen in unmittelbarem Anschluss an einander von der Dorsal- fascie an der Seite der Längsmusculatur und verhalten sich in ihrer Lage zu den zugehörigen Nerven ebenso wie bei den andern Urodelen. Auch die Innervation ist die gleiche. 1) Die Angaben H. H. Wırver’s sind irrthümlich (1. c. p. 663). 2) Meine Befunde von Ursprung, Ansatz und Innervation weichen von denen H. H. Wırver’s in einigen Punkten ab. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 655 9) M. dorsolaryngeus ist ein breiter und ziemlich dicker Muskel, welcher sich an die vorgenannten anschliesst. Er entspringt hinter ihnen von der Dorsalfascie. Seine hintern Fasern verlaufen fast rein transversal um die Pharynxwand, nach ventral und medial um- biegend, zur Seite der Trachea; die nach oral sich anschliessenden divergiren zunehmend und heften sich schräg medial und oral an die Seite der Trachea. Das vorderste Bündel endlich biegt wie bei Amphiuma in rein oraler Richtung um und endigt am Processus muscularis spurius des Proarytänoids. Von hier aus begleitet ein lange medial an der Seitenkante der Cartilago lateralis befestigtes Sehnen- blatt den Knorpel bis nahe zu seiner Spitze am Kehlkopfeingang. Es dient den Mm. laryngei als Ursprung. Wir müssen also auch hier eine Pars laryngea des M. dorso-laryngeus von einer Pars trachealis (M. dorso-trachealis) unterscheiden. Gegenüber der vordern Hälfte des Ansatzes der Pars trachealis an der Seite der Luftröhrenwand ent- springt der bereits von WILDER unter dem Namen Depressor laryngis beschriebene kräftige Muskel, welcher nach vorn verläuft und unter dem Kehlkopf endigt (vergl. unten). Innervirt wird der M. dorso-laryngeus von einem dorsalen Aste des Truncus intestino-accessorius und mehreren feinen Zweigen des R. recurrens intestinalis X. 10) M. subarcualis rectus. Er ist bei Siren nur in der Einzahl vorhanden. Er entspringt von der hintern und ventralen Seite des Ceratobranchiale 4 in ziemlich weiter Ausdehnung, über- springt unter den ventralen Kanten der 3 Kiemenspalten die Cerato- branchialia 3 und 2 und heftet sich am ventralen Muskelvorsprung des Ceratobranchiale 1 an. Ihm gegenüber entspringt der M. cerato- hyoideus internus. Innervation vom 2. Kiemenbogennerven und vom R. recurrens intestinalis X. 11) Mm. subarcuales obliqui. Wie bei den Salamandriden sind deren 2 vorhanden, von denen der eine von der ventralen Seite des Ceratobranchiale 2, der andere von der des Ceratobranchiale 3 entspringt. Beide vereinigen sich zu einem ziemlich kräftigen Muskel- bauch, welcher sich an der Fascie des Theiles des Rectus hypo- branchialis ansetzt, welcher dorsal von dem M. genio-hyoideus an dem Copulastiel und dem Hypobranchiale 1 entspringt. Diese Fascie, welche an beiden Skelettheilen sich befestigt, hat aber hier verstärkte Faserzüge, welche sich am Copulastiel, nahe seiner Verbreiterung am Ende (Cartilago triquetra), ansetzen. Sie bilden die Fortsetzung der Richtung der Muskelfasern und sind gewissermaassen ihre Sehne, 656 L. DRÜNER, Hieraus lässt sich leicht der Ansatz dieser beiden Muskeln an der Inscriptio tendinea zwischen Genio- und Sterno-hyoideus nach Schwund des Copulastiels verstehen, wie wir ihn bei Menopoma und Cryptobranchus gefunden haben. Der vordere der beiden Muskeln wird nur vom 2. Kiemenbogennerven, der hintere von diesem und dem R. recurrens intestinalis X innervirt ‘). 12) M. omo-arcualis. Dieser in solcher Stärke nur Siren eigene Muskel entspringt mit einer kurzen, breiten Sehne von den dorsalen Spitzen der Ceratobranchialia 3 und 4, verläuft hinter dem letztern ventralwärts und befestigt sich in dem Winkel, den Pro- coracoid und Scapula mit einander bilden, mit dem grössern Theil seiner Fasern am Procoracoid, mit dem kleinern an der Scapula. Fischer ?) beschreibt diesen Muskel als Adductor branchiae tertiae und giebt an, dass sich nur wenige Fasern an der dorsalen Spitze des 4. Kiemenbogens anheften, während die Hauptmasse derselben in den Stiel des 3. stärksten Kiemenbüschels übergeht. Bei dem von mir untersuchten Exemplar bestehen keinerlei Ver- bindungen mit den in das Kiemenbüschel übergehenden Muskelfasern. Innervirt aus dem R. recurrens intestinalis X). 13) M. interbranchialis 4 Er zerfällt, wie bereits H. H. Wicper und GÖPPERT zeigten, in zwei Theile. Der vordere, ’ars hypobranchialis 2 (Protractor arcus ultimi) entspringt am ventralen Ende des Ceratobranchiale 4 gegenüber dem Ansatz des M. subarcualis rectus und greift auch auf das ventrale Ende des Ceratobranchiale 3 über. Er verläuft dorsal von den 3 vordern Arterienbogen neben den ventralen Enden der Ceratobranchialia 2 und 3 zur medialen Seite der hintern 2 Drittel des Hypobranchiale 2. Der hintere Theil, Pars sub- pharyngea, schliesst sich nach hinten an. Er entspringt am hintern Rande des Ceratobranchiale 4 und mit seinen hintern, hier aber von den vordern nicht durch eine Lücke geschiedenen Fasern mit einer kurzen Sehne von der Spitze des Ceratobranchiale 4. Der Levator arcus branchialis 4 setzt lateral von dieser an. Die vordersten 1) H. H. Wırper rechnete diese Muskeln irrthümlicher Weise zum Gebiete des N. hypobranchialis, ohne die Innervation festgestellt zu haben (p. 665, I. c.). 2) Perennibranchiaten und Derotremen, Hamburg 1863, citirt nach C. K. Horrmann, Amphibien, in: Bronn, Class. Ordn., p. 99, 3) H. H. WıLver giebt irrthümlicher Weise den N. lateralis inferior als Quelle der Innervation an. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 657 Fasern dieser Pars subpharyngea verlaufen an der Innenseite der Pars hypobranchialis 2 schräg medial und oral und befestigen sich an dem ventral die Pars laryngea des Dorsolaryngeus deckenden Bindegewebe. Es sind dies nur wenige Fasern. Der weitaus grösste hintere Theil des Muskels verläuft dorsal vom M. dorso-laryngeus zur Seitenwand der Trachea. Wie bereits H. H. WırpEer und GÖPPERT hervorheben, liegt in diesem Verhalten eine Abweichung von dem aller andern Urodelen, bei denen der Muskel ventral vom M. dorso-laryngeus zur Mittellinie, ventral von der Trachea oder an deren Seite verläuft. Innervirt vom R. recurrens intestinalis X. 14) Die Kehlkopfmuskeln von Siren bieten interessante Be- ziehungen dar. Wie bereits erwähnt, setzt die Pars laryngeus mittels einer kurzen Sehne an dem Processus muscularis spurius der Cartilago lateralis an, ein Theil der Fasern heftet sich auch unmittelbar an ihr selbst an. Vor und hinter dieser Anheftungsstelle entspringen am Knorpel oder an der Sehne die Fasern der beiden M. laryngei dorsalis und ventralis, welche, wie überall, zur Mittellinie ventral und dorsal vom Kehlkopf gelangen. Die Fasern des M. laryngeus ventralis sind schräg nach caudal und medial gerichtet. Die weitaus grössere Masse der beiden Muskeln liegt nicht caudal, sondern oral von dem Ansatz der Pars laryngea des Dorsolaryngeus an der Cartilago lateralis, und dieser vordere Theil ist, wie bereits WILDER fand, aussen von einer Ringfaserschicht bedeckt, deren Fasern wie die des Sphincter laryngis der übrigen Urodelen seitlich nicht unter- brochen sind, sondern von der dorsalen zur ventralen Mittellinie con- tinuirlich um die Seite des Kehlkopfs herumlaufen. Der sehr wesent- liche Unterschied von dem Sphincter der übrigen Urodelen liegt aber darin, dass er bei jenen stets caudal von dem Processus muscularis und dem Ansatz der Sehne des Dorsolaryngeus, meist auch zum Theil bedeckt von den Mm. laryngei, den Kehlkopf umkreist, während die bei Siren vorhandenen Ringfasern ganz oberflächlich liegen und den vordersten Theil des Muskels vor, oral von dem Processus muscularis bilden. GÖPPERT hat diese Lagebeziehungen auf Querschnitten bereits dargestellt (in: Morphol. Jahrb., V. 26, 1898, p. 314—317). Da der hier vorhandene Processus muscularis im Gegensatz zu den Be- funden der übrigen Urodelen (Perennibranchiaten ausgenommen) nicht an dem Theil des Proarytänoids liegt, welcher der Cartilago lateralis entstammt, so bezeichne ich ihn als Processus muscularis spurius oder 658 L. DRÜNER, accessorius. Der dem Processus muscularis der Salamandriden und von Menopoma und Cryptobranchus homologe Vorsprung müsste viel weiter oral gesucht werden. Der Ansatz des M. dorso-laryngeus an demselben erfolgt stets durch eine lange Sehne oral vom Muskelring. Man findet auch bei Siren lateral von den kleinen Kehlkopfmuskeln (Constrictor und Laryngei) Sehnenfäden, welche die Richtung des Dorsolaryngeus fortsetzen und sich oral von dem Muskelring seitlich an die Spitze des Proarytänoids ansetzen. Diese Sehnenfäden entbehren aber der regelmässigen Anordnung und scheinen auch, nach den Be- funden beider Seiten des von mir untersuchten Exemplars zu urtheilen, sehr verschieden stark ausgebildet zu sein. Es liegt nahe, sie als Rudimente der Sehne des Dorsolaryngeus, wie sie bei den Crypto- branchiaten vorhanden ist, zu betrachten und so die Uebereinstimmung hergestellt zu sehen. Das Vorhandensein eines Processus muscularis accessorius bei Menopoma und einer Verbindung desselben mit dem Dorsolaryngeus an der Stelle, wo er in seine Sehne übergeht, bestärkt diesen Eindruck. Hierzu kommt nach der bereits von H. H. Wizper beschriebene Muskel, den ich als M.laryngo-trachealis ventralis!) bezeichne (Fig. T' C.Ltr). Er entspringt, wie erwähnt, am Ansatz der vordern Hälfte der Pars trachealis M. dorso-laryngei in der faserknorpeligen Seiten wand der Trachea, bildet also hier mit dieser eine Nahtlinie und ver- läuft mit fast rein nach oral, nur wenig medial gerichteten Fasern zum Kehlkopf, an dessen ventraler Seite er in Sehnenfäden übergeht, welche weiter vorn schräg die Mittellinie erreichen und in das Liga- mentum hyo-laryngeum übergehen ?). Die am meisten medial gelegenen und am weitesten hinten entspringenden Fasern heften sich neben denen der andern Seite unmittelbar an die Mittellinie an. Die late- ralsten und am weitesten vorn an der Trachea entspringenden Fasern sind nur durch einen schmalen Zwischenraum von den hintersten Fasern des M. laryngeus ventralis getrennt. Innervation vom 2. laryngeus recurrens. 1) Wırver’s een Depressor laryngis halte ich nicht für an- gebracht. Der Muskel zieht meines Erachtens die ventralen Theile der Trachea nach der Hyoidcopula oder bei gleichzeitiger Wirkung des Dorsolaryngeus diese mitsammt dem Kehlkopf caudalwärts. 2) Von Görrerr wird der Muskel auf den Querschnitten 10—12 mit M.d.tr (M. dorso-trachealis) bezeichnet, in: Morphol. Jahrb., V. 26, 1898, tab. 10. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodele 659 15) Die Muskeln der Kiemenbüschel, Mm. levatores et de- pressores branchiarum. Siren hat 3 Kiemenbüschel, deren Grösse nach hinten bedeutend zunimmt. Sie zeigen im Uebrigen die Anordnung wie bei den andern Urodelen. Der Levator branchiae 1 entspringt an der Spitze des Ceratobranchiale 2 und strahlt seitlich und ventral in das 1. Kiemen- büschel aus. Er liegt neben zugehöriger Kiemenvene und dem Kiemen- büschelast des 2. Kiemenbogennerven genau so wie bei den Sala- mandridenlarven. Der Levator branchiae 2 entspringt, wie bei Sala- mandra, von der Spitze des Ceratobranchiale 3. Der Levator branchiae 3 zeigt dagegen darin eine Abweichung, dass er seinen Ur- sprung auf die Spitze des Ceratobranchiale 2 verlegt hat und den Levator branch. 2 dorsal kreuzt. Die Depressores branchiarum sind bei allen 3 Kiemenbüscheln, am stärksten im 3. ausgebildet und zeigen die gleiche Anordnung wie bei den Salamandriden. Sie entspringen an der Seite der Ceratobranchialia, der des 1. Kiemenbüschels vom Ceratobranchiale 2 und der 3. vom Ceratobranchiale 3. Einzelheiten über ihre Innervation vermag ich nicht anzugeben. B. Die hypobranchiale spinale Musculatur. 1) M. genio-hyoideus ist ein schmales, parallelfasriges Bündel, welches neben der Mittellinie am Unterkiefer entspringt. Er befestigt sich an der Inscriptio tendinea, welche mit dem queren, knéchernen Stück des kreuzförmigen Copulastiels verwachsen ist. Innervation vom N. hypobranchialis. 2) M. genio-glossus. Siren ist das einzige unter den von mir untersuchten Urodelen, dem jede Spur eines solchen Muskels oder seiner Anlage fehlt. Die Plica hyo-mandibularis, welche hinten schmal und flach ist, verbreitert und vertieft sich nach vorn zu, und die beider- seitigen Falten vereinigen sich hier unter der weit vorspringenden Zungenspitze. Der M. genio-hyoideus liegt der Schleimhaut fest an, ohne dass sich aber Fasern an ihr befestigen. 3) M. sterno-hyoideus. Er entspringt am .Querstück des Copulastiels und überdeckt als breite, dünne Lage den tiefern Theil des Rectus hypobranchialis. Seine Beziehungen zum Sternum habe ich nicht ermittelt. Von ihm zweigt sich seitlich der ziemlich kräftige M. omohyoideus ab, und zwar von der 1. Inscriptio tendinea, hinter dem Copulastiel. 660 L. DRÜNER, Innervation, soweit er von mir präparirt wurde, durch den N. hypo- branchialis. 4) M. abdomino-hyoideus entspringt, wie bei Siredon, von der Seite der Copula und des Hypobranchiale 1, sowie vom Copula- stiel und bietet sonst keine Besonderheiten. 3. Nerven. Die Ergebnisse meiner Untersuchung sind hier am wenigsten voll- ständig, wie nach Präparation nur einer Seite eines Exemplars nicht anders zu erwarten ist. Immerhin erlauben sie einen Ueberblick, der zeigt, dass keine tiefer einschneidenden Abweichungen von den übrigen Urodelen vorliegen. Die Darstellung musste sich auf die peripherische Verbreitung derjenigen Nerven einer Seite des Exemplars beschränken, welche ohne Schädigung der andern Seite und des gesammten Skelets erreichbar waren. I. Facialis. Der R. jugularis tritt gemeinsam mit den Nn. cutanei mandi- bulares lateralis und medialis aus einem Loch im Petrosum hervor, welches nicht homolog mit dem Facialisloch von Salamandra, Triton und Amblystoma ist, sondern lateral von demselben liegt. Es wird durch secundäre Umschliessung dieser 3 Nerven durch eine Ver- knöcherung am Petrosum gebildet, welche mit dem Ansatz des mäch- tigen Ligamentum hyo-petrosum zusammenhängt. Dadurch wird auch für den N. alveolaris eine besondere Austrittsöffnung weiter medial und ventral geschaffen, die wiederum von der des R. palatinus ge- schieden ist. Wir haben hier dadurch die Anfänge der Bildung eines FArropr’schen Canals mit 3 Austrittsöffnungen vor uns, eine für den R. palatinus (Petrosus superficialis major, eine für den N. alveolaris (Chorda tympani) und eine für die äussern Aeste. Aehnliches hatte sich auch schon bei Menobranchus und Proteus gefunden. 1) Der R. cutaneus mandibulae lateralis läuft, wie stets, am hintern Rande des Paraquadratums zur Seite des Unterkiefers und zwischen den Sehnenfäden einer hier entspringenden Abtheilung des Masseter hindurch nach vorn, um sich zu der Haut an der Seite des Unterkiefers bis nach vorn zu verzweigen. 2) R. cutaneus mandibulae medialis schlingt sich, wie bei den Salamandridenlarven, um den M. cephalo-hyo-mandibularis und Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 661 wendet sich dann in der Furche zwischen M. pterygoideus und M. inter- hyoideus nach vorn zu. Er zerfällt dann in seine 2 typischen Aeste, die medial vom Unterkiefer nach vorn verlaufen. 3) R. jugularis!). Er nimmt die hier sehr feine IX.-VIL- Anastomose auf und verläuft, wie bei den Salamandriden und Meno- branchus, am vordern Rande des M. cephalo-hyo-mandibularis, zwischen diesem und Quadratum nach aussen, umschlingt diesen Muskel parallel den R. cut. mand. med., und nachdem er bereits auf diesem Wege eine Reihe von der medialen Seite her in den Muskel eintretender Aeste für den Cephalo-hyo-mandibularis abgegeben hat, zerfällt er an seiner Oberflache in eine grössere Zahl von Hautästen, Rr. cutanei jugulares, und in Muskeläste für die Mm. interbranchialis 1, ceratohyoideus ex- ternus und interhyoideus. Den letzt aufgeführten Muskel versorgt er indessen nur zum Theil. Die vordern Abschnitte desselben erhalten einen kräftigen Ast aus dem R. intermandibularis V., mit dem der Facialisast durch einen starken Nerven verbunden ist. 4) Der N. alveolaris, der hier ausserordentlich kräftig ist, kommt an der Schädelbasis neben dem Seitenrande des Parasphenoids aus einem gesonderten Loche das Petrosum hervor und läuft an der medialen Seite des Quadratums zwischen den Fasern des M. pterygoideus hindurch ventral- und lateralwärts zur medialen Seite des Unterkiefers. Zum Unterschied von den Salamandriden und Siredon wird er aber nicht von Knochen umschlossen, sondern bleibt medial neben dem Unter- kiefer am Ursprung des M. intermandibularis anterior und posterior ?) unter der Schleimhaut der Plica hyo-mandibularis, die er versorgt. Er ist bis zum vordern Ende des Unterkiefers dorsal vom Ursprung des M. genio-hyoideus zu verfolgen 3). Der N. palatinus wurde nicht. untersucht. Il. Nervi glossopharyngeus und vagus. . Das gemeinsame Ganglion liegt in einer tiefen Knochennische vor und seitlich vom Condylus occipitalis verborgen, dessen Mitte die 1) H. H. Wiper, 1. c., 1889, p. 667, beschreibt von diesen 3 Aesten — R. jugularis und Rr. cutan. mand. med. und lat. — nur 2, und zwar so, wie ich seine Beschreibung verstehe, den R. jugularis und den von ihm als R. mandibularis bezeichneten R. cutaneus mandibulae late- ralis. Er hat mithin den R. cut. mand. med. übersehen. 2) Der M. intermandibularis anterior ist hier etwa ebenso breit wie der posterior. Beide sind am Ursprung nicht gegen einander ab- gesetzt. 3) Diesen Befund hat bereits H. H. Wırver vollständig erhoben. 662 L. DRÜNER, mächtige, bereits oben erwähnte Muskelcrista überragt, von welcher nach seitlich und vorn die Fasern des M. cephalo-hyo-mandibularis und M. levator hyoidei, nach hinten und medial die der spinalen Längsmusculatur entspringen. Die die IX.-X.-Nische überragende Kante ist durch ein starkes Band mit der Seite des Condylus occipitalis verbunden, und dieses scheidet so den Austritt des Glossopharyngeus von dem des Vagus. Eine vollständige knöcherne Scheidewand, wie sie FISCHER beschreibt, war bei dem von mir untersuchten Exemplar nicht vorhanden. 1) Der Glossopharyngeus ist bei dem Hervortreten aus dem eben beschriebenen Loche bereits in 4 Aeste zerfallen. a) Der vorderste, der R. communicans cum Faciali, biegt am Petrosum nach vorn um und verläuft oberhalb vom Operculum und vom Lig. hyo-petrosum zum R. jugularis VII 1). b) Der R. praetrematicus ist der stärkste Ast des IX. und er übertrifft auch den R. posttrematicus erheblich. Er ist rein sensibel, verläuft lateral um die Carotis und biegt an der Ventralseite des Ligamentum hyo-petrosum nach vorn und ventral um. Hier gelangt er an die laterale und dorsale Seite des Ceratohyale, das er unter Abgabe zahlreicher Schleimhautäste bis zur Zungenspitze begleitet. Erst in dieser findet er sein Ende. Er versorgt den grössten Theil der Zunge und ist hier compensatorisch für den sehr schwachen R. lingualis des R. posttrematicus IX. eingetreten. Einen nach oral um- biegenden dorsalen Pharynxast, der von hinten her bis in das Gebiet des R. palatinus VII. vordringt, habe ich nicht festgestellt, doch ist sein Vorhandensein in Uebereinstimmung mit allen andern Urodelen wohl ausser Zweifel. c) R. posttrematicus. Er biegt an seinem Austritt nach hinten um und gelangt so an die mediale Seite des M. levator arcus branchialis 1, den er mit motorischen Fasern versorgt. Zwischen seinen Muskelfasern verläuft er ventralwärts, medial vom M. cerato- hyoideus externus bis zum Ansatz des M. subarcualis rectus am Ceratobranchiale 1. Zum Unterschied von allen andern Urodelen tritt er hier zwischen den Fasern dieses Muskels hindurch und nimmt an dessen medialem Rande einen kräftigen Ast des 2. Kiemenbogennerven auf. Mit ihm zusammen wendet er sich an der ventralen Seite des M. ceratohyoideus internus nach vorn und theilt ihm seine motorischen Aeste zu, während ein sehr feiner Schleimhautast zwischen den 1) H. H. Wınver hat den Nerven bereits gefunden und abgebildet. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 663 Muskelfasern an ihrem Ursprung am Hypobranchiale 2 hindurch neben der Copula zur Zungenschleimhaut gelangt. d) Der 4. unbedeutendste Ast ist ein R. pharyngeus dorsalis, welcher bei den meisten andern Urodelen einen Zweig des R. post- trematicus bildet. Hier tritt er gesondert aus dem Ganglion hervor. Er wendet sich caudal, umschlingt die Carotis interna und versorgt Theile der dorsalen Pharynxschleimhaut. Die Aeste des Vagus sind zu einem Bündel eng vereinigt; dieses theilt sich erst, nachdem es zwischen hypaxonischer und epaxonischer Musculatur hindurch getreten ist, in folgende Aeste: in den 2. Kiemen- bogennerven, in einen Stamm, welcher den 3. Kiemenbogennerven und die Rudimente der folgenden umfasst, in den Truncus intestino- accessorius, in den Truncus lateralis, welcher hier alle 3 Seitennerven enthält, und in den N. cutaneus oceipitalis. 2) Der 2. Kiemenbogennerv, der vorderste der Aeste, stimmt vollkommen mit dem der übrigen Urodelen überein. Er passirt über dem 1. Kiemenbogen die Lücke zwischen Levator arc. br. 1 und 2, ent- sendet kurz vorher einen kräftigen R. pharyngeus, der wahrscheinlich auch einen R. praetrematicus abgiebt. Er versorgt den M. lev. arc. br. 2, sendet dann eine grössere Zahl von Aesten an das 1. und 2. Kiemenbüschel, von denen er das 1. ganz versorgt, da dem IX. ein Ast für dasselbe fehlt. Der Rest verläuft als R. posttrematicus am Ceratobranchiale 2 ventralwärts und theilt sich dorsal von dem M. subarcualis rectus in einen motorischen Ast, welcher nach Abgabe kleiner Aeste an den eben genannten Muskel und an die Mm. subarcuales obliqui den Haupttheil seiner Fasern ventral von der Carotis communis mit dem IX. vereinigt und zum M. ceratohyoideus internus gelangt, und einen sensiblen Ast, welcher medial zur ventralen Pharynxschleimhaut tritt. 3) Dem 3. Kiemenbogennerven sind eine Reihe von ihm ursprünglich fremden Elementen angegliedert, welche aus Rudimenten des 4. und vielleicht noch eines hintern bestehen. Der als 3. Kiemenbogennerv zu betrachtende Ast dieses Stammes entsendet einen R. pharyngeus dorsalis, welcher den Winkel, in dem 2. und 3. Kiemenvene zusammentreffen, passirt, und theilt sich dann in mehrere Zweige, von denen der stärkste durch die Lücke zwischen Lev. arc. br. 2 und 3 hindurchtritt, den Lev. arc. br. 3 versorgt und dann seine Aeste dem 2. und 3. Kiemenbüschel sendet. Ein feiner Nerv begleitet auch das Ceratobranchiale 3 ventralwärts, konnte aber 664 L. DRÜNER, nicht weiter verfolgt werden. Der grösste Theil seiner Aeste trat hinter dem Lev. arc. br. 3 in das 3. Kiemenbüschel. Nicht weit von seinem Ursprung verliess den 3. Kiemenbogen- nerven ein kräftiger Nerv, welcher den Lev. arc. br. 4 versorgte, mehrere Rr. pharyngei zur Schleimhaut über und am 4. Kiemenbogen sandte und auch ein feines Aestchen hinter dem Lev. arc. br. 4 in das 3. Kiemenbüschel gelangen liess. Der Rest, der stärkste Theil des Nerven, umschlang am hintern Rande des M. interbranchialis 4 die Pharynxwand und vertheilte sich an ihr bis zur Trachea hin‘). Es kann sich sehr wohl um das secundär wieder zu stärkerer Ausbildung gelangte Rudiment eines 5. Kiemenbogennerven handeln. Ein am 4. Kiemenbogen verlaufender R. posttrematicus wurde vermisst. 4) Der Truncus intestino-accessorius schlingt sich, wie immer, um den hintern Rand des Dorsolaryngeus und liegt hier in unmittelbarer Nachbarschaft des N. hypobranchialis, der den N. in- testinalis X. lateral kreuzt. Er entsendet Pharynxäste und motorische Aeste für den sehr kleinen Trapezius. Am hintern Rande des Dorsolaryngeus verlässt ihn auch der N. lateralis inferior, der ihm bei Siren nur lose angelagert ist, und er zerfällt dann in seine Endäste, die Rr. intestinales X. und in den R. recurrens intestinalis X., welcher seine motorischen Aeste ventral von den Arterienbogen den Mm. omo-arcualis und subarcuales sendet und dessen wichtigster motorischer Ast als N. laryngeus recurrens dorsal von den 3 Arterienbogen am medialen Rande der Pars laryngea des M. dorso-laryngeus zu den kleinen Muskeln des Kehlkopfs und zu dem M. laryngo-trachealis ventralis gelangt. Dieser Ast bildet mit dem der andern Seite eine Commissur. Ausserdem sendet der R. recurrens intestinalis X. seine Aeste dem M. interbranchialis 4 und der ventralen Pharynxschleimhaut. Aeste für den Truncus arteriosus und die Arterienbogen wurden nicht aufgefunden, sind aber wohl sicher ebenso wie bei allen andern Urodelen vorhanden. 5) und 6) Die Nn. laterales und cutanei occipitales bieten nichts Erwähnenswerthes. 1) H. H. Wırver giebt von dem auch von ihm gefundenen und abgebildeten Nerven (r. hy. tr. fig. 7, tab. 39) an, dass er den hintern Theil des M. interbranchialis 4 (M. hyo-trachealis WıLpEr’s) versorge. Meiner Präparation nach trifft dies nicht zu. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 665 III. N. hypobranchialis. Er setzt sich aus Theilen des 1. und 2. Spinalnerven zusammen. Ein oceipitaler Nerv wurde nicht gefunden. Der 1. Spinalnerv bietet in so fern eine Besonderheit, als seine beiden Aeste, der R. dorsalis und ventralis, aus 2 gesonderten Löchern an der Seite des Wirbels austreten. Die beiden Löcher werden durch eine Knochenspange geschieden, welche in die Wurzel des mächtigen, hier sogar eine knöcherne Rippe tragenden Processus transversus übergeht. Der ventrale Ast verläuft unter Abgabe von mehreren Muskelästen an der ventralen Seite des Processus transversus und vereinigt sich, abweichend von allen andern Urodelen, unmittelbar hinter demselben mit dem ventralen Aste des 2. Spinalnerven, der ein Spinalganglion führt. Die Vereinigung findet also hier medial von der spinalen Längsmusculatur statt, während sonst fast ausnahmslos beide Nerven gesondert an der Ventralseite der hypaxonischen Längs- musculatur hervortreten und sich erst an ihrer Aussenseite zu einem Stamme verbinden. Der weitere Verlauf konnte in Folge seines Er- haltungszustandes nicht genauer untersucht werden. Anlage XL Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopf-Skelet, -Muskeln und -Nerven von Ellipsoglossa naevia. Von diesem ausserordentlich seltenen Urodelen hat R. WIEDERS- HEIM 18771) eine eingehende Beschreibung des Kopfskelets und des Hyoidapparats gegeben und sie mit vorzüglichen Abbildungen aus- gestattet. Er hat bereits auf die nahen Beziehungen des Baues dieser Theile zu dem der Cryptobranchiaten Menopoma und Cryptobranchus hingewiesen und denselben in seinem Stammbaum der Urodelen Aus- druck gegeben. Ranodon sowohl wie auch Ellipsoglossa zeigen so viel Uebereinstimmung mit jenen, dass eine Untersuchung der Musculatur und der Nerven und des von R. WIEDERSHEIM nicht beschriebenen Kehl- kopfs vieles Interessante erwarten liess. 1) R. WıEpErsHeEIm, Das Kehlkopfskelet der Urodelen, in: Morph. Jahrb., V. 3, 1877. Zool, Jahrb. XIX. Abth. f. Morph, 43 666 L. DRÜNER, Die Möglichkeit, die Untersuchung an Ellipsoglossa auszuführen, verdanke ich der Güte der Herren Geheimrath Prof. Dr. SPENGEL und Prof. Dr. TORNIER, denen ich auch an dieser Stelle meinen besondern Dank dafür ausspreche. Ersterer stellte mir das einzige Exemplar seiner zoologischen Sammlung in liberalster Weise zur Verfügung, Letzterer gestattete mir, eine Seite der Kiemenregion eines Exemplars des Museums für Naturkunde in Berlin zu präpariren. Ein Exemplar von Ranodon zu erhalten, habe ich mich leider bisher vergeblich bemüht. Doch ist die Uebereinstimmung im Bau des Skelets nach den Mittheilungen von R. WIEDERSHEIM eine so weitgehende, dass die Annahme, dass auch der Bau der Weichtheile nicht sehr verschieden von dem von Ellipsoglossa sein wird, Be- rechtigung hat. Das von Herrn Prof. Tornier erhaltene Exemplar mass 11 cm. Es wurde zuerst untersucht. Das von Herrn Prof. SPENGEL erhaltene mass 12 cm Länge. Ich bezeichne es in Folgendem als zweites Exemplar. I. Skelet. Es ist bereits von R. WIEDERSHEIM vorzüglich abgebildet und beschrieben. Ich kann seine Befunde durchaus bestätigen. Nur in unwesentlichen Einzelheiten weichen die meinigen ab. Das Zungenbein-Skelet besteht, wie bei Cryptobranchus, aus einem in der Mitte mit dem der andern Seite verbundenen, aber von der Copula abgetrennten Hyoidbogen, einem wie dort zu einem Stück verschmol- zenen 1. Kiemenbogen und einem aus zwei verknöcherten Theilen, einem Hypo- und Ceratobranchiale 2, bestehenden 2. Kiemenbogen. Beide Kiemenbogen befestigen sich an der Copula. Am Hyoidbogen lassen sich nicht, wie bei den Cryptobranchi- aten, einzelne Knorpelstücke unterscheiden. Die Knorpelsubstanz ist continuirlich. Er stellt einen gekrümmten, vorn zu einer Platte ver- breiterten Stab dar, dessen hinteres Ende mit dem Processus hyoideus des Quadratknorpels durch ein langes Band, Lig. hyo-quadratum, ver- bunden ist (Fig. 38 Lhq, Taf. 24). Nach hinten läuft von der Spitze ein zweites Band, welches in die Inscriptio tendinea des M. cephalo- dorso-pharyngeus übergeht, Lig. hyopharyngeum (Lhph Fig. 39). Die medial dünne, lateral grätenartig verdickte Platte hat eine mediale und laterale Ecke, von denen die mediale sich in einen zierlich geschwungenen Knorpelzipfel, die laterale in einen dünnen Knorpel- faden fortsetzt, der etwa zwei Drittel der Länge des Knorpelstabes Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 667 misst, im Bogen nach medial und dann caudal umbiegt und dessen Ende mit dem der andern Seite durch Bindegewebe verlöthet ist (Fig. 37 u. 40). Der Vergleich des Knorpelstabes mit dem Ceratohyale der Crypto- branchiaten, des Knorpelfadens mit der bei jenen aus 2 bezw. 3 Stücken jederseits bestehenden mittlern Verbindung, und des geschwungenen Knorpelzipfels mit dem namentlich bei Cryptobranchus stark hervor- tretenden isolirten Knorpel, welcher der medialen vordern Ecke des Ceratohyale ansitzt, drängt sich von selbst auf und wird durch die Gleichartigkeit der Insertion des M. ceratohyoideus (internus) an der vordern Verbreiterung des Ceratohyale verstärkt. Zwischen dem Knorpelfaden und dem Knorpelzipfel spannt sich bei Ellipsoglossa eine straffe Membran aus, welche den Knorpelfaden in seiner Lage fixirt. Die beiden Theile des 1. Kiemenbogens sind mit einander zu einem Knorpelstab verschmolzen, ohne dass sich eine Trennungslinie nachweisen liess. Er ist nur leicht gebogen und verbreitert sich, ähn- lich wie bei den Salamandriden, zu einer dünnen Knorpelplatte. Sie liegt mit ihrer dorsalen Seite der ventralen Pharynxwand an und ist mit ihr ziemlich fest durch Bindegewebe verbunden, medial verbindet sich die mediale, hintere Ecke mit der Copula, und es spannen sich hier auch Bindegewebsfasern zu dem Knorpel der andern Seite hinüber. Von hier bis zur lateralen vordern Ecke der Platte geht ein breites, kurzes Band nach dem vordern Rande des Copulablattes hinüber (vergl. Fig. 39 u. 40 c, Taf. 25). Der 2. Kiemenbogen besteht aus 2 schlanken, runden Stäben mit knöcherner Diaphyse und knorpeligen Epiphysen an beiden Enden. Das Hypobranchiale 2 verbindet sich mit dem dorsalen hintern Fortsatz der Copula, welcher hier ganz so geformt ist wie bei den Salamandriden und bei Siredon; das Ceratobranchiale 2 liegt der Dorsalseite des 1. Kiemenbogenknorpels an und ist hier durch ziemlich lange Fasern verschieblich angeheftet. Zwischen 1. Kiemenbogen und Hypobranchiale 2 ist, wie überall, eine Membran ausgespannt, welche medial eine Lücke zum Durchlass des M. rectus profundus aufweist. Die Copula steht in ihrer Form ebenfalls der der Cryptobranchiaten nahe. Nur ist ein hinterer, dorsaler Fortsatz als Träger der Ver- bindung mit dem Hypobranchiale 2 vorhanden, der bei jenen fehlt. Der vordere Theil ist, wie dort, zu zwei flügelförmigen Fortsetzungen umgestaltet. Nur sind dieselben kleiner (Fig. 40 c, Taf. 25). 43* 668 L. DRÜNER, Bei dem zweiten Exemplar war ein kleines Os triquetrum in der Inscriptio tendinea zwischen M. geniohyoideus und sternohyoideus vor- handen. Die Cartilago lateralis bildet mit der der andern Seite, wie bei Menopoma, eine Klammer, deren mediale Kanten der Rima glottidis zu Grunde liegen. Sie stellt einen ziemlich kurzen, an beiden Enden verjüngten, in der Mitte verdickten Knorpelstab dar. Etwa an der Grenze zwischen oralem und mittlerm Drittel trägt dieser einen seit- lichen Vorsprung, an welchem der Haupttheil der Sehne des Dorso- laryngeus sich anheftet. Es ist der Processus muscularis (Fig. U1, d). ET Fig. Ut. Querschnittbilder des Kehlkopfs von Zllipsoglossa. Hyalinknorpel durch Doppelpunkte, Faserpolster durch gekreuzte Schraffirung signirt. Die faserknorpeligen Theile sind durch Punkte in derselben gezeichnet. 7r.art Truncus arteriosus, P.v. cdp Pars ventralis M. cephalo-dorso-pharyngei. Auf dem Querschnitt ist der Knorpel hier dreieckig, mit einer besonders stark gegen das Kehlkopflumen vorspringenden ventralen Kante, während er weiter oral rund oder oval sich darstellt. Beide Seiten verhalten sich nicht ganz gleich, sondern der rechte Knorpel ist hier breiter als der linke und erstreckt sich auch weiter nach vorn neben dem Kehlkopfeingang. Während bei den meisten Urodelen die Spitze etwa bis zur Grenze zwischen mittlerm und caudalem Drittel des Kehlkopfeingangs reicht, ragt bei dem darauf hin untersuchten Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 669 Exemplar von Ellipsoglossa nur der rechte Knorpel bis zum Kehlkopf- eingang vor, der linke endet unmittelbar neben dem hintern Winkel des Aditus laryngis (vergl. die Querschnitte der Fig. Ut). Caudal vom Muskelvorsprung verbreitert sich der Knorpel, wird flacher und dreht sich so, dass die ventrale Kante zur medialen, die dorsale zur lateralen wird, indem die ventrale Kante gleichzeitig immer weiter nach ventral an der Seite des Kehlkopflumens rückt und endlich ventral von demselben in eine feine Spitze ausläuft, die mit der der andern Seite durch Faserzüge verbunden ist. Auf dieser Strecke wird der Knorpel durch das auch bei Amphiuma, Menopoma, Siren und Cryptobranchus vorhandene Fasergewebe zu der bekannten Halbrinne ergänzt. Dieses Fasergewebe ist, wie überall, nach aussen durch eine besondere, in das Perichondrium der Cartilago lateralis übergehende Hülle abgeschlossen. Die ventrale Spitze der Cartilago lateralis laryngis endet, wie bei Amphiuma und Menopoma, ausserhalb dieses Faser- gewebes (k der Fig. Ut). Im dorsalen Winkel desselben taucht in der gleichen Höhe mit dem Ende der Cartilago lateralis der Tracheal- knorpel auf, welcher als gebogenes Stäbchen die Trachea begleitet und mehrere medial vorspringende Fortsätze aufweist (Fig. 44, Taf. 25). Fig. 43 a und b, Taf. 25 stellen Abbildungen der Cartilago lateralis und ihrer Verbindung mit den Halbrinnen der Trachea, welche nach einem Reconstructionsmodell gezeichnet wurden, dar. Der Vergleich mit Menopoma und Cryptobranchus zeigt, dass hier der Cartilago lateralis noch ein Processus trachealis fehlt. Sie ist hier Zeit Lebens in ganz ursprünglicher Form erhalten, wie sie in der Ontogenie von Siredon und Triton vorübergehend auftritt. Die Knorpel- kerne der Trachealwand stehen nur durch Vermittlung des Binde- gewebes mit ihr in Verbindung. Angliederungen von Knorpelelementen der Trachealwand oder Bildung eines Processus trachealis durch ap- positionelle Umwandlung von Bindegewebszellen in Knorpelzellen hat noch nicht stattgefunden. Ein Processus trachealis, wie er bei Crypto- branchus vorhanden ist und bei Siren zur Bildung eines Processus muscularis accessorius geführt hat, fehlt Ellipsoglossa. II. Muskeln. Die Musculatur zeigt auf den ersten Blick eine überraschende Uebereinstimmung mit der der Salamandriden, die nähere Unter- suchung deckt aber tiefgehende Unterschiede auf. 670 L. DRÜNER, A. Die von VII, IX. und X. versorgten Muskeln. 1) M. cephalo-dorso-mandibularis (Cdm). Er zerfällt in zwei Abtheilungen, eine vordere am Schädel und eine hintere, an der Dorsalfascie entspringende. Die vordere (Cdma Fig. 34) entspringt an der hintern Kante des Paraquadratum (Squamosum) und der seitlichen knorpeligen Labyrinthwand, ferner von dem Zwischenmuskelband, welches am Squamosum befestigt ist und Facialis- und Trigeminus- musculatur scheidet. Diese vordere Abtheilung (a) wird durch den Ramus jugularis wieder in eine vordere äussere und hintere innere Unterabtheilung geschieden. Die hintere, von der Dorsalfascie aus- gehende Abtheilung (b) ist vom Ursprung bis zum Ansatz völlig ge- sondert (Cdmb), und zwischen ihr und der vordern tritt der R. jugularis der Art. mandibulo-jugularis nach aussen und eine kleine Vene nach innen. Wir finden also eine fast völlige Uebereinstimmung mit Menopoma und Cryptobranchus. Ein geringer Unterschied liegt darin, dass der Spalt zwischen beiden Abtheilungen nicht so weit ist und dass der M. lev. arc. branch. 2, bezw. sein Abkömmling, die Pars dorsalis 2 des M. cephalo-dorso-pharyngeus, hier nicht mit seinem Ursprung durch den Spalt zur Oberfläche dringt, sondern unmittelbar unter der gleichen Stelle von der Dorsalfascie ausgeht !). Innervation vom R. jugularis VII. + IX. 2) M. subhyoideus?) (Jhx Fig. 35, 37). Im ventralen Facialis- gebiet finden wir ebenso wie bei den Salamandriden an Stelle eines M. interhyoideus einen M. subhycideus und M. inter ossa quadrata. Der erstere entspringt mit der gleichen Muskelkuppe am dorsalen Ende des Ceratohyale und umhüllt das dorsale Drittel desselben. Er begleitet es ventral nach vorn und setzt mit seinen lateralen Bündeln neben dem Ursprung des M. geniohyoideus am Unterkiefer, mit seinen medialen an die hier sehr breite Zwischensehne der Mittellinie zwischen den beiden Mm. intermandibulares an. Innervation durch feine Aeste des R. jugularis VII. + IX., welche am vordern Rande des M. inter ossa quadrata zu ihm gelangen. 3) M. inter ossa quadrata (M.i.g). Er entspringt mit seinen hintern Fasern am Processus hyoideus quadrati, mit seinen vordern am Quadratum selbst und strahlt fächerförmig zur Mittellinie aus einander, 1) Bei dem zweiten Exemplar traten einige Fasern der Pars dorsalis 3 des M. cephalo-dorso-pharyngeus durch den Spalt hindurch. 2) Diese Bezeichnung erscheint mir besser als die im 1. Theil der Arbeit von WALTER übernommene, M. genio-hyoideus lateralis. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 671 indem sich, wie bei den Salamandriden, seine vordern Fasern unter den M. intermandibularis schieben. Innervation vom R. jugularis VII. + IX. 4) M. quadrato-pectoralis (Sphc). Wie bei Salamandra ent- springt er mit seiner medialen Hälfte von der Mittellinie, mit seiner lateralen von der Kehlfalte bezw. der mit ihr verbundenen Fascia pectoralis. Er befestigt sich seitlich am ventralen Ende des Quadratum, am Ligamentum jugale und an der Mandibula. Bei dem zweiten Exemplar fand ich ein Muskelbündel am seitlichen Rande des Muskels, welches nach dorsal abgebogen und sich an der die 3 Thymusballen überdeckenden Fascie anheftete. Innervation vom R. jugularis VII. + IX. Die Aeste umschlingen wie bei Salamandra den vordern Rand des Muskels und treten von aussen in ihn ein. 5) M. ceratohyoideus internus(Chi). Er entspringt vom dor- salen Drittel des 1. Kiemenbogens und vom Ceratobranchiale 2. Er umhüllt beide vollständig mit einer dicken Muskelkuppe, die caudal am Ceratobranchiale 2 eine Naht aufweist. Beide Skelettheile umscheidend, gelangt er nach vorn und setzt an der Verbreiterung des Ceratohyale an (Fig. 40 a, die Ansatzfläche ist mit rothen Punkten umzogen). Innervation vom IX. und 2. Kiemenbogennerven. Bei dem 2. Exemplar fehlte links die Betheiligung des 2. Kiemenbogennerven. 6) M. cephalo-dorso-pharyngeus. Er hat wie bei Triton eine Pars ventralis und 3 Partes dorsales 2, 3 und 4, deren Schlitze die Arterienbogen in der gleichen Anordnung durchlassen wie dort. Zwischen 2 und 3 passirt der 2., zwischen 3 und 4 der 3. Arterien- bogen und zwischen Pars dorsalis 4 und M. dorso-laryngeus die dorsale Verbindung der Arteria pulmonalis. Zwischen beiden liegt auch hier die Inscriptio tendinea pharyngea lateralis (St Fig. 39). Die Pars dorsalis 2 (Lab.2) entspringt an der Seite der spinalen Längs- musculatur von der Dorsalfascie und dem Zwischenmuskeiband zwischen ihr und vorderer Abtheilung des M. cephalo-dorso-mandibularis. Die folgenden entspringen, an einander anschliessend, aber von der Pars dorsalis 2 durch einen Spalt getrennt, von der Dorsalfascie (Lab.3 u. 4). Sie liegen aussen dem M. trapezius (Zr) an. Sie vereinigen sich ventral an der Seite der Pharynxwand zu der genannten Inscriptio tendinea, an deren anderer Seite die Pars subpharyngea (Jb.4) entspringt. Die Inscriptio pharyngea lateralis ist aber hier, zum Unterschied von den Salamandriden und Siredon, nicht mit der Pharynxwand verwachsen, 672 L. DRÜNER, sondern nur durch loses Gewebe mit ihr verbunden und ziemlich weit von ihr entfernt. Ausser der Pars subpharyngea giebt sie noch 2 andern Muskeln Ursprung, dem hintern M. subarcualis obliquus !) und einem Bündel, welches an der Scapula ventral vom Trapezius ansetzt, M. omo-pharyn- geus, welches der Innervation nach ein Bündel der Pars sub- pharyngea ist. .» Die Pars subpharyngea läuft als parallelfaseriges Band trans- versal zur Mittellinie und erreicht diese ventral vom Kehlkopfeingang. Hier ist sie auch mit dem Truncus arteriosus fest verbunden (Fig. 39, Tal. 25). Der M. omo-pharyngeus ist ein ziemlich langes, schmales Bündel, welches von dem hintern Theil der Inscriptio tendinea aussen ent- springt und am Winkel zwischen Scapula und Procoracoid ansetzt. Die Arteria pulmonalis umschlingt dieses Bündel. Der Muskel ist ein Homologon des M. omo-arcualis der Perennibranchiaten. Innervation der Pars dorsalis 2 vom 2., der Pars dorsalis 3 vom 3. Kiemenbogennerven, der Pars dorsalis 4 aus dem Truncus intestino- accessorius, der Pars subpharyngea und des M. omo-pharyngeus vom R. recurrens intestinalis X. Das zweite Exemplar zeigte im Bau dieses Muskels wesentliche Unterschiede: Eine Pars dorsalis 2 fehlte. Die Pars dorsalis 3 lag an ihrer Stelle. Die Pars dorsalis 4 war sehr breit. Die Pars dorsalis 3 passirte zwischen 2. und 3. Arterienbogen zur Inscriptio pharyngea lateralis; der 2. und 3. Kiemenbogennerv verliefen an ihrem vordern Rande. Ausser dem M. omo-pharyngeus bestand noch ein kleines Muskel- bündel von gleichem Ursprung an der Inscriptio tendinea, welches aber medial von der Scapula im Bindegewebe endete. 7) Mm. subarcuales obliqui (Chybr). 2 kleine Muskeln, deren Bezeichnung, wie vorstehend, nur durch den Vergleich mit den Crypto- branchiaten Berechtigung hat. Der erste entspringt mit einer langen Sehne von der Spitze des Ceratobranchiale 2 und verläuft ventral und medial, um zwischen M. genio-hyoideus und der tiefen Abtheilung des Rectus superficialis hypobranchialis posterior an der Fascie des letztern zu endigen. Der zweite entspringt zwischen 2. und 3. Arterienbogen an der In- scriptio tendinea des M. cephalo-dorso-pharyngeus und setzt mit dem 1) Die Bezeichnung hat nur Sinn im Hinblick auf den Vergleich mit den Cryptobranchiaten; sie wurde beibehalten, um einen neuen Namen für den gleichen Muskel zu vermeiden. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 673 andern zusammen an der Fascie des Rectus an. Der 1. Arterienbogen, die Carotis communis, läuft oral an dem vordern M. subarcualis obliquus vorbei und umschlingt ihn, so dass der Muskel also den Zwischenraum zwischen 1. und 2. Arterienbogen passirt. Innervation vom 2. Kiemenbogennerven. Der hintere erhält viel- leicht auch ein feines Aestchen vom 3. Kiemenbogennerven. Nach Lage und Innervation kann mithin über die Homologie mit den Mm. subarcuales obliqui der Cryptobranchiaten kein Zweifel sein. Dem zweiten Exemplar fehlte links der hintere M. subarcualis ob- liquus ganz, rechts befestigte er sich nicht an der Inscriptio tendinea, sondern an dem den 2. Arterienbogen umhüllenden Bindegewebe. Der kräftige vordere M. subarcualis obliquus entsprang beiderseits von der ganzen Länge des Ceratobranchiale 2 fleischig, ohne Sehne. 8) M. dorso-laryngeus (Dl). Er bildet wie bei den Salamandriden ein schmales, nur am Ursprung an der Dorsalfascie etwas breiteres Band, welches aussen dem Trapezius aufliegt, in rein transversaler Richtung ventral und medial um den Pharynx biegt und in einiger Ent- fernung vom Larynx in eine lange Sehne übergeht. Diese Sehne begiebt sich zum Processus muscularis der Cartilago lateralis und strahlt auch an ihrer Seite nach dem Kehlkopfeingang zu aus. Die Entfernung der Stelle, an welcher der Muskel in die Sehne übergeht, von dem Processus muscularis ist etwas geringer, als die Breite des Kehlkopfs; und an dieser Stelle entspringt bei dem ersten Exemplar von der Sehne jederseits ein feines Muskelbündel, welches ventral vom Kehlkopf die Mittellinie erreicht, der Laryngeus ventralis. Innervirt wird der M. dorso-laryngeus durch mehrere feine Aeste des Truncus intestino-accessorius, von denen auch hier einige dem R. recurrens intestinalis X. angegliedert sind und erst an der ventralen Seite zu dem Muskel gelangen, während die meisten Nerven um den ventralen Rand des Trapezius herum von innen her in seine dorsale Hälfte eintreten. 9) Die Kehlkopfmuskeln. Es ist ausser dem bereits er- wähnten Reste des Laryngeus ventralis ein Constrictor vorhanden, dessen Bau aber von dem der Salamandriden in einigen Stücken ab- weicht. Nur die mittlern Fasern umkreisen von der dorsalen bis zur ventralen Mittellinie die Seite der Cartilago lateralis, die vordern gehen nicht von der dorsalen Mittellinie aus, sondern entspringen neben ihr von dem oral vom Muskelfortsatz die Cartilago lateralis umgebenden straffen Bindegewebe. Sie bilden ein ziemlich dickes Bündel, welches 674 L. DRÜNER, unmittelbar hinter dem Muskelfortsatz zur ventralen Mittellinie gelangt. Das hinterste, etwa gleich starke Bündel des Constrictor setzt ventral nicht an der Mittellinie, sondern am Herzbeutel neben dem Kehlkopf an. Es entspringt zum Theil von der dorsalen Mittellinie, zum Theil aber auch, diese überschreitend, von dem dorsalen Rande der Cartilago lateralis der andern Seite unter Vermittlung von Bindegewebsfasern. Dadurch fehlt die Unterbrechung der Fasern in der hintern Hälfte der Mittellinie, von der dorsalen Seite gesehen (Fig. 41). Ausserdem fand sich noch ein kleines Bündel an der dorsalen Seite des Kehlkopfs, welches nur linkerseits vorhanden war. Es entsprang neben der Mittel- linie oral vom Processus muscularis und verlief longitudinal nach hinten. Es endigte an der dorsalen Mittellinie (vergl. Fig. 41, Taf. 25, Wie U). Innervation vom N. laryngeus. B. Die hypobranchiale spinale Musculatur. Innervation durch den N. hypobranchialis. 1) M. genio-hyoideus (Gh). Ein am Ursprung am Unterkiefer schmales, nach hinten sich verbreiterndes und allmählich parallelfaserig werdendes Band, welches an der 1. Inscriptio tendinea des an der Copula und dem Hypobranchiale 1 entspringenden Theiles des Rectus sich anheftet und hier in den Sterno-hyoideus übergeht. 2) M*sterno-hyoideus (Rectus hypobranchialis superficialis posterior) (Sth). Er entspringt als Fortsetzung des Genio-hyoideus von der eben genannten Inscriptio tendinea. Ihm gesellen sich tiefere, vom Hypobranchiale 1 entspringende Theile zu, welche sich an der 1. In- scriptio mit dem Sterno-hyoideus vereinigen und hier ebenfalls eine Unterbrechung ihrer Fasern erleiden. Sie bilden zusammen die den Rectus profundus überdeckende Schicht, welche bis zum Sternum von 4 Inscriptiones tendineae unterbrochen wird (Ah-+ Sth8). Die 5. liegt wie bei den Cryptobranchiaten in der Höhe des vordern Sternalrandes. Von diesen Inscriptiones reichen aber auch hier nur die ersten beiden bis zur Mittellinie. Die beiden hintern biegen vorher nach caudal um und erreichen in schräger Richtung den vordern Rand des Sternums. 3) M.rectus profundushypobranchialis (4h). Er entspringt von der vordern blattförmigen Verbreiterung der Copula, sowohl von der hintern Kante wie auch von der dorsalen und ventralen Fläche derselben, ferner von den die vordere Kante des Copulablattes mit der des Hypobranchiale 1 verbindenden Bindegewebszügen und von der Seite Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 675 des Copulakörpers. Dieses Bündel passirt die Lücke zwischen 1. und 2. Kiemenbogen und geht nach hinten in den Rectus profundus ab- dominis über. Die 1. und 2. Inscriptio tendinea hat er mit dem Rectus super- ficialis gemeinsam, weiter hinten wird er zu einem abgeschlossenen rundlichen Muskelbauch, ähnlich wie bei Triton und Amblystoma. Die Inscriptiones sind hier für beide Theile des Rectus gesonderte. 4) Der M.genio-glossus ist ausserordentlich kräftig ausgebildet. Er zerfällt auch hier in einen lateralen und medialen Theil. Der laterale Theil entspringt dorsal von dem M. genio-hyoideus am Unter- kiefer und strahlt, nach hinten divergirend, an der Schleimhautfalte unter der Zunge aus, ohne dass seine Fasern in die Zunge selbst ge- langen. Sie reichen dabei über den 2. Kiemenbogen hinaus nach hinten (Fig. 39). Der mediale Theil bildet den eigentlichen Genioglossus. Er stellt ein mächtiges Bündel dar, welches breit unmittelbar neben der Mittel- linie am Unterkiefer entspringt und sich um den Ursprung des M. genio-hyoideus medial in die Zunge hinein begiebt. Der Ursprung bildet dadurch jederseits ein dreieckiges Feld, welches vor dem M. inter- mandibularis (posterior — ein M. intermandibularis anterior fehlt —) unter der Haut, nur von der Fascie des M. intermandibularis gedeckt, zu Tage tritt. Der Muskel verbreitet sich in der ganzen Zunge und gelangt mit den medialen, zum Theil sich in der Mittellinie kreuzenden Fasern bis zum vordern Rande der vordern blattförmigen Verbreiterung der Copula. Von diesem Rande entspringt ein System von Fasern, welches ebenfalls in die Zunge ausstrahlt und daher als M. hyo-glossus (Hgl Fig. 39) bezeichnet werden kann. Diese Muskelfasern liegen dem M. genio-glossus ventral auf. Die von der rechten Seite entspringenden strahlen nach links hin aus und umgekehrt. Die Fasern beider Seiten müssen sich daher in der Mittellinie Kreuzen. III. Nerven. Meine Untersuchung ist hier am wenigsten vollständig. Es liegt dies einerseits an der geringen Zahl von 2 Exemplaren, die mir zur Ver- fügung stand, andrerseits an dem Conservirungszustand derselben, der leider zu wünschen übrig liess und der Präparation der Nerven besondere Schwierigkeiten bereitete. 676 L. DRÜNER, 1. N. facialis. Die seitlichen Aeste kommen aus einem Loche über dem seit- lichen Rande des Parasphenoids aus dem Petrosum hervor. Dieser Stamm enthält die Nn. alveolaris (Chorda tympani), jugularis, cutanei mandibulae medialis und lateralis. Er zerfällt in die oben genannten Aeste. 1) N. alveolaris (N.alv). Er läuft an der Unterseite des Ptery- goids, welches hier das Quadratum vollständig deckt, ventral und tritt vor dem Kiefergelenk in seinen Canal im Unterkiefer, in dem er Ver- bindungen mit dem Unterkieferast des Trigeminus erhält. Er sendet eine grössere Zahl von Zweigen durch feine Seitenöffnungen des Canals zur Schleimhaut des Mundhöhlenbodens neben der Zunge. Die vor- dersten stärksten Aeste dringen in den vordern Theil der Zunge selbst vor. 2) und 3) Rr. cutanei mandibulae lateralis und medi- alis(R.c.m.lat, Rem.med. VII). Sie laufen beide hinter dem Quadratum und Paraquadratum nach aussen und vorn und kommen am vordern Rande des M. cephalo-dorso-mandibularis zum Vorschein. Hier giebt der R. cutaneus mandibulae medialis mehrere nach caudal umbiegende Hautäste zu der den M. cephalo-dorso-mandibularis deckenden Haut ab, biegt dann selbst um den vordern Rand dieses Muskels nach caudal und ventral um und verschwindet unter dem M. quadrato- pectoralis, an dessen ventralem vordern Rande er dicht am Kiefer- gelenk wieder zum Vorschein kommt. Bald darauf gabelt er sich, wie überall, und seine beiden Aeste sind bis ganz vorn zum Unter- kiefer unter der Haut zu verfolgen. Der R. cutaneus mandibulae lateralis läuft wie bei den Cryptobranchiaten an der Seite des Masseter nach vorn, trägt hier Aeste des N. cutaneus mandibulae lateralis V. (R.c.m. lat. V) und begleitet den Unterkiefer nach vorn, ohne aber in ein Knochencanälchen desselben eingeschlossen zu sein. 4) Der R. jugularis (R.j. VII+IX) nimmt die ventral vom Oper- culum verlaufende IX.-VII. Anastomose auf, die sich kurz vor der Ver- einigung in mehrere Aeste auflöst, von denen die hintersten, feinsten nicht dem Stamme des R. jugularis beitreten, sondern sich mit kleinern Aesten desselben vereinigen, die ventral von dem Hauptstamm der Anastomose den hintersten Bündeln des M. cephalo-dorso-mandibularis zustreben. Der R. jugularis VII. +IX. durchsetzt alsdann die vordere Abtheilung dieses Muskels so, dass der grössere Theil vor und lateral, der kleinere, nur aus wenigen Bündeln bestehende, hinter und medial Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 677 von dem Nerven liegen bleibt. Auf diesem Wege giebt er dem Muskel zahlreiche Aeste. Da, wo er aus ihm hervortritt, theilt er sich in einen kräftigen Ast, welcher nach hinten und dorsal umbiegt und sich an der hintern, von der Dorsalfascie entspringenden Abtheilung des M. cephalo-dorso-mandibularis verzweigt, ferner in mehrere Rr. cutanei jugulares, welche mit Aesten des R. jugularis zur Haut gelangen, und in einen feinen Nerven (Fig. 37 R. ch. VII--IX), welcher um den hinter dem M. cephalo-dorso-mandibularis zum Vorschein kommenden M. sub- hyoideus herum in den Zwischenraum zwischen M. sublıyoideus und Ceratohyoideus (internus) gelangt. Wie er dort endigt, konnte ich nicht ermitteln. Nach dem Vergleich mit den Cryptobranchiaten muss ich annehmen, dass der Nerv im Bindegewebe endigt und das auch bei jenen vorhandene Rudiment des Nerven fiir den M. ceratohyoideus ex- ternus der Larvenform darstellt. Der Stamm des R. jugularis verschwindet neben dem R. cutaneus mandibulae medialis unter dem M. quadrato-pectoralis und theilt sich an seinem vordern Rande in seine Endäste für diesen Muskel und den M. inter ossa quadrata. Seine vordersten Aeste gelangen in den M. subhyoideus. Auch hier bestehen feine Anastomosen mit dem Trigeminus. Der Nerv fiihrt, wie bei allen Urodelen, auch der Haut sensible Aeste zu. 2. Nn. glossopharyngeus und vagus. Das ausserhalb des Schädels in der gewöhnlichen Lage an der Seite des Condylus occipitalis liegende Ganglion zerfällt in einen kleinern vordern, fast völlig gesonderten Theil, der dem Glosso- pharyngeus angehört, und einen hintern, welcher die Aeste des X. aus sich hervorgehen lässt. Es sind 5 Stämme vorhanden, der Glosso- pharyngeus, die zu einem Stamme vereinigten beiden folgenden, 2. und 3. Kiemenbogennerven, der Truncus intestino-accessorius, der die Nn. lateralis dorsalis und medius enthaltende Stamm. 1) N. glossopharyngeus. An dem Austritt aus seinem von dem Vagusganglion fast ganz gesonderten Ganglion theilt er sich in drei Theile. Der vordere ist die IX.-VII. Anastomose, der mittlere ist der R. pharyngeus mit dem R. praetrematicus, und der hintere endlich stellt den Hauptast, den R. posttrematicus, dar. a) Die IX.-VII. Anastomose ist bereits beim Facialis beschrieben worden. 678 L. DRÜNER, b) Der R. pharyngeus biegt lateral vom M. levator scapulae nach ventral um und bildet, die Carotis interna lateral umschlingend, den Plexus pharyngeus dorsalis, welcher nach vorn mit dem R. palatinus VII, nach hinten mit den Pharynxästen des 2. und 3. Kiemenbogennerven Verbindungen eingeht. Aus den in dieses Geflecht übergehenden Aesten des IX. zweigt sich ein ziemlich feiner Nerv ab, welcher neben einem Aste der Art. mandibulo-jugularis an der Pharynxwand nach ventral und oral umbiegt, um in den seitlichen Theilen des M. genio-glossus zu verschwinden; dies ist der R. praetrematicus IX. c) Der R. posttrematicus giebt 2 kräftige Rr. cutanei jugulares ab, welche in dem die Thymus umgebenden Bindegewebe zur Haut gelangen. Er läuft neben der Carotis communis caudalwärts, biegt dann lateral von dieser ventralwärts um und tritt an die Innenseite des 1. Kiemenbogens, um hier mehrere kräftige Muskeläste in den M. ceratohyoideus (internus) zu senden und als R. lingualis, wie bei allen Urodelen, in der Zunge zu enden. Ein N. cutaneus retrocurrens fehlt. 2) Der 2. Kiemenbogennerv (2 Kb. N), welcher, mit dem 3. zu einem Stamm vereinigt, das Ganglion verlässt und hier einen ziemlich kräftigen R. pharyngeus dorsalis abgiebt, kommt am vordern Rande der Pars dorsalis 2 des M. cephalo-dorso-pharyngeus, den er versorgt, zum Vorschein, giebt einen kräftigen R. cutaneus jugularis ab und tritt dann in den Zwischenraum zwischen 1. und 2. Arterienbogen. Medial von der Carotisdriise theilt er sich in einen motorischen Ast, welcher ventral von der Carotis zum M. ceratohyoideus (internus) tritt, in mehrere feine Muskeläste für die Mm. subarcuales obliqui und in den R. pharyngeus ventralis, welcher zwischen Carotis communis und Pharynxschleimhaut hindurch, nach vorn umbiegend, sich an der letztern verzweigt und mit seinen vordersten Aesten die hintere Zungengegend erreicht. 3) Der 3. Kiemenbogennerv (3Kb.N) tritt zwischen den Fasern der Pars dorsalis 3 hindurch nach aussen und giebt ebenfalls einen kräftigen R. cutaneus jugularis ab. Der Stamm läuft caudal neben dem 2. Arterienbogen ventral, giebt dem hintern M. sub- arcualis obliquus einen feinen Zweig und tritt dann als Schleimhaut- ast zum Pharynx. Ihm sind auch Nervenfasern beigesellt, welche in die Pars dor- salis 4 gelangen. 4) Truncus intestino-accessorius. Er verläuft, wie immer, an der medialen Seite des Trapezius und sendet diesem eine Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 679 grössere Zahl von Zweigen und auch einige dem Dorso-laryngeus, biegt dann nach ventral um und zerfällt am hintern Rande des Dorso- laryngeus in seine Endäste, nachdem sich bereits kurz vorher der N. lateralis inferior von ihm abgezweigt hat. Der R. recurrens intestinalis X. kreuzt auch hier lateral die Art. pulmonalis und giebt einen feinen Nerven für den M. omo-pharyngeus ab, biegt dann nach vorn und zerfällt in seine Endäste für die Pars subpharyngea und die sie deckende Schleimhaut und für den Kehl- kopf, N. laryngeus. Auch dem Dorso-laryngeus lässt er feine Fäden zukommen. Eine ventrale Verbindung mit dem Kiemenbogennerven habe ich nicht aufgefunden. 5) Die Nn. cutanei occipitales und Nn. laterales dorsalis und medius bieten nichts Erwähnenswerthes. 3. N. hypobranchialis. Er setzt sich aus Bestandtheilen des 1. und 2. Spinalnerven zu- sammen. Dem 1. Spinalnerven fehlt ein Ganglion und eine dorsale Wurzel. Der 2. besitzt Beides. Einen occipitalen Nerven habe ich nicht gefunden. 680 L. DRÜNER, Erklärung der Abbildungen. Tafel 14—25. Abkürzungen. I. Skelet und Varia. A Vestibulum laryngis Adl, Al Aditus laryngis C Herz C, Rippe am 2. Wirbel Cbr Ceratobranchiale Chy Ceratohyale Cl Cartilago lateralis Co Coracoid Cond. occip Condylus oceipitalis Cp Hyoidcopula Cst Copulastiel D Darmcanal De Ductus endolymphaticus Doc der am Schluss des Abschnitts über die Kiemenarterien bei Am- phiuma beschriebene Gang E Epithel der Rachenwand Ek Epithelkörperchen For.zv Austrittsöffnung des spino- occipitalen Nerven Gbl Gehörbläschen H, Hy Anlage des Hyoidbogen- knorpels Hbr Hypobranchiale Hhy Hypohyale Jt Inscriptio tendinea K, Kfb Kieferbogen Kb Kiemenbogenknorpel bez. seine Anlage Kpl Kiemenplättchen Ksp Kiemenspalte L.brp Ligamentum branchio-pecto- rale L.cp Lig. cerato-petrosum Ldl Sehne des M. dorso-laryngeus Lhm, Lhq Lig. hyomandibulare, hyoquadratum L.hph Lig. hyopharyngeum Lj Lig. jugale Lsq.op Verbindung zwischen Para- quadratum und Operculum Md Unterkieferknorpel bezw. seine Anlage Ms Mesoderm Msec Mesektoderm Msen Mesentoderm Oc Auge Occip. Gel Occipitalgelenk Op Operculum Pe Pericard Pk Pigmentkörper Plhm Plica hyomandibularis Plobr Plica omobranchialis Pm Processus muscularis der Carti- lago lateralis Prco Procoracoid Ptr Processus trachealis der Carti- lago lateralis Pul Lunge Q, q Quadratum Rad.post hinterer Radius der Hyoid- copula Schlsp Schlundspalte Sp Knorpelspange zwischen Qua- dratknorpel und Trabekel (Pro- cessus ascendens quadrati) Sq Paraquadratum (Squamosum) St Sternum Th,—, Thymusknospen bez. Thy- musballen Thec, Then ektodermaler bez. ento- dermaler Theil der Thymus- knospen Thy Thyreoidea V Laryngotrachealraum 1. V,.2.V 1.2. Wirbel Zsp Zungenspitze Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 681 II. Muskeln. Ah M. abdomino-hyoideus, rectus profundus hypobranchialis Cal M. constrictor laryngis Cdm M. cephalo-dorso-mandibularis Cdma, Cdmb, Cdms Theile desselben Cdmp tiefe Portion desselben Chbr Mm. subarcuales obliqui (im 1. Theil als Mm. cerato-hypo- branchiales bezeichnet, Adduc- tores arcuum branch. der Autoren) Che M. ceratohyoideus externus Chi M. À a internus Cm M. ceratomandibularis Db M. depressor branchiae Di M. dorso-laryngeus Dp M. dorso-pectoralis Dph.4 M. dorso-pharyngeus 4 Epa epaxonische Musculatur Ggl M. genio-glossus Gh M. genio-hyoideus Hgl M. hyo-glossus Ib M. interbranchialis Th: M. subhyoideus (im 1. Theil als M. genio-hyoideus lateralis, WALTER, bezeichnet) Ih M. interhyoideus Ilv M. laryngeus ventralis Ima, Imp M. intermandibularis an- terior, posterior It Inscriptio tendinea Lab. M. levator arcus branchialis Lb M. levator branchiae Lbr.1 Rudiment eines M. levator branchiae 1 bei Menopoma. Leo Ursprung der langen Rücken- muskeln am Schädel Ldl Sehne des M. dorso-laryngeus Lh am Hyoid ansetzende Muscu latur des Facialis (M. orbito- hyoideus) Lsc M. levator scapulae Lv M. laryngeus ventralis M Masseter Mm.scb + chybr Mm. subarcuales recti und obliqui (subcerato- branchiales und cerato-hypo- branchiales) M.i.g M. inter quadrata M. ph. pc M. omo-pharyngeus (omo- arcualis) O.a.int M. obliquus abdominis in- ternus Oh M. omohyoideus Pct M. pectoralis major Rco Ursprung des M. rectus capitis am Schädel Scb Mm. subarcuales recti (sub- ceratobranchiales des 1. Theils), Constrictores arcuum branchia- lium der Autoren Sphe M. quadrato-pectoralis bez. cephalo-dorso-pectoralis (sphinc- ter colli) Sth M. sterno-hyoideus us Theile desselben T M. temporalis Tr M. trapezius. III Nerven. 1.—IX. Kopfnerven. V. Rmx.md Nervenstämme des Tri- geminus für Ober- und Unterkiefer VIla Haupttheil des Facialis- ganglions VIIb zum Seitenliniensystem ge- höriges Ganglion des Facialis IXa, IXb desgl. beim Glosso- pharyngeus X.a, X.b desgl. beim Vagus Zool. Jahrb. XIX, Abth, f. Morph. IX.-VII. Anast. Ramus commu- nicans IX. ad VII. X. Rmchi R. muscularis für den M. ceratohyoideus internus aus dem 2. Kiemenbogennerven 1.—5 Rr. posttrematiei des 1.—5. Kiemenbogennerven Ch.t Chorda tympani (N. alveo- laris VIL) Gl Ganglion 44 682 Kbn, KBN Kiemenbogennerv Ls, Lm, Li N. lateralis superior, medius, inferior vagi N.1.Kbsch in das 1. Kiemen- büschel übergehender Ast des 2. Kiemenbogennerven N. alv. VII N. alveolaris (Chorda tympani) N.br.2. 2. Kiemenbogennerv N.br.2.p0 R. posttrematicus des- selben N.hybr N. hypobranchialis N.l VII N. lateralis VII. N.lar.i N. laryngeus inferior Ni. X N. intestinalis vagi Nn.c Nn. cutanei Pl.br. Plexus brachialis po, pr R. posttrematicus, praetrema- ticus R. card. ant. X Ramus anterior vagi Rr. che. VII + IX Rudimente von Nerven eines M. ceratohyoideus externus der Larvenform von Cryptobranchus und Menopoma Rr.c.hybr Hautäste des N. hypo- branchialis R.c.j, R.c.jug R. cutaneus jugu- laris R. c.m.l, R.c.m. lat Ramus cutaneus mandibulae lateralis VIT cardiacus L. DRÜNER, R.c.m.m, R.c.m.med Ramus cu- taneus mandibulae medialis R.c.oc R. cutaneus occipitalis R.com, R.c R. communicans R.c.retr. IX N. cutaneus retro- currens IX. R.im R. intermandibularis R.int R. intestinalis R.j R. jugularis R.ling R. lingualis R.ling.2., 3. Kb. N R. pharyngeus ventralis des 2., 3. Kiemenbogen- nerven R.m.a.che R. muscularis anterior des M. ceratohyoideus externus Rr.m Rami musculares R.op Ramus ophthalmicus pro- fundus I. pal R. palatinus VII. R.ph R. pharyngeus R. po, R. potr, R. posttr KR. post- trematicus R.pr. R.praetr KR. praetrematicus R.rec.int.X Ramus recurrens in- testinalis vagi R.rec.2.Kb. N R. pharyngeus ven- tralis (lingualis) des 2. Kiemen- bogennerven Spn, SpN Spinalnerv Symp Sympathicus Tr.ia Truncus intestino-accessorius IV. Gefässe. A.br Arteria branchialis A.cht Begleitarterie des N. alveo- laris VII. A.m.j.r.j R. jugularis der Arteria mandibulo-jugularis A.m.l. Arteria mandibularis late- ralis A.m.m Arteria mandibularis me- dialis A.oph Arteria ophthalmica A.p Arteria pulmonalis A.pn Arteria palatonasalis A.q.m. Arteria quadrato-mandibu- laris Arc.aort Arcus aortae Arc.art.4 4. Kiemenarterienbogen Art.m.j. Arteria mandibulo-jugu- laris C.¢ Carotis communis C.d Carotisdriise C.e Carotis externa (Arteria sub- hyoidea) C.i Carotis interna 1. Kb.Gf. Rudimente der Gefässe des 1. Kiemenbüschels bei Meno- : poma Pc Pericard bezw. Pericardialhöhle Tr.art Truncus arteriosus Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen. 683 V.br Vena branchialis V.m.m, V.m.i Vena mandibularis V.cph V. brachialis externa (ce- medialis phalica) V.pl Vena petrosa lateralis V.j.i, U.j.i Vena jugularis interna V.sbr Vena suprabranchialis V.m Vene zwischen den beiden V.sph Vena subpharyngea Carotides externae V.th, V.t Vena thyreoidea V.m.l Vena mandibularis lateralis Zu den Stereogrammen auf Taf. 14—20. Die Aufnahmen sind mit der 1901 in der Zeitschrift für wissen- schaftliche Mikroskopie beschriebenen, von der Optischen Werkstätte CARL Zeiss, Jena, angefertigten Camera!) hergestellt. Sie stammen sämmtlich aus der ersten Zeit ihres Gebrauchs und zeigen daher kleine Mängel, die jetzt zu vermeiden sind. Vor allem ist die an einigen Stereo- grammen hervortretende Abnahme der Schärfe in den höchsten und tiefsten Theilen des Objects durch die Einführung enger Blenden bis zu 1 mm Durchmesser ganz beseitigt. Meine neuern, auf der diesjährigen Versammlung der Anatomischen Gesellschaft demonstrirten Stereogramme vom menschlichen Gehörorgan lassen bei den üblichen Stereoskopvergrösserungen keine Verschiedenheit der Schärfe in demselben Bilde mehr erkennen. Sämmtliche Stereogramme haben bei Verwendung der gebräuchlichen Stereoskope eine etwas vermehrte Tiefenwirkung. Auch sie lässt sich durch die Anwendung besonders construirter Stereoskope vermeiden ?). Es ist dies aber im praktischen Gebrauch ohne Belang. Ja, eine etwas vermehrte Tiefenwirkung kann sogar die plastische Auffassung eines schwierigen Objects erleichtern. Die Wiedergabe durch Heliogravüre ist durch das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Verlegers ermöglicht worden, dem ich auch an dieser Stelle meinen besondern Dank sagen möchte. Die Firma MEISENBACH, RIFFARTH u. Co. hat in den technischen Fragen mich in der freundlichsten Weise unterstützt und sich die sorgfältige Aus- führung in der dankenswerthesten Weise angelegen sein lassen. Die Stereoskopcamera hat seit der ersten Veröffentlichung über dieselbe noch mehrere Verbesserungen erfahren. Auf meine Anregung wurde ein Zeit- und Momentverschluss an derselben angebracht. Bei “Beleuchtung mit Sonnenlicht oder mit Bogenlicht sind daher auch stereo- skopische Aufnahmen von lebenden Thieren ermöglicht. Ich besitze solche von kleinen Krebsen (Canthocamptus und Daphnia). 1) L. Drüner, Ueber Mikrostereoskopie und eine neue vergrössernde Stereoskop-Camera, in: Z. wiss. Mikrosk., V. 17, 1900, p. 281. 2) Dr. SchÄrrer gab in seinem Vortrage auf der diesjährigen Ver- sammlung der Anatomischen Gesellschaft die Mittel an, wie eine voll- kommen richtige stereoskopische Wirkung zu erzielen ist. 44* 684 L. DRÜNER, Braus !) hat zum Zweck der Aufnahme von Momentbildern leben- der Objecte an der Camera ein Suchermikroskop anbringen lassen, welches die Belichtung bei gleichzeitiger Beobachtung des Objects ge- stattet. Tafel 14. Stereogramm No. 1. Menopoma alleghaniense. Hinterer Theil der Schädelbasis mit der von ihr entspringenden hypaxonischen Muscu- latur. An der linken Seite des Thieres ist letztere im Bereich des 1. Wirbels entfernt, so dass der Austritt des Vagus, des 1. und 2. Spinalnerven frei liegt. Rechts ist der spinooccipitale Nerv (z.v) bis zu seiner Austrittsöffnung am Condylus occipitalis ventral vom Vagus- ganglion, das ebenfalls freigelegt ist, präparatorisch dargestellt. In die Austrittsöffnung von z.v der linken Seite ist eine Borste eingeführt. F == 55 mm. Stereogramm No. 2. Amblystoma mavortium. Larvenform. 15 cm Gesammtlänge. Ventralseite des Kopfes. Links ist der M. inter- mandibularis posterior entfernt, so dass die Plica hyomandibularis in ihrer ganzen Länge übersehen werden kann. Auch der M. inter- branchialis 1 (1br.1) der linken Seite ist abgetragen, um den M. cerato- hyoideus externus (Che) sichtbar zu machen. F — 55 mm. Stereogramm No. 3. Dasselbe Präparat nach Abtragung des M. interhyoideus (Ih) beider Seiten und des vordern Theils des M. genio- hyoideus der rechten Seite. F — 55 mm. Ta fel 1; Stereogramm No. 4. Kiemenregion der linken Seite von dem- selben Präparat. Es ist nur die Haut entfernt. F. 55 mm. Stereogramm No. 5. Dasselbe Präparat bei stärkerer Ver- grösserung. a. Stereogramm No. 6. Kiemenregion desselben Exemplars, von der dorsalen Seite gesehen. Links sind die Mm. levatores arc. branch. 1, 2 und 3, die Thymusballen und die beiden oberflächlichen Portionen des M. cephalo-dorso-mandibularis entfernt. F — 55 mm. Tatel- 16. Stereogramm No. 7. Durch Abtragung der dorsalen Längs- musculatur und eines Theils des M. temporalis ist an demselben Exem- plar das Vagusganglion mit seinen Aesten und die Austritte des 1., 2. , und 3. Spinalnerven freigelegt. F — 55 mm. Stereogramm No. 8. Dasselbe Präparat. Auch rechts ist ein Theil des M. temporalis und der dorsalen Längsmusculatur abpräparirt und dadurch der M. rectus capitis (minor) freigelegt, an dem der dor- sale Ast des 1. und 2. Spinalnerven sich verzweigt, und unter dessen Seitenrand die Aeste des Vagus hervorkommen. F — 55 mm. 1) Vortrag in der Medieinischen Gesellschaft zu Heidelberg, in: Münch. med. Wochenschr., 1903. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 685 Stereogramm No. 9. Siredon mexicanus. 10 cm Gesammt- länge. Kopf und Schultergürtelgegend von der ventralen Seite gesehen. Die Coracoide sind aus ihren Lagern am knorpeligen Sternum gelöst und seitlich aus einander geklappt. Die Mm. intermandibularis posterior, interhyoideus und interbranchialis 1 sind von der Mittellinie aus rechter- seits in die Höhe geschlagen, linkerseits zur Hälfte abgetragen, so dass das System des M. rectus hypobranchialis freigelegt ist. F — 55 mm. Te ol T Stereogramm No. 10. Dasselbe Exemplar. Kiemenregion von der rechten Seite. Das Ceratohyale und der grösste Theil der Cerato- branchialia 1—3 sind abgetragen. Ferner ist der M. cephalo-dorso- mandibularis und der M. levator arcus branchialis entfernt. Man sieht auf die Seitenwand der Labyrinthkapsel und in die Kopfdarmhöhle hinein. a?. Stereogramm No. 11. Ventralseite des Kopfes eines 14 cm langen Siredon mexicanus. Das Thier lag mit dem Kopfe nach dem Beschauer zu, mit dem Schwanze nach der Lichtquelle. Entfernt ist auf der rechten Körperseite ausser den Mm. intermandibularis posterior, inter- hyoideus und interbranchialis 1 der ganze M. rectus hypobranchialis bis auf die Ansätze. Dadurch ist die ventrale IX.-X.-Musculatur (Mm. ceratohyoideus internus, subarcuales, interbranchialis 4) nebst Gefässen und Nerven der ventralen Kiemenregion blossgelegt. Durch einen Haken ist der M. ceratohyoideus externus zur Seite gezogen, und der R. prae- trematicus IX. in seiner Lage am Ceratohyale ist durch eine unter- geschobene Borste kenntlich gemacht. F — 55 mm. Stereogramm No. 12. Die Kiemenbogen der rechten Seite von demselben Exemplar nach Entfernung des ganzen Hyoid-Kiemenbogen- Skelets mit seinen Muskeln aus dem Körper. Man sieht von dorsal her auf die Mm. interbranchiales 4 und 5 und kann ihren Ursprung am Ceratobranchiale 4 und am Lig. branchio-pectorale, ihre Beziehungen zu den Mm. levatores arc. branch. 4 und 5 und ihre Lage zum Kehlkopf überblicken. av. Pafol 18 Stereogramm No. 13. Hyoid-Kiemenbogen-Skelet und -Muskeln des Exemplars der Stereogramme 9 und 10 nach Entfernung vom Schädel, von der ventralen Seite gesehen. Der M. rectus ist bis auf die Ansätze des Abdomino-hyoideus (Ah) und der tiefen Abtheilung des Sterno-hyoideus (S#h8) entfernt. Vom Herzen ist nur der Truncus arteriosus stehen gelassen. a°. Stereogramm No. 14. Hinterer Theil der Schädelbasis mit Aortenbogen, Carotis interna, Art. palato-nasalis und quadrato-mandi- bularis. Man erkennt ferner den N. palatinus VII. und die Rr. pharyngei dorsales des IX. und X. a°. Stereogramm No. 15. Desgleichen nach Entfernung der hyp- axonischen Musculatur der linken Seite und Freilegung des Vagus- ganglions, des 1., 2. und 3. Spinalnerven. a?. 686 L. DRÜNER, Tafel 19. Stereogramm No. 16. Innenfläche der Schädelwand eines 3,6 cm langen Siredon mexicanus. Man sieht die Wurzeln sämmtlicher Kopfnerven 1) des 1. Spinalnerven, den Ductus endolymphaticus und die Art. ophthalmica. Stereogramm No. 17. Muskeln und Nerven hinter dem Dorsal- ende des Ceratobranchiale 4 eines 29 cm langen Siredon mexicanus, zur Darstellung des Verlaufs des 4. Kiemenbogennerven und des als 5. Kiemenbogennerv aufzufassenden Astes desselben. Das Kopfende ist dem Beobachter, das Schwanzende der Lichtquelle zugekehrt. Die dorsale Seite ist nach rechts, die ventrale nach links gewendet. Das Ceratobranchiale 4 ist nach oral herübergezogen. Die Stelle der 6. Schlundspalte ist mit gekreuzten Borstenstückchen markirt. a”. Stereogramm No.18. Kehlkopf desselben Exemplars, von dorsal gesehen. Nur am Kehlkopfeingang ist die Schleimhaut der Rachenhöhle stehen gelassen. Matre1-2:0; Stereogramm No. 19. Amblystoma mavortium, umgewandelte Form, 12 cm Gesammtlänge. Kopf- und Kiemenregion von der Seite ge- sehen. Der M. cephalo-dorso-mandibularis ist an seinem Ansatz ab- getrennt und nach dorsal umgeschlagen ; das Ceratohyale mit der Kuppe des M. ceratohyoideus internus wird durch einen Haken nach ventral gezogen. Dadurch wird die Seitenansicht der Arterienbogen und der Kiemenbogennerven frei. F == 55 mm. Stereogramm No. 20. Die mittlere in der Tectur zu 19 mit einer Kreislinie umzogene Partie desselben Präparats bei stärkerer Ver- grösserung (1:4) a?, zur Darstellung des Pigmentkörpers (Ph). Stereogramm No. 21. Das gleiche Präpärat von der ventralen Seite gesehen. Die Mm. intermandibularis interhyoideus und quadrato- pectoralis sind rechts fast ganz, links zur Hälfte abgetragen. Links ist ausserdem der M. rectus hypobranchialis entfernt, so dass die 4 Arterien- bogen frei liegen. Der Schultergürtel ist abgetrennt. Pated 2 i. Die Figg. 22—32 sind photographische Reproductionen grösserer, farbig ausgeführter, nach dem Präparat gezeichneter Abbildungen. Fig. 22. Menopoma. Ventralseite des Kopfes. Der M. inter- mandibularis post. ist beiderseits bis auf den Ursprung am Unterkiefer, 1) Der Trochlearis entspringt ebenso wie bei der Salamanderlarve dorsal aus den hintern Theilen des Mittelhirns (nicht Zwischenhirns, wie fälschlicher Weise bei der Correctur, in: Z. wiss. Mikrosk., V. 17, 1900, p. 291 stehen geblieben ist). Seine Verbindungen mit den Tri- geminusästen ausserhalb des Schädels liessen sich auch hier leicht lösen, so dass festzustellen war, dass der Trochlearis ausschliesslich den M. ob- liquus superior versorgt, ein rein motorischer Nerv ist. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. 687 der M. interhyoideus links bis auf seinen Ursprung am Ceratohyale ab- getragen. Fig. 23. Dasselbe Object nach Entfernung des Schultergürtels und des ganzen M. rectus hypobranchialis der rechten, des M. genio- hyoideus der linken Seite. Ferner ist auch die oberflächliche Schicht des M. ceratohyoideus (internus) und des rechtsseitigen M. interhyoideus und die rechte Hälfte des M. intermandibularis anterior entfernt. Tafel 22. Fig. 24. Ventralseite des Kopfes von Menopoma nach Entfernung der Haut und Präparation der Nerven und Gefässe. Fig. 25. Linke Seitenansicht des gleichen Objects. Fig. 26. Linke Seitenansicht des Kopfes von Cryptobranchus ja- ponicus. Der M. cephalo-dorso-pectoralis und der M. dorso-pectoralis sind durchschnitten und nach dorsal und ventral umgeschlagen. Darunter ist die seitliche Hyoid-Kiemenbogenregion präparirt. Fig. 27. Die mittlere Partie des gleichen Objects nach Abtragung des M. cephalo-dorso-mandibularis. Tafel 23. Amphiuma tridactylum. Fig. 28. Rechte Hälfte der Ventralseite des Kopfes nach Ent- fernung der Haut und Präparation der oberflächlichen Nerven und Ge- fässe. Fig. 29. Rechte Seitenansicht desselben Objects. Fig. 30. Rechte Seitenansicht der Hyoid-Kiemenbogenregion des- selben Objects nach Entfernung des M. cephalo-dorso-mandibularis und der Thymus. Fig. 31. Dasselbe Präparat in einer etwas frühern Phase der Präparation. Die vordere Abtheilung des M. cephalo-dorso-mandibularis {Cdma) steht noch, und von der am Ceratobranchiale 1 entspringenden Abtheilung (Cdmc) ist nur der die Facialisäste deckende Theil abgetragen. Auch die Thymus ist noch in ihrer Lage gelassen. Fig. 32. Ventralseite des Kopfes von Amphiuma tridactylum. Der Schultergürtel und der ganze M. rectus hypobranchialis der rechten Seite sind entfernt. Die Mm. interhyoideus und quadrato-pectoralis sind links abgetragen, rechts seitlich umgeschlagen. Der M. intermandibularis posterior ist beiderseits weggeschnitten. Die vordere Wand des Herz- beutels ist, soweit er vom M. rectus entblösst wurde, mit abgetragen. Tafel 24. Ellipsoglossa naevia. Fig. 33. Ventralseite des Kopfes. Fig. 34. Desgl. Linke Seitenansicht der Hyoid-Kiemenbogengegend hinter dem Quadratum. 688 L. DRÜNER, Fig. 35. Ventralansicht nach Entfernung der Mm. intermandi- bularis posterior, quadrato-pectoralis und der Haut hinter der Kehlfalte. Fig. 36. M. rectus hypobranchialis nach Abtragung des M. genio- hyoideus. Fig. 37. Die Muskeln, Gefässe und Nerven der Hyoid-Kiemen- bogengegend nach Entfernung der oberflächlichen Trigeminus- und Facialismusculatur und des M. rectus hypobranchialis. (Die untere punktirte Führunglinie für Ggl ist 3 mm zu kurz und endigt im Be- reich der lateralen Portion des M. subhyoideus.) Fig. 38. Linke Seitenansicht des Kopfes nach Entfernung der Mm. cephalo-dorso-mandibularis, quadrato-pectoralis und M. inter quadrata. Man sieht die Muskeln, Nerven und Gefässe hinter dem Quadratum. Tafel 25. Ellipsoglossa naevia. Fig. 39. Ventralansicht wie Fig. 37 nach Entfernung der Gefässe und Nerven und der Mm. subhyoideus und ceratohyoideus internus. Fig. 40. a Hyoidknorpel. b hinteres Ende des 1. Kiemenbogen- knorpels und des Ceratobranchiale 2 von der Dorsalseite. c Copula. Fig. 41. Kehlkopfskelet und -muskeln von der Dorsalseite. Fig. 42. Cartilago lateralis laryngis von der ventralen Seite. Fig. 43. Linke Cartilago lateralis, von medial und lateral gesehen. Fig. 44. Kehlkopf-Luftröhrenskelet von der ventralen Seite. Zungenbein-, Kiemenbogen- und Kehlkopfmusculatur der Urodelen, Inhaltsübersicht. Ter (in Band 15, 1901). Zusammenfassung und Beurtheilung der Untersuchungs- ergebnisse : Skelet, Muskeln und Nomen des Ban genbein- Mie menhoeodanparats und Kehlkopfes von Salamandra maculosa (Anlage I) QUE I. Larvenform CR SF Lt Skelet . Muskeln Nerven 3 II. Umgewandelte Form . Skelet . ; Muskeln Nerven . : Triton taeniatus @) a our (Anlage ID) À Skelet . N ee à Yonne Muskeln Nerven ; EL A Triton taeniatus, um gewandelte Form (Anlage III). Skelet . SP Muskeln Nerven Proteus anguineus (Anlage IV). Skelet . hs fs Muskeln Nerven Menobranchus lateralis (Anlage v Skelet . : Muskeln Nerven II. Theil (in diesem Bande). Zusammenfassung ergebnisse Einleitung I. Vergleichung. II. Entwicklung . rt eee Ill. Vergleichung. 2. Abschnitt. Perennibranchiaten Zusammenfassung der Ergebnisse Schluss und Beurtheilung der Untersuchungs- 1. Abschnitt. Oadnehränchiäten. 689 Seite 435 — 468 468—555 468—514 469 961—-442 361 362 409 422 432 441 ao a 1 690 L. DRÜNER, Zungenbein-, Kiemenbogen- u. Kehlkopfmuseulatur der Urodelen. Seite Zungenbein-, Kiemenbogen-undKehlkopf-Skelet, -Muskeln und -Nerven von Menopoma de a (Anlage VI)... i... 4446 & Skelet Ss er PR BEY) ae Se me) eu 444 Muskeln Se 02: 3a ort to hats tte a een Joe ee eee 48 = gs à Nerven . . oe Kit = ee ee eee 460 Siredon (Anlage VID) CR TR WE N 20 — po Larventorm (Anlage Vila) Lee RE er Skelet . . . PERTE IR NE: NE 468 Maskeln à u u wpe ace awa ene ee Nerven . . NS LE NT 486;-° "#02 Bemerkungen aber Kiemenspaltenreste ete. corer ; 507 à 7 Umgewandelte Cee ge en a VI) . . 509—539 Skelet?. % > AE 509 Muskeln. Me et EC ac, en ee 514 Nerven: 24 u. PATENT EN RE SEE 526 Anhang 1 zur Anlage VII. Plica hyomandibularis, P = hyomandibulare Schlundspalte und anderes aus der * + Ontogenie der Kiemenregion von Siredon . . . . 540-577 a Anhang 2 zur Anlage wile ET 577—598 I. Die topographische Lage von F. Mavurer’s Te knospen bei Urodelen und Anuren . 577 —588 II. F. Mavrer's Arteria hyo-mandibularis el die Re teria quadrato- mandibularis . ee esl AS er our ze: vin) D TN RER 598 Skelet . . 3, Ae ae ee 598 Muskelniets. 92.2": ‘ de FORTS lt ce ine tee rae 601 Nerven"... LATE SAS MERS 613 Amphiuma triductylum (Anlage TX) . ©}. ean + op aa Skeletwn 20% bo tee ie ore dre 626 Muskeln: Son Cacti. et SR se Sve cht tee 629 Nerven . . 0] ee eh ee 636 Ueber die Femme) TEN Garena 5 639 Siren lacertina (Anlage X) . . 2 . . . . . . . 648—665 Skelet LE, RUE ARE ON Re A eae Een EE 648 Muskeln®.. 7e lee vo EUR CR DER EE 652 Nerven . : 2 BE a ee 660 Ellipsoglossa naevia (Anlage xD on LL sen Wer 665 a Skelet+.” 3% 7. oy DREIER SUE RENNES CRE re 666 Müskeln Hr ar M EN re Nan Or ME 669 « Nerven 02.4.2 NA NO eevee NE AL ES RE 675 Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 2605 * - CS Nr Zoolog. Jahrbücher Ba. 19 Abth. f Morph. 4 Atm ÉTAT nent AN IR Fig. 20b. LithAnstvKWesser Jens Verlag von Gustav Fischer in Jena 1. La 4 Li EC lux dm. tdst. ---- Im. Sch. 11. 15. tust- D, ATRAL JET Ver Gustav Fischer Jena ‚Jahrbücher. B419 Abt. Morph. nz sd. nf nr? pd. 1m: Ai ‘ee mend. 5 >= \F | dm i É 1 ! ; pz. cm ut ipmd. tn dr tax ug: - Ic > Ver Gnstav Fischer Jona Lith AnstwJ. Arndt Jena, ~ . 2 + LA a * EA L si . 7 Pr Pr — pone ae oS + Sa \\° \ F * a D = 4 LA ie; : A } 1 G ei à. : ? J es u “(| FESS = ws = re EE] 2a =e ae =D N Cr 2 ame a = = WAZA Morph. / : men as = r 4. — — = = - iT C) 0, () @ ae g |6) |e lo mB: ra un at Mr Cats db Sm AT } a 7 F one. schlin. hnzw. tvst. Te 06. iz. if AL See 5 = = - http. La I / — N Livanow gez. Verly Gustav Fischer ‚Jena ve CAS AA DE AUX 4 À un Zoolog Jahrbücher Ba 19 Abi X Morph. se *: Tars. & & a : 12 EL = Al = ö A \ == jou 5% Hs Ss as a ad en OR a ee ee pere dir dnan nbd. F R “ 2 ınzu Anz i\ DAM. ! i Ko fi ' fi Kr oy Mung, 1 mınam. { * hi tp . ; schlin. : - P - igst. Ent Enge. dluv ng. ipud. apmd.hnz. int ip oping lat. ar M — —— zn I \ RE le 0 PRO NE FETE is ! N = en = SE ES 7 EN AN i À iq 5 \ QU \ 1 In | i ‘| a] i | ir If 1 Ir 2 — Ir PING: 358. | VAL Pit | N | || NN | \ \ IN REN | JLX À NE Ip } fi dnzm. In === - a! | ı| m) i | ia ARE ones | & | | i ! | N Tha. Wh. Sir. San. Na. ) // NS) Î) Schlin. Ne {1 Di re y /) ff 2 1/ / / | se à | 2 J IL 4 ES L 5 ee é = dust er ; TU À = z ro = tust buz. Fe : EE = 2 dust int. aust. = = 2 | Ven v Gustav Fischer, Jena | = [ DITES = — =e | ipmg I N TZ: pe > apmg. A ; i ! JR ; iprnd. apmd.nz. int a ad À DD ie ae gang apmıg. \ me ö | ! N * 1 ; EN at NO À ; i = Treen. mn = l= a IT bg == mas ar TEN QT | \ | \\_ ) Lo) ee | : y N D AACOAI hall Al LIL \ lot’ oping. YA | Pa a ( VA eal Li ] le Ar img _———] - Rel oer : H i at = IS | = \ bnhd. snzm. ipmd. ap ee ars | Imbd. mm hea, (D i snan | gung int | m 38. SS — ae ; ipmd. und. en nn we: ' u pig — ue png. — nz. int. ipmd- | | | | | sme ‚schlin. 4 se] je NEN apm. as \ = oy ze = 4 À. PRE RES: i Imbd. | Pore ie H ip; | = PRIE apnul tt = = - “bd muse. ip apmd, int | = —— LE m _ - ——— | = = Se = | | Vay Gustav Fischer Jon Er atv Gustav Fisc ena. a, 5 = ce el Lith Anstird Arndt,Jena. IUT. Zoolog, Jahrbücher bd LI Abth.£-Morph. = Site. ly (tustav Fischer Ve Ver er‘ D | +4 . & 2 Loolog. Jahrbücher Bd. 19 Abth.f Morph. |: Taf: 8. a o 2 998 6 220" 88 509 092. > 02,00 90/0 2%e—-Bl.O. muss AULA Verl v Gustav Fischer, Jena De, EN 19_Abth. f Morph. À TER a 7 PTS Bee RER (GN A dent. : A ars Sup.+ ? Sq # ua x Mtemp. À } rn | Pauk.h, 1 (Pash. he a cH d ne h. : ra Versluys ger Lith AnstwK Wesser Jena Verlag v. Gustav Fischer, Jena e P . - 2 i - > u e . = LL : u | | Br æ . : Lim = i L B | £ i as ions! | A . . : | u : AL CR > Jar 1 = ). - L we“ u e = L.4 > Pauk h. N £ "m. 1 Ext.col. par ren rsluys gez. Verl y Gustav Fischer, Jena InhAnstv.KWesser,Jena Zoolog. Jahrbücher Bd. 19. Abth.f-Morph. Tafı 11 Ea.co: Zb. ne CL SU Pars inf: Pars can. sem. Ven. lat cap. = Pars cochl St i Int.h. Versluys gez Lith Ansty KW: Jeplas v. GustaVFischer , Joy; | | | rei er L 2 u 0 } = 2 u * « “ . > * . Taf ie: _Zoolog Jahrbücher Bd. 19 Abt.£ Morph. 10! Verly Gustav Fischer Jena Zoolog. ‚Jahrbücher Bd 19 Abt.£ Morph. | . = Aoolag Jahrh. Bd. 19 Abtht iin Vor ph Les 14. Zoolog.Jahrb.Bd.19 Abth fiir Morph In Taf 14 Dr.Drüner . “ Verlag von Gustav Fischer in Jena 4Zonlog Jahrb Che, Lb1 Cm niet Bd 19 Abth far Morph G(Vbri) Labi = T8 Fr Eischer dal‘ 15, Meisenbach Riffarfh &Co, Bern mer Se" aa zur a . r— Zoolog: Jahrb. Bd.19 Abth. für Morph. If. 15. Verlag von Gustav Fischer LIT « > na Mersenbach Riffarth &Co Berlin A Wa Nia AON TONER AN aK (mu Zooleg Jahrb, Ad tür Abth fürMerph bat 6. Zoolog.Jahrb. Bd.19 Abth.für Morph Tat 16 JMET Mersenhach Riffarth à Co, Berlin rlag vor Gustav Fischer in Jena ; Lf, z 1% ; 17 Zoolög Jahrb Bd 19 Abth für Mr #20 TA MER nat Zoolog Jahrb Bd 19 Abth für Vorph r Gustav kr scher Taf. 17 Zoolog.Jahrb. Bd. 19 Abth für Morph N Uy a Gustau Fischer er FÜR) h N NS y heat EN | —— HR a ig Zoolog Jahrb Bd.19 Abth für Morph ' von Gustav Fischer in Jera Taf: 18 Berlin Zoolog, Jahrb_ Bd 19 Abth fürMorph Taf 19 n Gustav Fischer tr ena ya: Ve Zoolog Jahrb. Bd. 19 Abth für Vorph Tat 2 Gustav Fischer r € à i 200106. Jahrb. Bd419 Abt. I. Morph. Br 4? Ths cope rl — — ST 4996 2 aghy 2 deypn (ER ey — DE — (a JR N Da mi 1 Wy Dis fg au) u r 149 if 4 la iY) ) = ml Vien = > Tow wre —— ae a ee aa — AMIE — my“? er Sm Verlag von Gustav Fischer in Jena, a ut Boke PM. FR ny à Aou ang te i di. 22. "+ 400108. Jahro. bd. 1g Abt. I. Morph. N CPS Re PA SRE LA DURE FUN: Lal. 23 Fig. 27. A. com, meS VIL N A: m. NA A \ Rie. m. lat.Vi à ma mm. AR.cm med ET. 4 = | No. alv. aS = « | 5 mL oh. m Verlag von Gustav Fischer in Jena. N; Pe an M VS, € eC” DR DE Fi le : 9 ; + + 2 4 Zoolog. Jahrbücher; HU Abthe 1 oe + ee Taf 24. gen a on AI + aot À Me” « > er SAS | = tl engl ws a J na Ÿ "ie | ae “AAS RemlatVL N à i x a - . « ï« Rommed Gt. Jt. M IO. II. a N F à Temp Vs LT ; # 4 Amm : \ , | fil i RE | | MAT: \ Sphe.. VAX np | 3 CR \ \ \ “| \ rm F Cdma Ni FRE lg) Chi.-- Lhm- Lhqg.- Sha. Chi. M \Chybr Verl x Gustav Fischer Jena. Lith Anstv.A C ~ Zoolog. Jahrbücher Bd19Abth.f Morph. Tah225. Cp, —_Hbr2. — Gbr+Hbri. 2 40. Mat fi Druner gez © Verl v Gustav Fischer Jena Lith.AnstvA Giltsch, Jena a N { x ek £ b. ei SEEDS ‘ | 14 4 e ik Voy “ BL WHO! Library - Serials /6o be RL te on ee TE 0 f